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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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3. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 20. November 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

3. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 20. November 2013

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. November 2013: 9.06 – 19.23 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport und der Bundesministerin für Inneres gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Natio­nalrates zum Thema „Österreichische Maßnahmen zur Abwehr nachrichtendienstlicher Aktivitäten“

2. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979, mit dem die Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsu­mentenschutzgesetz – KSchG), BGBl. Nr. 140/1979, geändert wird (8/A)

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2013, geändert wird (9/A)

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (12/A)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (18/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Parteien-För­derungsgesetz und das Einkommensteuergesetz geändert werden (5/A)

7. Punkt: Wahl von Ausschüssen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 16

Ordnungsruf ................................................................................................................... 56


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 2

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kol­legen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersu­chung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Budgetlüge der Bundesregierung (Budgetlüge-Untersuchungsaus­schuss) gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................... 182

Bekanntgabe ................................................................................................................... 40

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 186

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 189

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 190

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 191

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 193

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 194

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 195

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 195

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 40

Mitteilung des Präsidenten Karlheinz Kopf betreffend Internationalen Tag der Kinderrechte                77

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 111

Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend persönliche Dif­famierungen im Laufe eines Debattenbeitrages ........................................................................................................ 129

Antrag gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer De­batte über Tagesordnungspunkt 7 – Annahme ....................................................................  177, 177

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Ing. Norbert Hofer ................................................................................ 195

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 196

Aktuelle Stunde (1.)

Thema: „Jugendbeschäftigung: Vorbild Österreich“ ............................................. 16

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ..................................................................................... 16

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 19

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 22

Peter Haubner ............................................................................................................... 23

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 25

Mag. Birgit Schatz ........................................................................................................ 26

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................... 28

Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar ................................................................................... 29

Katharina Kucharowits ................................................................................................ 30

August Wöginger ......................................................................................................... 32

Bernhard Themessl ..................................................................................................... 33

Julian Schmid ............................................................................................................... 35


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 3

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 36

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 37

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................  39, 84, 91, 99, 105, 177

7. Punkt: Wahl von Ausschüssen ............................................................................... 177

Durchführung einer Debatte gemäß § 59 Abs. 3 GOG ................................................ 177

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................. 177

Peter Haubner ............................................................................................................. 178

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 179

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 180

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 180

Beschluss auf Einsetzung von Ausschüssen ............................................................. 180

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung von Ausschüssen gemäß § 32 GOG – Ablehnung ....................................................  181, 181

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kol­legen auf Wahl von Ausschüssen des Nationalrates zur Vorberatung von Ver­handlungsgegenständen gemäß § 32 GOG – Ablehnung ............................................................................................................  181, 181

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (34/J) .... 111

Begründung: Heinz-Christian Strache ....................................................................... 115

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 120

Debatte:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 126

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ... 129

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 131

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 133

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 135

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 136

Bernhard Themessl ................................................................................................... 139

Mag. Sonja Steßl ........................................................................................................ 141

Jakob Auer .................................................................................................................. 142

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 144

Martina Schenk ........................................................................................................... 149

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ...................................................................... 154

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 156

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 157

Johann Hechtl ............................................................................................................. 160

Peter Haubner ............................................................................................................. 161

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 162

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 165

Mag. Nikolaus Scherak .............................................................................................. 167

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 168

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 170


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 4

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 172

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 173

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Chris­tian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesregierung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungs­gesetzes – Ablehnung .......................................................  127, 173

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Familienbeihilfe und laufende Anpassung an die Inflation – Ablehnung  147, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Weiterentwicklung des Haus­haltsrechts“ – Ablehnung ..  151, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verfassungsrechtlicher Schutz vor ,Zwangsenteig­nungen‘ der Österreicherinnen und Österreicher zur Krisenbewältigung“ – Ableh­nung .........................................................................  153, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer automatischen jährlichen Wertanpas­sung von Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld und Kinderabsetzbetrag an die Inflation – Ablehnung ................................................  159, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiun­abhängigen Experten“ – Ablehnung         166, 174

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport und der Bundesministerin für Inneres gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsord­nung des Nationalrates zum Thema „Österreichische Maßnahmen zur Abwehr nachrichtendienstlicher Aktivitäten“ ....................................... 41

Bundesminister Mag. Gerald Klug ............................................................................ 41

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ......................................................... 45

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                   41

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 48

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 50

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 51

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 54

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 57

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 58

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 60

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................... 61

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 63

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 65

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................... 66

Mag. Nikolaus Alm ....................................................................................................... 67

Otto Pendl ..................................................................................................................... 69

Johann Höfinger ........................................................................................................... 70


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 5

Mario Kunasek .............................................................................................................. 71

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 73

Christoph Hagen .......................................................................................................... 74

Mag. Christoph Vavrik ................................................................................................. 75

2. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979, mit dem die Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz – KSchG), BGBl. Nr. 140/1979, geändert wird (8/A) ................................................................................................................................ 77

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 77

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 79

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 79

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................. 80

Dr. Marcus Franz .......................................................................................................... 82

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 83

Zuweisung des Antrages 8/A an den Budgetausschuss ............................................... 84

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlasten­ausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2013, geändert wird (9/A) ............................................................ 84

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................... 84

Angela Lueger .............................................................................................................. 85

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 86

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 88

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 89

Michael Pock ................................................................................................................. 90

Zuweisung des Antrages 9/A an den Budgetausschuss ............................................... 91

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Na­tionalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (12/A)             ............................................................................................................................... 91

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 91

Otto Pendl ..................................................................................................................... 93

Mag. Wolfgang Gerstl .................................................................................................. 94

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 95

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 97

Mag. Nikolaus Scherak ................................................................................................ 97

Zuweisung des Antrages 12/A an den Geschäftsordnungsausschuss ......................... 99

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (18/A) .............................................................................................................................. 99

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 99

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 100

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 101

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 102


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 6

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 103

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 104

Zuweisung des Antrages 18/A an den Verfassungsausschuss .................................. 105

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Parteien-Förderungsgesetz und das Einkommensteuergesetz geändert werden (5/A) ........................................................ 105

Redner/Rednerinnen:

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 105

Mag. Norbert Darabos ............................................................................................... 106

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 107

Herbert Kickl ............................................................................................................... 109

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 174

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 176

Zuweisung des Antrages 5/A an den Verfassungsausschuss .................................... 177

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 39

1: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftli­che Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichts­praktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst)

2: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastro­phenfondsgesetz 1996 geändert werden

3: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“

Berichte ......................................................................................................................... 39

III-23: Bericht, Reihe Bund 2013/10; Rechnungshof

III-25: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2012) Bundesregierung

III-26: Grüner Bericht 2013; Bundesregierung

III-27: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2014 gemäß § 9 LWG 1992; Bundesregierung

III-28: Bericht betreffend Übersicht über die österreichische Haushaltspla­nung 2014; BM f. Finanzen

Vorlage 1 BA: Tätigkeitsbericht der ressortübergreifenden Wirkungscontrolling­stelle gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm §§ 7 und 9 Abs. 3 Wirkungscontrol­lingverordnung; Bundeskanzler

Vorlage 2 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 2013; BM f. Finanzen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 7

Vorlage 3 BA: Monatserfolg September 2013; BM f. Finanzen

Vorlage 4 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2013; BM f. Finanzen

Vorlage 5 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 3. Quartal 2013 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 6 BA: Bericht gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die im 3. Quar-
tal 2013 genehmigten Mittelverwendungsüberschreitungen (MVÜ); BM f. Finan­zen

Vorlage 7 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 3 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Sta­bilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 3. Quartal 2013; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Pensionsreformge­setz 2013 (34/A)

Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (35/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus (36/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger (37/A)(E)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils in pädagogischen Berufen (38/A)(E)

Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 ge­ändert werden (39/A)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Be­zügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (40/A)

Otto Pendl, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsge­setz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszu­lagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsfördergesetz 2004, das Bundes-Be­dienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Poststrukturgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2013) (41/A)

Mag. Andreas Schieder, Karlheinz Kopf, Ing. Norbert Hofer, Dieter Brosz, MSc, Dr. Kathrin Nachbaur, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (42/A)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 8

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung ei­nes Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“ (43/A)(E)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“ (44/A)(E)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verfassungsrechtlicher Schutz vor ,Zwangsenteignungen‘ der Österreicherinnen und Österreicher zur Krisen­bewältigung“ (45/A)(E)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erstellung einer Mobbing-Studie“ (46/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer 15-Tages-Vignette“ (47/A)(E)

Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Ent­scheidungen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (48/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) geändert wird (49/A)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert wird (50/A)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (51/A)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (52/A)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegungspflichten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes (53/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der Ko-Finanzie­rungserfordernisse bei den Wohnbauförderungsmitteln aus dem Konjunkturpaket (54/A)(E)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend angemessene budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs (55/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend angemessene budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs (56/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstrecht für PädagogInnen (57/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Aufstockung und weitere Planstellen für den Rechnungshof (58/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz (BBezG), BGBl. I Nr. 64/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/2013, geändert wird (59/A)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die längst überfällige Erhö­hung der Nationalparkförderung (60/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der Möglichkeit zu Ausnahmen von der Vignettenpflicht gemäß Bundesstraßenmautgesetz, insbeson­dere für den Abschnitt auf der A 12 Staatsgrenze bei Kufstein bis Kufstein Süd (61/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 9

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz statt Geheim­nistuerei bei der Schließung von Postgeschäftsstellen (62/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der Mittel humanitärer Hilfe und unbürokratische Soforthilfe im Katastrophenfall (63/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend goldenen Schutzme­chanismus für unsere Heimat (64/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXV. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (65/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von zusätzlichen Kinder-Rehaplätzen (66/A)(E)

Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ORF: Parteipolitik raus, echte Unabhängigkeit rein (67/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend den Linzer SWAP-Spekulationsskandal (7/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en und öffentlichen Dienst betreffend den Frauenanteil in Spitzenpositionen gemein­nütziger Wohnungsgesellschaften (8/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend den Frauenanteil in Spitzenpositionen gemeinnütziger Wohnungs­gesellschaften (9/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend den Frauenanteil in Spitzenpositionen gemein­nütziger Wohnungsgesellschaften (10/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ermittlungsverfahren gegen Bürgermeister (11/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Auslastung Wohnheim Breitensee (12/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Förderung des Bundes für die Masters WM 2014 (13/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderung des Bundes für die Masters WM 2014 (14/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend durch Wirtschaftsspionage entstandene Schäden (15/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Privatmiliz im Schubhaftgefängnis Vordernberg (16/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Pakt für die Wettbewerbsfähigkeit – vertragliche Vereinbarungen (17/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Fusionsprämien für steirische Gemeinden (18/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Familienentlastungspaket 2009 (19/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 10

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Anforderung medizinischer Daten von Mitarbeitern der Austro Control unter dem Titel der behördlichen Aufsicht (20/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend chronische Mängel bei der Luftfahrtbe­hörde Austro Control (21/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Anschaffung und Nutzung eines Business Jet für Reisen der Geschäftsführung der Austro Control, der Verkehrsministe­rin und ihrer Mitarbeiter (22/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Gebührenverrechnungswesen der Austro Control (23/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Self- und Homebriefing der Austro Control (24/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die zukünftige Nutzung der ADS-B-Technologie für Zwecke der Flugsicherung (25/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Leerkilometer im Linienbusverkehr (26/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erfahrungen mit Ausschreibungen im ÖPNV (27/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Perspektiven der Binnenschifffahrt (28/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die mangelnde Aktualität des Lagerstellenkonzeptes des österrei­chischen Goldes (29/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend einen Goldverkaufsstopp (30/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend Goldverkäufe und das Goldabkommen (31/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend Risikobewertungen von Goldleihgeschäften der Nationalbank (32/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Stand der Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie (33/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (34/J)

Mag. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Ausschreibungsverfahren Schubhaftzentrum Vordernberg (35/J)

Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend Amtssprachenregelung (36/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 11

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Schlepperroute – Balkanroute (37/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Asylwerber aus Ungarn (38/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Missstände in Asylquartieren (39/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend vom Bundeskriminalamt als gefälscht erkannte und der Botschaft der Bun­desrepublik Nigeria als echt bestätigte Führerscheine (40/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungskürzungen und Strafen für Almbauern, die keine Schuld trifft (41/J)

Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Funktionsweise, Betrieb und Auswir­kung des Staumanagementsystems der ASFINAG auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Autobahnen (42/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Anwendung der Scharia in Österreich (43/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend die Anwendung der Scharia in Österreich (44/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schaden für die österreichische Wirtschaft durch Spio­nage (45/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Schaden für die österreichische Wirtschaft durch Spionage (46/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Homosexualität als Fluchtgrund (47/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Frontex Westbalkan-Konferenz in Wien (48/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend fehlende Informationen in der Asylstatistik des BMI (49/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Verkauf von EU-Staatsbürgerschaft durch Malta (50/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Verkauf von EU-Staatsbürgerschaft durch Malta (51/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Wettbetrug, Sportmanipulationen und Erpressung (52/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend Blutgold, Kriegsverbrechen und die Münze Österreich (53/J)

MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Neufestsetzung der Beiträge und Abgaben von land- und forst­wirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2012 und 2013 (54/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 12

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Stigmatisierung eines siebenjähri­gen Buben durch die MA 11 (55/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Verkauf von EU-Staatsbürgerschaften und Aufenthaltsgenehmigungen (56/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Verdacht der missbräuchlichen Verwendung von öffent­lichen Mitteln und Schädigung des erfolgreichen Schwimmteams durch Sportfunktionä­re im Österreichischen Schwimmverband (57/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Pläne für eine Maut auf deutschen Autobahnen (58/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Strafrechtlich relevante Delikte im Rahmen erlebnispädagogischer Projekte“ (59/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Ausbau Kinderbetreuung (60/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Umsetzung der 599 Maßnahmen des Rechnungshofs (61/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Gemeinschaftsverpflegung an Österreichs Schulen“ (62/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Europaweit harmonisierte Einlagensicherung“ (63/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Inneres betreffend Polizeieinsätze auf dem Grillplatz Steinbruchwiese (64/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze auf dem Grillplatz Rohrerbadwiese bei der Exelbergstraße (65/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze auf dem Grillplatz Krapfenwaldgasse an der Höhenstraße (66/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze auf dem Grillplatz Donauinsel (67/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze auf dem Grillplatz Auhof-Retentionsbecken (68/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Theresienbad (69/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Strandbad Gänsehäufel (70/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 13

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Strandbad Angelibad (71/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Strandbad Alte Donau (72/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Stadionbad (73/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Simmeringer Bad (74/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Schafbergbad (75/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Ottakringer Bad (76/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Liesinger Bad (77/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Laaerbergbad (78/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Krapfenwaldlbad (79/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Kongreßbad (80/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Höpflerbad (81/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Hietzinger Bad (82/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Hadersdorf-Weidlingauer Bad (83/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Großfeldsiedlungsbad (84/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Donaustädter Bad (85/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Döblinger Bad (86/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend drohenden Polizistenmangel durch Schubhaftzentrum in Vordernberg (87/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Wettbetrug, Sportmanipulationen und Erpressung (88/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Bevormundung österreichischer Unternehmer (89/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Fehlendes österreichweites Management von Spitalsinfektionen“ (90/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Antidepressiva für Kinder“ (91/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend För­derung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (92/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 14

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (93/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung von European Council on Tol­erance and Reconciliation (ECTR) (94/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (95/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (96/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (97/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (98/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (99/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (100/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Rec­onciliation (ECTR) (101/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (102/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (103/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Förderung von European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR) (104/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Druck­schriftenabonnements in den Bundesministerien (105/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (106/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundes­ministerien (107/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesminis­terien (108/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 15

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (109/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (110/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (111/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (112/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (113/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (114/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (115/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministe­rien (116/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (117/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (118/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Berücksichtigung der Qualifikation von Migrant/in­nen“ (119/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Umsetzung des Entschließungsantrages betref­fend Service- und Signalhunde“ (120/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend „Österreichische Gütezeichen – aktueller Stand“ (121/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend „Österreichische Gütezeichen – aktueller Stand“ (122/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Österreichische Gütezei­chen – aktueller Stand“ (123/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend GVO-Verunreinigungen von Honig (124/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 16

09.05.59Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und darf Sie bitten, sich auf Ihre Plätze zu begeben.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 1. Sitzung sowie das Amtliche Protokoll der 2. Sitzung vom 29. Oktober 2013 sind in der Parlamentsdirektion aufgele­gen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Weninger, Mag. Lettenbichler, Mag. Dar­mann, Doppler, Neubauer, Mag. Brunner, Stronach und Dr. Eder-Lindner.

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung auf ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.06.47Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema: 

„Jugendbeschäftigung: Vorbild Österreich“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.07.04

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Aktuelle Stunde ist dem Thema Jugendarbeitslosigkeit gewidmet (Abg. Kickl: Wirklich mutig!), ein Thema, das nicht nur in Österreich große Bedeutung hat, sondern in ganz Europa.

Herr Abgeordneter Kickl attestiert mir Mut – ja, mutig sein, das kann ich locker. (Abg. Kickl: Den Mut der Verzweiflung, den attestiere ich Ihnen!) Mit dem Sozialminister im Hintergrund, mit den Leistungen, die Österreich im internationalen Vergleich vorzuwei­sen hat, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, kann ich leicht mutig sein und kann leicht vom Rednerpult aus auf Ihre Angriffe aus der ersten Reihe (Abg. Kickl: Das ist der Mut der Verzweiflung!), die ins Leere gehen, reagieren, Herr Abgeordneter Kickl! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich meine Rede mit einem Zitat beginnen und ein bisschen darüber nachdenken, ob dieses Zitat aus der heutigen Zeit oder vielleicht doch schon aus der Vergangenheit stammt:

Angesichts der überragenden Bedeutung, die die Integration der Jugendlichen in die Berufs- und Arbeitswelt für die Gesellschaft und die persönliche und soziale Entwick­lung des Einzelnen hat – man denke nur an die „No-Future-Generation“; dieser Begriff wurde unter anderem im Zusammenhang mit der international hohen Arbeitslosigkeit geprägt –, steht der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit im Zentrum der Beschäfti­gungspolitik.

Ein Satz von einem Sozialpolitiker, den man mühelos in einer heutigen Zeitung – egal, aus welchem Land – wiederfinden könnte. Dieses Zitat stammt allerdings von Alfred


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 17

Dallinger, der von 1980 bis 1989 Sozialminister war. Das heißt, die Frage der Jugend­beschäftigung, der Jugendarbeitslosigkeit ist ein Thema, das uns schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten beschäftigt – und Parallelen zwischen damals und heute kön­nen gezogen werden: Es war damals eine Wirtschaftskrise, die junge Menschen, aber auch ältere Menschen aus dem Arbeitsmarkt gedrängt hat, und wir wissen, dass Maß­nahmen gesetzt wurden und gesetzt werden müssen, um genau da nachzuhaken.

In der Europäischen Union finden heute mehr als 5,5 Millionen Jugendliche im Alter zwischen 14 und 24 Jahren keine Arbeit. (Abg. Kickl: Weil der Euro so gut ist!) Schau­en wir uns einige Beispiele an – viele von Ihnen/viele von euch werden das den Me­dien entnommen haben, Beiträgen aus Italien, Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch ist. (Abg. Kickl: Ja warum denn? Es sind doch alle im Euro!) Dort werden junge Menschen mehr oder weniger aus dem Leben gerissen, das sie eigen­ständig geführt haben. Das heißt, sie hatten eine eigene Wohnung, einen Job und müssen zu den Eltern zurückkehren.

Das sind junge Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben draußen zu finan­zieren, die zurück in ihr Kinderzimmer gehen, die sich keine eigene Existenz aufbauen können und die in vielen Fällen unbezahlter Arbeit nachgehen – ein Phänomen, das wir auch in Österreich kennen, „Generation Praktikum“ heißt das Schlagwort. Es gibt viele Menschen, die bei guter Qualifikation aufgrund der schlechten Arbeitsplatzsitua­tion und auch aufgrund der Hoffnung, im Rahmen des sehr engen Arbeitsmarktes Ar­beit zu finden, unbezahlte Arbeit annehmen, was sich auch auf die Versicherungs­zeiten, Pensionszeiten – eine Diskussion, die uns auch beschäftigt – auswirkt und wo­mit sie natürlich ihre Existenz und Ausbildung gefährden.

Österreich hat gezeigt – unter der letzten Bundesregierung, vor allem durch Sozialmi­nister Rudi Hundstorfer gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister –, dass man durch das gemeinsame Schauen auf den Arbeitsmarkt, in die Wirtschaft mit den Sozialpart­nern und Sozialpartnerinnen da wirklich Benchmarks setzen kann. Die Europäische Union attestiert uns das ja auch. (Abg. Kickl: Sind das diese Gehaltserhöhungen mit den Reallohnverlusten?)

Minister Hundstorfer hat an vielen Sozialministergipfeln teilgenommen und hat dort das Beispiel Österreich als beispielgebend für ganz Europa und zum Teil auch im Übersee­raum präsentiert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Es handelt sich dabei um ein System, das eine sehr gute Ausbildung von Jugendlichen bewirkt, durch die duale Ausbildung, ein Modell, das in Österreich seit vielen Jahren erfolgreich gelebt und präsentiert wird und das jetzt auch in der Europäischen Union wieder zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Nichtsdestotrotz ist auch in Österreich die Jugendarbeitslosigkeit mit 8,7 Prozent zu hoch. Sie ist die zweitniedrigste in ganz Europa, das heißt, man sieht, dass die An­strengungen, die die österreichische Bundesregierung in diesem Bereich unternommen hat, Früchte tragen.

Es wird immer wieder gesagt, wir leben in Österreich und nicht im Vergleich, aber trotzdem meine ich, wir sehen, dass im Vergleich mit dem europäischen Umfeld bei uns die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und den Menschen, die dort arbeiten, sehr gut funktioniert und dass sehr viele Jugendliche auch Arbeit finden.

Was wurde in den letzten Jahren von der Bundesregierung gemacht? – Es waren einige Dinge, beispielsweise die Ausbildungsgarantie. Die Ausbildungsgarantie bewirkt, dass Menschen zwischen 15 und 18 Jahren garantiert eine Ausbildung oder eine Schulung auf hohem Niveau finden beziehungsweise erhalten. Im Jahr 2013 waren knapp 6 700  (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Schulung auf hohem Niveau?) – Schulung ist immer noch besser! Liebe Frau Abgeordnete Belakowitsch, mir ist jeder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 18

Jugendliche lieber, der in einer Schulung ist, die ihn in seinem Leben weiterbringt. Sie wissen ganz genau, dass wir in Österreich nicht davon leben, dass wir Billig-Arbeits­kräfte produzieren, sondern dass wir gut ausgebildete, gut geschulte Jugendliche ha­ben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Mir ist jeder Jugendliche in einer Ausbildung lieber als einer, der auf der Straße stehen würde. Und genau darauf schauen wir! Genau das ist es! Wir müssen darauf schauen, dass wir die Jugendlichen dazu bringen, gute Qualifikationen zu erreichen und nicht im Bereich von Hilfsarbeiten tätig zu sein. Und genau das schaffen wir durch die Ausbil­dungsgarantie. Im Jahr 2013 haben wir 6 700 Jugendliche in Maßnahmen oder in ei­nem Lehrgang, in einer ÜBA, gehabt. (Abg. Kickl: Ihre Garantien sind nichts wert!) Wir werden 11 000 Jugendliche 2013 und 2014 dort unterbringen, und es werden dafür Ar­beitsmarktmittel in der Höhe von 150 Millionen € in die Hand genommen.

Herr Abgeordneter Kickl, ist Ihnen das zu wenig? – Schauen Sie einmal, was in der Zeit passiert ist, als Sie in der Regierung waren! Damals war die Arbeitslosigkeit deut­lich höher, als sie es jetzt in Zeiten einer Wirtschaftskrise ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ich war noch nie in der Regierung, aber es wird bald so weit sein, dass wir in der Regierung sind – und dann zeigen wir Ihnen, wie das geht!)

Wir haben ein großes Problemfeld auch im Bereich der 19- bis 24-Jährigen – und auch darauf schauen wir. Wir haben beim Übergang von der Schule zur Lehre einige Maß­nahmen gesetzt, nichtsdestotrotz musste aber auf die 19- bis 24-Jährigen in den letz­ten Jahren vermehrt geschaut werden. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Müsste!) Bei der „Aktion Zukunft Jugend!“ geht es um eine zielgerichtete Schulung, um Men­schen in höherqualifizierte Beschäftigung zu bringen. 47 000 junge Erwachsene haben an einer Höherqualifizierung teilgenommen, und 80 000 haben durch das AMS Arbeit aufgenommen.

Sie haben gesagt, ich bin mutig, dass ich hier darüber spreche: Ja, das kann ich durch­aus sein (Abg. Kickl: Das ist der Mut der Verzweiflung!), weil uns der Erfolg recht gibt. Und diesen Mut lasse ich mir nicht nehmen.

Es gibt aber auch eine Menge Probleme, das wissen wir: in der Frage des Übergangs, in der Frage des Bildungssystems und in der Frage des Übergangs vom Bildungssys­tem in die Arbeitswelt. Wir wissen, dass in vielen Bereichen ein Übergangsmanage­ment zwischen Schule und Beruf notwendig ist. Auch da wurden Maßnahmen gesetzt: Jugendcoaching!

Es gibt eine Menge SchülerInnen, die im individuellen 9. Schuljahr, das heißt wirklich in ihrem 9. Schuljahr, von Jugendcoaches an den Schulen begleitet werden. Man sieht sich Vorfeldprobleme an und versucht, diese auszumerzen. Und es wird versucht, die SchülerInnen zu einem weiteren Schulbesuch oder zu einer Lehrausbildung zu motivie­ren und sie zu begleiten.

Wir haben Produktionsschulen. Es gibt mittlerweile 20 österreichische Produktions­schulen, die eine Vorbereitung auf eine weiterführende Ausbildung bieten. Das heißt, wir schauen auch dort hin, wo woanders weggeschaut wird. Es wird versucht, Jugend­lichen, die aufgrund gesundheitlicher oder sozialer Probleme nicht in der Lage sind, gleich von sich selbst aus eine Lehre oder eine weiterführende Ausbildung zu begin­nen, Coaching und Unterstützung zu bieten.

Ausbildungsfit! – Wir alle kennen die Geschichten, dass Jugendliche nicht fähig sind, Soft Skills anzuwenden. Es geht um das tägliche Aufstehen in der Früh, darum, re­gelmäßig irgendwohin zu gehen, regelmäßig einen Arbeitsplatz einzunehmen. Dort hin­zuschauen zeigt, dass wir wissen, wo der Schuh drückt, dass wir wissen, dass wir nicht davon ausgehen wollen, dass Jugendliche mit Hilfsarbeiterjobs ihr Arbeitsleben begin­nen und es dann, wie wir auch wissen, in Arbeitslosigkeit enden lassen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 19

Damit noch nicht genug! Wir hätten neben der Ausbildungsgarantie auch gerne eine Ausbildungspflicht; daran arbeitet derzeit die Bundesregierung. Die Ausbildungsga­rantie soll eine Ausbildungspflicht werden, sodass Menschen im Rahmen ihres Arbeits­lebens nicht einfach verschwinden.

Wir wissen – das haben wir gestern gehört –, dass jeder sechste Lehrling seine Lehre abbricht. Wir wissen, dass jeder achte Handelsschüler die Schule abbricht. Manche finden sich in der Arbeitslosenstatistik wieder, manche finden sich nirgends wieder. Das heißt, manche Menschen werden von keinem sozialen System und auch von kei­nem anderen System erfasst, das sie in den Arbeitsmarkt zurückbringt. Das im Auge zu behalten ist eine Aufgabe, der wir uns in Zukunft zu widmen haben.

Die Sozialpartner haben in ihrem Bad Ischler Dialog im heurigen Jahr den Schwer­punkt auf das Motto „In die Jugend investieren“ gesetzt. Die jungen Sozialpartner ha­ben dort gezeigt, wohin es gehen soll: Menschen, jungen Menschen, gemeinsam eine Perspektive für die Zukunft zu geben.

Das, was sie in der Jugendstudie als sehr positiv betrachtet haben, nämlich dass sie eine gute Ausbildung haben wollen und den Weg in eine gute Ausbildung als einen Weg in eine gute Zukunft sehen, sie darin zu unterstützen, wird auch die Aufgabe der zukünftigen Bundesregierung sein.

Noch einmal, Herr Kickl: Mit diesem Sozialminister im Rücken brauche ich keinen Mut, um hier zu stehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Kickl.)

9.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


9.17.09

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich kann schon verstehen, dass man vonseiten der Oppositionsparteien ver­sucht, bei einem Thema, das für die Opposition vielleicht ein interessantes ist, durch Zwischenrufe zu stören. (Abg. Ing. Höbart: Berechtigt!) Das kann ich verstehen. Das ist ein Teil der Demokratie. (Abg. Kickl: Sie glaubt, sie war auf einer Gewerkschafts­veranstaltung!)

Aber ich meine, Sie müssen die Zahlen zur Kenntnis nehmen. (Abg. Kickl: Bei Zahlen muss man ganz vorsichtig sein bei Ihnen!) Zahlen, die besagen, dass wir die niedrigste Arbeitslosenrate in ganz Europa haben. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen!

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir trotz der steigenden Arbeitslosigkeit mas­siv gegensteuern.

Sie müssen zur Kenntnis nehmen – ob es Ihnen Spaß macht oder nicht –, dass wir bei den 15- bis 19-Jährigen seit 36 Monaten einen Rückgang der Arbeitslosigkeit haben. Ob es Ihnen Spaß macht oder nicht, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Abg. Kickl: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das alles stimmt, was Sie erzählen!)

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir 500 Millionen investieren für die 15- bis 24-Jährigen, dass wir nicht wegschauen, sondern hinschauen. (Abg. Kickl: Man kann Ih­nen nur nichts mehr glauben! Glauben kann man Ihnen nichts mehr!) Dass Ihnen das nicht gefällt, das kann ich schon verstehen, aber ein bisschen Disziplin, meine Damen und Herren von der Opposition, würde Ihnen nicht schaden, nämlich auch beim Zuhö­ren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Österreich ist zwischenzeitlich ein Land, dessen Industrieprodukte ein enormer Export­artikel waren und sind. Österreich ist ein Land, dessen Agrarprodukte zum Teil Export­artikel sind. Und mit unserem Tourismus sind wir auch ein gutes Beispiel dafür, was man machen kann. Aber dazugekommen ist – und das ist das ganz Neue –: Auch un­ser politisches Programm ist ein Exportartikel geworden, nämlich unser politisches Pro­gramm betreffend Ausbildungsgarantie! Der schwedische Reichstag hätte nicht be­schlossen, das österreichische duale Berufsausbildungssystem bis 2017 zu überneh­men, wenn es ein schlechtes wäre. Und nicht umsonst haben wir mit Spanien, mit Griechenland, mit Portugal intensivste Kontakte. Nicht umsonst ist unsere Arbeits­marktverwaltung im Konzert der europäischen Arbeitsmarktverwaltungen Nummer eins. Wir wurden von Frau Merkel eingeladen, die Arbeitsgruppe zu leiten, nämlich ei­ne verstärkte Zusammenarbeit der Arbeitsagenturen, wo es darum geht, zu lernen, wie gewisse Programme laufen.

All das kommt nicht von ungefähr, sondern ist das Ergebnis einer konsequenten Politik, das Ergebnis dessen, was die Sozialpartner, was die Koalitionsparteien in den letzten fünf Jahren auf die Beine gestellt haben. Ob Ihnen das Spaß macht oder nicht, ist Ihr Problem. Ich kann Ihnen nur sagen: Das duale Berufsausbildungssystem, das wir in Österreich haben, ist mittlerweile ganz einfach ein Exportschlager geworden, weil viele Länder draufkommen, wie man dadurch zu gut qualifizierten Fachkräften kommt. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Wir dürfen uns nicht ausruhen, gar keine Frage. Wir können nicht sagen, alles ist gut  nein, überhaupt nicht! Natürlich gibt es Probleme, etwa am Übergang von Schule und Beruf, und natürlich schauen wir dort hin. Das Projekt „Jugendcoaching“ wurde ja schon kurz skizziert. Natürlich ist es uns nicht egal ist, dass die Kids in gewissen Lehrberufen die Lehrabschlussprüfung nicht schaffen, und natürlich ist es uns auch nicht egal, dass manche Jugendliche ihre Lehre abbrechen, umsteigen oder was auch immer tun, wobei das Umsteigen ja noch die beste Variante ist, das Abbrechen hin­gegen die schlechteste.

Uns ist das nicht egal, das ist ja vollkommen klar. Demzufolge intensivieren wir unsere Aktivitäten. Gemeinsam mit dem Kollegen Mitterlehner haben wir das Lehrlings-Coa­ching eingeführt. Wir stellen dieses Angebot zur Verfügung, damit ganz einfach etwas getan werden kann, wenn Jugendliche Probleme haben oder wenn ein Betrieb – das kann ja auch sein, das muss man auch einmal ganz offen sagen – mit einem Ju­gendlichen Probleme hat.

Wir werden auch alle unsere diesbezüglichen Aktivitäten verstärken, weil es uns eben nicht egal ist, dass 15-, 16-Jährige nicht wissen, wohin ihre Reise gehen soll. Ich möchte diese sogenannte Ausbildungsgarantie ganz einfach umsetzen und weiterent­wickeln, weil es Jugendliche gibt – und ja, das sind ein paar Tausend –, die meinen, die Schulpflicht ist beendet und das Leben ist gelaufen. Diese Jugendlichen dürfen und werden uns nicht egal sein.

Was mir natürlich auch Sorgen macht, ist der Rückgang an Lehrstellen im ersten Lehr­jahr. Dieser ist teilweise demographisch begründet, weil wir gleichzeitig keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den 15- bis 19-Jährigen zu verzeichnen haben, sondern im Ge­genteil ein Sinken. Ein weiterer Grund ist der Einstieg in Schulen. Das zeigt, dass es auch notwendig ist, gemeinsam mit der Wirtschaft immer wieder aufzuzeigen: Lehrling zu sein ist etwas Tolles, das ist genauso toll, wie die AHS-Oberstufe, eine HAK oder eine HTL zu besuchen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS-LIF.)

Wir müssen da gemeinsam besser werden – und zwar alle gemeinsam. Es muss auch die Gesellschaft mitwirken. Die Politik kann Rahmenbedingungen schaffen, wir können gemeinsam mit der Wirtschaft zu bestimmten Dingen aufrufen, all das können wir tun,


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aber wir müssen auch als Multiplikatoren im täglichen Leben an dem Bewusstsein da­für mitwirken, dass es genauso toll ist, Lehrling zu sein, dass es oft hundertmal ge­scheiter ist, es lernt jemand etwas, als die AHS-Oberstufe kostet Tausende Euro an Nachhilfestunden. – Das darf ich auch einmal ganz offen sagen. Ich glaube wirklich, daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten. Dazu verpflichten wir uns, dazu haben sich auch die Wirtschaft und die Sozialpartner mitverpflichtet, denn die Fachkräfte von mor­gen sind uns natürlich nicht egal. Das ist doch vollkommen klar!

So wie ich es zuerst gesagt habe: Die Industrie ist einer der wenigen Sektoren, in dem wir ein Plus an Lehrlingen zu verzeichnen haben. Es gibt auch Sorgenkinder, das wis­sen wir, etwa den Tourismus. Auch der Handel, der erstmalig nach langer Zeit rück­läufige Aufnahmezahlen für das erste Lehrjahr hat, ist ein Sorgenkind.

Wir werden daher gemeinsam handeln, und das heißt: Prävention, Aufklärung und Re­integration für diejenigen, die ausgestiegen sind, denn mit 17 oder 18 auszusteigen und dann eine neue Lehrstelle zu finden, ist auch nicht immer ganz einfach.

Es gibt auch ein weiteres Projekt, das ab 1. Jänner wirksam ist – da ist alles schon be­schlossen, das haben Sie mitbeschlossen, da es in Gesetzen verpackt ist –, nämlich das Projekt „Ausbildungsfit“, in dem es darum geht, Jugendlichen, die sehr spezielle Probleme haben – das sind nicht nur behinderte Jugendliche, sondern auch Jugendli­che, die gewisse Entwicklungsprobleme haben –, speziell zu helfen. Wir starten das Projekt in sieben Bundesländern mit 600 Jugendlichen, weil es mir nicht egal ist, was mit diesen Jugendlichen geschieht, sondern weil mir das wichtig ist. Und wenn sie vier Jahre bis zum Ende der Lehrzeit brauchen, brauchen sie vier Jahre – sollen sie das eine Jahr länger brauchen! –, aber es ist wichtig, dass sie ihre Lehre abschließen kön­nen.

Auch unsere Ausbildungsgarantie läuft weiter, keine Frage. Wir haben in der ÜBA zur Stunde 7 141 Jugendliche. Diese Zahl war schon höher, ist aber jetzt im Moment rück­läufig.

Weil da zuerst über diverse Schulungen und so weiter so gelacht wurde: Wir haben heuer durch Höherqualifizierungen schon 46 300 junge Erwachsene über das AMS vermitteln können – dadurch, dass wir ihnen vorher Schulungen angeboten haben. In das Jugendcoaching sind zur Stunde 20 000 Jugendliche eingetreten, davon 7 000 mit Migrationshintergrund – um das auch gleich zu beantworten und um zu zeigen, wer das aller braucht; es sind nämlich die mit Migrationshintergrund weniger als jene ohne Migrationshintergrund. (Abg. Kickl: Großartig!) – Na ja, das ist auch eine Entwicklung. (Abg. Kickl: Großartig! Mit Migrationshintergrund, das sind die Guten, und die ande­ren, das sind die Schlechten, das ist das neue Modell der SPÖ! Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.– Ich wollte Ihnen nur auf Ihr permanentes Migrations-Bashing eine Antwort geben, denn das ist ja eines Ihrer Lieblingshobbys.

Die Produktionsschulen sind schon erwähnt worden.

Langer Rede kurzer Sinn: Europa hat in Berlin, hat in Paris eine Antwort gegeben. Die Europäische Gemeinschaft stellt 6 plus 2 Milliarden zur Verfügung. Die Europäische In­vestitionsbank stellt noch einmal 6 Milliarden zur Verfügung. Das ist für Europa. Bei diesen europäischen Programmen sind wir nicht dabei, und ich bin froh, dass wir nicht dabei sind. Wir sind zwar die Initiatoren dieser Programme gewesen – sowohl der Au­ßenminister als auch der Bundeskanzler als auch ich, jeder auf seiner Ebene, waren die Initiatoren dieser Programme –, aber ich bin froh, dass wir nicht dabei sind, denn wir haben keine einzige Region in Österreich, in der die Jugendarbeitslosigkeit 25 Pro­zent beträgt, und das ist die Einstiegshürde in dieses Programm.

Ich bin irrsinnig glücklich, dass wir dort das Vorbild sind, dass wir dort der Lead sind, dass Mitarbeiter von mir andauernd gebucht werden, so wie nächste Woche wieder ein


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Mitarbeiter nach Spanien fährt. Darüber bin ich sehr glücklich, und ich bin ganz, ganz glücklich, dass wir nie in diese Programme kommen werden, dass wir diese Program­me nie brauchen werden. (Abg. Steinbichler: So glücklich ...!)

Das ist auch ein Wert, den Sie einmal zur Kenntnis nehmen sollten. Sie sollten wissen, worum es hier in Wirklichkeit geht. Wir sind die Ideenbringer. Wir sind die Impulsgeber. Wir sind der Lead. Aber wir sind zum Glück nicht Betroffene, und das ist auch ein Teil dessen, was wir zu einem gemeinsamen Europa beitragen können. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)

9.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


9.28.27

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, allen Zwischenrufen und Unkenrufen zum Trotz können wir sagen, dass wir stolz darauf sind, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich bei Weitem nicht jenes Ausmaß annimmt wie in anderen europäischen Ländern. Es wurde schon darauf hin­gewiesen, dass es in Europa 5,6 Millionen Jugendliche unter 25 ohne Arbeit gibt.

Wenn wir heute über die Jugendbeschäftigung diskutieren und darüber, wie Jugendbe­schäftigung auch in Zukunft gesichert werden kann, dann erwarte ich mir einen Diskurs über Ideen, eine Auseinandersetzung darüber, was man besser machen könnte, aber nicht, dass man da wie die Krakeeler herumjammert und einander mit Zwischenrufen daran hindert, normal miteinander zu diskutieren. Das hat sich das Haus nicht verdient und das brauchen uns vor allem jene, die uns dauernd die Demokratie erklären wollen, nicht zu sagen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kickl: Wir können heute noch darüber re­den, was sich dieses Haus nicht verdient hat! Wir werden heute noch darüber reden, was sich dieses Haus nicht verdient hat!) – Ja, ich habe Sie gemeint, Herr Kickl. Mel­den Sie sich doch zu Wort! (Abg. Kickl: Sie brauchen das vielleicht noch notwendiger als mancher andere!)

Herr Kickl, melden Sie sich zu Wort! Sagen Sie, was Sie denken! Es ist ja alles in Ordnung, ich habe ja überhaupt kein Problem damit. Aber erklären Sie nicht immer an­deren die Demokratie, während Sie dann hineinschreien und verhindern, dass es einen ordentlichen Diskurs gibt. Das hat ja mit einer normalen Auseinandersetzung nichts zu tun.

Der Herr Bundesminister hat schon darauf hingewiesen, liebe Kolleginnen und Kolle­gen, was die Gründe dafür sind, dass Österreich bei der Jugendarbeitslosigkeit besser dasteht als andere europäische Länder. Ein Hauptgrund ist die relativ niedrige Gesamt­arbeitslosigkeit mit 4,9 Prozent. Wir haben nach wie vor einen Rückgang der Arbeitslo­sigkeit bei den 15- bis 19-Jährigen, was auch mit dem demographischen Rückgang zu­sammenhängt. Auch darauf hat der Herr Bundesminister schon hingewiesen.

Aber das Herzstück der guten Beschäftigungslage Jugendlicher sind die duale Berufs­ausbildung und die berufsbildenden Schulen, die wir in Österreich haben, und außer­dem eine sehr erfolgreiche Jugendarbeitsmarktpolitik für all jene, die in diesen Syste­men keinen Platz gefunden haben – aus welchen Gründen auch immer –, mit einem sehr hohen Einsatz von Steuergeldern. Beispiele wie etwa die Ausbildungsgarantie, das Projekt „Aktion Zukunft Jugend“, das Jugendcoaching und andere mehr sind ja heute schon genannt worden.


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Ich möchte auf das Erfolgsmodell Lehre eingehen, weil es mir sehr wichtig ist, dass die Lehre in Österreich auch weiterhin einen zentralen Stellenwert bei der Beschäftigung junger Menschen hat. Es wurde ja schon darauf hingewiesen: Im Zusammenhang mit der Lehrlingsausbildung ist nicht alles so, dass man sagen könnte, das passt eh, son­dern da braucht es Maßnahmen und Impulse für die Zukunft.

Ein Thema ist sicher die Frage des Images von Lehrlingen. Die Situation ist nach wie vor so, dass jemand, der Lehrling ist, in der Öffentlichkeit ein anderes Image hat als jemand, der eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule besucht. Daher braucht es im Zusammenhang mit der Lehre nicht nur die Betonung, dass sie gleichwertig ist, sondern auch eine entsprechende Position in der gesamten Struktur, etwa dadurch, dass weitere Maßnahmen zur Durchlässigkeit von der Lehrlingsausbildung zu höheren Bildungsabschlüssen gesetzt werden – zur Matura und in weiterer Folge für diejenigen, die das wollen, auch zum Besuch einer Universität. (Beifall des Abg. Kirchgatterer.)

Bei der Lehrlingsausbildung gibt es ein Quantitätsproblem und ein Qualitätsproblem.

Das Quantitätsproblem besteht darin, dass die Lehrlingszahlen insgesamt rückläufig sind, dass trotz massiver Förderungen nur 35 000 Betriebe in Österreich ausbilden. Da möchte ich auch einen Appell an die Unternehmen, an die Arbeitgeber richten, dass wir vermehrt Lehrlinge aufnehmen müssen, dass es vermehrt Lehrplätze geben sollte. Es genügt nicht, dass man in unregelmäßigen Abständen darüber jammert, das es einen Fachkräftemangel gibt.

Wer gute Fachkräfte will, der muss sie auch ausbilden. Diesen Appell möchte ich an al­le richten, die da entsprechende Möglichkeiten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, in der Lehrlingsausbildung gibt es aber auch ein Qualitäts­problem. Es ist nach wie vor so – und da kann man jetzt darüber diskutieren, ob das schwarze Schafe sind oder nicht –, dass in gar nicht wenigen Betrieben ein großes Probleme besteht, weil Lehrlinge als billige Hilfskräfte verwendet werden und nicht ordentlich und in hoher Qualität ausgebildet werden. Da braucht es entsprechende Maßnahmen. Man könnte zum Beispiel Förderungen nur mehr dann auszahlen, wenn bestimmte Ausbildungs-Benchmarks erfüllt werden. Es geht auch darum, speziell in solchen Betrieben Lehrabbrecher genau zu fragen, warum sie ihre Lehre abgebrochen haben.

Insgesamt, meine Damen und Herren, ist die Situation in Österreich gut, was die Ju­gendbeschäftigung betrifft. Wir wissen aber, dass wir klare Maßnahmen für die Zukunft setzen müssen; einige davon habe ich skizziert. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

9.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Haubner zu Wort. – Bitte.

 


9.33.54

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon erwähnt worden, dass sich die Jugendarbeitslosigkeit in Europa auf sehr hohem Niveau befindet. Man­che Medien sprechen auch schon von einer verlorenen Generation. Wenn man sich die Statistik anschaut: Im Schnitt beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 23 Prozent, wobei es Länder wie Griechenland und Spanien mit 50 Prozent gibt.

Da sieht man, dass sich das Modell der dualen Ausbildung bewährt hat – sowohl in Deutschland, das die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit hat, als auch in Österreich, das knapp dahinter liegt. Es ist so, dass wir uns in Österreich gerade bei den 15- bis 24-Jährigen in einer sehr guten Ausgangslage befinden.


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Es gibt immer etwas zu verbessern – das hat der Herr Minister schon gesagt und das ist zweifelsohne unbestritten –, aber wir müssen schon sagen, dass wir ein gutes Ge­samtsystem haben, das aus der dualen Ausbildung, aus den berufsbildenden Schulen und natürlich auch aus dem Fachhochschulsystem besteht, in dem wir Jugendliche perfekt auf den Arbeitsmarkt vorbereiten und wo sie auch praxisorientiert ausgebildet werden.

Wenn wir heute hören, dass im Bereich Berufsausbildung 500 Millionen € in die Ju­gend investiert werden, dann müssen wir auch festhalten, dass die Unternehmer sehr viel in die Jugendlichen investieren. Wenn man sich anschaut, dass bei der dualen Ausbildung ungefähr 80 Prozent der Jugendlichen in den Betrieben ausgebildet wer­den, dann spricht das eine klare Sprache, nämlich dass die Unternehmer größtes In­teresse daran haben, dass sie Jugendlichen eine fundierte Ausbildung und einen Ar­beitsplatz bieten und in der Zukunft auch auf die entsprechende Fachkraft aufbauen können.

In der „Welt“ erschien unlängst ein Artikel über die duale Ausbildung, in dem es heißt, sie ist „so selbstverständlich, dass man sich erst vor Augen halten muss, wie gut sie ist.“ Ich zitiere weiter: „Durchschnittlich vier Tage pro Woche im Betrieb, einen Tag Be­rufsschule. Praxiserfahrung von Anfang an. Und ein Arbeitgeber, der seinen Lehrling kennt und daran interessiert ist, ihn zu übernehmen.“ – Das ist ausgezeichnet.

Wenn man sich anschaut, wie das in anderen Ländern läuft: Da gibt es nur die Berufs­schule. Da haben die Jugendlichen keine Möglichkeit, praxisnah ausgebildet zu wer­den. „Langzeituntersuchungen zeigen, dass Menschen mit dieser Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt erfolgreicher sind als Menschen, die ihren Beruf nur in einer Berufsschule gelernt haben“, wird in dem oben genannten Artikel ein OECD-Mitarbeiter zitiert.

Ich glaube, genau das ist unser Modell. Deshalb sollte man den Unternehmerinnen und Unternehmern, die ausbilden, einmal danken. Sie wissen, warum sie ausbilden: Weil es eine Win-win-Situation ist, eine ausgezeichnete Situation für einen Unternehmer, der eine Arbeitskraft ausbildet, die er nachher auch als Fachkraft zur Verfügung hat, und auch eine ausgezeichnete Situation für den Jugendlichen, der im Betrieb einen Beruf lernt und damit die Möglichkeit hat, diesen Beruf nachher auch als Fachkraft aus­zuüben!

Wir sehen, dass wir in diesem Bereich vieles richtig machen, und das zeigt uns auch, dass wir diesen Weg der dualen Ausbildung ganz konsequent weitergehen sollen. Ver­besserungen sind natürlich auf jeden Fall indiziert.

Kollege Katzian hat davon gesprochen, dass Unternehmer teilweise Probleme mit Ju­gendlichen haben. Ich glaube, die Wurzel des Problems liegt nicht im Unternehmer, auch nicht im Jugendlichen, sondern sie liegt vielleicht in der früheren Ausbildung.

Wenn ein Lehrling Lesen, Schreiben und die Grundrechnungsarten nicht mehr be­herrscht, dann kann das der Betrieb nicht innerhalb von drei Jahren in der Ausbildung nachholen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Die Betriebe nehmen aber auch solche Jugendliche auf und schauen, dass sie sie aus­bilden und dass sie ihnen eine Chance geben, in den Arbeitsmarkt integriert zu wer­den. Ich denke, das ist echte Chancenpolitik für Jugendliche, und da haben wir ausge­zeichnete Arbeit geleistet.

Eines möchte ich auch sagen: Unsere Lehrlinge gehören zu den besten Europas! Das zeigen die EuroSkills und die WorldSkills. Das sind sozusagen die Europa- und Welt­meisterschaften der Berufsausbildung. Im letzten Jahr haben wir 22 Medaillen bei den Europameisterschaften gemacht und heuer elf Medaillen bei den Weltmeisterschaften.

Das heißt, nicht nur die Betriebe haben Qualität, sondern auch die Lehrlinge. Diesen Weg gilt es fortzusetzen, und deshalb denke ich, dass die Unternehmer unsere Unter-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 25

stützung verdient haben. Wir sollten sie auf ihrem Weg unterstützen; mit Strafzahlun­gen oder Androhungen von Strafen, wie Kollege Katzian gemeint hat – das muss ich schon sagen! –, werden wir in dieser Beziehung nichts erreichen. Wir brauchen Anrei­ze, denn Anreize sind das, was Österreich erfolgreich gemacht hat.

Meine Damen und Herren, zum Schluss: „Handwerk hat goldenen Boden“, besagt ein altes Sprichwort. In Anlehnung an dieses sage ich: Gute Ausbildung, egal, ob schulisch oder beruflich, hat eine starke Zukunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

9.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Stra­che. – Bitte.

 


9.39.04

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die heutige Aktuelle Stunde der SPÖ beleuchtet, dann muss man festhalten, dass natürlich schon von Mut zu sprechen ist, insofern, als eine solche Aktuelle Stunde angesichts der Situation „mu­tig“ im Sinne einer Verhöhnung der jungen Menschen ist, die heute in Österreich keine Arbeit haben. – Vielleicht ist es der Mut der Verzweiflung vonseiten der Sozialdemo­kraten, anders kann man das nicht bezeichnen.

Herr Minister, es ist klar, dass Sie hier wieder einmal das sattsam bekannte Lied sin­gen, dass in Österreich zum Glück alles besser ist als in anderen Ländern, und dann Vergleiche anstellen.

Da werden natürlich dann immer gerne die negativsten Beispiele hergenommen, wie Spanien, Griechenland und andere Länder, und man versucht, damit das Bild zu er­zeugen, in Österreich sei eh alles bestens und man könne sich auf die Schenkel klop­fen, wie großartig man ist – während wir heute natürlich im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten die höchste Jugendarbeitslosigkeit haben, und das ist kein Anlass zur Freude, Herr Minister. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein Anlass zur Sorge, ein Anlass dafür, dass man endlich mehr Maßnahmen si­cherstellt und letztlich das Problem auch wirklich ernst nimmt – und kein Anlass, sich selbstzufrieden zurückzulehnen und das Ganze schönzubeten, wie Sie das tun.

Ich sage, es ist nichts in Ordnung. Der Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich, Johann Kalliauer, hat erst letzte Woche beklagt, dass sich die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich auf einem historischen Hoch befindet. Was singen Sie da für Jubelchöre? Das ist eine Verhöhnung der österreichischen jungen Menschen zwischen 15 und 24! (Beifall bei der FPÖ.)

Da kann man sich doch nicht hier herausstellen und sagen: Super! Toll! Wir machen so eine tolle Politik! – Nein, da gehört mehr gemacht.

Ich sage, wenn man sich die Zahlen ansieht – 76 250 junge Menschen, die davon betroffen sind –, dann ist das die höchste Jugendarbeitslosigkeit in Österreich. Und bei Ihren Zahlen wissen wir so oder so, dass man da besonders vorsichtig sein muss, denn vor der Wahl gibt es kein Budgetloch, nach der Wahl taucht auf einmal das Bud­getloch auf, dann ist es wieder weg, wie das Ungeheuer von Loch Ness. Das sind Ihre unglaubwürdigen Muster. Also auch in dieser Frage bin ich da sehr, sehr vorsichtig.

Aber eines stellt sich auch heraus: Im Euroraum ist es am katastrophalsten. Auch das ist interessant. Das haben Sie heute gar nicht beleuchtet, und Sie haben selbstver­ständlich argumentiert wie der Herr Gewerkschafter – heute ist offenbar überhaupt Ge­werkschaftsstunde –, indem festgehalten wurde: Quantitäts- und Qualitätsproblem. –


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Ja dann sollte man auch einmal vonseiten der Regierung kritisch hinterfragen: Wie kommt es denn zu einem Quantitäts- und Qualitätsproblem in diesem Bereich?

Wir haben einen Facharbeitermangel – ja, das ist der Fall –, und wir haben junge Men­schen, die heute jugendarbeitslos sind und keine Lehrausbildung haben. Und woran liegt es? – Da sind wir wieder beim ursprünglichen Problem des Bildungssystems, das in der PISA-Studie sichtbar wird (Beifall bei der FPÖ): 28 Prozent der pflichtschulaus­gebildeten jungen Menschen können nicht sinnerfassend lesen, haben Probleme in den Grundrechnungsarten und vieles mehr.

Ja, das ist das Grundproblem: Sie züchten in Ihrem Schulsystem, wo Sie in den letzten Jahrzehnten Bildungsexperimente gemacht haben, letztlich junge Menschen, die gar keine Chance haben, dann einen Lehrberuf zu finden (Beifall bei der FPÖ), die gar kei­ne Chance haben, eine Existenz aufzubauen. Da müssen wir doch ansetzen! – Das haben Sie heute völlig ausgelassen und ausgeblendet.

Wer hat denn bitte den guten Blum-Bonus abgeschafft, Herr Minister? Wer war denn das, der ein gutes System der Förderung von Lehrplätzen in Zusammenarbeit mit den Unternehmen, ein sehr, sehr gutes Modell, wo man eben den Unternehmen geholfen hat, mehr Ausbildungsplätze sicherzustellen, in Folge abgeschafft hat, wovon wir jetzt die negativen Auswirkungen erleben müssen? – Das waren Sie! Und Sie stellen sich dann hier her und sagen, Sie haben alles getan, alles gemacht und sind sich keiner Schuld bewusst?! – Ich sage, da ist einiges auch von Ihrer Seite letztlich in eine falsche Richtung gelaufen.

Da haben wir eine große Verantwortung. Ich befürchte aber, dass diese Regierung bald in einer zu erwartenden Neuauflage weiterwurschteln wird wie bisher, und ich sa­ge, da müsste man eigentlich hergehen und die Partei, die da versagt hat, einmal beim Namen nennen. Das ist die SPÖ. Die SPÖ ist heute die Partei der Arbeitslosigkeit – anders kann man sie gar nicht bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie verwalten Arbeitslosigkeit. Sie parken die Menschen in irgendwelchen Schulun­gen – die man auch einmal hinterfragen muss, denn was sind denn das für Schulun­gen? Das ist ein reines Parken, ein reines Verwalten, zum Teil mit Schulungsmaß­nahmen, mit denen die Menschen gar nichts anfangen können, nur damit sie einmal kurzfristig aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden.

Das ist Ihre Verantwortung, und ich sage, Sie agieren hier hilflos und am Ende viel­leicht sogar noch mit Mechanismen, die Statistik zu frisieren. So werden wir nicht wei­terkommen, und ich sage, es gibt keinen Anlass, da irgendetwas schönzubeten. Es gibt keinen Anlass, Herr Klubobmann Schieder, hier irgendetwas so darzustellen, als würde man sich auf die Schenkel klopfen können. Im Gegenteil! Da ist wirklich einiges gefordert. (Beifall bei der FPÖ.)

9.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


9.44.26

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Auch 7,6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit beziehungsweise 9 Prozent bei den 20- bis 24-Jährigen sind ein Problem. Der Herr Minister hat uns heute eingeladen, gemein­sam an der Lösung dieses Problems weiterzuarbeiten. Auch der Herr Abgeordnete Katzian hat gesagt, er wünscht sich im Weiteren eine konstruktive, intensive Debatte zu diesem Thema.

Aber da muss ich Sie schon fragen, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber auch von der ÖVP: Warum verhindern Sie dann, dass wir mit ausreichend Zeit auf der Basis


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von guten Unterlagen in den dafür zuständigen Ausschüssen endlich beginnen, dieses Thema zu bearbeiten? (Beifall bei den Grünen.)

Warum verhindern Sie die Konstituierung des Ausschusses für Arbeit und Soziales oder des Wirtschaftsausschusses, um dieses wichtige Thema anzugehen? – Ich sage Ihnen, das ist nicht in Ordnung, auch wegen der vielen Jugendlichen, die jetzt nach wie vor unsere Unterstützung brauchen.

Meine Damen und Herren! 7,6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – wir Grüne sind bereit für eine konstruktive Debatte. Dazu braucht es zuerst eine kritische Analyse; es wurde teilweise schon erwähnt. Die Basis, das Fundament für eine gute Jugendbeschäftigung ist die Bildungsreform. Ein Viertel aller Pflichtschulabsolventen kann nicht ordentlich le­sen, schreiben und rechnen. Das ist ein Skandal! Und ich finde es unglaublich, dass gerade der Abgeordnete Haubner von der ÖVP dieses Problem anspricht, den Zusam­menhang zwischen der schlechten Grundqualifikation nach der Pflichtschule und den Problemen, die die Lehrlinge dann auf dem Arbeitsmarkt haben. Ich meine, welche Partei, die Vertreter welcher Partei stehen seit Jahren auf der Bremse, wenn es um die Bildungsreform geht? – Das ist wirklich zynisch, was Sie hier gesagt haben, Herr Ab­geordneter. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben aber auch noch Handlungsbedarf im Bereich der Bildungs- und Berufsbe­ratung. Es ist im hohen Maße noch immer an den Eltern, dabei zu unterstützen, die richtige Bildung, den richtigen Ausbildungsplatz zu finden. Sehr viele Eltern sind da nach wie vor – oder eigentlich immer mehr – überfordert. 10 Prozent aller Jugendlichen verlassen bereits nach der Pflichtschule den Ausbildungsweg. Das ist ein Problem. Länder wie Slowenien oder Polen haben hier eine Rate von 5 Prozent – wir liegen bei 10 Prozent. Hier muss endlich etwas geschehen. Alle Maßnahmen der vergangenen Jahre haben hier nicht gegriffen. (Beifall bei den Grünen.)

Schließlich die duale Ausbildung. Ich höre Unterschiedliches: Es ist das Erfolgsmodell schlechthin – gleichzeitig gibt Kollege Katzian zu, dass wir massiven Reformbedarf haben. Und es gibt tatsächlich Probleme. Die Probleme sind nach wie vor die Rück­gänge bei den angebotenen Lehrstellen. Nur mehr 13 Prozent aller Betriebe bilden aus. 45 Prozent aller Lehrverhältnisse werden vorzeitig abgebrochen. Fast die Hälfte aller Jugendlichen verlässt nach Ende der Ausbildung die Branche, in der sie ausge­bildet worden sind. Was bedeutet das für den Fachkräftemangel? – Ich denke, das ist uns allen klar.

Und schließlich die Durchfallsquoten: 20 Prozent der Jugendlichen schaffen es nicht, nach Absolvierung einer Lehre die Abschlussprüfung zu bestehen. In einigen Branchen sind es 30 Prozent. Das ist ein massives Problem. Und das ist nicht nur das Problem der einzelnen Jugendlichen – sozusagen der Ansatz, den das Jugendcoaching wählt –, sondern das ist ein Qualitätsproblem auch bei den ausbildenden Betrieben. Wir brau­chen hier Qualitätssicherung in Bezug auf die Leistung, die die ausbildenden Betriebe erbringen. Gehen Sie das endlich an! Schauen Sie dort bitte endlich hin! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir Grüne sind bereit, konstruktiv an diesem Thema zu ar­beiten. Herr Minister, ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass Sie nicht von „Oppo­sition“ sprechen sollten, wenn es sozusagen um destruktive Zwischenrufe geht, denn wir sind daran interessiert, dass die jungen Menschen in Österreich eine gute Ausbil­dung und faire Jobs bekommen. Lassen Sie uns aber bitte endlich an diesem Problem arbeiten (Zwischenruf des Abg. Rädler), konstituieren Sie endlich die Fachausschüsse, den Ausschuss für Arbeit und Soziales und den Wirtschaftsausschuss! Lassen Sie es uns endlich angehen und blockieren Sie nicht länger die parlamentarische Arbeit! (Bei­fall bei den Grünen.)

9.49



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 28

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Klubobfrau Dr. Nachbaur zu Wort. – Bitte.

 


9.49.19

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Grüß Gott! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich sehe im Problem Jugendarbeitslosigkeit ein Problem, das nicht nur Österreich betrifft, sondern eigentlich vor allem Europa.

Und in diesem Zusammenhang gleich meine erste Kritik: Die EU und der Euro in ihrer derzeitigen Form tragen, glaube ich, maßgeblich zu diesem Problem bei. Es gibt eine zentralplanerische Bürokratie in Europa, und auch der Euro, diese gemeinsame Wäh­rung, die da zwangsweise geschaffen wurde für Länder, die eigentlich gar nicht zusam­menpassen, das ist wie ein Anzug, der keinem passt: Den einen Ländern ist er zu klein und den anderen Ländern ist er zu groß. Der Euro in seiner derzeitigen Form raubt den vermögenden Ländern ihr Vermögen und den schwachen Ländern ihre Wettbewerbs­fähigkeit. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich meine auch, man kann ganz klar sehen, dass das wirtschaftliche Problem und da­her auch die Jugendarbeitslosigkeit am allergrößten in jenen Ländern sind, die Netto­empfänger sind. Das ist ganz klar: Wir haben diese Länder durch dieses Konstrukt geknebelt, wir haben sie in Abhängigkeit von den Großbanken gebracht. Anstatt dass sie auf eigenen Beinen stehen und selbständig und souverän agieren können, sind sie gefesselt und geknebelt, und dort ist tatsächlich die Jugendarbeitslosigkeit messbar am höchsten. Ich glaube, das sollte uns die Augen öffnen. Die Arbeitslosenzahlen zeigen ganz klar das Scheitern.

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die überbordende Bürokratie. In Brüssel werden ungefähr 80 Prozent aller unserer Gesetze, die wir hier umsetzen, zu­erst einmal gestaltet. Das ist ein gewaltiger Kostenaufwand, und die Lasten liegen vor allem auf unseren Klein- und Mittelbetrieben, die dann tagtäglich damit kämpfen müs­sen. Ich meine, man muss die Leistungsträger in unserer Gesellschaft entlasten und nicht noch mehr belasten. (Beifall beim Team Stronach.)

Man muss ihnen durch weniger Regeln und weniger Bürokratie endlich die Luft geben, das machen zu können, was sie am besten können, nämlich Innovationen auf den Markt bringen. So wird es auch mehr Arbeitsplätze für die jungen Leute geben.

Und schließlich: Der Standort Österreich kann nur funktionieren, wenn die Rahmenbe­dingungen unternehmerfreundlich sind. Wir brauchen da ein anderes Klima, ein verein­fachtes und gerechtes Steuersystem, das Investitionen in unserem Land begünstigt, niedrigere Lohnnebenkosten, denn die hohen Lohnnebenkosten wirken ganz stark wachstumshemmend, schwächen den Standort und kosten eigentlich Arbeitsplätze.

An die ÖVP gerichtet: Es gibt so viele gute, kluge ÖVP-Politiker, aber das mit den Zwangsmitgliedschaften verstehe ich einfach nicht. (Abg. Mag. Schatz: Zum Thema!) Hier ein kleines Beispiel aus der Steiermark, das Ende eines Gastro-Vereins: Da gab es eine nette Gruppe von Ärzten und selbständigen Unternehmern, die haben sich donnerstags in St. Oswald, wo nichts los war, zusammengetan. Sie haben dort ge­kocht, gesungen, musiziert. Binnen kürzester Zeit zählte diese Gruppe 600 Mitglieder, sie haben ein bisschen einen Beitrag in diesem Verein geleistet. Kaum funktioniert das – die Leute haben eine Freude –, kommt die Wirtschaftskammer und sperrt den Laden zu (Abg. Mag. Schatz: Zum Thema! Wir reden über die Jugendarbeitslosigkeit!): Frechheit, so etwas darf es nicht geben! – Das ist so weltfremd.

Ich meine, dass die Kammern und diese ganze Bürokratie die Wirtschaft hemmen. Von diesem Umstand spannt sich für mich der Bogen hin zur Jugendarbeitslosigkeit. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Brosz: Das ist keine Aktuelle Stunde, das ist eine Bunte Stunde heute!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 29

Man sieht das auch an den Unternehmen: Die Lenzing AG – im sozialdemokratischen Einflussbereich – baut Leute ab, die Voest baut keine Werke mehr in Österreich. Die Unternehmer sagen doch ganz offen, man kann in Österreich nicht mehr investieren. Meine Damen und Herren, da müssen Sie einmal die Frage stellen: Warum investieren die denn nicht mehr?

Das sind die Rahmenbedingungen, die Sie geschaffen haben! Die Unternehmer trauen dem Frieden in Österreich nicht mehr. Wir haben überhaupt ein Problem, was die poli­tische Kultur in Österreich betrifft. Viele Regierungsverantwortliche haben nicht die Kompetenz, das Land ordentlich zu managen, und kompensieren das dann durch Rhetorik. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Pilz: Wo haben Sie diese Rede ge­funden?) – Die habe ich in meinem Kopf gefunden.

Wir brauchen ein unternehmerfreundliches Klima – jetzt komme ich schon zum Schluss –, das Investoren anlockt und das die Leistungsträger in unserem Land stärkt. Nur so können wir sicherstellen, dass es auch in Zukunft Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze für die Jugend gibt, aber das wollen anscheinend manche Leute hier nicht hören. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Rufe bei der ÖVP: Schwach! Ganz schwach!)

9.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Mlinar gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.54.13

Abgeordnete Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar (NEOS-LIF): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovane da­me in gospodje! Den jungen Menschen in Österreich geht es nicht schlecht, vor allem im europäischen Vergleich. Das ist jedoch eine Momentaufnahme, und diese hat kei­nen Bestand, wenn man den Blick ein bisschen über den Tellerrand hinaus oder in die nahe Zukunft richtet, denn: Viele der Indikatoren stehen auf Rot, die Generationenge­rechtigkeit auch in unserem Land ist in Gefahr, und junge Menschen stehen auch hier bei uns unter immensem Druck und haben Angst vor der Zukunft. – Das sollten junge Menschen nicht haben.

Ein aktueller Blick nach Europa – Zahlen, die wir heute schon öfter gehört haben, aber weil es so beeindruckende Zahlen sind, möchte ich diese wiederholen (Abg. Vilimsky: Nicht lesen! Sprechen!) –: 5,5 Millionen der unter 25-Jährigen sind ohne Job. In zwölf europäischen Ländern sind es über 25 Prozent, die ohne Beschäftigung sind (Abg. Dr. Hübner: Das ist ja hinlänglich bekannt!), in Spanien und Griechenland gar 55 Pro­zent. Als junger Mensch ohne Arbeit zu sein bedeutet jedoch nicht nur materielle und wirtschaftliche Not, es bedeutet vor allem auch einen Mangel an Lebens- und Gestal­tungsmöglichkeiten. Das wiederum bewirkt das unerträgliche Gefühl, sich nicht durch eigene Fähigkeiten und eigene Kraft konstruktiv in die Gesellschaft einbringen zu kön­nen.

Überbordende Jugendarbeitslosigkeit hat somit eine ökonomische, vor allem aber eine menschliche Dimension und damit weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen. Die Maßnahmen, um diese Situation in Europa zu bekämpfen, wirken auf den ersten Blick beeindruckend, wenn wir von der Zahl von 45 Milliarden € ausgehen, die im Kampf ge­gen die Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden sollen. Das steht jedoch in gar kei­nem Verhältnis zu den 3,2 Billionen €, die für die Bankenrettung eingesetzt wurden. Auch in Österreich fließt viel zu viel Geld in Bankenrettung und Hypo-Sanierung, wäh­rend bei Bildung und anderen Zukunftsausgaben ständig gespart und gekürzt wird. (Abg. Dr. Hübner: „Daher Vorschlag: Hypo-Konkurs!“)

So sind die gegen Jugendarbeitslosigkeit eingesetzten Mittel nicht nur zu wenig, son­dern auch falsch eingesetzt. Statt Menschen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 30

und die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Unternehmen zu erleichtern, werden viele in Massenkursen zwischengeparkt und staatlich geförderte, subventionierte Billigjobs auf Zeit geschaffen. Qualifizierte und eigenverantwortliche junge Menschen jedoch fin­den in Kombination mit wirtschaftsfördernden Maßnahmen definitiv schnell eine geeig­nete Arbeit, oder sie schaffen sich eine.

Wir sollten diese Chance nicht vergeben, dass junge Menschen auch in der Lage sind, sich eigene Arbeit zu schaffen. Deshalb gibt es auch in Österreich nicht den geringsten Grund, sich zurückzulehnen. Das brennende Problem der Jugendarbeitslosigkeit ist ein gesamteuropäisches, damit auch ein österreichisches, und es greift rasch um sich. Es ist eine doppelte Tragödie: Jugendarbeitslosigkeit bedeutet nicht nur enttäuschte Hoff­nungen und zerstörte Zukunftsperspektiven, sondern ist auch der ideale Nährboden für Populisten und radikale Bewegungen, die einfache Lösungen versprechen, diese Ver­sprechungen jedoch nie erfüllen und damit nachhaltigen und gravierenden Schaden anrichten.

NEOS, das Neue Österreich und das Liberale Forum fordert daher: Statt geschönter Statistiken und übertriebenem Eigenlob braucht es zukunftsfähige Maßnahmen. Es ist die Aufgabe der Politik, den Jungen die Angst zu nehmen und Hoffnung zu geben. Es ist die Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass jede und jeder ein erfolgreiches und geglücktes Leben nach den eigenen Vorstellungen führen kann.

Wir von NEOS und dem Liberalen Forum stehen dafür zur Verfügung. Packen wir es an, und zwar jetzt und richtig! Das österreichische Erfolgsmodell – und das duale Mo­dell ist ein Erfolgsmodell – soll auch den nächsten Generationen ein Begriff bleiben, denn wir werden an unseren Taten gemessen werden und nicht an schönen Worten. – Hvala lepa. (Beifall bei NEOS-LIF.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Kucharowits zu Wort. – Bitte.

 


9.59.34

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie oder auch vor den TV-Geräten! Bevor ich mit meiner Re-de beginne, möchte ich mit einer Zahl aufräumen, die vom Kollegen Strache vorhin in seiner Rede erwähnt wurde. Das ist wieder einmal die typische FPÖ-Panikmache.

Strache spricht von mehr als 72 000 jungen Leuten, die arbeitslos sind. – Faktum ist, dass es 42 000 sind. Es wurden also in der letzten halben Stunde 30 000 junge Leute mehr durch die FPÖ in die Arbeitslosigkeit getrieben. Dem ist nicht so! (Abg. Kickl: Peinlich ist das Desaster mit den Zahlen!) Nichtsdestotrotz: Jeder und jede Jugendli­che, der oder die in Österreich arbeitslos ist, ist einer und eine zu viel. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

„Jugendbeschäftigung: Vorbild Österreich“ – das ist das Thema unser heutigen Aktuel­len Stunde am Tag der Kinderrechte. Viele werden jetzt womöglich denken, schöner Titel, aber was steckt eigentlich dahinter? – Geschätzte Damen und Herren, aus mei­ner Sicht die Grundlage und das Fundament für eine funktionierende Gesellschaft, aber auch für die Zukunft jeder und jedes Einzelnen. Stellen Sie sich vor, Sie wachsen in einem Land auf, in dem es egal ist, welche Schule Sie besucht haben, welche Aus­bildung Sie gemacht haben, ob eine Lehre oder auch ein abgeschlossenes Studium: Sie finden einfach keinen Job. Das ist nicht von mir frei erfunden oder überzeichnet, sondern Lebensrealität für viele Europäerinnen und Europäer. (Abg. Kickl: Da ist es praktisch, wenn man nach Österreich fahren kann, aus dem Osten zum Beispiel!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 31

Ich möchte gerne ein Beispiel aus meinem privaten Umfeld bringen. Ich habe in mei­nem Freundeskreis einen Portugiesen, der mir immer wieder erzählt, dass es in Portu­gal gang und gäbe ist, auf der Straße zu sein, keinen Job zu haben – egal, welche Ausbildung man hat, ob man ein fertiges Studium hat, oder wie auch immer, dass man einfach von einem Job zum nächsten hüpft, sogenannte Mini-Jobs macht, um nur ir­gendwie eigenständig leben zu können. Das funktioniert absolut nicht. Da spreche ich noch gar nicht davon, eine eigene Wohnung zu haben beziehungsweise eine eigene Wohnung zu finanzieren. (Abg. Kickl: Eigentlich ein erschütternder Zustand für die EU!)

Ich möchte dieses Beispiel aus der Realität, festgemacht an einer Person, auch mit Zahlen untermauern. Rund 5,5 Millionen junge Menschen, nämlich 15- bis 24-Jährige, sind in Europa im Moment ohne Arbeit. Zwölf europäische Länder haben die 25-Pro­zent-Marke bei der Jugendarbeitslosenquote überschritten; in Griechenland und Spa­nien liegt diese sogar bei über 55 Prozent.

Wir in Österreich geben aber jungen Menschen Chancen und Perspektiven. Wir er­möglichen eben andere Lebensrealitäten als jene, die ich zuvor beschrieben habe. (Abg. Kickl: Schaut nicht gut aus in der EU!) Deshalb haben wir auch ein klares Be­kenntnis zur Ausbildungsgarantie für junge Leute abgegeben, die unfassbar wichtig für diese Altersgruppe ist. Wir stehen zu unserem dualen Ausbildungssystem. Wir stehen zu Jugend- und Jobcoachings, zu Berufsorientierungen. Und wir stehen zu überbe­trieblichen Lehrwerkstätten, ohne aber dabei die Betriebe aus der Pflicht zu nehmen.

Offen – das wurde heute auch schon von Kolleginnen und Kollegen angesprochen – ist jedoch das Problem der „Generation Praktikum“: Weg mit den unter- und unbezahlten Praktika, von denen weder die einzelne Person etwas hat noch wir als gesamte Gesell­schaft! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der Bereich Lehre wurde heute hier angesprochen. Wir brauchen bessere Quali­tätskriterien. Wir von der SPÖ stehen in Summe für ein Leben, in dem wir nicht nur krampfhaft überleben, sondern wirklich leben, wohnen und unser Leben genießen kön­nen.

Umso wichtiger ist nun das Signal und vor allem auch die Erkenntnis, dass junge Leute in ganz Europa eben nicht im Regen stehen gelassen werden. Die Brisanz wurde sehr spät, aber doch erkannt. Wir, nämlich Österreich, dienen mit unserem Modell der Aus­bildungsgarantie, das vom Bundeskanzler, vom Sozialminister, von uns allen in der SPÖ und auch vom Koalitionspartner getragen wurde, als Best-Practice-Beispiel für ganz Europa. Wir stehen eben auch zu anderen Lebensrealitäten und bekämpfen da­mit wesentliche Ungerechtigkeiten.

Folgendes wurde auch schon erwähnt: Wenn man nämlich arbeitslos und perspekti­venlos ist, dann ist der Nährboden für Populisten leider groß – und dagegen gilt es auch anzukämpfen. (Beifall bei der SPÖ. – Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Deshalb sind wir Vorbild für Europa. Deshalb hat Europa endlich Geld, nämlich 45 Mil­liarden € für die kommenden Jahre in die Hand genommen – Europa! –, um jungen Leuten Perspektiven und damit ein anderes Leben zu geben. Stehen auch Sie, jene, die permanent zwischenrufen und Zahlen noch horrender machen, noch mehr schlecht­reden und schlechtschreiben, dazu! Unterstützen Sie unser Modell, nämlich das Vor­bildmodell Österreich, jetzt und auch in Zukunft im Sinne junger Leute und im Sinne unserer gesamten Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

10.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Wöginger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 32

10.05.02

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede Folgendes festhalten: An der derzeitigen Arbeitsmarktsituation in Österreich, vor allem auch im Bereich der Jugendbeschäftigung, ist nichts zu beschönigen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Aber, meine Damen und Herren, vor allem von der FPÖ, es bringt auch nichts, wenn wir permanent bei jedem Thema alles nur kritisieren und alles nur schlechtreden, und es bringt schon gar nichts, wenn hier Zahlen diskutiert werden, die so einfach nicht stimmen. (Abg. Kickl: Redet euch das mit dem Leitl aus! – Abg. Dr. Belakowitsch-Je­newein: Eure Zahlen stimmen nicht!)

Schauen wir uns doch die Daten- und Faktenlage am Arbeitsmarkt noch einmal an! Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa, aber die Arbeitslosigkeit steigt; ich sage das gleich dazu. Es kann uns nicht egal sein, dass wir mehr Arbeitslose als im Vorjahr haben. Natürlich müssen wir hier Maßnahmen setzen, aber wir haben nach wie vor die niedrigste Arbeitslosenquote. Im Jugendbereich liegen wir an zweiter Stelle hin­ter der Bundesrepublik Deutschland. – Das sind die Fakten, meine Damen und Herren.

Wir haben 8,7 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, rund 5 Prozent, nämlich 4,9 Prozent, Gesamtarbeitslosenquote. Im EU-Schnitt sind es 11 Prozent insgesamt und 23 Prozent bei der Jugendarbeitslosigkeit. Die Beschäftigung steigt. Sie ist in Österreich um 20 000 Personen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Noch nie waren so viele Men­schen in Beschäftigung, wenn man die Oktoberzahlen vergleicht, wie im Jahr 2013. Das gehört auch erwähnt, wenn wir den Arbeitsmarkt insgesamt diskutieren.

Die Jugendlichen betreffend darf man festhalten, Österreich hat ein Erfolgsmodell. Das sind die duale Berufsausbildung und die berufsbildenden Schulen. Wir haben sogar einen Rückgang der Arbeitslosigkeit bei den 15- bis 19-Jährigen, nämlich minus 2,8 Pro­zent. Aber insgesamt steigt die Arbeitslosigkeit um 4,5 Prozent an.

Was haben wir in der Vergangenheit gemacht – hier im Parlament auch durch eine Vorlage der Bundesregierung beschlossen? Wir haben die „Aktion Zukunft Jugend!“ eingeführt. Alle Arbeitslosen zwischen 20 und 24 Jahren bekommen ein Angebot ent­weder für einen Arbeitsplatz, eine zielgerichtete Schulung oder eine geförderte Be­schäftigung. Wir dürfen die jungen Menschen nicht auf der Straße stehen lassen. Wir müssen ihnen Hoffnung geben, Perspektiven anbieten, denn Arbeitslosigkeit bedeutet Hoffnungslosigkeit.

Gerade einem jungen Menschen dürfen wir es nicht zumuten, dass es keine Perspek­tive auf einen Arbeitsplatz, auf einen Job gibt. Das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren. Wir, die Abgeordneten von den Regierungsfraktionen, und auch diese Bundesregierung haben dieses Thema in den letzten Jahren sehr ernst genommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Nur ein paar Anmerkungen dazu: 80 000 Jugendliche haben aufgrund eines Schu­lungsangebotes eine Arbeit angenommen. 46 000 waren in einem Kurs, um für einen Arbeitsplatz vorbereitet zu werden. 2 800 Jugendliche nehmen an einer Arbeitsstiftung teil, davon 2 200 an einer Implacementstiftung. Was ist eine Implacementstiftung? – Das ist eine Art Teilausbildung, bei der wir vor allem jenen unter die Arme greifen, die es nicht schaffen, einen vollständigen Lehrberuf zu erlernen.

Das ist das Wichtige, meine Damen und Herren – es gibt diese Zigtausenden Hilfsar­beiterjobs, die es früher gegeben hat, nicht mehr –: Wir müssen jenen unter die Arme greifen, die es selber nicht ganz schaffen. Daher gehört den 5 000 Jugendlichen, die von der Schule abgehen und keinen Abschluss im Pflichtschulbereich haben, unsere Aufmerksamkeit, vor allem auch in der nächsten Zeit. Das ist auch gerade Thema bei den aktuellen Regierungsverhandlungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 33

4 900 Jugendliche erwerben derzeit Fertigkeiten für den Arbeitsmarkt. Das heißt, es geschieht sehr viel, vor allem bei den Jugendlichen. Aber auch dort haben wir einen Anstieg der Arbeitslosenquote zu verzeichnen, und daher müssen wir handeln. Es kann uns nicht egal sein, dass wir insgesamt 42 000, meine Damen und Herren von der FPÖ, nicht 72 000, 42 000 arbeitslose Jugendliche haben. (Abg. Kickl: Wir er­klären es Ihnen gleich noch einmal!) Jeder arbeitslose Jugendliche bedeutet auch ein Schicksal, bedeutet, dass wir handeln müssen – und das tun wir auch, meine Damen und Herren.

Abschließend möchte ich noch ein paar Punkte aufzeigen, was wir noch tun können: Die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr ist jedenfalls für uns von der ÖVP ein ganz wichtiges Thema. Wir sind da auch in Richtung Einigung in den Regierungsver­handlungen unterwegs. Wir müssen aber vor allem auch die Lehre attraktivieren, mei­ne Damen und Herren. Das ist eine gesellschaftspolitische Herausforderung. Es geht darum, wie wir insgesamt über die Lehre reden: Welchen Stellenwert hat die Lehre in der Bevölkerung? Mit welcher Wertschätzung treten wir den Lehrlingen entgegen?

Die Lehrlinge von heute sind die Facharbeiter von morgen. Deshalb gilt unsere Auf­merksamkeit insgesamt den Lehrlingen, den jungen Mädchen und Burschen, die sich bereiterklären, einen Lehrberuf zu erlernen. Wir müssen gut über die Lehre reden. Es ist uns ein Lehrling genauso wichtig wie ein Schüler an einer Handelsakademie, an einer HTL oder ein Student.

Meine Damen und Herren, die Lehre zu attraktivieren ist ein wichtiges Zukunftsrezept, um die Jugendbeschäftigung weiter voranzutreiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter The­messl zu Wort. – Bitte.

 


10.10.30

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Morgen auch an alle Zuseher. Unmittelbar an meine zwei Vorredner von SPÖ und ÖVP sei Folgendes gerichtet: Die­se 42 000, die Sie immer wieder erwähnen, das ist die offizielle Zahl in Ihrer Arbeits­losenstatistik. Ich weiß nicht, haben Sie die letzte Aussendung der Arbeiterkammer nicht gelesen? – Die Arbeiterkammer ist bekanntlich rot besetzt. Diese spricht klar von 76 000. Sie sagen nicht dazu, dass zusätzlich zu diesen 42 000 über 30 000 in diver­sen Stiftungen, ÜLAs und ÜAZs versteckt sind. Allein in den ÜLAs und ÜAZs sind ak­tuell in Österreich über 11 000 Personen versteckt, die in Ihrer Arbeitslosenstatistik nicht aufscheinen.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, die Zahlen sprechen für sich. – Was Ihre Zah­len wert sind, das sieht man an der aktuellen Budgetdebatte. Die Zahlen, die Sie hier immer wieder gebetsmühlenartig predigen – egal, ob diese das Defizit, den Stabilitäts­pfad für die nächsten Jahre oder die Arbeitslosenzahlen sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Jugendlichen betreffen – sind alle geschönt. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Zuge der Budgetdebatte haben wir jetzt ja gesehen, was Ihre Zahlen wert sind. Ste­hen Sie endlich zu den Tatsachen und blicken Sie der Wahrheit ins Auge!

Wissen Sie, Herr Bundesminister, was mich am meisten stört? – Wenn Sie hier immer predigen, gemeinsam mit der Wirtschaft müssen wir das Problem lösen. Sie haben eines richtig gesagt, da gebe ich Ihnen recht: Das duale Ausbildungssystem in Öster­reich ist weltweit ein Vorzeigemodell. Da gebe ich Ihnen recht. Da wird Ihnen niemand, auch nicht von den Oppositionsparteien, widersprechen.

Aber Sie machen genau das Gegenteil mit Ihrer Jugendbeschäftigungspolitik! Sie ge­fährden nämlich diese duale Ausbildung. Ich kann Ihnen dazu einige Zahlen nennen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 34

Duale Ausbildung heißt: die Theorie in der Schule und die Praxis, die praktische Aus­führung direkt im Betrieb. Das ist das Erfolgsmodell – aber genau das verhindern Sie!

Sie haben im Laufe der letzten Jahre konsequent das Image der Lehre kaputtgemacht. Wer hat denn den Kündigungsschutz für die jungen Leute gelockert? Wer hat denn den Qualitätsbonus nach der Hälfte der Lehrzeit abgeschafft? – Das war diese Bundesre­gierung! Und so geht es weiter. Genau so geht es nahtlos weiter.

Dann spricht Frau Abgeordnete Oberhauser noch von „Schulung auf hohem Niveau“. Lesen Sie eigentlich keine Zeitungen? Wissen Sie, was den ÜLAs nachgesagt wird, und zwar nicht von uns? – Nachgesagt wird ihnen das von der Industriellenvereinigung und nachgesagt wird ihnen das auch von der Arbeiterkammer. Sie sind ineffizient, viel zu teuer, und die Drop-out-Quote ist gigantisch hoch. Die durchschnittliche Aufenthalts­dauer in einer ÜLA beträgt nicht einmal ein Jahr; aber nicht, weil die jungen Leute dann so gut ausgebildet sind, dass die Betriebe sie (Bundesminister Hundstorfer: ... nur ein Jahr dort sein!) – ja, ja – mit Handkuss übernehmen. Nein! Die verschwinden dann ge­nau in Ihrer Arbeitslosenstatistik, oder Sie verstecken sie in einem anderen Programm.

Ich weiß schon, dass Sie den Namen Blum nicht mehr hören können. Ich weiß nicht, was Ihnen der Herr Blum getan hat, aber eines ist klar: Mit Ihrer Lehrlingspolitik, die Sie seit Jahren betreiben, ist Folgendes passiert: Sie haben seit dem Jahr 2008 12 500 be­triebliche Lehrstellen verloren. Und was noch viel dramatischer ist: Wir hatten im Jahr 2008 in Österreich 40 000 Betriebe, die Lehrlinge ausgebildet haben. Diese Zahl geht von Jahr zu Jahr um 1 000 zurück. Im Moment haben wir noch 33 700 Lehrbetriebe in Österreich. Und dann stellen Sie sich hier her und fordern die Wirtschaft auf, mitzu­helfen, das Lehrlingsproblem oder das Arbeitslosenproblem der jungen Leute mit zu lö­sen?! Genau das Gegenteil machen Sie!

Damit komme ich zu Ihrer viel gerühmten Offensive, die jetzt die EU fährt. Sie spre­chen hier von 6 Milliarden €, die jetzt zusätzlich noch einmal um 6 Milliarden € aufge­stockt werden. Wissen Sie, wie viele jugendliche Arbeitslose es in Europa gibt? – 6 Mil­lionen. Das heißt, Sie sind bereit, pro Arbeitslosen in der EU, wenn Sie die Mittel jetzt noch um 6 Milliarden € aufstocken, genau 2 000 € in die Hand zu nehmen, um das um­zusetzen.

In Österreich kostet ein Ausbildungsplatz in Ihren ÜLAs im Jahr 17 300 €. Das würde heißen: Wenn Sie das, was hier betreffend ÜLAs als Erfolgsmodell bezeichnet wird, auf Europa umlegen, dann müssten Sie für 6 Millionen arbeitslose Jugendliche pro Jahr 98 Milliarden € in die Hand nehmen, um das umzusetzen.

Rechnen Sie das einmal hoch! Was Sie nicht dazugesagt haben, ist, dass diese 2 000 € für jeden arbeitslosen Jugendlichen, die Sie in die Hand nehmen, für fünf Jahre gedacht sind. (Bundesminister Hundstorfer: Das ist falsch!) Das heißt, Sie haben sage und schreibe pro Jahr 400 € für einen arbeitslosen Jugendlichen übrig und wollen damit die Probleme in Europa lösen?! Ich weiß nicht, wann hören Sie endlich auf zu träumen? Das kann es doch bitte nicht sein! (Beifall bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Denken Sie doch endlich um und nehmen Sie wieder Konzepte in die Hand wie den Blum-Bonus neu, der gezeigt hat, dass er von Erfolg gekrönt war! Ich verstehe diesbe­züglich auch die Wirtschaftskammer und den Kollegen Haubner nicht, denn im Wirt­schaftsparlament spricht man nämlich ganz anders als sonst. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Einen Satz noch betreffend den angeblichen Rückgang der Anzahl der Arbeitslosen im ersten Lehrjahr: Wissen Sie, Sie sollten in der Familienpolitik einmal umdenken 

10.16



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das geht nicht! Da müssten wir vorher die Geschäftsordnung ändern. (Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Themessl.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


10.16.22

Abgeordneter Julian Schmid (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Republik! Das ist jetzt meine erste Rede, entsprechend aufgeregt bin ich auch, und entsprechend aufgeregt ist man wahrschein­lich meistens an seinem quasi ersten Arbeitstag. Der erste Arbeitstag sollte eigentlich immer ein Tag der Freude, ein Tag der Neugier sein; aber wenn ich in die Welt meiner Freunde, meiner Bekannten, in die Welt meiner Studienkolleginnen und ‑kollegen, von Schülern und von Leuten, die ich noch aus meiner Schulzeit kenne, blicke, dann schaut das Ganze leider ein bisschen anders aus.

Da sehe ich, dass sich eine ganze Generation davor fürchtet, keinen Platz mehr in der Arbeitswelt zu finden, dass sich eine Generation davor fürchtet, einen Kredit für die Einrichtung ihrer ersten eigenen Wohnung aufzunehmen und sich davor fürchtet, eine Familie zu gründen, weil man sich ja Kinder leisten können muss.

40 297 junge Menschen unter 25 Jahren haben in Österreich keine Arbeit, sehr viele Junge, die Arbeit haben, haben eine schlechte Arbeit; das heißt, beschränkte Zeitver­träge mit schlechter Bezahlung, das heißt, sich von Praktikum zu Praktikum zu bewe­gen. Das heißt, heute keine Ahnung zu haben, wo man in zwei Jahren stehen wird. Das ist eine Angst, die meine Elterngeneration, zu der ja auch viele von Ihnen gehören, so nicht gekannt hat. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Dazu kommen noch die ganze Krisen. Und das ist eine Stimmung, dass die Mehrheit in Österreich mittlerweile der Meinung ist, dass die Zeiten für meine Generation schlech­ter sein werden, als sie es noch für meine Eltern waren. Und ich frage mich: Was ist da eigentlich passiert?

Ich will ja hier nicht nur herumraunzen. Wir Junge wissen, dass es große Umbrüche in der Arbeitswelt gibt und noch viel größere geben wird. Wir wissen, dass wir nicht unser Leben lang den gleichen Job haben werden. Wir wissen auch, dass wir selbst aufste­hen, lernen und anpacken müssen. Und wir wissen auch, dass wahrscheinlich für uns ein pragmatisierter Job ab 18 Jahren und eine Pension mit 50 Jahren eher nicht mehr die Realität sein werden. (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig sind wir Junge uns ziemlich sicher, dass diese neue Realität in der Politik noch nicht so angekommen ist, dass diese Stimmung, dieses Lebensgefühl meiner Ge­neration in diesem Saal mit dem Charme der fünfziger Jahre noch nicht angekommen ist. Dabei könnten wir in diesem Parlament so vieles verbessern und verändern. Wenn wir zum Beispiel wollen, dass Schüler schon in der Schule ihre Talente entdecken, dann brauchen wir nur mehr gute Lehrerinnen und Lehrer, die dies auch fördern. So einfach ist das.

Und wenn wir wollen, dass ein Junger leichter eine gute Lehrstelle findet, dann müssen wir einfach als Staat ein Auge darauf haben, dass unsere Lehrlinge nicht nur zum Wurstsemmelholen geschickt werden, sondern dass sie in den Betrieben wirklich ar­beitsmarkt- und zukunftsfit gemacht werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Strolz.)

Wenn wir wollen, dass ein Junger nach der Ausbildung wirklich den Einstieg in die Ar­beitswelt schafft, dann könnte zum Beispiel das AMS zwei Drittel des Einstiegsgehaltes subventionieren. Das würde Zehntausenden helfen, gleichzeitig kostet es den Staat wahrscheinlich am Ende sogar nichts.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 36

Wenn wir wollen, dass ein Junger, der eine coole Idee hat, ein Start-up-Unternehmen gründen kann, dann könnten wir uns hier in diesem Hause auch dafür entscheiden, ihm einfach das Leben nicht mehr schwer zu machen, zum Beispiel mit übermäßiger Bürokratie. Oder wir hören mit diesen komplizierten SVA-Nachzahlungen endlich auf. Oder wir könnten in Green Jobs investieren. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist hier in diesem Parlament, meine Damen und Herren, so vieles möglich, wir müssen es nur tun, und wir müssen uns nur trauen, die Jugendbeschäftigung zu ver­bessern – damit meine Generation sich in der Arbeitswelt wirklich auf den ersten Ar­beitstag und auf die Zukunft freuen kann, so, wie ich mich gefreut habe, heute meine erste Rede im Nationalrat zu halten. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

10.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Steinbichler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.21.14

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Besuchergalerie und an den Fernsehgeräten! Ich bin dankbar dafür, dass ich wieder in diesem Haus arbeiten darf und damit auch Dienst an den Bürgerinnen und Bürgern leisten kann. Ich möchte das Motto einer berühmten Bank als Arbeitsmotto für die nächste Zeit nehmen: „Reden wir übers Leben“!

Wenn ich bisher die Redebeiträge so gehört habe, dann habe ich bei manchen Kol­leginnen und Kollegen schon gespürt, wie weit sie von der Realität weg sind und wie gerne sie von Statistiken sprechen. Ich glaube, Herr Kollege Wöginger, weder das Schönreden noch das Schlechtreden ist angebracht. Dazu gibt es ein bäuerliches Sprichwort: der goldene Mittelweg.

Ich darf einen Vergleich aus meinem Stammberuf, aus der Landwirtschaft bringen. Dort spricht man auch von der erfolgreichen Agrarpolitik, dass immer weniger Bauernhöfe schließen, vergisst aber dabei zu erwähnen, dass die Hälfte schon geschlossen hat. Und dieser Vergleich dürfte sich mit dieser Diskussion hier decken. Man ist so stolz darauf, dass die Jugendarbeitslosigkeit zurückgeht. Ich meine, 41 000 sind 41 000 zu viel, es geht hier ganz wesentlich um den Wirtschaftsstandort Österreich.

Ich darf unseren Parteigründer Frank Stronach zitieren. (Rufe bei der ÖVP: Wo ist er denn? – Abg. Strache: Arbeitsverweigerung nennt man das!) – Diese Frage könnte ich betreffend andere Kolleginnen und Kollegen auch stellen. – Aber, Kollege Wöginger, eine Antwort: Der Hauptpunkt seiner Aussagen war, Betriebe, Konzerne und Firmen – und wir haben gerade im Bezirk Vöcklabruck bei der Lenzing AG diesen Fall; das ist zu ernst, um zu blödeln –, die mit ihren Gewinnen ins Ausland abwandern, gehören be­steuert. Wer in den Standort investiert, wer regionale Arbeitsplätze sichert, wer regio­nale Kaufkraft sichert, der sichert Jugendarbeitsplätze. Das ist das Thema, Kolleginnen und Kollegen! Dazu müssen wir einmal ganz ehrlich stehen. (Beifall beim Team Stro­nach.)

An dieser Stelle ein Dank allen 35 000 Betrieben, die bereit sind, Lehrlinge auszubil­den. Das ist ja nicht immer das Einfachste. Es wäre viel einfacher, Facharbeiter abzu­werben oder Leasingarbeiter einzustellen. Und ein Dank an die Eltern und an die Lehr­linge, die bereit sind, solch einen Lehrlingsjob zu ergreifen.

Weil hier so locker von den Abbrechern der Lehre gesprochen wurde. – Bitte, manch­mal sind wir zu weit weg von den Betrieben. Diese Beziehungen, die es früher gege­ben hat zwischen Familie und Betriebsinhaber – geh, nimmst du meinen Buben als Lehrling, nimmst du meine Tochter als Lehrling! –, gibt es nicht mehr in der Form. Es ist alles auch durch die Internationalisierung entfremdet worden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 37

Ich glaube, wir sollten auch einmal darüber reden, wie es mit der Wertschätzung in der Gesellschaft ausschaut. Wie geht es uns denn, wenn es heißt, jetzt lernt der Sohn Elektriker, Mechaniker, Dachdecker oder Spengler – oder die Tochter Konditorin oder Friseurin? Sind sie dann entsprechend wertgeschätzt? Oder kommt dann meistens im zweiten Ansatz die Frage: Na, können sie nicht ein Studium machen, können sie sich nicht weiterbilden? – Ich bekenne mich zu einer exzellenten Ausbildung, wir brauchen diese, wir brauchen gerade in Forschung und Produktentwicklung gute Leute – aber wir dürfen jene, die bereit sind, die Basisarbeit in der Produktion zu machen, nicht „hi­nunterreden“.

Wir müssen neben der nötigen Entlohnung auch die nötige Wertschätzung, auch ge­sellschaftlich, aber besonders von der Politik, aufbringen. Das ist ganz, ganz wesent­lich. Ich bin wirklich, sage ich einmal, betroffen darüber, was jetzt gerade an unserem Wirtschaftsstandort Oberösterreich passiert; ich glaube, das kann man auch auf ganz Österreich beziehen. Es sind keine schönen Weihnachten, die auf diese Leute warten; das hat durchaus auch mit Jugendarbeitslosigkeit zu tun. Wenn diese Betriebe abwan­dern, haben wir dort letztlich auch keine Lehrstellen mehr, sehr wertvolle Lehrstellen, die wir bisher gehabt haben. (Beifall beim Team Stronach.)

Kollege Katzian, ich glaube, man sollte auch Kolleginnen und Kollegen nicht als „Kra­keeler“ abstempeln, die hier nicht Ihrer Meinung sind. Das sollte man nicht tun, wir soll­ten fair miteinander diskutieren. Wir sollten uns miteinander bemühen, über die Frak­tionen hinweg, diese Situation zu verbessern, nachhaltig zu verbessern – es wird so viel von Nachhaltigkeit gesprochen. Regionale Arbeitsplätze haben auch mit Umwelt­schutz, mit regionaler Wirtschaftskraft etwas zu tun. Wir reden alle vom Ausdünnen des ländlichen Raumes, vom Ausdünnen dieser wertvollen kleinen Mittel- und Kleinbe­triebe.

Ich denke da auch an den Familienanschluss. Wenn man in der Nähe seines Heimat­ortes arbeiten kann, so ist das nicht nur angenehm von der Anreisezeit, von der Ar­beitszeit her, sondern auch von den Kontakten her, bis hin zum Musikverein, zum Sportverein, wo man aktives Mitglied ist.

In diesem Sinne darf ich am Tag der Kinderrechte appellieren: Geben wir den Familien und damit den Jugendlichen und den Lehrlingen eine Chance! Unser Ziel sollte es sein, dass wir Geld aus aktiver, attraktiver Wirtschaft verdienen und ausgeben können, als Steuergeld für Arbeitslose verwenden zu müssen. In diesem Sinne bitte ich um gu­te Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Loacker gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.26.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS-LIF): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Abgeordnete! Die Jugendarbeitslosigkeit ist erfreulich niedrig – das darf man durchaus positiv hervorheben. Aber wir müssen uns auch anschauen, um welchen Preis. Wenn junge Menschen in der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung versorgt werden, dann ist das besser, als wenn sie arbeitslos sind. Aber das kostet auch etwas, und das Geld, das wir hiefür ausgeben, müssen wir ir­gendwo einnehmen. 8 Prozent der Lehrlinge finden sich in solcher überbetrieblicher Lehrlingsausbildung wieder. Dazu kommen die jungen Menschen, die, wie sonst Er­wachsene, vom AMS in irgendwelchen Kursen versorgt werden.

Was heute noch nicht beleuchtet worden ist, sind jene jungen Menschen, die sich qua­si auf der Universität verstecken, weil die Studiengebühren entweder gering sind bezie­hungsweise gar nicht eingehoben werden. Dann hängt man halt noch ein Semester an


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 38

oder macht noch den Master, obwohl man gerne schon nach dem Bachelor gearbeitet hätte. Wenn so ein Student ein bisschen studiert und nebenher einen Teilzeitjob hat, dann zählt er auch nicht als arbeitslos.

Die Regierungsparteien haben einen Vorteil: Die Demographie wird ihnen entgegen­kommen. Die Jugendarbeitslosigkeit wird aufgrund dessen, dass wir weniger junge Menschen haben werden, weiter zurückgehen, da bin ich optimistisch. Das Gegenteil wird eintreten: Wir werden immer mehr vor dem Problem stehen, dass wir junge Men­schen brauchen, die qualifizierte Berufe erlernen, die es dann nicht geben wird. Die Industrie hat heute schon – acht von zehn Betrieben melden dies – Probleme, die rich­tigen jungen Menschen für technische Berufe zu bekommen.

Es ist schon vom Herrn Klubobmann Strache gesagt worden, dass sie nicht lesen, schreiben und rechnen können. Das haben auch die NEOS im Wahlkampf getrommelt: Ein Viertel der 15-Jährigen kann nicht sinnerfassend lesen. Ich frage in Bewerbungsge­sprächen in meinem Privatberuf die jungen Menschen: Wie viel sind 10 Prozent von 250? – Da gibt es aber viele Jugendliche mit 15, die diese Frage im Kopf nicht beant­worten können, manche nicht einmal mit einem Zettel.

Dann haben wir heute schon von der Gewerkschaftsseite, vom Abgeordneten Katzian, die Frage des Image gehört. Ich teile Ihre Einschätzung, wir müssen etwas tun in Be­zug auf das Image der Lehrlingsausbildung. Aber da richte ich die Frage an die Ge­werkschaften – es liegt an Ihnen –: Warum werden junge Menschen, wenn sie die Leh­re abgeschlossen haben, nicht automatisch ins Angestelltenverhältnis übernommen? – Weil sich die Arbeiter- und Angestelltengewerkschaften da in die Haare kriegen. So schaut es nämlich aus! Die jungen Menschen müssen, wenn sie eine Lehre abge­schlossen haben, eine gleiche kollektivvertragliche Einstufung haben wie Personen, die einen Schulabschluss haben. Auch da liegt der Ball bei Ihnen.

Weiterbildungswege für Menschen mit einem Facharbeiterabschluss, mit einem Lehr­abschluss kosten Geld; Weiterbildungswege für Maturanten, für Studenten auf der Uni sind kostenlos. Da stimmt einiges nicht im Verhältnis zu denen, die eine Lehre machen und eine andere Ausbildung verfolgen.

Jetzt noch ein Blick auf die Förderungen. – Man gibt viel Geld aus für Förderungen für Lehrplätze, aber das kann kein Mensch mehr überblicken. Für eine Lehrstelle gibt es eine Basisförderung, es gibt eine Sonderförderung für Lehrlinge über 18, eine Förde­rung für Lehrlinge mit Lernschwierigkeiten, wiederum eine Förderung, wenn der Lehr­ling ein Auslandspraktikum macht. Wenn die Lehrlinge Aus- und Weiterbildung ma­chen, wird das gefördert, wenn der Ausbilder Weiterbildung macht, wird das gefördert. Die Vorbereitungskurse zur Lehrabschlussprüfung werden gefördert, die Lehrab­schlussprüfung mit gutem und ausgezeichnetem Erfolg wird gefördert. Es gibt noch ei­ne Übernahmeprämie für Lehrlinge aus überbetrieblichen Ausbildungszentren, und Mädchen, die in typischen Männerberufen arbeiten, werden noch einmal extra geför­dert. (Abg. Mag. Schieder: Wollen Sie das abschaffen?)

Das alles kann doch ein Kleinbetrieb gar nicht überblicken. Es ist super, dass es so viel Geld gibt, aber wer füllt denn all die Zettel aus, und wer sind die öffentlich Bediensteten und die Kammerangestellten, die im Hintergrund diese Dinge bearbeiten? Das kostet alles einen Haufen Geld. Wer kümmert sich um dieses bürokratische Monster?

Ich glaube, wir haben eine gute Ausgangslage, aber es gibt durchaus noch sehr viel zu tun. (Beifall bei NEOS-LIF.)


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10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.31.02Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 7/J bis 33/J;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaft­liche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufge­hoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst) (1 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfonds­gesetz 1996 geändert werden (2 d.B.),

Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Ober­österreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“ (3 d.B.);

3. weitere eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2013/10 (III-23 d.B.),

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbe­richt 2012) (III-25 d.B.),

Grüner Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26 d.B.),

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2014 gemäß § 9 LWG 1992 (III-27 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Tätigkeitsbericht der ressortübergreifenden Wirkungscontrollingstelle gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm §§ 7 und 9 Abs. 3 Wirkungscontrollingverordnung, vorgelegt vom Bundeskanzler (Vorlage 1 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 2013 (Vorlage 2 BA),

Monatserfolg September 2013, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vor­lage 3 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2013 (Vorlage 4 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungs­gesetz über die im 3. Quartal 2013 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 5 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die im 3. Quartal 2013 genehmigten Mittelverwendungsüberschreitungen (MVÜ) (Vorlage 6 BA),


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Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 3 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäi­schen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 3. Quartal 2013 (Vorlage 7 BA);

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Finanzen betreffend Übersicht über die österreichi­sche Haushaltsplanung 2014 (III-28 d.B.).

*****

10.31.14Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Ta­gesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 34/J der Abgeordneten Strache, Kolle­ginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desinforma­tionspolitik über die budgetäre Lage Österreichs dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um spätestens 15 Uhr be­handelt werden.

10.31.46Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur näheren Untersuchung der politischen und rechtli­chen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Budgetlüge der Bun­desregierung (Budgetlüge-Untersuchungsausschuss) einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Er­ledigung der Tagesordnung statt.

*****

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten der Tagesordnung erzielt.

Zu Tagesordnungspunkt 1, Erklärungen des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport und der Bundesministerin für Inneres, findet eine Debatte statt, die gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung unpräjudiziell folgendermaßen gestaltet wird: erste Redner-/Rednerinnenrunde nach Fraktionsstärke mit je 8 Minuten, zweite und dritte Runde nach Fraktionsstärke mit je 5 Minuten, somit insgesamt 108 Minuten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 41

Zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 6 wurde unpräjudiziell gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung vereinbart, dass zu allen ersten Lesungen jeweils eine Redner-/Red­nerinnenrunde mit je 5 Minuten nach Fraktionsgröße, wobei die jeweils antragstellende Fraktion als Erste zu Wort gelangt, abgehalten wird.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.33.511. Punkt

Erklärungen des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport und der Bundesministerin für Inneres gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Österreichische Maßnahmen zur Abwehr nachrichten­dienstlicher Aktivitäten“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden Verlangen eine Debatte stattfinden.

Ich erteile nun dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung und Sport das Wort. – Bitte.

 


10.35.00

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr geehr­te Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher zuhause vor den Fernsehgeräten! Sehr geehrte Herren Generäle! Ich möchte diese heutige Sitzung dazu nutzen, ein wenig Licht ins Dunkel rund um die Tä­tigkeit der österreichischen Nachrichtendienste zu bringen, und diese Gelegenheit auch aktiv wahrnehmen.

Das Material, das der Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden in regelmäßigen Abstän­den in den Medien verteilt, die darauf entbrannte Debatte und einige Behauptungen, die hier bei uns in Österreich auch von Angehörigen dieses Hauses in den Raum ge­stellt wurden, machen Aufklärung und auch Abgrenzung notwendig. Ich hoffe, dass es mir gelingen wird, vor allem bei jenen Kolleginnen und Kollegen, die in dieser Legisla­turperiode erstmals Angehörige des Hohen Hauses sind, um Verständnis für die Not­wendigkeit und das Wesen der Tätigkeit unserer Dienste zu werben.

Die Republik unterhält zwei Nachrichtendienste und eine Sicherheitsbehörde, die für den aktuellen Themenkomplex relevant sind: das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, kurz BVT, das bei der geschätzten Kollegin Mikl-Leitner im Innenressort ansässig ist, das Heeres-Abwehramt und das Heeres-Nachrichtenamt, beide im Verteidigungsressort angesiedelt. Diese drei Institutionen unterscheiden sich darin, was sowohl ihre Zuständigkeit, ihre Befugnisse, ihr Einsatzgebiet als auch ihre rechtlichen Grundlagen betrifft.

International ist es in demokratischen Staaten überaus üblich, drei oder mehr Nach­richtendienste beziehungsweise Sicherheitsbehörden zu unterhalten, die in diesem Bereich unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Auch in Deutschland, um ein naheliegen­des Beispiel anzusprechen, gibt es mehrere Nachrichtendienste. Neben dem Bundes­nachrichtendienst, der sich um die Auslandsaufklärung kümmert, gibt es das Bundes­amt für Verfassungsschutz und den militärischen Abschirmdienst. Das hat unter ande­rem den Vorteil, dass es zu keiner Konzentration von Befugnissen, von Ressourcen und Informationen in einer Hand kommen kann, und ist somit meines Erachtens ein wirkungsvoller Schutz vor Missbrauch.


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Genau dieses Ziel verfolgt auch die derzeitige Dreiteilung in Österreich. Die Forderung nach der Zusammenlegung zu einem Superdienst, wie sie da oder dort geäußert wur­de, halte ich daher gerade in Bezug auf die aktuelle Debatte für kontraproduktiv, ja so­gar demokratiepolitisch bedenklich. Man könnte auch von einem Bärendienst spre­chen.

Wie verhält es sich also bei uns?

Kurz zum BVT. – In Österreich, geschätzte Abgeordnete, ist das Bundesamt für Ver­fassungsschutz und Terrorismusbekämpfung für die innere Sicherheit die zuständige Behörde. Zu seinen Aufgaben gehören der Schutz der verfassungsmäßigen Einrich­tungen, die Abwehr von Bedrohungen durch Terrorismus und die Spionageabwehr. Das ist auch der Grund dafür, dass das BVT in der Frage rund um etwaige Spionage­tätigkeiten der NSA in Österreich Ermittlungen aufgenommen hat und nicht das HNaA oder das Abwehramt. Beide im Verteidigungsressort angesiedelten Dienste haben hie­zu keinerlei Befugnis. Sie können maximal bei den Ermittlungen unterstützen.

Neben dem BVT ist auch einer der zwei Nachrichtendienste des Verteidigungsressorts vorwiegend im Inland tätig, nämlich das Heeres-Abwehramt. Seine Zuständigkeit ist allerdings beschränkt auf den Selbstschutz des österreichischen Bundesheeres. Es ist, wenn Sie so wollen, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, der Werkschutz des österreichischen Bundesheeres. Es geht beispielsweise um die Abwehr von Sabotage und sonstigen kriminellen Handlungen gegen Angehörige oder Einrichtungen des ös­terreichischen Bundesheeres, um Angelegenheiten der elektronischen Abwehr und da­mit den Schutz der Heeresnetze oder um die Tätigkeit im Rahmen der Cybervertei­digung und Assistenzleistungen in diesem Bereich.

Um seine Aufgaben effektiv erfüllen zu können, arbeitet das Abwehramt selbstver­ständlich auch mit den österreichischen Sicherheitsbehörden eng zusammen, womit wir zum Heeres-Nachrichtenamt kommen, dem österreichischen Nachrichtendienst, der in der Debatte rund um Snowden und die NSA am stärksten im medialen und politi­schen Fokus steht.

Das Heeres-Nachrichtenamt, kurz HNaA, ist der strategische Auslandsnachrichten­dienst der Republik und damit für die Auslandsaufklärung zuständig. Das HNaA ist da­mit Frühwarnsystem und Sicherheitsdienstleister der Republik und für die Bevölkerung. Es erstellt jenes Lagebild über für Österreich relevante Staaten, das der politischen und militärischen Führung als Entscheidungsgrundlage dient.

Lassen Sie mich das an zwei Beispielen konkretisieren! Für die Sicherheit unserer ös­terreichischen Soldatinnen und Soldaten bei Einsätzen im Ausland ist es entscheidend, über die Situation im Einsatzraum frühzeitig Bescheid zu wissen. Das fängt beim Beobachten der politischen Großwetterlage im Land an und geht bis hin zu konkreten Informationen über geplante Anschläge auf österreichische Konvois, Patrouillen oder Camps, in denen unsere Soldaten und Soldatinnen stationiert sind. Damit schützen wir das Leben unserer Friedenstruppen bei den Auslandseinsätzen.

Von diesem Lagebild profitiert übrigens auch die österreichische Polizei maßgeblich, wenn sie im Ausland, wie etwa im Kosovo, im Einsatz ist, und es dient auch als Grund­lage für die Reisewarnungen, die vom Außenministerium ausgegeben werden, um Ös­terreicherinnen und Österreicher vor Schaden zu bewahren.

Die Informationen, die das HNaA liefert, dienen aber auch dem Schutz der österrei­chischen Staatsbürger, wenn sie doch in Krisengebieten in Not geraten sind. So hat das HNaA etwa heuer bei der Rückholung der österreichischen Geiseln aus dem Je­men die Arbeit des Außenministeriums unterstützt. (Abg. Mag. Steinhauser: Können Sie zur Sache kommen!) Dass Dominik Neubauer Anfang Mai lebend und den Um­ständen entsprechend wohlauf nach Wien gebracht werden konnte, ist auch ein Ver­dienst des Heeres-Nachrichtenamtes.


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Sie werden verstehen, dass wir auf die Vermarktung dieses Erfolges und öffentliches Schulterklopfen verzichtet haben. (Rufe bei den Grünen: Was?) Das ist dem Wesen von Nachrichtendiensten geschuldet. Sie sind im Stillen tätig, und gerade wenn alles gut läuft, gibt es weder Lob noch Lorbeeren, weil nur sehr wenige die erfolgreiche Ar­beit wahrgenommen haben. (Abg. Dr. Pilz: Entschuldigung, das ist peinlich! Peinlich!)

Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen, der in den letzten Tagen und Wochen breit diskutiert wurde. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eine Rede zur Jungbürgerfeier in Hinterstoder!) Ja, um diese oben skizzierten wichtigen Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können, arbeiten unsere österreichischen Dienste fallweise und im Rahmen stren­ger Gesetze mit ausländischen Nachrichtendiensten zusammen. Dabei geht es in erster Linie um jene Regionen, in denen unsere österreichischen Soldatinnen und Sol­daten gemeinsam mit Kameraden aus anderen Staaten im Auslandseinsatz sind. Und ja, dazu zählt fallweise auch die derzeit weltweit für Negativschlagzeilen sorgende NSA.

Damit steht Österreich derzeit vor derselben Herausforderung wie Staaten auf der gan­zen Welt, wie unsere europäischen Partner und wie die Europäische Union und deren Institutionen. Auf der einen Seite haben wir alle von der Zusammenarbeit mit anderen Diensten profitiert, diese Zusammenarbeit hat ein Mehr an Sicherheit für jeden Einzel­nen von uns gebracht. (Pah-Ruf des Abg. Dr. Pilz.) Andererseits sehen wir uns mit ei­nem Angriff auf unsere Daten und unsere Privatsphäre konfrontiert, dessen Ausmaß wir vor wenigen Wochen noch nicht für möglich gehalten hätten. (Abg. Mag. Stein­hauser: Vor wenigen Wochen?) Darauf werden wir eine Antwort brauchen und darauf wird vor allem auch die Europäische Union eine Antwort geben müssen, denn, ge­schätzte Abgeordnete, eines ist klar: Einzelnen Nationalstaaten fehlt das Gewicht, um sich gegen diese großen Player letztlich behaupten zu können.

Entscheidend wird aber sein, dass wir dabei – trotz des derzeitigen medialen und politischen Fokus auf die USA – nicht aus den Augen verlieren, dass auch andere Staaten Nachrichtendienste unterhalten. Die Herausforderung, vor der wir da stehen, wird dadurch nicht kleiner, aber wir dürfen die Augen davor meines Erachtens auch nicht verschließen.

Geschätzte Abgeordnete! Ich möchte Sie um Verständnis dafür bitten, dass ich zum Thema Zusammenarbeit nicht näher ins Detail gehen kann, da es sich auch um Fragen der nationalen Sicherheit handelt. (Abg. Dr. Pilz: Das ist Ihre Sicherheit – und sonst überhaupt nichts!) Ich stehe dazu aber im eigens dafür zuständigen und ver­traulich tagenden eingerichteten Unterausschuss zum Landesverteidigungsausschuss jederzeit Rede und Antwort. (Abg. Kickl: Was tun Sie dann heute da?)

Ich möchte die Gelegenheit auch noch dazu nutzen, einige Missverständnisse in dieser Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Vor allem das Heeres-Nachrichtenamt wur­de – auch befeuert durch den letzten Wahlkampf – immer wieder als Steigbügelhalter und Handlanger der NSA dargestellt. Eine Behauptung, die ich auf das Schärfste zu­rückweise! Fakt ist, das HNaA ist als Auslandsnachrichtendienst der Republik nicht im Inland tätig. Es hat dafür weder einen Auftrag noch die notwendigen Befugnisse.

Das heißt im Klartext: Ein Bespitzeln der österreichischen Bevölkerung durch das HNaA ist keinesfalls vorgesehen, nicht möglich und findet nicht statt! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir schöpfen auch nicht massenhaft Daten ab, wir hängen nicht an Glasfaserknotenpunkten, und wir bezahlen auch keine Inter­net- oder Telefonanbieter, um an deren Daten zu kommen. Eine Überwachungsma­schinerie, wie sie Nachrichtendienste anderer Staaten in Gang gesetzt haben, Pro­gramme wie PRISM oder Tempora existieren in Österreich nicht.

Die logische Schlussfolgerung daraus ist: Daten, die wir nicht haben, können wir auch nicht an ausländische Nachrichtendienste weitergeben. – Das sei all jenen ins Stamm-


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buch geschrieben, in deren Vorstellungen Mitarbeiter meines Ressorts die Privatsphä­re der Österreicherinnen und Österreicher auf dem internationalen Datenbasar verju­beln. Dergleichen findet nicht statt!

Dass das österreichische Bundesheer und somit das HNaA und das Abwehramt aus­ländische Nachrichtendienste auch nicht beim Spionieren auf heimischem Boden un­terstützen, ist eine Selbstverständlichkeit (Abg. Dr. Pilz: Das ist eine glatte Lüge!) und sei hier nur der Vollständigkeit halber festgehalten. All jenen, die das HNaA als Filiale der NSA in Österreich darstellen wollen, muss ich daher vehement widersprechen. Die­se Anschüttungen entsprechen nicht den Tatsachen und lassen sich durch keinerlei Fakten belegen, und so muss ich leider zum Schluss kommen, dass sie politisch mo­tiviert und teils wider besseres Wissen erhoben wurden.

Für all das eben Gesagte stehe ich nicht nur als politisch verantwortlicher Minister ein, sondern die Einhaltung aller bestehenden Gesetze wird auch durch eine Vielzahl von Institutionen strengstens überwacht. (Abg. Mag. Stefan: Zum Beispiel?) Dazu gibt es neben der parlamentarischen Kontrolle durch den bereits erwähnten Ständigen Unter­ausschuss zum Landesverteidigungsausschuss auch einen verfassungsrechtlich wei­sungsfrei gestellten Rechtsschutzbeauftragten und dessen Stellvertreter. Diese haben nicht nur Zugang zu allen erforderlichen Unterlagen, Räumlichkeiten und Mitarbeitern, sie müssen auch nahezu jeden Schritt absegnen, den unsere Nachrichtendienste set­zen. Zusätzlich legen sie einmal jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der Nachrich­tendienste vor, der wiederum dem zuständigen Unterausschuss zur Verfügung gestellt wird. Der aktuelle Rechtsschutzbeauftragte, geschätzte Abgeordnete, ist übrigens der Sektionschef in Ruhe Dr. Alfred Mayer, seine beiden Stellvertreter sind Universitäts­professor DDr. Karlheinz Probst und Professor Dr. Ernst Markel, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes in Ruhe. Die Qualifikation der drei Herren dürfte somit außer Frage stehen.

Darüber hinaus werden beide Nachrichtendienste genauso wie das BVT umfassend von unterschiedlichen Institutionen kontrolliert, unter anderem durch den Rechnungs­hof, durch die parlamentarische Bundesheerkommission, die Unabhängigen Verwal­tungssenate, die Datenschutzkommission und durch die Dienst- und Fachaufsicht in­nerhalb des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport.

Eine von Herrn Abgeordneten Pilz medienwirksam und just zur Zeit des Wahlkampfs platzierte Anzeige (Zwischenruf bei der ÖVP) gibt uns darüber hinaus derzeit die Ge­legenheit, zu zeigen, dass wir selbstverständlich auch mit der Staatsanwaltschaft zu­sammenarbeiten. (Abg. Dr. Pilz: Als Beschuldigte!) Auch wenn es öffentlich nicht sichtbar ist: Meine beiden Ämter gehören zu den am strengsten kontrollierten Einrich­tungen in Österreich.

Abschließend, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, möchte ich mich vor allem an jene Österreicherinnen und Österreicher wenden (Zwischenruf des Abg. Mag. Kog­ler), die diese Debatte live im Fernsehen, im Internet oder direkt hier im Hohen Haus mitverfolgen. Das österreichische Bundesheer erfüllt seit seiner Gründung nur ein einziges Ziel: unser Heimatland Österreich und seine Bevölkerung vor Bedrohungen zu schützen, egal, ob sie im Inland entstehen oder von außen kommen.

Alle Teile unseres Heeres stehen voll und ganz im Dienste dieses Auftrags, und jeder Teil leistet dazu seinen Beitrag. Manche tun dies gut sichtbar, wie etwa unsere Hubschrauberflotte, unsere Pioniere oder unsere Soldatinnen und Soldaten rund um den Globus im Friedenseinsatz. Andere arbeiten scheinbar im Verborgenen, etwa das Heeres-Nachrichtenamt, das Abwehramt oder unsere Spezialeinsatzkräfte wie das Jagdkommando. Sie tun das nicht, weil es etwas vor der Öffentlichkeit zu verbergen gilt, sondern weil das Wesen ihrer Aufgabe es verlangt. Auch sind sie uneingeschränkt,


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ohne Wenn und Aber, dem Schutz der österreichischen Bevölkerung verpflichtet und leisten – teils unter Inkaufnahme von hohem persönlichem Risiko – ihren Beitrag. Dafür haben sie aus meiner Sicht nicht nur unseren Dank, sondern vor allem unser Vertrauen verdient. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Mag. Vavrik.)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun erteile ich Frau Bundesministerin für In­neres Mag. Mikl-Leitner das Wort. – Bitte.

 


10.52.11

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Spionage war in den letzten Wo­chen, in den letzten Monaten ein ganz zentrales Thema, ein Thema, das in den Mit­telpunkt gerückt ist und das von allen diskutiert worden ist.

Wenn wir heute hier im Hohen Haus über die Maßnahmen zur Abwehr illegaler nach­richtendienstlicher Aktivitäten diskutieren, dann muss man sich natürlich auch folgende Frage stellen: Wer könnte von einem Spionageangriff betroffen sein? – Da muss man zwischen zwei Bereichen unterscheiden, nämlich dem staatlichen Bereich und dem öf­fentlichen Bereich.

Im staatlichen Bereich könnten alle behördlichen Einheiten von Spionage betroffen sein. Wenn wir vom öffentlichen Bereich reden, dann gehören da die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Unternehmungen und natürlich auch die Einzelpersonen dazu. All diese Bereiche sind schützenswert, aber genauso schützenswert sind selbstverständ­lich die Daten jedes einzelnen Bürgers, jeder einzelnen Bürgerin.

Herr Minister Klug hat es bereits ausgeführt: In Österreich gibt es zwei Nachrichten­dienste und eine Sicherheitsbehörde, die sich mit sogenannten nachrichtendienstlichen Aufgaben beschäftigen. Jede Einheit hat ihre ganz klaren Kompetenzen, jede Einheit hat ihre ganz klaren gesetzlichen Regulative, und jede Einheit untersteht natürlich der gesetzmäßigen Kontrolle und den verschiedensten Kontrollinstrumentarien.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ist im Innenres­sort angesiedelt, und gerade die Beamtenschaft im BVT arbeitet auf Grundlage des Sicherheitspolizeigesetzes und der Strafprozessordnung – das heißt, nach gesetzli­chen Grundlagen, wie jeder Polizist oder jede Polizistin auf der Straße.

Das Heeres-Nachrichtenamt und das Abwehramt fallen selbstverständlich in die Zu­ständigkeit des Herrn Verteidigungsministers und haben ebenso ihre Gesetzmäßigkei­ten und Grundlagen, die hier im Detail bereits ausgeführt worden sind.

Selbstverständlich ist es aber, dass alle drei Dienste auf Grundlage eines Verwaltungs­übereinkommens zusammenarbeiten, das natürlich auch immer wieder adaptiert und an die entsprechenden Herausforderungen angepasst wird. Alle drei Dienststellen ha­ben Rechtsschutzbeauftragte installiert, die ein wichtiges Kontrollinstrumentarium dar­stellen.

Herr Minister Klug ist bereits darauf eingegangen: Selbstverständlich ist die parla­mentarische Kontrolle von ganz großer Wichtigkeit. Das BVT untersteht der Kontrolle des Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten. Dort stehe ich auch immer wieder mit meinen Expertinnen und Experten gerne Rede und Antwort, wenn es Details zu besprechen oder sensible Bereiche zu diskutieren gibt.

Wir wissen selbstverständlich, dass wir auf diese drei Dienste, auf diese drei Einheiten auf keinen Fall verzichten können. Wir können deswegen nicht auf sie verzichten, weil wir im Sinne des Staates nationale, aber auch internationale Aufgaben zu erfüllen ha-


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ben. Eine dieser Pflichten seitens des Staates, so wie sie jeder andere Staat zu er­füllen hat, ist natürlich der Schutz des eigenen Landes. Um eben diese Sicherheit, diesen Schutz garantieren zu können, braucht es repressive Maßnahmen, präventive Maßnahmen, aber auch nachrichtendienstliche Maßnahmen.

Unsere Aufgabe ist es natürlich auch, den internationalen Einrichtungen, die sich auf unserem Territorialgebiet befinden, Schutz und Sicherheit zu bieten. Das bedeutet, dass je nach Bedrohungslage auch eine Überwachung von Gebäuden oder Einrich­tungen seitens der Polizei stattfindet, und auch das ist im Sicherheitspolizeigesetz ganz klar geregelt.

In Betracht dafür kommen natürlich die Vertretungsbehörden ausländischer Staaten, internationaler Organisationen, aber natürlich auch Gebäude, wo seitens der Experten eine Grundeinschätzung in Richtung Gefährdung abgegeben wird; dann kommt es eben zur Überwachung, auch von zivilen Gebäuden. Es ist keine Seltenheit, sondern die Normalität, dass zivile Gebäude, wenn eine Gefährdungslage besteht, seitens der Polizei überwacht beziehungsweise kontrolliert werden. Ich denke da etwa an die Vienna International School oder an die türkische Kultur- und Fremdenverkehrsabtei­lung, um hier nur zwei Beispiele zu nennen.

Es geht aber nicht nur um den Schutz und die Sicherheit von Gebäuden und Insti­tutionen, sondern vor allem geht es um den Schutz von Daten: um den Schutz von Daten des Staates, aber auch um den Schutz der Daten von Privatpersonen, von der Wirtschaft und auch von der Wissenschaft. Das ist zweifelsohne eine ganz große He­rausforderung.

Die Cyberkriminalität, die Wirtschaftsspionage, die Industriespionage sind zweifelsohne die zentralen Herausforderungen im 21. Jahrhundert im Sicherheitsbereich. Immer wichtiger wird die Aufgabe des Schutzes von Informationssystemen und des Schutzes kritischer Infrastruktur, sowohl seitens des Staates als auch seitens der Wirtschaft.

Warum betone ich das so? – Weil wir einfach wissen, dass neben der politischen Sta­bilität, neben dem Know-how unserer Arbeitskräfte und neben der Infrastruktur in der heutigen Zeit gerade die Sicherheit der Informationstechnologie von ganz großer Be­deutung ist, dass gerade die Sicherheit der Informationstechnologie immer mehr zu einem wichtigen Faktor für den Wirtschaftsstandort wird.

Wissen ist Kapital – Wissen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Forschung –, und dieses Kapital gilt es vor Diebstahl zu schützen, und Spionage ist ja nichts anderes als Diebstahl von Informationen.

Wenn wir diesen Schutz nicht garantieren können, das wissen wir alle, kann das fatale Folgen haben, volkswirtschaftliche Folgen, die sich letztendlich auch in Form von Mil­lionenschäden auswirken. Es bleibt aber nicht nur bei den materiellen Schäden, son­dern diese materiellen Schäden gehen Hand in Hand mit dem Verlust von Know-how, gehen Hand in Hand mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, der Schwächung des So­zialsystems und des sozialen Friedens.

Damit wir in Österreich unsere Verantwortung wahrnehmen können, nämlich Daten, In­formationen, Wissen sowohl im privaten als auch im staatlichen Bereich angemessen schützen können, werde ich mich gerade im Zuge der Regierungsverhandlungen mit aller Vehemenz für die Einrichtung eines eigenen Cyber Security Centers einsetzen. Da sind wir, der Herr Verteidigungsminister und ich, in der Arbeitsgruppe auf einem sehr guten Weg, weil wir uns dieser Wichtigkeit einfach bewusst sind.

Darüber hinaus ist es mir auch wichtig, dass es in Zukunft zu einer noch intensiveren Zusammenarbeit zwischen der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft kommt. Da haben wir gerade mit dem Kuratorium Sicheres Österreich einen sehr zuverlässigen


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Partner an der Hand, es bestehen sehr gute Kontakte, um diese Aufgaben gemeinsam lösen zu können. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage deswegen „diese Aufgaben gemeinsam lösen zu können“, weil wir wissen, dass kein Staat, kein Unternehmen, keine Organisation letztendlich alleine die Sicher­heit der digitalen Infrastruktur bewerkstelligen und gewährleisten kann. Dazu braucht es die enge Allianz aller Stakeholder. Wenn wir wollen, dass uneingeschränktes Abhö­ren und Ausspionieren und damit auch gegenseitige Verdächtigungen der Vergan­genheit angehören, brauchen wir meines Erachtens eine verstärkte europäische Zu­sammenarbeit.

Lassen Sie mich aufgrund der Aktualität der NSA-Affäre einen ganz wesentlichen Punkt, ein ganz großes Anliegen hier ansprechen, nämlich die Schaffung eines euro­päischen Datenraumes! Wir müssen in einer gemeinsamen europäischen Anstrengung die digitale Wirtschaft, die europäische Sicherheitswirtschaft stärken und vor allem auch schützen, denn nur so können wir im Sicherheitsbereich in Zukunft auch hand­lungsfähig bleiben.

Was heißt das? – Aus meiner Sicht heißt das, dass wir folgende Dinge in Angriff neh­men müssen: Wir brauchen einfach verstärkte europäische Investitionen in die digitale Wirtschaft, wir brauchen einen EU-Binnenmarkt für sichere und zuverlässige Cloud-Dienste. Nur wenn Kernkomponenten, die für unsere Sicherheit wichtig sind, in Europa entwickelt werden, in Europa produziert werden und diese unseren europäischen Si­cherheitsstandards entsprechen, können wir den Schutz der Daten für Europa garan­tieren. Wenn wir unsere eigenen Systeme zum Schutz unserer Daten entwickeln, dann hat das den Vorteil, dass wir nicht Gefahr laufen – lassen Sie mich das salopp formu­lieren! –, unsere Alarmanlagen bei einem potenziellen Einbrecher zu kaufen.

Was heißt das im Konkreten? – Im Konkreten heißt das, wir brauchen ein einheitliches europäisches Verschlüsselungssystem, mit dem Vorteil, dadurch Daten in Europa zu behalten und Europa damit unabhängig zu machen. Darüber hinaus brauchen wir eu­ropäische Sicherheitsstandards, das heißt, in Zukunft nicht 28 Sicherheitsstandards, sondern einen gemeinsamen Sicherheitsstandard.

Das heißt aber in weiterer Folge auch, dass es wichtig ist, eine eigene europäische Serverlandschaft zu schaffen, wobei es darum geht, den Zugriff von unbedarften Dritten zu verhindern und auszuschließen. Das bedeutet, dass der E-Mail-Verkehr in­nerhalb der Europäischen Union auch tatsächlich innerhalb der Europäischen Union bleibt. Dass an so einer gemeinsamen europäischen Vorgangsweise kein Weg vorbei­führt, muss uns allen ganz klar sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Abwehr nachrichtendienstlicher Aktivitä­ten braucht es aber nicht nur die Stärkung europäischer Technologie, sondern vor al­lem weiterhin die Kooperation der Nachrichtendienste – eine Kooperation auf europäi­scher Ebene, aber auch auf internationaler Ebene, natürlich unter ganz klaren gesetz­lichen Regelungen, unter ganz klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen und bei ei­nem gemeinsamen Verständnis und gegenseitigem Vertrauen.

Gerade in den letzten Monaten ist dieses gemeinsame Verständnis und gegenseitige Vertrauen aus der Balance geraten, und jetzt geht es darum, das zu korrigieren. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Mag. Vavrik.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich erteile nun als erstem Redner Herrn Klubobmann Mag. Schieder das Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Was hat das Ganze jetzt ? Die machen eine Erklärung zur NSA, und das Wort kommt überhaupt nie vor!)

 



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11.05.11

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Herzlichen Dank für Ihre Erklärungen, weil Sie auch abseits des politischen Hickhacks einmal die Möglichkeit gegeben haben, aus der Sicht des Verteidigungsmi­nisters und aus der Sicht der Innenministerin diese Fragen im Detail hier im Hohen Haus zu diskutieren. In den letzten Wochen und Monaten gab es viele, auch mediale, Diskussionen.

Ich glaube, man muss hier auch anbringen, dass Herr Edward Snowden mit seinen Enthüllungen nicht nur sein Leben riskiert und – zumindest nach US-amerikanischem Recht – Gesetzesbruch begangen, sondern natürlich auch wichtige Fragen aufgewor­fen hat, Dokumente vorgelegt hat, wo sich wichtige Fragen für die Menschen in Öster­reich, in Europa und vermutlich weltweit stellen. Offenbar hat die NSA Telefongesprä­che von 35 Regierungschefs abgehört und mit Programmen wie Prism und Tempora Internet- und Telefonverbindungen von Millionen Bürgern überwacht oder zumindest die Möglichkeit dazu eingeführt.

Allein in Spanien soll die NSA binnen zwei Monaten über 60 Millionen Verbindungs­daten gesammelt haben, in Frankreich sogar 70 Millionen in derselben Zeit. Diploma­tische Vertretungsbehörden wurden angeblich abgehört, und sogar die OPEC in Wien soll betroffen gewesen sein.

Wir wissen nicht, ob diese Vorwürfe stimmen oder nicht (Zwischenruf bei der FPÖ), aber alleine die Vermutung, dass es so sein könnte, und dass es Dokumente gibt, die belegen, dass es so sein könnte, das wirft natürlich viele Fragen auf.

Es gilt, glaube ich, europaweit Modelle und Wege zu finden, um den Schutz von sol­chen Leuten, die man Whistleblower nennt, sicherzustellen, damit in Zukunft Leute, die die europäische Bürgergesellschaft, die Privatsphäre der Menschen schützen wollen, auch in der Zukunft die Möglichkeit haben, das klar zu sagen.

Wer die Wahrheit sagt, ist kein Verbrecher, und wer die Wahrheit sagt, soll auch nicht bestraft werden, als wäre er ein Verbrecher! Das ist ein ganz wichtiger Grundsatz in Europa. Daher möchte ich schon auch Folgendes sagen: Für den Mut und diesen Ein­satz gebührt Herrn Snowden Respekt, gerade das gehört auch hier gesagt, in einem Kreis von demokratisch gewählten Abgeordneten. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordne­ten der Grünen sowie des Abg. Mag. Stefan. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Asyl!)

Wir wissen – um das auch klar zu sagen –, die Frage: Asyl oder nicht Asyl?, ist nicht eine, die wir selbst entscheiden können, das hängt mehr von der rechtsstaatlichen Struktur ab und vor allem von dem, der die Asylfrage selber stellt, bevor wir sie hier stellen können. (Abg. Dr. Pilz: Anbieten! Anbieten!)

Es ist aber eine wichtige Debatte, und ich glaube, es ist gut, dass das Parlament am Beginn der Sitzungstätigkeit diese sensiblen Fragen hier diskutiert. Es geht darum, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu finden. Wann immer man dieses Thema aufwirft, kommt man zu folgendem Zitat von Benjamin Franklin: „Wer die Frei­heit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Es ist interessant, dass es ein Amerikaner war, der dieses Zitat geprägt hat, wiewohl gerade diese Freiheit als zentrales Grundrecht – der Schutz von Grundrechten – eine der Grundfesten der europäischen Einheit ist, weil ja Europa der Ursprung für Grund- und Menschenrechte war. Sie sind in Europa entstanden, sie sind über den Europarat entstanden, wo Österreich gerade den Vorsitz hat, haben sich von dort ausgehend in­ternational verbreitet und wurden von den Vereinten Nationen verankert. Daher liegt es meiner Meinung nach gerade im Interesse der europäischen Staaten, Grundrechte zu verteidigen und zu schützen, und das Grundrecht auf Datenschutz und das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre gehören zentral dazu.


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Wenn man sich anschaut, wie diese Debatte in den USA geführt wird, sieht man, dass wir ein grundverschiedenes Verständnis zwischen Europa und den USA haben. Viel­leicht ist Europa zu breit gegriffen, denn das britische Verständnis ist sehr oft eines, das dem US-amerikanischen noch viel näher ist. Man muss aber klar sagen, dass Pri­vatsphäre in Europa ein entscheidendes Gut ist. Das müssen wir auch den USA ganz klar sagen.

Ich glaube auch, dass es eine außen- und europapolitische Frage ist, sowohl für die österreichische Außenpolitik, als auch für die europäische Politik, dass man das ge­genüber den USA ganz klar vertritt und darüber hinaus natürlich auch in den entschei­denden Verhandlungen klarmacht.

In Österreich ist das Grundrecht auf Datenschutz im Datenschutzgesetz verankert, und dort heißt es:

„Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Fa­milienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.“

Das ist ein Paragraph im Datenschutzgesetz, genauer der erste, der nicht nur ein ein­faches Gesetz ist, sondern Verfassungsrang hat. Und auch damit bringen wir zum Aus­druck, dass das für uns, als Gesellschaft, ein ganz zentraler Punkt ist.

Die wesentliche Stärke eines Rechtsstaates ist auch die Tatsache, dass Befugnisse von Polizei und Nachrichtendiensten klar definiert sind und auch einer demokratischen Kontrolle unterliegen. Ich bin froh, dass das heute in den zwei Mitteilungen auch so be­tont wurde, denn jeder Eingriff in Grundrechte muss im Einzelfall begründet sein und begründet werden können. Und die Arbeit der Nachrichtendienste in Österreich unter­liegt einer strengen Kontrolle. Die Dienste des Verteidigungsministeriums werden von dem parlamentarischen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses ge­prüft. Wir werden diese Ausschüsse heute auch einsetzen, damit diese Arbeit auch gleich wieder nahtlos weitergehen kann. Und jene des BVT, also des Innenministe­riums, werden durch den parlamentarischen Unterausschuss des Innenausschusses diskutiert und kontrolliert. Beide Ausschüsse werden heute konstituiert, damit diese Ar­beit auch wieder weitergehen kann.

Wir haben auch einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten, der in jeden Akt und jede Operation der Nachrichtendienste Einsicht nehmen kann. Auch haben wir zur europäischen Task Force, die eingerichtet worden ist, eine österreichische Expertin entsendet, damit wir auch aktiv an dieser Diskussion teilnehmen können.

Vielleicht noch kurz einen wichtigen Punkt, in diesem Zusammenhang: Es wird gerade ein Datenschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA diskutiert. Österreich wird an dieser Diskussion zentral teilnehmen und auch immer unter jenen sein, die darauf drängen, dass diese Grundrechte massiv verankert und auch massiv diskutiert werden. Wir werden da auch nicht Ruhe geben, sondern weiter schauen, dass das passiert.

Ich bin froh darüber, dass auch das, was Kommissarin Reding in den letzten Tagen ge­sagt hat, genau in diese Richtung geht. Aber es sei auch hier den Bürgerinnen und Bürgern Folgendes gesagt: Wir stehen natürlich ebenfalls vor einer technischen He­rausforderung, denn das Internet hat Möglichkeiten in einem Ausmaß geschaffen, wie es sie vor ein paar Jahren, Jahrzehnten noch nicht gegeben hat. Daher müssen wir technisch analysieren, was alles möglich ist, um den Riegel vorzuschieben, aber auch eines klar sagen: Jeder Einzelne, der im Internet aktiv ist, muss sich auch bewusst sein, dass er dort mitunter Daten veröffentlicht, die er gar nicht veröffentlichen will. Und da ist nicht die Schuld dem Einzelnen zuzuschieben, sondern die Schuld liegt natürlich nach wie vor bei Nachrichtendiensten, die das überwachen. Aber dieses Bewusstsein


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ist meiner Meinung nach auch ganz dringend zu schärfen, denn jeder, der selbst auf­passt, hat schon einmal einen wichtigen Schritt gesetzt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.)

 


11.13.00

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Durch die Enthüllungen des Herrn Snowden traten zwei Dinge zutage: auf der einen Seite die Ak­tivitäten von Geheimdiensten, insbesondere von amerikanischen Geheimdiensten, und andererseits aber auch die Problematik des Umgangs mit Daten an sich und die Mög­lichkeiten – Herr Klubobmann Schieder hat darauf hingewiesen –, die eben die moder­nen Technologien heute eröffnen.

Ich glaube, es steht außer Streit und es ist wohl auch kein Zufall, dass es keinen Staat gibt, der sich nicht seiner Dienste bedient, im Sinne dessen, dass es eben vor allem darum geht, die eigenen Interessen zu wahren, die eigenen verfassungsmäßigen Ein­richtungen zu schützen. Wenn sich ein Staat im Ausland, wie wir das etwa auch tun, an militärischen Sicherheitsoperationen, etwa im Rahmen der UNO, beteiligt, muss er na­türlich auch Aufklärung betreiben, um für die eigenen Leute ein höchstes Maß an Si­cherheit zu gewährleisten.

Die Aufgaben, die Dienste leisten, im Sinne von Schutz des Staates und der staatli­chen Einrichtungen, Schutz kritischer Infrastruktur, Schutz der eigenen Industrie – Stichwort Industriespionage – und letztlich auch Schutz von Daten, müssen daher aus meiner Sicht völlig unbestritten auch in Zukunft von diesen Diensten wahrgenommen werden, meine Damen und Herren.

Aber natürlich ist es so, dass ein deutliches Wort angebracht ist, wenn derartige Vor­fälle, wie sie stattgefunden haben, in die Diskussion kommen, nämlich dass befreun­dete Staaten Regierungschefs abhören, möglicherweise Sitzungen von Gremien der Europäischen Union abhören und Ähnliches mehr. Deshalb ist es so wichtig, darüber in einen Dialog zu treten.

Ich möchte aber davor warnen, dass man aufgrund dieser Erfahrungen in einen dump­fen Anti-Amerikanismus verfällt. Das wäre auch nicht angebracht. Es ist schon richtig, durch die Enthüllungen des Herrn Snowden sind Dinge an die Öffentlichkeit geraten. Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass vielleicht vieles, was andere Dienste anderer Staaten machen und betreiben, nicht in das Licht der Öffentlichkeit gerät. Wir sollten daher sehr vorsichtig in der Beurteilung dieser Dinge sein, die Herr Snowden an die Öffentlichkeit gebracht hat, meine Damen und Herren!

Es war ein ganz interessanter Artikel – es ist zwar schon einige Zeit her – im März die­ses Jahres in der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit dem Titel „Google als Gott?“, geschrie­ben von Dirk Helbing, einem jungen Professor der ETH Zürich. Er hat sich intensiv mit der Frage des hier entstandenen Monopols beschäftigt, dass es nämlich offenbar Un­ternehmungen gibt, die ein völliges Alleinstellungsmerkmal betreffend Angebote im Bereich der Daten und der Datenverwaltung haben. Das sei mindestens ein genauso großes Problem wie manche Aktivitäten mancher Dienste.

Wir treten ja unseren Kindern warnend gegenüber und sagen: Überlegt euch bitte sehr genau, was ihr twittert, was ihr googelt, was ihr auf Facebook stellt, denn all diese Da­ten sind irgendwo gespeichert! Jeder, der sich im Internet bewegt, hinterlässt Spuren, irgendjemand speichert diese Spuren und irgendjemand verwendet diese Spuren auch!


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Deshalb, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, dass wir die Imperfektion des Marktes, die wir da erleben, auch von staatlicher Seite aufgreifen und versuchen, jenen Monopolstellungen, die es gibt, sozusagen gleichsam ein europäisches Gegenüber zu geben. Ich halte es für ganz wichtig, dass wir europäische Unternehmungen dabei un­terstützen und fördern, dass sie möglicherweise eine europäische Suchmaschine für das Internet entwickeln.

Die Frau Bundesministerin hat die Frage der europäischen Verschlüsselung ange­sprochen. Ich halte das für ganz entscheidend. Ich halte es auch für ganz entschei­dend, dass wir europäische Datenhighways haben, die auch von eigenen europäi­schen Providern sozusagen unterstützt und beliefert werden, denn ich glaube, nur so ist es möglich, letztendlich auch ein großes Maß an Datensicherheit zu erreichen – denn bei allen Segnungen, die uns dieses World Wide Web natürlich bringt und bei al­len Vorteilen, die man nicht kleinreden soll, birgt es natürlich auch unglaubliche Ge­fahren, meine Damen und Herren.

Ich komme nochmals auf Dirk Helbing zurück, der schreibt, wie notwendig es ist, ge­eignete Spielregeln für das Netz zu entwickeln:

„Ist das System falsch konstruiert, dann wird es früher oder später ausser Kontrolle ge­raten, selbst wenn alle involvierten Akteure bestens ausgebildet, bestens ausgerüstet und hochmotiviert sind, das Richtige zu tun. Der ‚Stau aus dem Nichts‘ oder ‚Mas­senpaniken‘ sind Beispiele dafür, wie entgegen allen Anstrengungen eine Situation resultieren kann, die keiner will. () Die geeigneten Institutionen und Spielregeln für eine stark vernetzte Welt müssen überwiegend erst noch gefunden werden. Um die He­rausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen und die Chancen zu nutzen (). Denn alles ist möglich – von der Big-Brother-Gesellschaft bis zur partizipativen Wirt­schaft und Gesellschaft. Es ist unsere Entscheidung.“

Genau dem möchte ich eigentlich das Wort reden: dass wir hier ganz strenge, auch le­gistische Maßnahmen setzen müssen, die den Einzelnen auch in die Ziehung nehmen, der Datenmissbrauch begeht. Datenmissbrauch sollte bei jedem, der mit Daten han­tiert, individuell mit strengster Bestrafung geahndet werden. Das halte ich für ganz, ganz notwendig. Dass es ein höheres Maß an Verantwortung im Umgang mit Daten gibt, ist ganz entscheidend.

Wir brauchen einen rechtlichen Rahmen, national wie natürlich auf der europäischen Ebene, um sicherzustellen, dass es diese missbräuchlichen Aktivitäten nicht gibt und dass wir nicht auf dem Weg zu einem Orwell’schen Staat sind, in dem es nicht mehr um die Frage geht, ob das Amtsgeheimnis aufrecht bleibt oder nicht, sondern in dem jeder Einzelne schlicht und einfach gläsern wird, nur dadurch, dass er Aktivitäten setzt.

Wir haben heute die Situation, dass sich Banken bereits zum Teil anhand des Kredit­kartenverhaltens automatisiert auswerfen lassen, ob sie jemandem einen Kredit ge­währen oder nicht. Mir sind da menschliche Entscheidungen allemal lieber, meine Da­men und Herren. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


11.21.23

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der NSA-Bespit­zelungsskandal beschäftigt uns ja seit einigen Monaten. Und immer wieder kommen in­teressante Details zum Vorschein, unter anderem auch, dass die deutsche Bundes-


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kanzlerin Angela Merkel auch, wie man gehört hat, bespitzelt, abgehört worden sein soll. Also man kann nur hoffen, dass sie da nicht allzu private SMS verschickt hat.

Aber das hält uns seit einigen Monaten in Atem, und dann stellt sich der Herr Verteidi­gungsminister hierher und erklärt uns, was Bundesverfassungsschutz und Terroris­musbekämpfung und Heeres-Nachrichtenamt und Heeres-Abwehramt alles zu tun ha­ben. Ja, ich sage: großartige Arbeit in diesen Bereichen! – Aber Sie haben heute mit Ihrer Darlegung oder Erklärung grundsätzlich einen Bärendienst geleistet, den Begriff haben Sie selbst genannt; denn ich frage mich wirklich: Was haben Sie heute zur NSA-Bespitzelung gesagt? Und was haben Sie uns heute dazu dargelegt, wie so etwas überhaupt passieren kann in Österreich, wie es überhaupt zu solchen Entwicklungen kommen kann? Und was haben Sie heute darüber dargelegt, wie Sie so etwas in Zu­kunft verhindern werden, wie Sie Protest einlegen werden und wie Sie selbst und per­sönlich hoffentlich empört dazu stehen? – Ich habe das alles vermissen müssen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Und das ist dann schon sehr verwunderlich, wenn man so um den heißen Brei herum­redet, wie Sie das heute getan haben. Natürlich ist auch zu Monatsbeginn bekannt ge­worden, wie eng die Nachrichtendienste des österreichischen Bundesheeres mit den Vereinigten Staaten kooperieren und dass Österreich als Partner der NSA gleichauf mit Deutschland und 14 anderen NATO-Staaten genannt wurde. Und wenn man dann die an die Öffentlichkeit gelangten Papiere bewertet, dann lässt sich nun einmal daraus fol­gern, dass die Nachrichtendienste des österreichischen Bundesheeres eng mit der NSA kooperieren, zusammenarbeiten.

Da gibt es sogar ein Ranking, wo wir als neutrales Land höher eingestuft werden als di­verse NATO-Partner, Herr Verteidigungsminister. Wie kann es denn so etwas geben? Wir sind ein neutrales Land, wir können doch nicht als neutrales Land auf einmal hö­herwertiger als NATO-Länder im Bereich der Zusammenarbeit und Kooperation mit der NSA fungieren. Da stimmt doch einiges nicht! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz.)

Und da leisten Sie dann einen Bärendienst, wenn Sie versuchen, das anders darzu­stellen.

Die internen Dokumente zeigen eines auf: Es gibt eine fokussierte Kooperation, und da handelt es sich um eine Kooperation gerade in den Bereichen von Computernetzen, und das ist evident. Es gibt eine Kooperation bei den Computernetzen, und da gibt es jetzt vielschichtige Möglichkeiten. Die Frage ist, wo es da Schnittstellen gibt, Herr Ver­teidigungsminister. Da stellt sich natürlich die Frage, was „diskrete Kooperation“ grund­sätzlich für unsere österreichische Neutralität bedeutet. Was ist die „diskrete Koope­ration“? – Heimliche Kooperation, die offenkundig geworden ist und dann zeigt, dass man leider Gottes unseren Neutralitätsstatus nicht gelebt hat. Das bleibt dann über. Und da besteht natürlich enormer Aufklärungsbedarf, denn da gibt es offenbar elektro­nische Spionage, wo es diese Kooperation gibt. Und das ist abzulehnen und vor allen Dingen abzustellen, Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ.)

Österreich hat eben den Status eines neutralen Landes, und da können das österrei­chische Bundesheer und unsere Nachrichtendienste, unser Verfassungsschutz natür­lich nicht als Vorhut der USA tätig sein, eingespannt werden oder vielleicht als weiterer Zusatzdienst bewertet werden! Das geht einfach nicht. Und untersucht werden muss natürlich außerdem die Rolle des ehemaligen Verteidigungsministers Darabos, nämlich inwieweit er etwas gewusst hat von diesen Entwicklungen, diesen Kooperationen. Auch das sollte man vielleicht einmal beleuchten!

Wenigstens hat das Innenministerium Anzeige erstattet. Dafür bin ich dankbar, Frau Innenminister, dass Sie zumindest Anzeige gegen Unbekannt erstattet haben, wegen


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Spionage zum Nachteil der Republik Österreich. Das ist zumindest einmal ein Akt, der korrekt ist. (Abg. Kickl:  schon neugierig, was herauskommt!) Aber ich sage, auf der anderen Seite muss man auch fragen, was zu erwarten ist. Was soll dabei heraus­kommen? Wenn eine Anzeige gegen Unbekannt eingebracht wird, dann ist natürlich die Frage, inwieweit das zielführend ist. Aber zumindest ist das passiert. Natürlich muss man befürchten, dass da im Grunde genommen am Ende nichts herauskommen wird.

Aber der Herr Außenminister hat zumindest im Fall Snowden gemeint, und das war durchaus beachtlich, er könne ein Asyl für Snowden nicht ausschließen. Das ist durch­aus interessant, dass er sich zumindest zu diesem schwammigen Satz durchgerungen hat, wenigstens das. (Abg. Dr. Pilz: Das ist Rechtslage!) Ich meine, er gilt ja grund­sätzlich nicht als mutig, Herr Kollege Pilz, aber wenigstens das. Und ich sage, natürlich wäre es schön, wenn man da endlich mutiger auftritt!

Der Herr Snowden ist ein mutiger Mensch. Ich sage, er ist ein Held. Er hat Missbrauch aufgezeigt, aufgedeckt (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen), in dem Wissen, dass sein persönliches Leben dadurch natürlich gefährdet wird, seine ganze Zukunft auf dem Spiel steht, eine lebenslange Haftstrafe, ja vielleicht sogar To­desstrafe droht, weil das in den USA als Geheimnisverrat gesehen wird, wenn jemand die Wahrheit sagt und Missbrauch aufdeckt (Zwischenruf bei der ÖVP), nämlich dass über die nationalstaatlichen Grenzen hinaus solche unglaublichen Rechtsbrüche, ja Bürgerrechtsbrüche im Sinne eines George Orwell‘schen Systems stattfinden. – Größ­ten Respekt für diesen Snowden!

Ich frage Sie, Herr Außenminister, und vor allen Dingen frage ich die Bundesregierung: Warum haben Sie nicht den Mut und den Charakter, zu sagen, das ist ein klassischer Asylfall mit einem rechtmäßigen Asylgrund, wo wir dem Herrn auch Asyl bieten?! Das wäre die Konsequenz, wenn man sich selbst ernst nimmt! (Beifall bei der FPÖ, bei Ab­geordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Strolz.)

Genau das ist nicht geschehen. Herr Snowden hat letztlich wirklich aufgezeigt, welcher Totalangriff der USA auf die Privatsphäre der Bürger in Europa stattgefunden hat – aber nicht nur auf die Privatsphäre, der andere Bereich wird ja völlig ausgeklammert. Da geht es ja auch um Wirtschaftsspionage, natürlich um Entwicklungen der europäi­schen Industrie, der europäischen Wirtschaft, darum, dies auszuspionieren, um dann entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen und letztlich auch gegenzusteuern. Das wird völlig ausgeblendet. Das ist ein unglaublicher Wirtschaftsschaden, der für Europa letztlich entstanden ist, und da geht man nicht zur Tagesordnung über. Da muss man ja gegensteuern.

Aber wo sind denn die mutigen Politiker der Europäischen Union, wo ist dieses Europa, diese Europäische Union, die immer so als großes Gebilde, das zusammenarbeiten muss, hingestellt wird? Wo sind sie denn heute, wenn es dann darum geht, nicht nur einen Pseudoprotest zum Besten zu geben, sondern auch Konsequenzen zu fordern, Konsequenzen aufgrund des Missbrauchs der Amerikaner? Da geht es nicht um Ame­rika-Bashing, es geht um reale Missbrauchsentwicklungen, die auf der Tagesordnung stehen.

Natürlich ist da auch der amerikanische Präsident Barack Obama entsprechend ent­zaubert worden. Das ist der, der den Friedensnobelpreis erhalten hat. (Abg. Kickl:  Guantanamo!) Das ist schon auch eine Entzauberung. Und auch wie er damit umge­gangen ist, ist durchaus bezeichnend.

Ich denke daher, dass hier einiges von der Regierung zu erwarten ist. Wenn man er­lebt, wie ein George Orwell’sches System, der große Bruder in dem Fall, solche Me­chanismen, die wir uns, als wir das Buch „1984“ von George Orwell gelesen haben, gar


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nicht vorstellen hätten können, heute Realität geworden sind und dass die politischen Verantwortungsträger das hinnehmen, schulterzuckend und achselzuckend, und sagen, na ja, das ist halt so, und bei anderen Diensten haben wir es halt nicht aufge­deckt, aber das ist die Lebensrealität, damit müssen wir leben und umgehen lernen – so habe ich das von Ihnen verstanden, Herr Kollege Amon (Zwischenruf des Abg. Amon) –, dann ist genau das der falsche Umgang damit.

So etwas gehört vehement bekämpft, vehement abgelehnt und sichergestellt, dass die Bürger nicht davon ausgehen müssen, dass jedes einzelne Telefonat und SMS und E-Mail irgendwo in einer Zentrale landet, Persönlichkeitsprofile erstellt werden und man vielleicht da oder dort, wenn man jemandem schaden will, auch noch etwas konstru­ieren kann! So etwas hat in unserer Gesellschaft nichts verloren (Beifall bei der FPÖ), und ich erwarte von jedem hier im Haus und von dieser Bundesregierung den schärfs­ten Protest gegenüber den Amerikanern und natürlich auch eine Aufklärung auf allen Ebenen und das Abstellen dieses Missbrauches! Alles andere ist einfach nicht hinzu­nehmen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz.)

11.29


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


11.30.18

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit etwas Grundsätzlichem beginnen und mich erst dann mit den beiden Abgeordneten/Ministern beschäftigen.

In den letzten Wochen werde nicht nur ich – und zum Teil auch innerhalb dieses Hau­ses – immer öfter gefragt: Wie sicher ist es eigentlich noch, wenn ich mein Handy be­nutze? Wie sicher ist es eigentlich noch, wenn ich mich im Internet informiere? – Und die einzige seriöse Antwort, die ich, meine Kolleginnen und Kollegen, aber eigentlich, wenn sie es ernst nehmen, auch die beiden Mitglieder der Bundesregierung geben können, lautet: Diese Sicherheit ist nicht mehr gegeben.

Früher ist gegenüber einzelnen Personen vorgegangen worden, sind einzelne Perso­nen überwacht worden. Wir stehen jetzt an dem Punkt, an dem in Österreich, in der Europäischen Union, in den USA und überall sonst entschieden wird, ob Massenüber­wachung von völlig Harmlosen, völlig Unschuldigen und völlig Unverdächtigen zulässig ist und ungestört durchgeführt werden kann oder ob die Politik dem etwas entgegen­setzt. Das ist für mich das Thema der heutigen Sitzung und das ist auch der Grund, warum ich von den anwesenden Regierungsmitgliedern etwas mehr verlange. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Wissen Sie, welche Staaten das früher waren, wo Bürgerinnen und Bürger sich über­legen mussten, was sie am Telefon sagen, wo sie sich informieren (Abg. Strache: Das war die Sowjetunion, das war die DDR!), mit wem sie reden? – Das war in freien Rechtsstaaten wie Österreich, Deutschland und den USA undenkbar! Heute müssen wir uns fragen, was wir riskieren beim Telefonieren, bei Recherchen im Internet, bei der täglichen Kommunikation, bei der Auswahl, mit wem wir uns überhaupt noch unter­halten. Und das ist ein Punkt, wo es nicht um Nachrichtendienste, um einzelne Minis­ter, um einzelne Ministerien geht, da geht es um unsere Freiheit! Das geht es zum ers­ten Mal in einer Art und Weise um unsere Freiheit, wie das in der Vergangenheit nicht denkbar war. (Beifall bei den Grünen.)

Diesbezüglich ist das Einzige, was uns schützen kann, verantwortungsbewusste und selbstbewusste Politik. Und genau an diesem Punkt, Frau Innenministerin und Herr Verteidigungsminister, haben Sie auch heute wieder kläglich versagt. Was ist das für eine Innenministerin, die zum Tagesordnungspunkt NSA in den österreichischen Natio-


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nalrat kommt und vergisst, diesen Begriff zu verwenden? Was ist das für ein Verteidi­gungsminister, der nur erzählt, wie viele schöne Dienste er hat und dass es an und für sich kein Problem gibt?

Ich sage Ihnen eines, Herr Verteidigungsminister: Sie machen es ein bisschen wie Karl-Heinz Grasser. Auch Karl-Heinz Grasser sagt: Ich arbeite eng mit der Staatsan­waltschaft zusammen. – Sie vergessen aber eine Kleinigkeit: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Sie und Ihre Beamten, und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Verdächtigen, insbesondere wenn sie Bundesminister sind, mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.) Aber es ist keine Selbstverständlichkeit, dass bei der Frage, ob bezüglich eines wichtigen Pa­ragraphen des Strafgesetzbuches, nämlich jenes betreffend die Spionage, die Unter­stützung nachrichtendienstlicher Tätigkeit von militärischen Diensten in Österreich, ob diesbezüglich gegen die Spitze des Verteidigungsministeriums von der österreichi­schen Strafjustiz ermittelt wird.

Jetzt reden wir einmal davon, worum es geht: Es gibt so etwas in der SPÖ, im Vertei­digungsministerium – beim Verteidigungsminister heißt das wahrscheinlich „Kunst am Bau“ (in der Folge illustriert der Redner seine Ausführungen mit einer Reihe von Aus­drucken von Fotos) –, es gibt überall solche weißen Aufbauten und Zubauten auf diplo­matischen Einrichtungen der USA.

Das ist Berlin, gleich beim Pariser Platz/Brandenburger Tor. Ich habe mir das letzte Woche dort angeschaut und habe mir das von Experten erklären lassen: Hinter diesen Sichtblenden sind die Antennenanlagen der NSA, die genau auf eine Richtfunkstrecke gerichtet sind, über die ein Großteil der Telefon- und der Internetverbindungen der deutschen Hauptstadt geht.

Dasselbe bei der amerikanischen Botschaft in der Schweiz: Kunst am Bau. Dasselbe in Caracas, Venezuela – das gilt nicht nur für Europa. Dasselbe: Stockholm. (Abg. Mag. Schönegger: ... viel Zeit gehabt, oder? – Abg. Mag. Kogler: Das war jetzt ein in­telligenter Zwischenruf!) Und dasselbe in der Wiener Boltzmanngasse am Dach der amerikanischen Botschaft.

Herr Verteidigungsminister, Frau Innenministerin! Was haben Sie herausgefunden über die amerikanische Kunst am Bau auf der Wiener Boltzmanngasse? Was wissen Sie über die Sichtblenden, die dort angebracht worden sind, um die Antennenanlagen des Special Collection Service von NSA und CIA zu verbergen?

Und was wissen Sie über die Villa in Pötzleinsdorf? (Abg. Mag. Kogler: Genau!) Vor dieser Villa steht jeden Tag ein Beamter des Innenministeriums. Jeden Tag kommen Leute hin, zum Teil aus einer benachbarten Schule, und wollen fotografieren und wol­len wissen, was das ist. Ihr Beamter geht jeden Tag zu österreichischen Staatsbürge­rinnen und Staatsbürgern und sagt: Gehen Sie weg, fotografieren verboten! – Was schützen Sie dort? Warum verhängt das Innenministerium dort ein Fotografierverbot?

Wenn Sie auf Google Maps gehen, können Sie die Ansicht drehen. Dann haben Sie die Seitenansicht, und plötzlich haben Sie eine dieser großen weißen Flächen. Die Ex­perten in Berlin haben mir gesagt, auch dort ist eine der Antennenanlagen der NSA.

Wohin ist die gerichtet? Ich habe mich gefragt: Was tut das am Stadtrand von Wien? Da ist kein Bundeskanzler-Handy, da ist kein Verteidigungsminister-Handy! Ich möchte jetzt nicht darauf eingehen, wie groß die Gefahr ist, dass ein Bundeskanzler- oder ein Verteidigungsminister-Handy von den USA abgehört wird, das ist eine völlig andere Frage. Das Entscheidende ist: Wohin sind diese Antennen gerichtet? Die sind auf die Richtfunkstation gerichtet, auf den Turm am Exelberg in der Richtfunkkette Arsenal/
Exelberg/Jauerling. Darüber gehen die meisten Telefonate in Richtung Deutschland und darüber geht die gesamte zivile Luftraumüberwachung, und die wird von der NSA abgeschöpft.


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Dazu sagt die Innenministerin kein Wort, sondern sie stellt nur einen Beamten hin – nicht, damit die Österreicherinnen und Österreicher und unsere Daten geschützt wer­den, sondern dass die Abhöranlagen der NSA vor uns geschützt werden. Das ist die einzige bekannte Aktion des Innenministeriums: die NSA- und die CIA-Anlagen in Wien schützen.

Und dann gibt es den Verteidigungsminister, und der erzählt uns dann, dass er im ge­heimen Unterausschuss des Verteidigungsausschusses alles offengelegt hat. In Berlin haben mir meine Kollegen aus dem Deutschen Bundestag gesagt, dass im entspre­chenden Gremium des Bundestages selbstverständlich der Geheimvertrag zwischen BND und NSA offengelegt worden ist. Das ist übrigens kein Vertrag zwischen Minis­tern, sondern zwischen Ämtern, zum Teil hinter dem Rücken der betroffenen Regierun­gen.

Im Unterausschuss, Herr Verteidigungsminister – und ich verrate hier kein Geheimnis –, haben Sie sich geweigert, diesen Vertrag offenzulegen. (Abg. Dr. Pirklhuber: So schaut’s aus!) Auf Fragen von ÖVP-Abgeordnetem Ikrath, von den freiheitlichen Kolle­gen und auch von mir haben Sie sich geweigert, nur die Namen der Nachrichten­dienste zu nennen, mit denen das Heeres-Nachrichtenamt Verträge hinter dem Rücken der Bundesregierung – Geheimverträge – geschlossen hat. Und Sie behaupten hier, es ist alles offengelegt worden? Herr Bundesminister, ich weiß, was dieser Vorwurf be­deutet, aber es gibt kein anderes Wort dafür: Sie haben heute den Nationalrat in of­fener und öffentlicher Sitzung belogen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schieder. – Abg. Heinzl: Na hallo!) Und ich frage Sie: Warum lügen Sie? Warum belügen Sie den öster­reichischen ...

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, Sie wissen ganz genau, dass wir solche Ausdrücke und solche Bezeichnungen hier nicht verwenden. Ich muss Ihnen deswegen leider einen Ordnungsruf erteilen und Sie bitten, das künftig zu unterlas­sen. (Abg. Mag. Kogler: Na wenn es aber so ist? – Zwischenruf der Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek.)

*****

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme das zur Kennt­nis. Ich weiß, dass die Geschäftsordnung das von Ihnen verlangt, nur machen Sie bitte einen alternativen Formulierungsvorschlag! (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

11.38


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, ich habe natürlich nicht die Absicht, diesem skurrilen Vorschlag zu folgen. Außerdem ist Ihre Redezeit erschöpft, und ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. – Danke. (Abg. Brosz: Aber das Licht leuchtet nicht! – Rufe bei den Grünen: Das Licht leuchtet nicht!) Das ist keine freiwillige Rede­zeit, sondern wir haben diese Redezeit vorhin miteinander beschlossen. Die 8 Minuten sind erschöpft. (Abg. Brosz: Das ist ja wirklich unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich stelle hiermit fest, meine Damen und Herren: Die Redezeit ist er­schöpft.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Vetter zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Pilz – in Richtung Präsidium –: Sie sind auf der Seite genau dieser Herrschaften, es tut mir leid! Unglaublich! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Eingewöhnungsschwierigkeiten, was die Anlage betrifft! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

 



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11.39.34

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Grüß Gott, Herr Präsident! Grüß Gott, Herr Minister! Grüß Gott, Frau Minister! Hohes Haus! Da dies meine erste Rede ist, darf ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Georg Vetter. Ich bin Rechtsanwalt in Wien, also vor allem Steuerzahler und bisher „Gesetzesnehmer“; im Team Stronach bin ich Verfassungs-, Justiz- und Verteidigungssprecher.

Zunächst halte ich fest, dass nach dem bisherigen Informationsstand kein einziges ös­terreichisches Regierungsmitglied – wohlgemerkt: kein einziges österreichisches Re­gierungsmitglied! – Opfer einer NSA-Abhörattacke geworden ist, und ich werde aus dieser Tatsache öffentlich keine Schlussfolgerung ziehen.

Was ich zu Geheimdiensten prinzipiell meine, ist, dass sie sich selbst überschätzen – dass wir sie überschätzen und dass sie sich selbst überschätzen. 90 Prozent dessen, was Geheimdienste liefern, ist zunächst einmal prinzipiell vor allem Wichtigtuerei und die Bestätigung ihrer eigenen Existenzberechtigung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber.)

Angesichts dessen, was jetzt hier passiert oder passiert sein soll, tun wir so, als wären wir noch eine Weltmacht. Wenn sich die Debatte vor hundert Jahren abspielen würde, also im Jahr 1913, als es noch die Monarchie gab, ja, dann hätte ich noch viel mehr Verständnis dafür. (Abg. Mag. Kogler: Ja, aber wenn alle Österreicher ...!)

1913, das war vier Jahre, bevor der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika dem Kaiser von Österreich den Krieg erklärt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhu­ber.) 1913 war jenes Jahr, als in diesem Hohen Haus die Affäre Redl diskutiert worden ist, wo damals Aufmarschpläne der k.u.k.-Armee an das russische Zarenreich verraten worden sind. Damals hatte solch eine Spionageaffäre tatsächlich gefährliche Konse­quenzen.

Ich habe mir die Stenographischen Protokolle zum Beispiel der Sitzung des Abgeord­netenhauses vom 30. Mai 1913 herausgesucht, als zum ersten Mal die Affäre Redl im Hohen Haus erwähnt worden ist. Der Abgeordnete Wassilko mutmaßte damals schon, welche Konsequenzen das in einem solchen Ernstfall auf dem Schlachtfeld hat – ein Jahr später war es so weit.

Heute, meine Damen und Herren, ist die große Gefahr der Terrorismus, wie man auch im Strategiepapier im Verteidigungsministerium nachlesen kann, und heute dient solch eine Strafanzeige, wie wir schon gehört haben, wohl auch mehr dem eigenen Wich­tigkeitsgefühl, sozusagen nach dem quasi kartesianischen Motto: Ich rufe nach dem Staatsanwalt, daher bin ich ein guter Mensch. (Abg. Rädler: Genau!)

Was soll der arme Staatsanwalt tun, meine Damen und Herren? – Zunächst wird er wahrscheinlich zwei, drei Wochen lang grübeln, dann wird er irgendeinen Sachverstän­digen bestellen, das Ganze wird 10 000 €, 20 000 € kosten und dann wird es schubla­disiert werden. In Zeiten des rigorosen Sparzwangs ist das, würde ich sagen, eine ziemliche Geldverschwendung.

Aber stellen Sie sich vor, meine Damen und Herren, der Staatsanwalt kommt auf die Idee und stellt einen Haftbefehl gegen irgendeinen Mitarbeiter oder den Chef der NSA aus, und der kommt irgendwann einmal nach Österreich. Und stellen Sie sich vor, der wird verhaftet! Was passiert denn dann? – Wohl das Gleiche, wie wenn man einen russischen General, der wegen Mordes gesucht wird, bei uns verhaftet. Dann gibt es um 3 Uhr in der Früh den Anruf eines Botschafters beim Oberstaatsanwalt, und um 5 Uhr in der Früh öffnen sich bei uns die Gefängnistore. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.)

Jetzt müssen Sie sich vorstellen, wie schwierig es ist, einen Beamten wie den Ober­staatsanwalt in der Dienstzeit zu erreichen, aber so jemanden um 3 Uhr in der Früh zu


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erreichen, ist eine ganz besondere Leistung. Und wer von uns glaubt, dass es im Falle einer solchen Verhaftung irgendwie anders sein würde? – Frau Innenministerin, fragen Sie die Frau Justizministerin, wie das funktioniert. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist aber schon sehr zynisch!)

Bedenken wir auch die Konsequenzen einer solchen Strafanzeige, die nämlich von den Mitarbeitern der NSA in unseren Medien sicher gelesen wird! (Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.) Die harmloseste wäre, dass ein Sektionschef des Innenmi­nisteriums irgendwann einmal mit seiner Familie die halbe Nacht bei der Einreise in New York warten muss. Aber was weniger harmlos ist, ist, dass die NSA vielleicht ein­mal denkt: Na, das mit der internationalen Kooperation, wie sie die Frau Minister vorher angesprochen hat, das ist uns eigentlich nicht so wichtig bei einem Land wie Öster­reich! Und dann kommt es einmal zu einem Terroranschlag in unserem Land und dann gibt es Tote und Verletzte, und wir sagen: Das war vielleicht nicht wirklich so klug, was damals passiert ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Meine Damen und Herren, solche Dinge, wie sie hier passiert sind, löst man nicht mit dem Strafrecht. Das löst man auf diplomatischem Weg, das löst man auf internatio­naler Ebene. Da zitiert man den Botschafter, aber das löst man nicht auf diese Wei­se. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


11.44.54

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS-LIF): Herr Präsident! Geschätzte Mi­nisterin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer, Bürgerinnen und Bürger zu Hause oder unterwegs an den Bildschirmen! Ich habe gelobt, dass ich immer mit einem Wort der Wertschätzung beginne, so will ich das auch heute halten.

Ich finde es gut, Frau Ministerin, dass Sie sagen, Europa ist auch bei diesem Thema Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. Das sehen wir NEOS genauso. Diese The­men, die wir heute behandeln, haben eine europäische Dimension, und die können wir nur auf europäischer Ebene lösen.

Das zweite Lob geht nach Europa, geht ins Europäische Parlament: Die Liberalen, ge­meinsam mit den Grünen und gemeinsam mit den Sozialdemokraten haben im Parla­ment aufgezeigt und haben gesagt: Wir müssen und wir werden den Amerikanern da – in aller Freundschaft – die Stirn bieten und wir möchten auch als ein Symbol dafür, dass wir uns so nicht behandeln lassen, das Bankdaten-, das SWIFT-Abkommen aus­setzen, nämlich auf Basis der Erkenntnis, dass offensichtlich auch Bankdaten bespit­zelt wurden, wir müssen da also Schritte setzen. – Ich finde das mutig, ich finde das richtig. Ich finde es schade, Herr Spindelegger, dass die ÖVP da im Europäischen Par­lament nicht mitgegangen ist.

Und warum ist es mutig? Ich kann Ihnen das in aller Kürze anhand eines Beispiels er-klären, warum das wichtig ist. – Vorneweg: Es ist wichtig, weil es zeigt, dass wir nicht ohnmächtig sind, dass wir etwas tun können. Wir haben ja das Gefühl: Ich kann eh nichts tun! Die Bürger, die Bürgerinnen haben das Gefühl: Ich kann nichts tun!, die Politiker – selbst ganze Bundesregierungen! – haben das Gefühl: Ich kann nichts tun! Offensichtlich geleitet von diesem Gefühl ist auch die österreichische Bundesregierung in diesen Fragen mutlos und tatenlos.

Der Herr Bundeskanzler ist jetzt nicht da – ich glaube, die SPÖ insgesamt ist gerade auf Betriebsausflug ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Schieder.) – Na ja, es schaut schon ein bisschen leer aus in dem Sektor. Also ich denke, die Tatenlosigkeit ist natür­lich schon von einer Mutlosigkeit geleitet.


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Wir haben im Juni vor der amerikanischen Botschaft demonstriert. Wir haben das ge­meinsam mit jenen gemacht, denen Bürgerrechte wichtig sind, denen Freiheit wichtig ist. Und wissen Sie, wer gekommen ist? – Die Piraten sind gekommen und die NEOS sind gekommen – und sonst keiner. (Abg. Mag. Schieder: Das Liberale Forum!) – Das Liberale Forum, ja, in unserer Gemeinschaft. Es war Niko Alm dort, es war Beate Meinl-Reisinger dort, auch Michael Pock war dort, und wir haben demonstriert.

Ich war selbst nicht in Wien an diesem Tag (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger), und ich war auch froh, dass ich nicht in Wien war, denn irgendwie war ich befreit von der Frage: Gehe auch ich hin?, denn es ist nicht so einfach, vor der amerikanischen Botschaft zu demonstrieren. Und dann bin ich im Zug gesessen, bin von Salzburg zu­rückgekommen und habe mir gedacht: Was ist denn da los in einem Land, in einer freien demokratischen Republik, wo ich eigentlich Angst und ein ungutes Gefühl habe, wenn ich mein Recht auf freie Meinungsäußerung vor einer ausländischen Botschaft wahrnehme? Wo sind wir angekommen? (Abg. Mag. Schieder: Diese Erkenntnis ha­ben wir schon mit 20 gehabt!)

Und dann sind mir drei Dinge als Assoziation in den Sinn gekommen, nämlich einerseits Herbert Grönemeyer – ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen; ich bin ein Fan von ihm – mit seiner CD, seinem Album „Bochum“ aus dem Jahr 1984, wo er schreit: Amerika! – Natürlich, Amerika hat viel für uns gemacht und Amerika ist unser Freund, aber er singt: „Amerika / Tu uns das nicht an“. Das müssen wir auch unseren Freunden ganz klar sagen: Tu uns das nicht an! „Ich habe Angst vor deiner Phantasie“, Amerika, hat er gesungen. Das war im Jahr 1984. (Abg. Mag. Schieder: ... besser „Born in the USA! Bruce Springsteen: „Born in the USA“!)

Das war die zweite Assoziation, Herr Schieder: 1984 – der Herr Strache hat schon da­rauf Bezug genommen; er ist auch nicht da – 1984, Orwell, der im Jahr 1949 dieses Schreckensszenario gemalt hat. Wenn wir so weitermachen und wenn wir weiter in Eu­ropa so unmutige Bundesregierungen haben, dann wird George Orwell recht haben – nicht mit dem Jahr, nicht mit dem Datum, vielleicht ist er 40 Jahre zu früh gewesen, aber dann landen wir 2024 dort, wo er diese Welt beschrieben hat, und das möchte ich nicht.

Und das Dritte, das mir in diesem Zug in den Sinn gekommen ist, als ich zurück nach Wien gefahren bin, befreit von der Entscheidung: Will ich auch demonstrieren vor der Botschaft oder nicht?, weil ich andere Termine hatte, ist eine Erinnerung: Wann hatte ich zum letzten Mal persönlich diese Angst? – Und wissen Sie, in den neunziger Jah­ren habe ich das indonesische Student Movement unterstützt. Die haben demonstriert gegen Diktatur, die haben demonstriert für Freiheit.

Und ich war auch dort, ich habe auch mit den indonesischen Studierenden demons­triert. Ich war in Yogyakarta, ich bin mit denen zu Einheiten des Militärs marschiert. An diesem Tag gab es 18 Tote in Jakarta, und ich war mittendrin, und ich habe dort erlebt, was es heißt, für Freiheit zu demonstrieren.

Ich habe dieses Gefühl gehabt in einem Zug zurück nach Wien von Salzburg, nicht in dieser Intensität, aber doch bedrückt, dass man im eigenen Land von solchen Gefüh­len eingeholt wird. Deswegen abschließend mein Appell: Ich fordere Mut ein von Ihnen, von der Bundesregierung. (Abg. Dr. Hübner: Aber was sollen sie tun?)

Guy Verhofstadt, der Chef der ALDE, der Liberalen und Demokraten im Europäischen Parlament, hat heute gefordert: John Kerry, komm nach Europa, komm ins Europäi­sche Parlament und entschuldige dich für NSA! – Und diese Aufforderung wünsche ich mir auch von Ihnen, Herr Außenminister, wünsche ich mir vom Herrn Bundeskanzler, wünsche ich mir von der Bundesregierung. – Erstens.


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Zweitens: In Deutschland diskutieren die SPD, die CDU und die CSU – nicht wirklich als Hort der Liberalität und Freiheit bekannt – eine Neuverhandlung des SWIFT-Ab­kommens. In Österreich: Sendepause, Nüsse, nada, nix! Für Sie existiert dieses The­ma nicht, weil es Ihnen nicht wichtig ist.

Sie haben nicht verstanden, um was es geht. Es geht um Freiheit und es geht um Ei­genverantwortung. Und wir sind Freunde der Eigenverantwortung.

Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler, Sie insbesondere! Christliche Soziallehre, Ei­genverantwortung, ein Kernwert. Es gibt keine Verantwortung ohne Freiheit. Und es gibt keine Freiheit ohne Verantwortung. Für die müssen wir aber kämpfen – jeden Tag. Und das braucht Mut. Habe Mut! (Beifall bei NEOS-LIF.)

11.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Grossmann zu Wort.

Ich mache darauf aufmerksam, dass ab sofort eine Redezeitbeschränkung von 5 Minu­ten pro Redner gilt, so wie wir es zu Beginn der Sitzung beschlossen haben.

Bitte, Frau Abgeordnete Grossmann.

 


11.51.43

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ver­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also bei manchen Redebeiträgen hat man wirklich den Eindruck: Was auch immer Böses auf dieser Welt passiert – und da passiert leider einiges –, schuld ist immer die ös­terreichische Bundesregierung. Da lassen manche wirklich keine Gelegenheit aus, poli­tisches Kleingeld zu schlagen, was auch immer auf dieser Welt passiert.

Der Herr Verteidigungsminister hat dankenswerterweise sehr klar dargestellt die Aufga­be und die Funktionsweise unserer Verfassungsschutzinstrumente und Demokratie­schutzinstrumente und hat auch ganz klar den Unterschied herausgearbeitet zu den nun in Verruf geratenen Geheimdiensten der USA und Großbritanniens. Und wenn Sie hier hergehen und eine Gleichsetzung vornehmen, dann ist das eine infame Unter­stellung. (Abg. Dr. Hübner: Das tut ja keiner! Wir behaupten nur, dass der Herr Mi­nister seinem Verfassungsauftrag nicht nachkommt!) Das ist ungerecht, unsachlich und bringt uns auch keinen Zentimeter weiter, Herr Kollege.

Wir müssen hier aber dringend weiterkommen, wenn es um einen effizienten Daten­schutz geht. Die Herausforderungen für einen modernen Datenschutz sind tatsächlich immens groß. Wir leben heute in einem Zeitalter der scheinbar unbegrenzten Möglich­keiten, zu kommunizieren, sich zu informieren, Informationen weiterzugeben. Es gibt Onlineshopping, soziale Netzwerke, all das hat das Leben der Menschen grundlegend verändert, das Leben aller Generationen. Man hat weltweit Freunde, man sucht euro­paweit nach den billigsten Schnäppchen, erledigt Bankgeschäfte zu jeder Tages- und Nachtzeit von zu Hause aus mit dem Smartphone. (Abg. Dr. Hübner: Was hat das mit der NSA zu tun?) Und dabei hinterlässt man natürlich eine Unmenge von Daten, und man hinterlässt vor allem eine digitale Spur, die letztendlich den gesamten Menschen rekonstruieren lässt, Lebensgewohnheiten, Stärken, Schwächen, politische Gesinnung, Gesundheitszustand. All das gibt man unter Umständen von sich preis, weit mehr, als man von sich preisgeben möchte.

Das tun die Menschen, weil sie den Systemen vertraut haben. Und dieses Vertrauen wurde durch die Enthüllungen von Edward Snowden in den Grundfesten erschüttert. Dieses Vertrauen muss aber wiederhergestellt werden, indem wir wirklich alles daran­setzen, vor allem international, effiziente Datenschutzinstrumente auch wirksam wer­den zu lassen. Gerade wenn man sich die angewandten Methoden vor Augen führt –


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Klubobmann Schieder ist im Einzelnen darauf eingegangen –, dass hier personenbe­zogene Daten von US-Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft verarbeitet werden, wenn diese von den Geheimdiensten massenweise, ohne Anlass abgeschöpft werden oder wenn überhaupt gleich Glasfaserleitungen angezapft werden, dann sieht man schon, dass man hier entsprechende internationale Schutzsysteme braucht.

Wenn Daten-, Telekommunikationswege international geleitet werden, meist über Groß­britannien und die USA, selbst wenn Landsleute miteinander kommunizieren, dann sieht man, dass man mit den besten innerstaatlichen Instrumenten nicht weit kommt. Da hinkt man immer hinterher. Da braucht es eben internationale Abkommen, die ver­bindlich sind und auch durchsetzbar sind. Und hier haben die Snowden-Enthüllungen eine Dynamik in die Verhandlungen um die EU-Datenschutz-Grundverordnung ge­bracht, die absolut in die richtige Richtung geht, die aber unglaublich schwer durchzu­setzen sein wird auf europäischer Ebene, weil eben gerade konservative und wirt­schaftsliberale Kräfte in den europäischen Gremien eine Blockadehaltung an den Tag legen.

Also vielleicht könnten die Abgeordneten rechts der politischen Mitte dieses Hauses auf ihre Schwesterparteien entsprechend einwirken, diese unverständliche Blockade­haltung endlich aufzugeben und hier wenigstens einen europäischen Datenschutz effi­zienterweise zu ermöglichen. Das wäre wohl sinnvoller, als hier politisches Kleingeld zu schlagen.

Es ist auch Schwung gekommen in die Verhandlungen betreffend effizienten Daten­schutz zwischen Europa und USA. Auch hier hat Edward Snowden einen Stein ins Rollen gebracht, wodurch Fronten aufgebrochen wurden, wie man es bisher eigentlich kaum für möglich gehalten hat.

Es ist das Gebot der Stunde, wirklich einen effizienten Datenschutz international zu ge­währleisten. Das ist unumgänglich. Datenschutz ist ein Grundrecht und gehört entspre­chend geschützt durch den Staat, durch die Staatengemeinschaft, durch die Unter­nehmen selbstverständlich, die mit der Datenverarbeitung gute Geschäfte machen, die ihre Kundendaten umfassendst verwenden. Diese haben auch die technischen Vorkeh­rungen für bestmöglichen Datenschutz zu treffen. Und es ist natürlich auch das ent­sprechende Maß an Eigenverantwortung einzumahnen.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete, entschuldigen Sie bitte! Wir haben ein technisches Problem, und zwar leuchtet das rote Lämpchen nicht auf. Ich wollte Sie gerade bitten, zum Schlusssatz zu kommen, weil die Redezeit schon überschritten ist, die Anlage das aber leider nicht anzeigt. Tut mir sehr leid!

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (fortsetzend): Kämpfen wir gemeinsam für einen effizienten Datenschutz! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pilz: Alle Probleme sind technisch! Es gibt nur technische Probleme! – Ruf bei der SPÖ: Ich hoffe, das war nicht absichtlich!)

11.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schitten­helm. Noch einmal zur Erinnerung: 5 Minuten ab sofort für alle. – Bitte.

 


11.58.20

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land geht natürlich weit über die per­sönliche Sicherheit hinaus, das wissen wir. Wir wissen aber auch, dass wir Schutz und Sicherheit brauchen im staatlichen Bereich, im öffentlichen Bereich wie der Wirtschaft, der Wissenschaft, aber auch für private Unternehmen. Dieser Schutz und diese Si-


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cherheit müssen gewährleistet sein. Alle diese Bereiche sind zu schützen und dürfen nicht durch illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten unterlaufen beziehungsweise die­ses Wissen und Know-how abgeschöpft werden.

Tatsache aber ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass aufgrund der ver­schiedensten Enthüllungen in den letzten Wochen und Monaten auch wir in Österreich tätig werden mussten. Österreich ist natürlich – das hat unser Außenminister immer wieder auch betont – über die jüngsten Medienberichte in Bezug auf die mögliche Ab­hörung durch die NSA sehr besorgt und fordert von den USA eine vollständige Auf­klärung.

Derzeit, das muss man auch sagen, bestehen jedoch keine gesicherten Informationen über eine Ausspähung von SWIFT seitens der USA. Daher ist vorerst abzuwarten und daran zu arbeiten – hier ist ja auf europäischer Ebene eine Gruppe eingerichtet wor­den –, dass man von den USA genaue Informationen darüber erhält.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unabhängig davon hat unser Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger am 9. November bekannt gegeben, dass der heimische Verfassungsschutz rund um die möglichen NSA-Abhörungen Anzeige er­stattet hat. Das heißt, dass die Republik Österreich gegen mögliche Spionageeinrich­tungen der USA im Rahmen von Abhöraktivitäten aktiv geworden ist. Es war dies ein wichtiger und richtiger Schritt, denn wir müssen uns den Gegebenheiten nicht nur stel­len, sondern auch entsprechend reagieren und Maßnahmen setzen.

Vielleicht braucht es derartige Vorkommnisse und Entwicklungen, wie wir sie in den letzten Monaten erlebt haben, im negativen Sinne, um uns wachzurütteln, dass das Gesetz des Handelns von uns selbst in die Hand genommen werden muss. Wir wissen natürlich schon länger, vermute ich, und nicht erst seit den bekannt gewordenen NSA-Aktivitäten, dass es keinen hundertprozentigen Schutz unserer Daten gibt. Das wurde heute vom Herrn Abgeordneten Amon schon sehr ausführlich berichtet.

So, wie jeder einzelne Handy- oder Computernutzer selbst für den Schutz seiner per­sönlichen Daten verantwortlich ist und durch entsprechende eigene Vorsichtsmaßnah­men alles tun sollte, um seine privaten Daten vor illegalem Zugriff zu schützen, müss­ten auch wir als Staat und wir als politische Verantwortungsträger alles tun, um die Daten des Staates und seiner Einrichtungen zu schützen.

Wir wissen aber auch, dass wir letztendlich Datensicherheit nur in einer gemeinsamen europäischen Vorgehensweise werden bewerkstelligen können. Nur gemeinsam wird es möglich sein, die Sicherheitsstandards anzuheben, zu verbessern und auch ent­sprechende Unabhängigkeit für den europäischen Raum und speziell auch für Öster­reich gegenüber den USA zu erreichen.

Im Fokus all unserer Überlegungen muss aber sein, Datenschutzverletzungen, von wem auch immer, durch organisatorische und klare gesetzliche Regelungen, ein­schließlich drakonischer Strafbestimmungen, möglichst hintanzuhalten, jedenfalls we­sentlich zu erschweren. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Datenschutz­verletzungen – hier bin ich bei meiner Vorrednerin – verstoßen nicht nur gegen Grund­rechte Einzelner, sondern bedrohen auch unseren Rechtsstaat.

Hohes Haus! Wie unsere Frau Bundesministerin Johanna Mikl-Leitner schon ausge­führt hat, verfügen wir in Österreich mit dem beim BMI angesiedelten BVT, Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, und dem im Landesverteidigungs­ressort angesiedelten Heeres-Nachrichtenamt und Abwehramt über bewährte Organi­sationseinheiten. Die haben sich in der Vergangenheit bewährt. Und genau diese Insti­tutionen – man muss immer wieder darauf hinweisen – arbeiten auf klaren gesetzlichen Grundlagen wie dem Sicherheitspolizeigesetz, der Strafprozessordnung beziehungs­weise dem Militärbefugnisgesetz.


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Von entscheidender Bedeutung ist für mich aber auch – wir alle wissen das hier im Ho­hen Haus – die parlamentarische Kontrolle durch die entsprechenden Unterausschüsse.

Tatsache ist aber auch, meine Damen und Herren, dass zum Schutz unserer Bürge­rinnen und Bürger, sowohl im In- als auch im Ausland, die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Organisationen zweckmäßig beziehungsweise notwendig ist. Zum Bei­spiel – ich rufe das in Erinnerung – ist bei krisenhaften Entwicklungen im Ausland, wenn österreichische Staatsbürger in Gefahr sind, die Evakuierung von Österreichern aus Krisengebieten erforderlich, wie seinerzeit aus Libyen.

Auch die im Ausland eingesetzten österreichischen Soldaten sind bei ihrem Einsatz auf internationale Kooperationen und Zusammenarbeit angewiesen. Das ist lebens- und überlebensnotwendig für unsere Soldaten in ihrem Einsatz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So, wie die Zusammenarbeit der drei Ämter, die ich vorhin erwähnte, in einem Verwaltungsübereinkommen geregelt ist, so muss auch die Kooperation mit ausländischen Institutionen auf klaren, der österreichischen Rechtsordnung entsprechenden Abkommen basieren. (Präsident Kopf gibt das Glo­ckenzeichen.)

Wie das unsere Frau Innenministerin schon skizziert hat: Es bedarf hier eines europäi­schen Datenraums. Es wird schwierig werden, aber es braucht vor allem auch ein Rahmenabkommen wie von Justizkommissarin Viviane Reding dargestellt. Ich hoffe, dass wir das gemeinsam und mit voller Kraftanstrengung auch schaffen werden. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.04


Präsident Karlheinz Kopf: Geschätzte Damen und Herren, Sie sehen, dass auch bei Frau Abgeordneter Schittenhelm, die die Zeit voll ausgeschöpft hat, das Blinkzeichen zwar jetzt, nachdem ich die Stopptaste gedrückt habe, aber vorher nicht funktioniert hat. Ich werde mir daher erlauben, wenn es weiterhin nicht funktioniert, eine Minute vor Ende der fünfminütigen Redezeit jeweils mit der Klingel ein Zeichen zu geben, sodass Sie wissen, Sie haben noch eine Minute Redezeit. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist ein elektronisches Problem oder was?) – Ein technisches Problem hier. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ein elektrisches?)

Herr Abgeordneter Vilimsky gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


12.05.00

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Jetzt wollte ich schon dem Haus ein Lamperl spenden; ich weiß ja nicht, wie angespannt die Lage durch Ihr groß­koalitionäres Budgetloch tatsächlich ist. Es wäre aber schon sehr hilfreich, wenn hier die Haustechnik zumindest das Lamperl auswechseln würde, damit man eine Orientie­rung hat, wie lang die jeweiligen Reden dauern beziehungsweise wann sie zu beenden sind.

Meine Damen und Herren! Was heute stattgefunden hat, habe ich in den letzten Jah­ren noch nicht erlebt. Beide Regierungsfraktionen waren motiviert, eine Sitzung des Hohen Hauses samt aller Kosten und der logistischen Notwendigkeiten einzuberufen, mit dem Ziel, Aufklärung darüber zu geben, wie es denn mit der ganzen Spitzelei im Lande tatsächlich aussehe. Das, was hier heute geboten wird, ist aber noch lä­cherlicher als das, was wenige Tage zuvor im Deutschen Bundestag stattgefunden hat, wo Innenminister Friedrich Gelächter entgegengebracht wurde, nachdem hier grund­sätzliche Äußerungen über die Dienste in den jeweiligen Ländern gemacht wurden und so getan wird, als gäbe es das alles nicht, und das trotz Aussagen von Spitzenagen­ten, nicht nur von Herrn Snowden, sondern auch von Drake und anderen, durch die sehr wohl klar und aktenkundig wurde, dass flächendeckend auch hier in Österreich abgehört wurde und wahrscheinlich noch wird.


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Im Wesentlichen gibt es wenige Möglichkeiten. – Möglichkeit Nummer eins: Die Bun­desregierung wusste Bescheid über diese Abhörmaßnahmen der Amerikaner und hat sie geduldet. Das wäre ein glatter Rechtsbruch, hätte eine Ministeranklage zur Folge, und Sie müssten Ihre Sessel räumen.

Möglichkeit Nummer zwei: Die Minister wussten es nicht, aber die jeweiligen Beamten in den Diensten wussten darüber Bescheid – dann müsste man im Beamtenapparat et­was ändern.

Variante Nummer drei: Weder SPÖ noch ÖVP noch die zuständigen Minister wussten irgendetwas. Auch das traue ich diesen beiden politischen Fraktionen zu, da beiden auch das Milliardenloch im Budget nicht aufgefallen ist.

Angesichts dessen, was hier an die Öffentlichkeit geschwappt ist, stelle ich mir aber schon die Frage, ob der Herr Landesverteidigungsminister auch einen rosaroten Ele­fanten nicht entdecken würde, wenn man ihn direkt in seinem Sichtfeld platzieren würde.

Es ist ein Skandal, wie man mit diesem Haus hier umgeht! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.) Es ist ein Skandal, hier festzuhalten, dass überhaupt nicht ab­gehört wurde, dass die Amerikaner überhaupt keine Bewachungsmaßnahmen imple­mentiert hätten, ohne überhaupt eine qualitative Prüfung vorgenommen zu haben, aufgrund derer man zu einem solchen Schluss kommen oder auch nicht kommen könnte.

Sie erinnern sich an diesen tragischen Fall des bolivianischen Präsidenten, der hier in Wien quasi festgeeist wurde, nachdem wahrscheinlich die Amerikaner den Wink an be­freundete EU-Staaten gegeben haben, dass keine Überfluggenehmigung erteilt wird. Es war natürlich klar, dass dann gleich ein Beamter des Verfassungsschutzes an der Flugzeugtür angeklopft hat, so nach dem Motto: Dürften wir nachschauen, ob der Herr Snowden vielleicht geheim an Bord ist? Und es wurde sehr wohl nachgesehen, weil die Amerikaner das so wollten.

Aber bei der Pötzleinsdorfer Villa, wo evident ist, was dort auf 5 000 Quadratmetern mit all den Antennenanlagen passiert, und eine Bewachung durch das Innenressort statt­findet, kommt niemand auf die Idee, zu der Einrichtung eines befreundeten Staates hinzugehen und zu sagen: Wir haben schwerwiegende Verdachtsmomente, wir würden deshalb gerne Nachschau halten. Dürften wir auf einen Kaffee kommen, wir wollen nachschauen? – Nichts ist passiert, und dennoch wird hier so getan, als wäre das alles eine Schimäre und das Ganze ohne entsprechenden Hintergrund.

Tun wir nicht so, als ob die Bewachung mehrerer Staaten im Zuge eines globalen Überwachungsnetzes komplett neu wäre! Wir haben das ja zu Beginn des Jahres 2001 gehabt, wo Echelon auf einmal in die breite Diskussion gekommen ist, das Europäi­sche Parlament sogar einen eigenen Untersuchungsausschuss diesbezüglich einge­richtet hat und sehr wohl nachgewiesen werden konnte, dass fünf Staaten auf dieser Welt, die Five Eyes, wie sie gerne genannt werden, die Amerikaner, die Briten, die Neuseeländer, die Kanadier und die Australier, ein globales Überwachungsnetz im­plementiert haben. Damals, als man das aufgedeckt hat, hat Bad Aibling in Deutsch­land gesperrt werden müssen, weil das auch eine Überwachungseinrichtung der Ame­rikaner war. Nur in Österreich, wo man mehr als eindeutige Hinweise hätte, um tat­sächlich endlich auch einmal Rückgrat gegenüber den Amerikanern zeigen zu können, tut man das nicht.

In jedem normalen Land, in dem Personen überführt werden, dass sie Informationen ausspähen, ist es so – der Regelfall ist das –, dass sie zur persona non grata erklärt werden und das Land zu verlassen haben. Dulden wir wirklich, dass anderen Staaten angehörende Personen unsere Telefone abhören, unser Internet überwachen und auch noch komplett andere Überwachungstechnologien nutzen, um uns auszuspähen?


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Tun wir in der Folge nichts weiter dagegen und sagen damit, dass das ohnehin alles in Ordnung ist? – Bitte, es muss sich der österreichische Nationalrat endlich einmal weh­ren gegen all diese Überwachungsmethoden! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Nationalrat muss sich wehren gegen die Vorratsdatenspeicherung, gegen diese Fluggastrichtlinie, und aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, endlich einmal Druck zu machen, dass dieses SWIFT-Abkommen aufgekündigt wird, in dessen Rahmen Tausende Daten der Österreicherinnen und Österreicher den Amerikanern zugänglich gemacht werden. – Ein Skandal der Sonderklasse!

Bitte, verschließen Sie nicht länger die Augen vor diesen Missständen, tun Sie nicht so, als würde das alles nicht stattfinden, und haben Sie auch den Mut und das Rückgrat, entsprechende Abwehrreaktionen im Sinne unserer Republik Österreich zu setzen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Pilz und Dr. Pirklhuber.)

12.10


Präsident Karlheinz Kopf: Sie haben gesehen, die Anlage scheint wieder zu funktio­nieren. Es hat eine Minute vor Ende der Redezeit geblinkt und dann wieder dauerhaft geleuchtet. Gehen wir davon aus, dass das ab sofort wieder so gelten wird.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


12.11.21

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte mir in der heutigen Sitzung zumindest deutliche Worte von der Regierungs­bank aus erwartet, nämlich dass die Überwachungspraktiken der britischen und ameri­kanischen Geheimdienste der größte Geheimdienstskandal, der größte Überwa­chungsskandal der jüngeren Geschichte unserer Demokratie sind. Sie sind ein unmit­telbarer Angriff auf Rechtsstaat und Demokratie. Und was war die Reaktion in der Er­klärung unserer Bundesregierung? – Beschwichtigung und ein Einführungsvortrag über die österreichischen Geheimdienste, der vielleicht für Jung-Abgeordnete hilfreich ist.

Meine Damen und Herren! Ich denke, ich spreche den Bürgerinnen und Bürgern aus dem Herzen, wenn ich sage: Wir haben diese Beschwichtigungen satt! Wir haben es satt, eine Politik der Konfliktvermeidung gegenüber Großbritannien und den USA zu erleben! Und diese ist nachweisbar. Oberstes Primat der gesamten Aufklärung dieses Skandals ist die Konfliktvermeidung. Man will sich nicht mit den Diensten Großbritan­niens und der USA anlegen.

Am 7. Juni dieses Jahres hat der „Guardian“ erstmals über die Enthüllungen von Snow­den geschrieben. Ich habe elf Tage später eine Anfrage an unseren Außenminister, der unserer Sitzung heute als Abgeordneter beiwohnt, gestellt und wollte wissen, wie die Republik auf diese schwerwiegenden Anschuldigungen reagiert hat. In dieser parla­mentarischen Anfrage vom 18. Juni  (Abg. Dr. Spindelegger verlässt den Sitzungs­saal. – Abg. Dr. Pirklhuber: Der geht jetzt!) – Es ist klar, namentlich Genannte gehen. Hier (der Redner deutet auf die Regierungsbank) kann man nicht flüchten, vom Abge­ordnetenplatz steht es ihm frei zu flüchten. Es macht nichts; die Sache wird ihn einho­len. So viel steht fest! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe dann die Anfragebeantwortung bekommen, und die hat es in sich. Am 1. Juli hat der Herr Außenminister ein Gespräch mit dem amerikanischen Botschafter geführt. Ich erinnere daran: Das ist drei Wochen, nachdem der Überwachungsskandal bekannt geworden ist, und ungefähr zwei Wochen, nachdem ich die Anfrage eingebracht habe. Das heißt, drei Wochen lang hat es keinen Protest bei der amerikanischen Botschaft und bei der amerikanischen Politik gegeben. Es hat erst einen Protest gegeben, als es diese Anfrage gegeben hat und als bekannt wurde, dass auch EU-Institutionen abge­hört werden. Solange die Bürgerinnen und Bürger im Visier der Dienste waren, war das


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unserem Außenminister komplett egal. Erst als bekannt wurde, dass möglicherweise Institutionen betroffen sind, ist er langsam aktiv geworden.

Minister Spindelegger hat in dieser Anfragebeantwortung auch Auskunft darüber gege­ben, was ihm die amerikanische Botschaft geantwortet hat, nämlich nichts. Er wartet noch auf eine Antwort, und ich sage, er wird lange warten, denn die Vereinigten Staa­ten wissen, dass ein Außenminister, der drei Wochen braucht, um gegen den größten Überwachungsskandal unserer Demokratie zu protestieren, auch noch viel Zeit hat, um auf Antworten zu warten.

Es ist kein Zufall, dass man sich so passiv verhält, weil eben die Rolle Österreichs im internationalen Netzwerk der Dienste kleingeredet wird. Es gibt noch relativ wenige Pri­märdokumente zur Rolle Österreichs. Die werden alle kommen, und dann werden die­se Beschwichtigungen zusammenbrechen. Es gibt aber ein Dokument – und das hat der „Guardian“ veröffentlicht –, ein Primärdokument der NSA, in dem auch Österreich erwähnt wird. In dem Dokument werden mehrere Gruppen von Staaten gebildet und jeweils die entsprechende Intensität der Zusammenarbeit beschrieben.

Da gibt es die wichtigste Gruppe, mit der gibt es eine umfassende Zusammenarbeit. Das sind Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland. Dann kommt aber schon die Kategorie B, das ist jene Gruppe, mit der es eine fokussierte Zusammen­arbeit gibt, und da steht an erster Stelle Österreich. Das hat damit zu tun, dass wir im Alphabet ganz vorne sind, aber das hat auch damit zu tun, dass Österreich bereits in jener Gruppe aufscheint, mit der die zweitintensivste Zusammenarbeit gepflogen wird, auf einer Stufe mit Deutschland. Die Debatte in Deutschland kennen wir. Was unser Verteidigungsminister zur punktuellen Zusammenarbeit kleinredet, ist für die NSA in ei­nem Primärdokument eine fokussierte Zusammenarbeit.

Es sind viele Fragen offengeblieben, die gestellt werden müssen: Welche Rolle spielt Österreich im internationalen Datenaustauschring? Das kann erst geklärt werden, wenn Sie die Primärdokumente, nämlich die Verträge offenlegen.

Zweitens: Wie hat Österreich auf den britischen Geheimdienst reagiert? Großbritannien ist Mitglied der Europäischen Union. Was sind die Aktivitäten Österreichs im Rahmen der Europäischen Union zum britischen Geheimdienst, der ähnliche Praktiken betreibt? Warum hat die Spionageabwehr versagt? Wer trägt dafür die politische Verantwor­tung? Wie will man die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen? Um die geht es nämlich! Es geht nicht um das Handy der Frau Merkel, es geht nicht um mein Handy, auch nicht um das von Faymann oder Pilz. Es geht um die Bürgerinnen und Bürger!

Österreichs diesbezügliche Aktivitäten sind schnell zusammengefasst: Konsequen­zen – keine, Aufkündigung des Safe-Harbor-Abkommens – kein Thema, Aufklärung – keine. – Fast hätte ich es vergessen: Es gibt schon einen Akt heroischer Aufklärung. Das BVT hat nach fünf Monaten eine Anzeige gegen unbekannte Täter eingebracht. Ich bin beeindruckt! Von Schutzmaßnahmen brauchen wir gar nicht zu reden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gartelgruber.)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Dr. Nach­baur. – Bitte.

 


12.16.57

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Meine Damen und Herren! Die ganze Welt spricht über Datenüberwachung, NSA-Praktiken und Abhöraktionen. Nur in Österreich spricht man eigentlich relativ wenig davon, kommt mir vor, zumindest von offizieller Seite. Insofern bedanke ich mich bei Minister Klug, der hier heute einige Fra­gen beantwortet hat. (Rufe: Nein! Das kann man wirklich nicht behaupten!)


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Es sind allerdings auch etliche offen geblieben. Ich möchte insbesondere wissen, wa­rum die Handlungen unserer Geheimdienste eigentlich nicht unter einer parlamentari­schen Kontrolle stehen, die auch tatsächlich gelebt wird. Meine Kollegen aus dem Ver­teidigungsausschuss sagen mir nämlich, dass sie, obwohl sie vereidigt sind und der völligen Schweigepflicht unterliegen, nie richtig Auskunft bekommen. Es ist ein wichti­ges Grundrecht in der Demokratie, dass man Antworten auf seine Fragen bekommt. (Beifall beim Team Stronach.)

Das zweite Thema, die Zusammenarbeit mit der NSA interessiert mich natürlich auch. Inwieweit zusammengearbeitet wird, wie breit der Fluss österreichischer Daten in die USA ist, darüber gehen die Einschätzungen weit auseinander. Uns allen ist klar, dass es mit der heutigen Technologie möglich ist, jegliche elektronische Kommunikation ab­zufangen. Das Ganze geschieht unter dem Titel „Terrorismusbekämpfung“.

Mein Kollege Vetter hat schon gesagt: Österreich ist keine Weltmacht. Umso interes­santer finde ich, warum und inwieweit die österreichische Bevölkerung abgehört und ausspioniert wird.

Die Bevölkerung hat einen Anspruch darauf, zu wissen, was die Verdachtsmomente gegen sie sind.

Die Kernaufgabe des Staates sehe ich darin, dass er unsere Freiheit gewährleistet. Staatliche Überwachung, Abhören von Regierungsvertretern und vor allem auch die verdachtsunabhängige Sammlung und Speicherung von Daten ist eine Bedrohung dieser Freiheit. Selbstverständlich braucht man auch Sicherheit. Freiheit und Sicherheit auszubalancieren, ist wichtig, das haben wir heute schon gehört, diese Balance ist je­doch ziemlich aus dem Gleichgewicht geraten.

In diesem Zusammenhang mache ich mir sehr große Sorgen wegen der Industrie- und Wirtschaftsspionage. Die spielt meiner Meinung nach eine sehr wesentliche Rolle und kann Milliardenschäden für unsere Unternehmer bedeuten. Ob die Unmengen an Da­ten, die die US-Geheimdienste sammeln, nicht auch für Wettbewerbsvorteile und Wett­bewerbsspionage eingesetzt werden, das wissen wir natürlich nicht sicher. Schon im Jahr 2000 hat der damalige CIA-Chef James Woolsey im „Wall Street Journal“ in seinem Artikel „Why We Spy on Our Allies“ Folgendes gesagt – ich sage es diesmal auf Deutsch, damit mich jeder versteht (allgemeine Heiterkeit) –:

Es ist richtig, dass manch europäische Technologie besser ist als die amerikanische Technologie, aber ich kann Ihnen versichern, diese Technologien sind sehr rar. Die meisten europäischen Technologien sind es gar nicht wert, dass wir sie stehlen.

Da bin ich mir jedoch nicht so sicher. Viele heimische Unternehmer denken anders; wir haben sehr viele Weltmarktführer in Österreich und allgemein in Europa. In dieser De­batte geht es also nicht nur um Sicherheitsinteressen, sondern auch um wirtschaftliche Interessen. Der faire Wettbewerb darf keinesfalls ausgehöhlt werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Es soll nach wie vor die Leistung den wirtschaftlichen Erfolg bestimmen und nicht un­lauterer Wettbewerb und Wirtschaftsspionage. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort ge­meldet. – Bitte. (Abg. Kickl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Alm –: Ohne Sieb?)

 


12.21.04

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS-LIF): „Ohne Sieb?“, höre ich. – Ja, das ist richtig. Und – liebe FPÖ, bitte weghören! –, mein Sieb befindet sich zurzeit im Jüdi-


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schen Museum in München auf einer Wanderausstellung. (Beifall bei NEOS-LIF. – Ruf bei der FPÖ: Warum sollen die Freiheitlichen da weghören?)

Was wir heute hier diskutieren, ist nur eine Facette der schrittweise Aushöhlung der Privatsphäre. Liebe Frau Minister, lieber Herr Minister! Es freut mich ja, dass Sie das Problem, dem wir uns gegenübersehen, auch erkannt haben. Sie haben wortreich er­klärt, was Sie alles tun, aber Sie haben ebenso beredt verschwiegen, was alles nicht getan wird, was Sie alles nicht wissen, und das erlaubt uns eben auch eine Form von Erkenntnis.

Ich möchte nicht den Vorwurf des Abgeordneten Pilz wiederholen, weil ich mir nicht den frühzeitigsten Ordnungsruf der Geschichte einhandeln will (Abg. Brosz: Das wäre tatsächlich Rekord!), aber es steht schon der Verdacht im Raum, dass nicht nur die Privatsphäre ausgehöhlt wird, sondern dass heftig an einem Loch gegraben wird, an einem „Privatsphäre-Loch“, das etwas übertünchen soll, das wir alle sehr hochhalten, und das ist eben diese Privatsphäre, dass da mehr gewusst als zugegeben wird.

Privatsphäre ist ein Grundrecht, auch wenn wir dieses Grundrecht manchmal selbst sehr untergraben, selbst aushöhlen. Wir tragen selbst auch unseren Teil dazu bei, Da­ten leichtfertig preiszugeben, aber das geschieht freiwillig. Wenn Sie, sehr geehrte Da­men und Herren, zu Hause vor den Fernsehschirmen sitzen oder vor dem TVthek-ORF-Livestream sitzen, dann weiß die NSA ganz genau, wo Sie sitzen, und dazu brau­chen wir nicht einmal eine NSA. Das bekommt man mit ganz geringem technologi­schen Know-how hin, auszuspionieren, wo Sie sich befinden.

Das mag ein Problem sein, aber diese Freiwilligkeit, mit der wir unsere Daten preisge­ben, darf nicht als Argument dafür herangezogen werden, diese Daten für andere Zwe­cke zu verwenden. Niemand hat durch diese Freiwilligkeit der Datenherausgabe das Recht erworben, das zu tun! Wir sprechen von Daten, die systematisch, ohne unsere Zustimmung über uns gesammelt werden, egal, ob es sich um Bewegungsdaten, Ver­bindungsdaten oder Kommunikationsinhalte handelt. Wir wissen nicht, von wem diese Daten ausspioniert werden. Wir werden überwacht, wir werden abgehört, unsere Daten werden ohne Anlass auf Vorrat gespeichert. Wenn wir das tolerieren, sind wir wirklich bald im Jahr 1984 nach der Orwell’schen Zeitrechnung.

Regierungen und Geheimdienste heben dieses Loch gemeinsam aus, in dem sie un­sere Privatsphäre versenken. Warum tun sie das? – Zur Terrorprävention, zur Präven­tion von Verbrechen. Wir haben uns einer evidenzbasierten Politik verschrieben, und wenn wir uns die Effektivität dieser Maßnahmen ansehen, müssen wir uns auch vor Augen führen, was der Kosten-Nutzen-Vergleich ergibt. Auf der einen Seite werden ganze Bevölkerungen unter Generalverdacht gestellt, auf der anderen Seite wird kaum jemand gefasst, außer ein paar kleinkriminelle Hendldiebe/Hendldiebinnen. Wer wird nicht erwischt? – Terroristen, der Terrorismus. Wer wurde auch nicht erwischt? – Der Staatsfeind Nummer eins. Da hatte die USA auf dem Serviertablett die Möglichkeit, ei­nen Staatsfeind zu fangen. Und was macht der? – Er setzt sich nach Russland ab!

Edward Snowden ist nach Russland geflüchtet. Er hat Licht in dieses Loch gebracht, und er hat zugleich auch die Untauglichkeit der Methoden vor Augen geführt, die diese Geheimdienste anwenden wollen. Anstatt eine ernsthafte Diskussion darüber zu füh­ren, Edward Snowden Asyl zu geben, bewegen wir uns hier auf einem Niveau, auf dem wir die basalen Anforderungen an Privatsphäre, den Schutz der Privatsphäre diskutie­ren. Asyl für Edward Snowden wäre ein wichtiges Signal, dass uns in Europa der Schutz der Privatsphäre wichtig ist! (Beifall bei NEOS-LIF und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und darum geht es! In der Privatsphäre formt sich Meinung, und speziell im politischen Bereich ist dieser Meinungsbildungsprozess zwangsweise durch Sichtweisen geprägt,


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die sich der Öffentlichkeit auch entziehen sollen. Und daher ist die Privatsphäre auch im Austausch von Information über Distanz geschützt. Ich rede vom Briefgeheimnis. Heutzutage würde man eher von einem Fernmeldegeheimnis oder Telekommunika­tionsgeheimnis sprechen.

Das sind Grundrechte, und mit diesen Grundrechten gehen wir nicht sorgsam um. Da­mit muss Schluss sein! Wir müssen das Briefgeheimnis ins 21. Jahrhundert bringen, wir müssen die Vorratsdatenspeicherung aussetzen, wir müssen Netzneutralität ge­setzlich garantieren, denn die Verletzung der Netzneutralität ist nichts anderes als mo­derne Zensur. Wir müssen unsere Bürgerinnen und Bürger vor der unbegründeten Überwachung durch Geheimdienste schützen. Das zählt zu den Aufgaben des Staates, denn sonst ist die Frage nicht mehr, was das Netz, was moderne Technologie zur De­mokratie beiträgt, sondern welche Rolle die Demokratie in überwachten Netzen über­haupt noch spielen kann.

Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Ich fordere Sie auf, wenn Sie es denn schon wissen: Legen Sie offen, wie die Vereinbarungen mit den Nachrichten­diensten wirklich aussehen, und lassen Sie das Parlament seine Kontrollfunktion er­füllen!

Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann haben Sie auch nichts zu befürchten! (Bei­fall bei NEOS-LIF und Grünen.)

12.26


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


12.26.42

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist eine sicher sehr heikle, auch sehr schwierig zu führende Diskussion, weil es nicht nur zu einer To­talvermischung aller Themen, die hier auf den Tisch liegen, kommt, sondern auch ganz bewusst ein politisches Spiel abläuft. Also ein internationales Problem jetzt so herun­terzubrechen, dass zwei Minister der österreichischen Bundesregierung daran schuld sind, also nein, das glaubt ja überhaupt niemand. Ich hoffe, dass wir uns wenigstens darin einig sind.

Wir haben uns natürlich durch die technische Entwicklung, die es auf der Welt gegeben hat, technisch dahin entwickelt, dass es nicht nur für die Geheimdienste dieser Welt sehr einfach ist, an Daten zu kommen, sondern parallel dazu diese Datenproblematik natürlich auch generell im wahrsten Sinn des Wortes aufgearbeitet werden muss, weil es strikt abzulehnen ist, dass flächendeckende Abhöraktionen stattfinden, egal, wel­che. Punkt! Ich denke, da sind sich alle einig. Mehr ist dazu, meine ich, nicht zu sagen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Dagegensein ist zu wenig!) – Das weiß ich schon. Horch mir zu, dann wirst auch du das wissen! (Abg. Dr. Pirklhuber: Darum geht es jetzt nicht!)

Allein, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das muss uns klar sein: Wo kommt denn die Hardware, die Elektronik her? Wo kommt die Software der heutigen Zeit her? All diese Fragen müssen, wenn wir es ernst nehmen, in unsere Überlegun­gen eingebunden werden. Wie sorglos die Bürgerinnen und Bürger nicht nur in Öster­reich, sondern weltweit freiwillig mit ihren eigenen Daten umgehen, das wissen wir nicht erst seit heute.

Wenn wir es auf die Geheimdienste herunterbrechen, müssen wir schon eines dazu sagen: Auch das ist sehr schwierig. Wir haben es schon in den Diskussionen bisher er­lebt, wie mühsam es ist, die Dinge auseinanderzuklamüsern und auseinanderzuhalten. Die positiven Leistungen der Geheimdienste – und damit sage ich jetzt nicht, dass ich


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diese Abhöraktionen gutheiße, ich habe das verurteilt –: Wir hätten keine/n einzige/n verletzte/n Österreicher oder Österreicherin, die Österreicherinnen und Österreicher, die im Ausland Geiseln waren, niemanden aus den Katastrophengebieten ohne Ge­heimdienst nachhause bekommen. (Abg. Dr. Hübner: Das geht nicht ohne NSA!?) Das sind die Einzigen, die die Logistik haben, die Einzigen, die das Wissen, das Know-how haben. Daher muss man immer aufpassen ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Und das bekom­men sie durch Abhören der österreichischen Bevölkerung?) – Nein, das habe ich nicht gesagt; ich habe eigens betont, dass ihr nicht immer gleich alles vermischen sollt.

Es ist schwierig, die Diskussion zu führen, wo der Nutzen für die Bürgerinnen und Bür­ger ist und wo der Nachteil. Das muss man auseinanderhalten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Also Totalüberwachung!) – Nein, das habe ich auch nicht gesagt. Hier wird allerdings immer gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Ich warne davor. Wir können es uns nicht so einfach machen und sagen, da sind zwei Minister, denen hauen wir ordentlich eine herunter, die sind schuld an dem, was in der internationalen Staatengemeinschaft passiert ist. (Abg. Kickl: Den Bericht wollten ja Sie haben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Wirklichkeit müssen wir eine ganz korrekte Diskussion – ich hoffe es zumindest – in der Zukunft zu diesem Thema führen. Es be­deutet, dass die internationale Diplomatie, die Außenpolitik generell gefordert sind. Die Staatengemeinschaft muss einmal den Datenschutz, so wie wir ihn uns vorstellen, im nationalen Recht und im europäischen Recht dementsprechend verankern.

Ich bin bei allen Kritikern, die fragen: Warum gehen wir als Einzelstaaten oder als Eu­ropäische Union jedes Mal, wenn man nur an die Flugdatengeschichte denkt, in die Knie? Warum? – Weil jeder kommod dorthin auf Urlaub fahren will oder seine Ge­schäftsverbindungen haben will. Ein Selbstbewusstsein, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir auch an den Tag legen. Ich glaube, hier sind wir gefordert, dass wir das, was den Datenschutzbereich auf nationaler und auf europäischer Ebene betrifft, im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ganz einfach entsprechend be­schleunigen und umsetzen.

Ich lade Sie dazu ein – ich hoffe, wir bringen heute noch einen Termin zustande –, dass wir den Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses so bald wie mög­lich einberufen. Ich habe jetzt einmal probiert, den 3. Dezember anzupeilen. Ich habe noch keine Zustimmung von den anderen Fraktionen. Versuchen wir, das alles in den zuständigen Ausschüssen zu diskutieren! Dort gehört es hin. (Abg. Kunasek: Aber mit Qualität!)

Versuchen wir gemeinsam, diese Themen wirklich sachlich zu diskutieren! Wo wir es brauchen, brauchen wir es. Was nicht sein darf, darf nicht sein. Ich glaube, dann haben wir eine seriöse und saubere Aufarbeitung dieser Thematiken. Vermeiden wir es doch, politisches Kleingeld zu schlagen, indem man jetzt zwei Minister mit Muss an den Pranger stellt! Das ist ein internationales Problem. Ich hoffe, wir werden unseren Bei­trag dazu leisten. Ich lade Sie dazu sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.

 


12.32.19

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Sehr verehrte Gäste! Wenn wir über Informationen, Daten, Nachrichtendienste dis­kutieren, dann wissen wir, das ist ein Thema, dem wir auf der einen Seite unaufgeregt entgegentreten sollten, aber das wir auch ganz konsequent betrachten sollten.


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Wie heute schon erwähnt wurde, es ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Staates, sich und seine Bürger umfassend gegen Angriffe jeglicher Art zu schützen und zu weh­ren. Das betrifft neben den militärischen und den inneren Sicherheitsbereichen vor al­lem auch die Abwehr von Terrorakten, den Schutz unserer Wirtschaft und der Wissen­schaft, die Absicherung der staatlichen Einrichtungen und der kritischen Infrastruktur. Insbesondere aber ist es natürlich auch Aufgabe eines Landes, sich gegen unerlaubte Datenspionage gegenüber seinen Bürgern zu schützen und zu wehren und weiters Schutz zu gewähren, wenn es um Staatsbürger geht, die im Auftrag des Landes welt­weit wichtige Aufgaben erledigen. Da denke ich vor allem an die Mitglieder des öster­reichischen Bundesheeres, wenn sie im Rahmen friedenssichernder Maßnahmen un­terwegs sind. Auch sie sollen geschützt werden.

Wie bereits gehört, haben wir drei staatliche Einrichtungen, die Informationen und Grundlagen dafür liefern, dass diese Aufgaben auch erfüllt und bewältigt werden kön­nen. Aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge, aufgrund der laufenden umfas­senden Erhebungen im internationalen Bereich und der Schwierigkeiten, wenn es um relevante Informationen geht, gilt es, auch die Zusammenarbeit mit Nachrichtendiens­ten oder Sicherheitseinrichtungen anderer Länder aufrechtzuerhalten und diese Arbeit auch konstruktiv zu führen. Das, denke ich, ist auch wichtig.

Das ist genau der Punkt, den wir diskutieren, wenn es Meldungen gibt, dass es viel­leicht Datenabflüsse gegeben hat, die nicht im Sinne unserer Kooperationsgrundlagen erfolgt sind. Das gilt es aufzuklären und das gilt es auch abzuklären, denn ich denke, das ist auch in Zukunft sehr wichtig für die konstruktive Zusammenarbeit und die Ver­trauensbasis mit befreundeten Staaten. Hier muss der Schnittpunkt sein: ein klares Ja zur Zusammenarbeit, um unser Land und die Menschen in diesem Land, auch wenn sie außerhalb unseres Staates unterwegs sind, zu schützen, aber ein klares Nein zum Ausspionieren unserer eigenen Daten und Einrichtungen, auch, wenn es um private Daten unserer Bürger geht, ohne Kooperationsauftrag mit unseren eigenen Sicher­heitseinrichtungen und ohne zu wissen, was mit diesen Daten passiert, wofür sie ver­wendet werden und ob das vielleicht an unserer Rechtsgrundlage vorbeigeht.

Ich meine, das ist die wichtige Aufgabe, auf die wir uns in Zukunft konzentrieren müs­sen, um dann wieder die Sicherheit unserer Menschen gewährleisten zu können und um das Vertrauen, das teilweise von Privatpersonen oder von öffentlichen Einrichtun­gen erschüttert wurde, wieder herzustellen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.35


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


12.35.42

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Höfinger, ich gebe dir recht, wenn du festhältst, wir sollten dieses Thema unaufgeregt behandeln, aber wir sollten dieses Thema auch inhaltlich behandeln. Ich sage das ganz offen und ich glaube, ich spre­che hier für einige Kollegen in diesem Saal in diesem Hohen Haus. Inhaltliches haben wir heute von dieser Bundesregierung und von den beiden zuständigen Ministern hier nicht gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister Klug, ich kann es Ihnen nicht ersparen, Sie darauf hinzuweisen, dass man hier schon die Möglichkeit hätte nutzen können, auch über inhaltliche The­men zu sprechen, und dass wir diese Sitzung heute auch nutzen können, um das The­ma parlamentarische Kontrolle ernsthaft anzusprechen und zu überlegen, ob wir hier als selbstbewusstes Hohes Haus nicht auch Hausaufgaben zu machen hätten. Darauf komme ich später noch zurück.


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Hingegen haben wir gelernt, dass wir Dienste haben, die auch mit ausländischen Diensten kooperieren und zusammenarbeiten. – Großartig! Ich glaube, das hat ja hier wirklich noch keiner gewusst. Das ist eine großartige Neuigkeit. Wir haben von Bun­desminister Klug gelernt, dass es notwendig ist, dass sich die Europäische Union ge­gen die großen Player zur Wehr setzt. Wir haben aber nicht gehört, wie das stattfinden soll, und wir haben auch nicht gehört, wie die Initiativen in Österreich im nationalen Parlament, aber auch jene von der Bundesregierung aussehen, um dieses Ziel zu er­reichen.

Wir hätten auch die Gelegenheit gehabt – und ich werde das, wie gesagt, auch tun –, über die Möglichkeiten zu diskutieren, die wir in den Unterausschüssen, in den Stän­digen Unterausschüssen, die sich mit diesem Thema befassen, haben.

Herr Bundesminister, da würde ich mir wünschen, diese aktuelle Diskussion auch dazu zu nutzen, um auch – das ist heute auch schon gekommen – die Qualität der Diskus­sion in diesen Gremien zu verbessern. Ich sage das ganz offen. Es muss unser Ziel als Parlamentarier sein, wenn wir Gremien zur Kontrolle unserer Dienste und auch zur Überprüfung der Zusammenarbeit mit anderen Diensten haben, diese Gremien auch ordentlich zu bedienen, inhaltlich dort alles zu besprechen und nicht Angst davor zu haben, dass man irgendwie Geheimnisse nach außen trägt. Übrigens, es sind nicht­öffentliche, also geheime Ausschüsse. Jeder Abgeordnete, der dort drinnen sitzt, hat auch Regeln einzuhalten.

Frau Bundesminister, Ihre Stellungnahme war eigentlich überhaupt die Beste, denn das Wort „NSA“ ist Ihnen nicht einmal über die Lippen gekommen. (Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner: Sie haben nicht zugehört!) Wir haben auch von Ihnen nichts da­rüber gehört, wie es mit dem Schutz der kritischen Infrastruktur ausschaut.

Herr Bundesminister Klug, wir haben erst vor wenigen Monaten – und deshalb möchte ich mir und unserer Fraktion von der Frau Abgeordneten Grossmann auch nicht unter­stellen lassen, politisches Kleingeld zu wechseln, denn die FPÖ tut dies im Bereich der Landesverteidigung nicht – eine Sicherheitsstrategie verabschiedet, nämlich SPÖ, ÖVP und FPÖ, in der auch die kritische Infrastruktur, wie Stromversorgung, Wasser­versorgung und dergleichen natürlich Thema sind.

Ich hätte mir heute erwartet, dass man dieses Thema hier einmal anspricht. Wie schaut es mit der kritischen Infrastruktur in Österreich aus? Wie gehen wir – Abgeordneter Pendl ist jetzt gerade nicht da, hat das aber richtig erkannt – mit der Software um, die wir als Republik Österreich im öffentlichen Bereich – ich schaue ganz bewusst auch den Außenminister an – eingesetzt haben, wenn wir heute in der Zeitung erfahren, dass wir NSA-nahe IT-Firmen im öffentlichen Bereich einsetzen? (Der Redner hält eine Kopie eines „Kurier“-Artikels mit dem Titel „NSA-nahe IT-Firma erhielt in Österreich Aufträge“ in die Höhe.)

Gut, vielleicht ist es heute für uns alle überraschend, aber welche Maßnahmen setzen wir, um das in Zukunft entsprechend zu verändern? Werden diese Firmen überprüft? Wenn ich lese, dass dieselbe IT-Firma, die für das Außenministerium tätig gewesen ist und auch Daten von Menschen gesammelt hat, jetzt auch wieder für das Projekt ELGA für den Hauptverband der Sozialversicherungsträger engagiert wird, dann frage ich mich, ob man dieses Thema wirklich ernst nimmt. Da würde ich mir den Appell des Ab­geordneten Pendl wirklich auch zu Herzen nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt unterschiedlichste Bereiche, die nicht in fünf Minuten hier, sondern die in den zuständigen Gremien anzusprechen sind.

Ich möchte nur noch ein Beispiel bringen, weil heute auch die Frage gekommen ist, wie es überhaupt mit dem Schutz unserer Daten ausschaut. Heute muss man kein Hacker sein oder irgendwelche Zusatzausbildungen haben. Man kann ohne umfassende Vor-


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kenntnisse Online-Screenshots von Kraftwerken, von Wasserversorgungseinrichtun­gen bekommen, weil es Suchmaschinen gibt, die diese Lücken finden. Fachzeitschrif­ten bezeichnen diese Suchmaschine – ich sage jetzt den Namen nicht – als Google für Hacker. (Der Redner hält eine Kopie eines Artikels in die Höhe.) Da muss man sich fra­gen, welche Maßnahmen wir als Republik setzen, welche Maßnahmen wir als Hohes Haus setzen und welche Maßnahmen wir hier in Zukunft setzen, um unsere Bürger in Österreich vor solchen Dingen zu schützen, aber auch um die Sicherheit der Republik Österreich und unserer Einrichtungen im In- und Ausland entsprechend zu gewährleis­ten. (Beifall bei der FPÖ.)

12.40


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


12.40.57

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Nur weil Sie nicht paranoid sind, heißt das noch lange nicht, dass Sie nicht verfolgt werden. – Über diesen Satz könnte man ja schmunzeln, wenn man ihn sickern lassen und verstanden hat, aber es ist ein Satz, der in den letzten Monaten, aber auch da­rüber hinaus natürlich an Ernst gewonnen hat durch die Ereignisse, die geschehen sind, durch die Enthüllungen des Herrn Edward Snowden. Es ist heute schon mehrfach angesprochen worden, dass ihm dafür größter Dank und Anerkennung gebührt, aber es gab weitere Ereignisse, die durch andere Personen offenkundig geworden sind.

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon sehr befremdlich, welche Vorstellung hier die zwei Noch-MinisterInnen der österreichischen Bundesregierung abliefern und wie sie dann auch noch Sekundanz seitens ihrer Parteien bekommen. Frau Kollegin Gross­mann und Herr Kollege Pendl sind jetzt nicht mehr da. Wenn sie hier in einer fast mit­leidsartigen Form erklären, dass doch die beiden Minister nicht an allem schuld sind, was auf dieser Welt passiert, dann muss ich ihnen sagen, ja, das wissen wir, aber sie versuchen ganz klar, davon abzulenken, dass sie hier in einer Funktion sind, nämlich als Innenministerin und als Verteidigungsminister, und in dieser Funktion bestimmte Aufgaben und Verantwortungen haben. Eine dieser Aufgaben und eine dieser Verant­wortungen ist, den im Parlament für diese Angelegenheiten eingerichteten Ausschüs­sen und Unterausschüssen die parlamentarische Kontrolle zu ermöglichen und nicht zu erschweren. Dieser Verantwortung sind sie bislang nicht nachgekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Was sie gemacht haben, ist, für die Abgeordneten dieses Hauses – ja, ein Drittel der Abgeordneten ist neu – fast eine Vorlesung, wie man sie in der Demokratiewerkstatt brauchen könnte, abzuhalten. Sie haben uns erklärt, wie sozusagen die Situation der österreichischen Geheimdienste ist. Da war auch für mich einiges Spannendes dabei, aber das erwarte ich nicht von einem Verteidigungsminister, das erwarte ich mir, wenn Sie in der Demokratiewerkstatt eingeladen sind, dass Sie das dann den Schülerinnen und Schülern dort erklären. Was wir heute von Ihnen erwartet haben, ist, dass Sie er­klären, warum Sie so zögerlich reagiert haben, was denn wirklich das Problem ist, hier mit dem zuständigen Unterausschuss die notwendigen Unterlagen auszutauschen und wirklich im gemeinsamen Akt in die Aufklärung zu gehen.

Da hat Kollege Steinhauser schon ganz klar gesagt, es geht um die Frage: Was hat bei der eigenen Spionageabwehr nicht funktioniert und wer trägt hier die politische Verant­wortung? Kollege Pilz hat gefragt: Was ist das mit diesen weißen Flecken auf den Ge­bäuden in Österreich, die auf den Exelberg und anderswo hin ausgerichtet sind? Wis­sen Sie davon? Was ist mit dem Beamten Ihres Ministeriums, Frau Ministerin, der Kin­der und Schüler dort abhält, Fotos zu machen? Warum macht er das? Was wissen Sie darüber, was in diesem Gebäude stattfindet? – Auf diese Fragen und auf viele mehr sind Sie Antworten schuldig geblieben.


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Aber das verwundert nicht weiter, denn Ihre Reaktion auf die Enthüllungen war ja von Beginn an eine sehr zögerliche, aber nicht nur Ihre, sondern auch die von anderen Staaten. Ich persönlich als Medienkonsumentin habe es dann schon befremdlich ge­funden, dass erst das abgehörte Handy von Frau Kanzlerin Merkel – in Deutschland nennt man diesen Fall ja Handy-Gate – dazu geführt hat, dass hier wirklich die ersten Schritte gesetzt wurden. Das wurde heute auch schon gesagt: Es geht nicht nur da­rum, ob die Handys von Regierungsmitgliedern und von PolitikerInnen überwacht wer­den, es geht um BürgerInnenrechte. Es geht um den Schutz der Privatsphäre von Bür­gerInnen.

Wenn man darüber nachdenkt, warum Sie sich so verhalten, dann muss man nur zirka eineinhalb Jahre zurückschauen. Da hat diese Bundesregierung die Vorratsdatenspei­cherung beschlossen. Wir haben uns damals gemeinsam mit der Zivilgesellschaft massiv dagegen gewehrt, weil es hier um Eingriffe in die Privatsphäre Einzelner geht, weil Sie hier präventiv E-Mail-Kontakte, Telefonkontakte sammeln, ohne irgendeinen konkreten Verdacht zu haben, um diese dann irgendwann einmal auswerten zu kön­nen.

Kollege Steinhauser hat eine Anfrage eingebracht. Sie haben damals argumentiert, wir brauchen das zur Terrorabwehr und Abwehr schwerer Verbrechen. Und was ist he­rausgekommen? – Überwiegend wird sie verwendet, um irgendwelche Diebstähle auf­zuklären. Das ist doch wie mit Kanonen auf Spatzen schießen, das steht doch in kei­nem Verhältnis. Da steht auf der einen Seite die sogenannte Terrorabwehr, die sich dann als Abwehr von Diebstählen herausstellt, auf der anderen Seite stehen seit Jahr­zehnten geschützte Rechte, die immer mehr ausgehöhlt werden.

Wenn sich dann heute Klubobmann Schieder und auch andere herstellen und Ben­jamin Franklin oder wen auch immer hier zitieren, dann hätte ich mir gewünscht, dass Sie in dieser Debatte schon bei der Vorratsdatenspeicherung eingestiegen wären. Das heißt, Sie wissen selber ganz genau (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen), dass Sie hier keine weiße Weste haben, weil auch Sie die Richtlinie der EU damals über­schießend ausgeführt haben.

In allen künftigen Debatten wünsche ich mir, dass Sie sich darauf besinnen, was Sie heute über Benjamin Franklin und vieles mehr gesagt haben, und auch wirklich im Sin­ne der Privatsphäre, der BürgerInnenrechte agieren. (Beifall bei den Grünen.)

12.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ha­gen. – Bitte.

 


12.46.49

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! „George Orwell beschrieb 1948 in seinem Roman ,1984‘ ein Szenario, in dem die Gesellschaft unter vollständige Überwachung durch die Behörden gestellt wird. Da­bei werden die Bürger vom so genannten ,Großen Bruder – Big Brother‘ bis in die in­timsten Bereiche ihres Lebens überwacht und ausspioniert. Dabei wird der Slogan ,Big Brother is watching you‘ allgegenwärtig ausgegeben.“ – Meine Damen und Herren! Das war der Beginn meiner Rede zur Dringlichen Anfrage betreffend NSA vom 5. Ju­li 2013, 16.08 Uhr bis 16.13 Uhr, in diesem Hohen Haus unter einem anderen National­rat. (Zwischenruf des Abg. Vilimsky.)

Meine Damen und Herren, es stellt sich nun die Frage, was sich in fast einem halben Jahr und nach einem Bundeskanzler-Faymann-Witz in dieser Sache getan hat. – Die genauen Antworten stehen aus. Wollen wir ein bisschen Licht ins Dunkel bringen? – Wir haben vorhin vom Herrn Bundesminister für Landesverteidigung gehört, dass wir drei Geheimdienste haben, und zwar zwei Inlandsgeheimdienste und einen Auslands-


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geheimdienst. (Abg. Pendl: Es gibt keine drei Geheimdienste!) – Das hat er gesagt. Wir haben den Heeres-Nachrichtendienst, der dem BVT, was man so von Insidern hört, auf den Füßen steht. Das heißt, hier gibt es immer wieder Überschneidungen, die teilweise zu großen Problemen führen. Das habe ich von Insidern. Da können Sie jetzt auch wieder nachforschen, wer mir das gesagt hat, als damals nach der Anbringung von Peilsendern, die nicht ganz SPG-konform war, das Gesetz anschließend auf meine Anregung hin geändert worden ist. In diesem Fall haben Sie nicht ausfindig machen können, woher ich die Information hatte. Ich werde es Ihnen diesmal auch nicht preis­geben. Aber sie stimmt, meine Damen und Herren. Die Problematik ist, dass wir einen roten und einen schwarzen Geheimdienst in diesem Staat haben. Das heißt, das Land ist in allen Bereichen zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt, auch im Geheimdienst­bereich.

Wenn ich noch einmal auf meinen angedeuteten Bundeskanzler-Witz betreffend die Ausspionierung durch Geheimdienste zurückkommen darf – ich weiß nicht, wer diesen Witz noch nicht kennt: Herr Bundeskanzler Faymann hat sich beim Herrn Obama be­treffend NSA beschwert, dass er der einzige Regierungschef ist, der nicht ausspioniert worden ist. – Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Faymann! Ich kann Ihnen versichern, Sie werden sicher ausspioniert, und zwar von den hauseigenen Geheim­diensten. Das kann ich Ihnen versichern.

Jetzt stellt sich mir schon die Frage – Sie haben das zwar anders gesehen –, warum wir zwei beziehungsweise drei Geheimdienste in Österreich brauchen, meine Damen und Herren, die sich gegenseitig bei der Arbeit behindern. Wäre ein Einziger nicht aus­reichend? (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Nein, nein!

Ja, Sie kennen sich aus beim Spionieren, das weiß ich. Aber der Punkt ist, dass hier meiner Ansicht nach die Hausaufgaben zu machen sind. Das heißt, diese Geheim­dienste gehören etwas durchleuchtet, und zwar in den richtigen Ausschüssen, wie das hier schon angesprochen worden ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich war selbst in einem dieser Unterausschüsse, die ja zur Geheimhaltung verpflichten, und weiß auch, dass von uns Abgeordneten davon nichts an die öffentliche Glocke gehängt worden ist und wir uns an diese Vorgabe gehalten haben.

Das Problem in diesen Ausschüssen ist immer, dass wir als Abgeordnete, als Kontroll­organ hier von der Regierung – wenn überhaupt – nur mangelhaft informiert und aufge­klärt werden. Meine Damen und Herren, das muss sich aufhören. Ich denke, dass hier einiges zu tun ist.

Wir werden sehen, wer die neue Bundesregierung stellt, aber ich möchte den zu­künftigen Ministern für diesen Bereich – wenn Sie, Herr Klug, es wieder sind oder Frau Mikl-Leitner – die Aufgabe mitgeben, hier einen anderen Stil walten zu lassen und uns als Kontrollorgan, als Volksvertreter in diesem Parlament korrekt und ausführlich zu informieren. Damit würden Sie, denke ich, der österreichischen Bevölkerung etwas Gu­tes tun. Sie sollten aber nicht unsere Daten, die Sie da ausspioniert haben, an fremde Länder weitergeben; das ist der falsche Weg. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Letzter in dieser Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


12.51.49

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Mitbürger auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehern! In Österreich gibt es keine Geheimdienste. So etwas gibt es nur bei den Großmächten. Die USA, die Russen haben Geheimdienste, und auch die


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ehemaligen Großmächte. Wir haben so etwas nicht! Wir haben Ämter. So, wie wir ein Sozialamt, ein Bauamt, ein Gemeindeamt haben (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Pilz), haben wir ein Heeres-Nachrichtenamt, ein Heeresabwehramt und ein Bundesamt für Verfassungsschutz.

Allein die Wortwahl oder auch die Wortänderung – früher hieß es ja Staatspolizei, und das klingt ein bisschen bedrohlich – zeugt von einem vielleicht gestörten Verhältnis zum Thema Nachrichten oder Nachrichtendienste oder vielleicht von einem Versuch, deren Aktivitäten zu verniedlichen; und das ist genauso schlimm.

In Wirklichkeit ist es doch so, dass für eine umfassende Sicherheitspolitik Diplomatie, Grenzschutz und innere Sicherheit nicht ausreichen. Natürlich braucht es auch eine militärische Kapazität als letztes Mittel, und natürlich braucht es auch nachrichten­dienstliche Aktivitäten – es wäre naiv, sich dem zu verschließen. Und natürlich arbeiten diese Dienste geheim, das liegt in der Natur der Sache. Aber wir brauchen sie zur Informationsbeschaffung, zur Analyse, auch im Sinne der Abwehr von Wirtschafts­spionage, wie einige Kollegen richtigerweise erwähnt haben.

Zur umfassenden Sicherheitspolitik gehört auch eine europäische Dimension. Und so gesehen: Selbstverständlich – Frau Ministerin, Sie haben es auch erwähnt –, auf uns allein gestellt, werden wir es nicht schaffen, es braucht eine Kooperation auf europäi­scher Ebene, es bedarf eines Austausches – manchmal sogar über Europa hinaus auch mit befreundeten Ländern, und die USA sind nun einmal ein befreundetes Land.

Aber diese Kooperation, diese Mitarbeit, dieser Austausch haben auch Grenzen. Und die Grenzen liegen dort, wo sich befreundete Länder nicht an die Abmachung halten, Herr Bundesminister, und vielleicht hinter ihrem Rücken die österreichischen Bürger massiv bespitzeln und nicht wie früher, noch zu Zeiten des Kalten Krieges, nur einen oder zwei ausspionieren oder einen Funkspruch abhören, sondern einfach durch Plug­gen eines zentralen Servers die Gesamtheit aller telefonischen oder E-Mail-Verbin­dungen des ganzen Landes abzapfen und irgendwo in der Wüste von Nevada zur spä­teren Verwendung abspeichern. Dort sind die Grenzen dann erreicht.

Die Grenzen sind auch dort erreicht, wo die eigenen Staatsbürger bespitzelt werden. Herr Bundesminister, Sie haben am Anfang versprochen, Sie würden Licht ins Dunkel bringen, aber ich muss sagen, ich tappe noch immer ziemlich im Dunkeln, vielleicht auch, weil ich neu hier im Haus bin – aber Sie haben einige Fragen nicht beantwortet.

Was ist der Umfang der Kooperation mit diesen Nachrichtendiensten, und zwar im In­land? Die Villa in Pötzleinsdorf wurde erwähnt. Ich erwähne auch die Abhörstation auf der Koralm. Sind dort nur österreichische Beamte oder Staatsbürger beschäftigt, oder haben auch andere, ausländische Staatsbürger, Zugang zu dieser Abhörstation? Um nur ein Beispiel zu nennen. Wie weit liegen diese Kooperationen zurück? Gehen sie noch immer auf einen Handschlag, ein Gentlemen’s Agreement aus dem Jahr 1955 zurück oder wurde hier weitergearbeitet? Ich habe das Gefühl – und ich glaube, das haben alle hier –, dass es da Versäumnisse gibt. Der Kalte Krieg ist längst vorbei, wir sind im 21. Jahrhundert, und die Art der Kooperation basiert noch immer auf einer Ab­machung, die auf den Staatsvertrag zurückzuführen ist.

Wer kooperiert noch mit uns? – Es ist immer nur die Rede von der NSA, aber es gibt noch andere ausländische Dienste.

Wir bekennen uns zu nachrichtendienstlichen Aktivitäten, befürworten grundsätzlich die Zusammenarbeit und sehen die Notwendigkeit der Vertraulichkeit, aber noch wichtiger als die Vertraulichkeit ist die parlamentarische Kontrolle.

Ich bin neu hier im Haus. In einigen Stunden wird sich der Verteidigungsausschuss konstituieren, ich werde daran teilnehmen, und ich hoffe, Herr Bundesminister, dass


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wir uns sehr bald im Ständigen Unterausschuss wieder treffen und dass Sie dort mit der Beantwortung meiner Fragen indirekt das Vertrauen wiederherstellen können bei den Bürgern und Bürgerinnen, dass es doch – trotz aller Vermutungen, trotz aller Hin­weise – mit rechten Dingen zugeht. – Danke vielmals. (Beifall bei NEOS-LIF.)

12.57


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe diese Debatte.

*****

Bevor wir zum 2. Punkt der Tagesordnung kommen, erlaube ich mir noch einen Hin­weis: Meine Damen und Herren, heute ist der Internationale Tag der Kinderrechte. Gestern Abend haben unsere drei VolksanwältInnen in der Volksanwaltschaft zu die­sem Anlass ein Buch präsentiert mit dem Titel „Junge Menschen und ihre Rechte“ von Gertrude Brinek – einer unserer VolksanwältInnen. Ich hatte die Ehre, unser Haus bei dieser Buchpräsentation zu vertreten.

Es müssten inzwischen alle von Ihnen ein Exemplar dieses Buches in ihrem Postfach haben. Ich darf Ihnen dieses Werk ans Herz legen – zur Lektüre und auch zur kriti­schen Reflexion. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS-LIF.)

12.58.072. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979, mit dem die Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Kon­sumentenschutzgesetz – KSchG), BGBl. Nr. 140/1979, geändert wird (8/A)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.58.39

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Im vorliegenden Antrag des Kollegen Hofer geht es darum, dass ein pflegekostenbezogener Regress gegenüber Angehörigen der zu pflegenden Personen unzulässig sein soll.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, es gibt in Österreich noch ein Bundesland – nämlich die Steiermark –, in dem der Pflegeregress gegenüber den Kindern nach wie vor besteht. Das ist insofern ein bisschen unangenehm, als es natürlich für die Betrof­fenen, also für die Angehörigen, vor allem die Kinder, oftmals zu enormen Kosten kommt. (Präsident Ing. Hofer übernimmt den Vorsitz.)

In der Steiermark sind derzeit über 5 000 Personen regresspflichtig, mit durchschnitt­lich 160 €. Das heißt, das sind für das steirische Budget Einnahmen von etwa einer halben Million €; also in Wirklichkeit das, was man einen Tropfen auf dem heißen Stein nennt. Für die Betroffenen, die das bezahlen müssen, ist das aber oft existenzbedro­hend. Für Familien mit Kindern, die das bezahlen müssen, ist das oft ein Überlebens­kampf.

Die Ungerechtigkeit in diesem Gesetz an und für sich ist, dass bei Menschen, die Kin­der haben, die Kinder herangezogen werden und bezahlen müssen, während kinder­lose Personen alles vom Staat, von der Gemeinde oder vom Land ersetzt bekommen.


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Sehen wir uns das jetzt an einem praktischen Beispiel an: Eine Frau, die ihr ganzes Leben lang Mutter war, die zwei oder drei Kinder großgezogen hat, auch auf vieles verzichtet hat, dadurch auch eine viel geringere Pension bezieht, die sich ihr Leben lang immer auch Sorgen um ihre Kinder gemacht hat, die schlaflose Nächte gehabt hat, wird dann im Alter zur Belastung für ihre Kinder, was ihr wiederum Sorgen bereitet. Und bei der Nachbarin, die möglicherweise die Ehefrau eines Generaldirektors war, kinderlos geblieben ist, eine sehr große Pension hat, steht der Staat zu 100 Prozent dafür ein. Das ist eine Ungerechtigkeit, die endlich beseitigt gehört! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Ing. Dietrich.)

Wir wissen ja, dass in der Steiermark vor der letzten Landtagswahl, nämlich im Jahr 2009, schon einmal der Pflegeregress abgeschafft wurde. Nachdem im Herbst 2010 die Wahl geschlagen war, wurde der Pflegeregress im Jahr 2011 jedoch neu eingeführt. Das heißt, es ist natürlich durchaus möglich, dass in der Steiermark demnächst wieder ein Wahlzuckerl präsentiert wird, das jedoch nach der nächsten Landtagswahl wieder zu­rückgenommen wird – und genau das gilt es zu verhindern. Wir wollen, dass die Men­schen in den Bundesländern in diesem Bereich Rechtssicherheit bekommen.

Schauen wir uns an, was lokale Politiker dazu gesagt haben. Die zuständige Landes­rätin Edlinger-Ploder spricht von einer „pädagogischen Maßnahme“. – Ja bitte, wem gegenüber möchte sie denn pädagogische Maßnahmen setzen? Den Angehörigen ge­genüber? 80 Prozent aller Pflegebedürftigen in der Steiermark werden zu Hause von Angehörigen gepflegt – und die anderen 20 Prozent, bei denen dies eben nicht möglich ist, möchte sie pädagogisch erziehen? Das ist doch eine Abgehobenheit sonderglei­chen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich denke, daher ist da jetzt auch der Bund gefordert, eine einheitliche Gesetzgebung zu schaffen, um das zu verbieten, und zwar ein für alle Mal, sodass auch wirklich Rechtssicherheit in allen Bundesländern gegeben ist, denn wir wissen, es kann immer wieder einmal in einem Bundesland zu einem Budgetloch kommen – da sind wir ja jetzt leidgeprüft; was der Bund kann, können die Länder schon lange –, und dann versucht man, sich Geld bei den Ärmsten und Schwächsten zu holen, weil das am einfachsten geht; das muss man ja auch sehen.

Die Leute, die pflegebedürftig sind, können sich nicht wehren, die haben keine Mög­lichkeit und auch keine Lobby, um sich da zu wehren.

Sozusagen als Reaktion auf die steirische Wahl – Sie alle, meine Damen und Herren, wissen, dass die beiden Partner der steirischen Reformregierung, nämlich die SPÖ und die ÖVP, in der Steiermark drastisch abgewählt worden sind und dass die Frei­heitliche Partei zur stärksten Partei gewählt worden ist – kam dann von Herrn Schüt­zenhöfer die Antwort: Die Steiermark hat jetzt deswegen so gewählt – nicht, weil viel­leicht diese Reformregierung nicht gut wäre, nein, sondern –, weil die Steirer so re­formverwöhnt sind und von der Bundesregierung enttäuscht waren und Reformen ein­fordern.

Ich nehme nur den allerletzten Ansatz: Ja, da mögen Sie recht haben, da mag Herr Schützenhöfer recht haben, Reformen von der Bundesregierung sind dringendst gefor­dert. In diesem Sinne würde ich meinen, dass man diese Ungerechtigkeit wirklich end­lich abstellt und dass man den Pflegeregress ein für alle Mal wirklich in allen Ländern streicht. Er ist ungerecht und er ist in Wirklichkeit etwas, was auch nicht mehr zeitkon­form und zeitgemäß ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)  

13.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 79

13.03.41

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, ich denke, der Antrag, den Sie eingebracht haben, ist durchaus diskussionswürdig, da bin ich ganz Ihrer Ansicht. Ich bin auch nicht glücklich mit dem Kinderregress in der Steiermark, keine Frage. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob diese bundeseinheitliche Regelung, die Sie angesprochen haben, tatsächlich über das Konsumentenschutzgesetz erfolgen kann oder ob man da nicht andere Wege finden muss. Ich meine das jetzt ganz ehrlich, das muss man einfach diskutieren.

Sie alle wissen ja, dass sich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, in dem das steirische Sozialhilfegesetz als verfassungskonform anerkannt wurde, auf das ABGB beruft, nämlich auf den ABGB-Grundsatz, wonach Kinder und Eltern gegenseitig unter­haltspflichtig sind. Darauf berufen sich der VfGH und auch das steirische Sozialhilfe­gesetz. Daher weiß ich nicht ganz genau, ob man über das Konsumentenschutzgesetz das ABGB, sage ich jetzt einmal, aushebeln kann, oder ob man nicht andere Wege fin­den muss, um eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen.

Ich bin überhaupt der Meinung, dass es gerade beim Regress im Pflegebereich viele Punkte gibt, die man sich anschauen muss. Sie wissen ganz sicher, Frau Kollegin Be­lakowitsch-Jenewein, und alle anderen auch, dass es in den Bundesländern bei der Pflege sehr wohl Regressarten gibt, die sehr unterschiedlich geregelt sind. Jeder greift auf das Erbe zurück, es ist nur ganz unterschiedlich geregelt, wie hoch der Vermö­gensschutz ist, wie lange man vorher übergeben muss, damit man nicht angegriffen werden kann. Es ist ja fast eine Wissenschaft, zu wissen, wann man ordentlich über­geben muss, damit man nicht zu Regresszahlungen herangezogen werden kann.

Ich denke, das sollten wir gemeinsam besprechen, denn wie Menschen die Pflege ihrer Eltern finanzieren können, sollte nicht davon abhängen, wo diese Menschen leben.

Noch einmal: Wir müssen einfach darüber diskutieren – es ist das jetzt die erste Le­sung, daher ein guter Anlass dazu –, ob das Konsumentenschutzgesetz das richtige Gesetz dafür ist – ich glaube es nicht – oder ob man nicht andere Wege finden muss, um – das wissen Sie auch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – diese Länderkom­petenz, die ja in der Pflege gegeben ist, tatsächlich zu einer Bundeskompetenz zu machen, wo es auch noch viele andere Möglichkeiten gäbe, über die man sprechen könnte.

Ich möchte nur noch eines ansprechen, weil das auch sehr unterschiedlich geregelt ist, nämlich wie Eltern für ihre minderjährigen oder volljährigen Kinder, die pflegebedürftig sind, herangezogen werden. Das ist auch ganz unterschiedlich. In manchen Ländern werden sie gar nicht herangezogen, in manchen Ländern müssen die Eltern zahlen, und zwar bis zum Lebensende der Kinder, wenn diese denn vor den Eltern versterben.

Es ist wirklich im Moment eine sehr undurchschaubare Regelung, über die man einfach diskutieren sollte. Ich bin gespannt auf die Diskussion, und ob es das richtige Gesetz ist, werden wir im Laufe der Diskussion noch sehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


13.06.30

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Abgeord­nete! Ja, wir sind wirklich bei einem ganz wichtigen Thema, das wir nicht ernst genug nehmen können, denn sehr viele ältere Menschen in Österreich machen sich große Sorgen darum, ob sie sich künftig die Pflege überhaupt leisten können.


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Derzeit hat die Bundesregierung 1 Milliarde € aus Budgetmitteln für den Pflegefonds zur Verfügung gestellt. Das heißt, die Pflege ist bis 2017 solide abgesichert. Ich glau­be, diesbezüglich braucht sich keiner Sorgen zu machen.

Natürlich braucht es Konzepte für eine längerfristige Absicherung der Pflege, da bin ich ganz bei Ihnen. Sicher kein Zukunftskonzept ist aus meiner Sicht der Kinderregress, denn den Kindern für die Pflege der Eltern in einem Heim in die Tasche zu greifen, das ist nicht gerecht und auch nicht zeitgemäß.

Übrigens: Die Abschaffung des Kinderregresses verlangt ja auch der überparteiliche Seniorenrat, der mehr als zwei Millionen Pensionisten vertritt.

Ganz konkret: Wie künftig, in den nächsten Jahrzehnten Pflege finanziert werden wird, das wird in den laufenden Koalitionsverhandlungen von ÖVP und SPÖ ein wichtiges Thema sein. Das heißt, wenn das neue Regierungsprogramm vorliegt, dann wissen wir, welche Weichen für eine leistbare Pflege in höchster Qualität für alle gestellt wer­den.

Eines ist mir noch wichtig zu sagen: Es gibt alle möglichen Prognosen, die von einer Kostenexplosion im Pflegebereich sprechen, von einer enormen Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen. Was wir sicher nicht brauchen, sind Alarmmeldungen, denn die Pro­gnosen sagen, dass es 2060 eine große Zahl von Pflegebedürftigen geben wird. Was mich jedoch daran stört, ist, dass man da mit Menschen rechnet, die heute 13 Jahre alt sind – denn wer im Jahr 2060 60 Jahre alt sein wird, der ist heute 13. Die können ihren Lebensstil noch verändern, also müssen wir ganz woanders ansetzen, und zwar bei der Prävention, bei der Gesundheitsvorsorge: gesundes Leben, gesunder Lebensstil in jedem Alter, bei den Jungen und natürlich auch bei den Älteren, denn man weiß ja auch aus vielen Studien, dass etwa Demenz durch gesunden Lebensstil vermieden oder weiter in die Zukunft geschoben werden kann.

Was ich damit sagen möchte: Wir haben zwei Ziele. Das erste Ziel ist, Pflegebedürf­tigkeit möglichst zu vermeiden, und das zweite Ziel ist, denjenigen, die trotzdem pflege­bedürftig werden, bestmögliche Hilfe angedeihen zu lassen.

Dieses Thema wird uns alle noch lange beschäftigen. Ich hoffe auf gute gemeinsame Lösungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


13.10.02

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Leider kein Minister – weder hinter mir auf der Regie­rungsbank, noch irgendwo in den Reihen der Abgeordneten. (Abg. Auer: Doch! Im Schnitt sind wir mindestens so viele wie ihr!) Wenn sich in Bezug auf dieses Thema alle so einig wären wie heute hier im Hohen Haus, dann hätten wir wahrscheinlich die­se riesige Ungerechtigkeit, nämlich den Pflegeregress in der Steiermark, schon abge­schafft.

Ich kann den Antrag der FPÖ – ungewöhnlich! – insofern inhaltlich voll und ganz un­terstützen. Was mir nicht klar ist (Zwischenruf bei der FPÖ) – ja, ungewöhnlich! –, aber wir werden ja jetzt im Zuge der ersten Lesung darüber diskutieren, ist, ob die Verfas­sung und vor allem der KonsumentInnenschutz da der richtige Zugang sind. Ich meine, dass man diese Ungerechtigkeit auch über andere Wege abstellen können muss.

Es ist eine riesige Ungerechtigkeit; Sie haben es schon erwähnt. Wie geht es einer jungen Familie mit zwei Kindern, deren Kinder schulpflichtig sind, die pubertierend sind,


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für die sie aufkommen müssen, die viel Geld brauchen, wenn sie auf der anderen Seite auch schon pflegebedürftige Eltern hat und volle Länge zahlen muss – bis zu 10 Pro­zent, wie wir auch schon von Ihnen gehört haben? Wie geht es diesen Leuten? Wie geht es einem Mann – ich habe von einem Mann in einer solchen Situation gehört –, der alimentepflichtig ist, wenn er dazu noch 10 Prozent für seinen pflegebedürftigen Vater im Heim zahlen muss und ihm auch noch das Weihnachtsgeld und seine Prämie für die letzten 25 Dienstjahre eingerechnet werden? Wie geht es diesen Leuten? (Abg. Mag. Schönegger schüttelt demonstrativ den Kopf.) Du brauchst nicht den Kopf zu schütteln!

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, und es ist auch ein Zeugnis davon, wie die Reformpart­ner – die sogenannten Reformpartner, deren Lack nach der letzten Wahl zumindest ein bisschen abgegangen ist – arbeiten. Wer letzte Woche oder vor zwei Wochen den ORF-Landesfunk Steiermark gesehen hat, der weiß: Da wurde eine „Report“-Sendung gestrichen, und zwar zugunsten der beiden Landeshauptleute, die sich da über ihre so­genannten Reformen ausbreiten konnten. (Abg. Mag. Kogler: Landeshauptleute-TV!)

Eine dieser sogenannten Reformen ist eine soziale Ungeheuerlichkeit: Die Steiermark ist das einzige Bundesland in Österreich, in dem es noch den Pflegeregress gibt. Dabei muss man auch noch erwähnen – Sie haben es schon erwähnt –, um wie viel Geld es geht. Es geht um 5,7 Millionen €, die sich das Land zurückholt, und zwar auf sehr un­gerechte Weise. Es ist nicht einzusehen, warum nur die Steirer und Steirerinnen dafür zahlen müssen, warum die Postleitzahl entscheidend dafür ist, ob man für seine pfle­gebedürftigen Eltern oder Angehörigen aufkommen muss oder nicht. Das ist eine Un­geheuerlichkeit! (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten von NEOS-LIF. Abg. Dr. Königsberger-Ludwig: Weil es eine Landessache ist, Frau Kollegin!)

Ich erwarte mir gerade von Ihnen von ÖVP und SPÖ, die das Christliche und Soziale beziehungsweise das Sozialdemokratische im Programm haben – in beiden Fällen das Soziale –, dass Sie da Druck ausüben. Ich erwarte mir das auch von unserem Mi­nister. Er ist jetzt leider nicht da; er war gerade vorher anwesend. Ich glaube auch, dass es andere rechtliche Möglichkeiten gibt als jene, die ganze Geschichte über die Verfassung aufzuziehen. Darüber können wir noch diskutieren.

Um noch einmal auf die Summe zurückzukommen. Es geht um 9 Millionen € beim Pfle­geregress. 5,7 Millionen war das Land Steiermark – so viel zu den Reformpartnern! –nicht in der Lage, sich vom Bund zurückzuholen, nämlich aus dem Bundespflegefonds, und zwar deshalb, weil ganz viele Maßnahmen verabsäumt wurden – Maßnahmen im Bereich Case-Management, im Bereich mobile Betreuung, also alles Maßnahmen, durch die man gleichzeitig sehr, sehr wichtige und gute Jobs im Sozialbereich schaffen müsste. So viel zu dem, was sogenannte Reformpartner unter sogenannten Refor­men verstehen. (Abg. Mag. Kogler: Weil sie nur die Großheime fördern! Dort sollen die Leute ...!) – So ist es. Die Reformpartner haben keine Absicht, da auch wirklich Refor­men zu setzen und sich entsprechend zu engagieren.

Ich erwarte mir von beiden Parteien, von beiden Seiten mehr Druck auf unsere Lan­desfürsten, wie wir sie mittlerweile nennen, die das Land offensichtlich nur durch die Scheiben ihrer Dienstwägen wahrnehmen. Ich habe den Eindruck, die Leute reden nicht mehr mit den Menschen im Land – jedenfalls nicht in der Steiermark. In der schon erwähnten Sendung im ORF-Landesfunk war ganz deutlich sichtbar, dass es einfach nur mehr darum geht, drüberzufahren und sogenannte Reformen durchzusetzen.

Ich erwarte mir, dass da mehr Druck gemacht wird. Ich möchte, dass der Herr Minister über den Verfassungsgerichtshof feststellen lässt, was da an Ungerechtigkeiten ge­schieht, und dass da bundesweit Druck ausgeübt wird.


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In folgendem Punkt bin ich bei Ihnen: Wir müssen auch eine bundesweite Regelung dafür finden. Das ist ein Riesenthema. Es geht um ganz viele Menschen in diesem Land, die betreut gehören, und wir beteiligen uns gerne daran, gemeinsame Lösungen zu finden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


13.15.17

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Danke schön und grüß Gott! Kein Wunder, dass die Leute in diesem Land keine Kinder mehr kriegen, wenn man sich anschaut, was sich in der Steiermark abspielt. (Abg. Bayr: Der moralische ... wird nicht erfüllt! Abg. Mag. Steßl: Ah, das ist der Herr Kollege!) Das ist Sippenhaftung in Reinkultur – zumindest in finanzieller Art und Weise. Da werden Familien bestraft, Familien, die kleine Kinder haben – wir haben jetzt schon Beispiele gehört –, werden bestraft. Sie müssen finanziell für ihre Altvorderen aufkommen, die sie aufgezogen haben. Denen fehlt das Geld hinten und vorne. Es wird auf die Schwächsten losgedroschen – in einem Land, das sich immer der großen sozialen Ge­rechtigkeit rühmt. Das ist bei uns in der Politik ein Schlagwort, „soziale Gerechtigkeit“. Ich sehe in der Steiermark: Wenn die Decke weggerissen wird und es ums blanke Geld geht, dann ist die soziale Gerechtigkeit weg – aus und vorbei! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Um aus diesem Dilemma herauszukommen, nämlich dass der Staat die Familien be­straft, dass der Bedarf von Pflegebedürftige über private Zuzahlungen finanziert wird, dass Pflegebedürftige überhaupt in Situationen geraten, in denen es ihnen gar nicht mehr gut geht und damit ihre Familien bestraft werden – nämlich finanziell –, muss man das Ganze auf Bundesebene heben. Es kann nicht sein, dass in einzelnen Bun­desländern Familien mit Kindern, Pflegebedürftige, Alte oder Kranke anders behandelt werden als in anderen Bundesländern. Das ist eines Staates wie Österreich unwürdig. (Beifall beim Team Stronach.)

Aus unserer Sicht, aus Sicht des Teams Stronach, ist es ganz, ganz wichtig, dass die Sozialfinanzierung und die Gesundheitsfinanzierung in Zukunft integrativ betrachtet werden. Es ist Aufgabe des Nationalrats und der Regierung, in Zukunft ein neues Mo­dell zu entwickeln, weg von den beitragsfinanzierten Systemen, weg von der Trennung der Sozialtöpfe und der Gesundheitstöpfe hin zu einem gemeinsamen integrierten Fi­nanzierungsmodell, in dem die Gesundheit und die Pflege zusammengeführt werden. Es kann nicht sein, dass das aus verschiedenen Töpfen bezahlt wird und dann ein­zelne Landesregierungen hergehen und sich das von den Privaten einfach so holen. Das ist aus meiner Sicht unzulässig. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir sehen das auch so, dass neben der Gewährleistung der äußeren und inneren Si­cherheit die Gewährleistung der Gesundheitsversorgung definitiv eine Staatsaufgabe ist. Die Grundversorgung des Einzelnen, die Grundversorgung des Bürgers hinsichtlich Pflege, hinsichtlich Gesundheit sollte der Staat übernehmen.

Wir müssen auch weg von diesem zersplitterten, föderalistischen, kammergesteuerten, selbstverwaltungsgemanagten, merkwürdigen, extrem teuren System hin zu einer zen­tralen – und mir ist dabei die Unterscheidung zwischen zentral und zentralistisch wich­tig – Steuerung der Grundversorgung der Österreicher. Nur das ist gerecht, nur das ist – ich mag das Wort nicht besonders – sozial gerecht: Wenn alle gleich behandelt werden, vom Staat und vom Gesetzgeber. (Beifall beim Team Stronach.)

In weiterer Folge ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir auch die privaten Räume öff­nen, nämlich dahin gehend, dass man nachdenkt, sich eine private Pflegeversicherung


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zu nehmen, sich auch als Einzelner überlegt, wenn man noch jung ist, in private Vor­sorgemodelle zu gehen und sich nicht alles vom Staat finanzieren zu lassen. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Diese beiden Punkte lassen sich sehr gut kombinieren, wenn wir in einer Republik von freien und denkenden Bürgern weiterleben wollen. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

13.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


13.18.37

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Man kann durchaus geteilter Meinung darüber sein, wie das Land Steier­mark diese Frage behandelt. Dennoch sehen wir den Antrag der Freiheitlichen einiger­maßen kritisch.

Die Materie ist Landessache, und genauso wie ich es kritisiere, wenn die Landtage sich stundenlang damit aufhalten, Bundesthemen zu diskutieren, was nicht ihr Thema wäre (Abg. Mölzer: Dafür werden sie nicht bezahlt!) genau, dafür werden sie nicht bezahlt, richtig –, so sollten wir auch nicht Ländersachen des Langen und Breiten durchdiskutieren, weil das nicht unser Job ist; dafür werden wiederum die Kollegen in den Bundesländern bezahlt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist keine Länder­sache!)

Ich finde es auch vom Zugang her schwierig, wenn wir sagen: Es gibt Bundesländer, die lösen das anders, als wir uns das im Nationalrat vorstellen, und dann meißeln wir das mit einer Verfassungsbestimmung so hin, dass sie das halt tun müssen.

Das ist für mich auch eine Frage dessen, wie man Föderalismus versteht. Wenn es Fö­deralismus gibt und man sagt, die Bundesländer dürfen das in ihrem Wirkungsbereich selber regeln, dann muss man auch damit leben, dass sie eine Materie anders regeln, als man das gerne hätte. Das ist eine Frage des Zugangs zum Föderalismus.

Zum Zweiten: Was hat diese Bestimmung im Konsumentenschutzgesetz verloren? Im Konsumentenschutzgesetz geht es nach meinem bescheidenen Verständnis darum, den Schwächeren vor dem Stärkeren insofern zu schützen, dass der, den wir für den Schwächeren halten, nicht mit einer versteckten Vertragsbestimmung übertölpelt wird. Es geht darum, dass wir dafür sorgen, dass niemand AGB missbräuchlich zu seinen ei­genen Gunsten nutzt. – Darum geht es aber beim vorliegenden Thema nicht. Sie ha­ben versucht, das irgendwo bei den Heimen unterzubringen, aber es passt wirklich nur scheinbar dorthin. Tatsächlich gehört es dort nicht hin.

Grundsätzlich begrüßen wir von NEOS den Zugang der Bundesländer, sich um ihre Finanzen selber zu kümmern. Wer Geld ausgibt, soll es auch selber einnehmen. Ich finde das besser, als wenn die Bundesländerfürsten nach Wien pilgern und versuchen, der Bundesregierung Geld abzupressen, das dann in weiterer Folge wieder der Bun­desgesetzgeber dem Staatsbürger abpressen muss.

Ich möchte diejenigen Redner unterstützen, die gesagt haben, ja, das Thema Pflege und Pflegefinanzierung ist ein großes. Ich gebe mich nicht damit zufrieden, Frau Ab­geordnete Aubauer, wenn das bis 2017 unter Dach und Fach ist. Das ist ein bisschen kurzfristig, jedenfalls für meine Generation – und für Ihre auch. Da müssen wir etwas Längerfristiges finden, und daran müssen wir arbeiten, aber nicht, indem wir dem Fö­deralismus mit einer Keule eine Gerade ins Gesicht geben. – Danke schön. (Beifall bei NEOS-LIF.)

13.21

13.21.30

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 84

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 8/A dem Budgetausschuss zu.

13.21.503. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichs­gesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2013, ge­ändert wird (9/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


13.22.12

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Wenn wir heute schon den Tag der Kinderrechte haben, dann ist das, glaube ich, ein ganz besonderer Antrag, in dem es darum geht, dass die Familienbeihilfe jährlich valorisiert wird.

Die derzeitige Situation ist folgende: Die Familienbeihilfe wurde 2002 schon einmal an­gehoben und valorisiert. Wir haben einen tatsächlichen Wertverlust von 25 Prozent zu verzeichnen, und es wird nicht einmal annähernd daran gedacht, da eine Inflationsan­passung vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, der Sparmeister in Österreich sind die Familien. Wen trifft es immer wieder bei den verschiedenen Sparvarianten? – Die Familien! Wenn es aber um automatische Valorisierungen, um Anhebungen der Gebühren geht, dann sieht es anders aus. Gerade jetzt wird in den Gemeinden überall das Budget beschlossen. Was geschieht denn da? – Na logischerweise wird dort automatisch valorisiert! Es werden die Gebühren für Kanal, Wasser, Strom und so weiter valorisiert, aber Familien werden nicht unterstützt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß schon, Sie sagen, das sind Gebühren. Trotz allem gehen sie zulasten der Familien. Wer zahlt das? Die Familien zahlen das! Es werden aber die Familien nicht unterstützt und es werden den Familien die entsprechenden Wertanpassungen nicht gegeben.

In der Zeitung „heute“ steht, dass seit Einführung der Kinderbeihilfe 31 Prozent an Wertverlust erfolgt ist. Meine Damen und Herren, und da reden wir hier davon, dass wir am Tag der Kinderrechte für die Familien etwas tun wollen – und keiner tut etwas? Ha­ben Sie gelesen? Auch der Familienbund unterstützt die Inflationsanpassung, die Wert­anpassung der Familienbeihilfe! Und hier im Hohen Haus? Ich bin neugierig, ob die ÖVP diesem Antrag zustimmen wird, dass eine Valorisierung erfolgen soll. – Ich fürch­te: Natürlich nicht!

Was haben wir noch? Die öffentlichen Verkehrsmittel erhöhen die Preise für Fahrschei­ne. In Wien zum Beispiel erfolgt eine Erhöhung von 1,80 € auf 2,20 €. Das sind 5 Pro­zent pro Jahr. (Abg. Lueger: Für einen Fahrschein für die Straßenbahn, aber mit der Jahreskarte zahlen Sie 1 € pro Tag!) Wer fährt denn mit der Straßenbahn? – Auch Fa­milien. Na wen trifft es? – Natürlich die Familien!

Oder: Heute im Radio ist zum Beispiel gefragt worden, warum so viele Familien nicht mehr auf Schiurlaub fahren, warum sich Familien den Schiurlaub nicht leisten kön­nen. – Weil die Liftkarten teurer werden! Der Urlaub wird teurer. Vom letzten Jahr auf heuer ist eine Anhebung von 3 Prozent erfolgt. Warum können sich die Familien das nicht leisten? – Weil dort die Preise erhöht werden! Wenn es aber darum geht, dass etwas zugunsten unserer Familien gemacht wird, dann geschieht gar nichts. Es wird


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die Familienbeihilfe nicht valorisiert, nicht einmal angedacht wird das. Es werden die Dinge verschoben und auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verlegt, man hofft, dass irgend­wann einmal darauf vergessen wird – und es geschieht gar nichts.

Sie haben gesagt, der Familienlastenausgleichsfonds wird entrümpelt und dadurch kann dann mehr für die Familien getan werden. – Stimmt ja auch nicht! Minister Mitter­lehner, der natürlich nicht mehr zuständig sein wird, schätze ich, hat in einem Ge­spräch gesagt, natürlich gehören die Familien wieder mehr bedacht, natürlich gehören die Familienförderungen auch valorisiert. Im gleichen Atemzug heißt es aber, vor 2018, 2019 kann nichts geschehen. Was heißt das? Und jetzt haben wir gehört, im Augen­blick kann es nicht geschehen, weil wir ein Budgetloch oder ein Auseinanderklaffen von Ein- und Ausgaben haben – was auch immer das bedeuten soll, ein Loch ist je­denfalls da.

Jetzt heißt es: Wir hätten es eh gemacht, aber es geht doch nicht. Ich denke, wir müs­sen einmal den Wert der Familie, die Frage, was uns die Familie wert ist, ganz anders betrachten. Wir müssen den Wert der Familie hochhalten und uns überlegen: Was ist uns die Familie wert? Wer gehört unterstützt? – Es gehören die Familien unterstützt und es gehören die Kinder unterstützt! Das ist unsere Zukunft, meine Damen und Her­ren – und nicht Einsparungen und nicht alle möglichen anderen Ausreden, warum wir die Familien nicht fördern können.

Wir müssen anders verteilen und uns fragen: Wo fangen wir mit der Verteilung des Budgets an? Wo geben wir mehr in einen Topf hinein? Es ist eben immer der Topf für die Familien, der ausgehöhlt wird, wo nichts passiert. Da müssen wir ansetzen! Gerade am Tag der Kinderrechte hoffe ich doch, dass Sie endlich einmal beginnen, ein Um­denken zumindest in Betracht zu ziehen und darangehen, die Familien zu unterstützen, die Familienbeihilfe zumindest jährlich zu valorisieren, denn wenn das schon nicht ge­schieht, dann sind die Familien bei dieser Regierung, wie wir wissen, schlecht aufge­hoben und schlecht beraten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten von Team Stronach und NEOS-LIF.)

13.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


13.27.17

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuhörerInnen auf der Galerie! Frau Kollegin Kitzmüller, ich glaube nicht, dass die Familien diejenigen sind, die sich einen Fahrschein in der Straßenbahn selbst kaufen, denn sehr, sehr viele haben in Wien eine Jahreskarte und können um einen Euro pro Tag alle Verkehrsmittel nützen. Ich denke, dass das ein wesentlicher Beitrag ist. (Iro­nische Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Na dann brauchen wir ja die Familienbeihilfe eh nicht zu erhöhen! Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wie sieht denn das mit dem Wasserpreis in Wien aus? Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber bevor ich jetzt zum Thema Familienbeihilfe komme: Dieser Antrag, dass die Fa­milienbeihilfe jährlich valorisiert gehört, ist ja inhaltlich nicht das erste Mal gestellt worden, sondern den haben wir im Familienausschuss in der letzten Legislaturperiode schon öfters diskutiert. Nichtsdestotrotz müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass bei den finanziellen Auszahlungen für die Familien Österreich im Ranking der EU sehr, sehr weit vorne ist. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Also die monetären Leis­tungen sind im europäischen Ranking, auch wenn Sie sich jetzt aufregen, sehr hoch.

Daher legen wir den Fokus nicht nur auf die Familienbeihilfe, sondern auf Geldleistung, Sachleistung und Betreuung. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Es passiert aber nichts!) Das sind drei wichtige Komponenten, die einander ergänzen, und da kann man nicht eines alleine herausnehmen und diskutieren.


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Die Hälfte des Volumens, das wir im Familienlastenausgleichsfonds haben, macht al­leine die Auszahlung der Familienbeihilfe aus. Ich gebe Ihnen schon recht, das der­zeitige Modell der Familienbeihilfe ist schwierig, weil es ganz einfach intransparent ist, weil es aus Absetzbeträgen und aus Fixbeträgen besteht, und daher wird es für die Menschen auch unübersichtlich.

Im Jahre 1955, als die Familienbeihilfe geschaffen wurde, war sie noch nicht so kompli­ziert. Sie ist dann auch öfters verändert worden, aber ich gebe Ihnen in einem recht: Seit 1996 ist sie nicht erheblich verändert worden, was jetzt einmal den Betrag betrifft. Daher gibt es jetzt aber auch seitens der Regierungsfraktionen mehrere Ideen und mehrere Positionen, die auf dem Tisch liegen und die ganz einfach diskutiert gehören. Ich wollte Ihnen ganz einfach noch einmal unsere Position, die wir als Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemokraten haben, präsentieren.

Zwei Drittel der Kinder haben nichts von den Absetzbeträgen, die es jetzt gibt, denn es ist in den Beantwortungen diesbezüglicher Anfragen nachgewiesen worden, dass die­se nicht abgeholt werden. Und mit diesem Betrag, der da jetzt nicht abgeholt wird von Eltern, die keinen Absetzbetrag geltend machen können, weil sie ganz einfach zu we­nig verdienen und weil sie nichts absetzen können, könnten wir die Familienbeihilfe an­ders aufstellen. Dazu hat Familienministerin  – Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wir haben gar keine Familienministerin in der Republik! Die Familien sind ja nicht wichtig!) – ich habe mich schon korrigiert, dan­ke für Ihre Wortspende – sich ein Modell überlegt. Und zwar soll dieses Modell folgen­dermaßen lauten: dass man dieses Geld von den Absetzbeträgen hernimmt und eine eindeutige Anhebung der Familienbeihilfe, der Kinderbeihilfe für die Familien macht (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und warum passiert es nicht?), dass man diese also erhöht und weggeht von den Absetzbeträgen, sodass das einerseits für die Men­schen transparent wird.

Nichtsdestotrotz bleibt dann noch ein Betrag über für das andere Modul, das man ebenfalls braucht, nämlich für die Unterbringung der Kinder, wenn man berufstätig ist, sprich für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Da sind aber dann auch alle dabei, von den Tagesmüttern bis hin zum Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Und meines Erachtens ist da auch noch die Wirtschaft gefordert, dass sie die wirt­schaftliche Zurverfügungstellung von Kindergarteneinrichtungen auch innerhalb der Betriebe gewährleistet. Auch das ist ein wichtiger Aspekt.

Wenn das ein Vorschlag ist, der auch für Sie diskussionswürdig wäre, dann diskutieren wir das doch ganz einfach im nächsten Familienausschuss. Es wäre ein aufkommens­neutrales Modell, wo ich sage: Weg mit den Absetzbeträgen, rein in die Familienbeihil­fe, daher dort eine Anhebung. Und da wäre auch noch die Erhöhung für behinderte Kinder drinnen – die sicherlich jeden Cent brauchen, da gebe ich Ihnen zu 100 Prozent recht – und auch noch eine Erhöhung für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher.

Das wäre das Modell, das wir andenken. Das wäre sicherlich diskussionswürdig. Wir müssen eine Variante finden, und wir werden dieses Thema im Rahmen des Budgets, das sich uns dann darstellt, auch diskutieren und verhandeln müssen, im Sinne der Fa­milien. (Beifall bei der SPÖ.)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


13.32.14

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der von Frau Kollegin Kitz-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 87

müller hier eingebracht wurde, entspricht in Teilen dem Familienpaket, das die Regie­rung vor dem Sommer im Ministerrat auch schon abgesegnet hat.

Warum sich unser Regierungspartner von diesem Paket, das wir uns zugegebener­maßen wahrscheinlich in der nächsten Zeit ziemlich schwer werden leisten können, verabschiedet hat und die Frauenministerin – ich glaube, das war ein Freud’scher Versprecher oder ein „Wunschversprecher“ von Ihnen, Frau Kollegin Lueger, als Sie die Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek als Familienministerin bezeichnet haben – dieses Paket vorgeschlagen hat, das Sie da heute vorgestellt haben, weiß ich nicht. Wir von der ÖVP können damit überhaupt nichts anfangen.

Erstens: Sie haben den Kinderabsetzbetrag genannt. Der wird mit der Familienbeihilfe ausgezahlt. Also da haben Sie sich schon einmal geirrt.

Zweitens: die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. Diese ist uns wichtig, denn das zeugt von Wahlfreiheit für die Familien, dass sie sich auch aussuchen können, was sie mit den Kindern in den Ferien unternehmen wollen.

Und drittens möchte ich zum Antrag von Frau Kollegin Kitzmüller sagen, dass es uns sehr wichtig ist, dass die Familienbeihilfe in Zukunft valorisiert wird. (Abg. Steinbich­ler: Und 15 Jahre war es das nicht?) Aber zusätzlich ist es uns auch wichtig, dass wir die Familienbeihilfe reformieren, die derzeit in fünf verschiedenen Stufen ausbezahlt wird, wobei eben auch ein Kinderabsetzbetrag noch zusätzlich ausbezahlt wird, was für die Bürgerinnen und Bürger, für die Familien sehr, sehr verwirrend ist. Fragen Sie heute einmal auf der Straße eine Mutter, einen Vater mit einem 10-jährigen und einem 15-jährigen Kind: Wie hoch ist die Familienbeihilfe im Monat? – Die Leute werden es Ihnen nicht sagen können. (Abg. Steinbichler: Weil sie so bedeutungslos ist!) Daher sind wir auch der Meinung, dass es hier in drei Stufen eine Reform geben muss.

Sie wissen aber auch ganz genau, dass wir seitens der ÖVP auch noch andere Maß­nahmen andenken, wenn wir uns in naher Zukunft, so hoffe ich, in der nächsten oder in dieser Legislaturperiode auch eine Steuerreform leisten können, dass wir nämlich auch eine Möglichkeit schaffen, dass Familien mit Kindern weniger Steuern bezahlen, weil wir der Meinung sind, dass gerade die Familien sehr viel und sehr hohe Beträge in den Steuertopf einbezahlen, und die sollen davon auch etwas haben.

Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung, Frau Kollegin Kitzmüller. Ich glaube nur ganz einfach, dass wir erstens einmal zu dem Zeitpunkt, zu dem das jetzt besprochen wird, nicht wissen, worauf sich die Regierungspartner tatsächlich einigen werden. Ich hoffe, das sage ich Ihnen hier ganz offen, dass wir uns jedenfalls in absehbarer Zukunft auf ein Familienpaket einigen werden, das auch die Valorisierung der Familienbeihilfe mit einschließt, aber auch eine Vereinfachung der Stufen, sodass die Familien sich auch auskennen und damit auch rechnen können.

Was ich wirklich nicht verstehe, Frau Kollegin Lueger: dass Sie immer nur darauf drän­gen, dass beispielsweise auch Alleinerzieher zusätzlich gefördert werden. Das ist auch letztes Mal in einer Diskussion in der Arbeiterkammer schon gesagt worden. Ich möch­te schon eines betonen: dass wir die Väter, die in einem hohen Ausmaß Alimenta­tionszahlungen leisten, nie derart groß hier auch in die Debatte mit einschließen, son­dern dass wir immer nur davon sprechen, dass AlleinerzieherInnen insgesamt benach­teiligt sind. Ich glaube, wir müssen hier schauen, welche AlleinerzieherInnen wirklich in Geldnöten und armutsgefährdet sind und welche nicht.

Ich glaube, auch das wird in der nächsten Legislaturperiode doch ein bisschen ein Um­denken in der Diskussion sein, die wir im Familienbereich führen sollten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.36



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 88

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Musiol. Ich erteile es ihr.

 


13.36.11

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Tamandl, ich dachte ja, Sie wären Teil einer Fraktion, die gerade Regierungs­verhandlungen führt. Insofern gehe ich davon aus, dass auch der Klub und die hier anwesenden Personen Einfluss nehmen können darauf, was da sozusagen als Ziel aufgestellt wird und was dann auch vereinbart wird.

Das Traurige ist doch, dass ich meine Rede, die ich heute hier halte, eigentlich im Juni schon vorbereiten hätte können, nämlich damals, als Sie diesen Ministerratsbeschluss gefasst haben, weil irgendwie klar war, es wird da wieder irgendeine Kehrtwende kommen – und wie das Amen im Gebet kommt sie auch. Es ist dann schon spannend, wie Sie hier die Geschichte zurechtrücken.

Wenn Sie, Frau Kollegin Lueger, die Absetzbarkeit und all diese sozusagen steuerli­chen Errungenschaften des sogenannten Familienentlastungspakets von 2009 hier kritisieren, dann bin ich ja inhaltlich voll bei Ihnen, das wissen Sie. Wir haben das damals schon kritisiert. Nur: Sie haben es schon auch mitgetragen, und es wird jetzt auch Ihre Verantwortung sein, diese Geschichte wieder zurückzunehmen. Natürlich ist es so, dass es eine Frage der Perspektive ist, ob man dieses Steuerpaket als positiv oder negativ betrachtet. Die ÖVP hat noch immer nicht gelernt, dass es eben nicht nur Familien gibt, die ein mittleres bis gutes Einkommen haben und daher steuerpflichtig sind und von Absetzbeträgen profitieren können, sondern dass es eine ganz große Anzahl von Familien gibt – und zwar unterschiedlicher Art: Alleinerzieher-Familien, Fa­milien mit gleichgeschlechtlichen Partnern, Patchwork-Familien, Vater-Mutter-Kind-Fa­milien, solche mit mehreren Kindern, Einzelkindfamilien –, die eben nicht alle so viel verdienen, dass sie von diesen sogenannten Errungenschaften, die Sie damals 2009 gemeinsam beschlossen haben, profitieren können.

Wir sehen, wozu das geführt hat: Wir haben am Anfang der Legislaturperiode schon über Kinderarmut gesprochen, und wir müssen am Ende der Legislaturperiode wieder über Kinderarmut sprechen, und zwar nicht über sinkende Zahlen und über gelungene Maßnahmen, sondern darüber, dass es noch immer nicht gelungen ist, Armut von Kin­dern, von Familien, von Jugendlichen in Österreich hintanzuhalten.

Das ist das Ergebnis Ihrer Regierungspolitik der letzten fünf Jahre, und es ist schön, wenn Sie jetzt vorhaben, hier Änderungen vorzunehmen. Nur: Das hätten wir die letz­ten fünf Jahre machen können!

Kollegin Kitzmüller, sollte dieser Antrag jemals zur Abstimmung kommen – das wissen wir ja nie in diesem Haus, weil Anträge ja regelmäßig vertagt werden –, dann werden wir diesem Antrag zustimmen, weil auch wir der Meinung sind, dass es nicht angeht, dass diese Familienleistung, die Familienbeihilfe schon seit ewigen Zeiten nicht ange­passt worden ist, während das bei anderen Leistungen selbstverständlich passiert, wo­zu wir ja auch stehen.

Aber wir werden noch heute die Gelegenheit dazu geben, dass Sie zustimmen oder ablehnen, denn wir wollen das nicht einfach so hinnehmen, dass Sie im Juni etwas beschließen – in dem Fall im Ministerrat und nicht im Parlament – und dann, sobald so­zusagen erste verfehlte Finanzplanungen offenkundig werden, die Familien die Ersten sind, die dran glauben müssen, weil dann gleich einmal die beschlossene Familienleis­tung abgesagt wird. Deswegen bringt Kollege Rossmann dann bei der Dringlichen, wo dies möglich ist, auch einen Antrag dazu ein, bei dessen Abstimmung Sie die Mög­lichkeit haben werden, bei Ihrem Beschluss vom 17. Juni zu bleiben. Wir werden se­hen, wie Sie sich da verhalten.


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Ja, es liegen viele Modelle seit langer Zeit auf dem Tisch von Kollegin Heinisch-Ho­sek – Modelle von der Industriellenvereinigung, von der Arbeiterkammer, von den Grü­nen, von der FPÖ, vom noch amtierenden Familienminister Mitterlehner. Aber das hilft uns nichts, wenn wir seit Jahren über Modelle reden. Setzen wir sie doch endlich um!

Aus unserer Sicht muss ein wichtiges Kriterium von Familienleistungen sein, dass es eine gute, ausgewogene Mischung von Geldleistungen und Sachleistungen ist, kein Entweder-oder, sondern Geldleistungen und Sachleistungen, denn Familien brauchen sozusagen das Geld, um auch in ihrer Autonomie entscheiden zu können, was sie da­mit machen, aber sie brauchen natürlich auch die Unterstützung in Form von Kinder­betreuung, Nachmittagsbetreuung und vielem mehr. Und es geht nicht an, dass wir das verschleppen, nur weil, wie bei der Bildungspolitik insgesamt, irgendwelche ideologi­schen Schranken oder irgendwelche Copyrights von irgendwelchen Modellen dann ge­meinsamen Einigungen im Weg stehen.

Insofern appelliere ich an Sie: Bitte schauen wir darauf, dass wir nicht wieder am Ende der Legislaturperiode irgendeinen Beschluss im Ministerrat zustande bringen – in dem Fall Sie, nicht wir –, der dann wieder nicht im Parlament beschlossen wird, sondern sorgen wir dafür, dass Familien bald die Möglichkeit haben, ein auch wirklich leistbares Leben zu leben, und sich nicht tagtäglich überlegen müssen: Können wir uns die Woh­nung noch leisten? Können wir uns die Bildungsausgaben noch leisten? Können wir uns Heizung und vieles mehr leisten?

Das Thema Familienbeihilfe ist ja ein Thema nicht nur für Familien, sondern das betrifft ja auch junge Menschen und vor allem auch die Studierenden. Da geht es um eine ganz große Gruppe, die ohnedies in prekären Situationen ist, denen man im Juni etwas angekündigt hat und die man jetzt wieder im Regen stehen lässt. Und das werden wir sicher nicht schweigend hinnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


13.41.39

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher an den Fernsehgeräten und hier im Saal! In manchen Punkten, Frau Kollegin, kann ich Ihnen beipflichten – über die gleichgeschlechtliche Familie müssen wir uns noch einmal unterhalten. Aber dass die Familie bei Weitem die wichtigste Zelle des Staates ist, ich glaube, das ist unum­stritten.

Ich darf in aller Deutlichkeit sagen, ich war begeistert, wie bei den Diskussionen in der Vorwahlzeit auf die Bedeutung der Familie hingewiesen wurde, wie auf die notwen­digen Verbesserungen für die Familien hingewiesen wurde – wahrscheinlich hat man da ein bisschen Wähler zusammengezählt. Ich war nicht so begeistert, als diese Wo­che dann im Zuge der Berichterstattung über die bei den Regierungsverhandlungen geplanten Einsparungen bereits wieder die Familie erwähnt wurde.

Ich glaube, so kann es nicht sein, denn bei den Familien zu sparen, das heißt, die Aus­dünnung des ländlichen Raumes weiter fortzusetzen, die Ausdünnung der funktionie­renden Wirtschaftsräume wiederum zu verstärken und den Verlust der regionalen Kaufkraft zu unterstützen. Ich glaube, das ist das Hauptproblem: dass völlig verkannt wird, welche Wirtschaftskraft die intakte Familie, welcher Auftraggeber sie im regiona­len Raum ist.

An dieser Stelle muss auch einmal die Leistung der Mütter erwähnt werden, die über­haupt bereit sind, zu gebären, welchen Verzicht an Freizeitplanung und Freizeitgestal­tung solche Mütter leisten. Und eines sei auch gesagt – und das ist heute auch schon


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ganz gut zum Ausdruck gekommen –, wenn man einerseits den urbanen Raum be­trachtet und andererseits die Situation im ländlichen Raum sieht: Wissen Sie, was eine Mutter mit mehreren Kindern im ländlichen Raum ist? – Ein Berufstaxi. Das fängt bei der Musikschule, beim Fußball-Training oder Fußballspiel an und reicht bis zum Ballett und zum Karate-Training, wo die Kinder im Stundentakt mit dem Auto hingebracht und abgeholt werden müssen und überhaupt keine Möglichkeit besteht, sie in eine Stra­ßenbahn zu setzen oder mit einem Ausweis sonstige öffentliche Verkehrsmittel benut­zen zu lassen. Eine solche Mutter ist im Dauereinsatz! Respekt und Anerkennung allen Müttern, die sich das antun – ich darf das so sagen. Und ich bin auch wirklich ent­täuscht, dass die Regierungsparteien, die bisher dafür verantwortlich waren, 15 Jahre lang auf diese Inflationsanpassung der Kinderbeihilfe vergessen haben. Es ist hier schon gesagt worden: minus 32 Prozent der Kaufkraft!

Noch eine weitere Geschichte bestätigt, wie die Familien, die Mütter tatsächlich be­handelt werden: In der Hacklerregelung wird die wertvollste Tätigkeit einer Mutter, die Kindererziehung, mit 50 Prozent gerechnet, Kolleginnen und Kollegen – damit wir wis­sen, der alte Spruch: An den Taten werdet ihr gemessen!, hat auch hier seine Bedeu­tung. Ich glaube, da gehört einmal ein ganz ordentlicher Schritt in die richtige Richtung gemacht. Es reicht nicht, immer nur schöne Worte und Absichtserklärungen von sich zu geben, und wenn es dann um die Umsetzung geht, dann nennt man Budgetgründe, dann hat man andere Dinge, die wichtig sind. Die wichtigste Zelle im Staat ist die Fa­milie! (Beifall beim Team Stronach.)

Ich würde bei dieser Diskussion dahin gehend um Unterstützung bitten, dass man die­sen Schritt, die Inflationsabgeltung, jetzt endlich umsetzt und vielleicht in Anbetracht der in den letzten Jahren nicht erbrachten Leistungen und dieser Problematik, dieser Thematik Familie allen Müttern mit Kindern eine Einmalzahlung pro Kind gibt, damit man sieht, dass diese Leistung als solche anerkannt wird. Das ist eine der grundle­genden Leistungen für diesen Staat! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim Team Stronach.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ge­langt Herr Abgeordneter Pock zu Wort. – Bitte.

 


13.45.34

Abgeordneter Michael Pock (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg: Unser Klubobmann hat heute erneuert, was wir vonseiten unserer Fraktion uns hier vorgenommen haben: dass wir vor jeder Wortmel­dung auch ein Zeichen der Wertschätzung anbringen wollen. Diese Wertschätzung gilt heute den Freiheitlichen für diesen Antrag, den wir, NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum, inhaltlich unterstützen werden.

Ein wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht auch die Frage, warum wir jetzt die Valori­sierung, also die jährliche Anpassung an die Inflation, bei der Familienbeihilfe einspa­ren, während die Lebenshaltungskosten von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr steigen. Es ist nicht einzusehen, dass wir immer auf dem Rücken der Familien sparen, während wir noch viele Sparpotenziale nicht ausgeschöpft haben. Ich kann hier nur sagen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Ich möchte hier drei Beispiele anbringen. Der erste Punkt ist: Man könnte durchaus noch einmal schon beschlossene Infrastrukturinvestitionen durchdenken, diskutieren und nach hinten verschieben.

Es wäre genauso die Möglichkeit gegeben, auch zu diskutieren, ob wir die Energiever­sorger in einem weitaus größeren Maß privatisieren und aus den Erlösen einen ent­sprechenden Fonds einrichten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 91

Und zu guter Letzt gibt es noch den Punkt, dass wir auch längst überfällige Reformen angehen könnten.

Ein wichtiger Punkt, den ich hier schon auch sehe – und da habe ich vollstes Ver­ständnis für die Familien –, ist: Wie kann es sein, dass wir seit mehr als zehn Jahren die Familienbeihilfe nicht anpassen, aber die Parteienförderung Jahr für Jahr automa­tisch erhöhen? (Beifall bei NEOS-LIF.)

Ich sehe hier einen Punkt, und da spreche ich in Richtung Sozialdemokratie: Es wäre ein Zeichen der Solidarität, würde die Sozialdemokratie auf die automatische Erhöhung der Parteienförderung so lange verzichten, bis auch die Familien wieder mehr Geld er­halten. Ich würde es auch als christlich-soziale Maßnahme vonseiten der ÖVP sehen, würde auch dort die Parteienförderung nicht erhöht werden, bis wieder Geld für Fa­milien vorhanden ist.

Hier sehe ich noch einen wichtigen Punkt: Natürlich würden wir die Regierung bei die­ser Maßnahme unterstützen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch um Kinder­betreuungsplätze geht, die in der ganzen Diskussion völlig ausgespart werden. Hier dürfen keine Sparmaßnahmen gesetzt werden, hier muss weiter investiert werden, und hier erwarten wir auch eine Zusage der nächsten Regierung. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei NEOS-LIF.)

13.48

13.48.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 9/A dem Budgetausschuss zu.

13.48.224. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalra­tes (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (12/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


13.48.46

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Das Thema ist bekannt. Nur für das Protokoll noch einmal und unter Hinweis auf die Bundesrepublik Deutschland: Dort entsinnt man sich des Grundsatzes, dass eine Demokratie und der Wert einer Demokratie und der Mechanismen, die dort herrschen, und die Stärke der Demokratie gerade auch davon abhängig sind, was die Minder­heiten im demokratischen System – oder in diesem Fall auch in Parlamenten – be­werkstelligen können. Die sind schon sehr weit fortgeschritten in der Überlegung, dass dort der Untersuchungsausschuss mit 20 Prozent der Abgeordnetenstimmen einge­setzt werden kann.

Dies deshalb, weil dort die wirklich große Koalition, die ja kommen wird – „GroKo“, wie die das dort liebevoll nennen –, eine durchaus veritable Mehrheit hat, sodass in der Bundesrepublik Deutschland jetzt offenbar Folgendes eintritt: Auch die Mehrheit dort im Bundestag erachtet es als sehr, sehr hohes Gut, dass die Minderheit einen Unter­suchungsausschuss einsetzen kann. Deshalb bemüht sich dort die Mehrheit – ohne die geht es natürlich nicht, wenn die Geschäftsordnung reformiert werden soll –, dass man


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von einem niedrigen Quorum von 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen auf 20 Pro­zent herunterkommt, um es weiterhin aufrechtzuerhalten, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Minderheitsrecht werden kann. Das nenne ich doch eine vorbildliche Haltung. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie sonst schon immer Anleihe an Deutschland nehmen – oder sehr oft, was durchaus nachvollziehbar und auch aus grüner Sicht immer wieder einmal begrüßens­wert ist –, dann wäre es doch auch hier eine vernünftige Vorgangsweise, zumal – da­rauf werde ich noch zurückkommen – wir uns schon darauf verständigt haben, al­lerdings mit den Unterschriften der Ex-Klubobleute Cap und Kopf, dass wir hier genau dem deutschen Modell folgen wollen. Jetzt machen die Deutschen das in diesem Sinne sogar noch strenger dahin gehend, als die Hürden betreffend Einsetzung gesenkt wer­den, aber wir haben es noch immer nicht.

Und das sollten wir uns zu Herzen nehmen, mindestens aber mehr noch ins Hirn ge­hen lassen. Warum? – Weil nämlich Untersuchungen auch im Parlament letztendlich ein großer Beitrag zum Vertrauen in die Demokratie sind. Das hat selbst einen ökono­misch vernünftigen Charakter, da Korruptionsbekämpfung auch durch solche Untersu­chungen für die Zukunft glaubwürdig gestaltet werden kann. Wir dürfen uns nicht der Hoffnung hingeben, dass wir in zehn, 20 Jahren weniger Anlässe für solche Untersu­chungsausschüsse hätten, weil die jetzigen Aufklärungsarbeiten, egal, auf welcher Ebene – durch zivilgesellschaftliche Organisationen oder aber auch nunmehr Gott sei Dank durch die Staatsanwaltschaft oder eben auch durch Abgeordnete hier im Par­lament –, zeigen, dass wir da erfolgreich sein können. Aber ein Beitrag zum Erfolg wird auch sein, dass diese Untersuchungen stattfinden können. Und die Aufklärung steht ja immer an erster Stelle, wenn es darum geht, besser zu werden.

Die Ranking-Verluste, die wir in den Transparenzindizes und in den Korruptionsindizes erleiden, gehen gerade darauf zurück, dass immer mehr der Eindruck entsteht, dass die Untersuchungen in Österreich entweder nie richtig gestartet werden oder, auf ihren Höhepunkt zusteuernd, abgedreht werden. Gott sei Dank tut die Staatsanwaltschaft jetzt mehr als vor ein paar Jahren. Aber hier im Parlament bleibt dieser Eindruck auf­recht. Und wir müssen wissen, dass sich diese internationalen Indizes weniger daraus zusammensetzen, dass man so ohne Weiteres objektive Kriterien festhalten kann, wo man genau irgendwelche Zahlen hineinschreibt, diese zusammenzählt, eine Summe herauskommt und dann schaut, wer die höchste und wer die geringste Anzahl an Punkten oder so irgendetwas hat, und dann hat man einen Platz im Ranking. – Nein! Das sind in der Regel Befragungen.

Österreich steht da – zu Recht, fürchte ich – immer schlechter da, weil wir eben diesen Eindruck vermitteln. Wir vermitteln ihn aber nicht nur irgendwie, sondern wir sind auch Mittäter, speziell hier im Haus.

Jetzt muss ich halt leider auf ein Thema zurückkommen: Auch die Frage des Behin­derns und Abwürgens von Untersuchungen ist eine Frage von Mehrheit und Minder­heit. Sie kennen die Beispiele: Beim Eurofighterthema wäre noch mehr drinnen gewe­sen. Wir hätten uns auch nachher leichter getan. Betreffend Banken-U-Ausschuss – Sie kennen das Beispiel, wir werden es heute vielleicht wieder hören – ist zu sagen: Wir hätten uns viel erspart.

Interessanterweise geht nie jemand auf die Argumente ein. Ich behaupte, es wäre auch ökonomisch viel vernünftiger gewesen, hätten wir die Untersuchungen fortführen dürfen. Es wäre mit Sicherheit zu einer anderen oder zu gar keiner Reverstaatlichung gekommen, zumindest in der Form, wie sie stattgefunden hat, wenn Sie uns vorher – das war nämlich nicht so lange vorher – das hätten fertig untersuchen lassen, was in der Hypo-Quetschn nämlich schon zugange war. Da wäre viel mehr möglich gewesen. (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 93

Beim letzten Untersuchungsausschuss betreffend Telekom hatten wir ein ähnliches Problem. Just, als die Aufklärung dort hingesteuert ist, wo einmal die ÖVP mit ihren Mitarbeitern rund um den Schwarzgeldskandal und die schwarzen Konten in die Zie­hung gekommen wären, durfte der Ausschuss jedenfalls nicht mehr weiterarbeiten.

Und, meine Herren, das kann es nicht sein. Herr Klubobmann Spindelegger, Herr Klub­obmann Schieder, ich bin guter Dinge, dass Sie das hier anders fortsetzen wollen als Ihre Vorgänger. (Beifall bei den Grünen.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


13.54.29

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist mit Sicherheit ein wichtiges Thema – aber immer diese Überschriften! Mich hat es schon gewundert, als eine Delegation dieses Hauses nach Berlin in den Deutschen Bundestag gefahren ist, um mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu diskutieren – und es war kein Grüner mit. Ich sage euch das. Ich habe euch das da­mals auch schon gesagt. Als Überschrift steht ununterbrochen „deutsches Modell“. Wer sich aber das deutsche Modell anschaut, wird draufkommen, dass das überhaupt nichts mit euren Vorstellungen und eurem Antrag zu tun hat. Ich sage es nur.

Wir haben, glaube ich, diese Materie zwei Jahre lang in der vergangenen GP ver­handelt. Wir waren schon ziemlich weit. Und wenn man sich ansieht, woran das dann gescheitert ist, muss man sagen – und Hut ab vor einigen; ich bin hier nicht ange­standen, mich beim Kollegen Rosenkranz und bei anderen zu bedanken –, da haben wir einige Erlebnisse gehabt, die ganz einfach nicht in eine moderne Demokratie oder zum gelebten Parlamentarismus gehören, auch wenn es weh tut. Ich sage das ganz of­fen. Es hat damit angefangen, wie man den Fahrplan gestaltet. Aber ich sage, vielleicht kommen wir im Geschäftsordnungsausschuss zu einer vernünftigen Diskussion. Ich habe mir das immer gewünscht.

Ich sage aber auch dazu: Schauen wir uns das deutsche Modell an, wenn das immer zitiert wird! Die Minderheit betreffend frage ich euch jetzt: Warum wird dort von 25 auf 20 Prozent gesenkt? – Weil die in Deutschland eine Dreiviertelmehrheit haben werden, wenn diese Koalition kommt. Und jeder weiß, wie viel Prozent dann die Opposition hat. Daher: Lassen wir auch hier die Kirche im Dorf! Es gibt in der Bundesrepublik Deutsch­land den Wunsch der Minderheit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die Mehrheit beschließt das. Sie kann es nur dann nicht beschließen, wenn es gegen verfassungsmäßige Bestimmungen ist. Und wenn sie es nicht beschließt, entscheidet es der Bundesverfassungsgerichtshof.

Jetzt sage ich euch eine der interessantesten Entscheidungen des Bundesverfas­sungsgerichtes in der letzten Zeit. Die Opposition wollte, dass die Bundeskanzlerin gleich zu Beginn des Ausschusses kommt. CDU/CSU wollten, dass die Bundeskanz­lerin ziemlich am Schluss des Ausschusses kommt. Soll ich euch das Ergebnis oder das Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichtshofes sagen? Sie soll in der Mitte kom­men. – Jeder soll sich diesbezüglich seine Gedanken machen.

Wir streiten hier oft, ich darf es wirklich sagen, um des Kaisers Bart. (Abg. Brosz: Wir streiten um die Einsetzung!  nicht um den Bart!) Ich würde nur um eines bitten: Ich glaube, ein selbstbewusstes Parlament soll sich Spielregeln geben, diese aber auch le­ben, mit diesen Vorverurteilungen aufhören und damit aufhören, unter dem Schutz der parlamentarischen Immunität Gott und die Welt zu verdächtigen. Dafür sind die Gerich­te zuständig.

Wir sollten die politischen Abläufe kontrollieren. Dann täten wir uns alle miteinander leichter. Ich wünsche mir eine sachliche und eine offene Diskussion im Geschäftsord-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 94

nungsausschuss. Dann bin ich mir sicher, dass wir auch ein Ergebnis zusammenbrin­gen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


13.57.41

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Herr Kollege Kogler, als Sie darüber zu reden begonnen haben, dass Sie gerne so ein Modell wie in Deutschland haben wollen, habe ich mir gedacht, Sie haben noch einen anderen Antrag im Hintergrund. Sie sprachen von 20 Prozent wie in Deutsch­land, aber in Ihrem Antrag steht nicht 20 Prozent, sondern 20 Abgeordnete. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Deutschen  gerade die Senkung auf 20!)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Was wollen Sie jetzt wirklich? Wollen Sie ein Minderheitsrecht mit 20 Abgeordneten oder wollen Sie ein Minderheitsrecht mit 20 Prozent? Das ist ein kleiner Unterschied. (Abg. Mag. Kogler: Ich habe die Debatte aus dem Deutschen Bundestag referiert! Das kann ja nicht wahr sein! Das ist ja unglaublich!) Und darauf sollten Sie sich schon in Ihrer Fraktion einigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweiter Punkt, Herr Kollege Kogler: Sie sagen, Sie wollen gerne ein Modell wie in Deutschland haben, sagen aber nicht dazu, wie das Verfahren in Deutschland abläuft. Da bin ich meinem Vorredner Otto Pendl schon sehr dankbar. Erstens gilt in Deutsch­land die Strafprozessordnung. Das heißt, ein faires Verfahren ist dort sichergestellt. Und bei uns in Österreich ist die Situation so, dass der Untersuchungsausschuss dafür verwendet wird, um Teile aus Akten zu zitieren, wo Journalisten daneben sitzen und danach Kollege Pilz hinausgeht und seine Theorie zu diesem einen Satz aufstellt. Das ist kein faires Verfahren, meine Damen und Herren. Wenn Sie Aufklärung haben wol­len, dann ändern wir auch die Spielregeln! Dafür bin ich sofort zu haben. (Abg. Brosz: Macht endlich einmal einen Vorschlag!)

Meine Damen und Herren, ich bin von meiner Berufsausbildung her Polizist, aber ich habe in meinem ganzen Leben als Polizist oder als Jurist noch nie ein so unfaires Verfahren erlebt, wie ich es im letzten Untersuchungsausschuss erlebt habe. Da wird nicht auf Opferrechte Rücksicht genommen. Da wird nicht zwischen Beschuldigten und Zeugen unterschieden, sondern da werden einfach alle, die dort auftreten, sofort als Beschuldigte dargestellt. (Abg. Kickl: Aber das Abdrehen ist ! Ein bisschen unfair, wenn es heikel wird für die eigene Fraktion!) Wenn wir hier nicht zu einem fairen Ver­fahren kommen, dann tun wir der gesamten Demokratie nichts Gutes.

Ich finde, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir  (Abg. Brosz: Dann macht end­lich einen Vorschlag!) – Danke für den Hinweis. Ja, das ist unser Vorschlag; ein Vor­schlag, dass wir genauso wie in allen anderen Verfahren auch hier ein faires Verfahren nach der Strafprozessordnung haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, bitte!) Dann können wir alles weiter bereden. Otto Pendl hat es gesagt: Setzen wir uns im Geschäftsordnungsausschuss zusammen, machen wir ein faires Verfahren, reden wir darüber! Aber ohne faires Verfahren schadet das der Demokratie mehr, als es nützt. Und das muss Ihnen bewusst sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch mit einem aufräumen: Sie haben so getan, Herr Kollege Kogler, als ob die Opposition keine Kontrollrechte im Parlament hätte, wenn es kein Minderheits­recht im Falle der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gibt. – Das muss ich einfach klarstellen. (Abg. Mag. Kogler: Nein! Ich habe nur über das eine gesprochen!) Okay. Gut. Aber dann lassen Sie mich trotzdem darauf hinweisen, wie viele Kontroll­rechte es gibt, Kontrollrechte der Minderheit und Kontrollrechte der Mehrheit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 95

Insgesamt haben wir in diesem Parlament 71 Kontrollrechte, davon 55 für die Min­derheit und 16 für die Mehrheit. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Zählen Sie sie auf!) Sie können nicht sagen, dass das ein minderheitenfeindliches Parlament ist. Im Ge­genteil: Wenn Sie das mit anderen europäischen Ländern vergleichen, dann sehen Sie, wir haben da einen absoluten Spitzenrang. Wir sind ganz weit vorne. Es gibt we­nige Länder, die solche Rechte haben. Und ich nenne Ihnen zwei Beispiele für Min­derheitsrechte, die es in keinem anderen Land in Europa gibt, die ganz entscheidend sind, nämlich zum einen das Verlangen, den Rechnungshof in bestimmten Bereichen zu einer Gebarungsprüfung zu bringen und dies auch durchzusetzen. Das gibt es in keinem anderen Land, ist ein Minderheitsrecht bei uns, es genügen 20 Abgeordnete. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Hat sich sehr bewährt!) – Es hat sich sehr bewährt. Danke, Frau Kollegin Glawischnig, Sie geben es sogar zu. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Kontrolle bewährt sich immer!) Ein Minderheitsrecht, mit dem wir ganz klar kontrollieren können; schon heute.

Und das zweite Minderheitsrecht, das es in keinem anderen Land gibt, erlaubt einem Viertel der Mitglieder des Nationalrates, einen bestimmten Vorgang durch den Unter­ausschuss des Rechnungshofausschusses prüfen zu lassen.

Meine Damen und Herren von den Grünen und auch von den anderen Oppositions­parteien: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass dieses Parlament eines der minderheiten­freundlichsten Parlamente Europas ist und dass wir eine der stärksten Kontrollrechte in diesem Land haben, wie es dies kaum in anderen Ländern gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schieder.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. – Bitte.

 


14.02.31

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Nun, min­derheitenfreundlich, was uns der Herr Kollege Gerstl jetzt erzählt hat, das ist wirklich fantastisch. Und interessanterweise bewährt es sich genau dort, wo eben die Minder­heiten Rechte bekommen haben. Also Sie müssen jetzt aufgrund Ihrer eigenen Auf­zählung zum Schluss kommen: Ja, dort, wo Minderheitsrechte fehlen, dort kann es sogar noch besser werden. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz. Sie haben gesagt, dass die Minderheit 55 Kontrollmöglichkeiten hat und die Mehrheit 16. Ich glaube, von den Grundrechnungsarten her dürften die 55 aber auch der Mehrheit zustehen. Oder sind das ausschließlich Minderheitsrechte? (Zwischenrufe bei den Grünen.) Nur damit wir da bei den Grundrechnungsarten schon auch wieder die Kirche ein bisschen im Dorf lassen, auch wenn Ihr Landeshauptmann Haslauer als Verhandler in den Koali­tionsverhandlungen bei der Bildungsdebatte Schlimmes befürchten lässt.

Jetzt aber konkret zum Antrag. Natürlich ist es zu Beginn dieser Gesetzgebungsperio­de notwendig, gerade zu Beginn, wo die Regierungsverhandlungen laufen und man sich gewisse Ziele steckt, dass man auch dieses brachliegende Vorhaben Reformie­rung des Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht endlich angeht. Unterschrif­ten und die Frage, ob die jetzt noch Klubobleute oder nicht mehr sind – historische De­batten haben in dieser Frage keinen Platz. Das muss in die Zukunft gehen.

Jetzt haben wir diesen Antrag der Grünen vor uns liegen, in dem es ja tatsächlich nur um die Einsetzung von U-Ausschüssen geht. Das ist uns von der FPÖ eindeutig zu we­nig. Man braucht parallel dazu auch klare Spielregeln, wie so ein Untersuchungsaus­schuss abzulaufen hat. Das muss alles in einem geregelt werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gerstl.)

Ich komme schon dazu, meine Rede beginnt und endet, und dazwischen kommt dann das Inhaltliche. (Abg. Rädler: Meist!) – Sie können zuhören. Nein, bei mir zu hundert


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 96

Prozent, Herr Kollege. Sie können dessen versichert sein, ich schicke Ihnen die Pro­tokolle.

Die Frage dreht sich nämlich zuerst um die Einsetzung. Im Antrag der Grünen steht: „() das Verlangen von 20 Abgeordneten oder von allen Abgeordneten eines Klubs ()“. – Was würde das bedeuten? Dass alle Klubs jederzeit in jeder Nationalratssit­zung einen Untersuchungsausschuss ohne irgendein Limit einberufen könnten.

Wir haben ja bereits einen Vorschlag gemacht, der natürlich über das, was die Grünen wollen, sehr weit hinausgeht, nämlich auch betreffend einzelne Verfahrensabläufe. Was passiert zum Beispiel bei Streitigkeiten? Wie haben Ladungen zu erfolgen? Was geschieht, wenn zum Beispiel rechtsmissbräuchlich Dinge gemacht werden? – Das geht in Richtung der Frage: Ist das die Strafprozessordnung? Welche Verfahrensord­nung wird gemacht? – Wir haben ja Erfahrungen aus den letzten Untersuchungsaus­schüssen. – Was darf ein Vorsitzender, was darf er nicht? Gibt es eine Schiedsins­tanz? Und Ähnliches mehr. Das muss alles mitberücksichtigt werden.

Man kann nicht nur sagen, jeder Klub kann, egal, wann es ihm einfällt, zu jedem The­ma einen Untersuchungsausschuss beantragen. Und in weiterer Folge sagen Sie ja noch dazu: Jedes einzelne Mitglied dieses Untersuchungsausschusses hat dann das Recht, die Ladung von Auskunftspersonen zu verlangen, Sachverständige zu laden, Urkunden, Unterlagen, Akten und so weiter anzufordern. Also jeder Einzelne kann das tun.

Ich sage Ihnen nur eines: Wenn das Realität wird – und bei Ihrer Fraktion, ich spreche jetzt von den Grünen, beim Kollegen Pilz ist das Szenario nicht fern, dass er am liebs­ten hier herinnen ein Feldbett aufstellen und 24 Stunden, Tag und Nacht, nur Unter­suchungsausschüsse machen würde (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ein Ständiger Untersuchungsausschuss!) –, wenn man sich das vorstellt und vors geistige Auge führt, dann haben wir wahrscheinlich Untersuchungsausschüsse in einer Zahl, die die technische Kapazität dieses Hauses sprengen würde.

Wir Freiheitliche haben zum Beispiel den Vorschlag gemacht, dass jeder Klub, dem
20 Abgeordnete angehören, einmal pro Gesetzgebungsperiode – so, wie es zum Bei­spiel auch klare Regelungen hinsichtlich Sondersitzungen, Dringlicher Anfragen und so weiter gibt, also mit Kontingenten – einen U-Ausschuss beantragen darf, damit da­durch auf der einen Seite die Minderheit natürlich mehr Rechte bekommt, aber dann, wenn das Pendel wieder auf die andere Seite ausschlägt, nicht inflationär mit diesem Recht umgegangen wird und es diesbezüglich klare Regeln gibt.

Die Einsetzung alleine zu regeln, wie es hier in diesem Antrag steht, das ist uns zu we­nig. Wir wollen, dass auch die Verfahrensrechte ganz klar geregelt sind und die Frage, wer mit welchen Mehrheiten oder Minderheiten Auskunftspersonen laden darf. Und: Wo kann auch eingegriffen werden, sollten diese Ladungen, quasi rechtsmissbräuch­lich, eben nur zur Gaudi des Kollegen Pilz oder der Journalisten dienen? – Da fehlen uns noch eindeutig die Instrumente.

Weiters stellt sich die Frage: Wie kann man unter Umständen den Verfassungsge­richtshof einbinden, wenn sich keine Einigungen erzielen lassen beziehungsweise wenn missbräuchlich agiert wird? Die Rechte und vor allem auch die Pflichten des Vor­sitzenden im Untersuchungsausschuss müssen ebenfalls geklärt werden.

Wichtig ist, dass dieser Antrag hier einmal eingebracht wurde, dass eine erste Lesung stattfindet und dass jetzt wirklich rasch eine entsprechende Änderung der Verfassung, der Geschäftsordnung und der anderen Materien stattfindet, damit Untersuchungsaus­schüsse weder das eine, nämlich ein Mehrheitsinstrument, sind, das jederzeit abge­dreht wird, noch in inflationärer Weise irgendwie das Parlament außer Kraft gesetzt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 97

wird. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das mit dem Pilz war schon ein biss­chen polemisch!)

14.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


14.07.53

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Uns geht es vor allem um drei Dinge. Die Seriosität des Minderheitsrechtes muss gewahrt sein. Wie schon gesagt wurde: Wenn man das in die Länge zieht, wenn es inflationär wird, dann wird es nicht mehr ernst genommen. Wir wollen ein Minderheitsrecht, das wirklich ernst genommen wird. Dabei sind uns drei Punkte wesentlich.

Der eine ist natürlich: Mit welchem Quorum kann man dieses Minderheitsrecht geltend machen? Sind 20 Abgeordnete das Richtige oder ist ein Drittel des Nationalrates das Richtige, was auch schon einmal im Raum gestanden ist? – Wichtig ist jedenfalls, es kann nicht von der Mehrheit abhängen. Es muss von einer Minderheit abhängen. Und da werden wir uns zusammenraufen müssen, von welchem Quorum wir glauben, dass es in Ordnung ist. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass wir schauen müssen, dass diese Ausschüsse nicht zu oft einberufen werden, sodass dieses Instrument nicht mehr ernst genommen wird. Also eine gewisse Anzahl pro Jahr zum Beispiel, ein Thema pro Jahr oder eine bestimmte Anzahl in einer Gesetzgebungsperiode, weil das Parlament als solches sich nicht durch eine übergroße Anzahl von Untersuchungsausschüssen lähmen soll. Es muss ja auch die Arbeitsfähigkeit gegeben sein. Die Arbeit steht an erster Stelle, und vielleicht erst dann die Kontrolle. Also eine gewisse Beschränkung, eine gewisse Ordnung muss es auch da geben.

Die dritte Frage, die ganz wichtig ist, ist die Frage des Verfahrensrechtes, die ja auch schon oft angeschnitten worden ist. Wenn man aus einem Untersuchungsausschuss ein Tribunal macht, dann ist man wahrscheinlich nicht mehr auf dem richtigen Weg. Wir haben Gesetze, wir haben Strafgesetze, wir haben Zivilgesetze. Und wir haben den Untersuchungsausschuss im Parlament, der eine ganz eigene Qualität hat. Wenn wir diesen in die Nähe eines Strafgerichtes bringen, dann tun wir dem Parlamentarismus als solchem nichts Gutes. Wir brauchen genaue Verfahrensregeln. Allein der Ausdruck „Auskunftsperson“ – muss ich ehrlich sagen – stört mich ein bisschen. Aus meinem Be­ruf heraus bin ich es anders gewohnt, entweder ist man „Beschuldigter“ oder „Zeuge“, und dementsprechend sind dann auch die Rechte der Personen definiert.

Auch der Umgang mit den Leuten, die Behandlung der Leute muss natürlich entspre­chend sein.

Darüber hinaus lassen wir Untersuchungsausschüsse ausufern, wie das auch schon der Fall gewesen ist, indem man unzählige Verhandlungspunkte anführt und dann ins Uferlose ermittelt.

Also wie gesagt, wir brauchen hier ordentliche Verfahrensregeln, und das sind die drei Punkte, die uns wichtig sind. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Scherak. – Bitte.

 


14.10.52

Abgeordneter Mag. Nikolaus Scherak (NEOS-LIF): Herr Präsident! Hohes Haus! Wie für viele von uns ist das heute auch für mich die erste Rede hier, und ich bin sehr froh, gerade zu solch einem grundsätzlichen Thema reden zu können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 98

Dem Antrag der Grünen auf Einrichtung eines U-Ausschusses als Minderheitsrecht kann man ja, wenn man Parlamentarismus ernst nimmt, eigentlich nur zustimmen. Man kann natürlich lang und breit diskutieren über die entsprechenden Verfahrensregeln, das ist vollkommen richtig, haben die Vorredner auch schon gesagt, aber rein aus Prin­zip, glaube ich, kann man dem nur zustimmen.

Wir haben heute, wie schon gehört, den Tag der Kinderrechte, und auch in dem Zu­sammenhang ist zu sagen, das österreichische Parlament ist mehr als säumig. Wir haben es immer noch nicht geschafft, das 3. Fakultativprotokoll zu ratifizieren, was im Endeffekt bedeutet, dass es nicht möglich ist, die Rechte, die die Kinderrechtskonven­tion vorsieht, auch durchzusetzen. Ähnlich sehe ich die Situation auch im Zusammen­hang mit dem Untersuchungsausschuss. Das Parlament hat, abgesehen von seiner legislativen Funktion, auch eine kontrollierende Funktion, und im Zusammenhang mit dieser Kontrollfunktion ist natürlich insbesondere die Opposition, das heißt die Minder­heit, gefragt.

Dieses Säumnis liegt meiner Meinung nach insbesondere daran, dass die Regierungs­parteien in den letzten Jahren nicht sonderlich viel Interesse daran gezeigt haben, ihre eigene Regierung zu kontrollieren. Das ist meiner Meinung nach nicht nur traurig, son­dern in vielen Bereichen auch beschämend. Im Endeffekt geht es darum, dass kaum Interesse an der Kontrolle der eigenen Regierung seitens der Koalitionsparteien vor­handen ist. Das ist nicht nur ein schlechtes Zeichen für das Parlament, sondern schlicht­weg zeigt das den Stellenwert, der dem Parlament in dem Zusammenhang auch zuge­dacht werden soll.

Wir brauchen nur an den letzten U-Ausschuss zurückdenken, als der Herr Bundes­kanzler – der jetzt anwesend ist – in den Medien immer wieder gesagt hat, er würde gerne in den Ausschuss kommen, aber es lädt ihn niemand ein. Es müsste daher mög­lich sein, dass auch einzelne Abgeordnete beziehungsweise einzelne Ausschussmit­glieder Auskunftspersonen einladen können.

Vor allem uns als NEOS ist gelebter Parlamentarismus ein Herzensanliegen, der breite Diskurs ist Teil unserer politischen Identität. Ich glaube, dass die Einbindung von Op­positionsparteien und die gemeinsame Arbeit, die man forcieren sollte, dem Hohen Haus auch sehr gut tun würde.

Wir haben schon von der Diskussion im Zusammenhang mit Deutschland gehört, da­von, die Vorgehensweise in Deutschland als Vorbildwirkung heranzuziehen. Wenn man sich das anschaut, so muss man sagen, es geht nicht nur um Untersuchungs­ausschüsse, sondern man erfährt auch, wie dort zum Beispiel das Modell der Enquete-Kommission gehandhabt wird. Sie bietet die Möglichkeit, sich über einen längeren Zeitraum gemeinsam Probleme anzuschauen und zu versuchen, Lösungen zu finden. Genau dieses gemeinsame Arbeiten und auch die Bereitschaft, gelegentlich das Ge­meinsame vor das Trennende zu stellen, spielen eben auch im Untersuchungsaus­schuss eine ganz wesentliche Rolle, und zwar nicht nur, um Dinge wie Korruption, Ver­untreuung und diverse andere Gesetzesbrüche dann zu thematisieren, wenn sie schon passiert sind und es somit eigentlich schon zu spät ist, sondern auch, um im Vorhinein präventiv Mittel aufzuzeigen, dass solche Dinge nicht passieren können. Dadurch be­steht auch die Möglichkeit, dass man diese Dinge – wenn man starke Untersuchungs­ausschüsse hat – verhindert.

Es ist, glaube ich, auch ganz wichtig, dass, wenn vonseiten des Parlaments ein Unter­suchungsausschuss gewünscht wird, dann nicht von Regierungsseite wieder über den Verhandlungsgegenstand oder den Untersuchungsgegenstand diskutiert und durch In­tervention etwas verändert wird. Es ist generell wichtig, dass der Untersuchungsaus­schuss auch unabhängig seine Arbeit leisten kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 99

Ich halte es – wie vorhin auch schon angesprochen – für vollkommen unerklärlich, wa­rum wir, trotz breiter Zustimmung von allen Parteien zu dieser Novelle, und zwar schon 2009, also vor vier Jahren, noch immer nicht so weit sind. Es ist natürlich richtig, wir müssen über die einzelnen Dinge diskutieren, aber dass wir dieses Grundsätzliche gut finden, das haben wir doch schon einmal gesagt. Ich glaube, es ist jetzt endgültig an der Zeit, dieser Zustimmung auch Taten folgen zu lassen und etwas zu machen. Somit kann das Parlament auch seine Selbständigkeit und seine Arbeitsfähigkeit zeigen – selbst dann, wenn wir noch keine Regierung haben.

Abschließend möchte ich sagen, dass das ganz wichtig ist, weil ich glaube, dass un­abhängige Untersuchungsausschüsse den Parlamentarismus stärken können und auch wichtige Schritte für eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen. Ich halte es schlichtweg für unerklärlich, dass wir dem Parlament dieses Recht weiterhin verwehren sollen. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

14.15

14.15.13

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 12/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

14.15.235. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (18/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


14.15.44

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hinter diesem Antrag auf Verfassungsänderung verbirgt sich ein Antrag, der die Zukunft des Amtsgeheimnisses neu regeln oder, besser gesagt, eine Abkehr vom Amtsgeheimnis bringen soll. Das Amtsgeheimnis ist ein Relikt aus einem völlig über­holten Verwaltungsverständnis. Es gibt drei starke Argumente, dass wir vom Prinzip des Amtsgeheimnisses abgehen; „abgehen“ heißt, dass in Zukunft nicht das Geheim­nis die Regel ist, sondern die Information an die Bürgerinnen und Bürger. Was sind diese drei Argumente? – Das erste ist Korruptionsbekämpfung, das zweite ist Demo­kratie, und das dritte ist moderne Verwaltung und BürgerInnennähe.

Stichwort Korruptionsbekämpfung. Was macht Korruptionsbekämpfung aus? – Aufde­cken, scharfe Gesetze und Prävention. Und Transparenz ist die beste Prävention, die es bei der Korruptionsbekämpfung gibt. Das ist eine allgemeine Weisheit, die nicht nur die Grünen vertreten, sondern die internationaler Standard ist, nur bei uns noch nicht erkannt wurde.

Schon 2008, also vor fünf Jahren, hat die Staatengruppe gegen Korruption im Euro­parat zur österreichischen Situation eine klare Stellungnahme abgegeben. Im Bericht wurde damals Folgendes geschrieben: „Geheimhaltung ist nach dem Eindruck der GET das Grundprinzip und die Auskunftserteilung die Ausnahme. Es wird dadurch Bür­gern und Medien erschwert, Kontrolle über die Verwaltung auszuüben, was Korruption verhindern würde“.

Diese klare Stellungnahme kommt aus dem Europarat und ist eine klare Empfehlung an den Gesetzgeber in Österreich, das zu ändern. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 100

Informationsfreiheit, die Abschaffung des Amtsgeheimnisses regelt aber auch das Ver­hältnis zwischen BürgerInnen und Staat neu. Das Wissen des Staates ist nicht das Wissen der Behörden und der Beamten, sondern das Wissen, das beim Staat vor­handen ist, ist das Wissen der Bürgerinnen und Bürger. Daher haben Bürgerinnen und Bürger auch ein Recht, auf dieses Wissen zuzugreifen. Ich denke an Bürgerinitiativen, die über Machbarkeitsstudien informiert werden wollen. Das ist eine zutiefst demokra­tische Frage, dass es hier eine Chancengleichheit gibt. Daher würde Transparenz durch Abschaffung des Amtsgeheimnisses auch ein neues Verhältnis zwischen Bürge­rInnen und Staat definieren, das zeitgemäß ist.

Unser Antrag, der eine Neudefinition oder ein Abgehen vom Amtsgeheimnis vor­schlägt, ist keine Erfindung der Grünen, sondern wir haben in Absprache mit der Initia­tive www.transparenzgesetz.at diesen Vorschlag eingebracht, der nicht von uns formu­liert ist, sondern meines Wissens hat Franz Fiedler diesen Vorschlag für diese Initiative formuliert.

Es gibt das Versprechen von SPÖ und ÖVP, auch die Problematik Amtsgeheimnis anzugehen. Wir werden uns genau anschauen, wie ernst das genommen wird während der Regierungsverhandlungen. Wenn ich höre, dass dieses Kapitel von Old-School-Vertretern wie Niessl und Khol verhandelt wird, bin ich nicht sonderlich optimistisch, dass viel herauskommen wird. Tatsache ist aber, dass Staatssekretär Kurz den Wähle­rinnen und Wählern im Wort ist und das Amtsgeheimnis tatsächlich in dieser Legisla­turperiode abgeschafft werden muss. Es kann keine Abkehr geben, das ist ein klarer Auftrag im Sinne der Korruptionsbekämpfung und im Sinne einer modernen Verwal­tung.

Natürlich wird es auch in Zukunft Bereiche geben, die nicht einer umfassenden Aus­kunftserteilung unterliegen, und unser Antrag geht auch darauf ein. Es ist natürlich klar, was die Gerichte in einem Strafverfahren, was die Staatsanwaltschaften in einem Straf­verfahren ermitteln, wird nicht immer und zu jedem Zeitpunkt transparent sein können, es gibt Persönlichkeitsrechte, es gibt andere Behörden, die sensible Bereiche bear­beiten. Aber wir wollen eine Abkehr, wir wollen sagen, dass grundsätzlich die Informa­tionserteilung Regel ist und dass die Ausnahmen definiert werden sollen, zunächst einmal in einer verfassungsrechtlichen Grundlage und dann in Ausführungsgesetzen, in sogenannten Informationsfreiheitsgesetzen, die sehr genau regeln, in welchen Berei­chen keine Auskünfte gegeben werden sollen. Damit herrscht Klarheit.

Das ist auch nichts Neues, es gibt Länder, die das praktizieren. Slowenien hat ein sensationelles Informationsfreiheitsgesetz mit einer Informationsbeauftragten, die weit­gehende Rechte hat, bis hin zur Beschlagnahmung von Unterlagen bei Behörden, die nicht herausgegeben werden. Das sollten wir uns als Vorbild nehmen. Auch in Ham­burg gibt es die Transparenz-Initiative, die das umgesetzt und durchgesetzt hat. Ham­burg hat ein umfassendes Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz. Österreich hinkt nach, und unsere Aufgabe ist es, diesen Missstand in den nächsten fünf Jahren zu beheben.

Ich sage es noch einmal, es geht um Korruptionsbekämpfung, es geht um Demokratie, und es geht um moderne Verwaltung. Das werden wir durchsetzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 


14.21.03

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Steinhauser, ich bin da ganz Ihrer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 101

Auffassung, auch ich glaube, dass es höchst an der Zeit ist, dass man ein derartiges Informationsfreiheitsgesetz macht. Ich werde das, sollte ich im Verfassungsausschuss wieder angelobt werden, als einen der ersten Punkte in Angriff nehmen, um das auch umzusetzen. Ich glaube, dass es aus zwei Teilen bestehen sollte. Der eine Teil ist eine verfassungsrechtlich normierte Pflicht der Behörden zur Information und der andere Teil ein verfassungsrechtlich normiertes Recht auf Auskunftserteilung, sodass man sich in beide Richtungen festlegt und eine Auskunftspflicht für die Behörde und ein Auskunftsrecht für den Einzelnen verankert.

Die wirkliche Schwierigkeit ist, diesen Konflikt zwischen Informationspflicht und Infor­mationsrecht und dem Recht auf Datenschutz zu bewältigen. Es wird unsere Aufgabe hier im Parlament sein, diesen Ausgleich herzustellen. Ich glaube, man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wir sind eher beim Hamburger Modell, und das Ham­burger Modell sieht eine sehr umfassende Auskunftspflicht vor, aber der Datenschutz darf nicht verlassen werden. Ich glaube, dass dort die Pflicht und das Recht besonders stark sein müssen, wo der Einzelne gegenüber dem Staat auftritt und nicht Personen untereinander einen Streit ausfechten, wie zum Beispiel vor Gericht, denn dort ist Waf­fengleichheit gegeben, dort gilt die Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens. Es ist nicht notwendig, dass man noch dazu verpflichtet, das in den Zeitungen zu veröffentlichen, um beispielsweise über Scheidungsverfahren einzelner Personen in der Zeitung lesen zu können. Darauf müssen wir achten oder auch darauf, dass zum Beispiel die Opfer von Fritzl durch die Veröffentlichungspflicht nicht in dieses Gesetz hineinfallen.

Also: grundsätzlich ja, aber ich glaube, dass Gerichtsverfahren auszunehmen sind. Bei allem anderen wird man sich weitgehend einigen können. Wenn es nicht gerade um militärischen Schutz und auswärtige Angelegenheiten geht, dann, glaube ich, werden wir bald zu einer Lösung kommen. Das ist sicherlich einer jener Punkte – und Sie wis­sen, dass wir im Verfassungsausschuss in der letzten Periode relativ viel umgesetzt haben –, deren wir uns annehmen werden.

Das ist so ungefähr meine persönliche Meinung, in welche Richtung es gehen sollte, und es deckt sich sehr, sehr viel – ich würde einmal sagen, 80 Prozent – mit Ihrem An­trag. Über diese Gerichtssachen müssen wir reden, weil sich in diesem Fall gleichbe­rechtigte Personen oder juristische Personen gegenüberstehen und nicht der Staat ge­genüber dem Bürger in Erscheinung tritt. Das, glaube ich, sollte man definieren. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schön­egger. Ich erteile es ihm.

 


14.24.31

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn eines deutlich festhalten: Wir von der Österreichischen Volkspartei begrüßen es sehr, dass Sie heute den parlamentarischen Prozess starten, um in Österreich ein Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen. Es ist aber auch wichtig, dass wir zu Beginn dieser Debatte festhalten und außer Streit stel­len, worum es denn gehen soll. Ich glaube, wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit der veränderten Gesellschaft umgehen. Wir haben uns hin zu einer modernen In­formationsgesellschaft entwickelt – wie gehen wir damit um, und wie passen wir den Rechtsbestand an?

Ich glaube, dass der vorliegende Antrag des Kollegen Steinhauser einen Weg aufzeigt, wie es funktionieren kann. Für uns als Österreichische Volkspartei ist klar, dass wir informierte Bürgerinnen und Bürger haben wollen. Wir wollen größtmögliche, noch grö­ßere Transparenz in der Verwaltung bekommen, und wir wollen den Herausforderun­gen, die diese Informationsgesellschaft an den Staat stellt, auch gerecht werden.


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Letztlich, sehr geehrte Damen und Herren, geht es aber auch darum, durch vermehrte Transparenz höhere Akzeptanz des staatlichen Handelns zu erwirken, was auch uns allen als Entscheidungsträger zugutekommt. Es ist in unserer Zeit unabdingbar, dass Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, zu erfahren, wie und warum Behörden, die öffentliche Verwaltung so oder so handeln. Uns muss aber auch klar sein, dass dieses Thema ein hochsensibles Thema ist, dass wir hier eine große Verantwortung haben.

Wir stellen klar: Ziel ist es, am Ende dieser Debatte ein Gesetz zur Gewährleistung von Informationsfreiheit zu bekommen. Wir möchten die Einführung einer Pflicht auf Ver­öffentlichung, wir möchten auf der anderen Seite das Recht auf Zugang zu Informa­tionen. Dazwischen gibt es ein Spannungsverhältnis, nämlich – Kollege Wittmann hat es schon erörtert –: größtmögliche Transparenz auf der einen Seite und Schutz von heiklen Daten auf der anderen Seite. Dafür müssen wir auch eine gewisse Zeitspanne vorsehen. Ich glaube, wir müssen uns wirklich Zeit lassen und das sehr ordentlich und gründlich debattieren und aufbereiten, dann werden wir am Ende ein sehr modernes und sehr wegweisendes Informationsfreiheitsgesetz in Österreich haben.

Wenn wir in der bevorstehenden Debatte die österreichische Verwaltung nicht unter Generalverdacht stellen – das ist, glaube ich, auch wichtig –, wenn wir mit dem Infor­mationsfreiheitsgesetz keinen aufgeblähten Verwaltungsapparat entstehen lassen, kein Bürokratiemonster erwecken, wenn wir gemeinsam darauf achten, dass aus dem wich­tigen und berechtigten Anliegen der Transparenz kein Schnüffeleigesetz entsteht, dann, glaube ich, werden wir am Ende ein sehr modernes und transparentes Öster­reich bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


14.27.42

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn wir über das Informationsfreiheitsgesetz sprechen, müssen wir zuerst einmal auch noch einmal darüber nachdenken, was in der heutigen Gesellschaft das Daten­sammeln an sich bewirkt hat oder auch bewirkt oder zu bewirken im Begriff ist: In Wahrheit eine Aushöhlung oder fast Zerstörung des Rechtsstaates, wie wir ihn bis jetzt verstehen. Aufgrund der Datensammlungen kommt es immer wieder dazu, dass Ent­scheidungen gefällt werden, auf die wir überhaupt keinen Einfluss nehmen können und bei denen wir auch überhaupt nicht wissen, auf welcher Grundlage sie basieren. Wa­rum bekommt man keine Versicherung, warum wird man nicht als Mieter akzeptiert, warum bekommt man eine Anstellung nicht? Das und noch vieles mehr basiert ja da­rauf, dass mittlerweile Daten gesammelt werden, weitergegeben werden, zum Teil le­gal, zum Teil illegal, dann Berechnungen angestellt werden, Prognosen erstellt werden über den einzelnen Menschen und dann entsprechende Entscheidungen getroffen werden. Das betrifft die Souveränität des Einzelnen in sehr starker Weise und die Souveränität des Staates auf der anderen Seite. Das ist also der Zustand, über den wir auch immer nachdenken müssen, wenn wir jetzt von Informationsfreiheit sprechen.

Auf der anderen Seite haben wir in Österreich die besondere Situation des Amtsge­heimnisses, das ein bisschen durch das Auskunftspflichtgesetz entschärft wurde, aber auch nur theoretisch, weil die Ausnahmen wiederum so umfangreich sind, dass man in Wahrheit auch auf Grundlage dieses Gesetzes keine Auskunft bekommt.

Diese Amtsverschwiegenheit in der derzeitigen Form ist einfach nicht aufrechtzuerhal­ten. Daher unterstützen auch wir die Initiative, dass es zu einem Informationsfreiheits­gesetz kommt, wodurch tatsächlich eine Umkehrung stattfindet. Das heißt, der Grund­satz muss sein, dass die Information von der Behörde an den Bürger gegeben wird,


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und dabei muss es Ausnahmen geben. Natürlich werden wir genau über diese Aus­nahmen diskutieren. Ich habe bis jetzt von allen Vertretern der Parteien gehört, dass alle dafür sind, daher werden wir genau darüber noch heftig diskutieren können. Es muss natürlich die Sicherheit des Staates in den sensiblen Bereichen gewährleistet sein, und das ganz Wesentliche sind schlicht und einfach einmal die Grundrechte, die Bürgerrechte und dort vor allem der Datenschutz.

Ich bin überzeugt davon, dass wir das Informationsfreiheitsgesetz nur gemeinsam mit einer Novellierung des Datenschutzgesetzes diskutieren und in Wirklichkeit auch nur verschränkt hier werden beschließen können, weil das eine ohne das andere nicht wirksam ist.

In diesem Sinne bin ich sehr gespannt auf die zweite Lesung, denn die wird dann erst wirklich interessant. Da werden dann die Fragen aufeinandertreffen, wie weit die Aus­nahmen gehen und wie weit der Grundsatz, dass Informationen gegeben werden, im Vordergrund steht. Unser Grundsatz bleibt jedenfalls: Wir wollen einen gläsernen Staat, aber keine gläsernen Menschen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Mag. Meinl-Rei­singer.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


14.30.59

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Jeder, der unseren Wahlkampf verfolgt hat, weiß, dass wir drei Werte haben. Einer davon heißt Transparenz, und daher wäre es ein Unding, wenn wir uns prinzipiell diesem Ge­danken verweigern würden.

Auch wir sind natürlich wie alle anderen prinzipiell für ein Informationsfreiheitsgesetz. Wie auch schon angesprochen worden ist, wird es vor allem darum gehen, wie man die Individual- und Bürgerrechte schützt, wie man den Datenschutz behandelt, wie man den Einzelnen schützt.

Ein gläserner Staat darf nicht auf dem Umweg dazu führen, dass wir den gläsernen Menschen verwirklichen. Es ist einerseits von den Antragstellern angesprochen wor­den, dass Strafverfahren ausgenommen werden müssen, aber natürlich, wie von (in Richtung SPÖ) dieser Seite gesagt worden ist, müssen auch Zivilverfahren wie Schei­dungsverfahren ausgenommen werden, weil diese niemanden etwas angehen.

Vor ungefähr 15 Jahren war ich einmal bei der Vereinsbehörde und wollte dort einen Akt eines Vereins, den ich selbst vertreten habe, über Dinge, die in den Jahren 1920 bis 1930 geschehen sind, einsehen. Ich wurde damals zurückgewiesen mit dem Argu­ment: Amtsgeheimnis! – Solche Dinge sind natürlich absurd und dürfen nicht vorkom­men.

Auf der anderen Seite: Es gibt viele Verleumdungen, es gibt viele Strafverfahren, die überhaupt niemanden etwas angehen, und wenn wir über diese Schiene dorthin kom­men – und sei es kein Strafverfahren, sondern etwas anderes; geht uns nichts an –, dann werden wir sehr heftig diskutieren müssen. Auch betreffend – was weiß ich – Finanzdinge: Geht es jeden etwas an, wie hoch die Einheitswerte der Liegenschaften sind, die es in diesem Lande gibt?

Man muss auch die Polizei in ihren Ermittlungstätigkeiten ausnehmen. Vor 15 oder 20 Jahren gab es einmal einen Politiker, der am Sonntag im Fernsehen ganz stolz ge­sagt hat, dass schon am Montag die ersten Hausdurchsuchungen stattfinden können, was natürlich die Hausdurchsuchung völlig sinnlos gemacht hat und als solches in


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Wirklichkeit Amtsmissbrauch gewesen ist. Also da müssen wir uns ganz genau über­legen, was wir aufnehmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger zu Wort. – Bitte.

 


14.33.10

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS-LIF): Herr Präsident! Hohes Haus! Gleich vorweg: Wir hätten natürlich unseren Antrag, der ja fast wortident ist mit dem Antrag des Kollegen Steinhauser, dem Antrag der Grünen, heute auch gleich mit­nehmen können. – Bitte das zu entschuldigen! Wir sind noch nicht ganz hier ange­kommen, was den Usus angeht (Zwischenruf bei der ÖVP), aber das wird vielleicht da­zu führen, dass wir das Thema, das uns ja durchaus sehr wichtig ist, noch einmal dis­kutieren.

Wir haben gleich in der ersten Sitzung einen Antrag zur Abschaffung des Amtsgeheim­nisses, zur Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes eingebracht. Das ist der ers­te Schritt. Es geht jetzt einmal darum, einen Paradigmenwechsel einzuleiten, wie es heute auch schon mehrfach betont wurde.

Es geht darum, das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und dem Staat da­hin gehend neu zu regeln, dass der Bürger nicht aufgrund eines Auskunftspflichtge­setzes, das sehr mangelhaft ist, das sehr viele Ausnahmen vorsieht, als Bittsteller ge­genüber dem Staat auftritt, sondern, umgekehrt, die staatlichen Behörden zu einer Ver­öffentlichung und zu einem Zugänglichmachen der öffentlichen Dokumente verpflichtet werden.

Ich möchte schon betonen, dass es nicht ganz richtig ist, wenn wir sagen, wir stehen hier am Beginn einer Debatte, denn dieses Informationsfreiheitsgesetz ist schon versprochen worden, Kollege Steinhauser hat es gesagt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger.) – Na ja, aber die Regierung, allen voran Herr Staatssekretär Kurz (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger), hat durchaus vollmundig er­klärt, dass es ein Informationsfreiheitsgesetz geben wird. Meines Wissens gibt es auch zwei Entwürfe, die auf dem Tisch gelegen sind, nur der damalige Klubobmann Kopf hat das dann vor dem Sommer doch noch zurückgepfiffen.

Also gut, dann sagen wir eben, jetzt stehen wir am Beginn der parlamentarischen Debatte, und ich hoffe, dass das Thema auch in die Regierungsverhandlungen mitge­nommen wird. Offensichtlich sind sich alle Fraktionen einig, das freut mich sehr. Das heißt, man könnte ja davon ausgehen, dass das eine schnelle Sache sein wird.

Natürlich ist es nicht ganz leicht. Der Teufel steckt wie immer im Detail, zum einen – ganz richtig – was die Ausnahmen angeht: Datenschutz, Schutz der Persönlichkeits­rechte, Strafverfahren, Zivilverfahren wurden hier angesprochen. Ich bin sicher, da wird es Ausnahmen brauchen, entlang des Datenschutzgesetzes. Das ist uns auch sehr wichtig als Neos: dass es keinen gläsernen Bürger gibt.

Ich möchte aber noch auf einen zweiten Aspekt aufmerksam machen, der uns ein An­liegen wäre: Wir hätten gern ein Informationsfreiheitsgesetz auf Bundes- wie auf Lan­desebene. Warum ist uns das so wichtig? – Das Recht auf Information, das Recht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten, wie es übrigens auch eine Konvention des Euro­parates vorsieht, ist ein Menschenrecht. Und dieses Menschenrecht durch zehn ver­schiedene Informationsfreiheitsgesetze zu zersplittern, was letztlich dazu führt, dass es unterschiedliche Auslegungspraktiken geben wird, unter Umständen unterschiedliche Gebührenregelungen geben wird, das sehen wir nicht als sehr sinnvoll an, daher wäre unser Wunsch, dass es ein Informationsfreiheitsgesetz auf Bundes- und auf Landes­ebene gibt.


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Es wurde heute schon angesprochen, auch vom Kollegen Steinhauser – es hat mit Korruptionsbekämpfung zu tun, auch mit Freunderlwirtschaft –: Ich erinnere an die Vor­gänge rund um die Ausschreibung des Schubhaftzentrums Vordernberg, wo ja erst aufgrund des medialen Drucks Unterlagen veröffentlicht wurden. Auch das ist ein Bei­spiel dafür, wie ein Informationsfreiheitsgesetz ein echtes Kontrollrecht seitens der Bür­gerinnen und Bürger schaffen und genau solches Vorgehen transparenter, öffentlich machen kann. Der zweite Aspekt erscheint mir aber ganz wichtig: dass so ein Zugang zu Information und so ein Paradigmenwechsel in einer modernen, lebendigen Demo­kratie ganz dringend notwendig sind, um das Vertrauen der Menschen in diesen Staat, in die Verwaltung wiederherzustellen.

Es war heute im Rahmen des NSA-Abhörskandals schon die Rede von einem Ver­trauensverlust, ja sogar von einem Ohnmachtsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, und ich glaube, ein solches Informationsfreiheitsgesetz könnte dieses Ohnmachtsgefühl durchaus verringern. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

14.37

14.37.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 18/A dem unter Tagesordnungspunkt 7 zu wählenden Verfas­sungsausschuss zu.

14.37.446. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Parteien-För­derungsgesetz und das Einkommensteuergesetz geändert werden (5/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


14.38.09

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS-LIF): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Fernsehge­räten! Wir sind Europameister! Wir sind nicht nur Europameister, wir sind auch Vize­weltmeister – leider nicht im Fußball, leider nicht in einer Disziplin, in der wir uns solche Titel wünschen.

Wir in Österreich sind Europameister und Vizeweltmeister in der Disziplin Parteien­förderung. Wir haben pro Kopf eine dreizehnmal so hohe Parteienförderung wie Deutschland und eine zwanzigmal so hohe Parteienförderung wie die Schweiz. Das kann man Bürgerinnen und Bürgern nicht erklären. Das versteht niemand!

Wenn jemand sagt, wir bräuchten diese hohe Parteienförderung, das sei notwendig, um Korruption auszuschalten und zu verhindern, dann sage ich: Ganz sicher nicht! Wenn wir nämlich auf das Korruptionsniveau der Schweiz kämen – und das sagt eine Studie der Universität Linz, die ich gerne zitiere, weil ich selbst aus Linz komme; das ist meine Universität –, dann würden wir uns 2 Milliarden € pro Jahr ersparen. (Zwischen­ruf des Abg. Kickl.) Also daran kann es sicher nicht liegen. Wir haben auch – und das haben wir heute schon gehört – seit elf Jahren die Familienbeihilfe nicht erhöht, aber jedes Jahr die Parteienförderung, jedes Jahr ganz verlässlich. Auch das verstehen Bür­gerinnen und Bürger nicht.


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Wir wollen daher die Parteienförderung um 75 Prozent kürzen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das bedeutet eine Kürzung um 100 Millionen € von 133 auf zirka 33 Millionen €. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.) Das bedeutet, statt des bekannten bis­herigen Förderkorridors zwischen 3 und 11 €, eine Förderung von höchstens 2,50 € pro abgegebener Stimme. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ja, Sie haben richtig gehört: 2,50 € pro abgegebener Stimme (Abg. Mag. Darabos – in Richtung des Abg. Kickl –: Herbert, wie siehst du das? – Abg. Kickl: Ich bin für Kür­zung!), denn nur für abgegebene Stimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das ist unsere Überzeugung –, verdienen Parteien eine Förderung. Damit schaffen wir auch einen Anreiz dafür, eine Politik mit möglichst breiter Beteiligung zu machen, und wir schaffen auch einen Anreiz für eine positive Politik, eine positive Politik mit Ge­staltungskraft, an der die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wieder mit Freude teilhaben und teilnehmen.

Weiters enthält unser Antrag eine Ersparnis von geschätzten 20 Millionen € durch Ab­schaffung der Absetzbarkeit von Klub- und Parteisteuern. Absetzbarkeit bedeutet im­mer, dass alle anderen Steuerzahler mitzahlen. Und auch das versteht keine Bürgerin und kein Bürger: dass sie mit ihren Steuern bei den Klub- und Parteisteuern aller Par­teien mitzahlen sollen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Neben dieser drastischen Kürzung der Parteibudgets fordern wir auch eine Verschär­fung der Transparenzbestimmungen. (Ruf bei der ÖVP: Haselsteiner!) So sollen in Zu­kunft auch Zuwendungen von Interessenvertretungen an Fraktionen, an ihre Organe offengelegt werden und als Parteispenden gelten – also die bekannten Fraktionsfinan­zierungen –, und wir wollen auch, dass Einnahmen und Ausgaben von Bezirks- und Gemeindeorganisationen im Rechenschaftsbericht nicht mehr kumuliert dargestellt werden, sondern aufgeschlüsselt. Auch das ist eine Vorsorge gegen Tarnen und Täu­schen und Verstecken von Zuwendungen in kumulierten Zahlen, die niemand nach­vollziehen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Neos sind angetreten, um anzupacken und umzusetzen. Es liegt an Ihnen, diesen Weg notwendiger Reformen mitzugehen. Sie sind herzlich eingeladen, diesen Weg mitzugehen. Haben Sie Mut! Gehen Sie mit uns mit!

Als letzten Punkt sage ich noch, dass wir sehr genau darauf achten werden, ob die Re­gierungsparteien bei dieser Kürzung der Parteienförderung mitgehen (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein) und die richtigen Schritte machen. Wenn sie nicht erfolgen, werden wir den Druck weiter erhöhen, wir werden ihn aufrechterhalten, und ich kann Ihnen eines versprechen: Betreffend Kürzung der Parteienförderungen wer­den wir so lange draufbleiben, bis diese Forderung umgesetzt ist. – Vielen Dank. (Bei­fall bei NEOS-LIF.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Darabos. – Bitte.

 


14.43.17

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie wahrscheinlich wenig überraschen, dass meine Meinung diametral zu der meines Vorredners steht, denn wenn das umgesetzt wird, was die Neos, die jetzt neu im Parlament sind, fordern, dann gehen wir weg von einer parlamentarischen Demokratie, hin zu einer Big-Spender-Demokratie. (Rufe bei der ÖVP: Genau!) Es gibt zwei Parteien im Haus, die ziemlich nahe dran sind: die Neos, die ihren Wahlkampf über einen großen Spender finanziert haben, und das Team Stronach mit einem noch größeren Spender. (Ruf bei der FPÖ: Der Frank ist gar nicht da! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo ist der Frank?)


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Wo er ist, weiß ich nicht. Jedenfalls sage ich ganz offen, auch wenn es nicht populär klingen mag: Demokratie kostet Geld. Ein demokratiepolitisch ausgeformtes System kostet Geld. Demokratisch legitimierte Parteien sollen die Gesellschaft widerspiegeln – gesellschaftspolitisch, sozialpolitisch und in allen anderen Bereichen –, und insofern verstehe ich diesen Antrag nur als Versuch – heute wurde in einem anderen Zusam­menhang schon sehr viel über amerikanische Verhältnisse geredet –, amerikanische Verhältnisse in Österreich einzuführen, nämlich dass nur der, der das Geld hat, der das Gold hat, die Regeln macht und nicht die Menschen, die das demokratische System auch tragen. Insofern sagen wir ganz klar Nein zu diesem Antrag der Neos. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte eines ganz offen sagen: Ich habe jetzt in den Zeitungen gelesen, die Neos bringen frischen Wind, sie bringen neoliberale Politik ins Parlament. Sie bringen einen Demokratieansatz ins Parlament, der für mich nicht nachvollziehbar ist, und damit wer­den wir uns auch in den nächsten Wochen und Monaten zu befassen haben.

Ich möchte dazusagen, dass in Österreich im vergangenen Jahr 2012 eine Novellie­rung sowohl im Parteienbereich als auch im Transparenzbereich beschlossen wurde und dass durchaus auch international anerkannt wurde, dass Österreich da jetzt zum Vorreiter geworden ist. Wenn wir dieses Modell der Neos umsetzen würden, dann würde das dazu führen, dass wir wieder zurückfallen und uns nur von einigen wenigen Milliardären oder Millionären – da kann man in der Frage der Definition durchaus unter­schiedlicher Meinung sein – regieren lassen. Jedenfalls hätten wir eine demokratiepoli­tische Rückbildung, die wir nicht brauchen.

Deswegen sage ich ganz offen: Wir stehen ganz klar zu einer staatlichen Parteien­förderung, auch aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in diesem Land. Wir sind der Mei­nung, dass Demokratie in allen Bereichen Geld kosten wird und Geld kosten muss, und insofern ist dieser Weg, den die Neos heute hier in der ersten Lesung vorgezeich­net haben, aus meiner Sicht vehement abzulehnen.

Wir wollen in unserer Arbeit unabhängig sein, unabhängig von Big Spendern, von gro­ßen Konzernen. (Abg. Steinbichler: Unabhängig vom ORF!  ganz wichtig !) Das hätte auch interessante Auswirkungen, beispielsweise wenn man sich von Lobbys ab­hängig macht, wie Sie vielleicht von Lobbys abhängig sind – das weiß ich nicht genau, aber ich nehme es an –, was Arbeitnehmerrechte betrifft, was den Konsumentenschutz betrifft, was Umweltrechte betrifft und so weiter.

Deswegen sage ich von diesem Pult aus heute auch deutlich Ja zu einer staatlichen Parteienförderung, transparent aufgesetzt, wie sie im Jahr 2012 hier im Hohen Haus gemeinsam beschlossen wurde! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


14.47.20

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Natürlich kann man immer klüger werden und Gesetze verbessern. Als wir das Parteiengesetz beschlossen haben, haben wir tatsächlich eine Lücke nicht geschlossen. Was diesem Gesetz fehlt, ist eine Oligarchenklausel, damit so etwas nicht geschehen kann, was jetzt in diesem Nationalratswahlkampf geschehen ist (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen): dass sich reiche äl­tere Herren, die sich vieles kaufen können, hier auch eine Partei halten. Diese Lücke sollten wir schließen. Daher bin ich den Neos dankbar dafür, dass sie diese Debatte hier gestartet haben. Da haben wir tatsächlich etwas vor uns. So sollte es nicht sein.


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Aber das, was vorher vom Europarat in den anderen Bereichen kritisiert worden ist, ha­ben wir mit diesem Gesetz schon wettgemacht. Es hat vom Europarat diesen GRECO-Bericht gegeben, und was waren da die Vorwürfe, die gegenüber Österreich erhoben wurden? – Mangelnde Kontrolle, keine Sanktionen, keine Offenlegungen der Partei­spenden, keine bundesweit einheitlichen Regelungen, auch keine Regelungen für Mandatare, keine Obergrenzen, was die Kosten bei Wahlkämpfen betrifft.

Wir sind dann darangegangen – es waren damals die Klubobleute Cap und Kopf, die das in die Hand genommen haben –, diese Regelungen zu schaffen. Da hatten wir im­mer kritische Wegbegleiter. Ich denke zum Beispiel an Franz Fiedler, Transparency In­ternational – der anerkannte Fachmann, wenn es um Fragen der Transparenz geht, wenn es darum geht, dass hier rechtsstaatlich nicht korrekte Vorgangsweisen abge­stellt werden.

Franz Fiedler hat, als wir dieses Gesetz beschlossen haben, in einem „ZiB 2“-Interview wörtlich gesagt, dass er dieses Gesetz als ein Gesetz sehe, das einen Riesenfortschritt bringe. Er hat gemeint, dass wir mit dieser neuen Regelung, die wir im Parteiengesetz haben, mit dieser Deklarationspflicht ab 3 500 €, mit klaren Richtlinien, was Spenden betrifft, dem Verbot von Spenden aus dem Ausland, dem Verbot von anonymen Spen­den und so weiter und so fort, einen Fortschritt erreicht haben, den man anerkennen muss.

Ich könnte Ihnen auch Hubert Sickinger nennen. Er ist in Österreich der Politikwis­senschaftler, der sich am intensivsten mit Fragen der Parteienfinanzierung beschäftigt. Auch er hat ganz klar gesagt, dass es durch dieses Gesetz große Fortschritte gibt, dass wir – zusammenfassend gesehen – sehr gut liegen.

Es gibt einen dritten Experten, den ich nennen möchte, der sich schon in Buchform mit Fragen der Parteienfinanzierung nach Beschlussfassung dieses Gesetzes befasst hat, nämlich Professor Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus und Demo­kratiefragen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Dr. Zögernitz kommt zu folgendem Schluss:

Diese Regelungen stellen bezüglich der Zulässigkeit von Parteispenden, inklusive der Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten, sowie der neuen Kontroll- und Veröffentli­chungspflichten eine wesentliche Verbesserung dar, sodass man sagen kann  und ich bitte Sie schon, das auch zu hören , dass Österreich nunmehr eines der modernsten und strengsten Gesetze für die Arbeit und Finanzierung der politischen Parteien in Eu­ropa besitzt. – Zitatende.

Ich wiederhole: „eines der modernsten und strengsten Gesetze“. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler. Ja, Sie sind ein Vertreter der Oligarchenpartei, ich weiß es. Sie können sich ja nachher noch zu Wort melden. Wir haben ein anderes Demokratiever­ständnis als Sie. Es ist Ihr Recht, einen an der Spitze zu haben, den man immer er­wähnen muss, denn sonst wird er ja vergessen, weil er nie hier ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Plessl. Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Steinbichler.)

Wir pflegen eine andere Form: Wir sagen, ein Parlamentarier sollte hier seine Arbeit machen und nicht aus der Ferne hier Leute dirigieren, die seine Aufträge zu erfüllen haben. Das ist der große Unterschied!

Meine Redezeit ist schon fast zu Ende. Ich bitte Sie, unterstützen Sie dann den Antrag, wenn wir diese Oligarchenklausel schaffen möchten.

Wir sind dafür, dass es eine öffentliche Parteienfinanzierung gibt. Wir sind auch dafür, dass es die Möglichkeit gibt, Spenden an Parteien zu machen  aber transparent, nach­vollziehbar, nach klaren Regeln.

Man könnte auch die Auffassung vertreten, ein Spendenverbot einzuführen. (Abg. Brosz:  Einzelspenden!) Ich bin Rechnungsprüfer der Europäischen Volkspartei, und


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auf europäischer Ebene haben wir das. Auf europäischer Ebene dürfen politische Parteien keine Spenden annehmen. Ich halte das nicht für richtig. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wenn ich spenden kann für Sportvereine, für die Kultur, warum soll ich dann, wenn ich möchte, nicht auch eine politische Partei unterstützen dürfen, die ja auch in der Gesellschaft eine ganz wichtige Aufgabe zu erfüllen hat?!

Daher: Wir haben ein gutes Parteien-Förderungsgesetz 2012 beschlossen, aber wenn Änderungen notwendig sind, wie bei der Oligarchenklausel, machen wir diese gerne. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


14.52.46

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz werde ich den Verdacht nicht los, dass dieser Antrag der neuen Fraktion im Parlament, der Neos, ein Beweis mehr für die Richtigkeit der Aussage ist, dass das Gegenteil von gut oft gut gemeint ist, und dafür, dass man es auch so angehen kann, dass man bei dem Versuch, etwas zu verbessern, dann halt auch das berühmte Kind mit dem Bade ausschüttet.

Ich habe mir eine Spenderliste kommen lassen, auf der Homepage des Rechnungs­hofes abrufbar, wo man sieht, welche Parteien in der Vergangenheit welche Summen bekommen haben, und ich finde dort bei den großen Eingängen nur zwei Namen: Ha­selsteiner, Stronach, Haselsteiner, Stronach, Haselsteiner, Stronach (Oh-Rufe bei der ÖVP), so geht das ständig, bis ganz hinunter.

Und wenn Sie dieses Modell als das politisch zukunftsfähige für die Weiterentwicklung einer Demokratie halten, dann sei Ihnen das unbenommen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich glaube, dass das Ganze mit einer Demokratie nichts mehr zu tun hat. Das hat auch im alten Griechenland nicht Demokratie geheißen, sondern Plutokratie, das heißt, die Reichen schaffen an und machen sich unter sich das aus, was sie gerne hätten, und halten sich hier herinnen ein paar Marionetten, die dann das umzusetzen haben, was die draußen sich wünschen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das hat nichts mit Parlamentarismus und mit selbständigen Parlamentariern zu tun, sondern das ist Lob­byismus in Reinkultur. Und ich glaube, von Lobbyismus haben wir ohnehin schon zu viel und nicht zu wenig, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo sind überhaupt die Neos?)

Ich muss aber schon noch eines dazusagen, weil es vonseiten der SPÖ und der ÖVP regelrechte Lobeshymnen auf diese neuen Regelungen des Parteiengesetzes gege­ben hat: Dem kann man natürlich auch nicht ganz beipflichten! Wir Freiheitliche haben von Anfang an aus guten Gründen Kritik geübt. Wir haben gesagt, es ist sinnvoll, das System umzustellen, es ist sinnvoll, die verschiedenen Töpfe, sei es jetzt eine Wahl­kampfkostenrückerstattung oder die Parteienfinanzierung, auf ein System umzustellen. Das ist durchaus unterstützenswert, das ist auch geschehen.

Aber das, was wir nicht haben wollten, ist das, was die Grünen ermöglicht haben, näm­lich eine Ermächtigungsklausel für die Bundesregierung in einem sehr, sehr breiten Spektrum, sage ich jetzt einmal, von zwei genannten Summen in einem sehr, sehr breiten Kanal, dass die Regierung dann mit einfacher Mehrheit für sich selbst die Höhe der Parteienförderung relativ großzügig beschließen kann. Das ist ja auch das, was passiert ist. Und wenn die Grünen jetzt so tun, als hätten sie damit nichts zu tun, dann ist das schlicht und ergreifend falsch, weil sie diese Ermächtigung mit dem Verfas-


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sungsgesetz dem einfachen Gesetzgeber gegeben haben, wohl wissend, was kommt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist falsch! War vorher auch einfache Mehrheit!) Also die Grünen sind in diesem Zusammenhang Beitragstäter und alles andere als ein Kind von Unschuld.

Meine Damen und Herren! Wir haben das kritisiert, wir haben gesagt, mit uns wird es nur eine Regelung geben, wo wir eine Systemänderung herstellen können, wo aber für den Steuerzahler keine Mehrkosten entstehen. Ich habe schon in der Vergangenheit bei den Debatten zu diesem Thema wiederholte Male ausgeführt, dass gleich in meh­rerlei Hinsicht Mehrkosten entstanden sind, weil man sich zum Beispiel auch anteils­mäßig die Wahlkampfkostenrückerstattung, die jede Partei im Jahr 2008 für die volle Periode bekommen hat, noch einmal für eineinhalb Jahre ausbezahlt hat. Aus meiner Sicht ist das ein doppeltes Kassieren. Man hat mit einer Systemumstellung argumen­tiert, wir erhöhen es im Bund, aber die Länder fahren es dafür zurück. Dazwischen war ein halbes Jahr Lücke, doppelt finanziert. Also auch das waren Mehrkosten, die man verursacht hat.

So ist das eben etwas, das gegen die Intention der Freiheitlichen geht. Und ich denke heute noch mit Schaudern daran zurück, dass diese Bundesregierung es uns immer verweigert hat, uns mit Brief und Siegel zu bestätigen, dass die Umstellung des Sys­tems nicht einen Cent mehr kosten wird. Jetzt wissen wir, warum – weil es natürlich teurer geworden ist. Aber wir können es nicht so machen, wie es die Neos hier vor­schlagen. Eine 75-prozentige Kürzung ist ungefähr die Blödheit in die andere Richtung verlagert, jetzt schlägt das Pendel der Unintelligenz auf die andere Seite aus, denn wenn Sie das zu Ende denken, dann sage ich Ihnen, 90 Prozent zurückzufahren, das wäre noch günstiger, und am günstigsten wäre es überhaupt, wenn wir das alles über­haupt nicht mehr hätten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es ist auch niemand da von den Neos!)

Also wenn Figuren wie Herr Stronach und Herr Haselsteiner sich zusammensetzen, sich ausmachen, was sie interessiert, und hier herinnen heben dann noch ein paar die Hand, die dann im Sold dieser Herrschaften stehen, und dann tut man so, als ob das Parlamentarismus wäre – das wollen wir nicht haben, das ist ein aufgelegter Blödsinn, und deswegen werden wir einem solchen Oligarchenmodell auch nicht zustimmen.

Ich meine, jemand, der so gut wie jeden Bauauftrag in Österreich bekommt, hat leicht reden. Mit der berühmten vollen Hose ist leicht stinken, aber welche gesellschaftspoliti­schen und anderen Interessen er verfolgt, das ist eine andere Angelegenheit. (Zwi­schenruf des Abg. Steinbichler.)

Ich glaube, das Modell, das Sie haben, läuft auf ein Modell der Käuflichkeit der Politik hinaus, läuft auf ein Modell hinaus, dass es eine Abhängigkeit der Politik von der Wirt­schaft gibt, und es läuft auf ein Modell hinaus, bei dem die Politik zum Erfüllungsge­hilfen der Wirtschaft wird, und das können wir nicht wollen, gerade weil heute schon sehr, sehr viel über ein selbständiges und selbstbewusstes Parlament mit effektiven Kontrollrechten et cetera geredet wurde und alle gesagt haben, wie wichtig das ist. Das ist mit Ihrem Modell absolut nicht umsetzbar, sondern das ist genau das Gegenteil des­sen, was Sie versuchen, da aus der Flasche herauszuholen. Und ich garantiere Ihnen, wenn das käme, würden Sie es bereuen, weil Sie diesen Ungeist nicht mehr einfangen könnten. Aber wir werden das schon mit einer breiten Mehrheit der Vernunft hier herin­nen zu verhindern wissen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Hagen.)

Und dann rate ich den Neos auch noch eines: eine interne Abstimmung. Es ist ganz interessant, wenn Sie sich hier aufregen und sagen, dass die sogenannten Klubbei­träge nicht mehr als Werbungskosten zu sehen sein sollen, aber Herr Strolz in der „Pressestunde“ verlangt hat, dass Spenden, die man einer Partei gibt, von der Steuer


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absetzbar sein sollen. Also ich kenne mich jetzt nicht mehr aus, was das gängige Mo­dell ist. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Brosz.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz, aber, Herr Abgeordneter, wenn Ihnen die Zeit bis 15 Uhr zu kurz ist, könnte ich die Sitzung bis 15 Uhr unterbrechen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

14.58.10(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die un­terbrochene Sitzung wieder auf.

15.00.02Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (34/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 34/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die budgetäre Schieflage der Republik ist wesentlich ausgeprägter als im Vorfeld der Nationalratswahl seitens der Bundesregierung kolportiert wurde. Das Budgetloch wur­de auf bis zu 40 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre verortet. Andere Quellen sprechen von ca. 20 Milliarden Euro. Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Fi­nanzministerin Maria Fekter sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzstaats­sekretär Andreas Schieder setzen auf Nicht- und Desinformation. Vor der Wahl wurde das Nulldefizit als greifbar nah verkauft, großzügige Steuerreformen und Entlastungen wurden angekündigt und dem Wähler versprochen. Noch am 6. September 2013 – we­nig mehr als drei Wochen vor der Nationalratswahl - verkündete Maria Fekter:

„Das ist ein schöner Erfolg für uns und bringt uns zusätzliches Geld für das Budget ein. So können wir unseren Konsolidierungspfad in Richtung Nulldefizit konsequent weiter gehen.“

Nach der Wahl, am Abend des 13. November 2013, räumten die Regierungsparteien plötzlich erheblichen Anpassungsbedarf ein.

Wirtschaftsforscher und renommierte Ökonomen stellen den Regierungsparteien grund­sätzlich ein vernichtendes Zeugnis aus. Wifo-Chef Karl Aiginger fordert ernste Maß­nahmen in den Bereichen „Strukturreform“ und „Förderungswesen“. Die Budgetexper­tin Margit Schratzenstaller merkte an, dass die Bundesregierung ihre Budgetplanung auf veralteten Zahlen aufgebaut habe. Bernhard Felderer erkennt keinen Spielraum für steuerliche Entlastungsmaßnahmen. Der Präsident des Rechnungshofes, Josef Moser,


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gab sich ob des Milliardenloches insgesamt wenig erstaunt und verwies darauf, dass etwa Länder und Gemeinden bis heute nicht über ein einheitliches Rechnungswesen verfügen. „Rechnungshof-Präsident Josef Moser geht mit Bund und Ländern hart ins Gericht: Es sei für ihn keine Überraschung, dass Milliarden fehlen. () Wenn es nicht gelingt, die versprochene Sanierung des Staatshaushaltes bis 2017 einzuhalten (bis dahin maximal 0,45% Defizit), drohen Österreich Sanktionen der EU. Daher werde „ein Drüberschwindeln nicht gehen“. Massiv kritisiert Josef Moser die Luxuspensionen bei OeNB, ORF und Co. Er glaubt, dass man dort sehr wohl im Nachhinein eingreifen darf. Bei den Sozialversicherungsbediensteten ortet er ein Einsparungspotenzial von 1,4 Mil­liarden Euro: Denn noch 2009 und 2010 gingen dort 69% der Männer und 72%
der Frauen mit über 80 Prozent des Letztgehalts in Pension, einige sogar mit über
100 Prozent!“ (Kronen Zeitung 15.11.2013).

Das strukturelle Defizit soll nach Einschätzung der Bundesregierung im Vollzugszeit­raum 2014 bis 2018 im Optimalszenario bei 18,44 Milliarden Euro liegen. Hinzu kom­men milliardenschwere Einmaleffekte. Die Erhöhung der Familienbeihilfe - ein Wahl­versprechen der ÖVP - wurde bereits abgesagt, was zu berechtigter Empörung führte:

„Breite Empörung über Einsparung bei Familien - Familienforscher Mazal ist „be­stürzt“ – Kritik an konkreten Einsparungen der Regierung ohne Diskussion in Verhand­lergruppen

Seit dem Jahr 2000 wurde die Familienbeihilfe nicht erhöht, real hat sie seither fast 30 Prozent an Wert verloren. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde von den Studierendenvertretern aller Parteien, Familienorganisationen, der Arbeiterkam­mer, der Gewerkschaft, der Industriellenvereinigung, der Caritas, Familienforschern und anderen Experten eine Anpassung gefordert. Jetzt soll sie trotz anders lautender Versprechen nicht erhöht werden. Noch im vergangenen Juni hatten SPÖ und ÖVP ein "Familienpaket" präsentiert. Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung, die trotz des Budgetlochs auf dem Plan der Bundesregierung steht, sollte eigentlich auch die Fami­lienbeihilfe erhöht werden.“ (www.derstandard.at, 14.11.2013).

Im Pensionsbereich klafft ein Loch von über 8,7 Milliarden Euro, das gemanagt werden muss.

Damit wurden schon jetzt Familien und Pensionisten - als sozial besonders schutzbe­dürftige Gruppen - auf dem Abstellgleis geparkt. Dahinter steckt das klare Kalkül der eiskalten Wählertäuschung. Angesichts der knappen Mehrheit der schrumpfenden „Großen Koalition“ wäre diese wohl abgewählt worden, wäre der Bevölkerung der an­stehende finanzielle und soziale Supergau bekannt gewesen. Die Bundesregierung wusste definitiv Bescheid, wie im „Kurier“ vom 17.11.2013 zu lesen ist:

„Es war die Finanzvorschau im Frühjahr dieses Jahres, an der sich die Trickserei der Regierung dingfest machen ließ: Schuh und Schratzenstaller machten im Zuge des Kassasturzes publik, dass die Regierung veraltete Zahlen verwendet hatte, um den Weg zum Nulldefizit 2016 als geebnet erscheinen zu lassen. Der KURIER kann mit Zahlen belegen, wie hier vor der Wahl geschummelt wurde: Im Jänner 2013 hat das WIFO die mittelfristige Wachstumsprognose für die Jahre 2014, 2015 und 2016 auf durchschnittlich 1,87 Prozent gesenkt. Anstatt die Finanzvorschau an diese aktuelle Prognose anzupassen, beließ es die Regierung bei der alten: Im Jänner 2012 hatte das WIFO für die betreffenden Jahre noch 2,1 Prozent Wachstum vorhergesagt. Die Selbst-Verteidigung von Finanzministerin und Regierungsspitze, das WIFO habe erst jetzt, im Oktober, nach der Wahl, die Konjunkturprognose drastisch nach unten korri­giert, ist erneut unrichtig. An unserer Mittelfrist-Prognose hat sich von Jänner bis Okto­ber nicht viel geändert’, sagt Schratzenstaller. Auch Ulrich Schuh bestätigt: ‚Die Mittel­frist-Prognose, die das WIFO im Oktober vorlegte, liegt bei 1,8 Prozent.’ Die Regierung hält die aktuellen Prognosen bis dato unter Verschluss.“


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Vertretern der Koalitionsparteien muss das in der Vergangenheit bereits klar gewesen sein. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer erklärte öffentlich: „Ich habe nie eine Lohnsteuer- oder überhaupt Steuerreform in Aussicht gestellt, ich habe das nie für realistisch gehalten.“ Diese Aussage indiziert, dass den Wählern be­wusst die Unwahrheit gesagt wurde.

Dazu passt, dass in der Analyse des Budgetdienstes des Nationalrates zum Bundesfi­nanzrahmen 2014 bis 2017 zu lesen ist: „Gegenüber der Prognose für den Finanzrah­men 2013 bis 2016 haben sich die Werte für 2013 beim Wirtschaftswachstum (z.B. von 1,6% auf 1,0%) und bei den Arbeitslosenzahlen (von 274.500 auf 277.600) ver­schlechtert, beim Wachstum der Lohn- und Gehaltssumme (von 2,4% auf 2,7%) sowie der unselbständig Beschäftigten (von 0,4% auf 0,7%) verbessert. Im Finanzrahmen 2014 bis 2017 haben diese Veränderungen keinen budgetmäßigen Niederschlag ge­funden, sondern die Auszahlungsobergrenzen der einzelnen Untergliederungen und die Einzahlungsprognosen sowie die Verteilung auf die einzelnen Abgabenarten und sonstigen Einzahlungen sind unverändert geblieben.“

Dass das Budgetloch jetzt „kleingerechnet“ wurde, ist nichts anderes als der erneute Versuch der Bundesregierung, den vollen Umfang ihrer verantwortungslosen Politik, insbesondere auch in der Euro- und Bankenrettungs-Politik, herunterzuspielen.

Der Journalist Josef Urschitz von der Tageszeitung „Die Presse“ schreibt anlässlich dieser Vorgänge: „Kassasturz. Der Budgetpfad der Regierung war eine glatte Lüge, das Versprechen, die Steuerquote nicht weiter hochzutreiben, wohl auch. Der Sanie­rungsbedarf ist viel größer, als man uns sagt.“

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesmi­nisterin für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage

1. Wie stellt sich die budgetäre Situation der Republik tatsächlich dar?

2. Wie hoch ist das „Budgetloch“ tatsächlich?

3. Welche Gründe waren dafür maßgeblich, dass Sie vor der Nationalratswahl die Öf­fentlichkeit darüber falsch informierten?

4. Warum haben die im Finanzrahmen 2014-2017 vom Budgetdienst des Nationalrates festgemachten Veränderungen keinen budgetmäßigen Niederschlag gefunden?

5. Wann wurden Ihnen im Jahr 2013 jeweils aktualisierte Hochrechnungen hinsichtlich der konjunkturellen und budgetären Entwicklung zur Kenntnis gebracht?

6. Ab wann wussten Sie bzw. mussten Sie wissen, dass die Zahlen, die in der Vor­wahlzeit zitiert wurden, veraltet sind und nicht mehr dem tatsächlichen Entwicklungs­pfad der österreichischen Volkswirtschaft entsprechen?

7. Welche Folgen wird das Budgetdesaster voraussichtlich auf die Bonität Österreichs haben?

8. Welche Folgen wird das Budgetdesaster voraussichtlich auf die Refinanzierungskos­ten Österreichs haben?

9. Welcher Mehraufwand an Zinsen droht aus einer möglichen Bonitätsverschlechte­rung bzw. den erhöhten Refinanzierungskosten?

10. Auf welchen Annahmen beruht die Schätzung des strukturellen Budgetlochs in Hö­he von 18,44 Mrd. Euro?

11. Existiert eine wissenschaftliche Grundlage für diese Annahme?


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12. Entspricht es den Tatsachen, dass die erwähnte Schätzung von 18,44 Mrd. Euro ein Optimalszenario darstellt?

13. Können Sie ausschließen, dass sich dieser Betrag erhöht?

14. Welches strukturelle Defizit droht in einem pessimistischen Szenario?

15. Entspricht es den Tatsachen, dass das realistischste Szenario - wie von Wirt­schaftsforschern kolportiert - von einem Budgetloch von 31,3 Mrd. Euro für die aktuelle Legislaturperiode ausgeht?

16. Welche Zusatzbelastungen drohen über das avisierte strukturelle Defizit hinaus in der aktuellen Legislaturperiode?

17. Wie hoch schätzen Sie die drohenden Zusatzbelastungen, die nicht im strukturellen Defizit Berücksichtigung fanden?

18. Welche Rolle spielt dabei das „Bankenpaket“?

19. Welche Vorkehrungen gibt es im Budgetplan für drohende Zusatzbelastungen?

20. Ist es richtig, dass ein „Sparpaket“ in Planung befindlich ist?

21. Wenn ja, welche konkreten Belastungen haben Sie für die Österreicherinnen und Österreicher in Aussicht genommen?

22. Entspricht es den Tatsachen, dass die Familienbeihilfe entgegen aller Verspre­chungen – nicht erhöht werden soll?

23. Entspricht es den Tatsachen, dass die Realisierung von versprochenen Infrastruk­turprojekten, wie Koralm-, Semmering- und Brennerbasistunnel verschoben wird?

24. Entspricht es den Tatsachen, dass die im Nationalratswahlkampf versprochene Steuerreform nicht umgesetzt wird?

25. Welche Auswirkungen hat die budgetäre Situation der Republik auf den künftigen Finanzausgleich?

26. Welche Auswirkungen auf die budgetäre Situation der Republik haben die steigen­den Arbeitslosenzahlen?

27. Bis wann wird es einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst geben und welche Bereiche sind davon konkret betroffen?

28. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie - vor dem Hintergrund der Kritik des Rechnungshofpräsidenten Josef Moser - zur Sanierung des Staatshaushaltes in Aus­sicht genommen?

29. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gegen die von Rechnungshofpräsiden­ten Josef Moser kritisierten Luxuspensionen bei OeNB, ORF und Co in Aussicht ge­nommen?

30. Wann wird ein bundesweit einheitliches Rechnungswesen für Länder und Ge­meinden umgesetzt?

31. Wird dieses einheitliche Rechnungswesen auch ein Vorsichtsprinzip inkludieren?

32. Ist ein gesetzliches Budgetprovisorium in Aussicht genommen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Klubob­mann Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte sehr.

 



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15.00.27

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kleine Anregung vorweg: Wir haben hier drei Uhren in diesem Hohen Haus, die alle un­terschiedlich gehen. Man sollte sie zumindest gleichstellen, damit wir dann wenigstens eine gemeinsame Orientierungshilfe haben, was die Zeit betrifft. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Spricht für die Parlamentssanierung!)

Die Dringliche Anfrage, die heute notwendig geworden ist, ist deshalb notwendig ge­worden, weil wir eine ganz konkrete Desinformationslage über die budgetäre Situation Österreichs vorfinden. Was da in den letzten Wochen passiert ist, ist ja durchaus inter­essant, aber es ist offenbar dramatisch. Anders kann man auch die Verhaltensmuster von SPÖ und ÖVP im Zuge der Regierungsverhandlungen nicht erklären. Ich denke, wenn man Revue passieren lässt, was da passiert ist in den letzten Wochen, dann ist schon eines spannend, nämlich dass es vor den Wahlen von der Frau Finanzminister geheißen hat: Alles im Griff! Das Budget exzellent im Griff, bestens aufgestellt, Nullde­fizit demnächst in Sicht!

Das war die Ausgangslage vor der Wahl, und dann ist nach der Wahl plötzlich alles an­ders. Plötzlich gibt es ein Budgetloch, wo man sich dann auch noch streitet, wie groß es denn eigentlich ist – 28 Milliarden bis 40 Milliarden €. Darüber streiten sich die Ex­perten, aber auch die Parteien SPÖ und ÖVP. Und plötzlich ist eine Krise da, die vor­her nicht erkennbar gewesen sein soll, die vorher nicht sichtbar gewesen sein soll, die vorher für die Verantwortungsträger, für den Herrn Bundeskanzler, der jetzt in den Ab­geordnetenreihen sitzt, oder für den Herrn Vizekanzler, oder auch für die Frau Finanz­minister und die Regierungsmitglieder nicht erkennbar gewesen sein soll?

Da stellt man sich die Frage: Wie geht das, dass plötzlich so ein Budgetloch auftaucht und dann wie das bekannte Ungeheuer von Loch Ness auf einmal wieder ver­schwindet, auf einmal wieder weggeredet wird? Wie kann es solche Mechanismen ge­ben?

Ich denke, dass es auf der Hand liegt, dass da mit Unwahrheiten operiert wurde. Ich finde es besonders ungeheuerlich, wenn man, wie man heute annehmen muss, in den letzten Jahren und gerade auch im Vorfeld der Nationalratswahl, vor dem 29. Septem­ber vonseiten der Verantwortlichen permanent der eigenen Bevölkerung und den Ab­geordneten hier im Hohen Haus die Unwahrheit gesagt hat. Das ist nicht nur unge­heuerlich, ich sage, es ist auch schäbig, so zu handeln! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist die konkrete Vermutung, die man haben muss, denn natürlich muss man doch davon ausgehen, dass die Verantwortungsträger in ihren Ressorts, von der Finanzmi­nisterin angefangen bis in die anderen Ressorts hinein, Budgetzahlen lesen können, sie auch beurteilen können und daher auch beurteilen können: Gibt es ein Defizit? Gibt es Ausfälle oder nicht? – Oder man trickst bewusst. Auch das steht im Raum, dass bewusste Budgettricksereien stattgefunden haben, dass man bewusst versucht hat, ein paar Dinge wegzureden beziehungsweise im Budget nicht aufscheinen zu lassen und mit anderen Rechnungen letztlich auch andere Zahlen darzustellen.

Sozusagen den Vogel abgeschossen hat in diesem Zusammenhang Bürgermeister Michael Häupl, der in die „Pressestunde“ geladen war und sagte, da sei überhaupt kein Budgetloch vorhanden, er habe überhaupt kein Problem damit, denn das sei le­diglich ein Auseinanderlaufen der Prognosen! Das war seine Äußerung: ein Ausein­anderlaufen der Prognosen. Ich sage, gleichgültig, wie dann die echten Zahlen ausse­hen, es ist auf jeden Fall eine Tatsache, dass den Menschen die Unwahrheit gesagt wurde und dass man vor den Wahlen die Menschen, ja, betrogen hat. Anders kann man das nicht nennen. Die Frau Finanzministerin hat, wie gesagt, am 6. September


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erst, das ist ja noch gar nicht so lange her, vom Nulldefizit geschwafelt – Nulldefizit in Sicht!

Ich möchte heute von Ihnen wissen, Frau Finanzminister: Wie konnten Sie am 6. Sep­tember so eine Prognose abgeben? Und wie kann die in so kurzer Zeit so eklatant anders aussehen? Also wir haben ja schon vor dem 6. September aufgezeigt, dass es sehr wohl dramatische Entwicklungen gibt, dass wir im Bereich der ausgelagerten Un­ternehmen, ASFINAG, ÖBB, andere Bereiche bis hinein in die Gemeinden, dramati­sche Zahlen haben und, wenn man ehrlich damit umgeht, ein unglaubliches Loch vor­handen ist. Aber das haben Sie auch damals schöngeredet und weggeredet. Wir ha­ben darauf aufmerksam gemacht.

Es ist daher besonders unglaubwürdig, wenn dann politische Leitfiguren im Finanzmi­nisterium und auch in anderen Bereichen – aber in diesem Fall das Finanzministerium als Hauptverantwortungsträger, von der Frau Ministerin Fekter bis hin zum neuen Klub­obmann Schieder, der ja auch Staatssekretär war und nicht so tun kann, als hätte er sich nicht damit auseinandergesetzt und hätte das nicht bemessen können – so tun, als hätten sie von dem Budgetloch nichts gewusst.

Und deshalb ist eines besonders interessant: Heute geht es um andere Funktionen, aber ich sage, in der Privatwirtschaft, bei jedem Kleinbetriebler, der Geschäftsführer ist und der solche Handlungen setzt, der wird dann nicht irgendwie weggelobt, sondern aus dem Unternehmen hinausexpediert werden, wenn man solche Entwicklungen vor­findet, Herr Klubobmann Schieder. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen ist es interessant, wie Sie auch in Ihrer Verantwortung dann versuchen werden, das dem Hohen Haus zu erklären und darzustellen. Aber es bleiben in dieser Hinsicht zwei mögliche Erklärungen. Die Erklärung eins ist jene: Sie haben bewusst getrickst, bewusst die Unwahrheit gesagt, damit bewusst im Vorfeld der Nationalrats­wahl die Menschen hinters Licht geführt, weil die zu Recht heute empört sind über die­se Vorgangsweise und daher auch eine andere Wahlentscheidung getroffen hätten. Also wenn Sie heute auf den Straßen unterwegs sind, quer durch Österreich, dann reden Sie einmal mit den Bürgerinnen und Bürgern, welche Meinung die heute von den beiden verantwortlichen Parteien SPÖ und ÖVP in dieser Frage haben!

Die eine Möglichkeit gibt es, es gibt aber auch die zweite Möglichkeit, die genauso schlimm ist, nämlich dass Ihnen jegliche Kompetenz in diesem Bereich abzusprechen ist und Sie keine Kompetenz in diesem Bereich haben. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, wie so etwas zustande kommen kann. Und so gesehen ist das etwas, was dann auch, wenn der zweite Punkt der Fall wäre, von unglaublicher Inkompetenz zeugt und wo genauso Handlungsbedarf gegeben wäre wie beim ersten Fall.

Man kann natürlich hergehen und sagen, man versucht jetzt vonseiten der SPÖ und der ÖVP das Ganze wieder mit argumentativen Ablenkungsmanövern zu versehen, in­dem man hinsichtlich alter Zahlen oder Prognoseunsicherheiten von Wirtschaftsfor­schern sagt, selbstverständlich irren sich auch Wirtschaftsforscher in ihren Prognosen, und natürlich ist das auch bis zu einem gewissen Punkt eine Kaffeesudleserei, wenn Wirtschaftsforscher Prognosen erstellen, keine Frage.  Das kann ein Argument sein, wo man versucht, sich herauszureden.

Aber es ist die verdammte Pflicht der politischen Verantwortungsträger, sehr wohl auch Prognosen zu hinterfragen und einmal auch vom schlimmsten Fall auszugehen und nicht, wie Sie es gehandhabt haben, immer vom besten Fall auszugehen und sogar Steuern einzurechnen, die überhaupt nicht realpolitisch umsetzbar sind, wie die Fi­nanztransaktionssteuer und andere Bereiche, oder Einnahmen durch die Schweizer, wo Sie ja auch mit Einnahmen kalkuliert haben, und viele andere Bereiche mehr. Das ist Ihre Verantwortung.


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Und ich sage: Natürlich gibt es Experten, und es gibt Institute wie das WIFO, das IHS, viele andere mehr. Ja, aber es ist Ihre Verantwortung, alle Szenarien nach bestem Wissen und Gewissen, auch im Sinne eines ordnungsgemäßen Geschäftsmannes der Republik, entsprechend auf den Tisch zu legen und ernst zu nehmen  und auch Dritte ernst zu nehmen, die ja durchaus die Zahlen anders gesehen haben. Und Sie haben versucht, das im Vorfeld immer wieder wegzuwischen.

Es braucht sich von den beiden Parteien, von SPÖ und ÖVP, keiner am anderen ab­zuputzen. Das ist auch nicht notwendig, da stecken beide tief drinnen. Und bezüglich Bundesfinanzgesetz, das da als Regierungsvorlage vorgelegt wird und im Ministerrat mit Einstimmigkeitszwang letztlich auch durchzupeitschen ist, trifft Sie beide die gleiche Schuld. Da braucht keiner so zu tun, als hätte er weniger Verantwortung in dieser Frage.

Alles, was die Koalition hier zusammenzubringen scheint, ist, sich momentan darauf zu einigen, dass man offenbar wieder die Bevölkerung belasten will. Das heißt jetzt, nach­dem das Budgetloch nach der Wahl offenkundig geworden ist, geht man her und hat schon wieder den Ansatz: Wie können wir auf dem Rücken der Bevölkerung unser eigenes Versagen ausbügeln? Wir sind nicht bereit, an den notwendigen Schrauben zu drehen, nämlich endlich die Vorschläge des Rechnungshofes – zu Hauf gibt es diese, 599 sind es, wenn ich das richtig im Kopf habe – in Angriff zu nehmen und damit, mit einer Verwaltungsreform, entsprechende Effizienz sicherzustellen und unnötige Mehr­ausgaben in diesen Bereichen endlich abzustellen.

Nein, es wird ausschließlich darüber nachgedacht, wie man mit neuen Steuern die Men­schen belasten kann wo wir heute schon ein Höchststeuerland sind in Österreich, wo heute schon die Leistungsträger in der Gesellschaft in allen Bereichen darunter leiden, nämlich gleich, ob kleinerer oder mittlerer Unternehmer, gleich, ob Arbeitnehmer oder Angestellter, alle Leistungsträger leiden unter dieser Höchststeuerbelastung. Das geht bis hin zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die wir heute vorfinden, wo man natürlich, wenn man den Wirtschaftsmotor abwürgt durch Höchststeuerbelastungen, nicht davon ausgehen kann, dass die Wirtschaft sich in der Krise wieder erholen wird – im Ge­genteil –, und damit muss natürlich eine weitere Zuspitzung des Budgetproblems auf uns zukommen.

Das ist ja überhaupt die Absurdität schlechthin! Neue Steuern, neue Belastungen, die wieder die Bürger, die Arbeitnehmer, die Leistungsträger treffen sollen, natürlich auch die Pensionisten und natürlich auch die österreichischen Familien, die in Wirklichkeit schon in den letzten Jahren vonseiten der SPÖ und der ÖVP ein Raubrittertum erlebt haben. Bei den Pensionen hat es im Sinne der Inflationsentwicklung keine entspre­chende Inflationsindexanpassung gegeben, und bei den Familien hat seit Jahren im Bereich der Familienbeihilfe und des Kindergelds keine Anpassung stattgefunden. Da will man sich dann weiter genau bei diesen Personengruppen abputzen.

Genau das ist fatal, das kann es überhaupt nicht sein! Man muss im Gegenteil endlich auch dort an den Schrauben drehen, wo Gelder seit Jahren und Jahrzehnten in rot-schwarzen Verwaltungsspeckstrukturen versickern, wo man dann vielleicht auch die Parteifreunde da oder dort mit einer Doppelführungsspitze bedient. Solche Modelle haben wir in vielen Bereichen, wenn wir etwa wieder bei der Nationalbank hinein­schauen, wo wir die unglaublichsten Privilegien finden, die endlich abzustellen Sie bis heute nicht bereit sind.

Dort gehört angesetzt! Genau das erwarten die Menschen heute von uns, und genau dazu sind Sie nicht bereit. Es kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass es vor dem 29. September 2013 noch nie eine Wahlbewegung gegeben hat, bei der sich eine im Amt befindliche SPÖ- und ÖVP-Regierung eine Wahl so dermaßen erschlichen hat wie bei dieser. Es gibt für mich kein eklatanteres Beispiel aus der Zweiten Republik, bei


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dem man versucht hat, sich mit solchen Unwahrheiten ein Wahlergebnis zu erschlei­chen! (Beifall bei der FPÖ.)

Es kann einem regelrecht angst und bange werden, wenn man daran denkt, dass weit­gehend dieselben Personen, die in den letzten Jahren Verantwortung hatten, gerade dabei sind, diese Verantwortung fortsetzen zu wollen und dabei mit den gleichen Me­chanismen arbeiten.

Daher sage ich, jede Zahl, die wir heute von Ihnen vorgelegt bekommen, müssen wir einmal grundsätzlich mit höchster Vorsicht und höchster Kritik und auch höchstem Misstrauen beurteilen, weil wir das ja jetzt aus der Vergangenheit heraus wissen. Ge­nau das ist offenbar Ihr Muster. Ich glaube Ihnen eigentlich nichts mehr nach diesem Vorgehen, das offenkundig geworden ist.

Besonders unterhaltsam ist es ja, wenn man der SPÖ, also genau jenem Politikerbe­reich, der letztlich für das Milliardenloch verantwortlich ist, dann die rote Plakatpro­paganda im Wahlkampf in Erinnerung rufen muss. (Abg. Dr. Jarolim: Ich täte einmal nach Kärnten schauen!) Ich erinnere: Arbeit – in Wirklichkeit haben wir Rekordarbeits­losigkeit in Österreich. Oder: Pensionen – in Wirklichkeit haben wir Milliardenlöcher im ASVG-System, aber die tollen Privilegien bei der Nationalbank, die tollen Privilegien bei den Altpolitikerpensionen und in vielen Bereichen mehr, die man bis heute nicht ab­stellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das geschriebene oder plakatierte Wort bei der SPÖ passt ja nicht mit der Realität zusammen, bis hin zum Thema Gerechtigkeit. Was versteht man unter Gerechtig­keit? – Dass jene, die etwas leisten, die etwas einbringen, auch entsprechend dafür entlohnt werden. Das verstehe ich darunter, und nicht, dass man, wenn man fleißig ist und etwas arbeitet, am Ende mehr Steuern zahlen muss und andere, die vielleicht dazu nicht bereit sind, dann letztlich davon etwas bekommen. Das versteht man nicht darunter. Das ist nicht Gerechtigkeit, aber genau dort versuchen Sie genau das Ge­genteil von dem zu tun, was Sie plakatiert haben.

Im Grunde muss das drastische Folgen haben – ich sage das ganz bewusst –: Wir fordern daher heute auch selbstverständlich den Rücktritt der Finanzministerin Maria Fekter, aber auch den Rücktritt der gesamten Regierung! Es gibt kein Vertrauen mehr in diese Herrschaft! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Misstrauensantrag ist das Gebot der Stunde, und wir werden daher heute auch den Misstrauensantrag einbringen. Aber damit allein ist es nicht getan. Ein Neuwahl­antrag, der von uns heute eingebracht werden wird, ist genau das, was sich die öster­reichische Bevölkerung in Wirklichkeit erwartet, sie sagt: Das ist ja alles unehrlich! Die Politiker sind unehrlich zu uns gewesen, das sind ja ganz andere Voraussetzungen, auch für Entscheidungsgrundlagen! Hätten wir vor dem 29. September gewusst, wie man uns hinters Licht führt, dann hätten wir unsere Entscheidung auch anders getrof­fen!

Und genau darum geht es: Das Ehrlichste und Gerechteste wäre, eine Neuwahl si­cherzustellen, und die könnten wir gleich gemeinsam mit der Wahl zum Europäischen Parlament durchführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen haben es satt, solche Vorgangsweisen und Unwahrheiten zu erleben, sie haben es satt, eine Entwicklung zu erleben, wo politische Verantwortungsträger permanent mit solchen Methoden versuchen, sich ihre Stimmen zu erheischen, und am Ende draufzukommen, die haben es nicht ehrlich gemeint. Ehrlichkeit ist das Ent­scheidende, auch die Wahrheit beim Namen zu nennen und auch einzugestehen, dass man Fehler gemacht hat, das erwarten die Menschen. Das würde man Ihnen auch danken, hätten Sie diese Ehrlichkeit gelebt. Aber die Unehrlichkeit wird keinen Dank finden, bei solchen Mechanismen steigen die Bürger endgültig aus.


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Es ist daher notwendig, hier gegenzusteuern. Natürlich ist es auch wichtig, festzuhal­ten, dass wir eine Krise haben – keine Frage, auch auf die kann man einiges schieben. Man kann natürlich auch sagen, aufgrund der Euro- und Finanzkrise sind wir in dieses Dilemma hineingeraten. Das passt halt nur logisch nicht zu Ihrer Argumentation, die Sie in den letzten Jahren gelebt haben, denn seit wir den Euro haben, muss ja alles besser geworden sein.

Man sieht ja auch, dass diese Argumentationen, die da seit Jahren immer wieder ge­bracht werden, widerlegt sind: welche Vorteile die Menschen durch den Euro haben, dass sie da angeblich mehr verdienen als je zuvor, obwohl das Gegenteil schon bewie­sen ist. Realität ist nämlich, dass für die unteren Einkommensbereiche die Reallöhne seit Einführung des Euros in Österreich um über 30 Prozent gesunken sind. Das wird auch von Ihnen geleugnet.

Es stimmt nicht, dass die Menschen durch den Euro so viele Benefits haben. In Wirk­lichkeit gab es eine kalte Enteignung für alle Sparer, bei der alleine die österreichi­schen Sparer 3,5 Milliarden € verloren haben. Das kann man wieder wegwischen, das wird auch von Ihnen gemacht. Und Sie erklären uns jedes Mal, wie toll letztlich diese Errungenschaft des Euros ist, aber gleichzeitig kommen Sie dann heraus, stellen sich her und geben dem Euro die Schuld an dieser Budgetentwicklung. Das ist ja dann spannend, und da frage ich mich, wie Sie diesen Widerspruch auflösen wollen.

Da müssen Sie irgendwann einmal eine Argumentationsseite als die für Sie richtige erkennen: Entweder ist der Euro gut und hat uns das Große und Tolle gebracht – oder er ist doch nicht so gut und ist mit ein Grund oder vielleicht sogar Hauptgrund dieser Entwicklung, die wir heute haben. Und genau darüber sollten wir auch ehrlich reden und uns nicht immer wieder mit falschen, unterschiedlichen, sich widersprechenden Ar­gumenten begegnen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Europäische Union und natürlich die Währungsunion tragen auch maßgeblich Schuld an dieser Entwicklung. Das ist unsere Erkenntnis, wir stehen dazu, und wir halten das fest und sagen das auch. Wir wollen ja darüber diskutieren, wie man aus dieser Misere herauskommen kann, und auch über unterschiedliche Wege nachdenken, zu denen es keine Diskussionsverbote geben darf. Alle Maßnahmen, die wir bis dato erlebt haben, sind rein oberflächliche Kosmetik. Und es ist noch lange nicht zu Ende. Der Schaden, der angerichtet wurde, ist da.

Die Frage, die sich stellen wird und die sich heute auch stellt, lautet: Wollen wir den Schaden begrenzen und in Zukunft weiteren Schaden verhindern, oder machen wir weiter mit kosmetischen Operationen? Man kann davon ausgehen, dass der jetzt schon entstandene und vorhandene Schaden sich weiter ausbaut, weiter potenziert wird, am Ende dann noch ganz andere Mechanismen beim ESM greifen und die Men­schen dann mit Zigmilliarden Euro Haftungssummen auch noch zur Ader gelassen werden, neben den anderen Budgetlochmechanismen und vielen anderen Versagens­mustern, die wir im eigenen Haus bereits erlebt und auch definiert haben.

Ich sage, es gibt wenig Spielraum. Wir müssen letztlich Zukunftsinvestitionen im Land sicherstellen, wir müssen Steuersenkungen für die Leistungsträger sicherstellen, damit die Wirtschaft gerade in Zeiten wie diesen angekurbelt wird, damit die Unternehmer auch wieder investieren und Arbeitsplätze sichern und schaffen können, damit man eine Chance hat, auch wieder ein Wirtschaftswachstum herbeizuführen, und nicht weiter den Wirtschaftsmotor abwürgen, denn dann würde uns die Katastrophe des Budgetlochs nämlich doppelt und dreifach treffen. Dann werden wir nämlich auch noch bei den schon heute vorhandenen Steuereinnahmen eine weitere Reduktion erleben. Genau das muss vermieden werden. Wir werden mehr Arbeitslose haben, die uns noch mehr kosten. Genau deshalb muss man hier gegensteuern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 120

Ich sage ganz bewusst: Steuererhöhungen kommen für uns nicht in Frage, man muss endlich auch bei den Reformen ansetzen, die der Rechnungshof vorgeschlagen hat, und nicht beim Mittelstand, nicht bei den Leistungsträgern, nicht bei den Pensionisten und nicht bei den Familien. Das ist das Gebot der Stunde. (Beifall bei der FPÖ.)

Es muss jetzt Schluss sein mit der Geheimniskrämerei, Schluss sein mit Budget­tricksereien, Schluss sein mit einer Situation, in der man versucht, mit Vertuschungs­aktionen alles zuzudecken und auszubügeln, sich wieder ein paar Jahre drüberzu­retten – und dann bricht in den nächsten fünf Jahren die Katastrophe aus, wenn die Realität nicht mehr zu verbergen und nicht mehr zu vertuschen ist! Es müssen die Staatsschulden auf allen Ebenen, in allen Bereichen endlich transparent gemacht wer­den, es müssen die Budgettricksereien aufhören, es braucht einen Kassasturz! Die Menschen erwarten jetzt, dass Sie hier auf dieser Ebene tätig werden, und da verlan­gen wir eine Aufstellung.

Wir sagen, es muss jetzt beim Kassasturz Folgendes sichergestellt werden: Offenle­gung! Wie hoch sind die Haftungen aus diversen Bankenrettungspaketen der letzten Jahre? Wie hoch sind die Haftungen aus diversen Eurorettungsmaßnahmen sowie Verpflichtungen gegenüber den Eurorettungsschirmen EFSF und ESM? Wie hoch sind die Schulden aller in Staatsbesitz befindlichen ausgelagerten Gesellschaften, der ÖBB, der ASFINAG? Wie hoch sind die Schulden und Haftungen der Länder und Gemein­den? Wie hoch sind die Verpflichtungen für die maroden Banken in vollständigem oder teilweisem Staatseigentum – letztlich Hypo Alpe-Adria, ÖVAG, Kommunalkredit – und andere, weitere Belastungen dieser Institute, die in Zukunft zu erwarten sind?

Es ist ein völliger Neustart in der Budgetpolitik notwendig. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schluss: Die Österreicher haben sich eine solide, ehrliche, offene und transparente Vorlage des realen Budgets und eine ehrliche Budgetpolitik verdient. Das ist das Gebot der Zeit. Und die Zeit des Vertuschens und der Trickserei muss zu Ende sein.

Wenn Sie Anstand und Charakter haben, dann stimmen Sie im Verfassungsausschuss dem Neuwahlantrag zu, dann machen wir gemeinsam mit der Wahl zum Europäischen Parlament auch eine Nationalratswahl, damit die Bürger angesichts dieser Fehlent­wicklungen und Unwahrheiten auch eine Entscheidung treffen können. (Beifall bei der FPÖ.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Mi­nuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.21.36

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf den Rängen! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! Ich bedanke mich sehr, dass ich hier die Ge­legenheit habe, noch einmal die Zahlen und Fakten klarstellen zu können.

Das aktuelle Budget insgesamt zeigt stabile Finanzen. Es fehlt kein Geld im heurigen Budget. Und alle Berichte zum Budgetvollzug 2013, die hier im Parlament vorliegen – Monatsberichte, Quartalsberichte, der Gesamtvollzugsbericht über die ersten drei Quar­tale –, Herr Kollege Strache, hätten Sie sich anschauen können. Dann wüssten Sie, dass wir nicht getrickst haben, dass wir nichts verschleiert haben und dass wir nichts hinter dem Berg halten. Wir sind hier ausgesprochen transparent. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind ausgesprochen transparent, wenn man die Berichte nur liest. Sie zeigen, dass wir besser im Plan sind, als alle erwartet haben. Sie zeigen, dass wir bei den Ausga­ben eine deutliche Tendenz nach unten haben und dass wir bei den Einnahmen besser


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 121

als im Vergleichszeitraum des Vorjahres liegen. Wir haben daher den Nettofinanzie­rungsbedarf um 24 Prozent verbessern können. Das sind 1,7 Milliarden €. Meine sehr verehrten Damen und Herren, und obwohl die Prognostiker des Wirtschaftsforschungs­institutes für heuer von 1 Prozent auf 0,4 Prozent reduziert haben, ist es uns trotzdem gelungen, den Budgetvollzug für das heurige Jahr so positiv zu gestalten.

Es ist das das Resultat der getroffenen Maßnahmen. Österreich zeigt, dass die Wirt­schaft besser, wenn auch nicht berauschend gewachsen ist, sowohl 2012 als auch 2013, im Verhältnis zu unseren Nachbarn und dem Durchschnitt in der EU. Wir haben Widerstandsfähigkeit gegenüber den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen ge­zeigt. Das ist kein Anlass, dass ich hier in Jubel ausbreche. Ganz im Gegenteil: Es muss auch in den kommenden Jahren die Konsolidierungsbemühung, die wir einge­schlagen haben, mit unserem Konsolidierungspfad 2012 voranschreiten. Und wir wer­den auch weitere Maßnahmen benötigen, um insgesamt die Schuldenkrise zu bewerk­stelligen. Ich bin aber zuversichtlich, dass die zukünftige Bundesregierung den einge­schlagenen Weg mit unserem Reformpfad aus dem Jahr 2012 nicht verlassen wird, damit ein festes Fundament hat und diese Reformagenda weiter umgesetzt wird. Es ist daher unseriös, wirklich unseriös, von einer Budgetlücke oder gar einem Budgetloch zu sprechen, wenn das aktuelle Budget besser als im Plan ist. (Abg. Mag. Kogler: Es ist eine Finanzrahmenlücke!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist aber legitim, dass man sich bei Koa­litionsverhandlungen auch ansieht, wie denn der Fahrplan für die nächsten Jahre aus­sehen soll. Und da ist es natürlich auch legitim, dass man sich ansieht, wie viel Einnahmen wir denn für unsere Maßnahmen haben werden, und dass man sich an­sieht, ob die Einnahmenentwicklung zur Ausgabenentwicklung passt. Dies wurde auf­grund der Prognosen, die wir jetzt bekommen haben, gemacht. Es liegt in der Natur von Prognosen, dass sie laufend aktualisiert werden. Budget machen wir einmal im Jahr, die Prognosen kommen quartalsweise.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben im Strategiebericht darauf hin­gewiesen, wie sich die Tendenz und die Prognose darstellen. Das heißt, auch das hät­ten Sie nachlesen können, hätten Sie sich die Unterlagen, die wir dem Hohen Haus zur Verfügung stellen, auch tatsächlich richtig angesehen. Im gegenständlichen Fall hat nun der Ausblick bis 2018 in wesentlichen Kennzahlen deutliche Änderungen erfahren. Beispielsweise soll es aufgrund der Pensionsprognose mehr Kosten bis 2018 im Pen­sionsbereich verursachen, und gleichzeitig soll es geringere Steuereinnahmen geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich bitte bildlich vor, Sie müss­ten mir jetzt sagen, welches Einkommen Sie im Jahr 2017 haben und was Sie im Jahr 2017 ausgeben werden! (Abg. Kickl: Wozu machen Sie dann die Planungen?) Da werden natürlich alle zu Recht sagen: Ich kenne ja die Lohnerhöhung noch gar nicht, und die Inflation kenne ich eigentlich auch noch nicht. – Und genau dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekommen wir die Prognosen. Sie sind Schätzungen, wie sich die Einnahmenentwicklungen entwickeln, Schätzungen, wie die Inflation sein könnte, Schätzungen, wie die Preise sind, wie beispielsweise die Arbeitslosigkeit sein könnte. (Abg. Mag. Stefan: Wozu reden wir dann überhaupt?) Darauf bauen wir dann unsere Planungen auf, und das ist natürlich in Hinblick auf eine Periode von fünf Jah­ren immer zu Beginn der Legislaturperiode. (Abg. Mag. Stefan: Ist eh alles in Ordnung! Wann ist die Angelobung der Regierung?)

Die letzte Bundesregierung hat gezeigt, dass Budgetpolitik mit Augenmaß funktioniert; insbesondere das letzte Konsolidierungspaket in einem Volumen von 27 Milliarden €, das hier im Hohen Haus beschlossen worden ist. Davon waren 22 Milliarden € Ausga­benreformen zur Ausgabendämpfung. Und von diesen 22 Milliarden € sind inzwischen 16 Milliarden € umgesetzt und abgearbeitet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 122

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist einfach falsch, zu sagen, wir hätten nichts unternommen, um stabile Finanzen zu haben. Natürlich haben wir etwas unter­nommen. Das ist auch hier im Hohen Haus beschlossen worden. Diese Maßnahmen zur Ausgabendämpfung funktionieren gut. Und die Maßnahmen, die wir 2012 be­schlossen haben, sind wirksam. Das zeigt auch das 2013-Budget. Zugegeben, wir haben noch Maßnahmen vor uns. Wir sind aber auch in einem Vier-Jahres-Pfad an Konsolidierung, und in den ersten eineinhalb Jahren haben wir schon zwei Drittel der Ausgabendämpfung erreicht. Da, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren wir reformfreudig unterwegs.

Nicht von ungefähr kam es zur Bestätigung des Triple A durch die Ratingagentur Fitch und auch zu einer neuerlich positiven Bewertung von Standard & Poor’s. Auch die EU und die OECD bestätigen aktuell unseren professionellen Zugang und die nationalen Kraftanstrengungen.

Das ist das Resultat des Einsatzes für einen konsolidierten, ausgeglichenen Haushalt, für stabile Finanzen mit unserer Budgetdisziplin, mit dem Stabilitätspakt, den wir mit den Ländern abgeschlossen haben, der Schuldenbremse, die Sie nicht in der Verfas­sung haben wollten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition (Bei­fall bei der ÖVP – Abg. Mag. Kogler: Aus gutem Grund!), daher haben wir sie einfach­gesetzlich verankert und auch eingehalten, und vor allem einer Ausgewogenheit zwi­schen Ausgabendämpfung und Offensivmaßnahmen, damit wir zukunftsfit sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit ist der Grundstein gelegt, dass Ös­terreich auch künftig stabil aufgestellt ist und die Finanzen nicht nur stabil sind, son­dern auch stabil bleiben.

Nun zu den Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 3:

Es gibt kein Budgetloch. (Abg. Kickl: Das ist ja unglaublich! – Abg. Strache: Ist das Loch Ness wieder abgetaucht? – Unruhe im Sitzungssaal.) Es fehlt kein Geld im Bud­get, wie ich Ihnen gerade ausführlich mitgeteilt habe. Der Budgetvollzug 2013 läuft gut und wird aller Voraussicht nach nicht nur halten, sondern etwas besser ausfallen als ursprünglich geplant. (Abg. Mag. Kogler: Jetzt macht schon der Häupl das Wording für die ÖVP!) Dies zeigt, dass alle österreichischen Gebietskörperschaften erfolgreich da­ran arbeiten, unseren Budgetpfad einzuhalten.

Zu den Fragen 4 bis 6:

Jede neue Wirtschaftsprognose, auch die quartalsmäßigen, hat budgetäre Auswirkun­gen, die das Bundesministerium für Finanzen selbstverständlich in seine Einschätzun­gen budgetärer Entwicklungen einbezieht. Wir ändern aber nicht quartalsmäßig das Budget, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Brosz: Das sind konkrete Fragen!)

Die jüngste mittelfristige Wirtschaftsprognose des WIFO ist dem Bundesministerium für Finanzen im Oktober 2013 übermittelt worden. Im Übrigen, meine sehr verehrten Da­men und Herren, das WIFO hat erst heute – heute, im November! – diese Prognose veröffentlicht. (Abg. Mag. Stefan: Welche?)

Das Bundesministerium für Finanzen hat, nachdem wir die mittelfristigen Daten kann­ten, entsprechende Auswirkungen auf den künftigen Konsolidierungspfad abgeschätzt. (Abg. Brosz: Die Fragen 5 bis 6 haben Sie nicht beantwortet! Wann haben Sie die aktuellen Hochrechnungen bekommen?, steht da! – Abg. Mag. Kogler: Die Zeitungen sind heute voll davon, dass ...! – Abg. Strache: Die Frage 5 beantworten: Wann haben Sie von den Hochrechnungen gewusst? – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Hallo! Frage beantworten!)


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Zu den Fragen 7 bis 9:

Die internationalen Investoren wissen, dass sie sich auf die Nachhaltigkeit der österrei­chischen Budgetpolitik verlassen können. Die Märkte sind daher von unserer österrei­chischen Diskussion völlig unbeeindruckt. Die Zinssituation Österreichs ist stabil auf sehr niedrigem Zinsniveau. Darauf können wir alle miteinander stolz sein. Das hilft auch bei der Budgeterstellung.

Zur Frage 10:

Bei den Berechnungen wurden für die Budgetentwicklung relevante Informationen und Grundlagen berücksichtigt, insbesondere die aktuelle mittelfristige Wirtschaftsprognose des WIFO für die Jahre bis 2018, die Mitte Oktober erstellt wurde, und – ganz wesent­lich – das aktuelle Gutachten von Ende Oktober zur langfristigen Pensionssicherung über die voraussichtliche Gebarung der Träger der gesetzlichen Pensionsversicherung gemäß § 108e Abs. 9 Z 2 ASVG in den Jahren 2013 bis 2018. Ebenso wurden Minis­terratsbeschlüsse berücksichtigt, die erst nach dem Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 beschlossen wurden. Natürlich wurde auch ein möglicher Restrukturierungs­bedarf für die verstaatlichten Banken berücksichtigt. (Abg. Mag. Kogler: Wo?)

Bei der Berechnung des strukturellen Konsolidierungsbedarfs in Höhe von 18,44 Milli­arden € wurden für die Jahre 2014 bis 2017 jene Werte als Ziele für das gesamt­staatliche strukturelle Defizit festgelegt, die im Frühjahr 2013 von der Bundesregierung beschlossen wurden, im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 veröffentlicht sind und natürlich auch hier im Parlament als Parlamentarische Ma­terialien aufliegen.

Im Jahre 2018 soll das gesamtstaatliche strukturelle Defizit 0,45 Prozent des BIP nicht überschreiten. Dies ist in Übereinstimmung zum Stabilitätspakt, den wir mit den Län­dern abgeschlossen haben. Die Fiskalregeln der EU sehen vor, dass einmalige oder vorübergehende Belastungen, wie beispielsweise die Katastrophenhilfe oder eine eventuelle Bankenhilfe im strukturellen Budget nicht berücksichtigt werden.

Bei der Berechnung des strukturellen Defizits muss darüber hinaus mit bedacht wer­den, ob die Wirtschaft unter oder über ihrem Potenzial bleibt. Auch hiefür wurden die aktuellen Einschätzungen des WIFO zugrunde gelegt. Diese zeigen, dass die Wirt­schaft in den kommenden Jahren weiterhin unter ihrem Potenzial bleibt, und diese Out­put-Lücke macht rund 9,2 Milliarden € aus.

Zur Frage 11:

Bei der Berechnung der Grundlagen wurden die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und WIFO ebenso einbezogen wie die Oesterreichische Nationalbank.

Zu den Fragen 12 bis 14:

Jede Schätzung ist mit Unsicherheiten behaftet, die in beide Richtungen gehen kön­nen. (Abg. Kickl: Ah geh!)

Zur Frage 15:

Der Konsolidierungsbedarf zur Erreichung der geplanten strukturellen Defizite beträgt über die Periode 2014 bis 2018 in Summe rund 18,4 Milliarden €; das bedeutet in Maastricht-Abgrenzung rund 33,1 Milliarden €. Der Unterschied zwischen diesen beiden Beträgen: die Bankenhilfe mit 5,8 Milliarden €, der Konjunktureffekt, wie schon erwähnt, die Output-Lücke mit 9,2 Milliarden €, Hochwasser- und Dürreschäden mit 165 Millionen € und die Abgeltungssteuer Liechtenstein auch als Einmalbetrag mit 500 Millionen €. (Zwischenruf des Abg. Mag. Vavrik.)


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Zu den Fragen 16, 17 und 19:

Wie die Wirtschaftsforschungsinstitute bestätigt haben, handelt es sich um sehr fun­dierte Berechnungen. Wie in jeder Prognose kann auch hier die tatsächliche Entwick­lung in beiden Richtungen abweichen.

Zur Frage 18:

Bei Erstellung der Budgetplanung 2013 bis 2017 können vom Finanzministerium Infor­mationen zu künftigen Erfordernissen aus dem Bankenpaket nur so weit berücksichtigt werden – und sie wurden auch so berücksichtigt –, wie sie von den betreffenden Ban­ken tatsächlich bekannt gegeben wurden und auch hinreichend konkretisiert vorliegen. Das Bundesministerium für Finanzen, die eigens dazu eingerichtete Taskforce sowie zahlreiche Expertinnen und Experten arbeiten daran, die Aufwendungen für das Ban­kenpaket für den Steuerzahler so gering wie möglich zu halten. Für die verstaatlichten Banken sind in den Berechnungen über die Periode 2014 bis 2018 insgesamt 5,8 Mil­liarden € angesetzt.

Zu den Fragen 20 bis 24:

Die Entscheidung über die Maßnahmen, die Art und den Inhalt der Steuerreform, den Konsolidierungspfad und die Prioritäten bei der Steuerreform – für welche auch ich im­mer eingetreten bin, wenn wir sie uns leisten können – muss die kommende Bundesre­gierung treffen.

Zu den Fragen 25, 27 und 28:

Die konkreten Maßnahmen zur Einhaltung des Pfades wird die Bundesregierung der Öffentlichkeit zeitgerecht präsentieren und selbstverständlich dann hier im Hohen Haus mit Ihnen, meine sehr verehrten Abgeordneten, auch beraten. (Abg. Strache: Solche unklaren Aussagen!)

Zur Frage 26:

Höhere Arbeitslosigkeit bedeutet höhere Auszahlungen für Arbeitslosenunterstützung und gleichzeitig weniger Einzahlungen aus Steuern und Sozialbeiträgen. Es wurden die entsprechenden Prognosewerte des WIFO zugrunde gelegt.

Zur Frage 29:

Die nachhaltige Sicherung der Pensionen und die verstärkte Harmonisierung von Pen­sionsregelungen in Bereichen mit Sonderpensionsrechten, zum Beispiel Nationalbank, ORF, Sozialversicherungsträger und Kammern, wird fortgesetzt. Die Bundesregierung plant daher bis längstens 31. Jänner dem Nationalrat eine entsprechende Regierungs­vorlage zukommen zu lassen, mit der weitere Schritte zur nachhaltigen und verstärkten Harmonisierung von Pensionsregelungen im Bereich der Oesterreichischen National­bank, insbesondere für die Bereiche der Dienstbestimmungen I und II, gesetzt werden.

Folgende Zielgruppen sollten insbesondere umfasst sein:

Aktive Bedienstete der Nationalbank nach den Dienstbestimmungen I und II sowie ehe­malige Bedienstete der OeNB, welche aufgrund der Pensionsordnungen der Dienstbe­stimmungen I und II einen Anspruch auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung haben.

Weitere Schritte sollen bei den Sozialversicherungsträgern im Hinblick auf die Be­stimmungen zum zusätzlichen Pensionsbeitrag gemäß § 460b ASVG gesetzt werden, konkret zum Beispiel eine Erhöhung des zusätzlichen Pensionsbeitrages für Pensions­teile über der Höchstbeitragsgrundlage um mindestens 2 Prozent, für Pensionsteile über dem Zweifachen des Höchstbeitrages um 4 Prozent – diese Erhöhung der Pen­sionsbeiträge darf nicht leistungserhöhend wirken – sowie die Erhöhung des Pensions­sicherungsbeitrages für Pensionsteile über 70 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage von 6 auf 9 Prozent.


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Drittens: Weitere Schritte zur nachhaltigen Sanierung der Finanzierung von Ruhebe­zügen im Bereich von einzelnen Sonderpensionsrechten, die in die gesetzgeberische Zuständigkeit des Bundes fallen, insbesondere die Neugestaltung von Pensionssiche­rungsbeiträgen für bereits im Ruhestand befindliche Bedienstete: Für Pensionsteile, die zwischen 100 Prozent und 150 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage liegen, ist ein Pensionssicherungsbeitrag von mindestens 5 Prozent zu entrichten; für Pensionsteile darüber ist ein Pensionssicherungsbeitrag von mindestens 10 Prozent zu entrichten; für Pensionsteile, die über 200 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage liegen, soll ein Pensionssicherungsbeitrag von mindestens 20 Prozent und bei über 300 Prozent dann ein Pensionssicherungsbeitrag von 25 Prozent zu entrichten sein.

Schritte zur Deckelung von Höchstpensionen im Zusammenhang mit Sonderpensions­regelungen: Die maximale Höchstpension darf den Bezug der Nationalratspräsidentin gemäß Pyramide – das sind 210 Prozent des Ausgangsbetrages – nicht überschreiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, hier sind eine Menge Dinge ge­plant – auch für die Politiker: Es soll eine nachhaltige Sicherung der Finanzierung von Ruhebezügen im Zusammenhang mit Altpolitikerpensionen in Aussicht genommen wer­den.

Zu den Fragen 30 und 31:

Ich bin eine entschiedene Anhängerin – aber das ist inzwischen bekannt – eines bun­desweit einheitlichen transparenten Rechnungswesens für Bund, Länder und Gemein­den, damit die Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte, die Transparenz der öffent­lichen Haushalte sichergestellt werden können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei Abge­ordneten der FPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. – Abg. Mag. Kogler: Das ist jetzt aber gegen schwarze und rote Landeshauptleute!)

Wir haben in Österreich 400 000 Unternehmen. Wenn es also 400 000 Unternehmen schaffen, ihr Zahlenwerk nach einheitlichen Bilanzierungs- und Rechnungslegungsvor­schriften vorzulegen, dann muss es doch auch möglich sein, dass sich neun Bundes­länder und die Kommunen auf ein Regelwerk verständigen (Abg. Kickl: Dann reden Sie mit Ihrem Partner!), das vergleichbar und vor allem transparent ist. Ich bin da sehr zuversichtlich. (Abg. Mag. Kogler: Bravo!)

Sie wissen, die Bundesregierung hat im heurigen Frühjahr dem Hohen Haus bereits diesbezügliche Vorschläge unterbreitet; bedauerlicherweise – obwohl die Opposition auch dafür war – kam es aber zu keiner Verfassungsmehrheit. Ich bedauere das sehr! Ich bin zuversichtlich, dass das dann vielleicht in der neuen Zusammensetzung des Hohen Hauses gelingen könnte.

Ich bin auch deshalb zuversichtlich, weil inzwischen die Finanzlandesreferenten aller Bundesländer einen Beschluss gefasst haben, dass bis zur Jahresmitte 2014 die Vor­schläge für die Harmonisierung der Rechnungslegung auf dem Tisch liegen müssen, und auch, da sie sich darauf verständigt haben, dass im Jahr 2014 die Beschlüsse für diese Harmonisierung dann auch in den Landtagen zu fassen sein werden.

Diesbezüglich etwas weiterzubringen, dafür ist es, glaube ich, höchste Zeit. An den Mitgliedern der Bundesregierung oder an der neuen Bundesregierung soll es nicht scheitern. Wir brauchen aber für einige Bestimmungen die Verfassungsmehrheit des Hohen Hauses, und ich hoffe, dass sich diese Verfassungsmehrheit finden lässt.

Zur Frage 32:

Ich habe nach der Wahl ein gesetzliches Budgetprovisorium vorgeschlagen – einer­seits, um der EU zu signalisieren, dass wir unseren Konsolidierungspfad nicht verlas­sen, andererseits, um ausreichend Zeit in den Regierungsverhandlungen zu haben, um die rechtliche Budgetgrundlage für das Budget 2014 zu schaffen und uns nicht unter Zeitdruck zu setzen.


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Dieser mein Vorschlag wurde – und ich bedauere das heute noch – nicht aufgegriffen, weil das ebenfalls verfassungskonforme automatische Budgetprovisorium als ausrei­chend angesehen wurde. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Brosz: Fragen nicht beantwortet! – Abg. Strache: Die Fragen nicht beantwortet! – Abg. Brosz: ... die Überschrift der Fragen zusammenzufassen und nicht zu beantworten!)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 20 Minuten zu.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


15.47.36

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie alle haben jetzt genau aufgepasst und genau zugehört; nicht im Detail bei dem, was jetzt eben ja nicht beantwortet wurde – es wurde zwar beant­wortet, aber es wurden nicht tatsächlich wirkliche Auskünfte über das Budget gege­ben –, sondern beim einzigen entscheidenden Satz vonseiten der Frau Finanzminis­terin, auf den sich alles reduzieren lässt: Es gibt kein Budgetloch in Österreich.

Es gibt kein Budgetloch! Wir alle halluzinieren: Alle Experten in diesem Haus und au­ßerhalb dieses Hauses, sie alle halluzinieren. Und es gibt wahrscheinlich auch keine Arbeitslosigkeit, es gibt keine Euro-Problematik (Bundesministerin Dr. Fekter: ... ist falsch!), es gibt keine Inflation. Alles das gibt es nicht; es gibt auch kein Budgetloch.

Meine Damen und Herren! Ich habe nicht gewusst, dass unsere Frau Noch-Finanzmi­nisterin sozusagen das jüngste Mitglied der „Neuen Wiener Schule der Nationalöko­nomie“ mit dem Vorsitzenden Häupl ist, dem Wiener Bürgermeister. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Es gibt übrigens eine einzige Eintrittsbedingung in diese „Neue Wiener Schule der Nationalökonomie“, das ist die bedingungslose Verweigerung der Realitäten. Das ist die einzige Eintrittsbedingung, die man mitbringen muss. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Beim Herrn Häupl habe ich ja gewusst, dass sich die mathematischen Kenntnisse die­ses Herrn im Wesentlichen auf die Prozent- und auf die Promillerechnungen beschrän­ken; dass es jetzt allerdings bei der Frau Finanzminister auch schon so weit ist, das hat mich, ganz ehrlich gesagt, ein wenig überrascht.

Meine Frau Finanzministerin da hinter mir! Wenn Sie nur halb so gut rechnen könnten wie Sie G’schichtln drucken, wie Sie das auch jetzt wieder unter Beweis gestellt haben, dann wäre die heutige Sitzung überflüssig, dann hätten wir diese Dringliche gar nicht veranstalten müssen. – Allein, es ist nicht so, und das ist Grund genug, sich heute einmal mit Ihnen und Ihrer Art, in einem hochsensiblen Bereich dieser Republik Politik zu machen, auseinanderzusetzen.

Ich sage Ihnen, dass diese Regierung, die sich jetzt wieder aneinanderkettet, um der österreichischen Bevölkerung weitere fünf Jahre in die Taschen zu greifen, um diese weiter auszuräumen, ein Riesenproblem hat. Sie hat dieses Riesenproblem nicht erst, seitdem diese Debatte rund um dieses Milliarden-Budgetloch – das es selbstverständ­lich gibt – angefangen hat, sie hat das schon sehr, sehr viel länger, sie hat es nach­haltig, und sie hat es chronisch. Ich möchte es einmal so sagen: Es lässt sich so arti­kulieren, dass diese Regierung von laufenden Schwindelanfällen geprägt ist.

Diese Regierung leidet unter einer Schwindelattacke nach der anderen. Die Damen und Herren dieser Bundesregierung taumeln von einer Unwahrheit in die nächste. So


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schaut das aus. Und wenn man sich dann die Ausreden anschaut, die da gebracht werden und jetzt gerade von Ihnen wieder strapaziert worden sind, ja dann, meine Damen und Herren, wird es einem ganz übel, wenn man denkt, dass Sie diejenigen sein wollen, die uns aus dieser schwierigen Situation wieder herausmanövrieren wol­len. Da kann man doch nur sagen: Gott bewahre!, und da kann ich unserem Bundes­parteiobmann und Klubobmann nur beipflichten, wenn er sagt, bitte sofort neu wählen, damit der Schaden nicht noch größer wird, den Sie ohnehin schon in einem gigan­tischen Ausmaß fabriziert haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss dieser Bundesregierung gratulieren, in einem Ranking für Unvermögen neh­men Sie von den ersten drei Plätzen gleich alle drei ein. Das ist eine Errungenschaft, die vor Ihnen auch noch niemandem gelungen ist. Sie sollten darauf nicht besonders stolz sein, denn, ich sage Ihnen, nicht nur uns Freiheitlichen, sondern auch der öster­reichischen Bevölkerung steht es in der Zwischenzeit schon bis hier her.

Wenn ich die Politik dieser Bundesregierung und auch der Finanzministerin zusam­menfassen müsste, dann haben wir eine Zutat, das ist eine Dauerkonstante in diesem Regierungsgetriebe, das ist der Postenschacher; der tritt in immer neuen Varianten immer wieder ans Tageslicht, das ist ein fixer Bestandteil. Das andere ist nichts ande­res als eine Aneinanderreihung von Unwahrheiten oder von Schwindelanfällen und Schwindelattacken dieser Bundesregierung. Da hilft aber kein Arzt, und da helfen keine Medikamente, meine Damen und Herren, da hilft nur mehr der Rücktritt, und da helfen im Idealfall Neuwahlen, um eine politische Flurbereinigung in diesem Land zustande zu bringen. Das ist notwendig. Der Wähler wird Sie abstrafen, ohne Bewährung, meine Damen und Herren, und Ihnen die notwendige Auszeit von der Regierungsverantwor­tung aufbrummen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, wir haben unser Vertrauen zu Ihnen schon längst verloren, das war jetzt sozusagen nur der letzte Anlass. Wir haben aber unser Vertrauen zu der gesamten Bundesregierung verloren, denn einen solchen Saustall, auf gut Deutsch gesagt, den bringt man nicht alleine zusammen, das ist schon eine konzertierte Aktion, eine Ko­produktion des Grauens der gesamten Bundesregierung. Das, was Sie hier fabriziert haben, das ist nicht nur ein finanzpolitisches und ein informationspolitisches Desaster, sondern es ist vor allem ein moralisches Desaster, das Sie hier produziert haben, für das Sie verantwortlich zeichnen. Und das wird auch nicht besser, wenn Sie die Reali­tätsverweigerung in immer neue Dimensionen steigern, meine Damen und Herren.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung

eingebracht im Zuge der Dringlichen Anfrage der Abgeordneten KO Strache und weite­rer Abgeordneter an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desinforma­tionspolitik über die budgetäre Lage Österreichs, in der 3. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 20. November 2013

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Der Bundesregierung wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschlie­ßung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich erhoffe mir natürlich, meine Damen und Herren, dass wir für diesen Antrag in die­sem Hohen Haus auch die notwendige Mehrheit finden werden. Ich befürchte aller­dings, dass die Abgeordneten vonseiten der ÖVP und vonseiten der SPÖ, die ja selbst hinters Licht geführt worden sind in diesem Wahlkampf, die mit Argumenten hinausge­schickt wurden, von denen die Verantwortlichen schon lange gewusst haben, dass sie hinten und vorne nicht stimmen, aber einmal mehr dieser Bundesregierung die Mauer machen werden und wir leider keine Mehrheit finden.

Deswegen hätte ich auch einen konkreten Vorschlag, wie man diese Dinge in der Zukunft in den Griff bekommen kann. Ich weiß schon, dass wir sparen müssen, beim Parlamentsumbau, bei den notwendigen Renovierungsarbeiten hier im Haus, aber eine Anschaffung würde ich dem Plenum sehr, sehr ans Herz legen, und das wäre diejenige eines leistungsstarken – leistungsstark muss das Gerät sein! – Lügendetektors, meine Damen und Herren. Den sollte man hinter mir auf der Regierungsbank installieren. Die­ser Lügendetektor ist in der Anschaffung relativ kostengünstig, und er hätte uns bereits in der Vergangenheit vor großem Schaden bewahrt, wenn jedes Mal, wenn da hinten etwas verzapft wird, was in die Kategorie Schwindelanfall fällt, dieser Lügendetektor Alarm geschlagen hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

Uns haben Sie es ja nicht geglaubt, wenn wir gesagt haben, dass die Konjunkturpro­gnosen, von denen Sie ausgehen, die falschen sind, es schaut viel schlechter aus. Uns haben Sie ja nicht geglaubt, dass man beim Euro nicht davon reden kann, dass wir über dem Berg sind, sondern das dicke Ende noch kommt. Uns haben Sie es ja nicht geglaubt, wenn wir gesagt haben, dass die Arbeitslosigkeit bei Weitem noch nicht im Griff ist, sondern dass sie noch weiter steigen wird. Da ist man dann immer ein Hinter­wäldler, da ist man dann immer ein Schwarzmaler und ein unverbesserlicher Pessi­mist. Dabei waren wir die Einzigen, die recht gehabt haben. Und deswegen setze ich meine Hoffnung auf dieses Gerät und auf die Anschaffung dieses Lügendetektors. Er wird uns vor großem Schaden bewahren.

Denn das Ganze, meine Damen und Herren, was Sie hier aufführen, auch am Beispiel dieses Lochs, das hat System. Es waren Sie, Frau Noch-Finanzminister, es waren Sie und niemand anderer, die von dieser Regierungsbank aus der österreichischen Bevöl­kerung versprochen hat, dass die Griechenlandhilfe ein Geschäft wird. Wir kriegen nicht nur unser Geld zurück, sondern wir kriegen auch noch Zinsen, haben Sie von da oben gesagt. – Töö, töö, töö, töö, hätte dieser Lügendetektor an dieser Stelle gemacht, und er hätte es zu Recht getan, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Es waren Sie und niemand anderer, Sie, Frau Finanzminister, in Koproduktion mit dem Inseratenkanzler, der sich schon gar nicht mehr in dieses Haus hereintraut, weil wir ihn vielleicht etwas Kritisches fragen könnten, die von einem Schutzmechanismus geredet hat, und zwar bei der ersten Auflage, der dazu reichen wird, die Eurokrise in den Griff zu bekommen. Einmal muss man helfen, dann ist Griechenland gerettet und der Euro über dem Berg. – Töö, töö, töö, töö, töö, hätte dieser Lügendetektor hinter mir ge­macht, und er hätte es zu Recht gemacht. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Und, meine Damen und Herren, es waren Sie und die gesamte Bundesregierung, wes­halb ich heute auch um eine Zustimmung zu diesem Misstrauensantrag ersuche, die


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einen gigantischen Schwindel vor dieser Wahl aufgeführt haben, die den Menschen er­klärt haben, dass das Budget saniert ist – töö, töö, töö, töö, mache ich nur zu dieser Sache –, die erklärt haben, dass die Finanztransaktionssteuer ja nur so hereinrinnen wird in dieses Budget, und sie gleich eingepreist haben. – Töö, töö, töö, hätte dieses Gerät an dieser Stelle gemacht.

Und es waren Sie, die erklärt haben, dass den bisherigen Opfern der Krise, die die Ze­che für etwas gezahlt haben, wofür sie überhaupt nichts können, jetzt Gerechtigkeit widerfahren wird, dass es jetzt etwas für die Familien geben wird, dass es jetzt etwas für die Pensionisten geben wird und dass die Wirtschaft durch eine Senkung etwa der Lohnnebenkosten und durch einen Abbau der Bürokratie entfesselt wird. – Töö, töö, töö, töö, hätte dieses Gerät gemacht, meine Damen und Herren. Und ich glaube, es wäre insgesamt ein Dauerton geworden, den wir von dort hinten gehört hätten.

Sie sollten also nicht Realitätsverweigerung betreiben, sondern Sie sollten in sich ge­hen. Das, was Sie sich vor der Nationalratswahl und heute in der Erklärung dieser Vor­gangsweise hier geleistet haben, ist ein einziger Betrug an der österreichischen Be­völkerung. Ihre Zeit ist vorbei, das steht fest, auch wenn wir hier drei Uhren haben, die jeweils unterschiedliche Zeiten anzeigen. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

15.56

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, wir haben zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode bereits einige sehr konstruktive Präsidialsitzungen ge­habt. Bei diesen Sitzungen haben wir vereinbart, dass wir, so wie bisher, in diesem Saal durchaus harte, heftige inhaltliche Debatten führen werden, denn es geht um viel, aber nie mit persönlichen Diffamierungen. (Abg. Kickl: Wo gibt es da eine persönliche Diffamierung?) Und ich denke, dabei sollten wir bleiben, bei dieser Vereinbarung, die wir zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode getroffen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Sie sollten sich einmal zu Wort melden, wenn es um den Milliar­denbetrug geht!)

Ich werde heute daher von Ordnungsrufen Abstand nehmen, möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass es einen Unterschied macht, ob man sich inhaltlich scharf mit den Kontrahenten auseinandersetzt oder ob man persönliche Anschüttungen vor­nimmt. (Abg. Kickl: Was war da persönlich? Sagen Sie mir, was persönlich war!) Ich sage es nur für alle zum Nachdenken und mit der Bitte, das in der Wortwahl entspre­chend mit zu berücksichtigen.

*****

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kickl und weiterer Abgeordneter lag zum Zeitpunkt des Einbringens noch nicht vor. Dank eines exzellenten Stenogra­phischen Protokolls kann ich aber feststellen, dass er wortidentisch eingebracht wurde. Auch da bitte ich Sie, die Anträge in Zukunft vorher abzugeben, dann können wir Miss­verständnisse im Nachhinein umgehen.

Damit steht dieser Entschließungsantrag mit zur Debatte, denn er ist auch ausreichend unterstützt.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 


15.59.01

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In den


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letzten Tagen und auch im letzten Redebeitrag ist sehr viel Falsches gesagt und sehr viel zu Verunsicherung beigetragen worden, die leider nicht auf Fakten basiert. Dass hier ein Fehler in der Kommunikation passiert ist, das kann ich gerne zugeben und da­für auch meinen Teil der Verantwortung übernehmen, aber nur in der Kommunikation, nicht in den Fakten. Ich bin froh darüber, dass wir heute bezüglich der Fakten und der sachlichen Aufklärung hier die Gelegenheit haben, ein paar Mythen zurechtzurücken.

Der erste Mythos und der erste Eindruck, der leider fälschlicherweise entstanden ist, ist folgender: Es gäbe eine Lücke im Budget. Dazu muss man sagen: Obwohl das Wirt­schaftswachstum zum Zeitpunkt der Budgetierung noch mit 1 Prozent vorausgesagt worden ist und in der Zwischenzeit auf weniger als die Hälfte, nämlich auf 0,4 Prozent, gesunken ist, wird das heurige Budget voll im Plan sein. Der Budgetvollzug bisher, die Monate bis Oktober zeigen genau, dass der Budgetvollzug im Plan ist und das Budget hält. Das heißt, wir haben keine Lücke im Budget, sondern wir haben genau das, was wir budgetiert haben, auch umgesetzt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Jahre 2011 war das Budget um 0,7 Prozentpunkte besser, also um 2 Milliarden € besser als geplant. Im Jahre 2012 war das Budget wieder um 2 Milliarden € besser als im Plan. Daran sieht man schon, dass trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten vorsichtig budgetiert worden ist.

Oder um einen anderen Mythos zu zerstören: Im Jahre 2010 hat das Wirtschaftsfor­schungsinstitut für das vergangene Jahr, für das Jahr 2012, ein Defizit von 4,2 Prozent vorausgesagt. Gekommen ist ein Defizit von 2,5 Prozent. Das sind 5 Milliarden € Un­terschied, das heißt, um 5 Milliarden € war das Budget im Jahr 2012 besser, als die Wirtschaftsforschung zwei Jahre vorher vorausgesagt hat.

Ich möchte nicht den Wirtschaftsforschern die Verantwortung geben, denn in wirt­schaftlich schwierigen Zeiten ist es auch schwierig, präzise Prognosen zu erstellen, ich möchte aber den Zuschauerinnen und Zuschauern und den DiskussionsteilnehmerIn­nen hier schon eines vor Augen führen: Wir haben das Wifo, wir haben das IHS, wir haben die OECD, wir haben den Währungsfonds, und wir haben die Europäische Kom­mission, die mitunter alle drei Monate oder sogar häufiger Prognosen publizieren, die alle voneinander abweichen und sich unterscheiden. Das ist auch die Geschichte, die jetzt diskutiert worden ist, bei einem Finanzplan für das Jahr 2018.

Oder um es anders zu sagen: Eine Wirtschaftsprognose ist in diesem Zusammenhang sogar vergleichbar mit einer Wetterprognose. Das Wetter von morgen wird man relativ treffsicher voraussagen können – relativ. Das Wetter für nächste und übernächste Wo­che wird man nicht so genau voraussagen können. Um genau das Gleiche geht es hier auch: Die Wirtschaftsprognose für nächstes Jahr wird weniger Schwankungsbreite auf­weisen als die Wirtschaftsprognose bis 2018.

Wir rechnen damit, dass die Wirtschaftsprognose 2018 so keinesfalls eintrifft, aus zwei Gründen: weil sie erstens eine große Ungenauigkeit hat, aber zweitens auch weil es den Faktor Politik gibt. Das ist der einzige wesentliche Unterschied in der Genauigkeit zu Wetterprognosen: Das Wetter kann man nicht beeinflussen. Ob man sich einen Re­genmantel anzieht oder nicht, es wird regnen oder nicht regnen. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Das Klima aber schon!) Im Bereich der Wirtschaft werden wir aber mit Maßnahmen, mit Wachstumsmaßnahmen, mit Arbeitsmarktpolitik, mit Reformmaßnah­men schauen können, dass es besser kommt, als uns die düsteren Prognosen voraus­sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum nächsten Mythos, den ich zerstören möchte, zum Vorwurf, man hätte etwas ver­schwiegen: Diese Regierung ist die erste, die auf Basis des neuen Haushaltsrechtes eine mehrjährige Finanzprognose vorzulegen hat, und ist damit auch die erste Regie-


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rung, die damit konfrontiert ist, dass es über die nächsten Jahre eine große Progno­seungenauigkeit gibt. Ich war sehr unglücklich über die Diskussion, aber ich halte es im Grunde auch für richtig, dass man sich offen hinstellt und sagt, innerhalb der Band­breiten kann uns das drohen, muss aber nicht, damit man in der politischen Program­mierung und in der Entscheidung, was man tut, das Richtige macht, damit es eben nicht so kommt. Das ist nämlich politische Verantwortung.

Was heißt das für die Zukunft? – Es ist nicht alles wonnig, das wissen wir. Die Wirt­schafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen sind noch immer spürbar. Wir werden weiterhin sparsam wirtschaften müssen und auch sicherlich da und dort einzelne Maß­nahmen setzen müssen, an dem einen oder anderen Rädchen noch drehen, weil es noch etwas zu verbessern gibt. Wir werden Reformen konsequent weiter umsetzen müssen. Und gerade das Thema LehrerInnendienstrecht, das gestern im Ministerrat beschlossen worden ist, oder die Frage der Kappung von Luxuspensionen, weil sie eine soziale Ungerechtigkeit darstellen, zeigt ja auch, dass dieser Reformweg gegan­gen wird.

Wir werden das Wachstum weiter unterstützen müssen. Wir werden schauen müssen, dass wir dort, wo Wirtschaftswachstum und Strukturverbesserungen für Österreich ent­stehen können, weitermachen. Ich sage hier ganz bewusst: Ausbau von Kinderbetreu­ungseinrichtungen, Ausbau der finanziellen Unterstützung, damit ganztägige Schulfor­men und Nachmittagsbetreuung stärker umgesetzt werden können – und, und, und.

Ebenfalls eine infrastrukturell wichtige Maßnahme, die auch viel für die Konjunktur be­deutet: Die Hochwasserschutzprogramme, die wir angesichts der verheerenden Zer­störung durch die Hochwasser beschlossen haben, werden weiter umgesetzt, weil das der Konjunktur nützt, aber natürlich in Zukunft auch den Menschen nützt, weil sie nicht mehr durch das Hochwasser gefährdet sind.

Und der wichtigste Faktor aus meiner Sicht ist die Beschäftigungs- und Arbeitsmarkt­politik, nämlich den Weg weiterzugehen, dass wir um jeden Arbeitsplatz in diesem Land kämpfen, dass wir eine Beschäftigungspolitik machen, die es auch ermöglicht, dass die Arbeitslosigkeit möglichst gering ist, denn das ist das Erfolgsgeheimnis auch für das Budget. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich am Schluss ein ganz offenes Wort sagen, auch weil die Frau Minis­terin hinter mir sitzt. Es ist bekannt, dass die Maria und ich in vielen steuerpolitischen und verteilungspolitischen Fragen unterschiedlicher Meinung waren. Das ist auch rich­tig so, weil wir aus zwei verschiedenen Parteien und zwei verschiedenen ideologischen Richtungen kommen. Aber was weder Maria Fekter noch ich noch irgendjemand an­derer in dieser Bundesregierung zugelassen hätte, ist, dass man nicht auf das Budget schaut. Und genau das ist das, was ich den Österreicherinnen und Österreichern hier in aller Offenheit vermitteln will: Unser Budget hält, unser Budget ist in Ordnung, und wir werden weiter auf dem Weg gehen, dass wir 2016 auch einen ausgeglichenen Haushalt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Spindelegger zu Wort. – Bitte.

 


16.06.16

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Ich dachte, bei der ersten regulären Sitzung des neuen Nationalrates wird es am Beginn einen anderen Stil geben – aber leider: Es ist genau so, wie es in der Vergangenheit war, und das halte ich wirklich für einen Fehler. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Mag. Rossmann: Der war aber nicht schlecht!)


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Es ist ein seriöses Problem zu diskutieren, ja, aber es darf doch wirklich nicht wahr sein, dass schon wieder nur ein Sündenbock gesucht wird, in dem Fall Maria Fekter. Das hat sie sich nicht verdient, meine Damen und Herren! Das ist ein schlechter An­fang für einen Nationalrat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Rossmann: Sie ist die Finanzministerin gewesen!)

Lassen Sie mich auch ein paar Bemerkungen zu den Fakten machen! Nummer eins: Wir reden wirklich über ein seriöses Problem. Das seriöse Problem dahinter ist, dass man dann, wenn eine neue Regierung gebildet wird, natürlich wissen will, was denn die stabilen Faktoren für die nächsten Jahre sind. Und was haben wir gemacht? – Wir ha­ben das Wirtschaftsforschungsinstitut, das IHS und die Nationalbank dazu eingeladen, uns im Oktober 2013, nach der Wahl, eine Prognose für die nächsten fünf Jahre vor­zulegen, eine außerordentliche, denn normalerweise kommt die Mittelfristprognose im­mer im Dezember eines Jahres. Das ist die übliche Vorgangsweise.

Allein wenn Sie jetzt die Zahlen sehen, nämlich für die nächsten fünf Jahre, wie das Wirtschaftswachstum eingepreist wird, sehen Sie ja auch schon die Veränderung. Es ist eben offensichtlich ein seriöses Problem mit unserem Wachstum, ja, und dem müs­sen wir uns stellen, und es ist wohl für jede Bundesregierung das Richtige, bevor man eine Regierung bildet, auch zu wissen, was die Rahmenbedingungen für die nächsten fünf Jahre sind. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wer war denn in der Regierung? Das ist ja unglaublich!) So macht das jedes Unternehmen und so machen das selbstverständlich auch die ÖVP und die SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dazu muss man eben Zahlen außer Streit stellen, was uns erwartet, und diese Zahlen haben ergeben, dass uns etwas Gewaltiges erwartet, nämlich strukturelle Maßnahmen in der Größenordnung von 18 Milliarden € bis 2018. Und das wird uns fordern, nämlich fordern in der Richtung, kreativ zu sein, wie wir etwas aufstellen können, um die Situa­tion ordentlich zu verbessern. – So viel zu den Fakten.

Aber jetzt komme ich zum Zweiten, das ist das, was heute auch diskutiert wird: Wo sind denn Ihre Vorschläge, meine Damen und Herren? Wo hat denn die FPÖ mit zwei Rednern in einem einzigen Wort einen Vorschlag gebracht, wie wir das strukturelle Defizit in den Griff kriegen? – Nichts, kein einziger Vorschlag! Da, meine Damen und Herren, wird pauschal auf den österreichischen Rechnungshof verwiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, gerne, schauen wir uns die Maßnahmen an! Hätten Sie die 599 Vorschläge gele­sen, dann wüssten Sie, dass die Hälfte schon umgesetzt ist. (Abg. Strache – die Hän­de zusammenschlagend –: Mamma mia, die Hälfte umgesetzt!) Das war nämlich die bisherige Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Und was die anderen Maßnahmen betrifft, meine Damen und Herren: Hätten Sie ein­mal nur dieses Buch aufgeschlagen und das ein wenig näher studiert, dann möchte ich wissen, ob Sie damit einverstanden wären, die Milliarden in der Gesundheitspolitik he­reinzubringen. Da sage ich Ihnen und prognostiziere ich Ihnen: Die FPÖ ist die erste Partei, die nein, nein, nein zu all diesen Maßnahmen sagt. Aber wir werden Sie for­dern, wenn wir nämlich Maßnahmen vorschlagen, und dann sehen, ob Sie dem zu­stimmen oder nicht. Da wird sich nämlich weisen, ob das eine kreative Oppositions­politik ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Töö, töö, töö!)

Ja, meine Damen und Herren, und zum Dritten: Wie können wir denn das Problem lö­sen? – Ich sage Ihnen, wie das geht. Es geht nur durch Sparsamkeit, und zwar in je­dem Ressort wieder so, wie wir das beim Sanierungspaket für Österreich gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Es geht nur, indem wir den Wachs­tumspfad ordentlich in die Höhe treiben, auch mit Maßnahmen, das wird notwendig sein, auch mit Anreizsystemen. (Abg. Strache: Steuererhöhungen sind also Maßnah­men auf dem Wachstumspfad?)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 133

Es wird nur mit Strukturreformen gehen, aber das erfordert – Nummer eins – kreative Ideen. Ich habe von Ihnen keine einzige gehört! (Abg. Strache: Minderheitenrecht!) Das erfordert Menschen, die auch mitgehen mit solchen Maßnahmen, denn wir stehen immer noch in der Krise, und wir werden fünf Jahre brauchen, um aus der Krise he­rauszukommen, aber das muss das Ziel einer neuen Regierung sein. Bis wir 2018 dort sein werden, muss Österreich Strukturreformen machen, muss Österreich sparsam sein, muss Österreich auch kreativ sein in Richtung Wachstum, sonst werden wir es nicht schaffen.

Da fordere ich heute von einer Opposition, dass sie auch kreativ ist, dass sie mitgeht, dass sie bei Strukturreformen auch eine Zweidrittelmehrheit mitträgt. Und da bin ich schon gespannt darauf, wer da mutig ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Lassen Sie uns arbei­ten!)

Herr Kollege Strolz, da hoffe ich auf Sie, dass Sie mutig sind und mitmachen, damit wir ordentliche Reformen auf den Weg bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und dann, meine Damen und Herren, wird sich auch weisen: Sind wir ein Parlament, in dem groß Verantwortung abgeschoben wird auf Einzelne, in dem wirklich Sünden­böcke gesucht werden, oder sind wir ein Parlament, das arbeitet, nämlich daran, dass es Österreich im Jahre 2018 besser geht? Dafür werden wir Sorge tragen! Darauf kön­nen Sie sich verlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Vom Minderheitenrecht kein Wort!)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek ist die Nächste, die zu Wort gelangt. – Bitte.

 


16.11.53

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Finanzministerin! Herr Staatssekre­tär! Ich denke, dass die Bevölkerung, die diese Debatte jetzt vor den Fernsehschirmen mitverfolgt, neuerlich fassungslos ist. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS-LIF.)

Man bekommt irgendwie den Eindruck, man muss einmal mit der Begriffsdefinition be­ginnen, was ein Loch ist, einmal eine Definitionsübung machen. Lassen wir noch ein­mal Revue passieren, was eigentlich passiert ist: Eine rot-schwarze Regierung hat unter Vorspiegelung einer heilen Budgetwelt die Familienentlastungspakete im Wahl­kampf immer größer werden lassen. Das war ein richtig rosaroter Horizont! Steuersen­kungen, Steuerreform 2015, alles ist möglich, wirklich eine heile Budgetwelt. Die wurde uns teilweise sogar noch bis nach der Wahl vorgegaukelt. Dann waren wochenlang Schweigeverhandlungen und auf einmal – es muss eine Naturkatastrophe gewesen sein, anders kann ich mir das nicht erklären – wurde aus einer heilen Budgetwelt ein milliardenschwarzes Loch. Man kann über die Definition streiten, was jetzt ein Loch ist. Ich bin aber der Meinung, eine definierte Abweichung von 24 Milliarden €, kumuliert über die nächsten Jahre, ist ein Loch. Was soll das sonst sein? (Beifall bei den Grü­nen.)

Gleichzeitig spricht die Finanzministerin von einem Maastricht-Defizit in der Größen­ordnung von 33 Milliarden €. Was ist das jetzt? – Ich versuche es mit einer Diktion, die Sie selber gewählt haben, nämlich: Das ist ein Fass ohne Boden. Als ein solches ha­ben Sie einmal die Hypo bezeichnet.

Und dann hören wir von Ihnen: Es gibt kein Loch. Herr Spindelegger! Herr Faymann! Was haben Sie denn tagelang vermessen? Ich war der Meinung, Sie vermessen die Größe dieses Loches und sind dabei auf 24 Milliarden € gekommen. Laut dieser Fi-


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nanzministerin haben Sie nichts vermessen, denn es gab auch nichts zu vermessen, weil es kein Loch gibt.

Folgendes muss ich Sie auch noch fragen, Herr Spindelegger: Also wenn das alles stimmt, was die Finanzministerin heute gesagt hat, und wir eine stabile Ausrichtung für die nächsten Jahre haben und es kein Problem gibt, sondern alles in Ordnung ist, dann wäre es ja für die Republik höchst fahrlässig, eine Gefährdung des Triple A, dass diese Finanzministerin nicht auch Finanzministerin bleibt. (Abg. Strache: Ja, genau!) Dann müssten wir ja sofort einen Untersuchungsausschuss einsetzen, wieso denn diese fahrlässige Aktion erfolgt, diesen Erfolgskurs nicht fortzusetzen. Also das ist ja wirklich absurd! (Beifall bei Grünen und FPÖ. – Abg. Strache: Eine Wunschkandidatin!)

Ich finde, die Bundesverfassungsvorgaben sind eigentlich sehr eindeutig. Es war jetzt auch eine Spur Polemik dabei. Ich möchte noch einmal auf meinen Ausgangspunkt zu­rückkommen: Viele Menschen verstehen das im Grunde nicht. Für viele Menschen, die sich genau anschauen müssen, was ein Liter Milch kostet, was ein Kilo Brot kostet, ist nicht nachvollziehbar, was die letzten Wochen über abgelaufen ist. Das ist für sie einfach nicht mehr verständlich. Und es ist eigentlich auch nicht verständlich vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben, die wir in Österreich bundesverfassungsrecht­lich abgesichert haben. Es gibt einen Artikel in der Bundesfinanzverfassung, Artikel 51 Ziffer 8, der die Bundesregierung bei der Erstellung des Bundesfinanzrahmengesetzes zu maximaler Transparenz und zu möglichst getreuer Darstellung der finanziellen Lage des Bundes verpflichtet. Wenn Änderungen eintreten, so gibt es auch detaillierte Vor­gaben, Anpassungen vorzunehmen.

Wir haben das in diesem Haus schon einmal erlebt bei dieser Bundesregierung, also bei der alten Bundesregierung, um präzise zu sein. Es war im Jahr 2010. Da wurde der Beweis erbracht, dass die Bundesverfassung vollkommen egal ist, wenn es um Wahl­kampftaktik geht. Wegen der Wiener Gemeinderatswahl wurde ohne erkennbaren Grund die Verpflichtung nicht eingehalten, dem Nationalrat fristgerecht ein Budget vor­zulegen. Das war offener Verfassungsbruch! (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) Sie haben es schon einmal bewiesen, dass Sie dazu imstande sind. Und ich vermute dasselbe auch im gegenständlichen Zusammenhang. Ich sage das in aller Deutlichkeit.

Zur möglichst getreuen Darstellung: Seit wann haben wir denn Wirtschaftsprognosen, die nach unten weisen? – Seit dem Jahr 2012 spätestens. Das in einer einzigen Fuß­note abzubilden, entspricht nicht einer möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Situation des Bundes. Es wäre notwendig gewesen, Ausgaben- und Einnahmenschät­zungen, vor allem die Steuereinnahmenschätzungen gemäß diesen Wirtschaftsprogno­sen neu auszurichten und neu einzupreisen. Und das ist seit dem Jahr 2012 am Tisch und nicht erst seit Oktober 2013! Das ist auch nachweisbar. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Finanzministerin! Sie haben selber gesagt: Die Hypo ist ein Fass ohne Boden. Wenn dieser Satz stimmt – und Sie haben ihn im Frühjahr gesagt –, dann ist dieses Budget ein Loch ohne Boden, weil diese Hypo nämlich ein Teil dieses Budgets ist. Ich sage Ihnen, das ist unverständlich für die Bevölkerung, vor allem für eine Bevölkerung, die in der letzten Legislaturperiode einen großen Teil des Sparpakets geschultert hat. Ich erinnere an die Kürzungen Studierende betreffend, an die Kürzungen in die Fami­lien hinein, an die Kürzungen beim Mehrkindzuschlag. All diese Dinge haben die Men­schen geschultert. Reallohnverluste, Realpensionsverluste, all das haben sie ge­schultert. Und dann das! Das ist wirklich nicht mehr erklärbar. Ich denke, wir brauchen in dem Bereich etwas, was wir in anderen Fragen auch dringend brauchen, nämlich Kontrolle, Aufklärung und auch einen Neustart.

Wir werden heute als grüne Fraktion den Misstrauensantrag gegen die gesamte Bun­desregierung mitunterstützen. (Ruf bei der FPÖ: Bravo!) Das ist ein unüblicher Vor­gang, aber er ist ein Ausdruck, den die Bevölkerung jetzt auch braucht. Die Bevölke-


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rung ist zu Recht empört. Bei mir stapeln sich die Briefe – bei Ihnen wahrscheinlich auch. Es ist unverständlich. (Beifall bei Grünen, FPÖ und NEOS-LIF.)

Wir behalten uns jedoch auch weitere Maßnahmen vor. Unser Abgeordneter Kogler hat es nachweislich in den Debatten auch immer wieder auf den Punkt gebracht, und ich möchte das noch einmal zitieren: „Die Bundesregierung verweigert jede Aussage da­rüber, wie mit dem absehbaren Milliardenloch im Budget umgegangen werden soll.“ Es werde wieder einmal eine Budgetlüge vorgelegt. – Das war am 25. Mai. Im Juni neu­erlich. Wieder der Versuch, wie man mit diesem drohenden Loch umgeht. Wieder das Zitat: „Budgetlüge wird weiter aufrechterhalten“. Im Juli dann noch einmal.

Dem gegenüber stehen dann Zitate, auch vom Bundeskanzler und vom Vizekanzler, die an dieser Leugnung der Realität bis zum Wahltag festhalten. „Der Grundstein ist gelegt. Österreich ist auch in Zukunft stabil aufgestellt.“ – Ein Zitat vom Oktober. Ich kann gar nicht erklären, warum man nicht zumindest ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Transparenz an den Tag gelegt hat.

Ich stehe auf dem Standpunkt – es gibt eine sehr wunderbare Literatin, eine Kärntner Literatin, und ich zitiere sie immer wieder; obwohl der Zusammenhang ihres Satzes ein sehr viel größerer ist, passt er auch hier –: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ Auch den Österreicherinnen und Österreichern! (Beifall bei den Grünen.)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Dr. Nach­baur. – Bitte.

 


16.18.57

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Minister! Hohes Haus! Ich möchte gerne zu Beginn drei Leute zitieren, die ich unlängst getroffen habe. Einer war ein einfacher Arbeiter, und der hat gesagt: Denen da oben, denen brauchst du gar nichts mehr zu glauben. Die sind nicht ehrlich, und ich höre gar nicht mehr zu.

Ein mittelständischer Unternehmer hat gesagt, er muss jeden Millimeter an Vorgaben beachten und wenn da auch nur irgendetwas nicht stimmt, dann muss er gleich fürch­ten, etwas vom Arbeitsinspektorat oder vom Finanzamt zu bekommen. Und wenn er einen Fehler macht, bekommt er eine Strafe und muss vielleicht sogar hinter Gitter. (Abg. Mag. Schieder: Als Unternehmer muss man aber nicht fünf Jahre im Voraus pla­nen!)

Ein Journalist hat zu mir gesagt: Es ist alles so kompliziert geworden, dass man kaum noch folgen kann. Zuerst Maastricht-Budget, dann strukturelles Budget. Und er sagte auch: Diese Politiker sind selber nicht kompetent und wissen eigentlich nicht, wovon sie sprechen. Und deshalb gibt es immer wieder neue Kriterien, bis sich die Rechnung einmal irgendwo ausgeht.

Das sagen die Stimmen aus dem Volk; die Leute fühlen sich betrogen. Das ist auch kein Wunder, wenn man zuerst von einem Budgetdefizit, kumuliert über die nächsten fünf Jahre, von 40 Milliarden € hört, dann sind es 30 Milliarden €, dann sind es 18,5 Milliarden € plus 5,7 Milliarden € für Banken, und darauf einigt man sich dann. Ich habe eigentlich nie verstanden, wie man sich auf so etwas einigen kann, denn ich denke: Es ist, was es ist, und jetzt heißt es eben strukturelles Defizit. Ich bin mir sicher, wenn man die Leute auf der Straße fragt, weiß kein Mensch, was ein strukturelles De­fizit ist.

Durch diese Art der Darstellung ändert sich der Sparbedarf nicht. Das tatsächliche De­fizit lässt sich nun einmal nicht durch rhetorische oder kreative budgetäre Rech­nungslegungsmethoden abbauen. Mitsamt allen Wahlversprechen liegen wir nach wie


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vor bei 40 Milliarden €, ohne diese bei 30 Milliarden € und mit Hilfe der neuen Buchhal­tungsregeln eben bei 18,5 Milliarden €. Die Regierungsverantwortlichen sagen, das war ein großes Kommunikationsproblem. Meiner Meinung nach hat die Regierung aber kein Kommunikationsproblem, sondern ein Ausgabenproblem. (Beifall beim Team Stro­nach.)

In Österreich haben wir überhaupt – das habe ich schon am Vormittag gesagt – ein Problem der politischen Kultur. Es hat den Anschein, dass viele Regierungsverant­wortliche nicht die nötige Kompetenz haben und dies dann durch rhetorisches Ge­schick wettzumachen versuchen. Transparenz sieht anders aus. Ich sage, alle Zahlen müssen auf den Tisch, und zwar die richtigen, denn mit falschen Zahlen hat es schon in Griechenland begonnen bergabzugehen. (Beifall beim Team Stronach.)

Es ist für mich auch nicht absehbar, aber vielleicht kommen dazu ja noch Unterlagen, wie der große Schuldenberg abgebaut werden soll. Im Gegenteil! Wenn man auch nur einen Bruchteil der Wahlversprechen einhält, gibt es weitere Schulden, und da sehe ich die Souveränität Österreichs auf dem Spiel, denn übermäßige Schulden bedeuten immer auch einen Verlust der Freiheit.

Mein Vorschlag ist: Der neue Finanzminister soll niemand aus der SPÖ sein, soll auch niemand aus der ÖVP sein, soll auch niemand aus einer Bank sein, die von Staatsgeld lebt und mit Staatsgeld gerettet wurde und dadurch in Abhängigkeit ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir müssen endlich Experten ranlassen, wir brauchen offensichtlich mehr Sachkom­petenz. (Ruf bei der ÖVP: Frank Stronach!) – Ja. Danke für die gute Idee!

Auch was die FIMBAG anlangt, auch dort gehören Spezialisten hin, nicht ein Herr Wala mit einer Megaluxuspension von 32 000 € im Monat und auch nicht ein Herr Liebscher, der ehemalige Raiffeisen- und Nationalbankchef. Das sind sicherlich sehr nette Leute, das ist nicht der Punkt, aber diese Herren Pensionisten haben schon in den vergan­genen Jahren bewiesen, dass sie mit der FIMBAG nichts erreicht haben, dass über­haupt nichts weiterging. Wir brauchen Topleute, die wissen, wie man saniert und wie man eine Bank führt. (Beifall beim Team Stronach.)

Seit die Republik Eigentümerin bei den Banken geworden ist, ist eigentlich alles noch schlimmer geworden. Die Manager von vorher, wenn ich beispielsweise an die Hy­po Alpe-Adria denke, die sitzen jetzt vor dem Richter, und die Republik ist seit fünf Jahren Eigentümerin der Hypo Alpe-Adria. Analog müsste das eigentlich heißen: Müs­sen die jetzt auch vor den Richter?

Ich fordere einfach mehr Kompetenz in der Regierung, mehr Sachverstand, weniger Rhetorikkünstler, sondern echte Sanierer und Manager. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Strolz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.23.51

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS-LIF): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer an den Fernseh­geräten und hier im Saal! Vorausgeschickt wieder ein Wort des Lobes: Ich glaube, Sie haben, geschätzte Regierung, auf diesem Eck geschätzt (der Redner dreht sich zur Regierungsbank um), gestern eine richtige Entscheidung getroffen. (Abg. Vilimsky: Ein Sakko wäre nicht schlecht!) Bitte? – Ja, ich habe gemerkt, dass ich es ausgezogen habe. (Abg. Vilimsky: Bitte, nicht mehr!) Sie haben gestern eine gute Entscheidung getroffen, indem Sie sich dazu entschlossen haben, bei  – Sie bringen mich mit Ihren


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Zurufen über meine Bekleidung aus dem Tritt. (Ruf bei der FPÖ: Sprechen Sie weiter!) Darf ich? Danke.

Also: Sie haben gestern eine richtige Entscheidung getroffen, indem Sie sagten: Ja, wir schneiden bei Luxuspensionen hinein. Das war eine richtige Entscheidung. Ich möchte auch Worte der Anerkennung für diese Entscheidung aussprechen. Ich habe einen Teil meiner Büroausstattung mitgebracht, weil ich zwei Anträge, die wir NEOS heute einbringen wollten, hiermit abheften kann. Wir wollten einerseits einen Antrag auf Be­schneidung der Pensionsprivilegien bei der Oesterreichischen Nationalbank einbrin­gen. Das ist unerhört, seit Jahren, Jahrzehnten unerhört, und wir haben das im Vorfeld auch immer wieder reklamiert. Sie haben gestern beschlossen, dass Sie das machen werden.

Wir hätten auch ein Pensionssolidargesetz eingebracht, weil wir glauben, dass es un­erhört ist, wenn wir Pensionen über 5 000 €, und die gehen hinauf bis 30 000 €, nicht mehr in die Pflicht nehmen. Warum ist es unerhört? – Da oben auf der Galerie sitzen teilweise junge Leute. Wir können davon ausgehen, dass die jungen Menschen – und dazu zähle ich alle unter 45 – nur noch so etwas wie eine Volkspension bekommen werden. Es wird sich nichts über der ASVG-Höchstpension abspielen. Wir reden also von 3 000 €, ein bisschen mehr, und deswegen ist es ein Gebot der Stunde, dass man da auch hineinschneidet. Auch dafür meine Wertschätzung! Das hätten wir einge­bracht, ist nicht mehr notwendig. (Der Redner hält zwei Schriftstücke in die Höhe und heftet diese zusammen.)

Wenn ich das heute hier abhefte, so sage ich Ihnen auch ganz klar, dass wir das nicht in die Rundablage geben, sondern in die Schublade. Und wenn bis April 2014 diese Vorhaben, die Sie gestern im Ministerrat beschlossen haben, nicht umgesetzt sind, dann werden wir diese Papiere noch einmal herausnehmen und den Druck erhöhen. (Abg. Mag. Schieder: Sie werden sie rausnehmen und wegwerfen, weil wir das erledi­gen werden!)

Ich freue mich, dass wir damit ein erstes Thema der NEOS schon in Umsetzung ha­ben. Das zeigt, wir können auch als kleine Fraktion etwas bewegen. Ich weiß, damit werden wir das Budgetloch nicht stopfen, aber ich halte es für eine wichtige symboli­sche Geste.

Und ich sage auch dazu: Wenn man Sie nicht zu Ihrem Glück und zu Ihren Hand­lungen zwingt, dann machen Sie es nicht. Ich erinnere mich, Herr Hundstorfer, nach einem Gespräch in Alpbach im Sommer, im August, da habe ich Ihnen genau das Thema aufgetischt und Sie haben gesagt, so auf die Art: Na ja, Sie erklären mir beizeiten einmal das Pensionssystem, aber das brauchen wir alles nicht. (Abg. Hundstorfer: Das war ein Gespräch um 1 Uhr früh!) Ja, aber jetzt machen Sie es. Wa­rum? – Weil wir den Druck erhöht haben, die Medien den Druck erhöht haben, machen Sie es. Wenn wir Sie nicht am Nasenring durch die politische Manege zur Lösung führen, dann findet sie offensichtlich nicht statt.

Dasselbe: Herr Khol, Andreas Khol, hat noch letzte Woche zu mir gesagt: Das können wir nicht machen, das brauchen wir nicht, das wollen wir nicht. Und diese Woche ma­chen Sie es. – Sie müssen nur wollen, dann geht ganz viel, aber Sie wollen viel zu wenig, und deswegen habe ich Ihnen auch ein bisschen etwas aus unserem Büro mit­gebracht. Wir sind bislang zwar sehr provisorisch eingerichtet, aber diese zwei Radier­gummis brauchen wir nicht. Die sind für große Fehler, und Sie haben offensichtlich große Rechenfehler in Ihren bisherigen Budgetplanungen gehabt. Ich gestehe Ihnen zu, dass man natürlich darüber diskutieren kann, wie die Prognosen ausschauen, und dass sich die auch verändern, Herr Vizekanzler, das gestehe ich Ihnen zu, auch Ihnen, Frau Finanzministerin. Keine Frage!


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Wir NEOS haben jedoch keine Ministerialbürokratie im Hintergrund, wir haben nicht tausende Menschen in Ministerien, wir haben keine Kammern im Hintergrund, wir haben nicht tausende Menschen in Kammern, die rechnen und Expertinnen und Ex­perten sind, aber für uns war es natürlich glasklar, auch vor dem Wahltag schon, dass Sie an zwei Fronten nicht die Wahrheit sagen, und das ist, erstens, bei der Hypo Alpe-Adria. Es war ganz klar, dass dort ein viel größeres Loch aufgehen wird, und es war auch für mich nicht einzusehen, Frau Bundesministerin, dass wir nicht fähig waren, als Republik, mit dem Thema anders umzugehen, weil alle gesagt haben, alle Expertinnen und Experten: Wenn wir mit dem Institutionalisieren einer Abbaubank bis nach den Wahlen warten, dann verlieren wir 1 bis 2 Milliarden €. Die haben wir verloren, se­henden Auges verloren! Jeder, der fünf Sinne hat und hingeschaut hat, hat das ge­wusst.

Die zweite Baustelle, bei der auch jeder gewusst hat, dass sich das nie ausgehen wird, sind die Pensionen. Das geht sich nie aus! Das war klar, und heute sagen Sie selber: Es fehlen uns 8,7 Milliarden €. Also Hypo Alpe-Adria und Pensionen allein sind über 10 Milliarden €, und das ist kein „Lercherlschas“. Über 10 Milliarden €, wissen Sie, was das ist? – Das ist das Budget für 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler, also das gesamte Unterrichtsbudget und das Wissenschaftsbudget, 300 000 junge Leute noch dazu! Um das haben Sie sich bei nur zwei Positionen verschätzt, obwohl das für alle mit Hausverstand klar war, und alles andere preise ich jetzt noch gar nicht ein.

Und deswegen diese zwei Radiergummis. Wenn Sie wieder einmal auf geschönte Zah­len treffen und Ihnen auffallen müsste, dass das nicht stimmen kann, weil auch Sie Hausverstand haben, dann nehmen Sie den Radiergummi und sagen: Das ist ein Feh­ler, und den Fehler beseitigen wir jetzt. Die zwei sind für Sie. (Der Redner überreicht Bundesministerin Dr. Fekter und Staatssekretär Dr. Ostermayer je einen Riesenradier­gummi. – Staatssekretär Dr. Ostermayer: Ich arbeite am Computer! Was soll ich da­mit? Können Sie mir das erklären?) – Dann haben Sie eben das Computerprogramm nicht im Griff. Diese Rechnung hätte man allerdings auf einem Zettel machen können, dazu brauchen Sie keinen Computer. Okay?

Da Sie, Herr Vizekanzler, sagen, Sie wollen auch Vorschläge von uns hören: Ja, Sie werden Vorschläge hören. Sie werden auch immer das Angebot von uns bekommen, dass wir für eine Mehrheit sorgen werden, wenn wir mit unserem kleinen Teil an Ab­geordneten hier herinnen einen Beitrag leisten können.

Wir haben gesagt: Im Pensionsbereich müssen wir etwas machen!, und Sie folgen jetzt unseren Ratschlägen. Daher habe ich Ihnen folgende weitere Vorschläge mitgebracht:

Erstens: Pensionsbereich. Wir brauchen einen Pensionsautomatismus. Wenn die Poli­tik in einem Bereich über Jahre und Jahrzehnte versagt und keine nachhaltigen Lösun­gen schafft – deswegen bin ich auch ein Fan einer Schuldenbremse im Verfassungs­rang –, dann sollte sie sich selbst binden. Andere Länder haben das gemacht.

Schweden hat einen Pensionsautomatismus hinterlegt. Andere Länder haben das ge­macht, wir sollten das auch machen. Wir haben heute einen Entschließungsantrag da­zu eingebracht, Sie müssen ihm nur folgen. Sie müssen nur wollen, dann wird es kom­men.

Zweitens: Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters. – Liebe ÖVP, Sie haben doch einen Beschluss, wenn ich mich richtig erinnere, in allen ihren sechs Bünden, dass Sie das vorziehen wollen. Ihr Bundesparteiobmann hat es doch im Wahlkampf gesagt – und dann kommt dieser Herr Khol und pfeift Sie zurück! Ich kriege so einen Hals! Denn das ist nicht okay, dass Herren, die im Klub der 10 000-€-plus-Pensionisten sitzen, die junge Generation so strapazieren, wie es diese Herren tun.

Machen Sie das bitte! Und machen wir andere Dinge, die für die Frauen richtig und wichtig sind – zum Beispiel Senkung des Eingangssteuersatzes. Diese wäre immens


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wichtig für die Aufstockung von Teilzeitarbeit. Weiters beispielsweise der Ausbau von Familienbetreuung, um da das Angebotsspektrum breiter zu halten.

Ein weiterer Vorschlag: Sozialversicherungen. Führen wir sie zusammen! 700 Millionen € Verwaltungskosten in 22 Sozialversicherungsträgern. Sie haben es ja schon einmal probiert, und es wäre fast gelungen. Gescheitert ist es, wenn ich mich recht entsinne, eigentlich an den Machtansprüchen von Bauern und Wirtschaftstreibenden. Aber ich rufe den Bauern und den Wirtschaftstreibenden noch einmal zu: Geht voran! Machen wir eine schrittweise Zusammenlegung, da können wir Hunderte Millionen sparen! Wir gehen schrittweise voran und legen zusammen.

Was werden wir noch einbringen? – Wir werden – mein Kollege Rainer Hable wird da­zu Stellung nehmen – eine Änderung bezüglich der Rechenschaftspflichten der Politik einbringen. Es muss Schluss sein mit Tarnen, Täuschen und Unwahrheiten vor dem Wahltag.

Deswegen wollen wir die Ministeranklage als Minderheitsrecht etablieren. Das ist auch eine Frage der Kontrolle hier im Haus. Wir werden das einbringen.

In diesem Sinne werden wir natürlich auch dieses Misstrauensvotum unterstützen, weil sich unser Vertrauen nicht genährt hat. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Und zweitens werden wir auch den Antrag auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses, der am Ende des Tages beraten wird, unterstützen.

Sie müssen nur wollen, geschätzte Damen und Herren der GroKo, aber am Wollen fehlt es Ihnen! (Beifall bei NEOS-LIF. – Abg. Kickl: „Gro“ ist da nichts mehr!)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Themessl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.33.07

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Zuerst zu den Vorrednern der Koalitionsparteien: Also jetzt so zu tun und böse zu sein, dass die „böse“ Opposition das Wort „Lücke“ oder „Budgetloch“ in den Mund nimmt, das ist schon ein bisschen weit hergeholt.

Denken wir zurück: Wer hat denn das Ganze vom Zaun gebrochen? – Das waren doch Sie selbst.

Einer der Ersten, der aus den Finanzverhandlungen herausgekommen ist, aus dem so­genannten Verhandlungsteam für die Finanzen, war Herr Landeshauptmann Wallner aus Vorarlberg, der klar davon gesprochen hat, dass im Finanzrahmen für die kom­mende Legislaturperiode pro Jahr zwischen 6 Milliarden und 8 Milliarden € fehlen.

Dann sind die Experten sofort darauf aufgesprungen, Ihre Experten von WIFO, IHS, die Sie zu diesem Kassasturz eingeladen haben – die Oppositionsparteien haben Sie ja zu diesem Kassensturz bewusst nicht eingeladen. Offensichtlich geht es die Oppo­sition nichts an, wie die finanzielle Situation dieser Republik aussieht. Das haben Sie ja verabsäumt. Und diese Experten haben dann sofort damit begonnen, Vorschläge zu machen, von der Erhöhung der Mineralölsteuer bis hin zur Erhöhung der Einheitswerte, damit die Grundgebühren, die Grundsteuer entsprechend hinaufgeschraubt werden kann, bis hin zu einer Energieabgabe auf Strom und Gas, und, und, und.

Dann hat man auch noch von einem Sparpaket gesprochen. Wenn man ehrlich gewe­sen wäre, hätte man von einem Belastungspaket sprechen müssen.

Frau Bundesminister! Ich werfe Ihnen gar nicht vor, dass Sie nicht wissen, wie sich die Wirtschaft im Jahr 2015 oder bis Ende 2014 entwickeln wird oder wie sich die Arbeits-


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losenzahlen entwickeln werden. Das ist auch nicht der Punkt. Das, was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie – das haben Sie auch heute wieder in Ihrer Beantwortung be­wiesen, ich werde es Ihnen dann sagen – permanent die Unwahrheit sagen (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter) und eigentlich auf die sich ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht eingehen und die Zahlen nicht entspre­chend korrigieren, und zwar nicht rechtzeitig.

Auf die Frage 5 haben Sie heute geantwortet: Das Finanzministerium reagiert perma­nent auf sich ändernde Wirtschaftsdaten, seien es das Wirtschaftswachstum, Arbeitslo­senzahlen, und, und, und. Aber Sie geben zu, dass Sie nicht im Quartal die Budgets ändern. – Das gestehe ich Ihnen auch zu, das ist in Ordnung. (Bundesministerin Dr. Fekter: Eben!) Aber Sie reagieren auch nicht darauf. Und da haben Sie heute wie­der die Unwahrheit gesagt. Ich sage Ihnen jetzt, warum. (Bundesministerin Dr. Fek­ter:  reagieren wir darauf!) – Nein. Ich sage Ihnen genau, warum.

Im April des Jahres 2012 – das ist jetzt eineinhalb Jahre her – hat man den Finanzrah­men 2013 bis 2016 beschlossen. Ein Jahr später, im April des heurigen Jahres, hat man den Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2017 beschlossen.

Frau Bundesministerin, für den Fall, dass Sie es noch nicht wissen: Dieses Parlament hat in der Zwischenzeit einen eigenen Budgetdienst. Und dieser Budgetdienst hat eine Analyse zum Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 erstellt, datiert vom Mai des heuri­gen Jahres.

Dort steht wörtlich geschrieben – ich lese es Ihnen vor, damit Sie es auch glauben –: Gegenüber der Prognose für den vorherigen Finanzrahmen – also der ein Jahr vorher beschlossen wurde – haben sich die Werte verändert. (Abg. Mag. Schieder: Eben!) Im aktuellen Finanzrahmen beziehungsweise  – Eben, ja. (Abg. Mag. Schieder: Eben!) Hören Sie einmal fertig zu, dann werden Sie schon wissen, warum „eben“ und warum Sie uns permanent die Unwahrheit sagen!

Also: Im aktuellen Finanzrahmen beziehungsweise im Strategiebericht haben diese Ver­änderungen jedoch keinen budgetmäßigen Niederschlag gefunden. (Abg. Mag. Schie­der: Weil es um Ausgabenobergrenzen geht!)

So, jetzt ist zwischen der Vorlage dieser beiden Bundesfinanzrahmen genau ein Jahr vergangen. Ein Jahr! Und in diesem Jahr haben sich mindestens dreimal hintereinan­der die Prognosen verschlechtert, und Sie waren nicht in der Lage, das zu berücksich­tigen! Ich sage Ihnen auch, warum: weil dieser Bundesfinanzrahmen im April des heu­rigen Jahres ein halbes Jahr vor der Wahl beschlossen wurde. Wenn Sie bereits da­mals das eingerechnet hätten, dann wäre bewusst gewesen, dass Ihre Zahlen bei den Wahlen hinten und vorne nicht mehr stimmen, und Sie hätten das auch nicht mehr mit einem gedruckten Papier, das nicht stimmt, beweisen können.

Genau das war der Grund dafür, dass Sie darauf verzichtet haben – ganz bewusst sa­ge ich: darauf verzichtet haben –, das diesen geänderten Rahmenbedingungen anzu­passen.

Jetzt nenne ich Ihnen nur zwei Kennzahlen, auf die Sie Wert legen sollten – das wird Ihnen jeder Ökonom in diesem Haus bestätigen; auch der Budgetdienst dieses Hau­ses –: Es gibt zwei Benchmarks, die zu berücksichtigen sind.

Das ist erstens das Wirtschaftswachstum. Sie selbst haben zugegeben, dass es im heurigen Jahr nicht ein Prozent beträgt, wie Sie es in Ihrem Bundesfinanzrahmen drin­nen haben, sondern nur 0,4 Prozent. Das heißt, es fehlen Ihnen mehrere Milliarden Eu­ro an Einnahmen.

Der zweite Punkt, den Sie auch nicht berücksichtigt haben (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter– nein, nein! –, ist das Anwachsen der Arbeitslosenrate.


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Wenn Sie Hunderttausend Arbeitslose mehr haben, dann bedeutet das für das Budget 2,5 Milliarden € mehr an Ausgaben.

Wenn Sie allein die 2,5 Milliarden € mehr an Ausgaben bereits im ersten Jahr des Bun­desfinanzrahmens haben und das dann für fünf Jahre hochrechnen, sind allein das schon 10 Milliarden €, die Ihnen fehlen werden. Das ist genau der Punkt!

Und dann zu sagen, das hätten Sie vorher nicht gewusst, das nehme ich Ihnen nicht ab, denn – jetzt ist er leider nicht hier – Herr Arbeitsminister Hundstorfer hat bereits zu Beginn des heurigen Jahres gesagt – so ehrlich ist er nämlich –, dass nicht davon aus­zugehen ist, dass sich bis Ende 2013 die Arbeitslosenzahlen verbessern werden. Nein, er ging sogar davon aus, dass sich die Arbeitslosenzahl erhöht.

In der Zwischenzeit wissen wir Folgendes: Laut AMS-Chef Kopf werden wir im Jänner eine Arbeitslosenzahl von 450 000 erreichen! Wenn Sie dann all die Frühpensionisten noch dazurechnen, sind wir auf über einer halben Million. – Nicht einmal darauf haben Sie reagiert!

Herr Hundstorfer hat sogar zugegeben, dass sich das wahrscheinlich auch im ersten Halbjahr 2014 nicht ändern wird.

Sie haben trotzdem in Ihren Werten, in Ihren Zahlen, die Sie weiterhin verwenden, für 2014 eine Arbeitslosenzahl genau in der gleichen Höhe angenommen wie für 2013, ob­wohl Sie schon seit Anfang des Jahres wussten, dass das nicht halten wird.

Sie haben auch die Wirtschaftswachstumszahlen nicht korrigiert, auch nicht für das Jahr 2014 – lassen wir 2013 einmal beiseite, denn das war wahrscheinlich nicht mehr möglich –, obwohl jetzt schon klar ist, dass die nicht stimmen werden!

Das, was mich am meisten aufregt, ist, dass Ihre sogenannten Experten von IHS und WIFO, die aus Steuergeldern bezahlt werden, immer erst mit zwei- bis dreimonatiger Verspätung die Zahlen korrigieren, wenn sie schlechter werden. (Beifall bei der FPÖ.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Steßl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.40.13

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Dringliche Anfrage, mei­ne sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ, ist sehr interessant gestaltet. Beim Durchlesen derselben habe ich mich insbesondere gefragt, wann Sie diese verfasst haben. Im zweiten Absatz beispielsweise zitieren Sie den Rechnungshof Moser (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Präsident ist er, so viel Zeit muss sein!), und Sie fordern auch dazu auf, die Luxuspensionen abzuschaffen. – Ich darf Sie daher daran erinnern, dass der­artige Maßnahmen bereits gestern im Ministerrat beschlossen wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ministerrat zählt ja nichts!)

Jedenfalls bin ich gespannt darauf (Abg. Kickl: Das wird aber schon hier herinnen ge­macht! Da werden wir einmal schauen, wie nachhaltig Ihr Ansatz ist!) – wenn dann diese Diskussionen auch hier im Hohen Haus darüber zu führen sind; da bewegen wir uns ja im Bereich der Zweidrittelmehrheits-Materien –, ob dann Sie, meine sehr verehr­ten Herren von der FPÖ, einer Zweidrittelmehrheit-Regelung Ihre Zustimmung geben und da mitstimmen. (Abg. Kickl: Wenn Sie wirklich umfassend ansetzen!)

Das Gleiche gilt natürlich auch für die Damen und Herren von den NEOS, die hier ja sozusagen die Katze aus dem Sack gelassen haben, denn ich habe mich schon immer gefragt, Herr Klubobmann Strolz, wie Sie das eigentlich mit der „Pensionslüge“ meinen. Ich erinnere daran, wie Sie nach der Wahlauseinandersetzung voller Stolz vor den


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Fernsehkameras gestanden sind und gesagt haben: Hören wir jetzt auf mit der Pen­sionslüge! Heute haben Sie einen ersten Vorschlag vor dem Hohen Haus präsentiert, nämlich die Anhebung des Frauenpensionsalters. Daher meine Frage: Glauben Sie wirklich, dass man allein mit der Anhebung des Frauenpensionsalters die Frauen län­ger in Beschäftigung halten kann? Für Frauen, die über 45 Jahre alt sind beziehungs­weise betrifft das auch jüngere, gibt es doch oft keine adäquaten Arbeitsplätze!

Wir von der Sozialdemokratie sind dafür, dass für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer adäquate Arbeitsplätze geschaffen werden, ebenso die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, damit das faktische Pensionsantrittsalter ein höheres ist. Das er­reicht man doch nicht allein durch eine Anhebung des Frauenpensionsalters! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Strolz: 64!)

Was mir weiters aufgefallen ist, ist diese Verunsicherung, eine Verunsicherung der Be­völkerung, bei der Ängste von Ihnen geschürt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Genau! Landeshauptmann Pührin­ger macht das!)

Leider ist jetzt Herr Klubobmann Strache nicht im Saal, denn ich hätte ihn schon gerne gefragt zu seinem Interview vom 13. November der „Presse“ gegenüber, in dem er be­hauptet hat, die Republik Österreich stehe vor der Insolvenz.

Glauben Sie wirklich, Herr Klubobmann Strache, dass man mit derartigen Aussagen der Bevölkerung das Gefühl vermittelt (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Glauben Sie, dass Sie mit Ihren Aussagen noch so viel Vertrauen kriegen? Das glauben Sie doch nicht! Sie sind so gescheit! Das wird doch nichts!), dass man sich auskennt, wobei ja Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ, so gerne von „Kompetenz“ spre­chen?!

In diesem Interview sprechen Sie des Weiteren über die 599 Vorschläge des Rech­nungshofes. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Die wollt ihr nicht, gell?) Haben Sie sich diese tatsächlich schon einmal durchgelesen, werter Herr Kollege (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ja!), und haben Sie schon einmal überprüft, wie viele Vorschläge des Rechnungshofes bereits umgesetzt wurden?

Ein Vorschlag ist ja ganz besonders interessant (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Sagen Sie jetzt dasselbe wie Kollege Schieder?), und zwar der Vorschlag mit der Nummer 106 (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Das hat schon Kollege Schieder erwähnt!), wo der Rech­nungshof – bei allem Respekt, den wir vor dem Rechnungshof und seinen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern haben – anhand des Beispiels der Stadt Steyr vorrechnet – wobei er das dann auf den Bund umrechnet –, wie viel an Einsparungspotenzial es in Bezug auf Entlohnung und Überstunden gäbe.

Wenn, dann seriös argumentieren, aber es ist halt so bei der FPÖ, dass das leider nicht der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Gibt es das Loch jetzt oder nicht?)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


16.44.20

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja bemerkens­wert, wenn einige Kollegen hier heraußen nach Experten rufen und meinen, man sollte die Wahrheit auf den Tisch legen.

Wir haben derartige Experten, nämlich im Budgetdienst des Parlaments, wir haben die Experten im Ministerium, und wenn man sich die Mühe gemacht hat – der eine oder


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andere hat das vielleicht gemacht –, ein bisschen nachzulesen, dann hat man das ge­sehen. Das war da. Da gab es nichts zu rütteln, da gab es nichts zu ändern, meine Da­men und Herren!

Sie könnten ja auch die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September nachprüfen, wie sich die Geschichte des Budgetcontrollings und der -vorschau verän­dert hat. Dabei würden Sie feststellen, dass das Budget eingehalten wurde, dass die Rahmenbedingungen so wie budgetiert vorliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Jene, die heute neu hier sind, können davon nichts wissen, aber jene, die bereits vor Jahren hier waren, wissen, dass damals von der Budgetlüge, vom Nichteinhalten der Prognosen, von falschen Zahlen gesprochen wurde. Es hat geheißen: Alles Makulatur, alles falsch, zurück an den Start! – Tatsache ist etwas ganz anderes!

Schauen Sie nach, wie 2011 budgetiert und wie abgeschlossen wurde! Abgeschlossen wurde um 4,2 Milliarden € besser – im Jahre 2011.

Schauen Sie nach, wie im Jahre 2012 abgeschlossen wurde! Knapp 2 Milliarden bes­ser als budgetiert, meine Damen und Herren!

Sie können sich bei Sektionschef Steger erkundigen, ob das Budget des heurigen Jah­res hält. Er wird Ihnen sagen: Ja, auch dieses hält!

Und dann trauen Sie sich der Frau Bundesminister und dem Herrn Staatssekretär zu unterstellen, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hätten! – Meine Damen und Herren, die beiden haben eine hervorragende Budgetpolitik gemacht! (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten der SPÖ.)

In einem gebe ich dem Kollegen Themessl recht: Es ist wirklich ärgerlich, wenn die so­genannten Experten immer ein Vierteljahr oder sechs Monate später wissen, wie es in Wirklichkeit gelaufen wäre. (Demonstrativer Beifall des Abg. Themessl.) Das ist aber beim Rechnungshof nicht anders, der prüft auch immer hinterher. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wenn man den Rechnungshof ersucht, er möge doch den Umbau des Parlaments be­gleiten und sozusagen vorher eine Expertise erstellen, sagt er: Nein, das geht mich nichts an! – Hinterher kann es jeder, da brauche ich keine Experten, meine Damen und Herren! Nur um nachzulesen, wie es ausgegangen ist, dafür sind sie zu hoch bezahlt.

Herr Kollege Rossmann, Ihr Kollege Marterbauer, der oft als Experte mit Ihnen bei den Budgetverhandlungen im Budgetausschuss gesessen ist, hat Ihnen ja Folgendes dar­gelegt:

Nicht angebracht ist hingegen eine Budgethysterie, wie sie in den letzten Wochen un­ter tatkräftiger Hilfe von Wirtschaftsforschern inszeniert wurde. (Abg. Dr. Moser: Schauen Sie in die eigenen Reihen! Ihr Landeshauptmann Wallner war es! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Angesichts der eigenen Prognosen und der enormen Unsicherheiten wäre in der Profession der Wirtschaftsforschung ein bisschen mehr Be­sonnenheit angebracht – und vielleicht auch eine Erklärung, wie es zum erstaunlichen Sinneswandel kam, der zwischen Anfang Oktober und Anfang November geschah. (Abg. Dr. Moser: Fragen Sie Wallner!)

Meine Damen und Herren, die Herren Professoren wissen es hinterher immer etwas besser!

Spannend ist noch etwas: Am 24. Juli dieses Jahres hat Herr Professor Keuschnigg eine mittelfristige Prognose dargelegt. Er sagt ein Budgetdefizit von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes voraus. Er sagt auch voraus, dass es bis 2016 auf 0,3 Prozent des BIP sinken würde.


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Sein Kollege vom Wifo, Karl Aiginger, meinte sogar im Jänner des heurigen Jahres, dass nächstes Jahr das Budgetdefizit 2 Prozent des BIP betragen würde und 2016 auf 0,8 sinken würde. Interessant ist, dass er am 4. Oktober seine neue Prognose veröf­fentlicht hat, in der er das Budgetdefizit des kommenden Jahres sogar um 0,4 Prozent besser, also niedriger, dargestellt hat.

So viel zu den sogenannten Experten, meine Damen und Herren, die offensichtlich nur dann etwas wissen, wenn es sozusagen schon vorliegt. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Herr Kollege Kickl, es steht mir nicht zu, Ihnen etwas vorzuhalten, aber Ihnen wäre wirklich zu raten, sich die Fernsehübertragung anzusehen, damit Sie sehen, wie Sie sich heute hier am Rednerpult aufgeführt haben! Sehen Sie sich die Aufzeichnung an, andernfalls könnte Ihnen Kollege Faul, wäre er noch hier, das sagen, was er Kollegen Grosz gesagt hat!

Herr Kollege Kickl, es steht mir wirklich nicht zu – ich bin 30 Jahre hier im Parlament –, aber bei dem, was Sie heute hier geboten haben mit dem „Töö, töö, töö, töö“, sollten Sie sich auf die eigene Stirn klopfen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Kickl: Genau so ist es! Geht es jetzt wieder „Töö, töö, töö, töö“?)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.50.02

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Abg. Dr. Mitterlehner: „Professor“ Rossmann! „Darf ich falsifizieren?“ Und das in allen Le­benslagen!) Ich beschäftige mich schon seit mehr als drei Jahrzehnten mit öffentlichen Haushalten, aber so eine Debatte wie heute hier – das habe ich noch nicht erlebt! Also Frau Finanzministerin, das Kunststück, zu sagen, es gebe kein Budgetloch, und dann einige Sätze später zu sagen, es gibt doch ein Budgetloch – 33 Milliarden € zwischen 2014 und 2018 –, ist schon beeindruckend! (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist kein Loch! Ruf bei der ÖVP: Hat er wieder nicht aufgepasst! – Bundesministerin Dr. Fek­ter: Hat er wieder nicht aufgepasst! Hat er nicht verstanden!) 2014 bis 2018 – Maas­tricht! Ich habe schon verstanden, Frau Ministerin! (Bundesministerin Dr. Fekter: Na, das hat er nicht verstanden!) Frau Ministerin, das habe ich schon verstanden. (Heiter­keit bei den Grünen. Abg. Kopf: Hat er es jetzt verstanden?) Da muss ich mich, ehr­lich gesagt, schon wundern.

Wenn Sie, Frau Finanzministerin, und auch Herr Klubobmann Schieder sich auf das Jahr 2013 beziehen und sagen, das Jahr 2013 werde besser sein und kein Budgetloch aufweisen, so möchte ich doch irgendwie die Wifo-Prognose heranziehen, die heute publiziert worden ist und die auch das Jahr 2013 prognostiziert. (Ruf: Oje! Abg. Podgorschek: ... auch nicht gewusst?) Besser Wetterprognosen oder Wirtschaftspro­gnosen? – Ich glaube, Wirtschaftsprognosen sind ein bisschen präziser. (Abg. Stein­bichler: Da ist kein Unterschied!)

Aber Herr Professor Aiginger saß ja im Verhandlungsteam, nehme ich an, oder täu­sche ich mich? (Abg. Ing. Höbart: Da ist die Frau Finanzministerin auch und der Herr Staatssekretär!) Ich denke, dort hat man sich über die Zahlen in Bezug auf das Budget­loch oder die Budgetlücke verständigt. Aber die Prognose, die das Wirtschaftsfor­schungsinstitut anstellt, sagt für 2013 nicht ein Budgetdefizit von 2,3 Prozent, sondern eines von 2,6 Prozent voraus. (Abg. Mag. Schieder: Das hat das Wifo automatisch gerechnet!) Also um 0,3 Prozent mehr als das, was die Regierung sagt und was sie auch am 15. Oktober über die Haushaltsplanung für das Folgejahr und für heuer nach Brüssel geschickt hat immerhin fast 1 Milliarde € Abweichung!


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Was soll ich mich denn jetzt fragen, wenn ich die Bevölkerung repräsentieren will? Was stimmt denn jetzt eigentlich? Also diese Verhandler, die Finanzministerin, der Herr Staatssekretär, der Herr Vizekanzler und der Herr Bundeskanzler sagen uns jeden Tag andere Zahlen! Wie soll man sich da noch auskennen? Wer weiß denn überhaupt, was ein strukturelles Defizit ist? Wer weiß denn ganz abgesehen davon überhaupt, was ein Maastricht-Defizit ist? Aber eines versteht die Bevölkerung schon: Sie wurde ge­täuscht! (Ruf bei der FPÖ: Richtig! Abg. Mag. Schieder: Stimmt ja nicht!) – Das wer­de ich Ihnen jetzt gleich erzählen, Herr Staatssekretär! Die Bevölkerung wurde im Frühjahr dieses Jahres getäuscht, als die Regierung den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 vorgelegt hat.

Da ist die Regierung von Prognosen ausgegangen, die nicht die aktuellen Prognosen des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts gewesen sind. (Zwischenbemer­kung von Bundesministerin Dr. Fekter.)  Ich habe die Zahlen hier liegen, Frau Finanz­ministerin. (Der Redner hält einige Papierseiten in die Höhe.) Sie können, wenn Sie wollen, mit mir mitlesen, aber Sie müssen nicht. Sie können mir auch so glauben. Aber Sie haben jedenfalls diesem Bundesfinanzrahmen veraltete Zahlen zugrunde gelegt.

Wenn man der Budgetentwicklung, der Einnahmenentwicklung und der Ausgabenent­wicklung nicht rezente Wirtschaftsprognosen zugrunde legt, dann kann das, was am Ende des Tages bei der Rechnung herauskommt, nicht stimmen. Um das zu wissen, muss man nur über Kenntnisse in den Grundrechnungsarten verfügen – nicht mehr und nicht weniger.

Schauen wir uns beispielsweise die Steuerschätzungen an. Die Steuerschätzungen, die Sie im April dieses Jahres präsentiert haben, unterscheiden sich praktisch kaum von den Steuerschätzungen, die Sie ein Jahr vorher vorgelegt haben. Wie kann das bei geänderten Wirtschaftsprognosen der Fall sein? Jeder, der ein bisschen etwas von Volkswirtschaftslehre versteht, weiß, dass es einen Zusammenhang zwischen der bud­getären Entwicklung auf der einen Seite und der wirtschaftlichen Entwicklung auf der anderen Seite gibt. Es kann sich nicht ausgehen! So darf man sich nicht wundern, wenn die Regierung dann in Bezug auf die Budgetlücke zu einer Steuerunterschätzung kommt, die sich irgendwie – ich weiß noch nicht, wie genau; von 14 Milliarden € ist die Rede – in dieser Budgetlücke von 33 Milliarden € niederschlägt – zu viel im Übrigen, wie ich meinen würde.

Lassen Sie mich ein zweites Beispiel in Bezug auf den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 erläutern! Sie haben auch die Existenz des rezentesten Gutachtens der Pen­sionskommission in Bezug auf die Entwicklung der Pensionen negiert und weisen da­her die Pensionsentwicklung, den Bundeszuschuss zur Pensionsversicherung im Bun­desfinanzrahmen zu niedrig aus. Jetzt müssen Sie ihn korrigieren und schrauben ihn in Höhen hinauf – 8,7 Milliarden €, stimmt im Übrigen nicht.

Wenn man auf Basis des jüngsten Gutachtens der Pensionskommission vom Oktober nachrechnet und das mit dem Bundesfinanzrahmen vergleicht, so kommt man auf eine Pensionslücke in der Größenordnung von 5,8 Milliarden €, also um 3 Milliarden € weni­ger. Da muss die Regierung jetzt schon einmal die genauen Zahlen vorlegen! Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das, was im Budgetausschuss und heute bisher statt­gefunden hat, bestenfalls einmal ein Kratzen an dem ist, was die Regierung der Be­völkerung und diesem Hohen Haus an Aufklärung schuldig ist – an Aufklärung darüber, wie viel in den nächsten Jahren tatsächlich gespart werden muss.

Herr Vizekanzler, wenn ich Ihnen zuhöre, ich weiß nicht, da kommt es mir so vor, als ob irgendwie das Wachstum vom Himmel fallen würde. Sie haben gesagt, Sie werden sparen und das Sparen werde das Wachstum anregen. Also was wir in Europa in den letzten Jahren erleben, ist ein Kaputtsparen, das genau das Gegenteil bewirkt hat. Die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 146

Prognosen sind nämlich genau deshalb zurückgegangen, weil ganz Europa sich zu Tode gespart hat. (Beifall bei den Grünen.)

Und wo haben Sie einen Verfassungsbruch begangen? Einen ganz klaren Verfas­sungsbruch, Frau Finanzministerin, haben Sie beim Hyperdesaster, dem Milliardende­bakel Hypo begangen. Es gibt in der Bundesverfassung den Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage, und das Bundeshaushaltsgesetz führt aus, dass Sie zur Einhaltung der Obergrenzen entsprechende Korrektur- und Steuerungs­maßnahmen anzuführen haben. Sie weisen dort aber pro Jahr nur 133 Millionen € aus – und jetzt bekennen Sie erstmals eine Lücke von mindestens 5,8 Milliarden €. Wo sind denn diese Maßnahmen, diese Korrektur- und Steuerungsmaßnahmen zur Ein­haltung dieser Obergrenzen? Sie sind nicht vorhanden! Warum sind sie nicht vor­handen, Frau Finanzministerin? Weil Sie sich beharrlich geweigert haben, einen Plan für die verstaatlichten Banken, allen voran für die Hypo Alpe-Adria, zu entwickeln.

Hätte es nicht die Europäische Kommission gegeben, die Sie gezwungen hat, in Sa­chen Hypo Alpe-Adria zu handeln, dann würden Sie wohl heute noch nicht eingeste­hen, dass wir bei der Hypo Alpe-Adria eine Lücke haben.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass diese Lücke nicht durch Sparen bei den So­zialhaushalten gefüllt werden darf; insbesondere nicht bei einem Wahlversprechen, das Sie abgegeben haben, nämlich bei der Erhöhung der Familienbeihilfe und deren laufender Anpassung an die Inflation.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Rossmann, Mag. Musiol, Julian Schmid, Kolleginnen und Kol­legen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, der zufolge die Familienbeihilfe gemäß des Ministerratsbeschlusses vom 17. Juni 2013 erhöht sowie fortan laufend an die Inflation angepasst wird.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, die Zweckmäßigkeit der Instrumente der steuerlichen Familienentlastung zu überprüfen und eine etwaige Umwidmung der dafür budgetierten Mittel zu prüfen.“

*****

Ich zitiere Sie abschließend noch einmal, Frau Finanzminister: In einer APA-Meldung vom 18. Juni werden Sie mit folgender Aussage zitiert: Dieses Paket können wir uns leisten. – Und Sie verweisen weiters auf die Rekordbeschäftigung, wodurch sich der Familienlastenausgleich auf gutem Weg befinde. Diese Maßnahmen – nämlich genau jene des Familienpakets – würden den Steuertopf nicht belasten, sagen Sie.

Also forsch voran in Sachen Erhöhung der Familienbeihilfen und Indexierung der Fa­milienbeihilfen in den Jahren danach! – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 147

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Daniela Musiol, Julian Schmid, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erhöhung der Familienbeihilfe und laufende Anpassung an die Inflation

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Stra­che betreffend Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Begründung

Am 17. Juni 2013, wenige Monate vor der Nationalratswahl 2013, einigten sich SPÖ und ÖVP im Ministerrat auf eine Vereinfachung sowie Erhöhung der Familienbeihilfe.

Bei der Familienbeihilfe sollte es statt den bisher sechs verschiedenen Instrumenten künftig nur noch drei geben, um mehr Transparenz zu schaffen. Kern des Modells ist die höhere Familienbeihilfe, die in drei Stufen inklusive Kinderabsetzbetrag ausbezahlt werden sollte.

Bis zum 9. Lebensjahr sollte die Unterstützung künftig bei 180 Euro pro Monat, von zehn bis 18 Jahren bei 200 Euro pro Monat und ab 19 Jahren bei 220 Euro pro Monat liegen. In Aussicht gestellt wurde weiters eine regelmäßige Indexierung der Familien­beihilfe.

Gerechnet wurde mit etwa 207 Mio. Euro Mehrkosten pro Jahr. Insgesamt ergibt sich in diesem Modell (inkl. der Investitionen für den Ausbau der Kinderbetreuung) eine In­vestitionssumme von rund 1,2 Mrd. Euro über vier Jahre.

Bundeskanzler Faymann versprach, das neue Modell „soll gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden“. (apa, 18.6.2013) Die Regierung berief sich auf eine gute Entwicklung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), wodurch die Finanzierung gegeben sei. Gesprochen wurde sogar von einem schuldenfreien FLAF im Jahr 2019.

Finanzministerin Fekter (ÖVP) versicherte, dass der Staat sich das Paket leisten könne, und verwies auf die „Rekordbeschäftigung“, wodurch sich der Familienlasten­ausgleichsfonds auf „gutem Weg“ befinde: „Das wird den Steuertopf nicht belasten.“ (apa, 18.6.2013)

Für Sozialminister Hundstorfer handelte es sich beim Ministerratsbeschluss um ein vor­gezogenes Koalitionspapier. (apa, standard.at, 18.6.2013)

Auch wenige Tage vor der Nationalratswahl am 29.9.2013 wurde die Erhöhung der Fa­milienbeihilfe und eine insgesamte Stärkung von Familien angekündigt:

„Die ÖVP ist der Partner der Familien in Österreich. Kanzlerkandidat Michael Spindel­egger wird in den ersten 100 Tagen als Bundeskanzler einen Freibetrag von 7.000 Eu­ro pro Kind einführen. Damit schafft die ÖVP ein steuerfreies Grundeinkommen für Fa­milien“ () „Unser Ziel ist es, Österreich zum familienfreundlichsten Land Europas zu machen.“ Finanzministerin Fekter, ots, 24.9.2013

„Zusätzlich zu besseren Sachleistungen bieten wir den Familien auch mehr finanzielle Unterstützung, indem wir die Familienbeihilfe modernisieren und uns für einen steuer­lichen Freibetrag von 7.000 Euro pro Kind einsetzen. Die Frage, ob jemand Kinder haben will, soll keine Frage des Geldes oder der Betreuungsangebote sein, sondern al­lein von der persönlichen Entscheidung abhängen. Wir wollen und brauchen Kinder, denn Kinder halten Österreich jung.“ Familienminister Mitterlehner, ots, 24.9.2013


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 148

Erhöhung Familienbeihilfe fällt Budgetloch zum Opfer

Was SPÖ und ÖVP unter Familienfreundlichkeit tatsächlich verstehen und welchen Grad der Verbindlichkeit der Ministerratsbeschluss vom 17. Juni 2013 hat, wurde am 14.11.2013 öffentlich:

Die mehrfach angekündigte Erhöhung der Familienbeihilfe wird dem Budgetloch in Milliardenhöhe geopfert. Dadurch werden – gegenüber der Ankündigung – jährlich 200 Mio Euro eingespart. Der von SPÖ und ÖVP zelebrierte Ministerratsbeschluss ist also nichts anderes als ein leeres Wahlversprechen.

Die Familienbeihilfe ist eine substantielle finanzielle Unterstützung für alle Familien und ihre Kinder. Vor zehn Jahren fand zuletzt eine minimale Erhöhung statt. Die Erhöhung im Jahr 2003 bezog sich auf die Altersgruppe der Kinder ab dem 3. Lebensjahr sowie auf erheblich behinderte Kinder. Alle anderen Altersgruppen blieben seit 2001 von ei­ner Erhöhung ausgenommen. Im Gegensatz zu Pensionen wird die Familienbeihilfe nicht laufend an die Inflation angepasst. Familien und auch Studierende sind folglich damit konfrontiert, dass die Familienbeihilfe laufend an Wert verliert, die alltäglichen Kosten der Lebenserhaltung jedoch laufend steigen.

Ein großer Teil der Studierenden befindet sich in einer finanziell prekären Lage. Dass die Erhöhung sowie eine laufende Validierung der Familienbeihilfe ausgesetzt wird, verschärft diese Situation weiter.

Viele Familien wissen nicht mehr wie sie trotz zweier Einkommen die alltäglichen Aus­gaben bestreiten sollen. Familien sollten die Entscheidung für Kinder nicht erschwert, sondern erleichtert werden. Kinder dürfen keine Frage der Leistbarkeit sein.

Kürzungen der Familienbeihilfe in der letzten Gesetzgebungsperiode

Familien und insbesondere Studierende sind nicht zum ersten Mal Opfer einer ver­fehlten Sparpolitik. Bereits 2010 veranlasste die Regierung eine umfassende Kürzung der Familienbeihilfe:

Die 13. Familienbeihilfe, ein Wahlzuckerl aus dem Jahr 2008, wurde reduziert und nur mehr vom 6. bis zum 15. Lebensjahr mit einem Pauschalbetrag von € 100,-- wie bisher im September ausbezahlt.

Reduktion der Anspruchsdauer: die Familienbeihilfe wird nun maximal bis zum 24. Le­bensjahr (statt bis zum 26. Lebensjahr) ausbezahlt.

Die Familienbeihilfe für Arbeitsuchende Kinder zwischen dem 18. und 21. Lebensjahr wurde gestrichen

Streichung des Mehrkindzuschlages ab dem 3. Kind in der Höhe von € 36,40.

Einsparungen bei der Familienbeihilfe im Jahr 2010 bzw. das aktuelle Nicht-Umsetzen angekündigter Erhöhungen sind umso unverständlicher, als steuerliche Familienentlas­tungen völlig unangetastet bestehen bleiben.

Mit 1.1.2009 führten SPÖ und ÖVP sowohl den Kinderfreibetrag als auch die Absetz­barkeit von Kinderbetreuung ein. Während die Familienbeihilfe allen Familien gleicher­maßen zur Verfügung steht, können von steuerlichen Entlastungen einkommensstär­kere Familien in höherem Ausmaß profitieren.

Wenngleich die steuerlichen Begünstigungen fünf Jahre rückwirkend geltend gemacht werden können, so wurde bereits 2011 deutlich, dass die Möglichkeiten weit weniger genutzt wurden als von der Regierung erwartet. Die Absetzbarkeit von Kinderbetreu­ungskosten sowie der Kinderfreibetrag konnten erstmals im Jahr 2010 rückwirkend für das Jahr davor geltend gemacht werden. Medienberichten aus dem Jahr 2012 zu Folge wurden im Jahr 2010 knapp 113 Mio Euro ausgeschöpft. Budgetiert hatten SPÖ und ÖVP jedoch rund 340 Mio Euro. (apa, 6.11.2012)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 149

Die steuerlichen Entlastungen, die seit 2010 bestehen, sind somit weder sozial treff­sicher noch werden sie von all jenen Familien in Anspruch genommen, die darauf ein Recht hätten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, der zufolge die Familienbeihilfe gemäß des Ministerratsbeschlusses vom 17. Juni 2013 erhöht sowie fortan laufend an die Inflation angepasst wird.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, die Zweckmäßigkeit der Instrumente der steuerlichen Familienentlastung zu überprüfen und eine etwaige Umwidmung der dafür budgetierten Mittel zu prüfen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


16.59.09

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verunsicherung und der Vertrauensverlust in der Bevölkerung dieser Regierung gegenüber, der Politik generell gegenüber, sind sehr groß. Da kann ich vor allem Ihnen von Rot und Schwarz den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie daran Schuld tragen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Schauen wir uns an, was vor dem Wahlkampf versprochen wurde! Wir haben hier über das 1,2 Milliarden-Familienpaket debattiert. Was ist nun? – Es wurde gesagt, wenn Rot und Schwarz wieder in eine Regierung kommen, wird es umgesetzt. Wir haben heute und in den vergangenen Tagen und Wochen schon öfters gehört, dass das nicht um­gesetzt werden kann, da gespart werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob es nun ein Budgetloch gibt oder nicht, das ist der Bevölkerung, glaube ich, ziemlich egal. Den Menschen geht es darum, was mit ihrem Steuergeld gemacht wird, das sie hart verdienen. Sie möchten, dass dieses für sinnvolle Maßnahmen eingesetzt wird. Und den Menschen geht es auch darum be­ziehungsweise sie sind beunruhigt darüber, dass sie mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Namhafte Experten – Aiginger, Felderer, Schratzenstaller und nicht zuletzt Rechnungs­hofpräsident Moser – haben Kritik an diesem Ihrem Budget, an dieser Ihrer Budgetpoli­tik geübt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zu Ihrem selbst auferlegten Schweigen: Auch wenn das Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ in vielen Fällen zutrifft – in diesem Fall war es nicht zutreffend. Da haben Sie sich selbst dadurch einen Bärendienst erwiesen, dass Sie den Verhand­lungsteams so quasi ein Redeverbot zu dem Thema auferlegt haben, wie es denn nun mit dem Budget stehe, wie die offiziellen Zahlen denn nun aussähen. So wird man unglaubwürdig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Vorrednerin hat es heu­te schon angesprochen: Die Wahrheit ist zumutbar! – Dem schließe ich mich an. (Bei­fall beim Team Stronach.)

Rechnungshofpräsident Moser hat nicht nur in den vergangenen Tagen, sondern auch im Zusammenhang mit dem Spekulationsverbot immer wieder eine einheitliche Buch-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 150

haltung der Länder gefordert. Er hat verlangt, dass es vergleichbare Zahlen gibt sowie ein Regelwerk, das auch Vergleiche im Zusammenhang damit zulässt, wie hoch die Schulden und die Einnahmen sind beziehungsweise was mit den ausgelagerten Schul­den ist. – Das gibt es bis dato nicht. Die Kameralistik, die in den Bundesländern noch verwendet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, stammt aus dem 17. Jahr­hundert. Da kann mir wirklich keiner von den Landeshauptleuten, die da blockieren, er­klären, warum sie blockieren und warum sie an dieser Kameralistik aus dem 17. Jahr­hundert festhalten wollen.

Es gibt noch ein gutes Sprichwort: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Das hat hier aber keinen Eingang gefunden, denn sonst wären schon einige der Blockierer unter den roten und schwarzen Landeshauptleuten gegangen. Leider sind sie immer noch da und blockieren munter weiter. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Mag. Loacker.)

Es freut mich ja, dass sich die Frau Bundesministerin, obwohl sie aus der Regierung ausscheiden wird, heute dazu bekannt hat, dass sie eine große Verfechterin eines einheitlichen Haushaltsrechts sei. Nun gut, am Abend wird der Faule fleißig! Denn: Was ist in den letzten fünf Jahren passiert? Warum ist denn nichts weitergegangen? Jetzt haben Sie heute in Aussicht gestellt, dass Mitte nächsten Jahres vielleicht eine Lösung kommen und es vielleicht ein einheitliches Haushaltsrecht geben wird. (Bun­desministerin Dr. Fekter: Auf Bundesebene habe ich umgestellt! ...!) Ich rede von den Ländern. Sie können hier auch einwirken, meine sehr geehrte Frau Ministerin! (Abg. Mag. Kogler: Das tut sie ja! Das tut sie eh!) So viel dazu. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir brauchen dieses einheitliche Haushaltsrecht. Wir brauchen diese Regelungen. Ich werde anschließend dann auch einen diesbezüglichen Entschließungsantrag einbrin­gen und bin schon gespannt auf das Abstimmungsverhalten Ihrer Fraktion, Frau Minis­terin.

Weiters möchte ich auf ein Thema eingehen, das ich besonders perfide finde, nämlich die Vorstellungen und die sogenannten Lösungsvorschläge des IWF im Hinblick auf die Schuldenreduktion der EU-Staaten. Genau genommen geht es um 15 EU-Staaten, und diese abstrusen Vorstellungen wurden als theoretisches Gedankenspiel getarnt. Wo­rum geht es? – Um eine einmalige Abgabe in der Höhe von 10 Prozent für alle Haus­halte – eben für diese 15 EU-Staaten. Was heißt das? – Das heißt, dass es ans Einge­machte geht, dass es an die Spareinlagen geht, dass es ums Sparbuch geht und dass es um eine Enteignung der Österreicherinnen und Österreicher geht, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Dazu sagen wir ganz klar Nein. Hände weg vom Sparbuch der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall beim Team Stronach.)

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Entschließungsantrag einbringen und er­suche schon jetzt um breite Unterstützung, denn wir sind es als Politiker den Steu­erzahlerinnen und Steuerzahlern, den Sparerinnen und Sparern schuldig, dass wir uns hier dafür einsetzen. Wir sehen uns als Beschützer der Sparerinnen und Sparer, dass ihr Geld nicht angetastet wird, nicht für die Schuldentilgung verwendet wird und in weiterer Folge auch nicht, wie es schon so oft passiert ist, an Pleitebanken in die EU-Länder geschickt wird.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verein­heitlichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 151

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zur Vereinheitlichung des Haushaltsrechts – unter Berücksichtigung der oben genannten Empfehlungen des Rechnungshofes vorzulegen.“

*****

Der zweite Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verfas­sungsrechtlicher Schutz vor ‚Zwangsenteignungen‘ der Österreicherinnen und Österrei­cher zur Krisenbewältigung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Gesetzent­wurf zuzuleiten, durch den die österreichischen Bürgerinnen und Bürger vor staatlichen ‚Enteignungsmaßnahmen‘ beispielsweise in Form einer einmaligen Sondersteuer be­ziehungsweise Zwangsabgabe auf Vermögen verfassungsrechtlich geschützt werden.“

*****

Ich bitte um Unterstützung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Dr. Strolz.)

17.05


Präsident Karlheinz Kopf: Die beiden soeben eingebrachten Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verein­heitlichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Strache und weitere Abgeordneter an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desin­formationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Im Rahmen der Diskussionen zum Spekulationsverbot im heurigen Frühjahr hatte der Rechnungshof vermehrt angemerkt, dass eine Vereinheitlichung des Haushaltsrechts zum Zwecke der Vergleichbarkeit der Haushaltsdaten der Gebietskörperschaften not­wendig ist.

Bereits in seinem Bericht „Haushaltsstruktur der Länder“ weist der Rechnungshof unter anderem auf folgende Punkte hin:

„die mangelnde Aussagekraft des Rechnungswesens der Länder, welche keine ge­treue Darstellung der wirtschaftlichen Lage (keine konsolidierte Vermögens- und Er­gebnisrechnung mit ausgegliederten Einheiten) ermöglicht,

die fehlende Aussagekraft der Kameralistik in ihrer derzeitigen Form, da ohne Zusatz­informationen wichtige Ergebnisgrößen nicht erkennbar sind,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 152

die mangelnde Vergleichbarkeit der einzelnen Abschlüsse infolge unklarer bzw. fehlen­der Definitionen in der VRV (bspw. Finanzschulden, nicht fällige Verwaltungsschulden, Rücklagen) und uneinheitlicher Nachweise (bspw. über Vermögensgegenstände, Wert­papiere, Beteiligungen), sowie

die unterschiedlich genaue Darstellung der Schulden und Haftungen infolge des Ge­staltungsspielraums in der VRV“.

„Diese Umstände haben zur Folge, dass die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse keinen vollständigen Überblick über die Vermögens- und Schuldenlage der jeweiligen Gebietskörperschaft bieten, da die Vorschriften über die Bewertung des Vermögens und die Ermittlung und Darstellung zukünftiger Verpflichtungen (so genannte nicht fäl­lige Verwaltungsschulden) fehlen.

Diese Feststellungen erfordern aus der Sicht des Rechnungshofes daher die Weiter­entwicklung des Rechnungswesens und der Haushaltsgrundsätze der Gebietskörper­schaften in Richtung einer integrierten Ergebnis-, Finanz- und Vermögensrechnung.

Darüber hinaus stellt die Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten folgende Anforderungen an die Mitgliedstaaten:

das öffentliche Rechnungswesen hat sämtliche Teilsektoren des Staates umfassend und kohärent abzudecken und hat so die zur Vorbereitung von Daten nach dem ESVG-95-Standard erforderlichen Informationen zu liefern,

eine unabhängige Prüfung der Systeme des öffentlichen Rechnungswesens (umfas­sende und kohärente ESVG-Daten) ist vorzusehen.“

„Um eine möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage der Länder und Ge­meinden zu erreichen, erachtet es der Rechnungshof daher zusammengefasst für er­forderlich

das Rechnungswesen im Hinblick auf eine Ergebnis-, Vermögens- und Finanzierungs­rechnung weiterzuentwickeln,

die Ergebnisermittlung und die dazugehörigen Nachweise methodisch und formal an­zugleichen,

die Bewertung des Vermögens nach einheitlichen Grundsätzen durchzuführen (eine zusammenfassende Darstellung des gesamten Vermögens und der Schulden in einer Bilanz erhöht die Übersicht in diesem Bereich), sowie

tragfähige Indikatoren für das Vorliegen von Haushaltsstabilität zu entwickeln.

Im Sinne der Vollständigkeit des Rechnungswesens wären

einheitliche Vorgaben für Länder und Gemeinden zu schaffen

die Verbindlichkeiten und Belastungen zukünftiger Rechnungsjahre (Leasingfinanzie­rungen usw.) einheitlich zu definieren und auszuweisen,

in die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse auch die ausgegliederten Einheiten im Sinne einer Konsolidierung einzubeziehen, um einen aussagekräftigen Gesamtüber­blick über die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage zu erreichen.

Um die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse vergleichbar zu gestalten und die unionsrechtlichen Vorgaben nach Kohärenz der Rechnungslegungsvorschriften und ver­fahren zu erfüllen, ist erforderlich:

eine einheitliche Begriffsdefinition und Darstellungsform für alle Vermögensbestand­teile und Schulden vorzugeben,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 153

die Vergleichbarkeit von Datengrundlagen und die Einheitlichkeit von Begriffen, Ab­grenzungskriterien, Kontierung und der Verbuchungspraxis zu erreichen, sowie

eine übersichtliche Darstellung von ökonomischen Sondereffekten in Abgrenzung zur laufenden Haushaltsführung zu geben.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zur Vereinheitlichung des Haushaltsrechts  unter Berücksichtigung der oben genannten Empfehlungen des Rechnungshofes  vorzulegen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verfas­sungsrechtlicher Schutz vor „Zwangsenteignungen“ der Österreicherinnen und Öster­reicher zur Krisenbewältigung“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Strache und weitere Abgeordneter an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desin­formationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erläutert in seinem Bericht Fiscal Monitor Ok­tober 2013 sehr klar, welche Vorstellungen bzw. Lösungsvorschläge er in Hinblick auf die Schuldenreduktion für einige EU-Staaten in Planung hat. Der Akzeptanzproble­matik seines Vor-habens ist er sich bewusst, indem die Fragestellungen betont vor­sichtig formuliert und die Lösungsansätze lediglich als theoretisches „Gedankenspiel“ getarnt werden.

Beispielhaft nennt der IWF eine einmalige Abgabe in der Höhe von 10% für alle Haushalte für 15 EU-Staaten. Für den IWF liegt der „Charme“ dieser Abgabe darin, dass, wenn diese vor einer möglichen Steuerflucht eingehoben würde und glaubhaft gemacht werden könne, diese Abgabe einmalig sei, die Bürger/innen nicht irritiert wä­ren, sondern vielmehr einige diese Steuer sogar als fair empfänden. Damit liefert der IWF gleich die psychologisch begründete Gebrauchsanweisung zur Umsetzung mit. Der Zynismus des IWF gipfelt dann in der Aussage, dass in Deutschland und Japan nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg mit solchen Abgaben erstaunlich viel Erfah­rung gemacht worden sei (Fiscal Monitor Oct. 2013 (International Monetary Fund) S.49). Die Schulden von 15 EU-Staaten, darunter auch Österreich, könne man damit auf das Vorkrisenniveau von 2007 bringen.

Nationalbankchef Ewald Nowotny meint zu den „Gedankenspielen“ des IWF, dass es sich dabei um wirtschaftspolitische Verfahren handle, die in Kriegs- oder Nachkriegs­zeiten von Bedeutung waren („Die Presse vom 06.11.2013).

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer glaubt zwar nicht, dass eine solche Steuer in Ös­terreich umsetzbar wäre, schließt aber ähnlich gelagerte „Budgetsanierungsmaßnah­men“ nicht völlig aus.

„Das Vertrauen der Menschen wäre erschüttert, das könne niemand wollen, erklärte er in einem ORF-Interview. Prinzipiell wäre es aber möglich, dass die heimischen Politiker


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 154

zwecks Budgetsanierung Ersparnisse anzapfen. Die Steuer dürfte aber nicht in einer Höhe eingeführt werden, die einer Enteignung gleichkomme, so Mayer.“ („Vorarlberger Nachrichten“ vom 06.11.2013)

Und nun soll es  werden die Vorstellungen des IWF verwirklicht  endlich ans Einge­machte der Österreicher/innen gehen, nämlich an deren Sparbücher. RZB-Chef Walter Rothensteiner meint dazu richtigerweise, „angespartes Kapital ist das Eigentum der Sparer und muss daher sicher sein.“

Schon auf Zypern gab es bekanntlich einen „Versuchsballon“, der erst im letzten Mo­ment abgemildert wurde. Ursprünglich sah das Zypern-Modell zur Sanierung maroder Banken nämlich eine einmalige Stabilitätsabgabe auf inländische und ausländische Bankeinlagen in Höhe von 6,75 % für Einlagen unter € 100 000.- und 9,9 % für Einla­gen über € 100.000.- vor. „Durchziehen“ wollte man das Ganze übers Wochenende, um so die Kontoinhaber/innen am folgenden Montag vor vollendete Tatsachen zu stel­len. Erst nach massiven Protesten, die sich nicht nur auf Zypern beschränkten, blieb die Sicherung der Einlagen bis zu € 100.000.- unangetastet.

In Kombination mit den „Schulden-Steuern“-befürwortenden Aussagen führender SPD-Vertreter in Deutschland sowie der anhaltenden Vermögenssteuerideen der SPÖ in Österreich, bleibt alles in allem erhebliche Verunsicherung bei den Österreicherinnen und Österreicher zurück.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Gesetzes­entwurf zuzuleiten, durch den die österreichischen Bürgerinnen und Bürger vor staat­lichen „Enteignungsmaßnahmen“ beispielsweise in Form einer einmaligen Sondersteu­er bzw. Zwangsabgabe auf Vermögen verfassungsrechtlich geschützt werden.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Oster­mayer. Herr Staatssekretär, Ihre Redezeit beträgt maximal 10 Minuten. – Bitte.

 


17.05.33

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Ross­mann hat mich jetzt herausgefordert, mich zu Wort zu melden. Er hat gesagt, er ist seit 30 Jahren mit der Finanzierung öffentlicher Haushalte befasst. Zugegebenermaßen bin ich das noch nicht so lange. Ich habe mich aber natürlich in den letzten Jahren immer wieder intensiv mit dem Thema befasst. Wir haben Konsolidierungspakete verhandelt. Da ist immer wieder ein wesentlicher Unterschied zu beachten, nämlich zwischen strukturellen Maßnahmen, die auf das strukturelle Defizit wirken, und anderen Maß­nahmen, die auf das Maastricht-Defizit wirken. Dann gibt es noch einen großen Unter­schied zwischen Budget und Bundesfinanzrahmen.

Sie haben in Ihrem Redebeitrag der Frau Bundesministerin unterstellt, dass sie gesagt hat, wir haben kein Budgetloch, und dann gesagt hat, wir haben ein Budgetloch. Das Budget ist das Budget 2013. Das haben wir beschlossen, und das ist derzeit in Vollzug. Wir haben auch Bundesfinanzrahmen beschlossen, aber noch kein Budget 2014. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Rossmann.) Da Sie ja, glaube ich, noch immer in der Arbei­terkammer beschäftigt sind, möchte ich zwei Ihrer Kollegen zitieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 155

Markus Marterbauer sagt – nachzulesen im „Falter“: „Ich selbst habe 17 Jahre lang am Wifo Prognosen verantwortet. Die Erkenntnis aus dieser Erfahrung ist recht einfach: Was man bestenfalls noch halbwegs vorhersagen kann, ist die Wirtschaftsentwicklung des kommenden Jahres.“ Es ist seine Empfehlung, dass man sich mit dem Jahr 2014 beschäftigt, weil das, was noch weiter in der Zukunft liegt, eben so ist wie eine Wetter­prognose für in zwei Monaten, also entsprechend unpräzise. Er weist darauf hin, dass für das Jahr 2014 derzeit mehrere Defizitprognosen vorliegen, nämlich von IHS, WIFO, EU-Kommission und Nationalbank. Man könnte diese Liste heute noch um die OECD erweitern. Diese Prognosen liegen zwischen 1,4 Prozent und 1,9 Prozent. Die Sprei­zung, die jetzt aktuell vorliegt, beträgt 0,5 Prozentpunkte, also beispielsweise 1,5 Mil­liarden € plus oder minus.

Ich kann Ihnen aber auch sagen, wie es in der Vergangenheit war. Es gibt zum Bei­spiel vom WIFO – und das hat Ihr Kollege Zuckerstätter in den letzten Tagen ge­bloggt – den Hinweis, dass es zum Beispiel im Jahr 2010 eine Mittelfristprognose gab, die für 2011 ein Defizit von 4,8 Prozent vorhergesagt hat. Tatsächlich kam ein Defizit von 2,5 Prozent heraus. Für das Jahr 2012 wurde ein Defizit von 4,2 Prozent prognos­tiziert, und es ist ein Defizit von 2,5 Prozent herausgekommen. Wenn man das auf ab­solute Zahlen umrechnet, reden wir da jeweils von Summen in der Größenordnung von 5 Milliarden € Differenz.

Das ist aber keine Kritik und kein Vorwurf an die Wirtschaftsforschungsinstitute. Ver­mutlich ist es in der Vergangenheit auch leichter gewesen. Die Welt ist halt volatiler ge­worden, wahrscheinlich auch seit der Finanzkrise, und unsere Aufgabe ist es ja dann, sozusagen jeweils fürs nächste Jahr – und in der Prognose auch für die Jahre da­nach – Orientierungshilfen – mehr kann man es nicht nennen – zu schaffen. Das Bud­get ist natürlich nicht die Orientierungshilfe, aber die Bundesfinanzrahmen. Bis ins Jahr 2018 wird es noch 20 Quartalsprognosen geben.

Wenn man sich jetzt anschaut, was wir im BFRG 2014 bis 2017 für das Jahr 2014 ein­gestellt haben, nämlich ein BIP-Wachstum von 1,8 Prozent, einen Maastricht-Saldo von 1,5 Prozent und einen strukturellen Saldo von 1,3 Prozent, so weicht die Mittelfrist­prognose – ich entschuldige mich, dass ich Sie jetzt mit Zahlen langweile, aber wenn wir übers Budget reden, ist das sehr wesentlich – des WIFO, nämlich die jetzt aktuelle von Mitte Oktober, um 0,1 Prozent von dem ab, was wir im Bundesfinanzrahmen für das Jahr 2014 drinnen haben. Die Europäische Kommission – und das ist die größte Abweichung –, die vorigen Freitag, glaube ich, ihre Prognose veröffentlicht hat, weicht beim Maastricht-Saldo um 0,4 Prozent und beim strukturellen Saldo um 0,2 Prozent ab. Das sind 300 mal 2, also 600 Millionen oder 1,2 Milliarden. Das ist das Delta zwi­schen dem BFRG und den aktuellen Prognosen für das Jahr 2014 – nur damit das al­les in den richtigen Rahmen eingestellt wird.

Da Sie sozusagen Zweifel geäußert haben aufgrund dessen, dass das WIFO für das Jahr 2013 ein höheres Defizit prognostiziert, als wir im Budget vorgesehen haben: Da verweise ich jetzt schlicht und einfach auf den Budgetvollzug, denn die Realität ist die Benotung der Prognose, und die Realität zeigt, wie präzise die Prognose war. Die Realität, nämlich der Rechnungsabschluss, zeigt auch, wie präzise das Budget ge­macht wurde. Und da nenne ich Ihnen jetzt drei letzte Zahlen: Im Jahr 2010 sind wir im Rechnungsabschluss um 0,2 Prozent besser gewesen als im Budget, im Jahr 2011 um 0,7 Prozent und im Jahr 2012 auch um 0,7 Prozent. Und, wie die Frau Bundesminis­terin gesagt hat, derzeit schaut es so aus, als ob wir auch im Jahr 2013 besser ab­schneiden würden.

Es tut mir leid, wenn viele Zahlen genannt wurden, aber ich denke, es ordnet sozu­sagen auch ein, wie einerseits Prognosen funktionieren und wie tatsächlich der Vollzug in Relation zum Budget funktioniert hat. Und der hat in der Vergangenheit immer sehr


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gut funktioniert. Das heißt, wir haben vorsichtiger budgetiert, als dann tatsächlich die Realität war. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Staatssekretär.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. Redezeit: 8 Minu­ten. – Bitte.

 


17.12.26

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Von 100 €, die ein Österreicher/eine Österreicherin verdient, müssen durchschnittlich 45 € an das Finanzamt abgeliefert werden – durchschnittlich 45 Prozent! Der durchschnittliche Schweizer gibt 28 € von 100 € an das Finanzamt ab. (Rufe: Franken! Franken!)

45 zu 28 Prozent, das nenne ich einen Unterschied. Und jeder, der die Schweiz kennt, weiß, dort gibt es Schulen, dort gibt es Straßen, dort gibt es Krankenhäuser, dort gibt es auch Universitäten, die finanziell hervorragend ausgestattet sind. Nun fragt man sich: Wie machen die das? Und man fragt sich vor allem: Wie schaffen es die Schwei­zer, mit einer Steuerquote von 28 Prozent ausgeglichene Budgets zustande zu brin­gen? – 2011: ausgeglichenes Budget, Überschuss. 2012: Budgetüberschuss. – Und wie kann es sein, dass Österreich mit einer Steuerquote von 45 Prozent seit 1962 kein ausgeglichenes Budget mehr zustande gebracht hat? Seit 50 Jahren machen wir nur Schulden, die Steuern steigen immer weiter, und die Budgetlöcher – auch wenn wir heute gehört haben, dass es sie doch nicht mehr gibt – werden immer größer.

Ein besonders großes Loch tut sich bei der Hypo Alpe-Adria auf. 5,8 Milliarden € nennt die Bundesregierung jetzt bei der aktuellen Vermessung des Budgetlochs als zusätz­lichen Finanzbedarf für die Banken, für alle drei notverstaatlichten Banken. Und dabei wurden der EU-Kommission im Umstrukturierungsplan der Hypo Alpe-Adria 8 Milliar­den € als Finanzbedarf genannt, allein für die Hypo! Da fragt man sich, ob nicht schon wieder die Zahlen schöngerechnet werden.

Geschäftsführer und Vorstände in privaten Unternehmen, Menschen, die draußen in der privaten Wirtschaft in Verantwortung stehen, könnten so nicht agieren. Es ist heute schon angesprochen worden – Kollege Strache und Kollegin Nachbaur sind jetzt nicht hier, aber sie haben das schon richtig angesprochen, da haben sie recht –: Das verste­hen Menschen, die draußen in der privaten Wirtschaft in Verantwortung stehen, nicht.

Aber die Frage ist jetzt: Muss es diesbezüglich nicht auch Konsequenzen geben? Reicht es aus, wenn Politiker, die vor der Wahl Fakten anders darstellen als nach der Wahl, bei der nächsten Wahl wieder abgewählt werden können?

Nein! Wir sagen, das reicht nicht, das ist nicht genug. Eine Haftung, die Führungskräfte in der Privatwirtschaft trifft, muss zumindest in ähnlicher Form auch für Minister gelten. Das ist ein hohes Amt mit Verantwortung, und dementsprechend hoch muss auch die Verantwortlichkeit von Ministern sein. Rechtsverletzungen wie die wissentliche Veröf­fentlichung falscher Informationen, falsche Darstellung von Abschlüssen und Finanz­plänen werden in der Privatwirtschaft nicht toleriert, man kann dafür auf der Anklage­bank landen.

Es hat jetzt wenig Sinn, finde ich, wenn wir hier stundenlang den Ball hin und her spie­len, wenn die Opposition Vorwürfe ausdrückt und die Regierung alles vom Tisch wischt. Solche Vorwürfe gehören auch juristisch aufgeklärt, falls erforderlich auch im Rahmen einer Ministeranklage vor dem Verfassungsgerichtshof. Das ist ein Instrument, das es schon gibt – Artikel 142 der Bundesverfassung –, es ist bisher aber noch nie verwendet


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 157

worden. (Abg. Mag. Kogler: Oh ja! Gegen Landeshauptleute!) Man kann sich ausrech­nen, warum: Weil man die Mehrheit in diesem Haus dafür braucht.

Daher haben wir heute als Klub von NEOS-LIF einen Antrag eingebracht, um die Mi­nisteranklage zum Minderheitsrecht zu machen. Das heißt, schon ein Drittel der Ab­geordneten soll eine solche Ministeranklage auf den Weg bringen können, es soll nicht mehr eine Mehrheit notwendig sein.

Wir haben heute schon gehört – ich glaube, der Kollege Gerstl von der ÖVP hat das gesagt –, wir haben ein minderheitsfreundliches Parlament. Meine sehr verehrten Da­men und Herren von der ÖVP, aber auch von der SPÖ, Sie können hiermit beweisen, dass wir wirklich ein minderheitsfreundliches Parlament haben, und unseren Antrag, die Ministeranklage zu einem Minderheitsrecht zu machen, unterstützen. (Zwischenbe­merkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Das ist ein erster Schritt in Richtung höhe­rer Standard bei politischer Verantwortung. Das ist ein notwendiger Schritt in Richtung mehr Verantwortlichkeit, in Richtung einer größeren Haftung von Politikern.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Beispiel nennen: Unsere Bundesverfassung schreibt vor, dass 10 Wochen vor Beginn des neuen Finanzjahres die Bundesregie­rung dem Nationalrat – also uns hier als Hohem Haus – das Budget des nächsten Jahres vorzulegen hat. Diese Frist für das Budget 2014 ist Ende Oktober abgelaufen, ohne dass die Regierung dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen wäre.

Wir kennen das schon, das ist ja schon 2010 passiert, als die Bundesregierung aus Angst vor den Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien kein Budget vorgelegt hat. Auch heuer hat man sich anlässlich der Nationalratswahl wieder nicht getraut und kein Budget vorgelegt. Im Nachhinein wissen wir, warum. Aber eines ist klar: Die Re­gierung hat damit wieder, zum wiederholten Male, einen Verfassungsbruch in Kauf ge­nommen. Der Verfassungsbruch wird offenbar schon zur Tradition.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Politik – das ist unser Verständnis bei NEOS – ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. Und unsere Verfassung ist der Boden, ist das Fundament dieses Ortes. Wenn wir unsere Verfas­sung so schäbig behandeln, wenn wir die Verfassung nicht wertschätzen, beschädigen wir das Fundament unserer Politik, beschädigen wir das Fundament unseres Zusam­menlebens, und das dürfen wir nicht zulassen.

Ich lade Sie daher ein, unsere Initiative für mehr Verantwortlichkeit und Haftung für Politiker beim zukünftigen parlamentarischen Prozess zu unterstützen. Das ist eine Vorsorge gegen Tarnen und Täuschen, und es ist damit auch eine Vorsorge gegen die Budgetlöcher in der Zukunft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haben Sie Mut und gehen Sie diesen Weg notwendiger Reformen mit uns! – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Podgorschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.20.19

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Ja, Österreich ist ein wunderschönes Land und hat viele fleißige und tüch­tige Einwohner. Aber Österreich hat eines nicht verdient: dass seine Einwohner so schlecht regiert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Diskussion über die Entwicklung des Budgets oder über die Frage: Haben wir jetzt ein Loch oder haben wir einen Krater?, ist im Grunde genommen ja ein Spiegel-


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bild dieser Politik. Und, ganz interessant: Es wird heute bestritten, dass wir ein Budget­loch hätten! Ich meine, mir ist es schon klar, Frau Bundesminister, ich kenne den Un­terschied zwischen einem Budget und einem Budgetpfad, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, aber am 17. November hat zum Beispiel unser Vizekanzler noch in der „Kleinen Zeitung“ gesagt – er ist dahin gehend zitiert worden –: „Es gibt ein Maastricht-Defizit, das eine Lücke von 31 Milliarden aufweist,

Also ist es jetzt eine Lücke, ist es jetzt kein Loch? Oder ist das jetzt ein Krater? Oder wie soll man es bezeichnen? – Es ist im Prinzip völlig egal. Faktum ist, wir haben ein Problem.

Und wenn der Herr Vizekanzler sagt, wir Freiheitlichen machen keine Vorschläge, dann verstehe ich das, denn er war in der vergangenen Zeit nie im Finanzausschuss oder im Budgetausschuss und hat unsere Vorschläge nicht gehört. Die Frau Bundes­minister weiß, wir haben oft durchaus auch auf Basis einer gleichen Meinung diskutiert. Ich denke jetzt nur an unser beider vehemente Forderung nach einem einheitlichen Rechnungswesen oder auch an unsere übereinstimmende Meinung dort, wo es um die Erkenntnis geht, dass wir den Faktor Arbeit viel zu hoch besteuern.

Der Faktor Arbeit ist in Österreich zu hoch besteuert, vor allem dort, wo es um die kleineren und mittleren Einkommen geht. Dies bedarf schon längst einer Korrektur, nämlich in der Form, dass der Einstiegssteuersatz auf 25 Prozent reduziert wird und vor allem die Progressionsstufen erhöht werden. Aber es ist mir vollkommen klar, das geht nicht so ohne Weiteres, denn wir haben jetzt schon eine Steuerbelastung von 43 Prozent, und mehr ist der Bevölkerung nicht mehr zumutbar. Also muss man nach­denken, wo man sonst einsparen kann.

Wenn ich mir die ganze Debatte und Diskussion der letzten Tage vor Augen halte, dann ist das interessant, denn es wird immer so getan, als seien die Vertreter der Op­position diejenigen, die immer das Thema der Budgetlücke aufgreifen. Nein, es ist das „Neue Volksblatt“ in Oberösterreich – und das ist alles andere als ein freiheitliches Blatt, ich würde eher sagen, das ist das Zentralorgan der ÖVP Oberösterreich –, das schreibt: „Status quo bei Finanzen wird ,keine schöne Zahl‘“.

Das heißt also, die ÖVP selbst hat das aufgegriffen und die ÖVP selbst hat von einem Kassasturz gesprochen. Da könnte bei mir als politisch denkendem Menschen – der vielleicht ein bisschen unbedarft ist, denn ich bin ja ein Freiheitlicher – natürlich jetzt schon der Verdacht aufkommen, dass Teile der ÖVP die eigene Ministerin abschießen wollen und mehr oder weniger sagen, die Frau Bundesminister war ungeeignet, das zu machen.

Ich glaube, darüber sollten wir einmal nachdenken: wie es in Wirklichkeit gelaufen ist. Wir Freiheitlichen waren es nicht! Wir haben dann nur festgestellt, es ist eine Lücke vorhanden und da gilt es dementsprechend entgegenzuwirken. Und wir sind da mit sehr vielen Wirtschaftsforschern einer Meinung, beziehungsweise der Rechnungshof­präsident Moser hat das ja auch immer angedeutet. Man kann auch darüber disku­tieren, wie viele der Vorschläge schon umgesetzt worden sind. Das ist einerlei. Wir ha­ben ein Problem. Das ist auch die demographische Falle, in der wir stecken.

Wir stecken in einer demographischen Falle, und nicht umsonst haben wir dann das Problem der zukünftigen Pensionen. Und wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Geburtenrate wieder steigern können, damit eben mehr Kinder auf die Welt kommen, die in Zukunft unsere Pensionen finanzieren können. Dazu bedarf es natürlich einer massiven Förderung der Familie. Die Familien sind die Keimzellen unserer Gesell­schaft, und in diese müssen wir investieren.

Daher darf ich auch am Tag der Kinderrechte folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 159

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Podgorschek und weiterer Abgeordneter betreffend Ein­führung einer automatischen jährlichen Wertanpassung von Familienbeihilfe, Kinderbe­treuungsgeld und Kinderabsetzbetrag an die Inflation

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvor­lage zuzuleiten, die eine automatische jährliche Wertanpassung der Familienbeihilfe, des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Kinderabsetzbetrages an die Inflation beinhaltet.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir benötigen eine umfangreiche Staatsre­form – ich sage es immer wieder –, denn wir wissen nicht, was wir sind: Sind wir eine föderalistische Republik oder eine zentralistische Republik? Denn einerseits folgen alle den beiden Landeshauptleuten – Sie wissen schon, jenen, die im Osten beheimatet sind; das sind die eigentlichen Chefs –, und andererseits gibt es eine Bundesregierung, die nicht imstande ist, diesen Reformstau aufzuarbeiten.

Ich kann abschließend nur eines sagen: Nicht Österreich ist abgesandelt, wie Herr Prä­sident Leitl das im Sommer gesagt hat, nein, das rot-schwarze System ist abgesandelt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.25


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Kitzmüller, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung einer automatischen jährlichen Wertanpassung von Familienbeihilfe, Kinderbe­treuungsgeld und Kinderabsetzbetrag an die Inflation

eingebracht im Zuge der Dringlichen Anfrage der Abgeordneten KO Strache und wei­terer Abgeordneter an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desinforma­tionspolitik über die budgetäre Lage Österreichs,

in der 3. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 20. November 2013

Familien gehören wie Pflegebedürftige, behinderte Menschen und Pensionisten zu den großen Verlierern der Politik dieser Bundesregierung. Bei den staatlichen Familienleis­tungen in Form der Familienbeihilfe, des Kinderbetreuungsgeldes und des Kinderab­setzbetrages findet keine Anpassung an die jährliche Inflation statt. Allein bei der Fa­milienbeihilfe beträgt der reale Wertverlust seit dem Jahr 2000 mittlerweile rund 31 (!) Prozent, also knapp ein Drittel. Die Bundesregierung spart seit Jahren am fal­schen Platz.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 160

„Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvor­lage zuzuleiten, die eine automatische jährliche Wertanpassung der Familienbeihilfe, des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Kinderabsetzbetrages an die Inflation bein­haltet.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.26.08

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn über das Budget ge­sprochen wird, dann ist es ja Tradition, dass gerade die Opposition dieses Budget, man kann sagen, zerpflückt und zerlegt, im wahrsten Sinn des Wortes. Aber es gehört nicht zur Tradition, so meine ich, dass man Argumente dahin gehend handhabt und da­mit an die Öffentlichkeit geht, dass man zum Beispiel das Budget als Loch bezeichnet (Abg. Kickl: Woher kommt denn das? – Das darf ja nicht wahr sein!) und damit meint, dieses Geld fehlt in der Kassa. (Abg. Kickl: Sagen Sie einmal, wo waren Sie denn die letzten 14 Tage?)

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, es hat genug Stellungnahmen dazu ge­geben, dass diesem Budget Prognosen zugrunde liegen, dass aufgrund dieser Progno­sen – die Annahmen sind – dieses Budget in gewissen Bereichen erstellt worden ist. Und wenn man sich die Vergangenheit ansieht, so kann man feststellen – und das wur­de auch nachweislich schriftlich festgestellt –, dass aufgrund der Prognosen die Politik auf die Entwicklung eingewirkt hat und dass diese Budgets jeweils gehalten haben. Ja man kann sogar feststellen, dass das Budget besser ausgefallen ist, als wir es be­schlossen haben. (Abg. Kickl: Sie reiten sich immer weiter hinein!)

Geschätzte Damen und Herren! Erinnern wir uns zurück an das Jahr 2008, als keiner von uns gewusst hat, dass eine Finanzkrise von Amerika aus auf Österreich einwirken wird, womit auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation in Form einer Wirt­schaftskrise verbunden sein werden. Und es war gerade die Politik, dieses Hohe Haus mit dieser Bundesregierung, die auf diese Entwicklungen vorbildlich reagiert hat, wofür uns auch vom EU-Kommissionspräsidenten Anerkennung gezollt wurde. Ich denke da zum Beispiel an die ersten Schritte betreffend das Bankenpaket, womit wir die Stabi­lisierung des Finanzplatzes gesichert haben ebenso wie die Einlagensicherung, um den Sparern Vertrauen zu geben, aber auch an die Arbeitsmarktpakete, um möglichst viele Personen, darunter auch Jugendliche, in Beschäftigung zu halten.

Heute können wir feststellen, dass diese Maßnahmen gewirkt haben, dass wir in Euro­pa bei den Arbeitslosen die niedrigsten Zahlen aufweisen und bei den jugendlichen Ar­beitslosen an zweiter Stelle liegen. Aber dennoch, möchte ich betonen, ist jeder Ar­beitslose und jeder arbeitslose Jugendliche einer zu viel. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben auch, geschätzte Damen und Herren, eine Steuerreform beschlossen – im Mai 2009, rückwirkend mit 1. Jänner 2009 –, die mit einem Volumen von 3,2 Milliar­den € die größte Steuerreform der Zweiten Republik war, eine Steuerreform, bei der sich zirka 90 Prozent dieser Steuerverteilung auf die Bezieher kleiner und kleinster Ein­kommen ausgewirkt haben.

Zusätzlich haben wir in diesem Budget, unter Zugrundelegung dieser Prognosen, na­türlich auch unser Gesundheitssystem stabil gehalten, haben die Krankenkassen sa­niert mit der Auflösung des Reservefonds, mit dem Krankenkassen-Strukturfonds, und heute können wir feststellen, dass die Krankenkassen einen positiven Saldo erwirt­schaften.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 161

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, dass Pro­gnosen Annahmen sind, die ständigen Schwankungen unterliegen. Und je nachdem, von wem die Prognosen erstellt worden sind, kann es auch zu entsprechenden Abwei­chungen kommen. Und die Politik, das habe ich schon gesagt, hat die Aufgabe, gegen prognostizierte Entwicklungen gegebenenfalls, möchte ich sagen, anzukämpfen und für die jeweils notwendigen Maßnahmen einzutreten.

Geschätzte Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich – auch die Budgets der letzten Jahre sind eingehalten worden –, dass auch das Budget 2013 im Vollzug den Budget­rahmen einhalten wird, ja vielleicht sogar besser sein wird, als wir das gesetzlich be­schlossen haben. Ich bin auch zuversichtlich, dass der Budgetfinanzrahmen für 2014 bis 2016 jenes Ergebnis bringt, das wir uns erhofft haben. Ich bin darüber hinaus zu­versichtlich, geschätzte Damen und Herren, dass wir mit den Maßnahmen der Bundes­regierung, die sehr erfolgreich waren, Wachstum, Beschäftigung, Vollbeschäftigung stärken und auch erreichen können.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.30.51

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Österreich ist ein tolles Land, ist ein Land mit vielen innovativen Unternehmerinnen und Unternehmern, mit fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch mit einer verantwortungsvollen und kompetenten Finanzministerin, die mein und unser vol­les Vertrauen genießt und in schwierigen Zeiten diese großen Herausforderungen auch annimmt und bestens bewältigt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Diskussion heute und all die Expertendis­kussionen zeigen, dass es verschiedene Sichtweisen gibt. Ich darf Kollegen Ross­mann, von uns auch gerne Professor genannt, zitieren, der von einer Pensionszahl in den Jahren 2014 bis 2017 von 5,7 Milliarden € gesprochen und der Frau Minister vor­geworfen hat, dass sie eine falsche Zahl hat, dass man 3,6 Milliarden zu viel ange­geben hätte. Wir haben von 2014 bis 2018 gesprochen, und wenn man die Zahlen für 2018 miteinbezieht, dann stimmt diese Zahl wieder ganz genau. Man sieht also schon auch, wie man bei verschiedenen Ausgangssituationen, bei verschiedenen Zeiträumen natürlich auch entsprechend verschiedene Positionen einnehmen kann. Ich denke, das ist wahrscheinlich auch eines der Probleme, das sich heute in der Diskussion darstellt.

Wenn wir noch einmal auf den Budgetvollzug 2013 zu sprechen kommen, dann muss doch ganz klar festgestellt werden, dass wir uns auf die Experten in der Sektion im Finanzministerium verlassen können. Die Berichte belegen es: Der Budgetvollzug 2013 ist voll im Plan. Und wenn wir erkennen, dass die Ausgaben erfreulicherweise auch noch sinken und die Einnahmen höher geworden sind und wir den Nettofinanzie­rungsbedarf um mehr oder weniger um ein Viertel, genau um 24 Prozent, verbessert haben, dann können wir doch auch einmal sagen: Okay, das passt. Ich glaube, das steht uns gut an, wenn wir uns auch einmal zum Erfolg bekennen und nicht immer nur kritisieren.

Auch im Gesamten – wenn man sich anschaut, wie sich die österreichische Wirtschaft entwickelt, wenn man sich das Wachstum in den letzten Jahren anschaut – ist zu sagen, wir haben uns in den letzten zwölf Jahren besser entwickelt als viele andere.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 162

Dafür sind viele Komponenten verantwortlich, einerseits natürlich fleißige Unternehmer und Unternehmerinnen, fleißige Arbeitnehmer, die auch Steuern zahlen, aber natürlich auch eine gute Politik. Die letzten fünf Jahre waren ebenso gute Jahre, und in dieser Hinsicht denke ich, dass wir bei den Regierungsverhandlungen wieder rasch vorwärts und auch bald zu einem Ergebnis kommen sollten.

Eines zeigt sich auch ganz klar: Ein Budget – und das haben heute schon viele er­wähnt – steht und fällt mit dem Wachstum. Und ist das Wachstum niedriger, was von den Wirtschaftsforschern wieder prognostiziert wird, dann müssen wir eben Maßnah­men setzen, um das Wachstum ein wenig zu stimulieren. Und ich meine schon, dass ein Wachstum eher Impulse braucht als neue Steuer- oder Lohnnebenkostener­höhungen. Deshalb dürfen wir – das ist heute auch schon öfter erwähnt worden – auch den Standort nicht kaputtsparen.

In diesem Sinne betone ich noch einmal: Ein ordentliches Budget mit einem ordentli­chen Wachstum braucht Impulse – Impulse, um die Wirtschaft zu beleben, um den Betrieben die Möglichkeit zu geben, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn wir das schaffen, dann werden wir auch in den nächsten Jahren weiter erfolgreich sein.

Eines noch zum Abschluss an Herrn Kollegen Hable: Ja, das Parlament ist ein Parla­ment, das mit sehr guten Minderheitsrechten ausgestattet ist, aber Demokratie heißt immer noch, die Mehrheit bestimmt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


17.35.06

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Klubobmann von den NEOS – er ist jetzt gerade nicht da –, es hat schon etwas, wenn man immer wieder einmal auch etwas Positives voranstellt, und ich kann das guten Gewissens tun. Es passt zwar nicht zum Kern der Dringlichen Anfrage der FPÖ – sie hat sich ja wieder ordentlich über die Bundesmi­nisterin aufgeregt, wie ich meine an vielen Stellen zu Recht –, aber es ist in der De­batte zum Haushaltsrecht und ähnlichen Themen mehr etwas aufgezeigt worden, das ich wirklich festhalten muss, bevor ich jetzt auf die Dringliche und den Austausch der Argumente eingehe. Die Frau Bundesministerin ist innerhalb der Bundesregierung, und zwar Generationen von Finanzministerinnen und -ministern zurück, so meine ich, die­jenige, die am konsequentesten – auch wenn sich der Erfolg noch nicht endgültig ein­stellt –, am konsequentesten für ein vergleichbares und einheitliches Haushaltsrecht in der Republik – Bund, Länder – kämpft. Ich habe das bis jetzt sonst noch nicht fest­stellen können. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass wir das nicht haben, das werden Sie von SPÖ und ÖVP in Ihren Applaus nicht miteingebunden haben, liegt grundsätzlich weniger an Parteigrenzen, sondern – ich weiß nicht, wie ich das sagen soll – an einem falsch verstandenen Föderalismus. Das ist noch ein hübscher Ausdruck, glaube ich. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Dr. Fekter.) – Finanzautonomie. Das wird dann immer damit verwechselt, dass man vielleicht nicht selbst über das Geld entscheiden darf, dass man die Buchhaltung einheitlich ausweisen soll. Dagegen wehren sich die Damen und Herren in den Bun­desländern, denn dann könnte man ja vielleicht überlegen, wie wir alle miteinander besser arbeiten können.

Aber darauf wollte ich meine Ausführungen tatsächlich nicht konzentrieren. Das ist je­denfalls etwas sehr, sehr Honorierenswertes, das vielleicht von der Opposition oft zu wenig gesagt wird.


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Was das Spekulationsverbot betrifft – da sind wir vielleicht nicht mehr so geschwind einer Meinung, Kollege Rossmann hat zum Schluss ja mitverhandelt –, ist zu sagen, wir hatten Vorschläge – weil Sie das erwähnt haben, Frau Bundesministerin –, die nicht endgültig dazu geführt hätten, dass wir einheitlich in allen Bundesländern gleiche Be­stimmungen haben. Es ist so, dass die Vorschläge, die vermutlich immer noch aktuell in den Verhandlungszirkeln mit den Bundesländern kreisen, Interpretationen von St. Pölten über Eisenstadt bis Bregenz offen lassen. Das wollen wir nicht, weil allein jener Landeshauptmann in St. Pölten bis heute uneinsichtig ist. Zu der Spekulation mit den Wohnbaumilliarden der niederösterreichischen SteuerzahlerInnen (Zwischenrufe bei der ÖVP) – Leute, die Anspruch auf Wohnbauförderung hätten – stand im Bericht des Bundesrechnungshofes, der ja von der ÖVP Niederösterreich immer attackiert wird, wohl auch aus diesen Gründen, dass nach heutigem Stand knapp unter 2 Milliar­den weg sind. Das werden wir gar nie mehr aufholen, außer wir gehen wieder speku­lieren, aber dann: Toi, toi, toi!

So viel zur Einleitung, die jetzt doch relativ lang geraten ist.

Ansonsten erinnert mich die Debatte schon sehr an Daniel Kehlmann und seinen Roman „Die Vermessung der Welt“, der 2005 im Rowohlt-Verlag erschienen ist und der zum Inhalt hat, dass sich der Mathematiker Carl Friedrich Gauß mit dem späteren for­schungsumtriebigen Naturwissenschaftler Alexander von Humboldt aufgemacht hat, um die Welt zu entdecken. Ob Sie diesen „Budgetgrat“, das ist ja das neue Vokabel  (Bundesministerin Dr. Fekter: Die Gaußsche Verteilungskurve !) – Die Gaußsche Verteilungskurve beschreibt ein anderes Phänomen und löst andere Probleme, nicht Budgetfragen, aber danke für die Mitarbeit. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit bei der FPÖ.) Das ist eine Thematik der Wahrscheinlichkeitsrechnung, das könnte auch etwas mit Prognosen zu tun haben. Aber jedenfalls machen sie sich auf, um alles Mögliche in der Welt zu entdecken.

Wenn ich mir jetzt die Regierungsverhandlungen der letzten paar Wochen vorstelle – also Herr Kehlmann hätte seine Freude. Würden wir den Roman und seine Protago­nisten ein bisschen nachstellen, nachjustieren, würde etwas gut Verkaufbares heraus­kommen – ganz im Unterschied zu Ihrer Budgetpolitik. Insofern wäre im Übrigen Herr Gauß ein nützlicher Helfer auch in dieser Frage. Er ist ja schon zu Lebzeiten als Fürst der Mathematik bezeichnet worden, während ich momentan, ehrlich gesagt, das Ge­fühl habe – ich weiß nicht, ob nur Sie selbst es sind oder ob es Ihre Berater sind, denn es kommt ja immer Applaus in den Regierungsreihen auf, wenn auf die Wirtschafts­forscher sozusagen auch einmal ein bisschen ein finsteres Licht fällt –, Fürsten der Ma­thematik waren da nicht dabei, eher Fürsten der Finsternis. Aber ich vermute die in Ih­ren eigenen Reihen, weil Sie etwas zu verschleiern haben.

Somit sind wir beim Kern der Debatte. Der Vorhalt lautet ja nicht nur, dass ein soge­nanntes Loch vorliegt, das dann dementiert wird, in Abrede gestellt wird, sondern der Vorhalt lautet auch – und deshalb gibt es anschließend an diese Debatte unseren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses; deshalb kann ich mich jetzt an dieser Stelle auch noch ein bisschen gütlicher zeigen –, dass in ein paar Punkten geschummelt wurde, und ich will trotz der anschließenden Debatte jetzt schon darauf eingehen.

Geschummelt wurde auch im statistischen Bereich, was wirklich schwierig ist, wie hier erörtert wurde. Wirtschaftsprognosen, wie sich etwas in vier, fünf Jahren auswirkt, und alles mögliche andere kann man schon abgeben; politische Gegenmaßnahmen, dafür hat man diese Prognosen ja, könnten die Wirklichkeit verändern, wenn man gegen­steuern wollte und würde – auch da gebe ich Ihnen recht, Sie sagen, es würde dann halt mehr gespart und es würde schon irgendwie ausgehen; man könnte auch andere Maßnahmen treffen, mehr investieren oder sonst irgendetwas –; aber es ist mit Si-


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cherheit nicht möglich, selbst im Bereich von Prognosen nicht, die Prognose von 2011 beziehungsweise von 2012, was das Wachstum betrifft, in den das Bundesfinanzrah­mengesetz begleitenden Strategiebericht hineinzuschreiben, so als ob man damit schon operieren würde im Jahr 2013, die eigentlichen Zahlen aber, die sich verändern müssten, unverändert zu lassen.

Das eine taucht in einer Fußnote auf, deshalb wollten Sie sich jetzt anschließend hin­stellen und sagen, wir haben immer das Aktuellste genommen – ich will es jetzt bei die­ser Einfachheit belassen –, es stimmt aber nicht, wenn man genau hinschaut, jeden­falls nicht bei der Umrechnung, was die Steuereinnahmen betrifft. Das ist ganz logisch. Das versteht jeder Erstsemestrige nicht nur von einem Wirtschaftsstudium, sondern so­gar von einem Naturwissenschaftsstudium, dass, wenn die prognostizierten Wachs­tumsraten über fünf Jahre zum Teil deutlich geringer sind, als ursprünglich angenom­men, das Auswirkungen auf die Einnahmen haben muss.

Das wäre noch nicht einmal ein Vorwurf an dieser Stelle, denn man kann ja zunächst nichts dafür, wenn das die Prognose ist. Der Vorwurf lautet umgekehrt: dass Sie diese veränderten Annahmen nicht eingepreist haben, die die Einnahmen hätten senken müssen. Das wollten Sie nicht, weil Sie dann vor der Wahl eine andere Debatte gehabt hätten.

Genauso und viel dramatischer und deutlich nachweisbarer ist es bei den Banken. Da wird die Sache jetzt wirklich unrund, unlustig und dementsprechend ernst, denn das können Sie niemandem verkaufen. Ich adressiere an dieser Stelle alle, auch den Vi­zekanzler und den Herrn Bundeskanzler, denn wir haben im heurigen Jahr die Frage Hypo längst nicht mehr nur im Finanzministerium belassen. Wir haben gesehen, dass dort eine andere Meinung vorherrscht – da ging es aber vor allem um die Etablierung einer Abwicklungsbank, da darf man anderer Meinung sein; die Frau Ministerin ist das im Übrigen bis heute, offenkundig auch im Widerspruch zum Bundeskanzler und zum Vizekanzler –, wir haben gesehen, dass dort nichts mehr hilft, um zu erreichen, dass wir im heurigen Jahr allein – und das werden Sie nicht abstreiten können – ein- bis ein­einhalb Milliarden weniger Eigenkapitalunterlegung brauchen, weil wir nämlich gar nicht mehr so tun müssen, als ob die Hypo Alpe-Adria eine Bank wäre, die lauter Ge­schäfte macht und weiß der Teufel was. Das Beste wäre ohnehin, wenn die neuen Ge­schäfte in bestimmten Bereichen heruntergefahren werden würden und wir die Eigen­kapitalunterlegung aus Steuergeld nicht mehr finanzieren müssten. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb waren auch der Herr Vizekanzler und der Herr Kanzler darüber informiert, dass das mehrere Milliarden allein in der Hypo kosten wird. Das sind aber noch die Un­tergrenzen. Wenn man die Kommunalkredit und die Volksbanken miteinbezieht, wird es noch mehr werden. Sie haben im Mai hier beschlossen, gegen unsere Empfehlung, auf unser Aufmerksam-Machen hin, auch die Spitzen der Bundesregierung: 133 Mil­lionen pro Jahr. Das sind für alle fünf Jahre 600irgendetwas Millionen, laut Ihren eige­nen Angaben, und das ist nach der Wahl, wenn Sie dann munter werden und plötzlich 5,8 Milliarden einstellen, eine Unterdeckung um das Zehnfache.

Das ist jetzt aber wirklich genug! Das hätten Sie vorher genauso gut wissen können und wissen müssen. Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht. Sie haben, auch die Abgeordneten, aber unter Anleitung der Regierungsspitze, einen Verfassungsbruch be­gangen – das ist nichts Neues, das haben Sie beim 2010-Budget auch schon gemacht, aber da halten wir uns jetzt nicht mehr auf, darüber haben wir uns schon 12 Stunden 42 Minuten unterhalten –, Sie haben einen Verfassungsbruch begangen.

Sie haben den Schaden noch zusätzlich maximiert, was im Übrigen zu unserem Vor­wurf führt, dass das Schminken dieser Bankenleichen, der Problembanken, der Keller­leichen, zusätzlich Kosten verursacht. Deshalb kann ich es Ihnen nicht ersparen, wer


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auch immer dieses Haus übernehmen will und soll: Sie übernehmen eine Leichen­schminkanstalt, und zwar die größte der Republik! – Das ist der Vorhalt.

Jetzt werden Sie aber wenigstens für die Zukunft Farbe bekennen und diese Sache untersuchen lassen müssen. Gleich anschließend werden wir uns darüber unterhalten müssen (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) – danke, das ist das richtige Stich­wort –, gleich anschließend werden wir uns bei der Begründung des Antrags auf Ein­setzung eines Untersuchungsausschusses darüber unterhalten müssen, warum diese Sache tatsächlich untersucht und aufgeklärt gehört. Ansonsten droht eine Ministeran­klage, anders kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)

17.45


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die geschäftsführende Klubobfrau Dietrich. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.45.45

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler Spindelegger, Sie haben ge­meint: Reden wir über Fakten! Sie haben auch gesagt, es sei alles transparent, es seien alle Zahlen auf den Tisch gelegt worden, es habe nie irgendein Budgetloch gege­ben. (Abg. Dr. Spindelegger: Bitte meine Rede nicht missinterpretieren!) Ihr Kollege, Ihr Verhandlungskollege Hermann Schützenhöfer aus der Steiermark, der ja im Ver­handlungsteam der Regierung ist, hat am 8. November gegenüber der „Kleinen Zei­tung“ gesagt, es sei Zeit für ein Ende der Schönfärberei.

Was heißt das, meine geschätzten Damen und Herren? – Die Regierung, die Verhand­ler haben sehr wohl schöngefärbt. Das heißt, die Zahlen, die uns geliefert wurden, wa­ren geschönt, waren gefärbt, wenn sogar Ihr eigener Kollege dies bestätigt. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn Sie sich jetzt auf ein Budgetloch von 24 Milliarden einigen, dann frage ich: Wie glaubwürdig ist das? Wie glaubwürdig ist das, wenn sich Leute, die im September noch nicht gewusst haben, dass es ein Bud­getloch geben wird – „angeblich“, unter Anführungszeichen –, plötzlich im November darauf einigen, es werden 24 Milliarden sein? – Ich sage Ihnen ehrlich, wir glauben Ih­nen nicht! Es ist höchst an der Zeit, dass endlich einmal Experten hinschauen, dass endlich einmal Experten analysieren und sich dem Budget widmen, denn Sie haben aus unserer Sicht jegliche Kompetenz verloren. (Beifall beim Team Stronach.)

Aber nicht nur die ÖVP-Verhandler kritisieren, dass hier schöngefärbt wurde, auch in­nerhalb der SPÖ gibt es Experten, Kollege Schieder. Ferdinand Lacina meint, da muss auf politischer Ebene gepfuscht worden sein, denn als er Finanzminister war, hat er selbstverständlich ein halbes Jahr oder noch früher bei der mittelfristigen Budgetpla­nung gewusst, wie sich das Budget entwickeln wird. Wenn wir an oberster Stelle Per­sonen haben, die nicht einschätzen können, wie sich die Regierung entwickeln wird, dann sind das die falschen Personen, dann brauchen wir Leute mit Kompetenz, die sich auskennen und sehr wohl wissen, wie sich das Budget, wie sich die Wirtschafts­lage, wie sich der Arbeitsmarkt entwickeln wird.

Ich bin schon sehr gespannt – da Sie jetzt vom Nulldefizit sprechen –, ab wann wir dieses Nulldefizit tatsächlich erreichen können. Ich glaube nicht, dass die Prognosen der Regierenden jene Werthaltigkeit haben, die sie haben sollten. Ich glaube, dass es höchst an der Zeit ist, dass unsere Regierungsverantwortlichen mit mehr Kompetenz und vor allem mit mehr Ehrlichkeit ausgestattet werden. Ich würde mir – und das for­dern wir ein – Mut zur Wahrheit wünschen. Das wurde heute schon mehrfach erwähnt: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Ich glaube, es ist der falsche Weg, schönzu­färben, schönzureden und die Leute zur Kassa zu bitten. (Beifall beim Team Stronach.)


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Vonseiten der Regierung hört man in den letzten Tagen und Wochen nur noch: Loch, Loch, Loch. Wir haben ein Budgetloch, wir haben ein Pensionsloch, und ich traue mich heute schon zu sagen, dass dieses Familienpaket, das angeblich für die Familien ge­schnürt werden sollte, wunderschön sein wird, schwarz-rot verpackt, mit einem Ma­scherl drauf – und wenn wir es aufmachen, wird auch nur heiße Luft drin sein.

Wir glauben dieser Regierung nicht mehr, und wir fordern mehr Mut, mehr Ehrlichkeit ein, denn die Wähler haben sich das verdient!

Ich bringe nun schnell noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, schnellmöglich einen Budgetgipfel unter Beteili­gung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie unter Beiziehung externer, unabhängiger Experten und einer internationalen Bera­tungsfirma einzuberufen, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln so­wie Lösungsstrategien zu erarbeiten.“

*****

Wir ersuchen um Annahme des Antrages, denn aus unserer Sicht ist das der einzige Weg, Österreich wieder in eine gesicherte Zukunft zu bringen. (Beifall beim Team Stro­nach. – Ruf bei der FPÖ: Wer zahlt denn diese Berater ?)

17.50


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Strache und weiterer Abgeordneter an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Desin­formationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

In Hinblick auf mögliche Wahlverluste haben SPÖ und ÖVP die wahre Budgetsituation vor der Nationalratswahl nicht nur bewusst verschleiert, vielmehr wurden noch kurz vor der Wahl eine Steuerreform, ein Nulldefizit und eine Erhöhung der Familienleistung versprochen. Schon kurz nach der Wahl wurden neue Ausgangszahlen präsentiert, aufgrund derer Neuberechnungen stattfinden mussten. Im Zuge dieser Neuberechnun­gen „einigten“ sich SPÖ und ÖVP auf ein „Budgetloch“ von ca. 25 Milliarden Euro.

Die Richtigkeit der nun vorgelegten Zahlen und Prognosen ist aufgrund der bestehen­den Informationslage kaum nachvollziehbar und auch nicht überprüfbar. Nur ein Blick „hinter die Kulissen“ könnte für Klarheit sorgen. Diverse Experten haben bereits Zweifel angemeldet – so etwa der Rechnungshofpräsident, der unverblümt bestätigte, dass die Existenz des Budgetlochs bereits vor der Wahl bekannt gewesen sei.


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Auch die Finanzministerin konnte die Zweifel an den vorgestellten Zahlen im Budget­ausschuss nicht ausräumen. Vielmehr zeichnete sie ein Bild über die Informations­politik der Bundesregierung, das mehr als bedenklich stimmt.

Unter diesen Aspekten erscheint daher allein ein Budgetgipfel unter Beteiligung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie exter­nen, unabhängigen Experten und erfahrenen internationalen Beratern sinnvoll, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln sowie Lösungsstrategien zu erarbei­ten.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, schnellmöglich einen Budgetgipfel unter Beteili­gung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie unter Beiziehung externer, unabhängiger Experten und einer internationalen Bera­tungsfirma einzuberufen, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln so­wie Lösungsstrategien zu erarbeiten.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Scherak. Rede­zeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


17.51.15

Abgeordneter Mag. Nikolaus Scherak (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden ja nicht nur heute den ganzen Tag mit dieser Frage nach dem Budgetloch konfrontiert, sondern auch tagtäglich in den Medien und von den Medien. Umgekehrt ist es natürlich spannend, wenn man von den Regierungsmitgliedern nicht mit diesem Budgetloch konfrontiert wird, weil sie darüber einfach nicht reden wollen oder sagen, das gebe es nicht.

Das bedeutet aus meiner Sicht einen riesengroßen Vertrauensverlust in die österrei­chische Politik, das ist ja heute schon oft angesprochen worden. Jedoch bedeutet es einen noch viel größeren Vertrauensverlust in die österreichische Politik, dass die Kon­sequenzen für die junge Generation, das heißt für meine Generation, in diesem Zu­sammenhang nie thematisiert werden.

Dass die Staatsverschuldung pro Kopf massiv ansteigen wird, ist ein Faktum und nicht wegzudiskutieren. Wenn von Abgeordneten der Regierungsparteien offensichtlich kei­ne Budgetlücke gesehen wird, dann fällt mir dazu eigentlich nur eines ein: Bitte hören Sie auf, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen und uns für dumm zu verkaufen!

Natürlich gibt es diese Budgetlücke, und sie ist ein ganz offensichtliches Ergebnis von Fehlplanung. Und wer wird diese Fehler dann wieder ausbaden müssen? – Das wer­den wir Jungen sein, die junge Generation.

Kollege Haubner hat vorhin schon angesprochen, dass wir wieder neue Impulse brau­chen, um irgendwie Wachstum zu schaffen. – Ich kann mir schon vorstellen, wie das ausschauen wird: Es werden die üblichen Infrastrukturmaßnahmen kommen, das heißt, wir werden ganz normal in die üblichen Infrastrukturmöglichkeiten investieren. Das ist bequem, das schafft Arbeitsplätze in der Bauindustrie und lässt sich einfach als Wachstum verkaufen – jedoch ist das kein Wachstum mit strukturellem Unterboden.


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Es ist natürlich notwendig, eine hervorragende Infrastruktur in Österreich zu haben, es ist aber noch viel wesentlicher, dass wir gut ausgebildete junge Menschen haben, dass wir Know-how haben, Exzellenz in der Bildung, in Wissenschaft und Forschung.

Wir werden bei den aktuellen Zahlen, so wie sie vorliegen, weder das Ziel erreichen, dass wir 3,76 Prozent Forschungsquote bis 2020 schaffen, noch werden wir die 2 Pro­zent des Bruttoinlandsproduktes für den tertiären Bereich schaffen. Genau da müssen wir aber ansetzen, denn Österreich hat im Vergleich zu anderen Ländern eben kaum natürliche Ressourcen, sondern vielmehr ist es die einzige Chance, dass wir in das Know-how, das wir in den Köpfen der Bevölkerung haben, investieren und langfristig eine gesicherte Wettbewerbsposition für uns schaffen.

Es geht also darum, zukunftsweisende Politik zu machen. Auch wenn das für manche hier unbequeme Entscheidungen sein sollten, geht es doch darum, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Zu diesen Bürgerinnen und Bürgern zählen eben auch junge Menschen. Sie müssen nämlich mit den Entscheidungen, die hier gefällt werden, dann auch leben. Das sind sehr oft junge Menschen, die noch nicht einmal wahlberechtigt sind und deren Stimmen deswegen aus Prinzip nicht gehört werden, weil es ohnehin egal ist und die Stimmen dementsprechend nicht so viel zählen wie jene von anderen Interessenverbänden.

Genau diese Generation ist die Generation, die eben diese Fehler, die da gemacht werden, dann betreffen werden. Das heißt, wir sind die, deren Pensionen nicht gesi­chert sind. Wir sind die, deren Gesundheitsversorgung nicht mehr finanziert werden kann. Und wir sind die Generation, die bis weit über 70 wird arbeiten müssen und keine Möglichkeiten oder irgendwelche Schlupflöcher hat, um dem zu entgehen.

Daher betreffen alle diese kurzfristig gemachten Entscheidungen insbesondere die jun­ge Generation, und es kann meiner Meinung nach nicht sein, dass Politiker, wenn sie darüber nachdenken, immer nur bis zur nächsten Legislaturperiode, wenn überhaupt so weit, und an die nächste Wahl denken und diese Interessen von jungen Menschen konsequent ignorieren.

Ich sehe natürlich auch gute Chancen, dass hier ein Umdenken stattfinden wird. Wir hatten meines Wissens noch nie so viele junge Abgeordnete, so viele Abgeordnete unter 30, und ich glaube, wir müssen das als Chance begreifen, auch tatsächlich Politik zu machen, die zukunftsgerichtet ist und sich nicht nur um die Beibehaltung des Status quo kümmert.

Es heißt doch so schön: Krisen gehen, Chancen kommen. Daher liegt es an uns Abgeordneten – und vor allem eben an den jungen Abgeordneten –, diese Budgetkrise als Chance für einen Strukturwandel zu sehen. Machen wir gemeinsam Politik und treffen wir gemeinsam Entscheidungen, die Österreich fit für die Zukunft machen und es auch jungen Generationen ermöglichen, in einem Land voller Wohlstand aufzu­wachsen, in einem Land, das ihnen alle Möglichkeiten zur Entfaltung bietet und ihnen nicht gleich bei der Geburt einen riesigen Rucksack voll von Schulden umhängt! – Vie­len Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

17.55


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hai­der. Redezeit: 4 Minuten; das entspricht auch der Restredezeit des Klubs. – Bitte.

 


17.56.01

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist ja in der Tat ein schier aussichtsloses Unterfangen, heute zur Causa prima der letzten zwei Wochen zu sprechen, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich einen Ordnungsruf einzuhandeln, weil man ja gar nicht anders kann, als


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die Worte „Unfähigkeit“, „Betrug“ und „Lüge“ zu verwenden, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich erspare mir das. (Ruf bei der ÖVP: Wäre angebracht!) Sie können ja ohnehin in jeder Zeitung, in jedem Artikel, in jedem Kommentar in diesem Land nachlesen, wie das bezeichnet wird, was Sie hier gemacht haben.

Wir haben es Ihnen auch in der 204. Sitzung des Nationalrates im vergangenen Mai schon gesagt, als Sie diesen Finanzrahmen gegen unsere Stimmen beschlossen ha­ben, dass dieser Finanzrahmen nicht halten wird.

Da nützt es auch nichts, sehr geehrte Frau Bundesminister, wenn Sie hier in Form ei­nes Ablenkungsmanövers in einer Tour davon sprechen, dass die Zahlen des Bud­gets 2013 halten und dass das Budget kein Loch hat. – Natürlich, ein aktuelles Budget hat kein Loch. Ein aktuelles Budget hat einen Überschuss, oder es hat – und genau das ist es, was es in Österreich hat – ein Defizit, und zwar ein Defizit von 6 Milliarden. So schaut es nämlich aus in dem Budget 2013!

Aber darum geht es ja gar nicht. Es geht um den Finanzrahmen 2014 bis 2017, und mit dem – das haben Sie hineingeschrieben, das haben Sie im Mai beschlossen – wollen Sie 2018 ein Nulldefizit erreichen. Dieses Ziel Nulldefizit ist gefährdet, weil Sie die falschen Prognosen zugrunde gelegt haben. Das ist es, was Ihnen alle Experten sagen (Zwischenruf bei der ÖVP), und nicht nur die Experten, sondern das sagen Ihnen auch Ihre eigenen Leute, Ihre eigenen Verhandler in der Finanzgruppe bei den Koalitions­verhandlungen; ihnen haben Sie nämlich diese Debatte der letzten zwei Wochen zu verdanken. Da können Sie sich auch herzlich dafür bedanken. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hat Ihnen aber nicht nur die Opposition damals im Mai schon gesagt, dass die Zah­len nicht halten werden, nein, das hat Ihnen auch der Budgetdienst dieses Hauses ge­sagt. Dr. Berger, der Leiter des Budgetdienstes, hat schon im Mai in seine damalige Analyse geschrieben – Kollege Themessl hat es Ihnen vorhin wörtlich vorgelesen, das erspare ich mir –, dass Sie falsche, weil veraltete WIFO-Prognosen als Grundlage die­ses Finanzrahmens herangezogen haben.

Das bestätigt aktuell auch Frau Schratzenstaller vom WIFO und auch Herr Schuh. Da brauchen Sie sich wirklich nicht zu wundern, wenn Josef Urschitz in der Tageszeitung „Die Presse“ schreibt – ich zitiere, wegen des Ordnungsrufes –:

„Der Budgetpfad der Regierung war eine glatte Lüge, das Versprechen, die Steuer­quote nicht weiter“ zu erhöhen, „wohl auch. Der Sanierungsbedarf ist viel größer, als man uns sagt.“ – Genau das ist es, was auf uns zukommt.

Ich gratuliere Ihnen übrigens, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP. Sie haben es durch diese Wählertäuschung geschafft, weitere fünf Jahre Zeit zu haben, die eigenen Leute zu versorgen und noch den letzten offenen Posten in diesem Land mit Parteisoldaten zu besetzen.

Ich gratuliere Ihnen, aber die Menschen werden Ihnen das nicht vergessen. Wir wer­den die Menschen auch daran erinnern. Weitere fünf Jahre an den Futtertrögen der Republik, weitere fünf Jahre Stillstand, weitere fünf Jahre Postenschacher und weitere fünf Jahre abgehalfterte Politiker mit hohen Gagen versorgen – das ist es, was in Wirk­lichkeit diese Koalition aus SPÖ und ÖVP noch zusammenhält.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, Sie spüren es ohnehin, dass Rot und Schwarz der Vergangenheit angehören, und es geht Ihnen in Wirklichkeit nur noch darum, die eigenen Leute zu versorgen.

Treten Sie zurück! Beschließen wir Neuwahlen! Geben Sie der Bevölkerung die Chan­ce, den Fehler wiedergutzumachen, um zu verhindern, dass Sie weitere fünf Jahre wei­terwurschteln! (Beifall bei der FPÖ.)

17.59



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Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, es ist eine elegante Form, einem Ord­nungsruf zu entgehen, indem man für Formulierungen, die eigentlich, wenn man sie direkt verwendet, einen Ordnungsruf nach sich ziehen würden, Zitierungen anderer verwendet (Ruf bei der FPÖ: Elegant ist immer gut, oder!?), deswegen kann und werde ich Ihnen keinen Ordnungsruf erteilen, aber ich weise doch darauf hin, dass wir auch diese Form nicht übertreiben sollten.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Redezeit: 4 Minuten; das ist auch die Restredezeit des Klubs. – Bitte.

 


18.00.46

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kickl, ich bin nicht überrascht, dass Sie sich bei den Lügendetektoren so gut auskennen (Abg. Kickl: Ich habe schon lange genug !), wahrscheinlich werden Sie den öfter brauchen – aber in Ihren Reihen, bei Gremiumssitzungen, denn das Vertrauen ist in Ihrer Gruppe nicht allzu groß, wie man mittlerweile hört. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich ha­be natürlich Verständnis, wenn die Opposition den Budgetrahmen und das Bundesfi­nanzrahmengesetz und alles, was mit dem Budget zu tun hat, oftmals kritisiert. Das liegt in der Natur der Sache, das wäre nicht das erste Mal. Aber diese Horrorszenarien, die heute hier gezeichnet wurden, stimmen einfach nicht. In der Diskussion wurde ja sehr vieles schon zurechtgerückt, und man muss immer darauf hinweisen: Das stimmt so nicht, wie das heute von der Opposition formuliert wurde.

Ich glaube eher, es geht darum, dass die Opposition einfach die Menschen verunsi­chern will. Sie will die Bundesregierung schlechtreden und vor allen Dingen von Pro­blemen ablenken, die im ureigensten Bereich mancher Oppositionspartei liegen. Kolle­ginnen und Kollegen, ich würde als Freiheitliche sehr vorsichtig mit Formulierungen umgehen, denn wenn es ein Budgetloch gibt, dann heißt dieses Budgetloch Hypo-Kärnten-Desaster, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Anhaltende Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen eines: Das waren Ihre Blutsbrüder, die dieses Desaster verursacht haben (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer), und es werden noch sehr viele Men­schen dafür bezahlen müssen, dass wir dieses Problem lösen können. (Neuerliche an­haltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dieses Hypo-Desaster in Kärnten hat den Namen FPK, BZÖ und FPÖ. (Abg. Kickl: Wir machen einen Untersuchungsausschuss! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ja, ich tue mich ja schon schwer, dass ich die richtigen Namen ausspreche, meine sehr geschätzten Damen und Herren, aber wir haben ja unterschiedliche Parteien mit denselben Gesichtern, und ich glaube, darauf muss man Sie immer wieder hinweisen.

Faktum ist, meine sehr geschätzten Damen und Herren, der Budgetvollzug 2013 liegt im Plan, sogar positiv darüber. Die Planung für die nächsten fünf Jahre ist ausschließ­lich von Prognosen abhängig, das haben wir heute schon etliche Male gehört, und da muss man einfach sagen, wenn die Prognosen andere Voraussetzungen bieten, dann ist natürlich die Bundesregierung aufgefordert, den Budgetrahmen entsprechend zu ändern. Das geschieht zum jetzigen Zeitpunkt, und darum glaube ich, dass die Aufre­gung vonseiten der Opposition sich einfach in Grenzen halten muss.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben heute über Jugendbeschäfti­gung und über den Arbeitsmarkt gesprochen. Lassen Sie mich noch ein Thema an­bringen, weil mir das als Oberösterreicher sehr wichtig ist. Was sich in Lenzing ab-


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spielt, was sich bei der Chemiefaser Lenzing abspielt, ist wirklich eine Katastrophe; was dort abläuft, ist absolut nicht zu verstehen.

Wir durften im Juni in diesem Unternehmen einer riesigen Festveranstaltung beiwoh­nen – Frau Bundesministerin, Sie waren dabei, Sie haben eine schöne Ansprache ge­halten –, da wurden alle Vorzüge in den Vordergrund gestellt. Mehr als 3 000 Men­schen aus der ganzen Welt haben dieser Feier beigewohnt, und der zuständige Vor­standsvorsitzende, der jetzt 700 Menschen auf die Straße setzt, hat damals gesagt – ich habe mir den Satz ganz gut gemerkt –, die Menschen seien das wichtigste Kapital für ein erfolgreiches Unternehmen (Zwischenruf des Abg. Steinbichler), seien das wich­tigste Kapital eines Unternehmens.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kann so nicht funktionieren, wenn ein paar Wo­chen oder ein paar Monate später 700 Menschen auf die Straße gesetzt werden – da­bei ist diese Geschichte um Lenzing eine Erfolgsgeschichte. Es ist ja nicht so, dass es sich um ein armes Unternehmen handelt. 2011 hat es ein Rekordergebnis gegeben, mit 250 Millionen €, 2012 180 Millionen € und heuer werden es immer noch 80 Mil­lionen € sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht um eine Gewinnmaximierung ohne Rücksicht auf Verluste, und da spielen wir so nicht mehr mit. Ich sage das ganz deutlich: So kann es nicht gehen! (Beifall der Abgeord­neten Heinzl und Dr. Jarolim.)

Im „Report“, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat der Vorstandsvorsitzende gemeint, man habe Fett angesetzt. – Diesen Terminus zu verwenden, ist ja grundsätzlich einmal grauslich. Er muss nun reagieren, denn es gibt kein Geld von der Regierung, es gibt kein Geld vom lieben Gott und es gibt kein Geld von der Gewerkschaft. Das kann ich bestätigen: Von der Gewerkschaft bekommt er ganz sicher nichts. Er hat aber nicht gesagt, wer die Boni bezahlt hat, die er 2011 kassiert hat, nämlich mehr als 1 Million €, meine sehr geschätzten Damen und Herren; das hat er vergessen, zu sagen. Es waren nämlich die Kolleginnen und Kollegen, die hart arbeiten, die Tag und Nacht im Einsatz stehen und erst die Ergebnisse dieses wunderbaren Unternehmens ermöglichen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Falsche Rede erwischt!?) – Ich komme gleich dazu, Kollege.

Wenn wir wissen, wie das vor sich geht, dann werden wir Widerstand leisten, und die Menschen werden sich das auch nicht gefallen lassen, darf ich sagen. Wir werden natürlich vonseiten unserer Gewerkschaften alles unternehmen, um den Menschen zu helfen und ihnen zu Hilfe zu kommen.

Das ist eine Unternehmenspolitik, meine Damen und Herren, die wirklich menschen­verachtend ist. Und jetzt schließt sich der Kreis, weil Sie, Herr Bundesminister, gesagt haben, das sei die falsche Rede: Sie haben wahrscheinlich ein bisschen ein schlechtes Gewissen (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner), aber hier schließt sich der Kreis: Jeder verlorene Arbeitsplatz fehlt uns im Budget, das wissen wir.

Wir brauchen hohe Beschäftigung, das ist wirklich die Basis für ein solides Budget. Wir brauchen hohe Beschäftigung, das sichert auch unsere Pensionen, über die so vehe­ment diskutiert wird. Konsolidieren durch Wachstum ist angesagt, und Ihr ehemaliger Chef in Ihrer Zeit als Generalsekretär, Herr Dr. Leitl, hat das gestern ganz deutlich an­gesprochen: Wachstum ist angesagt, und dem gehört Vorrang eingeräumt. (Zwischen­ruf bei der FPÖ.)

Ich möchte daher sagen: Wir kämpfen als Sozialdemokraten und auch als sozialdemo­kratische Gewerkschafter um jeden Arbeitsplatz und für faire, ordentliche Löhne und Gehälter, und das war nicht immer einfach. (Zwischenruf des Abg. Zanger. – Abg. Kickl: Offenbar nicht besonders erfolgreich! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zan­ger. – Gegenruf des Abg. Podgorschek.) Auch die letzten Lohnverhandlungen haben


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gezeigt, dass es sehr, sehr schwierig ist, durchzusetzen, dass die Menschen zumin­dest die Inflation abgegolten bekommen. (Abg. Kickl: Ja, das habt’s die letzten Jahre nicht geschafft!) – Ja, da müssen Sie einmal mit Ihren Arbeitgebervertretern reden, die schreiben uns ständig etwas anderes, als Sie hier sagen.

Ich glaube einfach, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wir brauchen ordent­liche Lohnerhöhungen, damit die Menschen auch im Geldbörsel etwas spüren (Zwi­schenruf des Abg. Kickl), denn ohne Kaufkraft gibt es kein Wirtschaftswachstum.

Und, Herr Kickl, als Abschluss, weil Sie ja den Misstrauensantrag eingebracht haben: Ich befürchte, Sie werden heute keine Mehrheit finden, und das ist gut so! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ich befürchte, dass Sie sich einmal mehr benützen lassen!)

18.08


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky zu Wort. Restredezeit des ÖVP-Klubs: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.08.40

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind viele neue Gesichter, viele junge, aber auch viele nicht mehr ganz so junge neue Gesichter im Nationalrat. Auch ich bin ein Neuer und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit, auf eine konstruktive und sachliche Zusammenarbeit mit Ihnen allen. Ich möchte dabei sachlich und inhaltlich für unser Land arbeiten. Inhaltlich arbeiten bedeutet aber, dass Fakten zählen müssen und nicht unbegründete Vorwürfe.

Und noch einmal am heutigen Tag: Verwechseln wir nicht das Budget mit Prognosen für die Zukunft! Der Budgetvollzug 2013 zeigt eindeutig, dass es kein Budgetloch gibt. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wenn alle Parteien zugestimmt hätten, wäre es auch mög­lich gewesen, am 18. November 2013, am vergangenen Montag im Budgetausschuss diesen Budgetvollzug darzulegen. Leider war das nicht möglich, daher sei schon die Frage gestellt: Soll dieses Thema wirklich ernsthaft diskutiert werden, oder dient es der Show?

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Budget ist viel zu wichtig, um für politische Kleingeldmacherei ausgenützt zu werden.

Das Budget 2013 – das wurde schon öfters gesagt, aber offensichtlich noch nicht zur Gänze verstanden – wurde aufgrund von Prognosen des WIFO erstellt: Wirtschafts­wachstum 1 Prozent. Das effektive Wachstum liegt bei 0,4 Prozent. Trotzdem hält das Budget 2013.

Und vielleicht ein Punkt, der heute noch nicht angesprochen wurde: Auch die interna­tionalen Ratingagenturen verstehen inhaltlich sehr wohl, dass wir kein Budgetloch ha­ben. Und deswegen sind die Topratings, die unser Land hat, weiterhin stabil.

Ich bin zum ersten Mal im Nationalrat und möchte die Arbeit der Regierung daher ob­jektiv betrachten. Und ich glaube, wir müssen sagen: Trotz der größten Wirtschaftskri­se seit den dreißiger Jahren hat es unsere Bundesregierung sehr gut geschafft, das Land durch diese Krise zu steuern  besser als die meisten, besser als beinahe alle europäischen Länder! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich denke an die konstituierende Sitzung des Nationalrates vor einigen Wochen zurück, in der auch die Vertreter der Oppositionsparteien wirklich konstruktiv eingefordert, darauf hingewiesen und uns Neue aufgerufen haben, dass es die Aufgabe des Parlaments ist, die Regierung zu kontrollieren – richtig, die Regierung zu kontrollieren, aber nicht zu schikanieren und schon gar nicht hier eine Show abzu­ziehen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Zanger.)


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Meine Damen und Herren! Ich frage Sie ganz ernsthaft: Was hat es für einen Sinn, einen Misstrauensantrag gegen eine Regierung einzubringen, die zur provisorischen Fortführung der Geschäfte voraussichtlich noch einige Wochen im Amt ist und dafür bestellt wurde? (Abg. Kickl: Doch?! Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.) Wir sollten hier sachorientiert und konstruktiv miteinander diskutieren und damit das tun, was die Öffentlichkeit von uns erwartet, nämlich die politische Kultur wieder dort hinzubringen, wo sie hingehört, nämlich auf Augenhöhe miteinander sachlich und konstruktiv zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Köchl.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter! Ich habe Ihnen vorhin irrtümlich ge­sagt, die Restredezeit des ÖVP-Klubs beträgt noch 3 Minuten. Sie beträgt aber derzeit noch 8 Minuten. Also Sie dürfen sich beeilen, aber Sie müssen nicht! (Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (fortsetzend): Vielen Dank. Da fällt mir der Satz ein, dass alle Argumente schon gesagt wurden, aber noch nicht von jedem. Ich möchte das aber natürlich nicht ausnützen.

Vielmehr möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die österreichische Bundes­regierung in den vergangenen Jahren sehr ordnungsgemäß gearbeitet hat und in Wahrheit unseren Dank verdient. Und in diesem Sinne ersuche ich, der österreichi­schen Bundesregierung das Vertrauen auszusprechen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.12.44

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Grüß Gott, Herr Präsident! Geschätz­te Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Immer dann, wenn einer Regierung das Geld fremder Leute ausgeht, erhöht sie die Steuern. Und offensichtlich werden wir jetzt gerade psychologisch darauf vorbereitet, dass wieder einmal die Steuern erhöht werden. Dass die Prognosen nicht stimmen, halte ich, das muss ich ehrlich sagen, nicht wirklich für so überraschend, nachdem wir drei verstaatlichte Banken haben. Und das Argument, warum diese Banken verstaatlicht werden, war immer, dass es unab­sehbare Folgen hätte, wenn man das nicht täte – und genau das Gegenteil ist einge­treten!

Es hat einfach unabsehbare Folgen gehabt, dass man diese Banken verstaatlicht hat. Und was diese Banken wirklich kosten, das weiß man schlicht und einfach nicht, und mit jeder Prognose kommen höhere Zahlen heraus. Die Lehre aus diesen drei Ver­staatlichungen muss einfach sein: Nie wieder eine Bank verstaatlichen! – Danke. (Bei­fall beim Team Stronach sowie der Abg. Dr. Mlinar.)

18.13

18.13.21

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesregierung gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 174

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist schon sehr knapp! Abg. Strache: Wird enger!)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Familien­beihilfe und laufende Anpassung an die Inflation.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag ausspre­chen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Wei­terentwicklung des Haushaltrechts“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag findet nicht die erforderliche Zustimmung.

Wir gelangen des Weiteren zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verfassungsrechtli­cher Schutz vor ,Zwangsenteignungen‘ der Österreicherinnen und Österreicher zur Kri­senbewältigung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer automatischen jährlichen Wertanpassung von Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld und Kinderab­setzbetrag an die Inflation.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag findet nicht die Zustimmung.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung ei­nes Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

18.17.01Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über den 6. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Ich erteile es ihm.

 


18.17.17

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Oster­mayer! Es trifft sich gut, dass Sie gerade da sind, denn das Parteiengesetz haben wir auch gemeinsam verhandelt. Zurückkommend zum Parteiengesetz: Es geht um die Erste Lesung des Antrages der Abgeordneten der NEOS hinsichtlich Änderungen bei der Parteienförderung. Es gibt mehrere Punkte, aber vor allem geht es um eine deut­liche Reduktion der Parteienförderung – wobei das mit den 25 Prozent oder um drei Viertel nicht wirklich stimmt, was man merkt, wenn man sich das im Detail anschaut,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 175

vor allem was die Parteienförderung des Bundes betrifft, sofern ich es richtig lese, denn dort soll es auf 2,50 € pro Wählerstimme heruntergehen, und dort sind wir jetzt bei 4,60 €. Also da sind wir nicht bei einer Kürzung von drei Vierteln, sondern bei einer deutlich niedrigeren Reduktion. Aber sei‘s drum.

Der Punkt ist, man kann über politische Förderungen natürlich trefflich streiten. Es war ganz interessant, dass der Antragsteller mehrere Vergleiche gebracht hat, zum Bei­spiel den Vergleich mit Deutschland. Es wäre dann nur gescheit, wenn man das Sys­tem in Summe vergleicht, denn was bei Deutschland stimmt, ist, dass die Parteien­förderung in Summe deutlich niedriger als in Österreich ist. – Korrekt! Was Sie nicht dazugesagt haben, ist, dass die Förderung für politische Bildungsarbeit in Deutschland ein Vielfaches von Österreich beträgt, dass Deutschland Agenturen beziehungsweise Institute, insbesondere Stiftungen in der ganzen Welt als Bildungseinrichtungen hat, von allen Parteien, und damit auf ganz andere Summen als Österreich kommt.

Es ist zweifelsohne so, dass der Deutsche Bundestag um Eckhäuser, aber wirklich um Eckhäuser, besser als Österreich ausgestattet ist, dass dort die Arbeitsbedingungen der Abgeordneten um ein Vielfaches besser sind, mit Zuarbeitsmöglichkeiten. Das las­sen Sie alles aus. Sie nehmen einen Teil heraus – nur sollte man das dann auch klar­machen – und stellen dort den Antrag, deutlich zu reduzieren.

Besonders hat mir der Vergleich mit der Schweiz gefallen. Bei der Schweiz haben wir uns das angeschaut, als wir uns das Parlament in der Schweiz angeschaut haben, als wir nämlich mit einer Parlamentarierdelegation dort waren. Ich weiß nicht, ob Sie die Arbeitsbedingungen in der Schweiz kennen und ob sie die für wünschenswert erach­ten, aber Sie sollten vielleicht einmal mit dem Kollegen Strolz über die Frage reden, welche Dienstposten wir hier verhandeln. Das Schweizer Parlament schaut so aus, dass alle Schweizer Fraktionen zusammen ungefähr so viel an Räumlichkeiten haben wie ihr momentan in dem provisorischen Zimmer. In der Schweiz hat der Grüne Klub damals – der war in etwa von den Prozenten her so groß wie wir – eine Mitarbeiterin gehabt – eine einzige! –, und zwar nicht für jeden grünen Abgeordneten eine, sondern eine für den gesamten Klub. Ob das ein Vorbild für parlamentarische Arbeit ist, wage ich zu bezweifeln. Man kann immer herunterverhandeln, kann hinkommen.

Das andere passt: Parteien, Klub passen, die Akademien passen auch. (Abg. Dr. Strolz:  Parlament stärken!)

Dann sollte man auch schauen, was Länder machen, die relativ wenig Parteienför­derung haben und die viel mit Spenden arbeiten. Die haben nämlich meistens ein Element drinnen, auch in Amerika, das sind die sogenannten PACs, nämlich die Be­schränkungen dafür, dass Einzelpersonen massiv Spenden erteilen. Das fehlt in eurem Antrag.

Das ist schon gravierend, weil gerade eure Wahlkampffinanzierung zeigt und da ja klar ist, dass es eine extreme Abhängigkeit in der Wahlkampffinanzierung gibt. Und das, was ihr gehabt habt, wäre in Amerika nicht gegangen. In Amerika gibt es eine Be­schränkung von 2 500 Dollar unter anderem bei der Frage, was einfache Personen spenden können. Da hätte der Herr Haselsteiner aber schön stückeln müssen, damit er auf das gekommen wäre. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Und wenn man sich das bei dem Herrn Stronach anschaut, so muss man sagen: So viele Österreicher hät­te er wahrscheinlich gar nicht gefunden, die das einzeln hätten spenden können, damit sich die Summe von 25 Millionen € an Spendengeldern ausgegangen wäre. Dann stellt sich schon die Frage, ob das die Zukunft von Parteienfinanzierung in Österreich sein soll.

Die großen, die Stronachs, die weniger großen, vielleicht die Haselsteiners, und die, die sich das an Spendengeldern holen können, haben einen ungleich anderen Wettbe-


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werbsvorteil gegenüber anderen Parteien. Also wenn man das ernst nimmt, dann muss man zumindest bei den Großspenden massiv einschränken. Das macht ihr aber nicht, das steht nicht im Antrag drinnen.  Gut. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strolz.)

Dann stellt sich die Frage, welches Niveau angemessen ist. Und jetzt kann man schon darüber diskutieren, ob jedes Wahlplakat stehen muss. Da gibt es einfache Möglichkei­ten, zu beschränken. Diskutieren wir über eine Beschränkung der Großflächenplakate! Diskutieren wir über eine Beschränkung von Plakatwerbung, was deutliche Reduktio­nen mit sich bringt! Wir sind übrigens als Grüne auch dagegen gewesen, die Parteien­förderung beim letzten Mal anzuheben. Wir haben übrigens den Korridor gemacht in der Verfassungsbestimmung  im Gegensatz zu dem, was die FPÖ dargestellt hat –, der eine Beschränkung gewesen ist, was die Länder betrifft. Manche Länder haben wegen dieses Korridors reduzieren müssen.

Es gab dann einen Extra-Beschluss der Regierungsparteien, die Parteienförderung zu erhöhen, aber auch nicht in dem Ausmaß, wie es kolportiert worden ist, denn man muss fairerweise sagen, dass die Wahlkampfkostenrückerstattung abgeschafft wurde. Die gibt es seither nicht mehr, und die Wahlkampffinanzierung kommt sozusagen aus den laufenden Geldern. Man kann auf das Niveau von vorher zurückgehen, unter Ein­rechnung der Wahlkampfkostenrückerstattung. Das ist alles drinnen. Was meiner Mei­nung nach nicht geht, ist, auf ein Niveau zu kommen, wo de facto politische Arbeit aus­schließlich von Großfinanciers abhängig ist und ohne den finanziellen Background der Herren Stronach oder Haselsteiner nicht mehr möglich wäre. Dagegen werden wir uns mit Sicherheit wehren.

Übrigens gibt es – fünf Minuten sind vorbei, schnell gegangen  ein paar Verände­rungswünsche und Notwendigkeiten beim Parteiengesetz. Ich gehe davon aus, dass wir die Lücke, nämlich dass die Entscheidungen des Transparenzsenates nicht veröf­fentlicht werden dürfen, sehr rasch schließen. Es ist ein Unding, weil das natürlich auch Entscheidungen für die Zukunft beeinflusst, und gerade die Fragen rund um die Na­tionalratswahlen sollten so rasch wie möglich veröffentlicht werden, um Klarheit zu schaffen, welche Parteienfinanzierung denkbar beziehungsweise möglich ist und was verboten ist. (Beifall bei den Grünen.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Als Letzter in dieser Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


18.23.11

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Prinzipiell kann ich dem Gedanken, dass die Parteien weniger tief in die Staatskasse greifen, durchaus etwas abgewinnen. Wenn man aber als Altparteien so tut, als ob dieser Griff in die Staatskasse das allein Seligmachende ist, dann möchte ich Sie schon daran erinnern, dass das Ihre Parteien nicht nur über den Weg der Par­teienfinanzierung per Gesetz, sondern auch über Interessenvertretungen gemacht ha­ben und sich in der letzten Legislaturperiode auch über ganz andere Wege der Par­teienfinanzierung – ich möchte ein großes Telekommunikationsunternehmen nicht un­bedingt beim Namen nennen – finanziert haben. (Ruf bei der ÖVP: Stronach!) Wenn hier von einigen Abgeordneten mehr oder weniger spaßhalber eine Oligarchenklausel gefordert worden ist im Zusammenhang  (Abg. Rädler: Nicht spaßhalber!) – Nicht spaßhalber, sondern ernst gemeint?!

Dann möchte ich Sie daran erinnern: Ich habe da am Anfang meiner Tätigkeit bei der Angelobung so eine Schokolade bekommen, wo eine Klausel der Menschenrechte draufgestanden ist, nämlich dass alle Menschen gleich und frei geboren sind. Und ich glaube, das gilt auch für Leute, die in ihrem Leben sehr tüchtig gewesen sind und viel


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Geld verdient haben. (Beifall beim Team Stronach. Ruf: Ja eh! Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Wenn wir vor zwei Jahren mithilfe der Grünen endlich dieses Habsburgergesetz losge­worden sind und eine Gleichheit hergestellt haben, dann muss das Gleiche auch für Leute gelten, die ihr Geld investiert haben, um im demokratischen Wettbewerb mitzu­machen und vielleicht auch erfolgreich gewesen sind. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. Abg. Vilimsky: Wo ist er denn? Zwischenruf bei der ÖVP.)

18.24

18.24.40

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 5/A dem unter Tagesordnungspunkt 7 zu wählenden Verfas­sungsausschuss zu.

18.25.157. Punkt

Wahl von Ausschüssen

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Hierzu liegen vor: ein Vorschlag zur Wahl von Ausschüssen nach Beratung in der Prä­sidialkonferenz aufgrund des Einvernehmens zwischen SPÖ, ÖVP, FPÖ, STRONACH und NEOS-LIF, weiters ein Antrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kol­legen sowie ein Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen.

Es liegt mir der Antrag vor, gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu diesem Ta­gesordnungspunkt eine Debatte durchzuführen.

In dieser Debatte soll von jedem Klub maximal eine Wortmeldung im Ausmaß von 5 Minuten abgegeben werden.

Ich lasse daher über diesen Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer Debatte sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit. Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 


18.26.34

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion, die wir jetzt auch hier im Plenum führen, ist ja eine, die wir schon in der Präsidiale, in mehreren Präsidialen geführt haben und wo wir auch vereinbart haben, dass einmal auf Ebene der Klubdirektoren und dann vielleicht noch einmal auf Ebene der Präsidiale versucht wird, eine Einigung, eine mög­lichst weitgehende Konsensbildung zu erreichen.

Faktum ist, es gibt den Vorschlag von einigen, in Zukunft weniger Ausschüsse einzu­setzen, als es in der Vergangenheit gegeben hat. Bei der Diskussion darüber, welche diese wenigeren sein sollen, geht das Spektrum so weit auseinander, soweit mein Ein­druck jetzt ist, dass sehr schwer Konsens herzustellen sein wird.

Meine Fraktion – und ich selbst auch – neigt dazu, überhaupt alle Ausschüsse so wie in der letzten Gesetzgebungsperiode wieder einzusetzen. Das, was wir jetzt heute ha-


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ben, ist ein Halbweg. Wenn wir die Beschlüsse, die jetzt vorliegen, umsetzen, nämlich die Ausschüsse, die geplant sind und in der Präsidiale besprochen worden sind ein­setzen, dann werden wir 14 Ausschüsse haben, mit den dazugehörigen Unteraus­schüssen. Ich sage das deshalb, weil ja auch sehr gerne immer gesagt wird, das Parla­ment sei nicht arbeitsfähig, weil es keine Ausschüsse gibt. Es gibt dann 14 Ausschüsse inklusive der Unterausschüsse, und natürlich daher auch die Möglichkeit, dort die Dis­kussionen, die wir auch heute bei den Ersten Lesungen gehabt haben, abzuführen und miteinander an Lösungen zu arbeiten. Ich möchte das wirklich betonen, damit in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entsteht, es würde hier im Haus nichts passieren.

Das Zweite ist, auch einmal in die letzte GP zu schauen. In der letzten GP war es so, dass am 25.11. erst die Ausschüsse gewählt und dann überhaupt erst Mitte Dezember konstituiert wurden. Also auch da sind wir im Zeitfahrplan im Vergleich zur letzten GP durchaus richtig.

Daher verstehe ich jetzt nicht alle Anträge, die vorgelegt worden sind, denn manche wollen noch weitere und noch weitere, aber wir werden es noch weiter diskutieren. Ich glaube nur, dass eine Einigung hier im Plenum jetzt schwer erzielbar ist, nämlich vor allem eine, die schon von dem Geist getragen ist, dass alle irgendwie am Schluss auch mitkönnen. Das wäre die Meinung unserer Fraktion zu diesem Thema, und ich bin jetzt gespannt auf die anderen Meinungen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.29


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Haubner. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.29.27

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ja, Herr Präsident Kopf hat ja in der Präsidiale eine Unterlage vorgelegt, die nahezu für alle eine taugliche Verhandlungsunterlage gewesen ist. Der Standpunkt der ÖVP ist ja bekannt. Das ist der, dass wir die Zahl der Ausschüsse von derzeit 39 um mindestens ein Viertel reduzieren wollen.

Wir wollen dafür mehr Sitzungen der Ausschüsse und vor allem einen fixen Sitzungs­kalender der Ausschüsse. Damit wird sicher die Ausschussarbeit effizienter, und wir kämen bei diesem Modell zu mehr Planbarkeit für die Ministerien, aber auch zu mehr Planbarkeit für die Abgeordneten. Wenn wir davon reden, dass wir effizienter werden wollen, dann sollten wir auch die Prozesse im Parlament hinterfragen und uns hier ent­sprechend modernisieren.

Es macht also für uns keinen Sinn, jetzt alle Ausschüsse zu wählen, denn jene, die wir brauchen, haben wir schon beim letzten Mal gewählt, und jene, die wir noch brauchen, die konstituieren wir heute. Und Ausschüsse, die einmal gewählt sind, gelten ja für die gesamte Gesetzgebungsperiode. Daher wollen wir zuerst die Parteiengespräche über die Liste der Ausschüsse fortsetzen und bei nächster Gelegenheit die Wahlen und die Konstituierungen durchführen. Die Einigung von fünf Parteien – nicht der Grünen – war, heute folgende Vollausschüsse zu wählen: Inneres, Landesverteidigung, Rech­nungshof und Verfassung. Damit können wir auch die zugehörigen Unterausschüsse einsetzen und damit ist auch das Weiterarbeiten im Parlament, auch was das Lehrer­dienstrecht betrifft, gesichert.

Wir lehnen also als ÖVP alle weitergehenden Anträge ab. Es besteht ja auch keine Dringlichkeit. Es ist üblich, die Ausschüsse rund um die Regierungsbildung zu wählen und zu konstituieren – Kollege Schieder hat das auch bereits ausgeführt –, wie das in der letzten Gesetzgebungsperiode der Fall war, deshalb haben wir die gute Übung, die Ausschüsse, Zahl und Größe, einvernehmlich festzulegen. Ich glaube, diese gute ge­meinsame Übung sollten wir auch fortsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.31



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 179

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


18.31.55

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Es geht aus meiner Sicht um zwei verschiedene Dinge. Es ist relativ einfach zu erklären, warum die Grünen heu­te den Antrag stellen, alle Ausschüsse zu konstituieren: Der parlamentarische Betrieb hat mit der Regierung an sich nur bedingt zu tun. Wir haben jetzt die Situation, dass wir seit Juni de facto kaum Ausschüsse hatten, weil wir einen Wahlkampf hinter uns ha­ben, und in manchen Themenbereichen eine große Notwendigkeit bestehen würde, sich mit den zuständigen Ministern, die ja noch im Amt sind, über aktuelle Entwicklun­gen auseinanderzusetzen, auch in den Ausschüssen.

Dazu fallen mir ein paar Punkte ein. Es wäre wahrscheinlich interessant, im Umwelt­ausschuss nächste Woche über die Ergebnisse der Klimakonferenz zu reden. Es wäre interessant, im Sportausschuss über die Fragen des Sport-Wettskandals zu reden. Das alles ist jetzt nicht möglich, weil die Ausschüsse nicht konstituiert werden. Und es braucht keine Regierungsvorlagen, damit die Ausschüsse einen Sinn machen. Es wäre auch sinnvoll, bei gewissen aktuellen politischen Themen die Ausschüsse auch in Zu­kunft stärker einzubinden.

Das mit dem „neu regieren“ ist übrigens so eine Geschichte. Denn wenn „neu regieren“ ernst genommen wird, dann wäre genau diese Stärkung des parlamentarischen Be­triebes, wo man akuter reagieren kann, wo man wirklich Debatten führen kann – auch häufiger führen kann –, etwas, was äußerst wünschenswert wäre. Und da ist der Ver­weis auf die Vergangenheit nicht sonderlich hilfreich, denn da hat man ja nicht „neu regiert“, sondern da hat man „alt regiert“. Wenn man „neu regiert“, könnte man diesen Schritt gehen.

Ich habe aber durchaus Sympathie für die Position der ÖVP, das ist nicht der Punkt. Man könnte darüber diskutieren, Ausschüsse zu straffen, man könnte darüber disku­tieren, welche Ausschüsse zusammengelegt werden. Das Problem ist nur, dass es zwischen ÖVP und SPÖ genau diametrale Positionen gibt und die Ausschussarbeit da­durch in vielen Bereichen nicht stattfinden kann, weil diese Position nicht geklärt wird. Spätestens bis in einem Monat muss sie da sein, aber das ist ziemlich unbefriedigend.

Wir hätten auch Ausschüsse konstituieren und sie neu konstituieren können. Das müs­sen wir übrigens selbst bei dem Vorschlag, den ich durchaus für sinnvoll halte, nämlich Geschäftsordnung, Immunität und Unvereinbarkeit zusammenzufassen. Auch dort ha­ben wir die Ausschüsse konstituiert und müssen nachher, wenn wir es anders machen, erst recht eine Neukonstituierung vornehmen. Also das wäre nicht wirklich der Punkt gewesen. Aber von dem her müssen wir uns einmal bewegen und sagen, wenn es ei­ne Einigung über weniger Ausschüsse gibt, tun wir das. Das hat noch nichts damit zu tun, dass jetzt die Ausschüsse nicht tagen können. Deshalb kommt von uns der An­trag, alle zu konstituieren, und nicht nur die, die vorgeschlagen sind, das werden wir übrigens auch mittragen.

Ich möchte auch unbedingt das Argument vom Kollegen Haubner aufgreifen, dass wir uns auf einen fixen Sitzungskalender bei den Ausschüssen einigen. Es war eines der großen Probleme der letzten Periode, dass kaum schnell Ausschusstermine gefunden werden konnten. Und insofern ist, wenn es einen fixen Plan gibt, dann zumindest das Kapitel Aktuelle Aussprache etwas, was notwendig wäre und durchgeführt werden kann. Dazu wird es immer einen Grund geben. Und wenn es dann einmal in den Aus­schüssen keine großen Regierungsvorlagen gibt, wird es auch keine Katastrophe sein.

Also von dem her: Parlament vor, mehr parlamentarische Arbeit und die Ausschüsse arbeiten lassen, auch ohne eine Regierungsbildung abzuwarten. (Beifall bei den Grü­nen.)

18.34



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 180

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt die geschäftsführende Klubobfrau Ing. Diet­rich. – Bitte.

 


18.35.05

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Wir haben gestern in der Präsidiale eine Einigung erzielt, zu der wir selbst­verständlich stehen. Wir glauben, dass es Sinn macht, wenn die Regierungskompeten­zen neu verteilt werden, auch über die Ausschüsse nachzudenken. Diese Zeit wollen wir uns geben, das macht Sinn. Deshalb werden wir heute von unserer Seite diese vier Ausschüsse beschließen, aber nicht mehr.

Wir freuen uns auf die Verhandlungen und hoffen, dass wir mehr Effizienz, ein klareres System hineinbringen, dass die Ausschüsse besser arbeiten können, dass tatsächlich die Zeiträume im Vorhinein besser eingeteilt werden können. In diesem Sinne wollen wir uns nicht heute schon irgendwo bei einer halbguten Lösung einzementieren, son­dern wir freuen uns auf eine optimale Lösung, die wir hoffentlich gemeinsam erzielen werden. (Beifall beim Team Stronach.)

18.36


Präsident Karlheinz Kopf: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


18.36.00

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir teilen in dieser Frage die Anliegen von mehreren Seiten. Zum einen verstehen wir die Anliegen der Regierungsparteien, Ausschüsse zusam­menzulegen, dass die Ausschüsse mit den Ministerien kongruent sind und dass Sie in Ihren Verhandlungen noch nicht so weit sind.

Auf der anderen Seite teilen wir die Ungeduld der Grünen, die Konstituierung der Aus­schüsse voranzutreiben. Deshalb sind uns die vorgeschlagenen Ausschüsse ein biss­chen zu wenig, und wir haben vier weitere Ausschüsse zur Konstituierung vorge­schlagen, von denen wir der Meinung sind, dass sie sicher zustande kommen: Den Au­ßenpolitischen Ausschuss, den Justizausschuss, den Kulturausschuss und den Um­weltausschuss werden wir sowieso brauchen, also könnten wir auch diese gleich mit­nehmen, unabhängig von dem, was Sie in den Regierungsverhandlungen vereinbaren.

Das heißt, wir würden mit unserem Vorschlag den Regierungsparteien eine Ausrede nehmen und wir würden den Grünen eine Fallback-Variante bieten, wenn es voraus­sichtlich nicht durchgeht, alle Ausschüsse zu konstituieren. Jetzt ist es aufgrund der Abstimmungsreihenfolge so, dass der Antrag der Grünen unsere Fallback-Variante wird. Das heißt, wenn das nicht durchgeht, unterstützen wir gerne Ihr Anliegen, alle Ausschüsse zu konstituieren. Und dem Anliegen eines fixen Sitzungskalenders schlie­ßen wir uns an. – Ich bedanke mich. (Beifall bei NEOS-LIF.)

18.38

18.38.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung in der eingangs bereits vorgetragenen Reihenfolge der Anträge.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz wurde aufgrund des Einvernehmens zwi­schen SPÖ, ÖVP, FPÖ, STRONACH und NEOS-LIF vorgeschlagen, folgende Aus­schüsse zu wählen: Ausschuss für innere Angelegenheiten, Landesverteidigungsaus­schuss, Rechnungshofausschuss, Verfassungsausschuss.

Gemäß § 32 Abs. 1 GOG-NR setzt der Nationalrat die Zahl der Mitglieder und Ersatz­mitglieder jedes Ausschusses fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden auf die


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parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen angehörenden Abgeordne­ten nach den im § 30 GOG-NR festgelegten Grundsätzen verteilt.

Die Klubs haben die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder der Präsidentin namhaft zu machen; diese gelten damit als gewählt.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz ist für die erwähnten Ausschüsse jeweils eine Zahl von 24 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern unpräjudiziell vorgeschlagen, deren Auf­teilung auf die Fraktionen wie folgt festgelegt wurde: je 7 Mitglieder und Ersatzmit­glieder jeweils auf die SPÖ und die ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen, je 1 Mitglied und Ersatzmit­glied jeweils auf STRONACH und NEOS-LIF.

Wir gelangen zur Abstimmung über diesen Vorschlag.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Namen der von den Klubs der Präsidentin als Mitglieder beziehungsweise Ersatz­mitglieder bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten werden im Stenographischen Protokoll angeführt.

*****

(Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren noch nicht alle Listen verfügbar. – Die Mitglie­der und Ersatzmitglieder sowie die gewählten Funktionen sind im Internet unter „Parla­mentarisches Geschehen>Ausschüsse>Nationalrat>Ausschüsse und Unteraus­schüsse“ abrufbar.)

*****

Ich lasse nun über den Antrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einsetzung von Ausschüssen gemäß § 32 GOG-NR abstimmen.

Es wird vorgeschlagen, folgende ständige Ausschüsse einzusetzen: Außenpolitischer Ausschuss, Justizausschuss, Kulturausschuss, Umweltausschuss. Es wird jeweils eine Ausschussgröße von 24 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern vorgeschlagen.

Diese werden auf die Fraktionen wie folgt verteilt: je 7 Mitglieder und Ersatzmitglieder jeweils auf die SPÖ und die ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen und je 1 Mitglied und Ersatzmitglied jeweils auf STRONACH und NEOS-LIF.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse nun über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Ausschüssen des Nationalrats zur Vorbe­reitung von Verhandlungsgegenständen gemäß § 32 GOG-NR abstimmen.

Der Nationalrat wolle beschließen, folgende Ausschüsse zu wählen: Ausschuss für Arbeit und Soziales, Außenpolitischer Ausschuss, Bautenausschuss, Familienaus­schuss, Finanzausschuss, Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie, Ge­sundheitsausschuss, Gleichbehandlungsausschuss, Justizausschuss, Ausschuss für Konsumentenschutz, Kulturausschuss, Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Aus­schuss für Menschenrechte, Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, Ausschuss für Sportangelegenheiten, Tourismusausschuss, Umweltausschuss, Unterrichtsaus­schuss, Verkehrsausschuss, Volksanwaltschaftsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Industrie, Wissenschaftsausschuss.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 182

Die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder dieser Ausschüsse soll mit jeweils 24 fest­gesetzt werden, die sich auf die Fraktionen wie folgt verteilen: je 7 Mitglieder und Er­satzmitglieder jeweils auf die SPÖ und ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen, je 1 Mitglied und Ersatz­mitglied jeweils auf STRONACH und NEOS-LIF.

Wer diesem Vorschlag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Vorschlag ist daher abgelehnt.

*****

Die Tagesordnung ist hiemit erschöpft.

18.42.39Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politi­schen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Bud­getlüge der Bundesregierung.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 2 GOG-NR

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Werner Kogler, Bruno Rossmann, Kollegin­nen und Kollegen

betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammen­hang mit dem Vorwurf einer Budgetlüge der Bundesregierung (Budgetlüge-Untersu­chungsausschuss)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit der Budget­lüge der Bundesregierung wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus ins­gesamt 24 Abgeordneten im Verhältnis SPÖ 7, ÖVP 7, FPÖ 5, Grüne 3, TS 1, Neos 1 besteht“

Gegenstand der Untersuchung

1. Aufklärung darüber, wann, von wem und warum auf Basis welcher Grundlagen ent­schieden wurde, die Obergrenzen für die Auszahlungen der Untergliederung 46 (Fi­nanzmarktstabilität) insbesondere für die Hypo Alpe Adria sowie die anderen ver­staatlichten Kreditinstitute im Bundesfinanzrahmengesetz 2014-2017 vollkommen un­realistisch und unter Verletzung der in Art 51 (8) B-VG verankerten Grundsätze der Transparenz und der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes anzusetzen.

2. Aufklärung darüber, warum der Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmen 2014 – 2017 für die Untergliederung 46 (Finanzmarktstabilität) keine Steuerungs- und Korrek-


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turmaßnahmen für die drei verstaatlichten Banken, insbesondere für die Hypo Group Alpe Adria, vorsieht, obwohl das Bundeshaushaltsrecht diese in Ausführung von Art 51 (8) B-VG zur Einhaltung der jeweiligen Obergrenzen explizit vorsieht. Aufklärung darü­ber, wann, von wem und warum entschieden wurde, geänderte Wirtschaftsprognosen bei der Vorlage des Bundesfinanzgesetzes 2013, des Bundesfinanzrahmengeset­zes 2014-2017 und weiterer Vorlagen (z.B. die Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung 2014 vom 15. Oktober 2013 an die Europäische Union) außer Acht zu lassen.

3. Aufklärung darüber, wann welche Mitglieder der Bundesregierung seit 2011 über die Wirtschaftsprognosen von WIFO, IHS, internationalen Organisationen und sonstigen Organisationen in Kenntnis gesetzt wurden.

4. Aufklärung darüber, welche Rolle den jeweiligen Wirtschaftsforschungsinstituten im Rahmen der Budgeterstellung und mittelfristigen Finanzplanung des Bundes zugekom­men ist.

5. Aufklärung darüber, welche dieser Prognosen mit welcher Begründung der Erstel­lung der mittelfristigen Budgetplanung (BFRG 2013 - 2016 sowie BFRG 2014 – 2017) und des BFG 2013 zugrunde gelegt wurden.

6. Aufklärung darüber, warum die Schätzungen der öffentlichen Abgaben (brutto und netto) im BFRG 2014-2017 trotz geänderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ge­genüber dem BFRG 2013-2016 de facto unverändert und somit auf den Annahmen über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Jahresende 2011 fortgeschrieben wurden.

7. Aufklärung darüber, wann und warum entschieden wurde, bei der Vorlage des Bun­desfinanzrahmens 2014-2017 und weiterer Vorlagen bestimmte Einzahlungen (z.B. Kapitalertragsteuer, Immobilienertragssteuer) zu überschätzen, andere Einzahlungen (z.B. Finanztransaktionssteuer) trotz sich abzeichnender Verschiebung zu budgetieren und bestimmte Ausgabenkürzungen (z.B. Förderreform, Verwaltungsreform) trotz sich abzeichnender Implementierungsprobleme in unrealistischer Höhe einzustellen

8. Aufklärung darüber, warum dem Bundesfinanzrahmen 2014 – 2017 für die Auszah­lungen der Untergliederung 22 (Pensionsversicherung) nicht das damals rezenteste Gutachten der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung (§ 108e ASVG) zu­grunde gelegt wurde, wodurch es zu einer zu optimistischen Darstellung des Bundes­zuschusses zur Pensionsversicherung kam.

9. Aufklärung darüber, welche Rolle leitende Beamte des Finanzministeriums bei der Schönung der Budgetzahlen im Rahmen der Erstellung der mittelfristigen Budget­planung (BFRG 2013-2016 sowie BFRG 2014-2017) sowie der Budgeterstellung (BFG 2013) spielten.

10. Aufklärung über die Frage, inwieweit die Vorlage geschönter Budgets und Bundes­finanzrahmen mit der Absicht getätigt wurden, der Bevölkerung im Vorfeld der Natio­nalratswahlen am 29. September 2013 einen soliden und verlässlichen Budgetpfad in Richtung ausgeglichener öffentlicher Haushalte für die kommende Legislaturperiode vorzugaukeln.

11. Aufklärung darüber, ob Mitglieder der Bundesregierung ihr Amt zur Wahlkampfhilfe missbraucht haben.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in sämtliche Akten, Be-


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richte und Protokolle des Bundeskanzleramts, des Bundesministeriums für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank, der Finanzmarktaufsichtsbehörde, der FIMBAG, der „Task Force Hypo Alpe Adria“, der Organe (teil-)verstaatlichter Banken, des Bun­desministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesmi­nisteriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, der Statistik Austria, anderer Dienststellen und involvierter juristischer Personen im Rahmen der Privatwirtschafts­verwaltung des Bundes sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verant­wortlichkeiten prüfen.

Begründung

„Wir haben 2016 ein ausgeglichenes Budget und mit unseren Maßnahmen werden wir erreichen, dass wir 2015 eine Steuerreform machen können.“ Kanzler Werner Fay­mann im September 2013

„Die Möglichkeit dass es in Österreich dieses Wachstum gibt, scheint relativ groß. Da­her wird es nicht notwendig sein, dass man ein Sparpaket schnürt“. Vizekanzler Mi­chael Spindelegger am 15.9.2013

„Das (die Steuerreform, Anm) ist kein Wahlzuckerl. Ein Wahlzuckerl ist es dann, wenn wir sagen, wir versprechen euch das Blaue vom Himmel, aber können euch nicht sa­gen, wie wir es zahlen.“ Staatssekretär Andreas Schieder im September 2013

„Wir haben sorgsam budgetiert. Es gibt Reserven und Rücklagen in den Ressorts. Wir werden keine neuen Schulden aufnehmen.“ Finanzministerin Maria Fekter im Juli 2013 im ORF.

Diese Zitate zeigen, wie die Regierung im Wahlkampf mit der Wahrheit umgegangen ist. Im Jahr 2013 wurde bis Ende September, also bis zu den Nationalratswahlen der Eindruck vermittelt, es stünde gut um die wirtschaftliche Entwicklung und den Staats­haushalt. Ein ausgeglichener Haushalt stünde im Jahr 2016 unmittelbar bevor, wurde der Bevölkerung nicht nur von der Finanzministerin, sondern auch vom Kanzler und Vizekanzler vorgegaukelt. Von Kanzler Faymann wurde darüber hinaus sogar noch ei­ne Steuersenkung im Ausmaß von 3 Mrd. Euro im Jahr 2015 versprochen. 

Das Bundesfinanzrahmengesetz 2014-2017 wurde im April 2013 von der Regierung vorgelegt. Anstatt die Kosten für das Milliardendebakel rund um die Hypo Alpe Adria aber auch anderer Problembanken ordentlich zu budgetieren, wurden lediglich 133 Mio. Euro pro Jahr in den mittelfristigen Finanzrahmen eingestellt, obwohl die Verhand­lungen mit der EU-Kommission bereits im Laufen waren und sich ein öffentlicher Finan­zierungsbedarf von weit über 10 Mrd. Euro abzeichnete. Anstatt die bereits nach unten korrigierten Wirtschaftsprognosen ordentlich ins Budget, und dabei vor allem in die Steuer- und Abgabenschätzung einzuarbeiten, wurden die Steuereinzahlungen be­wusst unter falschen wirtschaftlichen Annahmen fortgeschrieben. Wahlzuckerln, wie die im Februar 2013 beschlossene Pendlerpauschale neu mit zusätzlichen Budgetbe­lastungen von 220 Mio. Euro in der Endausbauphase wurden im Bundesfinanzrahmen nicht berücksichtigt. Ebenso unberücksichtigt blieben die rezentesten Einschätzungen der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung, wodurch der Bundeszuschuss zur Pensionsversicherung im Bundesfinanzrahmen 2014 – 2017 zu niedrig dargestellt wurde. Anstatt einzugestehen, dass vorgestellte Reformmaßnahmen wie etwa die Förderreform oder die Verwaltungsreform keine nennenswerten Einsparungen bringen würden, wurden daraus resultierende Einsparungen weiterhin im Bundesfinanzrahmen budgetiert. Auch die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer wurden ab 2014 beibehalten, obwohl alle anderen Länder schon längst mit Verzögerungen rechneten und entsprechend einer vorsichtigen Haushaltsplanung vorerst keine Einnahmen bud­getierten darunter die Bundesrepublik Deutschland. Einnahmen aus anderen Steuern,


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wie etwa der Immobilienertragsteuer und Kapitalertragsteuern sowie lohnbezogene Ab­gaben wurden wider besseres Wissens in unrealistischer Höhe beibehalten.

Sogar noch am 15. Oktober 2013 wurde mit der „Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung“ noch ein Dokument an die EU übermittelt, in dem der Budgetpfad beibehalten wurde und für 2014 eine Senkung des Defizits von 2,3% des BIP (2013) auf 1,5% (2014) prognostiziert wurde, obwohl die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS in ihrer Prognose vom 4. Oktober 2013 ein Absinken der Bruttolohnsumme pro Beschäftigen von 2,9 auf 2,4 für das Jahr 2012 konstatierten.

Die Bundesregierung missachtet damit den Artikel 51(8) B-VG, der folgendermaßen lautet: "Bei der Haushaltsführung des Bundes sind die Grundsätze der Wirkungs­orientierung (), der Transparenz, der Effizienz und der möglichst getreuen Darstel­lung der finanziellen Lage des Bundes zu beachten.

Bereits im Jahr 2012 waren die Daten der quartalsmäßig erstellten Wirtschaftsprogno­sen immer wieder rückläufig. Bei der Präsentation der WIFO-Wirtschaftsprognose am 21.3.2013 sank einerseits der private Konsum, und andererseits stieg die Arbeitslo­sigkeit für die Jahre 2012 und 2013.

Die mittelfristige Prognose des WIFO vom Jänner 2013 reduzierte das prognostizierte reale Wachstum der österreichischen Wirtschaft im Vergleich zur mittelfristigen Pro­gnose von Jänner 2012 für alle Jahre. 1% statt 1,6% 2013, 1,8% statt 2% 2014, 2% statt 2,2% 2015 und 1,8% statt 2,1% im Jahr 2016.

Seit Beginn der Regierungsverhandlungen wird über ein so genanntes „Budgetloch“ debattiert. Die Zahlen gehen nach Aussagen von den an den Regierungsverhandlun­gen Beteiligten bis zu einer Budgetlücke von 40 Mrd. Euro für die Jahre 2014 bis 2018 aus. Wirtschaftsforscher gingen davon aus, dass ein „Kassasturz“ notwendig sei, weil die Budgetpläne der Regierung nicht mehr den aktuell vorgelegten Wirtschaftsprogno­sen entsprechen würden.

Auch die EU-Kommission hat die Defizitzahlen Österreichs für das Jahr 2015 revidiert. Am 5. November veröffentlichte sie eine Prognose der Defizitzahlen Österreichs, die der Darstellung der österreichischen Regierung fundamental widerspricht. Demnach wird das Defizit 2015 nicht wie von der österreichischen Regierung angegeben 0,6% des BIP sondern 1,5% des BIP ausmachen. Ein Unterschied von ca. 3 Mrd. Euro. EU-Kommissar Olli Rehn forderte daher eine Änderung durch die neue Bundesregierung.

Am Mittwoch, dem 13.11.2013 hat die Bundesregierung eine strukturelle Budgetlücke von 18,4 Mrd. Euro für die Jahre 2014 bis 2018 bekannt gegeben. Diese Lücke rührt vor allem aus einer Fehleinschätzung der Entwicklung der öffentlichen Abgaben und des Bundeszuschusses zur Pensionsversicherung als Folge des konsequenten Negie­rens neuerer Wirtschaftsprognosen und Gutachten. Zusätzlich bekannte die Regierung erstmals einen Finanzierungsbedarf von 5,8 Mrd. Euro für die Hypo Alpe Adria und die weiteren Problembanken ein und wichen damit von den im Bundesfinanzrahmen voll­kommen unrealistisch angesetzten 133 Mio. Euro pro Jahr ab.

Es braucht daher Aufklärung darüber, welche Regierungsmitglieder zu welchen Zeit­punkten Kenntnis des Budgetdesasters hatten, warum sie verfassungswidrig und ge­gen die Bestimmungen des BHG 2013 keine entsprechende budgetäre Vorsorge für die verstaatlichten Banken getroffen haben und warum sie nichts unternommen haben, um den Bundesfinanzrahmen 2014-2017 realistisch darzustellen bzw. entsprechend anzupassen.

Gemäß § 33 Abs.2 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer kurzen Debatte.

*****

 



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Präsident Karlheinz Kopf: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser De­batte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Mi­nuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staats­­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Als Erster und Begründer des Antrages zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


18.43.39

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Jetzt war ich ein biss­chen unachtsam und habe nicht nachvollziehen können, ob Sie den Titel dieses An­trages vollständig zum Vortrag gebracht haben: betreffend die Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Ver­antwortung im Zusammenhang mit dem Vorwurf – mit dem Vorwurf, so viel Correct­ness muss sein – einer Budgetlüge der Bundesregierung (Budgetlüge-Untersuchungs­ausschuss).

Nun wäre es wahrscheinlich witzig, wenn Sie sich bei diesem Vortrag selber einen Ord­nungsruf geben würden. Das haben wir nicht vernommen.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, darf ich Sie fragen, was Sie vermisst haben? (Abg. Brosz: Einen Ordnungsruf!) Was haben Sie in meinen Ausführungen über den Titel des Antrages vermisst? Ich kann das nicht nachvollziehen.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich habe zuerst nicht so genau zu­gehört und versucht, Rückschlüsse zu ziehen. Danke, dass Sie mich jetzt unterstützen. Aber ich gehe einmal davon aus, dass der Titel des Untersuchungsausschusses, der hier von uns eingebracht wurde, einmal als solcher nicht ordnungsrufwürdig ist und darf also forthin von der Budgetlüge der Bundesregierung sprechen und von einem Budgetlüge-Untersuchungsausschuss. Und wenn nicht, würde ich es auch tun, weil es einfach so ist. Genau das gehört untersucht, daher kommen wir zur Sache.

Eine Lüge existiert natürlich nur im Zusammenhang mit einem Budgetloch, wenn zu­nächst ein Budgetloch festgestellt wird, das existieren möge. Das ist richtig, das hat die Finanzministerin ja auch im Ausschuss ausgeführt. Denn wir bringen den Antrag ja nicht einfach per Jux und Tollerei ein, sondern aufgrund ihrer beharrlichen Ausführun­gen. Wäre die Regierung einsichtig, könnten wir ja noch darüber reden. Aber nun gibt es dafür ja keinen Hinweis. Man beharrt ja darauf. Wir haben es ja gehört: Es gibt kein Budgetloch. (Abg. Mag. Hammer: Dann passt ja schon alles!) – Ja, in Ihrer Welt passt alles. Aber der Punkt ist – das wird die erste Feststellung sein müssen –, natürlich gibt es das, was hier Budgetloch genannt wird. Darauf werde ich gleich eingehen.

Die zweite, aber viel relevantere Frage – weil das war ja zum Teil schon Gegenstand der Dringlichen Anfrage – ist ja: Ist dann und in diesem Zusammenhang allenfalls die Unwahrheit gesagt worden? Und ist wissentlich die Unwahrheit gesagt worden, speziell vor der Wahl?

Diesen Fragen nähert sich der Antrag dieses Untersuchungsausschusses, er hat auch ganz präzise Fragestellungen zum Untersuchungsgegenstand formuliert. – Ich bitte Sie, nehmen Sie sich  – Die meisten sind schon weg von der ÖVP. Ich halte das für eine taktische Flucht, sonst würden Sie ja hier noch etwas lernen. – Ich würde Sie bit­ten, auch Ihre Kollegen darüber zu informieren und diese Fragen wirklich durchzuge­hen. Dann kämen Sie nämlich drauf, dass auch Sie selbst vor der Wahl ange­schwindelt und mit völlig falschen Sachverhalten in Ihre Wahlkreise geschickt wurden,


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von der eigenen – würde ich jetzt fast sagen – Bundesregierung. Aber an dieser Stelle kann man wohl nur mehr von der verlängerten Werkbank der Parteizentralen sprechen, und nicht mehr von einer Regierungsbank.

Es wäre also für alle interessant, weil es die politische Haushygiene vielleicht erfordern würde, dass die Abgeordneten hier klar und korrekt informiert werden, und besonders dann, wenn schon viele, viele Hinweise existieren. Es gibt ja sogar unschlagbare Ar­gumente und Beweise, dass, so wie in diesem Fall, der Bundesfinanzrahmen, das Bundesfinanzrahmengesetz gar nicht mehr stimmen kann. Trotzdem wird es hier von der Bundesregierung eingebracht, deshalb dieser Vorhalt und deshalb sind Sie auch selbst hinters Licht geführt worden, so Sie das geglaubt haben sollen.

„Bundesfinanzrahmen“ ist ja das richtige Stichwort. Warum Loch? – Sie argumentieren hier ja immer: Die 2013er-Kassa ist super, die hat kein Loch. Erstens sitzen wir eh da­rauf, unten rinnt nichts heraus und am Schluss geht es sich sowieso wieder aus. – Das kann so sein. Das kann 2013 so sein, muss aber nicht so sein. Darauf beziehen sich aber auch nicht unsere Vorwürfe und Vorhalte – und ich glaube auch nicht die von den anderen Oppositionsabgeordneten –, sondern sie beziehen sich auf den Bundesfinanz­rahmen. Und der Bundesfinanzrahmen – bitte zum Mitlesen, wenn Sie Gesetze be­schließen – ist nämlich ein Bundesgesetz, was verfassungsrechtlich eigentlich große Bedeutung hat, dieses ist das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 – wieder zum Mitrechnen – und ist eine vierjährige Finanzvorschau.

Da werden per Gesetz Ausgabenobergrenzen festgelegt, die eben eine Vorschau sind, aber immerhin so wichtig, dass wir uns da durchgerungen haben, das Ganze in Ge­setzesform durchzuführen, so wie ein Jahresbudget. Daher gelten natürlich auch für den Bundesfinanzrahmen bestimmte Budgetgrundsätze, die man nicht einfach über Bord werfen kann, nur weil es einem vor der Wahl nicht anders in den Kram passt. Das ist doch der Vorhalt. Auch hier gilt – und das ist schon in der ersten Frage mitintendiert und insinuiert – natürlich der Artikel 51 (8) B-VG genauso, die Frage der getreuen Dar­stellung der Zahlen, die Frage der Transparenz. Na selbstverständlich!

Jetzt erleben wir, im Nachhinein zumindest, dass es sich um eine Abweichung handelt. Jetzt sage ich nicht mehr Loch, damit Sie besser folgen können oder wenigsten wollen, denn können würden Sie ja. Es bleibt Ihnen aber nichts mehr übrig. Sagen wir es ein­mal ganz brav, neutral, technisch: Wir haben einen Plan, der immerhin Gesetzesform hat. Und dann gibt es eine Planabweichung. – Nun ist halt das Loch in den nächsten paar Minuten hier eine Planabweichung. – Diese Planabweichung kommt ja nicht zu­fällig daher. Sie ist deshalb entstanden, weil Sie den Bundesfinanzrahmen wissent­lich – und das ist der zweite Vorwurf – falsch eingebracht und hier auch falsch be­schlossen haben. Einfach falsch! Und wir werden das an ein paar Titeln in dieser Aus­gabenrubriken-Darstellung durchgehen, die ja im Wesentlichen der Bundesfinanzrah­men ist.

Zweitens und korrespondierend dazu: der Strategiebericht. Dort finden Sie ja stärker die Hinweise auf die Einnahmenseite. Das Ganze muss man aber als Einheit begrei­fen. So haben wir es hier ja beschlossen, diesbezüglich ist jahrelang auf die Abgeord­neten eingeredet worden. Herr Sektionschef Steger vom Finanzministerium hat jahre­lang Arbeitskreise darüber abgehalten, insbesondere mit Abgeordneten der Oppo­sition, die immer besonders viel wissen und sich besonders beteiligen wollen, wie wich­tig dieses neue Haushaltsrecht, dieser Bundesfinanzrahmen ist.

Dazu gehört eben auch der Strategiebericht, denn der wurde eingefordert. Der Stra­tegiebericht ist ein ganz wesentlicher Bestandteil dieses rollierenden, alle Jahre wie­derkommenden Vorgangs der Planung der nächsten vier Jahre. Eine nützliche Sache, möchte man meinen, deshalb haben wir dem ja auch zugestimmt – mit einem Haufen


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anderer Änderungen, etwa mit der, dass wir endlich den Budgetdienst für die Abgeord­neten eingeführt haben.

Der Budgetdienst war es im Übrigen, der darauf hingewiesen hat, dass diese Ein­nahmen gar nicht mehr stimmen können – und damit komme ich noch einmal genau zu diesem Punkt.

Im Strategiebericht waren – und jetzt sage ich: wissentlich – auch die falschen Ein­nahmen dargestellt. Sonst ist es ja gar nicht möglich, diese Art von Lücke zu erklären, dass eine völlig geänderte Wirtschaftswachstumsprognose zu keiner Änderung der Einnahmen führen soll.

Das ist schon die schwierigere Übung gewesen. Es gibt ja bei den Ausgabenober­grenzen dann die viel, viel einfachere, nämlich jene bei den Banken. Und da kommen wir nicht umhin, festzustellen, dass Sie erstens einmal das ganz Falsche vorgelegt haben, und zweitens wissentlich. Warum? – Weil klar war, dass die Hypo Alpe-Adria und die Kommunalkredit noch viel mehr kosten werden. Das alles haben Sie in der Un­tergliederung 46, Finanzmarktstabilität, ausgewiesen mit 133 Millionen €.

Wir haben damals darauf hingewiesen. Ich muss diese Zitate der Parlamentskorres­pondenz – das ist ja kein dunkles Organ der Opposition – wiedergeben, damit wir das auch bei der Antragstellung im Protokoll haben.

„Der Skandal rund um die notverstaatlichte Bank Hypo Alpe-Adria bestehe nicht nur in dem enormen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe, erklärte der Erstredner der Ak­tuellen Stunde, (...) sondern auch vor allem darin, dass bis zur nächsten Wahl of­fensichtlich nichts mehr unternommen wird, damit die Budgetlüge weiter aufrechterhal­ten und die Hintergründe der Causa vertuscht werden können.“ – 12. Juni.

Am 23. Mai wieder wird gemeint, „wenn von der Regierungsbank versucht werde, Ab­geordnete zu maßregeln“, ist das deshalb schlimm, weil „die Regierung jede Aussage darüber verweigere, wie mit dem absehbaren Milliardenloch im Budget umgegangen werden soll. Es werde wieder einmal eine Budgetlüge vorgelegt.“ – Und so weiter und so fort.

Was waren Ihre Antworten, Herr Kanzler, der gerade nicht mehr im Saal ist, und, Herr Vizekanzler, der auch schon auf der Flucht ist? – „Wir haben 2016 ein ausgeglichenes Budget“. Mehr noch: Wir können 2015 eine Steuersenkung erreichen. – Eine Steuer­senkung! Nicht eine Steuerreform, wie immer dargestellt wurde, mit mehr Vermögens­steuern – da haben Sie sich drei Wochen vor der Wahl schon verabschiedet von der vernünftigen Forderung –, nein, es wird allen eine Steuersenkung versprochen.

Und der Herr Vizekanzler hat auch nicht zurückstehen wollen und hat überhaupt davon gesprochen, das komme daher, weil alles so ein Super-Budgetpfad ist, der voll im Lot ist. – Jetzt, drei Wochen später, fehlen 33 Milliarden €, denn wir müssen ja das Maas­tricht-Defizit nehmen. Und hören Sie auf mit dem strukturellen Defizit! Das ist eine vernünftige Größe für wirtschaftspolitische Steuerung, aber nicht für das, was wir hier zu zahlen haben – beziehungsweise eigentlich die Steuerzahler. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Der Herr Vizekanzler – abschließend, damit wir alle schön in der Kiste haben – meint, es werde daher, weil alles so super läuft, nicht notwendig sein, dass man Gegenmaß­nahmen trifft. – So schaut es aus!

Wenn das nicht wissentlich die Unwahrheit ist, die auch aufgeklärt gehört, und das am besten in diesem Untersuchungsausschuss, dann weiß ich nicht! Dann versäumen Sie schon wieder den Neustart der Republik, den Sie zwar vorher schon wieder „vernudelt“ haben, aber dann stimmen Sie wenigstens jetzt zu, denn alle Besserung beginnt mit


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Aufklärung – es gilt das Gleiche wie in der Korruptionsbekämpfung. Werden Sie ein­sichtig!

Nur für das Protokoll: Es sind immer mehr ÖVP-Abgeordnete (der Redner weist auf die Bankreihen der ÖVP) auf der Flucht, genauso wie vor ihrer Verantwortung. (Beifall bei den Grünen.)

18.54


Präsident Karlheinz Kopf: Ab jetzt gilt eine Redezeit von 5 Minuten für alle Abgeord­neten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Ja, das gilt auch für dich. – Bitte.

 


18.54.35

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle­gen! Ich bin an sich – und die meisten von uns – Befürworter davon, dass der Unter­suchungsausschuss als Minderheitenrecht eingerichtet wird, aber wenn ich mir das anschaue, was das hier heute für ein Antrag sein soll (Abg. Mag. Kogler: Ein sehr präziser!) und wenn ich schon die ganztägige Diskussion verfolge, wo wirklich krampf­haft versucht wird, unterschiedliche Aspekte miteinander zu vermischen, dann denke ich, dass eigentlich dem Anliegen damit kein wahnsinnig guter Dienst erwiesen wird.

Und ich wundere mich, dass wir heute hier mit dieser Diskussion befasst werden, weil offensichtlich völlig ignoriert wird, dass wir in der letzten Periode eine völlig neue Haus­haltsrechtsgebung geschaffen haben, die – und das erspare ich mir jetzt – uns in Europa von allen anderen Ländern wirklich abhebt, und zwar insofern, als wir neben dem normalen Budget auch eine Budgetplanung über vier Jahre gestalten, die natur­gemäß wesentlich ungenauer sein kann als ein Einjahresbudget und die sich natur­gemäß wesentlich mehr (Abg. Mag. Kogler: Sie brauchen ja nur über das Finanzloch reden!) – nein, Kollege Kogler! – an Experten- und Expertinnenmeinungen orientieren muss, als das im Jahresbudget notwendig ist. Und das eine jetzt mit dem anderen zu verwechseln – nämlich wissentlich, würde ich einmal beim Kollegen Kogler meinen –, ist aus meiner Sicht fahrlässig und dieses Hauses schlicht und einfach nicht würdig. (Abg. Mag. Kogler: Nein, das Bankenloch!)

Und dass ein Landeshauptmann, der offensichtlich nur geringfügig informiert ist, aber dafür ein unheimliches Redebedürfnis hat, die ganze Diskussion damit begonnen hat, dass er da von einem Budgetloch gesprochen hat, das de facto keines ist, tut mir wirk­lich leid. (Abg. Mag. Kogler: Sprechen Sie zur Frage 1, Bankenloch!) Dafür kann nie­mand etwas, und wir können jetzt diese Suppe auslöffeln.

Also ich meine, dass alleine der Umstand, dass ein anderer Landeshauptmann sich dafür entschuldigt hat, dass die ganze leidige Diskussion mit dieser Fehlinformation des Herrn Wallner begonnen hat, eigentlich ja ohnehin schon das ganze Thema ab­rundet und zeigt, wo wir uns hier jetzt befinden. (Abg. Mag. Kogler: Ja, aber recht hat er gehabt! Es stehen ja 33 Milliarden in Ihren eigenen ...!)

Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, eines muss man anerkennen: Wir befinden uns im Budgetrahmen – ich spreche vom Budgetrahmen, das ist die Vier-Jahres-Planung – aufgrund des letzten Gutachtens des Wifo bei einer Abweichung von 0,1 Prozent. Jetzt hätte ich ganz gerne eines gewusst: Was ist der wirkliche Skandal daran, dass wir in einer Prognose über vier Jahre, die also jede Menge von Unsicherheiten in sich birgt, in einem von uns getroffenen Gesetz nur 0,1 Prozent abweichen? Dass wir im Budget selbst in den letzten drei Jahren jeweils gegenüber den Voranschlägen positive Ab­schlüsse erwirtschaftet haben, das ist ja schon gesagt worden. (Abg. Mag. Kogler: Das stimmt ja zum Teil!) Also ich verstehe die ganze Aufregung absolut nicht.

Wenn ich mir dann anschaue, was da jetzt alles drinnen ist – nämlich die ganze Hypo Alpe-Adria, die ja nichts anderes war als ein schwerer Kriminalfall (Abg. Mag. Kogler:


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Sie haben es nicht budgetiert!), wo wir heute aufgrund eines Geständnisses erstmals in einem Teilaspekt mitgeteilt bekommen, was dort tatsächlich gelaufen ist, nämlich was der Herr Kulterer dort verbrochen hat –, dann können wir uns auch über folgenden Um­stand im Klaren sein: Wenn man das weiterverfolgen und der Landeshauptmann Hai­der noch leben würde, dann stünde er jetzt vor Gericht und wäre wahrscheinlich schon als Verbrecher abgeurteilt worden.

Das ist die eigentliche Ursache, warum das ganze Land jetzt an diesem Kärntner Di­lemma – und, Kollege Vetter, es wundert mich, das Sie das sagen –, an diesem Kärnt­ner Dilemma leidet: Weil es logischerweise so ist, dass wir, auch wenn Kärnten sich unter einem Landeshauptmann Haider verschuldet hat, nämlich mit 23 Milliarden €, nicht wirklich sehenden Auges zulassen können, dass dieses Land in Konkurs geht und die ganze Republik darunter leidet, weil natürlich unsere Kreditfähigkeit insgesamt auf dem Spiel steht. (Abg. Podgorschek: Machen wir einen Untersuchungsausschuss! Sofort!) Und dass genau die, aus deren Reihen Haider kommt, sich am größten he­rausstellen, ist meines Erachtens schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. (Neuerli­cher Zwischenruf des Abg. Podgorschek.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das Bärental, das nach wie vor existiert, sollte man liquidieren und in die Schadensrückführung einbeziehen. Das wäre mein Vor­schlag. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ein bisschen weniger Neid-Debatte, bitte!)

18.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort ge­meldet. Auch sie hat 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.59.08

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja bisher davon ausge­gangen, dass, wenn nicht der Herr Kollege Pilz, sondern beispielsweise der Herr Kol­lege Kogler von der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses spricht, er das auch seriös angeht. Aber dadurch, dass Sie hier noch nachgefragt haben, warum denn der Herr Präsident nicht wirklich vorgelesen hat, welchen Titel dieser Ausschuss haben soll, beziehungsweise dann noch einmal die Untersuchung dieser Dinge angesprochen haben, wobei Sie immer von Lüge sprechen – was ich ganz einfach unseriös finde –, haben Sie sich, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, bereits auf das Niveau des Herrn Kollegen Pilz begeben, was diese Kriminalisierung aller Vorgänge betrifft.

Auch ich bin der Meinung, dass bei Vorgängen, die nicht korrekt sind beziehungsweise bei denen es sich um aufklärungswürdige Dinge handelt, ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden soll. In diesem Falle, Herr Kollege Kogler, möchte ich Ihnen aber Folgendes sagen: Wir haben aufgrund einer Einigung in der Präsidiale eine Sitzung des Budgetausschusses abgehalten, bei der seitens der Frau Ministerin alles dargelegt wurde, auch, was unterschiedliche Wirtschaftsprognosen betrifft, und auch, was die Einarbeitung der Pensionskommission anlangt. (Präsident Ing. Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Dazu, dass moniert wurde, dass beispielsweise die Berichte über den Budgetvollzug nicht im Budgetausschuss debattiert worden sind, muss ich sagen – obwohl ich Sie sehr schätze, Herr Kollege Kogler, weil Sie immer sehr seriöse Arbeit leisten –, dass Sie völlig negieren, dass der Budgetvollzug für 2013, genauso wie in den Vorjah­ren 2011 und 2012, jedes Mal, auch was die Steuereinnahmen betrifft, besser war als der Voranschlag.

Ich kann mich erinnern, wir haben in jeder Sitzung Budgethearings abgehalten und ha­ben zusätzlich zum Finanzrahmen ein Budget für ein Jahr gemacht. Die Experten, die


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wir eingeladen haben – jede Fraktion konnte einen Experten einladen –, haben nie die Prognose, die den Budgetzahlen zugrunde gelegt wurde, infrage gestellt.

Hier herinnen hat es dann seitens der Opposition immer geheißen, natürlich auch sei­tens des BZÖ, die ja auch nicht so unschuldig an der gesamten Misere der Hypo Alpe-Adria in Kärnten sind: Die Zahlen werden nicht halten, die Einnahmen werden nicht so fließen!

Ich kann mich daran erinnern, wie das war, als es um die Steuervereinbarung mit der Schweiz und mit Liechtenstein gegangen ist. Jetzt aber merken alle, dass daraus sehr wohl Steuereinnahmen kommen, dass es auch sehr viele Selbstanzeigen gibt und dass es da auch wieder sehr viele Verlagerungen gibt. Wenn man das Ganze seriös betrachtet und diskutiert, muss man natürlich auch solche Punkte mit einbeziehen.

Ich glaube ganz einfach – Kollege Jarolim hat es auch gesagt –, es werden immer (Abg. Mag. Kogler: Ja, aber es geht um die Jahre 2014 bis 2017!) – ja, natürlich! – Vergleiche gezogen und es wird gesagt, wie es wäre, wenn ein Unternehmer in dieser Art und Weise sein Budget erstellen würde. Dazu erstens einmal: Ein Unternehmer würde nicht ein Budget für vier oder fünf Jahre erstellen, weil das ganz einfach gar nicht möglich ist. (Abg. Mag. Kogler: Natürlich haben wir einen strategischen Wirt­schaftsplan!) Er würde ein Budget für ein Jahr erstellen, auf der Basis des Jahresab­schlusses des Vorjahres – und würde dann dem entsprechend zum Beispiel keine Rücklagen bilden und die Ausgaben weiterschreiben et cetera.

Wir haben aber ein neues Haushaltsrecht gemacht. Wir haben uns auf eine Ausga­benobergrenze verständigt. Wir haben uns auch auf die Bildung von Rücklagen ver­ständigt, weil wir gesagt haben: Wir wollen nicht, dass das „November-Fieber“ aus­bricht und die Ministerien glauben, sie müssen sozusagen mit aller Gewalt Ausgaben tätigen, die wir ihnen zugestanden haben. (Abg. Mag. Kogler: Gescheit!) – Gescheit ist das, ja, und deshalb kann ich es auch überhaupt nicht nachvollziehen, wenn Sie in Ih­rem Punkt 9 Aufklärung darüber fordern, „welche Rolle leitende Beamte des Finanzmi­nisteriums bei der Schönung der Budgetzahlen im Rahmen der Erstellung der mittel­fristigen Budgetplanung (...) spielten“.

Ehrlich, Herr Kogler: Wir beide sitzen jetzt so lange hier herinnen; ich sitze seit zehn Jahren im Budgetausschuss. (Abg. Mag. Kogler: Untergliederung 46, Frau Tamandl!) Wir kennen den Herr Sektionschef Steger als einen sehr seriösen und wirklich vorsich­tigen Budgetierer. Und wenn Sie das hier in den Untersuchungsausschussantrag hi­neinnehmen, dann frage ich mich: Wie weit wollen Sie eigentlich gehen und wen wollen Sie da zur Verantwortung ziehen? (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Je­newein.)

Mit uns nicht, und deshalb stimmen wir dem Antrag auch nicht zu! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Untergliederung 46!)

19.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Podgor­schek. – Bitte.

 


19.04.02

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kolle­ge Jarolim, ich gebe Ihnen vollkommen recht, dass all die Vorgänge bei der Hypo Alpe-Adria untersucht werden müssen und dass die wahren Verursacher der Krise bezie­hungsweise des Dilemmas der Hypo Alpe-Adria ans Tageslicht gebracht werden müs­sen, denn für mich ist nach wie vor nicht klar, warum die Hypo Alpe-Adria notverstaat­licht werden musste beziehungsweise wie dieser ganzer Vorgang gelaufen ist und wie das Ganze entstanden ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 192

Darum verstehe ich nicht, warum Sie die Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses über die Vorgänge bei der Hypo Alpe-Adria immer ablehnen. Wir werden das nächste Mal wieder einen Antrag einbringen, immer wieder, und zwar so lange, bis einmal Licht ans Ende des Tunnels kommt und bis wir endlich einmal wissen, was wirklich geschehen ist.

Ich will jetzt aber keine Detaildiskussion über die Hypo Alpe-Adria führen, obwohl natürlich auch sie ein Bestandteil dieser Problematik, die wir heute diskutieren, ist, weil der ganze Bankensektor letzten Endes einen wesentlichen Einfluss auf den kommen­den Budgetpfad haben wird.

Wir haben nämlich nicht nur die Hypo, sondern wir haben auch die Kommunalkredit und die ÖVAG, die ja durchaus auch noch nicht ganz bereinigt ist. Da wird etwas auf uns zukommen, und daher ist es auch durchaus berechtigt, wenn man einen Untersu­chungsausschuss einsetzt und darüber diskutiert, wie in Zukunft der Budgetrahmen aussehen wird.

Was wir nur immer wieder feststellen können und was ich ohnehin mittlerweile fast schon belustigend finde, ist, dass es so dargestellt wird, als hätte die Opposition dieses Budgetloch auf einmal herbeigeredet. (Abg. Mag. Kogler: Der Wallner war gar nicht dabei!) Dieses Budgetloch ist nicht durch uns entstanden – ich habe es in meinem vorherigen Redebeitrag schon ausgeführt –, das ist eine koalitionsinterne Geschichte, vielleicht ist es auch eine ÖVP-interne Intrige.

Ich weiß es nicht wirklich, aber ich habe jetzt hier eine Unmenge von Zeitungsartikeln – beginnend mit dem 6. November und endend mit dem 14. November –, anhand derer man sieht, wie sich das Ganze so entwickelt hat, aufgeschaukelt hat, und angesichts derer ich mich frage: Hat das koalitionstaktische Gründe? Will man den Koalitions­partner dadurch ein bisschen unter Druck setzen? Denn bei all diesen Artikeln kommt die Opposition zum Beispiel überhaupt nicht vor. Sie kommt fast überhaupt nicht vor! Erst dann schön langsam, als wir festgestellt haben: Hallo, da passiert ja etwas; dies­bezüglich müssen wir auch unsere Meinung abgeben!, wird am Rande die Opposition erwähnt; sonst agieren immer nur die Landeshauptleute.

Ich habe das heute schon gesagt: „Status quo bei Finanzen wird ,keine schöne Zahl‘“ – Pühringer.

Dann wird in den „Oberösterreichische Nachrichten“ wieder Pühringer zitiert: „Die drei Problemzonen sind bekannt: Pensionsalter, Banken und Konjunkturentwicklung.“ – No na, das wissen wir ja ohnehin.

Dann „Die Presse“: „Milliardenloch gefährdet die Neuauflage von Rot-Schwarz.“ – Also interessanterweise wird kein einziges Mal die Opposition zitiert.

Dann: „Finanzplanung mit einigen Unbekannten“; „Neues Volksblatt“, ÖVP-Zentralor­gan Oberösterreich. (Abg. Dr. Mitterlehner: Braver Leser!) – Ja, das alles lese ich, na­türlich! Man muss ja wissen, was der Mitbewerber schreibt.

Dann „Österreich“, natürlich noch ein bisschen dramatischer: „Land versinkt im Budget-Loch“. – Nicht einmal wir als Oppositionspartei würden das behaupten!

Dann: „Budget-Loch: Hat die Regierung schlechte Vorhersagen ignoriert?“ – „Oberös­terreichische Nachrichten“.

Dann: „Die Situation ist sehr ernst“. – Und dann folgt interessanterweise ein Nachsatz oder Nebensatz: „Geheimverhandlungen mit FPÖ? Gerüchte, wonach die ÖVP ange­sichts der schwierigen Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ parallel geheime Ver­handlungen mit FPÖ und Neos über eine mögliche Zusammenarbeit vorbereite, ,gehö­ren ins Reich der Märchen‘, sagt Pühringer.“ – Et cetera.


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Also das heißt, da wird auf einmal die Karte FPÖ, NEOS oder vielleicht Stronach ge­spielt. Ich glaube, das Ganze ist nur ein Theater im internen Koalitionspoker, wobei Folgendes doch wieder ganz interessant ist – das „profil“ hat auch wieder tolle Zitate gebracht –:

Herr Kollege Mitterlehner am 10. Juli: „Es gibt konjunkturellen Rückenwind. Wir werden uns im Herbst gut entwickeln.“ (Abg. Dr. Mitterlehner: Ja, gut! Dann lesen Sie die Pro­gnosen jetzt für das nächste Jahr!) – Ja, wir werden sehen, was dann letzten Endes herauskommt.

Dann entwickelt es sich weiter: „Frühpensionisten sollen bei Sanierung des Budgets mitzahlen.“ – Also jetzt geht es dann schon ans Eingemachte, jetzt müssen wir schon daran denken, wie wir die Pensionisten darauf vorbereiten, dass sie letzten Endes auch mitzahlen sollen. (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Lange Rede, kurzer Sinn: Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist sicherlich an­gebracht, dass man darüber nachdenkt, wie man diese ganzen Vorgänge aufarbeitet. Selbstverständlich werden wir auch für die Einsetzung eines Untersuchungsausschus­ses stimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


19.09.40

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) – Ja, Herr Minister Mitterlehner, schön der Reihe nach. Ich komme jetzt einmal zum Herrn Abgeordneten Jarolim, der unseren Antrag als „fahrläs­sig“ bezeichnet.

Also ich halte das für grob fahrlässig, wenn Sie diesen Antrag als „fahrlässig“ be­zeichnen. Warum? (Abg. Mag. Kogler: Umgekehrt ist es fahrlässig!) Richtig! Es ist nämlich von ganz entscheidender Bedeutung für die Budgetpolitik der nächsten fünf Jahre, wie hoch diese Budgetlücke ist. (Abg. Dr. Mitterlehner: Eine Lücke kann nicht „hoch“ sein, die kann nur groß sein!) Sind es null oder sind es 40 Milliarden € oder, wie wir heute von der Frau Finanzministerin erfahren haben, sind es 33 Milliarden €?

Die Frau Finanzministerin hat uns ja gesagt, das, was aufgrund einer anderen Kon­junkturentwicklung an Einnahmen ausfällt, muss bei den Ausgaben eingespart werden. Ja, aber jetzt haben wir gerade im letzten Jahr ein Sparpaket beschlossen, das stark in das Leben bestimmter Gruppen von Personen eingegriffen hat, seien es die Studie­renden, seien es die alten Menschen und dergleichen mehr. Je höher eine Budgetlü­cke ist, umso höher ist natürlich der Konsolidierungsbedarf und umso tiefer werden natürlich die Einschnitte auf der Ausgabenseite sein. Da Einnahmenerhöhungen für die ÖVP nicht infrage kommen und sich die SPÖ beziehungsweise der Herr Bundeskanz­ler Faymann von der Frage der Besteuerung von Vermögen auch schon mehr oder we­niger verabschiedet haben, wird man wohl davon ausgehen können, dass ein Großteil der Konsolidierung, nach der ja jetzt offensichtlich doch Bedarf besteht, wie wir heute gehört haben, über die Ausgabenseite zustande kommt, also zulasten breiter Schich­ten der Bevölkerung geht. Daher ist die Aufklärung über die Höhe der Lücke von ent­scheidender Bedeutung.

Wenn Sie, Frau Kollegin Tamandl, sagen, diese Sondersitzung des Budgetausschus­ses, die wir am Montag durchgeführt haben – so löblich das ist –, habe für Sie alles ge­klärt, so muss ich sagen, dass im Gegenteil am Montag alles offen geblieben ist. Das, was uns die Frau Finanzministerin da gesagt hat, war reichlich wenig. Das mit den 24,8 Milliarden € haben wir schon gewusst, sie hat die Output-Lücke genannt, dann hat


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sie ihren Herrn Sektionschef Steger vorgeschickt, von dem sie gemeint hat, er würde mir jetzt genau erklären, warum die Steuerschätzungen im Frühjahr 2013 beibehalten und keine Änderungen gegenüber 2012 gemacht worden sind, und das Einzige, was er uns erklärt hat, war, zugrunde gelegt werden für die Berechnungen der Finanzlücke, die sich auftut, die Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstitutes. Das war aber schon alles!

In Bezug auf die Pensionen hat uns Sektionschef Steger wissen lassen, dass das Pensionsgutachten der Pensionskommission herangezogen wird. Er hat aber nicht auf­geklärt, ob die 8,7 Milliarden €, die hier immer wieder im Raum gestanden sind, zu hoch sind oder nicht. Meines Erachtens sind sie zu hoch, sie sind um mindestens 3 Milliarden € zu hoch. Was hat die Regierung im Finanzrahmen 2014 bis 2017 ge­macht? – Sie hat ein altes, damals rezentes Gutachten der Pensionskommission schlichtweg ignoriert. Sie hat aber auch bei den Steuerschätzungen die rezentesten Annahmen schlichtweg ignoriert.

Und ganz besonders bunt war es beim Finanzrahmen im Hinblick auf die Ausgaben in der Untergliederung Finanzmarktstabilität, dort, wo es um die Hypo Alpe-Adria, aber auch um die anderen verstaatlichten und teilverstaatlichten Banken geht. Herr Kollege Jarolim, das ist nicht nur ein Problem der Hypo Alpe-Adria! (Beifall bei den Grünen.)

Meiner Erinnerung nach haben wir auch für die Kommunalkredit und für die Volksban­ken AG schon erhebliche Summen aus dem Budget zahlen müssen – also nicht wir, sondern die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Daher wundert es mich, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, na ja, man kann da ein bisschen ungenauer sein. Bei diesem Finanzrahmen kann und darf man eben nicht ungenauer sein, weil wir es ja schon mit einer Ungenauigkeit zu tun haben, und zwar mit den Prognosen. Mit gu­tem Grund wird ja von Jahr zu Jahr die Möglichkeit geboten, im Rahmen eines neuen Finanzrahmens jährliche Anpassungen an die geänderten wirtschaftlichen Prognosen vorzunehmen.

Wenn wir schon ein neues Haushaltsrecht haben und wenn wir schon einen Sektions­chef im Finanzministerium haben, der damit um die Welt reist und sagt, das ist so eine tolle Sache, so kann und muss ich dem entgegenhalten: Eine „tolle Sache“ ist es erst dann, wenn es wirklich gelebt wird und wenn nicht Verfassungsbrüche am laufenden Band begangen werden – und bei der Hypo Alpe-Adria und den anderen Problemban­ken ist das definitiv der Fall gewesen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


19.14.58

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Wir werden dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass die politische Verantwortung im Rahmen der Budgetlüge für uns bereits heute abgeklärt wurde. Wir wissen ganz klar, dass SPÖ, ÖVP „geschummelt“ haben – unter Anführungszeichen –, die Wähler ge­täuscht haben. Und wir haben das stärkste Mittel des Parlamentarismus, nämlich den Misstrauensantrag, unterstützt. Deshalb ist das für uns vom Tisch.

Aber ich sage Ihnen ganz genau, wo wir eine Abklärung und einen Untersuchungsaus­schuss haben wollen: Das ist im Bereich der Hypo. Wir wollen wissen: Wer waren die Nutznießer? Warum ist diese Verstaatlichung vorgenommen worden? Und: Wie ist das Ganze zustande gekommen? Und da werden wir hartnäckig dranbleiben, da werden wir hartnäckig schauen, wo die Verantwortung liegt. In diesem Sinne werden wir auch einen entsprechenden Antrag einbringen. (Beifall beim Team Stronach.)

19.16



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 195

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


19.16.30

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Bürger und Bürgerinnen auf der Galerie und vor den Fernsehgerä­ten, wenn Sie es bis jetzt ausgehalten haben bei dieser Marathonsitzung. (Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen.) Wenn Sie es ausgehalten haben, sage ich: Gratu­lation, alle Achtung, meinen Respekt!

Zum Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: Ja, wir unterstützen den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Ob man den Titel des Untersuchungsausschusses so wählen muss, das steht auf einem anderen Papier, da­rüber kann man streiten. Wie Sie wissen, ist Wertschätzung ein zentraler Kernwert von NEOS. Der wertschätzende Umgang miteinander, auch wenn man inhaltlich anderer Meinung ist, ist für uns sehr wichtig. Daher, meinen wir, müsste man nicht unbedingt einen Titel wählen, der das Ergebnis schon präjudiziert.

Nichtsdestotrotz ist eine Aufklärung von Fakten notwendig. Es ist aufzuklären, warum im September bei den Fernsehdiskussionen alles in Ordnung war und kurz nach der Wahl die Finanzplanung völlig aus dem Ruder läuft.

Ich schließe mich auch der Meinung an, dass die Sitzung des Budgetausschusses am Montag nicht sehr aufschlussreich war, die hat eigentlich mehr Fragen offengelassen, als beantwortet worden sind. Aber ich sage auch ganz offen dazu, die Einsetzung ei­nes Untersuchungsausschusses, die notwendige Aufklärung von Fakten, das ist nicht genug, es muss auch Konsequenzen geben!

Wenn, wie ich schon zuvor ausgeführt habe, es tatsächlich zu Rechtsverletzungen ge­kommen sein sollte, dann müssen wir auch die Ministeranklage als Minderheitsrecht installieren. Es kann nicht sein, dass wir nur Fakten aufklären, aber aus den Fakten keine Konsequenzen folgen.

Ich habe ohnehin meine Zweifel, dass dieser Antrag – das kann man aus den Wortmel­dungen schon herauslesen – eine Mehrheit findet, daher möchte ich einen grundsätz­lichen Appell an SPÖ und ÖVP richten: Schaffen Sie tatsächlich ein lebendiges Par­lament, ein Parlament, das seine Gesetzgebungs- und seine Kontrollfunktion wahrneh­men kann! Solange die wesentlichen Kontrollrechte wie Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses, wie Ministeranklage vor dem Verfassungsgerichtshof Mehrheits­rechte sind, ist das nicht möglich. Daher: Haben Sie Mut und vertrauen Sie auf die parlamentarische Demokratie! – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

19.19

19.20.01

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawisch­nig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zei­chen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

19.20.20Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeord­neten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tages-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 196

ordnungspunktes 7 betreffend Wahl von Ausschüssen zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr die entsprechenden Teile des Amt­lichen Protokolls: 

„TO-Punkt 7: Wahl von Ausschüssen

Es liegt ein Antrag auf Einsetzung von Ausschüssen gemäß § 32 GOG-NR der Abge­ordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen Beilage VII/2 vor.

Weiters liegt ein Antrag auf Einsetzung von Ausschüssen gemäß § 32 GOG-NR der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen Beilage VII/3 vor.

Es liegt ein Antrag auf Abhaltung einer Debatte Beilage VII/4 vor.

Der Antrag auf Durchführung einer Debatte wird einstimmig angenommen.

Die Redezeit eines Redners/einer Rednerin pro Klub soll 5 Minuten nicht über­schreiten.

Abstimmungen:

Der Antrag Beilage VII/2 wird abgelehnt (dafür F, G, N).

Der Antrag Beilage VII/3 wird abgelehnt (dafür G, N).

Der Nationalrat beschließt einstimmig den Ausschuss für innere Angelegenheiten, den Landesverteidigungsausschuss, den Rechnungshofausschuss und den Verfassungs­ausschuss einzusetzen und legt dafür jeweils eine Ausschussgröße von je 24 Mitglie­dern und Ersatzmitgliedern fest, wobei sich diese auf die Fraktionen wie folgt verteilen:

SPÖ                   je 7 Mitglieder und Ersatzmitglieder

ÖVP                   je 7 Mitglieder und Ersatzmitglieder

FPÖ                   je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder

GRÜNE             je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder

STRONACH   je 1 Mitglied und Ersatzmitglied

NEOS-LIF        je 1 Mitglied und Ersatzmitglied

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls der 3. Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungs­punktes 7 zu verlesen (Beilage VII/1).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtli­chen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

19.22.58Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 34/A bis 67/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 34/J bis 124/J eingelangt.

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 197

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.23 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.23.27Schluss der Sitzung: 19.23 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien