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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

43. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 7. Juli 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

43. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                           Dienstag, 7. Juli 2020

Dauer der Sitzung

Dienstag, 7. Juli 2020: 9.05 – 19.51 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Meldepflichtge­setz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsgesetz 2020 – KonStG 2020)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Fa­milienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Epide­miegesetz 1950 geändert werden (wird nicht verhandelt; siehe S. 44)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bun­desgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprä­miengesetz – InvPrG) erlassen wird

4. Punkt: Bundesgesetz mit dem das Presseförderungsgesetz 2004 geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Errichtung eines Fonds zur Abgeltung von Bor­kenkäferschäden, zur Förderung klimafitter, artenreicher Wälder und zur Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz (Waldfondsgesetz)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird

7. Punkt: Protokoll zur Abänderung des Protokolls zum am 7. Juni 2011 in Wien unter­zeichneten Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikis­tan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

8. Punkt: Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteue­rung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Finanzierung von For­schung, Technologie und Innovation (Forschungsfinanzierungsgesetz – FoFinaG) erlas­sen wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Forschungs- und Technolo­gieförderungsgesetz, das Forschungsförderungsgesellschaftsgesetz, das Forschungs­organisationsgesetz, das IST-Austria-Gesetz, das OeAD-Gesetz und das ÖAW-Gesetz geändert werden (Forschungsfinanzierungsnovelle 2020)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 2012 geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz über Privathochschulen erlassen wird und das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Antrag 704/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückerstattung von Studienbeiträgen für das Som­mersemester 2020

16. Punkt: Bericht über den Antrag 660/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche und stu­dienförderungsrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hoch­schulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen und Fach­hochschulen aufgrund von COVID-19 (COVID-19-Hochschulgesetz – C-HG) geändert wird

17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit

18. Punkt: Bericht über den Antrag 655/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Zusammenlegung von Kunstuniversi­täten

19. Punkt: Bericht über den Antrag 504/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des gewerblichen Ghostwriting im akademischen Bereich

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 11. Schulorgani­sationsgesetz-Novelle, das Schulunterrichtsgesetz, das Privatschulgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Prü­fungstaxengesetz geändert werden

21. Punkt: Bericht über den Antrag 663/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Tasch­ner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Veranke­rung des Modells der Sommerschulen

22. Punkt: Bericht über den Antrag 711/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sommerschule für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen

23. Punkt: Bericht über den Antrag 691/A(E) der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend langfristige Bereitstellung finanzieller Mittel für Fe­rienbetreuung zur Entlastung von Familien


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 3

24. Punkt: Bericht über den Antrag 661/A(E) der Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung der Position der Schulleitung an allgemeinen Pflichtschulen für Sonderpädagoginnen und -pädagogen

25. Punkt: Bericht über den Antrag 662/A(E) der Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Behinderungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Aus­bildung zu Elementarpädagoginnen und -pädagogen bzw. zur pädagogischen Assistenz

26. Punkt: Bericht über den Antrag 696/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Ham­merschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliarde: die Zukunft unserer Kinder ist systemrelevant“

27. Punkt: Bericht über den Antrag 657/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz bei der Eignungserklärung von Unter­richtsmitteln

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 22

Ordnungsruf .................................................................................................................. 163

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 337 d.B. gemäß § 44 (2) GOG – keine Zweidrittelmehrheit ..................................................  44, 44

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG      ............................................................................................................................... 44

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend Usancen beim Einbringen von Anträgen:

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 85

August Wöginger ......................................................................................................... 86

Aktuelle Stunde (11.)

Thema: „Sicherheit statt importierter Gewalt durch Fremde – für ein soforti­ges Ende multikultureller Konflikte in Österreich“ ................................................................... 22

RednerInnen:

Herbert Kickl ................................................................................................................. 22

Bundesminister Karl Nehammer, MSc ....................................................................... 25

Karl Mahrer ................................................................................................................... 28

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 29

Mag. Hannes Amesbauer, BA ..................................................................................... 31

Mag. Faika El-Nagashi ................................................................................................. 33

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 34

Nico Marchetti ............................................................................................................... 36

Petra Bayr, MA MLS ..................................................................................................... 37

Dr. Dagmar Belakowitsch ............................................................................................ 39

Mag. Georg Bürstmayr ................................................................................................ 40

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ................................................................................ 41


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 4

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 43

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (287 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Melde­standard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsge­setz 2020 – KonStG 2020) (336 d.B.) ..................................... 45

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Ener­gie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenaus­gleichsgesetz 1967, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Epidemiege­setz 1950 geändert werden (337 d.B.) (wird nicht verhandelt; siehe S. 44) ................................................................................................. 44

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (288 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbe­lastungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) erlassen wird (338 d.B.)        ............................................................................................................................... 45

RednerInnen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .................................................................................. 45

August Wöginger ......................................................................................................... 47

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................... 49

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ....................................................................................... 51

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 53

Mag. Dr. Rudolf Taschner (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 54

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .............................................................. 55

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ......................................................... 56

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 57

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 59

Dr. Elisabeth Götze ...................................................................................................... 63

Erwin Angerer ............................................................................................................... 64

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ............................................................................ 66

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ...................................................................................... 67

Lukas Hammer .............................................................................................................. 70

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 71

Alexander Melchior ...................................................................................................... 72

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 73

Mag. Nina Tomaselli ..................................................................................................... 75

Julia Elisabeth Herr ...................................................................................................... 75

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ...................................................................... 76

Carina Reiter ................................................................................................................. 78

Mag. Gerald Hauser ..................................................................................................... 79

Mag. Selma Yildirim ..................................................................................................... 80

Peter Haubner ............................................................................................................... 81

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 85

Maximilian Lercher ....................................................................................................... 87

Andreas Ottenschläger ................................................................................................ 87

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „rasche Hilfe für Marktfahrer“ – Ablehnung ........................................................................  65, 110


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Ergänzende Maßnahme im Kulturbereich“ – Ab­lehnung ...................  69, 110

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 336 und 338 d.B. ........................................ 109

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (290 d.B.): Bundesgesetz mit dem das Presseförderungsge­setz 2004 geändert wird (339 d.B.) ............................................................................................................................... 89

RednerInnen:

Christian Hafenecker, MA ............................................................................................ 89

Alexander Melchior ...................................................................................................... 90

Henrike Brandstötter ................................................................................................... 91

Mag. Thomas Drozda ................................................................................................... 92

Mag. Eva Blimlinger ..................................................................................................... 93

Annahme des Gesetzentwurfes in 339 d.B. ................................................................ 110

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Errichtung eines Fonds zur Abgeltung von Borkenkäferschäden, zur Förderung klimafitter, artenrei­cher Wälder und zur Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz (Waldfonds­gesetz) (340 d.B.) ........................................................................................ 95

RednerInnen:

Cornelia Ecker .............................................................................................................. 95

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................. 98

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ................................................................................ 99

Peter Schmiedlechner ............................................................................................... 101

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 101

Bundesministerin Elisabeth Köstinger .................................................................... 102

Johann Höfinger ......................................................................................................... 104

Erwin Angerer ............................................................................................................. 105

Clemens Stammler ..................................................................................................... 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „faire und nachhaltige Verteilung der öffentlichen Steuer­gelder des Waldfonds dringend gefordert“ – Ablehnung .............................................................................................................  97, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „sofortigen Importstopp von Billigholz“ – Ablehnung ..........................................  106, 111

Annahme des Gesetzentwurfes in 340 d.B. ................................................................ 111

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (193 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (243 d.B.) .................. 111

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Protokoll zur Abänderung des Protokolls zum am 7. Juni 2011 in Wien unter­zeichneten Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tad­schikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen (244 d.B.) ...................................................................................................................... 111


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 6

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (241 d.B.): Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (245 d.B.) ....................... 111

RednerInnen:

Mag. Peter Weidinger ................................................................................................. 112

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 113

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................... 114

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 115

Andreas Minnich ........................................................................................................ 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Schaffung eines KMU Equity Fonds“ – Ablehnung                                       116, 118

Annahme des Gesetzentwurfes in 243 d.B. ................................................................ 118

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 244 und 245 d.B. ................................... 119

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (286 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Telekommuni­kationsgesetz 2003 geändert wird (310 d.B.) .............................................................................................................. 119

RednerInnen:

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 119

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 120

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 121

Süleyman Zorba ......................................................................................................... 122

Bundesministerin Elisabeth Köstinger .................................................................... 123

Annahme des Gesetzentwurfes in 310 d.B. ................................................................ 141

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (239 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Finanzierung von Forschung, Technologie und Innovation (Forschungsfi­nanzierungsgesetz – FoFinaG) erlassen wird sowie das Austria Wirtschaftsser­vice-Gesetz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das For­schungsförderungsgesellschaftsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das IST-Austria-Gesetz, das OeAD-Gesetz und das ÖAW-Gesetz geändert werden (Forschungsfinanzierungsnovelle 2020) (308 d.B.) ..................................................... 124

RednerInnen:

Dr. Helmut Brandstätter ............................................................................................. 124

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 125

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 126

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 129

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA .......................................................................... 130

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ............................................................. 131

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 132

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 133

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 134

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................... 135

Annahme des Gesetzentwurfes in 308 d.B. ................................................................ 141


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 7

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (289 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchs­gesetz 2012 geändert wird (309 d.B.) ...................................................................................................................... 136

RednerInnen:

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................... 136

Maximilian Köllner, MA .............................................................................................. 137

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................... 138

Fiona Fiedler, BEd ...................................................................................................... 139

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................... 140

Annahme des Gesetzentwurfes in 309 d.B. ................................................................ 142

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (234 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz ge­ändert wird, ein Bundesgesetz über Privathochschulen erlassen wird und das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird (267 d.B.) ....................................................................................................................................... 142

Berichterstatterin: Mag. Eva Blimlinger ..................................................................... 142

13. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorla­ge (235 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (268 d.B.) .......... 142

RednerInnen:

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................... 142

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 144

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 145

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 146

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 147

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 148

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 149

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 150

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 151

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 267 und 268 d.B. ........................................ 166

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorla­ge (204 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geän­dert wird (269 d.B.)      152

15. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 704/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücker­stattung von Studienbeiträgen für das Sommersemester 2020 (270 d.B.) ............................................................................... 152

RednerInnen:

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................... 153

Nico Marchetti ............................................................................................................. 153

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 154

Yannick Shetty ............................................................................................................ 155

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 156

Annahme des Gesetzentwurfes in 269 d.B. ................................................................ 167


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 8

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 270 d.B. ..................................................... 167

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 660/A der Ab­geordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche und studienförderungsrechtliche Sonder­vorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (COVID-19-Hochschulgesetz – C-HG) geändert wird (271 d.B.)                   157

17. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorla­ge (119 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Re­publik Brasilien über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit (272 d.B.)                                                                                   157

18. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 655/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Zusammenlegung von Kunstuniversitäten (273 d.B.) ....................................................................................... 157

19. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 504/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des gewerblichen Ghostwriting im akademischen Bereich (274 d.B.) ..................................................... 157

RednerInnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 157

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 159

Nurten Yılmaz ............................................................................................................. 160

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 160

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 161

Mag. Dr. Martin Graf ................................................................................................... 161

Ing. Johann Weber ..................................................................................................... 164

Rudolf Silvan .............................................................................................................. 164

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 165

Annahme des Gesetzentwurfes in 271 d.B. ................................................................ 167

Genehmigung des Staatsvertrages in 272 d.B. ........................................................... 167

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 273 d.B. ..................................................... 167

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 274 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verbot des gewerblichen Ghostwriting im akademischen Bereich“ (66/E) ................ 167

20. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 11. Schulorganisa­tionsgesetz-Novelle, das Schulunterrichtsgesetz, das Privatschulgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Ös­terreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haf­tung und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (311 d.B.) .... 168

RednerInnen:

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 168

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 169

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 171

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 173


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 9

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 173

Nico Marchetti ............................................................................................................. 174

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 175

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Sicherstellung eines regulären Unterrichts im Schul­jahr 2020/21“ – Ablehnung  172, 208

Annahme des Gesetzentwurfes in 311 d.B. ................................................................ 207

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 663/A(E) der Abge­ordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend gesetzliche Verankerung des Modells der Sommerschulen (312 d.B.)                                                                                     177

22. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 711/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Som­merschule für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen (313 d.B.) ................................................................................................. 177

RednerInnen:

Petra Vorderwinkler ................................................................................................... 177

Ing. Johann Weber ..................................................................................................... 178

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 179

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 180

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 181

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 183

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 184

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 312 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „gesetzliche Verankerung des Modells der Sommerschu­len“ (67/E) .......................... 208

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 313 d.B. ..................................................... 208

23. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 691/A(E) der Ab­geordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend langfristige Bereitstellung finanzieller Mittel für Ferienbetreuung zur Entlastung von Fami­lien (314 d.B.) ............................................ 185

RednerInnen:

Julia Elisabeth Herr .................................................................................................... 185

Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................... 186

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 187

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 188

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 188

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 314 d.B. ..................................................... 208

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 661/A(E) der Ab­geordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Öffnung der Position der Schulleitung an allgemeinen Pflichtschu­len für Sonderpädagoginnen und -pädagogen (315 d.B.) ...................................................................................................................... 189


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 10

25. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 662/A(E) der Ab­geordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Behinde­rungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpädago­ginnen und -pädagogen bzw. zur pädagogischen Assistenz (316 d.B.) ....................................................................................................................................... 190

RednerInnen:

Claudia Plakolm .......................................................................................................... 190

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 191

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 192

Heike Grebien ............................................................................................................. 192

Fiona Fiedler, BEd ...................................................................................................... 194

Kira Grünberg ............................................................................................................. 195

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................... 195

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 315 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Öffnung der Position der Schulleitung an allgemeinen Pflichtschulen für Sonderpädagoginnen und -pädagogen“ (68/E) ....................................................................................................... 208

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 316 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Be­hinderungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpäda­goginnen und -pädagogen bzw. zur pädagogischen Assistenz“ (69/E) ....................................................................................................................................... 208

26. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 696/A(E) der Ab­geordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliarde: die Zukunft unserer Kinder ist systemrelevant“ (317 d.B.) ........................................................................... 196

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 197

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 198

Barbara Neßler ............................................................................................................ 199

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 200

Pia Philippa Strache ................................................................................................... 201

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 317 d.B. ..................................................... 208

27. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 657/A(E) der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transpa­renz bei der Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln (318 d.B.) ........................................................................................ 203

RednerInnen:

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 203

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................... 204

Nurten Yılmaz ............................................................................................................. 205

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 205

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 206

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 318 d.B. ..................................................... 208

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 43

Petition betreffend „Rettet das Bundesheer“ (Ordnungsnummer 26) (überreicht von den Abgeordneten Robert Laimer, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 11

Bürgerinitiativen ........................................................................................................... 43

Bürgerinitiative betreffend „Erhalt des Bezirksgerichtes am Standort Telfs“ (Ord­nungsnummer 28)

Bürgerinitiative betreffend „Freiwilligkeit von Schutzimpfungen in der österreichi­schen Verfassung verankern“ (Ordnungsnummer 29)

Berichte ......................................................................................................................... 43

Vorlage 26 BA: Monatserfolg Mai 2020 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz; BM f. Finanzen

III-149: Bericht betreffend Zentralmatura – Reihe BUND 2020/22; Rechnungshof

III-152: Verkehrstelematikbericht 2020; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie

III-153: Monitoringreport betreffend Klima- und Energieziele – Berichtsjahr 2019; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-154: Bericht betreffend Stand der Umsetzung des Bundes-Energieeffizienz­gesetzes (EEffG) in Österreich für das Jahr 2019 gemäß § 30 Abs. 1 und Abs. 3 EeffG; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-155: Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2018-2019; BM f. Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

III-156: Bericht betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates über das Ge­schäftsjahr 2019 gemäß § 47 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz 2000; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenschutzbericht – Per­sonalmangel in der Datenschutzbehörde – immer mehr gesetzliche Aufgaben (742/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) geändert wird (743/A)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importstopp für Flüssig- und Trockenei aus Drittstaaten (744/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend voller Entschädigungsan­spruch nach dem Epidemiegesetz für alle Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe bis zum Zeitpunkt der Aufhebung des Betretungsverbotes (745/A)(E)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (746/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanktionsmechanis­mus gegen Menschenrechtsverletzer (747/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der WK-Rückla­gen gemäß den Vorschlägen der „Grünen Wirtschaft“ (748/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuaufstellung der PRIK­RAF-Fondskommission (749/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 12

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Faire und angemessene Bezah­lung von Zivildienern (750/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zivildienst für Alle – Mehr als nur ein Wehrersatzdienst (751/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechte Krankenstandsregelung und Urlaubsanspruch im Zivildienst (752/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zivildienst – Kompensation von Überstunden durch Urlaubstage (753/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleiche Zulagen bei gleicher Leis­tung für Zivildiener (754/A)(E)

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung von steuer­lichen Anreizen, um die Sanierungsrate zu erhöhen und Klimaziele zu erreichen (755/A)(E)

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Implementierung einer ein­heitlichen Definition der Sanierungsrate (756/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vehicle-to-Grid als Lö­sung für nachhaltige E-Mobilität und Netzstabilität (757/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Fahrradin­frastruktur als Konjunkturmotor (758/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ortskerne als Begeg­nungszonen (759/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung für Car­sharing Unternehmen (760/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fachkräftestipendium für Elementarpädagogik-Kolleg (761/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenzre­geln für Nebenbeschäftigungen von Universitätsprofessor_innen (762/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Financial Life Skills (763/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Tiertrans­portgesetz (764/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung der Strafen im Tiertransportgesetz (765/A)(E)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreichs Luftraumüber­wachung, drohende Lärm- und Gesundheitsbelastung der Murtaler Bevölkerung“ (766/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Right to Plug“ (767/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung der Tages­sätze in der Grundversorgung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete (768/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 13

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „rechtsextreme, rassistische und antisemitische Straftaten im ersten Halbjahr 2020“ (2559/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „rechtsextreme, rassistische und antisemitische Straftaten im ersten Halbjahr 2020“ (2560/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Angriffe türkischer Rechtsextreme gegen österreichisch-kurdische AktivistInnen (2561/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2562/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2563/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2564/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2565/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quar­tal 2020 (2566/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2567/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2568/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2569/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2570/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2571/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2572/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2573/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 14

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2574/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2575/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2020 (2576/J)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und In­tegration betreffend Elternkurse im Rahmen der Sommerschulen (2577/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Corona-Tausender“ für die Corona-HeldInnen (2578/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Kriterien für Reisewarnungen (2579/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Veröffentli­chungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2580/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2581/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Res­sorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2582/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2583/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Um­fragen, Gutachten und Statistiken (2584/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Um­fragen, Gutachten und Statistiken (2585/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Sta­tistiken (2586/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2587/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 15

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2588/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Veröffentlichungspoli­tik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2589/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutach­ten und Statistiken (2590/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2591/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gutachten und Statistiken (2592/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gut­achten und Statistiken (2593/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und In­tegration betreffend Veröffentlichungspolitik der einzelnen Ressorts bei Umfragen, Gut­achten und Statistiken (2594/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beschaffung von Fleisch in den Küchen der Krankenhäuser und Senioreneinrichtungen (2595/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Beschaffung von Fleisch in den Großküchen des Österreichischen Bundes­heeres (2596/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-19-Daten in Wien (2597/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend MRT Mistelbach nicht im Großge­räteplan (2598/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend bedenkliche Stimmungsmache gegen Polizei (2599/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend exter­ne Verträge im Bundeskanzleramt Q2 2020 (2600/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung Q2 2020 (2601/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend externe Verträge im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Q2 2020 (2602/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Q2 2020 (2603/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Fa­milie und Jugend betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend Q2 2020 (2604/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend externe Verträge im Bundesministerium für Finanzen Q2 2020 (2605/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend externe Verträge im Bundesministerium für Inneres Q2 2020 (2606/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 16

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie Q2 2020 (2607/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend externe Verträge im Bundesministerium für Justiz Q2 2020 (2608/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Q2 2020 (2609/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend externe Verträge im Bundesmi­nisterium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Q2 2020 (2610/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Q2 2020 (2611/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend externe Verträge im Bundesministerium für Landesverteidigung Q2 2020 (2612/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Vorzeitige Verwendung des verminderten Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie (2613/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berechnungsmethode für das Budget der COVID-19 Kurzarbeit (2614/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Berechnungsmethode für das Budget der COVID-19 Kurzarbeit (2615/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verpflichtender Kli­macheck bei Gesetzen und Verordnungen (2616/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Unzureichende Sa­nierungsrate (2617/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Mobility as a Service (2618/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Fragwürdiger Vergleich mit Finanzamt (2619/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vertragsärztemangel: Kinder­ärzte (2620/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend AF_Künsberg_BMBWF_WLAN an Schulen (2621/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 17

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Perso­nalkosten und Entbürokratisierung seines Kabinetts Q2 2020 (2622/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Fa­milie und Jugend betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2623/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Personalkosten und Entbürokrati­sierung seines Kabinetts Q2 2020 (2624/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2625/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2626/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2627/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ih­res Kabinetts Q2 2020 (2628/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2629/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Personalkosten und Entbürokratisierung seines Kabinetts Q2 2020 (2630/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Personalkosten und Entbürokratisierung seines Kabinetts Q2 2020 (2631/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Personalkosten und Entbürokratisierung ihres Kabinetts Q2 2020 (2632/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung seines Ka­binetts Q2 2020 (2633/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung seines Kabinetts Q2 2020 (2634/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vertragsärztemangel: Nieder­gelassene Versorgung (2635/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Übung von Bundesheer und Polizei an der burgenländisch-ungarischen Gren­ze (2636/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Übung von Bundesheer und Polizei an der burgenländisch-ungarischen Grenze (2637/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 18

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend den Verein AIES (2638/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend den Ausbau des Glasfasernetzes und der Versteigerung der 5G Frequenzen (2639/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kinderunfäl­le – Badeunfälle in Österreich, Informationskampagne (2640/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schwimm-, Bade- und Wasserunfälle, Tauchunfälle in Österreich 2018-2019 (2641/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Leitung der Österreichischen Bun­desgärten (2642/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend weitere drei Millionen Euro Mediensonderförderung – Medienkauf durch Bundesregie­rung? (2643/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Datenschutzskandal der ÖVP Graz (2644/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kampf gegen „Hass im Netz“ (2645/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ticket-Re­formbereitschaft des BMK und der ÖBB (2646/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylzentrum Eisenstadt (2647/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Erkenntnisse aus dem Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems (2648/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Expert_innengruppe Luftraumüberwachung (2649/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Refundierung von Wahlarztkos­ten (2650/J)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und In­tegration betreffend Dokumentationsstelle für politischen Islam (2651/J)

Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend technische Gebrechen während der Eintragungswoche für das Klimavolksbegehren (2652/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (1842/AB zu 1857/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 19

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1843/AB zu 1841/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1844/AB zu 1854/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1845/AB zu 1845/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1846/AB zu 1844/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1847/AB zu 1843/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1848/AB zu 1842/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1849/AB zu 1831/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1850/AB zu 1851/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1851/AB zu 1850/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1852/AB zu 1848/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1853/AB zu 1847/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1854/AB zu 1849/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1855/AB zu 1846/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1856/AB zu 1830/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1857/AB zu 1852/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kollegin­nen und Kollegen (1858/AB zu 1838/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1859/AB zu 1835/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmans­dorff, Kolleginnen und Kollegen (1860/AB zu 1856/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1861/AB zu 1853/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 20

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1862/AB zu 1829/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (1863/AB zu 1868/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1864/AB zu 1873/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1865/AB zu 1864/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (1866/AB zu 1875/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1867/AB zu 1859/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (1868/AB zu 1861/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kolle­gen (1869/AB zu 1884/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1870/AB zu 1865/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1871/AB zu 1870/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1872/AB zu 1872/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (1873/AB zu 1871/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (1874/AB zu 1867/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kol­leginnen und Kollegen (1875/AB zu 1860/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmans­dorff, Kolleginnen und Kollegen (1876/AB zu 1862/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolle­ginnen und Kollegen (1877/AB zu 1863/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (1878/AB zu 1866/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 21

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (1879/AB zu 1869/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmans­dorff, Kolleginnen und Kollegen (1880/AB zu 1874/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1881/AB zu 1883/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1882/AB zu 1887/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmans­dorff, Kolleginnen und Kollegen (1883/AB zu 1888/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kolle­gen (1884/AB zu 2160/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kolle­gen (1885/AB zu 2455/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (1886/AB zu 2032/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kol­legen (1887/AB zu 1915/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1888/AB zu 1889/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (1889/AB zu 1948/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1890/AB zu 1892/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1891/AB zu 1890/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Minnich, Kolleginnen und Kollegen (1892/AB zu 1876/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kol­legen (1893/AB zu 1999/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1894/AB zu 1882/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1895/AB zu 1893/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Mar­greiter, Kolleginnen und Kollegen (1896/AB zu 1879/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1897/AB zu 1886/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1898/AB zu 1891/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Mar­greiter, Kolleginnen und Kollegen (1899/AB zu 1881/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (1900/AB zu 1878/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1901/AB zu 1885/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1902/AB zu 1877/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1903/AB zu 1880/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1904/AB zu 1898/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Fe­lix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (1905/AB zu 1918/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 22

09.05.23Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Drit­ter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.24*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf die 43. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären, Sie ersuchen, Platz zu nehmen, und alle Abgeordneten recht herzlich begrüßen – es werden drei in­tensive Tage werden. Mein Gruß gilt natürlich auch den Medienvertretern und den Zuse­hern zu Hause vor den Fernsehgeräten.

Vereinbarungsgemäß sitzen wir wieder in einer gelockerten Sitzordnung, ein Teil der Abgeordneten hat daher auf der Galerie Platz genommen.

Die Abstimmungen über die Verhandlungsgegenstände finden jeweils am Ende der Ver­handlungen über alle Vorlagen eines Ausschusses statt, darüber hinaus kann die Sit­zung vor den Abstimmungen jeweils kurz unterbrochen werden.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 40. Sitzung sowie die Amtlichen Protokolle der 41. und der 42. Sitzung vom 30. Juni 2020 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Elisabeth Scheucher-Pich­ler, Dietmar Keck, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Mag. Philipp Schrangl und Josef Schell­horn.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr, von ORF III bis 19.15 Uhr und anschließend in der TVthek kommentiert übertragen wird.

09.06.49Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Sicherheit statt importierter Gewalt durch Fremde – für ein sofortiges Ende multikultureller Konflikte in Österreich“

Ich darf Herrn Bundesminister Nehammer recht herzlich im Hohen Haus begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kickl. Er weiß, dass ihm 10 Minuten Redezeit zuste­hen. – Bitte.


9.07.12

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass ich vielleicht gleich in aller Früh einen größeren Teil der Abgeordneten hier im Haus aus ihrer multikulturellen Blase und aus ihrer multikulturellen Traumwelt herausreiße, oder auf die Gefahr hin, dass ich – neuer­dings auch aus dem Sektor der Österreichischen Volkspartei (Zwischenrufe bei der ÖVP) oder aus diesem Sektor (in Richtung Grüne weisend)  vielleicht als Gefährder der ach so großartig funktionierenden Integration in Österreich bezeichnet werde (Abg. Meinl-Reisinger gähnt demonstrativ) oder dass Sie mich gar als Hetzer verunglimpfen –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 23

das Vokabel geht Ihnen ja recht leicht über die Lippen, wenn man sich als Gutmensch dazu berufen fühlt –, all diesen Gefahren zum Trotz möchte ich die heutige Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit einer Liste, mit einer Aufzählung beginnen.

Hören Sie gut zu, Fakten statt Fakenews!

4. Juli, meine sehr geehrten Damen und Herren, Salzburg, Schlägerei zwischen vier Pa­kistani und Afghanen, ein zweijähriges Mädchen wird verletzt; 3. Juli, Linz, ein irakisches Brüderpaar und ein Armenier werden zu mehrjährigen Haftstrafen aufgrund eines Über­falls auf einen Geldtransporter verurteilt; 22. Juni, Wels, Linz, Wien, 13 Festnahmen bei der Zerschlagung eines Drogenrings, der Großteil der Täter: iranische, afghanische Asyl­werber und Asylberechtigte; 5. Juni, lebenslange Haftstrafe für einen afghanischen Dop­pelmörder; 29. Mai, Anklage gegen einen afghanischen Staatsbürger wegen Diebstahl, Vergewaltigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt; ganz aktuell und in aller Munde: 4. Juli, die Hinrichtung eines Tschetschenen durch einen anderen ebensolchen, nicht, wie man vielleicht meinen möchte, meine Damen und Herren, in Grosny, sondern in Gerasdorf; und zuletzt vor allem in Wien die sogenannten Stuttgarter Tage, so möchte ich das bezeichnen, das ist die Phase zwischen 24. und 26. Juni, als linksextremistische Kurden und Sympathisanten der PKK – mittendrin Ihr Aushängeschild in Wien, die grüne Parteivorsitzende und Vizebürgermeisterin Hebein, die ja sowieso ein intimes Nahever­hältnis zu Linksradikalen hat – durch Favoriten gezogen und dort mit türkischen Nationa­listen und IS-Anhängern zusammengekracht sind, Körperverletzungen, Sachbeschädi­gung und alles Negative, was dazugehört, inklusive.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Innenminister, nein, diese Liste ist nicht vollständig, das ist nur eine ganz, ganz kleine Auswahl aus Gerichtsakten und Polizeibe­richten. In den Medien findet sich gar nicht mehr so viel darüber, wie man meinen möch­te. Dafür haben Sie und Ihresgleichen schon gesorgt, seitdem Sie verboten haben, dass man die Nationalitäten der Täter auch noch entsprechend in den Medien publiziert. Na, wo kommt man denn da hin, wenn die eigene Bevölkerung die Wahrheit erfahren wür­de! – Das ist Ihre Form von Transparenz und Informationspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese Dinge haben zwei Sachen gemeinsam. Das eine ist: Es handelt sich bei all den aufgezählten Fällen um importiere Gewalt durch Fremde oder um multikulturelle Kon­flikte. Das Zweite, das diese Dinge gemeinsam haben: Sie haben in unserem schönen Land überhaupt gar nichts verloren – das ist zumindest unser freiheitlicher Ansatz bei diesen Dingen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen eines sagen: Ich hätte als Innenminister an Ihrer Stelle Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um diese Missstände abzusetzen. Ich hätte keine Ruhe mehr ge­geben und mich mit allen angelegt, die einen Beitrag dazu leisten, dass diese Zustände in Österreich eingerissen sind und weiter Bestand haben.

Ja, verdammt noch einmal, Herr Innenminister: Wo kommen wir denn da hin oder wie weit haben wir es gebracht, dass wir in einem Land leben, in dem die österreichische Bevölkerung Schaden nimmt, weil innertürkische Konflikte auf österreichischem Boden ausgetragen werden? Was ist denn da los, wenn die österreichische Polizei auf öster­reichischem Boden zwischen die Fronten von Türken und Kurden gerät? Das ist doch alles ein Wahnsinn, der abzustellen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja nicht vom Himmel gefallen! Das ist auf Ihrem Mist gewachsen, auf dem Mist der Österreichischen Volkspartei, da Sie ja über viele, viele Jahre für die Sicherheits- und Integrationspolitik in diesem Land zuständig gewesen sind – natürlich nicht allein: in trauter österreichfeindlicher Komplizenschaft mit den Roten und jetzt mit den Grünen –, ein Totalversagen im Bereich Zuwanderung, Asyl und Integration. Und Sie setzen diesen Kurs nahtlos fort. Es wäre wahrscheinlich das Vernünftigste, wenn Sie und Teile der


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Führungsmannschaft des Innenressorts aus der Herrengasse ausziehen und gleich im Ernst-Kirchweger-Haus Quartier nehmen, das passt gut zu Ihrer Politik. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zuerst haben Sie die Dinge verharmlost und schöngeredet, Stichwort: „Wir haben zu wenig Willkommenskultur“, der durchschnittliche Zuwanderer ist intelligenter als der durchschnittliche Österreicher. – Das sind zwei unsterbliche Zitate Ihres Erlösungskanzlers aus der Frühphase (Heiterkeit des Abg. Loacker), die können Sie nicht wegdiskutieren. Dann haben Sie die Bevölkerung getäuscht, indem Sie eine harte Vorgangsweise angekündigt haben, aber in Wahrheit mit den Islamisten und mit den Asylbetrügern kooperiert haben, Stichwort: Islamgesetz – das ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist – und Stichwort: Nichtabschiebung von negativ beschiede­nen Asylwerbern. Das war im Innenministerium unter meinen Vorgängern ja gang und gäbe; einer sitzt jetzt hinter mir als Präsident des Nationalrates.

Zu guter Letzt haben Sie dann auch noch konsequente und notwendige Maßnahmen im Kampf gegen Asylmissbrauch und im Kampf gegen den politischen Islam entweder tor­pediert, bis zur Unendlichkeit aufgeweicht oder überhaupt abgeschafft, Stichwort: Ab­schaffung der Ausreisezentren, Stichwort: Strafgesetz gegen den politischen Islam, das Sie abgedreht haben, Stichwort: Kapitulation bei der Aberkennung von Staatsbürger­schaften für IS-Rückkehrer.

Mich wundert es nicht, dass immer mehr Leute sagen: Bitte, dieser Nehammer ist nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man geschnitzt sein muss, wenn man ein Innenmi­nister für die österreichische Bevölkerung und für die österreichische Polizei ist! – Mich wundert das nicht (Abg. Wöginger: Eine Eiche!), und betreffend den letzten Punkt wer­den wir am Donnerstag hier im Hohen Haus ohnehin noch ein Hühnchen miteinander rupfen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Herr Minister, Ihre Ankündigungen und die Ankündigungen der Frau Integrationsminis­ter – „Null Toleranz“, wir werden das alles nicht dulden –: Wissen Sie, was das ist? – Es soll so wuchtig klingen, es soll so entschlossen klingen, in Wahrheit kommt es blutleer, kraft- und saftlos daher. Mich erinnert das in der Art und Weise, wie Sie das bringen, an einen alten Wiener Leierkasten. Ich denke, dass Sie damit niemanden von denen be­eindrucken, die Sie damit beeindrucken wollen. Es kommt zu spät und es hat zu wenig Durchschlagskraft, es ist kein Rezept, und viel, viel mehr, denke ich, ist es Ausdruck Ihrer Hilflosigkeit im Kampf mit einem großen Problem.

Ich gebe Ihnen einen guten Tipp: Sie sollten weniger bellen und mehr beißen! Das ist das, was angebracht ist (Zwischenruf der Abg. Steinacker), denn sonst werden Sie von denjenigen, denen Sie angeblich den Kampf ansagen wollen, nicht ernst genommen. Sie müssen schon Recht und Ordnung durchsetzen und nicht an der falschen Stelle auf eine falsche Deeskalation setzen, die das Negative nur weiter vorantreibt.

Um beim konkreten Fall in Favoriten zu bleiben, Herr Innenminister: Ich meine, der türki­sche Botschafter und seine Mitarbeiter lachen sich ja schief in ihrer Residenz; die lachen sich ja wirklich schief! Eben hat er noch über das Weihnachtsfest gelästert und dann kommt ein Hilfeersuchen der Österreichischen Volkspartei, der türkische Botschafter möge doch bitte im Konflikt der Türken gegen die Kurden Hilfe bringen. – Ja bitte, geht’s noch, Herr Innenminister? Geht’s noch? Anstatt den Herrn zur Kopfwäsche antanzen zu lassen, richten Sie ein Hilfsgesuch an den türkischen Botschafter!

Denken Sie 1 Sekunde darüber nach, was der türkische Innenminister mit dem österrei­chischen Botschafter gemacht hätte, wenn es in seinem Land zu ähnlichen Entwicklun­gen gekommen wäre. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Wenn Sie das machen und so vorgehen und gleichzeitig auch noch die Grauen Wölfe ins Bundeskanzleramt einladen,


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dann ist das kein Beitrag zur Sicherheitspolitik, sondern dann ist das eine Bankrott­erklärung der Integrations- und Sicherheitspolitik, dann ist das eine Kapitulation vor Er­doğan und seinen Schergen und dann ist das die offizielle Anerkennung der islamis­tischen Gegengesellschaft durch die österreichische Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Bleiben wir beim konkreten Fall: Was braucht es? – Es braucht eine ganz andere Vor­gangsweise: Für diejenigen, die als nicht österreichische Staatsbürger in diese Tumulte, Schlägereien, Körperverletzungen und Angriffe auf Polizisten in Favoriten verwickelt ge­wesen sind, für die Nichtstaatsbürger braucht es eine sofortige Ausweisung und einen Verlust ihres Aufenthaltstitels – das ist ja das Mindeste –; für diejenigen, die Asylwerber sind, ein Ende des Asylverfahrens – vollkommen klar: negativer Ausgang und Abschub –; für diejenigen, die bereits einen Asylstatus haben, den Verlust desselbigen und natürlich auch die Konsequenz einer Abschiebung.

Und Sie sollten auch dort genauer hinschauen, wo es sich um Staatsbürgerschaften handelt, um Staatsbürgerschaften von Türken und für Türken. Ich an Ihrer Stelle würde dazu übergehen, keinem Türken mehr die österreichische Staatsbürgerschaft zu verlei­hen, solange die Türkei in dieser Frage nicht mit Österreich kooperiert – und es wird noch lange dauern, bis es so weit ist, das kann ich Ihnen auch sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht auch darum, die Neoösterreicher, diejenigen, die vorher Türken waren und jetzt die österreichische Staatsbürgerschaft haben, genau unter die Lupe zu nehmen, denn viele von denen haben sich hintenherum wieder die türkische Staatsbürgerschaft orga­nisiert. Da braucht es bei den Wahlen Planquadrate vor den türkischen Vertretungen, dann werden Sie diese Leute sehr, sehr rasch ausforschen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte zum Schlusssatz kommen!


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Null Toleranz, Herr Innenminister, das braucht es, aber nicht gegen Hausfrauen und Spaziergänger und Leute, die sich in Coronazeiten an der frischen Luft erholen, sondern gegen Asylbetrüger, Erdoğan-Fanatiker, Links­extremisten und so weiter. Dort braucht es null Toleranz, das ist unser freiheitlicher Zu­gang zu den Dingen. Sie agieren so weich wie ein Schwamm, was Ihnen zu Recht die Bezeichnung Spongebob der Innenpolitik einbringt. (Beifall bei der FPÖ.)

9.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Bundesminister für Inne­res. – Bitte.


9.17.53

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete des Hohen Hauses! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten und auf der Galerie! Ein guter Tag beginnt im Parlament. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich sage das als ehemaliger Abgeordneter, ich habe die Aus­einandersetzungen schon vermisst. Ich kenne Herbert Kickl noch aus unserer Koalition als wortgewaltigen Redner und freue mich jetzt, als Innenminister hier stehen zu dürfen und Rede und Antwort zu stehen. Das ist gefordert, das ist das gute Recht der Opposition gegenüber der Regierung.

Für mich haben die Ereignisse der letzten Tage vor allem auch in Favoriten eines ge­zeigt: Ausschreitungen jeglicher Art haben in Österreich keinen Platz. (Abg. Kickl: Na geh!) Und dank des engagierten Einsatzes der Polizistinnen und Polizisten vor Ort – und Sie kennen sie, Herr Innenminister außer Dienst Kickl, sehr gut (Abg. Kickl: Ja, Sie müssen sie nur lassen!) – ist es gelungen, rasch die Gewalttäter zu identifizieren, die Gewalttaten zu unterbinden. – Von dieser Seite aus, als Innenminister der Republik ein


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großes Danke für den Einsatz der Polizistinnen und Polizisten in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Gewalttäter können sich eines bewusst sein: Ihr Tun wird in Österreich nicht toleriert. Wir sind ein Rechtsstaat und die Polizei sorgt für Ruhe und Ordnung. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Allen, die glauben, dass ein Mund-Nasen-Schutz sie vor Verfolgung schützt, muss ich die Mitteilung überbringen: Sie irren sich. Wir haben in diesen Tagen 220 Iden­titätsfeststellungen vorgenommen, wir haben eine ausgezeichnete Videodokumentation, und jeder Gewalttäter, jeder, der gegen das Symbole-Gesetz verstoßen hat, wird zur Rechenschaft gezogen, und dafür sorgt auch die Polizei in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt aber das Wichtigste, und das sage ich auch als Innenminister der Zweiten Republik: Eines ist auch ganz klar, eines der wesentlichsten Grund- und Freiheitsrechte, das Ver­sammlungsrecht, ist in diesem Land gewährleistet, wird geschützt, wird verteidigt. Dafür treten wir alle, die in diesem Haus sitzen, ein. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl: Nur nicht in Bleiburg! Warum in Bleiburg nicht? Warum nicht in Bleiburg? – Zwischenruf des Abg. Prinz.) Österreicherinnen und Öster­reicher und Menschen, die in Österreich leben, können sich sicher sein, dass sie sich versammeln dürfen, dass sie ihre Meinung kundtun dürfen und dass es eine Nulltoleranz der Bundesregierung gegenüber Menschen gibt, die glauben, das Versammlungsrecht stören oder bedrohen zu können. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Yılmaz. – Abg. Kickl: Das beschließen Sie doch heute!)

Herr Klubobmann Kickl, Sie haben aber auch eine ganz wichtige Facette des Konflikts aufgezeigt, die man nicht wegwischen darf: Das, was die Polizistinnen und Polizisten vor Ort massiv beeindruckt hat – und da waren viele erfahrene Kolleginnen und Kollegen dabei –, war die Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei, die so weit gegangen ist, dass in einem normalen Einsatz sogar die Hundestaffel mit ihren Diensthunden ange­griffen wurde. Man muss sich das so vorstellen: Es kommt zu Ausschreitungen, dann wird die Hundestaffel vorgeschickt; die Hundestaffel geht vor, danach die Ordnungs­kräfte. Jetzt kann man sagen: Na gut, warum regt sich der Nehammer darüber so auf? – Nun, Sie müssen sich vorstellen – ich habe den verletzten Hund dann auch besucht –, das ist ein Rottweiler mit 50 Kilo, ein imposantes Tier, und wenn dieser vor einem los­legt – und da würde es hier im Raum keinem anders gehen –, würden wir sofort die Flucht ergreifen, weil er so eindrucksvoll ist. Das war den Gewalttätern ganz egal, sie waren zur totalen Gewalt gegen Mensch und Tier bereit, im wahrsten Sinne des Wortes. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Diesen Menschen sei von dieser Stelle aus etwas ausgerichtet: Die Polizei ist darauf vorbereitet, wir lassen das nicht zu! Wir werden jeden verfolgen, der sich das Recht he­rausnimmt, einen Versammlungsteilnehmer oder eine -teilnehmerin anzugreifen, Men­schen anzugreifen, Sachen zu beschädigen oder gar das Leben der Polizistinnen und Polizisten zu bedrohen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Ihr habt die alle hereingelassen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Noch etwas haben diese Vorkommnisse gezeigt (Abg. Amesbauer: Ihr habt die alle hereingelassen! Ihr habt die Grenzen aufgemacht! Pure Heuchelei! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen): Der Verfassungsschutz hat klare Hinweise dafür, dass hier mehr dahintersteckt als das, was wir an Gewalttaten gesehen haben. (Abg. Kickl: Ah geh!) Ich habe mir selbst einen Eindruck verschaffen können, ich war in der Einsatz­zentrale, wo man genau dokumentiert hat (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), wie mi­litärisch organisiert versucht worden ist, diese Versammlung zu stören, dass Späher unterwegs waren, die versucht haben, die Ordnungskräfte auseinanderzuziehen, um die Demonstration direkt anzugreifen, dass abseits der Polizei eine professionelle Dokumentation stattgefunden hat mit dem Ziel, die Teilnehmer der Veranstaltung zu dokumentieren.


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Eines sage ich auch ganz klar von dieser Stelle: Wenn sich herausstellen sollte, dass es einen türkischen Einfluss auf diese Maßnahmen gibt (Abg. Kickl: Na, den gibt’s, davon können Sie ausgehen! Wie naiv muss man sein? – Abg. Belakowitsch: Den gibt’s doch! ...! – Abg. Amesbauer: Da brauch ich nix zu untersuchen ...!), wenn sich heraus­stellen sollte, dass von einem anderen Staat versucht wird, in Österreich Unruhe zu stif­ten, Gewalttaten zu provozieren, dann wird auch dieses Land die volle Konsequenz der Republik Österreich kennenlernen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Zu diesem Zweck gibt es jetzt mehrere Maßnahmen, um auf diese Vorkommnisse in Favoriten zu reagieren. Das eine ist, dass wir einen systemischen Ansatz brauchen. Auch da haben Sie recht, Herr Klubobmann, man muss dort hineinschauen, wo es in den Fragen der Integration nicht gut läuft. (Abg. Amesbauer: Wir brauchen keine Inte­gration von solchen Leuten! Die sind nicht integrierbar, die gehören abgeschoben! – Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) Deswegen sind die Integrationsministerin und ich auch dabei, einen runden Tisch zu formieren, der sich genau dieser Problemstellung widmet.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, diese Sache doch etwas gesitteter ablaufen zu lassen, Sie geben doch kein gutes Bild ab. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)


Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc (fortsetzend): Danke, Herr Prä­sident! Gleichzeitig muss ich feststellen, dass selbst diese Zwischenrufe kultiviert sind im Vergleich zu dem, was damals in Favoriten passiert ist. (Abg. Amesbauer: Eben! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Entscheidend ist aber, dass wir auf der einen Seite die Integration suchen und vertiefen müssen und dafür Maßnahmen setzen, denn die Polizei kommt immer dann zum Ein­satz, wenn Gewalt eskaliert oder wenn sie verhindert werden muss, aber die Ursachen dafür kann die Polizei nicht bekämpfen. (Abg. Kassegger: ... hinschauen! Wir machen einen Arbeitskreis!) Auf der anderen Seite kommt noch dazu, dass ich den Auftrag ge­geben habe, eine Sonderkommission einzurichten, um genau das zu untersuchen, näm­lich die Frage, ob die Türkei Einfluss auf unser Land nimmt (Zwischenruf des Abg. Matz­netter), auf Verfassungsschutz, Landesverfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Lan­deskriminalämter; wir werden das mit allem Nachdruck tun.

Wir werden uns auch die Vereine genau anschauen, seien es jene der Kurden, seien es jene der Türken, ganz egal. Das Vereinsrecht ist ebenso ein wichtiges Grund- und Frei­heitsrecht, und es muss für alle klar sein: Es darf und soll nicht missbraucht werden, um sich dahinter zu verbergen, um entweder den politischen Islam auf unsere Gesellschaft Einfluss nehmen zu lassen oder um irgendwelche Gewalttaten vorzubereiten. Genau das ist jetzt auch ein Schwerpunkt der Polizei.

Gestatten Sie mir aber eines zum Schluss: Als Innenminister der Republik kann ich ge­währleisten, dass die Polizistinnen und Polizisten, die im Einsatz stehen, ihr Bestes ge­ben, unglaublich motiviert und engagiert sind; von dieser Stelle aus ein großes Danke für ihren unglaublichen Einsatz. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Sie fallen ihnen in den Rücken!)

Das Zweite ist: Vom Bundeskanzler beginnend wird die ganze Bundesregierung alles unternehmen, damit wir die Freiheitsrechte, die sich die Menschen in diesem Land er­stritten haben und auf die wir stolz sind, auch weiterhin leben können. Dafür werden wir alles tun.

Das Dritte ist: All jene, die glauben, Österreich durch solche Umstände destabilisieren zu können, irren sich. Wir sind eine starke, eine wehrhafte und vor allem eines: eine lebendige Demokratie. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.26



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte. (Abg. Wöginger: Alles gesagt! – Abg. Kickl – in Richtung Abg. Wöginger –: Ja, nur keine einzige Maßnahme! Wenn wir jetzt prüfen müssen, ob die Türken alles einhalten, dann weiß du eh schon alles!)


9.27.05

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, das Thema ist zu ernst, um durch Beleidigungen, durch aggressive Vorgangsweise, durch einen Mix von Themen die Menschen durcheinanderzubringen. Ich glaube, wir sollten uns wirklich darauf besin­nen, was geschehen ist und was zu tun ist.

Die jüngsten Ereignisse – ich glaube, da sind wir uns alle einig – haben uns alle sehr betroffen gemacht: Straßenschlachten mitten in unserer Bundeshauptstadt, radikale tür­kischstämmige Gruppierungen, Massenschlägereien, Angriffe auf die Polizei, Körperver­letzungen, verletzte Polizistinnen und Polizisten. Da es Herr Klubobmann Kickl noch nicht getan hat, möchte ich nach dem Herrn Bundesminister als erster Abgeordneter vor allem den Polizistinnen und Polizisten danken, die unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit dafür gesorgt haben, dass Grund- und Freiheitsrechte geschützt werden und dass nicht noch mehr passiert ist. Danke an die Polizei! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Bayr, Greiner und Scherak.)

Sicherheits- und Integrationspolitik: Obwohl einer von Ihnen, von der FPÖ, heute gesagt hat, wir bräuchten keine Integration, ist Sicherheits- und Integrationspolitik verantwor­tungsvolle Politik. Unser Innenminister Karl Nehammer und auch unsere Integrationsmi­nisterin Susanne Raab handeln verantwortungsvoll, aber nicht nur konsequent, son­dern – und das halte ich für besonders wichtig – auch differenziert, zum Beispiel durch konsequentes Einschreiten, durch das Zerschlagen der Netzwerke von extremistischen Vereinen, aber auch durch ein klares Bekenntnis zu einer korrekt arbeitenden Polizei.

Die Ereignisse in Favoriten – ich glaube, auch da sind wir uns einig – erfordern Handlun­gen. Diese Handlungen – Herr Bundesminister Nehammer hat es bereits angedeutet – wurden von der Bundesregierung, vom Innenminister, von der Integrationsministerin und auch vom Parlament gesetzt. Innenminister Karl Nehammer hat umgehend Maßnahmen zur Ausforschung der Rädelsführer und der Hintermänner eingeleitet. Mehrere Ge­sprächsrunden mit kurdischen und türkischen Vereinen sind durchgeführt worden und finden weiterhin statt. Im Gegensatz zur manchmal vielleicht undifferenzierten Ansicht der FPÖ meine ich schon, der Dialog ist ganz, ganz wichtig, aber der Dialog braucht die Vermittlung einer klaren Botschaft: Wir lassen es nicht zu, dass Konflikte von der Türkei nach Österreich verlagert werden, und wir lassen es nicht zu, dass es Gewalt auf den Straßen gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Das ist schon passiert! – Abg. Kassegger: Die sind schon längst da, wovon reden Sie!?)

Ich darf Sie daran erinnern: Integrationsministerin Susanne Raab hat über alle Maßnah­men, von denen schon berichtet wurde, hinaus weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Parallelgesellschaften in Auftrag gegeben. (Abg. Kassegger: ... Arbeitskreis ...!) Sie hat die Schaffung der im Regierungsprogramm vorgesehenen Dokumentationsstelle für den politischen Islam nicht nur in Auftrag gegeben, sondern wird diese in wenigen Wo­chen umsetzen.

Die umgehende Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates – Sie wissen – hatte nicht nur eine Analyse der Vorkommnisse zur Folge, sondern auch Beschlüsse und Empfeh­lungen zusätzlicher Art an die Bundesregierung: neben dem Kampf gegen alle Formen des Extremismus auch den Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, den Plan gegen re­ligiös motivierten politischen Extremismus und den jährlichen Bericht zur Entstehung und Entwicklung von Parallelgesellschaften.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 29

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung – davon bin ich wirklich überzeugt, und ich bin froh, einen Innenminister wie Karl Nehammer an der Spitze des Innenministeri­ums zu sehen – nimmt ihre Aufgaben konsequent wahr. Das erwarte ich mir aber – und da komme ich zu einem weiteren, wichtigen Punkt – auch von anderen Verantwortungs­trägern, unter anderem auch von der Wiener Stadtregierung. (Ruf bei der SPÖ: Ah ja!) Die Vorfälle, meine Damen und Herren – und ich werde liebevoll argumentieren, sodass sie es aufnehmen können, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ (Abg. Kollross: Das ist aber sehr nett!) –, dieses zufällige Aufeinandertreffen von Grup­pierungen in Favoriten, das war ja kein Zufall, sondern das war die Spitze eines Eis­bergs.

Meine Damen und Herren, wir haben in Wien noch kein Sicherheitsproblem, wir haben in Wien aber ein ganz massives und seit Jahren andauerndes Integrationsproblem. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Maurer. – Abg. Belako­witsch: Wos jetzt?! – Abg. Kickl: Sie haben ein Pulverfass! – Zwischenruf der Abg. Becher.)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich spreche sehr viel mit Wienerinnen und Wie­nern und mit Favoritnerinnen und Favoritnern, und wissen Sie, was die mir sagen? – Die sagen mir, und zwar seit Jahren: Ich habe meine Heimat verloren, ich fühle mich in Wien, ich fühle mich in Favoriten nicht mehr zu Hause! (Ruf bei der SPÖ: ... ÖVP, oder?! – Abg. Kickl: Danke, ÖVP! – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Meine Damen und Herren, diese Vorfälle sind jetzt ein Höhepunkt in dieser Entwicklung, und das kann und das darf es nicht geben. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Daher noch einmal: Meine Damen und Herren – insbesondere von der SPÖ (Abg. Herr: Sebastian Kurz, Staatssekretär! – Abg. Kollross: Integrationsstaatssekretär Kurz!) –, nehmen Sie doch bitte meinen Appell an die Stadtregierung in Wien an: Wenn Sie Wien lieben, dann müssen Sie handeln: in der Integrationspolitik, in den Schulen, in der Sozial­politik, in der Stadtteilentwicklung. Machen Sie das auch deshalb, damit sich die Wie­nerinnen und Wiener wieder wohlfühlen können! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rendi-Wagner: Das ist nicht seriös! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Karl Mahrer (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Die SPÖ erkennt das Pro­blem nicht an. Die Volkspartei ist ein verlässlicher Partner (Heiterkeit bei der SPÖ) für die Menschen in Österreich, für die Menschen in Wien und auch für die Menschen in Favoriten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hofer: Der Grünen! Ein zuverlässiger Partner der Grünen! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobfrau­stellvertreter Leichtfried. – Bitte.


9.33.22

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Verblüffend: Kol­lege Mahrer hat ein leichtes Orientierungsproblem, wenn er beim Thema Integration da (in Richtung SPÖ deutend) hinüberschaut. (Ruf bei der ÖVP: Nein, hat er nicht!) Wer war denn sieben Jahre lang für Integration verantwortlich? Wer ist jetzt für Integration verantwortlich? (Abg. Greiner: Der Kurz!) – Herr Kurz mit seiner ÖVP, Herr Mahrer! Be­schweren Sie sich doch bei ihm, das ist das Vernünftigere! (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Wöginger: Für was ist denn der Bürgermeister von Wien überhaupt zuständig? – Abg. Belakowitsch: Nicht nervös werden!)

Ich habe überhaupt das Gefühl, dass jetzt ein bisschen herumgeredet wurde und herum­geredet wird, denn: Worum ist es denn gegangen und worum geht es in den letzten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 30

Tagen? – Es geht um rechtsextreme Gewalt. Es geht um rechtsextreme Gewalt, und ich sage Ihnen eines: Rechtsextremisten, Gewalt – das hat in unserem Land, sowohl in Wien als auch in ganz Österreich, überhaupt nichts verloren und dagegen ist vorzuge­hen! (Beifall bei SPÖ und Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich möchte eines anmerken und vielleicht unseren Herrn Bundespräsidenten zitieren, denn dem, was da alles hochgekommen ist, möchte ich schon eines entgegenhalten: „So sind wir nicht“. Das ist nicht das Österreich, das wir haben wollen, und es ist nicht das Österreich, das wir für unsere Kinder und Enkelkinder haben wollen.

Wir wollen nicht, dass es Gewalt auf unseren Straßen gibt (Abg. Belakowitsch: Ihr habt sie reingeholt, die Leute!), wir wollen nicht, dass es Rechtsextremismus gibt (Zwischen­ruf bei der FPÖ – Abg. Belakowitsch: Sagen Sie das bitte dem Herrn ...!), und die So­zialdemokratie hat null Toleranz – null Toleranz! – gegenüber Gewalt, null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus und null Toleranz gegenüber Menschen, die unseren Rechtsstaat nicht akzeptieren. Das muss auch einmal ganz klar gesagt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Diesen Extremisten richte ich von hier aus: Es wird alle Kraft und alle Anstrengungen gegen die geben, die dieses Miteinander in Österreich gefährden, die versuchen, unsere rechtsstaatlichen Strukturen zu untergraben (Abg. Kassegger: Wenn sie nicht zum Linksextremismus konvertieren, werden sie sofort ...!), die versuchen, unsere Demokra­tie, die Meinungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit zu bekämpfen. Egal ob Hitlergruß oder Wolfsgruß: Gewaltbereite, rechtsextreme, nationalistische Ideologien sind brandge­fährlich und haben bei uns nichts verloren – um das noch einmal zu wiederholen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Scherak. – Abg. Kasseg­ger: Was ist mit den Linksextremisten?!)

Wir lassen uns unser friedliches Miteinander nicht von Extremisten stören – von Extre­misten aller Art, um das auch einmal klar zu sagen. (Abg. Wöginger: Von allen! Das gehört einmal gesagt!) Wir werden auch nicht mehr zulassen, dass friedliche Bürgerin­nen und Bürger angegriffen werden, dass sie belästigt werden, dass Angst und Schre­cken verbreitet wird; das geht nur, wenn wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. Ich appelliere da auch an die ÖVP, das nicht zu tun, geschätzte Damen und Herren.

Das Kopfwaschen, von dem Ministerin Raab gesprochen hat, ist zwar nett, aber in Wahr­heit geht es nicht nur darum, für Ruhe und Ordnung auf der Straße zu sorgen. – Ich schließe mich dem Kollegen an: Herzlichen Dank an die Polizistinnen und Polizisten, die diese Aufgabe übernommen haben, und gute Besserung an die, die vielleicht noch ver­letzt sind, herzlichen Dank für eure Arbeit! Das muss man wirklich einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.) Es geht auch da­rum, an die Hintermänner heranzukommen. Es sind ja nicht nur die, die auf der Straße sind – es sind ja auch die, die dahinter stehen und finanzieren, die ideologisch vielleicht noch überzeugter sind als die auf der Straße. (Zwischenruf des Abg. Hofer.) Dazu braucht es gute Polizeiarbeit, aber nicht nur auf der Straße, sondern auch kriminalpoli­zeiliche Ermittlungen, nachrichtendienstliche Ermittlungen.

Mein Appell an Sie, Herr Innenminister: Lassen Sie das Schuldzuschieben, zu dem Sie manchmal neigen, indem Sie anderen Gebietskörperschaften vorhalten, sie wären dafür verantwortlich, lassen Sie das Zündeln, und sorgen Sie dafür, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, dass diese Gewalt von unseren Straßen verschwindet! Ich glaube, das ist die Aufgabe, die wir haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil ja die Aktuelle Stunde von der FPÖ eingeleitet wurde, muss ich schon sagen: Ich bin etwas verblüfft. Ich glaube, wir sind uns einig, dass es Polizeiarbeit bedarf, um mit diesen Dingen fertigzuwerden – auf der Straße, aber auch Ermittlungen dahinter, und vor allem Ermittlungen im Bereich Rechtsextremismus. Herr Kickl, es war Ihr illegaler


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 31

Überfall auf das BVT, der auch die Rechtsextremismusabteilung zerschlagen hat. Das haben wir jetzt davon, Herr Kickl. Sie sind an der ganzen Situation selbst mitschuldig, das muss man auch einmal klar sagen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter. – Abg. Kickl: Das können Sie auch nur hier herin­nen sagen!)

Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass es eine Dokumentationsstelle braucht, dass es einen Rechtsextrem- -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte zum Schluss kommen, den letzten Satz!


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Es braucht ein Netzwerk, das akti­viert werden muss. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Das alles muss getan werden, geschätzte Damen und Herren, und ich sage es noch einmal – es ist mein Schlusssatz, Herr Präsident –: Rechtsextremismus und Gewalt haben in unserem Land nichts verlo­ren und dagegen ist vorzugehen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Dann hören Sie mit dem Import auf! Sie sind Großimporteur!)

9.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


9.39.08

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Präsident Sobotka hat vorhin bei der Rede des Herrn Innenministers auf einen Zwischenruf von mir gemeint: Sie geben ja „kein gutes Bild ab“. – Herr Präsident, diese Bundesregierung gibt auch kein gutes Bild ab, aber bei dieser Debatte geht es ja gar nicht darum, wer welches Bild abgibt – das ist völlig irrelevant. (Abg. Maurer: Wir sind aber schon noch im Parlament, oder?!)

Wichtig ist, dass wir dafür sorgen, dass wieder ordentliche Zustände auf den Straßen Österreichs herrschen, dass ordentliche Zustände in den Bezirken Wiens herrschen, die jetzt durch ausländische und türkische Landnahme bedroht sind. Sie beanspruchen die öffentlichen Räume für sich, gehen aggressiv vor und tragen innertürkische Konflikte nach Österreich. – Damit muss Schluss sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wichtiger als irgendein Bild, das irgendwer abgibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Womit haben wir es denn überhaupt zu tun? – Wir haben es mit türkischen Nationalisten zu tun, die Erdoğan-Anhänger sind, die soge­nannten Grauen Wölfe, die dort auch einen Gruß verwenden, der in Österreich glückli­cherweise verboten ist; und wir haben es auf der anderen Seite mit Kurden zu tun, die in ihrem Land Probleme haben, die Probleme mit der Politik der Türkei haben – das ist richtig und das mag schon sein, das hat aber nichts in Wien Favoriten oder in Österreich zu suchen. Dieser Konflikt ist in der Türkei oder auf dem internationalen diplomatischen Parkett zu lösen.

Auf der anderen Seite sind da auch Sympathisanten der PKK mitgelaufen. Die PKK ist eine Terrororganisation, das wissen Sie ganz genau. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) – Sie lachen vielleicht, weil Sie da Sympathien haben, weil die PKK ja eine so­zialistische Terrororganisation ist. (Abg. Greiner: Also bitte ...!) Was aber besonders be­merkenswert ist, ist, dass nicht nur die Wiener Vizebürgermeisterin Hebein sich solidari­siert und dort mitgeht, sondern auch die stellvertretende Klubobfrau der Regierungspar­tei der Grünen, Frau Kollegin Dziedzic. – Also das ist auch ein Skandal, dass Sie sich in diesen innertürkischen Konflikt, der in Österreich ausgetragen wird, einmischen und Par­tei für eine Seite beziehen! (Beifall bei der FPÖ.) Da wäre ja das Mindeste, das notwen­dig wäre, ein Rüffel des Koalitionspartners. (Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 32

Wenn wir schon beim Koalitionspartner sind: Kollege Mahrer, auch Herr Nehammer und die ÖVP insgesamt führen so gerne die Integrationsdebatte; ich nenne das ja mittlerweile Integrationsgeschwafel, meine sehr geehrten Damen und Herren. – Ja, es gibt in Öster­reich viele Beispiele von Menschen, die aus verschiedensten Ländern zugewandert sind, die sich gut integriert haben, zu guten Österreichern geworden sind und in diesem Land auch einen Beitrag leisten. – Das steht völlig außer Frage; ich habe selbst viele Bekannte und gute Freunde aus anderen Ländern, die schon lange in Österreich leben, aber wir reden hier - - (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) – Jetzt lachen Sie schon wieder, bei der SPÖ. Habt ihr nichts anderes beizutragen, als da reinzulachen? Das ist ja lächer­lich! Hier geht es darum, dass unsere Sicherheit und unsere Kultur von ausländischen Schlägerbanden bedroht werden, meine Damen und Herren – und ihr lacht da die ganze Zeit. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kollross: ... muss man lachen!)

Kommen wir wieder zur ÖVP zurück: Ich habe ein Problem mit dieser Integrationsde­batte, wenn wir von Islamisten reden – in vielen Bereichen, da geht es nicht nur um die Grauen Wölfe. Da geht es um IS-Rückkehrer, denen die Staatsbürgerschaft abzuerken­nen Sie nicht bereit sind, weil scheinbar irgendwelche dubiosen internationalen Verträge dagegensprechen, und da geht es auch um die Tatsache, dass Sie jetzt, bitte, Vertreter der diversen türkischen Vereine – und wenn es nicht direkte Vertreter der Grauen Wölfe sind, dann sind es Menschen, die den Grauen Wölfen nahestehen oder mit den Grauen Wölfen in Kontakt stehen – und Vertreter der kurdischen Vereine, die zumindest Verbin­dungen zur PKK haben, in das Kanzleramt einladen. Die laden Sie zum Dialog! – Meine Damen und Herren, mit diesen Leuten, die die Gewalt auf die Straßen tragen, die unsere Polizisten angreifen, die sogar die Diensthunde der Polizei angreifen, gibt es keinen Dia­log! (Beifall bei der FPÖ.)

Da brauchen wir auch keinen Fünfpunkteplan einer Ministerin Raab, da brauchen wir in Wahrheit einen Punkt; die einzige Lösung, die es da geben kann, sind nicht Integration und Dialog – mit Leuten, die nicht integrationsfähig und -willig sind –, da gibt es nur eine Lösung: Diese Menschen müssen weg. Diese Menschen müssen wir aus Österreich rausbringen, sie sind eine Gefahr für unsere Sicherheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreichische Volkspartei schiebt das jetzt gerne auf Wien. – Ja, da bin ich schon bei Ihnen, der ganze rot-grüne Dunstkreis hat über viele Jahre die Zuwanderung nach Österreich befeuert und auch aktiv eingefordert; aber im Innenressort war von den letzten 20 Jahren 18 Jahre die ÖVP verantwortlich, und für die Integrationsagenden war sieben Jahre lang ein gewisser Sebastian Kurz verantwortlich. Wenn Sie jetzt mit der Härte kommen, dann muss ich das leider als pure Heuchelei bezeichnen, denn Sie ha­ben diese Leute hereingeholt – und Sie haben einen Bundeskanzler, der sich mit den Grauen Wölfen fotografieren lässt und mit den Grauen Wölfen Party feiert. (Der Redner hält ein Bild in die Höhe, auf dem Bundeskanzler Kurz neben mehreren Männern – deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden –, die den sogenannten Wolfsgruß zeigen, abge­bildet ist.) Das ist Sebastian Kurz mit türkischen Extremisten, meine sehr geehrten Da­men und Herren. Das war in der Zeitung, und das kann es nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Also ich hätte gern den Bundeskanzler - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Sie um den Schlusssatz bitten.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Der Schlusssatz ist ganz einfach: volle Härte des Gesetzes, des Rechtsstaats und Rückenstärkung unserer Poli­zei, um diese Umtriebe, die von der Türkei nach Österreich importiert werden, wirkungs­voll und endgültig zu bekämpfen und zu unterbinden. (Beifall bei der FPÖ.)

9.44



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte.


9.45.00

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Eines vorweg: Lassen Sie mich in klaren und deutlichen Worten sagen, was wir in Wien vor gut einer Woche gesehen haben: Es waren Angriffe von Faschisten auf Antifaschisten und Antifaschistinnen (Abg. Kickl: Also Faschisten gegen Faschisten!), es war Männer­gewalt, die sich gegen eine feministische Kundgebung gewandt hat (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und es waren Gruppen von Jugendlichen im nationalistischen Ge­walttaumel.

Wenn wir diese Probleme benennen, dann wird das Ideologieproblem deutlich und dann wird ebenso klar, was das Gebot der Stunde ist: die Ereignisse nicht für politisches Klein­geld zu verwenden, nicht für den Wahlkampf, nicht für den Stimmenfang, auch wenn die Versuchung groß ist (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), sondern den Schulterschluss zu suchen, den Schulterschluss im Kampf gegen Faschismus, Rechtsextremismus und Nationalismus, der gegen jegliche Ausprägung gleichermaßen zu führen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Deimek: Was ist mit den Linksextremisten?)

Es ist kein Wunder, dass die rechtsextremen Identitären aus Österreich mit den rechts­extremen Grauen Wölfen aus der Türkei auf einer Linie sind (Abg. Belakowitsch: Sind sie das?), dass sie deren Forderungen verbreiten und solidarische linke Orte wie das Ernst-Kirchweger-Haus angreifen. (Abg. Belakowitsch: ... rechtsfreier Raum!) Wenn et­was geschlossen werden muss, dann sind es diese rechten Parallelwelten, in denen Faschismus, Rechtsextremismus und Nationalismus Hand in Hand gehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Die Angriffe auf die prokurdischen, linken, feministischen Gruppen waren Angriffe auf das Demonstrationsrecht (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), auf Frauenrechte, auf die Sichtbarkeit im öffentlichen Raum, auf die politische Meinungsäußerung – und sie dürfen sich nicht wiederholen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das hat sofort und unmissverständlich auch die Wiener Stadtregierung gesagt, dafür steht sie und arbeitet sie auch. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Was allerdings nicht hilft, sind Pauschalzuschreibungen. (Heiterkeit des Abg. Wurm. – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das Problem ist nicht die Herkunft, das Problem ist die Ideologie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Welche Ideologien haben einen derartigen Zugriff auf junge Menschen? (Abg. Hofer: Das Problem ist die Gewaltbereitschaft! – Abg. Wurm: ... nur Pauschalzuschreibun­gen ...!) – Herr Hofer, möchten Sie mir die Frage beantworten? (Abg. Hofer: Die Gewalt­bereitschaft!) Welche Ideologien haben einen derartigen Zugriff auf junge Menschen (Abg. Wurm: Pauschalzuschreibungen! Pauschalzuschreibungen!), auf junge Männer und warum, und wie kann deren Widerständigkeit gestärkt werden, ihre Anbindung an eine weltoffene Gesellschaft und eine gewaltlose Respektkultur? Herr Hofer, können Sie mir diese Frage beantworten? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hofer: Das ist die Frage der Gewaltbereitschaft!)

Das Problem ist die Ideologie, und die Maßnahmen müssen die klare Antwort darauf sein: die Ausforschung der Männer, der Einrichtungen, der Netzwerke, die dahinterste­hen (Abg. Hofer: Und der Frauen!) – und das wird unter anderem die Aufgabe der Do­kumentationsstelle für Islamismus sein, die sich auch dem – in diesem Fall – türkischen Rechtsextremismus wird widmen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Freie Fahrt für die PKK! – Abg. Hofer: Gust, mehr Begeisterung! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 34

Es braucht die Reaktivierung des Bundesweiten Netzwerks Extremismusprävention und Deradikalisierung – ein Netzwerk, das 2017 auf Wiener Initiative gegründet wurde –, ei­ne Bundesstrategie gegen Extremismus und einen umfassenden Ausbau von Präven­tions- und Deradikalisierungsmaßnahmen sowie einen Aktionsplan gegen Rechtsextre­mismus und gegen den religiös motivierten politischen Extremismus – und: mehr Demo­kratiepolitik, mehr Bildungspolitik, mehr Frauenpolitik und mehr Integrationspolitik für al­le. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl: Und ein paar Wertekurse!) Ja, das ist eine Frage der Ressourcen und eine Frage der Prioritäten (Abg. Kickl: Nein, das ist eine Frage der Masse! Eine Frage der Zahl und der Masse! – Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen): mehr Gender, mehr Ethik, mehr Dialog und mehr Konfliktlösung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der überwiegende Teil der türkeistämmigen Menschen in Österreich verurteilt die Gewalt und die Übergriffe und lehnt die dahinterliegenden Abwertungsideologien ab. Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft, und wir leben in einer globalisierten Welt. Konflikt­linien gehen nicht spurlos an uns vorbei, vor allem dann nicht, wenn sie von Machthabern wesentlich zur Identitätsbildung benutzt werden. Es liegt an uns allen, dem Gegenüber nicht nur eine demokratische Tradition zu vermitteln, sondern auch wirklich Teilhabe an der und Zugehörigkeit zur Gesellschaft zu ermöglichen.

Patriarchat, Männergewalt, Faschismus und Nationalismus kennen keine Grenzen, sie sind nicht östlich, nicht westlich, sie sind universell – und dagegen gilt es gemeinsam aufzustehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (fortsetzend): In diesem Sinne mehr denn je: Wer seine Heimat liebt, der spaltet sie nicht! (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

9.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.


9.50.44

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! (Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ich glaube, dass wir uns alle darin einig sein sollten, dass es in einem liberalen Rechtsstaat, in dem Grund- und Freiheitsrechte unverhandelbar sind, inakzeptabel ist, wenn eine Gruppie­rung – egal welche – versucht, Menschen daran zu hindern, mit Gewalt daran zu hin­dern, ihr ihnen verfassungsmäßig zustehendes Recht auf Meinungs- und Versamm­lungsfreiheit auszuüben. Das ist ein Konsens, dem wir uns alle, glaube ich, anschließen müssten, und es darf hier niemals Toleranz geben, weil es niemals Toleranz gegenüber den Intoleranten geben darf. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon hat einmal versucht, ein paar Leitlinien aufzu­stellen, wie denn mit solchen Tendenzen umzugehen ist, und er hat in erster Linie davon gesprochen, dass im Rahmen einer offenen Gesellschaft dort Akzeptanz an den Tag zu legen ist, das heißt, etwas gutzuheißen ist, was zu dieser offenen Gesellschaft dazuge­hört. Als Zweites hat er gesagt, es sind Ideologien und Maßnahmen zu tolerieren, die vielleicht der offenen Gesellschaft entgegenstehen, sie aber in ihrer Funktionstüchtigkeit nicht beeinträchtigen; die sind nur zu tolerieren. Als Drittes hat er die Ideen und An­sichten angesprochen, die überhaupt nicht zu tolerieren sind, das sind nämlich jene, die die offene Gesellschaft in ihren Grundfesten angehen, wenn versucht wird, die offene Gesellschaft ganz grundlegend infrage zu stellen. Das heißt, insbesondere dort, wo ver­sucht wird, mit Gewalt grundlegende Grund- und Freiheitsrechte zu bekämpfen, wo ver­sucht wird, diese auszuhebeln, müssen wir dem mit einer klaren zivilisierten Verachtung, mit einer wehrhaften Demokratie entgegentreten. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 35

Das Gute, Herr Innenminister, ist: Wir haben ja diese Möglichkeiten. Unser Rechtsstaat gibt uns diese Möglichkeiten, es gibt Straftatbestände gegen jene Handlungen, die bei den Krawallen, Ausschreitungen in Favoriten passiert sind. Wir haben auch gesehen, dass die Wiener Polizei mit ihrem sehr beherzten und ihrem sehr konsequenten Auftre­ten genau das gemacht hat, was unser Rechtsstaat vorsieht, nämlich den Rechtsstaat durchzusetzen. Wir haben schon mehrmals entsprechende Danksagungen gehört, aber ich glaube, insbesondere das besonnene Auftreten der Wiener Polizei in dieser Situation ist etwas, wofür man ganz besonders Danke sagen muss, weil sie es geschafft hat, diese Auseinandersetzungen, so gut es geht, in den Griff zu bekommen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, dass es überhaupt nichts bringt, in der Debatte martialisch aufzutreten. Ich glaube, es bringt auch nichts, wenn man von der vollen Härte des Rechtsstaats spricht. Das Einzige, was der Rechtsstaat ist, ist, konsequent zu sein, nämlich dann, wenn wir ihn ganz konsequent anwenden und die Taten, die begangen worden sind, die Straftaten sind, auch entsprechend ahnden.

Ich habe vom Fünfpunkteplan der Frau Integrationsministerin gehört und habe einmal gesagt, ja, ein Gipfel – also ich bin ein Freund des Dialogs und glaube, dass man selbst mit Leuten einen Dialog führen muss, die selbst nicht sonderlich bereit dazu sind, aber wenn sie dem Dialog folgen, halte ich das für eine richtige Maßnahme. Ich habe aller­dings schon beim zweiten Punkt nicht ganz verstanden, was die Zielsetzung dieser Maß­nahme ist, nämlich wenn es um diese Dokumentationsstelle für den politischen Islam geht. Ich persönlich bin der Meinung, dass es, wenn Gruppierungen in Österreich versu­chen, grundlegende Grund- und Freiheitsrechte mit Gewalt auszuhebeln und zu be­kämpfen, ja eigentlich ein Amt gibt, das dafür zuständig ist, solche verfassungsfeindli­chen Tendenzen in den Griff zu bekommen, und das ist das Bundesamt für Verfassungs­schutz und Terrorismusbekämpfung.

Herr Innenminister, Sie haben vorhin gesagt, Sie werden schauen, ob es da einen poli­tischen Einfluss gab. – Aus meiner außenstehenden Sicht ist der offensichtlich, und es ist das BVT, das dafür zuständig ist, zu schauen, was da passiert ist, und die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Daher verstehe ich nicht ganz, was diese Dokumentations­stelle in diesem Zusammenhang soll. Es gibt eine für verfassungsfeindliche Tendenzen zuständige Stelle, das ist das BVT und dieses hat diesbezüglich seine Verantwortung auch wahrzunehmen. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist absolut unbestritten, dass es nicht sein kann, dass Konflikte aus anderen Ländern nach Österreich importiert und hier ausgetragen werden, deswegen ist es mir auch sehr wichtig, abschließend noch etwas ganz Grundlegendes in Bezug auf diese Konflikte zu sagen. Wenn bestimmte Gruppierungen in Österreich der Meinung sind, dass sie über Jahrhunderte erkämpfte Grund- und Freiheitsrechte bekämpfen wollen, und diese auch ganz konkret mit Gewalt einzuschränken versuchen, dann muss man ihnen etwas mit­geben: Wer glaubt, dass er in eine liberale Demokratie einwandern kann und sich in dieser liberalen Demokratie mit den Rechten, die aus dieser liberalen Demokratie explizit herauskommen, die von ihr verbrieft sind, für autoritäre Regime einsetzen kann, wie die Türkei eines ist, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, der hat aus meiner Sicht etwas ganz Grundlegendes falsch verstanden.

Ich halte es für hoch problematisch, wenn jemand in einer liberalen Demokratie ein auto­kratisches Regime in dieser Art und Weise gutheißt und sich dort offensichtlich wohler fühlen würde. Wenn jemand der Meinung ist, dass es in einem autoritären Regime of­fensichtlich besser ist, und dieses gutheißt, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich auch et­was: Wem es in einer liberalen Demokratie nicht gefällt, dem ist es unbenommen, wo hinzugehen, wo es anders ist. (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Wöginger: Guter Schlusssatz!)

9.56



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.


9.56.17

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! In dieser ganzen Debatte fehlt mir eigentlich eine ganz zentrale Frage, nämlich nicht, warum das passiert, sondern, warum das, wovon wir hier sprechen, nicht in Sankt Johann im Pongau, nicht in Graz, sondern genau in Wien Favoriten passiert. Ich glaube, diese zentrale Frage ist auch die Lösung des Problems, und zwar: Es ist ein Integrations­problem.

Ich wohne seit 30 Jahren in Favoriten, ich sage Ihnen, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Bezirk verstehen nicht, wovon Sie hier reden, sie verstehen nicht, von welch abstrakten Dingen Sie reden, sondern sie wissen, woran es liegt. Es liegt an einer ver­fehlten Bezirksentwicklungspolitik (Beifall bei der ÖVP), an segregierten Grätzeln, dass nur Angehörige einer ethnischen Gruppe in einer Gasse wohnen. Es liegt daran, dass wir in Favoriten einfach zu wenig Verständnis für diese kulturellen Konflikte haben, dass die SPÖ, die dort ewig die absolute Mehrheit hatte, nie verstanden hat, dass Integration nicht heißt, irgendeinem Verein Kulturförderung zu geben und zu hoffen, dass man dann gewählt wird, sondern dass Integration heißt, auch etwas einzufordern, gemeinsam zu versuchen, in einer Gesellschaft zu leben und auch Regeln zu haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Becher.)

Es liegt natürlich auch an der türkischen Diasporapolitik, die immer versucht, die Aus­landstürken als ihre Türken zu framen und sie für die Politik der Türkei und der AKP zu vereinnahmen. Das ist nicht die Schuld einer Partei, das ist ein Problem, das wir alle gemeinsam lösen müssen, weil es auch ein Teil dieses Problems ist (Abg. Leichtfried: Haben Sie mit Herrn Kurz darüber geredet?); das möchte ich Ihnen sagen: Schuld ist nicht eine Partei (Ruf bei der SPÖ: Aber schuld ist die SPÖ!), schuld ist jeder, der dieses Problem nicht ernst nimmt, und leider gibt es ganz viele in der SPÖ, die es nicht ernst nehmen.

Es gibt da zum Beispiel zwei, die es ernst nehmen; ich sage Ihnen auch, wer: zum Bei­spiel der ehemalige Bürgermeister Michael Häupl. Im „Falter“, Ausgabe 26, zieht er das Resümee seiner Amtszeit: Ja, Integration ist ein „wunder Punkt“ dieser Amtszeit – Zitat Häupl –, es sei zu wenig gemacht worden, um diese Konflikte aufzulösen. (Abg. Rendi-Wagner: Was hat die ÖVP getan? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

SPÖ-Bezirksrätin Maryam Farzam postet, nachdem SPÖ-Gemeinderat Florianschütz und SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi bei einem türkischen Atib-Moscheeverein waren, dass der Besuch von SPÖ-Gemeinderat Florianschütz bei dieser Atib-Veranstaltung ei­ne Schande für die Menschenrechte sei, und fordert den Rücktritt von Omar Al-Rawi, der jetzt auf Platz 23 der SPÖ-Landesliste kandidiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist nicht die Schuld der SPÖ, es ist die Schuld von SPÖ-Politikern, die aus wahltakti­schen Gründen diese tiefsitzenden Probleme ignorieren und nicht lösen wollen. (Abg. Leichtfried: Reden Sie mit Herrn Kurz darüber! – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.) Ich sage Ihnen als Favoritner, der seit 30 Jahren dort wohnt, der politisiert wor­den ist, weil diese Ignoranz nicht auszuhalten ist, ich bitte Sie einfach: Tun Sie etwas, akzeptieren Sie das nicht, machen wir das alle gemeinsam! Die FPÖ hat 38,8 Prozent in Favoriten. (Abg. Kickl: Geben Sie uns noch ein paar!) Was haben Sie dazu beigetra­gen, dass die Situation in Favoriten besser wird? Wir müssen es alle machen (Zwischen­rufe bei der FPÖ), wir müssen alle das Problem ernst nehmen, denn das haben sich die Favoritnerinnen und Favoritner verdient. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die ÖVP hat eine Verantwortung (Abg. Stefan: Warum kriegt ihr keine Wähler in Favoriten?), ja, das stimmt. Was haben wir gemacht? (Abg. Kickl: Nichts! – Zwischenru­fe bei der SPÖ.) – Wir haben das Islamgesetz auf den Weg gebracht, das ganz wichtig


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 37

war, um zum Beispiel betreffend den angesprochenen Atib-Verein die Auslandsfinanzie­rung und die Steuerung durch das türkische Kultusamt zu beenden. (Abg. Kollross: Na, was habts denn gemacht ...? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was haben wir pro­biert? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Wir haben gesagt - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, die Diskussion nicht mit stän­digem Herausrufen zu stören. Sie können sich ja alle zu Wort melden. (Abg. Belako­witsch: Nein, können wir nicht! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Wögin­ger: Na, was schreist denn a so! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Abgeordneter Nico Marchetti (fortsetzend): Was haben wir gesagt? – Wir brauchen eine gemeinsame Sprache, wir brauchen eine Basis, auf der wir gemeinsam kommuni­zieren. Was hat die Bundesregierung gemacht? – Sie hat die Deutschförderklassen end­lich auf Schiene gebracht. (Beifall der ÖVP.) Wer hat dagegengestimmt? – Die SPÖ. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Rendi-Wagner.) Wir haben in den letz­ten Jahren gesagt, wir müssen ein Statement in Richtung der Kinder in den Schulen abgeben, dass Extremismus nicht okay ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben das Kinderkopftuch verboten. Wer hat dagegengestimmt? – Die SPÖ. Und Sie werfen uns dann vor, dass wir betreffend Integration nichts machen?! – Wir machen etwas, Sie ma­chen nur nicht mit; das ist das Problem. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Ich möchte mit einem Zitat von einem meiner Nachbarn in Favoriten schließen. Ich habe ihn nach der Pressekonferenz des Bürgermeisters, bei der dieser gesagt hat, das sei ein Sicherheitsproblem und kein Integrationsproblem, gefragt, was er davon hält, und er hat gesagt: Du, Nico, der Bürgermeister hat nicht die falschen Worte gewählt, sondern wir haben den falschen Bürgermeister gewählt! – Der wählt nicht noch einmal die SPÖ, und ich kann es sehr gut verstehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Die Rede war jetzt noch schlechter als die vom Kickl!)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


10.01.38

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gestern am Abend mit ein paar Favoritnerinnen und Favorit­nern zusammengesessen, und ich kann Ihnen sagen, die sind wirklich stinkert. Die sind stinkert über das, was im Bezirk abgeht; die sind stinkert, weil sie so wie auch wir nicht tolerieren wollen, dass Konflikte mit Gewalt auf der Straße ausgetragen werden; aber noch viel stinkerter sind sie, weil die Bundespolitik total versagt, weil die Sicherheitspoli­tik, die Innenpolitik total versagt, dieses Problem auch wirklich zu lösen, und weil – ganz im Gegenteil – ÖVP und FPÖ jetzt hergehen, sich da auf dem Rücken der Favoritnerin­nen und Favoritner ein Match liefern, um dieselbe WählerInnenschicht buhlen und ihnen dabei vollkommen egal ist, was vor Ort eigentlich wirklich passiert. Deswegen sind sie in der Tat stinkert, und ich kann sie verstehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Ich kann sie verstehen – und auch mich regt das auf –, weil Leute ihr eigenes Unvermö­gen damit zudecken wollen, indem Sie jetzt schreien: Haltet den Dieb!, aber in Wirklich­keit selber nichts zusammenbringen. (Abg. Kickl: Sie haben uns diese ganze Suppe eingebrockt!) – Zu Ihnen komme ich noch! – Das ist keine Politik, die auch nur ansatz­weise glaubwürdig ist. Und wer wirklich glaubt – um an meinen Vorredner anzuschlie­ßen –, dass man organsierte und orchestrierte, aus dem Ausland ferngesteuerte Rechts­extremisten mit Sozialarbeit und Integrationsmaßnahmen auf Bezirksebene in den Griff kriegt, ist entweder blauäugig oder türkis gebrainwasht. – Nicht böse sein! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 38

Was es im Gegenteil braucht, wäre zum Beispiel ein BVT, das in der Lage ist, vorher zu erkennen, was sich da zusammenbraut. (Ruf bei der SPÖ: Genau!) Das BVT hat die FPÖ aber ins internationale Abseits gebombt, und die ÖVP hat zugeschaut, weil ihr par­teipolitische Interessen wichtiger gewesen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Was es braucht, ist ein effektiver Einsatz gegen Rechtsextremismus – es ist vollkommen wurscht, ob der hausgemacht oder importiert ist (Abg. Belakowitsch: Das ist nicht wurscht!) –, und gegen jede Bewegung, die antisemitisch, die fremdenfeindlich, die ras­sistisch oder auch frauenfeindlich ist, muss vorgegangen werden; und Frauenfeindlich­keit spielt in dieser Auseinandersetzung eine ganz, ganz große Rolle. Was es zum Bei­spiel endlich braucht, ist eine gescheit funktionierende Dokumentationsstelle.

Was es auch noch braucht – das ist ganz, ganz wichtig –, ist eine gut ausgestattete und auch personell dementsprechend besetzte Polizei. Ich möchte den Vergleich mit Linz strapazieren: Favoriten hat mehr EinwohnerInnen als Linz – 207 000 um genau zu sein ‑, aber Linz hat doppelt so viele Polizisten wie Favoriten. Wir haben 306 und fordern seit Jahren 500 Polizisten plus Polizeihunde, weil wir sie einfach brauchen. Man weiß es, und es passiert nichts, gar nichts. Seit Jahren werden wir hingehalten. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Was es braucht, ist zum Beispiel, dass das Bundesweite Netzwerk Extremismuspräven­tion und Deradikalisierung auch wirklich tagt. Da würden gute Maßnahmen, gute Ideen auf dem Tisch liegen, aber sie werden einfach nicht umgesetzt. Es passiert nichts. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wenn zum Beispiel Herr Mahrer das Wort Bildung in den Mund nimmt und sagt, dass Bildung so wichtig ist – ja, ist sie! –, dann ziehe ich noch einmal den Vergleich zu Linz – wie gesagt, Favoriten hat mehr EinwohnerInnen als Linz –: Linz hat zwölf öffentliche AHS, wir haben drei. Linz hat neun berufsbildende mittlere und höhere Schulen, wir ha­ben vier. Sie hungern die Vorstadt aus und schreien dann: Um Himmels willen, was ist da los? – Geben Sie doch den jungen Menschen endlich Perspektiven und Möglichkei­ten, sich auch dementsprechend zu entfalten und ihren eigenen Lebensweg zu gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Favoriten ist ein ganz wunderbarer Bezirk. Ich lebe dort seit vielen, vielen Jahrzehnten. Favoriten – und das muss man auch sagen – hat ausgesprochen relaxte, coole und tole­rante BezirksbürgerInnen. (Ruf bei der FPÖ: Nicht alle!) Wir waren historisch gesehen seit jeher ein Schmelztiegel. Victor Adler und die Ziegelböhmen sind nur ein Garant da­für. Favoriten ist eben größer als Linz und braucht auch einen dementsprechenden Back-up vom Bund. Es geht nicht, dass wir alle Probleme alleine stemmen, das schaffen wir einfach nicht. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Favoriten ist ein liebens- und le­benswerter Bezirk. Ich möchte auch ganz besonders Bezirksvorsteher Marcus Franz herausstreichen, der sich unglaublich bemüht, der ganz nahe bei den Menschen ist, der eine wunderbare Persönlichkeit ist und der die Probleme aller Favoritnerinnen und Favoritner ernst nimmt. Es wird aber nicht möglich sein, in einem Bezirk in Wien alle Probleme zu lösen, wenn der Bund auslässt.

Es braucht mehr Polizisten und keine Ponyhofexperimente, es braucht mehr Schulen, es braucht mehr an Finanzen, an Möglichkeiten. Ich würde wirklich darum ersuchen, dass man dieses Thema, meinen Heimatbezirk nicht dazu hernimmt, politisches Klein­geld zu wechseln (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi), sondern wirklich endlich eine Sicherheitspolitik, eine Integrationspolitik und eine Innenpolitik macht, mit der man vor Ort in der Vorstadt etwas anfangen kann. – Danke sehr. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 39

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


10.06.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Die Rednerin stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der Bundeskanzler Kurz neben mehreren Männern – deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden –, die den soge­nannten Wolfsgruß zeigen, abgebildet ist.) Zu meiner Vorrednerin nur ein Wort: Es ist ein bisschen überraschend, dass gerade die SPÖ in Wien jetzt nach mehr Gymnasien schreit, das ist etwas ganz Neues (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), aber ich nehme das wohlwollend zu Kenntnis. Bisher haben Sie die Gymnasien ja immer bekämpft, Sie wollten sie ja auflösen und stattdessen die IGS einführen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Steinacker und Wöginger. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren: Über Jahrzehnte hat man Menschen aus der Türkei hereingeholt, hat man Menschen aus dem arabischen Raum hereingeholt, und wir Freiheitlichen haben über Jahrzehnte gewarnt. Wir haben nämlich davor gewarnt, dass diese Personen sich gar nicht integrieren wollen, dass wir in Wien Parallelgesellschaften haben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Heute sehen wir: Es sind Gegengesellschaften.

Ich habe in meinen alten Reden gekramt: 2005 habe ich das erste Mal in einer Rede gesagt, dass es in Wien Gegengesellschaften gibt. Heute haben wir in Favoriten genau dieses Ergebnis.

Jetzt sage ich aber auch – noch einmal zu meiner Vorrednerin –: Das, was in Favoriten passiert ist, kann genauso im 20. Bezirk passieren, es kann im 16. Bezirk passieren, es kann in allen möglichen Gegenden Wiens passieren – und das ist ja der Wahnsinn. Je­mand mag ein guter Bezirksvorsteher sein, das will ich jetzt nicht beurteilen, die Frage ist aber, was man in den letzten Jahren gemacht hat. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Ich habe immer nur gehört, dass das alles so tolle Leute sind, die einmal all unsere Pensionen bezahlen werden. Heute wissen wir, das wird alles gar nicht funktionieren, denn ein Gutteil dieser Jugendlichen und deren Eltern sind schlicht und einfach Mindest­sicherungsbezieher. Das sollten Sie auch einmal ganz ehrlich sagen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie immer sagen, Bildung ist vererbt, dann haben Sie in diesem Sinn sicherlich recht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Bildung ist vererbt; und wenn Eltern keine Bildung haben und keinen Wert darauf legen, dann wird bei den Kindern auch wenig stattfinden. Und wenn man jetzt aktuell davon redet, wo die 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind, die für ihre Lehrer während der Coronakrise nicht erreichbar waren, dann müssen wir einmal in diese Communitys hineinschauen. Dort werden wir sie näm­lich finden, weil Bildung dort keinen Wert hat.

Das ist ja genau das Problem: Diese jungen Menschen ohne Ausbildung, ohne Perspek­tive sind daher anfällig für Botschaften von Hasspredigern und auch von Herrn Erdoğan.

Da Sie, Herr Innenminister, sich hierherstellen und sagen: „Wenn sich herausstellen sollte, dass es einen türkischen Einfluss [...] gibt“, möchte ich schon sagen: Wir brauchen uns doch nur anzuschauen, wie die in Wien lebenden Türken bei den letzten türkischen Wahlen abgestimmt haben. – Zwei Drittel haben Erdoğan gewählt, also da braucht man nicht mehr lange nachzuforschen. (Abg. Steinacker: ... Rechtsstaat steht über allem!) Natürlich gibt es da einen türkischen Einfluss, Herr Innenminister, da brauchen Sie nicht zu forschen, das ist eindeutig, denn da braucht man nur nachzuschauen. Was ist denn da passiert? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steinacker.) – Da hat die Integration auf der ganzen Linie versagt.

Jetzt ist es natürlich – ich verstehe das schon – ein Leichtes, zu sagen: Die Wiener Stadtregierung hat versagt! – Na selbstverständlich hat sie versagt, sie versagt bis zum heutigen Tag! Sie hat auch die Mindestsicherung Neu nicht umgesetzt. All das tut sie;


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aber – und jetzt komme ich zur Bundesregierung –: Mehr als sieben Jahre lang für Inte­gration zuständig war der jetzige Bundeskanzler Kurz, und es ist nichts passiert im Be­reich Integration. Die derzeitige Integrationsministerin war Sektionschefin und verant­wortlich für den Bereich Integration, und es ist nichts passiert im Bereich Integration. Es ist alles weitergelaufen wie bisher. Und es ist auch die ÖVP, die meine Anträge jetzt schon mehrmals abgelehnt hat, vor allem Klubobmann Wöginger im Sozialausschuss, dort hat er sich ganz großgemacht: Nein, wir fordern die Bundesländer, wir fordern Wien nicht auf, die Mindestsicherung Neu umzusetzen! – All das sind Dinge, die der Integra­tion eben nicht förderlich sind, und da wird auch vonseiten der Bundesregierung perma­nent dagegengearbeitet, meine Damen und Herren!

Die ÖVP war auch in den letzten Jahrzehnten vorne mit dabei. Entschuldigen Sie, aber Sie waren immer in der Bundesregierung, bei diesem ganzen Einwanderungswahnsinn, der seit den Neunzigerjahren hier in Österreich passiert ist. Ihr wart immer dabei und ihr seid ja auch recht froh, dass es diese Unterschicht gibt, die nach Österreich geholt wor­den ist, weil ihr die Billigarbeitskräfte für eure Industrie, für die mächtigen Bauriesen braucht. – All das ist der Hintergrund, und ihr habt nichts dagegen gemacht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt noch ein Wort betreffend Kurden: Ja, die Kurden haben berechtigte Anliegen. Ja, die Kurden sind unterdrückt, sie haben kein eigenes Land, sie haben kein eigenes Ter­ritorium. Ihre Anliegen sind berechtigt, aber das gibt ihnen nicht das Recht, im Gastland alles in Schutt und Asche zu legen.

Eines, Frau Kollegin von den Grünen, sage ich Ihnen schon: Ein Problem haben wir in Favoriten, und das ist vielleicht der große Unterschied zu anderen Bezirken: Es gibt dort das Ernst-Kirchweger-Haus. Das ist eine autonome linksextremistische Szene, die sich da breitgemacht hat, die mit Demokratie überhaupt nichts am Hut hat. Die lehnen De­mokratie ab, die lehnen den Staat ab, die nehmen nur gerne das Geld, das von diesem Staat, von den Steuerzahlern an dieses Haus gezahlt wird. Sie zahlen nämlich nur 1 Eu­ro symbolische Miete und leben auf Steuerzahlerkosten. Sie sind de facto Sozialschma­rotzer. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben nichts anderes gemacht, als die Kurden für ihre Zwecke zu missbrauchen. Sie wollen nämlich nichts anderes, als Krawall zu machen, die Stadt in Schutt und Asche zu legen. Das ist der Grund, und daher gehört dieses Ernst-Kirchweger-Haus endlich geschlossen. Herr In­nenminister, da müssen Sie endlich handeln! Da gehört auch einmal - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Wir wollen solche Situationen in Wien nicht mehr haben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Jene, die keine Staats­bürger sind, gehören umgehend abgeschoben, und alle anderen soll bitte die Härte des Gesetzes treffen. Identitätsfeststellungen allein nützen da nicht, es müssen Festnah­men, Anzeigen und Verurteilungen erfolgen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.


10.12.58

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es gibt da dieses Versprechen, abgegeben im Mai 1945 über alle Parteigrenzen hinweg, sechs Worte, zwei Sätze; sie definieren die beiden Säulen, auf denen unsere Demokratie, unser Land wieder errichtet wurde: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)


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Dieses Versprechen bindet uns noch heute, und es ist Auftrag für uns alle hier im Hohen Haus. Wenn es aber um den Umgang mit dem Faschismus geht, dann kann man die Uhr danach stellen: Es gibt eine Partei, die regelmäßig auf der falschen Seite steht! (Abg. Amesbauer: Aber geh!) Wenn es um Ustascha-Faschisten geht, die in Kärnten einmal im Jahr aufmarschieren, und alle Parteien dieses Hauses dem Innenminister den Auftrag erteilen sollen, diesen Spuk endlich zu beenden: Wer ist dagegen? – Die FPÖ! (Abg. Scherak: Die haben dafür gestimmt!) Wenn es um türkische Faschisten geht, die for­dern, das Ernst-Kirchweger-Haus zu schließen: Wer schließt sich dieser Forderung an? – Die FPÖ! Wenn es um identitäre Faschisten geht: Wer lädt sie zu Redebeiträgen oder Autorenbeiträgen ein? – Die FPÖ! (Abg. Kickl: Was sind Sie für ein Faschist? – Ein Antifaschist!)

Jetzt sage ich Ihnen etwas, meine Damen und Herren von der FPÖ: Nicht nur die Vize­bürgermeisterin war in Favoriten, auch ich war dort (Beifall und Bravorufe bei den Grü­nen – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), und zwar nicht nur in meiner Funk­tion als grüner Sicherheitssprecher in enger Abstimmung mit dem Herrn Innenminister, dem Polizeipräsidenten und dem Behördenvertreter vor Ort – und die Polizei hat dort einen schwierigen Einsatz gut bewältigt (Beifall bei Grünen und ÖVP) –, sondern als Staatsbürger, denn wenn ich höre, dass Faschisten Menschen in Österreich, in Wien, in meiner Stadt, an Leib und Leben bedrohen – wegen ihrer Einstellung, wegen ihres Ge­schlechts oder wegen ihrer Herkunft –, dann ist mein Platz neben diesen Menschen und an der Seite dieser Menschen, weil genau an diesem Punkt die rote Linie, die es in dieser Zweiten Republik gibt: Nie wieder Faschismus!, überschritten wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hören Sie doch bitte anderen genauso zu wie Ih­ren eigenen Rednern! Das betrifft mehrere Parteien.


Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Es genügt nicht, allein der Namen der Opfer zu gedenken; wir haben sicherzustellen, dass der Faschismus nie wieder Opfer fordert!

Wenn Sie mir sagen, das wäre Alarmismus, das wäre zu früh gerufen, dann antworte ich Ihnen mit Erich Kästner: Wir müssen „den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine“ des Faschismus „hält keiner mehr auf“.

Manchmal, meine Damen und Herren, ist es wichtig, sich des Grundsätzlichen zu er­innern. Nun, dann werden wir grundsätzlich: Es lebe das demokratische Österreich! Nie wieder Faschismus! – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Douglas Ho­yos. – Bitte.


10.16.30

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Ich meine, diese Debatte hat etwas vermissen lassen, das aber gerade bei diesem Thema angemessen gewesen wäre, und das sind Besonnenheit und Rationalität. Ich glaube, gerade in solchen Zeiten, in denen wir leben – und das ist nicht ohne, was in Favoriten in den letzten Wochen oder in den letzten Tagen immer wieder passiert ist –, ist es nicht unbedingt vorteilhaft, wenn man für eine Aktuelle Stunde solch einen Titel wie die FPÖ heute wählt. Dieser Titel ist nämlich fernab von genau jener Rationalität und jener Besonnenheit, die es brauchen würde. (Abg. Kickl: Er trifft es auf den Punkt!)

„Sicherheit statt importierter Gewalt durch Fremde – für ein sofortiges Ende multikultu­reller Konflikte in Österreich“: Ich glaube und ich hoffe, dass ich jetzt für alle hier spre­chen kann: Alle in diesem Haus werden Ja zu Sicherheit sagen, und alle in diesem Haus


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werden Nein zu Gewalt sagen, das ist auch wichtig, aber daran, wie Sie das formulieren, fehlt genau diese Besonnenheit.

Wir haben auch alle, glaube ich, kein Verständnis und keine Toleranz für Gewalt oder für Aggression, aber – um in Ihrem Jargon zu bleiben, liebe Freunde von der FPÖ – Sie reden immer von importierter Gewalt. Mir ist egal, ob diese Gewalt importiert oder haus­gemacht ist – Ihr Jargon –, mir ist auch egal, welche Motivlage dahinter ist, und ebenso die Staatsbürgerschaft dieser Gewalttäter. (Abg. Kickl: Aber jetzt reden wir einmal über die importierte! ...!) Die Gewalt ist grundsätzlich abzulehnen, und dementsprechend muss unser Maßstab, den wir ganz klar festgelegt haben, immer einer sein, und das ist das Gesetz. Das Gesetz ist der Maßstab, an dem wir messen müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich würde die zwei Begriffe Besonnenheit und Rationalität gerne noch um einen weiteren ergänzen, nämlich um den Begriff Wachsamkeit. Wachsamkeit ist auch in dieser Debatte bisher zu kurz gekommen, aber ich glaube, es ist sehr wichtig, das anzuführen. Wir er­leben nämlich genau in dieser Debatte gerade eines: dass dieses Thema dann hohe Konjunktur, politische Konjunktur hat, wenn eine Wienwahl ansteht, und das kann es doch nicht sein! Es muss doch unabhängig von der politischen Konjunktur sein, dass wir uns mit dem Thema Gewalt in unserem Land auseinandersetzen und dass wir versu­chen, rational Lösungen zu finden, die nachhaltig und langfristig sind.

An dieser Stelle muss ich schon einen Abgeordneten hervorheben, und zwar Kollegen Mahrer, den ich persönlich höchst schätze, und auch den Diskurs mit ihm schätze ich immer, aber ganz ehrlich: sich hierherzustellen und sich so für den Wiener Wahlkampf missbrauchen zu lassen, das kann ich nicht nachvollziehen; weil es Ihnen auch nicht steht, weil Sie genau das normalerweise in der Debatte haben: Rationalität und eben eine gewisse Besonnenheit, die notwendig ist. Das haben Sie heute vermissen lassen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben am Donnerstag – und das ist, glaube ich, ein zentraler Punkt, den auch Kolle­ge Scherak kurz angesprochen hat – das erste Paket zur BVT-Reform auf der Tagesord­nung, das wir, wovon ich ausgehe, beschließen werden. Diese BVT-Reform zeigt auch, dass wir massiven Nachholbedarf haben. Wir haben massiven Nachholbedarf, das sa­gen uns nicht nur unsere internationalen Partner – das war ja in den letzten Wochen und Monaten oft genug in den Medien –, sondern das wissen wir auch aus eigener Erfah­rung.

Schauen wir uns den jüngsten Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2018 an (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend) – er ist nicht besonders dick –: Das BVT sollte sich mit genau diesen Thematiken auseinandersetzen, aber da gibt es einfach keine sachlichen Argumente, es gibt auch keine Vorbereitung darauf. Wenn ich das mit Deutschland vergleiche, muss ich sagen: In Deutschland hat der Verfassungsschutzbe­richt circa 400 Seiten, ist ein richtiger Wälzer, und darüber hinaus gibt es zu einzelnen Gefahrenszenarien, zu einzelnen Szenarien noch Extraberichte. Das hier (einen Stapel Ausdrucke in die Höhe haltend) sind nur die Extraberichte, die unsere Freunde in Deutschland zu den einzelnen Themen, zu den einzelnen Kapiteln zusammengeschrie­ben haben. So etwas würde ich mir auch vom BVT erwarten, um eine Grundlage für die Diskussion hier zu haben. (Beifall bei den NEOS.)

Uns Abgeordneten geht es dann leider sehr oft so, dass wir am Ende des Tages da­stehen und nur eine Sache in der Hand haben: nämlich Medienartikel. Viel mehr Infor­mationen haben wir nicht. Das ist eigentlich katastrophal, nämlich katastrophal dahin gehend, wie wir dann damit umgehen und welche Maßnahmen wir ableiten können.

Was wir fordern und was wir brauchen, ist eine neue Qualität im Staatsschutz, nämlich dass wir wirklich gescheite Berichte haben, dass das BVT gut aufgestellt ist und auch


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seiner Arbeit nachgehen kann; auf der anderen Seite sind auch Rationalität und Beson­nenheit in diese Diskussionen zu bringen – dann wird etwas weitergehen und dann wer­den wir auch das schaffen, was, glaube ich, dringend notwendig ist: Gewalt in Österreich endgültig zu verringern beziehungsweise die Gewaltprävention in den Vordergrund zu stellen. (Beifall bei den NEOS.)

10.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

10.21.39Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2559/J bis 2652/J

2. Anfragebeantwortungen: 1842/AB bis 1905/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Mai 2020 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz, vorge­legt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 26 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 26 betreffend "Rettet das Bundesheer", überreicht von den Abgeordneten Robert Laimer, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff

Bürgerinitiative Nr. 28 betreffend "Erhalt des Bezirksgerichtes am Standort Telfs"

Bürgerinitiative Nr. 29 betreffend "Freiwilligkeit von Schutzimpfungen in der österrei­chischen Verfassung verankern"

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Zentralmatura – Reihe BUND 2020/22
(III-149 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Monitoringreport betreffend Klima- und Energieziele – Berichtsjahr 2019, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie (III-153 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 44

Verfassungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates über das Geschäftsjahr 2019 gemäß § 47 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz 2000 (III-156 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Verkehrstelematikbericht 2020, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-152 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bericht betreffend Stand der Umsetzung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes (EEffG) in Österreich für das Jahr 2019 gemäß § 30 Abs. 1 und Abs. 3 EEffG, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie (III-154 d.B.)

Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2018-2019 (III-155 d.B.)

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um Punkt 2 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Indus­trie und Energie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlas­tenausgleichsgesetz 1967, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Epidemiege­setz 1950 geändert werden (337 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diesen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Dieser Tagesordnungspunkt wird daher nicht in Verhandlung genommen.

Die Nummerierung der nachfolgenden Tagesordnungspunkte bleibt jedoch entspre­chend der ausgegebenen Tagesordnung unverändert.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 3, 6 bis 8, 12 und 13, 14 und 15, 16 bis 19, 21 und 22 sowie 24 und 25 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde folgender Konsens über die Dauer der Debatten erzielt: Es wurde eine Tages­blockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 156, SPÖ 108, FPÖ 88, Grüne 80 und NEOS 64 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 32 Minuten, 5 Minuten je Debatte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 45

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Wer für die eben dargestellten Redezeiten ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.23.461. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Re­gierungsvorlage (287 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Melde­standard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsge­setz 2020 – KonStG 2020) (336 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (288 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelas­tungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) erlassen wird (338 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 3 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich darf die Bundesministerinnen Schramböck und Köstinger herzlich begrüßen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner. – Ich erteile Ihnen das Wort, bitte.


10.24.42

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit einem prognostizierten Wirtschaftsabschwung von minus 7 Prozent und mit derzeit mehr als 10 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich ist unser Land in einer der größten sozialen und wirtschaftlichen Krisen seit 1945 – eine Krise, die nicht morgen vorbei sein wird, eine Krise, die sich nicht von selbst auflösen wird, und eine Krise, die nicht alle Menschen in Österreich gleich trifft. Nein, diese Krise trifft eine Gruppe in Ös­terreich ganz besonders: Es sind die kleinen und mittleren Unternehmen, diese Unter­nehmerinnen und Unternehmer.

Auch eine zweite Gruppe ist davon betroffen: Das sind die halbe Million Arbeitslosen unseres Landes. Da sind es vor allem die jugendlichen Arbeitslosen, die unter 25-Jähri­gen, die durch die Coronakollateralschäden besonders hart getroffen wurden, die wahr­scheinlich keine Aussicht auf einen Lehrplatz im Herbst haben oder ihren Job bereits verloren haben. Es trifft aber auch die älteren Arbeitslosen und die Langzeitarbeitslosen.

Ja, und nicht zufällig formulierte erst vor ein paar Tagen ein bekannter österreichischer Wirtschaftsforscher betreffend die Situation wie folgt: „Der Arbeitsmarkt ist das sozial­politisch dramatischste Kapitel“ an der Coronakrise – das „dramatischste Kapitel“ an der Coronakrise! Also muss unser ganzer Fokus in der Politik, egal ob Regierung oder Op­position, genau darauf gerichtet sein, den Arbeitsmarkt im Fokus zu haben und die Be­schäftigung zu stärken. (Beifall bei der SPÖ.)


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Warum sagen die Wirtschaftsforscher das? – Sie sagen das, weil sie auch schon Daten für das nächste Jahr auf dem Tisch haben. Sie haben Daten, die sagen, dass 2021 die Arbeitslosigkeit mit 9 Prozent und teilweise über 9 Prozent weiterhin hoch bleibt. Das sind keine guten Prognosen, das sind düstere Prognosen, wenn man nicht gegensteuert, wenn man nicht entschlossen, hart und kraftvoll gegensteuert, und zwar nicht erst im Herbst oder vielleicht nächstes Jahr, sondern schon jetzt.

Wenn man das nicht tut, führt das für all die betroffenen, vor allem schwer und hart getroffenen Gruppen, die ich schon erwähnt habe, direkt in eine verfestigte Arbeitslosig­keit, direkt in die Ecke der Armut. Wenn nicht gegengesteuert wird, dann droht Österreich im Herbst, dann, wenn der positive Sommersaisonbeschäftigungseffekt verpufft ist, Frau Ministerin, dann, wenn die alten, schon vor Corona eingegangenen Aufträge in Industrie­konzernen abgearbeitet sind, eine zweite Welle der Arbeitslosigkeit, eine zweite Welle der Insolvenz der österreichischen Unternehmen.

Vor dem Hintergrund all dieser Zahlen, vor dem Hintergrund all dieser Wirtschaftswar­nungen fragen sich viele in Österreich – auch wir fragen uns das –: Wie wollen Sie unser Land konkret aus dieser Krise führen? Wie schaut Ihr Plan konkret aus? Wie schaut Ihr Ziel aus? Genau diesen Plan und dieses Ziel konnte ich und konnten viele Expertinnen und Experten unseres Landes bis heute nicht erkennen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Maßnahmen, die Sie in den letzten Wochen und auch heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, auf den Tisch gelegt haben, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregie­rung, sind mehr als unambitioniert. Ihre Vorschläge sind planloses Stückwerk – so be­nennen es viele Wirtschaftsforscher. Ja, Ihr Plan und Ihr Weg sind kraftlos. Es ist kein nachhaltiger, kein vorausschauender Weg: eine Ministeuerreform, die eine kleine Tarif­reform ist; Einmalmaßnahmen mit Einmaleffekten; eine Einmalzahlung im Herbst von 450 Euro an Arbeitslose; eine Einmalzahlung für Kinder; eine kurzfristige Mehrwertsteu­ersenkung. Das sind kurzfristige Maßnahmen, die nicht das Morgen und schon gar nicht das Übermorgen oder die nächsten Jahre im Blick haben. (Abg. Hörl: Aber angenehme!)

Es braucht eine gemeinsame, es braucht eine große vorausschauende Kraftanstren­gung, um unser Land erfolgreich aus dieser größten sozialen und Wirtschaftskrise he­rauszuführen, und zwar nicht nur in den nächsten Monaten, sondern für die nächsten Jahre. Es braucht eine Kraftanstrengung von uns allen, den Konsum in Österreich wieder nachhaltig anzukurbeln, den Konsum und die Wirtschaft damit zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern, Arbeitsplätze von morgen zu schaffen – dazu braucht es heute den Plan, Frau Ministerin, und nicht erst morgen oder nächstes Jahr; dann ist es zu spät. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit einer kleinen Ministeuerreform, mit einmaligen Almosen, die Sie gönnerhaft an die Menschen dieses Landes verteilen, die unter anderem auch Sie mit Ihrem zögerlichen, schlechten Handeln in den letzten Monaten in diese Situation gebracht haben, wird dieser Weg nicht gelingen. Wir fordern das größte Konjunkturpaket in der Geschichte der Zweiten Republik. Wir fordern, dass die Beschäftigung in Österreich gestärkt wird, und unser Vorschlag würde in den nächsten Jahren 350 000 Arbeitsplätze in Österreich schaffen – ein notwendiger Schritt für unser Land und für die Menschen, die hier arbeiten und leben. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit unserem Vorschlag für eine Steuerreform nicht in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro, sondern in der Höhe von 5 Milliarden Euro – es muss fetzen, Frau Ministerin, wir haben keine andere Chance – haben wir einen dreimal so hohen Konjunktureffekt und die Men­schen haben dreimal so viel Geld monatlich zur Verfügung – Geld, das sie in den Kon­sum, in unsere Wirtschaft und damit auch in unsere Arbeitsplätze stecken. (Ruf bei der ÖVP: Überzeugen Sie den Doskozil!) Was machen Sie? – Sie handeln frei nach dem Motto: Es kriegen alle ein bisserl was, aber keiner kriegt das, was er oder sie wirklich


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braucht – nicht die Arbeitslosen, nicht die arbeitenden Menschen durch eine wirklich funktionierende und spürbare Steuerreform und auch nicht die Wirtschaft unseres Landes! Oder, wie es unser Präsident Katzian formulierte: Das Paket der Bundesregie­rung ist kein Wumms und schon gar kein Megawumms, es ist bestenfalls ein Klacks!

Wissen Sie, was das Problem eines Klackses ist? – Ein Klacks hat keine Wirkung. Ein Klacks hat keine Kraft – sozialpolitisch keine Kraft, wirtschaftspolitisch keine Kraft und auch keine Kraft, was die Beschäftigungsstärkung betrifft. Ja, und mir ist jetzt auch klar, warum Sie den letzten Gesetzesanträgen keine Wirkungsfolgenabschätzungen beige­legt haben: weil Sie nicht belegen können, was Ihre Maßnahmen bewirken, denn sie bewirken nichts! Sie bewirken nichts für die Arbeitslosen, sie bewirken nichts für die Unternehmerinnen und Unternehmer. (Abg. Steinacker: Ich hab’ geglaubt, Sie waren auch einmal Ministerin!) Oder können Sie benennen, wie viele Arbeitslose Sie mit Ihren Maßnahmen in den nächsten Jahren mit einem Job versehen? (Abg. Haubner: ... haben noch nie einen Arbeitsplatz geschaffen, sondern nur vernichtet!) Können Sie sagen, wie viele Insolvenzen Sie durch Ihre Maßnahmen in den nächsten Monaten und Jahren ver­hindern werden? – Nein, das Bundeskanzleramt weiß es nicht, das Finanzministerium weiß es nicht, und Sie als Wirtschaftsministerin wissen es offenbar auch nicht. (Ruf bei der ÖVP: ... Sie einmal den Doskozil!) Dabei wäre es genau diese Wirkung, diese Kraft, die unser Land jetzt bräuchte, diese gemeinsame Kraftanstrengung am gemeinsamen Weg aus dieser größten Wirtschaftskrise. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir haben viele Ideen, wir haben viele Vorschläge auf den Tisch gelegt (Abg. Steinacker: So wenig von Wirtschaft verstehen!), und die Uhr tickt; die Uhr tickt für viele Menschen dieses Landes jeden Tag, sie kämpfen um ihre Existenzen. Handeln Sie endlich, handeln Sie mutig, entschlossen! (Abg. Steinacker: Das Geld wächst nicht auf den Bäumen, wie Sie glauben!) Schauen Sie nicht nur auf heute, schauen Sie auf morgen, schauen Sie voraus, und bitte ohne ideologische Scheu­klappen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.


10.33.19

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Rendi-Wag­ner, Sie sind herzlichst eingeladen, diese Punkte mitzubeschließen, diese Entlastungs­maßnahmen mitzutragen, denn was machen wir von dieser Bundesregierung seit Mo­naten? – Wir helfen jenen, die in Not geraten sind. (Abg. Rendi-Wagner: Aber es ist zu wenig!) Wir entlasten die Menschen (Abg. Rendi-Wagner: Es ist zu wenig!), wir kurbeln die Wirtschaft an. Und was machen Sie? – Sie stimmen nicht mit, meine Damen und Herren – das ist die Realität (Abg. Rendi-Wagner: Es ist zu wenig!) –, vielleicht weil es der Herr Landeshauptmann aus dem Burgenland nicht zulässt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie tragen keine dieser Maßnahmen mit, und das werden Sie zu verantworten haben. (Abg. Matznetter: Von wann stammt denn der ...? Von vor der Krise oder nach der Kri­se?) Sie können als Oppositionspartei eine andere Rolle einnehmen, das sei Ihnen un­benommen, aber Sie haben auch die Verantwortung, den Menschen zu erklären, warum Sie diese Maßnahmen nicht mittragen. Daran werden wir Sie messen und daran wird auch die Bevölkerung Sie messen, meine Damen und Herren (Abg. Matznetter: ... dann sieht man auch, was dabei ist!), denn: Wenn die SPÖ nicht zustimmt, wenn wir den Eingangssteuersatz absenken, und darüber haben Sie kein einziges Wort verloren - - (Abg. Matznetter: Das war schon vor der Krise, Herr Klubobmann!) – Herr Kollege Matz­netter, du bist schon so lange im Haus, dass du eigentlich einen Funken Anstand und


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Benehmen haben könntest, anstatt immer dazwischenzurufen; aber es geht anschei­nend nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir senken den Eingangssteuersatz. (Abg. Matznetter: Mit der FPÖ ist das schon pak­tiert gewesen!) Im Übrigen ist das fast unisono das Paket, das wir mit der FPÖ vor zwei Jahren ausverhandelt haben (Abg. Matznetter: Genau! Keine Krisenmaßnahmen!), näm­lich den Eingangssteuersatz abzusenken. Dazu sehen wir für Niedrigverdiener (Abg. Matznetter: Wirkungslos und alt...!), weil uns das auch ein Anliegen ist, 100 Euro als Rückerstattung im Bereich der Sozialversicherung vor. Wir machen einen Verlustrück­trag. Was ist das? – Das bedeutet, dass sozusagen bezahlte Steuern wieder zurückge­zahlt werden; da werden bei einem Unternehmen mehrere Jahre miteinander verglichen. Das wird hier eingeführt. Es wird auch die degressive Abschreibung sozusagen massiv ausgeweitet und ausgebaut. Wir führen eine Investitionsprämie von 14 Prozent bezie­hungsweise von 7 Prozent ein, was natürlich auch ein gewaltiger Anschub für Investitio­nen sein wird.

Das Gemeindepaket, das wir schon beschlossen haben, erwähne ich nebenbei, nämlich 1 Milliarde Euro als intensive Maßnahme für den ländlichen Raum, für unsere Kommu­nen, für unsere Gemeinden – da waren Sie auch dagegen –, weiters ein Forstpaket mit einem Volumen von 350 Millionen Euro. Man kann da natürlich unterschiedlicher Mei­nung sein. Ich komme aus dem Bezirk Schärding, bei uns ist die gesamte Donaugegend vom Borkenkäfer kahlgefressen. Unsere Forstwirte leiden seit Jahren darunter. Wir ha­ben ein Paket im Ausmaß von 350 Millionen Euro auf den Weg gebracht, um genau dort zu helfen, um der Situation dort entgegenzutreten, um die Wiederaufforstung voranzu­treiben, um einen klimafitten Wald zu schaffen – aber das ist Ihnen in der Sozialdemokra­tie ja immer wurscht gewesen, wie es den Bauern geht. Uns ist es nicht wurscht, meine Damen und Herren, wir stehen zu unseren Landwirtinnen und Landwirten! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir schaffen auch eine Entlastung von 50 Millionen Euro im Bereich der Sozialversiche­rung für die Bäuerinnen und Bauern. Die waren es nämlich, die die ganze Zeit herge­halten haben, auch in der Zeit der Krise, die uns die Tische mit hochqualitativen Lebens­mitteln gedeckt haben (Abg. Kickl: Na ja! Na ja! Schön wär’s, wenn das alles aus Ös­terreich käme!), und deshalb gibt es diese Entlastungsmaßnahmen im Bereich der So­zialversicherung.

Ich bin auch gespannt, meine Damen und Herren von der SPÖ, wie Sie sich morgen verhalten werden. Wir haben morgen den Kinderbonus auf der Tagesordnung. Wir reden da von 360 Euro pro Kind, die zusätzlich zur Familienbeihilfe im September ausbezahlt werden (Abg. Loacker: Darüber solltest du morgen reden!); 360 Euro, das heißt, bei zwei Kindern 720 Euro, bei drei Kindern 1 080 Euro. Warum? – Weil wir damit besonders Familien mit Kindern in einer sehr schwierigen Zeit den Rücken stärken wollen. Die letz­ten Monate, in denen die Schulen nicht offen waren und natürlich auch entsprechende Ausgaben zu tätigen waren, waren für viele Eltern sehr, sehr herausfordernd. Das sind Maßnahmen, mit denen wir der Coronakrise entgegentreten, indem wir gerade auch den Eltern und den Familien diese Unterstützung geben – eine sozialpolitische und familien­politische Maßnahme, die wir brauchen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und wir sehen eine Einmalzahlung von 450 Euro für Menschen, die derzeit arbeitslos sind, vor. Auch betreffend Arbeitslosigkeit ein Wort – Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie sind da so drübergegangen –: Ich glaube schon, dass die Bevölkerung in Österreich ein Anrecht darauf hat, zu erfahren, wie derzeit die Zahlen konkret ausschauen (Abg. Rendi-Wagner: Saisoneffekt!); aber das zu sagen haben Sie verabsäumt. (Abg. Rendi-Wagner: Sommersaisoneffekt!) Sie reden von 500 000 Arbeitslosen. Ich hätte geglaubt, dass die Sozialdemokratie noch irgendeinen Weg hat, um an Zahlen und Daten aus dem


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Sozialressort zu kommen, aber anscheinend ist dieser Weg abgeschnitten worden. Wir haben derzeit, mit heutigem Stand, 442 089 Arbeitslose – das sind viel zu viele, keine Frage, aber wir hatten 600 000; und im Vergleich zur Vorwoche sind es 21 051 weniger. Innerhalb einer Woche sind es 21 000 Arbeitslose weniger!

Wissen Sie was, meine Damen und Herren? – Genau das ist der Weg! Wir wollen die Menschen in die Arbeit zurückbringen, denn Arbeit schafft Wohlstand, Arbeit schafft Einkommen. Sozial ist, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sind – man höre und staune – derzeit, aktuell 403 382 Menschen in Kurzarbeit; in der Höchstphase von Corona waren es 1,3 Millionen. Wir haben ein Kurzarbeitsmodell, das seinesgleichen sucht, und ich bin wirklich froh, dass das in Österreich auch so umgesetzt wurde – der Dank gilt den Sozialpartnern und auch dem Hohen Haus, das das verab­schiedet hat. Es sind 900 000 Menschen weniger in Kurzarbeit als in der Höchstphase von Corona. Was heißt das? – Dass sich Gott sei Dank unsere Wirtschaft erholt, dass sich die Betriebe langsam erholen. Das beweisen diese Zahlen, und das ist es, was wir wollen: dass die Menschen an ihre Arbeitsplätze zurückkommen, dass sie weiterhin für unsere Wirtschaft tätig sein können, denn das sichert die Einkommen der Menschen.

Ich gebe Ihnen nur noch zwei Beispiele, meine Damen und Herren: Wenn ein Ehepaar, Mann und Frau, zwei Partner jeweils 2 000 Euro brutto verdienen und drei Kinder haben, dann bekommen sie 1 780 Euro mehr für diese gesamte Familie, denn die Steuerentlas­tung gilt rückwirkend ab 1. Jänner und für die drei Kinder gibt es 1 080 Euro. Oder neh­men wir als Beispiel eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind, die – vielleicht als Teil­zeitkraft in einem Spital – 1 900 Euro brutto verdient: Sie bekommt 710 Euro mehr für sich und ihr Kind.

Meine Damen und Herren, das sind Maßnahmen, die wir hier beschließen, die von einer hohen sozialpolitischen Verantwortung getragen sind, die genau dort wirken, wo sie wir­ken müssen, nämlich bei den betroffenen Menschen in unserem Lande. Wir setzen hier Maßnahmen, mit denen die Kaufkraft gestärkt wird. Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie haben gesagt, die Kaufkraft müsse gestärkt werden. – Das stärkt die Kaufkraft, weil wir mit diesen Maßnahmen direkt Cash, direkt Geld zu den Menschen bringen.

Abschließend: Meine Damen und Herren von der SPÖ, ich bin wirklich gespannt, wie Ihr Abstimmungsverhalten heute und morgen sein wird, und vor allem, wie es dann auch nächste Woche, am 16. Juli, im Bundesrat sein wird, denn wenn diese Gesetze von der SPÖ oder von der FPÖ im Bundesrat nicht mitgetragen werden, dann bleiben diese Ge­setze liegen und die Menschen bekommen das Geld nicht. Da werden wir Sie an Ihrer Verantwortung messen (Abg. Kuntzl: Sie brauchen überhaupt nicht zu drohen!), da wer­den Sie der Bevölkerung sagen müssen, ob Sie dafür stehen, dass die Menschen dieses Geld bekommen oder nicht. Das ist Ihre Verantwortung!

Diese Bundesregierung hat alles auf den Weg gebracht, um den Menschen zu helfen. Stimmen Sie mit, dann wird alles gut! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte. (Abg. Loacker – in Richtung SPÖ –: Stimmen Sie mit, dann wird alles gut!)


10.41.22

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Klubobmann Wöginger, wir wer­den zustimmen, damit alles gut wird. Ein Grund ist aber auch, dass viele dieser Überle­gungen – du hast es schon angesprochen – in der türkis-blauen Koalition bereits ausver­handelt wurden, wie zum Beispiel die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent oder auch die steuerliche Einführung einer 30-prozentigen degressiven AfA, und zwar als Dauerrecht.


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Was mich beim Konjunkturstärkungsgesetz wirklich überrascht hat, war, dass der Herr Finanzminister ausnahmsweise einmal etwas aus seinen Fehlern gelernt hat. Der Fi­nanzminister war ja immer stolz darauf, dass die Finanzämter Zigtausende Anträge auf Steuerherabsetzung, auf Steuerstundung und auf Zahlungserleichterung händisch ab­gearbeitet haben, obwohl man dies auch antragslos, also ohne Arbeit für die Finanz­ämter und auch ohne Arbeit und ohne Steuerberatungskosten für die Unternehmer, ge­setzlich hätte regeln können. Wir haben diese bürokratische Vorgangsweise, die übri­gens sämtlichen Covid-19-Hilfsmaßnahmen immanent ist, zigmal kritisiert, und endlich hat der Herr Finanzminister eine seiner vielen bürokratischen Maßnahmen zurückgezo­gen – ein Sieg der Vernunft über die Bürokratie, würde ich meinen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die zu Beginn der Covid-19-Pandemie von den Finanz- beziehungsweise Zollämtern gewährten Stundungen werden jetzt endlich per Gesetz, also ohne Antrag, bis zum 15. Jänner 2021 automatisch verlängert, und für diesen Zeitraum fallen auch keine Stun­dungszinsen an – antragslos, ohne Zinsen und ohne Bürokratie, so, wie es die FPÖ im­mer gefordert hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Und die NEOS!)

Positiv ist auch die Novellierung des Familienbonus Plus zu sehen, dadurch ist sicherge­stellt, dass die Familien nicht um den halben Familienbonus umfallen.

Trotzdem eine kritische Anmerkung zur Flugabgabe: Die Erhöhung der Flugabgabe für die Kurz- und Mittelstrecke ist der falsche Weg. In Zeiten wie diesen muss man die Flug­abgabe abschaffen – wir haben das in der Vergangenheit schon gefordert –, insbeson­dere dann, wenn einem die AUA am Herzen liegt. Daher haben wir hier auch eine ge­trennte Abstimmung zu Artikel 8 des Konjunkturstärkungsgesetzes beantragt. Trotzdem werden wir – wie Gust Wöginger gemeint hat: damit alles gut wird – in der dritten Lesung dem Konjunkturstärkungsgesetz unsere Zustimmung erteilen.

Zur Kehrseite der Medaille: dem Investitionsprämiengesetz. Ich habe es gestern im Wirt­schaftsausschuss bereits angemerkt, das Investitionsprämiengesetz ist ein Musterbei­spiel für schlechte Legistik, sowohl formell als auch materiell. Bundesminister Anschober soll hier nicht als Beispiel dienen, Frau Minister Schramböck.

„Zielverfehlung“ lautet die vernichtende Kritik der Kammer der Steuerberater und Wirt­schaftsprüfer in ihrer Stellungnahme; ich darf aus der Stellungnahme kurz zitieren: „Die Ausführung der Maßnahme wird also kompliziert, unberechenbar und wenig treffsicher sein.“ „Diese Deutlichkeit der Aussage mag überraschen, die Erfahrungen des Berufs­standes mit der Vollziehung der bisherigen COVID-19 Hilfsmaßnahmen und Subven­tionsverfahren lassen uns aber keinen Zweifel, dass sie in dieser Klarheit zu formulieren ist.“

Diese Kritik der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die auf Beraterseite mit der Ab­wicklung dieser Covid-19-Hilfsmaßnahmen massiv beschäftigt sind und, man muss auch sagen, gutes Geschäft damit machen, diese Kritik sollte Ihnen schon zu denken geben, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der FPÖ.)

Da helfen der Bundesregierung auch die Stehsätze und die Sprechblasen, wie wir sie gestern von Ihnen, Frau Mag. Schramböck, im Ausschuss gehört haben, nichts mehr.

Zu meiner formellen Kritik: Das Gesetz strotzt nur so von unbestimmten und auslegungs­bedürftigen Gesetzesbegriffen. Gesetzeserläuterungen sollten, wie es der Name sagt, eigentlich ein Gesetz erläutern. Die Erläuterungen der Frau Minister Schramböck erfüllen diesen Zweck nicht.

Letzten Endes hat auch das Finanzministerium in seiner Stellungnahme zu diesem Ge­setz nicht mit Kritik gespart und Frau Minister Schramböck eine Ergänzung beziehungs­weise eine Überarbeitung der WFA, also der wirkungsorientierten Folgenabschätzung, empfohlen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 51

Zu meiner materiellen Kritik: Wieder einmal hat die Bundesregierung nichts gelernt. Mit der Abwicklung des Investitionsprämiengesetzes werden wieder einmal nicht die Finanz­ämter, sondern das AWS beauftragt, und wieder einmal muss die Finanz sensible Daten der Steuerpflichtigen außer Haus geben. Das ist ein Irrsinn und fördert neuerlich die Bürokratie, obwohl eine Wirtschaftsministerin eigentlich für Bürokratieabbau stehen sollte. Nur eine Abarbeitung der Investitionsprämienanträge durch die Finanzämter ist vernünftig, und zwar in Form einer steuerlichen Investitionsförderung, das heißt, eines Abgabengesetzes, in engster Anlehnung an die bewährte Forschungsprämie mit Rechts­anspruch und auch Rechtsschutzmöglichkeiten. Unternehmer werden wieder einmal – und das sind wir von der Bundesregierung schon gewohnt – zu Bittstellern degradiert, und zwar ohne Rechtsschutzmöglichkeiten.

Für die Abwicklung dieses Bürokratieirrsinnes verlangt das AWS 20 Millionen Euro an Honorar, und dieses Honorar erscheint selbst dem Finanzministerium zu hoch, wie aus der Stellungnahme hervorgeht. Im Vergleich dazu kostete die Abwicklung des Beschäfti­gungsbonus lediglich 12 Millionen Euro, und das bei derselben Fördersumme.

Besonders negativ ist auch der grüne Anstrich des Gesetzes. Das Gesetz spricht hier von sogenannten klimaschädlichen Investitionen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die österreichische Wirtschaft in vielen Bereichen in eine internationale Wertschöpfungsket­te eingebettet ist. Viele österreichische Betriebe müssen künftig mit massiven Einschrän­kungen bei Investitionen rechnen, weil sie von der Förderung ausdrücklich ausgeschlos­sen sind. Dies betrifft insbesondere die Errichtung beziehungsweise die Erweiterung von Betriebsanlagen, wenn weiterhin mit fossiler Energie gearbeitet wird.

Wir dürfen nicht vergessen, es geht hier primär um die Konjunkturbelebung; Klimaschutz ist wichtig, aber in Zeiten wie diesen sind die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen am wichtigsten. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


10.49.35

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wir ha­ben immer gesagt, wir müssen die Liquidität der Unternehmen sichern, und wir haben das durch Steuerstundungen und Garantien gewährleistet.

Wir haben zweitens gesagt, dass die Solvenz der Unternehmen gesichert werden soll, und das haben wir mit dem Fixkostenzuschuss und mit der Kurzarbeit gemacht.

Drittens haben wir gesagt, es braucht neben den Maßnahmen für die Unternehmen auch Maßnahmen für die Bevölkerung, die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer und viele andere Gruppen; das haben wir mit der Ausweitung des Familienbonus, natürlich durch die Kurzarbeit selbst, durch Mittel für armutsgefährdete Familien, durch das zusätzliche Arbeitslosengeld und viele weitere Maßnahmen gemacht.

Viertens haben wir gesagt, wir müssen die Nachfrage stabilisieren, und mit diesem Kon­junkturpaket machen wir genau das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Obwohl sich das Bruttoinlandsprodukt, der Verlust gegenüber dem Vorjahr, langsam er­holt – wir sind jetzt noch immer bei minus 8 Prozent, was vor allem der schwachen Aus­landsnachfrage und dem Export geschuldet ist –, gibt es quasi auch im Inland gewisse Probleme, und zwar sowohl beim Konsum als auch bei den Investitionen. Wenn man knapp bei Kasse ist, kauft man sich keine neue Waschmaschine und dann investiert man


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auch nicht in eine neue Produktionsanlage. Genau diese Investitionen wären es aber, die einerseits die Inlandsnachfrage stärken, andererseits die Schwäche der Auslands­nachfrage kompensieren können und drittens die Wettbewerbsfähigkeit der österreichi­schen Wirtschaft in der Zukunft sichern.

Dazu liefert dieses Paket einen kräftigen Schub: erstens werden die privaten Investi­tionen angetrieben, das passiert durch die degressive AfA und durch die Investitions­prämie; zweitens gibt es direkte Investitionen der öffentlichen Hand in den Klimaschutz, in erneuerbare Energien und in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs; und drittens wird die Nachfrage seitens der Konsumentinnen und Konsumenten gestärkt, indem jetzt die Einkommensteuer gesenkt und zum Beispiel auch das Jahressechstel erhöht wird.

Bei all diesen Maßnahmen war es unser zentrales Anliegen, dass einerseits die Investi­tionen, für die Anreize geschaffen werden, zukunftsgewandt sind, das heißt, dass sie dabei helfen, die Emissionen und die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Wer also in klimafreundliche, in umweltfreundliche Technologien investiert, hat sowohl bei der de­gressiven AfA als auch bei der Investitionsprämie einen Vorteil, und wer in fossile An­lagen investiert, wird durch diese Gesetze benachteiligt. Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen der erste Schritt zu einer größeren Transformation in unserer Wirt­schaft sein werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Andererseits haben wir auch darauf geachtet, dass die Maßnahmen sozial ausgewogen sind. Allein in diesem Paket gibt es mehrere Maßnahmen, die das klar belegen: Zum Beispiel haben wir – erstens – die Höhe des Verlustrücktrags auf 5 Millionen Euro be­schränkt. Zweitens haben wir bei der Einkommensteuersenkung sichergestellt, dass es auch ein Negativsteuerelement für jene gibt, die so wenig verdienen, dass sie keine Ein­kommensteuer zahlen, sodass sie jetzt trotzdem von dieser Senkung profitieren. Drittens haben wir die Einhebung des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent, der bei sehr hohen Einkommen angewendet wird, verlängert, und auch das ist, wie ich glaube, ein Zeichen dafür, dass uns die Balance und die soziale Ausgewogenheit wichtig sind. Und auch die Erhöhung des Jahressechstel – das war eine Forderung des ÖGB – um 15 Prozent wür­de mit diesem Gesetz jetzt beschlossen.

Den Vorwurf des Fleckerlteppichs würde ich nicht gelten lassen, ich habe das schon mehrfach angesprochen. Diese Krise hat in sich, dass sie auf spezielle Bereiche sehr speziell wirkt, und es ist, so glaube ich, gerade ein Zeichen der Qualität dieses Konjunk­turpakets, dass die Regierung auf diese Punkte eingeht und nicht einfach pauschal Geld verteilt. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber das machen Sie ja!)

Wenn man zig Milliarden Euro Steuergeld in die Hand nimmt, um die Konjunktur anzu­kurbeln, dann kann man, wie ich glaube, auch nicht von einem Klacks reden, insbeson­dere weil wir ja in einer Situation sind, in der wahrscheinlich noch über viele Monate immer wieder Maßnahmen gesetzt werden müssen, um die Konjunktur aufrechtzuer­halten, weil die Auslandsnachfrage und der Export schwach bleiben werden und wir die­se Unterstützung brauchen werden. Dieses Paket schafft einen ersten großen Schritt und wird dazu führen, dass die Investitionen hoch bleiben und eine gewisse Kompen­sation dieser Schwächen aus dem Ausland zustande kommt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich glaube also, dieses Paket hilft, und es schafft gleichzeitig den ersten Schritt zu einer Transformation, die, glaube ich, hochnotwendig ist, auch wenn Kollege Fuchs das nicht gerne hört. Die Investitionen in emissionsfreie Anlagen, in umweltfreundliche Technolo­gien werden mit diesem Gesetzespaket mit Sicherheit angetrieben, und insbesondere weil es relativ groß ist, wird es, glaube ich, auch dazu beitragen, dass diese Transfor­mation jetzt startet. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.54



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.


10.54.29

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe alle, die uns zu­schauen! Laut dem IWF soll die Weltwirtschaft 2020 um 4,9 Prozent schrumpfen, der Welthandel soll 2020 wegen einer schwächeren Nachfrage, vor allem natürlich nach Gü­tern und Dienstleistungen, klarerweise insbesondere beim Tourismus, um 11,9 Prozent einbrechen. Wir gehen davon aus, dass wir 2021 weltweit – das ist jetzt sozusagen die globale Sicht – einen Einbruch beim Wohlstand haben werden, und auch Österreich wird hart getroffen.

Wir haben heute gelesen, dass die Konjunkturprognose wieder ein wenig nach unten revidiert wurde – auf minus 7,1 Prozent des BIP –, und wir haben es jetzt schon sozu­sagen schwarz auf weiß, dass sich per Ende Juni der Verlust des Bruttoinlandsprodukts und damit des Wohlstands in Österreich auf minus 17,6 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr kumuliert hat. Gehen wir jetzt von 7 Prozent Wohlstandsverlust aus – das sind dann in etwa 28 Milliarden Euro –, dann bedeutet das – darum meine langen Ausfüh­rungen – letztlich umgerechnet 7 000 Euro weniger an Wohlstand für jeden Haushalt in Österreich.

Der Grund, warum ich diese Zahlen nenne, ist schon auch, um eindringlich die Rela­tionen zu zeigen, um die es hier geht: 7 000 Euro weniger an Wohlstand für jeden Haus­halt, während Sie hier mit kleinen Einzelmaßnahmen, teilweise mit der Gießkanne unter­wegs sind. Das ist nicht der richtige Weg!

Warum ist die Gießkanne nicht das Richtige? (Zwischenruf der Abg. Niss.) – Wir wissen, und das können Sie jetzt gerade auch aktuell im „Spiegel“ nachlesen, diese Krise trifft einzelne Gruppen besonders hart. Sie trifft die Gesellschaft asymmetrisch, beispielswei­se im Gesundheitsbereich – die gesundheitliche Krise hat insbesondere ältere Men­schen und Menschen mit Vorerkrankungen besonders hart getroffen. Die Wirtschaftskri­se – und Sie erinnern sich, dass wir von Anfang an gesagt haben, zuerst geht es um die Gesundheit und danach geht es gleich um alles – trifft besonders die Jungen, die teil­weise um ihre Ausbildungsplätze umfallen, die ihre Ausbildung in die Zukunft verschie­ben müssen und auch von massiver Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Krise trifft die Fa­milien, denen mit einer Einmalzahlung von 360 Euro pro Kind auch nicht geholfen ist, wenn sie sich nicht darauf verlassen können, dass Kindergärten und Schulen, selbst wenn wieder Infektionen ausbrechen, nicht sofort wieder als Erstes, wie jetzt kürzlich in Oberösterreich passiert, geschlossen werden – diese Familien trifft es ganz besonders hart. Sie trifft die Mittelschicht ganz besonders hart, sie trifft den Mittelstand ganz beson­ders hart: EPUs, KMUs sind ganz massiv von dieser Krise betroffen.

Damit muss aber eine Devise ganz klar gelten: Keinen gesunden Betrieb zurücklassen! Ich sage bewusst „gesunden Betrieb“, weil Sie auch die Debatte, die Sie, Frau Minis­terin – wirtschaftspolitisch meiner Meinung nach völlig am falschen Pferd –, mit dem Aussetzen des Beihilfenrechts angezettelt haben, kennen. Es gilt, keinen gesunden Be­trieb zurückzulassen, aber damit auch jeden Arbeitsplatz zu retten, der in diesem Betrieb verfügbar ist. (Beifall bei den NEOS.) Sie wissen auch, wie viele Arbeitsplätze das ge­rade im klein- und mittelständischen Bereich bedeutet. Umso wichtiger wäre es deshalb, dass diese Milliardenhilfe auch tatsächlich ankommt. (Abg. Haubner: Kann das schon nimmer mehr hören! Bis jetzt kein Vorschlag!)

Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, sehr geehrte Regierungsfraktionen! Es ist keine Majestätsbeleidigung, wenn wir hier stehen und sagen: Das geht besser! Das geht unbürokratischer! Das geht mit weniger Misstrauen gegenüber den Menschen an sich


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und insbesondere gegenüber den Selbstständigen an sich! Herr Kollege Fuchs hat auf viele Bereiche hingewiesen, betreffend die wir NEOS, aber auch die FPÖ von Anfang an gesagt haben: Das geht unbürokratischer, das kann man einfacher abwickeln! Es ist ein Armutszeugnis, dass von den angekündigten 50 Milliarden Euro bis jetzt gerade einmal knapp 3 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. (Abg. Haubner: Das stimmt ja nicht!) – Doch, das stimmt, das können Sie alles nachlesen.

Ich sage ausdrücklich, dass wir viele der Entlastungsschritte, die heute beschlossen wer­den, begrüßen. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir als Liberale Steuersenkungen positiv gegenüberstehen, und wir haben selbst den Vorschlag gemacht, die geplante – das ist ja keine neue Idee – Steuerreform vorzuziehen und den Eingangssteuersatz zu senken. Wir stehen auch dem Vorschlag, dass es diesen Verlustrücktrag gibt, sehr posi­tiv gegenüber, das haben wir vorgeschlagen, und natürlich auch, dass es auch diese Investitionsprämie gibt.

Jetzt ist aber, und ich habe das auch schon gesagt, die Gelegenheit da, dass man in manchen Bereichen, wenn nicht sogar in vielen Bereichen, über eine grundsätzliche Er­neuerung nachdenkt. Eine Einmalzahlung von 360 Euro pro Kind, noch dazu für jeden, auch für die, die nicht betroffen sind, die es nicht brauchen, hilft nicht, wenn man nicht gleichzeitig den Mut hat, Kinderbetreuung und Schulen als oberste Priorität festzusetzen und auch in Bildung zu investieren. Warum sage ich das so eindringlich? – Weil wir wissen, dass diese Krise etwas in Gang setzen wird, was ohnehin schon da war: einen massiven Strukturwandel.

Wenn wir sagen: „Keinen gesunden Betrieb zurücklassen!“, dann muss aber auch gel­ten: Keinen Menschen in Österreich, der jetzt von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen ist, zurücklassen! Das bedeutet, dass Sie in Bildung investieren müssen, denn dieser Strukturwandel findet statt. Er findet statt, ohne dass Sie irgendwelche Maßnahmen setzen, diesen Strukturwandel zu begleiten und damit diese Arbeitslosigkeit zu verhin­dern. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ein letztes Wort noch zu einem Thema, das wir auch diskutieren werden, und zwar das Investitionskontrollgesetz: Auf der einen Seite sagen Sie, Investitionen sind wichtig, auf der anderen Seite schütten Sie meines Erachtens das Kind völlig mit dem Bade aus, denn Sie wissen doch, dass eines der größten Probleme der heimischen Betriebe und insbesondere auch der heimischen Industrie der Kapitalmangel ist. Es mag schon sein, dass das Ziel, den Erwerb kritischer österreichischer Infrastruktur durch ausländische Investoren zu erschweren, nachvollziehbar ist, aber das, was Sie hier vorgelegt haben, ist ein schlechter Gesetzentwurf. Er ist illiberal, er ist unkonkret und er leistet einer Rechtsunsicherheit und sogar dem Verdacht der Willkür Vorschub.

Mein Appell an Sie: Überdenken Sie diesen Gesetzentwurf, dieses Gesetz wird dem Wirtschaftsstandort Österreich massiv schaden! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Taschner zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsord­nung. Bitte.


11.01.15

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat in ihrer Rede gesagt, dass die Schulen geschlossen wur­den.

Ich berichtige tatsächlich: Die Schulen wurden nie geschlossen, jetzt nicht und vorher nicht (Zwischenruf bei den NEOS), es wurde nur der Unterricht sistiert. Die Schulen wa­ren offen und die Eltern konnten die Kinder bringen. (Abg. Meinl-Reisinger: Für die be­troffenen Eltern ist das Jacke wie Hose!)


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Ich bitte darum, die Worte genau zu wählen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischen­rufe bei ÖVP und NEOS.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Gernot Blümel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.01.46

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einerseits zu einigen Maß­nahmen Stellung nehmen, die derzeit diskutiert werden, und andererseits vielleicht aber auch ein paar Worte zur bisherigen Debatte sagen.

Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger, also in einem möchte ich Ihnen widersprechen: Es ist schon wichtig, dass wir uns auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass wir, so gut es geht, den eigenen Betrieben in Österreich helfen können, und da ist es natürlich so, dass das europäische Beihilfenrecht nicht immer so ist, dass das leicht möglich ge­macht wird. (Abg. Meinl-Reisinger: Wo denn? Wo?) Unsere Forderung war immer, dafür haben wir beide (in Richtung Bundesministerin Schramböck) uns eingesetzt, dass wir für diese Zeit, in der wir auf europäischer Ebene ganz, ganz viele Regeln außer Kraft setzen – nicht nur hinsichtlich Stabilitäts- und Wachstumspakt, sondern auch wenn es darum geht, dass mit österreichischem Steuergeld andere Länder besser durch die Krise kommen sollen und wir solidarisch sein sollen; das ist alles in Ordnung –, das Beihilfen­recht temporär so aussetzen, dass wir in dieser Zeit der Krise den österreichischen Un­ternehmen gezielter helfen können. (Abg. Meinl-Reisinger: Völliger Wahnsinn!) Dazu stehen wir, auch wenn Sie das nicht super finden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Nennen Sie ein Beispiel, wo das nicht zusammen - -!)

Die Summe, die Sie genannt haben, die geflossen ist: Man kann die Rechnung ja auf verschiedenste Art und Weise anstellen. Rechtsverbindlich zugesagt sind 25 Milliarden Euro. Man kann jetzt fragen: Wie viel davon ist tatsächlich geflossen? – Das ist natürlich eine andere Rechnung, aber nicht einmal, wenn man diese anstellt, würde es stimmen, dass es 3 Milliarden Euro sind. 3 Milliarden Euro sind es alleine schon bei den ausbe­zahlten Kurzarbeitsanträgen – bei den ausbezahlten –, und das Volumen der zugesag­ten beträgt fast über 10 Milliarden Euro. Im Bereich der Finanzverwaltung sind Steuer­stundungen im Ausmaß von über 6 Milliarden Euro in den Betrieben verblieben. Es sind alleine Cofag-Garantien im Rahmen von fast 3 Milliarden Euro übernommen worden; natürlich ist da Geld geflossen, sonst wäre ja die Garantie gar nicht notwendig gewesen. Egal wie man die Rechnung anstellt, das Geld fließt, es kommt an – bitte das auch zu berücksichtigen, sehr geehrte Frau Klubobfrau! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Was wir mit diesem Paket machen wollen, ist, eine Konjunkturstärkung vorzunehmen, sowohl angebotsseitig als auch nachfrageseitig. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Es ist ein Mix aus Maßnahmen, die einerseits kurzfristig wirken und für eine beschränkte Zeit gültig sind, und Maßnahmen, die andererseits für Unternehmerinnen und Unternehmer auch langfristig die Perspektive bieten sollen, dass es mit Optimismus in die Zukunft gehen kann.

Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll unbeschränkt eine Entlastung erfol­gen. Was die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer von 25 auf 20 Prozent betrifft, ist das ein Volumen von insgesamt 1,6 Milliarden Euro, rückwirkend mit Beginn dieses Jahres. Das bedeutet, dass im Maximalfall in diesem Jahr bis zu 350 Euro wirksam wer­den können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich gibt es auch für Personen, die so wenig verdienen, dass sie keine Steuern zahlen, eine Entlastung, nämlich die Erhöhung der SV-Rückerstattung. Wir haben eine


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Maßnahme gesetzt, mit der wir sicherstellen wollen, dass auch die Personen, die Kurzar­beit in Anspruch genommen haben oder in Anspruch nehmen mussten, keinen Nachteil erleiden, wenn es ums Urlaubs- und Weihnachtsgeld geht. Wir haben die Steuerstun­dungen automatisch bis ins nächste Jahr verlängert, um Liquidität in den Unternehmen zu lassen.

Ich möchte nun zu zwei Maßnahmen kommen, die im Kampf gegen die Krise und auch darüber hinaus aus meiner Sicht wirklich richtungsweisend sind: Einerseits ist das der Verlustrücktrag, also die Möglichkeit, dass Verluste, die in diesem Jahr entstehen, mit den Gewinnen der letzten Jahre gegengerechnet werden können. (Abg. Meinl-Reisin­ger: Hab’ ich ja vorgeschlagen gehabt!) Das bedeutet das, was Sie gerade angespro­chen haben: Unternehmen, die offenbar einen guten Businesscase haben, sollen die Möglichkeit haben, das gegenzurechnen, wenn sie heuer aufgrund von Corona oder an­deren schwierigen Bedingungen Verluste machen.

Andererseits ist das die Einführung einer degressiven Abschreibung – aus meiner Sicht eine kleine wirtschaftspolitische Revolution –, die unbeschränkt wirken soll. Das ist ein massiver Anreiz für Investitionen. Das schafft Arbeitsplätze, das schafft den Optimismus, den es braucht, um auch über diese Krise hinaus eine starke Standortpolitik zu machen; vielen Dank, dass das möglich geworden ist. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Bundesministerin Margarete Schram­böck zu Wort. – Bitte.


11.06.27

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte auch auf das zuvor Debattierte eingehen und wie mein Kollege, der Finanzminis­ter, mit dem europäischen Thema beginnen, denn Sie, Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger, haben ganz klar gesagt: Nennen Sie mir ein Beispiel, wo das funktioniert hat, dass wir bei der Europäischen Union urgiert haben!, und ich kann Ihnen sehr konkret ein Beispiel nennen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wo es nicht funktioniert hat, habe ich gesagt!)

Ab nächster Woche wird es möglich sein, dass kleine Betriebe, die oft nicht mehr als 10 000, 50 000, 60 000 Euro brauchen, also kleinere Beträge bis zu einer Summe von 200 000 Euro, 100-prozentige Staatsgarantien erhalten. (Zwischenruf des Abg. Matz­netter.) Da hat es ganz klar eine Veränderung auf der europäischen Seite gegeben (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist doch gängiges Recht! Das ist doch unglaublich!), ganz klar, weil wir urgiert haben, weil wir uns eingesetzt haben. Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist doch nicht wahr, was Sie hier erzählen! – Zwischenruf des Abg. Matznetter), auch bei Kommissarin Vestager weiterhin dafür einsetzen (Beifall bei ÖVP und Grünen), damit die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich tatsächlich Unterstützung haben, also nicht nur leere Worte (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger), sondern tatsächlich Unterstützung haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Wie kann man als Wirtschaftsministerin so wenig Ahnung haben?!) Ab nächster Woche ist es möglich, diese Garantien bei der AWS entsprechend abzuholen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir uns mit diesem Gesamtpaket dafür einsetzen, dass Arbeitsplätze in Österreich sowohl abgesichert als auch in Zukunft geschaffen werden. Da ist es ganz wichtig – da stimme ich Ihnen zu –, gerade auf die Jugendlichen zu achten, gerade auf die jungen Menschen, die eine Lehre beginnen wollen; deshalb haben wir einen Bonus eingeführt. Diesen Bonus haben seit dem 1. Juli innerhalb we­niger Tage bereits über 500 Unternehmen beantragt. Viele Unternehmen schreiben mir, kommunizieren mir, sie nehmen in diesem Jahr auch deshalb wieder Lehrlinge auf, sie nehmen sogar mehr Lehrlinge auf, kleine Betriebe genauso wie Leitbetriebe. 2 000 Euro


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für jeden Lehrling, der beginnt – auch das ist ein Teil dieses Maßnahmenpaketes, und das ist aus meiner Sicht richtig und wichtig für die Zukunft und die Senkung der Jugend­arbeitslosigkeit in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unser Gesamtpaket beinhaltet viele Maßnahmen. Ich habe selbst über 20 Jahre – 22 Jahre – in der Wirtschaft gearbeitet, davon habe ich 15 Jahre lang Unternehmen ge­führt. Jeder, der ein Unternehmen führt, weiß, dass es nicht eine einzelne Maßnahme ist, die hilft, sondern dass es viele Maßnahmen sind. Das gilt für die Umsatzsteuersen­kung genauso wie für die Übernahme der Fixkosten; es gilt genauso für den Verlustrück­trag, den es jetzt geben wird, und eben auch für die Investitionsprämie.

Lassen Sie mich gerade auf diese Investitionsprämie ein wenig eingehen, denn sie ist ein wichtiger Katalysator, ein wichtiger Motor! Viele Unternehmen sagen uns – das sind die Kleinstbetriebe genauso wie die mittelständischen und die großen Leitbetriebe –, dass sie Investitionen aufschieben oder Investitionen gar nicht machen. Zu dieser Inves­titionsprämie ist sehr viel positives Feedback sowohl von Arbeitnehmervertretern als auch von der Wirtschaft gekommen, und gerade dafür ist eine Begutachtung da: dass Inputs geliefert werden, dass diese in die Richtlinien eingearbeitet werden, und daran arbeitet mein Team gerade.

Grundsätzlich aber: Eine Investitionsprämie zu machen ist wichtig und richtig für den Standort, und ich bin überzeugt, wenn die Steuerberater sehen, welche Ergebnisse die­se Investitionsprämie – solche Maßnahmen gab es auch in früherer Zeit schon – bringt, werden sie hoffentlich ihre Kunden gut beraten, dieses Instrument zu nutzen. Eine In­vestitionsprämie von 14 Prozent für Investitionen in die Zukunft, in die Nachhaltigkeit, in den Bereichen Digitalisierung und Lifesciences – in den Lifesciencesstandort und im Be­reich Pharmazie –, ist wichtig für den österreichischen Standort.

Ich danke Ihnen für die Unterstützung bei diesen wesentlichen Themen. Es ist das Ge­samtpaket, das es ausmacht, und jedes Unternehmen wird jene Maßnahmen nutzen, die für dieses Unternehmen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gut sind. Letztend­lich geht es uns darum, in Österreich so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu schaffen und gemeinsam durch diese Weltwirtschafts­krise durchzukommen. Für diese umfassenden Maßnahmen braucht es Ihre Zustim­mung und dafür sage ich Ihnen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


11.11.28

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen Bundesministerinnen! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Die Österrei­cherinnen und Österreicher haben in den Jahrzehnten vor der Coronapandemie mit ihren Leistungen aus Österreich ein sehr wohlhabendes Land gemacht und eine enorm starke Volkswirtschaft aufgebaut. Selbst in dieser Krisensituation kommt uns das zugute, da wir von einer deutlich besseren Basis weg versuchen können – und das werden wir auch schaffen –, diese Krise zu bewältigen. Das ist eine tolle Ausgangsposition, die die Öster­reicherinnen und Österreicher mit ihrer Leistungskraft geschaffen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Coronapandemie hat uns aber schon auch gezeigt, wie verletzlich die international orientierte Wirtschaft ist, sie hat viele Unternehmen, Unternehmer und Unternehmerin­nen, in ihrer Existenz bedroht, der private Konsum ist eingebrochen, Exporte haben deut­lich nachgelassen, vor allem die Investitionstätigkeit hat nachgelassen. Viele sind in Li­quiditätsprobleme gekommen und bangen um die Zukunftsperspektiven ihrer Unterneh­men und natürlich auch ihrer Mitarbeiter. Es war daher richtig und zwingend notwendig,


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kurzfristig Hilfsprogramme zu schnüren, denen man nicht vorwerfen sollte, sie seien kurzsichtig, punktuell ausgerichtet. Es war ja der Sinn und Zweck, den Betrieben über Liquiditätsprobleme hinwegzuhelfen und sie über die Runden zu bringen, damit die Men­schen in diesen Betrieben auch in Zukunft noch Arbeit haben.

Härtefallfonds, Kreditgarantien, Fixkostenzuschüsse, Kurzarbeit, Abgabenstundungen, Mehrwertsteuersenkungen: Das alles sind Maßnahmen, die dazu dienen, die Betriebe über die Runden zu bringen und ihnen, wie gesagt, Perspektiven zu bieten. Jetzt geht es aber natürlich auch darum, diesen Betrieben durch Strukturmaßnahmen und Kon­junkturmaßnahmen wieder eine Zukunfts- und Wachstumsperspektive und den Men­schen eine Perspektive für Beschäftigung und damit auch ein persönliches Auskommen zu bieten. Es ist daher natürlich richtig, die Lohn- und Einkommensteuer zu senken, einen Kinderbonus auszuzahlen, eine Einmalzahlung an die arbeitslosen Menschen vor­zunehmen. Damit entsteht Kaufkraft in diesem Land und sie wird gesichert. Das kommt den Menschen in ihrem Auskommen zugute, aber natürlich auch der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen.

Zum Zweiten: Investitionsprämie, degressive Abschreibung – der Herr Bundesminister hat es schon erklärt –, auch das Gemeindepaket: All das sind Dinge, die helfen werden, die Investitionstätigkeit wieder in die Höhe zu bringen. Nur eine investitionsgetriebene Konjunktur, meine Damen und Herren, ist eine nachhaltige Konjunktur, und deswegen legen wir hier auch einen so großen Fokus darauf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Es geht aber natürlich auch um die Eigenfinanzierungsfähigkeit der Unternehmen, um die Liquidität, um die Eigenkapitalbasis; ein Verlustrücktrag auf Jahre davor ist eine Maß­nahme zur Liquiditätssicherung, auch die Verlängerung der Stundungen.

5,6 Milliarden Euro macht dieses Paket, das wir hier heute beschließen, aus. Es hat neben der Stärkung der Unternehmen aber auch noch einen anderen Effekt: Es hat ei­nen Eigenfinanzierungsgrad von über 40 Prozent. Das heißt, durch die gesteigerte Wirt­schaftstätigkeit und Stärkung der Unternehmen fließt über Steuereinnahmen ein Teil so­gar wieder zurück in den Staatshaushalt. Und, meine Damen und Herren, diese Pakete sichern und schaffen etwa 50 000 Arbeitsplätze – 50 000 Arbeitsplätze! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Grundlage unseres Wohlstandes und auch die Grundlage unserer sozialen Sicherheit ist letzten Endes immer eine wett­bewerbsfähige Wirtschaft, ist immer Wachstum durch eine solche wettbewerbsfähige Wirtschaft und vor allem Wachstum durch die Leistung der Menschen, die in dieser Wirt­schaft tätig sind. Wir wollen wirtschaftlich wieder dorthin zurück, wo wir vor der Krise waren, das heißt: Was wir heute auf den Tisch legen – Herr Bundesminister Blümel und Frau Bundesministerin Schramböck haben es erwähnt –, ist eine Mischung aus Kauf­kraftstärkung, also Nachfragestärkung, und auf der anderen Seite auch strukturell wir­kenden Maßnahmen, die die angebotsseitige Struktur der Wirtschaft stärken. Das ist der einzige Weg, wie wir aus dieser Krise kommen können, das ist ein Kraftpaket, Frau Kol­legin Rendi-Wagner! Vermögensteuern, die Verknappung von Humanressourcen durch Arbeitszeitverkürzung oder die Attraktivierung der Arbeitslosigkeit – das ist kein Kraftpa­ket, sondern das ist der Weg in die Kraftlosigkeit, bedeutet mit Sicherheit eine Schwä­chung der Jobchancen für die Menschen in diesem Lande und nicht das, was Sie vorge­ben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir, meine Damen und Herren, wollen einen kraftvollen Weg gehen, und zwar über Kauf­kraftstärkung durch Entlastung, über Anreize für Investitionen, über eine Stärkung der Eigenkapitalbasis der Unternehmen, über eine Internationalisierungsoffensive (Abg. Meinl-Reisinger: Wo ist die Internationalisierungsoffensive?) und über eine Offensive


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für Innovation, Digitalisierung und Bildung. Das wird diesen Standort nach vorne bringen und wird uns, dank der Leistung der Menschen in Österreich innerhalb dieser verbes­serten Strukturen, auch wieder auf das Wohlstandsniveau zurückbringen, wie wir es vor der Coronakrise gewohnt waren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte.


11.18.43

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten hier über ein Konjunkturpaket – das ist gut und richtig so, weil wir ein Konjunkturpaket brauchen! Wir brauchen dieses Konjunkturpaket genauso, wie wir die Hilfspakete für alle möglichen Gruppen gebraucht haben – da hat Kollege Kopf recht –, allerdings wissen wir in der Zwischenzeit, dass diese Hilfe zu bürokratisch, zu langsam und zu wenig war.

Dasselbe befürchten wird jetzt auch bei diesem Konjunkturpaket. Es sind einige ganz, ganz vernünftige Sachen drinnen, da sind wir uns einig: eine degressive AfA – ein SPÖ-Konzept, insofern bürgt das quasi schon für Qualität (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit bei der ÖVP – Abg. Steinacker: Erfunden habt ihr es nicht!) –, die Sen­kung der Steuern auf Arbeit – auch ein SPÖ-Konzept, auch volle Unterstützung, das ist richtig und gut so.

Was man aber sieht, ist, dass die ÖVP leider blind für die Sorgen und Nöte von Arbeit­nehmern, von Menschen in Kurzarbeit und von Arbeitslosen ist, dass sie leider taub für die Probleme von Jugendlichen, die am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffene Gruppe, ist, und dass sie leider auch empathielos hinsichtlich der Sorgen und Nöte von Klein- und Mittelbetrieben und von Einpersonenunternehmen ist.

Sie hat allerdings Adleraugen, wenn es um die Sorgen und Nöte – wobei Sorgen und Nöte interessante Wörter dafür sind –, um die Anliegen ihrer Großspender geht. Sie hat Luchsaugen, wenn es um die Interessen von Konzernen geht, und sie hat sehr hohe Sympathie, wenn es um Anliegen ihrer Lobbyisten geht. Wenn es also darum geht, dass Arbeitnehmer zu viel an Steuern zahlen und Millionäre zu wenig, dann sind die Arbeit­nehmer egal und die Interessen der Millionäre ganz, ganz wichtig. Wenn es darum geht, dass Konzerne keine Steuern zahlen und möglichst Steuerschlupflöcher haben, dann ist das der ÖVP ganz wichtig. Wenn es um die Sorgen und Nöte von Klein- und Mittelbe­trieben und von Einpersonenunternehmen geht, dann ist es für sie irrelevant.

Ein Beispiel sind die Landwirte. Ich sage gleich dazu, ich habe hohe Sympathie für Land­wirte, die in Pension sind – schweres Leben, arbeiten noch in der Pension weiter, führen oft den Hof der Kinder –, aber die sind von der Covid-Krise null betroffen, deren Pension hat sich um null Euro verändert. (Ruf bei der ÖVP: Um welche Pensionen geht es, Herr Kollege?! Ruf bei der SPÖ: Da werden sie gleich nervös!) Menschen, die durch die Krise arbeitslos geworden sind, haben fast ihr halbes Einkommen verloren. Was ist der Schwerpunkt der ÖVP? (Abg. Höfinger: Die SPÖ ... Mindestpensionen ... das nennt sich sozial! Unglaublich! Zwischenruf des Abg. Strasser.) – Menschen, die durch die Ar­beitslosigkeit von heute auf morgen fast die Hälfte ihres Einkommens verlieren, bekom­men einmalig 450 Euro, Landwirte, die in Pension sind, die null Einkommen verloren ha­ben, bekommen dauerhaft 450 Euro jährlich. (Abg. Höfinger: ... Mindestpensionen ... da­für solltet ihr kämpfen!) Und was gibt es für den Arbeitnehmer, der in Pension ist, für den Mindestrentner, für die Mindestrentnerin, für den kleinen Selbstständigen? Null!

Daran sieht man, Sie hören total gut (die rechte Hand an das rechte Ohr legend) auf Lobbyisten in den eigenen Reihen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höfinger), aber Sie haben keinen Blick fürs große, gemeinsame Ganze. (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben keinen Blick für die Sorgen und Nöte von weiten Teilen der Bevölkerung, Sie hören da nicht hin. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)


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Wir helfen Ihnen aber gerne, indem ich hier einen Abänderungsantrag einbringe, der viele Dinge beinhaltet, die Sie überhört haben:

Die erste Änderung ist, 1 700 Euro im Monat steuerfrei zu stellen.

Das Zweite ist, dass die Regelung, wonach Personen, die über 1 Million Euro im Jahr verdienen – also die Millioneneinkommen –, eine höhere Steuer zahlen, nicht nur um drei Jahre verlängert wird, sondern das soll ins Dauerrecht kommen, denn ich verstehe nicht, dass jemand, der über 1 Million Euro verdient, möglichst wenig Steuern zahlen soll. Ich weiß, das ist der ÖVP immer ganz, ganz wichtig, dass diese Personen möglichst wenig Steuern zahlen, wir Sozialdemokraten sind aber der Meinung, sie sollen auch dauerhaft einen gerechten Beitrag zahlen und nicht nur vorübergehend.

Sie haben bei der Steuerreform vollkommen auf die Pensionisten vergessen. Deswegen bringen wir hier auch den Antrag ein, dass auch diese über den Pensionistenabsetzbe­trag den gerechten Teil bekommen, der ihnen zusteht.

Sie haben beim Jahressechstel eine kleine Lösung gemacht, nämlich 15 Prozent bei Kurzarbeit. Wir bringen die komplette Lösung, nämlich 100 Prozent für Menschen in Kurzarbeit, damit sie beim Jahressechstel nicht darum umfallen und damit das auch bei all jenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, bei denen im Moment der 13. und der 14. Monatsgehalt zu hoch besteuert wird, repariert wird.

*****

Wir bringen das ein, was Ihnen fehlt, nämlich der Blick aufs Ganze und der Blick auf alle Teile der Bevölkerung, nicht nur auf Konzerne, auf Millionäre und auf ihre Lobbyisten. Ich ersuche um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,  

Genossinnen und Genossen

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvor­lage (287 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsge­setz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Melde­pflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsgesetz 2020 – KonStG 2020; 336 d.B.) (Top 1)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberich­tes 336 d.B. wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1, Änderungen des Einkommensteuergesetzes, wird wie folgt geändert:

a) In Ziffer 7 lautet die lit. a:

„a) In § 33 Abs. 1 wird die Wortfolge „für die ersten 11 000 Euro“ durch die Wortfolge „für die ersten 15 300 Euro“ und die Wortfolge „für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro“ durch die Wortfolge „für Einkommensteile über 15 300 Euro bis 18 000 Euro“ ersetzt.“

b) In Ziffer 7 lautet die lit b:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 61

„b) In § 33 Abs. 1 lautet der letzte Satz: „Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz 55%.““

c) in Ziffer 7 wird nach lit b folgende lit c eingefügt:

„c) In § 33 Abs. 6 Z 2 wird der Betrag von „964 Euro“ durch den Betrag „1064 Euro“ ersetzt.

d) Nach Ziffer 10 werden folgende Ziffern 10a, 10b und 10c eingefügten

„10a. In § 67 Abs. 2 entfällt der letzte Satz.

10b. In § 77 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „, abgesehen von Fällen gemäß Abs. 4a,“

10c. § 77 Abs. 4a entfällt.“

e) In Ziffer 12 wird in § 124b Z 360 die Wortfolge „§ 33 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§ 33 Abs. 1, § 67 Abs. 2 und § 77“ ersetzt.

f) In Ziffer 12 lautet §124b Z 364:

„364. In Fällen der Kurzarbeit gem. § 37b und §37c AMSG ist für das Veranlagungs­jahr 2020 die Berechnung des Jahressechstels der der Kurzarbeit zu Grunde liegende bisherige monatliche laufende Bezug bei unverringerter Normalarbeitszeit zugrunde zu legen.“

Begründung

Österreich droht in Folge der Corona-Krise eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe. Und die türkis-grüne Regierung hat keinen Plan, um das zu verhindern. Die SPÖ da­gegen hat mit dem KRAFTPAKET ÖSTERREICH einen umfassenden Plan erarbeitet, um einem wirtschaftlichen und sozialen Desaster entgegenzuwirken. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind schon jetzt dramatisch – das ganze Aus­maß wird sich allerdings erst zeigen. Klar ist in jedem Fall, dass es nicht wieder die ArbeitnehmerInnen alleine sein dürfen, die die Kosten tragen. Die SPÖ will, dass auch Vermögende ihren gerechten Teil zur Bewältigung der Krise beitragen.

Folgende Änderungen werden vorgeschlagen:

a) 1700 Brutto Steuerfrei, Steuersenkung um 5 Mrd. € für alle Einkommen,

b) 55% Spitzensteuersatz nicht nur die nächsten 5 Jahre verlängern, sondern in das Dauerrecht übernehmen,

c) Sanierung der ungerechten Besteuerung des Jahressechstels von ÖVP/Grüne, wenn das Einkommen infolge von Arbeitslosigkeit, Teilzeit oder Kurzarbeit in den zweiten Jah­reshälfte sinkt, soll die sogenannte „Aufrollung“ nicht nur zu Lasten der ArbeitnehmerIn­nen gehen.

Zu Änderung Artikel 1 lit a, lit b und lit c:

Im vorliegenden Entwurf wird die erste Steuerstufe gesenkt, ÖVP/Grüne wollen, dass die Österreicherinnen und Österreicher nur maximal 350 € weniger Steuern pro Jahr zahlen. Die SPÖ hat schon mehrfach ihr Konzept von „1.700 Euro steuerfrei“ vorlegt, die Anträge wurden immer vertagt oder abgelehnt. Aber genau jetzt ist eine sofortige, spür­bare Steuersenkung in der Höhe von 5 Mrd. Euro für die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer dringend notwendig. Damit hat jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer das Dreifache mehr pro Jahr in der Tasche (1.075 Euro).

Eine Senkung der Steuer für Einkommen durch eine Lohnsteuerreform stärkt den Kon­sum: Der erste Hebel um die Konjunktur in Schwung zu bringen, ist die Steuersenkung


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für kleine und mittlere Einkommen. Durch die Anhebung der ersten Tarifstufe von bisher 11.000 Euro auf (neu) 15.300 Euro werden die ersten 1.700 Euro Monatsgehalt (brutto) sozial gerecht und treffsicher steuerfrei gestellt. Diese Tarifmaßnahme führt zu einer Steuersenkung von bis zu 1.075 Euro jährlich. Parallel wird der erhöhte Pensionistenab­setzbetrag um 100 Euro angehoben.

Zugleich soll die bisherige zeitliche Befristung für den Spitzensteuersatz bis 2020 ent­fallen, ÖVP und Grüne wollen, dass Millioneneinkommen ab 2026 nur 50% Einkommen­steuer zahlen sollen. In Zukunft sollen für Einkommensteile über 1 Million Euro unbefris­tet, und nicht nur die kommenden Jahre, 55% Einkommensteuer zu zahlen sein.

Zu Änderung Artikel 1 lit d und lit e:

Mit dem Steuerreformgesetz 2020 (984/A) wurde eine Passage im Einkommensteuerge­setz ergänzt, die zu einer geänderten Berechnung des Jahressechstels für die Anwen­dung des begünstigten Steuersatzes von 6% für Urlaubsgeld und Weihnachtsremune­ration führte. Bis dahin wurde das Jahressechstel für die Versteuerung auf Basis der bereits zugeflossenen und auf das Kalenderjahr umgerechneten Bezüge gerechnet.

Die seinerzeitige von ÖVP und FPÖ initiierte Novelle zur neuen „verpflichtenden Aufrol­lung des Jahressechstels“ erfolgte durch folgende textliche Änderungen im EStG:

In § 67 Abs. 2 wurde am Ende folgender Satz angefügt:

„Ausgenommen in Fällen von Elternkarenz darf der Arbeitgeber in einem Kalenderjahr nicht mehr als ein Sechstel der im Kalenderjahr zugeflossenen laufenden Bezüge als sonstige Bezüge mit den festen Steuersätzen gemäß Abs. 1 besteuern (§ 77 Abs. 4a).“

In § 77 wurde nach Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

„(4a) Wurde im laufenden Kalenderjahr insgesamt mehr als ein Sechstel der zugeflos­senen laufenden Bezüge mit den festen Steuersätzen gemäß § 67 Abs. 1 versteuert hat der Arbeitgeber bei Auszahlung des letzten laufenden Bezuges im Kalenderjahr die übersteigenden Beträge durch Aufrollen nach § 67 Abs. 10 zu versteuern; dies gilt nicht in Fällen von Elternkarenz.“

Die SPÖ hat bereits im Zuge der Beschlussfassung im September 2019 darauf hinge­wiesen, dass diese Neuregelung nicht nur problematisch ist, sondern auch zu massiven Ungerechtigkeiten zu Lasten von ArbeitnehmerInnen führt.

a) die Aufrollung ist verpflichtend vorzunehmen, wurde vom Arbeitgeber unterjährig ein zu hohes Jahressechstel der begünstigten Besteuerung zu Grunde gelegt; d.h. die Auf­rollung erfolgt nur zu Lasten des Arbeitnehmers, kann jedoch nie zu dessen Gunsten angewendet werden. Unterjährige Senkung der Normalarbeitszeit (Teilzeit, Kranken­stand) führt zur Aufrollung und Nachversteuerung. Unterjährige Erhöhung der Normalar­beits(teil)zeit nicht es kann daher nicht das rechnerisch höhere Jahressechstel begüns­tigt besteuert werden.

b) Außer in Fällen der Elternkarenz ist die Aufrollung verpflichtend durchzuführen. D.h. es kommt zu einer unsachlichen Ungleichbehandung im Vergleich zu Bildungskarenz, Pflegekarenz usw., in diesen Fällen muss die Lohnverrechnung aufgerollt und nachge­zahlt werden, im Fall der Elternkarenz nicht.

Im Zuge der Covid-19 Krise verschärft die Jahressechstel-Aufrollung nun auch die steu­erliche Ungerechtigkeit bei der Kurzarbeit, weshalb bei der Berechnung des Jahres­sechstels auf den normalen monatlichen Gehalt bei unverringerter Normalarbeitszeit ab­zustellen ist.

Die ÖVP-FPÖ-Regelung zu Lasten der ArbeitnehmerInnen soll daher ersatzlos entfallen, durch die Besserstellung des Steuerpflichtigen in der Rechtsposition, soll die Änderung


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rückwirkend ab 1.1.2020 erfolgen, wobei die Ergänzung in die geltende Bestimmung der Regierungsvorlage integriert wird.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wird gerade an alle Abgeordneten verteilt und ist damit auch ordnungsgemäß einge­bracht.

Die nächste Rednerin steht schon beim Pult. – Bitte, Frau Abgeordnete Elisabeth Götze.


11.24.26

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her vor den Bildschirmen! „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“, hat Ludwig Erhard gesagt, der Vater des deutschen Wirtschaftswunders, der erste Wirtschaftsminister in Deutschland. Was sagt uns das? – Wir brauchen erstens 50 Prozent gute Rahmenbe­dingungen und zweitens eine optimistische Grundstimmung. Heute sind wir hier, um für beides zu arbeiten. Wir sind da, um das zu schaffen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Welche Schritte setzen wir heute? – Ich konzentriere mich einmal auf den unternehmeri­schen Teil, denn es gibt Studien, die zeigen, Unternehmen – Sie (in Richtung Bundesmi­nisterin Schramböck) haben es angesprochen – verschieben ihre Investitionen oder überlegen, heuer noch zu investieren; 62 Prozent der Unternehmerinnen und Unterneh­mern zögern, ob in kleinen oder in großen Unternehmen. Dafür, um da Anreize zu schaffen, um Unternehmen zu unterstützen, gibt es die Investitionsprämie, die wir heute beschließen wollen. Bis zu 14 Prozent bekommen Unternehmen, die ab August bis Feb­ruar nächsten Jahres investieren, also Investitionen in diesem Zeitraum werden mit bis zu 14 Prozent bezuschusst.

Und ja, ich stehe dazu, klimaschädliche Investitionen wollen wir explizit ausnehmen, gleichzeitig werden aber Investitionen, die für die Zukunft Österreichs, für die Zukunft von uns allen wichtig sind, nämlich ökologische Investitionen, Investitionen in Digitalisie­rung und in Lifesciences, im Bereich Pharma besonders gefördert, nämlich mit 14 Pro­zent – also es gibt die Abstufung 14, 7 und 0 Prozent. Dadurch wollen wir eine Transfor­mation schaffen: heraus aus der Coronakrise, aber auch nicht hinein in die Klimakrise, sondern auch aus dieser heraus. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)

Ein Beispiel: Unternehmen haben in den letzten Wochen festgestellt, dass sie Nachrüs­tungsbedarf in Bezug auf ihre IT-Infrastruktur haben, sei es um Kunden besser erreichen zu können – also Umstellung verstärkt auch in Richtung E-Commerce, um neue Ver­triebswege zu schaffen; das stellt sie auf sicherere Beine. Dafür sind Investitionen nötig, und die werden unterstützt. Es braucht aber auch die passende Infrastruktur, damit Mit­arbeiterinnen, Mitarbeiter verstärkt Homeoffice machen können, wenn sie wollen – also keine Anwesenheitspflicht im Unternehmen –, und auch das wird durch diese Investi­tionsprämie gefördert.

Passend dazu etwas, das langfristig wirkt, nämlich ein neues Modell der Abschreibung: degressive Abschreibung heißt, man kann jetzt sofort, heuer mehr abschreiben als spä­ter. Das entspricht ja auch der realen Abnützung von Produkten, die am Anfang viel mehr – gerade bei IT-Produkten – an Wert verlieren als später. Gleichzeitig schafft es Liquidität im Unternehmen, weil man von seinem Gewinn mehr abschreiben kann.

Manche werden sagen, dass Unternehmen heuer keine Gewinne machen werden. – Auch dafür ist vorgesorgt. Es gibt die Möglichkeit des Verlustrücktrags. Unternehmen, die heuer Verluste machen, können das mit Gewinnen der vergangenen Jahre gegen­rechnen. Auch das, keine Steuern zu zahlen oder sogar Steuern zurückzubekommen, schafft wieder eine Form der Liquidität. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Konjunktur ist natürlich nicht nur die unternehmerische Seite, sondern auch die Konsu­mentinnen- und Konsumentenseite, und auch da sorgen wir für Entlastung. Es wurde schon gesagt, der Eingangssteuersatz für alle Menschen wird von 25 auf 20 Prozent zurückgestuft. Ich glaube, das ist sehr wichtig, um Kaufkraft zu schaffen, um die Men­schen zu entlasten und auch um eine mögliche Nachfrage für Unternehmen zu schaffen.

Zusammenfassend: Ich bin davon überzeugt, dass es mit diesem Konjunkturstärkungs­programm, das wir heute hier diskutieren, möglich ist, Unternehmen wieder die Zuver­sicht zu geben, in die Zukunft zu investieren. Wir schaffen damit Rahmenbedingungen, um gut aus der Krise zu kommen, aus der Coronakrise, aus der Wirtschaftskrise und auch aus der Klimakrise. Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


11.29.52

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Geschätz­te Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Die Zahlen sind erschreckend: mittlerweile minus 7 Prozent beim Wirtschaftswachstum, und es kann natürlich sein, dass es noch weiter nach unten geht. Jetzt geht es um die Frage: Wie kommen wir aus dieser Krise wieder raus und welche Maßnahmen sind notwendig, um diese Krise möglichst rasch zu überwinden?

Herr Kollege Kopf hat heute von nachhaltigem Wirtschaftswachstum gesprochen und gemeint, es sei wichtig, dass Investitionen getätigt werden und dass der Konsum an­geregt wird. Was Sie aber nicht erwähnt haben, Herr Kollege Kopf, ist das Vertrauen. Das haben Sie in den letzten Wochen und Monaten mit Ihrer Arbeit leider massiv ge­schädigt. Sie haben das Vertrauen der Unternehmen in diese Politik, das Vertrauen der Konsumenten in diese Politik massiv geschädigt. Sie haben in der Bevölkerung Angst verbreitet, Sie haben bei den Unternehmern Angst verbreitet. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Sie reden von einer zweiten Welle, Sie reden von Einschränkungen, Hilfs­maßnahmen, Hilfspakete sind nicht angekommen. Das alles hat nicht dazu beigetragen, dass Vertrauen geschaffen wird und Investitionen getätigt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Einmalzahlungen für Arbeitslose, die Sie einführen – unter der Voraussetzung, dass auch noch im Juli und im August Arbeitslosigkeit vorliegt –, oder Einmalzahlungen für Kinder die richtigen Lösungen und richtigen Ansätze sind, möchte ich bezweifeln. Wir haben gesagt: Wenn, dann sollte man wirklich etwas Vernünftiges machen, etwas Gscheites, das direkt in der Wirtschaft ankommt. Ich kann es nur noch einmal wiederho­len: Der Österreichtausender, der Gutschein für jeden Österreicher, einzulösen bei ei­nem österreichischen Unternehmen bis zum Ende des Jahres, das wäre es gewesen, das wäre in der Wirtschaft angekommen. Das hätte Vertrauen geschaffen, das hätte den Konsum angeregt, und dieses Geld wäre auch in der Wirtschaft gelandet. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist so, dass wir dieses Paket natürlich trotz allem unterstützen. Wie Hubert Fuchs schon gesagt hat: Vieles davon trägt ja seine Handschrift, weil es aus der Steuerreform entnommen ist. Es ist sinnvoll, dass man Steuern senkt, dass man entsprechende An­reize schafft, damit in Österreich auch wieder investiert wird.

Es wird aber natürlich auch auf bestimmte Berufsgruppen vergessen, und eine stark betroffene Berufsgruppe sind die Marktfahrer, die Fieranten. Durch die Absage sehr vie­ler Großveranstaltungen wie zum Beispiel des Bleiburger Wiesenmarkts und des Sankt Veiter Wiesenmarkts stehen die Marktfahrer wirklich vor großen Existenzängsten, weil ihnen der komplette Markt weggebrochen ist. Dafür trägt die Bundesregierung wegen der Vorgabe, dass keine Veranstaltungen mit mehr als 10 000 Leuten durchgeführt werden


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dürfen, die Verantwortung. Man muss daher auch schauen, dass man diesem Personen­kreis, diesen Unternehmen hilft, und deshalb stelle ich einen entsprechenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Hilfe für Marktfahrer“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Schritte zu setzen, die eine sofortige finanzielle Hilfe zur Abdeckung der Fixkosten sowie des Umsatzausfalls in voller Höhe für die heimischen Marktfahrer, die von der Absage vieler Märkte und Veranstaltung in Folge von COVID-19 in ihrer Existenz bedroht sind, sicherstellen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend rasche Hilfe für Marktfahrer

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (287 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesab­gabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemein­samer Meldestandard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsge­setz 2020 – KonStG 2020) (336 d.B.) in der 43. Sitzung des Nationalrates am 7. Juli 2020

Auch wenn das gegenständliche Konjunkturstärkungsgesetz 2020 ein Schritt in die rich­tige Richtung ist, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin einzelne besonders stark von COVID-19 betroffene Berufsgruppen gibt.

Insbesondere die Marktfahrer stehen in diesen Tagen vor enormen Problemen und sind massiven Existenzängsten ausgesetzt zumal viele Märkte und Veranstaltung abgesagt werden mussten und müssen.

So berichtet die Kleine Zeitung" vom 03.07.2020 in diesem Zusammenhang unter dem Titel: „Wir werden sterben wie die Fliegen“ wie folgt:

„Krisenstimmung bei Marktfahrern nach Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 10.000 Be­suchern. Weiter hoffen auf St. Veiter Wiesenmarkt.

Einen Tag nach der verhängnisvollen Nachricht aus der Bundesregierung sitzt der Schock immer noch tief. Wie berichtet, dürfen bis Ende des Jahres keine Veranstaltungen mit mehr als 10.000 Besuchern stattfinden.

In Kärnten trifft das unter anderem die Wiesenmärkte in Bleiburg und St. Veit.

Während jener in Unterkärnten bereits offiziell abgesagt wurde, wird sich in St. Veit noch der Stadtrat mit der Situation beschäftigen. Das nährt die Hoffnung der Marktfahrer.


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„Wir haben zahlreiche Konzepte vorgelegt und tun nach wie vor alles, damit die Durch­führung möglich ist“, sagt Sissy Haslinger, Landesgremialobfrau des Markt-, Straßen- und Wanderhandels der Wirtschaftskammer. Was die Fieranten betrifft, könne man für eine „hundertprozentige Sicherheit“ und die Einhaltung aller Vorgaben garantieren.

Dass bei den Besuchern Abstand gehalten wird, liege in der Verantwortung jedes Ein­zelnen. „Es würde heuer ohnehin weniger los sein, weil Risikopersonen sicher daheim­bleiben“, sagt Haslinger. In Kärnten gibt es rund 270 Marktfahrer. Für den Großteil sind die Märkte die einzige Einnahmequelle. Schon im Frühjahr ist die Berufsgruppe um viele Veranstaltungen umgefallen. Die Prognose für die Branche ist düster. „Wenn das so weitergeht, werden wir sterben wie die Fliegen“, sagt Haslinger.“

Österreichweit sind rund 4.800 Marktfahrer von den enormen Umsatzeinbußen infolge der Absage zahlreicher Märkte und Veranstaltungen betroffen. Die Märkte sind für viele ihre einzige Einnahmequelle, und daher ist aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten eine rasche und umgehende Hilfe für die Marktfahrer erforderlich.

Wenn hier nicht sofort geholfen wird, ist das auch eine massive Gefahr für den Fortbe­stand der Großveranstaltungen, denn viele Marktfahrer könnte es dann in der Folge nicht mehr geben.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Schritte zu setzen, die eine sofortige finanzielle Hilfe zur Abdeckung der Fixkosten sowie des Umsatzausfalls in voller Höhe für die heimischen Marktfahrer, die von der Absage vieler Märkte und Veranstaltung in Folge von COVID-19 in ihrer Existenz bedroht sind, sicherstellen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Theresia Niss. – Bitte.


11.33.28

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Minister! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist jetzt wieder viel Kritik auf uns niedergeprasselt. Wir hören auf der einen Seite von Klein-Klein-Maßnahmen, auf der anderen Seite von der Gießkanne; wir scheinen also mit unseren Maßnahmen, die in der Mitte liegen, gar nicht so schlecht zu liegen. Wir hören von der SPÖ, dass wir ideo­logische Maßnahmen machen, und ich muss sagen: Wenn das Maßnahmen sind, die den Standort stärken, die den Unternehmen wieder Luft zum Atmen geben, die Arbeits­plätze schaffen, dann sind mir die definitiv lieber als sozialdemokratisch-ideologisch ge­färbte Maßnahmen, die die Leute nicht unbedingt zurück in die Arbeit bringen wollen und Arbeitsplätze vernichten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Bei aller Kritik müssen wir uns, glaube ich, einmal fragen: Wo befinden wir uns denn? – Wir befinden uns mitten in einer Krise. Ja, durch die Maßnahmen der Bundesregierung kommen wir schneller aus dieser Krise heraus, aber sie ist noch nicht vorbei. Wir haben es heute schon gehört: Einbußen von minus 7 Prozent, teilweise gibt es Prognosen mit


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minus 8 Prozent. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Zögerlichkeit bei In­vestitionen zu nennen. Wir hören, 62 Prozent der Unternehmen überlegen sich, Investi­tionen zu streichen oder zu verschieben. Ich merke es auch im eigenen Betrieb und bei vielen anderen Unternehmern, mit denen ich spreche: Die überlegen sich natürlich sehr gut, ob sie jetzt investieren. Genau zu solch einem Zeitpunkt kommt eine Investitions­prämie neben einer degressiven AfA natürlich goldrichtig.

Es ist sicherlich die beste Investitionsprämie, die wir je hatten. Denken wir zurück: Früher hatten wir Investitionszuwachsprämien. Heute haben wir eine Investitionsprämie, die die gesamte Investition fördert, es werden also 7 beziehungsweise 14 Prozent auf den ge­samten Wert angerechnet. Was haben wir noch? – Wir haben einen Zuschuss, und da­mit kommt sie auch Unternehmen zugute, die sich in Verlustsituationen befinden, und das sind in Zeiten der Covid-Krise natürlich leider einige.

Was wollen wir mit dieser Investitionsprämie? – Sie hat eine Hebelwirkung. Es gibt Pro­gnosen, dass sie Investitionen von rund 10 Milliarden Euro auslösen soll. Es gibt wenig Prognosen hinsichtlich Jobs, aber man denkt, dass damit über 10 000 Jobs geschaffen werden sollen. Wir haben einen doppelten Effekt: Einerseits wird jede Investition mit 7 Prozent gefördert, andererseits wollen wir aber auch einen Strukturwandel forcieren, nämlich durch stärkere Förderung von Investitionen in Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit – gerade zu dieser Zeit: Wir wollen die Ökologisierung vorantreiben, und wir befinden uns in der Covid-Krise. 14 Prozent Förderung für jede solche Investition ist, glaube ich, goldrichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) In diesem Zusammenhang ist es, glaube ich, auch sehr wichtig, dass wir das für Ökologisierungs- und nicht nur für Klimaschutzinvestitionen festgelegt haben, denn damit bekommt man die Prämie auch bei Investitionen, die beispielsweise Wassersparen oder auch eine Verbesserung der Kreislaufwirtschaft zur Folge haben.

Meine Damen und Herren, was brauchen wir für die Wirtschaft? – Für die Wirtschaft brauchen wir Optimismus und Mut. Genau diese zwei Dinge, Optimismus und Mut, hat die Regierung mit ihren Maßnahmen ausgelöst. (Abg. Wurm: Nein, eben nicht! Eben nicht! – Abg. Meinl-Reisinger: Wo ist der Mut?!) Ich bin überzeugt, dass die Investitions­prämie, die den Unternehmen Optimismus und Mut gibt, erstens den Standort stärkt, zweitens die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und drittens nachhaltige Arbeitsplätze schafft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


11.37.20

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe ZuseherInnen! Dass uns die Coronakrise viele Milliarden kosten wird, wissen wir, glaube ich, alle. Dass es sich in normalen Zeiten kein demokratisches Parlament jemals aufgehalst hätte, so viele Schul­den zu machen, wissen wir auch alle. Wir haben aber eben keine normalen Zeiten, und natürlich haben wir alle die Finanzexpertinnen und -experten im Ohr, die sagen: Liebe Leute, der Schaden kommt so oder so, machen wir jetzt Schulden, nützen wir die Bonität des Staates aus und schauen wir halt, dass wir das dann vergemeinschaften, nur so wird sich am Ende des Tages für die Menschen, für die Unternehmen und letztendlich auch für die Volkswirtschaft etwas bessern oder bessern lassen!

Das ist grundsätzlich richtig, und viele Alternativen gibt es ja im Augenblick wirklich nicht. Mir ist aber wirklich wichtig, dass wir dieses Schuldenmachen sehr, sehr bewusst be­treiben und immer darauf schauen, welche Wirkungen das Geld, das wir ausgeben, wirklich auslöst, denn diesen Schuldenberg müssen wir irgendwann einmal abtragen –


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und wenn ich „wir“ sage, dann sind es nicht wir, dann sind es eigentlich unsere Kinder und unsere Enkelkinder. Sie werden an diesem Berg ganz gewaltig und verdammt lang knabbern müssen.

Es ist daher eigentlich auch nicht akzeptabel, Frau Bundesminister für Wirtschaft, wenn Sie Gesetze vorlegen, bei denen zumindest die – wenn ich es jetzt nett sage – wirkungs­orientierte Folgenabschätzung sehr großzügig ausgelegt wird, in denen dann nicht wirk­lich genau drinsteht, was denn diese Milliarde eigentlich bringt. Letztendlich muss man sich schon darum kümmern; wenn man diese Milliarde ausgibt, dann will ich auch wis­sen, welche Wirkung Sie sich von dieser Milliarde erwarten, denn ansonsten müssten wir sie ja nicht ausgeben. Das ist also schon sehr, sehr schludrig gemacht; Kollege Fuchs hat das auch wirklich hervorragend ausgeführt.

Wenn wir schon bei diesem Thema sind: Sie haben gesagt – und es ist wieder einmal dieses klassische EU-Bashing, das im Augenblick ja so gerne kommt; das hat der Herr Finanzminister angesprochen, das haben auch Sie angesprochen –, Sie hätten bei der EU durchgefochten, dass 100-Prozent-Garantien möglich sind. Am 20. April gab es eine Pressekonferenz von Ihnen dazu, bei der Sie gesagt haben: Ja, wir sind da immer noch in Verhandlungen! – Uns haben aber die Experten auch gesagt, dass das Gesetz, das Sie nach Brüssel geschickt haben, legistisch so löchrig war, dass es einfach so viele Abstimmungsrunden gebraucht hat, und deswegen hat es so lang gedauert, bis dann letztendlich auch etwas von der EU zurückgekommen ist. By the way: Die EU hat schon am 3. April gesagt – die Kommission hat darauf verwiesen –, dass es im Sinne der tem­porären Beihilferahmen schon möglich ist, 100-Prozent-Garantien zu vergeben. Diese 200 000 Euro hätten Sie von Anfang an vergeben können, das machen wir ja auch über die De-minimis-Beihilfen. Also diese Suppe ist wirklich verdammt dünn. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt aber auch kurz zum Gesetz: Da sind natürlich – das hat auch meine Kollegin Beate Meinl-Reisinger schon gesagt – viele gute Sachen enthalten. Den Verlustrücktrag haben wir NEOS ja auch schon gefordert, den finden wir wirklich gut und der gehört natürlich auch gemacht. Wir finden es auch gut, dass die Verlängerung der von den Abgabenbe­hörden gewährten Stundungen jetzt umgesetzt wird, und natürlich finden wir als Liberale auch die Senkung des Eingangssteuersatzes hervorragend. Was wir uns aber natürlich auch gewünscht hätten, wäre, dass die Abschaffung der kalten Progression endlich angegangen wird – aber ich glaube, es ist uns inzwischen allen klar, dass das mit dieser ÖVP leider nicht möglich ist.

Mein nächster Punkt ist die degressive Abschreibung: auch da große Unterstützung von unserer Seite, wir begrüßen das ausdrücklich. Dass im Augenblick noch die unkörper­lichen, also die immateriellen Wirtschaftsgüter ausgenommen sind – das haben wir ges­tern lange im Ausschuss diskutiert –, finden wir nicht gut, ich höre aber gerade, auch von den Kollegen von den Grünen hier, dass das eventuell noch angepasst wird. Falls das noch kommt: Das fänden wir sehr, sehr gut und wichtig. Es wäre nämlich wirklich be­sonders absurd, wenn das nicht passieren würde: Wir fordern ja auf der einen Seite heute im Investitionsprogramm, dass die Digitalisierung gefördert wird, und am gleichen Tag – bei einem Gesetz, das gleich danach debattiert wird – beschließen wir dann aber trotzdem, dass die degressive Abschreibung für Software beziehungsweise für die Digi­talisierung eben nicht gestattet werden kann. Deswegen fänden wir es wirklich gut, wenn das miteinander korrespondieren würde und sich die beiden Minister – die Frau Minis­terin und der Herr Minister – auch einmal zusammenreden würden.

Zum Thema Zusammenreden gibt es natürlich auch noch ganz, ganz viel zu sagen. Es ist nämlich schon auch spannend, wenn das Finanzministerium dem Wirtschaftsministe­rium ausrichtet, dass die Abwicklung der Hilfen zu teuer ist. Im Investitionsprogramm


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wird ein Volumen von ungefähr 1 Milliarde Euro abgewickelt, und dafür braucht es 20 Mil­lionen Euro – so viel kostet die Abwicklung. Wenn man sich die Abwicklung des Beschäf­tigungsbonus anschaut – das ist ungefähr ein vergleichbares Volumen, auch 1 Milliarde Euro –: Das kostet in der Abwicklung nicht einmal 12 Millionen Euro. Das ist durchaus ein signifikanter Unterschied.

Wer aber offenbar sehr wohl mit dem Finanzminister redet, ist die Frau Landwirtschafts­ministerin, denn diese hat ein Paket von 350 Millionen Euro über den Waldfonds um­zusetzen, und das kostet in der Umsetzung beziehungsweise in der Abwicklung eben­falls fast 12 Millionen Euro. Da stellt sich natürlich schon die Frage, wohin alle diese Gelder denn letztendlich fließen.

Dann bleibt mir zum Schluss noch eine Anregung zu machen: Wir haben ja in diesem Hohen Haus letzte Woche eine Mehrwertsteuersenkung unter anderem für den Kultur­bereich und damit auch für die Veranstaltungsbranche beschlossen. Jetzt wissen wir aber alle, dass in diesem Herbst wahrscheinlich viele Veranstaltungen einfach abgesagt beziehungsweise auf das nächste Jahr verschoben werden müssen. Diese Gefahr besteht. Hinsichtlich dieser verschobenen Veranstaltungen würden die entsprechenden Unternehmen dann eben nicht in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen, deswegen bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ergänzende Maßnahme im Kulturbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche sicherstellt, dass auch auf das Jahr 2021 verschobene Veranstaltungen noch in den Genuss des ermä­ßigten Umsatzsteuersatzes von 5% kommen und es entsprechend zu keinen USt.-Rück­zahlungen für Veranstaltungsunternehmen kommt.“

*****

Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

11.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ergänzende Maßnahme im Kulturbereich

eingebracht im Zuge der Debatte in der 43. Sitzung des Nationalrats über das Bundesge­setz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabe­gesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunktur­stärkungsgesetz 2020 –KonStG 2020) (287d.B.) – TOP 1

Die Mehrwertsteuersenkung der Regierung war als Unterstützung des Kulturbereichs und damit auch der Veranstaltungsbranche gedacht. Jedoch werden voraussichtlich


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auch im Herbst 2020 viele Veranstaltungen nicht stattfinden können. Darüber hinaus bleibt die Gefahr aufrecht, dass Veranstaltungen kurzfristig abgesagt und auf 2021 veschoben werden müssen. Aus diesem Grund wäre es nur fair, wenn die verschobenen Veranstaltungen auch noch in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen wür­den.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche sicherstellt, dass auch auf das Jahr 2021 verschobene Veranstaltungen noch in den Genuss des ermä­ßigten Umsatzsteuersatzes von 5% kommen und es entsprechend zu keinen USt.-Rück­zahlungen für Veranstaltungsunternehmen kommt.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.


11.43.49

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Mit­glieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Fuchs von der FPÖ hat uns vorhin vor Klimaschutz in Zeiten der Wirtschaftskrise gewarnt. Ich möchte dem vehement widersprechen. Aus meiner Sicht ist es gerade die ökologische Transfor­mation unserer Wirtschaft, in der die Zukunftschancen liegen. Da sind die Arbeitsplätze für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie wir schon gesagt haben: Klimaschutz ist das beste Konjunkturprogramm, und aus diesem Grund haben wir auch wesentlich mehr Geld für den Klimaschutz vorgesehen – alleine für thermische Sanierungsmaßnahmen und für den Tausch von Heizungsanlagen 750 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren –, deshalb beschließen wir heute auch eine Investitionsprämie für Zukunftsinvestitionen: Für ökologische Investitionen und In­vestitionen in den Bereichen Digitalisierung und Lifesciences gibt es 14 Prozent Investi­tionsprämie. Wenn ein Unternehmen im nächsten halben Jahr beschließt, neue Fenster einbauen zu lassen, in ein neues Heizungssystem, zum Beispiel eine Wärmepupe mit Ökostrom, zu investieren, dann können diese Investitionen mit bis zu 44 Prozent geför­dert werden. So etwas gab es noch nie, und das ist genau das Signal, das Unternehmen jetzt brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was für uns auch klar ist – das wurde schon angesprochen –: Für klimaschädliche In­vestitionen gibt es diese Investitionsprämie nicht. Ich habe mir einige Stellungnahmen durchgelesen – vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, von der Wirtschaftskam­mer –, in denen es teilweise auch Kritik gab, dass das zu weit gehe und dass man auch klimaschädliche Investitionen mit dieser Prämie fördern müsse; auch hier haben wir jetzt gehört, dass Kollege Fuchs das kritisiert hat.

Ich verstehe die FPÖ prinzipiell nicht. Ich weiß nicht: Sie wollen den Ölscheichs weiterhin jedes Jahr Milliarden überweisen und ihnen das Erdöl und Putin sein Erdgas abkaufen, anstatt in eine Transformation zu investieren, um der heimischen Wirtschaft zu helfen, auf Basis Erneuerbarer zu wirtschaften?! (Abg. Fuchs: Sehr sachlich! Sie argumentieren


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sehr sachlich, Herr Kollege!) Das heißt nicht nur, in Ökostrom zu investieren, das ist eine riesige ökologische Transformation (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Fuchs), und es ist aus meiner Sicht absurd, klimaschädliche Investitionen mit Steuergeld zu fördern und dann mit noch mehr Steuergeld am Ende auch noch Strafzahlungen zu tätigen. Das ist, als würde man in eine Kutsche zwei Pferde einspannen und das eine Pferd rennt in eine Richtung, das andere in die andere Richtung. Was passiert? – Wir bleiben stehen, wir bewegen uns nicht von der Stelle. Genau das ist in der Klimapolitik in den letzten Jahr­zehnten passiert, und das gibt es mit uns Grünen nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte.


11.46.47

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter Köstinger! Frau Bundesminister Schramböck! Herr Bundesminister für Finanzen! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Da Kollege Brandstätter noch nicht geredet hat, machen wir einen etwas genaueren zeit­geschichtlichen Exkurs, damit die Millennials auch mitmachen können.

Wer erinnert sich noch an den berühmten Hary Raithofer? (Einige Abgeordnete heben die Hand.) – Ja, das sind einige. Er war vor 25 Jahren, Mitte der Neunzigerjahre, Redak­teur und Moderator beim ORF-Sender Hitradio Ö3. Seine erste Sendung war „Der Plei­ten-, Pech- und Pannendienst“, eine sehr erfolgreiche Sendung, bei der Menschen, de­nen ein Malheur passiert ist, anrufen konnten und Hilfe bekommen haben. Ö3 bringt das noch als Sondersendung einmal im Jahr zu Weihnachten, nur: Angesichts unserer Bun­desregierung können wir mit dem Pleiten-, Pech- und Pannendienst nicht bis Weihnach­ten warten, nein, wir müssen diesen Teil der Sendung hier machen, und daher können wir diese beliebte Serie heute fortsetzen.

Wie immer nach dem Intro gibt es einmal einen kurzen Rückblick, was bisher geschah. Das begann schon Mitte März, am 14., 15. März, als man just jenes Gesetz, das die zum Überleben unserer Betriebe notwendige Sicherheit gewährleistet hätte, das Epidemie­gesetz, hinsichtlich der Verdienstentgangsentschädigung außer Kraft gesetzt hat, weil es angeblich so alt war. Es folgte dann kontinuierlich eine Reihe von Pleiten, Pech und den Pannendienst erfordernden Dingen.

Ich darf erinnern: Kollege Krainer hat festgestellt, dass die Ermächtigung betreffend 38 Milliarden Euro in der Vorlage von Finanzminister Blümel für ein Konto gilt, das im gesamten Ziegel des österreichischen Bundesbudgets gar nicht existiert. Es war auch Kollege Krainer, der dem Herrn Finanzminister geholfen hat, in letzter Sekunde, nach der zweiten Lesung, gemäß § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Irrtum zu beheben, weil dieser sonst statt 102 Milliarden Euro plötzlich nur 102 000 Euro Budget für die Maß­nahmen für heuer festgesetzt hätte.

Und es ging ja weiter: Martin Ho, ein Freund des Herrn Bundeskanzlers, verrechnet in seinem Lokal, kam man drauf, die 5 Prozent, wie man auf den Belegen sieht, bereits seit Mitte Juni.

Das war die letzte Folge der Serie, und heute setzen wir sie fort: Jetzt stellen Einperso­nenunternehmerinnen und -unternehmer Anträge beim Härtefallfonds zwei. Und was be­kommt jemand von dort zur Antwort? – Das Vergleichseinkommen, mit dem nämlich be­rechnet wird, wie hoch der Entfall war, wird von der Wirtschaftskammer Wien mit einer Umsatzrentabilität von 477,68 Prozent vorgerechnet. Alle, die einmal Betriebswirtschafts­lehre gelernt haben, Umsatzrentabilität und so weiter, werden sich denken: Diese Dame muss super sein! (Abg. Vogl: Die Wirtschaft läuft!) Bei einem ihrer Kollegen, der den


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Antrag am 28.5. gestellt hat, geht es noch weiter: Bei ihm beträgt die Umsatzrentabilität 550,98 Prozent. – Ein Wahnsinn, was die schaffen! Das muss man sich vorstellen, meine Damen und Herren: Das heißt, es wird ihnen vorgerechnet, dass sie bei einem Umsatz von zum Beispiel 20 000 Euro einen Gewinn vom Fünffachen – von 100 000 Eu­ro – machen. – Das kommt ja schon den Rechenleistungen unseres Finanzministers na­he! Das sind tolle Unternehmer. Blöderweise kriegen sie aber mit dieser Berechnung statt der ihnen zustehenden Förderung nur 500 Euro.

Algebra ist etwas Schwieriges, Herr Mag. Blümel, doch auch wenn man ein Studium an der Philosophischen Fakultät abgeschlossen hat – was wir beide übrigens teilen –, ist es nicht notwendig, dass man falsch rechnet. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Ich darf auch in diesem Fall helfen: Die Antragsteller haben sich natürlich beschwert, und daraufhin schreibt die Wirtschaftskammer Wien, man müsse den Fehler, die Ursa­che, warum das Komma verrutscht sei, erst finden. Leider sei das aber kein Einzelfall, schreibt die Wirtschaftskammer von der E-Mail-Adresse haertefall-fonds@wkw.at; auf weitere Vorlage dieses Punktes, heißt es, man müsse sich mit dem Finanzamt in Verbin­dung setzen. – Offensichtlich ist also die Wirtschaftskammer der Meinung, dass das Nicht-rechnen-Können in Ihren Zuständigkeitsbereich hineinfällt, Herr Mag. Blümel – wieder geht es um das Nicht-rechnen-Können.

Meine Bitte ist – und ich stelle dazu heute eine parlamentarische Anfrage –: Stellen Sie fest, wie viele Tausende da zum x-ten Mal wegen Nicht-rechnen-Könnens Ihrerseits und seitens Ihrer Behörde um ihren Anspruch aus den Härtefallfonds zwei umgefallen sind! Es ist wirklich nicht notwendig, dass wir die Serie „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ fortsetzen. Machen Sie anständige Arbeit, dann würden solche Sachen nicht passieren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.


11.52.35

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Mit­glieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man Herrn Kollegen Matznetter zuhört, denkt man sich irgendwie: Furcht­bar! Die Welt ist furchtbar, alles ist schrecklich! Alles geht den Bach hinunter! Alles ist furchtbar! (Abg. Heinisch-Hosek: ... Wirtschaft, wie! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Herr Matznetter, ich würde vorschlagen: Nehmen wir doch ein anderes Ö3-Motto, näm­lich „Das Leben ist ein Hit“, denn daraus würden wir nämlich viel mehr Energie ziehen können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass das so ist, habe ich am Sonntag selber erleben dürfen. Ich war bei einer Geburts­tagsfeier, da kamen alle wieder zusammen, die sich schon lange nicht mehr gesehen hatten. Es war große Freude dort, das hat man richtig gespürt, trotzdem aber haben sich die Leute daran gehalten, Abstand zu nehmen, sich nicht abzubusseln, sich nicht in die Arme zu nehmen. All das hat super funktioniert, und wir haben dort sehr viel positive Energie erleben können – dass die Leute sehr dankbar dafür sind, wie Österreich durch die Krise gekommen ist, und dankbar auch dafür, wie es jetzt weitergehen soll. (Abg. Belakowitsch: ... dankbar! Alle dankbar!)

Ich habe dort aber auch ein anderes Erlebnis gehabt, das mich zum Nachdenken ge­bracht hat. Ein Freund ist zu mir gekommen und hat gesagt, er habe jetzt alle seine Masken weggeschmissen. Ich habe nachgefragt: Warum schmeißt du deine Masken weg? Was ist denn los? – Er hat gesagt: Na ja, das Coronavirus ist ja besiegt, wir haben es geschafft, es ist erledigt, wir können alles wieder machen, wie es vorher war! (Abg.


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Heinisch-Hosek: ... kompliziert!) – Da, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Wir müssen aufpassen, dass so etwas nicht passiert, dass wir das alles nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir werden weiterhin Abstand nehmen und Abstand halten müssen, und das wird sehr wichtig sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Coronakrise beschäftigt uns im Gesundheitsbereich, wie wir ja sehen, weltweit mas­siv. Es hat noch nie so viele Neuinfektionen gegeben wie aktuell weltweit (Abg. Kollross: In Oberösterreich zum Beispiel!), wir sind bei 540 000 Toten – das sind alarmierende Zahlen! Wir können nur froh sein, dass wir die Zahlen in Österreich auf einem so nied­rigen Niveau halten können. Es gibt da und dort Cluster (Abg. Kollross: Oberöster­reich!), die uns immer wieder aufzeigen, dass wir weiterhin konsequent handeln und schnell einschreiten müssen, und das werden wir auch tun, allen voran unser Gesund­heitsminister Rudi Anschober. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Darüber hinaus sehen wir auch, was es für wirtschaftliche Konsequenzen hat. Die Krise der Weltwirtschaft macht natürlich an Österreichs Grenzen nicht halt, sondern trifft uns in vollem Ausmaß, und wir erleben, dass wir schon ganz viele Maßnahmen gesetzt ha­ben, die auch wirklich gut ankommen. Der Fixkostenzuschuss, das Kurzarbeitsmodell – all das sind Maßnahmen, die die Unternehmen schon massiv unterstützt haben. Ich bin froh, dass wir heute und in den nächsten Tagen weitere Maßnahmen beschließen wer­den – es ist heute schon angesprochen worden: Verlustrücktrag, degressive Abschrei­bung und viele andere Maßnahmen –, die auch den Unternehmensstandort weiter si­chern werden und so Arbeitsplätze sichern können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Was mich ganz besonders freut, ist, dass wir den Eingangssteuersatz senken und somit alle kleineren und mittleren Einkommen beziehungsweise alle Einkommen entlasten, sodass weniger Steuern bezahlt werden. Das klingt alles sehr sperrig, daher ein leichtes Beispiel: Jemand verdient 2 000 Euro und hat dadurch eine Steuerersparnis von rund 350 Euro pro Jahr. Das ist echtes Geld, das im Börsel bleibt und den Menschen zur Verfügung steht. Das ist etwas, was man gut brauchen kann. Wir beschließen auch den Kinderbonus, 360 Euro pro Kind – auch Geld, das im Börsel bleibt. All diese Maßnahmen werden dazu führen, dass wir durch diese Krise kommen werden.

Wenn ich jetzt meinen Kollegen Karlheinz Kopf anschaue, dann stelle ich fest: Wir sind uns nur in einer Sache wirklich uneins, und zwar darin, welche Fußballmannschaft in Österreich die beste ist. Er hält Altach die Daumen, ich Austria Wien – ich hoffe auch, dass wir das nächste Aufeinandertreffen für uns entscheiden werden. (Abg. Scherak – erheitert –: Beides ...!) Ich möchte das, was du vorhin gesagt hast, noch um eine Kleinig­keit ergänzen, wenn ich das so sagen darf: Du hast gesagt, all diese Maßnahmen seien notwendig, damit wir wieder dorthin zurückkommen, wo wir waren. Dazu möchte ich, wenn ich darf, ergänzen: Ich möchte nicht nur, dass wir hinsichtlich der Wirtschaftsleis­tung wieder dorthin kommen, wo wir einmal waren, sondern ich möchte, dass wir besser werden, als wir es jemals waren; denn so sind wir! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.57.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hary Raithofer hat nicht nur den „Pleiten-, Pech- und Pannen­dienst“ erfunden, damals bei Ö3, sein nächster Job war Pilot. Frau Bundesministerin Schramböck hat zwar vorhin nicht aufgezeigt, als gefragt wurde, wer Hary Raithofer kennt, sie kennt ihn aber sehr gut, denn er hat jene Maschine aus China nach Wien


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geflogen, die die defekten Masken gebracht hat, die dann nach Tirol und Südtirol ge­bracht worden sind. Die Frau Ministerin hat publikumswirksam am Flughafen eine Kiste von Hary Raithofer entgegengenommen. – Sie hätten durchaus aufzeigen können! (Bei­fall bei Abgeordneten der NEOS. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: ... die wissen, dass sie schadhaft sind! – Zwischenbemerkung von Bun­desministerin Schramböck.) – Handschuhe hat sie entgegengenommen, flüstert mir die Frau Ministerin ins Ohr.

Zum Konjunkturstärkungsgesetz: Das Konjunkturstärkungsgesetz, das gestern Thema in einem – quasi – Spontanausschuss war und zu dem die ÖVP-Abgeordneten nichts anderes gesagt haben, als dass der Name Konjunkturstärkungsgesetz ja für sich spre­che und es daher ein gutes Gesetz sei – das war gestern die gesamte inhaltliche Einlas­sung der ÖVP-Abgeordneten –, beinhaltet unter anderem eine Erhöhung der Negativ­steuer für Menschen, die nicht lohnsteuerpflichtig arbeiten. Das betrifft ausschließlich Teilzeitkräfte.

Wir wissen, dass wir in Österreich schon sehr viele Teilzeitanreize haben, diese verstär­ken wir jetzt, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir in einigen Jahren immer noch ein Problem bei den Pensionen haben werden, wenn die Frauen immer noch niedrigere Pensionen haben werden als die Männer, weil die Republik wieder einen Anreiz setzt, in Teilzeit zu verharren. Wenn diese Menschen dann mehr arbeiten – vielleicht 75 Prozent statt 50 Prozent –, verlieren sie nämlich die Negativsteuer, sie kommen in den steuer­pflichtigen Bereich und dann zahlt sich das zusätzliche Arbeiten nicht aus. – Das ist das, was Sie mit Ihrem Frauenbild des Heimchens am Herd einzementieren.

Wer sich in diesen Tagen natürlich besonders freut – heute, morgen und übermorgen ‑: der Bauernbund (Abg. Vogl: Der Großbauer!) und die nicht nur für Bauern zuständige, sondern ausschließlich für Bauern arbeitende Ministerin Köstinger. (Abg. Leichtfried: Für die kleinen nicht!)

Was in diesem Gesetz heute nämlich auch enthalten ist, ist ein Entfall der Buchführungs­pflicht für Bauern, deren Liegenschaften einen hohen Einheitswert haben. Das heißt, es erhöht sich die Zahl der Bauern, die bei der Einkommensteuer pauschalieren dürfen. Das nützt aber nicht den Kleinbauern. Täuschen Sie sich nicht! (Abg. Leichtfried: Das wissen sie ja eh!) Das nützt den relativ großen, nicht den ganz großen, aber den mittleren und großen Bauern (Abg. Wöginger: Die Sozialversicherung hilft den Kleinen!), die dann günstiger versteuern und sich natürlich auch günstiger sozialversichern können – und danach wundern wir uns, wenn kleine Bauernpensionen herauskommen! Das ist eine ganz logische Folge. Wenn wir heute so kleine Bauernpensionen haben – die sind wirk­lich oft bedenklich niedrig –, dann ist das ein Ergebnis von über 30 Jahren ÖVP-Land­wirtschaftspolitik. (Abg. Wöginger: Ja, genau!) Das haben Sie sich zuzuschreiben und das verstärken Sie damit wieder. Die Kleinbauern haben nichts davon. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wäre auch ehrlich, einmal zu sagen, was Sie machen, nämlich beinharte Klientel­politik für eine bestimmte Gruppe von Bauern – nicht für alle, denn die, die irgendwo in einem abgelegenen Tal eine Steilmahd haben, profitieren von Ihren Maßnahmen gar nicht bis höchstens minimal. Es profitieren eher die dicken Fische. Da schaut man, wer Bauernbundmitglied ist, und dem kann man etwas zuschieben. Wir werden das auch später beim Waldfondsgesetz sehen: Die Ministerin kann diskretionär Geld vergeben, es gibt keinen Rechtsanspruch, man schaut genau, dass es die Richtigen bekommen. Das ist Ihre Klientelpolitik. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Wöginger.)

12.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nina Tomaselli. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 75

12.01.35

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Unter den vielen Steuer­senkungen, die wir in den vergangenen Wochen hier im Hohen Haus beschlossen ha­ben, beschließen wir heute wahrscheinlich die beste Steuersenkung, nämlich die Sen­kung des untersten Einkommensteuersatzes. In Kombination mit der Negativsteuer, die jetzt bei 500 Euro liegt, ist das sicher eine der wichtigsten Maßnahmen zur Stärkung der Nachfrage, die eben auch allen in Österreich lebenden und werkenden Menschen zugu­tekommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dennoch ist mir Folgendes wichtig: Ich habe jetzt gerade schon angesprochen, dass wir im Hohen Haus in der letzten Zeit wirklich viele Steuersenkungen beschlossen haben, in diesem Zusammenhang wird ganz oft von Entlastung gesprochen. Das ist ein Wort, das eigentlich darauf hindeutet, dass man irgendjemandem etwas wegnimmt oder dass Steuern etwas Erdrückendes sind – aber das sind sie nicht, wenn es nach uns Grünen geht.

Gerade jetzt in der Coronakrise, von der wir und die Volkswirtschaft so überraschend und auch so empfindlich getroffen worden sind, zeigt sich, was ein starkes öffentliches Budget – und das ist die Summe aller Steuern – bedeutet. Es ist ein Sicherheitsnetz, auf das wir alle uns in allen Lebenslagen verlassen können. Das geht, bitte, weit über Ein­zelschicksale hinaus. Ich bin froh, dass die in Österreich lebenden Menschen mit ihren Beiträgen zur Gemeinschaftskasse in den guten Jahren – das waren die letzten Jahre – ermöglichen, dass wir jetzt in den schlechten Zeiten ein Polster haben, auf das wir zu­rückgreifen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weil es so wichtig ist, dass wir auch in Zukunft einen finanzstarken Staat haben – denn die nächste Krise kommt bestimmt –, müssen wir auch an den Tag danach denken. Ir­gendwann ist die Zeit vorbei, in der wir uns überlegen, welche Gruppe welche Steu­ersenkung kriegt. Dieser Tag wird schneller kommen, als uns recht ist. Dann kommt eben die Zeit, in der wir im Hohen Haus intensive Diskussionen werden führen müssen, wer mehr und wer weniger für den Erhalt unseres Sicherheitsnetzes zahlen wird.

Der Coronasoli wird kommen, die Frage ist nur, wie er ausschauen wird. Warum? – Wenn wir dann über den Coronasoli reden, sollte gelten, was auch in anderen Lebensla­gen gilt: Starke Schultern können und sollen mehr tragen als schwache! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

12.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Herr. – Bitte.


12.04.53

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Die Arbeitslosigkeit ist in den letzten Monaten regelrecht explodiert. Durch falsche und vor allem späte Hilfe stehen wir, wo wir jetzt eben stehen: vor der größten sozialen Krise der Zweiten Republik. Ja, es sollte selbstverständlich sein: Für die größte Krise der Zweiten Republik braucht es das größte Konjunkturpaket der Zweiten Republik – natürlich braucht es das, da müssen wir entschlossen gegensteuern. Einige Punkte in Ihrer Vorla­ge sind ja gut, die Senkung bei den Steuern für die arbeitenden Menschen haben wir selbst gefordert, aber insgesamt bleibt Klientelpolitik übrig.

Ich fasse es teilweise gar nicht, wie schamlos man tatsächlich vorgeht. Für jeden Euro, den ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bekommt, bekommt ein Landwirt oder eine Landwirtin 3 Euro. Für jeden Euro, den ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bekommt, bekommt ein Unternehmen über 30-mal so viel. Das sind ganz einfach die Fakten. Die arbeitenden Menschen bekommen durch Ihr Paket am wenigsten. (Abg.


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Haubner: Das Geld, das die Wirtschaft verdient, davon leben die Arbeitenden!) Die ar­beitslosen Menschen bekommen durch Ihr Paket am wenigsten. (Abg. Haubner: So ein Schmarrn! Ich weiß, warum die SPÖ nicht mehr regiert!) Alleine das Paket von Frau Köstinger für die Forstwirtschaft beinhaltet mehr als die Unterstützung für alle Arbeitslo­sen zusammen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was Sie hier vorlegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage mich echt, wie man zu so einem Begriff von Gerechtigkeit kommt. (Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn!) Sie sagen, das Arbeitslosengeld zu erhöhen sei nicht gerecht, aber dass auf der anderen Seite die Novomatic, die staatliche Unterstützungsgelder für die MitarbeiterInnen entgegennimmt, dann den Aktionären und Aktionärinnen 50 Millionen Euro Gewinn ausschüttet, ist schon gerecht? Das geht sich doch hinten und vorne nicht aus, welchen Begriff von Gerechtigkeit Sie haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Ich nenne gleich noch einen Punkt: Wir haben in diesem Haus vor wenigen Wochen für die Helden und Heldinnen der Arbeit applaudiert. Und jetzt, wo es ums Geld geht, sehen wir, dass sie für Sie tatsächlich nicht erstrangig, nicht einmal zweitrangig sind. Wenn wir dieses Konjunkturpaket beschließen – zwar mit einigen guten Punkten, aber in meinen Augen längst nicht genug –, dann werden sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen diese Krise selbst bezahlen müssen.

Deshalb: Lenken Sie ein! Lenken wir ein! Wir haben ein Konjunkturpaket vorgelegt, das Beschäftigung schafft, das den Konsum ankurbelt, das die unterstützt, die es eben wirk­lich brauchen, mit einem Arbeitslosengeld, von dem man leben kann, mit einem Mindest­lohn von 1 700 Euro, von dem man gut leben kann, mit einer Sonderprämie von 1 000 Eu­ro für die Helden und Heldinnen der Arbeit und auch mit einer Millionärssteuer! (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Das wird Sie gleich noch viel mehr aufregen! (Abg. Wöginger: Kommunismus!) So ein Paket haben wir vorgelegt, es würde denen helfen, die es wirk­lich brauchen. (Abg. Wöginger: Wer was hackelt, hat einen Pecker! So ist es! – Ruf bei der ÖVP: Fragt den Doskozil, der kann es!)

Lieber Herr Minister, liebe Regierung: Verabschieden Sie sich endlich von der Klientel­politik für Ihre Sponsoren und Sponsorinnen (Zwischenrufe bei der ÖVP), von diesem traurigen Schauspiel sehen wir im U-Ausschuss täglich genug! Schnüren Sie ein Kon­junkturpaket, das allen hilft und nicht nur Ihrer Klientel, denn das ist es, was wir brauchen! Danke schön für die Aufmerksamkeit, liebe Kollegen und liebe Kolleginnen, lenken wir ein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Sozialismus!)

12.08


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu Wort. – Bitte, Frau Ministerin.


12.08.47

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem heutigen Paket entlasten wir vor allem arbeitende Menschen, und da zählen vor allem unsere Bäuerinnen und Bauern in der Bundesrepublik Österreich absolut dazu. Wir ha­ben nicht nur in den Zeiten des Lockdowns und der Coronakrise gesehen, wie wichtig die Produktion und die flächendeckende Versorgung mit Lebensmitteln sind. Unsere Bäuerinnen und Bauern leisten diese Arbeit 365 Tage im Jahr. Das ist gut so, und ihnen gebührt vor allem auch jetzt eine Entlastung. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Die Bundesrepublik ...! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Es wurde heute auch mehrmals angesprochen, wie wichtig die Versorgung mit Schutz­materialien in Zeiten der Covid-Krise war. Wir waren auch in Zeiten, als Hamsterkäufe


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in Österreich getätigt wurden, niemals von Importen abhängig, sondern unsere Bäue­rinnen und Bauern haben durch ihre Arbeit tagtäglich die Lebensmittelversorgung sicher­stellen können.

Wir haben aber auch gesehen, dass die Landwirtschaft in Österreich eine systemrele­vante und vor allem systemkritische Infrastruktur ist. Wenn wir eine Lehre aus dieser Coronakrise ziehen, dann muss es die sein, dass wir weiterhin alles dafür tun müssen, dass wir bei der Lebensmittelproduktion unabhängig sind, dass wir vor allem unabhängig von Importen sind, und dass wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe, egal ob sie am Berg oder im Tal arbeiten und wirtschaften und dort in unseren Gunstlagen für die Le­bensmittelproduktion Sorge tragen, unterstützen, dass wir sie entlasten müssen und dass wir aber vor allem auch Danke sagen. Ich glaube, das ist das ganz Zentrale, worum es uns jetzt bei den Konjunkturmaßnahmen geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden, wir haben auf der einen Seite Maß­nahmen – Gewinnglättung –, die wirklich auch für wirtschaftliche Entlastung sorgen sol­len. Bäuerliche Familienbetriebe haben dadurch, dass Gastronomiebetriebe als Absatz­märkte ausgefallen sind, massive Einbrüche erlebt. Der Fleischkonsum hat sich dadurch, dass der Außerhausverzehr eingebrochen ist, zum Teil massiv verlagert, eben auch in den Lebensmitteleinzelhandel. Wir sehen aber vor allem auch, dass die Auswüchse des Klimawandels für unsere Betriebe massive Verwerfungen mit sich bringen; Wetterextre­me sind eines der Elemente, die wir in den letzten Jahren vermehrt zu spüren bekommen haben, deswegen ist vor allem diese Gewinnglättung ein sehr wichtiges Instrument, das wir einsetzen.

Wir nehmen aber auch die Preis- und Einkommensentwicklung zum Anlass, um Voll­pauschalierungsgrenzen aufzuheben, die sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sind. Wir heben die Umsatzgrenze für die Buchführungspflicht auf die allgemeine Umsatzgrenze für alle Unternehmen, um vor allem produzierende landwirtschaftliche Betriebe zu ent­lasten, zu unterstützen, ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu geben und um weiter­hin dafür Sorge zu tragen, dass wir in Zukunft nicht von Importen abhängig sind.

Diese und andere Maßnahmen, die wir vor allem auch morgen beschließen werden, sollen ein ganz kräftiges Signal für die heimischen Bäuerinnen und Bauern sein, vor allem im Sozialversicherungsbereich. Das wird ein Teil sein, der morgen hier zur Abstim­mung kommt, das ist etwas, das wirklich schon lange für sehr viel Ungerechtigkeit sorgt.

Mich wundert es ehrlich gesagt sehr, wenn Personen, die zur Sozialdemokratie gehören, hier kritisieren, dass wir für die Mindestpensionsbezieher – jene, die wirklich die gerings­ten Pensionen beziehen, obwohl sie jahrzehntelang gearbeitet haben und in diesem Land wirklich eine der tragendsten Säulen sind – etwas, das seit Jahrzehnten wirklich eine Ungerechtigkeit ist, jetzt eben mitregeln und mitbereinigen. Das hätte schon längst sein sollen, das hätte schon längst aufgehoben werden müssen. Das ist jetzt unter dieser Bundesregierung gelungen, dafür auch ein ganz herzliches Dankeschön an den Koali­tionspartner, mit dem wir das jetzt gemeinsam in Umsetzung bringen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Es ist höchst an der Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir reden dabei von einem Plus von 30 bis 40 Euro im Monat bei den geringsten Pen­sionen. Dafür muss man sich rechtfertigen, dafür muss man Kritik einstecken?! Ich muss, ehrlich gesagt, eingestehen, dass mich das zum Teil wirklich fassungslos macht. Ich glaube, an dieser Stelle wäre einmal eine Entschuldigung angebracht. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Diese Bundesregierung steht nicht nur hinter den Bauern, sie steht auch vor ihnen und an ihrer Seite, und das werden wir auch in Zukunft tun, weil wir wissen, dass unsere


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Bäuerinnen und Bauern für die wichtigsten Lebensgrundlagen verantwortlich zeichnen. Wir werden sie auch weiterhin entlasten und unterstützen, und wir werden vor allem auch dafür sorgen, dass regionalen, saisonalen, heimischen Produkten der Vorrang ge­geben wird, damit diese Betriebe eine Zukunft und eine Perspektive haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Wöginger: Sehr gut!)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carina Reiter. – Bitte.


12.14.13

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau­en Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Zuschauerin­nen und Zuschauer! Das Konjunkturstärkungsgesetz schafft mit den vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich des Abgabenrechtes eine wichtige Grundlage, damit Österreich gut aus der Covid-19-Krise kommt. Die Menschen sollen entlastet und der Standort ge­stärkt werden.

Auch unsere Bäuerinnen und Bauern sollen durch das Paket Erleichterungen erhalten. Es ist extrem wichtig, unsere österreichische Land- und Forstwirtschaft zu stärken. Es ist uns allen bestens bekannt, dass unsere Bäuerinnen und Bauern mit vielen Herausfor­derungen zu kämpfen haben. Von Jahr zu Jahr werden die Bedingungen schwieriger, das Wetter und die Preise machen der heimischen Land- und Forstwirtschaft mehr als zu schaffen. Die Bäuerinnen und Bauern spüren als Erste den Klimawandel, instabile Märkte bedrohen die Existenzen der Betriebe. Die Maßnahmen im Steuerrecht umfas­sen langjährige Forderungen, die dazu beitragen, unsere Landwirtschaft zukunftsfähiger zu machen, und sie bringen spürbare Entlastungen. Auch, dass die Maßnahmen rück­wirkend ab 1.1.2020 gelten sollen, ist ein wichtiges Zeichen. Ich möchte gern zwei Maß­nahmen beispielgebend herausgreifen.

Zur Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsmaßnahme, der sogenannten Ge­winnglättung zur besseren Absicherung der Landwirte gegen Preis- und Ertragsschwan­kungen über drei Jahre: Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist in immer größerem Ausmaß vom Wetter abhängig. Die volle Breitseite aus Trockenheit, Hitze, Unwetterschäden und so weiter kann zu hohen Ernte- und Produktionsausfällen führen. Die Besteuerung von landwirtschaftlichen Einkommen soll daher nicht nur mehr jahresweise, sondern über einen mehrjährigen Durchrechnungszeitraum erfolgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Bei der Streichung der Einheitswertgrenze und der Anhebung der Umsatzgrenze für die Buchführungspflicht geht es um eine Gleichstellung mit allen anderen Unternehmen und Berufsgruppen.

Wenn man sich sämtliche Maßnahmen vor Augen führt, die jetzt und in der kommenden Zeit aufbauend auf den Ergebnissen der Regierungsklausur noch gesetzt werden, dann sieht man ganz klar, dass in vielen Bereichen für die Betriebe in der Land- und Forst­wirtschaft etwas getan wird, nicht nur bei der Buchführungsgrenze. Das Konjunkturstär­kungsprogramm ist ein erster wichtiger Schritt, viele weitere werden und müssen noch folgen. Man muss sich schon das Gesamtpaket vor Augen führen, keinem ist geholfen, wenn man hier das übliche ideologische Hickhack aus der bekannten Mottenkiste he­rausholt. Besser wäre es, wir würden zusammenstehen und bei Maßnahmen, die unsere landwirtschaftlichen Betriebe tatsächlich entlasten, an einem Strang ziehen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Jakob Schwarz.)

Vor gar nicht so langer Zeit ist hier im Hohen Haus darüber geredet worden, wie wichtig eine eigenständige österreichische Landwirtschaft ist, nämlich eine österreichische Landwirtschaft, die die Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln ga­rantiert, und das auch in Zeiten der Covid-19-Krise. Wenn wir Ja zu österreichischen


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Lebensmitteln sagen, wenn wir Ja zur landwirtschaftlichen Struktur in Österreich sagen und wenn wir Ja zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Land- und Forstwirtschaft sagen, dann müssen wir auch Ja zu den Entlastungen für unsere bäuerlichen Betriebe sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt darf ich noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Jakob Schwarz und Karin Doppelbauer zum Konjunkturstärkungsgesetz in der - -

12.18


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, es tut mir leid, dem Präsidium liegt kein Text eines Abänderungsantrages vor. Sie können den Antrag nicht einbringen, wenn uns der Text nicht vorliegt; das Präsidium braucht den Text des Abänderungsantrages, er ist nicht ordnungsgemäß eingebracht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Es kann sich ja noch ein Redner melden. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP für die das Rednerpult verlas­sende Abg. Reiter.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Kaum ist der Bundeskanzler ..., geht alles schief bei der ÖVP! Abg. Wöginger: Beruhigt euch, wir bringen das schon hin!)


12.18.31

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das Wichtigste ist, dass alle Unterstützungsmaßnahmen gerecht sind – das ist das Ent­scheidende! – und niemand, dem etwas zusteht, ausgeschlossen wird. Deswegen ist es auch gut und wichtig, dass man auf der einen Seite die bäuerliche Bevölkerung bedient, gleichzeitig wäre es aber auch wichtig, dass der unverschuldet arbeitslos gewordenen Bevölkerung auch etwas vergütet wird und die Nettoersatzrate für das Arbeitslosengeld von 55 Prozent eben auf 70 Prozent erhöht wird. Also man kann da nicht das eine gegen das andere ausspielen.

Es wäre aber auch wichtig, dass man sich auf geltende Gesetze verlassen kann: auf das Epidemiegesetz, das die Regierung zu Beginn dieser Krise ausgehebelt und durch die Covid-19-Gesetze ersetzt hat. Es ist doch unglaublich, dass sich ein Unternehmer auf bestehende Gesetze nicht verlassen kann. Nach dem Epidemiegesetz hätte es einen Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs gegeben. Das wurde ausgehebelt.

Sie wissen, ich setze mich immer auch für all jene ein, die man vergessen hat. Ich spre­che heute nicht über die Privatvermieter. Ich habe drei Monate lang hier im Hohen Haus dafür gekämpft, dass die privaten Vermieter von Ferienwohnungen ebenfalls entschädigt werden. Nach drei Monaten Kampf ist es tatsächlich gelungen, dies umzusetzen. (Ruf bei der SPÖ: Mit unserer Unterstützung!) Im Ausschuss wurde ich nur von der SPÖ unterstützt. Die ÖVP, die Grünen und auch die NEOS haben sich gegen diesen An­spruch ausgesprochen. Der dreimonatige Einsatz war aber von Erfolg gekrönt.

Heute habe ich ein weiteres Beispiel, bei dem es ebenfalls um Gerechtigkeit geht: Ge­schätzte Frau Minister, Sie haben ein Programm erlassen, den Comebackzuschuss für Film- und TV-Produktionen. Wenn man sich diesen Zuschuss, dieses Programm ansieht, dann stellt man fest, dass Unternehmen in Österreich, heimische Unternehmen, wieder einmal durch den Rost fallen.

Es gibt unter anderem einige Unternehmer, die tolle Dokumentationen produzieren, von diesem Förderprogramm aber nicht erfasst sind. (Der Redner hält eine DVD mit dem Titel „Die Schönheit der Alpen“ in die Höhe.) Ich darf auf eine Firma verweisen, die preis­gekrönte Dokumentationen macht, zum Beispiel im Rahmen der Reihe „Die letzten Pa­radiese“ die Trilogie „Die Schönheit der Alpen“, empfohlen vom Alpenverein. Das sind


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Eigenproduktionen, welche die Firma Melodie TV mit eigenem Fernsehsender produ­ziert. Weitere Produktionen (eine weitere DVD in die Höhe haltend) sind Dokumenta­tionen in der Reihe „Blauer Himmel, weiße Berge & a Musi“, zum Beispiel über die Schönheit Osttirols, das ich als Urlaubsland nur weiterempfehlen kann. Das alles sind Eigenproduktionen, in denen Land, Leute und Musikgruppen in einem 24-Stunden-Pro­gramm präsentiert werden. Die Dokumentationen werden aufwendig selbst produziert. Es sind preisgekrönte Produktionen, die sogar ORF III regelmäßig ausstrahlt.

Nun fallen diese Produktionen, geschätzte Frau Minister, zur Gänze aus diesem Come­backbonus (ein Schriftstück in die Höhe haltend) heraus, was nicht einzusehen ist, zumal diese Firmen die einzigen überhaupt sind, die sich noch um die Genres Volksmusik, Schlagermusik kümmern, weil der ORF (Ruf bei der SPÖ: Wir sind beim Einser!) diese Segmente eingestellt hat. (Ruf bei der SPÖ: Bist du beim richtigen Tagesordnungs­punkt?!) Deswegen bitte ich noch einmal, wenn es um Fairness geht (neuerliche Zwi­schenrufe bei der SPÖ – Abg. Maurer: ... Konjunkturpaket ...!), auch zu berücksichtigen, dass man österreichische Unternehmen, die wichtige Dokumentationen über unsere Landschaften produzieren, die Tourismuswerbung betreiben, nicht durch den Rost fallen lässt, sondern sie bei diesen Förderungen mit umfasst. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hau­ser überreicht Bundesministerin Schramböck einige DVDs.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.23.22

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die SPÖ sagt Ja zu einer Steuerreform, Ja zu einer Entlastung der Menschen, die in Österreich arbeiten, leben, Betriebe führen und unser Land am Laufen halten. Sie alle waren und sind durch die Coronakrise enorm belastet. Es ist schon etwas ganz Besonderes, mit welcher bewundernswerten Fassung und Geduld unsere Bevölkerung mit der Krise um­geht, obwohl viele ums wirtschaftliche Überleben kämpfen müssen. Ihnen gilt meine gro­ße Anerkennung und Wertschätzung, und sie hätten eine Entlastung verdient, von der sie wirklich etwas haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit dem Lockdown, seit einigen Monaten beobachten wir, dass bei den Hilfspaketen, beginnend mit kleinen Hilfspaketen, die Türkisen beson­ders straucheln. Der Eindruck bestätigt sich, dass Sie (in Richtung ÖVP) aus Ihrem neo­liberalen Idealismuskonzept gar nicht herauskönnen. Sie schätzen den Sozialstaat nicht. Sie schwärmen zwar von den guten alten Zeiten, erkennen aber nicht, dass es gute Zeiten waren, in denen wir sicherer durch Krisen geführt wurden, weil wir einen starken, verlässlichen, nachhaltigen sozialen Staat hatten und immer noch haben.

Ich habe das Gefühl, Sie können Ihre ideologischen Prinzipien nicht über Bord werfen. (Abg. Haubner: Geh!) Jede Maßnahme, die bis jetzt beschlossen wurde, zeigt: Jene, die weniger haben, bekommen immer weniger, und jene, die viel mehr haben, bekom­men noch mehr. Das zieht sich durch. Prinzipientreu sind Sie, Abgeordnete der türkisen Fraktion und auch der Grünen, wenn Sie den Parlamentarismus missachten – vier Tage Begutachtungsfrist für so wichtige Gesetze, obwohl es üblich ist, diese sechs Wochen lang anschauen zu lassen. Sie haben gesagt, Sie werden es vermeiden, dem Parlament Sammelgesetze vorzulegen. Was passiert? – Wir haben uns wieder mit einem Sammel­gesetz herumzuschlagen!

Es gibt einige gute Sachen, die wir sehr gerne unterstützen, und glauben Sie mir, wir haben es uns nicht leicht gemacht bei der Überlegung, ob wir diesen Gesetzentwurf unterstützen, obwohl wir diese Almosenpolitik der ÖVP eigentlich zutiefst verabscheuen. Was soll das bringen? Was sollen diese Einmalzahlungen bringen? Wie soll der Konsum


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angekurbelt werden? Wie sollen Optimismus, Vertrauen oder Mut für Unternehmerinnen und Unternehmer, mehr zu investieren, verbreitet werden, wenn sie das Geld nicht ha­ben? (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Allein wenn ich mir Ihre Argumente gegen eine Arbeitszeitverkürzung, die eigentlich wohlüberlegt ist und auch anhand von Zahlen überlegt ist, anschaue (Abg. Haubner: Das kann nicht wohlüberlegt sein!), dann bemerke ich: Es sind dieselben Gegenar­gumente, die die ÖVP vor 45 Jahren bei der letzten Arbeitszeitverkürzung vorgebracht hat, exakt dieselben Worte. (Zwischenruf bei den NEOS.) Wo steht denn Österreich? – Vor einem Wohlstand, weil wir die Arbeitswelt gerechter gestaltet haben! Tatsache ist, Arbeitszeitverkürzung passiert, aber ohne Lohnausgleich, auf Kosten der Frauen in die­sem Land. Schauen Sie sich die vielen Teilzeitbeschäftigungen an, schauen Sie sich an, wie Frauen eigentlich unfreiwillig diese Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich in Kauf nehmen!

Daher: Die Maßnahmen der Regierung sind zwar gut gemeint, aber nicht gut genug, um Österreich stark aus der Krise zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die beklatschten HeldInnen der Krise schauen durch die Finger, daher brauchen wir ein Kraftpaket, daher brauchen wir nachhaltige Investitionen für dieses Land. (Beifall bei der SPÖ.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Abgeordneter Peter Haubner zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Ah, wegen dem Antrag! Jetzt kommt’s! Jetzt bin ich gespannt, wie du das machst!)


12.27.26

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ja, ich glaube, wir stehen als Bundesregierung dafür, dass wir jetzt die Konjunktur so beleben, dass alle in Österreich etwas davon haben – alle Gruppen, sowohl die Arbeitnehmer als auch die Unternehmer als auch unsere Landwirte.

Meine Damen und Herren! Wir stehen für ein ausgeglichenes Paket, wir stehen für ein Paket, das die Unternehmer motivieren soll, Arbeitskräfte einzustellen. Wir stehen dafür, dass Landwirte, die uns täglich versorgen und dafür Sorge tragen, dass wir Güter be­kommen, auch die entsprechende Motivation haben, attraktive Angebote zu machen.

Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag (Abg. Leichtfried: Ah, da ist er!) der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesab­gabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemein­samer Meldestandard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden, Konjunkturstärkungsge­setz 2020, 287 der Beilagen, TOP 1 ein und möchte ihn in den Eckpunkten erläutern:

Es geht darum, dass wir die degressive AfA, die ja von allen als gute Maßnahme ak­zeptiert wird, um Software und Lizenzen erweitern, vor allem in den Bereichen Digitali­sierung, Ökologisierung und Gesundheit/Lifesciences, und dass wir Gewinnglättungen auf die Forstwirtschaft erweitern, in Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre. Als dritter Schwerpunkt wird festgelegt, dass Covid-19-Investitionsprämien für Unternehmen nach dem Investitionsprämiengesetz nicht als Betriebseinnahmen dargestellt werden.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 82

Meine Damen und Herren, diese Maßnahmen werden wir mit diesem Antrag einbringen. Wir danken für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Dipl.-Ing. Karin Doppel­bauer

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bun­desfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Ge­setz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabegesetz und das COVID-19-Förde­rungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunkturstärkungsgesetz 2020 – KonStG 2020) (287 der Beilagen) TOP 1

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 336 d. B. wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 2 (§ 7 Abs. 1a Z 1) lautet lit. b wie folgt:

„b)         unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nicht den Bereichen Digitalisierung, Ökologi­sierung und Gesundheit/Life-Science zuzuordnen sind; ausgenommen bleiben jedoch jene unkörperliche Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind oder von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben werden,“

2. Ziffer 10 (§ 37 Abs. 4) lautet:

„10. Nach § 37 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 eingefügt:

„(4) Über Antrag sind Einkünfte gemäß § 21 gleichmäßig auf drei Jahre verteilt anzu­setzen. Dabei gilt:

1.          In die Verteilung einzubeziehen sind:

a)          Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Garten­bau, Obstbau, Gemüsebau und aus allen Betrieben, die Pflanzen und Pflanzen­teile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen;

b)          Einkünfte aus Tierzucht- und Tierhaltungsbetrieben im Sinne des § 30 Abs. 3 bis 7 des Bewertungsgesetzes 1955;

c)          Einkünfte aus Binnenfischerei, Fischzucht und Teichwirtschaft und aus Bienen­zucht;

d)          Einkünfte aus übrigem land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Sinne des § 50 des Bewertungsgesetzes 1955,

wenn diese durch Teilpauschalierung (Betriebsausgabenpauschalierung), Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder Buchführung ermittelt worden sind.

2.          Folgende Einkünfte gemäß Z 1 sind nicht in die Verteilung einzubeziehen:


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a)          Einkünfte aus Nebenerwerb und Nebentätigkeiten, aus be- und/oder verarbeite­ten eigenen oder zugekauften Urprodukten, aus dem Wein- und Mostbuschen­schank und dem Almausschank;

b)          Einkünfte gemäß § 27;

c)          Einkünfte aus nicht regelmäßig im Betrieb anfallenden Vorgängen (insbesondere Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken und Einkünfte aus der Ein­räumung von Rechten);

d)          Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a und b, wenn sie gemäß Abs. 2 verteilt angesetzt werden;

e)          Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen, für die sich der Steuersatz gemäß Abs. 1 iVm 6 ermäßigt;

f)            Einkünfte, die gemäß Abs. 3 verteilt angesetzt werden;

g)          Übergangsgewinne und Übergangsverluste;

h)          Veräußerungsgewinne gemäß § 24.

3.          Erfasst die Verteilung nicht sämtliche Einkünfte aus dem Betrieb, ist die Vertei­lung nur zulässig, wenn aus den Aufzeichnungen klar erkennbar ist, welche Ein­künfte in die Verteilung einbezogen wurden und wie sie ermittelt wurden. Nicht eindeutig zuordenbare Betriebsausgaben sind nach dem Verhältnis der Betriebs­einnahmen aus zu verteilenden Einkünften und nicht zu verteilenden Einkünften aufzuteilen. Ist eine derartige Aufteilung nicht möglich, sind die nicht eindeutig zuordenbaren Betriebsausgaben zur Gänze bei den zu verteilenden Einkünften zu berücksichtigen.

4.          Zu verteilen ist der positive Saldo aus den zu verteilenden Einkünften des Betrie­bes, höchstens aber die gesamten aus dem Betrieb erzielten positiven Einkünfte gemäß § 21.

5.          Die Einkünfte gemäß Z 1 sind im Veranlagungsjahr und den beiden Folgejahren jeweils zu einem Drittel zu berücksichtigen.

6.          Die Verteilung ist bei ihrer erstmaligen Inanspruchnahme in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle zu beantragen. Der Antrag betrifft alle vertei­lungsfähigen Einkünfte eines Betriebes und ist bis zur Beendigung (Z 7) für die Folgejahre bindend.

7.          Die Verteilung endet, wenn einer der folgenden Umstände eingetreten ist:

a)          Tod des Steuerpflichtigen;

b)          Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe oder Veräußerung oder Aufgabe der Be­tätigung, aus der zu verteilende Einkünfte stammen;

c)          Übertragung des Betriebes oder Teilbetriebes, aus dem zu verteilende Einkünfte stammen, im Wege einer Umgründung gemäß Art. III, Art. IV oder Art. V des Umgründungssteuergesetzes;

d)          Unentgeltliche Übertragung des Betriebes oder der Betätigung, aus der zu vertei­lende Einkünfte stammen;

e)          Widerruf des Antrages auf Verteilung durch den Steuerpflichtigen. Im Fall eines Widerrufs kann ein neuerlicher Antrag erst nach Ablauf von fünf Veranlagungs­jahren gestellt werden;

f)            Nichterfüllung oder grob mangelhafte Erfüllung der Aufzeichnungsverpflichtung gemäß Z 3. In diesem Fall hat das Finanzamt im Abgabenbescheid festzustellen,


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dass die Verteilung unterbleibt oder endet; noch ausstehende Drittelbeträge sind in einem Gesamtbetrag im Jahr der Beendigung zu erfassen. Ein neuerlicher An­trag kann erst nach Ablauf von fünf Veranlagungsjahren gestellt werden.

8.          Die Beendigung der Verteilung ist in den Fällen der Z 7 lit. a bis e in der Steuer­erklärung des betreffenden Jahres bekannt zu geben. In den Fällen der lit. b, c, d und e hat eine Bekanntgabe zu unterbleiben, wenn die Verteilung in Bezug auf Einkünfte aus einem anderen Betrieb als jenem, auf den sich der Beendigungs­grund bezieht, aufrecht bleiben soll. Im Fall der Bekanntgabe der Beendigung ist im Beendigungsjahr und dem Folgejahr die Gesamtsumme der noch nicht erfass­ten Drittelbeträge jeweils zur Hälfte zu erfassen. Abweichend davon gilt bei Be­endigung gemäß Z 7 lit. a bis e:

a)          Ist das Beendigungsjahr zumindest das zweitfolgende nach der erstmaligen Ver­teilung, ist auf Antrag der Gesamtbetrag aus den noch zu berücksichtigenden Drittelbeträgen entweder im Jahr der Beendigung zur Gänze oder im Jahr der Beendigung und den nachfolgenden drei Jahren jeweils zu einem Viertel gleich­mäßig verteilt zu erfassen.

b)          Ist das Beendigungsjahr das der erstmaligen Verteilung folgende Jahr, ist der Gesamtbetrag aus den noch zu berücksichtigenden zwei Drittelbeträgen im Jahr der Beendigung zu erfassen.““

3. In Ziffer 12 (§ 124b) lautet Z 365 wie folgt:

„365.    Die COVID-19 Investitionsprämie für Unternehmen nach dem Investitionsprä­miengesetz, BGBl. I Nr. xx/2020, stellt keine Betriebseinnahme dar; § 6 Z 10, § 20 Abs. 2 und § 12 Abs. 2 KStG 1988 sind auf sie nicht anwendbar.“

Begründung

Zu I. (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Z 1 (§ 7 Abs. 1a Z 1 lit. b):

Investitionen in unkörperliche Wirtschaftsgüter sind in Zeiten der Digitalisierung und wäh­rend einer Pandemie für einen modernen und innovativen Standort sowie für die Ge­sundheit von besonders wesentlicher Bedeutung. Aus diesem Grund sollen unkörperli­che Wirtschaftsgüter in den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung und Gesund­heit/Life-Science der degressiven AfA zugänglich sein.

Zu Z 2 (§ 37 Abs. 4):

Die Einkünfteverteilung für bestimmte Einkünfte aus der Landwirtschaft soll auch auf die Forstwirtschaft ausgedehnt werden. Da für Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen bereits die Anwendung des Hälftesteuersatzes vorgesehen ist, können diese aus syste­matischen Gründen nicht in die Verteilung einbezogen werden.

Zu Z 3 (§ 124b Z 365):

Durch die Aufnahme des Verweises auf § 12 Abs. 2 KStG 1988 soll klargestellt werden, dass die COVID-19 Investitionsprämie auch bei Körperschaften keine Betriebseinnahme darstellt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, ist ordnungsgemäß eingebracht, wird gerade vervielfältigt und kommt dann zur Vertei­lung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.



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12.30.08

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren! Ja, es braucht ein Konjunkturpaket, das steht außer Frage. Ein Konjunkturpaket ist aber noch nicht groß und wirkungsvoll, wenn man möglichst viel in ein Sammelgesetz hineinpackt. Das ist aber die Methode der Bundesregierung: mög­lichst viel reinpacken, möglichst viel Stückwerk.

Brauchen würde es etwas ganz anderes. Brauchen würde es ein nachhaltiges Konjunk­turpaket und nicht Einmalzahlungen, kurzfristige Steuersenkungen. Nein, es braucht aus unserer Sicht mehr, und es braucht auch ein Konjunkturpaket, das im Volumen größer ist. Wir werden spätestens im Herbst draufkommen, dass das Volumen des Konjunktur­pakets, das heute hier geschnürt wird, sicherlich zu wenig und zu gering ist. Es braucht eine nachhaltige Entlastung der Einkommen und Maßnahmen, die ineinandergreifen – 1 700 Euro steuerfrei zu stellen ist zum Beispiel eine nachhaltige Maßnahme oder auch eine Anhebung des Arbeitslosengeldes.

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt aber auch die Gelegenheit nutzen, um ein bisschen aufzuzeigen, wie diese Bundesregierung arbeitet: Da macht man gestern am Abend einen Wirtschaftsausschuss und packt alles hinein. (Abg. Maurer: Ihr wolltet alles im Sozialausschuss haben!) Alles, was irgendwie geht, packt man rein, beginnend mit dem Presseförderungsgesetz bis hin zum Waldfondsgesetz, mit dem sich Frau Minis­terin Köstinger über 300 Millionen Euro zur freien Verteilung zuschiebt, meine Damen und Herren. – Wir müssen uns nicht entschuldigen, Frau Minister, Sie sollten sich für diese Vorgangsweise schämen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Hö, hö! – He-Rufe bei der ÖVP.)

Jetzt kommt der absolute Gipfel: Gestern hat man dann den Versuch gestartet, mit einem Abänderungsantrag die Polizei mit mehr Befugnissen auszustatten und zu mehr Aufga­ben zu ermächtigen. Dieser hinterlistige Trick, übers Epidemiegesetz noch etwas zu ma­chen, meine Damen und Herren, ist unwürdig, und wir haben das Gott sei Dank heute noch nicht auf der Tagesordnung, weil die 24-Stunden-Frist noch nicht vorbei ist. Was Sie da machen wollen, das geht einfach nicht. Sie wollen die Polizei noch zusätzlich damit belasten, dass sie Krankheitssymptome kontrolliert. Meine Damen und Herren! Die Polizei macht einen ausgezeichneten Job, sie hat genug zu tun; sie braucht nicht noch Aufgaben, für die sie nicht ausgebildet ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Ich nutze jetzt die Gelegenheit, meine Damen und Herren: Herr Kollege Mahrer, wir ha­ben heute schon darüber gesprochen, wie vielfältig die Aufgaben der Polizei sind. Wenn Ihnen die Polizei tatsächlich so am Herzen liegt, wie Sie es immer vorgeben, dann tun Sie jetzt alles, um diesen Unsinn noch abzuwenden, damit wir die Polizei in den nächsten Tagen nicht auch noch damit beauftragen, einschreiten und feststellen zu müssen, ob jemand krank oder gesund ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das ist nicht die Art und Weise, wie wir mit der Polizei umgehen sollten, das ist nicht die Art und Weise, wie wir in dieser Krise agieren sollten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Leichtfried.

*****


12.33.36

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich meine, es war ja noch lustig, als die ÖVP jetzt vergessen hat, ihren Antrag einzubringen, aber es


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ist symptomatisch, denn das war jetzt wieder ein Antrag, den vorher niemand gesehen hat, der nicht im Ausschuss war, der unglaublich kompliziert zu lesen ist, bei dem kein Mensch weiß, was wirklich drinsteht, außer denen, die ihn geschrieben haben, und so, wie ich die ÖVP kenne, wissen es nicht einmal die. Das ist jetzt auch wieder in Nullzeit hier eingebracht worden. Es ist ein Skandal! Ich sage euch, ihr müsst endlich einmal euren Laden in den Griff kriegen, damit man sich wieder an die Usancen dieses Hauses halten kann und diese Anträge da nicht in Kurzzeit daherflattern. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Entschuldigt bitte, aber was für ein Sauhaufen ist da zuständig für dieses - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den Ausdruck „Sauhau­fen“ zurückzunehmen, sonst erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich nehme selbst­verständlich den Ausdruck „Sauhaufen“ zurück und frage: Was für ein ungeordnetes Mi­nisterium ist dafür zuständig, dass solche Sachen entgegen den Usancen dieses Hauses immer noch passieren? Es ist auf Dauer ein Skandal, das sage ich euch! (Beifall bei der SPÖ.)

12.34


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Wöginger zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.


12.34.59

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zum Ersten weise ich den Ausdruck „Sauhaufen“ entschieden zurück. (Rufe bei der SPÖ: Den hat er doch zurückgenommen!) – Ich weise das zurück! Er hat es gesagt und hat es dann zurückge­nommen, aber, Kollege Leichtfried, als Klubobmannstellvertreter könntest du vielleicht einmal einen Kurs über Benimmregeln machen – wie man hier im Haus redet. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Zweiten halte ich fest, dass wir diesen Abänderungsantrag geschäftsordnungskon­form eingebracht haben, dass er mit in Verhandlung steht, dass die Abstimmung meines Wissens am Ende des gesamten Blocks stattfinden wird, wir haben noch zwei Tagesord­nungspunkte zu behandeln, und so umfangreich ist er dann auch wieder nicht. Wir stehen aber gerne zur Verfügung, um darüber zu berichten. Jedenfalls sind wir froh, dass diese Maßnahmen damit noch getroffen werden können.

12.35

*****


Präsidentin Doris Bures: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Das ist nicht der Fall.

Ich halte fest, dass wir die Abstimmungen nach dem Tagesordnungspunkt 5 vornehmen werden, dass wir allerdings natürlich die Usance haben, dass vor allem so umfangreiche Abänderungsanträge so rechtzeitig übermittelt werden müssen, dass die Abgeordneten die Möglichkeit haben, den Inhalt auch tatsächlich zu kontrollieren und sich auf die Abstimmung darüber vorzubereiten. Ich werde daher ersuchen, diesen Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Präsidialkonferenz zu setzen, um auch dort darüber zu reden.

Ich oder der folgende Vorsitzende werden natürlich vor der nächsten Abstimmung fra­gen, ob die inhaltliche Überprüfung auch erfolgt ist; sollte dies nicht der Fall sein, haben wir ja ohnedies vereinbart, dass wir die Sitzung unterbrechen können, bevor wir in den Abstimmungsvorgang kommen. Von der Möglichkeit, dass wir die Sitzung kurz unterbre­chen, kann man dann also vor der Abstimmung auch noch Gebrauch machen.


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Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte. (Abg. Amesbauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lercher –: Servus Max!)


12.37.11

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsriege! Sehr verehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist festzuhalten: Ja, wir beschließen heute ein Konjunkturpaket mit einigen guten Punkten, und das ist Ihnen auch anzurechnen; das haben auch alle gesagt. Zweitens sieht man, dass das, was Sie uns immer vorwerfen, so nicht stimmt, denn mit diesen Vorgehensweisen, mit diesen parlamentarischen Prozessen, auch mit diesem Abänderungsantrag zeigen Sie, dass Sie an wirklicher Zusammenarbeit mit der Opposition zur Krisenbewältigung nicht inter­essiert sind, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, es geht uns auch nicht weit genug, weil Sie die Chance nicht nützen, einen wirklichen Systemwandel für die wirklichen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in diesem Land einzuleiten. Geschätzte Frau Ministerin, was Sie hier heute gesagt haben, macht eben mich fassungslos. Als jemand, der väterlicherseits selbst aus bäuerlichen Verhältnissen kommt, traue ich mich auch, zu bewerten, worum es geht. Uns geht es in keinster Art und Weise darum, die Bäuerinnen und Bauern schlechtzumachen, aber wir fordern das, was Sie ihnen geben, für alle in diesem Land, sehr verehrte Ministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn wir von Gleichstellung reden, dann reden wir von den Deckungsbeiträgen in den Sozialversicherungen. Warum geben Sie den ASVGlerinnen und ASVGlern nichts? Ist das gerecht, Frau Ministerin? Ist es gerecht, dass Sie die Men­schen, die sich in der Krisenbewältigung tagtäglich bemühen, schlechterstellen? Haben sie es sich nicht auch verdient, gleich behandelt zu werden wie die Bäuerinnen und Bau­ern? Kommen Sie uns dann nicht damit, dass wir etwas gegen die Landwirtschaft haben! Im Gegenteil: Wir wollen Gleichstellung, Gleichstellung für alle Berufsgruppen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir jetzt schon von Gerechtigkeit sprechen: Es würde einem Konjunkturpaket auch gut anstehen, die Pensionistinnen und Pensionisten mitzunehmen. Wo bleibt der Sozial­versicherungsbonus für die Älteren in unserer Gesellschaft, die so viel geleistet haben? Wo ist die Wertschätzung ihnen gegenüber im Sinne einer wirklichen Kaufkraft in diesem Land? Wo folgen Taten für diese Bevölkerungsgruppe?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau darum geht es letztlich: Machen Sie Politik mit uns gemeinsam – wozu wir auch bereit sind –, um alle zu unterstützen, um Regionalentwicklung wirklich voranzutreiben, oder ist es am Ende des Tages reine Klien­telpolitik? (Abg. Loacker: Das ist ihr wurscht, das versteht sie als ihre Aufgabe, Klientel­politik! Ist ja so!)

Das müssen Sie sich vorwerfen lassen: Ihre Maßnahmen, Ihre Taten geben uns nicht das Vertrauen, dass Sie daran interessiert sind, der gesamten Bevölkerung angesichts dieser großen Herausforderung zu helfen. Deswegen mache ich Ihnen noch einmal das Angebot zur wirklichen Zusammenarbeit im Sinne eines ehrlichen Wandels für die vielen Fleißigen in diesem Land. Dazu sind wir bereit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.40


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschlä­ger. – Bitte.


12.40.33

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 88

Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst eine Feststellung vorweg – das wis­sen wir aus vielen Jahren der Regierungspartnerschaft mit der SPÖ –: Die SPÖ hat noch nie etwas für die Landwirtschaft übriggehabt. Das sei hier einmal festgehalten. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Was? – Abg. Heinisch-Hosek: Na hallo!)

Zum Zweiten: Herr Kollege Leichtfried, vielleicht sorgen Sie sich einmal mit Ihren Kolle­ginnen und Kollegen um die SPÖ und die dortigen nicht geordneten Verhältnisse und überlegen sich, was eigentlich Ihre Linie ist. Vielleicht besprechen Sie das auch mit Ih­rem Landeshauptmann Doskozil. Sie haben keine Linie, wir schon, und das merken die Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Dritten möchte ich, weil Kritik seitens der FPÖ und der SPÖ an den Einmalzahlun­gen gekommen ist, auch noch kurz festhalten: Ich erinnere Sie daran, dass gerade Sie, der ÖGB, die Freiheitlichen, bis vor Kurzem immer Pauschalzahlungen, den Coronatau­sender gefordert haben. (Abg. Amesbauer: ... was Sinnvolles wäre das!) Das, was wir jetzt in diesem Paket teilweise umsetzen, sind treffsichere Einmalzahlungen beispiels­weise für unsere Familien, für die Kinder oder auch für Arbeitslose, damit wir die Kauf­kraft entsprechend erhöhen. Wir machen Einmalzahlungen treffsicher und verteilen sie nicht mit der Gießkanne. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Amesbauer: Kriegt aber nicht jeder!)

Meine Damen und Herren, vor allem sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe hier als meine Redeunterlage die Analyse des Budgetdienstes des Parlaments, also eine unverdächtige, neutrale Stelle unseres Hauses, und ich darf hier ein paar Sätze daraus zitieren, um die Analyse objektiv, sozusagen ohne Parteibrille darzulegen.

Hier steht: „Bei den aktuell vorliegenden Gesetzesentwürfen, die im Zentrum dieser Ana­lyse stehen, werden“ eben folgende „Auswirkungen [...] dargestellt. Die Einmalzahlun­gen“ – schon erwähnt – „bei der Familienbeihilfe und dem Arbeitslosengeld [...] führen in der zweiten Jahreshälfte 2020 zu Mehrauszahlungen.“ – Das bedeutet Geld für die be­troffenen Menschen. – „Aufgrund der tendenziell hohen Konsumneigung der betroffenen Haushalte wird ein erheblicher Teil davon in den Privatkonsum fließen.“ – Genau das, was wir hier heute diskutieren, was Sie auch zu Recht fordern, tun wir. – „Auch die steu­erlichen Entlastungsmaßnahmen für Privathaushalte [...] erhöhen noch heuer die verfüg­baren Haushaltseinkommen und stützen daher den Privatkonsum.“ – Das ist die Maß­nahme, den Eingangssteuersatz von 25 Prozent auf 20 Prozent zu senken. – „Diese Maßnahmen wirken aber auch in den Folgejahren weiter. Die geplanten steuerlichen Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen [...] verbessern die Liquiditätslage der Unter­nehmen und stützen damit auch die Nachfrage nach Vorleistungen und Investitions­gütern.“

Das ist das, was wir tun, das schreibt der Budgetdienst, unverdächtig, meine sehr verehr­ten Damen und Herren. Es wurden schon viele dieser Maßnahmen heute hier bespro­chen und argumentiert, und viele von Ihnen, auch von den Oppositionsabgeordneten, haben hier dokumentiert, dass Sie viele Teile positiv bewerten.

Zusammengefasst: Was wir tun, was unser Ziel mit diesem Konjunkturpaket ist – und ich gehe nicht mehr auf die Details ein, die auch in dieser Budgetanalyse sehr gut dar­gestellt sind –, ist, den Standort zu stärken und damit Arbeitsplätze zu sichern, nämlich durch die Maßnahmen Kaufkraftstärkung, Steuersenkungen, Einmalzahlungen und Ver­besserung der Liquiditätssituation der Betriebe. Wir schaffen Investitionsanreize, näm­lich unter anderem durch die neuen Abschreibungen, aber auch durch das Prämienmo­dell, und wir fördern auch die Ökologisierung und Digitalisierung der Wirtschaft.

Es ist also ein wirklich rundes, sinnvolles Paket, ein Paket, mit dem wir in Österreich wieder durchstarten können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.45



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 89

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung zu diesen Tagesordnungspunkten an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

12.45.474. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Re­gierungsvorlage (290 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsge­setz 2004 geändert wird (339 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.


12.46.14

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Frau Bundesministerin! Es ist irgendwie spannend, dass wir die Presseförderung jetzt genau unter diesem Ausschusskapitel mitdiskutieren, aber ja, man sieht halt, es geht einiges drunter und drüber. (Zwischenruf des Abg. Drozda.)

Es geht um das Presseförderungsgesetz 2004. Covid-19 hat natürlich auch die Presse­landschaft und viele Medienhäuser vor entsprechende Herausforderungen gestellt, und deswegen war es richtig, da erste Maßnahmen zu ergreifen.

Was ich aber zu diesem Punkt noch sagen möchte, ist: Trotzdem habe ich nicht ver­standen, warum gerade der ORF weiterhin seine Gebühren eingehoben hat und warum gerade der ORF auch noch eine Kampagne für die GIS gefahren ist, die zusätzliches Geld gekostet hat, anstatt in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Kunden eher entgegenzukommen.

Es sind bereits 9,7 Millionen Euro geflossen, das war die Sonderförderung für Tages­zeitungen. Das ist relativ rasch umgesetzt worden. Es gab dann weiters eine Vertriebs­förderung mit zusätzlichen 5,8 Millionen Euro. Es gab eine Förderung für den kommer­ziellen Privatrundfunk von 15 Millionen Euro, und der nicht kommerzielle Privatrundfunk hat 2 Millionen Euro erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das waren 33 Millionen Euro, die relativ rasch auf die österreichischen Medien verteilt worden sind, und da kommt bereits der erste Kritikpunkt: Herr Bundeskanzler, das waren nämlich 33 Millionen Euro, die Sie in erster Linie nach Gutdünken der ÖVP ausgeteilt haben, die Sie an Ihre befreundeten Medien ausgeteilt haben und mit denen Sie auch Ihre Berichterstattung eingekauft haben.

Ich habe mich schon gefragt, warum es nicht möglich war, in diesem Zusammenhang der Idee der FPÖ zu folgen. Wir haben damals nämlich gesagt: Es gäbe auch noch eine andere Variante. Man hätte ja gerade jenen Betrieben, die ihre Ansuchen für den Här­tefallfonds haben stellen müssen, um ihre betriebliche Existenz weiter sicherzustellen, die Möglichkeit geben können, Inserate in den Zeitungen zu schalten.

Das wäre gerade jetzt, da diese Betriebe wiederum Fahrt aufnehmen, wieder schauen wollen, dass sie in ihr Kerngebiet zurückkommen, ihre Kunden wieder gewinnen wollen, eine wirkliche Hilfe gewesen. Es wäre eine Möglichkeit gewesen, diese Gelder für Inse­rate gerade in regionale Zeitungen hineinzupumpen; und vor allem, Herr Bundeskanz­ler – und deshalb wollten Sie es nicht – wäre es eine Möglichkeit für die Unternehmer gewesen, zu entscheiden, an welche Medien diese Gelder gehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 90

Für viele sind im Übrigen die Maßnahmen auch nicht mehr rechtzeitig gekommen. Ich darf an den Sender Folx TV erinnern. Da hat man sehr lange zugeschaut, bis der Sender schlussendlich seinen Sendeplatz verloren hat und es somit wieder einen österreichi­schen Sender weniger gibt.

Herr Bundeskanzler, ich habe es bereits gesagt: Sie verteilen jetzt noch einmal 3 Mil­lionen Euro mit der Gießkanne. Sie kaufen sich über den Sommer jetzt noch geschwind die Berichterstattung fürs Sommerloch zu, damit Sie dann in Ruhe auf Urlaub fahren können (Abg. Gabriela Schwarz: Wir kaufen keine Berichterstattung!), und, mein sehr geehrter Herr Bundeskanzler, dazu ist das Steuergeld absolut nicht da. Wissen Sie, was Sie machen, Herr Bundeskanzler? – Sie stocken einfach nur Ihre ohnehin schon sehr, sehr hohe Parteiförderung noch einmal um einiges auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag zeigt ein Sittenbild vor allem der ÖVP, er zeigt, wie sich die ÖVP in Österreich aufführt. Ich hoffe, dass dem Herrn Bundeskanzler aufgrund der eigenen Überheblichkeit nicht gleich wieder der Kra­gen platzt. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.


12.49.42

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in der Coronakrise erlebt, dass ganz viele Berufe im Mittelpunkt standen, seien es jetzt die Polizistinnen und Polizisten, die Ärztinnen und Ärzte – aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Sie alle standen im Mittelpunkt, wir haben ihnen ge­dankt und waren froh, dass sie alle bei der Bewältigung der Krise so im Einsatz waren.

Ein Bereich, den wir nicht so im Mittelpunkt und nicht so im Fokus hatten, war der ganze Bereich der Medienbranche – ganz egal, ob vor oder hinter der Kamera, am Schneide­platz, als Moderatorin oder Moderator, egal wo: Es war ein ganz, ganz wesentlicher und wichtiger Beitrag, den die Medien in Österreich geleistet haben, und das unter den aller­schwersten Bedingungen. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Drozda.)

Wir haben auch erlebt, wie wichtig es ist, dass es sachliche Information darüber gibt, welche Maßnahmen gerade Gültigkeit haben, die aufzeigt, wie die Situation in Österreich oder im Ausland ist. All das haben die Medien und hat die Medienlandschaft in Österreich gemacht.

Wir sind uns hoffentlich alle darüber einig, dass wir sehr froh sein können, dass wir in Österreich eine so breite Medienlandschaft, eine so vielfältige Medienlandschaft haben. Deswegen war es für uns auch sofort klar, dass wir sehr genau darauf achten müssen, diese Unternehmen in der Krise bestmöglich zu unterstützen.

Selbstverständlich haben einige Unternehmen sofort gesagt: Wir stellen einmal die Inserate ein, wir stellen die Budgets ein. – Die Medienbranche war dann natürlich in einer sehr schwierigen Situation. Deswegen freut es mich, dass wir neben den ersten beiden Medienhilfspaketen heute das dritte Paket beschließen werden. Es werden 3 Millionen Euro sein, vor allem für Regionalzeitungen, für Fachzeitungen oder Wochenzeitungen. Auch dadurch wird dann massiv geholfen werden.

Lieber Kollege Christian Hafenecker, ich finde deine Unterstellungen absurd, die du hier aufstellst – du weißt, es ist nicht so. Ich glaube, wir sind uns sicher einig, wie wichtig es ist, dass wir diese Unternehmen jetzt unterstützen, sonst wird es sie nach der Krise nicht mehr geben. Das ist etwas, das ich bei Weitem nicht will. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. – Abg. Hafenecker: Aber es geht in erster Linie um eure Medien!)


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Das eine ist, wie wir diese Unternehmen in der Krise unterstützen können, und das an­dere ist, wie wir sie in der weiteren Zukunft unterstützen können. Wir sehen, dass der digitale Wandel natürlich eine große Herausforderung ist, vor der die Medienhäuser stehen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker); es gibt internationale Konzerne, die in ei­nem großen Konkurrenzkampf sind. Ich bin daher froh, dass wir als Regierungsparteien gemeinsam versuchen werden, eine Digitalförderung von 18 Millionen Euro auf den Weg zu bringen, um den digitalen Prozess bestmöglich zu unterstützen und die Vielfältigkeit der Medienlandschaft weiter zu garantieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


12.53.18

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher zu Hause! Kennen Sie Twister? – Twis­ter ist ein Gesellschaftsspiel, bei dem die Spielerinnen und Spieler oder ganze Teams seltsame Aufgaben erfüllen müssen, die zu immer komischeren Verrenkungen führen, und diese Verrenkungen werden immer komplizierter, bis irgendwann ein Gewirr ent­steht, bei dem nicht mehr klar ist: Wie funktioniert dieses Gebilde? Wem gehört eigentlich welcher Körperteil?

Ich persönlich mag diese Gesellschaftsspiele nicht besonders. Sie erinnern mich vor allem auch an unsere Medienpolitik: Auch dort gibt es komische Verrenkungen, bei de­nen oben und unten nicht mehr klar ist, die zu völliger Intransparenz führen – oder an­ders gesagt: hier ein Zuckerl, dort eine Drohgebärde, und dann wieder ein neuer För­dertopf, nach dem man sich strecken kann, obwohl man eigentlich mit den Füßen fest auf dem Boden der Pressefreiheit und der redaktionellen Unabhängigkeit stehen sollte. So etwas geht auch nicht lange gut.

Presseförderung wie sie diese Regierung gemacht hat – aber auch die Regierungen davor – setzt völlig falsche Anreize. Diese Presseförderung trägt nichts dazu bei, die Qualität des Journalismus zu stärken. Diese Presseförderung hilft auch nicht dabei, die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten zu verbessern. Sie hilft auch Mediengründern nicht, die die Sache ernst nehmen, und sie trägt vor allem kein bisschen dazu bei, Innovation, zeitgemäße Geschäftsmodelle oder aktuelle Medienformate ent­stehen zu lassen.

Ganz im Gegenteil: Diese Presseförderung hilft bloß jenen, die viel Zeit und viel Energie dafür aufwenden können, das Maximum aus dem Förderdschungel herauszuholen. Die­se Auswüchse sehen wir auch jeden Tag beim Boulevard: „Krone“, „Österreich“, „Heute“ bekommen 6,5 Millionen Euro Sonderförderung und der „Österreich“-Ableger Oe24.TV erhält obendrein noch einmal 1,7 Millionen Euro, und zwar, weil diese Sammlung an Onlinevideos zufällig jene Kriterien erfüllt, um als Fernsehsender zu gelten, oder weil eben jemand ein Medium, dessen vorrangiger Zweck es ist, Förderungen zu lukrieren, aus dem Boden gestampft hat.

Es werden also jetzt in Summe über 8 Millionen Euro an den Boulevard verteilt und auf der anderen Seite haben wir beispielsweise den „Standard“ oder die „Presse“, die ge­meinsam nicht einmal mit einer halben Million Euro abgefertigt werden. Für die „Wiener Zeitung“ habe ich übrigens – obwohl das im Regierungsprogramm steht – noch über­haupt kein Konzept gesehen.

Also: Diese Sonderförderung, die wir da heute beschließen, passt auch sehr gut zur sonstigen Medienpolitik der Regierung – jetzt halt von Türkis-Grün –, und das bedeutet:


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Die eigentliche Medienförderung ist minimal niedrig. Alles Weitere wird über Sonderzah­lungen, Extraförderungen und über nach Lust und Laune verteilte Inserate abgewickelt. Damit können Sie die Regeln immer wieder neu gestalten, wie es Ihnen halt gerade passt.

Dabei wäre eine ganz vernünftige Medienförderung nicht wahnsinnig schwer, das ist nicht Rocketscience. Ein paar Punkte dazu: Erstens, die Medienförderung muss kanal­unabhängig sein, es geht ja um Inhalte und nicht um die Frage, ob diese auf Papier oder digital verbreitet werden. Zweitens, die Medienförderung muss Qualität unterstützen, und dazu gehören ein ausdrückliches Redaktionsstatut, eine klare Trennung von Nach­richt und Meinung, Redaktion und Werbung, und die Selbstkontrolle durch die Anerken­nung des Presserats, und natürlich muss, drittens, jede Form der Medienförderung auch der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen.

Was wir heute beschließen – ja, wir NEOS werden dem zustimmen, weil wir den Wo­chen- und Monatszeitungen, den Regionalzeitungen und den digitalen Medien helfen wollen – ist trotzdem nur ein Flicken in einem Flickwerk, und in diesem Flickwerk be­kommen jene am meisten, die sich am besten nach Ihren Vorgaben verrenken.

So viel ist klar: Medien als tragende Säule einer funktionierenden demokratischen Ge­sellschaft unterstützt das nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Thomas Drozda. – Bitte.


12.57.31

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Kolleginnen und Kollegen! Ich werde heute etwas tun, was nicht die ureigene Aufgabe der Opposition ist, nämlich ein Paket klar unterstützen. Natürlich könnte man jetzt über jede Menge an Details reden, etwa bei den inhaltlichen Kriterien, die bei Tages-, Wo­chen- und Regionalzeitungen herangezogen werden und bei Zeitschriften und Online­medien nicht. Man könnte jetzt darüber reden, dass das Personalkriterium nicht durch­gehend für alle herangezogen wird und bei Onlinemedien nicht.

Es fällt mir allerdings leichter, heute Ja zu sagen, weil das Paket in den Grundsätzen und in den Überlegungen etwas folgt, was ich damals mit der ÖVP verhandelt habe, und es im Grunde genommen dem entspricht, was wir in der Presseförderung für 2017 ge­plant haben – im Übrigen inklusive einer Förderung von Onlinemedien. Auch die Be­steuerung von internationalen Streamingdiensten und der Fokus auf digitale Medien ist grundvernünftig. Es ist schade, dass man es nicht früher gemacht hat, aber man kann es vielleicht in der Formel zusammenfassen, dass es besser gut kopiert ist als schlecht etwas anderes erfunden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber einen Teil meiner Redezeit auch jenen widmen, um die es in diesem Paket tatsächlich geht, nämlich den Journalistinnen und Journalisten, die in den letzten Wochen und Monaten ihrem Beruf oft unter schwersten Bedingungen nachgegangen sind, die versucht haben, Fakten zu suchen, wo Unsicherheit war, die mit Kurzarbeits­modellen und schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert waren.

Gerade die Coronakrise hat auch gezeigt, dass es nicht egal ist, welche Medien sowie Journalistinnen und Journalisten ein Land hat, dass es einen Unterschied macht, wie berichtet wird, und dass es jeder Regierung, jedem Parlament ein Herzensanliegen sein muss, eine kritische und sachorientierte Presse- und Medienlandschaft zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Maurer.)

Gleichzeitig ist die Tatsache, dass man einen Sonderfonds dotieren muss, ein Hinweis darauf, dass die österreichische Presseförderung so, wie sie jetzt ist, nicht mehr zeitge­mäß ist. Die Argumente sind gekommen: Im Wesentlichen fördern wir immer noch das


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Bedrucken von Papier. Wir brauchen Antworten, die die digitalen Bedürfnisse abdecken, die Qualität in jenen Segmenten fördern, in denen das notwendig ist, etwa bei der Aus­bildung junger Journalisten und so weiter und so fort.

Ich möchte zum Abschluss Thomas Jefferson in Erinnerung rufen, der bereits vor mehr als 200 Jahren den Wert der Pressefreiheit betont hat, und zwar mit folgendem schönen Satz – ich zitiere –: „Wo Pressefreiheit herrscht und jedermann lesen kann, da ist Sicher­heit.“ – Genau so ist es. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlin­ger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.00.41

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Bevor ich inhaltlich etwas sage, bringe ich einen Abänderungs­antrag ein, den ich verlese:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (290 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Förderung der Presse (Presseförderungsgesetz 2004 – PresseFG  2004), BGBl. I Nr. 136/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2020, geändert wird, idF des Ausschussberichtes des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie (339 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. In § 12c Abs. 1 Z 2 wird nach dem Verweis auf „Abs. 3“ die Wortfolge „und Abs. 3a“ eingefügt.

2. In § 12c wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Abweichend von Abs. 3 Z 1, 4 und 5 kann Medieninhabern einer Zeitschrift auch dann eine Förderung gewährt werden, wenn sich ihre auf die inhaltliche Gestaltung, die Herstellung und den Vertrieb der Zeitschrift gerichtete Tätigkeit nicht auf das gesamte Kalenderjahr 2019 erstreckt hat, die Zeitschrift aber zumindest von Juli 2019 bis Ju­ni 2020 viermal mit einer Druckauflage von 5.000 Stück erschienen ist und der Medien­inhaber seit Aufnahme dieser Tätigkeit Arbeitskräfte im Ausmaß von zumindest zwei Vollzeitäquivalenten beschäftigt hat.“

3. § 12c Abs. 5 Z 2 lautet wie folgt:

„2. der aus der Addition des Umsatzes aus Abonnementverkauf, mit jenem aus dem Verkauf einzelner Inhalte und jenem aus Spenden natürlicher Personen errechnete Be­trag macht den überwiegenden Teil des Gesamtumsatzes des Medieninhabers aus;

4. In § 12c Abs. 5 Z 4 nach dem Wort „Umsatzzahlen“ die Wortfolge „einschließlich einer Auflistung der von natürlichen Personen gewährten Spenden“ eingefügt.

*****

Damit ist der Abänderungsantrag eingebracht, mir bleibt nur mehr ganz wenig Zeit. (Abg. Hafenecker: Können Sie das kurz zusammenfassen, bitte!) Was uns bei dieser Me­dienförderung ganz zentral wichtig ist, ist, dass erstmals Onlinemedien berücksichtigt werden.


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Wir haben eine vielfältige, aber auch sehr diverse und sehr unterschiedlich konstruierte Medienlandschaft in Österreich. Es geht darum, Regionalmedien zu unterstützen, die eine ganz zentrale Funktion in den Regionen – also lokal und regional – haben, was die Information über Kunst, Kultur, Sport, aber auch andere Ereignisse betrifft, die ja alle ausgefallen sind, aber auch darum, jene Medien, die normalerweise durch die Publizis­tikförderung unterstützt werden, und – abschließend, wie gesagt – auch die Onlineme­dien in dieser Förderung mitzunehmen. Ich denke, das ist ein Meilenstein in der Förder­politik, dass diese Medien erstmals im Zusammenhang mit einer Förderung vorkom­men. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie immer mein Spruch zum Schluss: Ich bin dafür, die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umzubenennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag.ª Eva Blimlinger

Kolleginnen und Kollegen,

zur Regierungsvorlage (290 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über die Förderung der Presse (Presseförderungsgesetz 2004 – PresseFG 2004), BGBl. I Nr. 136/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2020, geändert wird

idF des Ausschussberichtes des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie (339 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. In § 12c Abs. 1 Z 2 wird nach dem Verweis auf „Abs. 3“ die Wortfolge „und Abs. 3a“ eingefügt.

2. In § 12c wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Abweichend von Abs. 3 Z 1, 4 und 5 kann Medieninhabern einer Zeitschrift auch dann eine Förderung gewährt werden, wenn sich ihre auf die inhaltliche Gestaltung, die Herstellung und den Vertrieb der Zeitschrift gerichtete Tätigkeit nicht auf das gesamte Kalenderjahr 2019 erstreckt hat, die Zeitschrift aber zumindest von Juli 2019 bis Ju­ni 2020 viermal mit einer Druckauflage von 5.000 Stück erschienen ist und der Me­dieninhaber seit Aufnahme dieser Tätigkeit Arbeitskräfte im Ausmaß von zumindest zwei Vollzeitäquivalenten beschäftigt hat.“

3. § 12c Abs. 5 Z 2 lautet wie folgt:

„2. der aus der Addition des Umsatzes aus Abonnementverkauf, mit jenem aus dem Verkauf einzelner Inhalte und jenem aus Spenden natürlicher Personen errechnete Be­trag macht den überwiegenden Teil des Gesamtumsatzes des Medieninhabers aus;

4. In § 12c Abs. 5 Z 4 nach dem Wort „Umsatzzahlen“ die Wortfolge „einschließlich einer Auflistung der von natürlichen Personen gewährten Spenden“ eingefügt.

Begründung

Die Ergänzung um Abs. 3a stellt aus Sachlichkeitsgründen und aus vielfaltssichernden Überlegungen heraus sicher, dass auch solche neuen Zeitschriften, die erst später wäh­rend des Jahres 2019 publiziert wurden, in den Genuss einer Förderung kommen können.


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Die weiteren Kriterien in Abs. 3 für die in Abs. 3a keine „Abweichung“ angeordnet wird sind auch bei solchen Medien zu prüfen.

Die Änderungen in Abs. 5 Z 2 und Z 4 dienen der Klarstellung hinsichtlich der Ein­rechnung von Spenden zur Ermittlung des überwiegenden Anteils am Gesamtumsatz und zum Nachweis über das Zustandekommen der diesbezüglichen Umsätze.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Nein, das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.04.325. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Errichtung eines Fonds zur Abgeltung von Borkenkäferschäden, zur Förderung klimafitter, artenreicher Wäl­der und zur Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz (Waldfondsgesetz) (340 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeord­nete.


13.04.56

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ja, gleich zu Be­ginn meiner Rede möchte ich betonen, dass wir als Sozialdemokratie für die Unter­stützungsleistungen für die betroffenen WaldbesitzerInnen sind; diese müssen aber transparent, wirkungsvoll, nachvollziehbar, gerecht und vor allem kontrollierbar sein. 350 Millionen Euro – das muss kontrollierbar sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden der vorliegenden Regierungsvorlage nicht zustimmen, weil all diese Krite­rien, die ich gerade angeführt habe, nicht erfüllt werden.

Zum Thema Transparenz, Frau Ministerin: Am 25. Juni hatten wir Landwirtschaftsaus­schuss. Sie als Landwirtschaftsministerin haben im Ausschuss mit keiner Silbe das Waldfondsgesetz erwähnt, Sie haben mit keiner Silbe ein Vorhaben mit einem Volumen von 350 Millionen Euro erwähnt. – Das finde ich nicht in Ordnung. Eine Initiative, welche 350 Millionen Euro an Steuergeld verschlingt, ohne jegliche parlamentarische Diskus­sion – das ist eine Missachtung des Parlaments, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist dem auch keine Begutachtung durch Expertinnen, durch Experten vorangegan­gen, die da noch mitreden wollten. Das ist schlechter Stil, das heißt, die Demokratie mit Füßen zu treten – das ist Ihr Stil, Frau Ministerin, den wir so einfach nicht akzeptieren wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Gesetz ist ein schlechtes Gesetz, denn es gibt keine konkret formulierten Ziele. Welche Maßnahmen es gibt, wie viele Geldmittel wo zum Einsatz kommen – das alles


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ist nicht fix. Wir wissen auch nicht, wie viel an CO2-Reduktion wir mit diesen 350 Millio­nen Euro erzielen werden. Das werden wir wahrscheinlich in einer Glaskugel lesen, lei­der nicht in diesem Gesetz.

Wir befinden uns immer noch, Frau Ministerin, in einer der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrisen, und gerade in dieser Situation so ein Gesetz zu präsentieren, welches keine konkreten Ziele aufweist, welches die Verteilung dieser Gelder ganz ungenau de­finiert, ist unverantwortlich – unverantwortlich den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in diesem Land gegenüber. Ich bin gespannt, wie lange diese da noch zusehen werden.

Die 350 Millionen Euro, Frau Ministerin, sind mehr oder minder Spielgeld für Sie, das Sie mit der Gießkanne über diesem Land ausschütten werden, nur die Probleme im Wald werden damit nicht beseitigt.

Wir sind auch der Meinung, dass dieses Gesetz keinesfalls zur Verbesserung hinsicht­lich Gerechtigkeit in dieser Branche beiträgt. Wir wollen kein Bauernbashing machen – ich selber komme aus einer Bauernfamilie (Zwischenruf des Abg. Höfinger) –, es ist einfach nicht gerechtfertigt, dass Sie uns immer Bauernbashing vorwerfen; ich stünde sonst nicht hier am Rednerpult und würde mich für Gerechtigkeit in dieser Branche ein­setzen.

Ich kann es gar nicht oft genug erwähnen: Es geht um 350 Millionen Euro. – Es ist ei­gentlich kaum zu glauben, dass die Regierungsparteien da keine Kontrollinstanz ein­bauen, es ist einfach unfassbar. Wie ich bereits erwähnt habe, bin ich nicht per se gegen eine Unterstützung in diesem Bereich, hoffe aber auf richtige Kriterien, die einfach noch erfüllt werden müssen, bevor wir dieses Gesetz beschließen.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „faire und nachhaltige Verteilung der öffentlichen Steuergelder des Waldfonds dringend gefordert“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und die Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die laut § 5 Waldfondsgesetz zu erlassenden Richtlinien aus Gründen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit so zu gestalten, dass:

- die Förderungen degressiv sind, so dass pro Hektar Förderfläche kleinere Forsteigen­tümerInnen in Relation mehr Ausgleich erhalten als Wald-GroßgrundeigentümerInnen,

- die Einhaltung der kollektivvertraglichen Entlohnung und der ordnungsgemäßen Unter­künfte der durch diese Maßnahmen beschäftigten WaldarbeiterInnen garantiert wird,

- ein Verzicht auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide vorgegeben wird,

und dem Nationalrat für die Dauer der Maßnahmen jährlich einen Bericht vorzulegen, der neben einer Darstellung der Förderfälle u.a. auch eine Quantifizierung der CO2-Ein­sparungen ausweist.“

*****

Abschließend noch ein Appell – und ich habe es auch im Ausschuss schon erwähnt –: Setzen wir uns mit allen Betroffenen zusammen, setzen wir uns an einen Tisch, erar­beiten wir gemeinsam einen Masterplan für Österreichs Wälder; das ist dringend erfor­derlich, und nicht die Gießkanne! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 97

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend faire und nachhaltige Verteilung der öffentlichen Steuergelder des Waldfonds dringend gefordert

eingebracht im Zusammenhang mit TOP 5 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, In­dustrie und Energie über die Regierungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Errichtung eines Fonds zur Abgeltung von Borkenkäferschäden, zur Förderung klimafit­ter, artenreicher Wälder und zur Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz (Wald­fondsgesetz), (340 d.B.)

Das durch die Regierung überfallsartig, ohne Begutachtung, vorgelegte Waldfondsge­setz sieht die Verteilung von 350 Mio. € öffentlichen Steuermitteln vor.

„Das Geld hat kein Mascherl“ kann man mit Fug und Recht behaupten, da die vorgelegte gesetzliche Regelung weder eine Zuteilung der Geldmittel zu den aufgelisteten Maßnah­men enthält, noch werden CO2-Einsparungsziele für eine nachvollziehbare Bewertung der Maßnahmen gesetzt.

350 Mio. € werden also - so die Notifizierung des Gesetzes erfolgreich ist - hoffentlich einen Beitrag zu einer CO2-Einsparung leisten, die Bundesministerinnen werden hof­fentlich die Mittel der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so einsetzen, dass jene Betrie­be davon profitieren, die tatsächlich existenzielle Schwierigkeiten haben.

Da das Waldfondsgesetz die Förderung als „Gewährung von Zuschüssen zu den Kosten der förderbaren Maßnahmen“ festlegt, wird diese geldwerte Zuwendung zukünftig in kei­ner Einkommensstatistik aufscheinen – dies macht die Einkommenssituation in der Forstwirtschaft in den nächsten Jahren intransparenter und erschwert eine Einschätzung der Politik über zukünftige Maßnahmen.

Es ist gerechtfertigt, dass die Öffentlichkeit bei Einsatz einer so umfangreichen Förde­rung der Forstwirtschaft aus Steuermitteln von den Waldeigentümerinnen und Waldei­gentümern einen Ausgleich erhält.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und die Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die laut § 5 Waldfondsgesetz zu erlassenden Richtlinien aus Gründen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit so zu gestalten, dass:

•             die Förderungen degressiv sind, so dass pro Hektar Förderfläche kleinere Forst­eigentümerInnen in Relation mehr Ausgleich erhalten als Wald-Großgrundeigen­tümerInnen,

•             die Einhaltung der kollektivvertraglichen Entlohnung und der ordnungsgemäßen Unterkünfte der durch diese Maßnahmen beschäftigten WaldarbeiterInnen ga­rantiert wird,

•             ein Verzicht auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide vorgegeben wird,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 98

und dem Nationalrat für die Dauer der Maßnahmen jährlich einen Bericht vorzulegen, der neben einer Darstellung der Förderfälle u.a. auch eine Quantifizierung der CO2-Ein­sparungen ausweist.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte, Herr Diplom-Ingenieur.


13.10.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Waldfondsgesetz, das vor zwei Wochen einer Regierungsklausur entsprungen ist, und ich bin froh, dass wir heute diese Beschlüsse fassen können. (Zwi­schenruf der Abg. Cornelia Ecker.)

Zur Beruhigung der Frau Kollegin Ecker – Danke für Ihren Diskussionsbeitrag –: Ich bin mir sicher, dass die Umsetzung dieses Gesetzes draußen in jedem Betrieb sehr transpa­rent und nachvollziehbar geschehen wird.

Aber: Wie ist die Problemlage? – Wir haben in Österreich einen großen Schadholzanfall in den letzten drei bis fünf Jahren zu verzeichnen. Gründe dafür sind Schnee- und Sturm­ereignisse beziehungsweise der Klimawandel und damit verbunden eine Borkenkäferka­lamität, die in Wahrheit in vielen Bundesländern Österreichs zu finden ist, und damit im Frühjahr ein Mengenproblem und damit, ausgehend von diesem Mengenproblem, ein Preisproblem. Die Benchmark, dass es aktuell in Österreich nicht möglich ist, Forstwirt­schaft kostendeckend zu führen, sind die Österreichischen Bundesforste, die 2019 nicht in der Lage waren, den Bereich Forst kostendeckend zu führen.

Zur Funktion der Forstwirtschaft, der Holzwirtschaft in Österreich: 172 000 Betriebe und 300 000 Arbeitsplätze werden damit gesichert. Ich bin froh, dass diese 350 Millionen Euro heute auf den Weg gebracht werden. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Land- und Forstwirtschaft dieser Bundesregierung und auch den parlamentarischen Parteien, die dann mitstimmen werden, ein großes Anliegen ist. – Ein großes Dankeschön dafür! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Uns als Bauernbund wird immer wieder vorgeworfen, Klientelpolitik zu machen. Anhand einiger Beispiele möchte ich Ihnen jetzt zeigen, dass wir für die verschiedensten Be­triebsstrukturen in der Land- und Forstwirtschaft heute und diese Woche Maßnahmen auf den Weg bringen. Kollege Lercher, der jetzt leider gerade nicht da ist, hat mir das Thema Gleichbehandlung mit auf den Weg gegeben. (Zwischenruf des Abg. Leicht­fried.) – Ich würde gerne mit ihm reden. Das ist ja keine Kritik, Herr Kollege, das ist ja keine Kritik. Das ist ja kein Grund für einen Zwischenruf.

Ich bin wirklich dankbar dafür, dass die KollegInnen von den Grünen jetzt auch mitgehen und dass wir die Forstwirtschaft in die dreijährige Gewinnglättung mitreinbringen. Was ist der Sinn dieser Sache? – Durch den Klimawandel ist in der Land- und Forstwirtschaft immer wieder eine Ertragsschwankung gegeben, dafür kann der Betrieb nichts. Damit dieser Klimaschaden, der in einem Jahr entsteht, letztendlich im Zuge der Einkommen­steuererklärung über einen dreijährigen Zeitraum gestreckt werden kann, haben wir die­se Maßnahme gesetzt. – Ein großes Dankeschön dafür!

Wo greift sie? – Bei den buchführenden Betrieben, bei den Einnahmen-Ausgaben-Rech­nern und bei den teilpauschalierten Betrieben; das heißt, das ist eine Maßnahme eher für die größeren landwirtschaftlichen Betriebe.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 99

Die zweite Geschichte ist: Gestern ist von Kollegen Loacker und auch von Kollegen Matznetter kritisiert worden, dass wir die Umsatzgrenze zur Buchführung verändern. Das ist eine Gleichstellungsmaßnahme. So wie andere Berufsgruppen auch hat jetzt die Landwirtschaft, wenn es um die Buchführungspflicht geht, die Umsatzgrenze von 700 000 Euro – Gleichstellung! –; dann 400 000 Euro Umsatzgrenze zur Pauschalie­rung. Herr Loacker, sich das bitte ganz genau anschauen! Diese gilt für die Wirte und für die Landwirtschaft auch, und das bleibt so.

Jetzt zu unserem Engagement, wenn es um die kleinen Strukturen geht. Es war ja sehr prominent – das, nämlich die verheerende Kritik daran, ist nicht nur von der SPÖ ge­kommen –, dass wir für die bäuerlichen Mindestpensionisten und -pensionistinnen das fiktive Ausgedinge senken, ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Ich frage Sie, Kollege Lercher, im Sinne der Gleichbehandlung: Welche andere Berufsgruppe zahlt oder muss sozusagen, wenn eine Ausgleichszulage im Sinne einer Mindestpension, und das sind im Übrigen - - (Abg. Vogl: Alle, die Einkommen beziehen ...!) – Im Übrigen sind das zu zwei Dritteln Bäuerinnen. Wem wird dann noch etwas abgezogen? Und weil wir - - (Abg. Vogl: Jedem wird etwas abgezogen!) – Nein. Und weil wir hier auch die Gleichstellung etwas weitertreiben wollen, wird dieser Satz von 13 auf 10 Prozent gesenkt – eine Frage der Gleichstellung und eine Frage der KleinstpensionistInnen. Da sind Sie sich nicht zu schade, auf diese Damen und Herren draufzuhauen. Schämen Sie sich! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein weiteres Relikt aus der Vergangenheit: der Solidaritätsbeitrag für Bäuerinnen und Bauern. Da gibt es Franz Ledermüller, das ist der ehemalige Generalsekretär der Sozial­versicherungsanstalt der Bauern. Da war er noch gar nicht im Geschäft, ist dies einge­führt worden. Keine andere Berufsgruppe hat diesen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 0,5 Prozent. Auch den werden wir abschaffen. Das ist eine Frage der Gleichberechti­gung, Herr Kollege Lercher, und das ziehen wir diese Woche durch. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Vogl und Loacker.)

Abschließend: die Senkung der Mindestbeitragsgrundlagen. Weil ich Kollegen Stammler hier sehe: Das ist besonders aus dem Land Oberösterreich von der Landwirtschaftskam­mer gekommen. Das ist eine Maßnahme, die wirklich in den kleinen Strukturen greift und auch dort für Wertschöpfung sorgen soll.

In diesem Sinne: Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, die die Beschlüsse, die die Land- und Forstwirtschaft betreffen, diese Woche – und da meine ich wirklich die ganze Plenarwoche – mittragen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen der Zuversicht, wir werden mit diesen Beschlüssen das Comeback, das in Österreich bevorsteht, befeu­ern. – Danke schön. Alles Gute! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmans­dorff. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.16.46

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Ja, wir haben jetzt eine Dauerwerbesendung des Bauernbundes gehört, wie groß­artig nicht alles sei. (Abg. Vogl: Jahrzehntelange verfehlte ÖVP-Landwirtschaftspolitik!) Es gibt einige Kritikpunkte – die Frau Kollegin von der SPÖ hat vorhin schon einiges angeführt –, es geht hier natürlich um die Transparenz, um die Klarheit, wer welche Mittel bekommt. Da haben Sie als Ministerin in diesem Gesetzentwurf ziemliche Freiheiten. Das ist natürlich etwas, wo man genau hinschauen muss. Darüber hinaus ist auch die Frage, wie es zu diesem Gesetzentwurf gekommen ist: ohne Begutachtungsphasen, al­les relativ kurzfristig. Das sind natürlich Fragen, die man diskutieren muss. (Abg. Leicht­fried: Dafür ist der Änderungsantrag ...!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 100

Die Frage, die man sich aber grundsätzlich stellen muss – und das ist eine, die insbeson­dere den Bauernbund und auch die ÖVP über die letzten Jahre betrifft –, ist: Wie mache ich grundsätzlich Land- und Forstwirtschaftspolitik? Wir sind in einer Krise, Sie haben das vorhin angesprochen, was den Borkenkäfer und die Klimaveränderung betrifft. Wenn wir uns das aber genau anschauen, dann ist die Situation die, dass der Borkenkä­ferbefall unter anderem durch die Klimaveränderung – das haben Sie selber, Herr Kol­lege Strasser, auch gesagt – zunimmt. Durch weniger Niederschläge gibt es weitere Ge­nerationen des Borkenkäfers, die die Bäume befallen und so weiter.

Was ist die Lösung, die hier vorgeschlagen wird? – Die Lösung, die Sie jetzt bringen, ist de facto ein Einmalzuckerl, mit dem Sie die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft wei­terhin zu Bittstellern machen. Das ist keine Lösung. Wir sollten uns überlegen: Wie schaut Land- und Forstwirtschaft in 30 Jahren aus? Wie soll es überhaupt sein, dass wir in 30 Jahren noch Land- und Forstwirtschaft haben?

Was wir uns eigentlich überlegen sollten – und da, glaube ich, wäre die Ministerin auch gefordert, sich etwas zu überlegen –, ist: Wie können wir es ermöglichen, dass ein Land­wirt, ein Forstwirt auf seiner Fläche noch Gewinne erzielen kann? Auch da ist die Analyse der ÖVP durchaus richtig: Ja, momentan kann man nicht gewinnbringend Holzwirtschaft betreiben. Das werden wir aber nicht lösen, wenn wir jetzt sagen, hier sind 400 oder 350 Millionen Euro – und damit ist das Problem langfristig gelöst. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Cornelia Ecker.) Das ist vielleicht für dieses Jahr gelöst, aber was ma­chen wir nächstes Jahr und was machen wir übernächstes Jahr? Und was machen wir, wenn der Borkenkäfer weiter wächst, wächst im Sinne von in weitere Gebiete vordringt, also in die Höhe steigt? Auch das ist eine Thematik, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Der Borkenkäfer wird auch über 1 000 Meter Seehöhe aktiv werden. Das ist etwas, was kommen wird. Das heißt, wir beschließen dann nächstes Jahr, jetzt geben wir nicht 350 Millionen Euro, sondern 500 Millionen Euro – und so weiter. Das kann nicht die Lösung sein, die wir hier anstreben!

Das heißt, die eigentliche Frage – und die müsste sich der Bauernbund, die müsste sich die ÖVP und die müsste sich die Bundesministerin stellen – ist: Wie schaffen wir es langfristig, Forstwirtschaft attraktiv zu halten? Sonst sind wir nämlich in der Situation, dass es die Forstwirtschaft relativ bald nicht mehr geben wird, dass wir im Waldviertel keinen Baum mehr stehen haben, weil keine Wiederaufforstung möglich ist und die Wie­deraufforstung auch nicht sinnvoll ist. Das sind die Fragen, mit denen man sich be­schäftigen sollte, die in diesem Gesetzentwurf natürlich nicht angegriffen werden, denn da geht es wieder darum, die Bauern, die Landwirte und Forstwirte zu Bittstellern zu machen.

Das ist eine Klientelpolitik des Bauernbundes – nämlich für den Bauerbund als Klientel ‑, damit der Bauerbund seine Leute möglichst nah bei sich hält, damit der Bauerbund ihnen das Gefühl geben kann: Ja, wir kämpfen für euch um eure weiteren Zuckerln! – Nichts anderes ist das. Es ist reine Klientelpolitik, aber rein für den Bauerbund und nicht für die Forst- und Landwirtschaft.

Das müsste ein Ende haben, und dementsprechend fordern wir – das haben wir im Aus­schuss besprochen, und das sage ich hier noch einmal klipp und klar –: Wir müssen innovative Modelle denken. Wir müssen Innovation walten lassen, damit der einzelne Landwirt – unabhängig von seiner Größe –, damit der einzelne Forstwirt – ebenfalls un­abhängig von seiner Größe – auf seiner Fläche Gewinne erzielen kann, damit er lang­fristig überleben kann, damit er langfristig, über die nächsten Generationen seinen Be­trieb weiterführen kann und nicht von Zuckerln der Bundesregierung abhängig ist. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Cornelia Ecker.)

13.20



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 101

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Abgeordneter Peter Schmiedlech­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.20.58

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher und Zuseherinnen! Ja, die Waldbauern brauchen dringend unsere Unter­stützung. Es gibt eine Umweltkatastrophe direkt vor unserer Haustüre. Spät, aber doch kommt auch die ÖVP drauf, dass da einiges im Argen liegt. Oft angekündigt wird jetzt endlich der erste Schritt gesetzt.

350 Millionen Euro Unterstützung klingen viel. Schauen wir uns das genauer an! 60 Mil­lionen Euro kommen direkt bei den borkenkäfergeschädigten Bauern an. Der Rest des Geldes wird hauptsächlich in Maßnahmen, die die Sägeindustrie unterstützen, und in Forschungsmaßnahmen gesteckt. Bei der Errichtung von Nass- und Trockenlagern ist zu befürchten, dass gerade die Sägeindustrie, die ausländisches Holz importiert, ge­sponsert wird, um das ausländische Holz noch billiger zu lagern.

Zu den Forschungsmaßnahmen: Jetzt, wenn der Wald zerstört ist, kommt die ÖVP drauf, dass wir Geld für die Forschung in die Hand nehmen müssen – spät, aber doch.

Schon seit Jahren weisen wir auf die verheerende Situation im Forstbereich hin. Der Borkenkäfer treibt die Waldbesitzer in den Ruin. Damit es auch zukünftig noch einen Wald gibt, braucht es ein Hilfspaket, das seines Namens wert ist.

Zusätzlich zur allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation setzt unseren Forstwirten auch die warme und extrem trockene Witterung zu. Diese begünstigt die Borkenkäfer­plage sowie weitere Schädlinge und Baumkrankheiten. Das große Problem, das sich aber jahrelang abgezeichnet hat, wurde ignoriert und totgeschwiegen.

Auch die Situation mit den Importen ist für mich unverständlich. Anstatt zu handeln wird zugeschaut, wie tagtäglich unzählige Lkw-Ladungen Holz aus dem Ausland importiert werden. Die Sägeindustrie sollte, anstatt auf ausländisches Holz zu setzen, endlich un­sere Bauern unterstützen. Wir brauchen volle Entschädigung der Bauern und Bäuerin­nen für die Wertminderung, eine Einheitswertfortschreibung auch für die Kleinstwaldbe­sitzer und eine Absenkung der generellen Einheitswerte im Forstbereich. Das wären Maßnahmen, die uns Bauern wirklich nachhaltig unterstützen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Trotzdem werden wir der Einrichtung des Fonds zur Abgeltung der Borkenkäferschäden, zur Förderung klimafitter, artenreicher Wälder zustimmen. Wir wollen damit ein Zeichen setzen und die Bauern unterstützen. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht nur bei diesem ersten Schritt bleibt, sondern dass weitere folgen. Wir hoffen, dass erstens das Geld bei den Bauern ankommt und nicht im Bürokratiegeflecht versickert, dass zweitens – wenn wir schon die Sägeindustrie mit der Errichtung von Nass- und Trockenlagern stützen – ausschließlich österreichisches Holz gelagert wird und dass drittens dies der erste Schritt zur Bekämpfung dieser Umweltkatastrophe ist. (Beifall bei der FPÖ.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Vog­lauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.24.54

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Wir haben mit diesem Waldfonds einen Riesenschritt in Richtung Klimaschutz in unseren Wäldern gesetzt, und das lassen wir uns hier nicht kleinreden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 102

Es ist uns gelungen, nach vielen Jahren die forstwirtschaftlichen Förderungen nicht nur aus der Ländlichen Entwicklung zu betrachten, sondern wieder einen eigenen Fonds zu bekommen, mit dem wir aktiv in die Waldbewirtschaftung und die Forstwirtschaft eingrei­fen können – nämlich mit Lenkungsmaßnahmen dahin gehend, welche Baumverbände in Österreich Zukunft haben. Insofern ist darin die Perspektive auf 30, 50 Jahre, Herr Kollege Hoyos, sehr wohl verankert. Es sind 175 Millionen Euro pro Jahr – heuer und nächstes Jahr – dafür vorgesehen.

Warum macht das Sinn? – Es macht ganz einfach Sinn, weil 1 Quadratmeter Waldboden bis zu 400 Liter Wasser bindet, weil eine ausgewachsene Rotbuche den Sauerstoff lie­fert, den 50 Menschen pro Tag verbrauchen. Es macht Sinn, weil 1 Hektar Wald 13 Ton­nen CO2 speichert. All das wird jetzt mit diesem Waldfonds weiterhin beflügelt. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: ... wenn man langfristig ...!) Es macht Sinn, da lenkend einzu­greifen: dass man bei der Wiederaufforstung darauf schaut, welche Baumarten man dort setzt, dass nicht einfach nur Entschädigungen ausgezahlt werden, sondern neben die­sen Entschädigungen auch die Investitionsmaßnahmen betrachtet werden, und dass nicht sieben Jahre vergehen müssen, bis wieder aufgeforstet wird. Das (in Richtung Abg. Hoyos-Trauttmansdorff) wissen Sie ganz genau aus Niederösterreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist uns Grünen gelungen, einen Fokus auf die Biodiversität und die Naturwaldreser­vate zu setzen – das gehört genauso zu den klimafitten Wäldern der Zukunft –, letzt­endlich aber auch, eine Holzoffensive zu starten, bei der ein CO2-Bonus in Form einer Investitionsprämie ausbezahlt wird.

All das sind schon neue Töne, und dafür gilt mein Dank auch den Kollegen von der ÖVP und dem Bundesministerium für Klimaschutz. Es freut mich, dass gerade bei diesen Richtlinien, die jetzt erarbeitet werden, das BMK überall Mitspracherecht bekommen wird.

Allerdings – und das gehört auch festgehalten – ist die Zeit derzeit wirklich nicht reif, beziehungsweise ist es nicht angebracht, eine Neiddebatte zu führen. All den Bäuerin­nen und Bauern, die auswärts mit dem Borkenkäfer kämpfen, die in ihren Wäldern unter wirklich schwersten Bedingungen noch irgendwie ihre Waldbewirtschaftung aufrechter­halten, sind wir zu Dank verpflichtet. Und ja, es gibt immer wieder schwarze Schafe, und ich bin eine jener, die es am meisten ärgert, wenn gerade die davon profitieren. Aller­dings wird diese Maßnahme ab 0,1 Hektar wirken. Das erfüllt mich mit Freude, und ich freue mich, dass wir das in den nächsten zwei Jahren umsetzen können. – Danke schön, hvala lepa! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Elisabeth Köstinger gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister.


13.28.19

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Es freut mich sehr, dass wir heute das Waldfondsgesetz hier im Hohen Haus behandeln können. Österreichs Waldbäuerinnen und Waldbauern kämpfen bereits seit Jahren mit einem massiven Schadholzaufkommen – durch Stürme, durch späten Schneedruck und vor allem jetzt auch, durch den Klimawandel bedingt, durch ein massives Auftreten von Bor­kenkäferkalamitäten.

Durch die Covid-19-Krise ist zusätzlich die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz massiv eingebrochen, vor allem was Exporte von österreichischem Holz in traditionelle Märkte wie beispielsweise Italien betrifft. Das hat zu einem massiven Einbruch des Holzpreises geführt, und man sieht, dass auch die Schadholzabnahme massiv zurückgegangen ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 103

Das hat sich in den letzten Monaten durchaus weiter verschärft. Deswegen ist es uns als Bundesregierung ein ganz wichtiges Anliegen, in die Zukunft zu investieren. Dieses Gesetz ist die Basis für das größte Investitionspaket für den österreichischen Wald, das wir jemals hatten. Gemeinsam mit dem Finanzministerium werden die Richtlinien zur Durchführung erarbeitet, damit eine rasche Antragstellung ab Herbst 2020 möglich ist.

Insgesamt haben wir uns auf zehn Maßnahmen verständigt, die gezielt Unterstützung bieten werden.

Ich gebe Herrn Abgeordneten Hoyos schon recht, die Schadholzgründe beziehungswei­se eben auch die Voraussetzungen sind in den unterschiedlichen Regionen durchaus anders. Wir bieten aber für alle Regionen Möglichkeiten, da wirklich gezielt zu unterstüt­zen, um dagegenzuhalten und dagegen aufzutreten.

Eine der zentralsten Maßnahmen wird die Wiederaufforstung nach Schadereignissen sein. Das wird vor allem der nachhaltigen Sicherstellung der Waldfunktionen dienen.

Zweitens fokussieren wir ganz stark auf Forst- und Waldpflegemaßnahmen. Da werden wir vor allem vitale und klimafitte Wälder fördern, um zukünftige Schäden zu vermeiden. Das ist aber durchaus ein sehr langfristiges Projekt, weil der Wald nicht innerhalb weni­ger Jahre wächst, sondern da müssen wir durchaus mit Jahrzehnten rechnen.

Wir planen auch, einen Teil der eingetretenen Wertverluste abzugelten. Speziell bei den Borkenkäferkalamitäten schaffen wir das erstmals analog zum Katastrophenfondsgesetz eben auch für Schadholzbefall durch Borkenkäfer.

Weiters unterstützen wir die Errichtung von Lagerstätten, von Nassholz- und Trocken­holzlagerstätten. Wichtig ist, dass das Holz vor allem in den Regionen, in denen ein massiver Käferbefall zu verzeichnen ist, sehr schnell abtransportiert wird. Wenn es nicht sofort weiterverarbeitet werden kann, muss es gelagert werden. Auch da schaffen wir sehr schnell Abhilfe für die betroffenen Waldbauern.

Wir fördern auch mechanische Entrindungsmaßnahmen, denn speziell die Vermehrung von rindenbrütenden Insekten gilt es massiv einzudämmen. Speziell in vielen Regionen, in denen die händische Aufarbeitung aufgrund der erschwerten Bedingungen nicht mög­lich ist, werden mechanische Entrindungsmaßnahmen zum Einsatz kommen. Auch das werden wir unterstützen.

Wir fördern und unterstützen Maßnahmen zur Waldbrandprävention. Durch die Trocken­heit, die in den letzten Jahren zugenommen hat, ist das Waldbrandrisiko stärker auf dem Vormarsch. Weiters sollen mit diesen Maßnahmen auch Folgerisiken wie beispielsweise Erosion, Lawinen, Hochwasser und Steinschlag abgefedert werden.

Ein besonderes Anliegen ist mir aber vor allem der Forschungsschwerpunkt für eine An­lage zur Herstellung von Holzgas und Holzdiesel. Sehr geehrte Damen und Herren Ab­geordnete, ich darf Ihr Augenmerk vor allem auf diese Aspekte lenken. Wir haben durch den massiven Schadholzanfall in Österreich wirklich die Aufgabe, für Absatzmärkte zu sorgen; das muss vor allem den Waldbauern Perspektive geben. Es ist zudem eine Win-win-Situation, denn auf der einen Seite schaffen wir zusätzliche Märkte für den Absatz von Holz, wir bekämpfen damit aber auch regional in Österreich die Klimakrise, weil wir immer stärker unabhängig von Importen von Treibstoffen wie beispielsweise Diesel und Benzin und vor allem fossilem Gas werden, das wir durch erneuerbares Gas substituie­ren. Es gibt bereits Anlagen, beispielsweise in Asien, die hervorragend funktionieren, die auch schon Marktreife erlangt haben. Das wird einer unserer ganz zentralen Schwer­punkte sein, damit wir in Österreich zukünftig aus dem Schadholz, das angefallen ist, Holzgas und vor allem auch Holzdiesel produzieren können, damit eben die Land- und Forstwirtschaft in Österreich als einer der ersten Bereiche, als einer der ersten Sektoren klimaneutral wirtschaften und produzieren kann. Das ist wirklich ein ganz zentrales und wichtiges Zukunftsprojekt, das wir mit diesem Waldfonds verfolgen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 104

Die zweite ganz wichtige Offensive, die wir mit diesem Waldfondsgesetz starten werden, ist eine Investition in den Holzbau. Österreich ist ein Waldland, und eigentlich müssten wir jetzt schon viel stärker in den Holzbau investiert haben. Mit diesem Waldfonds wird es uns jetzt aber gelingen, da wirklich Anreize und Akzente zu setzen, beispielsweise durch einen CO2-Bonus. Uns ist es wichtig, dass vermehrt in Holzbau investiert wird und dass wir dahin gehend, was Innovation und Zukunft betrifft, Holz als unseren Baustoff der Zukunft verankern.

Wir werden den Forschungsschwerpunkt klimafitte Wälder verknüpft mit praxisorientier­ten, angewandten Forschungsprojekten unterstützen. Wir werden aber auch in die Bio­diversität des Waldes investieren – das ist auch ein ganz wichtiger Schwerpunkt, den wir setzen.

Wir wollen unseren Waldbäuerinnen und Waldbauern in Österreich mit diesem Wald­fonds Perspektive und Zukunft bieten. Viele haben sich in den letzten Jahren überlegt, ob es sich überhaupt noch rentiert, in den Wald zu gehen, ob es sich überhaupt noch rentiert, aufzuforsten. – Wir sagen Ja. Wir werden damit eine massive Unterstützung bieten. Wir werden vor allem durch die zusätzlichen Absatzmärkte auch dafür sorgen, dass Holz wieder einen Preis hat. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen.

Der Wald ist unsere Klimaanlage in Österreich, und an dieser Stelle richte ich ein ganz herzliches Dankeschön an all jene, die ihn seit Jahrzehnten bewirtschaften. Dieses Waldfondsgesetz bietet die Grundlage dafür, dass es auch in Zukunft Sinn macht. – Vie­len herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Höfinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.35.55

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Bundesminister hat eben kurz skizziert, wie umfangreich dieses Paket in Wirklichkeit ist. – Ich darf dir und deinem gesamten Haus für die Vorbereitung dieses Paketes wirk­lich sehr herzlich danken.

Ich bin etwas verwundert, dass sich Oppositionspolitiker hierherstellen und von einem eingeschränkten Maßnahmenpaket sprechen. Ich denke mir dann: Haben Sie sich nicht einmal mit den Grundzügen dieses Vorschlags auseinandergesetzt oder haben Sie ihn nicht verstanden? Wir wären gerne bereit gewesen, Ihnen da Auskunft zu geben, denn es ist wirklich ein Paket, das zum Ersten sofort hilft, zum Zweiten auch mittelfristig die Bestände betreffend hilft, und zum Dritten betreffend Forschung und Entwicklung hilft, wenn es um diesen gesamten Bereich von Holz, Forst und Wald in seinem gesamten Zusammenhang geht.

Die Leistungen, die der Wald für uns erbringt – denken wir an unser gesamtes Bundes­gebiet! –, sind ja enorm. Er ist Holzlieferant, er hält unser Klima im Ausgleich und vieles, vieles mehr. Er ist Wasserspeicher, er dient als Erholungsraum, er hat Schutzfunktion in vielerlei Hinsicht, und er ist Heimat für die Wildarten in verschiedenster Art und Weise.

Es gilt jetzt in dieser dramatischen Situation, diesen Wald auch für uns und unser Land zu erhalten. Es wurde skizziert: Es sind nicht nur kurzfristige Ereignisse, die plötzlich und in den letzten Jahren gehäuft über den Wald hereingebrochen sind, wie Starkregener­eignisse, Sturmereignisse, die wir in immer kürzeren Abständen erleben, sondern diese werden durch schleichende, langfristige Einflüsse begleitet, die dem Wald und dem nachgelagert all jenen, die ihn bewirtschaften, sowie auch dem gesamten wirtschaftli­chen Bereich, der sich rund um diesen Wald rankt, enorm zu schaffen machen. Es ist


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ein großer Wirtschaftsbereich in Österreich, nämlich vorgelagert, in der Forstwirtschaft, aber auch nachgelagert. Es hängen Hunderttausende Arbeitsplätze daran, die den Le­bensunterhalt in all diesen Bereichen sichern.

Wenn wir jetzt schauen, welche Wälder denn betroffen sind, sehen wir: Da geht es ja nicht um Aufforstungsbereiche, die fünf oder zehn Jahre stehen, sondern es sind Wälder, die 60, 80, 100 Jahre alt sind. Das heißt, die Voraussetzungen, die damals geschaffen wurden, haben schon gepasst. Diese verstärkten Umwelteinflüsse der letzten Jahre zei­gen uns: Jetzt ist es an der Zeit, da radikal zu handeln.

Dieses Maßnahmenpaket in seinen umfangreichen Ausformungen steht wirklich dafür, einen Neustart zu schaffen. Wir müssen jetzt jenen, die über viele Generationen harte Arbeit leisten – damit ein Baum wirklich geerntet werden kann, gehen vier, fünf, sechs Generationen in den Wald, um diesen Baum zu pflegen –, helfen. Da ist enorme Vorar­beit geleistet worden, denn die Arbeit, die im Wald erledigt wird, ist harte Arbeit, ist ge­fährliche Arbeit.

Der Holzmarkt ist ohnehin – auch wenn wir die Umwelteinflüsse abziehen – in den letz­ten Jahren und Jahrzehnten aufgrund der verschiedensten Einflüsse, die global wirken, enorm unter Druck geraten. Deshalb ist es mehr als gut, dass wir dieses Paket jetzt verabschieden können. Ich lade euch ein, wirklich nochmals zu überdenken, ob ihr die­sem Paket nicht doch die Zustimmung gebt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.39.22

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren! Ja, das Paket beinhaltet 350 Millionen Euro, verpackt in ein Waldfondsgesetz. Es ist einmal grundsätzlich zu begrüßen, dass man den Wald er­halten will und Unterstützungsmaßnahmen fixiert, um den österreichischen Wald zu er­halten und vor allem auch die Waldbauern, die Betroffenen infolge des Preisverfalls zu fördern und zu unterstützen, weil es einfach eine wichtige Maßnahme ist. – Das ist ein­mal das Positive an diesem Waldfondsgesetz.

Man hat aber natürlich schon einiges mit hineingepackt, und es erweckt schon den Ein­druck, dass die ÖVP ihren vorherigen Weg, ihren eingeschlagenen Weg des Eingreifens – ich sage einmal, des Eingreifens – in den Markt und in die Marktstruktur verlassen hat. Es hat ja den Ansatz gegeben, dass man Regulierungen trifft. Die Frau Minister hat sogar selbst ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass die Holzindustrie Ab­nahmeverpflichtungen auferlegt bekommen kann, wenn es eben zu solchen Notsitua­tionen kommt, die wir jetzt auch haben. Es hat auch die Überlegung gegeben, auch von Ihrem Landesrat in Niederösterreich, von Herrn Pernkopf, dass man den Holzimport aus dem Ausland einmal für eine gewisse Zeit stoppt.

Das alles ist aber jetzt in diesem Paket nicht enthalten. Da hat die ÖVP mit der Industrie offensichtlich zu spät oder erst dann geredet, als das Paket schon in Diskussion war, und ist zurückgepfiffen worden. Es erweckt zumindest diesen Eindruck.

Es ist schade, dass man da nicht regulierend eingreift, denn es ist einfach nicht in Ordnung, dass heute ein Festmeter Fichtenholz bei einem Preis von unter 70 Euro liegt. Herr Hoyos-Trauttmansdorff von den NEOS hat schon recht, wenn er sagt, dass der Wert dieses Rohstoffs viel zu gering bemessen ist, dass auf dem Markt ein ganz anderer Wert zu zahlen wäre. Das kann die Politik durch Regelungen, durch Maßnahmen natür­lich beeinflussen, indem man den Holzimport aus dem Ausland in einer Krisensituation


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stoppt. Es ist nicht einzusehen, dass heute immer noch 10 Millionen Festmeter Holz, Billigholz, aus dem Ausland importiert werden.

Was noch dazukommt und was schon verwundert, ist, dass dann auch noch der schwar­ze Riese, das Lagerhaus, Billigholz aus dem Ausland anbietet und verkauft, obwohl wir in der heimischen Holzindustrie und Holzwirtschaft riesige Probleme haben.

Deshalb will ich Sie, Frau Minister, einfach noch einmal in Ihrem ehemaligen Ansinnen, dass Sie den Holzimport aus dem Ausland stoppen, unterstützen und bringe einen ent­sprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortigen Im­portstopp von Billigholz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, zum Schutz der heimischen Forstwirtschaft einen so­fortigen Importstopp von Billigholz sicherzustellen.“

*****

Ich glaube, das wäre eine sinnvolle regulierende Maßnahme zusätzlich zu diesem Wald­fondspaket. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend sofortigen Importstopp von Billigholz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Errichtung eines Fonds zur Abgeltung von Borkenkäferschäden, zur Förderung kli­mafitter, artenreicher Wälder und zur Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz (Waldfondsgesetz) (340 d.B.)

in der 43. Sitzung des Nationalrates am 7. Juli 2020

Die österreichische Forstwirtschaft ist durch Borkenkäferbefall, der durch die Trockenpe­riode hervorgerufen wurde und durch die COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung wirtschaftlich hart getroffen. Der Billigholzimport aus den Nachbarländern bringt die Forstwirtschaft weiter in Bedrängnis.

Am 21. April 2020 titelt und berichtet die "Oberösterreichische Nachrichten" wie folgt: „Im Mühlviertel verrottet das Holz, trotzdem Importe aus Tschechien

Holzpreis ist im Keller, Absatz stockt: Heftige Diskussion über Einfuhren von Sägewer­ken "Im ganzen Land liegen Berge von Holz herum. Trotzdem rollen Hunderte Lkw aus Tschechien über die Grenze, um Holz, meist sogar Schadholz, zu uns zu liefern." (. . .)

Allein die Sturmschäden im Winter haben 200.000 Festmeter Schadholz verursacht, jetzt ist der Käfer so früh wie selten zuvor im Anflug: "Der Absatzmarkt stockt massiv", heißt


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es seitens des Waldverbandes. Der Preis für Sägerundholz ist im Keller, das Niveau befindet sich bei rund 64 bis 66 Euro pro Festmeter -das ist so wenig wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008/2009.

Kaum kostendeckend

„Im Vergleich zu damals haben wir einen massiven Mengenüberhang bei Rundholz, und dies verschärft die Situation der Waldbesitzer zusätzlich", sagt WaIdverbands-Ge­schäftsführer Andreas Hofbauer. Eine Besserung sei nicht in Sicht, auch weil die Exporte von Schnittholz wegen der Coronakrise drastisch zurückgegangen sind.

„Die Zeiten, in denen der Wald für die Bauern die Sparkasse war, sind vorbei. Bei den aktuellen Holzpreisen und Käferholzabschlägen ist eine kostendeckende Waldbewirt­schaftung kaum mehr möglich", sagt Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der ober­österreichischen Landwirtschaftskammer. Schon im Herbst nach dem katastrophalen Käferjahr mit mehr als einer Million Festmeter Schadholz allein in Oberösterreich hatte Langer-Weninger betont, dass es wichtig sei, dass die Sägeindustrie den Import von Rundholz verringert, soweit es ihre Geschäftsbeziehungen zulassen, um die Lage nicht durch ständige Preissenkungen weiter zu verschärfen.

Der Unmut ist in der Tat groß. "Alle reden in Zeiten von Corona von Regionalität, das Sägewerk Ortner in Tragwein wirbt sogar damit. Und dann fahren am Mittwoch in der Früh fünf Lkw aus Tschechien mit Holz vor", sagt ein Bauer. Betreiber Rudolf Ortner, der auch stellvertretender Wirtschaftskammer-Obmann der Landes-Fachgruppe Holz ist, be­stätigt das: "Es waren drei Fuhren mit Lärchen, zwei mit Fichten. Die Lärche brauche ich, weil es diese in einer Länge von bis zu zwölf Metern in Österreich nicht gibt. Die Fichten musste ich dazunehmen, weil die Tschechen ebenfalls ein Käferproblem haben", sagt der Unternehmer. Die Einschnittmenge liege bei 50.000 Festmeter im Jahr, ein Drit­tel des Holzes kommen aus Tschechien und Deutschland: "Dazu muss man aber auch sagen, dass Österreich zwei Drittel seines Schnittholzes exportiert." Heimisches Holz sei um 30 Prozent teurer als tschechisches. Trotzdem appelliere er, österreichisches Holz zu kaufen.

Der niederösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter und Bauernbundobmann Stephan Pernkopf geht einen Schritt weiter: Er verlangt von der Holzindustrie, Importe, etwa aus Tschechien, sofort einzustellen: "Wenn die Industrie ein Partner der Bauern sein will, dann macht sie das freiwillig. Wenn nicht, dann machen wir das eben gesetz­lich. " (. . .)

Laut Statistik Austria hat Österreich von Jänner bis Oktober 2019 5,4 Millionen Festmeter Nadelrundholz importiert, das waren fast genauso viel wie im Vergleichszeitraum 2018. Drei Millionen kamen aus Tschechien, das ist seit 2015 fast eine Verdoppelung.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, zum Schutz der heimischen Forstwirtschaft einen so­fortigen Importstopp von Billigholz sicherzustellen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Clemens Stammler. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 108

13.42.53

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, Art und Weise, wie wir Grüne für den Wald kämpfen, haben sich geändert. Ich weiß noch, als ich als Kind – aufgewachsen in einer Industriegemeinde – mit einem Transparent ge­standen bin und gegen den sauren Regen demonstriert habe. Das ist uns damals ge­lungen, die Industrie hat mittlerweile Filteranlagen, und der saure Regen ist Schnee von gestern, weitestgehend zumindest.

Was sich nicht geändert hat, ist die Wichtigkeit des Waldes in seiner Funktion; im Ge­genteil, die hat eher zugenommen. Wenn ich daran denke, dass der Wald Österreichs circa 985 Tonnen Kohlenstoff speichert, dann muss ich sagen, das ist nicht vernach­lässigbar, und zwar in beiden Richtungen nicht.

Erstens, und das ist die schlechte Nachricht, wird der Kohlenstoff auch wieder freigege­ben. Das heißt, das Holz, das – wie gerade – vom Borkenkäfer befallen ist oder bei hef­tigen Stürmen umfällt, muss verwertet werden, sonst haben wir dann einen Negativef­fekt. Genau dazu dient dieses Wald- und Forstpaket, wobei ich aber eindeutig nicht meine Zustimmung gebe, dass diese 350 Millionen Euro reichen werden. Sie werden genau dort nicht reichen, wo die Jagdpacht mehr Einnahmen bringt als die Forstwirt­schaft, und das betrifft den Schutzwald. In diesem Bereich brauchen wir unbedingt noch Maßnahmen, wobei diese Maßnahmen eher nicht in unseren Händen liegen. Diese Maß­nahmen kann man in Jagdgesetzen treffen, um weggehend von einer Traditionsjagd hin zu einer Ökojagd zu kommen.

Wir wissen ganz genau, laut Bundesforste werden die Waldschäden in Österreich mit circa 220 Millionen Euro beziffert. Wir bekommen genau dort die Bäume nicht hoch, wo wir sie brauchen, im Schutzwald, und wir bekommen auch genau die Arten von Bäumen nicht hoch, die wir unbedingt brauchen: die klimatauglich sind. Das sind zum Beispiel Eichen, Tannen oder auch Bergahorn.

Wir haben in Österreich eine der größten Wildpopulationen Europas, und auch das muss zum Thema gemacht werden.

Ich freue mich zwar auf der einen Seite über das Wald- und Forstpaket des Bundes, andererseits bitte und appelliere ich aber auch an die Bundesländer, eine moderne Jagd zuzulassen und in ihren Jagdgesetzen endlich das Mariazeller Abkommen zu veran­kern. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie.

13.45.51Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich die Klubs, ob eine kurze Sit­zungsunterbrechung gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall; keine Sitzungsunterbre­chung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 109

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betref­fend Konjunkturstärkungsgesetz 2020 in 287 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Doppel­bauer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag sowie die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegen zwei Verlangen auf getrennte Abstimmungen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen und von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Doppelbauer, Kollegin­nen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 7 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 9 in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Doppelbauer, Kollegin­nen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 10 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Einfügung der Ziffern 10a bis 10c in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 12 § 124b Ziffern 360 und 364 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

Die Abgeordneten Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Doppelbauer, Kollegin­nen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 12 § 124b Z 365 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 12 in der Fassung der Re­gierungsvorlage unter Berücksichtigung des soeben angenommenen Abänderungsan­trages der Abgeordneten Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Dipl.-Ing. Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 110

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 3 Z 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Hilfe für Marktfahrer“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ergänzende Maß­nahme im Kulturbereich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesmi­nisterin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bundesgesetz über eine Covid-19 Investitionsprämie für Unternehmen erlassen wird, samt Titel und Eingang in 288 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Damit ist der Ge­setzentwurf in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz geändert wird, in 290 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend § 12c eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 111

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend Waldfondsgesetz, samt Titel und Eingang in 282 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „faire und nachhaltige Vertei­lung der öffentlichen Steuergelder des Waldfonds dringend gefordert“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortigen Importstopp von Billigholz“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.54.026. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (193 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (243 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Protokoll zur Abänderung des Protokolls zum am 7. Juni 2011 in Wien unterzeichneten Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (244 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (241 d.B.): Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen (245 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 112

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Peter Weidinger. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


13.55.04

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher und alle Menschen, die in diesem Land leben! Wir haben heute schon intensiv diskutiert, dass uns ein gemeinsames Ziel eint, nämlich die Demokratie zu stärken, sie wehrhaft zu halten und ihr auch Zukunft zu geben.

Meine Damen und Herren! Es war notwendig und richtig, dass wir dazu auch dieses Konjunkturstärkungsgesetz beschlossen haben, weil es Hoffnung gibt, weil es Mut und Optimismus verbreitet, dass wir in Österreich gestärkt aus dieser Krise hervorgehen werden und dass es Freiheit des Einzelnen und eine Kultur der Demokratie auch in Zukunft hier in Österreich geben wird.

Meine Damen und Herren! Wir sind damit nicht zufrieden, nicht mit diesem Schritt allein, sondern der nächste Schritt muss folgen. Deswegen schlagen wir mit diesem Gesetz, das jetzt in Verhandlung steht, auch ein neues Kapitel in der österreichischen Wirt­schaftsgeschichte auf. Es geht um das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das abge­ändert wird, es geht darum, dass Regulatory Sandboxes eingeführt werden, also regula­torische Sandkästen.

Meine Damen und Herren! Politik ist kein Sandkastenspiel – denjenigen, die nicht das Glück gehabt haben, in ihren Jugendjahren im Sandkasten spielen zu dürfen, fehlt et­was. Ich bin selbst Familienvater und ich schätze die Zeit, in der ich mit meiner ältesten Tochter im Sandkasten spielen kann. Was passiert dort? – Es wird ein Rahmen von Si­cherheit, von Vertrauen geschaffen. Es ist diese Essenz, meine Damen und Herren, die mit der Änderung dieses Gesetzes in die österreichische Wirtschaftspolitik mitgenom­men wird. Wir schaffen damit die Möglichkeit, dass Menschen mit innovativen Ideen auf Augenhöhe, mit Respekt und Wertschätzung gemeinsam mit dem Regulator in einem geschützten Raum innovative Geschäftsideen entwickeln. Das ist notwendig, weil heute durch die Digitalisierung und durch technische Veränderungen ganz neue Möglichkeiten bestehen, um Geschäfte zu machen, um Probleme zu lösen und um Ideen weiterzuent­wickeln.

Ich danke hier von dieser Stelle aus ganz ausdrücklich Finanzminister Gernot Blümel dafür, dass er trotz dieser Belastung in den letzten Wochen und Monaten dieses Gesetz mit voller Kraft diesem Haus vorgeschlagen hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dieses Gesetz sieht vor, meine Damen und Herren, dass Menschen, die Ideen haben, Start-ups, Fintechs, aber auch Banken oder Versicherungen die Möglichkeit haben, ge­meinsam mit dem Regulator zu diskutieren und Geschäftsideen zu entwickeln. Warum ist das notwendig und wichtig? – Damit Österreich weiter ein Ort der Innovation bleibt, damit unsere Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird und damit dieses Modell Schule macht, damit Verwaltung nicht dazu da ist, Dinge nicht zuzulassen, sondern damit Verwaltung und Politik es ermöglichen und Wege aufzeigen, wie man etwas umsetzen kann. Das hilft der österreichischen Volkswirtschaft, das hilft unseren Betrieben, das schafft und sichert Arbeitsplätze im Bereich der Finanzwirtschaft, aber natürlich auch in der her­kömmlichen Industrie und Wirtschaft.

Meine Damen und Herren! Es wird mit diesem Modell keine Regulatorik außer Kraft ge­setzt, sondern es wird damit der Rahmen geschaffen, dass man miteinander Verständnis


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 113

entwickelt. Wir bauen damit zusätzliches Know-how bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, in der Wirtschaft, in der Verwaltung und in der Gesellschaft auf. Das ist für den Standort ein wichtiges Argument, schafft auch ein gutes Image für den Standort, damit man in Österreich investiert, weil hier Hoffnung, Mut und Optimismus nicht nur in den Mund genommen, sondern auch klar mit Leben erfüllt werden.

Meine Damen und Herren! Auch für den Konsumenten und die Konsumentin ist es gut und richtig, dass man die Sicherheit und die Gewissheit hat, dass die Geschäftsmodelle, die ausgearbeitet werden, sicher sind. Wir werden nicht anstehen, weder als Gesetzge­ber noch als Regulator, dass Stellen, an denen es Lücken gibt, die man schließen muss, auch mit einem entsprechenden Regulativ versehen werden; aber das, was wir wollen, ist, dass Österreich der beste Ort der Welt ist, um seinen Ideen freien Lauf zu lassen, um der Kreativität, der Inspiration eine Möglichkeit zu geben und um von hier aus Markt­reife zu entwickeln, Produkte, Dienstleistungen und Güter zu produzieren, die überall auf der Welt geschätzt und verkauft werden und die damit auch ihren Beitrag leisten, dass unser Staat über Steuern wieder gut finanziert werden kann, dass wir hier die beste Ausbildung haben und dass wir tolle Programme umsetzen können, wie zum Beispiel – und dafür bedanke ich mich als Kärntner –, dass wir im Schuljahr 2020/21 20 000 Lap­tops für die 5. und 6. Schulstufe haben werden, und so unseren Kindern die Perspektive geben, dass sie auch in Zukunft hier in Österreich ihre Lebensträume erfüllen können.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, bitte ich Sie um Vertrauen und um Zu­stimmung zu diesem wichtigen Gesetz, das Österreich wieder ein Stückchen weiter Richtung Zukunft führt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.00.39

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Ministerin! Zum einen wollte ich zur Novelle des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes nur sagen – es ist ja jetzt ausführlich erläutert worden, wie das mit der Sandboxregulie­rung funktioniert –: Wir von der Sozialdemokratie werden das auch unterstützen, weil es den Behörden einfach die Möglichkeit gibt, sich neue Geschäftsmodelle im Finanzmarkt­bereich näher anzuschauen, diese zu probieren. Es gibt einerseits einen Lerneffekt für die Aufsicht und andererseits Rechtssicherheit für die Anbieter, und ich denke, das bietet durchaus Vorteile.

Lassen Sie mich zu den Doppelbesteuerungsabkommen mit Tadschikistan und der Uk­raine kommen: Was das Erstere betrifft, hat es jetzt schlappe sieben Jahre gedauert, um einen Schreibfehler oder ein Wordingproblem in der tadschikischen Fassung auszubes­sern. Jetzt haben wir es im Haus. Es wird, was Berichtspflichten betrifft, vor allem an die höheren OECD-Standards angepasst werden. Gleiches gilt auch für das Doppelbe­steuerungsabkommen mit der Ukraine, in dem es auch noch darum geht, dass man die Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens insofern auch rechtssicher oder sicher macht, dass es in Summe nicht zu einer Nullbesteuerung oder zu einer Niedrigbesteue­rung kommen kann. So werden die Dividendenbesteuerungssätze auf 15 Prozent ange­hoben, die Besteuerungssätze für die Lizenzeinkünfte auf 10 Prozent und die Quellen­steuersätze für Zinserträge auf 5 Prozent. Das ist, glaube ich, ein guter Schritt, weil ich glaube, dass wir überhaupt über alle Finanzmechanismen, die wir auf internationaler Ebene haben, sehr global und vernetzt denken sollten.

Gerade ärmere Länder, und dazu gehören die Ukraine und Tadschikistan ganz zweifel­los, sind auf Steuereinnahmen vor allem von Unternehmen angewiesen, weil Arbeitneh­merInnen sehr oft im informellen Bereich arbeiten und es da sehr schwer ist, mit Steuern,


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außer mit direkten Konsumationssteuern, zuzugreifen. Ich denke, dass es, wenn wir Steuerpolitik machen, auch wirklich unsere Aufgabe in Österreich ist, zu erkennen, dass aufgrund der Globalisierung und aufgrund der finanziellen Vernetzung von international agierenden Unternehmen alles so eng miteinander verwoben ist, dass wir auch eine große Verantwortung haben, wenn wir an unseren Rädchen drehen, weil das ganz oft auch anderswo Auswirkungen hat.

Ich möchte nur als Beispiel nennen, dass, wenn wir in Österreich unsere Körperschaft­steuer senken, das natürlich auch einen Einfluss auf die Frage von Körperschaftsteuern generell hat und auf all das, was Ländern, armen Ländern hilft, zu Steuereinnahmen zu kommen, um ihren internen Aufgaben nachkommen zu können und zum Beispiel eine Daseinsvorsorge für Menschen anbieten zu können, auf die alle Zugriff haben, zu der alle Zugang haben und die auf einem hohen qualitativen Niveau ist.

Das ist also sehr wichtig, und insofern sollten wir bei all diesen internationalen Steuerme­chanismen immer auch die globale Komponente mitdenken und nicht nur unsere eige­nen österreichischen Interessen im Auge haben. – Vielen lieben Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Nina Toma­selli. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.04.01

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem vorliegenden Gesetz zu den Regulatory Sandboxes schaffen wir am Wirtschafts- und Finanzplatz Österreich eine große Möglichkeit für einen bestimmten Unternehmenssektor, das sind die sogenannten Fintechs. Dabei geht es darum – ich glaube, es ist wichtig, das auch für die Zuseherinnen und Zuseher zu betonen –, dass in einem abgeschlossenen Rahmen das eigentliche Aufsichtsorgan, die FMA, innovative Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen beglei­tend berät, sodass diese ihre Geschäftsidee ausprobieren können.

Wichtig ist auch: Das österreichische Modell unterscheidet sich von anderen Modellen im internationalen Vergleich, weil die Regulatory Sandboxes laut diesem Gesetz kein Sandkisterl zum Spielen sind und es sich auch um kein Versuchslabor und auch um kein Börsenspiel handelt, sondern am Ende des Prozesses die Konzessionierung des Pro­duktes steht.

Das Modell, für das wir uns entschieden haben, hat sowohl Vorteile für die Fintechs selber – diese können nämlich auf die Kompetenz der FMA zurückgreifen –, aber die Regulatory Sandboxes helfen auch dem Aufsichtsorgan, in diesem Fall der FMA – diese bekommt nämlich einen besseren Einblick in die laufenden technologischen Entwicklun­gen. – So viel dazu.

Es ist mir aber auch noch wichtig, Folgendes zu erwähnen: Bei der Vorbereitung für die heutige Sitzung habe ich mich nochmals zurückerinnert, was es alles für Kommentare in den Zeitungen und den Foren gegeben hat, als wir mit diesem Gesetz – es ist jetzt schon ein paar Monate her – in Begutachtung gegangen sind. Da hieß es vielerorts: Das ist zu wenig und dort ist es zu wenig! Der Gesetzgeber schränkt die Fintechs ein! Lasst sie mal lieber selber machen! – Das war so ungefähr der Duktus.

Ja, Fintech klingt hip, und sich unternehmerisch ausprobieren zu können, ohne dass man irgendetwas befürchten muss, ist auch super, aber eben nur in der Theorie. Wenn ich einen Blick nach Deutschland werfe, wo Wirecard als langjähriges Vorzeigefintech eine Megapleite produziert hat und dabei noch etliche Fintechs mitgerissen hat, dann bin ich froh, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir in Österreich auf klare Spielregeln


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bei den Regulatory Sandboxes setzen, denn Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.06.47

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher! Hohes Haus! Wir haben es ja schon gehört, es geht heute um die Regulatory Sandboxes. Innovative Ideen, Innova­tionen ermöglichen, Start-ups unterstützen: Das ist natürlich etwas, das uns NEOS fröh­lich macht, da geht uns sozusagen das Herz auf, und das liegt ja auch bis zu einem gewissen Grad in unserer DNA.

Sie erinnern sich vielleicht, wir haben uns ja schon seit 2019 zu diesem Thema massiv eingebracht, vor allem mein Kollege Douglas Hoyos hat immer wieder Anträge einge­bracht, Anfragen gestellt, sehr viele Anregungen gehabt, und wir sind natürlich sehr froh, dass diese – oder zumindest viele davon – in dieses Gesetz auch Eingang gefunden haben.

Es hat ein bisschen länger gedauert – wir wissen alle, warum: Türkis-Blau ist in der Zwi­schenzeit passiert –, aber nichtsdestotrotz, jetzt kümmern wir uns darum. Und wie meine Vorredner ja auch schon zum Teil sehr gut ausgeführt haben: Worum geht es denn hier eigentlich, was ist denn das überhaupt? – Es ist eine hoch entwickelte Spielwiese, es ist sozusagen nichts anderes als das, was ein Flugsimulator in der Luftfahrt ist. Da können sich eben die Fintechs ohne Risiko mit innovativen Geschäftsmodellen ausprobieren – aber, das ist ganz wichtig, eben gemeinsam mit der FMA, also mit der Finanzmarktauf­sicht, damit hier wirklich gemeinsam schon beim Durchspielen dieser Geschäftsmodelle auch geklärt werden kann, ob es eine technische Innovation ist, die eine Dienstleistung im Sinne der Gewerbeordnung ist, oder ob man sich auch regulierte Finanzdienstleis­tungsbereiche anschauen muss. Das hat ja auch meine Kollegin Frau Tomaselli schon hervorragend ausgeführt.

Warum hilft’s? – Es hilft den Unternehmen, weil es mehr Rechtssicherheit bringt, es hilft vor allem auch der FMA, weil die dann natürlich an diesen ganzen Erfindungen ganz nah dran ist, und das macht natürlich auch Sinn, und letztendlich hilft es auch dem Standort Österreich als Innovationsstandort. Es ist also eine tolle Sache und wir sind natürlich auch sehr, sehr gerne dabei.

In der Umsetzung hätten wir es uns eine Spur anders vorgestellt. Dass man justament im Innovationsbereich einen Beirat kammerstaatlich besetzt, ist ein bisschen so, als ob man halt ein nagelneues I-Phone 10 in die Verpackung eines Haarföns aus den Sech­zigerjahren packt – aber gut, es ist halt klassisch österreichisch, dass das so passieren muss, und wir wissen alle: Die ÖVP dazu zu bringen, über ihren kammerstaatlichen Schatten zu springen, ist so, als ob man den Hund auf die berühmte Wurst aufpassen lässt. Wer sich mit Hunden auskennt, weiß aber, es ist möglich, es braucht halt sehr viel Geduld.

Natürlich wäre es aus unserer Sicht auch besser gewesen, wenn der Beirat für seine Stellungnahmen eine fixe Frist vorgegeben bekommen hätte, aber okay, wir gehen jetzt davon aus, dass der Beirat das gut machen wird, und noch einmal: Wir finden es prin­zipiell sehr, sehr gut.

Nachdem wir uns hier um die Fintechs und um die Start-up-Szene gekümmert haben, gibt es noch etwas anderes, das sehr, sehr wichtig ist, und das sind die KMUs. Deswe­gen haben wir diesbezüglich auch ein Anliegen. Ich bringe heute dazu auch einen Antrag


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ein und möchte das ganz kurz erklären: Es geht uns darum, dass für Klein- und Mit­telunternehmen der Zugang zu Geld zur Eigenkapitalstärkung, Liquidität ganz, ganz wichtig sein wird, um letztendlich erfolgreich aus der Krise herauszukommen. Es braucht aus meiner Sicht eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Finanzierungsmodellen für kleinere und mittlere Betriebe, denn diese haben in den letzten Jahrzehnten einen Groß­teil der Steuerlast in Österreich getragen. Diese Unternehmen jetzt nicht zu unterstützen würde bedeuten: viele Insolvenzen, aber auch viele Arbeitslose und damit nicht nur ein tragisches Schicksal für die Menschen, sondern auch eine Belastung des Bundeshaus­halts.

Mit Krediten allein werden sie es nicht schaffen, sie benötigen auch Eigenkapital, um kreditwürdig zu bleiben und nach der Krise auch wieder Investitionen tätigen zu können. Aus diesem Grund braucht es aus unserer Sicht ein markttaugliches Instrument, das KMUs den raschen und unbürokratischen Zugang zu Geld ermöglicht. Deswegen schla­gen wir eben die Einrichtung eines KMU-Beteiligungsfonds vor. Dieser bietet die Mög­lichkeit, dass sich an sich gesunde, angesichts der Krise aber in Not geratene Unterneh­men nachhaltig aufstellen können. Der Fonds verschafft ihnen eine breitere Eigenkapi­talbasis und damit die nötige Finanzkraft, um nicht nur gut durch die Krise zu kommen, sondern auch die Zeit danach wirklich erfolgreich meistern zu können.

Deswegen möchte ich abschließend folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Schaffung eines KMU Equity Fonds“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche die Schaffung eines KMU Equity Fonds vorsieht, welcher das Eigenkapital kleiner und mittlerer Unter­nehmen stärkt und deren Fortbestand somit über die Krise hinaus sichert.“

*****

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie dem nachkommen würden, und freuen uns auf Diskussionen darüber; wir können auch gerne unsere Vorschläge einbringen. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schaffung eines KMU Equity Fonds

eingebracht im Zuge der Debatte in der 43. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (193 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (243 d.B.) – TOP 6

Gerade für Klein- und Mittelunternehmer ist der Zugang zu Geld/Liquidität vital, um die Krise und die darauffolgende Zeit nach dem Shut Down zu überstehen. Daher braucht es eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Finanzierungsmodellen für kleinere und mitt­lere Betriebe, die über die letzten Jahrzehnte einen Großsteil der Steuerlast in Österreich


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getragen haben. Nicht zu agieren und KMUs alleine dastehen zu lassen, wird rasch zu Insolvenzen und damit zu gesellschaftlichen Problemen wie Arbeitslosigkeit sowie zur weiteren Belastung des Bundeshaushalts führen. Denn mit Krediten allein werden unse­re Unternehmen ihre Engpässe nicht überbrücken können. Sie benötigen auch Eigen­kapital, um kreditwürdig zu bleiben und nach der Krise wieder Investitionen tätigen zu können.

Aus diesem Grund ist es jetzt an der Zeit, ein markttaugliches Instrument zu schaffen, dass KMUs den raschen, unbürokratischen Zugang zu Geld verschafft und gleicheitig der Republik erlaubt, sich nicht noch weiter zu verschulden. Mit einem KMU Beteili­gungsfonds schaffen wir die Möglichkeiten, an sich gesunde, angesichts der Krise aber in Not geratene Unternehmen nachhaltig zu stützen. Der Fonds verschafft ihnen eine breitere Eigenkapitalbasis und damit die nötige Finanzkraft während und nach der Krise.

Ein simples Konzept:

Die Republik stellt einen Equity Fonds für KMU’s auf. Der Fonds wird für 5 Jahre anbe­raumt. Unternehmen, die Dividenden ausschütten, sollen ausgenommen werden. Der Fonds soll Gelder beispielsweise basierend auf der Bilanz 2018/19 und Anzahl der Mit­arbeiter ausstellen. Weiters braucht es Anreize, um sicherzustellen, dass das Geld so rasch wie möglich wieder zurückgezahlt wird. Entsprechend soll sich beispielsweise das Management während solcher Finanzierungen nicht mehr als EUR 1.500 an Gehalt aus­bezahlen dürfen. Die Richtlinien müssen weiters so gesetzt werden, dass Unternehmen, die bereits vor der Krise in der Schieflage waren, möglichst keinen Anreiz sehen sich Gelder aus dem Fonds abzuholen.

Wer soll abwickeln?

Gelder sollten über Banken rasch und unbürokratisch ausbezahlt werden. Die Finanz­ämter kontrollieren. Die Banken können die Auszahlungen mit den Steuernummern ver­knüpfen. Das Finanzamt kann wiederum über die Steuernummern kontrollieren.

Was haben die Unternehmer_innen davon? Was hat die Republik davon?

Die Unternehmer_innen teilen das unternehmerische Risiko über Eigenkapitalspritzen der Republik. Ein Beteilungsfonds wirkt sich nicht auf die Schuldenquote aus und die Republik hat die Möglichkeit sich über jene Unternehmen, die die Krise bewältigen, das Kapital zurückzuholen.

Transparenz:

Der Equity Fonds soll im Finanzministerium angesiedelt sein und vom Parlament kontrol­liert werden. Es braucht regelmäßiges Reporting, wie sich der Fonds entwickelt. Darüber hinaus soll dieser von Experten und Expertinnen geführt werden.

Diese Maßnahme soll eine sinnvolle Ergänzung zu bereits initiierten Programmen der Bundesregierung darstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche die Schaffung eines KMU Equity Fonds vorsieht, welcher das Eigenkapital kleiner und mittlerer Unter­nehmen stärkt und deren Fortbestand somit über die Krise hinaus sichert."

*****



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.11.54

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Zuseher zu Hause! Die Bundesregie­rung hat einen extrem guten Job gemacht, sie hat sehr gute Arbeit geleistet mit all den vielen Maßnahmen, wie schon genannt: mit der Steuersenkung für die untersten Ein­kommensgruppen von 25 Prozent auf 20 Prozent, dem Familienbonus, dem Kinderbo­nus, der wichtigen Kurzarbeit, dem Fixkostenzuschuss, der für viele Unternehmen be­sonders wichtig ist, aber auch mit der Investitionsprämie, die im Herbst kommen wird, mit der degressiven Abschreibung, dem Verlustrücktrag und der Gemeindemilliarde so­wie mit der Mehrwertsteuersenkung und vielem anderen mehr. Mit all diesen Maßnah­men wird es uns gelingen, das Comeback für Österreich zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist uns aber auch besonders wichtig, ein dauerhaftes Umfeld mit guten Rahmenbedin­gungen für eine gut funktionierende und moderne Wirtschaft zu schaffen. Dies gewähr­leisten wir heute mit der Änderung des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes.

Sandboxgeschäfte – wurde schon ausführlich erklärt, trotzdem noch einmal: Worum geht es? – Die Finanzmarktaufsicht soll die Möglichkeit erhalten, Sandboxgeschäftsmo­delle zu erproben. Es geht dabei vor allem darum, zu untersuchen, wie ein in Entwicklung befindliches innovatives Geschäftsmodell realisiert werden kann, um zu verstehen, wel­che Potenziale einerseits und welche Risiken andererseits damit einhergehen. Finanz-Start-ups sollen ihre Geschäftsmodelle auf diese Art in enger Zusammenarbeit mit der Finanzmarktaufsicht entwickeln und dadurch Konzessionen erwerben können.

Schaffen wir Planungssicherheit und fördern wir Innovation zur Stärkung unseres Stand­ortes Österreich! Ich ersuche um Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.14


14.14.30

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich wieder die Klubs, ob eine kurze Unterbrechung notwendig ist. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 193 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist Einstim­migkeit. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung ei­nes KMU Equity Fonds“.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Finanzaus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages Protokoll zur Abänderung des Protokolls zum am 7. Juni 2011 in Wien unterzeichneten Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in 54 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Finanz­ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zur Abänderung des Ab­kommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumge­hung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in 241 der Bei­lagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu er­teilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

14.16.519. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (286 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikations­gesetz 2003 geändert wird (310 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeord­nete.


14.17.16

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau­en Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der jetzigen Phase ist es mehr denn je wichtig, die Rahmenbedingungen für unsere Betriebe zu schaffen, damit sie gut wirt­schaften können und damit sie und wir alle insgesamt gut aus dieser Krise kommen. Der Ausbau der Breitbandversorgung ist ein solcher Rahmen, den wir schaffen möchten, um die Digitalisierung voranzutreiben und vor allem auch die Chancen, die wir darin sehen, zu forcieren. Diese Regierungsvorlage, die wir nun vorliegen haben, ist ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Beitrag dazu.

Um den Ausbau zu bewältigen, braucht es Partner – ich glaube, da sind wir uns heute auch alle einig –: Wenn wir den Ausbau vorantreiben wollen, wenn wir flächendeckend gute Breitbandversorgung haben wollen, dann müssen wir auf der einen Seite mit den Telekommunikationsunternehmen zusammenarbeiten, aber auf der anderen Seite auch mit unseren Ländern und unseren Gemeinden.

Bei den Telekommunikationsunternehmen setzt dieser Antrag auch an, sind sie doch auch von dieser Krise betroffen gewesen. Bei der kommenden 5G-Frequenzauktion, die im August stattfindet, wollen wir deshalb die Möglichkeit schaffen, dass den Unterneh­men die Gebote, die sie abgeben, gestundet oder diese von ihnen in Raten gezahlt wer­den können. Das kann längstens für zwölf Monate durch die RTR gewährleistet werden.


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Was schaffen wir damit im Gegenzug? – Wir schaffen bei den Unternehmen selbst Pla­nungssicherheit, wir erleichtern ihnen das Tätigen von Investitionen, vor allem in dieser kritischen Anfangsphase, in der sie auch investieren wollen, ohne dass wir Liquiditäts­engpässe verursachen. Wie gesagt, das ist ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Schritt, den wir heute hier gehen. Ich sage jetzt schon Danke schön für die Bereitschaft zur Unterstützung und für die Zustimmung, die uns alle auch schon im Ausschuss dazu signalisiert haben.

Der große Schritt – und das ist wahrscheinlich auch das Thema – wird natürlich auch noch kommen. Im Sommer werden wir eine große Novelle des Telekommunikationsge­setzes in Begutachtung senden, und im Herbst werden wir dann hier im Parlament weiter darüber diskutieren.

Was bringt diese TKG-Novelle? – Sie wird zum einen eine Harmonisierung auf Ebene der Frequenzversteigerungen innerhalb der EU bringen, sie wird aber vor allem auch zu einer Stärkung der Kooperationen im Telekommunikationsbereich beitragen, damit wir noch schneller, noch rascher zum Ausbau kommen und auch Investitionsanreize gesetzt werden. Wir schaffen einen Rahmen für die EU-Notrufnummer 112 und auch für ein öf­fentliches Warnsystem, das wir teilweise jetzt in der Coronaphase schon umgesetzt ha­ben, und nicht zuletzt geht es auch um die Stärkung der Endnutzerrechte.

Dieses rechtliche Paket, das wir im Herbst hier auf den Weg bringen und finalisieren wollen, plus das, was die Bundesregierung mit 1 Milliarde Euro, die auch in den Breit­bandausbau investiert wird, jetzt selbst an Investitionsanreizen aufgestellt hat, ist gut und richtig, damit wir die Breitbandversorgung in Österreich gewährleisten können.

Dafür darf ich dem Ministerium, Frau Ministerin, Danke sagen, aber auch der gesamten Bundesregierung, da dies ein sehr wesentlicher und wichtiger Schritt ist, der hier auch in Zukunft verfolgt wird. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holz­leitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.20.58

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frauen Minis­terinnen! Ich glaube, bei keinem anderen Tagesordnungspunkt ist die Dichte an Red­nerinnen, die Eva Maria heißen, prozentuell so hoch – aber kommen wir nun zum Tele­kommunikationsgesetz.

Wir beschließen eine Stundungsmöglichkeit für die Frequenznutzungsentgelte, die hö­her als 50 Millionen Euro sind. Die Regulierungsbehörde hat nun einem Antrag auf Ra­tenzahlung oder Stundung nach Anhörung des Finanzministers und der Bundesminis­terin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus dann stattzugeben, wenn das öffent­liche Interesse dem nicht entgegensteht und die Forderung samt Stundungszinsen zu­gunsten des Bundes gesichert ist. Diese Maßnahme ist bis 31. März 2021 befristet.

Wir als SPÖ sehen diese coronabedingte Gesetzesänderung grundsätzlich positiv; sie erscheint vor allem auch in Hinblick auf alternative Telekomanbieter als durchaus ge­rechtfertigt.

Was ist aber unsere größere Baustelle, vor allem auch in diesem Bereich? Das Internet und der digitale Wandel sind allgegenwärtig – jetzt nicht immer bei uns im Hohen Haus, wir arbeiten noch sehr viel mit Zettelwirtschaft und sehr viel sozusagen physisch, da haben wir sicher noch ein bisschen Aufholbedarf, aber sonst sind nahezu alle unsere Lebensbereiche davon erfasst. Quer durch alle Altersschichten hat man das vor allem jetzt auch während der Coronakrise gesehen, und vor allem hat man auch gesehen, wie wichtig eine stabile Internetverbindung im ganzen Land ist: vom Mühlviertel nach Osttirol,


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vom Neusiedler See bis zum Bodensee – das ist wirklich überall wichtig. Deswegen braucht es einen gleichwertigen Zugang zu schneller und digitaler Anbindung und des­halb hat es auch schon vor knapp zehn Jahren, damals vonseiten einer SPÖ-Regierung, einen Beschluss für die Breitbandmilliarde gegeben.

Homeoffice, Videokonferenzen für die Arbeit oder mit Freunden, soziale Teilhabe – das war unabdingbar wichtig und ist jetzt noch wichtiger denn je geworden. Gerade in den letzten Monaten hat man aber leider gesehen, wie mies die Internetverbindung gerade in den ländlicheren Gegenden teilweise noch immer ist. Es ist ein Problem, wenn die Datennutzung durchschnittlich um 20 Prozent steigt, und gerade in den frühen Morgen­stunden, wenn beispielsweise viele Jours fixes et cetera per Videokonferenz stattfinden, sogar noch mehr steigt.

Das Murren in den ländlichen Regionen war da eben sehr laut, und langsames Internet und eine schlechte Verbindung waren während der Zeit des Homeoffice leider sehr, sehr oft an der Tagesordnung. Wer von uns war nicht selber Teilnehmerin oder Teilnehmer einer Videokonferenz, bei der Ton und Bild von irgendwem gestockt haben, bei der die Internetverbindung vielleicht gänzlich abgebrochen ist oder dieses klassische: Hallo (immer wieder auf das Rednerpult klopfend), hallo! Hört ihr mich jetzt?, dann irgendwo an der Tagesordnung gestanden ist? – Das ist wirklich sehr, sehr mühsam, und ich glau­be, dass wir uns endlich überlegen müssen, wie schnell der Breitbandausbau kommen soll und wie schnell die Geschwindigkeit der Datenverbindung wirklich an das 21. Jahr­hundert angepasst werden muss.

Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, weil man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen würde: einerseits gäbe es eine bessere Verbindung, andererseits würde das die Wirtschaft an­kurbeln. Wir sagen: Highspeed statt 56k-Modem für die Zukunft! (Beifall bei der SPÖ.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.‑Ing. Gerhard Deimek. – Bitte.


14.24.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen Bun­desministerinnen! Herr Minister! Covid-19 und die Maßnahmen dagegen haben einen kräftigen Kahlschlag hinterlassen beziehungsweise eine Spur der Verwüstung durch die heimische Wirtschaft gezogen, und auch im Telekombereich sind die Maßnahmen, diese Schäden und dieser ganze Zustand deutlich spürbar.

Wir erinnern uns: Vor einiger Zeit haben wir das Telekomgesetz beschlossen und damit auch den Ausbau von 5G. Nun, jetzt wurde sichtbar: Baustellen mussten verschoben werden, die Auktion für die nächsten Frequenzen musste vom Frühjahr in den Sommer verschoben werden – alles in allem keine Planungssicherheit für die betroffenen Unter­nehmen.

Gerade als Staat wollen wir aber, dass die Unternehmen dabei Planungssicherheit ha­ben, und dass Anreize geschaffen werden, um sich an den Auktionen und dem nachfol­genden Ausbau der Infrastruktur zu beteiligen – und genau deswegen hat man jetzt diese Gesetzesnovelle, die wir sehr begrüßen, eingeschoben. Es wird nämlich den Un­ternehmen bei den Frequenzauktionen auf Antrag eine befristete Ratenzahlung zuge­standen. Das heißt für den Staat auf der einen Seite trotzdem gute Auktionserlöse und auf der anderen Seite für die betroffenen Unternehmen ein Erhalt von Liquidität – und natürlich Investitionsfreude und Investitionsbereitschaft, die man sich als Kunde im End­effekt nur wünschen kann.

Das ist der Rahmen, den wir sehr begrüßen, und wir wünschen uns, dass sich viele Unternehmen – vor allem auch die kleineren, denn das sind die wahren Nutznießer die­ser Maßnahme – aktiv am Auktionsprozess beteiligen und dass 5G möglichst rasch auch


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in den entlegensten Gegenden unseres Landes ausgebaut werden kann. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Süleyman Zorba zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.26.50

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Ministerinnen und Minister! Zu diesem Tagesordnungspunkt gibt es breiten Konsens, wie es ausschaut, und diesen Konsens gibt es auch in der Bundes­regierung, wenn es darum geht, die Vorreiterrolle Österreichs im Bereich der Digitalisie­rung voranzutreiben und zu stärken.

Ein Erfolg in diesem Bereich hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, unter ande­rem auch von der Verfügbarkeit von gigabitfähigen Anschlüssen. In diesem Zusammen­hang haben wir im Regierungsprogramm festgehalten, diese auch flächendeckend ver­fügbar zu machen.

Wie bekannt, hätte die Frequenzauktion für den Ausbau der neuen Mobilfunktechnologie bereits im April stattfinden sollen; aufgrund der Coronakrise wurde diese auf den August verschoben. Doch mit der Krise kam nicht nur eine zeitliche Verschiebung, sondern es kamen auch wirtschaftliche Unsicherheiten für Unternehmerinnen und Unternehmer.

In dieser Situation nichts zu tun, würde ein wesentliches Risiko beim Ausbau von Infra­strukturmaßnahmen bedeuten, was zwangsläufig dem Wirtschaftsstandort, der Wettbe­werbsfähigkeit und den NutzerInnen schaden würde. Um das zu verhindern und auch um den Investitionsmotor anzukurbeln, braucht es Maßnahmen – Maßnahmen, die si­cherstellen, dass man auch in der aktuellen Krisensituation einen Mehrwert generieren kann.

Ziel der vorliegenden Änderung im Telekommunikationsgesetz ist es, jenen Unterneh­men, die an der Frequenzversteigerung teilnehmen, durch Investitionsanreize mehr Spielräume zu verschaffen. Wie soll das konkret aussehen? – Nach dem derzeitigen Stand müssen die Entgelte nach einer erfolgreichen Ersteigerung innerhalb von acht Wochen geleistet werden. Die Änderung sieht vor, diesen Zeitraum auf maximal zwölf Monate zu erstrecken, dabei sind Stundungen und Ratenzahlungen möglich. Outcome dieser Maßnahme: Unternehmen werden kurzfristig entlastet, ohne dass es zu budgetä­ren Mindereinnahmen kommt, denn die Einnahmen benötigen wir dann wiederum für einen weiteren Ausbau.

Warum der Ausbau für NutzerInnen wichtig ist, wird durch verschiedene aktuelle Erhe­bungen hinsichtlich der Verwendung von Telekommunikationsmitteln offensichtlich, denn Jahr für Jahr zeigt sich, dass die in Österreich lebenden Menschen immer mehr mit dem Handy telefonieren und der Datenverkehr im Mobilfunkbereich massiv zulegt.

Dies ist auch im Anstieg des mobilen Datenverbrauchs ersichtlich, der beispielsweise von 2018 auf 2019 um ganze 30 Prozent gestiegen ist – übrigens ein Trend, der auch infolge der aktuellen Krise stark sichtbar geworden ist, denn nie zuvor hat man sich in so vielen Lebensbereichen auf digitale, hier besonders auch auf mobile Kommunika­tionsinfrastruktur verlassen. Ob in der Arbeitswelt oder im Privatleben, es war uns auch während des Lockdowns großteils möglich, miteinander Kontakt zu halten und in man­cherlei Hinsicht Arbeitsprozesse zu vereinfachen und effizienter zu gestalten.

Auch im Hinblick auf diesen Aspekt ist es also dringend notwendig, dass wir Schritte setzen, um den Mobilfunkausbau voranzutreiben und abzusichern. Der vorliegende Ge­setzentwurf bietet daher nicht nur Erleichterungen für Investitionen, sondern stellt eine


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dringend notwendige Maßnahme für die Gewährleistung einer modernen Kommunika­tionsinfrastruktur dar. Im Ausschuss waren wir uns einig, ich hoffe auch hier auf breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Elisabeth Köstinger gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister.


14.30.13

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben im Regierungsprogramm vereinbart, dass wir das gemeinsame Ziel verfolgen, bis 2030 eine flächendeckende Versorgung mit festen und mobilen gigabitfähigen Anschlüssen sicherzustellen. Speziell das Vorantreiben des 5G-Ausbaus ist in diesem Zusammen­hang essenziell, um die Vorreiterrolle Österreichs zu stärken.

Dass die Telekommunikationsnetze in Österreich in den vergangen Monaten den Stress­test bestanden haben, haben einige Belastungstests durchaus gezeigt: Wir haben in­nerhalb weniger Tage und Wochen über eine Million Schülerinnen und Schüler mittels Homeschooling mit den Lerninhalten versorgen müssen, Zigtausende Österreicherinnen und Österreicher haben Homeoffice und Telearbeitsplätze in Anspruch genommen.

Wir haben aber auch gesehen, dass durch die Covid-19-Pandemie Geschäftsmodelle der Anbieter, die sich für die Kommunikationsinfrastruktur verantwortlich zeigen, auch massiv wirtschaftlichen Schaden erlitten haben, seien es beispielsweise Einbußen beim Roaming oder Sonstigem, und das hat natürlich auch zu gewissen Unsicherheiten ge­führt. Gleichzeitig musste die RTR die für das Frühjahr 2020 vorgesehene Auktion der 5G-Flächenfrequenzen in den Sommer 2020 verlegen. All diese Faktoren haben auch zu einigen Planungsunsicherheiten beim Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur ge­führt. Mit der heutigen Änderung des Telekommunikationsgesetzes schaffen wir aber wieder Anreize für die Unternehmen, die sich am zukünftigen bundesweiten 5G-Ausbau beteiligen wollen und auch beteiligen werden.

Der frequenzgebenden Stelle kommt die Möglichkeit zu, auf Antrag eine befristete Ra­tenzahlungsmöglichkeit bescheidmäßig zu gewähren. Mit dieser verlängerten Zahlungs­möglichkeit wollen wir auf der einen Seite vor allem den Planungsspielraum erhöhen und auf der anderen Seite soll das Geld natürlich auch wieder zweckgewidmet in den künfti­gen Ausbau der Breitbandnetze fließen. Darüber hinaus wird die Finanzierung der Inves­titionen in die Flächenversorgung in den ersten Monaten erleichtert – auch ein wichtiger Schritt für den zukünftigen Ausbau.

Ich freue mich sehr über eine sehr breite Unterstützung im Hohen Haus. Ich halte das wirklich für ein ganz entscheidendes, wichtiges Zeichen. Wir planen zurzeit auch eine große TKG-Novelle – wir planen durchaus auch eine Neukodifizierung. Wir wollen vor allem die Weichen in Richtung Flächenversorgung auch im ländlichen Raum stellen. All das wird eben einen Beitrag dazu leisten.

Für uns ist vor allem auch die Breitbandförderung von besonderer Bedeutung. Wir wer­den auch da in den nächsten Wochen einiges neu auf den Weg bringen, dann natürlich auch in guter Zusammenarbeit mit den Bundesländern, die da sehr wichtig sind und den Ausbau unterstützend vorantreiben werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.33.5310. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (239 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Finanzierung von Forschung, Technologie und Innovation (Forschungsfinanzie­rungsgesetz – FoFinaG) erlassen wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Ge­setz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungsförde­rungsgesellschaftsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das IST-Austria-Gesetz, das OeAD-Gesetz und das ÖAW-Gesetz geändert werden (Forschungsfi­nanzierungsnovelle 2020) (308 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


14.34.15

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Forschungsfinanzie­rungsnovelle: Wenn ich mich umschaue, muss ich sagen, ich glaube, dass relativ wenige Menschen hier nachvollziehen können, was Forscherinnen und Forscher wirklich so machen. Ich glaube, es gibt da geradezu einen Widerspruch zum Beruf des Politikers. Mit Professor Smolle habe ich geredet; er und andere sind für mich Beispiele, dass es in der Forschung wirklich um das Sein, das Können und Wissen geht und weniger um den Schein und die großen Worte, was in der Politik oft wichtig ist. Ich erlebe auch manchmal, dass Herr Professor Faßmann den Widerspruch erlebt (Bundesminister Faß­mann nickt), und auch das finde ich immer wieder interessant, wenn man sich schwertut, die Dinge, die man wirklich rüberbringen will, rüberzubringen, wenn nur sehr wenig Zeit dafür ist. Also: Forschungsfinanzierung ist kompliziert, aber sie ist ganz, ganz wichtig.

Das Wort Strukturwandel ist heute schon gefallen. Eines muss uns klar sein: Wenn wir nicht deutlich mehr Geld in Forschung investieren, wenn wir die Unternehmen nicht so aufstellen, dass sie das, was es an Forschung gibt, auch wirklich umsetzen können, dann werden wir mit unserem Wohlstand sehr große Probleme bekommen. Dass das natürlich auch sehr viel mit Umwelt (in Richtung Bundesministerin Gewessler) und neuer, moderner Forschung zu tun hat, ist auch keine Frage.

Da gibt es ein spannendes Buch. Ich weiß nicht, ob ich hier schon einmal ein Buch vor­gestellt habe, aber heute würde ich „Elon Musk“ mitbringen. (Der Redner hält eine Aus­gabe des Buches mit dem Titel „Elon Musk. Wie Elon Musk die Welt verändert – Die Biografie“ in die Höhe.) Immerhin muss man sagen, Tesla ist inzwischen der wertvollste Autoproduzent der Erde. Sie produzieren bei Weitem nicht die meisten Autos, aber wer auch immer die letzten Jahre in Tesla-Aktien investiert hat: Gratuliere!, denn sie sind gewaltig gestiegen.

Dieser Elon Musk hätte seinen Tesla natürlich nicht ohne Herrn Tesla, diesen berühmten Österreicher – geboren in Österreich, aus einer serbischen Familie –, der auch ordent­lich von Kaiser Franz Joseph ausgezeichnet worden ist, bauen können. Das, was Tesla betrieben hat, war Grundlagenforschung. Man kann nicht sagen, man möchte jetzt etwas erfinden, um dann etwas daraus zu machen, sondern Grundlagenforschung heißt –


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wenn ich nun sage: vor sich hinforschen, ist das ein bissel untertrieben –: durch Experi­mente, durch Nachdenken, durch Ausprobieren neue Erkenntnisse gewinnen, ohne sie sofort anwenden zu wollen. – Das ist das Geniale und davon brauchen wir mehr.

Deswegen komme ich zu dem Punkt – da ist sehr viel positiv, und ich sage das Positive ‑: In dieser Novelle ist sehr viel Positives drinnen, worüber wir sehr froh sind, nämlich dass die wesentlichen Forschungs- und Förderungseinrichtungen einmal definiert werden, dass es ein FTI-Paket mit strategischen Schwerpunkten gibt, dass diese Pakete auch öffentlich einsehbar sind – das ist wesentlich, weil natürlich Transparenz nicht immer gewährleistet war, und das soll nun gewährleistet werden – und dass auch für drei Jahre vorgesehen ist, sich anzuschauen, wie die Finanzierung läuft.

Es gibt aber – das ist unser Kritikpunkt – noch immer keinen budgetären Wachstums­plan. Das Gesetz stammt von 2009; Gio Hahn, der sich im Moment mit anderen Finanzie­rungen plagt, hat damals ein Gesetz vorgelegt, und schon damals wurde davon gespro­chen – das habe ich nachgeschaut –, dass man natürlich einen klaren Wachstumspfad einbauen muss, und das ist leider bis jetzt nicht der Fall.

Wenn ich es richtig gerechnet habe – bitte korrigieren Sie mich! –, dann müsste man festlegen, dass das Wachstum um 200 Millionen Euro jährlich garantiert ist, und das ist eben nicht garantiert. Es hätte im Moment auch keinen Sinn, das ans BIP zu binden. Man müsste aber klar definieren: Es gibt eine gewisse Summe, und die muss jährlich wachsen. – Ich bin nämlich davon überzeugt, dass wir ansonsten, mit zu wenig For­schung, unseren Wohlstand einfach nicht werden halten können, weil – noch einmal – das Thema Strukturwandel heißt. Das bedeutet, dass wir diesen Strukturwandel, gerade auch, was moderne Energie betrifft, gerade auch, was Umweltschutz betrifft, nur mit neuen und modernen Forschungsergebnissen hinkriegen werden, und da müssen wir mehr Geld investieren.

Deswegen: Ja, positiv, dass etwas gelungen ist, aber nein, ich fürchte, dass etwas zu wenig gelungen ist. Wir geben im Moment sehr viel Geld aus – durchaus sinnvoller­weise –, aber wenn wir die Basis für den künftigen Wohlstand legen wollen, wenn wir das werden wollen, was wir leider nicht sind, nämlich Innovationleader, dann müssen wir mehr Geld ausgeben.

Daher würde ich schon dringend appellieren: Vielleicht versuchen wir es doch, und wenn nicht dieses Mal, dann das nächste Mal, damit die Forscherinnen und Forscher sich darauf verlassen können, dass wir zumindest versuchen, sie zu verstehen. Ich versuche es und ich weiß, Sie tun es auch. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Eva Blimlin­ger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.39.15

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es freut mich heute außerordentlich, zu diesem Bundesgesetz sprechen zu dürfen.

Ich möchte historisch ein bisschen ausholen. Es war 2009 in Alpbach, als der damalige Bundesminister Hahn diese Idee lanciert hat, und ich habe die Freude, manchmal auch den Ärger, muss ich sagen, gehabt, seit dieser Zeit die Entwicklung dieses Gesetzes zu begleiten. Ärger war natürlich immer dann da, wenn das Gesetz nicht zustande gekom­men ist. Sie sehen an der langen Zeitspanne, dass es, ich möchte fast sagen, zu lange gedauert hat. Jetzt aber ist es da.

Was tatsächlich ein Meilenstein ist, das ist, dass die dreijährige Finanzierung der im Gesetz genannten Forschungsförderungsorganisationen gewährleistet ist. Man geht da


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analog zu den Universitäten vor, wo sich das Prinzip der Leistungsvereinbarung etabliert hat. In Zukunft wäre sicherlich eine Weiterentwicklung dahin gehend möglich, das, was die Begleitgespräche betrifft, sehr ähnlich aufzusetzen. Ich glaube, es ist ein wichtiger erster Schritt, den wir hier machen, und es ist damit eine Finanzierungssicherheit ge­währleistet, die wir in dieser Weise bis dato nicht hatten.

Was natürlich ein schmerzlicher Punkt ist – der Herr Finanzminister ist leider nicht mehr hier –: Es haben sich alle Ministerien, auch Kollegin Schramböck, alle drei Minister, Mi­nisterinnen, sehr darum bemüht, dass der Begriff budgetärer Wachstumspfad in diesem Gesetz enthalten ist. Wir haben oft darüber geredet, Heinz Faßmann hat immer gesagt: Na, das müssen wir reinkriegen! Da ist das Finanzministerium leider gegen alle Minis­terien und sagt Nein. Es gibt aber zumindest eine langfristige wachstumsorientierte Fi­nanzierung, und ich hoffe, dass die wachstumsorientierte Finanzierung so sein wird, dass es fast wie ein Wachstumspfad ist, was auch bedeutet, dass es nicht nur eine tatsächliche Steigerung geben soll und muss, sondern auch – das ist auch immer eine Debatte bei den Universitäten – eine Inflationsanpassung geben soll.

Ich freue mich, dass wir das machen. Es gibt sozusagen Bedarf, das Gesetz betreffend Finanzierung in Zukunft noch zu verstärken. In diesem Sinne ist wirklich ein Meilenstein für die österreichische Grundlagen- und Auftragsforschung erreicht worden.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.42.41

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wertvollste Ressource unseres Lan­des ist zweifelsfrei – ich glaube, da sind wir uns alle einig – unser Wissen, unser Können, unser Know-how. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Wissenschaft und Forschung zentral für unser Bestehen, für das Prosperieren unseres Landes und die Zukunftsfähig­keit unserer Gesellschaft sind.

Damit die Pflanze Wissenschaft und Forschung – ich bemühe hier bewusst ein botani­sches Bild, vielleicht macht es das den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von der ÖVP jetzt leichter, sich doch noch einen Ruck zu geben – wachsen und gedei­hen kann, braucht sie Ressourcen. Finanzierung, wissenschaftliche Freiheit und Pla­nungssicherheit verhalten sich zu Wissenschaft und Forschung wie Licht und Wasser zu Pflanzen. Sie sind die Grundlage für Wachstum und für eine erfolgreiche Ernte. Das gilt nicht nur für den Bereich des Klimaschutzes, das gilt auch für den Bereich – und wir sind uns dessen in Coronazeiten sehr bewusst geworden – der biomedizinischen Forschung.

Gestern hatte ich das Vergnügen, durch den Campus Vienna Biocenter zu schlendern. Das war wirklich ein Déjà-vu, denn ich habe dort von 1995 bis 1997 geforscht, und da­mals waren dort nur die Universität Wien und das IMP vorhanden – das war’s. Mitt­lerweile sind dort nicht nur weitere Universitäten und Institute der Akademie der Wis­senschaften dazugekommen, sondern auch 27 Unternehmen, die sich ganz bewusst in der Nähe der Grundlagenforschung angesiedelt haben. Dank 1 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 81 Nationen, die dort forschen, ist dort eine unglaubliche Kraft zu spüren. – Das gedeiht auf österreichischem wissenschaftlichem Boden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)


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Was Wissenschaft kann, haben wir aber auch im Ausschuss präsentiert bekommen, durch die Zehnjahresevaluierung des IST Austria, des Institute of Science and Techno­logy Austria, in Gugging. Das Institut wurde auf zehnjähriger Finanzierungsbasis, mit Planungsfreiheit und wissenschaftlicher Freiheit, gegründet. Es spielt mittlerweile in der Champions League der internationalen Forschungsinstitutionen, ist unter den top drei und auf Augenhöhe mit der Nummer eins, dem Weizmann Institute. – Das alles ist öster­reichische Wissenschaft und Forschung.

So, zum Forschungsfinanzierungsgesetz, wie wir es hier vorliegen haben – es gibt viel Gutes, das ist schon gesagt worden –: dreijährige Planungssicherheit – wunderbar, ein schöner erster wichtiger Schritt; auch die Entbürokratisierung, die damit verbunden ist – gut; Budgetkürzungsverbot – auch gut.

Was aber weiterhin fehlt, und das ist so ein zentraler Teil, ist der budgetäre Wachstums­pfad – liebe Eva Blimlinger, du hast es schon angesprochen –, das ist die finanzielle Planungssicherheit. Das Gesetz, wie es jetzt am Tisch liegt, ist, und da komme ich wie­der zum botanischen Bild, die Grundwasserversorgung, und dass die nicht immer aus­reichend ist, haben wir am Beispiel Neusiedler See heuer schon gesehen. Wir brauchen Licht, wir brauchen Regen, wir brauchen Biodünger, damit Forschung und Entwicklung wachsen kann.

Wenn in dieses Gesetz eine Exitoption eingebaut ist, die „Leistungsfähigkeit des Bun­des“ heißt, und wenn daran die Finanzierung gebunden wird, dann stellt es mir die Na­ckenhaare auf, denn wir leben in Coronazeiten, wir haben 50 Milliarden Euro, die gut investiert sind, aber ich bin gespannt, was am Ende des Tages für Forschung und Ent­wicklung überbleibt.

Ich möchte mir gerne vorstellen, was Wissenschaft und Forschung tun und schaffen könnte, würden wir Planungssicherheit, eine ausreichende Finanzierung und Hand­lungsautonomie der Agenturen haben. Deshalb darf ich folgenden Abänderungsantrag aller Oppositionsparteien einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Mar­tina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art 1 § 1 Abs. 1 lautet:

„§ 1. (1) Ziele dieses Bundesgesetzes sind:

1. die strategische Ausrichtung und Steuerung sowie die langfristige, wachstumsorien­tierte Finanzierung von Forschung, Technologie und Innovation (FTI),

2. eine Wachstumsorientierung ist zumindest dann gegeben, wenn die jährliche Erhö­hung des Globalbudgets 31.03 sowie der Untergliederungen 33 und 34 des Bundes­voranschlages sowie die jährlichen Fördermittel gemäß dem Bundesgesetz über die Na­tionalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsge­setz) um insgesamt 5 v.H. des Vorjahresbudgets (ausgehend vom Budgetjahr 2020) in­flationsbereinigt erfolgt,

3. die Verwaltungsvereinfachung bei der Bereitstellung von Bundesmitteln zur Ausfüh­rung und Förderung von FTI sowie die Erhöhung der Effizienz in den Umsetzungsstruk­turen,

4. die Verbesserung von FTI-Leistungen und Analyse der erzielten Wirkungen und


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5. die Verwendung der Fördermittel durch die zentralen Einrichtungen im Sinne des § 3 erfolgt innerhalb der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen in Autonomie.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

14.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag.a Mar­tina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (239 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesge­setz über die Finanzierung von Forschung, Technologie und Innovation (Forschungsfi­nanzierungsgesetz – FoFinaG) erlassen wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Ge­setz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungsförderungs­gesellschaftsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das IST-Austria-Gesetz, das OeAD-Gesetz und das ÖAW-Gesetz geändert werden (Forschungsfinanzierungsnovel­le 2020)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art 1 § 1 Abs. 1 lautet:

㤠1. (1) Ziele dieses Bundesgesetzes sind:

1.          die strategische Ausrichtung und Steuerung sowie die langfristige, wachstums­orientierte Finanzierung von Forschung, Technologie und Innovation (FTI),

2.          eine Wachstumsorientierung ist zumindest dann gegeben, wenn die jährliche Er­höhung des Globalbudgets 31.03 sowie der Untergliederungen 33 und 34 des Bundesvoranschlages sowie die jährlichen Fördermittel gemäß dem Bundesge­setz über die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE-Nationalstiftungsgesetz) um insgesamt 5 v.H. des Vorjahresbudgets (ausgehend vom Budgetjahr 2020) inflationsbereinigt erfolgt,

3.          die Verwaltungsvereinfachung bei der Bereitstellung von Bundesmitteln zur Aus­führung und Förderung von FTI sowie die Erhöhung der Effizienz in den Umset­zungsstrukturen,

4.          die Verbesserung von FTI-Leistungen und Analyse der erzielten Wirkungen und

5.          die Verwendung der Fördermittel durch die zentralen Einrichtungen im Sinne des § 3 erfolgt innerhalb der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen in Autono­mie.“

Begründung

Im Jahr 2019 wurden von den österreichischen Ausgaben für Forschung und Entwick­lung rund 35 Prozent öffentlich finanziert, wobei insgesamt 29,78 Prozent auf den Bund entfielen. Für die von Österreich verfolgte Frontrunner-Strategie im Forschungsbereich ist es zentral, dass die Forschungsmittel einerseits kontinuierlich erhöht werden und an­dererseits eine Planbarkeit des Einsatzes dieser Mittel gegeben ist.


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Die lange Diskussion um die Einführung eines Forschungsfinanzierungsgesetzes war stets von der Idee eines Wachstumspfades geleitet, daher ist es notwendig, entspre­chende Mittelsteigerungen auch als Ziel dieses Gesetzes zu definieren. Diese Zielset­zung soll über eine normierte, jährliche Steigerung für das Globalbudget 31.03 sowie die Untergliederungen 33 und 34 des Bundesvoranschlages sowie der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (inklusive des sogenannten Österreichfonds) erreicht werden. Die inflationsbereinigte Mindeststeigerung von 5% gegenüber dem Vor­jahresbudget bezieht sich auf die Gesamtsumme der förderrelevanten Bundesmittel, sodass innerhalb der budgetären Einzelpositionen Abstufungen vorgenommen werden können.

Die zentralen Einrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sollen die vereinbarten Fördermit­tel autonom – im Sinne eines Globalbudgets analog den Universitäten - verwalten, um eine größtmögliche Programmflexibilität im Rahmen des FTI-Paktes zu gewährleisten. Durch diese Regelung wird auch die Funktion von Begleitgesprächen als Informations­instrument exakter definiert.

Durch die Bereitstellung ausreichender Mittel und einem kontinuierlichen Wachstum kann die Zielsetzung, in die Gruppe der europäischen und weltweiten Forschungs-Spit­zenreiter vorzustoßen, erreicht werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.48.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Das Gesetz, das wir heute beschließen wollen, ist grundsätz­lich nichts Schlechtes. Es ist noch in der letzten Gesetzgebungsperiode, in der ÖVP-FPÖ-Periode, ausgearbeitet und abgestimmt worden, obwohl es ja schon länger in Ar­beit ist, und es beinhaltet betreffend Organisatorisches einige sehr gute und eigentlich für unsere Forschungs-, Wissenschafts- und Technologielandschaft bedeutende Punkte wie die strategische Steuerungs- und Kontrollverantwortung, die genau definiert wurde, eine jährliche Umsetzungsplanung und dazu die entsprechenden Berichte, eine Pro­grammdurchsicht sowie eine Konsolidierung.

Was fehlt? Was fehlt eigentlich schon die ganze Zeit? – Es ist der vereinbarte Wachs­tumspfad, um den sich alles dreht. § 1 des Gesetzes beinhaltet die „langfristige, wachs­tumsorientierte Planungs- und Finanzierungssicherheit“– Text, Worte.

§ 4 sieht ein Kürzungsverbot vor, aber betreffend Konkretes – Zahlen, Werte –: Fehlan­zeige. Kollegin Blimlinger hat vollkommen richtig gesagt, es war Bundesminister Hahn, der damals, 2008, angekündigt hat, in einem halben Jahr werde dieses Gesetz, inklusive Wachstumspfad, stehen. Wer verhindert das seither? – Nicht die Fachminister verhin­dern den Wachstumspfad, ein ÖVP-Finanzminister verhindert ihn!

Heuer haben wir offenbar eine Bündelung von nicht beschlossenen Finanzverträgen; sei es bei den ÖBB, sei es diesmal konkret bei unserer industriellen technologischen Zu­kunft. Der Finanzminister sagt: Ich lasse mir nicht ins Handwerk pfuschen!, und Öster­reich leidet. Darüber müssen wir in diesem Hohen Haus einmal nachdenken, ob wir uns regelmäßig von einem Finanzminister sagen lassen, was in diesem Staat passiert und was nicht, wenn die Fachminister mit ihren Themen overruled oder beiseitegestellt wer­den. Die österreichische Industrie und die österreichische Forschungslandschaft hätten es sich verdient, eine konkrete Aussage zu haben, um auch wirklich planen zu können


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und nicht jedes Jahr von Almosen abhängig zu sein. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Shetty. Abg. Leichtfried: Noch dazu, wenn sich der Finanzminister dauernd verrechnet!)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.51.05

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen vor den Bildschirmen! Ja, gut Ding braucht Weile. Kollegin Blimlinger hat es heute schon erwähnt, zum ersten Mal hat der damalige Mi­nister Hahn in Alpbach, im Jahr 2009, über das Forschungsfinanzierungsgesetz gespro­chen. Es hätte ursprünglich im Sommer 2010 vorliegen sollen, es war im Regierungspro­gramm 2013, es war im Regierungsprogramm 2017 und es ist im Regierungspro­gramm 2020 – und anscheinend sind aller guten Dinge drei, denn jetzt haben wir es vor uns liegen.

Minister Hahn hat damals gesagt: „Investition in Innovation lässt uns nach der Krise mit einer Nasenlänge Vorsprung durchstarten“; und ehrlich gesagt können wir heute nicht richtiger liegen, denn auch jetzt befinden wir uns in einer Krise, und deswegen hoffen wir, dass uns das Forschungsfinanzierungsgesetz da auch mit heraushilft, um langfristig ordentlich auf den Beinen zu stehen. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Was beschließen wir heute eigentlich? – Wir beschließen ein Gesetz, in dem wir einer­seits festhalten, welche Organisationen, welche Forschungsträger, welche Forschungs­agenturen sozusagen von einer langfristigen Finanzierbarkeit und Planbarkeit umfasst sind, und wir regeln auf der anderen Seite eine neue Governance zwischen den Ministe­rien und den Agenturen.

Zuerst zur Finanzierung: Wir kennen das aus den Unternehmen, natürlich möchte man immer wissen, woran man ist, man braucht eine längerfristige Planbarkeit. Gerade im Bereich der Forschung ist das wichtig, denn man weiß teilweise nicht genau, in welche Richtung es geht, es ist ja immerhin Forschung. Wir haben heute gehört, sie ist – vor allem in der Grundlagenforschung – auch erkenntnisoffen, und daher weiß man nicht genau, wie lange es dauert, wie viel Geld es braucht. Deswegen ist eine längerfristige Finanzierbarkeit so wichtig, und diese haben wir erstmals mit dem FTI-Pakt. Wir haben eine Finanzierbarkeit, eine Planbarkeit für die Agenturen für drei Jahre.

Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir sagen, wir haben sie ja eigentlich länger, denn im zweiten Jahr dieses FTI-Paktes wird schon wieder der nächste verhandelt, und wir wissen dann schon den nächsten Pakt für die nächsten drei Jahre; also eigentlich spre­chen wir von einer fünfjährigen Planbarkeit. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Zur Neuordnung der Governance: Auf der einen Seite brauchen wir die Ministerien, die da strategische Steuerungs- und Kontrolleinrichtungen sind. Die müssen natürlich fest­legen, in welchen Themenbereichen geforscht werden soll, was die Zielgruppen sind, das ist ganz wichtig, und natürlich müssen sie das Ganze auch monitoren. Auf der an­deren Seite brauchen wir aber mehr Autonomie für die Agenturen. Das ist ganz wesent­lich, weil die am Puls der Zeit sind, die sind am Geschäft dran, die verstehen die Bedürf­nisse der Unternehmen, der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, und daher müssen die tatsächlich umsetzen. Deswegen freut es mich, dass wir auch mit der Aus­schussfeststellung die Autonomie noch mit hineinbekommen haben.

Der Forschungsdschungel muss ein Ende haben, wenn man sich anschaut, wie viele kleinteilige Programme es gibt, wie viele teilweise ineffektive Programme es gibt, wie


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viele Programme es gibt, die keine kritische Programmgröße erreichen. Im Rechnungs­hofbericht von 2016 wurde festgehalten, dass es 136 F&E-Programme gab, und davon war fast ein Drittel unter 1 Million Euro, in den Bundesländern sogar 60 Prozent. Solche unterdotierten Programme führen natürlich zu einer starken Überzeichnung und schmä­lern die Erfolgswahrscheinlichkeiten und frustrieren damit auch die Unternehmen und die Einrichtungen, die dafür ansuchen. – Das wollen wir beenden.

Wir wollen einen Bürokratieabbau und einen größeren Servicegedanken, eine gute Übersichtlichkeit für die Zielgruppen und mehrere Einreichmöglichkeiten, denn die Un­ternehmen wissen nicht immer genau, wann sie so weit sind, dass sie einreichen kön­nen. Da ist wirklich die Hoffnung gegeben, dass wir mit diesem Forschungsfinanzie­rungsgesetz einen wesentlichen Schritt in Richtung Effizienz und in Richtung Bürokratie­abbau gehen können.

Gerade in diesen Zeiten sehen wir ja, wie wichtig die Forschung ist. Sie ist essenziell für das Lösen von gesellschaftlichen Herausforderungen, für den Klimaschutz, für die Öko­logisierung, für die Gesundheit, aber auch für die Technologisierung; das Thema KI ist nur ein Beispiel. Auf der anderen Seite ist sie natürlich auch eine Grundlage dafür, dass eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen garantiert wird, dass Technologieführerschaft garantiert wird und damit natürlich auch Wohlstand und attraktive Arbeitsplätze.

Ich darf noch einmal Minister Hahn zitieren, der damals sagte: „Unsicherheit ist Gift für den Forschungsstandort“. Forschung ist „wie ein scheues Reh“ und „Verlässlichkeit ist daher der beste Boden für Innovationen“. – Genau diese Verlässlichkeit bietet das For­schungsfinanzierungsgesetz. Ich bedanke mich bei allen Ministerien, die daran beteiligt waren, das jetzt endlich auf Schiene gebracht haben, und ich hoffe, dass auch die Oppo­sition zustimmt. Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Blimlinger und El-Nagashi.)

14.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesministerin Dr. Ge­wessler. – Bitte.


14.56.35

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Eva Blimlinger hat das Forschungsfinanzierungsgesetz einen Meilenstein genannt; es ist auf jeden Fall ein krönender Abschluss in einer neuen legistischen Architektur des Forschungsbereichs in Österreich, und darüber freue ich mich. Es ist schön, dass auch die viele, viele Arbeit, die in dieses Gesetz seitens dreier Ministerien in dieser Republik und federführend seit langen Jahren im BMK gegangen ist, gesehen wird und dass die positiven Dinge in die­sem Gesetz auch hier im Hohen Haus wirklich Anerkennung finden.

Bitte erlauben Sie mir, dass ich noch einmal auf – auch mit Referenz auf die Kritikpunk­te – aus meiner Sicht vier wirklich zentrale Meilensteine – und die verdienen das Wort Meilensteine – eingehe.

Der erste ist die langfristige Planungsgrundlage. Wir haben in diesem Gesetz fixe drei­jährige Forschungsbudgets – Frau Abgeordnete Hammerschmid hat es erwähnt – mit einem Kürzungsverbot. Das ist neu, und wir starten von einem Status, in dem For­schungsausgaben bis dato Ermessensausgaben waren. Das heißt, das ist ein wirklicher Meilenstein: Kürzungsverbot, fixe dreijährige Budgets.

Ich muss auch Abgeordnetem Deimek widersprechen. Wir haben natürlich Möglichkei­ten, Schwerpunkte zu setzen. Das haben wir im Konjunkturpaket gemacht, wir haben


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300 Millionen Euro zusätzlich für Forschung und Entwicklung im Konjunkturpaket ver­ankert, weil ich Ihnen allen zustimme: Das ist ein zentraler Faktor für die Zukunft, zum Begegnen der Herausforderungen für die Zukunft und auch für eine stabile und zu­kunftsfitte wirtschaftliche Basis. Ich kann Ihnen versichern – und ich nehme jetzt kein heimisches Tier zum botanischen Vergleich (Heiterkeit der Abg. Hammerschmid) –, Heinz Faßmann, Margarete Schramböck und ich werden auch weiterhin dafür kämpfen, und zwar wie die Löwinnen und Löwen – das (erheitert) habe ich jetzt als Bild gewählt –, damit sich diese wachstumsorientierte Finanzierung im Bundesfinanzrahmengesetz als Wachstumsbudgetpfad abbildet. Dafür stehen drei Minister und Ministerinnen, glaube ich, sehr geeint und sehr stark, und dass es gelingen kann, beweist das Konjunkturpaket. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist, dass es für die zentralen Einrichtungen, die in diesem Gesetz ver­ankert sind, de facto Finanzierungssicherheit gibt, also de facto auch einen Rechtsan­spruch auf Finanzierung. Auch das ist neu, auch das ist ein großer Schritt, und das ist wichtig, um da auch in die Zukunft zu gehen. Wir haben eine effizientere Governance – das haben viele von Ihnen auch erwähnt –, ich möchte es auch noch einmal erwähnen: Mein Haus, federführend in der FFG, wir gehen von einem Zustand von derzeit 50 Ein­zelbeauftragungen – so ist der korrekte Terminus –, die wir haben, zu einer Finanzie­rungsvereinbarung; aus 50 wird eins.

Das ermöglicht natürlich eine wesentlich stärkere Fokussierung auf die strategischen Fragen, das ermöglicht eine wesentlich stärkere Trennung von operativer und strategi­scher Steuerung. Gerade in der angewandten Forschung ist es wichtig, dass man den strategischen Blick im Verbund mit dem Dreijahreshorizont hat. Das ist gerade auch für die Wirtschaft ein Thema. Wenn es darum geht, bei zentralen Zukunftsherausforderun­gen auch eigene F&E-Budgets umzuorientieren – die Automobilindustrie ist ein Parade­beispiel dafür –, dann braucht sie auch die Planungssicherheit in puncto öffentlicher Mit­tel seitens des Gegenübers, das sagt: Ja, das ist ein Thema, und zwar nicht nur ein Jahr, nicht nur ein paar Monate, sondern das ist ein zentrales Thema, das auf Jahre bleibt.

Natürlich setzen wir damit auch ein strategischeres Monitoring auf. In Summe bin ich davon überzeugt, dass das wirklich nicht nur das Ergebnis von zehn Jahren Arbeit, von vielen, vielen Jahren Arbeit in drei Ministerien ist, sondern dass es auch wert ist, hier auf breite Zustimmung zu stoßen, und ich hoffe, das wird es auch tun. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.


15.01.11

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Geschätzter Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es jetzt schon öfter gehört: Was für eine schwere Geburt! So haben es auch etliche Kollegen und Kolleginnen, die das Forschungsfinanzierungsge­setz in unterschiedlichsten Rollen begleitet haben, letzte Woche im Ausschuss be­­schrieben. Wir haben es gehört: Seit 2009 ist das Ganze in Verhandlung und heute steht es hier im Nationalrat zur Beschlussfassung.

Wir als Sozialdemokratie werden dem Forschungsfinanzierungsgesetz auch zustimmen, weil es ein erster wichtiger Schritt ist, den wir auch begrüßen. Schade ist aber, dass eine langjährige Forderung, die eigentlich daran geknüpft war – eigentlich war es eine Bedin­gung; das war auch die Grundlage, warum man über dieses Forschungsfinanzierungs­gesetz überhaupt gesprochen hat –, nämlich der jährliche Wachstumspfad, geschätzte Frau Ministerin, Herr Minister, in dem Gesetz heute fehlt, nicht enthalten ist.


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Es ist eine wirklich vertane Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der ÖVP, und zwar nicht für uns, sondern für die Forscherinnen und Forscher, die das ganz einfach benötigen. Weil wir nicht so sind, geben wir Ihnen heute nochmals die Gelegen­heit, dass Sie Ihre Position revidieren. Kollegin Hammerschmid hat ja auch einen ent­sprechenden Antrag eingebracht, und wir laden Sie an der Stelle nochmals herzlich ein, dem Oppositionsantrag zu folgen, zuzustimmen und endlich das 5‑prozentige jährliche Wachstum auf die Füße zu bekommen! Sie sind herzlich dazu eingeladen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Künsberg Sarre.)

Ich möchte gerne meine heutige Rede zum Forschungsfinanzierungsgesetz auch dafür nützen, um auf die zentrale Rolle von Forschung in Summe aufmerksam zu machen, sie darzustellen: Zum Beispiel Forschungsaufträge, um die Klimakrise zu bekämpfen, For­schungsaufträge, um einfach im Zeitalter der Digitalisierung anzukommen, sind ganz, ganz zentral. Die Coronakrise hat uns aber auch gezeigt, wie wichtig Forschung vor der eigenen Haustür – symbolisch gesprochen – ist, in Österreich, in Europa – Stichwort Me­dikamente. Ganz ehrlich, das wäre dringend vonnöten, und dafür braucht es ganz ein­fach Gelder und es braucht eine ganz klare öffentliche, staatliche Förderung, die wir auch immer wieder einfordern.

Ich möchte noch etwas erwähnen: Es braucht, auch das hat uns die Coronakrise gezeigt, diese begleitende interdisziplinäre Forschung. Wir haben im Ausschuss einen Antrag eingebracht, der vertagt, auf die lange Bank geschoben worden ist. Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen, wir müssen aber darüber reden, was die Coronakrise, was der Lock­down mit unserer Gesellschaft macht, was das für unsere Gesellschaft bedeutet. Darü­ber muss man reden, und dafür braucht es auch eine begleitende Forschung, Zahlen, Daten, Fakten. Das fordern wir weiterhin ein.

Abschließend, geschätzte Damen und Herren – ich werde nicht müde werden, darauf aufmerksam zu machen –: Es braucht mehr Frauen in der Forschung! Es ist gut, dass es Programme gibt, aber ganz ehrlich: Wir müssen viel, viel besser werden. Wir müssen hinsichtlich Forscherinnen in Österreich SpitzenreiterInnen sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Künsberg Sarre.)

15.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. – Bitte.


15.04.41

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Brandstätter hat Wissenschaft und Politik ange­sprochen. Ich sehe durchaus zahlreiche Parallelen: In beiden Fällen braucht es kreative Ideen, es braucht sehr viel Wissen, es braucht den Mut zur Entscheidung in Ungewiss­heit, man weiß nicht genau, wie es ausgeht, es ist mit hoher Verantwortung verbunden und man muss sich dem Dialog stellen. Aus all diesen Gründen finde ich beide Din­ge extrem faszinierend. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer, Zorba, Brandstätter und Künsberg Sarre.)

Es gibt vier wesentliche Punkte, die in diesem Forschungsfinanzierungsgesetz wirklich Meilensteine sind:

Der erste ist, dass wirklich einmal alle zehn Forschungseinrichtungen und Forschungs­förderorganisationen, die vorwiegend vom Bund finanziert werden, unter ein rechtliches Dach kommen. Das betrifft einerseits das schon angesprochene IST Austria, das wirklich eine internationale Vorzeigeinstitution ist, aber andererseits auch vergleichsweise kleine Einrichtungen wie die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, die aber mit ihrer Citizen-Science-Orientierung, mit der Open Innovation ganz wesentliche Impulse setzt, gerade in den Life Sciences.


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Der zweite Punkt sind diese dreijährigen Leistungsvereinbarungen. Auf die kann ich aus meiner Universitätszeit wirklich mit sehr positiver Erfahrung zurückblicken, weil das wirk­lich eine exzellente Balance zwischen Vorgaben seitens des Bundes an die entspre­chenden Einrichtungen und hoher Gestaltungsautonomie und auch Planungssicherheit für die einzelnen Einrichtungen schafft. Gerade wenn es um die Forschungsförderung geht, ist es eben wichtig, dass man von den zahlreichen Detailbeauftragungen weg- hin zu wirklich strategischen Vorgaben kommt, von der extremen Kleinteiligkeit zu entspre­chend kritischen Massen.

Dritter Punkt: Diese kritischen Massen ermöglicht dieser FTI-Pakt, der jeweils diesen drei­jährigen Leistungsvereinbarungen vorausgeht. Dadurch kann man gewisse Themen dann über die verschiedenen Organisationen hinweg gemeinsam bespielen.

Der vierte Punkt ist heute schon am häufigsten angesprochen worden, nämlich der Wachs­tumspfad. Der Wachstumspfad steht drinnen. Es darf auch nicht gekürzt werden. Ich bin sehr optimistisch, und zwar bin ich als gelernter Österreicher mit rund 40 Jahren Erfah­rung im Wissenschaftsbetrieb so optimistisch. In all der Zeit ist es zu einem kontinuier­lichen Wachstum gekommen, und gerade angesichts dieser Bundesregierung bin ich überzeugt: Der Wachstumspfad wird sich fortsetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Faß­mann. – Bitte.


15.07.57

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Herr Brandstätter, ich bin authentisch und ich bleibe auch authentisch (Abg. Brandstät­ter: Gut!), auch dann, wenn man manchmal unterschiedliche Rollen einzunehmen hat.

Ich bin sehr froh über dieses FoFinaG. Die Vorzüge sind schon genannt worden: die klare Definition, was die wesentlichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, For­schungsträger, Forschungsförderer sind; eine Governancestruktur, die uns, den Forschern und den Institutionen das Leben erleichtern wird; eine Kürzungssicherheit der zugesag­ten Budgets und natürlich eine ganz klare Aussage über eine langfristige Planungs- und Finanzierungssicherheit mit einer Wachstumskomponente.

Ich verstehe schon, dass man hier vielleicht gerne eine konkrete Zahl genannt gehabt hätte. Sie haben aber bei der Forschungsquote als Prozentsatz des BIPs gleich abgewun­ken, denn damit könnte man auch auf die Nase fallen – wie wir es wahrscheinlich jetzt mit einem Minus von 7 Prozent täten: plötzlich weniger Ausgaben für die Forschung –, und genau diese Schwierigkeit besteht auch bei einer langfristigen Prozentangabe. 5 Prozent: Na ja, auch die Inflation kann sich ruhig einmal in Richtung 3 Prozent, 4 Pro­zent bewegen, und dann hätten wir netto vielleicht ein 1- bis 2-prozentiges Wachstum für die Forschung. (Abg. Brandstätter: Inflationsbereinigt könnte man sagen! – Zwi­schenruf der Abg. Hammerschmid. Ja, das müsste man dann wieder bereinigen.

Wissen Sie, der wesentliche Punkt, und das muss man sehen, ist die Arbeitsteilung, die im Gesetz niedergeschrieben ist. Das Forschungsfinanzierungsgesetz ist ein Gesetz, welches grundsätzliche Strukturen regelt. Daneben gibt es die Strategie. Was mindes­tens gleich viel oder vielleicht sogar noch mehr Bedeutung besitzt, sind die dreijährigen Forschungspakte, denn dort wird der konkrete finanzielle Rahmen mit bestimmten For­schungsschwerpunkten genannt, den man auch verantwortungsbewusst nennen kann. Ein Gesetz hat ja hoffentlich immer ein nicht terminisiertes Ende, aber die Forschungs­pakte sind dahin gehend die realen Ausblicke für drei Jahre.


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Ich bin sehr froh über dieses Gesetz, und ich bin auch sehr froh, dass sich so etwas wie eine breite parlamentarische Mehrheit dafür anbahnt. Dafür bedanke ich mich sehr herz­lich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Saxinger. –Bitte.


15.10.35

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren! Forschung ist Fortsetzung der Neugier mit anderen Mitteln. Forschung ist Aufbruch zu offenen Erkenntnissen. Forschung ist immer das Weiterfor­schen, wo andere aufgehört haben, das Weiterbauen auf Grundstein und Gerüsten, die andere vorbereitet haben.

Manche sagen sogar: Die Zukunft eines Staates und einer Gesellschaft erkennt man am Stellenwert und der Gewichtigkeit der Forschung. Da ist Österreich nicht schlecht unter­wegs, und ich kann Ihnen versichern, dass das Thema Forschung bei der Volkspartei ganz oben auf der Liste steht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Vogl: ... Wahlkampfkosten!)

Im letzten Forschungsausschuss vor einer Woche hat die Bundesministerin eine um­fassende Forschungsfinanzierungsnovelle vorgelegt. Hauptpunkt der Novelle ist das Forschungsfinanzierungsgesetz, das einen neuen rechtlichen Rahmen für die Organisa­tion und Struktur der Forschungsfinanzierung bilden soll.

Was soll sich ändern? – Einerseits sollen die drei involvierten Ministerien einbezogen werden und enger zusammenarbeiten. Kernelement dieser Novelle ist der dreijährige FTI-Pakt – der Forschungs-, Technologie- und Innovationspakt – mit den zentralen For­schungs- und Forschungsförderungseinrichtungen. Das bedeutet auch mehr Flexibilität im operativen Tagesgeschäft.

Welche zentralen Forschungsförderungseinrichtungen werden da genannt? – Diese Aufzählung ist für die Zuseherinnen und Zuseher sicher einmal ganz wichtig: Die Austria-Wirtschaftsservice-Gesellschaft, die Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft, der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, die OeAD-GmbH und die Österreichi­sche Forschungsförderungsgesellschaft. Das heißt, wir sind da breit und gut aufgestellt.

Was soll nun in der neuen Novelle festgeschrieben werden? – Eine verstärkte Outputfo­kussierung bei der Leistungs- und Erfolgsmessung, ein Monitoring der Umsetzung der strategischen Zielvorgaben und ein Controlling für die umfassten Forschungseinrichtun­gen.

Dieses Bundesgesetz umfasst fünf zentrale Forschungseinrichtungen: das Austrian Ins­titute of Technology, das Institute of Science and Technology, die Österreichische Aka­demie der Wissenschaften, Silicon Austria Labs und die Ludwig-Boltzmann-Gesell­schaft.

In der Debatte im Forschungsausschuss vor einer Woche standen alle Fraktionen die­sem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. Dem Wunsch nach mehr als dreijähri­gen Budgets kann entgegengehalten werden, dass es an den Universitäten sehr gute Erfahrungen mit den dreijährigen Budgets gibt und dass das auch ein gutes Modell für die Autonomie ist. Der jährliche Umsetzungsplan meint, dass es trotz eines dreijährigen Budgets natürlich einer ausreichenden Reflexion und Kommunikation bedarf.

Abschließend würde ich die drei Kernpunkte dieser Forschungsnovelle so benennen: Planungssicherheit durch die dreijährigen Budgets, bessere Zusammenarbeit der drei involvierten Ministerien und dadurch auch Bürokratieabbau.


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Auch für die Forschung sollte gelten: Was man nicht weiß, macht einen heiß. Wir sollten die Forschung maximal unterstützen und perfekte Rahmenbedingungen schaffen, damit aus dem Unbegreiflichen manches begreiflich werde. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlegen wir die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen.

15.14.2211. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (289 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsge­setz 2012 geändert wird (309 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir fahren mit dem 11. Tagesordnungspunkt fort.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist – einmal mehr – Abgeordneter Saxinger. – Bitte.


15.14.45

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich vorhin wieder mit der Maske heruntergekom­men bin. Es gibt ein bisschen etwas dazu zu sagen. (Abg. Brückl: ... Wiedereinführung der Maskenpflicht ...!)

In Zeiten des Shutdowns wurde von manchen der schwedische Weg gefordert, der Weg der Eigenverantwortlichkeit. Wir haben es mit unseren massiven Maßnahmen erreicht, dass das Virus zurückgedrängt wurde, aber natürlich, es ist, wie erwartet, nicht weg und, wie schon befürchtet, es flackert in manchen Clustern wieder auf. (Abg. Amesbauer: Ich setze sie sicher nicht auf, nirgends!)

Eine Maske nicht tragen zu müssen heißt nicht, sie nicht tragen zu dürfen. Eigenverant­wortlich heißt für mich, in geschlossenen Räumen bei einer größeren Menschenan­sammlung auch zusätzlich eine Maske tragen zu dürfen, und das werde ich in der nächs­ten Zeit auch tun. Maske signalisiert auch Abstandhalten, und das ist neben der Hygiene das Wichtigste. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Brückl: Sinnlos! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Nun zur eigentlichen Thematik: Albert Schweitzer hat schon gesagt: „Tierschutz ist Erzie­hung zur Menschlichkeit.“ – Im letzten Forschungsausschuss wurde eine Änderung des Tierversuchsgesetzes 2012 diskutiert und von allen Fraktionen gutgeheißen. Es geht darin aber nicht um wesentliche inhaltliche tierassoziierte Änderungen, sondern um eine von der EU geforderte Verbesserung der Transparenz und auch um eine Reduktion des Verwaltungsaufwandes, also um ausschließlich unionsrechtlich erforderliche und legisti­sche Anpassungen. So sollen zum Beispiel statistische Daten über die Verwendung von Tieren nicht nur auf der Homepage des Bundesministeriums, sondern auch in der ge­samteuropäischen Datenbank aufscheinen. Weiters sollen zum Beispiel auch die Rege­lungen hinsichtlich Anforderungen an die Sachkunde des Personals verschärft werden.

Für mich stellt sich aber in diesem Zusammenhang die Frage: Wo und wie liegt Öster­reich im europäischen Vergleich? – In der EU-Tierversuchsrichtlinie und im Tierver­suchsgesetz 2012 steht ganz klar, eine Verwendung von Tieren in Tierversuchen ist


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möglichst zu vermeiden und zu vermindern, und die Bedingungen für die Zucht, Unter­bringung, Pflege und Verwendung von Tieren in Tierversuchen sind zu verbessern. Tier­versuche müssen für den Erkenntnisgewinn unerlässlich sein, um zugelassen zu wer­den. Tierversuche dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn keine Alternativen mög­lich sind, und selbst dann mit der geringstmöglichen Zahl an Tieren und der geringstmög­lichen Belastung. Die Entwicklung von Ersatzmethoden, die wir alle so gerne hätten, wird national und europäisch unterstützt. Ein vollständiger Ersatz von Tierversuchen durch validierte Alternativen ist aber leider noch nicht möglich.

Schauen wir uns zum Beispiel die medizinische Grundlagenforschung an, von der wir alle profitieren und die viele von uns betreffen kann: Krebszellen in einer Zellkulturschale abzutöten ist sehr einfach, nur hat man damit noch lange kein Krebsmedikament erfun­den. Man muss abklären, ob Wirkstoffe in Patienten nicht andere gesunde Zellen schädi­gen oder zum Beispiel das Immunsystem zerstören. Ich darf hier zu meinem eigenen Spezialbereich, dem schwarzen Hautkrebs, dem Melanom, etwas erläutern: Mithilfe von Tierversuchen wurden beim schwarzen Hautkrebs neue Medikamente entwickelt, die den Patienten sehr helfen. Lag die durchschnittliche Überlebensrate beim metastasie­renden Melanom vor zehn Jahren noch bei sechs bis neun Monaten, so überleben der­zeit fast 50 Prozent über fünf Jahre.

Ohne Tierversuche gäbe es keinen Herzschrittmacher, keine modernen OP-Methoden, keine gefahrlose Bluttransfusion, keine Parkinsonbehandlung, kein Penicillin, kein Insu­lin und keine Impfung, auf die wir jetzt so sehr warten. Drei Viertel aller Nobelpreise für Medizin wurden für Fortschritte vergeben, die auf der Grundlage von Tierversuchen ent­standen sind.

Manche Institute oder Universitäten gehen aber einen eigenen, noch strengeren Weg als gesetzlich erforderlich. An der Linzer Johannes-Kepler-Universität ist in Kooperation mit der jungen Medizinuni ein Tierversuchslabor geplant. Man geht einen neuen Weg der offensiven Kommunikation und Diskussion bei diesem heiklen Thema, und das ist ein guter Zugang. Die selbst erstellten Kriterien sind noch strenger als die gesetzlichen. Statt: Ja, aber!, steht hier: Nein, aber! Tierversuche müssen dort in Zukunft eine harte Kontrolle durchlaufen, bevor sie möglich werden.

In diesem Sinne sollten wir bei diesem Thema der Tierversuche alle sensibel und acht­sam bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köllner. – Bitte.


15.19.46

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele kennen die Bilder aus dem Internet oder aus TV-Dokumentationen, auf denen man sieht, wie Tiere als Versuchskaninchen die­nen, zum Beispiel Mäuse, die stundenlang in engen Plastikröhren verharren müssen. Wir sind der Meinung, das kann nicht die Zukunft der Forschung sein.

Auch wenn die aktuelle Novelle zum Tierversuchsgesetz nur ein ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, so ist es trotzdem wichtig, diesen Weg zu gehen. Die Defizite Österreichs bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zu Tierversuchen, wie etwa bei den Berichtspflichten an die EU oder bei der Definierung der notwendigen Sachkenntnisse des Forschungspersonals, müssen behoben werden. Wir werden der Anpassung des Gesetzes daher selbstverständlich auch die Zustimmung erteilen.

Der Weg der 3 R – reduce, refine, replace – muss fortgesetzt werden, also: die Zahl der Tierversuche ist zu reduzieren, die Belastungen für die Tiere sind zu minimieren und es


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sind möglichst Ersatzmethoden zu verwenden. Das Ziel muss sein, rasch möglichst ohne umstrittene Tierversuche durch alternative Forschungsmethoden zu neuen wissen­schaftlichen Erkenntnissen zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

In dem System, in dem wir leben, hat das Tierwohl generell einen sehr untergeordneten Stellenwert. Nehmen wir die Lebendtiertransporte her: Die Behörden stellen da leider immer wieder schreckliche Zustände fest. Österreich muss im Tierschutz seine Hausauf­gaben machen! 200 000 Unterstützungsunterschriften beim Tierschutzvolksbegehren sprechen eine sehr deutliche Sprache.

Es braucht aber auch auf EU-Ebene mehr Nachdruck und endlich strengste Standards bei Lebendtiertransporten. Die regionale Vermarktung muss gefördert werden, damit ausländisches Billigfleisch regionale Qualitätsprodukte nicht verdrängt. (Beifall bei der SPÖ.) Dazu gehört natürlich auch die Kennzeichnung der regionalen Produkte: Wo kommt denn zum Beispiel das Kalbfleisch her, das ich kaufe?

Da alle diesbezüglichen SPÖ-Anträge meines Kollegen Didi Keck erst vor Kurzem von den Regierungsfraktionen abgelehnt wurden, werte ich sowohl den gestrigen Tierschutz­gipfel mit Vertretern von Tierschutzorganisationen, Behörden, Wirtschaft und Politik als auch die Tierversuchsgesetzesnovelle als erste wichtige Schritte, um mehr Verbesse­rungen für das Tierwohl zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte.


15.22.24

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Tierversuche sind retro, und wir müssen Perspektiven schaffen, um einen Ausstieg aus der Tierversuchsindustrie zu ermöglichen. Das sage ich als Tier­schutzsprecherin, aber das sage nicht nur ich, das sagen etliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ich freue mich, dass wir hier in dieser Debatte mit dem Schwer­punkt Wissenschaft und Forschung auch diese Stimmen hören können. (Beifall bei den Grünen.)

Eine Viertelmillion: So viele Lebewesen, so viele Tiere wurden alleine 2019 in Österreich bei Tierversuchen verwendet, Schweine, Hunde, Katzen, Kaninchen, Mäuse, Fische. An über 20 000 von ihnen wurden schwere Versuche durchgeführt, also solche, bei denen davon auszugehen ist, dass der Test, der Eingriff, der Übergriff, der Versuch, die Qual mit schwerem Leid und starken Schmerzen verbunden sein wird. Wie hoch die tatsäch­liche Zahl an schweren Versuchen war, wissen wir nicht. Die Einstufung des Schwere­grades erfolgt immer noch durch den Verwender selbst. Schwimmen bis zur völligen Erschöpfung, Elektroschocks, Toxizitätstests, Vergiftungen, Transplantationen von Or­ganen fremder Arten gehören da dazu, um nur einige Beispiele zu nennen.

Tierversuche müssen auf das Allernötigste beschränkt und unabhängig, streng und eng­maschig kontrolliert werden, aber jede Grundlagenforschung, auch ohne späteren Ver­wendungszweck, auch wenn sie bereits durchgeführt wurde, ist wichtiger als das Leben der Tiere.

Ich freue mich in diesem Zusammenhang über Initiativen an der Schnittstelle von Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre und Schutz und Rechten von Tieren, über Ini­tiativen wie die Studierenden gegen Tiermissbrauch, eine Gruppe aus Wien, die sich für Tierrechte in Forschung und Studium einsetzt, eine Interessenvertretung, die über den Verbrauch von Tieren in der Lehre aufklärt, Lehrpläne tierverbrauchsfrei gestalten möch­te und anhand von modernen Curricula wie dem Biologiecurriculum der Johannes-Gu­tenberg-Universität in Mainz zeigt, dass ein Tierverbrauch für ein erfolgreiches Studium nicht notwendig ist. (Beifall bei den Grünen.)


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Wir haben nun im Rahmen der gegenständlichen Anpassungen, im Rahmen des Ver­tragsverletzungsverfahrens etwas sehr Wichtiges auf den Weg gebracht, das – so hoffe ich – einen Paradigmenwechsel einläuten wird, nämlich eine Förderoffensive und auch einen Forschungspreis für tierleidfreie Alternativmethoden.

Wir haben die Verpflichtung, Perspektiven zu schaffen, um von Tierversuchen abzuge­hen und stattdessen mit modernen, validen Alternativen zu arbeiten.

Wir sind noch nicht fertig, wir dürfen da noch nicht aufhören. Wir werden das Gespräch für diesen Paradigmenwechsel weiter suchen, und es wird wichtig sein, die Tierver­suchskommission in die Evaluierung des Tierversuchsgesetzes einzubeziehen und sie zu ersuchen, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Tierversuche sind retro, und wir müssen an dem Ausstieg aus der Tierversuchsindustrie arbeiten. Ich hoffe hierbei auf Ihre Unterstützung. (Beifall bei den Grünen.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


15.26.25

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Die Novelle, die wir heute beschließen, ist kein wahnsinnig großer Wurf, aber eine notwendige Anpassung an EU-Vorgaben.

Österreich hatte die EU-Richtlinie mit dem Anfang 2013 in Kraft getretenen Tierversuchs­gesetz in nationales Recht umgesetzt. Laut Gesetz dürfen Tierversuche in Österreich nur durchgeführt werden, wenn es keine Alternativen dazu gibt, mit der geringstmögli­chen Zahl an Tieren und mit minimaler Belastung. Tierversuche, die an Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen durchgeführt werden, müssen vom Wissen­schaftsministerium genehmigt werden, das dabei von einer Expertenkommission bera­ten wird. Für die Genehmigung aller anderen Tierversuche sind die jeweiligen Behörden der Länder zuständig.

Das sind wesentliche Standards, mit denen wir in Österreich seit Jahren sehr gut fahren, aber als Hauptkritikpunkte an der österreichischen Regelung nennt die Kommission unter anderem die Kompetenzen des Personals und Vorschriften betreffend die Projekt­beurteilungen. Angepasst werden mit der Novelle neben den allgemeinen Berichts­pflichten an die Kommission auch Legaldefinitionen, „sich selbst erhaltende Kolonie“ und „zur Entkräftung führender klinischer Zustand“, sowie die Anforderungen an die Sach­kunde des Personals, das an Tierversuchen beteiligt ist.

Wir sind mit der Novelle zufrieden, denn wenn schon ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich läuft, dann muss die Regierung natürlich handeln. Wir drücken ein Auge zu, dass das nicht sofort, sondern erst ein Jahr später passiert ist.

Grundsätzliches zu Tierversuchen: Niemand macht sie gern, auch nicht unsere Wissen­schaftler. Es gibt in Österreich ein im internationalen Vergleich recht strenges Tierver­suchsgesetz, und das ist auch gut so. Wie auch alle anderen Fraktionen erachten wir das 3-R-Prinzip als unumstößlich, um unnötiges Tierleid weitestgehend zu verhindern – replace, reduce und refine –, aber, so ehrlich muss man sein, ganz ohne Tierversuche geht es in der Forschung leider noch nicht.

Es gibt aber sehr erfreuliche und extrem spannende Entwicklungen im Bereich des Re­placements, also des Ersatzes von Tierversuchen. Eine davon wurde 2013 in Wien zufällig am Institute of Molecular Biotechnology von Madeline Lancaster angestoßen. Es geht dabei um sogenannte Organoide: Das sind im Wesentlichen Miniorgane, die in


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Bioreaktoren aus Stammzellen gezüchtet werden. Auch da geht es, je nach Anwen­dungsgebiet, noch nicht ganz ohne Tierzellen als Ausgangsmaterial, aber es ist ein toller Schritt in eine Richtung, Tierversuche, so gut es geht, zu vermeiden, ohne dass die Qua­lität der Forschung sinkt. Im Gegenteil: Ausgehend von Madeline Lancasters Arbeit sind Organoide mittlerweile in vielen Labors rund um den Globus angekommen und werden als Modelle von Hirnen, in der Erforschung von kardiovaskulären Krankheiten und auch des neuen Coronavirus verwendet. Auch in der Krebsforschung sind sie extrem nützlich, weil man sie aus menschlichen Krebszellen züchten kann.

Wir wünschen uns natürlich viel mehr solcher Erneuerungen und haben sehr viel Ver­trauen in die Wissenschaft. Das ist im Übrigen ein sehr schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn man Forscher in Ruhe arbeiten lässt und dann plötzlich und unerwartet aus einer Ecke eine Neuerung daherkommt, die eine ganze Reihe von anderen For­schungsgebieten revolutioniert. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. El-Nagashi.)

15.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.


15.30.04

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Tierschutz und Tierwohl gehören zu den Grundwerten unserer Gesellschaft. Jeder Mensch, der Tiere hält – und dabei ist es egal, ob es sich um Nutztiere handelt oder um ein Haustier –, weiß, was es heißt, sich 365 Tage im Jahr intensiv, liebevoll und artgerecht um seine Tiere zu kümmern.

Tierschutz darf in keinem Bereich, auch nicht bei den Tierversuchen, eine leere Floskel sein. Tierwohl und Tierschutz stehen bei den Konsumentinnen und Konsumenten ganz oben. Wir als Bäuerinnen und Bauern haben natürlich großes Interesse am Tierwohl, denn gesunde Tiere, die sich rundherum wohlfühlen und artgerecht gehalten werden, sind für uns ein Grundsatz. Wir sind uns der hohen Verantwortung betreffend das Wohl unserer Umwelt und unserer Tiere bewusst und jeder würde sich klar und deutlich gegen Tierversuche aussprechen.

Die Vermeidung von Tierversuchen durch den Einsatz alternativer Methoden, wann im­mer das möglich ist, die Verminderung der Zahl der verwendeten Tiere auf das unbedingt erforderliche Minimum und die Verbesserung der Methoden und Versuche, um Schmer­zen, Ängste und Leiden zu vermeiden, dieses 3V-Prinzip – vermeiden, vermindern und verbessern – bildet das Leitprinzip für die Forscherinnen und Forscher zum Schutz von Versuchstieren, und dies ist im Tierversuchsgesetz 2012 klar geregelt: So wenig wie möglich, so viel wie unbedingt nötig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Durch dieses Bundesgesetz, das wir heute beschließen wollen, sollen Änderungen zur Verbesserung der Transparenz und zur Reduktion des Verwaltungsaufwandes im Sinne der Tierversuchsrichtlinie vorgenommen werden. Diese Anpassungen werden mit dem vorliegenden Entwurf umgesetzt. Es geht schließlich nur um eine technische Maßnahme zur Umsetzung der Berichterstattungspflicht und darum, die Kritikpunkte der Europäi­schen Kommission diesbezüglich zu beheben. Ich danke für eine breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

15.32.43Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 9 bis 11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wie vereinbart kommen wir jetzt zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digi­talisierung, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir zum Abstimmungsvorgang kommen, darf ich fragen, ob wir vollständig sind. SPÖ, Grüne, NEOS, FPÖ – Kollege Kassegger –? – Okay, wir können abstimmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 286 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich wieder um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig auch in dritter Lesung angenommen.

Ich gelange zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend For­schungsfinanzierungsnovelle 2020, samt Titel und Eingang in 308 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Hammerschmid, Deimek, Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hammerschmid, Deimek, Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, dementsprechend ein Zeichen zu ge­ben. – Das ist mehrheitlich angenommen. (Abg. Kassegger: Sie haben bei der Abstim­mung einen ganzen Absatz vergessen, die untere Hälfte! – Abg. Vogl: ... vergessen! – Abg. Leichtfried: Ich glaube, er hat recht!)

Wir kommen sogleich – der letzte Teil – zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetz­entwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist jetzt einstimmig angenommen.

Ich darf auch in dritter Lesung fragen:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrstimmig angenommen.


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Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 289 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich bitte gleich in dritter Lesung ebenfalls jene, die dafür sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

15.36.4912. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (234 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz über Privathochschulen erlassen wird und das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird (267 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (235 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (268 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunk­ten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum Tagesordnungspunkt 12 darf ich der Berichterstatterin, Frau Abgeordneter Blimlinger, das Wort erteilen. – Bitte.


15.37.44

Berichterstatterin Mag. Eva Blimlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Druckfehlerbe­richtigung zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage in 234 der Beilagen: Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz über Privathochschulen erlassen wird und das Fach­hochschul-Studiengesetz geändert wird:

„Ich bringe folgende Druckfehlerberichtigung zur Regierungsvorlage 234 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichts 267 der Beilagen hinsichtlich Artikel 3 Ziffer 87 vor:

Der zweite Satz in Absatz 17 lautet:

‚Für diese Studierenden sind die Bestimmungen des FHStG in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. 31/2018 anzuwenden.‘“ – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.

Auf eine mündliche Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 13 wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuntzl. Ich darf ihr das Wort erteilen.


15.38.53

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hoffen sehr, dass das Blümel-Virus nicht am Präsidium angekommen ist, Herr Präsident!

Wir behandeln jetzt mit diesen Vorlagen Neuregelungen, die einerseits die Fachhoch­schulen, andererseits die Privatuniversitäten und die pädagogischen Hochschulen be­treffen.

Alle Regelungen, die sicherstellen, die dafür sorgen, dass die Qualitätssicherung verbes­sert wird, begrüßen wir. Alle Regelungen, die für mehr Transparenz sorgen, begrüßen


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wir. Wenn wir uns die kritischen Stellungnahmen anschauen, die vielen Briefe, die wir bekommen haben, Anrufe, die wir bekommen haben, Gespräche, die wir geführt haben, stellen wir allerdings mit großer Sorge fest, dass Bedenken, berechtigte Bedenken, die seitens der Leute, die in diesen Bereichen arbeiten – qualifizierter Personen also –, be­stehen, einfach negiert werden, dass da drübergefahren wird und dass sehr qualifizierte, engagierte Leute düpiert werden. Da hätte man Gespräche führen und sicher noch das eine oder andere ändern können.

Ich werde mich jetzt mit den Bereichen der Fachhochschulen und der Privatuniversitäten beschäftigen. Im Bereich der Fachhochschulen ist ausdrücklich zu begrüßen, dass jetzt im Gesetz der Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan explizit genannt wird. Das ist wichtig, das war für die Fachhochschulen immer eine Zitterpartie. Es ist gut, dass das jetzt festgelegt ist. Was uns fehlt, ist, dass das auch mit einem Begut­achtungsverfahren verbunden ist und dass das Parlament einbezogen wird. Das ist aus unserer Sicht ein schwerwiegender Schönheitsfehler, vielleicht ergibt sich das ja doch noch in den nächsten Jahren.

Aus unserer Sicht auch wichtig wäre eine Berichtslegung aus dem Fachhochschulsektor, so wie bei den Universitäten. Von diesen wird alle drei Jahre dem Parlament berichtet. Das würden wir auch für den Fachhochschulsektor sehr wichtig finden, um uns mit die­sem wichtigen Bereich unseres Bildungssystems hier im Hohen Haus auch entspre­chend auseinanderzusetzen.

Ein Punkt, den wir ausdrücklich ablehnen, ist die Möglichkeit, die in diesem Gesetz geschaffen wird, Fachhochschulstudienplätze, Studiengänge zu kaufen. Sie sind für de­finierte, abgegrenzte Zielgruppen seitens außerhochschulischer, privater Rechtsträger zu kaufen. Das läuft darauf hinaus, dass die Fachhochschulen maßgeschneiderte, eng definierte Bildungsangebote anbieten. Das könnte auch zu einer finanziellen Abhängig­keit von diesen Auftraggebern führen. Außerdem ist aus unserer Sicht besonders wich­tig, dass, wenn man einen Fachhochschullehrgang, eine ‑ausbildung macht, das vielsei­tig und nicht nur für einen bestimmten Betrieb, für ein bestimmtes Unternehmen einsetz­bar ist.

Das geschieht noch dazu in Verknüpfung damit, dass die Veröffentlichung von Finan­zierungsquellen auf öffentliche Zahlungen eingeschränkt ist und nicht auch private Zah­lungen umfasst. Das ist ein Gemisch, das wirklich kein gutes Bild bietet.

Bei den Privatuniversitäten ist ein Punkt, den wir sehr begrüßen, der Transparenz schafft, dass jetzt die Ausbildungsverträge auf der Homepage der Privatuniversität ver­öffentlicht werden müssen. Was allerdings fehlt, ist, dass auch die Gesamtkosten des Studiums veröffentlicht werden, was ja gerade bei Privatuniversitäten und den hohen Kosten, die dort für die Studierenden entstehen, ein wichtiger Faktor wäre.

Ein Punkt, den wir in diesem Bereich sehr kritisch sehen, ist die Einführung der Privat­hochschulen. Es soll künftig also nicht nur Privatuniversitäten, sondern auch Privathoch­schulen geben, das heißt, es soll mit diesem Gesetz das Angebot an kostenpflichtigen Ausbildungen erhöht werden. Wir sehen aber in den letzten Jahren eine Entwicklung dahin gehend, dass kostenpflichtige Angebote sowieso ausgebaut und die Kosten er­höht werden. Es ist aus diesem Gesetzentwurf auch nicht ersichtlich, welches Profil die­se Privathochschulen eigentlich haben sollen und wer das eigentlich braucht. Wir sehen nicht, dass dafür ein wirklicher Bedarf besteht. Das erhöht einfach die Kleinteiligkeit, die Unübersichtlichkeit und vor allem die Kommerzialisierung der Ausbildungsangebote im tertiären Bereich.

Was wir dringend brauchen, ist ein Ausbau an Fachhochschulstudienplätzen. Das wäre ein Gebot der Stunde, Herr Bildungsminister, wenn ich Sie ansprechen darf, nicht nur für den Wissenschaftsbereich. Wir wissen, dass die momentane Krise junge Menschen


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besonders trifft, dass es besonders schwierig ist, Lehrstellen zu finden, Arbeitsplätze zu finden. Das Gebot der Stunde wäre, Herr Bildungsminister, dass Sie ein Maßnahmen­paket schnüren und im gesamten Bildungsbereich – den weiterführenden Schulen, den Fachhochschulen, den Universitäten – zusätzliche Ausbildungsangebote für junge Men­schen zur Verfügung stellen. Das wäre sinnvoller, als wenn sie im Herbst auf der Straße stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte.


15.44.40

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf gleich mit einer Art tatsächlichen Berichtigung beginnen: Es wurde von Frau Abgeordneter Kuntzl gesagt, dass wir nicht über die Bedenken gesprochen haben, die geäußert worden sind. (Abg. Kuntzl: Ich habe gesagt, man hätte mit mehr Leuten sprechen sollen!) – Wir haben sehr wohl mit den Bedenkenträgern gesprochen, wir ha­ben sogar einen Abänderungsantrag eingebracht, der auf diese Bedenken eingewirkt hat. Es handelt sich ja, nebenbei gesagt, um ein sehr umfassendes Regierungsvorha­ben, das hier zur Debatte steht.

Ich will auch zunächst einmal über die Fachhochschulen sprechen. Bei den Fachhoch­schulen ist es ja so, dass bei diesen die Gremien gestärkt werden. Die Kollegen und der Leiter des Kollegiums bekommen Aufgaben der strategischen Entwicklung und auch der Entwicklung in der Lehre. Das ist sozusagen den Universitäten irgendwie gespiegelt. Das mag manchen, die die Fachhochschulen leiten, nicht so ganz recht gewesen sein, aber ihnen wurde ja mitgeteilt, dass ihre Aufgabe im Wesentlichen trotzdem gewahrt bleibt, auch ihre Verantwortung gewahrt bleibt. Sie können ja auch den Leiter dieses Gremiums in einem Dreiervorschlag vorschlagen. Es wäre daher nicht einzusehen, wa­rum es da zu Konflikten kommt. Ja, es ist sogar möglich, dass dadurch eine Verbes­serung innerhalb dieser Struktur der Fachhochschule erfolgen wird. Wir hoffen jedenfalls darauf. Wir werden sehen, ob es gelingen wird. Wir sagen ja immer: Das Bessere ist der Feind des Guten. Wir können immer nachbessern – all das ist möglich.

Es ist ja auch so, dass Frau Kollegin Kuntzl gesagt hat, den jungen Leuten werde weni­ger Angebot gegeben. Dann verstehe ich eigentlich nicht, warum Privathochschulen nicht als positiv gesehen werden. (Abg. Kuntzl: Weil sie teuer sind!) Auch das ist ein Angebot, bei dem eine Hochschule hier ist, bei der es eben keine Promotion geben wird, sondern das Magisterium das Ziel ist, eine schnelle Ausbildung, eine Ausbildung mehr für die Gegenwart und nicht für die Zukunft. Das ist auch sehr wichtig und dazu in der Vielfalt der möglichen Angebote ein weiterer Baustein.

Das andere, was noch moniert wurde, ist, diese pädagogischen Hochschulen seien am Gängelband des Ministers – so wurde es in einer Aussendung gesagt. Gerade das Ge­genteil ist der Fall! Jetzt werden nämlich die pädagogischen Hochschulen dadurch ent­politisiert, dass der Hochschulrat nicht mehr mit Politikern oder mit Leuten, die politi­schen Parteien nahestehen, besetzt wird, sondern es wird wirklich entpolitisiert. Sie sind in gewisser Sicht vollkommen frei geworden, bis auf die Tatsache, dass sie natürlich eine Ausbildung für die jungen Leute durchführen müssen, die dann später vom Bundesminis­terium als Lehrerinnen und Lehrer angestellt werden. Es ist ganz klar, dass sich die Ziel­vorstellungen, die das Bundesministerium hat, bei diesen pädagogischen Hochschulen wiederfinden sollen. Das ist doch ganz selbstverständlich und keine Frage.

Vielleicht auch noch eine kleine Bemerkung nebenbei: Das Wort Autonomie gilt ja gleich­sam immer als Zaubermittel, das ist das Apotropaion, wenn Autonomie vorhanden ist. Autonomie als solche gibt es ja bestenfalls bei Camus in Caligula. Dort ist er autonom,


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und das Ganze ist absurdes Theater. Die wahre Autonomie ist immer mit Kontext ver­haftet. Es ist ganz klar, dass es Autonomie in einem bestimmten Kontext geben muss, und dieser ist auszuverhandeln und er ist auch gut ausverhandelt. Das wird die päda­gogischen Hochschulen auch wirklich kräftigen, und sie werden in einer autonomen Si­tuation in ihrer Durchführung der Lehre gut dastehen. Auf der anderen Seite werden sie sich natürlich an das halten müssen, was ihnen als Rahmen vorgegeben ist. Insofern ist es also eine richtige Autonomie, eine kontextuelle Autonomie.

Schließlich darf ich noch ein wunderbares Detail in diesem Abänderungsantrag erwäh­nen. Wir haben es wieder zurückgenommen! Wir sind ja ein barockes Land, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir lieben Titel, und es darf der Titel des Rektors – männ­lich, weiblich oder welchen Geschlechts auch immer – in einer Fachhochschule beste­hen bleiben. Es gibt einen Rector magnificus oder eine Rectrix magnifica, und das ist auch für uns ein wesentliches Zeichen, dass wir da die Tradition bewahren. Lang leben die Fachhochschulen mit ihren Rektoren! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kasseg­ger. – Bitte.


15.49.15

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesord­nungspunkt geht es um drei wesentliche Gesetze aus dem tertiären Bildungsbereich. Das ist zum einen das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz mit der Neuerung, dass jetzt auch die pädagogischen Hochschulen unter die externe Qualitätssicherung durch die AQ Austria oder eine anerkannte Qualitätssicherungsagentur fallen, sodass jetzt alle Hochschulen unter das Regime der Qualitätssicherung fallen. Das finden wir gut und unterstützen es auch.

Im zweiten Gesetz, das heute beschlossen wird, geht es darum – eine langjährige For­derung der Freiheitlichen Partei –, dass es im Bereich der Hochschulen möglich sein muss, Privathochschulen zu führen oder zu gründen. Das gibt es jetzt mit dem Privat­hochschulgesetz. Wir sehen das weniger kritisch, oder in dem Fall anders als die SPÖ, wobei wir ansonsten, was die Privathochschulen betrifft, doch erhebliche Überschnei­dungsflächen und gleiche Standpunkte haben. In dem Fall sehen wir aber die Möglich­keit, private Initiativen im tertiären Bildungsbereich gesetzlich zu gestatten, als sehr positiv.

Ich bin auch relativ viel international unterwegs, es ist gang und gäbe, dass der tertiäre Bereich auch privaten Betreibern Möglichkeiten bietet; dadurch wird einerseits eine gesunde positive Wettbewerbssituation gestaltet und dargestellt und andererseits ein­fach das Angebot erhöht – das kann ja nur gut sein. Es darf aber nicht dazu führen – und das ist unsere Sorge –, dass im Fachhochschulbereich, im Hochschulbereich sozu­sagen eine Oder-Situation geschaffen wird, dass man jetzt seitens des Ministeriums sagt: Wir hungern die öffentlichen Fachhochschulen aus und bieten aber gleichzeitig die Möglichkeit für den privaten Sektor, Fachhochschulen zu gründen. – Das sehen wir.

Die Fachhochschulen sind in diesem Portfolio der tertiären Bildungsanbieter aus unserer Sicht alles andere als die Liebkinder des Herrn Bundesministers; das ist meine sub­jektive Einschätzung, und das erfüllt uns mit Sorge. Sie sind hoffnungslos unterfinanziert, die Universitäten haben hingegen damals, noch in der vorhergehenden GP beziehungs­weise in der Zeit des freien Spiels der Kräfte eine sehr, sehr schöne Finanzierung be­kommen. Wir erinnern uns daran: zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Universitäten, das sind 15 Prozent mehr, die Fachhochschulen bekommen gar nichts mehr. Wenn jetzt sozusagen die Beibehaltung der bestehenden Förderungssätze als Erfolg gefeiert wird, dann stimmt da irgendetwas massiv nicht.


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Ich darf auch erwähnen, dass der Antrag meines Kollegen Dr. Martin Graf im Ausschuss, die Fördersätze für die Fachhochschulen um zumindest 10 Prozent zu erhöhen, vertagt wurde. Man findet das also nicht einmal der Mühe wert, dass das hier im Plenum einer breiteren Öffentlichkeit dargelegt wird.

Wir sehen da also einerseits ein echtes Problem der Unterfinanzierung und andererseits auch keine Dynamik in diesem Bereich; das ist Verwalten. Die Fachhochschulen sind eine Erfolgsgeschichte der letzten 25 Jahre, feiern jetzt 25 Jahre ihres Bestehens, aber mein Eindruck ist – und da täusche ich mich, glaube ich, nicht –, dass da in den letzten Jahren ein Stillstand eingetreten ist, was sehr, sehr schade ist.

Wir haben einen riesigen Bedarf, Kollegin Kuntzl hat es schon erwähnt, und da sind wir der gleichen Meinung wie die SPÖ: 1 000 zusätzliche Studienplätze als großen Ausbau darzustellen ist weit weg von dem, was wir brauchen. Ein deutlich stärkerer Ausbau des Fachhochschulbereichs und der Studienplätze wäre absolut angezeigt und notwendig.

Zum Fachhochschulgesetz selbst ist ja im Ausschuss viel diskutiert worden, darauf möchte ich jetzt gar nicht mehr groß im Detail eingehen. Es sind ein paar Punkte, die wir als Freiheitliche Partei anders gemacht hätten, insbesondere was das Verhältnis zwi­schen Geschäftsführung und Kollegium betrifft. Wir sind also der Meinung, dass durch die aus unserer Sicht teilweise überschießende Kompetenzerweiterung des Kollegiums Konfliktpotenzial besteht. Ich kenne sehr, sehr viele Fachhochschulen, habe in diesem Bereich auch als Studiengangsleiter gearbeitet und war auch Mitglied der Fachhoch­schulkonferenz. Viele haben mich angerufen, und ich teile deren Sorge, dass die Ba­lance zwischen Kollegium und den letztlich voll verantwortlichen und haftbaren Ge­schäftsführern beziehungsweise den Gremien der entsprechenden Trägergesellschaf­ten nicht gut gelöst ist. – Man wird sich das anschauen.

Wir werden dem Ganzen, weil das Positive überwiegt, zustimmen können, aber wir wer­den ein genaues Auge darauf werfen, inwieweit sich unsere Befürchtungen dann in der Praxis bewahrheiten oder auch nicht. Es wäre schade, wenn neben der Unterfinanzie­rung in einem grundsätzlich sehr, sehr dynamischen Bereich, im tertiären Bereich, näm­lich im Fachhochschulbereich, ein zusätzlicher Bremsklotz eingebaut werden würde. (Beifall bei der FPÖ.)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blim­linger. – Bitte.


15.55.12

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir wirklich eine Freude, dass wir heute ein Hochschulrechtspaket beschließen werden, das vier Berei­che des tertiären Sektors umfasst. Lassen Sie mich zu jedem kurz etwas sagen!

Es ist einerseits das Privathochschulgesetz, mit dem wir erstmals sozusagen die Unter­scheidung zwischen Privathochschulen und Privatuniversitäten vornehmen, um eine bessere Perspektive in der Qualitätssicherung zu haben und auch insbesondere für die Studierenden eine Klarheit zu haben, immer eingebunden in den Qualitätssicherungs­bereich. Es wird die Differenzierung geben. Wir haben ja alle diese Gesetze – oder Ent­würfe muss man richtigerweise sagen – in Begutachtung geschickt, haben auch viele Rückmeldungen bekommen – natürlich nicht nur mit Zustimmung, wie das in einem de­mokratischen Prozess üblich ist – und haben uns bemüht, einiges zu berücksichtigen.

Der zweite Bereich sind die Fachhochschulen: Da kommt es zur Verankerung der lang­jährigen Forderung der Fachhochschulen, der Verankerung der Finanzierungspläne, um


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sozusagen eine Stabilität auch über die Jahre hin zu finden. Uns, also den beiden Re­gierungsparteien, war es ein Anliegen, sozusagen mit bestem Wissen und Gewissen die Academia in den Fachhochschulen zu stärken. Wir haben da ja ein bisschen eine andere Situation als an den Universitäten, aber es ist in einem demokratischen Prozess von Hochschulen im Allgemeinen doch sehr sinnvoll und notwendig, die Lehrenden sozusa­gen umfassend tatsächlich auch in Entscheidungen einzubinden. Das wird im Einver­nehmen geschehen. Wir haben da wirklich einen Gegenwind von den Erhaltern und Ge­schäftsführern/Geschäftsführerinnen verspürt, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Stärkung der Academia der rechte Weg ist – der richtige Weg, um ehrlich zu sein. (Abg. Martin Graf: Hat schon gepasst!)

Die pädagogischen Hochschulen als dritter Bereich: Da ist der erste Schritt – oder ein weiterer, muss man sagen – in Richtung Autonomie gegangen. Es gibt unterschiedliche Perspektiven, ob dem so ist: Es gibt die Perspektive, es sei eine gröbere Einschrän­kung. – Aus meiner Sicht ist dies nicht der Fall, sondern es ist, im Gegenteil, erstmals so, dass im Hochschulrat auch eine Person sitzen wird, die vom Kollegium gewählt wird, dass also in diesem durchaus Mitbestimmungszusammenhang gegeben ist.

Es gibt eine Stärkung des Rektorats; der Rektor oder die Rektorin – wir befinden uns immer noch in einer nachgeordneten Dienststelle – wird letztlich vom Minister, der Minis­terin ernannt, aber er oder sie kann sich, wie auch an den Universitäten, die beiden oder die drei Vizerektoren/Vizerektorinnen – je nachdem, wie viele gebraucht werden – aus­suchen, was, glaube ich, wirklich ein Fortschritt ist.

Diese drei Materien sind sozusagen ummantelt, wenn man so will, durch das Qualitäts­sicherungsgesetz, um diese Entwicklung im tertiären Sektor sicherzustellen. Ich glaube, es ist wirklich ein guter Weg, in dem sich sozusagen eine Konsolidierung und auch Breite dieses tertiären Sektors etabliert.

In diesem Sinne möchte ich im Übrigen sagen, dass ich der Meinung bin, dass die Win­disch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Abg. Martin Graf: Dass die Grünen schon für Kasernen sind!)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


15.59.46

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Ja, es ist ja schon vieles gesagt worden. Alles, was zu Transparenz und Qualitäts­steigerungen führt, unterstützen wir auch ausdrücklich.

Die gesetzliche Verankerung des Fachhochschulentwicklungs- und -finanzierungsplans im FAG finden wir sehr, sehr gut.

Bei den Privathochschulen sehen wir die Neuerungen mit gemischten Gefühlen. Wir glauben nicht, dass es notwendig gewesen wäre, noch eine weitere Form einzuführen, nämlich die Privathochschule, die kein Doktorat anbietet, neben der Privatuniversität, die ein Doktorat anbietet. Wir glauben nicht, dass es dadurch zu großen Qualitätssteige­rungen oder zur Verbesserung der Studienbedingungen oder was auch immer kommt. Wir finden, das hätte man lassen oder eleganter lösen können. – Aber gut: Wir stimmen diesem Gesetz mit Bauchweh zu.

Dem Gesetz zu den pädagogischen Hochschulen können wir aber nicht zustimmen. Herr Minister, Sie erwähnen – und auch im Ausschuss haben Sie wahnsinnig oft davon ge­sprochen –, dass die pädagogischen Hochschulen wieder mehr Autonomie bekommen. Ich habe mit ganz vielen Vertretern der pädagogischen Hochschulen und auch mit anderen Experten gesprochen: Es kann niemand erkennen, wo genau die Autonomiegewinne aufseiten der pädagogischen Hochschulen sind. Vielleicht können Sie uns das erklären.


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Wenn der amtierende Rektor Monate zuvor sein Interesse kundtun kann und dann ohne Ausschreibung oder sonstige großartige Befragungen durch andere Gremien wiederbe­stellt wird, sehen wir das sehr kritisch, auch wenn er, wie Kollegin Blimlinger erwähnt hat, seine Vizerektoren wie an den Unis selbst aussuchen kann. An den Unis wird der Rektor in einer anderen Form bestellt und auch in einer anderen Form wiederbestellt. Diesbezüglich von einer gleichen Situation wie an den Unis zu sprechen ist, glaube ich, nicht richtig.

Zur Entpolitisierung des Hochschulrates haben wir heute schon einiges gehört. Wenn ich sehe, dass der Bildungsdirektor im Hochschulrat sitzt, zwei Vertreter durch den Bun­desminister bestellt werden, ein Vertreter durch das Land, dann frage ich mich, was da entpolitisiert ist. Ich glaube nicht, dass das damit in Österreich entpolitisiert ist.

Zur Sonderregelung für die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, für die dann nicht Sie den Hochschulrat beschicken, sondern das BMLRT, stellt sich die Frage, wa­rum das der Fall sein muss, wie es auch der Rechnungshof kritisiert hat.

Mit dem Gesetz ziehen Sie die pädagogischen Hochschulen eher wieder an sich heran, anstatt den Weg zuzulassen, dass sie sich auf Augenhöhe mit anderen Hochschulen und tertiären Einrichtungen entwickeln können.

Ich glaube, das geschieht deswegen, weil Sie keine Vision oder keine Idee haben, wohin sich diese pädagogischen Hochschulen überhaupt entwickeln sollen. Da ist es der ein­fachste Weg, sie wieder ganz nah an das Ministerium zu binden. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.


16.03.12

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein wesentlicher Aspekt dieser Reformen im Hochschulgesetz, dass eine gewisse Einheitlichkeit zwischen den verschiedenen Hochschultypen hergestellt wird. Wir begrüßen einmal vorbehaltlos, dass die Aspekte der Transparenz, der Gleichstellung der Geschlechter und der Qualitätssicherung nun für alle Formen des tertiären Bildungs­sektors gelten.

In der Steiermark haben wir schon vor vielen Jahren die steirische Hochschulkonferenz aus der Taufe gehoben, in der unsere neun tertiären Bildungseinrichtungen – fünf Uni­versitäten, zwei Fachhochschulen, zwei pädagogische Hochschulen – auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Diese vereinheitlichenden Maßnahmen sind ein guter Schritt, die das bekräftigen.

Was die Privatuniversitäten beziehungsweise Privathochschulen betrifft, war der Auslö­ser für diese Überlegungen die Kritik des Wissenschaftsrates, dass der Begriff Privat­hochschule etwas zu inflationär verwendet worden ist, weil nicht überall die entspre­chende Forschungsfundierung gegeben war. Es gibt positive Beispiele, ich nenne die PMU, die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, die bereits auf einer Tra­dition aufgebaut hat und in der wirklich Forschung läuft. Ebenso ist es, glaube ich, richtig, dass Neugründungen nicht von null auf hundert Forschung vorweisen können und des­halb im ersten Schritt als Privathochschulen und nicht als Privatuniversitäten tituliert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Was nun die Fachhochschulen betrifft: Im öffentlichen Bereich gibt es jetzt den Fach­hochschulentwicklungs- und -finanzierungsplan – ein lange gehegter Wunsch –, und das ist sehr, sehr gut. Dies geht auch mit Änderungen in den Entscheidungsstrukturen unter


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dem Stichwort mehr akademische Partizipation einher, was durchaus dem akademi­schen Rang der Fachhochschulen gerecht wird. Durch die Notwendigkeit des Einverneh­mens bei allen entscheidenden Fragen ist auch sichergestellt, dass die Verantwortung der Erhalter und der Geschäftsführung nicht ausgehebelt werden kann.

Insgesamt bin ich überzeugt, dass es ein sehr gutes Gesetz ist, das die Qualität und die Attraktivität unseres tertiären Bildungsstandortes weiter hebt. Wir sind auch für interna­tionale Studierende attraktiv. Wir sind am internationalen Parkett gut aufgestellt, was damit weiter gesteigert wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hammer­schmid. – Bitte.


16.06.18

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Wochen und Monate in Zeiten von Covid haben Schule, Pädagogik, Didaktik wieder in den Fokus rücken lassen. Jede Familie, jedes Elternteil kann eine Geschichte erzählen: von unterschiedlichen Zugängen, unter­schiedlichen Konzepten von E-Learning. So mancher kann auch von den Schwierig­keiten damit und von den Herausforderungen erzählen. Einige waren versierter, andere haben noch Aufholbedarf.

Eines ist jedenfalls klar: Die Digitalisierung wird uns noch länger begleiten, sie wird aus der Schule nicht verschwinden – schauen wir nach Oberösterreich! –; ich bin aber auch zutiefst davon überzeugt, dass digitale Unterrichtskonzepte herkömmliches Unterrichten sehr gut verstärken und begleiten können, weil man mit digitalen Werkzeugen sehr indi­viduell auf das einzelne Kind eingehen kann.

Eine Frage stellt sich zusätzlich noch: Wie schaffen wir es, mit digitalen, aber auch mit traditionellen Methoden des Unterrichtens, junge Menschen zu selbstreflektierten, selbstständigen Menschen zu erziehen? Wie schaffen wir es, in ihnen die Kreativität und die Neugier zu wecken, sie beim Denken lernen zu unterstützen und anzuleiten? Dieses Denken lernen ist eine der ganz zentralen Kompetenzen neben Schreiben, Rechnen und Lesen. Denken zu lernen, Zusammenhänge zu erfassen, interdisziplinär zu arbeiten und Lösungen für Problemstellungen zu erarbeiten: Diese Fragen sind es, die wir an die pä­dagogischen Hochschulen richten müssen, denn es sind sie, die gemeinsam im Verbund mit den Universitäten unsere Pädagoginnen und Pädagogen aus- und weiterbilden.

Die Fragen sind viele, die Breite ist enorm. Wir brauchen dafür starke, eigenverantwortli­che pädagogische Hochschulen. Was mit Eigenverantwortung, mit Autonomie, gelingen kann – das darf ich als ehemalige Rektorin schon sagen – ist mit der Universitätsauto­nomie gelungen, nämlich die Universitäten durch die Eigenverantwortung massiv in der Qualität von Forschung und Lehre zu stärken, mit allen Konsequenzen für die Leistungen oder für das, was halt nicht geleistet wird, geradezustehen, und das wünsche ich mir auch für die pädagogischen Hochschulen.

Das vorliegende Gesetz stärkt unsere pädagogischen Hochschulen allerdings nicht, ganz im Gegenteil: Erste Schritte der Autonomie werden zurückgenommen, ganz augen­scheinlich wird das bei den Aufgaben des Hochschulrates. Ihm wird jegliche Beschluss­fassungskompetenz entzogen; Stellungnahmemöglichkeiten heißt es jetzt im neuen Vor­schlag. Er wäre aber ein Aufsichtsorgan gewesen, und alle zentralen Entscheidungen sind dem Hochschulrat entzogen. Alle zentralen Entscheidungen bis hin zur RektorIn­nenbestellung und -wiederbestellung und so weiter sind in den Händen des Ministers.

Wie das ausschaut und was das in letzter Konsequenz heißt, hat meine Vorrednerin Frau Künsberg Sarre schon ausgeführt. Einen Vorgeschmack können wir bekommen,


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wenn wir nach Oberösterreich schauen. Ein vom Ministerium bestelltes Onlinestudium ist dort vor Kurzem vorgestellt worden – vorbei an der Vizerektorin für Lehre, vorbei am Kollegium, am Hochschulrat, am Qualitätssicherungsrat und vor allem vorbei an den Be­dürfnissen der zukünftigen SchülerInnen und PädagogInnen.

Wenn wir eine Pädagogik wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die die im Schulorgani­sationsgesetz beschriebenen Aufgaben der österreichischen Schule erfüllt und junge Menschen – ich zitiere – „zu selbständigem Urteil“ und „sozialem Verständnis“ befähigt, sie weiters befähigt, „am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken“, wenn das das Ziel ist, dann müssen wir die pädagogischen Hochschulen stärken und auf wahre Autonomie setzen. Leistung resultiert nämlich aus Verantwortung und aus Motivation. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich als Ministerin wäre es undenkbar gewesen, Pädagogik zu bestellen. Mein An­spruch als Ministerin an die Verbünde in der PädagogInnenbildung Neu war es immer, von ihnen die Ideen zu bekommen, die besseren Konzepte für moderne, zukunftswei­sende Pädagogik, basierend auf Fakten, auf Forschungsergebnissen und auf interna­tionalen Best-Practice-Modellen. Sie zu Höchstleistungen durch Eigenverantwortung in Forschung und Lehre anzuspornen war mein Ziel, und nicht, sie an die Kandare zu neh­men und faktisch zu entmündigen. Das ist das, was jetzt passiert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Faß­mann. – Bitte.


16.11.28

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Ich möchte die Punkte, die schon genannt worden sind, nicht nochmals wiederholen, sondern jene Dinge aufgreifen, die auch persönlich an mich gerichtet wor­den sind.

Frau Kuntzl, die erste Sache war: Bedenken nicht beachtet, drübergefahren! – Das kann man so nicht stehen lassen. Es gibt klarerweise immer Bedenken aus unterschiedlichen Richtungen. Wir als Ministerium haben auch gar keine Parteienstellung, sondern versu­chen, als loyaler Makler, wenn Sie so wollen, auch im Sinne der Institutionen zu handeln. Sie müssen mir das glauben, gerade in dem Bereich, den Sie, glaube ich, jetzt ange­sprochen haben, im Bereich der Fachhochschulen, hat es eben sehr viele Stimmen aus den Fachhochschulen gegeben, die gesagt haben: Bitte, gebt der Academia ein klein wenig mehr und größeren Stellenwert in den Fachhochschulen, ohne dass jetzt die Ulti­ma Ratio der Geschäftsführung in irgendeiner Weise geschmälert wird! – Die Geschäfts­führer können am Ende des Weges Verträge unterschreiben, sie haben das Geld in der Hand, sie haben die Außenvertretung. Da wird keine Macht beschränkt, sondern da wird eher die Academia eingeladen, im Sinne einer qualitativ hochstehenden Lehre bei ganz bestimmten Dingen mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Das war die Intention dabei, und das war kein kurzfristiger Prozess, sondern da sind viele Gespräche geführt worden, weil es eh eine Eigenheit auch des Ministeriums ist, nicht drüberzufahren, sondern eher einen Konsens zu finden.

Axel Kassegger, du hast mir unterstellt, dass die FHs keine Liebkinder meinerseits sind. (Abg. Kassegger: Das ist eine subjektive Meinung von mir!) – Das ist nicht nur eine subjektive Meinung, das ist klarerweise eine Unterstellung, für die der empirische Beleg fehlt. Ich setze mich sehr für die Fachhochschulen ein. Wir haben die Valorisierung der Studienfördersätze im Regierungsprogramm vereinbart. Wir werden sie verhandeln und hoffentlich auch durchsetzen, gar keine Frage. Wir haben 1 000 neue Studienplätze; 1 000 neue Studienplätze ergeben ja dann im Bestand 3 700 Plätze.


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Wir haben natürlich, und das musst du sehen, Axel, im Bereich der Fachhochschulen auch eine andere Erhalterstruktur. Da ist ja nicht der Bund 100-prozentiger Eigentümer einer Fachhochschule, wenn du so willst, sondern da gibt es eine vielfältige Erhalter­struktur im Hintergrund. Ja, da kann der Bund seinen Beitrag leisten, und den leistet er auch, aber die anderen Erhalter müssen es ebenso tun, ducken sich aber manchmal weg und sagen, dass der Bund alles machen soll.

Ich darf meinen dritten und letzten Punkt aufgreifen, Frau Künsberg Sarre, das ist die Geschichte mit den pädagogischen Hochschulen. Schauen Sie, die pädagogischen Hochschulen leisten im Zusammenwirken mit den Universitäten einen unglaublich wich­tigen Beitrag zur Ausbildung der Pädagogen und Pädagoginnen in Österreich, vielleicht auch mit einer gewissen Spezialisierung; die einen sind stärker im fachlichen Bereich und die anderen im pädagogischen.

Natürlich stehen die pädagogischen Hochschulen mit den Ländern und mit dem Minis­terium in einem Zusammenhang, in einem vielleicht engeren Zusammenhang als allge­meine Universitäten, weil sie eine Aufrechterhaltungsfunktion hinsichtlich der Lehrer und Lehrerinnen für das österreichische Schulsystem haben. Es ist für mich aber vollkommen klar, dass ich gute, funktionierende, innovative pädagogische Hochschulen haben möch­te, bei denen die Ideen aus dem Inneren kommen. Das ist ja gar keine Frage: nicht von außen, sondern aus dem Inneren, auch aus der Reflexion der Praxis. Deswegen gibt es Praxisschulen, aus denen man auch Forschungsresultate gewinnen kann, und das funk­tioniert.

Komischerweise sind zu mir Rektoren und auch der Vorsitzende der Rektorenkonferenz gekommen. Er hat gesagt: Das ist der richtige Weg, der hier eingeschlagen wird!

Natürlich ist es eine Entpolitisierung, die stattfindet, denn wir haben genau die gleichen Bestimmungen hinsichtlich der politischen Funktionäre wie bei den Universitätsräten: keine aktiven Politiker. Wenn man Politiker war, dann gibt es eine Cooling-down-Phase in einem bestimmten Ausmaß. Das führt mit Sicherheit dazu, dass, wenn Sie so wollen, die pädagogische und inhaltliche Qualität gestärkt und der politische Einfluss vielleicht draußen gehalten wird.

Nichtsdestotrotz: Axel Kassegger hat gesagt, dass Sie alles beobachten werden, und wenn es besser gemacht werden soll, dann machen wir es besser. – Also ich bin genau derselben Meinung: Das Bessere ist des Guten Feind. Dahin gehend werden wir uns das anschauen und werden jederzeit bereit sein, auch Novellierungen vorzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Salz­mann. – Bitte.


16.17.13

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister Faß­mann! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Da­men und Herren vor den Fernsehgeräten! Das vorliegende Hochschulreformpaket um­fasst wichtige Änderungen in mehreren Bereichen, worauf auch meine Vorredner bereits hingewiesen haben. Einerseits betrifft es die Fachhochschulen, andererseits die Privat­hochschulen und die Privatuniversitäten und zum Dritten die pädagogischen Hochschu­len. All diese Institutionen sind ein sehr wertvoller und mittlerweile auch unverzichtbarer Beitrag und Bestandteil unseres tertiären Bildungssektors in Österreich. Daher legen wir mit diesem Gesetz einen klaren Fokus auf die Weiterentwicklung einerseits und anderer­seits auch auf die Qualitätssicherung im Hochschulbereich.

Lassen Sie mich als Pädagogin die pädagogischen Hochschulen speziell herausgrei­fen und auf die Änderungen, die in diesem Gesetzentwurf vorliegen, eingehen: Die


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pädagogischen Hochschulen haben im Verbund mit den Universitäten einen sehr klaren Auftrag im Rahmen der Ausbildung, aber auch der Fort- und Weiterbildung der Lehre­rinnen und Lehrer, und sie leisten da wirklich eine hervorragende und gute Arbeit.

Ich habe mich selbst letzte Woche auch in etlichen Gesprächen mit Studentinnen und Studenten informiert. Die Zufriedenheit der Studentinnen und Studenten mit der Arbeit, die an diesen pädagogischen Hochschulen geleistet wird, ist eine sehr hohe, und dazu gratuliere ich den PHs auch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Auftrag der PHs ist es, einerseits für die Praxis in den Schulen auszubilden, anderer­seits aber auch – und das dürfen wir nicht vergessen – die Fortbildung und Ausbildung für das Management, das mittlere und das höhere Management in den Schulen, für die Direktorinnen und Direktoren, aber auch für die Administratoren zu leisten.

Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf die pädagogischen Hochschulen als junge Ein­richtung des tertiären Bildungsbereiches im Organisatorischen, aber auch im Inhaltlichen wesentlich stärken. Wir wollen damit das professionelle Management und auch die inter­ne Qualitätssicherung sicherstellen.

Die Entpolitisierung des Hochschulrates wurde bereits angesprochen. Frau Kollegin Hammerschmid – ich sehe Sie da oben, Frau Kollegin Hammerschmid –, in einer mode­raten Änderung des Hochschulrates sehe ich noch keine negative Auswirkung auf die Qualität der Lehre und der Forschung, die in diesen pädagogischen Hochschulen geleis­tet wird. (Zwischenruf der Abg. Hammerschmid.)

In Anlehnung an die Universitäten sollen die PHs nun auch weiterentwickelt werden. Die Organe werden überarbeitet, und somit können wir sicherstellen, dass ein klarer Aufga­benbereich vorliegt und auch schnellere Entscheidungen getroffen werden können.

Uns ist vor allem die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Pädagogik, im Bereich der Didaktik ein großes Anliegen, und da sind die PHs natürlich speziell gefordert, weil sie auch die Expertise aus der Praxis mit einbringen.

Wir wollen mehr administrative Autonomie, aber keine Programmautonomie, denn das kann es nicht geben, da die Zielgruppe sehr klar umrissen ist. Die Ausbildung der Päda­goginnen und Pädagogen braucht klare inhaltliche Rahmenbedingungen, die der Bund als Dienstgeber natürlich vorgeben muss. Innerhalb dieser Ausbildung wird für den Praxiseinsatz bereits in sehr bewährter Weise und auf sehr hohem Niveau ausgebildet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wie vereinbart verlegen wir die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses.

16.21.1214. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (204 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (269 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 704/A(E) der Abgeord­neten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückerstattung von Studienbeiträgen für das Sommersemester 2020 (270 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen sogleich zu den Tagesordnungs­punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatten wieder unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf Frau Abgeordnete Kuntzl ans Pult bitten.


16.21.54

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben im Wissenschaftsausschuss den Sozialbericht diskutiert, nämlich den Bericht zur sozialen Lage der Studierenden, und haben wieder einmal gesehen, wie wichtig die Erwerbstätigkeit für Studierende geworden ist. Ein sehr hoher Anteil der Studierenden arbeitet neben dem Studium beziehungsweise studiert schon neben der Arbeit. Die Erwerbstätigkeit, das Geldverdienen ist für die meisten Studierenden wichtig, und zwar nicht, um sich irgendeinen Luxuswunsch zu erfüllen, sondern um das Studium beziehungsweise das Leben finanzieren zu können.

Gleichzeitig haben wir im Bericht gesehen, dass durch die Auswirkungen, die wir in der jetzigen Krise haben, den Studenten die klassischen Studentenjobs weggebrochen sind. Das ist die Situation, die wir haben. Die Studierenden stellen fest, dass „Koste es, was es wolle“ mit Recht für viele gilt, aber für die Studierenden nicht.

Jetzt sagen wir: Leisten wir einen kleinen Beitrag und erlassen wir den Studierenden die Studiengebühren für das abgelaufene Sommersemester! – Da sagen Sie, Herr Bundes­minister: Das Angebot an den Universitäten hat stattgefunden, das machen wir nicht. – Halten wir uns aber Folgendes vor Augen: Es war kein normales Semester für die Stu­dierenden. Es war das Distancelearning eine Riesenumstellung, es waren die Angebote von Universität zu Universität – auch wenn sie sich bemüht haben – höchst unterschied­lich, es waren die Angebote von Lehrveranstaltung zu Lehrveranstaltung höchst unter­schiedlich, es war aufwendiger, es war anstrengender, es war unsicherer, man hat even­tuell noch technisches Equipment anschaffen müssen, es war kein normales Semester.

Auch wenn Sie sagen, wir haben ein „neutrales Semester“ gemacht, so würde ich sagen: Das Erlassen der Studiengebühren für die Studierenden und das Kompensieren dieses Ausfalls für die Universitäten wäre ein ganz notwendiger Schritt. Diese knapp 400 Euro Studiengebühren, Herr Bundesminister, stellen sich vor dem Hintergrund eines Minister­gehalts sicher anders dar als vor dem Hintergrund eines Studierenden, dem noch dazu der Job weggebrochen ist. Für den Minister ist es ein Klacks, aber für den Studierenden würde es viel Entspannung hinsichtlich seiner/ihrer ökonomischen Situation ins Leben bringen. Es wäre ein Monat, in dem man sich weniger Sorgen machen müsste. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.


16.24.50

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte zuerst kurz auf die Regierungsvorlage zum Studienförderungsge­setz eingehen, die ja leider einen sehr unangenehmen Ursprung hat. Durch den Brexit wird es notwendig, dass wir dieses Gesetz umbauen, weil Großbritannien jetzt kein Mit­glied der Europäischen Union mehr ist und immerhin 200 österreichische Studierende pro Jahr im UK studieren.

Mit dieser Ergänzung im Gesetz ist es möglich, dass sie auch weiterhin Studienförderung erhalten, und das sind immerhin bis zu 6 000 Euro pro Jahr und Studierendem/Studie­render, also Geld, das die Studierenden in ihrem Auslandssemester mit Sicherheit auch weiterhin gut brauchen können.


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Jetzt zur Rückerstattung der Studienbeiträge, wie von Kollegin Kuntzl angesprochen: Ich glaube, wir haben im Rahmen der ganzen Covid-Gesetzespakete eine sehr sinnvolle Lösung für die Studierenden gefunden, indem wir ihnen eine Wertschätzung in Form von ECTS zurückgeben, wenn sie sich während dieser Pandemie engagiert haben, sei es im Rahmen eines Zivildienstes oder in anderen Organisationen. Ich glaube, das ist ein guter Punkt.

Bezüglich Studienbeiträgen ist das Modell, glaube ich, ganz nachvollziehbar und schlüs­sig. Wir haben den Covid-19-Beurlaubungsgrund geschaffen. Das heißt, wenn Studie­rende sagen: Es ist an meiner Schule nicht in dem Ausmaß möglich, es geht vielleicht aus anderen Gründen nicht, aus gesundheitlichen Gründen, es gibt ja auch Studierende, die Teil der Risikogruppe sind, ich lasse mich beurlauben, ich kann in diesem Semester nicht in dem Ausmaß studieren, wie ich möchte!, dann zahlen sie auch keine Studienbei­träge.

Wenn sie aber umgekehrt Prüfungen machen, Angebote der Universität in Anspruch nehmen, Vorlesungsangebote in Anspruch nehmen, dann zahlen sie auch normal Stu­dienbeiträge. Ich glaube, diese Option, die man den Studierenden da gegeben hat, ist nachvollziehbar, und ich glaube, das ist ein fairer Weg, mit dieser schwierigen Situation umzugehen.

Da Sie die soziale Lage der Studierenden angesprochen haben: Es hat Gott sei Dank – und da möchte ich ausdrücklich die verschiedenen Hochschülerschaften der einzelnen Universitäten loben – jede Universität meines Wissens auch Sozialpakete geschnürt, dafür sind ja auch die Rücklagen der Hochschülerschaft da. Gerade bei Härtefällen gab es auch Unterstützung von der lokalen Hochschülerschaft, wenn nicht andere Pakete das schon abgedeckt haben, um die Betroffenen in diesen Notlagen zu unterstützen. Auch da sind die Studierenden also nicht im Regen stehen gelassen worden.

Es ist ja auch sinnvoll, dass jeder seinen Beitrag leistet. Es geht nicht darum, dass nur der Minister etwas tut, sondern es müssen alle etwas tun. Es hat das Ministerium diesen Beurlaubungsgrund geschaffen, es haben die ÖHs in sozialen Notlagen unterstützt. Ich glaube also, das Gesamtpaket an Unterstützung von den verschiedenen Institutionen in dieser Zeit hat gut funktioniert (Ruf: Danke!), und auch das Feedback der Studierenden, das ich diesbezüglich bekommen habe, bestätigt mir das.

In diesem Sinne, glaube ich, ist es nur schlüssig, dass wir diesen Entschließungsan­trag ablehnen und hinter der Lösung stehen, die wir auch die letzten Monate betrie­ben haben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Das war der erste ÖVP-Redner, der nicht Danke gesagt hat zu einem Minister! – Zwischenruf des Abg. Bernhard.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ha­mann. – Bitte.


16.28.30

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Lieber Herr Präsident! Lieber Herr Bun­desminister! Nur ein paar Worte zum Studienförderungsgesetz, weil das mit dem Brexit eine ziemlich tragische Geschichte ist: Wenn wir generell ans Studium im Ausland den­ken, so sind die einzigen Universitäten, die quasi jedem und jeder einfallen, Oxford und Cambridge. Wir haben eine ganze Generation von Kindern, die mit Harry Potter und Hog­warts aufgewachsen ist und sich das Studieren in Großbritannien so ähnlich vorstellt. Dann sind die alle groß, wollen das machen, und dann passiert der Brexit und das alles wird plötzlich viel schwieriger. Großbritannien ist ja tatsächlich nach Deutschland das zweitbeliebteste Land für österreichische Studierende.


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Jetzt sind wir in der Situation, dass die Mobilitätsstipendien, die es bisher gab, um die Studien in der EU zu fördern, plötzlich weggefallen sind. Diesen Phantomschmerz spü­ren wir, glaube ich, jetzt schon alle, nicht nur im Wissenschaftsbetrieb, sondern auch in anderen kulturellen Feldern, dass nämlich Großbritannien nicht mehr dazugehört, und wir merken, wie sehr uns das fehlt.

Damit das nicht so bleibt, können wir, zumindest was den Studienbetrieb betrifft, ein bisschen etwas tun. Deswegen gibt es diese Regierungsvorlage und die Änderung des Studienförderungsgesetzes. Wir hoffen und rechnen damit, dass wir da breite Zustim­mung finden, damit die Mobilität auch weiterhin unterstützt werden kann und Österreichs Studierende weiterhin nach Großbritannien kommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Abg. Shetty.)

Zum zweiten Punkt, dem Antrag der SPÖ zur Rückerstattung von Studienbeiträgen: Das ist eine Sache, die ich menschlich wirklich sehr gut verstehen kann. Wir werden einer generellen Rückerstattung trotzdem nicht zustimmen, obwohl einige der Argumente rich­tig sind. Ja, dieses Semester an den Unis war definitiv kein normales Semester. Ja, die Unis waren physisch als Gebäude geschlossen, aber das heißt nicht, dass deswegen für niemanden ein Studium stattgefunden hat. Es haben ganz viele, die das wollten, ganz viel gearbeitet, es wurden Lehrveranstaltungen abgehalten, es wurden Prüfungen ge­macht. Es haben wirklich viele Studierende und auch Lektoren und Lektorinnen hart ge­arbeitet. Das ist auch nicht vorbei, die lehrveranstaltungsfreie Zeit im Sommer wird teil­weise entfallen. Es können weiterhin Lehrveranstaltungen gemacht werden, es können Prüfungen für alle, die das wollen – auch im Juli, August und September –, abgehalten werden. Das ist nicht leicht, aber wir wünschen allen, die sich das vorgenommen haben, viel Erfolg dabei. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


16.31.30

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zu diesen zwei Punkten zur Änderung des Studienförderungsgesetzes wurde von den Kol­leginnen und Kollegen schon gesagt, warum das richtig und sinnvoll ist; dieser Geset­zesvorschlag hat auch einstimmig den Ausschuss passiert. Anders verhält es sich mit dem Antrag der SPÖ, pauschal alle Studienbeiträge rückzuerstatten. Das halten wir – wie auch alle anderen Parteien, die diesen Antrag im Ausschuss abgelehnt haben – für nicht wirklich treffsicher und sachlich gerechtfertigt, jedenfalls nicht in dieser undifferen­zierten Form, in der es vorgeschlagen wird.

Ich halte diese Diskussion aber für eine sehr gute Gelegenheit, auf ein gänzlich alterna­tives Modell zu den bestehenden Studienbeiträgen hinzuweisen, auf etwas, das wir schon sehr lange fordern, nämlich ein Modell der nachgelagerten Studiengebühren, und zwar nicht als Selbstzweck, sondern weil die ausgehungerten Hochschulen jeden Cent für mehr Innovation und bessere Infrastruktur brauchen.

Unserem durchgerechneten Modell der nachgelagerten Studiengebühren zufolge wer­den die Beiträge nicht während des Studiums eingehoben, sondern erst dann, wenn man im Berufsleben steht und gut verdient. Das würde auch Situationen wie die Coronakrise massiv entschärfen, weil die Beiträge eben erst dann fällig werden, wenn man ein or­dentliches Einkommen bezieht.

Ich erkläre Ihnen kurz – weil dem da schon so pauschale Ablehnung entgegenschlägt ‑, wie unser Modell funktioniert. Wir haben uns ja auch wirklich etwas dabei gedacht. Nach unserem Modell haben die Unis die Möglichkeit, autonom bis zu 500 Euro pro Semester


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an Gebühren, an Beiträgen einzuheben. Wenn man, sagen wir einmal, zehn Semester studiert, dann wären das 5 000 Euro, die man gesammelt über das gesamte Erwerbsle­ben monatlich zurückzahlt. (Abg. Kuntzl: ... Steuersystem!)

In unserem Modell schaut das so aus – jetzt müssen Sie ein bisschen mitrechnen –, dass man einen Freibetrag von 1 200 Euro Nettoeinkommen hat und von dem Betrag, der darüber liegt, 8 Prozent pro Monat zurückzahlt, bis man die Gebühren abbezahlt hat. Bei einem Nettoeinkommen von 1 300 Euro würde man monatlich 8 Euro zurückzahlen. Das ist weniger, als viele von uns für ihren Netflix-Account zahlen, und das soll es uns doch für ein besseres Studium, für bessere Bedingungen wert sein.

Die daraus resultierenden Mittel würden ungefähr 300 Millionen Euro pro Jahr ausma­chen. Das sind Mittel, die die Hochschulen für mehr Innovation, bessere Infrastruktur und in die Zukunft investieren können. Deswegen würde ich mich freuen, wenn wir in Zukunft auch wieder die Gelegenheit bekommen, alternative Möglichkeiten der Finanzie­rung für unsere Hochschulen zu diskutieren. Unsere Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch. – Abg. Bernhard: Jawohl! – Abg. Leichtfried: So sozial seids ihr?! Wir sind noch viel sozialer!)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


16.34.06

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Der Brexit stellt nicht nur die Wirtschaft auf eine große Probe, sondern auch das Bildungssystem, und dazu haben wir ja schon 2019 das Stu­dienförderungsgesetz abgeändert, sodass unsere Studierenden in England nicht im Re­gen stehen gelassen werden.

Nun gibt es ein Austrittsabkommen zwischen England und der Europäischen Union und wir haben noch zwei weitere Punkte – sie sind schon angesprochen worden –: Beim ersten Punkt geht es um die Mobilitätsstipendien. Wir ändern, dass England auch in die Liste der Zielländer, in denen Studien mit Mobilitätstipendium gefördert werden können, aufgenommen wird.

Der zweite Punkt: Da ja der Wissensaustausch und das Sammeln von Erfahrungen im Studium wichtige Werte und Eckpfeiler sind und wir ja auch mehr oder weniger wollen, dass unsere Studierenden in England die Möglichkeit haben, das Know-how dieser guten Universitäten zu genießen, haben wir auch den zweiten Punkt in dieser Novelle, in dem es um die Gleichstellungsvoraussetzungen geht, die wir gewährleisten müssen, zu erledigen. Da geht es darum, dass Studierende aus England in der Europäischen Union, die bis Ende 2020 schon bei uns waren, natürlich die Förderungen bekommen. Das ist natürlich in Ordnung, aber nach dieser Übergangsfrist kann es nicht sein, dass die englischen Studierenden gleichbehandelt werden wie die EWR-Studierenden, und daher gilt ein englischer Studierender ab dem 1. Jänner 2021 als Drittstaatsangehöriger.

In diesem Sinne möchte ich noch ganz kurz das Erasmusprogramm ansprechen, weil es damit natürlich in Verbindung steht, ein sehr gutes Programm ist und einen wesentlichen Beitrag für ein vereintes Europa darstellt. Ich möchte nur eine Zahl herausgreifen, weil sie mir so wichtig erscheint: Seit 1987 hat es schon 10 Millionen Menschen ermöglicht, im Ausland, in europäischen Ländern zu studieren. In diesem Sinne freue ich mich auf die Einstimmigkeit bei diesen Beschlüssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

16.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, damit ist die Debatte geschlossen.


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Die Abstimmung wird wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorla­gen des Wissenschaftsausschusses verlegt.

16.36.3116. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 660/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche und studienförderungsrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (COVID-19-Hochschulgesetz – C-HG) geändert wird (271 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (119 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Bra­silien über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit (272 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 655/A(E) der Abgeord­neten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Zu­sammenlegung von Kunstuniversitäten (273 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 504/A(E) der Abgeord­neten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des gewerblichen Ghostwriting im akademischen Bereich (274 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 16 bis 19 der Tages­ordnung, über welche die Debatten wiederum unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde in allen Punkten verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


16.37.30

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es werden jetzt einige verschie­dene Punkte gemeinsam debattiert. Ich möchte zum Antrag des Kollegen Mag. Dr. Mar­tin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung der Zusammenlegung von Kunst­universitäten“ sprechen und etwas ausholend erläutern, warum wir diesen Antrag für sinnvoll erachten. Dieser hat im Übrigen den Weg ins Plenum geschafft – im Gegensatz zum Antrag des Kollegen Graf, die FH-Studienbeiträge deutlich, nämlich mindestens um 10 Prozent, zu erhöhen –, sodass wir hier darüber diskutieren können.

Worum geht es? – Ganz grundsätzlich: Hochschulpolitik wartet immer noch auf den stra­tegischen Plan für den tertiären Bildungsbereich, der die genauen Aufgabenbereiche zwischen Universitäten, Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen und auch das Zusammenspiel zwischen öffentlich und privat festlegt. Diesbezüglich ist auch schon ge­sagt worden: Wir sind grundsätzlich positiv eingestellt – auch gegenüber privaten Initia­tiven im tertiären Bildungsbereich –, allerdings unter dem strengen Regime der Quali­tätssicherung – des Qualitätssicherungsgesetzes –, die wir in Österreich aber als sicher­gestellt sehen.


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Es geht dem Grunde nach aber immer auch um die Frage: Wie verwenden wir unser Steuergeld? Das ist nämlich das Steuergeld, das wir den Österreicherinnen und Öster­reichern in einem ersten Schritt einmal ordentlich, in einem erheblichen Ausmaß weg­nehmen. Das muss verantwortungsvoll passieren und man muss vor allem auch die Re­lation zwischen Input und Output betrachten – also dem, was ich in ein System reingebe und was dabei rauskommt.

Wir haben eine Kultur, nur inputbezogen zu messen. Wir sagen: Wir geben jetzt 11 Mil­liarden Euro in die Universitäten und wenn wir nächstes Jahr 12 Milliarden Euro hinein­geben, also für die Dreijahresperiode, dann ist das besser. – Das ist einmal nicht priori­tär, sondern wir müssen schauen, was dabei rauskommt. Wir sehen da doch ein be­stimmtes Missverhältnis in der Ressourcenallokation zwischen Universitäten und Fach­hochschulen.

Der Herr Minister hat es schon erwähnt, die Fachhochschulen werden nicht nur vom Bund, sondern auch von anderen Erhaltern finanziert. Trotzdem – ich habe mir die Zah­len angeschaut –: Die Universitäten haben ungefähr 270 000 Studierende, die Fach­hochschulen 53 000. Dem Bund sind die Universitäten für eine Dreijahresperiode 11 Mil­liarden Euro wert und die Fachhochschulen ungefähr 1 Milliarde Euro; also das ist schon ein erhebliches Missverhältnis.

Es ist auf der einen Seite Ziel der Freiheitlichen Partei, im tertiären Bildungsbereich, auch was die Ressourcenallokation betrifft, nachzuschärfen und den dringenden Finan­zierungsbedarf und Ausbaubedarf, den die Fachhochschulen haben, auch mit entspre­chenden Ressourcen zu unterlegen. Das heißt natürlich auf der anderen Seite: Wir se­hen im universitären Bereich durchaus Optimierungspotenzial.

Genau in diesem Sinne ist dieser Antrag zu verstehen, der da lautet, nämlich ausgehend vom Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ aus dem Jahre 2017, dass wir Folgendes wollen: „Um unsere Hochschulen mit ihren Exzellenzfeldern international sichtbarer und damit wettbewerbsfähiger zu machen, sollen Strukturreformen und Standortoptimierun­gen bis hin zu möglichen Zusammenlegungen von Hochschulen geprüft werden.“

Nichts anderes begehrt der Antrag meines Kollegen Dr. Graf hinsichtlich der Kunsthoch­schulen, derer es zwei gibt, mit minimalsten Studierendenzahlen, und zwar einen sol­chen Bericht zu erstellen und die Vor- und Nachteile abzuwägen; nicht mehr und nicht weniger. Das hat dann zu Schnappatmungen im Ausschuss geführt. Kollege Graf wird das in weiterer Folge noch ausführen. Nicht mehr und nicht weniger verlangen wir. (Bei­fall bei der FPÖ.) Das ist durchaus legitim, auch im Sinne einer Erhöhung der Effizienz und Effektivität im Hochschulbereich. Es ist nicht so, dass nicht auch der Hochschulbe­reich effizient und effektiv arbeiten kann und muss.

Vielleicht noch abschließend eine kurze Anmerkung, ich muss ein bisschen auf das repli­zieren, was du (in Richtung Bundesminister Faßmann) bei einem der letzten Tagesord­nungspunkte gesagt hast, nämlich, ich hätte dir unterstellt, dass die Fachhochschulen für dich ein Stiefkind seien; das sei eine Unterstellung. – Ich habe dann gesagt, das ist eine Feststellung meinerseits. Du hast dann erläutert, um zu erklären, warum es eine Unterstellung sei, dass die Fachhochschulen ein Stiefkind seien: Nein, das stimmt nicht, denn wir diskutieren und evaluieren eine Valorisierung der Studienfördersätze, eine Er­höhung der Zahl der Studienplätze. – Das heißt auf Deutsch: Als alter Politiker weiß ich, wenn Evaluierung dort steht, dann will man gar nichts machen, das bleibt gleich.

Du sagtest: „Wir haben 1 000 neue Studienplätze.“ – Wir beide kennen die Geschichte der 1 000 neuen Plätze. Das war ein Verdienst der Freiheitlichen Partei, dass es über­haupt 1 000 neue Plätze gibt. Der Wunsch aus dem Ministerium war ein ganz anderer.

Im Übrigen sei die Erhalterstruktur eine völlig andere. – Das heißt, die Botschaft ist: Ja, die anderen sollen auch etwas bei den Fachhochschulen zahlen.


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Also das beweist jetzt nicht, dass das eine Unterstellung sei, sondern eher ist der Falsi­fizierungsversuch einer Feststellung meines Erachtens nicht gelungen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Abgeordneten Kickl und Wöginger.)

16.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. – Bitte.


16.43.33

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Wissenschaftsausschuss hat sich ja mit einer ganz breiten Palette von Themen und Anträgen befasst. Ein ganz wesentliches Thema war eine Ergänzung des COVID-19-Hochschulgesetzes, nämlich betreffend § 109 Hochschulgesetz. Es geht um die Kettenvertragsregelung. Die Kettenvertragsregelung wurde geschaffen, damit sich Jungwissenschafterinnen und Jungwissenschafter nicht ad infinitum immer von einer be­fristeten Stelle zur anderen weiterzittern müssen, sondern irgendwann einmal in eine unbefristete Anstellung kommen. Das ist eine gute Intention. Nun hat sich anlässlich der Covid-Krise herausgestellt, dass manche, die zum Beispiel projektbezogen eine solche befristete Stelle haben, ihre Projektaufgaben durch den Coronalockdown nicht zeitge­recht erledigen konnten. Für diese gibt es einmalig eine Verlängerungsmöglichkeit jen­seits der Kettenvertragsregelung unter dieser besonderen Bedingung. Dies gilt aus heu­tiger Sicht bis 30.9.2021. Das gilt jetzt nicht nur für Leute, die auf Projektstellen sitzen, sondern auch für andere, die zum Beispiel unter einem zeitlichen Qualifizierungsdruck stehen, etwa um eine Qualifizierungsvereinbarung laut Kollektivvertrag abzuschließen. Auch für diese Personengruppe gilt das jetzt, sodass niemand, der in einem Anstellungs­verhältnis ist, durch die Bremsung, die Covid hervorgerufen hat, einen Nachteil hat.

Gleichzeitig wissen wir, dass dieser § 109 umstritten ist, seitdem es ihn gibt, denn in der Praxis hat er nicht immer die Intention erfüllt, die man an ihn gestellt hat. Es mag da und dort sogar dazu gekommen sein, dass jemand dann nicht – hurra! – ins unbefristete Dienstverhältnis wechseln durfte, sondern gegebenenfalls vielleicht sogar eine Beschäf­tigung abgebrochen wurde, damit nicht ein Automatismus eintritt. Deshalb begrüße ich es außerordentlich, dass sich das Wissenschaftsministerium mit dem Dachverband der Universitäten und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zusammensetzt und wirklich eine gründliche Überarbeitung und Sanierung dieses Paragrafen anstrebt – ein sehr gutes Unterfangen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiteres Thema – und da sage ich Danke an Kollegin Künsberg Sarre von den NEOS –, das eingebracht worden ist, betrifft Ghostwriting. Es ist unglaublich, diese be­zahlten Plagiate! Da gibt es Firmen, die auf ihrer Homepage anbieten, wie viel eine Dis­sertation, eine Bachelorarbeit oder eine Diplomarbeit kostet, ungeniert, und zum Betrug auffordern. Letztlich soll dieser Antrag bewirken, dass eine Gesetzeslage geschaffen wird, die zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten wirklich einen strafrechtlichen Tat­bestand sowohl für jene schafft, die das anbieten, die das schreiben, als auch für jene, die das nutzen und damit einen Betrug im akademischen Bereich begehen. Es ist ein begrüßenswertes Unterfangen, dass man dem einen Riegel vorschiebt. Da kommt aus dem Ausschuss auch das Signal, dass das, glaube ich, von allen mitgetragen wird.

Ein weiterer Punkt war das Kooperationsabkommen wissenschaftlich-technologischer Natur mit Brasilien. Auch da gibt es breite Zustimmung. Ich sage dazu nur: Kooperation ist immer gut, ist immer wichtig, aber in schwierigen Situationen, wie es derzeit der Fall ist, ist sie ganz besonders wichtig.

Dann gibt es noch einen Antrag, der vorhin schon angesprochen wurde. Da geht es um eine allfällige Zusammenlegung der beiden Kunstuniversitäten in Wien, also der Univer­sität für angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste. Dazu möchte ich


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sagen: Das Universitätsgesetz 2002 hat allen Universitäten eine gravierende Restruktu­rierung und damit verbunden einen gewaltigen Entwicklungsschub gebracht. Wir haben hier in Österreich zwei bildende Kunstuniversitäten von hohem Rang und internationaler Reputation. Lassen wir sie weiterarbeiten! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

16.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.


16.48.03

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich den Worten des Kollegen Smolle anschließen, was das Abkommen mit Brasilien betrifft. Es hat sich wirklich bewährt, so­wohl für Studierende, aber auch für Technologie, Wissenschaft und Forschung, dass da auch außerhalb unserer Grenzen ein Austausch stattfindet. Wir begrüßen dieses Ab­kommen und werden es selbstverständlich unterstützen.

Den Antrag des Kollegen Graf werden wir nicht unterstützen. (Heiterkeit des Abg. Martin Graf.) – Ich weiß, wo Sie sitzen. – Wir werden ihn nicht unterstützen, weil diese beiden Kunstuniversitäten ganz unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte haben. Das, was sie gemeinsam an Lehrveranstaltungen anbieten können, machen sie eh, zum Beispiel Genderlehrveranstaltungen, was für sie sehr wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: Er war noch nicht dort!) Diese unter­schiedlichen Schwerpunktsetzungen ergeben deswegen auch für beide die Berechti­gung, selbstständig zu arbeiten. Sie kooperieren nicht nur untereinander, sondern auch mit anderen Universitäten in Österreich, aber auch in der Europäischen Union.

Wir glauben auch nicht, dass es eine finanzielle Entlastung des Budgets gäbe, wenn wir diese beiden gewachsenen Strukturen zusammenführten. Denken Sie an Lehrwerkstät­ten, ein gemeinsames Haus, Datenverarbeitung, IT und so weiter! Das würde erheblich mehr kosten, als es zum Schluss auch für die angehenden Künstlerinnen und Künstler brächte. Deswegen werden wir Ihren Antrag nicht unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


16.50.15

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind vier Bereiche, ich beginne mit dem Abkommen mit Brasilien: Es ist immer wichtig, diese bilateralen Abkommen im Bereich der Wissenschaft, der Forschung und der Universitäten zu schließen, und ich freue mich, dass wir das in diesem Fall machen können.

Ein zweiter Bereich ist die Frage der Kettenvertragsregelung. Wir haben angesichts von Covid beschlossen, die Möglichkeit zu schaffen, dass um ein Jahr verlängert wird. Viele von Ihnen wissen, dass die Kettenvertragsregelung, der § 109a, ein Problem an den Universitäten ist. Es gibt die Bandbreite zwischen jenen, die sagen – was eigentlich dem normalen Arbeitsverfassungsgesetz entspricht –, dass es nach der ersten Befristung gleich eine Entfristung geben soll, und anderen, die der Meinung sind, man soll unendlich befristen können, was sicherlich keine Variante ist, da so eine Planung von Karriere und Leben kaum möglich ist. Das heißt, wir haben nun die Möglichkeit geschaffen, dass um ein Jahr verlängert wird – ein Jahr zusätzlich, um erst dann sozusagen in die Kettenver­tragsregelung, sprich eine Entfristung, zu kommen.

Der dritte Bereich betrifft das gewerbliche Ghostwriting: Das ist etwas, das wir ja gemein­sam eingebracht haben. Das wird an Universitäten tatsächlich zunehmend ein Problem.


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Es gibt richtige KMUs – würde ich sagen –, die sich darauf spezialisiert haben, Arbei­ten – insbesondere Masterarbeiten, aber auch Dissertationen – zu schreiben und zu ver­kaufen. Es ist, was die Preisgestaltung betrifft, immer höchst unterschiedlich, je nach­dem, welches Fach es ist.

Zum Schluss komme ich – ich möchte fast sagen: Täglich grüßt das Murmeltier! – zum Antrag der FPÖ zur Überprüfung der Zusammenlegung der Akademie und der Ange­wandten. Wie Sie sich vorstellen können, halte ich das als einerseits ehemalige Rektorin der Akademie und andererseits freigestellte Beamtin der Angewandten für keine gute Idee. Beide haben ein eigenständiges Profil, wie auch die anderen vier Kunstuniversitä­ten. Alle sechs Kunstuniversitäten in Österreich sind hoch profiliert, insbesondere die Musikuniversitäten wie die MDW sind in den Rankings, die es gibt, an erster oder zweiter Stelle, je nachdem, welches Sie nehmen. Wir haben an den Kunstuniversitäten einen Anteil an internationalen Studierenden von zwischen 40 und 70 Prozent, weil wir in Ös­terreich die besten Kunstuniversitäten haben, die es gibt. Selbstverständlich beschränkt sich dieses angesprochene Sparvolumen vielleicht auf die Funktion des Rektors, der Rektorin, aber das ist wirklich zu wenig, um es einzusparen. Das macht keinen schlan­ken Fuß, wie man auf Wienerisch sagt.

In diesem Sinne sage ich heute noch einmal: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne unbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Künsberg Sarre. – Bitte.


16.54.13

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es freut mich einfach nur, dass der Antrag auf Verbot des gewerblichen Ghostwritings im Ausschuss einstimmig durchgegangen ist. Kollege Smolle hat ja dan­kenswerterweise meinen Antrag schon sehr detailliert vorgestellt, das muss ich jetzt gar nicht mehr machen. Es ist wichtig, dass dem Einhalt geboten wird, weil sich mittlerweile echt lukrative Geschäftsmodelle entwickelt haben – vor allem im Internet –, bei denen sehr unverblümt vorgegangen wird und die Arbeiten richtig gutes Geld kosten. Der An­trag sieht vor, dass es Regelungen geben soll oder wird, mit denen man gewerberecht­liche, universitätsrechtliche und verwaltungsstrafrechtliche Maßnahmen gegen Auftrag­nehmer und Auftraggeber vorsehen kann. Ich hoffe auf eine rasche Umsetzung, das wäre schön.

Ich hoffe auch auf eine rasche Umsetzung der Änderung des § 109. Wir gehen jetzt beim COVID-19-Hochschulgesetz mit, weil wir glauben, dass es wichtig ist, dass eine breitere Gruppe mehr Sicherheit für eine befristete Zeit hat, aber es wäre toll, wenn § 109 bald angegangen wird. Wie gesagt: Wir bieten auch unsere Unterstützung an. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Graf. – Bitte. (Abg. Matznetter: Gehen Sie zur Gender...!)


16.55.39

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zu den einzelnen Materien, zuerst zu den Kettenarbeitsverträgen: Das Problem ist so alt, wie ich Politiker hier im Hohen Haus bin, und das ist schon verdammt lange. Wir haben es


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immer wieder zu regeln versucht. An sich wäre es ja aufgrund dessen, dass die Universi­täten in eine hohe Autonomie entlassen wurden und dort kollektivvertragsverhandlungs­fähig sind, regelbar, aber offensichtlich verlässt man sich immer auf die Politik, wenn man sich nicht einigen kann, was traurig genug für die Universitäten ist.

Was mich jetzt auch traurig stimmt: Sie sagen selber, dass schon lange daran gearbeitet wird, diese Kettenarbeitsvertragssituation zu lösen. Dazu – das haben Sie auch im Aus­schuss gesagt – wird es im Herbst schon einen Entwurf geben – endlich! –, der wahr­scheinlich auch dieses Jahr verabschiedet und beschlossen wird. Warum beschließen wir dann jetzt eine Übergangsregelung im Sinne von Covid, mit der man noch bis zum 30. September 2021 Verträge nach dem alten System abschließen kann – also ein Jahr länger, als Sie selber planen, dass es notwendig ist? (Abg. Salzmann: Das ist kein Muss, das ist ein Kann!) Das stimmt mich etwas traurig.

Gerade auch deshalb: Covid muss ohnehin schon für alles den Kopf hinhalten. Wenn es jetzt auch noch für die verpatzte Kettenvertragsregelung den Kopf hinhalten muss, rela­tiviert das die Gefährlichkeit des Virus an sich, würde ich meinen. (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Für Probleme, die man nicht lösen kann, muss man immer Übergangsregelungen treffen, und an allem ist immer Covid schuld. Aus diesem Grund: Für einen so langen Zeitraum eine neue Übergangsregelung zu schaffen – in Anbetracht dessen, dass in der Zwischenzeit eine endgültige Lösung beschlossen werden wird – lehnen wir ab, da stim­men wir einfach nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Abkommen mit Brasilien hat noch keiner erwähnt: Dem stimmen wir zu, es ist gut, wichtig und richtig, dass wir uns auf Hochschulen, aber auch in der Forschung und über­all international vernetzen.

Hinsichtlich Ghostwriting sind wir selbstverständlich auch dafür, dass man vielleicht in Zukunft endlich massive, drastische Maßnahmen setzen kann.

Zum Thema der Prüfung von Synergieeffekten – so kann man es auch nennen – im ter­tiären Bildungssektor: Ich vergesse einmal, dass Frau Kollegin Blimlinger sich selbst ad absurdum führt, wenn sie sagt, dass sie auf der einen Hochschule freigestellte Beamtin ist und auf der anderen Rektorin war; der Switch ist ja immer so leicht. Das sagt ja auch viel darüber aus, was auf der einen Seite alles möglich ist und wie es darum steht.

Wir haben einmal ein Thema herausgenommen: Ja, es gibt zwei Kunsthochschulen in Wien – an sich drei mit der Musikuni, aber die betrifft es ja gar nicht, denn sie ist ja sowieso top, wahrscheinlich sogar die weltbeste. Zu den beiden anderen haben wir ge­meint, man sollte einmal prüfen, ob es Potenzial gibt, das man heben kann. Alle, die Angst vor dieser Prüfung hätten, könnten das ein für alle Mal – dieses Thema ist ja nicht neu, sondern alt – vom Tisch haben, indem die Prüfung ergeben würde – unter Ihren Annahmen –, dass beide Hochschulen notwendig und bestens sind und nur so existieren können. Ich glaube, das wäre eine spannende Herausforderung.

Einige Zahlen, aufgrund derer es schon augenscheinlich Potenzial gibt: Auf der einen Kunstuniversität, der Angewandten, gibt es insgesamt 415 Vollzeitäquivalente und 322 auf der anderen. Das sind 737 Mitarbeiter, davon sind 415 wissenschaftliches Personal und 322 nicht wissenschaftliches Personal. Studenten gibt es an der einen Universität 1 268 – alle Jahrgänge zusammen – und an der anderen 1 704, das ergibt also knapp unter 3 000 Studierende an beiden Universitäten. In Bezug auf nicht wissenschaftliches Personal bedeutet dies im Betreuungsverhältnis letztlich, dass ein Verwaltungsbeamter auf neun Studenten kommt, und eine wissenschaftliche Lehrperson kommt auf sieben Studenten. – Das sind Topverhältnisse, kein Problem. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


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Ich glaube, dass man schon sparen kann: Zwei Rektorate für in Wirklichkeit derartige Mickymauszahlen – inklusive allen Dingen, die es da gibt – sind eigentlich ein Witz, muss man sagen. Man hält sich offensichtlich die Institute nur, um den Kopf aufrecht zu halten.

Man kann auch weitergehen: Wenn man sich die Studienrichtungen anschaut, dann er­kennt man, dass die eine Universität auf künstlerisch hohem Niveau Architektur, bilden­de Kunst, Bühnengestaltung, Konservierung und Restaurierung, Lehramt sowie Kunst- und Kulturwissenschaften anbietet. Das sind also grosso modo sechs Studienrichtun­gen; dann gibt es ein paar Doktoratsstudien, die zähle ich jetzt gar nicht auf, aber das sind jedenfalls die sechs Richtungen.

Die andere Universität hat ein paar 100 Meter weiter weg (Ruf bei der SPÖ: Redezeit!) mit einem eigenen Rektor und eigenem Verwaltungspersonal im Wesentlichen die Stu­dienrichtungen bildende Kunst, Bühnen- und Filmgestaltung, Konservierung und Res­taurierung, Lehramt, Architektur und Design. Das sind de facto die gleichen Studien­richtungen. Wenn man das jetzt auf die Studierenden runterbricht, dann ergibt das für jede Studienrichtung je Universität – Architektur ist ja dort der Big Bang –, angenommen für bildende Kunst, ich dividiere einfach nur, 80 Studierende. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die beiden Universitäten lassen sich von einem Haufen Personal und von zwei Rektoren verwalten, haben eine doppelte EDV-Ausstattung, bezahlen eigene SAP-Lizenzen und, und, und. Also mit Verlaub: Wenn da nicht Synergien gehoben werden können, weiß ich es auch nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht braucht unsere Kollegin Blimlinger, die ja ihren Vergangenheitsbewältigungs­komplex der austrofaschistischen Ahnen permanent vor uns auslebt, einen ideologi­schen Hintergrund, warum man sie zusammenlegen sollte. (Zwischenruf der Abg. Blim­linger. Nein, niemand will etwas abschaffen, aber man muss fragen, ob etwas sinnvoll ist. Wenn ich eine Topmusikuni habe und sage: Zwei Topmusikunis sind besser!, dann müssten wir die ja nach Ihrer Logik duplizieren. (Abg. Sobotka: Wir haben zwei Musik­unis!)

Frau Kollegin Blimlinger, wissen Sie, seit wann die Angewandte überhaupt eine Hoch­schule ist? – Sie wissen es ganz genau: seit 1941. Wissen Sie, was damals für ein Re­gime in Österreich war? (Abg. Matznetter: Damals gab es kein Österreich!) Und dieses Relikt wollen Sie aufrechterhalten, das wollen Sie wirklich aufrechterhalten? (Zwischen­ruf der Abg. Yılmaz.)

Auf der anderen Seite aber wollen Sie eine Kaserne umbenennen und jemandem, der in Kriegsgefangenschaft gewesen ist, der im Dritten Reich politisch unverlässlicher Of­fizier war und deswegen gar nicht so eine Karriere gemacht hat, der eigentlich auch ein Opfer war (Zwischenruf der Abg. Blimlinger), der gequält und gefoltert wurde, der acht Jahre im Gefängnis gesessen ist, der zum Tode verurteilt war und, und, und, die Ehre streitig machen, die ihm zusteht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Blimlinger.) Ich finde das schäbig. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Sobotka: Es gibt zwei Musikunis! – Abg. Matznetter: Frau Präsidentin, kann man eine tatsächliche Bestätigung abgeben? Er hat gesagt, er kennt sich nicht aus!)

17.04

17.04.55*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Graf, für den Ausdruck „schäbig“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

*****

Nächster Redner ist Abgeordneter Johann Weber. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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17.05.10

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch geschätzte Zuseher und Zuseherin­nen zu Hause! Bilaterale Verträge, zum Beispiel Abkommen über wissenschaftlich-tech­nologische Zusammenarbeit, werden weltweit und daher auch von Österreich als Instru­ment zur Förderung und Stimulierung der internationalen Kooperation in Wissenschaft, Forschung und Innovation eingesetzt.

Bei diesem gegenständlichen Abkommen mit Brasilien sollen die Mobilitätskosten bei gemeinsamen Forschungsarbeiten und Veranstaltungen auf wissenschaftlich-technolo­gischem Gebiet auf Grundlage der Gegenseitigkeit finanziert werden. Ziel dieses Ab­kommens sollen Chancen für die Wissenschaft und für die Forschung sein, aber nicht nur für Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen, sondern in weiterer Folge auch für unsere jungen, motivierten, innovativen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so­wie Forscherinnen und Forscher, damit sie sich international betätigen können.

Brasilien ist eine aufstrebende Volkswirtschaft, hat circa 210 Millionen Einwohner und zeigt einen Drang zur Internationalisierung. Es entspricht absolut dem allgemeinen Zeit­geist, sich den Herausforderungen offen und gemeinsam zu stellen – so auch in der Wissenschaft und der besagten Forschung.

Es ist dies nicht das erste Abkommen, das Österreich in diesem Zusammenhang ab­schließt, und das ist auch gut so. Es ist immer besser, miteinander und nicht gegenein­ander zu arbeiten (Beifall des Abg. Jakob Schwarz), und es ist richtig und wichtig, von­einander zu lernen und sich so gemeinsam zum Wohle beider Seiten weiterzuentwi­ckeln.

Bilaterale Zusammenarbeit ist absolut begrüßenswert. Es entstehen auch auf dieser Ebene lebenslange Kontakte, so wie bei den Erasmusprogrammen für die Jugend und so weiter.

Es fließt zudem kein Geld in ein anderes Land. Gelder werden nur koordiniert eingesetzt. Gelder, die da eingesetzt werden, kann man auch als Seedmoney bezeichnen; sie funk­tionieren sozusagen wie Samen: Durch den Einsatz von 1 Euro werden mehrere Euro Ertrag ausgelöst.

Ich freue mich in diesem Zusammenhang, dass Österreich in diesem Bereich investiert und es mit Sicherheit zu einer Win-win-Situation kommen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


17.07.59

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Ich möchte zur Änderung des COVID-19-Hochschulgesetzes betreffend § 109 und zum Ghostwriting Stellung nehmen. Es wurde schon sehr viel darüber ausgeführt, ich möchte für die Zuseher zu Hause noch einmal darauf eingehen.

Aufgrund der Covid-Pandemie konnten viele Forschungsaufträge an den österreichi­schen Universitäten nicht abgeschlossen werden, das COVID-19-Hochschulgesetz ent­hält bereits eine Sonderbestimmung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Be­reich von Drittmittelprojekten und Forschungsprojekten tätig sind.

Vom Abschluss dieser Forschungsprojekte, Forschungsarbeiten und deren Publikation hängen die Karrieren vieler junger WissenschaftlerInnen und auch weitere Folgeforschungs­aufträge ab. Es ist umso wichtiger, dass diese Bestimmungen nun auf Arbeitsverhältnis­se ausgeweitet werden sollen, die zur Erfüllung der Qualifizierungsvereinbarung nach


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den Kollektivverträgen zur Erreichung einer Qualifikation oder Karrierestufe erforderlich sind.

Ich möchte hier anmerken, Herr Bundesminister – und das haben die Vorredner schon gesagt –, dass die arbeitsrechtliche Situation von jungen Wissenschaftlerinnen und Wis­senschaftlern an unseren Unis oft sehr schwierig ist. Sie kämpfen mit Bedingungen – Stichwort Kettenvertragsregelung –, die in der Privatwirtschaft so nicht möglich wären. Ich ersuche Sie – und ich habe gehört, dass Sie sich mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zusammensetzen wollen –, dieses Problem rasch anzugehen und zu lösen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Einige Anmerkungen noch zum Antrag der Kollegin Künsberg Sarre betreffend Verbot des gewerblichen Ghostwriting: Mittlerweile ist Ghostwriting ja ein echter Wirtschafts­zweig geworden. Firmen bieten Leistungen an, die der Erschleichung eines akademi­schen Grades dienen sollen – wenn Studierende finanzkräftig genug sind. Das ist na­türlich nicht nur unfair gegenüber vielen ordentlichen StudentInnen, sondern schlichtweg Betrug.

Anfällig für Ghostwriting sind aus unserer Sicht vor allem Fernstudien, aber auch jene Studienzweige, bei denen die Verhältniszahlen zwischen wissenschaftlichen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern und Studierenden sehr hoch sind, denn wenn ein wissenschaftli­cher Mitarbeiter für 300 Studentinnen und Studenten zuständig ist, kann er nicht alle kennen, kann er nicht deren Stil erkennen.

Die beste Prävention gegen Ghostwriting wäre aus unserer Sicht, dass die Verhältnis­zahl zwischen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Studenten mög­lichst niedrig gehalten wird; dann fliegt Ghostwriting am ehesten auf. Wir unterstützen jedoch diesen Antrag, durch den sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer in Zukunft strafrechtlich verfolgen werden sollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann. – Bitte.


17.11.07

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Minister Faßmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher vor den Fernsehgeräten, sofern Sie diese Debatte noch mitverfolgen! Die in Aussicht ge­stellte Änderung der Kettenarbeitsverträge gemäß § 109 UG, die Sie, Herr Minister, im Herbst vorlegen wollen, kann ich als Dienstrechtlerin nur begrüßen. Ich bin froh, dass das endlich auch angegangen wird. Es ist schon gesagt worden, die Unis hätten auch Potenzial und hätten das Pouvoir dazu, aber wenn wir das hier im Hohen Haus regeln, hat das, denke ich, auch etwas.

Ich möchte aber jetzt auf den Entschließungsantrag, der dem Hohen Haus vorliegt, den du, lieber Kollege Graf, eingebracht hast, eingehen. Es ist dein Ansinnen, die Zusam­menlegung der beiden Kunstuniversitäten zu prüfen, und ich möchte das aufgrund der Argumente, die du vorgebracht hast – die niedrigen Studierendenzahlen, aber auch die deckungsgleichen Angebote, die du ortest –, gerne verifizieren oder falsifizieren, und ich komme dann auch zu einem Ergebnis.

Ich habe mir beide Kunstuniversitäten sehr genau angesehen, lieber Herr Kollege Graf. Die geringen Studierendenzahlen, etwa 1 700 an der Uni für angewandte Kunst und etwa 1 500 an der Akademie der bildenden Künste, stehen folgenden Überlegungen ge­genüber: Einerseits haben beide Universitäten ein Zulassungsverfahren, sodass nicht allzu viele Studierende aufgenommen werden können, und das ist auch sehr begründet. Zum einen sind es natürlich die intensiven Betreuungssituationen, das heißt, es gibt sehr


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viel künstlerischen Einzelunterricht, aber auch sehr viele kleine Gruppen, in denen unterrichtet wird, und andererseits – und das möchte ich wirklich auch sehr klar ins Treffen führen – gibt es eine hohe Prüfungsaktivität bei den Studierenden, nahezu 90 Pro­zent, und auch wirklich sehr viele Abschlüsse. Das heißt, da wird wirklich hervorragende Arbeit von Lehrenden und Studierenden geleistet.

Die Lehrveranstaltungen haben wirklich ein spezifisches Lehrformat; das habe ich er­wähnt. Wenn man jetzt diese zwei Universitäten zusammenlegt, dann sehe ich da keine Optimierung, denn die Gruppengrößen werden dadurch nicht kleiner, will man diese Betreuungsqualität auch erhalten.

Des Weiteren möchte ich schon festhalten: Wenn man sich die Curricula anschaut und vergleicht, dann sieht man sehr wohl eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei den einzelnen Studien. Ich nehme zwei heraus: Das PhD-in-Practice-Studium an der Akade­mie zum Beispiel hat einen ganz klaren interdisziplinären künstlerisch-wissenschaftli­chen Zugang, auf der anderen Seite ist das Doktoratsstudium an der Uni für angewandte Kunst rein künstlerisch ausgerichtet. Beide aber, meine Damen und Herren, verfolgen je einen individuellen Forschungsaspekt, und in der Gesamtschau sind sie wertvoll für die Festigung und für die Weiterentwicklung der Kunst.

Sowohl die Uni für angewandte Kunst als auch die Akademie der bildenden Künste ha­ben je eine eigenständige Wahrnehmung und auch eine ausgezeichnete nationale und internationale Reputation. Kooperationen sind sinnvoll und werden auch gemacht, in der Restaurierung, in der Architektur, aber auch in den Genderlehrveranstaltungen.

Wirtschaftlich – und das kann jeder nachvollziehen – bedeutet die Zusammenlegung von zwei großen Instituten in den nächsten Jahren baulich gesehen vor allem einen großen Mehraufwand.

Und ja, als Juristin erlaube ich mir auch einen Fokus darauf: Eine Umgestaltung des UG in diesem Bereich durch Zusammenlegung dieser beiden Universitäten, ohne die Betrof­fenen einzubeziehen, wäre für mich nicht sinnvoll.

Summa summarum ergibt sich für mich aus den dargelegten Gründen, dass ich dieser Zusammenlegung oder auch einer Prüfung einer Zusammenlegung nicht zustimmen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Martin Graf: Nicht einmal prüfen wollen!)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

17.15.40Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 12 bis 19


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Abstimmungen, und ich frage die Klubs, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können oder ob sie eine kurze Sitzungsunterbrechung haben möchten. – Gut, ich habe aus den Handbewe­gungen vernommen, dass wir ohne Sitzungsunterbrechung sofort in den Abstimmungs­vorgang eintreten können.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz über Privathochschulen erlassen wird und das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 267 der Beilagen unter Berück­sichtigung der vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird, samt Titel und Eingang in 235 der Bei­lagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studien­förderungsgesetz 1992 geändert wird, samt Titel und Eingang in 204 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Bei Zustimmung in dritter Lesung bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 270 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend COVID-19-Hochschul­gesetz, samt Titel und Eingang in 271 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Bei Zustimmung in dritter Lesung ersuche ich auch um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Wissenschaftsausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über wissenschaftlich-technologische Zusammenar­beit, in 119 der Beilagen, gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Ge­nehmigung zu erteilen.

Wer ist für die Genehmigung dieses Staatsvertrages? – Das ist einstimmig ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 273 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme dieses Berichtes? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: die dem Ausschussbe­richt 274 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Verbot des gewerbli­chen Ghostwriting im akademischen Bereich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (66/E)


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17.20.0820. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 11. Schulorganisationsge­setz-Novelle, das Schulunterrichtsgesetz, das Privatschulgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Österreichi­sche Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (311 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


17.20.42

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Kürzlich ist mir jemand begegnet, der mir stolz berichtete: Ich werde im Jah­re x2 x Jahre alt. Die Frage ist: In welchem Jahr ist er geboren? – Das ist so eine typische mathematische Frage: Sie ist kurz, knapp gestellt. Es kommt hier der eigenartige Buch­stabe x als Zeichen für die Unbekannte vor. X kommt von Xenos, Xenos ist ja der Un­bekannte. Die Frage hat eine eindeutige Antwort, und sie ist völlig abstrakt und von jeg­licher Anwendung befreit. So schauen halt mathematische Aufgaben aus.

Es ist keine Aufgabe, die ich für die Matura empfehlen würde, wiewohl sie aus mathema­tischer Sicht nicht ganz uninteressant ist, denn wenn man die Lösung weiß, dann weiß man über die Verteilung der Quadratzahlen, die sehr dünn ist innerhalb des Zahlenrei­ches, ein bisschen Bescheid, diophantische Gleichungen kann man lösen. So sind typi­sche mathematische Aufgaben und sie kommen bei der Mathematikmatura nicht so vor. Die Mathematikmatura schaut ganz anders aus, vielleicht schaut sie noch nicht optimal aus.

Es ist ja in diesem Gesetzespaket, das wir jetzt vor uns haben, auch die Matura ein Thema. Die Matura wird aber ein viel größeres Thema sein, als dass wir sie nur jetzt hier behandeln, sie wird uns weiterhin beschäftigen, und das ist auch gut so.

Gerade im Fach Mathematik ist es ja der Fall, dass man sich damit beschäftigen soll, und ich als Mathematiker muss Ihnen gestehen, dass ich, wenn ich mir die Beispiele anschaue, sagen muss: So richtig Mathematik ist das, was hier steht, nicht! Und vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass die Ergebnisse nicht dem entsprechen, was wir uns erhoffen. Insbesondere die Professorinnen und Professoren an den Universitä­ten, an den Hochschulen erhoffen sich eigentlich andere Kompetenzen als das, was bei der Matura abgefragt wird. So hat man es ja gelesen und gehört, und ich glaube, das stimmt auch.

Es ist so, dass das typische mathematische Beispielstellen ja irgendwie verpönt gewor­den ist. Es muss alles einen Anwendungsbezug haben, alles muss irgendwie nahelie­gend sein – aber das nimmt dem Fach eigentlich seinen Reiz.

Es war Edward Frenkel, der in seinem Buch „Liebe und Mathematik“ geschrieben hat, man stelle sich einen Kunstunterricht vor, und in diesem Kunstunterricht bekommt man immer nur beigebracht, wie man einen Zaun anmalt, einfach immer nur, wie man einen Zaun anmalt. Man erfährt nichts von Leonardo, nichts von Raffael, nichts von Picasso, man erfährt nur, wie man einen Zaun anmalt, und danach wird jemand, der diesen Un­terricht hinter sich gebracht hat, sagen: Es war todlangweilig, mich interessiert Kunst überhaupt nicht! Wenn ich jemals einen Zaun anmalen muss, dann werde ich mir einen Maler bestellen, das ist doch völlig uninteressant für mich! Es war reine Zeitverschwen­dung!


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Ähnlich ist es ja auch in der Mathematik bestellt: Sie lernen Dinge, die eigentlich von der Mathematik, wie wir Mathematiker sie lieben, weit entfernt sind. Das gilt es zu verbes­sern. Und jetzt haben wir die Möglichkeit – der Herr Minister hat ja ein offenes Ohr –, hier Verbesserungen einzuführen. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, den wir sehr ernst nehmen sollten: den Mathematikunterricht so zu vollziehen, wie auch ein anständiger Kunstunterricht sein soll, ein Kunstunterricht, bei dem man nicht nur lernt, einen Zaun anzumalen, sondern auch von den großen Meistern, die früher gelebt haben, lernt. In der Mathematik ist es ähnlich: Es sollen nicht einfach nur irgendwelche konstruierten Beispiele gelöst werden, die noch dazu schlecht gestellt sind.

Es ist ja so, dass dieses Auf und Ab und Auf und Ab beim letzten Mal vielleicht auch dadurch entstanden ist, dass das Ergebnis letztes Jahr gut war, weil Scholz, der ehe­malige Präsident des Stadtschulrats, durch die Gegend gezogen ist und den Menschen beizubringen versuchte, die Aufgaben so zu stellen, dass man sie gut lesen kann, dass sie sprachlich anständig sind – und das ist jetzt plötzlich vorbei gewesen. In diesem Jahr sind die sogenannten Bildungsexperten, die sich immer selbst ernannt hatten, wieder hervorgekommen und haben gesagt: Wir machen das besser! – Das sind ja gar nicht die richtigen Mathematiker.

Nun haben wir wirklich die Chance. Es wird umgestellt, es kommen wirkliche – wirkli­che! – Mathematiker zu Wort, und dafür bin ich dem Minister sehr dankbar. Es kommt ein Mathematikprofessor der Universität Wien, den ich persönlich sehr hoch schätze, Eichmair, es wird ein Praktiker aus Tirol kommen (Beifall des Abg. Hörl), und die werden dann eine weitere starke Verbesserung herbeiführen. Wir danken dem heiligen Land Tirol dafür, dass es uns diesen Mathematiker zur Verfügung stellt. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden also schauen, dass die Matura in die Nähe dessen kommt, was sich die Universitäten hinsichtlich Studierfähigkeit erwarten, denn darauf kommt es auch an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe jetzt nur über mein Fach – Mathe­matik – gesprochen, es gibt aber auch das Fach Deutsch, und auch da steht nicht alles zum Besten. Ein Text von Ronja von Rönne wurde hergenommen. Die Autorin selbst sagte: Es war das Schlechteste, was ich je geschrieben habe, völlig sinnlos, belanglos, aber die Kinder werden damit bearbeitet und sollen dann groß Interpretationen finden – von etwas, zu dem es keine Interpretation gibt. Man muss also über die leere Menge viel aussagen. – Auch das muss geändert werden.

Wir haben die großen Dichter Rilke, Hofmannsthal, Heine, Gott im Himmel, wer auch immer, die Namen sind Legion, und wir nehmen Ronja von Rönne – bei aller Ehrfurcht ihr gegenüber, aber das kann es doch bei einer Matura nicht sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben einen Minister, der dafür offen ist, die Matura neu, besser, gut zu gestalten. Sie soll eine Zentralmatura sein, selbstver­ständlich, das ist ein wichtiger Aspekt, aber sie soll auch den Fächern gerecht werden und den Kindern das Gefühl geben: Ich habe etwas gelernt, was sinnvoll ist – selbst dann, wenn man nicht sofort sieht, wo es seine Anwendung findet, wie auch beim Alter des Herrn aus dem Beispiel am Anfang meiner Rede. Wer die Lösung findet, kann sie mir noch am heutigen Tage mitteilen, ich würde mich sehr freuen. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharo­wits. – Bitte.


17.26.57

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Mi­nister! Lieber Kollege Taschner, ich würde das, was Sie in den letzten 5 bis 6 Minuten


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hier vom Redner- und Rednerinnenpult aus kundgetan haben, gerne ein bisschen fort­setzen. Ich denke, das Wichtigste wäre einmal – mit Verlaub –, die Angst vor der Mathe­matik zu nehmen. Sie haben jetzt mit Ihrem Versuch, glaube ich, nicht in diese Kerbe geschlagen, sondern der ist meiner Meinung nach in eine andere Richtung gegangen. Ich glaube, die Hauptaufgabe wäre, endlich einmal davon wegzukommen, dass Mathe­matik das Angstfach schlechthin ist.

Es ist daher gut, dass die Matura sozusagen adaptiert wird, und ich möchte vor allem Kollegen Eichmair, den Sie erwähnt haben – Michael Eichmair, Professor an der Uni Wien –, besonders hervorkehren, der ein grandioses Projekt auf die Füße gestellt hat, nämlich Mathematik macht Freu(n)de. Das ist wirklich etwas, bei dem man sich gegen­seitig unterstützt, den SchülerInnen durch Studierende schon die Angst nimmt. Das muss noch mehr in den Vordergrund gestellt und noch mehr von der Politik gefördert und unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt aber zurück zur Materie: Es liegt uns ja wieder einmal eine Mixtur von Gesetzes­materien vor, ein Sammelgesetz. Geschätzte Kollegen und Kolleginnen von den Regie­rungsfraktionen, wir haben das von dieser Stelle aus schon oft kundgetan: Bitte hören Sie mit diesen ständigen Sammelgesetzen auf! Ich frage Sie: Was hat die Ausbildung der ElementarpädagogInnen – frühkindliche Erziehung – mit diversen Anrechnungen, mit Prüfungstaxen beziehungsweise mit der neuen Oberstufe zu tun? Darf ich Sie das fragen: Was konkret? Warum sind Sie wieder einmal diesen Weg gegangen? Und dazu kommt ja noch Folgendes: Einige Materien aus diesem Sammelpaket waren in Begut­achtung, aber in verkürzter Begutachtung – statt der sechs Wochen nur drei Wochen –, andere gar nicht. Warum gehen Sie so mit dem Parlament um? Ich verstehe es nicht! Warum machen Sie das in dieser Form? (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden trotz dieser Kritik dem Gesetzespaket unsere Zustimmung geben. Ich möch­te aber trotzdem zwei Aspekte beziehungsweise zwei Gesetzesmaterien noch einmal kurz herausgreifen: Das eine ist die Verankerung des Lehrgangs für Früherziehung. Es ist positiv, dass ElementarpädagogInnen eine weitere Qualifikation für Kinderkrippen, Krabbelstuben bekommen – das ist ganz zentral, denn es liegen nun einmal Welten zwischen Null- bis Zweieinhalb-, Dreijährigen und Zweieinhalb- bis Sechsjährigen, was die Bildung anlangt. Das ist also wirklich positiv.

Wann aber geht es denn endlich los mit der stärkeren Wertschätzung, indem man die ElementarpädagogInnen endlich sozusagen auf die tertiäre Ebene hebt? Wann kommt das, Herr Minister? Damit wäre nämlich nicht nur der Applaus verbunden, der sehr wert­schätzend war, sondern endlich auch eine höhere, gerechtere Bezahlung, und das braucht es dringend. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Aspekt – ich frage Sie dazu ganz offen, ich habe Sie das auch im Ausschuss gefragt –: die neue Oberstufe. Die ursprüngliche Variante zielt ganz klar darauf ab, dass die SchülerInnen explizit gefördert werden – Talenteförderung und vieles mehr. Was Sie jetzt in dem Gesetzespaket machen, ist, das wieder zu verschieben, rauszuschieben, irgendwo hinzuschieben. Wir verlangen als Parlament, als Ausschuss endlich die Eva­luierung der neuen Oberstufe. Diese liegt nämlich seit März auf dem Tisch. Wo ist sie? Wir fordern an dieser Stelle die Veröffentlichung.

Liebe SchülerInnen, ich wünsche euch einen grandiosen Sommer! Genießt es nach die­ser schwierigen Zeit, erholt euch und lasst es euch gut gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Die Schüler nicht? Nur die Schülerinnen?)

17.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 171

17.30.41

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Das Schul­jahr neigt sich dem Ende entgegen, ein Schuljahr, das von einem chaotischen Schulbe­trieb, von einem chaotischen Lernbetrieb gekennzeichnet war, in dem wir mittlerweile wiederum mehr oder weniger im Wochentakt die Schulen auf- und zusperren. In Oberös­terreich wurden die Schulen wieder geschlossen. Schüler, Eltern, Lehrer wurden allein­gelassen, wurden sich selbst überlassen, waren einer völligen Unsicherheit und Uninfor­miertheit ausgesetzt, genauso wie es sich ja in den vergangenen Monaten immer wieder abgezeichnet und abgespielt hat.

Heute Nachmittag hat Herr Landeshauptmann Stelzer wieder eine aus meiner Sicht völ­lig sinnlose Maskenpflicht verhängt, obwohl es da offensichtlich keine Abstimmung zwi­schen Bund und Ländern gibt; die fehlt genauso, wie jegliche Strategie dieser Bundesre­gierung im Zusammenhang mit dieser Coronakrise fehlt.

Das weitaus Erschreckendere – und da spiegelt sich diese fehlende Strategie auch wider – ist aber, dass es nicht einmal innerhalb der Österreichischen Volkspartei eine Abstimmung gibt, wenn man so vorgeht. Wenn sich beispielsweise sogar die Landes­hauptfrau von Niederösterreich Mikl-Leitner einschaltet und in die Diskussion einwirft, dass Herr Landeshauptmann Stelzer durchaus am Minoritenplatz hätte anrufen können, bevor er die Schulen zusperrt, dann wirft das ein bezeichnendes Licht auf die Volkspartei und darauf, wie sie in völliger Strategielosigkeit dieses Land regiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, wir wissen, dass Sie kein Freund von Schulschließungen sind. Aktuelle Studien bestätigen auch, dass Kinder bei der Verbreitung von Covid-19 keine Rolle spielen, und Sie selbst, Herr Bundesminister, haben bekräftigt, dass es seit der Schulöffnung im Mai nur 80 Coronafälle in den Reihen der Schülerinnen und Schüler gegeben hat, wohlgemerkt, bei 1,1 Millionen Schülern, und bei den Lehrkräften – bei 400 000 Pädagogen im Land – insgesamt nur 15 Erkrankungen. Gleichzeitig warnen uns auch Psychologen immer wieder davor, was die Folgen von Schulschließungen, von Distancelearning und Ähnlichem dann tatsächlich sind.

Daher, weil eben diese Planlosigkeit der gesamten Bundesregierung Kurz, diese Unko­ordiniertheit, diese Strategielosigkeit herrscht, darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicher­stellung eines regulären Unterrichts im Schuljahr 2020/21“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, sicherzustellen, dass im Schuljahr 2020/21 in allen Schulen keine ,neue‘ Normalität mehr herrscht, sondern ein regulärer Unterricht stattfin­den kann.“

*****

Hohes Haus! Mit der zur Debatte stehenden Regierungsvorlage soll unter anderem auch die sogenannte Nost, also diese neue Oberstufe, zum gefühlt x-ten Mal verschoben wer­den. Diese erneute Verschiebung ist ein klares Zeichen dafür, dass sie eigentlich gar nicht gewollt ist. Warum also sagen wir sie nicht gänzlich ab? Was hindert uns schluss­endlich daran? Wir hängen da unseren Kindern einen Rucksack um, in dem sich mögli­cherweise eine Prüfung, ein Nicht genügend findet, möglicherweise mehrere, die sie


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unter Umständen über Jahre hinweg mitschleppen und die dann dazu führen, dass sie möglicherweise kurz vor dem Ziel, kurz vor der Matura feststellen müssen, sie können jetzt diesen Abschluss nicht machen. Warum verschieben wir sie also, wenn wir sie doch gleich abschaffen könnten und wollen?

Die individuelle Lernbegleitung ist in diesem Zusammenhang eine gute Sache und das ist auch sinnvoll, das kann man belassen.

Zur Regierungsvorlage selbst darf ich insgesamt noch sagen, dass wir dazu unsere Zu­stimmung erteilen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.35

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sicherstellung eines regulären Unterrichts im Schuljahr 2020/21

eingebracht in der 43. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 7. Juli 2020 im Zuge der Debatte zu TOP 20, Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorla­ge (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 11. Schulorga­nisationsgesetz-Novelle, das Schulunterrichtsgesetz, das Privatschulgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Prü­fungstaxengesetz geändert werden (311 d.B.)

Die mit 13. Mai 2020 kundgemachte Verordnung „Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schul­wesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (C-SchVO)“ ist in Teilen auch für das Schuljahr 2020/21 in Kraft und lässt befürchten, dass auch im kommenden Schul­jahr 2020/21 keine Rückkehr zum regulären Unterricht geplant ist.

Laut BM Faßmann seien österreichweit seit der Schulöffnung im Mai nur 80 Corona-Fälle in den Reihen der Schülerinnen und Schüler bestätigt worden, weitere 15 Fälle haben Lehrkräfte betroffen – bei insgesamt rund 400.000 Pädagoginnen und Pädagogen und mehr als 1,1 Millionen Schülerinnen und Schülern. Also etwa 0,006 Prozent! Aktuelle Studien zeigen auch, Kinder spielen keine Rolle bei der Verbreitung von Covid-19:

„Erstmals gibt es jetzt zwei große CoV-Studien unter Wiener Schülerinnen und Schülern. Mehrere tausend junge Leute sind dafür getestet worden. Das Ergebnis: Schulkinder haben – wie schon oft vermutet – bei der Verbreitung des Virus keine große Rolle ge­spielt.“ (orf.at, 6.7.2020)

Dem gegenüber warnen immer mehr Psychologen vor den Folgen von Schulschlie­ßungen, „homeschooling“ und Ähnlichem.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, sicherzustellen, dass im Schuljahr 2020/21 in allen


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Schulen keine „neue“ Normalität mehr herrscht, sondern ein regulärer Unterricht stattfin­den kann.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


17.35.00

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Richtig, Kollegin Kucharowits, das ist ein Sammelgesetz – nicht die allereleganteste aller Lösungen, trotzdem eine gute.

Es ist ein Schulrechtspaket, und vielleicht ist es in der Gesamtschau ganz interessant, sich einmal anzuschauen, was da alles drinnen steckt. Da sind nämlich Novellierungen drinnen, die ganz verschiedene Bereiche unseres Bildungssystems beleuchten. Es ist einerseits schon der Lehrgang für Früherziehung erwähnt worden – da geht es um Ein- bis Dreijährige –, dann ist einiges betreffend das Gymnasium, die Oberstufe und die Ma­tura drinnen, dann ist der Schwerpunkt über die Schulversuche drinnen, speziell die Leistungssportschulen, die Ballettschulen, die Skigymnasien und Skihauptschulen zum Beispiel, dann sind land- und forstwirtschaftliche Fachschulen drinnen, und es sind auch Neuerungen betreffend Bibliothekenverbund drinnen – und das öffnet das weite Feld der ganzen Erwachsenenbildung, die man ja oft auch vergisst, wenn es um Bildung geht.

All das zusammengenommen ist Bildung in Österreich – und alle diese Einrichtungen, die alle Bildungseinrichtungen sind, brauchen wir dringend als soziale Orte, auch als soziale Orte der Begegnung, speziell in Zeiten von Corona.

Da möchte ich noch ein paar Worte allgemeiner Natur anschließen an das, was Kollege Brückl gerade gesagt hat, was nämlich speziell Bildungsinstitutionen in Zeiten der Epide­miebekämpfung betrifft: Ja, wir werden ganz genau hinschauen müssen, wie sich die Infektionszahlen entwickeln, wie örtliche Entwicklungen aussehen. Wir werden auch ganz sicher manchmal den Betrieb einschränken müssen, an bestimmten Orten redu­zieren müssen, eventuell auch die eine oder andere Einrichtung temporär zusperren müssen. Was wir aber sicher nicht machen dürfen, wird sein, einfach automatisch und großflächig zuzusperren, weil wir glauben, das ist das Einfachste, was uns gerade ein­fällt, und weil wir meinen, das könnte vielleicht so eine Art Allzweckwaffe für alles sein, weil uns nichts anderes einfällt.

Was ich damit sagen will: Epidemiebekämpfung ist extrem wichtig, sie geht uns alle an, sie geht uns in Betrieben, in öffentlichen Einrichtungen, im Verkehr an. Alle unsere Ver­haltensregeln im Alltag wird das betreffen. Das ist eine komplexe Aufgabe, die sich im Herbst definitiv neu und drängend stellen wird, aber ich gehe davon aus, dass der Herr Bundesminister darauf schauen wird, dass die Bildungseinrichtungen in Österreich diese Aufgabe nicht allein bewältigen und nicht stellvertretend für alle anderen werden schul­tern müssen, und dabei sichere ich ihm unsere volle Unterstützung zu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.37


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Heinz Faßmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.37.42

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich schätze ja die offene Diskussion im


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Hohen Haus über alles, und ich passe auch immer genau auf, denn man lernt natürlich ganz unterschiedliche Perspektiven kennen. Man geht, sage ich auch, ohne einen zu großen Optimismus an den Tag zu legen, mit bereichernden Meinungen aus dem Haus.

Ich möchte nur eines, Herr Brückl, schon klar sagen, bei aller Offenheit und bei aller Klarheit der politischen Diktion: Es war kein chaotischer Schulbetrieb, der seit dem 16.3. (Abg. Belakowitsch: Na sicher!) oder seit dem 18.5. wieder stattfand. (Abg. Belako­witsch: Ein volles Chaos! Ein Megachaos!) Damit würden Sie wirklich allen Lehrern und Lehrerinnen, allen Direktoren und Direktorinnen unrecht tun. Was wir angesichts der Maßnahmen gemacht haben, das Herunterfahren der Schulen, aber auch das schritt­weise Wiedereröffnen der Schulen, ist planvoll abgelaufen (Abg. Belakowitsch: Sehr planvoll! ...!), auch von mir immer in einem sehr großen Zeitabstand, Wochen vorher, angekündigt. Man kann also nicht sagen, dass es zu einem planlosen Schulbetrieb ge­kommen ist. (Abg. Belakowitsch: Aber wie planlos!)

Man kann auch nicht sagen, dass jegliche Strategie gefehlt hat. (Abg. Belakowitsch: Ich hab’ keine erkennen können!) Es war ganz klar, welche Strategie wir angewandt haben, nämlich Bekämpfung der Pandemie. Und als wir eine Chance gesehen haben, wieder Schulen zu öffnen, haben wir es getan, unter Maßgabe von Hygienevorschriften, auch unter Maßgabe des Einhaltens von Distanz.

Also, Herr Brückl, bei allem Verständnis für den politischen Diskurs, der immer auch ein bisschen deutlich sein muss, weil es klarerweise viele gibt, die darauf großen Wert legen: So ist es nicht und hat es nicht stattgefunden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was wir derzeit auch tun, ist natürlich, zu überlegen: Wie gehen wir im Herbst vor? Wir hatten ja Gelegenheit, im Ausschuss auch darüber zu sprechen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass von meinem Haus eine ganze Reihe von Studien, von angewandten und auch von Grundlagenstudien, durchgeführt worden ist, um genau dieses Risiko der Infektion von Kindern festzustellen – wir haben auch sehr stark die Methodik befördert, die Gurgelwassermethode, die sogar so weit gekommen ist, dass sie irgendwann einmal im Einzelhandel kaufbar sein wird –, um abschätzen zu können, wie viel Risiko dahinter­steckt, aber auch um Instrumente zu haben, um in relativ kurzer Zeit eine große Anzahl an Schülern und Schülerinnen testen zu können, denn wir müssen den Eltern auch Si­cherheit geben, dass das, was wir mit der Schule vorhaben, nicht gegen ihre Interessen abläuft.

Wir arbeiten derzeit mit den Medizinischen Universitäten an Szenarien, um sagen zu können, was möglich ist, was wahrscheinlich ist, und wir werden dann unsere strategi­schen, planvollen Überlegungen genau vor diesem Hintergrund anstellen.

Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. Es ist nicht alles planlos und strategielos, so wie es Ihnen erscheint. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


17.41.12

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegin Belakowitsch, hätte ich einen Telefonjoker frei, wenn es um die Frage geht, wie man eine globale Pandemie am besten meistert, ich glaube, die FPÖ würde es nicht werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.) Wenn wir zusperren, sperren wir zu wenig zu, wenn wir aufsperren, sperren wir zu wenig auf. Machen wir es so, machen wir es falsch, machen wir es anders, machen wir es falsch. Sie nehmen Ihre Rolle als Opposition sehr ernst, das ist auch legitim, aber


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sehr konstruktiv ist es nicht. (Abg. Belakowitsch: Sie haben ja nicht aufgesperrt, die Schulen! Sie haben kein Schulkind, Sie wissen ja gar nicht, wie das abgelaufen ist! Jetzt haben die Schulen in Oberösterreich schon wieder zu! Das ist doch alles chaotisch!)

Ich komme jetzt zur Regierungsvorlage: Wir haben beschlossen, auch schon per Ent­schließung hier im Parlament und jetzt auch als Bundesregierung, dass wir alle Schul­versuche, die es gibt – es waren 1 420 an der Zahl –, einmal evaluieren und die Versu­che auslaufen lassen. Ich muss ehrlich sagen, ich habe es gar nicht glauben können. Ich weiß schon, ein Provisorium ist in Österreich manchmal schon auch etwas Langfris­tiges, aber dass es Schulversuche gibt, die quasi nie beendet wurden, das konnte ich fast nicht glauben. Umso sinnvoller ist es, dass wir das jetzt machen; ich glaube, das ist für die Schulversuche, die sich bewährt haben, wirklich wichtig.

Ich erwähne zum Beispiel das Theresianum, die Schulen der Wiener Sängerknaben – das sind Vorzeigeschulen, auf die wir durchaus stolz sein können –, aber auch Hoch­leistungssportschulen wie zum Beispiel in Tirol und auch in anderen Bundesländern. Ich glaube, es ist auch ein Zeichen der Wertschätzung diesen Schulen gegenüber, dass wir denen jetzt sagen: Ihr seid kein Versuch mehr, ihr seid jetzt ordentliche Schulen und werdet als das akzeptiert, was ihr seid, und als vollwertig angesehen! Ich meine, das ist schon einmal ein gutes Signal. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gibt auch andere Schulversuche, die jetzt an vielen Schulen ein Thema waren, wie zum Beispiel der Ethikunterricht, den wir im Rahmen des Regierungsprogramms jetzt auch umsetzen, oder zum Beispiel den Lehrgang für frühkindliche Förderung an der Ba­fep, den man in Anspruch nehmen kann.

Also ich habe wirklich das Gefühl, dass wir da Cherrypicking betrieben haben, wirklich die besten Dinge, die wir schon gut getestet haben, ins Regelschulwesen überführen. Ich glaube, das ist eine mehr als sinnvolle Sache, und danke auch für die breite überpar­teiliche Unterstützung dieser Initiative! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann. – Bitte.


17.43.43

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister Faß­mann! Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Mit der Novelle des Schulorganisationsgesetzes und des Schulunterrichtsgesetzes haben wir einige wichtige Änderungen vorliegen, aus denen ich gerne jene die Nost, die neue Oberstufe, betreffend herausgreifen möchte.

Diese Nost, neue Oberstufe, wurde zu Beginn des Schuljahres 2017/18, also im Herbst 2017, an den Schulen eingeführt, von zahlreichen berufsbildenden und etlichen allgemeinbil­denden Schulen übernommen. Diese Schulen sind damals freiwillig eingestiegen. Nach einem Testlauf von zwei Jahren hätte nun diese Nost flächendeckend auf alle Schulen verpflichtend ausgerollt werden müssen.

So, jetzt haben aber die ersten zwei Jahre Testlauf in den Schulen gezeigt, dass sich da etliche Probleme auftun. Ich nehme nur einen Punkt heraus: das Mitnehmen von Nicht genügend. Bis zu drei Nicht genügend konnten eigentlich über Jahre hinweg mitgenom­men werden, das sogenannte Rucksackprinzip. Diese Problematik, aber auch andere Problemstellungen haben gezeigt, die Nost muss einer guten Evaluierung unterzogen werden, daher hat sich der Minister relativ schnell nach seinem Amtsantritt entschlossen, die flächendeckende Einführung der Nost aufzuschieben und eine wirklich gründliche Evaluierung zu machen.


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Die geänderten Rahmenbedingungen im letzten Jahr – ich muss Sie nicht an den Re­gierungswechsel erinnern – haben dazu geführt, dass die Zeit nicht ausreichend war, und daher ist es jetzt wirklich dringend notwendig, die Einführung der Nost noch einmal aufzuschieben, um vorher noch Änderungen machen zu können. Das heißt, wir schieben die vollständige Ausrollung noch einmal um zwei Jahre auf, die Schulen dürfen aber selber entscheiden, ob sie drinbleiben wollen oder ob sie das Opt-out-Modell wählen. Sie können auch freiwillig hineingehen. Herr Minister, auch in diesem Fall macht die Schulautonomie wirklich Sinn, denn ich kenne zahlreiche Schulen, die von der Nost sehr angetan sind, und ich kenne auch zahlreiche Schulen, in denen sie nicht wirklich gut funktioniert.

Lassen Sie mich zu einem zweiten Punkt kommen, über den ich mich wirklich freue: Sie haben gestern wesentliche Veränderungen bei der Mathematikmatura in Aussicht ge­stellt. Bei der Mathematikmatura zeigt sich das Problem, dass alle zwei Jahre, quasi periodisch, die Ergebnisse an den AHS sehr schlecht sind, und das kann nicht nur an der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler liegen. Ich bin persönlich sehr froh, Herr Minister, dass Sie Mathematikprofessor Michael Eichmair von der Uni Wien als Experten gewinnen konnten, der nun die Beratungsgruppe leitet. (Abg. Heinisch-Ho­sek: Die anderen vorher waren auch Experten!)

Michael Eichmair ist bekannt für sein großes Engagement im mathematischen Bereich. Er vertritt die Globale Analysis, und er hat auch einen sehr direkten Draht zu den Lehr­amtsstudentinnen und Lehramtsstudenten, mit denen er ausbildungsmäßig relativ inten­siv arbeitet. Und was mir auch sehr gefällt: Mit seinem Projekt Mathematik macht Freu(n)de hat er wirklich ein einzigartiges Angebot für die Schülerinnen und Schüler und für die Studentinnen und Studenten. Ich kenne ihn persönlich, und darum freue ich mich auch, denn seine Freude an der Mathematik ist wirklich ansteckend, und ich bin guter Dinge, dass wir hier zu einem guten Ziel kommen.

Das Ziel kann kurzfristig ja nur sein, dass wir zu einer spürbaren Erleichterung in der Aufgabenstellung kommen – aber bitte keine ruckartige Veränderung, denn die Vorbe­reitung der Schüler für den Haupttermin im nächsten Jahr läuft bereits seit drei Jahren. Mittelfristig werden die Aufgabe und das Ziel sehr wohl sein, Aufgabenstellungen so zu machen – in den BHS funktioniert es ja Gott sei Dank –, dass der Unterricht davon profitiert und unterstützt wird (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), aber auch die Hochschulreife damit gefestigt wird, denn dieses Staffelholz, dieser Übergang in den tertiären Sektor ist ja auch wesentlich.

Abschließend darf ich Ihnen zur Implementierung der Sommerschule gratulieren. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein Meilenstein: Schülerinnen und Schüler werden in den letzten zwei Ferienwochen unterstützt, die Lücken zu füllen und auch die Lern­rückstände aufgrund der letzten Monate aufzuholen, und für die Eltern ist es auch eine wesentliche Entlastung. (Abg. Heinisch-Hosek: Alle anderen haben nichts davon!)

Den Dank an die Lehrer, an die Direktorinnen und Direktoren, aber heute auch einmal ganz speziell an das Schulverwaltungspersonal, den möchte ich von dieser Stelle aus aussprechen, auch verbunden mit dem Dank für Ihr Engagement, Herr Minister Faß­mann. Mit Intelligenz, Kompetenz, Feinsinn und auch mit einer guten Portion Freundlich­keit führen Sie dieses Ministerium. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.


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Wie vereinbart werde ich die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses verlegen. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

17.49.1721. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 663/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend gesetzliche Verankerung des Modells der Sommerschulen (312 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 711/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sommerschule für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen (313 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Vorderwinkler. – Bitte.


17.50.10

Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Die Sommerschulen sind seit vielen Jahren im Gespräch; Ziel sollte sein, dass die Kinder Rückstände aufholen können. Zur aktuellen, der heurigen Fassung möchte ich jedoch sagen, dass allein die Studentinnen und Studenten davon profitieren werden. Verkauft wurde die Sommerschule als Vorteil für die Kinder, aber als Leiterin einer Schule und Lehrerin mit 25 Jahren Berufserfahrung zweifle ich aus fachlicher Sicht da­ran, dass in zehn Tagen Sommerschule ein Rückstand von knapp einem halben Jahr aufgeholt werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Warum das so ist, möchte ich auch kurz erklären: Es sind Schüler aus unterschiedlichen Altersstufen mit verschiedenen Lernständen in einer Gruppe zusammen, und jedes Kind braucht etwas anderes. Dafür braucht man eine hohe professionelle Kompetenz, und wenn Studentinnen und Studenten das machen, brauchen sie einmal ein paar Tage, um sich auf die Kinder einzustellen. Dann ist schon fast eine Woche vergangen, und zwei Wochen werden dafür eben nicht ausreichen. Das ist eine nette Sache, aber kein Heuler, ein Schnellschuss und nicht durchdacht, aber vor allem geht es an der Bildungsgerech­tigkeit und an den Bedürfnissen der Kinder vorbei. Das vorliegende Projekt wirkt leider nicht dem drohenden Bildungsverlust entgegen, so wie es im Antrag steht.

Im Antrag steht auch, die Sommerschule sei „für jene [...], die es brauchen“. – Dazu habe ich ein paar Fragen: Wer entscheidet das? Welche Kriterien wird es dafür geben? Bleibt die Sommerschule freiwillig oder wird sie verpflichtend? Wie soll das Curriculum aus­schauen? Wenn Kinder fernbleiben, ist das eine Schulpflichtverletzung? Werden über die Eltern dann Verwaltungsstrafen verhängt? Warum wurde nur Deutsch angeboten? Mit welchem Mehraufwand ist zu rechnen? Wie werden die zusätzlichen Stunden der – unter Anführungszeichen – „freiwilligen“ PädagogInnen finanziert? Und werden die Kon­tingente der Länder aufgestockt oder sind das vielleicht genau jene Stunden, die im Ge­genzug bei der Planung für das nächste Jahr schon überall eingespart wurden? – Viele Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 178

Wir sind für eine Sommerschule und wir wollen auch eine Sommerschule, aber heuer wäre es besser gewesen, das Kontingent, die Ressourcen für die Schulen zusätzlich aufzustocken. Als Vorbild möchte ich trotzdem noch einmal Wien erwähnen, wo es mit den Summer-City-Camps erprobte und evaluierte Sommerschulen gibt. Es wird Deutsch, Englisch, Mathematik angeboten, es gibt ein Bewegungsangebot und ein Mit­tagessen. – Das kann man ja als Vorbild nehmen! Jenes Konzept, das hier im Antrag vorliegt, ist inhaltsleer und nicht ausgereift, und daher werden wir ihm nicht zustimmen – weil es überarbeitet, ausgeweitet und vor allem konkretisiert werden muss. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Zum Schluss möchte ich allen, die am Gelingen des heurigen, sehr schwierigen Schul­jahres beteiligt waren, erholsame, schöne Sommerferien wünschen; das gilt von den Schülerinnen und Schülern bis zur Schulaufsicht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte.


17.53.48

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hau­se! Ja, wir haben es schon gehört, die freiwillige Sommerschule und insbesondere auch der Sommerunterricht für jene, die es brauchen – aber andererseits auch, um Eltern zu entlasten –, das ist ein Thema, das schon über Jahre diskutiert wird. Darum wurde es auch in das aktuelle Regierungsprogramm aufgenommen und darin verankert. Ja, die Coronapandemie hat diesen Prozess sicherlich beschleunigt.

Die Sommerschule 2020 ist ein Pilotprojekt, ein Premierenprojekt, ein Pionierprojekt, das sich an die Schülerinnen und Schüler der Volksschulen, der NMS, aber auch an jene der AHS-Unterstufe richtet. Danke, Herr Bundesminister Faßmann, das ist wirklich ein Meilenstein in der Bildungspolitik – danke! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Fokus liegt auf dem Unterrichtsfach Deutsch, das ist schließlich und endlich ein Schlüsselgegenstand in der gesamten Bildung und Ausbildung in Österreich. (Zwischen­ruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Schülerinnen und Schüler, die in diesem Fach einen be­sonderen Nachholbedarf haben beziehungsweise aufweisen, können die letzten beiden Ferienwochen jetzt dafür nützen, diese Rückstände wieder aufzuholen. Die durch das 3. COVID-19-Gesetz erfolgte Novellierung des § 132 Schulorganisationsgesetz ermög­licht einen Ergänzungsunterricht. Auf dieser Basis wird die Sommerschule 2020 als kos­tenfreies Zusatzangebot – wie gesagt, in den letzten zwei Ferienwochen – eingerichtet, denn wir wollen kein Kind zurücklassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Das wird ein Flop!)

In den kommenden Schuljahren soll es dann auch noch eine Ausweitung des Angebotes auf andere Fächer geben – also wir sind erst am Anfang einer Sommerschule, und in diesem Sinne werden wir uns weiterentwickeln. Gut Ding braucht einfach Weile, und was langsam wächst, wird letztendlich auch gut wachsen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Auch hinsichtlich der eingesetzten Lehrkräfte gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit. Wei­ters soll ein schulpraktisches Modul für Lehramtsstudierende mit Anrechnungsmöglich­keit auf das Studium umgesetzt werden. (Abg. Loacker: Lesen Sie sich das immer vorher durch oder kommt der Text überraschend?) Somit ist die Sommerschule eine Kooperation mit Universitäten und pädagogischen Hochschulen, um Lehramtsstudieren­den den Praxiserwerb im Rahmen ihres Studiums zu ermöglichen. Sie waren ja auch in der Zeit der Coronakrise leidgeprüft und haben nicht wirklich richtig Praxiserfahrung ma­chen können. Jetzt können sie das auf diese Art und Weise nachholen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)


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Lehramtsstudierende können sich durch ihre Teilnahme an der Sommerschule 5 ECTS-Punkte anrechnen lassen, womit ihr Studium auch noch die nötige Praxis bereitstellen kann. Dort können sie die entsprechende Praxiserfahrung sammeln, die sie ja grundsätz­lich auch brauchen. Dass Lehramtsstudenten im Rahmen ihres Studiums den Unterricht in der Sommerschule übernehmen, halte ich für sehr, sehr gut und sehr sinnvoll. Eine Entlohnung hingegen ist nicht sinnvoll, denn sie bekommen ohnehin die 5 ECTS-Punkte angerechnet. (Abg. Heinisch-Hosek: Beschämend!)

Der Prozess wird natürlich wie alle Produkteinführungen begleitend evaluiert – diese Sommerschule ist eine Produkteinführung, sie ist etwas Neues – und natürlich auch kri­tisch beobachtet und beleuchtet werden. Die Ergebnisse fließen dann in die Planung für die kommenden Schuljahre mit ein.

Ich freue mich, dass einerseits Kinder, die besondere Förderung brauchen – Corona hat auch da Spuren hinterlassen (Abg. Heinisch-Hosek: Alle brauchen Förderung!) –, die­ses Angebot auf freiwilliger Basis wahrnehmen können, andererseits wird für Studieren­de ein sinnvolles Angebot zum Sammeln von Praxiserfahrung geboten. Darüber hinaus werden Eltern bei der Betreuung der Kinder in den letzten Ferienwochen entlastet – das ist ja auch ein Thema, das immer wieder im Raum gestanden ist. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Mit der positiven Aussicht auf diese Mehrfach-win-win-Situation (Abg. Heinisch-Hosek: Das wird ein Flop!) freue ich mich auf einen wunderbaren Sommer in Österreich, und ich wünsche allen Schülerinnen, allen Schülern, allen Kolleginnen und Kollegen viel Ge­sundheit, eine gute Erholung über den Sommer und einfach schöne Ferien! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Beschämend! – Abg. Meinl-Reisinger: Also ein Ruhmesblatt wird das nicht mit der Som­merschule!)

17.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


17.58.33

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben vorhin gesagt, es ist notwendig, in der Politik auch einmal die Perspektive zu wechseln – da gebe ich Ihnen völlig recht. Wenn ich heute in eine Diskussion gehe, wenn ich heute in eine Debatte gehe, wenn ich an eine Problemlösung herangehe, dann ist mein Grundsatz immer, dass ich mir sage: Auch mein Gegenüber meint es gut. – Das ist die Grundvoraussetzung, von der ausge­hend ich diskutiere.

Ich möchte daher aber schon auch eines sagen: Die Perspektive zu wechseln ist not­wendig, ja, aber in den vergangenen Wochen und Monaten hat mir dieser Perspekti­venwechsel nicht nur einmal gerade in Ihrem Umfeld, in Ihrem Kabinett leider einfach gefehlt. Ich glaube, dass man sich da viel zu wenig in die Situation der Eltern, in die Situation der Schüler hineinversetzt hat und einfach nicht abgeschätzt hat, was sich in den Haushalten, in den Familien tatsächlich abgespielt hat – und Sie kennen die Proble­me genauso gut, wie wir sie kennen. Das war dramatisch! Da, das sage ich schon auch, hat der Perspektivenwechsel in Ihrem Umfeld einfach gefehlt.

Und eines noch, Herr Minister – weil Sie gesagt haben, ich würde den Eltern, Schülern und Lehrern unterstellen, dass sie für dieses Chaos verantwortlich wären –: Nein, das tue ich natürlich nicht! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Faßmann.) – Ja, Sie sind der verantwortliche Bildungsminister. Ich habe beziehungsweise wir haben im Zuge der Krise mehrmals klar gesagt, dass wir den Eltern, dass wir den Lehrern, dass wir den


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Schülern dankbar dafür sind, welche großartige Arbeit sie da wirklich leisten, weil es Umstände waren, die einfach außergewöhnlich waren, die nicht gut waren.

Ich darf aber zum Tagesordnungspunkt, zu den Sommerschulen, zurückkommen: Wir debattieren hier zwei Anträge, der eine ist von den Regierungsparteien, der andere von uns Freiheitlichen. Der von den Regierungsparteien wird vermutlich mit Mehrheit be­schlossen – davon gehe ich aus – und unserer wird abgelehnt. Es geht hier um die Som­merschule, eine Sommerschule, die sinnvoll ist, die eine kreative Idee ist, die unterstüt­zend und helfend ist und die bereits im Regierungsprogramm 2017 mit uns Freiheitlichen verhandelt war und auch hätte kommen sollen. Allerdings wird eben wie gesagt unser Antrag hier mit Sicherheit abgelehnt werden.

Ich frage mich nun, worin sich denn diese beiden Anträge unterscheiden, außer darin, dass der freiheitliche Antrag konkreter ist, dass er umfassender ist, dass er ausführlicher ist, dass er besser ist. – Sie unterscheiden sich vor allem darin, dass wir wollen, dass die Sommerschule allen Schülern geöffnet wird und nicht nur jenen, die sozusagen eine Empfehlung des jeweiligen Lehrers haben. Wir wollen, dass in den Sommerschulen ein breiteres Angebot als nur Deutschförderung dargeboten wird, dass auch andere Gegen­stände unterrichtet und gefördert werden. Wir wollen festgesetzt wissen, dass den Schü­lern keine Kosten für diese Sommerschulen entstehen. Wir wollen eine Sicherstellung, dass es ausreichend Lehrpersonal gibt. Wir wollen eine ordentliche, angemessene Be­zahlung der eingesetzten Lehramtsstudenten, und zwar zumindest in der Höhe der außerordentlichen Zivildiener. Wir wollen eine konkrete Planung, die jeweils bis zum Ende des Wintersemesters abgeschlossen sein soll, und wir wollen diese Planungssi­cherheit eben für alle und nicht nur für ausgesuchte Schüler.

Ich nehme an, dass das ein Ziel ist, dass dieser Antrag auch in die Richtung geht, dass alle ihn unterstützen können, und so würde ich doch auch darum bitten, dass er von der Mehrheit eine Zustimmung erhält. (Beifall bei der FPÖ.)

18.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


18.02.20

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir diese Sommerschulen tatsächlich schon im ersten Sommer unserer Regierungsbeteili­gung auf die Reihe kriegen, hätte ich nicht im Traum zu wünschen gewagt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich habe einmal das Wort kühn dafür verwendet, dass wir uns getraut haben, das so schnell auf die Beine zu stellen, gerade aus einer Krise heraus. Ich glaube, so wie es jetzt anläuft, schaut das alles schon ganz gut aus. Klar gibt es Kritik, ich höre mir diese Kritik aber an und werde nicht recht schlau daraus. Einerseits heißt es immer, es war vielleicht zu schnell, andererseits, es war vielleicht zu langsam. Dann heißt es, der Kreis der Kinder, die dort hingehen, ist zu klein, dann heißt es, der Kreis der Kinder ist zu homogen oder zu heterogen. (Abg. Yılmaz: Nur Deutschklassen, Frau Kollegin!) Einmal heißt es, das Konzept ist schlecht, dann heißt es, das Konzept sollte auch auf andere Fächer ausgedehnt werden. – Da weiß man nicht recht.

Speziell wenn ich nun in Richtung SPÖ schaue (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein schlechtes Konzept, das an die Deutschförderung zu hängen!) und auf dieses unbe­stritten schöne Modell der Summer-City-Camps, das Rot-Grün gemeinsam in Wien hat: Was ist denn jetzt das Problem? Ist das Problem, dass die Sommerschulen den Sum­mer-City-Camps zu ähnlich sind, oder ist das Problem (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), dass sie sich zu sehr davon unterscheiden? (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischen­rufe der Abgeordneten Yılmaz und Hammerschmid.)


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Wieso kann man das nicht einfach nehmen, dass wir das als Inspiration genommen ha­ben und dass beides nebeneinander existieren kann? (Abg. Herr: Wir haben einen An­trag dazu, das fordern wir!) Etwa gleich viele Anmeldungen gibt es im Moment in Wien für die Sommerschulen und für die Summer-City-Camps. Freuen wir uns doch für jedes einzelne Kind, das entweder das eine oder das andere oder sogar beides besucht. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

Wie wird das heuer laufen? – Es wird im ersten Durchgang nicht perfekt laufen. Wir wer­den Dinge ausprobieren, es werden sich ganz viele Leute ganz sicher sehr anstrengen. Wir werden uns das anschauen, und wir werden ganz sicher aus dieser Erfahrung ler­nen, denn wir möchten es nächstes Jahr besser machen. Was wir uns tatsächlich vorge­nommen haben, ist, das zu einer Dauereinrichtung zu machen.

Punkte, über die wir sicher nachdenken werden: wie wir die Zielgruppe genauer defi­nieren und wie wir sie wahrscheinlich sogar ausweiten werden. Ein ganz wichtiger Punkt, den wir von den Summer-City-Camps lernen können, ist, wie wir das mit der Verschrän­kung mit den bereits bestehenden Betreuungs- und Lernangeboten, die die Länder schon jetzt anbieten, machen, dass wir da zwischen Vormittag, Nachmittag, dem Mit­tagessen, gemeinsamen Sportangeboten, Bewegungsangeboten eine gute Verschrän­kung finden. Wie machen wir das mit der idealen Einbettung in die Lehrveranstaltungen auf den pädagogischen Hochschulen, wo die Studierenden ja auch Praxis sammeln können?

Was meiner Meinung nach allerdings schon ideal ist: Ich glaube, dass diese zwei Wo­chen am Ende der großen Ferien der ideale Zeitpunkt sind. Wir wissen aus allen Studien und auch aus den Erfahrungsberichten von Lehrenden an den Schulen, dass der Schul­anfang ein sehr, sehr herausfordernder Moment ist. Es gibt Kinder aus bildungsnahen Familien, die den Sommer haben nützen können, um Erfahrungen und Erlebnisse bis hin zur Kinderuni zu machen, und es gibt Kinder aus bildungsfernen Familien, die wenig Anregungen und wenig Möglichkeiten haben, die oft sogar vieles von dem, was sie im Sommersemester schon gelernt haben, über den langen Sommer vergessen haben. Diese brauchen im Herbst dann viele, viele Wochen, um Tritt zu fassen. Ich glaube, gerade für die ist es eine ideale Sache, wenn sie eine Art Vorsprung bekommen, wenn sie zwei Wochen lang etwas machen können, das ihnen Spaß macht, bei dem sie in die Sprache reinkommen, bei dem sie Selbstbewusstsein tanken und schon etwas auf die Beine stellen, damit sie dann die richtigen Voraussetzungen für den Herbst haben. Ich freue mich darauf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.06


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


18.06.18

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Die Abgeordneten von der ÖVP sind wirklich sehr leicht zufriedenzustellen. (Ruf bei der ÖVP: So sind wir!) Im Antrag betreffend Sommerschule, der uns nun vorliegt, steht außer Sommerschule überhaupt nichts Konkretes drinnen, und wenn man sich die heurige Sommerschule anschaut, muss man sagen, das ist eine Schmalspurvariante geworden, bei der ein Fach unterrichtet wird, die vor allem auf Kinder aus Deutschförderklassen abzielt und die von Lehramtsstudierenden begleitet wird.

Die Kollegin von der SPÖ hat bereits gesagt, wie schwierig es für Lehramtsstudierende ist, sich so kurzfristig auf unterschiedliche Sprachkenntnisse et cetera einzustellen. Das ist eine so kleine Variante geworden, und Sie bejubeln das als Meisterleistung und Mei­lenstein und Pionierarbeit (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), also das ist ein Wahn­sinn. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)


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Wo stehen wir? – Die Kinder haben nun ein wochenlanges Homeschooling hinter sich, das in den meisten Fällen von den Frauen geschultert wurde. Dann gab es diesen tage­weisen Unterricht in den verschiedenen Modellen – zwei und drei Tage und jeden zwei­ten Tag Schule –; es haben vor allem die Eltern mit mehreren Kindern an verschiedenen Schulen mit den unterschiedlichen Tagen erlebt, wie schwierig das gewesen ist. Es war nicht leicht, es hat gut funktioniert, weil die Eltern das alles gemeistert haben und die Kinder mitgemacht haben, aber vom System her hat das überhaupt nicht funktioniert.

Nun kommen sechs Wochen, nein, neun Wochen Ferien – sechs Wochen: vielleicht ein Freud’scher Versprecher. Viele Eltern haben ihren Urlaub aufgebraucht, viele Eltern kämpfen um ihre Existenz, und der Gedanke, dass nun neun Wochen Ferien sind, treibt vielen Eltern die Schweißperlen auf die Stirn. Ich weiß nicht, die ÖVP und die Grünen betreiben eine Politik an den Bedürfnissen der Menschen vorbei (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ), man kann nichts anderes sagen, es ist so ärgerlich. Auch wenn es die ÖVP nicht gerne hört: Wir leben in einer Gesellschaft, in der Frauen arbeiten und auch arbeiten wollen und nicht nur zu Hause sind. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)

Wir sehen das ja immer wieder – nun kommt der Equal-Pension-Day eh bald wieder, glaube ich –, dass die durchschnittliche Pensionshöhe der Frauen nur 58 Prozent von jener der Männer erreicht. Wieso ist das so? – Weil die 42 Prozent aufgrund von Kinder­betreuungszeiten, Karenzzeiten, Teilzeitjobs und anderen Verdiensthemmnissen ir­gendwo am Weg verloren gehen. So ist die Realität, und Sie tun so, als ob es das nicht geben würde. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Dass die Grünen, die zwar wissen, dass es so ist, sich da offensichtlich auch nicht gegen die ÖVP durchsetzen, muss man einfach sagen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist arg!)

Die Chance, eine richtig große Sommerschule zu machen, war so groß wie noch nie, die Tür war noch nie so weit offen, das Bewusstsein bei allen in der Bevölkerung und auch in den einzelnen Zuständigkeitsbereichen war noch nie so groß. Sie machen aber ein kleines Konzept, eine kleine Sommerschule. Für uns bedeutet Sommerschule: groß den­ken, ein Gesamtkonzept für die gesamten Ferien, das Betreuung vorsieht, Freizeitspaß vorsieht und Bildung damit verbindet – und nicht immer nur einen Teil davon hat – und natürlich für alle ist.

Was würde das bedeuten? – Dass Sie sich mit anderen an einen Tisch setzen müss­ten - - (Bundesminister Faßmann: Haben Sie es? Ein Konzept?) – Ja, ich erkläre es Ihnen jetzt gleich: Sie setzen sich mit den anderen an einen Tisch – mit der Familien­ministerin, mit Vertretern aus den neun Bundesländern, aus den Gemeinden, mit den privaten Anbietern, mit Unternehmen und mit privaten Vereinen (Abg. Jakob Schwarz: Ein großer Tisch!) – und überlegen, wie man eine Gesamtkonzeption leistet, damit es eben nicht so ist, dass Wien etwas macht und dazu noch die Sommerschule kommt und die Eltern dann wählen müssen, wo das Kind am besten hinsoll; so ist das heuer teil­weise auch in Tirol gewesen.

Die große Frage, die ich Ihnen über die Ferien mitgebe, ist: Wie sehen Sie die großen Ferien von morgen? Sie müssen ein Konzept erarbeiten, das im 21. Jahrhundert an­kommt, und keines, in dem neun Wochen Ferien vorgesehen sind und die Kinder der Leute, die es sich leisten können, Camps besuchen und die anderen einfach Pech ge­habt haben. (Beifall bei den NEOS sowie Bravoruf des Abg. Brandstätter. – Abg. Meinl-Reisinger: So ist es nämlich!)

Also wenn Sie wirklich etwas zum Besseren ändern wollen – ich glaube ja, dass Sie das gerne machen, dass Ihnen das wirklich ein Anliegen ist –, dann haben Sie Mut und trauen Sie sich einfach mehr! (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Hauser und Lausch. – Bravoruf des Abg. Brandstätter. – Abg. Lausch: Eine sehr gute Rede! Alles richtig! Wie wir es immer sagen: keine Ahnung von der Praxis!)

18.11



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 183

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Edith Mühlberghu­ber. – Bitte.


18.11.12

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Pilotprojekt Sommerschule 2020 soll neu sein, es soll jetzt gesetzlich verankert werden. Es soll nicht nur eine Covid-19-Maß­nahme bleiben, sondern auch in den Jahren danach weitergeführt werden. Ich möchte schon daran erinnern, dass die Sommerschule keine Erfindung der ÖVP ist. Die Som­merschule stand schon im Regierungsprogramm 2017, daher ist sie keine Erfindung der ÖVP, sondern es wird jetzt endlich umgesetzt, was wir schon jahrelang fordern. (Zwi­schenruf der Abg. Yılmaz.)

Ja, es ist auch notwendig, dass die Schülerinnen und Schüler vor Schulbeginn im Herbst die Möglichkeit haben, unterrichtet zu werden, weil ganz besonders durch die Schul­schließungen aufgrund von Covid-19 Lerndefizite entstanden sind. Die Lehrerinnen und Lehrer haben sich bemüht, sie haben ihr Bestes gegeben. Das war für das Lehrpersonal genauso eine Herausforderung wie auch für die Eltern, die mit ihren Kindern zu Hause die Lernübungen, die Hausübungen gemacht haben. Es war eine große Herausforde­rung, und deshalb kann man immer wieder nur Danke sagen für diese großartige Arbeit, die – neben jener der Lehrerinnen und Lehrer – zu Hause geleistet worden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ein Unterschied, ob in der Klasse, in der Schule unterrichtet wird oder ob per Vi­deobotschaft, per Whatsapp oder per E-Mail unterrichtet wird. Man stelle sich einmal vor, wir haben eine Ausschusssitzung oder wir haben Plenarsitzung und wir kommunizie­ren über Whatsapp, über E-Mail oder per Videobotschaft oder Videokonferenz. – Das wäre nicht möglich. Den Kindern hat man das aber zugemutet, und das war eine enorm schwierige Aufgabe.

Ja, die Kinder haben Aufholbedarf, und daher begrüßen wir das Modell Sommerschule, aber nicht nur für Schülerinnen und Schüler mit Aufholbedarf, sondern für alle. Wir wol­len, dass alle, die die Sommerschule besuchen wollen, die Möglichkeit dazu haben, und nicht nur jene, die in Deutsch Aufholbedarf oder eben eine Schwäche – eine Deutsch­schwäche, eine Leseschwäche – haben. Da werden ja wirklich nur Schüler mit Migra­tionshintergrund angesprochen. Wir wollen das für alle Schüler und Schülerinnen; alle Kinder sollen diese Möglichkeit haben. Das Angebot soll unserer Vorstellung nach viel mehr umfassen. Es soll auch Mathematik eingebunden werden, es sollen viele Schüle­rinnen und Schüler die Möglichkeit haben, einen Nutzen daraus zu ziehen.

Wenn ich mir unseren Antrag und jenen der ÖVP anschaue und die zwei vergleiche, so ist unser Antrag wesentlich konkreter als jener der ÖVP. Wir wollen die Voraussetzung schaffen, damit ab Sommer 2021 eine gut geplante Sommerschule für alle Schülerinnen und Schüler bis zur 8. Schulstufe stattfinden kann.

Mein Kollege Hermann Brückl hat die einzelnen Punkte schon erwähnt: ein breites Ange­bot mit mehreren Unterrichtsgegenständen, nicht nur Deutsch; es muss gesichert sein, dass keine Kosten für die Schülerinnen und Schüler entstehen; es muss ausreichend Lehrpersonal vorhanden sein und vor allem muss es auch eine ordentliche Bezahlung der eingesetzten Lehramtsstudenten – zumindest in der gleichen Höhe wie für die außer­ordentlicher Zivildiener – geben.

Zusammengefasst: Die Sommerschule soll ein Angebot an alle Schüler und Schülerin­nen sein, damit die Kinder gut ins neue Schuljahr starten können. (Beifall bei der FPÖ.)

18.15


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gerald Hauser zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 184

18.15.37

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, die entscheidende Frage, die wir heute zu beantworten haben, ist: Reicht die diesjährige Sommerschule aus, um die Defizite, die die Kinder während der Schulschließung erfahren haben, auszugleichen? – Das ist die entscheidende Frage.

Es wird ja hier so argumentiert, dass die Sommerschule jetzt ad hoc aus der Taufe ge­hoben wurde, obwohl sie bereits im Regierungsprogramm 2017 festgehalten war, zwi­schen der ÖVP und uns, der FPÖ, vereinbart war. 2017! – Jetzt schreiben wir 2020, dazwischen liegen also drei Jahre, in denen diese weitreichende Konzeption nicht umge­setzt wurde. Jetzt wird bestenfalls eine Schmalspurvariante umgesetzt, und wir müssen die Frage beantworten: Reicht die aus, ja oder nein? – Die Antwort lautet ganz klar: nein, nein und noch einmal nein!

Wieso? – Vom deutschen Ifo-Institut – und ich nehme einmal an, geschätzter Herr Minis­ter, dass Sie die Umfrage kennen – wurde Anfang Juni eine Publikation über die „Folge­kosten ausbleibenden Lernens“ herausgegeben. Grundlage war eine flächendeckende Umfrage in deutschen Schulen, nicht in Österreich, aber die Verhältnisse sind ja immer ähnlich.

Diese Umfrage des deutschen Ifo-Instituts war erschütternd und schockierend. Ich darf nur einige Fakten aus dieser Umfrage zitieren: 7 Prozent – nur 7 Prozent! – der Kinder sind täglich mittels Videotools unterrichtet worden. Das heißt, nur 7 Prozent hatten täg­lich Kontakt mit dem Lehrpersonal, was ja in der Schule doch regelmäßig der Fall ist. 80 Prozent hatten weniger als einmal in der Woche direkten Kontakt mit den Lehrkräften, und das deswegen, weil nur 14 Prozent der Lehrkräfte überhaupt online unterrichtet ha­ben, überhaupt mit Videotools gearbeitet haben – nur 14 Prozent! Betreffend Grund­schulen war das Ergebnis wirklich erschütternd: Nicht einmal die Hälfte der Lehrkräfte hatte regelmäßig Kontakt mit den Schülern.

Unterm Strich hat das Ifo-Institut Folgendes angemerkt: Die übliche Form des Distanz­unterrichts besteht darin, die klassischen Aufgabenblätter, die verschickt wurden, auszu­füllen – niemand hat aber kontrolliert, wer die Blätter, die retour gekommen sind, ausge­füllt hat –; diese wurden korrigiert. Der persönliche Unterricht hat nicht stattgefunden.

Noch schockierender sind die Ergebnisse einer Befragung der letzten beiden Gymna­sialklassen: 37 Prozent der Oberstufenschüler in Deutschland haben sich täglich weni­ger als 2 Stunden mit der Schule beschäftigt – weniger als 2 Stunden! –; üblicherweise haben sie 8 Stunden Unterricht und 4 Stunden Heimarbeit, sagen wir einmal, das sind insgesamt 10 bis 12 Stunden. Und nur 27 Prozent der Oberstufenschüler haben sich täglich mehr als 4 Stunden mit der Schule beschäftigt. Unterm Strich sagt das Ifo: Für einen nennenswerten Teil der Schüler hat der Unterricht während der Schulschließun­gen überhaupt nicht stattgefunden.

Wir können davon ausgehen, dass diese Ergebnisse natürlich auch auf Österreich um­zulegen sind. Das heißt, es gibt riesengroße Defizite, mit denen die Schüler in das nächste Schuljahr hineingehen müssen. Jetzt kommen die Sommerschulen zum Zug, und ich sage dem Herrn Minister: Diese Sommerschulen – dieses Megaleitprojekt –, die Sie dieses Jahr auf Schiene gebracht haben, werden die Mängel, die unsere Schüler erfahren haben, nicht ansatzweise ausbessern können. Das heißt, das nächste Schul­jahr wird mit Schülern starten, die größte Defizite haben. Diese Defizite müssen dringend aufgeholt werden.

Ich ersuche Sie, da wirklich nachzubessern. Geben Sie Ihrem Herz einen Rüttler und stimmen Sie dem freiheitlichen Antrag betreffend Sommerschulen, der wesentlich


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weitreichender ist, heute zu; und wenn Sie nicht zustimmen, dann setzen Sie zumindest unsere Konzeptionen um! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Auch die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses und gehe in der Tages­ordnung weiter.

18.20.4923. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 691/A(E) der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend langfristige Bereitstel­lung finanzieller Mittel für Ferienbetreuung zur Entlastung von Familien (314 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Herr. – Bitte.


18.21.20

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja, wir bleiben gleich beim Thema Sommer­ferien. Die einen haben ja den Ferienbeginn schon hinter sich, die anderen fiebern ihm in den letzten Tagen quasi entgegen und egal, wie schwierig dieses Schuljahr war, ich glaube, zu einem gewissen Teil werden Sommerferien dann doch immer etwas bleiben, auf das sich die jungen Leute ganz einfach freuen.

Jetzt müssen wir aber, wenn wir über das Thema sprechen, anmerken, wie viele Men­schen sich nicht nur nicht freuen, sondern unglaubliches Bauchweh haben, wenn sie an diese Sommerferien denken, nämlich die Eltern, die überhaupt keine Ahnung haben, wie sie es schaffen sollen, die Betreuung für ihre Kinder in diesem Sommer möglich zu ma­chen. So wie jedes Jahr ist es immer wieder Thema, aber dieses Jahr natürlich beson­ders. Wir wissen, was Corona bedeutet hat, als es kurzfristig oder mittelfristig geheißen hat, man soll die Kinder nicht in die Schule schicken. Ganz viele Eltern mussten sich freinehmen, damit die Kinder nicht alleine daheimbleiben. Das war ganz einfach die Realität.

Jetzt schaut es so aus, dass der Urlaub vieler Leute aufgebraucht ist. Der Urlaub ist jetzt schon aufgebraucht. Und da sind wir beim Problem: Die Wochenanzahl des Urlaubsan­spruches und die Wochenanzahl der Ferien passen nicht zusammen! Die Arbeiterkam­mer hat dazu auch eine Befragung gemacht und errechnet, dass fast ein Viertel aller Eltern immer noch nicht wissen, wie sie diesen Juli, diesen August überstehen werden. Das ist ein Problem. Daher haben wir vorgeschlagen, sich ganz einfach Best-Practice-Beispiele anzuschauen: Wo in Österreich funktioniert die Kinderbetreuung gut? – Zwei­felsohne ist das Best-Practice-Beispiel Wien, die Summer-City-Camps in Wien. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Bürstmayr und Hamann.)

Da gibt es wirklich ein flächendeckendes Angebot. Was heißt das? – Mehr als 30 Stand­orte in Wien, wo es diese Möglichkeit für alle Kinder, für alle Sechs- bis 14-Jährigen gibt; mit Abenteuern, mit Ausflügen, mit der Überlegung, wie man Kinder für Naturwissen­schaften, für Technik begeistern kann, großartig gestaltet. All das ist mit dabei und kostet inklusive Mittagessen und Jause – das ist also auch noch inklusive – 50 Euro in der Wo­che; das ist sozial gerecht. Da gibt es Abholzeiten für die Kinder, die sich am wirklichen


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Leben der arbeitenden Menschen orientieren, sodass es mit einem Vollzeitjob auch zu verbinden ist. (Beifall bei der SPÖ.) Genau, für dieses Angebot kann man wirklich klat­schen!

Da gibt es ein Lernprogramm für alle, nicht nur für die eine Gruppe, von der man sagt: Ach die, die brauchen die Deutschhilfe! Da gibt es Deutsch und Mathe im Angebot für alle Kinder, einfach Förderkurse. Das bedeutet, der Antrag, den wir hier eingebracht haben, sagt nichts mehr, als dass man sich Wien zum Vorbild nehmen und sich an­schauen soll, wie das dort funktioniert hat. Nichts mehr sagt der Antrag, und umso un­verständlicher ist es, dass Sie diesen abgelehnt haben, und ich denke, auch heute wie­der ablehnen werden. Man muss sich doch Best-Practice-Beispiele anschauen!

Jürgen Czernohorszky hat da als Bildungsstadtrat etwas hingelegt, was es einfach nir­gends sonst in Österreich gibt. Wenn Sie da nicht mitstimmen, dann zeigt das nur eines: dass Sie parteitaktisch schon im Wahlkampf angekommen sind, aber nicht daran interes­siert sind, die bestmögliche Kinderbetreuung für alle, nicht nur für die Wiener und Wiene­rinnen, zu ermöglichen. Bitte stimmen Sie mit! (Beifall bei der SPÖ.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.


18.25.14

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Also wenn man hier herinnen den Kolleginnen und Kollegen der So­zialdemokratie zuhört, könnte man glauben, Österreich ist an den Wiener Grenzen zu Ende. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yılmaz.)

Warum glauben die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, dass es in anderen Städten nicht auch ein Angebot für die Kinder, für die Jugendlichen gibt? (Abg. Heinisch-Hosek: Dann geben Sie uns Beispiele!) – Sehr gerne, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, das kann ich sehr gerne machen. Ich lade Sie auch gerne zu uns nach Graz ein. (Abg. Heinisch-Hosek: In Wien gefällt es mir sehr gut! – Zwischenruf des Abg. Haubner.) Schauen Sie sich an, welches hervorragende Angebot wir dort nämlich seit Jahren haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben seit Jahren ganz selbstverständlich Betreuung in unseren Schulen. Wir haben auch im Sommer eine hervorragende Betreuung in unseren Horten. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Darüber hinaus haben wir, auch heuer noch einmal, konkret um einiges mehr den Sportbereich ausgebaut. Wir haben die Ferienhits für Grazer Kids, ein wirklich gutes Angebot. Wir haben seit einigen Jahren in Graz auch zusätzlich - - (Abg. Kollross: Für alle, und nicht nur für die Grazer! – Zwischenruf der Abg. Yılmaz.– Na, da werden die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ ganz nervös und rufen dazwischen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. Ruf bei der ÖVP: Jetzt hört einmal zu!) Schaut einmal nach Graz, schaut einmal über die Wiener Grenzen hinaus, es gibt dieses Angebot! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Graz etwas, das auch Sie für wichtig halten, und da sind wir uns ja einig: Wir brauchen ein Angebot für Kinder und Jugendliche (Abg. Kollross: Warum macht ihr es dann nicht?), die noch nicht alle Talente im laufenden Jahr entfalten konnten. Die bekommen im Sommer zusätzlich eine Sprachförderung. Auch das machen wir in Graz schon seit Jahren. (Abg. Kollross: ... ganz Österreich! – Zwischenruf der Abg. Greiner.) Auch das gibt es in vielen anderen Städten. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Die Einführung der Sommerschule über das Unterrichtsministerium ist ja eine Aufwer­tung und genau diese Notwendigkeit, die wir brauchen. Ich verstehe die Kolleginnen und


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Kollegen von der SPÖ schon (Abg. Kollross: Glauben wir nicht!), ihr hättet ja viele Jahre die Möglichkeit und die Chance gehabt, das auch selber umzusetzen, als ihr die Unter­richtsministerinnen gestellt habt. Das ist euch halt einfach nicht gelungen. Jetzt machen wir es, jetzt seid ihr neidig drauf. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da in dem Zusammenhang immer wieder gefallen ist, auch von Kollegin Herr, dass es unbedingt notwendig ist, dass wir Unterrichtspraktikantinnen und -praktikanten dafür auch wirklich entlohnen: Die Entlohnung sind die ECTS-Punkte! (Abg. Heinisch-Hosek: Da können sie sich ein Butterbrot kaufen! – Abg. Kollross: Generation Praktikum!) Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass man im Rahmen seiner Ausbildung Erfahrungen sammeln kann. Es ist auch wesentlich, dass man das alles macht und nicht alles sofort bezahlt bekommt. (Abg. Kollross: Arbeit für Gottes Lohn!) Das kenne ich aber schon aus den Jahren davor, als ich immer wieder bei dem einen oder anderen Projekt mit den Kolleginnen und Kollegen von der SJ habe verhandeln dürfen. Die SJler wollen sogar haben, dass jede Funktionärin und jeder Funktionär für die ehrenamtliche Tätigkeit be­zahlt wird. (Abg. Kollross: Na, geh, geh!) Das wollen wir nicht. Ich glaube, dass es wich­tig und gut ist, dass die Lehramtsstudierenden auch die Möglichkeit haben, gerade in der Sommerschule, Erfahrungen zu sammeln, und das mit ECTS abgegolten bekom­men. (Abg. Yılmaz: So ein Blödsinn! – Abg. Kollross: So eine blöde Rede!)

Ich freue mich, dass wir das heuer erstmalig machen können. Ich freue mich, Herr Minis­ter, dass wir damit heuer den Grundstein – auch für die folgenden Jahre – legen können, und wir somit eine Sommerschule in Österreich gut etablieren können. (Beifall und Bravo­ruf bei der ÖVP sowie Beifall der Abg. Fischer. Abg. Kollross: Eine schlechte Rede!)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


18.29.15

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sommerschule, die Zweite: Ich frage mich manchmal wirklich, wieso man hier heraußen steht und spricht, wenn es eh nicht wahr­genommen wird. (Zwischenruf des Abg. Mahrer.)

In den Sektor der ÖVP schauend und zeigend: Noch einmal, es gibt harte Fakten (Zwi­schenruf des Abg. Kollross), die besagen, dass diese Sommerschule, dieses Pilotpro­jekt, das diese Regierung dieses Jahr umsetzt, bei Weitem – bei Weitem! – nicht ausrei­chen wird (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz), um die Defizite unserer Kinder auszugleichen. Da gibt es Umfragen, da gibt es Fakten dazu, und jetzt kommt Kollegin Kaufmann wieder hier heraus und sagt, wie toll und wie klass’ die Konzeption der Som­merschule ist! – Das ist bestenfalls ein schlechtes Pilotprojekt.

Mag sein, dass Studierende ihre Fähigkeiten erproben können, das ist aber nur eine Randfrage. Wichtig ist: Können die Defizite, die unsere Kinder, unsere Jugendlichen wäh­rend der Schulschließungen erfahren haben, ausgeglichen werden? Das ist die Frage. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist die entscheidende Frage – und nicht, ob irgendjemand die Möglichkeit hat, zu hospitieren, weil er sie davor nicht hatte; Herr Minister, das ist nicht die Frage. Ich weiß, dass Sie zuhören; das weiß ich.

Zu diesem Antrag zur Ferienbetreuung: Da ist nichts dagegen zu sagen, das machen bei uns die Gemeinden, da kann man bestenfalls die Gemeinden unterstützen, aber was wir in Anbetracht dieser Situation wollen – und es sind Defizite angehäuft worden –: Wir wollen in Bildung investieren, wir wollen haben, dass der Bund das Geld in die Bildung steckt, damit die Defizite aufgeholt werden.

Deswegen noch einmal: Unsere Konzeption der Sommerschulen ist wahnsinnig wichtig. Ich darf vielleicht noch einmal aus dieser Ifo-Studie zitieren: Wie schauen denn die


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ökonomischen Auswirkungen für jeden Betroffenen aus? – Die sind eigentlich erschre­ckend, muss ich sagen: Nur weil ein Drittel des Schuljahres ausgefallen ist, wird der Einkommensverlust für diese Generation über die Lebensjahre in etwa zwischen 2,7 und 4,6 Prozent betragen. Das bedeutet für einen Pflichtschulabgänger immerhin im Schnitt 13 000 Euro und für einen AHS-Abgänger oder Akademiker 30 000 Euro. Das sind harte Fakten. Das ist Geld, das unsere Jugendlichen nicht verdienen werden.

Wie schaut es für die Volkswirtschaft aus? Man glaubt ja immer, wenn eine Generation gleich betroffen war, das heißt, wenn jeder den Nachteil hatte, spielt es keine Rolle. Das stimmt aber nicht, weil die Volkswirtschaft, das Bruttoinlandsprodukt, die Wertschöpfung darunter leiden. Diesbezüglich hat das Ifo festgestellt, dass das BIP-Minus über die Le­benszeit in etwa 2,8 Prozent beträgt. Noch einmal: Ein Dritteljahr Schulschließung – minus 2,8 Prozent BIP über die Lebenszeit! Das sind gewaltige Fakten und Zahlen, das sind Wertschöpfung und Einkommen, die diesen Kindern fehlen werden. Und bitte: Reden Sie diese Sommerschulen, dieses Megaleitprojekt nicht schön, sondern setzen Sie die Konzeption der Freiheitlichen Partei um, die in diesem Fall sicherlich die bessere ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Haubner – auf die leeren Plätze der FPÖ in den beiden vorderen Reihen deutend –: Die ersten zwei Reihen sind schon leer!)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Julia Herr zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Ruf bei der ÖVP: Ich bin schon sehr gespannt!)


18.33.05

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Abgeordnete Kaufmann hat während ihrer Rede behauptet, dass es bei unserem Antrag zur Kinderbetreuung generell darum gehe, dass die SJ für Kinderbetreuung bezahlt wird. (Abg. Schmidhofer: Das stimmt nicht! Weiterer Ruf bei der ÖVP: Hat sie nie gesagt!) Frau Kaufmann, das stimmt nicht.

Ich berichtige tatsächlich: Wortwörtlich haben Sie gesagt, dass die SJ für die ehrenamtli­che Tätigkeit bezahlt wird. (Abg. Schmidhofer: Aber nicht nur! – Abg. Kaufmann macht eine verneinende Geste mit dem Zeigefinger. – Abg. Schmidhofer: Das stimmt ja nicht! Stimmt nicht!) Ich war dort sechs Jahre lang Vorsitzende: Sie wissen da scheinbar mehr als ich. In der Sozialistischen Jugend gibt es keine Kinderbetreuung und schon gar nicht wird irgendjemand dafür bezahlt. Das ist die Richtigstellung. Bitte lassen Sie die Polemik zu Hause, nur weil Sie keine wirklichen Argumente gegen die Summer-City-Camps in Wien haben, denn die sind nämlich wirklich einzigartig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte. (Abg. Schmidhofer: War das eine tatsächliche Berichtigung? – Abg. Kirchbau­mer: Wo war jetzt die tatsächliche Berichtigung? Das habe ich nicht ganz verstanden! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Hamann – be­reits am Rednerpult stehend, in Richtung ÖVP und SPÖ –: Wollen Sie noch weiterre­den?) Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort von mir bekommen.


18.34.25

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ein paar Worte zum Thema Ferienbetreu­ung: In diesem Antrag, der uns da vorliegt, steht, wir brauchen bundesweit eine „qualita­tive, ganztägige und kostengünstige“ Ferienbetreuung für alle Kinder. Was sage ich da drauf? – Da sage ich: Ja, klar brauchen wir das!

Nur, an wen genau richtet sich diese Forderung? (Ruf bei der SPÖ: An Sie selber!) – Ja, und ich sage da jetzt etwas sehr Selbstkritisches dazu, denn es erinnert mich ein biss­chen daran, als ich noch vor einigen Monaten, als Journalistin meistens, meine Forderungen


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formuliert habe, indem ich nämlich gesagt habe: Man sollte!, und: Warum tut die Regie­rung da nicht endlich etwas in diese Richtung?, ohne genau dazusagen zu können, was genau man eigentlich tun sollte und wer eigentlich zuständig ist.

Und jetzt komme ich zum Kern: Wir sind hier, so wie wir da sitzen, keine Journalisten und Journalistinnen. Ich schaue jetzt speziell zur SPÖ hinüber: Sie waren jahrelang an entscheidenden Schaltpositionen in diesem Land, Sie haben die Regeln, nach denen dieses Land funktioniert, entscheidend mitgeprägt. (Abg. Heinisch-Hosek: ... das Bil­dungsbudget dauernd ausgehöhlt! – Abg. Kollross: Sind wir schuld, dass ihr nichts gemacht habt, oder?) – Lassen Sie mich ausreden? (Abg. Heinisch-Hosek: Na reden Sie!) Und Sie haben auch die wesentliche Regel, nach der dieses Land funktioniert, ent­scheidend mitgeprägt, und das ist der Föderalismus. Und in diesen Regeln, die Sie da formuliert haben, steht drinnen, dass eben nicht der Bildungsminister, der hier sitzt, für die Ferienbetreuung in Österreich zuständig ist und dass auch nicht der Bund für die Ferienbetreuung in Österreich zuständig ist, sondern die Länder und Gemeinden. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kollross: Weg mit dem Thema! Sie sind nicht zuständig! Wir diskutieren zuerst einmal über Zuständigkeit!)

Heißt es jetzt, um das aufzugreifen, dass wir nichts tun sollen und nichts tun dürfen? – Nein, natürlich nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kollross.) Wir können von Bun­desseite ordentlich anschieben, wir können die Gemeinden unterstützen und nachdrück­lich an die Verantwortung erinnern, die sie da haben, und das haben wir auch gemacht. Ich erinnere an das große Kommunalinvestitionsgesetz, die 1 Milliarde Euro für die Ge­meinden, die wir eben beschlossen haben, und wie heftig wir darum gekämpft haben, dass wir dort 30 Millionen Euro ausdrücklich für die Kinderbetreuung in diesem Sommer reservieren. (Heiterkeit des Abg. Kollross. – Abg. Heinisch-Hosek: 3 Prozent ...! – Abg. Kollross: Das schauen wir uns an, ...!) Und ich sage dazu: Es war nicht einfach, das herauszuverhandeln. 30 Millionen Euro sind nicht nichts. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und außerdem erwähne ich noch langfristig gesehen das Bildungsinvestitionsgesetz – darin ist der Ausbau ganztätiger Schulformen enthalten. Auch da ist ausdrücklich einbe­zogen, dass es auch um Betreuungsangebote in den Ferien geht. Das sind pro Jahr auch noch einmal mehr als 30 Millionen Euro. (Abg. Kollross: Was macht ihr jetzt ei­gentlich konkret?)

Ein Kulturwandel wird da hoffentlich bis in die Gemeinden einsetzen, und dieser Druck wird sich hoffentlich aufbauen, das werden wir unterstützen. Soll heißen: Ja, wir brau­chen und wollen mehr Betreuung in den Ferien, überall, in allen Gemeinden Österreichs (Abg. Kollross: Nein, wir diskutieren einmal über die Zuständigkeiten!), aber mit solchen Anträgen allein werden wir in diese Richtung nicht weiterkommen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kollross: Also SPÖ ist schuld, haben wir geklärt!)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Auch bei diesem Tagesordnungspunkt werde ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses legen. Wir gehen weiter in der Tagesordnung.

18.38.5024. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 661/A(E) der Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Öffnung der Position der Schulleitung an allgemeinen Pflichtschulen für Sonderpädagoginnen und -pädagogen (315 d.B.)


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25. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 662/A(E) der Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Behinderungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpädagoginnen und -pä­dagogen bzw. zur pädagogischen Assistenz (316 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Claudia Plakolm. – Bitte.


18.39.06

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Wir stimmen heute auch über zwei Entschließungsanträge ab, die wir gemeinsam mit den Grünen eingebracht haben, in denen es darum geht, dass wir mehr Möglichkei­ten für Menschen mit Behinderung und auch für die Sonderpädagogik schaffen.

Es gibt immer weniger Kandidaten für die Position eines Schulleiters, und um als Bewer­ber überhaupt infrage zu kommen, braucht es derzeit ein bestimmtes Lehramt. So ist der Kandidatenkreis eigentlich im Vorhinein sehr eingeschränkt. Mit dem ersten vorliegen­den Antrag möchten wir diese Möglichkeit, also die Bewerbung als Pflichtschuldirektor, für Sonderpädagogen öffnen und werten damit auch die Sonderpädagogik generell auf, die ja im Unterricht an Volks-, Mittel- und polytechnischen Schulen mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist.

Generell werden die Schulleitungsbestellungen in Österreich ja einheitlich durchgeführt. Eine Begutachtungskommission stellt die Eignung der Bewerber fest. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Mit der Öffnung für mehrere Bewerber werten wir nicht nur die Sonderpädagogik auf und stärken diese Fachrichtung, es geht, glaube ich, viel­mehr um die Menschen, die dahinterstehen.

Gerade wenn wir von Inklusion reden, dann reden wir unter anderem auch immer von Menschen mit Behinderung. Wiederholt zeigt uns da die Statistik, dass Menschen mit Behinderung um ein Vielfaches stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind als Menschen ohne Behinderung. Das hat zum einen natürlich mit der Ausbildung und mit dem Wer­degang zu tun, aber ich glaube, es hängt auch sehr stark mit dem Schaffen von Chancen und generell auch mit dem Zutrauen zusammen.

Menschen mit Behinderung sind nach wie vor mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Es wird ihnen leider vieles nicht zugetraut. Wir lassen uns von diesen Vorurteilen nicht beirren und wollen allen Menschen ermöglichen, die Ausbildung zum Elementarpädagogen, zur Elementarpädagogin beziehungsweise zur pädagogischen Assistenz zu machen, wofür es ja in Österreich mit den Bafeps und mit den Fachschulen sehr gute Bildungseinrich­tungen gibt. Bundesminister Faßmann wird diese erweiterte Zulassung und die entspre­chend notwendigen Rahmenbedingungen prüfen.

Ich glaube, es ist ein gutes Beispiel gelungener Inklusion, wenn Kinder auch erleben, dass beispielsweise eine blinde Elementarpädagogin oder ein pädagogischer Assistent im Rollstuhl ein selbstverständlicher Teil des Teams im Kindergartenalltag der Hort­gruppe ist. Ich danke an dieser Stelle allen Elementarpädagogen wie generell auch allen Lehrkräften, Schülern und Eltern, die in den vergangenen Monaten unglaublich viel ge­leistet haben: Eltern, die Distancelearning und Homeoffice unter einen Hut gebracht ha­ben, Lehrer, die schnell auf digitalen Unterricht umstellen mussten, dann in geteilten Klassen unterrichtet haben und die Vorbereitung auf die Matura durchgeführt haben, die gut über die Bühne gegangen ist.


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Ich sage Danke, dass Sie alle in diesen schwierigen Wochen besonders für die Jüngsten da waren und Stabilität und eine gewisse Struktur in ihren Arbeitsalltag gebracht haben. Ich glaube, dass so auch der Lernfortschritt zwar nicht im gewünschten Ausmaß, aber trotzdem stark gegeben war. Daher Danke jedem, der da einen Beitrag geleistet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, die aktuelle Situation zeigt uns ganz klar, dass wir weiterhin auf Eigenverant­wortung setzen müssen. Abstandhalten und auch das Tragen von Masken bleiben wich­tig im Kampf gegen das Coronavirus. In diesem Sinne wünsche ich uns allen, aber ganz speziell natürlich den Österreicherinnen und Österreichern, weiterhin viel Gesundheit, allen Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern einen schönen Schul­schluss und uns allen einen schönen Sommer in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleit­ner. – Bitte.


18.43.03

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte kurz auf den zweiten dieser beiden Tagesordnungspunkte zu spre­chen kommen, den Antrag betreffend „Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Behinderungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpäda­goginnen und -pädagogen bzw. zur pädagogischen Assistenz“.

Wir als SPÖ haben diesem Antrag im Ausschuss schon zugestimmt und werden das auch heute tun. Nur wünschen wir uns keine Prüfung der Zulassung, sondern im besten Falle eine sofortige Öffnung und Zulassung für alle. Wir verstehen eigentlich nicht, wa­rum man das überhaupt prüfen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum sollte das auch nicht schon längst der Fall sein? Ich habe ein paar Beispiele mitgebracht: Es gibt einerseits die Kinderrechtskonvention, deren Artikel 6 uns darauf hinweist, dass die Gleichbehandlung von beeinträchtigten und nicht beeinträchtigten Kindern in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten ist.

Es gibt den Artikel 7 im Bundes-Verfassungsgesetz, in dem geschrieben steht – ich zi­tiere –: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich“ und weiter: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Men­schen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.

Drittens: Das Gleichbehandlungsgebot sagt auch, dass niemand aufgrund von Beein­trächtigung benachteiligt werden darf. Der Tatbestand der Diskriminierung aufgrund von Beeinträchtigung wurde im Behindertengleichstellungspaket 2006 festgehalten. Das ist also auch schon eine Zeit lang her, und das sichert zum Beispiel auch den Zugang zum Arbeitsmarkt für junge Menschen.

Nicht zu vergessen ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die uns verpflichtet, Men­schenrechte zu fördern, zu stärken, zu schützen, zu gewährleisten. Das ist ganz, ganz wichtig.

All das und noch viel mehr verlangt die Gleichbehandlung und die Gleichstellung in wirk­lich allen Bereichen, wie auch die Schaffung von gleichen Chancen für alle Menschen, einschließlich Menschen mit Beeinträchtigung. Das verpflichtet uns eigentlich, Tag für Tag dafür zu kämpfen. Das dürfen wir nicht vergessen.

In der Realität ist es aber leider noch immer so, dass viele Türen versperrt sind und verschlossen bleiben und jungen Menschen Teilhabechancen genommen werden, und


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deshalb sagen wir, dass man verstärkt auf Zukunftschancen und vor allem auch auf Em­powerment in diesem Bereich, der sehr wichtig ist, setzen muss.

Wir sagen: Umsetzung und Öffnung von allen Schulen und Ausbildungen für alle jungen Menschen, für Menschen mit Beeinträchtigung, jetzt! Es gibt eigentlich keinen Grund, da eine Zulassung zu prüfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

18.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


18.45.52

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Es ist evident und es ist auch eine Lebensrealität, dass in den vergangenen Jahren Eltern vermehrt das Angebot an Bildungs- und Betreuungseinrich­tungen angenommen und nachgefragt haben. Die Zahl der Kinderbetreuungsplätze ist gestiegen und steigt auch weiter, auch bei uns im ländlichen Raum.

Um dem gerecht zu werden, braucht es natürlich auch entsprechend Personal. Wir bil­den in den fünfjährigen Bildungsanstalten für Elementarpädagogik, ehemals Bakips, Ele­mentarpädagogen aus, und wir bilden in dreijährigen Fachschulen das Assistenzper­sonal aus. Wir brauchen da einfach mehr Personal, und daher ist dieser Vorschlag durchaus sinnvoll, dass man jetzt einmal prüft, ob man die Ausbildung auch für Men­schen mit Behinderungen öffnen kann.

Auch der zweite Punkt, die Öffnung der Position des Schulleiters an den Pflichtschulen für Sonderpädagogen, ist aus unserer Sicht sinnvoll. Ich stelle aber in diesem Zusam­menhang die Frage: Warum muss da der eigene Minister von den Regierungsfraktionen erst dazu aufgefordert werden? Ich darf feststellen, dass es hierzu bereits einen ähn­lichen Antrag von Frau Kollegin Künsberg Sarre gibt, der im Februar eingebracht wurde. Wie gesagt, stellt sich wirklich die Frage, warum man da einen eigenen Antrag, eine eigene Aufforderung an den Minister braucht. Man hätte schon längst reagieren können.

Überhaupt darf ich in diesem Zusammenhang, was die Sonderpädagogik betrifft, die Fragen stellen: Wie geht es denn jetzt mit der sonderpädagogischen Ausbildung weiter, Herr Bundesminister? Wie geht es mit den sogenannten Sonderschulen weiter? Gibt es die Arbeitsgruppe, die eingesetzt wurde, noch? Arbeitet die überhaupt noch? Was macht sie? Wie ist der Stand? Oder, Herr Bundesminister, ist diese sonderpädagogische Aus­bildung ohnehin schon zum Sterben verurteilt?

Das sind Fragen, die sich mir stellen. Es wäre aus unserer Sicht einfach falsch, wenn man das einstellt, aber grundsätzlich darf ich dazusagen, dass wir auch dem zweiten Antrag zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hofinger.)

18.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Heike Grebien. – Bitte.


18.48.24

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen! Ja, zwei Anträge mit dem Potenzial, große Wirkung für die inklusive Bildung in Österreich zu er­zielen, wurden im letzten Unterrichtsausschuss einstimmig beschlossen.

Der erste Antrag soll eine Ungerechtigkeit in der Gesetzgebung korrigieren. Da geht es aus meiner Sicht nicht nur um einen Mangel. SonderpädagogInnen ist es momentan nicht möglich, sich auf eine Stelle als SchulleiterIn in einer allgemeinbildenden Pflicht­schule zu bewerben. Sie arbeiten hoch motiviert und kompetent an Volksschulen, an


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neuen Mittelschulen und an polytechnischen Schulen, Seite an Seite mit den Pflicht­schullehrerInnen. Sie sind gleichwertige PädagogInnen mit einer umfassenden Ausbil­dung, denen die gleichen Karrierechancen offenstehen sollten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie übernehmen in den Schulen nicht nur dieselben Aufgaben und Pflichten wie Pflicht­schullehrerInnen, sondern sie erweitern mit ihren Fähigkeiten und ihrem Fachwissen auch das Kompetenzbündel Inklusion an unseren Schulen und leisten damit einen we­sentlichen Beitrag zur Umsetzung der inklusiven Bildung.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass SonderpädagogInnen der Zu­gang zur Position einer Schulleitung gesetzlich nicht gestattet ist, und umso mehr freue ich mich – und ich glaube alle hier Anwesenden –, dass wir diesen Antrag einstimmig, das heißt von allen Fraktionen mitgetragen, beschlossen haben und beschließen wer­den. Besonders freue ich mich für die Schülerinnen und Schüler, die davon am meisten profitieren werden, sowie natürlich auch über die Anerkennung für die Sonderpädago­gInnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Grünberg.)

Der zweite Antrag ist von nicht geringerer Bedeutung. Dieser fordert den Herrn Bildungs­minister auf, die erweiterte Zulassung von Menschen mit Behinderungen in berufsbilden­den mittleren und höheren Schulen und Kollegs für die Ausbildung zu Elementarpädago­gInnen beziehungsweise zur pädagogischen Assistenz zu prüfen.

Da gilt es, mit Vorurteilen aus der Vergangenheit aufzuräumen. Menschen mit Behinde­rungen können nicht nur gleichwertig zur Entwicklung der zu betreuenden Kinder bei­tragen, sie können sogar komplementäre Ansätze einbringen und tun dies auch.

Zum Beispiel wird gehörlosen oder schwerhörigen Menschen oft unterstellt, dass sie keine Musikförderung anleiten und die Fähigkeit somit auch Kindern nicht weitergeben können. Laut Musik- und BewegungspädagogInnen ist die Musikverarbeitung im Gehirn ein hochkreativer Vorgang – nicht ganz überraschend. So haben amerikanische For­scher herausgefunden, dass beim Hören von Musik bei hörenden und gehörlosen Men­schen zwar, wie zu erwarten, ein Areal im Gehirn aktiv wird, und zwar jenes, das für die Wahrnehmung von Vibrationen zuständig ist. Im Gegensatz zu den Hörenden aber zeigt sich bei gehörlosen Menschen auch eine Tätigkeit im sogenannten auditorischen Kortex. In diesem erfolgt die Verarbeitung von akustischen Reizen.

Das bedeutet, dass die Wahrnehmung der musikalischen Vibrationen genauso real ist wie jene der entsprechenden Töne, da sie ja im selben Teil des Gehirns verarbeitet wer­den. Diese umfassende Wahrnehmung von Musik wird auch spielerisch in die Arbeit mit Kindern miteinbezogen und bringt, wie Inklusion immer, allen etwas, vor allem auch Kin­dern, die hören können, weil sie so ja ein ganz anderes Erlebnis von Musik haben.

Für jene, die es sich nicht vorstellen können, gibt es hier ums Eck eine super Ausstellung. Sie heißt Hands Up. Schauen Sie sich das einmal an! Ich darf Ihnen an dieser Stelle schon verraten, dass die BereichssprecherInnen aller Fraktionen in diesem Hohen Haus gestern Abend gemeinsam entschieden haben, für Sie alle hier an einem Plenumstag im Herbst die Möglichkeit zu schaffen, selbst zu erleben, wie es ist, wenn man gehörlos oder schwerhörig ist, wenn man blind ist oder eine Sehbehinderung hat, eine Gehbehin­derung hat, oder wenn man, wie meine wertgeschätzte Kollegin Grünberg, im Rollstuhl sitzt, wie es ihr mit den Pflastersteinen vor der Hofburg geht.

All das können Sie erleben. Zusätzlich werden wir uns auch bemühen, Ihnen die Mög­lichkeit zu geben, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten mit Ihnen in Dialog treten können. So können Sie erfahren, welche Sprache Sie benützen müssten oder benützen können, damit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten Sie verstehen.

Ein weiteres Vorurteil gegenüber Menschen mit Körperbehinderungen ist durchaus auch, dass ihnen unterstellt wird, dass ihnen die motorischen Fähigkeiten fehlen, um


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Kinder ausreichend zu fördern. Da darf ich nur ein paar Schlagwörter erwähnen: inklu­siver Tanz, Bewegungsmöglichkeiten auf barrierefreien Spielplätzen. Auch Ballspiele mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht vorstellbar sein, die gibt es aber in ausrei­chender Zahl. Schauen Sie sich einmal einen Livekick von den E-Rolli-FußballerInnen an! Da geht es nämlich auch darum, einen E-Rolli überhaupt steuern zu können, das heißt, da werden verschiedenste Fähigkeiten benützt.

Das ist großartig und es gibt – da schließe ich schon an die Kolleginnen an – leider noch viele weitere Beispiele dafür, dass Vorurteile den Zugang zur Ausbildung für Menschen mit Behinderungen erschweren, die aber mit der Realität nichts zu tun haben. Ich freue mich, dass wir da eine Chance ergreifen, gemeinsam einen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu gehen.

Bildung ist ein Menschenrecht! Exklusion verhindert dieses fundamentale Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderung. Daher kann es – und das ist auch so für uns Grüne – nur einen Weg geben und dieser heißt: Inklusion. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


18.54.31

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuschauer und Zuschauerinnen! Heute kommen zwei Anträge zur Abstimmung, die wir NEOS und ganz besonders ich als Spre­cherin für Menschen mit Behinderung sehr begrüßen.

Der erste Antrag soll SonderpädagogInnen die Möglichkeit geben, sich für das Amt von Schulleitern zu bewerben. Allgemein muss man nämlich leider festhalten, dass die Quantität der Kandidaten für die Schulleitung der Pflichtschulen in Österreich abnimmt. Ähnlich verhält es sich mit der Qualität. Aufgrund mangelnder AnwärterInnen werden aktive LehrerInnen, die teilweise nicht dafür geeignet sind, für die offenen Posten heran­gezogen.

Eine Lösung für dieses Problem wäre unter anderem die generelle Zulassung auch für SonderpädagogInnen. Dies scheitert nur an der Formulierung der Ausschreibung der Bildungsdirektion, denn in Österreich ist es gesetzlich erlaubt. Wir stimmen daher dem Antrag der Regierungsparteien gerne zu, geben aber Folgendes als Denkanstoß mit: Auch QuereinsteigerInnen, die Führungsqualitäten nachweisen können, nicht nur aus dem sonderpädagogischen Bereich, oder führungserfahrene Personen aus der Erwach­senenbildung, aus der Elementarpädagogik oder aus anderen Bereichen des Bildungs­wesens müssen sich bewerben dürfen. So könnten wir die Lücken mit qualifizierten Schulleitern füllen. Ich nehme an, den Regierungsparteien ist durchaus bewusst, dass wir NEOS da ein großes Repertoire an Ideen haben.

Der zweite Antrag betrifft die Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Be­hinderungen in BHMS und Kollegs für die Ausbildung zu ElementarpädagogInnen. Im Antrag heißt es, dass Menschen mit Behinderung für diesen Beruf begeistert werden sollen. Ich möchte das korrigieren: Menschen mit Behinderung sind im Moment schlicht­weg nicht zugelassen.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass kein Zweifel daran besteht, dass es höchste Zeit ist, Menschen mit Behinderung für diesen Beruf zuzulassen, gerade auch deshalb, weil wir im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet haben, dass Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen ist. Dies gilt auch für Ausbildungen.

Auch diesem Antrag werden wir selbstverständlich zustimmen. Es wäre mir allerdings ein Anliegen, dass da nicht mehr geprüft werden muss, sondern dass wir endlich auf


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Diversität der PädagogInnen setzen und somit den Horizont unserer Kinder erweitern, was sie gerade in jungen Jahren prägen wird. Kinder werden so mit Inklusion groß und wir schaffen eine Gesellschaft, die frei von Berührungsängsten lebt, weil sie es nicht anders kennt. Unser Ziel heißt: Leben wir gemeinsam Inklusion! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kira Grünberg. – Bitte.


18.57.27

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Son­derpädagoginnen und Sonderpädagogen sind aus unserem Schulsystem nicht wegzu­denken. Sie sind aber nicht, wie die meisten vielleicht meinen würden, nur an Sonder­schulen tätig, sondern sie werden genauso an Volksschulen, an neuen Mittelschulen und an polytechnischen Schulen benötigt. Dort arbeiten sie im Rahmen der Inklusion gemeinsam mit den Klassen- und Fachlehrpersonen zusammen und unterstützen Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Wie wir schon gehört haben, ist es jedoch bis jetzt Sonderpädagoginnen und Sonderpä­dagogen nicht möglich, die Schulleitung an einer allgemeinen Pflichtschule zu überneh­men, obwohl sie an einer solchen arbeiten. Um diesen Missstand zu beseitigen, haben wir den vorliegenden Entschließungsantrag eingebracht.

Hinzu kommt, dass es immer schwieriger wird, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die die Schulleitung an einer allgemeinen Pflichtschule übernehmen. In den meisten Fäl­len gibt es sogar nur eine/n oder zwei Bewerberinnen oder Bewerber. Vor diesem Hinter­grund erscheint es mehr als sinnvoll, auch Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen als potenzieller Gruppe den Zugang zur Bestellung von Schulleitungen zu ermöglichen.

Das fachspezifische Wissen der Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderung einen Schulabschluss erreichen, und öffnet ihnen weitere Wege in ihrem zukünftigen Leben.

Damit sind wir schon beim zweiten Entschließungsantrag. Um eine weitere Möglichkeit der Ausbildung von Menschen mit Behinderungen hinzuzufügen, soll die Zulassung von Menschen mit Behinderungen in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sowie auch in Kollegs für die Ausbildung zu Elementarpädagogen und Elementarpädagogin­nen beziehungsweise zur pädagogischen Assistenz geprüft werden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Die berufliche Teilhabe ist ein ganz zentrales Element für eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und eine inklusive Gesellschaft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Deshalb sollten wir alle gemeinsam alles daran setzen, Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen wie Menschen ohne Behinderungen zu geben, und die Ausbildung ist dabei ein ganz wesentlicher Faktor. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete MMag. Dr. Ag­nes Totter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.00.50

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich denke und hoffe, uns alle hier im Hohen Haus eint das Ziel, den Bildungsbereich für alle Betei­ligten bestmöglich zu gestalten. Es geht schlicht um die Optimierung des Schulsystems.


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Das betrifft die Schülerinnen und Schüler, Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer, aber nicht zu vergessen sind auch die Schulleiterinnen und Schulleiter. Die Leitung einer Schule ist eine äußerst schöne, aber auch herausfordernde Tätigkeit. Es geht darum, Rahmen­bedingungen zu schaffen, damit Kinder ihre Begabungen und Talente entfalten können.

Aber was braucht es auf der Ebene der Schulleitung? – Die Fähigkeit, ein Team zu for­men und zu führen, mit Fingerspitzengefühl Nöte und Herausforderungen zu erkennen, Lösungen in schwierigen Situationen zu finden. Die Zahl der Kandidatinnen und Kandi­daten für eine Schulleitung an den Pflichtschulen in Österreich nimmt zu meinem Be­dauern ab. Immer häufiger gibt es nur mehr eine Bewerberin beziehungsweise einen Bewerber für eine Leiterstelle. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, Sonderpä­dagoginnen und Sonderpädagogen auch den Zugang zu Bestellungen für Schulleitun­gen an unseren Pflichtschulen zu ermöglichen.

Im Rahmen der Inklusion unterrichten sie bereits jetzt an den Volksschulen, neuen Mit­telschulen, an den polytechnischen Schulen gemeinsam mit den Klassen- beziehungs­weise Fachlehrpersonen. Sie übernehmen auch sonstige Aufgaben und Pflichten wie Elterngespräche, KEL-Gespräche oder Klassenvorstandstätigkeiten. Sie sind also mit den verschiedenen Aufgaben und diversen Schultypen sehr gut vertraut. Es ist aus mei­ner Sicht daher sachlich gerechtfertigt, diesen Kolleginnen und Kollegen den Zugang zur Position der Schulleitung an den Pflichtschulen zu gewähren.

Dieser mögliche Karriereschritt trägt überdies zur Motivation von jungen Menschen bei, die Ausbildung zur Sonderpädagogin und zum Sonderpädagogen anzustreben und in weiterer Folge eine Perspektive zur beruflichen Weiterentwicklung zu haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich freue mich, dass sich diese Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen dafür ein­setzt, die wichtige Aufgabe der Schulleitung insgesamt attraktiver zu machen. Ein dies­bezüglicher Meilenstein wurde am vergangenen Freitag präsentiert. Pflichtschuldirekto­rinnen und -direktoren soll eine administrative Unterstützung zur Seite gestellt werden, damit diese sich auf ihre Kernaufgaben – das Schulmanagement, die Schulentwicklung und die Schulleitung – konzentrieren können.

Ich danke den Ministern Heinz Faßmann und Christine Aschbacher, die nun in vorbildli­cher Zusammenarbeit die administrative Assistenz an unseren Pflichtschulen möglich machen. Während dies vielen anderen BildungsministerInnen zuvor nicht gelungen ist, werden nun Nägel mit Köpfen gemacht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich bedanke mich im Namen aller Schulleitungen an unseren Pflichtschulen für die Umsetzung dieser Maßnahmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.05.0026. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 696/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungs­milliarde: die Zukunft unserer Kinder ist systemrelevant“ (317 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 197

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Dr.in Hammerschmid. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.05.21

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welchen Stellenwert Schülerinnen und Schüler in dieser Bundesregierung haben, hat sich am Vorgehen in Oberösterreich, das mit dem Bundeskanzler wohl abgestimmt war, gezeigt. Nachdem dort mehrere Coronacluster aufgetaucht sind – ein Cluster in einer Freikirche und ein anderer Cluster in fleischverar­beitenden Betrieben –, wurden zuallererst die Schulen geschlossen: 26 Infizierte schi­cken 100 000 Kinder in die vorzeitigen Sommerferien.

Jetzt weiß ich, Herr Minister, dass du hier Einspruch und Kritik erhoben hast, man muss aber auch sagen, die Wirkung in deiner eigenen Fraktion war allerdings null. Wir wissen aus Studien sehr genau, dass Kinder, Schülerinnen und Schüler nicht die Virusschleu­dern und Virusverbreiter sind. Heute hast du selbst zwei Studien präsentiert, die das wieder einmal zeigen. 7 200 Proben: drei positive. Kinder, Schülerinnen und Schüler verbreiten das Virus nicht.

Wir wissen auch, Kinder leiden ganz besonders unter Schulschließungen und ihren Fol­gen. Besonders schwächere Schüler drohen wirklich massiv zurückzufallen, je länger die Schulen geschlossen sind. Das Dilemma der Kinderbetreuung und des Home­schoolings, in das Eltern gelangt sind, die zu Hause beides erledigen mussten, nämlich die schulische Begleitung der Kinder und ihre eigene Tätigkeit, will ich hier nicht noch einmal strapazieren. Wir haben es ausgiebig und immer wieder diskutiert.

Diese negativen Folgewirkungen eines undurchdachten Handelns einer Behörde kön­nen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht akzeptieren, und flächende­ckende Schulschließungen ohne Evidenz dürfen im Herbst nicht zur Norm werden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Schon vor zwei Monaten haben wir davor gewarnt: Die Gesundheitskrise darf keinesfalls eine Bildungskrise werden! Es muss jetzt gehandelt werden, es muss jetzt investiert werden. Wir können nicht, wie der Bundesminister, bis 2024 warten, dass alle Kinder in der Sekundarstufe I ein Tablet oder einen Computer haben. Das wäre fahrlässig! Wir können nicht über Jahre warten, bis die Pädagoginnen und Pädagogen digital entspre­chend fit gemacht wurden. Wir können in so vielen Bereichen nicht einfach zum früheren Normal zurück. Corona hat uns vor Augen geführt, wo die Problemfelder unserer Schule zu suchen sind.

Wir brauchen neue, wir brauchen pädagogisch neue Wege. Wir brauchen an den Schu­len nicht nur pädagogisch neue Wege, wir brauchen infrastrukturelle Unterstützung, wir brauchen Unterstützung bei den SozialarbeiterInnen, Psychologinnen und Psychologen. Wir brauchen umfangreiche Unterstützung. Deshalb haben wir einen Antrag vorgelegt, der vielschichtig und vieldimensional ist. Er beginnt bei den Schulpsychologen, geht über Gratistablets und -laptops für alle Kinder, ähnlich dem Gratisschulbuch unter Bruno Kreisky. Er geht über die komplette schulische Ferienbetreuung, über die Summer­schools, hin zu Förderunterricht: 2 Stunden pro Schwerpunktfach, pro Woche, für alle, die es brauchen. Zwei Monate, drei Monate Schulunterbrechung sind in zwei Wochen Summerschool nicht aufzuholen. Er umfasst auch ein Paket für die Elementarpädagogik. Da braucht es einiges, auch das war hier heute schon ausreichend Thema. Inklusion ist uns ein wichtiges Thema.

Last but not least: Es wäre jetzt an der Zeit, wenn wir sehen, was alles nicht so gut funktioniert, wenn wir auch sehen, dass sich durch Aufbrechen starrer Systeme doch


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einiges in Bewegung gesetzt hat, auch eine gewisse Dynamik ins System gekommen ist, dass wir einmal generell die Lehrpläne, die Fächer, die Lehrstoffe hinterfragen, um zu sagen: Was braucht es denn wirklich? – Neue pädagogische Konzepte, themenspezi­fisches Lernen in den Mittelpunkt zu stellen, und einmal mehr die Erneuerung. Setzen wir uns zu einem Bildungskonvent zusammen! Denken wir Schule zeitgemäß, denken wir Schule so, dass wir unseren Kindern wirklich helfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum aber hat Bildung keine Priorität in dieser Regierung? – Verweisen Sie bitte in den folgenden Wortmeldungen nicht auf das 2,4-Milliarden-Euro-Schulbaupaket, das ist die Fortschreibung des letzten zehnjährigen Schulbaupakets, das selbstverständlich weitergeschrieben werden musste.

Ich stelle noch eine Frage dazu: Was kostet uns das Nichtstun? Durch die heutigen Ver­säumnisse in der Bildungspolitik werden wir die zukünftigen Ausgaben im Sozialsystem massiv strapazieren. Kollege Hauser hat heute schon einige Zahlen genannt: Jedes Kind, das die Schule nicht beendet, kostet den Staat Geld, weil die Wahrscheinlichkeit, dass es arbeitslos wird, eine viel, viel höhere ist. Jedes Kind, das in der Schule sitzen bleibt, kostet 25 000 Euro, sagt die OECD. Rechnen wir es hoch: Das sind Hunderte Millionen Euro pro Jahr! Jeder junge Mensch, der keine Lehrstelle bekommt, landet viel­leicht beziehungsweise wahrscheinlich beim AMS – eine verlorene Generation!

Es geht darum, den Schaden von unseren Kindern und Jugendlichen abzuwenden, und es geht auch darum, den Kindern die Welt zu eröffnen. Tun wir es! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Künsberg Sarre.)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.11.18

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Rede von Frau Abgeordneter Hammerschmid lässt mich ein wenig ratlos zurück. Es wird einem ein buntes Wortgeklingel vorgeführt, es wird gesagt, wir täten nichts; beides zusammen macht wirklich atemlos. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Das eine ist: Wir machen konkrete Maßnahmen, Sie spielen mit nebulosen Wörtern. Das andere ist: Sie fordern Geld, wir liefern Geld. (Beifall bei der ÖVP.) 200 Millionen Euro werden für die Digitalisierung eingesetzt. Jetzt werden Sie sagen: Das ist ja nur 20 Pro­zent von dem, was wir fordern! Das ist richtig, aber das wird so eingesetzt, dass es wirken wird. (Abg. Heinisch-Hosek: Das werden wir erst sehen!) – Das können Sie auch wirklich sehen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, noch nicht!) – Natürlich, denn Sie haben ja vorher gar nichts gemacht, da kann man überhaupt nichts sehen; das ist einfach. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Leichtfried: Es ist nicht ...! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie können dann kontrollieren, wenn wir etwas tun. Wir werden es ganz gut machen, vielleicht hätten wir das noch besser machen können, aber wir werden zumindest han­deln. Sie kommen dann mit Erklärungen: Wir haben doch die Expertinnen und Experten! Diese Expertinnen und Experten – das höre ich tausend Mal. Ich habe da immer den großen Expertendemolierungsexperten Paul Feyerabend als Vorbild, der erklärt hat: Hört nicht auf sie, denkt an eure Klugheit im Kopf, an eure Lauterkeit im Herzen und an eure Entschlussfähigkeit, die weiter unter dem Herzen situiert ist, und dann wird es gut gehen. – Zitatende. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Meine Damen und Herren! Wir und Herr Minister Faßmann haben mit dem Schulpro­gramm wirklich gute Programme vorgelegt. Sie erklären, Lehrpläne sollen gemacht werden. Was machen wir denn anderes, als dass wir Lehrpläne vorbereiten? Na


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selbstverständlich werden sie vorbereitet, und zwar so vorbereitet, dass die jungen Leute davon profitieren werden, und daraus arbeitsame und gut verdienende Österreicher wer­den können. Das werden wir machen, ganz bestimmt, und dann können Sie kontrol­lieren. Wir werden handeln, und Sie können dann – von mir aus – sagen, es war falsch. (Beifall bei der ÖVP.)

19.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die nächste Rednerin ist nun Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Leichtfried: Also die Rede war zwar kurz, aber ...! Ruf bei der ÖVP: Aber gut!)


19.13.34

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Investitionen im Bil­dungsbereich sind wichtig. Darüber müssen wir nicht streiten. Dass in der Vergangenheit zu wenig passiert ist, das wissen wir auch alle. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Liebe SPÖ, wenn man es so polemisch formulieren möchte, wie Ihr Antrag jetzt ausgestaltet ist, gleicht das mehr einer Liste von allem, was die Sozialdemokratie in den letzten Jahr­zehnten durchbringen wollte, aber nicht getan hat. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Abg. Heinisch-Hosek: Stellen Sie sich doch mal die Frage, warum!)

Ich möchte aber auf die einzelnen Punkte im Antrag eingehen, weil es eine gute Gele­genheit ist, um aufzuzeigen, woran wir gearbeitet haben und arbeiten.

Zu Punkt eins, Supportpersonal: Als Lehrperson hat man verschiedene Hüte auf, als Lehrperson ist man vieles, man ist LernberaterIn, man ist ErzieherIn, man ist Vertrauens­person, und nebenbei regelt man noch ganz viele organisatorische Dinge. Deshalb ha­ben wir im kommenden Schuljahr 1 000 zusätzliche administrative Kräfte für Pflichtschu­len installiert, das heißt, es bleibt mehr Zeit für den Unterricht und vor allem heißt das, es bleibt mehr Zeit für die Kinder. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) An der Aufstockung von psychosozialem Supportpersonal wird ebenfalls gearbeitet.

Was aber im Laufe der Coronakrise tatsächlich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat, ist die Frage: Was bedeutet diese Krise für junge Menschen, für Kinder mit einer psychischen Erkrankung? Das Problem ist nicht, dass wir jetzt nicht darüber gesprochen haben, sondern dass zu dem Thema generell zu viel geschwiegen wird. Warum? – Weil eine psychische Erkrankung in unserer Leistungsgesellschaft immer noch mit Schwäche verwechselt wird, obwohl es sehr großer Stärke bedarf, mit einer Krankheit zu leben oder eine Krankheit zu überwinden. Um da zu helfen, müssen wir aber nicht nur über das Supportpersonal sprechen, sondern auch über kostengünstige Psychotherapieplätze. Es ist erfreulich, dass wir für den Covid-Bedarf die Aufstockung um bis zu 20 000 The­rapieplätze in der Psychotherapie bei der ÖGK erreicht haben.

Zum nächsten Punkt, zur Digitalisierung: Die Regierung nimmt 200 Millionen Euro in die Hand, um den Achtpunkteplan umzusetzen. Was mir aber wichtig ist, sind nicht nur die Endgeräte, sondern auch, was auf dem Bildschirm abläuft. So, und da geht es nicht nur um die Sensibilisierung hinsichtlich Medienkonsum und Medien, sondern es braucht eine echte Medienbildung. Wie wichtig das ist, das sehen wir gerade in der letzten Zeit, Stich­wort Fakenews, Stichwort Hass im Netz.

Der nächste Punkt, Ferienbetreuung: Ja, durch die Coronasituation bleiben oft weniger Urlaubstage und somit bleibt weniger Betreuungszeit für die Kinder, deshalb haben wir die Sommerschule installiert. Wir haben auch, und das freut mich sehr, 30 Millionen Euro für die Sommerbetreuung für die Gemeinden herausverhandelt, wovon wir noch alle pro­fitieren werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich kann aufgrund der Zeit jetzt nicht auf alle Punkte eingehen, aber ein Punkt ist mir noch wichtig, auf den möchte ich unbedingt noch eingehen, das sind die Nachhilfestunden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 200

Wir sollten, glaube ich, hier nicht über ein breiteres Angebot bezüglich Nachhilfe diskutie­ren, sondern darüber, dass wir ein Bildungssystem, eine Schule schaffen, wo keine Nachhilfestunden mehr nötig sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Leichtfried.)

Worüber wir sprechen müssen ist Chancengleichheit in der Schule, denn wir wissen alle, Bildung wird nach wie vor vererbt. Ja ich bin selber die Erste in der Familie, die maturiert hat, die studieren gehen durfte (Abg. Loacker: Also nicht vererbt!), und ja, es war nicht immer leicht. Mir konnte niemand in Englisch helfen, geschweige denn beim Stoff in der Oberstufe. Die Frage, wer sich Nachhilfe auf Dauer leisten kann, ist schnell beantwortet. Die Antwort auf die Frage, wie wir mehr Chancengleichheit in unseren Schulen erreichen können, ist nicht mit Nachhilfe zu beantworten, aber mit dem Ausbau von verschränkten Ganztagsschulen – die wir auch im Regierungsübereinkommen drinnen haben –, ohne Hausübung und ohne teure Nachhilfe. – So kommen wir ein Stück weiter!

Ich gebe der SPÖ recht, wenn sie davon redet, dass wir die Krise als Chance sehen und einen Dialog über die Schule der Zukunft führen müssen. Ja, in der Politik geht es ab und zu nicht so schnell, wie man es gern hätte. Wichtig ist aber auch, dass wir wissen, wo wir hin wollen: Wir brauchen ein Bildungssystem, das die Stärken der jungen Men­schen fordert und sie nicht aufgrund ihrer Schwächen bewertet. Wir brauchen ein Bil­dungssystem, in dem Kinder Kinder sein können und ohne Leistungsdruck lernen kön­nen, wir brauchen ein Bildungssystem (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), in dem jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft die gleichen Chancen hat.

Egal, wer in der Regierung ist oder wer in Opposition ist, wichtig ist, dass wir im Bildungs­bereich die dringenden Punkte durchbekommen, denn Bildung ist einfach eine Investi­tion in die Zukunft. Dass wir Verbesserungen erzielen, das ist der Grund, weshalb wir hier sind, das ist unser Job. Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Manfred Hofin­ger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried in Richtung Abg. Hörl auf der Galerie –: Kollege Hörl ist jetzt ...!)


19.19.33

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen jetzt über die Bildungsmilliarde, die sich die SPÖ wünscht: populistisch, gut gemeint und gut zu verkaufen. Wenn man sich den An­trag aber genauer anschaut, erkennt man keinen Ansatz zu dem Budgetbezug bezie­hungsweise keinen Ansatz, wie man das ausgestalten sollte. Es ist frei wie immer. Die Oppositionsparteien fordern, ohne mit den Konsequenzen umgehen zu können oder sich um die Finanzierung kümmern zu müssen. (Abg. Hammerschmid: Koste es, was es wolle, oder?!) – Sehr geehrte Frau Abgeordnete Hammerschmid, wir haben weder eine Bildungs- noch eine Schulkrise. (Beifall bei der ÖVP – Abg. Wöginger: Die SPÖ hat eine Krise!)

Es stimmt, die Coronakrise stellt die Schulen und das gesamte Bildungswesen vor große Herausforderungen, aber gemeinsam mit dem Bildungsministerium, gemeinsam mit den engagierten Lehrerinnen und Lehrern schaffen wir das. Wir haben – bis auf eine kurze Zeit der Unterbrechung – den Unterricht fortsetzen und vor allem das Schuljahr abschlie­ßen können. Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich für das Engagement unserer Pädagoginnen und Pädagogen bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir ziehen aus dieser Krise unsere Schlüsse. Wir investieren in Unterstützungspersonal, in die Digitalisierung, in die Ferienbetreuung, in die Sommerschulen und sind auch für das neue Schuljahr, falls es wieder vermehrt zu Coronaclustern kommt, gerüstet. Die Vorgangsweise seitens der Regierung bringt Stabilität und Planbarkeit und schürt keine Verunsicherung im Bildungsbereich.


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Frau Hammerschmid, Sie sehen sehr viele Dinge, die Sie fordern, sind schon längst auf Schiene. Der Unterschied zu Ihren Forderungen ist, dass wir das Geld ganz gezielt für Verbesserungen einsetzen und es nicht, wie Sie fordern, mit der Gießkanne über das Bildungssystem ausleeren wollen. (Oje-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Kollross: Ja, ja, ja!)

Eine Ihrer Forderungen – die Forderung nach einem generellen Umbau des Bildungs­systems – möchte ich etwas genauer hinterfragen. Sie waren ja selbst Ministerin. Wie Sie wissen, haben wir 2017 gemeinsam eine große Bildungsreform durchgeführt. Ich finde es daher schon etwas eigenartig, wenn Sie nun, nach gerade einmal drei Jahren, eine völlige Umkrempelung des Schulsystems fordern, obwohl Sie genau wissen, wie schwierig eine Umstrukturierung ist, wenn sie funktionieren soll. Das ist eine Verunsi­cherung aller Beteiligten. In einer Zeit wie dieser, glaube ich, brauchen wir das nicht. Das ist nicht unser Ansatz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

In Ihrem Antrag schreiben Sie auch, dass wir als Regierung nichts für die Familien und Kinder tun. Das stimmt absolut nicht. Denken Sie an die Senkung der Einkommensteuer­stufen, den Kinderbonus, den Familienhärteausgleich, den Familienkrisenfonds und die Ferienbetreuung beziehungsweise auch die 30 Millionen Euro (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), die wir den Gemeinden zur Verfügung stellen, um eine Sommerbe­treuung anbieten zu können!

Etwas verwundert war ich über die Neidvergleiche in Ihrem Antrag zwischen dem Bil­dungsbereich, dem Wirtshauspaket und dem Künstlerpaket. Sogar die Landwirtschaft musste herhalten. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Geschätzte Damen und Herren, diese Vergleiche bringen uns nicht weiter. Wir befinden uns nicht in einer Schul- oder Bildungskrise. Wir haben es aufgrund der Coronaepidemie mit einer sehr herausfordernden Zeit zu tun. Wir ziehen daraus unsere Lehren und in­vestieren massiv in zukunftsweisende Bildungspolitik. Ich denke, wir brauchen keine Umkrempelung unseres Schulsystems, wir brauchen Handschlagqualität, Planbarkeit, Stabilität und Sicherheit für Eltern, Lehrer und Schüler. Dafür stehen wir. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Pia Philippa Stra­che. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.24.19

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Sehr ge­ehrter Herr Bildungsminister! So erfreulich es ist, dass Bildung endlich wieder im Mittel­punkt der Debatte steht, so muss leider festgestellt werden, dass den Schulen und vor allem den Lehrkräften zunehmend Übermenschliches abverlangt wird: Inklusion, Inte­gration, Bildung und Betreuung.

Ein paar der wahrscheinlich größten Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, sollen nun von den Schulen quasi im Alleingang geschultert werden. Ich denke, ich bin nicht alleine, wenn ich mich frage, wie das funktionieren soll.

Die von meinen Kolleginnen und Kollegen eingebrachten Anträge stellen alle einen Schritt in die richtige Richtung dar, aber ich befürchte, wir befinden uns immer noch in einer Situation, in der wir versuchen, einem strukturellen Problem mit Minischritten und einem Flickwerk beizukommen, ohne Struktur reinzubringen.

Geld ist ohne Zweifel notwendig, um die Coronakrise, die viele Facetten hat, nicht zu einer Bildungskrise zu machen. Neben den finanziellen Mitteln benötigen wir auch so etwas wie einen Generalplan Bildung, welcher von der wichtigen Elementarpädagogik


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bis hin zu den Universitäten eine ideologiefreie Analyse der Kapazitäten unseres Bil­dungssystems liefert, Prioritäten setzt und Mittel dort investiert, wo sie dringend benötigt werden.

Regeln und Strukturen sind wichtig, das ist schon klar. Warum aber kann man im Bil­dungsbereich nicht einmal einen unorthodoxen, einen unkonventionellen Weg gehen, der so individuell ist, wie unsere Kinder auch? Eines muss und darf einmal ganz rational gefragt werden: Ist unser derzeitiges Bildungssystem überhaupt noch zukunftsfit?

Schulische Ferienbetreuung und Summerschools, wie sie heute gefordert werden, sind möglicherweise nur ein erster Schritt in ein wirklich zukunftsfittes Bildungssystem. In ei­ner zunehmend postindustriellen Gesellschaft ist Bildung einer der wichtigsten Wege, um unseren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Jedes vierte Kind in Österreich ist von Armut betroffen. Es ist unsere Verantwortung, dass Bildung nicht Teil der Armuts­falle wird.

In einer Sitzung letzte Woche wurde die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer be­schlossen, das war schön und gut, aber es ist höchste Zeit, auch die Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher endlich nachhaltig zu entlasten. Im OECD-Schnitt liegt Österreich immer noch unter den top fünf, was die Belastung von Einzelverdienern und Familien betrifft. Wohnen, Erziehung und eben Bildung werden von Jahr zu Jahr teurer; alles, was die Grundlagen einer erfolgreichen Volkswirtschaft ausmacht, wird teurer.

Ich glaube nicht – und ich denke, da sind wir uns ausnahmsweise einmal alle einig –, dass unsere Kinder nicht weniger Talente oder Begabungen haben als die Kinder in anderen Ländern, aber ein unübersichtliches und chronisch unterfinanziertes Bildungs­system ist eine Erklärung dafür, warum wir mittlerweile – wie allgemein bekannt – bei der Pisa-Studie nicht mehr über das Mittelfeld hinauskommen.

Viele der angedachten Initiativen, wie das Zurverfügungstellen von Laptops und Tablets, sind besonders durch die noch immer nicht ausgestandene Coronakrise notwendig und im Homeschooling unvermeidbar, aber auch diesbezüglich befürchte ich, dass neue He­rausforderungen entstehen, die übersehen werden.

Es geht nämlich nicht nur um die Bereitstellung technischer Infrastruktur, sondern auch um die damit verbundene verantwortungsvolle Benutzung. Neue Technologien sind kein Allheilmittel, sondern bergen neue Risiken. Bereits jetzt verbringen unsere Kinder den Großteil ihrer Zeit mit sozialen Medien. Hierzu gibt es zahlreiche Studien, die bestätigen können, wie schädlich diese Entwicklung gerade für Teenager ist. Ein prominentes Bei­spiel: Kein Geringerer als Steve Jobs hat seinen eigenen Kindern ein striktes I-Pad-Ver­bot auferlegt, weil er sich der Risiken bewusst war. Daher sollten wir auch darauf achten, dass wir nicht nur die technische Infrastruktur zur strukturellen Nutzung schaffen, son­dern auch wirklich dafür sorgen, dass unsere Kinder nicht Gefahr laufen, dadurch neuen Gefahren ausgesetzt zu werden.

Gleiches gilt für die wirklich schöne Idee der Inklusion, welche grundsätzlich absolut be­grüßenswert ist, weil sie vor allem der Seele der betroffenen Kinder, aber auch den Fa­milien gut tut. Es gilt aber ebenfalls sicherzustellen, dass alle Beteiligten die notwendigen sensiblen Strukturen vorfinden, die es braucht, um eine optimale Inklusion gewährleisten zu können. Man stellt die Eltern, aber auch die Kinder vor eine gewaltige Herausforde­rung, und klappt es dann nicht, werden sie eiskalt im Stich gelassen.

Ein Junge, der eine Inklusionsklasse in Deutschland verlassen musste, hatte nur einen Wunsch, sollte er noch einmal die Chance bekommen, so eine Klasse besuchen zu dür­fen, nämlich dass man sich beim zweiten Versuch mehr auf seine Stärken als auf seine Schwächen konzentriert – ein schöner Ansatz, den wir vielleicht mitbedenken können.


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Die Ausbildung und Anerkennung von Sonderpädagoginnen und -pädagogen wurde in Österreich über die Jahre hinweg sträflich vernachlässigt. Auch diesbezüglich gibt es Aufholbedarf. Inklusion leben, heißt nicht, eine gute Idee am Ende durch Einsparungen am falschen Platz nicht praxistauglich umsetzen zu können. Es würde mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam einen Weg ohne ideologische Barrieren finden könnten, um si­cherzustellen, dass eine Bildungsmilliarde am besten zum Wohl unserer Kinder und der zukünftigen Generationen eingesetzt wird.

Kinder brauchen Zeit, Geduld und Verständnis auf ihrem schulischen Weg. Das alles sind Dinge, die ihnen ein ausgelaugtes und müdes System nicht mehr mit auf den Weg geben kann. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.30.0027. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 657/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz bei der Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln (318 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Herman Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.30.19

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben diesen Antrag eingebracht, weil es im Bereich der Schulbücher bei deren Auflage, bei deren Erscheinen, bei deren Erstellung immer wieder zu einer einseitigen politischen Indoktrination kommt. Dabei sind gerade Schulbücher ein Be­reich, der mit absoluter Sensibilität, mit Vorsicht und mit Achtsamkeit behandelt werden muss. Wir fordern da einfach Transparenz ein.

Ich darf an einem Beispiel ausführen, wo genau da Dinge passieren, die aus unserer Sicht einfach nicht in Ordnung sind und die unseren Kindern nicht zugemutet werden dürfen. Ich zitiere aus einem Schulbuch der 3. Klasse neue Mittelschule. Dort heißt es unter anderem: „In vielen Staaten Europas gewinnen nationalistische Gruppierungen und Parteien an Bedeutung. Das bringt eine Gefahr für die Demokratie mit sich, weil sich Nationalismus gegen die politische und gesellschaftliche Teilnahme von nationalen Min­derheiten richtet. Nationalistinnen und Nationalisten verwenden in politischen Debatten oft den Begriff ,Heimat‘.“

Hohes Haus! Wer also den Begriff Heimat verwendet, wer davon spricht, stellt eine Ge­fahr für die Demokratie dar. Genau das wird unseren Kindern suggeriert. Da spare ich mir jeden weiteren Kommentar, weil da mit Brachialgewalt versucht wird, unseren Kin­dern Bilder in die Köpfe zu hämmern, die einfach nicht real sind, die in der Sprache der heutigen Zeit Fakenews darstellen.

Wir alle verwenden in der politischen Diskussion, im politischen Diskurs im Übrigen den Begriff Heimat. Keine Partei hier ist ausgenommen, das nicht irgendwann einmal auf


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einem Wahlplakat plakatiert zu haben. Daher fordern wir in diesem Bereich einfach Transparenz ein. Wir wollen nicht mitreden, sondern wir wollen nur, dass für alle Bürger, die Fehlentwicklungen aufzeigen, im Nachhinein ersichtlich ist und ersichtlich wird, wer dafür verantwortlich ist, dass solche Schulbücher sozusagen auf den Markt kommen. Es ist schlicht und einfach Transparenz, die wir einfordern.

Dass es ein Problem betreffend Schulbücher gibt, bestätigt uns mittlerweile auch das Land Oberösterreich. Der Oberösterreichische Landtag hat einstimmig eine Resolution beschlossen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen zu setzen, und es wird eine hohe Sensibilität eingefordert.

Der Begriff Heimat, Hohes Haus, öffnet kein böses Framingfenster. Für die einen ist Heimat dort, wo sie geboren wurden, für die anderen ist Heimat dort, wo sie wohnen, für die anderen ist Heimat dort, wo ihre Freunde sind, dort, wo sie sich geborgen fühlen, für die anderen ist Heimat dort, wo sie leben und lieben. Hohes Haus, Heimat ist etwas Gutes, Heimat ist etwas Edles und Heimat ist etwas Schönes! (Beifall bei der FPÖ.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete MMag. Dr.in Ag­nes Totter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.33.32

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Schulbü­cher werden speziell für jedes Unterrichtsfach und jede Schulstufe unter Berücksichti­gung des allgemeinen und fachspezifischen Lehrplans erstellt. Der Lehrplan ist somit Grundlage, eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Schulbüchern und auch Maßstab für deren Zulassung.

Die Approbation der Schulbücher erfolgt durch die Schulbuchkommission, was auch sehr genau geregelt ist. Die Eignungserklärung ist ein Akt der hoheitlichen Verwaltung mit einer gesetzlichen Grundlage, die in § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geregelt ist, und ist entsprechend zu vollziehen. Die einzelnen Verfahrensschritte sind durch das All­gemeine Verwaltungsverfahrensgesetz unter Berücksichtigung der Parteienrechte und des Ermittlungsverfahrens vorgegeben. Vor dem Hintergrund der Wahrung berechtigter Interessen von Rechten Dritter und datenschutzrechtlicher Erwägungen ist eine Veröf­fentlichung von Verfahrensschritten und Dokumenten eines behördlichen Verfahrens, die über die Parteienrechte hinausgehen, nach der geltenden Rechtslage nicht vorgese­hen. Grundsätzlich hat sich das Approbationsverfahren in der derzeitigen Form sehr gut bewährt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

Die Behörde hat ausreichend Zeit, insgesamt sechs Monate, um unter Einbindung vieler Expertinnen und Experten zu einem Ergebnis zu gelangen und die Frage zu beantwor­ten, ob das Schulbuch geeignet ist oder nicht. Selbstverständlich sei eingestanden, dass es hie und da zu Missverständnissen kommt, weil kein Approbationsverfahren perfekt sein kann. Die Schulbuchverlage, aber auch die kritischen Schülerinnen und Schüler, vor allem aber die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern waren und sind sehr gut in der Lage, fehlerhafte und unzulängliche Stellen aufzudecken, und es wird sehr schnell darauf reagiert. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

Aus diesem Grund ist das derzeitige Approbationsverfahren hinsichtlich der Wahrung berechtigter Interessen, von Rechten Dritter und datenschutzrechtlicher Erwägungen ausgewogen und transparent. Das österreichische Bildungssystem arbeitet in dieser Hinsicht vorbildlich. Im Übrigen werden mit dem Einzug der Digitalisierung Kontrolle und Korrektur noch viel schneller vonstattengehen.


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Zum Abschluss möchte ich noch allen Schülerinnen und Schülern sowie allen Lehrerin­nen und Lehrern schöne und erholsame Ferien wünschen und mich für die hervorra­gende Zusammenarbeit bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fi­scher und Hamann.)

19.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.36.24

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Im Entschließungsantrag steht, dass dazu aufgefordert wird, „die Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Gutachterkommis­sion zu Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln zu ändern und die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen, so dass ab 1.1.2021 alle Begutachtungs­schritte inklusive des vollständigen Gutachtens für die Unterrichtsmittel öffentlich abruf­bar sind.“

Was heißt das eigentlich? – Sie wollen, wenn Ihnen irgendetwas nicht passt, sofort Ihre Tagespolitik ändern und das den Gutachtern, der Kommission, den Expertinnen und Experten, die im Bildungsministerium arbeiten, ankreiden. Das ist eine andere Art der Zensur, die wir nicht gutheißen. Ich habe großes Vertrauen in die Expertinnen und Ex­perten im Bildungsministerium, dass sie sehr ausgewogen agieren, sich gegenseitig austauschen und das auch mit den zuständigen Abteilungen besprechen. Betreffend Gesetzesvorlagen der Regierung haben sie im Gegensatz zu uns auch mehr Zeit, wenn sie etwas auf den Tisch bekommen.

Im Übrigen kennen wir einige Länder, in denen Bücher umgeschrieben worden sind. Ich denke da an einige US-Bundesstaaten, in denen in Biologie nur noch über Gänseblüm­chen und Bienen unterrichtet wird und die Erde eine Scheibe ist. Ich kenne auch die politischen Eingriffe in die Schulbücher in Ungarn, weil sie nicht gepasst haben.

Es gibt auch einen Vorfall in Österreich: Der Sohn des ehemaligen Nationalratsabgeord­neten Roman Haider hat seinen Vater angerufen, als in seinem Gymnasium in Linz der Extremismusexperte Thomas Rammerstorfer über „Extremistische Herausforderungen in Österreich“ referiert hat. Er hat sich beschwert. Was ist passiert? – Abgeordneter Hai­der hat den Schuldirektor angerufen, und dieser Workshop wurde abgebrochen. Wollen Sie das? – Wir wollen das nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Richtig so!)

Das ist ein Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft, und wir werden diesen Antrag kei­nesfalls, nicht einmal, wenn Sie ihn umschreiben, unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.39.34

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ja, es ist das Ende eines langen Tages, und es wird jetzt auch nicht mehr lange dauern. Die FPÖ hat gerade von politischer Indoktrination gesprochen. Es geht um Schulbücher, und ich habe mir gedacht, vielleicht ist es jetzt zum Abschluss des Tages passend, wenn ich Ihnen ein bisschen etwas aus einem der Bücher vorlese, an dem sich offenbar die Empörung der FPÖ entzündet und weswegen sie das Begutachtungsverfahren für Schulbücher ändern will.

Es geht zum Beispiel um das „Deutsch Sprach-Lese-Buch 4, Teil B“. Was steht denn da drin? – Da gibt es ein Kapitel, das heißt: „Warum bitten Menschen um Asyl?“ Da hört


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 206

Laura, wie der Nachbar über Asylbewerber schimpft. „Die leben doch hier auf unsere Kosten wie die Maden im Speck!“, sagt der Nachbar. Da geht Laura hinein zur Mutter und fragt: Was sind eigentlich Asylbewerber? Die Mutter fängt an, zu erklären und sagt: „Asylbewerber sind Menschen, die aus ihren Heimatländern geflohen sind, weil sie dort verfolgt werden“.

Laura lässt nicht locker und fragt: „Warum werden sie verfolgt?“ – „[...] weil sie gegen die Regierung sind; [...], weil sie einen anderen Glauben oder eine andere Hautfarbe ha­ben [...].“ Dann fragt Laura: „Kommen sie dann ins Gefängnis?“, und die Mutter sagt: „Ja, [...] viele werden sogar [...] getötet [...] Deswegen suchen sie in einem anderen Land Schutz [...].“ Woraufhin Laura sagt: Aber warum schimpft denn dann der Nachbar so? (Abg. Kickl: Vielleicht weil’s nicht stimmt in allen Fällen!), und die Mutter versucht zu erklären: Er hat wahrscheinlich nicht Menschen gemeint, die verfolgt werden, sondern solche, „die nur zu uns kommen, weil sie besser leben wollen.“ Worauf Laura fragt: „Und das dürfen sie nicht?“ Daran entzündet sich dann eine Debatte über die Lebensbedin­gungen in anderen Ländern und über Hunger, und Laura sagt dann sinngemäß: Nur weil jemand hungert, darf er nicht Asyl bekommen? Das finde ich ungerecht. (Abg. Kickl: Deshalb ist die Laura noch ein Kind, das noch keine Politik ...!)

So ungefähr sind die Texte, die in so einem Deutschbuch stehen, das die FPÖ empört. Ich frage Sie: Halten Kinder solche Debatten aus? Und ich meine: Ja. Muss man wegen so etwas Gutachterverfahren für Schulbücher ändern? Da sage ich Nein. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

19.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Mag. Gerald Hauser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.42.27

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Noch einmal: Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle immer wieder mit Erstau­nen fest, dass viele Kolleginnen und Kollegen Antragstexte nicht genau lesen können. Hier in diesem Fall haben Sie, Kollegin Hamann, anscheinend den Antragstext nicht ge­lesen und nicht verstanden, worum es geht.

Erstens geht es um Lehrbücher. In diesem Fall um das Lehrbuch „querdenken – Ge­schichte und Politische Bildung 3“ für die 3. Klasse Mittelschule beziehungsweise Gym­nasiumunterstufe (eine Fotokopie des Umschlags des genannten Schulbuchs auf das Rednerpult stellend), um dieses Buch ganz konkret. In diesem Buch wird der Begriff Heimat aus unserer Sicht einfach falsch dargestellt.

Wir wollen dieses Buch jetzt nicht umschreiben. Das stelle ich richtig. Worum es uns geht, ist Folgendes – und bitte lesen Sie den Antragstext durch, ich zitiere daraus –: Wir wollen, „dass ab 1.1.2021 alle Begutachtungsschritte inklusive des vollständigen Gut­achtens für alle Unterrichtsmittel öffentlich abrufbar sind.“ Das heißt, wir wollen einfach wissen: Wer hat dieses Buch approbiert? (Zwischenruf bei den Grünen.) Wie hat die Kommission ausgeschaut? Und wer hat die Entscheidung getroffen, dass bestimmte In­halte in einem Buch drinnen sind?

Sonst sind gerade Sie von den Grünen für maximale Transparenz. Wieso sind Sie hier gegen die Transparenz? Sie wollen ein Informationsfreiheitsgesetz, und wenn es Ihnen nicht passt, sind Sie dagegen. Also so funktioniert die Demokratie wohl auch nicht! (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Bravo! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Wenn wir schon über sinnerfassendes Lesen reden, machen Sie sich bitte wenigstens die Mühe, unsere Texte zu lesen und dann sinnerfassend wiederzugeben. Transparenz ist maximal erforderlich. Das ist das, was wir wollen! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 207

Nun zur Begrifflichkeit im Buch, Herr Minister: Ich sage es noch einmal: Ich weiß, dass Sie zuhören. Es kann doch einfach nicht sein, dass in der 3. Klasse neue Mittelschule beziehungsweise AHS-Unterstufe der Begriff Heimat negativ dargestellt wird! In diesem Buch wird Folgendes festgehalten – ich zitiere –: „Nationalistinnen und Nationalisten“ (Heiterkeit der Abgeordneten Belakowitsch und Kickl) „verwenden in politischen De­batten oft den Begriff ‚Heimatʼ.“ Und vorher werden Nationalisten negativ dargestellt.

Ich möchte jetzt hier keine Diskussion über den Begriff Nationalismus starten, aber in diesem Lehrbuch wird nicht unterschwellig, sondern offensichtlich behauptet, dass die Begrifflichkeit Heimat von Nationalisten verwendet wird, und dass das schlecht ist. Jetzt schaue ich in Richtung der ÖVP. Heimat ist doch das, was wir hochhalten. Heimat ist dort, wo wir zu Hause sind. Heimat ist dort, wo Tradition, Kultur gelebt wird. Heimat ist grundsätzlich etwas Positives (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen), und es kann nicht sein, dass diese Begrifflichkeit einfach verunglimpft wird!

Jetzt gehe ich noch einen Schritt weiter. Es findet mittlerweile sowieso eine Schwarz-Weiß-Malerei statt. Wenn ein Freiheitlicher den Begriff Heimat in den Mund nimmt, ist er ein Nationalist; wenn aber – wie im Wahlkampf – Bundespräsident Van der Bellen mit der Begrifflichkeit Heimat wirbt, ist es etwas Positives. (Der Redner zeigt eine Abbildung eines Plakats für Alexander Van der Bellen aus dem Wahlkampf zur Bundespräsidenten­wahl 2016 mit dem Schriftzug „Heimat braucht Zusammenhalt“.)

Also kommen Sie bitte zurück zu den Fakten! Halten wir fest, dass Schulbücher objektiv sein müssen, dass Begrifflichkeiten nicht so ohne Weiteres je nach Gutdünken, je nach politischer Färbung umgedeutet werden! Und halten wir bitte fest, was das Anliegen un­seres Antrages ist: Wir wollen – abschließend noch einmal – wissen, wer die Bücher freigegeben hat, wie diese Begutachtungsschritte abgelaufen sind, und das deshalb, weil wir für maximale Transparenz stehen, die Sie, die Grünen, sonst jederzeit und zu jeder Stunde einfordern. Nur wenn es uns betrifft, ist es Ihnen nicht recht. So funktioniert die Demokratie nicht! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses.

19.47.29Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 20 bis 27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Unterrichtsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt ge­trennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich wiederum die Klubs, ob eine kurze Sitzungsunterbrechung gewünscht ist. – Ich sehe, es gibt dazu keinen Wunsch.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 11. Schulorganisa­tionsgesetz-Novelle, das Schulunterrichtsgesetz sowie weitere Gesetze geändert wer­den samt Titel und Eingang in 237 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 208

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Somit ist der Entwurf in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung eines regu­lären Unterrichts im Schuljahr 2020/21“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21, die dem Ausschuss­bericht 312 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „gesetzliche Ver­ankerung des Modells der Sommerschulen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (67/E)

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Unter­richtsausschusses, seinen Bericht 313 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Un­terrichtsausschusses, seinen Bericht 314 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24, die dem Ausschuss­bericht 315 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Öffnung der Posi­tion der Schulleitung an allgemeinen Pflichtschulen für Sonderpädagoginnen und -päda­gogen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die einstimmig angenommen. (68/E)

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25, die dem Aus­schussbericht 316 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Prüfung der erweiterten Zulassung von Menschen mit Behinderungen in BMHS und Kollegs (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpädagoginnen und -pädagogen bzw. zur päda­gogischen Assistenz“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (69/E)

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Unter­richtsausschusses, seinen Bericht 317 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 318 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 7. Juli 2020 / Seite 209

19.50.50Einlauf


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 742/A(E) bis 768/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.51 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.51.11Schluss der Sitzung: 19.51 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien