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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

178. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 12. Oktober 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal


 

Stenographisches Protokoll

178. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 12. Oktober 2022

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 12. Oktober 2022: 10.04 – 22.13 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2023 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Fami­li­enlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2812/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energiekostenausgleichsgesetz 2022 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2810/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensi­onsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2811/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 2

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2737/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuregelung der Pensionsanpassung

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2253/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexipension mit Pensionsautomatik

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2788/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2670/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosen­versicherungsgesetz 1977, das Studienförderungsgesetz 1992, das Kinder­betreuungsgeldgesetz, das Familienzeitbonusgesetz, das Familienlas­ten­ausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket III)

11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2738/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Diskriminierung: Steuerbefreiung und Unpfändbarkeit der außerordentlichen Einmalzahlung auch für Landes- und Gemeindebedienstete

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2673/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2794/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 3

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 2830/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

16. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2677/A der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2320/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziell Schaden genommen haben

19. Punkt: Bericht über den Antrag 2685/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweite freiwillige und kostenlose Antikörpertests zur Schaffung einer umfassenden Datenlage zu Covid-19

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2795/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekam­mergesetz geändert werden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 4

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2714/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2829/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bun­desminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unter­nehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2838/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Maschinen – Inverkehrbringungs- und NotifizierungsG (MING), das Elektrotechnikgesetz 1992 – ETG 1992, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG und die Gewer­beordnung 1994 – GewO 1994 geändert werden

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird

28. Punkt: Bericht über den Antrag 2786/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweite Volksbefragung über die sofortige Beendigung der Sanktionen gegen die Russische Föderation

29. Punkt: Bericht über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden

30. Punkt: Bericht über den Antrag 2763/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkosten senken und Lohnverhandlungsspielraum schaffen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 5

31. Punkt: Bericht über den Antrag 2796/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz geändert wird

32. Punkt: Bericht über den Antrag 2740/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit

33. Punkt: Bericht über den Antrag 2129/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder

34. Punkt: Bericht über den Antrag 2720/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird

35. Punkt: Bericht über den Antrag 2803/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend AMS-Schulungen: Mehr als 50 Prozent Ausländer!

36. Punkt: Bericht über den Antrag 2760/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umlagensenkungen bei den Kammern

37. Punkt: Bericht über den Antrag 1340/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollektivvertrag für die Arbei­terkammern

38. Punkt: Bericht über den Antrag 2549/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Väterbeteiligung erhöhen – Familien­zeit­bonus reformieren

39. Punkt: Bericht über den Antrag 2608/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinder­betreuungsgeldgesetz geändert wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 6

40. Punkt: Bericht über den Antrag 1733/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflationsrate

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     46

Ordnungsrufe ................................................................................  159, 196, 276

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen betreffend die Abwesenheit von Mitgliedern der Bundesregierung bei Plenarsitzungen:

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................     41

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................     43

Sigrid Maurer, BA .....................................................................................................     44

August Wöginger .....................................................................................................     45

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, die Regierungsvorlage betreffend das Bundes­­finanzgesetz 2023 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen – Annahme ..  47, 47

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................     48

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................  290, 292

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     46

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................     46


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 7

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvor­lage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2023 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung .......................................................................  48, 47

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II) (1702 d.B.) ................     80

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2812/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie­kosten­ausgleichsgesetz 2022 geändert wird (1703 d.B.) .............................................     80

Redner:innen:

Kai Jan Krainer .........................................................................................................     80

August Wöginger .....................................................................................................     84

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................     89

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................     96

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ..........................................................................     98

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................  104

Karlheinz Kopf .........................................................................................................  107

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  111

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................  118

Hermann Brückl, MA ...............................................................................................  120

Mag. Corinna Scharzenberger ................................................................................  125

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  127

Christoph Zarits .......................................................................................................  135

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  137

Peter Haubner ..........................................................................................................  140


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 8

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................  141

Mag. Andreas Hanger ..............................................................................................  143

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................  145

Angela Baumgartner ...............................................................................................  147

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................  148

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  151

Maximilian Lercher ..................................................................................................  153

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der ‚kalten Progression‘“ – Ablehnung ....................  94, 298

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Anspruchsberechtigten beim Energiekostenausgleich“ – Ablehnung ...............................................  122, 298

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1702 und 1703 d.B. ........................  293

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2810/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensions­gesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1721 d.B.) ......................  155

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2811/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1722 d.B.) ..................  155

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2737/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuregelung der Pensionsanpassung (1723 d.B.) .........  156


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 9

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2253/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexipension mit Pensionsautomatik (1724 d.B.) ...........  156

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2788/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (1725 d.B.) .................................................  156

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2670/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeits­markt (1726 d.B.) ....................................................................................................  156

Redner:innen:

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  157

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  159

Peter Wurm ..............................................................................................................  162

August Wöginger .....................................................................................................  165

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  167

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  172

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  174

Dietmar Keck ...........................................................................................................  179

Bettina Zopf .............................................................................................................  182

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  184

Carina Reiter ............................................................................................................  187

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  188

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ..........................................................................  190

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  192

Rainer Wimmer ........................................................................................................  193

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1721 und 1722 d.B. ........................  298


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 10

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1723, 1724, 1725 und 1726 d.B. .................................................................................................................  302

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1663 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Studienförderungs­ge­setz 1992, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Familienzeitbonusgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommen­steuer­gesetz 1988 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket III) (1678 d.B.) .....  196

11. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schülerbeihilfen­ge­setz 1983 geändert wird (1679 d.B.) ...................................................................  196

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2738/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend keine Diskriminierung: Steuerbefreiung und Unpfänd­barkeit der außerordentlichen Einmalzahlung auch für Landes- und Gemein­debedienstete (1680 d.B.) .....................................................................................  196

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2673/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich (1681 d.B.) ...............................................................................................................  197

Redner:innen:

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  197

Barbara Neßler ........................................................................................................  199

Erwin Angerer ..........................................................................................................  201

Norbert Sieber ..........................................................................................................  202

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  204

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  208


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 11

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  210

Michael Seemayer ....................................................................................................  212

Mag. Michael Hammer ............................................................................................  217

Peter Wurm ..............................................................................................................  219

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  221

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  224

Karl Schmidhofer .....................................................................................................  226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien“ – Ablehnung .............  214, 304

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1678 und 1679 d.B. ........................  303

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1680 und 1681 d.B. .............  304

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2794/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Selbständi­gen-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert werden (1682 d.B.) ............................................  227

Redner:innen:

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  228

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  229

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  231

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................  232

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  234

Annahme des Gesetzentwurfes in 1682 d.B. .....................................................  304

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 12

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2830/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1713 d.B.) ........  235

16. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird (1714 d.B.) .........................................................................  236

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2677/A der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maß­nahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) geändert wird (1715 d.B.) ...................  236

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2320/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziell Schaden genommen haben (1716 d.B.) .....................................  236

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2685/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend bundesweite freiwillige und kostenlose Antikörpertests zur Schaffung einer umfassenden Datenlage zu Covid-19 (1717 d.B.) ....................................  236

Redner:innen:

Philip Kucher ............................................................................................................  237

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  239

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  242

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................  244

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  246

Rudolf Silvan ............................................................................................................  247


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 13

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  249

Dr. Susanne Fürst .....................................................................................................  253

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  255

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  258

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1713 und 1714 d.B. ........................  290

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1715, 1716 und 1717 d.B. .......  291

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2795/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits­telema­tikgesetz 2012 geändert wird (1718 d.B.) ...........................................................  261

Redner:innen:

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  261

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  263

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  265

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................  266

Martina Diesner-Wais .............................................................................................  268

Annahme des Gesetzentwurfes in 1718 d.B. .....................................................  291

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärzte­kammergesetz geändert werden (1719 d.B.) ......................  270

Redner:innen:

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  270

Dietmar Keck ...........................................................................................................  272

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................  273

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  276

Annahme des Gesetzentwurfes in 1719 d.B. .....................................................  291

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2714/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 14

Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (1720 d.B.) ........................................................  278

Redner:innen:

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  278

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  282

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  284

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ..........................................................................  285

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  288

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Sicherstellung des erforderlichen Psychotherapie­ange­bots“ – Ablehnung ........................................................................  280, 292

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1720 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesund­heitseinrichtungen“ (266/E) ..................................................................................  292

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2829/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energie­intensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1732 d.B.) ....................................................................  305

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2838/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird (1734 d.B.) ................................................  305

Redner:innen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  306


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 15

Peter Haubner ..........................................................................................................  307

Peter Wurm ..............................................................................................................  310

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  316

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  321

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ...............................................................  323

Tanja Graf .................................................................................................................  326

Rainer Wimmer ........................................................................................................  328

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................  329

Cornelia Ecker ..........................................................................................................  330

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (tatsächliche Berichtigung) ...................................  335

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................  335

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  337

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rauchverbot-Ende in den Innenräumen der Gastro­nomie auf freiwilliger Basis im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizschwammerlverbot beim Vollzug des Unternehmens Energiekos­ten­zuschussgesetz – UEZG“ – Ablehnung ...............................................  312, 370

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vorbereitung eines nationalen Gaspreisdeckels bzw. einer Gaspreisbremse“ – Ablehnung ..................................................  332, 370

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1732 und 1734 d.B. ........................  369

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1673 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Maschinen – Inverkehrbringungs- und NotifizierungsG (MING), das Elek­trotechnikgesetz 1992 – ETG 1992, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG und die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 geändert werden (1729 d.B.) ..........................................................  340


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 16

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1730 d.B.) ............................................  340

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird (1731 d.B.) ..........................................................  340

Redner:innen:

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................  341

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  344

Mag. Christian Ragger .............................................................................................  346

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  351

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Neukodifizierung der Gewerbeordnung“ – Ablehnung ..........................................................  348, 372

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1729, 1730 und 1731 d.B. ..................  371

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2786/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweite Volksbe­fragung über die sofortige Beendigung der Sanktionen gegen die Rus­sische Föderation (1733 d.B.) ...............................................................................  352

Redner:innen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  352

Andreas Ottenschläger ............................................................................................  356

Maximilian Lercher ..................................................................................................  357

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  359

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................  36


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 17

2

Dr. Susanne Fürst .....................................................................................................  365

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1733 d.B. ..........................................  372

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden (1683 d.B.) ....................................  372

Redner:innen:

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  373

Mag. Michael Hammer ............................................................................................  377

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  380

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  381

Annahme des Gesetzentwurfes in 1683 d.B. .....................................................  418

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2763/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkosten senken und Lohnverhand­lungs­spiel­raum schaffen (1684 d.B.) .............................................................................  382

Redner:innen:

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  382

Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................  384

Michael Seemayer ....................................................................................................  385

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  387

Michael Bernhard ....................................................................................................  388

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1684 d.B. ..........................................  420

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2796/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (1685 d.B.) ...............................................................................................................  390


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 18

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2740/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Wiedereinführung des Rechtsanspruchs auf Sonderbe­treuungszeit (1686 d.B.) ........................................................................................  391

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2129/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder (1687 d.B.) ............................................................................  391

Redner:innen:

Petra Wimmer ..........................................................................................................  391

Rebecca Kirchbaumer ..............................................................................................  394

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  397

Barbara Neßler ........................................................................................................  398

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  399

Annahme des Gesetzentwurfes in 1685 d.B. .....................................................  420

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1686 und 1687 d.B. .............  421

Gemeinsame Beratung über

34. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2720/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aus­länderbeschäftigungsgesetz geändert wird (1688 d.B.) ....................................  401

35. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2803/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend AMS-Schulungen: Mehr als 50 Prozent Ausländer! (1689 d.B.) ............................................................................................  401

Redner:innen:

Dietmar Keck ...........................................................................................................  402

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................  403


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 19

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  405

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................  407

Annahme des Gesetzentwurfes in 1688 d.B. .....................................................  421

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1689 d.B. ..........................................  422

Gemeinsame Beratung über

36. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2760/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umlagensenkungen bei den Kammern (1690 d.B.) ........  409

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1340/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollektivvertrag für die Arbeiterkammern (1691 d.B.) ....  409

Redner:innen:

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  409

Bettina Zopf .............................................................................................................  411

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  412

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  414

Michael Bernhard ....................................................................................................  416

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1690 und 1691 d.B. .............  422

38. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2549/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Väterbeteiligung erhöhen – Familienzeitbonus refor­mieren (1693 d.B.) ..................................................................................................  422

Redner:innen:

Petra Wimmer ..........................................................................................................  422

Joachim Schnabel ....................................................................................................  424

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  426

Barbara Neßler ........................................................................................................  428


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 20

Michael Bernhard ....................................................................................................  430

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  432

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1693 d.B. ..........................................  446

Gemeinsame Beratung über

39. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2608/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungs­geldgesetz geändert wird (1694 d.B.) ..................................................................  434

40. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1733/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflationsrate (1695 d.B.) .......................................................................................  434

Redner:innen:

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  434

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................  437

Edith Mühlberghuber ...............................................................................................  439

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  441

Michael Bernhard ....................................................................................................  442

Norbert Sieber ..........................................................................................................  445

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1694 und 1695 d.B. .............  446

Eingebracht wurden

Petition ....................................................................................................................     47

Petition betreffend „BLACK VOICES. Anti-Rassismus in Österreich zur Praxis machen.“ (Ordnungsnummer 102) (überreicht von den Abgeordneten Mario Lindner, Julia Elisabeth Herr und Nurten Yılmaz)

Regierungsvorlage .................................................................................................     46

1669: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 21

Bericht .....................................................................................................................     47

III-768: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für August 2022; BM f. Kunst, Kultur, öffent­lichen Dienst und Sport

Anträge der Abgeordneten

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Verunreinigungen durch Schwemm- und Treibholz (2842/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lokalisierung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit (2843/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anti-Teuerungs-Paket zur Sicherung der Kulturbetriebe (2844/A)(E)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenfreies, qualitativ hochwertiges Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Einrichtungen und Schulen“ (2845/A)(E)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien (2846/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung des erforderlichen Psychotherapieangebots (2847/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sprachliche Anpassung der Ihr Ressort betreffenden Gesetze (2848/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücklagenver­schlei­erungen in den Arbeiterkammern beenden! (2849/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umset­zungs­stand Aufbau- und Resilienzplan? (2850/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunfts­quote in der Berichterstattung zum BFG und BFRG (2851/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 22

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Trans­parenz bei Werkleistungen durch Dritte (2852/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehin­derten­gesetz geändert wird (2853/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cannabis im Straßen­verkehr (2854/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkosten senken und Lohnverhandlungsspielraum schaffen (2855/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Sanktionsliste für russische Regimeunterstützer:innen (2856/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nichtanerkennung russischer Dokumente, die in annektierten Gebieten oder für dort sesshafte Menschen ausgestellt werden (2857/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Sportsanktionen gegen Russland (2858/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitales Gästeblatt – mit Entbürokratisierung – mehr Daten für Tourismusforschung (2859/A)(E)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Identitätsdiebstahl sowie auch Deepfakes als eigene Straftatbestände (2860/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine flächen­deckende Autofahrerschikane durch Beschränkung der Geschwindigkeiten im Ortsgebiet auf 30 km/h, auf Freilandstraßen auf 80 km/h und auf Autobahnen auf 100 km/h (2861/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Treibstoff­kosten durch Einführung eines Gewerbediesels zur dringenden Entlastung des heimischen Transportgewerbes (2862/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 23

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Rohstoffver­sorgung in Österreich (2863/A)(E)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (2864/A)

Mag. Ulrike Fischer, Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur“ (2865/A)(E)

Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstüt­zung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche (2866/A)(E)

Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Erhebung zu Menstruationsgesundheit in Österreich (2867/A)(E)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern (2868/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Untersuchun­gen des Mutter-Kind-Passes (2869/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Untersuchun­gen des Mutter-Kind-Passes (2870/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wir lassen kein Kind zurück – Kinderarmut endlich bekämpfen! (2871/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterent­wick­lung Gender Budgeting – Empfehlungen des Budgetdienstes endlich umsetzen! (2872/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwick­lung Gender Budgeting – Empfehlungen des Budgetdienstes endlich umsetzen! (2873/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 24

Anfragen der Abgeordneten

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Folgeanfrage zur Anfrage „Transparenz in der Bewertung von Projekteinreichungen“ (11029/J) – Mangel­hafte Begründung der Ablehnung von Projektanträgen im Kulturbereich (12497/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Rückzahlung der zu unrecht indexierten Familienbeihilfe (12498/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rückzahlung der zu unrecht indexierten Familienbeihilfe (12499/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend möglicher Beraterhonorare für einen niederösterreichischen ÖVP Stadtrat (12500/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend möglicher Bera­ter­honorare für einen niederösterreichischen ÖVP Stadtrat (12501/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „die Tätigkeit von Wolfgang Rosenkranz, ehemaliger Geschäftsführer der für den bankrotten Wirecard-Konzern tätigen Repuco GmbH, und andere Personen, für das Bundesministerium für Inneres“ (12502/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „die Tätigkeit von Wolfgang Rosenkranz, ehemaliger Geschäftsführer der für den bankrotten Wirecard-Konzern tätigen Repuco GmbH, und andere Personen, für das GOVCERT und andere Bereiche des Bundeskanzleramts“ (12503/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 25

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Vorarlberg (12504/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Tirol (12505/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Salzburg (12506/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Burgenland (12507/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Steiermark (12508/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Niederösterreich (12509/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Wien (12510/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Kärnten (12511/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit 2022 Oberösterreich (12512/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Entwicklung des Personalstandes in den land- und forstwirtschaftlichen Institutionen und Anstalten sowie im Landwirtschaftsministerium (12513/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 26

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Missbrauchs-Skandal um nicht rechtskräftig verurteilten Arzt im Krankenhaus in Krems (12514/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Folgeanfrage zu „Explodierende Kosten für Energie führen zu horrenden Nachzahlungen und Neueinstufungen“ (12515/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesvertei­digung betreffend Übernahme von Kollektivvertragsbediensteten am Truppen­übungsplatz Allentsteig (12516/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage zu „Explo­dierende Kosten für Energie führen zu horrenden Nachzahlungen und Neueinstufungen“ (12517/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Windkraft in Österreich (12518/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Erdöl- und Erdgasvorkommen in Österreich (12519/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wird der Klimabonus rechtswidrig an Ausländer ausgezahlt? (12520/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zutrittskon­trollen in den Bundesministerien (12521/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend qualitative Untersuchung der Frauenmorde – Folgeanfrage (12522/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 27

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 24-Stunden-Betreuung droht unleistbar zu werden (12523/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend technische Fehler bei der automatischen Beantragung der Fami­lienbeihilfe (12524/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend FINA für Fairness und Chancengleichheit im Frauensport (12525/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Bewältigung der Borkenkäferkatastrophe in Osttirol (12526/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gesetze, Maßnahmen und Pläne gegen die Altersdiskriminierung (12527/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Landjugend-Broschüre als Lehrbehelf (12528/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Landjugend-Broschüre als Lehrbehelf (12529/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Landjugend-Broschüre als Lehrbehelf (12530/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Effektivität der Corona-Impfstoffe (12531/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend EU-Einstimmigkeitsprinzip (12532/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 28

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Jahresbericht des Vereins „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ (12533/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit akademischer Ausbildung und Ausländerarbeitslosigkeit und AMS-Schulungen 2022 (12534/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit maximal Pflichtschulausbildung und Ausländerarbeitslosigkeit 2022 (12535/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit höherer Ausbildung und Ausländerarbeitslosigkeit und AMS-Schulungen 2022 (12536/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Langzeitarbeitslosigkeit & Ausländerarbeitslosigkeit 2022 (12537/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Haupterwerbsalter und Ausländerarbeitslosigkeit 2022 (12538/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit maximal Pflichtschulausbildung & Ausländerarbeitslosigkeit und AMS-Schulung 2022 (12539/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Peinliche Twitter-Blockade gegen ELGA-Chef (12540/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Anwendung von § 6 Abs 3 Bundesarchivgesetz im BMSGPK – Archivierung der Dokumente von Bundesministerin a.D. Mag. Ines Stilling (12541/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 29

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Erwerbstätigkeit in Jahren vor Pensionsantritt (12542/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zinslose CoV-Kreditstundung: Banken rufen VfGH an (12543/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schuldnerberatung: Erstkontakte und Privatkonkurse steigen (12544/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Weiterer Zugriff auf und Rückgabe von strategischen Notstandsreserven (12545/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Stillstehende Ziegelwerke ab Herbst (12546/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit mittlerer Ausbildung und Ausländerarbeitslosigkeit 2022 (12547/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit Lehrausbildung und Ausländer­arbeitslosigkeit 2022 (12548/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit höherer Ausbildung & Auslän­derarbeitslosigkeit 2022 (12549/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 30

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Langzeitbeschäftigungslosigkeit und Auslän­derarbeitslosigkeit 2022 (12550/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ältere Arbeitslose und Ausländerarbeits­losig­keit 2022 (12551/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personen mit Lehrausbildung und Ausländer­arbeitslosigkeit und AMS-Schulung 2022 (12552/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Luxus-Urlaub der Generalsekretärin des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums (12553/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Schulungen August 2022 (12554/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitslosigkeit August 2022 (12555/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Ausländerarbeitslosigkeit und AMS-Schulun­gen (12556/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Hausübungs- und Lernverbot während der „Religionsaufsicht“ (12557/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Supplierstunden verkommen zu Beaufsichtigungsstunden (12558/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Lieferschwierigkeiten von Heizöl (12559/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend EU-Einstimmigkeitsprinzip (12560/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 31

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Stillstehende Ziegelwerke ab Herbst (12561/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Aufwertung einer Planstelle auf AI/9 zu Gunsten von Frau Kabinettschefin und Generalsekretärin Mag. Eva Landrichtinger (12562/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Demokratiepolitischer Skandal: Schon wieder Pannen bei der Eintragung der Volksbegehren (12563/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Klimademo-Zwang an öster­reichischen Schulen (12564/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend illegale Straßenrennen (12565/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einstellungen und Freisprüche bei Vergewaltigung (§ 201 StGB) (12566/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Gesamtkosten für gescheitertes Projekt Lobautunnel“ (12567/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Impf­empfeh­lung für gesunde Jugendliche (12568/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Testen war nicht der richtige Weg (12569/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fehlender Ärztenachwuchs an den Spitälern (12570/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 32

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Energiekostenzuschuss auch für zahnärztliche Ordinationen (12571/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Aufwertung einer Planstelle auf AI/9 zu Guns­ten von Frau Kabinettschefin und Generalsekretärin Mag. Eva Landrichtinger (12572/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hygiene Austria Skandal als Fortsetzungsgeschichte? (12573/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Hygiene Austria Skandal als Fortsetzungs­geschichte? (12574/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Hygiene Austria Skandal als Fortsetzungsgeschichte? (12575/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Energiekostenzuschuss auch für zahnärztliche Ordinationen (12576/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Energie­kosten­zuschuss auch für zahnärztliche Ordinationen (12577/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zwang zur COVID-19-Impfung bei militäri­schem Flugpersonal (12578/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherstellung von Beweismitteln und Bargeld sowie Auswertung von Datenträgern bei illegalen Migranten (12579/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 33

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Plagiieren – die neue akademische Seuche! Was gedenken Sie zu tun, Frau Minister? (12580/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Plagiieren – die neue akademische Seuche! Was gedenken Sie zu tun, Herr Minister? (12581/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend OMV-Unfall unter Sabotageverdacht (12582/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Behinder­tenpass (12583/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ergebnisse der Caritas-Befragung zu Persönlicher Assistenz (12584/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (12585/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMKÖS (12586/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMKUEMIT (12587/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMLV (12588/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Heizkosten und Heizungsart im BML (12589/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 34

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Heiz­kosten und Heizungsart im BKA (12590/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMFFIM (12591/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMF (12592/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMEUV (12593/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Heizkosten und Heizungsart im BMJ (12594/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMBWF (12595/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMI (12596/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMEIA (12597/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMAW (12598/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Heizkosten und Heizungsart im BMSGPK (12599/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Barrierefreiheit im BMLV (12600/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Barrierefreiheit im BMI (12601/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 35

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Barrierefreiheit im BMSGPK (12602/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Barrierefreiheit im BMKÖS (12603/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Barriere­freiheit im BKA (12604/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Barrierefreiheit im BMF (12605/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Barrierefreiheit im BMEIA (12606/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Barrierefreiheit im BMAW (12607/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Barrierefreiheit im BMJ (12608/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Barrierefreiheit im BMBWF (12609/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Barrierefreiheit im BMLFRW (12610/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Barrierefreiheit im BMFFIM (12611/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Barrierefreiheit im BMEUV (12612/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 36

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Barriere­freiheit im BMKUEMIT (12613/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Vereinsauflösung des Flüchtlingsunterstützungsvereins des Burgtheaters (12614/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Vereinsauflösung des Flüchtlingsunterstützungs­ver­eins des Burgtheaters (12615/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Neue Erkenntnisse zur HETA-Abwicklung (12616/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tierschutzprämien und Agrarfördergelder des Landwirtschaftsministers für tierquälerische Zustände, fehlende Kontrollen und fehlende Konsequenzen für die neue Förderperiode durch den Landwirtschaftsminister (12617/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Tierschutzprämien und Agrarfördergelder des Landwirtschaftsministers für tierquälerische Zustände, fehlende Kontrollen und fehlende Konsequenzen für die neue Förder­periode durch den Landwirtschaftsminister (12618/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Task Force Liefereng­pässe (12619/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger_innen: nutzlos und bürokratisch? (12620/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 37

Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überteuerte BMI Inserate für die ÖVP Organisation NÖ Gemeindebund? (12621/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Klimabonus: viel Chaos, kein Datenschutz? (12622/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wo bleibt die versprochene Hilfe für Ukrainer_innen? (12623/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Wo bleiben Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld für Geflüchtete aus der Ukraine? (12624/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wo bleibt das endlich zugesagte Kinderbetreuungsgeld für Geflüchtete aus der Ukraine? (12625/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wo bleibt die endlich zugesagte Familienbeihilfe für Geflüchtete aus der Ukraine? (12626/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend GRECO-Korruptionsbericht zu Österreich: Wann werden 16 von 19 Empfehlungen erfüllt? (12627/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Vorarlberger Modell der direkten Demokratie (12628/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gefährdungsmeldungen in Pflege- und Gesundheitswesen (12629/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 38

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Wann gibt es endlich effiziente Verfahren auch bei komplexen Korruptionsfällen? (12630/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitskräftemangel im Tourismus (12631/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11681/AB zu 11993/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­ne­ten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11682/AB zu 12000/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11683/AB zu 12003/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11684/AB zu 12002/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11685/AB zu 12005/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (11686/AB zu 12011/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11687/AB zu 11996/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11688/AB zu 12004/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (11689/AB zu 11995/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11690/AB zu 12010/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 39

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11691/AB zu 12009/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11692/AB zu 11999/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (11693/AB zu 12085/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11694/AB zu 11997/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11695/AB zu 11998/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11696/AB zu 12007/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kolle­gen (11697/AB zu 12018/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11698/AB zu 12020/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11699/AB zu 12023/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11700/AB zu 12019/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (11701/AB zu 12016/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 40

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (11702/AB zu 12015/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (11703/AB zu 12017/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11704/AB zu 12021/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (11705/AB zu 12014/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (11706/AB zu 12013/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11707/AB zu 12012/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11708/AB zu 12022/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (11709/AB zu 12024/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (11710/AB zu 12025/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11711/AB zu 12027/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen (11712/AB zu 12026/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 41

10.04.23Beginn der Sitzung: 10.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

10.04.24*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf die 178. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären. Ich darf Sie, werte Abgeordnete, recht herzlich begrüßen. Ich freue mich über die zahlreichen Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und über die Anwesenheit der Damen und Herren von den Medien. Ich grüße die Damen und Herren, die die Sitzung heute zu Hause vor dem Bildschirm verfolgen.

Mein besonderer Gruß gilt dem Herrn Bundespräsidenten, dem ich auch von dieser Stelle herzlich zu seiner Wiederwahl gratulieren darf. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf auch die Präsidentin des Rechnungshofes recht herzlich in unserer Mitte begrüßen. Mein Gruß gilt natürlich auch der Bundesregierung, dem Bundes­kanzler, dem Vizekanzler und allen anwesenden Ministerinnen und Ministern.

Zur Geschäftsbehandlung ist Abgeordneter Leichtfried zu Wort gemeldet. (Ruf bei der ÖVP: Das fängt schon gut an!) Ich darf ihm das Wort erteilen.

10.05.49*****


10.05.50

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Bundespräsident! Geschätzte Damen und Herren von der Bun­desregierung! Es ist mir eine große Freude, dass Sie einmal in so großer Zahl unser Haus beehren. Das ist auch der Grund meiner Wortmeldung, denn das ist sonst in der Regel nicht der Fall. (Oje-Rufe bei der ÖVP.) Der Herr Bundeskanzler war bei seiner eigenen Regierungserklärung nicht anwesend. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 42

Trotz des vollständigen Aufgebots der Bundesregierung gibt es für diese zwei Sitzungstage sieben Entschuldigungen von Mitgliedern der Bundesregierung, und das ist nicht das erste Mal. Wir haben das schon öfter in der Präsidial­konferenz besprochen, und der Herr Präsident hat in der letzten Präsidial­kon­ferenz erklärt, er wird einen Brief an die Mitglieder der Bundesregierung schicken. Das ist anscheinend noch nicht geschehen, denn sonst gäbe es nicht so viele Ent­schuldigungen.

Die Klimaschutz- und Energieministerin ist für zwei Tage entschuldigt, und das in der größten Energiekrise, die wir je durchgemacht haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Disoski und Maurer.) Die Justizministerin ist für zwei Tage ent­schuldigt. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Zadić.) Der Außenminister ist für einen Tag entschuldigt. Der Gesundheitsminister ist entschuldigt. Der Innenminister ist entschuldigt. (Abg. Haubner: Peinlich! – Abg. Kopf: Lächerlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Sie sind immer dann entschuldigt, wenn es wirklich um die Debatten geht.

Geschätzte Damen und Herren von der Bundesregierung, ich möchte jetzt einen Appell an Sie richten: Nehmen Sie dieses - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, was ist der Antrag zur Geschäftsordnung? Sie wissen, dass Sie in der Geschäftsbehandlungsdebatte einen Antrag stellen müssen. Was ist es für ein Antrag? Dann kann ich darüber abstimmen lassen. Jetzt aber am Beginn der Sitzung eine Diskussion zu führen halte ich für wirklich unpassend. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Mein Appell ist (Abg. Steinacker: Ein Appell ist kein Antrag! Das ist ein Witz!): Nehmen Sie dieses Haus in Zukunft ernst, geschätzte Damen und Herren, dann wird die Zusammenarbeit auch eine bessere sein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung ist Abgeordnete Belakowitsch zu Wort gemeldet. Dann gelangen Abgeordnete Maurer und Abgeordneter Wöginger zu Wort. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 43

10.07.49

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte mich dem Appell meines Vorredners anschließen. (Ruf bei der ÖVP: ... neue Koalition! – Abg. Strasser: Wo ist denn der Kickl?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben in der letzten Präsidiale darüber gesprochen, dass die Ministerinnen und Minister tatsächlich permanent entschuldigt sind. Das schränkt vor allem die Oppositionsrechte massiv ein. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Dringliche Anfragen, Dringliche Anträge sind einfach nicht möglich, weil es nicht der zuständige Fachminister ist, der dann kommen würde. Ich würde Sie, meine Damen und Herren der Bundesregierung, wirklich bitten, das Parlament ernst zu nehmen. Unser Arbeitsplan ist seit Monaten bekannt, und daher ist es notwendig - - (Abg. Steinacker: Wo ist der Herr Kickl?! Nehmen Sie sich selbst nicht ernst?! – Abg. Strasser: Wo ist der Herr Klubobmann?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Könnten Sie mich einmal ausreden lassen? Ich weiß nicht, warum Sie so nervös sind. Offensichtlich haben wir damit in ein Wespennest gestochen.

Klubobmann Kickl ist aus Krankheitsgründen entschuldigt, zu Ihrer Information, wenn Sie das genau wissen wollen. (Abg. Michael Hammer: Ist er immer dann, wenn er eine Wahl verliert!)

Tatsache ist, dass die Ministerinnen und Minister lieber in der Weltgeschichte herumreisen, und es ist auch eine Frage der Wertigkeit und eine Frage dessen, wie wichtig man dieses Haus hier nimmt. Ich glaube, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger wäre es notwendig, dass die Minister sich den Arbeitsplan tat­sächlich rechtzeitig anschauen, bevor sie ihre Reisen planen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Maurer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 44

10.09.05

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Herr Leichtfried, Sie haben es genannt, es gibt aufgrund eines Angriffskrieges von Putin eine internationale Energiekrise, und der Grund dafür, warum die Energieministerin nicht anwesend ist, ist ein EU-Energieminister:innenrat. Frau Kollegin Belakowitsch, mir ist schon klar, dass Sie glauben, dass man die Probleme der Welt im kleinen Österreich lösen kann, und dass Sie der Europäischen Union nicht den gebührenden Res­pekt entgegenbringen. (Ah-Rufe bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Sie können gar kein Problem lösen! Sie sind das Problem! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Wir sind allerdings als Regierungs­fraktionen der Meinung, dass es die ureigenste Aufgabe – und da wende ich mich noch einmal an die Sozialdemokratie – der Klima- und Energieministerin ist, dass sie selbstverständlich bei diesem Rat anwesend ist, um genau die Probleme zu lösen, die Sie hier zu Recht lautstark kritisieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir bemühen uns beide, Klubobmann August Wöginger und ich bemühen uns immer darum, dass so viele Minister:innen wie möglich anwesend sind. Wir haben auch intensive Diskussionen über die Umstellung von Terminplänen. Auch das ist immer eine Herausforderung, Sie wissen das, Sie waren ja selber einmal Minister. Wir bemühen uns wirklich sehr, aber das jetzt hier so vorzubringen, finde ich tatsächlich völlig unangebracht. (Abg. Leichtfried: Wo ist jetzt der Antrag, Herr Präsident?!) Wir haben eine internationale Krise; selbstverständlich hat die Ministerin diese auch auf europäischer Ebene zu bearbeiten (Abg. Matznetter: Aber nicht zwei Tage!), genauso, wie Sie es selber ständig einfordern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie noch einen Antrag? Herr Klubobmann, hätten Sie die Debatte nicht angefangen, dann müssten wir mit diesem Instrument nicht so umgehen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) – Bitte sehr.



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10.11.03

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Da kann ich nahtlos anschließen. Die SPÖ versucht, ein erfolgreiches Zukunftsbudget für die Östereicherinnen und Österreicher mit einer völlig unnötigen Wortmeldung zu konterkarieren. Diese Bundesregierung ist gefordert, die internationalen und europäischen Termine wahrzunehmen. Das ist die Pflicht und die Aufgabe unserer Bundesregierungsmitglieder. Morgen findet die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds statt, morgen findet auch ein EU-Innenministerratstreffen statt. Das sind Ter­mine, die wahrzunehmen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, solche Termine haben Ihre Minis­terinnen und Minister genauso wahrgenommen, auch an Plenartagen, also werfen Sie nicht mit Steinen, wenn Sie im Glashaus sitzen! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Diese Bundesregierung sorgt dafür, dass es den Österreicherinnen und Österreichern auch in Zukunft möglich sein wird, in einem Land des Wohlstandes und der sozialen Absicherung zu leben. Das Budget, das der Finanzminister gleich präsentieren wird, bietet die Grundlage dafür. Also betei­ligen Sie sich daran und stimmen Sie mit! Das wäre ein Zeichen der Solidarität und des Zusammenhaltes, den wir in Zeiten wie diesen dringend brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.12

10.12.22*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf festhalten, dass niemand von den Klubobleuten einen Antrag zur Geschäftsbehandlung gestellt hat. Daher gehen wir dementsprechend weiter. (Abg. Leichtfried: Ich bin der Einzige, der unter­brochen worden ist!)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 174. Sitzung sowie das Amtliche Protokoll der 175. Sitzung vom 3. Oktober 2022, der 176. und der 177. Sitzung vom 4. Oktober 2022 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.


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Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Mag. Maria Smodics-Neumann, Petra Bayr, MA MLS, Julia Elisabeth Herr, Mario Lindner, Josef Muchitsch, Alois Stöger, diplômé, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Kickl, Christian Ries, Peter Schmiedlechner, Michael Schnedlitz, Petra Steger, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Süleyman Zorba, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Stephanie Krisper und Dr. Nikolaus Scherak, MA.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler vertreten.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungs­gegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 12497/J bis 12631/J

2. Anfragebeantwortungen: 11681/AB bis 11712/AB

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 47

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition betreffend "BLACK VOICES. Anti-Rassismus in Österreich zur Praxis machen.", überreicht von den Abgeordneten Mario Lindner, Julia Elisabeth Herr und Mag. Selma Yildirim (102/PET)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entschei­dung des Ausschusses):

Kulturausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für August 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-768 d.B.)

*****

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG-NR


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanz­gesetz 2023 samt Anlagen in 1669 d.B. in erste Lesung zu nehmen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich dementsprechend um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

*****

Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 diese Sitzung bis 13 Uhr überträgt, ORF III bis 19.15 Uhr. Im Anschluss wird die Sitzung im Livestream in der TVthek bis zum Ende übertragen. Auch private Sendestationen übertragen einzelne Teile unserer Sitzung.


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Ich darf darauf hinweisen, dass im Auftrag der Parlamentsdirektion während der heutigen Sitzung zwei Kamerateams unterwegs sind.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 2 und 3, 4 bis 9, 10 bis 13, 15 bis 19, 23 und 24, 25 bis 27, 31 bis 33, 34 und 35, 36 und 37 sowie 39 und 40 der Tagesordnung jeweils zusammen­zu­fassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es wurde in der Präsidialkonferenz Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Gemäß der Tagesblockzeit haben wir 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Die Redezeiten verteilen sich folgendermaßen: Auf die ÖVP entfallen 185, auf die SPÖ 128, auf die FPÖ 105, auf die Grünen 95 sowie auf die NEOS 76 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, jeweils 38 Minuten. Die Redezeit pro Debatte wird mit 5 Minuten begrenzt.

Ich darf Sie bitten, dem Ihre Zustimmung zu erteilen und sich, wenn das der Fall ist, entsprechend von den Sitzen zu erheben. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.15.401. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2023 samt Anlagen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 1.

Ich erteile dem Herrn Bundesfinanzminister das Wort. – Bitte sehr.



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10.15.56

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Bundespräsident, ich darf Ihnen an dieser Stelle auch ganz herzlich zur Wiederwahl gratulieren. Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete im Parlament! Verehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ein Budget ist immer die Antwort der Bundesregierung auf aktuelle und auf zukünftige Heraus­forderungen. Mit diesem Budget geben wir genau die Antworten, die es jetzt in – zugegeben – sehr schwierigen Zeiten auch braucht, denn mit diesem Budget übernehmen wir auch Verantwortung für morgen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können uns nicht aussuchen, in welchen Zeiten wir leben. Wir wählen auch nicht die Herausforderungen, mit denen wir als Politikerinnen und Politiker konfrontiert sind. Was wir aber sehr wohl beeinflussen können, ist, wie wir als Gesellschaft, wie wir als Standort Österreich und wie wir als Staat insgesamt mit Krisen umgehen und wie wir aus diesen Krisen und aus diesen Extremsituationen, in denen wir uns befinden, hervorgehen. (Abgeordnete der SPÖ halten Tafeln mit der rot unterlegten Aufschrift „Preise runter.“ und mit der schwarz unterlegten Aufschrift „Deckel drauf.“ in die Höhe.)

Unser Anspruch ist, dass Österreich nicht nur gut durch diese schwierigen Zeiten kommt, sondern dass Österreich daran wächst. Ich weiß, viele von Ihnen hier im Saal, aber auch zu Hause können das Wort Krise nicht mehr hören. Ich kann mir das persönlich natürlich auch sehr gut vorstellen und das sehr gut nachvoll­ziehen. Die Krise ist anscheinend ein ständiger Begleiter unseres Alltags gewor­den: wenn man die Nachrichten einschaltet, wenn man Zeitungen liest, im Gespräch mit Familie, mit Freunden, mit Nachbarn. Ich werde Ihnen heute nicht sagen, dass die Krise vorbei ist, und ich werde Ihnen auch nicht versprechen, dass - -



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie ersuchen, die Taferln wieder wie vereinbart herunterzutun? (Abg. Lukas Hammer: Beste Werbung fürs Budget!)

Herr Bundesminister, Sie sind wieder am Wort.


Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. (fortsetzend): Die Krise ist nicht vorbei. Ich kann Ihnen heute und werde es auch nicht versprechen, dass wir 2023 keine Krisensituation mehr haben werden. Was wir aber heute sagen können, ist, dass wir mit diesem Budget auf die aktuellen Herausforderungen reagieren und bestmöglich vorsorgen, falls der Staat wieder im großen Umfang helfen muss, um Existenzen zu retten. Gleichzeitig – das ist auch ganz wichtig – investieren wir aber auch in die Themen der Zukunft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, es sind wahrscheinlich die schwierigsten Zeiten, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg erleben, mit denen die Menschen in diesem Land und auch diese Politikergeneration konfrontiert sind. Das liegt an den multiplen Krisen, die wir alle gemeinsam zu bewältigen haben. Bis vor 2,5 Jahren kannten die Menschen in Österreich das Wort Pandemie wahrscheinlich nur in Verbindung mit fernen Ländern und das Wort Wirtschaftskrise war für viele ein Begriff aus den Geschichtsbüchern. Mittlerweile prägen beide Begriffe unser tägliches Leben. Die Menschen spüren auch, dass die Zeiten schwieriger sind.

Seit dem Ausbruch der Covid-Pandemie in Österreich im Februar 2020 ist die Politik auf allen Ebenen – auf Bundesebene, auf Landes- und Gemeindeebene – gefordert. Mit noch nie dagewesenen Einschränkungen, notwendigen Einschrän­kungen und auch milliardenschweren Hilfsmaßnahmen haben alle Gebietskör­perschaften ihren Beitrag geleistet, um die Menschen, um die Arbeitsplätze und die Unternehmen bestmöglich durch diese Krise zu tragen.

Dafür möchte ich allen Danke sagen, die in dieser sehr schwierigen Zeit auch Verantwortung für das Land, für die Gesellschaft, für den Staat insgesamt übernommen haben und übernehmen und sich auch in den Dienst der Allge­meinheit stellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Klar ist aber auch, dass wir alle die Folgen von Pandemie und Wirtschaftskrise spüren, die Verantwortungsträger und auch alle Gebietskörperschaften sie vor allem auch in ihren Budgets spüren. Seit Beginn der Pandemie haben wir als Bund 46,5 Milliarden Euro aufgewendet, um die Gesundheit zu schützen, um Arbeitsplätze zu retten, um Betriebe und Gemeinden durch diese Krise zu bringen. Auch wenn sich die Notwendigkeit für Covid-Unterstützungen reduziert hat, haben wir im Jahr 2022 bisher 6,8 Milliarden Euro für Gesundheit, für Wirtschaft und für die finanzielle Stabilität auch von Kommunen und für unser ehrenamtliches Vereinswesen aufgewendet.

Mit 2,6 Milliarden Euro wurden die Gesundheit und die medizinische Versorgung der Menschen abgesichert. 2,2 Milliarden Euro sind bereits an Unterneh­mens­hilfen ausbezahlt worden. Auch hinter diesen Zahlen stehen gerettete Arbeits­plätze auf der einen Seite und vermiedene Insolvenzen auf der anderen Seite. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) 597 Millionen Euro wurden für die Kurzarbeit aufge­wendet, also die direkte, unmittelbare Sicherung von Arbeitsplätzen.

2023 haben wir für die weitere Unterstützung hinsichtlich der Folgen der Covid-19-Pandemie 2,7 Milliarden Euro im Budget veranschlagt, den Großteil natürlich für Gesundheit und für Vorsorgemaßnahmen in den Schulen.

Weil ich die Wirtschaftshilfen angesprochen habe: Die sind – bei aller teilweise berechtigten Kritik – auch der Grund, warum wir Anfang 2022 wirtschaftlich deutlich stärker aus der Pandemie herausgekommen sind als andere Länder. Im Dezember 2021 hat das Wifo für Österreich heuer ein BIP-Wachstum von 5,2 Prozent attestiert und prognostiziert, und aktuell sind es immer noch 4,8 Prozent. Im zweiten Quartal 2022 lag die österreichische Wirtschaftsleistung um 3,3 Prozent über dem vierten Quartal 2019, während im Vergleich in Deutschland erst das Vorkrisenniveau erreicht worden ist und auch der Zuwachs in der Eurozone insgesamt mit 1,5 Prozent deutlich hinter dem von Österreich lag. Diese Zahlen zeigen, dass wir in der Pandemie vielleicht nicht alles, ja, aber doch sehr vieles richtig gemacht haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Dann kam mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein Szenario, das niemand in Europa in die Prognosen einberechnet hat und das für die meisten Menschen in Europa völlig denkunmöglich erschien: Krieg auf dem europäischen Festland, Raketen auf Städte, die näher an Wien sind als Bregenz. Dieser Krieg sorgt, neben allen menschlichen Tragödien, für Unsicherheit bei den Unter­neh­men, für Unsicherheit bei den Menschen in ganz Österreich. Vor allem verstärkt der Krieg die hohe Inflation und die daraus resultierende Teuerung, die ihren Ursprung teilweise in Aufholeffekten aus der Pandemie, aber auch in globalen Lieferkettenproblemen hatte. Denken wir an ein quer stehendes Schiff im Sues­kanal oder denken wir an einen geschlossenen Hafen von Shanghai, was eben­falls massive Auswirkungen auf die globale Versorgung hatte!

All diese Effekte werden durch den Krieg in der Ukraine eben noch einmal ver­stärkt. Ja, auch Europa spürt die Sanktionen, die wir gegen Russland verhängen mussten, und ich sage bewusst: verhängen mussten. Europa kann und darf nicht zulassen, dass sich Staaten über das Völkerrecht hinwegsetzen und ein einzelner Politiker entscheidet, ob ein Staat eine Existenzberechtigung hat oder nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Und ja, die Sanktionen treffen uns auch in Europa, aber vor allem treffen sie Russland hart, und die Wirkung wird mit jedem Monat noch stärker. Die russische Wirtschaft ist weitgehend isoliert. Russland ist von internationalen Finanzmärkten weitgehend abgeschnitten. In ganz Europa wird daran gearbeitet, die Abhängigkeit von Russland im Energiebereich von Tag zu Tag und Stück für Stück weiter zu reduzieren. Die Sanktionen haben auch zu einer nie da gewesenen Geschlossenheit innerhalb Europas geführt, die auch von Russland entsprechend unterschätzt wurde.

Ja, wir alle und vor allem die Haushalte und die Betriebe in Österreich spüren die Auswirkungen der russischen Aggression, insbesondere auch im Energiebereich. Das muss man auch ehrlich sagen. Man muss auf der anderen Seite aber auch sagen, woran das liegt, nämlich daran, dass Putin Energie und damit auch die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger gezielt als Waffe im Krieg einsetzt, um


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seine Ziele zu erreichen und um die Union zu spalten. Es waren nicht die Sank­tionen Europas, die den Gashahn zugedreht haben. Das hat Russland bereits im Jahr 2021 getan, und deshalb sollte man hier auch keine andere Geschichte erzählen oder glauben. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Daher ist zwar der Ruf nach dem Ende der Sanktionen emotional durchaus ver­ständlich, aber niemand hat eine Garantie, dass Russland dann seine Ver­pflich­tungen auch einhält. Wir alle haben gesehen, wie wenig wir den russischen Ankündigungen insgesamt glauben können. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Willkür eines Mannes entscheidet, ob unsere Heizungen in Österreich kalt oder warm sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Daher – und das ist ein wichtiger Punkt – reduzieren wir alle in Österreich, aber auch in ganz Europa unsere Abhängigkeit von Russland im Energiebereich. Dieser Weg ist aber noch lang, daher befinden wir uns aktuell in einer schwieri­gen Situation, in der wir sehr viel Geld in die Hand nehmen, um einerseits unsere historisch gewachsene Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren und andererseits gleichzeitig die Auswirkungen der hohen Inflation auf die Menschen so gut wie möglich abzufedern. Ich sage gleich dazu: Die Inflation werden wir nie für alle ausgleichen, und wir können auch nicht jede Krise und deren Auswir­kungen zu 100 Prozent kompensieren.

Wer das verspricht, sehr geehrte Damen und Herren, spielt mit dem Feuer und erzeugt auch eine Illusion für die Menschen. Das ist aus meiner Sicht unseriös und auch nicht mein Zugang zu Politik. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Das ist bei Inflationsraten von 9 bis 10 Prozent schlichtweg nicht möglich, und schon gar nicht bei Inflationsraten wie zum Beispiel in Estland mit mehr als 25 Prozent.

Natürlich muss die Politik Maßnahmen setzen, um die Menschen in dieser Situation auch zu entlasten, aber das bedeutet auch, überlegt zu handeln, und das heißt vor allem auch, verlockenden Rufen nicht gleich nachzugeben, weil nicht alles, was populär ist, auch vernünftig ist, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.)


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Es braucht aus meiner Sicht Fingerspitzengefühl: auf der einen Seite die notwendige Unterstützung, gleichzeitig dürfen wir aber die importierte Inflation nicht weiter anheizen. Natürlich klingt es verlockend, einfach einen Deckel auf den Strompreis in Österreich einzuziehen. Sinnvoll wäre das aber nicht, denn damit würden wir durch den liberalisierten europäischen Strommarkt mit österreichischem Steuergeld Strom in Bayern, in Italien, in Tschechien oder in Ungarn vergünstigen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es könnte dann sogar billiger sein, mit gefördertem Strom statt mit anderen Energiequellen zu heizen. Ein Blackout wäre damit auch wesentlich wahrscheinlicher als momentan, und das will sicherlich niemand von uns hier haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Beschließen wir das jetzt nicht?)

Wir gehen mit unseren Entlastungsmaßnahmen daher den seriösen Weg. Wir machen das zum Beispiel – und das ist der Unterschied – mit einer Strom­preis­bremse, sehr geehrte Damen und Herren, die weiterhin Marktsignale erlaubt, aber auch direkt inflationssenkend wirkt.

Davon profitieren die Haushalte in Österreich und eben nicht in den Nach­barländern. (Abg. Krainer: Da profitieren vor allem ...!) – Herr Kollege, sehr geehrte Damen und Herren, ich habe die hohe Inflation bereits angesprochen: Von Jänner bis September hat sich die Inflation in Österreich von 5 auf 10,5 Prozent mehr als verdoppelt. Damit übertrifft die aktuelle Inflationsrate die Werte während der Ölkrisen der Siebzigerjahre und steigt auf den höchsten Stand seit 1952. Das ist die Ausgangslage vor diesem Winter und auch für dieses Budget.

Vor diesem Hintergrund ist unser Wohlstand, unser Wachstumskurs ver­gangener Jahre plötzlich massiv gefährdet. Unsere Aufgabe, und zwar jene aller politischen Gestalterinnen und Gestalter auf allen Ebenen, ist es, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Die Menschen erwarten von uns, erwarten von der Politik Antworten und Lösungen, die wir zu liefern haben. Und wie ich bereits gesagt habe, ist das natürlich eine Herausforderung für unseren Wohl­stand. In Deutschland sprechen Politiker aufgrund der aktuellen Situation seit Monaten von einem Wohlstandsverlust. (Abg. Kassegger: Bei uns auch!) Ich finde


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das, bei allem Respekt, für politisches Leadership aber etwas zu wenig. (Ruf bei den NEOS: Das wäre halt ehrlich!) Wir wollen Österreich mit neuer Kraft aus dieser Krise herausführen, und dafür müssen wir schon jetzt, in der Krise, die richtigen Weichen stellen. Genau das tun wir mit diesem Budget. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir in Österreich sind in unserer Geschichte immer wieder mit fundamentalen Krisen konfrontiert gewesen. Wir sind danach aber immer noch stärker und mit noch mehr Zusammenhalt zurückgekommen. Die Aufgaben, die wir zu bewäl­tigen haben, sind historisch. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Die Teue­rungen betreffen längst nicht mehr nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, sondern sie sind im Mittelstand, in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Wirtschaftswachstum wird in Österreich heuer mit rund 4,8 Prozent zwar noch erfreulich hoch sein, aber die Auswirkungen der hohen Inflation ziehen sich bereits durch die gesamte Wirtschaft, und für 2023 wird derzeit ein Wirt­schafts­wachstum von 0,2 Prozent prognostiziert.

Waren es während der Pandemie einzelne Branchen, die besonders hart getrof­fen wurden, betreffen die Probleme insbesondere im Energiebereich und die Teuerungen jeden Bereich und auch alle Betriebe in Österreich. Wenn die äuße­ren Rahmenbedingungen schwieriger werden, müssen wir es für Bürgerinnen und Bürger und auch für Unternehmen leichter machen. Die Antworten auf globale Krisen können nicht mehr Bürokratie und auch nicht mehr Steuern sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Angerer: Deshalb die CO2-Steuer? – Abg. Belakowitsch: Die CO2-Abgabe?! – Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Darauf komme ich noch.

Der Bund hat heuer bereits zum elften Mal die Erhöhung der Bundesgebühren ausgesetzt. Wir haben aber nicht nur an den kleinen Schrauben gegen die Teuerung gedreht: Allein dieses Jahr haben wir für die Menschen Entlastungs­maßnahmen in der Höhe von 6,3 Milliarden Euro umgesetzt und in den nächsten Jahren bis 2026 werden wir mehr als 30 Milliarden Euro investieren.


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Wir haben zu Jahresbeginn zwei Pakete mit einem Gesamtvolumen in der Höhe von 4,4 Milliarden Euro geschnürt, darunter waren Sofortzahlungen für beson­ders betroffene Gruppen, für mehr Sicherheit in der heimischen Landwirtschaft, eine Senkung der Energieabgaben, eine Entlastung für Pendlerinnen und Pendler und vieles mehr. Vieles davon wirkt bereits seit Monaten, andere Maßnahmen entfalten erst nach und nach ihre Wirkung und sind auch im kommenden Jahr intensiv budgetwirksam.

Das dritte Antiteuerungspaket vom Frühsommer bringt in Summe 28,7 Milliar­den Euro an finanzieller Entlastung. Wir haben noch im Sommer jene Personen, die am stärksten betroffen sind, neuerlich mit 300 Euro entlastet. Dazu gab es noch 180 Euro Einmalzahlung als Familienbeihilfe für jedes Kind. Die Familien profitieren außerdem vom vorgezogenen höheren Familienbonus Plus und vom Kindermehrbetrag. Der Klima- und der Antiteuerungsbonus bringen insgesamt 500 Euro für jeden Erwachsenen und 250 Euro für jedes Kind.

Mit Anfang nächsten Jahres kommen die strukturellen Entlastungen, die dann greifen, und damit stärken wir die Kaufkraft der Menschen dauerhaft. Der Staat hilft im Rahmen seiner Möglichkeiten, wenn aufgrund der aktuellen Herausfor­derungen Unternehmen oder Arbeitsplätze bedroht sind. Und ja, manchmal profitiert vielleicht ein Bundesland oder eine Bevölkerungsgruppe von einer Maßnahme stärker als andere. Wir haben bei den Covid-Hilfen aber nicht die Ausgaben für die einzelnen Akteure gegeneinander hochgerechnet und wir werden das auch nicht beim Kampf gegen die Teuerung tun.

Es ist gute Tradition in Österreich, dass der Staat bei Katastrophen und außer­gewöhnlichen Krisen hilft. Das gilt beim Hochwasser in Salzburg, das gilt beim Ernteausfall im Burgenland und bei Lawinenabgängen im Westen, und es gilt eben auch, wenn das Leben für die Menschen nicht mehr leistbar ist. Die aktuelle Teuerung hält sich nämlich nicht an Bundesländergrenzen, sie trifft alle von Westen nach Osten. Deshalb mein Appell auch an dieser Stelle: Lassen wir uns in der Krise nicht spalten! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Angerer: Was ist mit Kärnten? – Abg. Belakowitsch: ... Hochwasser in Kärnten, Herr Minister?)


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Wichtig ist, das sich die Bürger, Bürgerinnen, die Betriebe, die Gemeinden in allen Bundesländern auf den Staat verlassen können, denn es ist unser aller Steuergeld, mit dem wir helfen. Das werden wir auch im kommenden Jahr tun: Wir haben 2023 8,4 Milliarden Euro unmittelbar für den Kampf gegen die Teuerung budgetiert. (Abg. Belakowitsch: Toll! Und die CO2-Abgabe?) Wir helfen den Unternehmen heuer und im nächsten Jahr mit einem Energiekostenzuschuss mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro und einer Strompreiskompensation in der Höhe von 233,3 Millionen Euro. Wir unterstützen die Autofahrerinnen und Autofahrer noch bis inklusive Juni 2023 mit einem höheren Pendlerpau­schale und einem höheren Pendlereuro, das sind rund 220 Millionen Euro nur im Jahr 2023. In Summe entlasten wir Pendlerinnen und Pendler mit insgesamt 420 Millionen Euro. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das alles, sehr geehrte Damen und Herren, finanzieren wir zusätzlich zu den Entlastungsmaßnahmen im Rahmen der ökosozialen Steuerreform. Wir haben an diesem sehr zentralen Projekt der Bundesregierung weiter festgehalten – nicht trotz der Krise, sondern gerade wegen der Krise. Gerade jetzt ist es notwendig, die Menschen zu entlasten, gerade jetzt ist es notwendig, Anreize für die Wirtschaft zu setzen, und gerade jetzt ist es auch wichtig, den ökologischen Umstieg zu beschleunigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg haben wir die Tarifstufen der Lohn- und Einkommensteuer herabgesetzt. Wir haben den Familienbonus Plus und den Kindermehrbetrag angehoben und auch Steuern für Unternehmen gesenkt. Wir als Bundesregierung setzen klare Schwerpunkte, die nicht nur den Prioritäten der beiden Regierungsparteien entsprechen, sondern einfach auch den Notwendigkeiten unserer Zeit. Damit haben wir die größte Transformation des Steuersystems umgesetzt, die es jemals gab. In Summe beträgt die Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher und der heimi­schen Wirtschaft allein durch die ökosoziale Steuerreform bis 2025 rund 18 Mil­liarden Euro. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Damit kurbeln wir die Wirtschaft an, wir heben uns aber auch im europäischen Wettbewerb von Konkurrenten ab. Mit der ökosozialen Steuerreform gelingt es aus meiner Sicht auch, die Brücke zwischen der Wirtschaft auf der einen und dem Klimaschutz auf der anderen Seite zu schlagen. Die ökosoziale Steuer­reform setzt Anreize für umweltfreundliches Verhalten und nachhaltige Inves­titionen, weil jede eingesparte Tonne CO2 auch ein Beitrag gegen den Klima­wandel und für ein friedliches Europa ist. Wir erreichen damit quasi eine dop­pelte Dividende. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben ja in den letzten Monaten gesehen, wie gefährlich eine Abhängigkeit von fossiler Energie ist. Genau deswegen müssen wir langfristig umdenken, und daher setzen wir auch Anreize für diese ökologische Transformation. Ich glaube, es ist uns allen klar: Klimaschutz ist eine der zentralen Aufgaben unserer Generation, und für diesen Weg braucht es vollen Einsatz auf der einen Seite, es braucht aber auch Hausverstand auf der anderen Seite, denn wir wollen ja nicht nur von der Energiewende träumen, sondern wir wollen sie konsequent umsetzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich bin überzeugt: Damit wir in Österreich diese Klimaziele erreichen, brauchen wir Investitionen, wir brauchen aber auch viel an Innovation und vor allem an Zusammenarbeit, denn all diese Bemühungen haben eines gemeinsam: Sie werden Kapital erfordern, ja, und der Staat wird die Probleme auch nicht alleine löse können. Es wird natürlich auch privates Kapital notwendig sein, und wir brauchen die Bevölkerung. Wir werden um Bewusstsein und Akzeptanz für diese Transformation werben, denn wir dürfen auf diesem Weg auch niemanden verlieren – nicht die Menschen und vor allem auch nicht die Wirtschaft. Nur dann haben wir eine Chance, unsere Ziele auch zu erreichen.

Daher setzen wir bei der ökosozialen Steuerreform auf der einen Seite auf Anreize, auf der anderen Seite auf Entlastung. Wir senken die Tarifstufen der Lohn- und Einkommensteuer von 35 auf 30 und von 42 auf 40 Prozent. In Summe entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher durch diese Senkung bis 2026 mit rund 11 Milliarden Euro. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Das hat natürlich auch positive volkswirtschaftliche Auswirkungen. Laut Eco Austria wird das Bruttoinlandsprodukt durch diese Steuerreform mittelfristig um 1 Prozent höher ausfallen als ohne unsere geplanten Maßnahmen. Damit verbunden legt auch die Beschäftigung deutlich zu: Sie fällt im Jahr 2025 allein durch diese Maßnahmen um 0,7 Prozent beziehungsweise um 30 000 Menschen höher aus als ohne die Reform. Auch die realen Nettoeinkommen werden mittelfristig 2,2 bis langfristig 2,4 Prozent höher ausfallen. Es ist daher wichtig, dass wir gerade jetzt, in dieser schwierigen Zeit, an dieser so wichtigen Maß­nahme festhalten.

Ich betone die Steuerreform auch deshalb, weil die monatliche steuerliche Entlastung für viele Menschen mittlerweile fast selbstverständlich geworden ist. Es war aber diese Bundesregierung, die diese Steuerreform auch umgesetzt hat. Viele Staaten in Europa haben Steuerreformen geplant, dann aber auch wieder abgesagt. Wir gehen diesen Weg der Entlastung auf jeden Fall weiter. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir schließen 2023 den Umbau des Steuersystems auf Arbeitnehmerseite mit der Senkung der dritten Steuerstufe ab. Das bedeutet ganz konkret, dass für Ein­kommen zwischen 31 000 und 60 000 Euro im Jahr der Steuersatz von 42 auf 40 Prozent gesenkt wird. Das bringt einem Angestellten mit einem durch­schnitt­lichen Einkommen eine Entlastung von bis zu 580 Euro pro Jahr, allein durch diese Senkung.

Unternehmen werden wir mit einer Senkung der Körperschaftsteuer um bis zu 900 Millionen Euro im Jahr entlasten. Konkret wird die Körperschaftsteuer 2023 von 25 Prozent auf 24 Prozent und dann im Jahr 2024 weiter auf 23 Prozent gesenkt. Das schafft auf der einen Seite Spielräume für Investitionen, ist aber gleichzeitig auch ein Anreiz für Betriebsansiedelungen, also ein wirklicher Wettbewerbsvorteil, den wir damit in Österreich erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Von dieser KöSt-Senkung profitieren rund 80 000 österreichische Unternehmen. Mehr als zwei Drittel dieser heimischen Unternehmen haben einen Gewinn von


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unter 100 000 Euro und mehr als die Hälfte dieser Unternehmen haben einen Gewinn von unter 40 000 Euro. Man sieht also, wie breit das in die kleinen und mittleren Unternehmen hineingeht.

Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes hat also eine positive Signalwirkung für unseren Standort. Sie fördert auch die Eigenkapitalbildung, sie fördert das Wirtschaftswachstum und sie fördert Investitionen und Beschäftigung. Auch das, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein lang artikuliertes Versprechen, und auch dieses Versprechen lösen wir als Bundesregierung ein. Während andere Länder belasten, um ihre Budgets zu sanieren, entlasten wir, um eben für die Wirtschaft attraktiv zu bleiben und Investitionen und das Schaffen von Arbeits­plätzen zu ermöglichen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrten Damen und Herren, ich verstehe natürlich, dass die Menschen angesichts der hohen Inflation und der Teuerung Sorgen haben. Mit den Maßnahmen der Regierung helfen wir den Menschen, gut durch den Herbst und den Winter zu kommen. Egal ob Teuerungsausgleich für besonders betroffene Gruppen, ob Pendlerpauschale, ob Steuerreform, ob Pakete für die Land­wirtschaft, Senkung der Elektrizitätsabgabe oder Klima- und Antiteuerungs­bonus: Wir haben Maßnahmen für alle Österreicherinnen und Österreicher und für jeden Betrieb beschlossen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das kann man natürlich kritisieren und man kann über jede Einzelmaßnahme auch diskutieren, überhaupt keine Frage, und ja, vielleicht gehen wir bei der einen oder anderen Maßnahme zu sehr in die Breite. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch die Teuerungen mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft, im Mittelstand angekommen sind. Da geht es um den Installateur, der die Heizung repariert, es geht um den Bäcker, der die Semmeln liefert, und es geht um die Pendlerin, die auf dem Land jeden Tag zur Arbeit fahren muss.

Für uns als Bundesregierung war immer klar: Wir lassen in dieser schwierigen Situation die Menschen nicht im Stich. Wenn die Frage lautet, sehr geehrte Damen und Herren: Helfen oder nicht helfen?, entscheiden wir uns natürlich


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immer fürs Helfen, und lieber verteilen wir ein paar Feuerlöscher zu viel, als dass wir einen verheerenden Flächenbrand riskieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist auch unsere Verantwortung, die wir als Bundesregierung wahrge­nommen haben, und das werden wir weiterhin tun. Wir werden das tun, was in dieser Krisensituation notwendig ist. Einzelmaßnahmen, sehr geehrte Damen und Herren, reichen aber natürlich nicht aus. Die hohe Inflation wird uns, anders als bis vor ein paar Monaten noch von vielen Expertinnen und Experten prognostiziert, natürlich noch länger begleiten. Wir werden nicht morgen auf­wachen und die Inflation ist plötzlich auf einen Wert gesunken, den wir vor der Krise erlebt haben. Auch der Krieg in der Ukraine und die politische Instru­mentalisierung von Energie durch Putin werden nicht unmittelbar morgen vorbei sein.

Vor diesem Hintergrund funktionieren aber auch die politischen Mechanismen der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr. Erstmals reicht es nicht mehr aus, mit einer Steuerreform alle paar Jahre für Entlastung zu sorgen. Daher haben wir uns auch für strukturelle Maßnahmen entschieden – und diese Maßnahmen auch eingeleitet –, die Österreich seit vielen Jahrzehnten diskutiert, die aber in Österreich nie umgesetzt wurden: Mit dem 1.1.2023 schaffen wir die kalte Pro­gression ab. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dies ist seit rund 40 Jahren eine politische Dauerforderung, in allen Regierungs­programmen vorhanden, ein oft formuliertes Bekenntnis aller Parteien und angeblich ein Ding der Unmöglichkeit, bis diese Regierung das Gegenteil bewiesen hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Ernsthaft: Viele Regierungen haben es probiert, viele haben es versprochen, ein paar haben es vielleicht weniger stark probiert, wir haben es geschafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben uns seriöserweise natürlich auch angeschaut, welches Modell das richtige ist, um soziale Treffsicherheit, Ausgewogenheit, aber auch eine positive gesamtwirtschaftliche Auswirkung zu erreichen. Auch wenn manche es bewusst falsch sagen oder es nicht verstehen wollen: Wir schaffen die kalte Progression


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zu 100 Prozent ab, der Staat behält sich nichts davon. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Welche Dimension diese Abschaffung hat, wird erst deutlich, wenn man sich die Entlastungen im Detail ansieht: Bis 2026 beträgt die Gesamtersparnis für Menschen in Österreich 18,7 Milliarden Euro. Ich weiß, es ist schwer zu erklären, daher ein paar Beispiele, um es auch zu erläutern: Ein durchschnittliches Einkommen von 2 160 Euro brutto pro Monat wäre nächstes Jahr mit der kalten Progression nur mehr rund 2 000 Euro wert, und mit der Abschaffung der kalten Progression wirken wir dem entgegen.

Mit diesem Einkommen bleiben alleine nächstes Jahr 370 Euro mehr, und über die nächsten fünf Jahre bedeutet das über 5 000 Euro mehr netto auf dem Konto.

Ein weiteres Beispiel, um die kalte Progression etwas greifbarer zu machen: Bisher waren Österreicherinnen und Österreicher ab einer Einkommensgrenze von 11 000 Euro steuerpflichtig. Durch die Abschaffung der kalten Progression liegt die Grenze im nächsten Jahr bei 11 693 Euro.

Trotzdem suchen all jene Parteien, die immer schon für die Abschaffung der kalten Progression waren, seit Monaten nach Gründen, warum sie jetzt plötzlich dagegen stimmen sollten: zu spät, zu falsch oder von der falschen Partei.

Meine Damen und Herren! Sie haben nach wie vor die Chance, anschließend bei einer historischen Entscheidung mitzustimmen, und ich hoffe, dass Sie sich nicht dagegen entscheiden werden. Wir setzen als Bundesregierung jedenfalls diesen Schritt um. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das gilt auch – und das ist der zweite strukturelle Teil – für die Valorisierung der Sozialleistungen: seit vielen, vielen Jahren immer gefordert, regelmäßig auch hier im Parlament. Wir setzen auch diesen Schritt 2023 um. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Durch die Valorisierung zusätzlicher Sozialleistungen rechnen wir 2023 mit 363 Millionen Euro an Mehrausgaben für den Staat beziehungsweise, wenn man


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es positiv sieht, an Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger. Davon profitieren viele, aber insbesondere die Familien. Ab 1. Jänner 2023 werden die Famili­en­beihilfe, der Mehrkindzuschlag, das Kinderbetreuungsgeld und der Fami­lienzeitbonus valorisiert. Alleine diese Maßnahmen bringen rund 253 Mil­lionen Euro höhere Leistungen. Wir indexieren auch für alle Familien den Kinder­absetzbetrag, der monatlich gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbe­zahlt wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mit der Sonderfamilienbeihilfe von 180 Euro pro Kind haben wir heuer in Summe rund 3,1 Milliarden Euro an Familienbeihilfe ausbezahlt, und darüber hinaus wurde der Familienbonus Plus von 1 500 auf 2 000 Euro aufgestockt und die Maßnahme auch rückwirkend ab 1. Jänner 2022 in Kraft gesetzt.

Der höhere Familienbonus Plus und der höhere Kindermehrbetrag seit Jahres­beginn bringen noch heuer, noch dieses Jahr, eine spürbare zusätzliche Entlastung in Höhe von 175 Millionen Euro für die Familien in Österreich. Im Jahr 2023 steigt dann die Entlastungswirkung durch Familienbonus Plus und Kindermehrbetrag auf 600 Millionen Euro an. Gerade das ist in so schwierigen Zeiten wichtig: dass wir die Familien entsprechend stärken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch bei dieser strukturellen Maßnahme gilt: Wir machen damit etwas, was seit Jahrzehnten von vielen, fast von allen gefordert wird. Offenbar ist es das Paradoxon dieser Bundesregierung: Wir setzen zahlreiche sinnvolle Maßnahmen um, die jahrzehntelang von allen politischen Kräften in diesem Land gefordert wurden, und trotzdem kritisiert die heutige Opposition die Regierung für die Umsetzung genau dieser Maßnahmen. Das ist etwas skurril. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten während der Pandemie mit weiten Teilen des Parlaments einen politischen Schulterschluss. Über Parteigrenzen hin­weg, über Ideologiegrenzen hinweg hat uns immer das gemeinsame Ziel geeint, Gesundheit zu schützen, Arbeitsplätze und Unternehmen zu retten.


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Dabei ist, glaube ich, sehr, sehr vieles gelungen. Ja, manches hätte man im Rückspiegel der Geschichte auch besser oder anders machen können, aber die Grundhaltung, dass wir gemeinsam das Beste für das Land geben und uns gemeinsam gegen die Krise stemmen, diese Grundhaltung haben wir uns sehr, sehr lange bewahrt.

Jetzt sind wir schon wieder – oder noch immer, besser gesagt – in einer Wirt­schaftskrise, leider noch verstärkt durch eine Energiekrise, durch eine Sicherheitskrise und durch eine Inflationskrise. Der Unterschied ist nur: Dieses Mal gibt es leider keinen Schulterschluss. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das angesichts der historischen Verwerfungen, die wir gerade erleben, für ein total falsches Signal an die Bevölkerung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Teuerung ist ja keine Frage der politischen Ideologie. Sie bedroht den Wohlstand und das tägliche Leben der Österreicherinnen und Österreicher, und daher, sehr geehrte Damen und Herren, meine Bitte: Springen Sie öfter über Ihren parteipolitischen Schatten und zeigen wir gemeinsam den Menschen in unserem Land, dass die Politik die Ängste ernst nimmt, die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt, und lassen Sie uns gemeinsam handeln! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Es geht dabei auch nicht um politisches Kleingeld (Abg. Leichtfried: Ja, das hat man gesehen bei Ihnen!), sondern darum, wie wir Steuergeld bestmöglich für die Österreicherinnen und Österreicher einsetzen und mit diesem Steuergeld auch bestmöglich helfen können. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Klar ist (Abg. Leichtfried: Dass da zwei dazugehören!), sehr geehrte Damen und Herren, dass wir nicht alle globalen Entwicklungen abfedern können. Wir können keine Garantien abgeben, dass kein einziger Österreicher, keine einzige Öster­reicherin die Auswirkungen der Teuerung spürt. Wir können aber das Ver­sprechen abgeben, dass der Staat sehr wohl da ist, wenn er gebraucht wird. Das haben wir in den letzten Jahren bewiesen, und das werden wir auch weiterhin tun, wenn es notwendig ist.


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Wir haben während einer historischen Pandemie geholfen, wir haben alle gemeinsam die Sicherung unseres Gesundheitssystems gewährleistet und damit auch Menschenleben retten können. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Unternehmen haben wir, so gut es geht, vor den Folgen der Pandemie geschützt. Wir haben unser Bestes getan, und deshalb ist Österreich auch so gut durch diese Krise gekommen. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Kernaufgabe des Staates ist es, seinen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Ländern und Gemeinden insgesamt zu helfen und auch die notwendige Sicherheit zu geben. Das haben wir geleistet, und das werden wir auch in Zukunft leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt geht es darum, unser Land gut durch die Krise zu bringen und Stabilität auch für die Zukunft zu ermöglichen. Das gilt für Österreich, ja, aber es gilt auch für ganz Europa. Auch wenn einige das immer wieder propagieren: Es kann uns nicht egal sein, was in der Welt passiert, weder sicherheitspolitisch noch wirtschaftspolitisch, denn beides hat natürlich unmit­telbar Auswirkungen auf die Stabilität, auf das Wachstum und auch auf den sozialen Frieden in Österreich. Wir sehen das auch beim Budget, etwa wenn wir bis 2026 zusätzlich 1 Milliarde Euro für Asyl und Fremdenwesen und 1,7 Mil­liarden Euro für die Polizei investieren.

Erlauben Sie mir auch ein Wort in Richtung jener Kritiker, die in den kommenden Monaten vielleicht einfach nur pauschal die hohen Ausgaben des Staates als Kritikpunkt herausgreifen. Bei allem Verständnis für die Kritik und für politisches Tagesgeschäft bitte ich Sie doch, eines zu bedenken: Hinter all den Zahlen, den budgetären Hilfen, den Zuschüssen stehen Haushalte, stehen Pensionisten, stehen besonders betroffene Menschen und Familien, kleinere und mittlere Unternehmen und auch Arbeitsplätze, die wir wieder einmal gut durch diese Krise bringen werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das haben wir während der Covid-Pandemie getan, und so werden wir es auch in Zukunft machen. Die vergangenen drei Jahre haben Menschen, Betriebe – kleine, mittlere und große –, Verwaltung und Politik auf allen Ebenen auf eine


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harte Probe gestellt. Natürlich waren sie auch eine unvorhersehbare Heraus­forderung für unseren Haushalt, für unser Budget und für alle Budgets in Europa, denn höhere Ausgaben bedeuten natürlich auch höhere Schulden.

2026 wird daher der absolute Schuldenstand in Österreich voraussichtlich fast 400 Milliarden Euro betragen. Im letzten Vorkrisenjahr 2019 lag dieser Wert noch bei rund 280 Milliarden Euro. Egal wie gut man plant, egal wie viel Puffer man einbaut: Niemand hatte zweieinhalb Jahre Pandemie und einen russischen Angriffskrieg in Europa eingepreist. So ehrlich muss man sein.

Trotzdem konnten wir in Österreich jederzeit die notwendigen Hilfen zur Ver­fügung stellen und haben uns sehr lange vergleichsweise günstig auf den Finanzmärkten finanziert.

Jetzt hat oberste Priorität, die Kaufkraft zu erhalten und den Menschen die Sicherheit zu geben, dass sie sich ihr Leben auch weiterhin leisten können. Die langfristigen Folgen für den Standort und die Menschen wären viel fataler, würden wir in dieser Krise nicht helfen. Daher: Ja, whatever it takes! – In meiner Definition heißt das aber nicht: koste es, was es wolle!, sondern es heißt, das Notwendige zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, Krisen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Sie sind aber auch keine Entschuldigung dafür, leichtfertig sinnvolle Ideen zu begraben. Deshalb dürfen wir bei aller notwendigen Krisenintervention auch die langfristige Perspektive nicht aus den Augen verlieren, denn die Schulden von heute sind ein schwerer Rucksack, den auch noch unsere Enkelkinder zu tragen haben. Darum müssen wir die steigenden Staatsschulden natürlich im Auge behalten, und vor allem müssen wir mittel- bis langfristig den Schuldenberg auch wieder abtragen.

In diesem Budget können wir darstellen, dass das Maastrichtdefizit bis 2026 von aktuell 3,5 Prozent auf 1,6 Prozent sinken wird, und im gleichen Zeitraum gehen wir von einer Reduktion der Schuldenquote von 78,3 Prozent im Jahr 2023 auf 72,5 Prozent im Jahr 2026 aus.


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Wir werden auch in Europa wieder eine mahnende und vielleicht nicht für alle angenehme Stimme für eine Rückkehr zu einer nachhaltigen Budgetpolitik sein. Ich sage das nicht, weil es gut klingt, wenn der Finanzminister sich für nachhaltige Budgets einsetzt. Es ist nämlich ganz einfach eine Frage des Haus­verstandes, eine Frage der Krisenvorsorge und auch eine Frage des richtigen Umgangs mit Steuergeld. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jeder Kreditnehmer weiß: Wenn die Zinsen steigen, dann bleibt weniger im Bud­get, weniger Geld im Haushalt. So geht es ja auch dem Staat: Durch die durchaus notwendigen Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank im Kampf gegen die Inflation haben sich die Kosten für unsere Schulden seit Jahresbeginn massiv erhöht. Im Jänner betrug die Rendite für zehnjährige Anleihen noch durch­schnittlich 0,18 Prozent, aktuell stehen wir bei 2,87 Prozent.

Im Zeitraum Jänner bis August 2021 hat der Bund für seine Schulden Aus­zahlungen in der Höhe von 1,9 Milliarden Euro geleistet, im Vergleichszeitraum des aktuellen Jahres stiegen die Auszahlungen des Bundes für diesen soge­nannten Zinsdienst auf 3,9 Milliarden Euro. Das sind im Vergleich zum Vorjahr fast 2 Milliarden Euro mehr, die wir für unsere Schulden zahlen, statt dieses Geld in Pflege, Bildung, Sicherheit oder Digitalisierung investieren zu können. Bis 2026 werden sich unsere Zinsausgaben gegenüber heuer von 4,4 Milliarden Euro auf 8,4 Milliarden Euro fast verdoppeln.

Jede Million mehr Schulden verzögert natürlich auch wichtige Projekte in Öster­reich. Daher ist eine Reduktion der Defizite wie gesagt kein Selbstzweck, keine politische Liebhaberei, sondern es ist einfach eine Frage der kaufmän­nischen Sorgfalt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

In Europa hat es bereits vor der Covid-Pandemie Staaten gegeben, die auf einem doch etwas gefährlichen budgetären Weg waren. Wir haben auch regelmäßig vor dieser Entwicklung gewarnt. Es war eine Botschaft, die in weiten Teilen Europas und teilweise auch hier im Parlament nicht so gerne gehört wurde, und es waren Rufe, die auch weitgehend ungehört blieben.


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Bis zur Pandemie waren wir in Österreich auf einem sehr guten Weg. Wir haben die Schuldenquote auf knapp 71 Prozent reduziert, bevor sie dann aufgrund der notwendigen Maßnahmen gegen die Covid-Pandemie 2020 auf rund 83 Prozent gestiegen ist. Nur als Vergleich: Italien hatte im selben Zeitraum eine Staats­verschuldung von 134 Prozent und liegt derzeit bei 148 Prozent Schuldenquote. Ohne die Covid-Pandemie und die dadurch notwendigen Ausgaben hätte diese Regierung bereits 2020 einen Überschuss erwirtschaftet.

Solide Budgetpolitik ist also keine Frage der Ideologie, sie ist einfach eine Frage des Hausverstandes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Europas Schulden knebeln uns ja alle, knebeln uns insgesamt im Kampf gegen die Inflation, und es ist schon die Aufgabe der Mitgliedstaaten, mittel- bis langfristig ihre Budgets in Ordnung zu bringen, und zwar auch da nicht als Selbstzweck, sondern damit die Europäische Zentralbank auch jenen Handlungs­spielraum hat, den sie im Kampf gegen die Inflation braucht.

Es ist ja geradezu absurd: Die EZB hebt die Zinsen an und muss gleichzeitig Notprogramme für massiv verschuldete Staaten beschließen.

Diese hohe Inflation hat Europa nicht selbst verschuldet, aber die Versäumnisse der europäischen Schulden- und Budgetpolitik und auch die Versäumnisse bei Strukturreformen haben die Spielräume der Europäischen Zentralbank weiter eingeschränkt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass Corona und auch die aktuelle Wirtschaftskrise die Relationen etwas verschoben haben. Beträge, die früher vielleicht monatelang verhandelt worden sind und Meilensteine für die Ressorts, für die Länder, für die Gemeinden und vor allem auch für die Betroffenen waren, werden jetzt zum Teil als Tropfen auf den heißen Stein oder als richtige erste Schritte definiert und auch kleingeredet.

Das sind Summen, die dem Jahresbudget österreichischer Bundesländer ent­sprechen, und die werden zum Teil mit einer, ich würde sagen, Leichtigkeit auch unter dem Deckmantel der Krise gefordert und der Bevölkerung insgesamt quasi


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als Selbstverständlichkeit kommuniziert. Pakete, die nur ein paar Millionen ausmachen, werden auch medial als Kleinigkeit kritisiert.

Nein, meine Damen und Herren, ein paar Millionen und Milliarden Euro Steuer­geld sind keine Selbstverständlichkeit, die man sich im Vorbeigehen einfach so abholt. Ein paar Millionen auf oder ab sind nicht egal! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil ich immer wieder gefragt werde: Nein, das Geld ist nicht abgeschafft. Es hat nur in Zeiten der globalen Krise einen anderen Wert, und es braucht in dieser Zeit auch andere Dimensionen, um zu helfen.

Wir müssen aber endlich anfangen zu lernen, das Steuergeld wieder mehr zu schätzen. Deshalb bitte ich Sie alle heute – die Verantwortungsträger hier im Haus, im Bund, im Land, die Medien, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger –: Leisten wir gemeinsam einen Beitrag, dass Steuergeld wieder die Wertschätzung bekommt, die es verdient!

Nehmen wir die unvorstellbar hohen, aber in der Krise notwendigen Beträge der Gegenwart nicht als selbstverständliche Ansprüche gegenüber dem Staat hin, sondern als etwas, das zuerst auch einmal erwirtschaftet werden muss! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts des Spagats zwischen kurzfristig notwendigen Maßnahmen gegen die Krise auf der einen Seite und dem langfristigen Abbau der Schulden auf der anderen Seite braucht es auch eine sorgsame Budgetierung.

Dieses Budget hat natürlich nicht als oberste Priorität, die einzelnen Ressorts glücklich zu machen, indem wir Wunschlisten erfüllen. Dieses Budget hat als oberste Priorität, das zu tun, was notwendig ist, um das Leben der Menschen leistbar zu machen und auch das Überleben von Betrieben und damit Arbeitsplätze zu sichern.

Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und manchmal auch Nein zu sagen, ist zwar nicht populär, aber es ist einfach notwendig. Es ist auch nicht das


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Geld des Staates, das wir in der Republik verteilen. Es ist immer das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Sie haben es dem Staat nur anvertraut. Es ist auch das Geld der nächsten Generation, über das wir hier entscheiden, und es ist auch die Zukunft, die wir damit gestalten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sind eben Mittel, die wir dieser nächsten Generation im Kampf gegen den Klimawandel, gegen Altersarmut, für mehr Bildung, für nachhaltige Pflege- und Sozialfinanzierung und für den digitalen Wandel zur Verfügung stellen oder eben nicht zur Verfügung stellen.

Gemeinsam haben wir als Bundesregierung ein Budget auf die Beine gestellt, das den Ressorts Spielraum für Antworten auf Fragen der Zukunft gibt und gleich­zeitig aber auch – und das ist enorm wichtig in dieser Zeit – Ressourcen für die Krisenbewältigung freimacht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben in vielerlei Hinsicht einen Wandel, der unser aller Leben auch nachhaltig verändern wird. Angesichts eines beispiellosen Angriffskriegs in der Ukraine, der uns zwingt, wirtschaftliche Sank­tionen gegen Russland, die natürlich auch Auswirkungen auf unsere eigene Wirtschaft haben, zu beschließen, müssen wir unsere Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren. Wenn sich die Sicherheitslage in Europa ändert, müssen auch wir mehr in Sicherheit investieren. Wenn sich durch einen Krieg die Landkarte unseres Kontinents ändert, müssen auch wir militärische Kernkom­petenzen ausbauen und stärken. Das tun wir, indem wir mit diesem Budget einen Schwerpunkt auf den Ausbau der Sicherheit in unserem Land legen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Loacker: 60 Prozent ...!)

Die Themen und Schwerpunkte dieses Budgets, sehr geehrte Damen und Herren, sind aber vielfältiger. Die Digitalisierung ändert unser Sozialleben und auch unsere Arbeitswelt. Die Herausforderungen in der Pflege zwingen uns zu handeln und wir zeigen mit unserem Pflegepaket auch die soziale Handschrift der Regierung. Vor allem der Klimawandel und die dadurch notwendigen Maßnahmen bedeuten aber eine Veränderung in unserem Konsumverhalten und


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in unserem Wirtschaften insgesamt. Die nachhaltige Transformation – das ist eine Herausforderung, die wir klug angehen müssen. Nur so nehmen wir die Chance für unseren Wirtschaftsstandort wahr, schaffen Arbeitsplätze und schützen gleichzeitig auch die Natur.

Klar ist: Österreich braucht in der Zukunft hohe Investitionen, um die Ener­giewende stemmen zu können. Nur so, also praxistauglich und gemeinsam, werden wir die sehr ambitionierten Ziele, die wir uns gesteckt haben, und die Energiewende schaffen. Wir beweisen damit zugleich auch, dass wir Klimaschutz auf der einen Seite und einen wettbewerbsfähigen Standort Österreich auf der anderen Seite intelligent kombinieren können.

Diese Veränderungen sind auch nicht von vornherein positiv oder negativ zu sehen. Es liegt nämlich an uns allen – an der Politik, an den Unternehmen, aber auch an den Bürgerinnen und Bürgern –, zu entscheiden, wie wir diesen Wandel gestalten. Es ist nicht von vornherein negativ, wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt mit dem Auto in die Arbeit fährt. (Abg. Meinl-Reisinger: Hä?) Wir kennen aber auch die Lebensrealitäten der Menschen. Nicht jeder hat eine U-Bahn vor der Haustür und wir können nicht in jedes Tal eine Schiene legen. Wir müssen aber natürlich als Politik die Rahmenbedingungen schaffen, damit auch die Menschen im entlegenen ländlichen Raum ein entsprechendes öffentliches Verkehrsnetz zur Verfügung haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Das gilt auch für die digitale Infrastruktur, die der Staat zur Verfügung stellen muss, um ein Stadt-Land-Gefälle zu verhindern.

Wir sehen all diese Herausforderungen und wir gehen sie an. Auch mit diesem Budget gehen wir sie intensiv an. Sicherheit und Transformation sind für uns die wesentlichen Schwerpunkte. Wir geben damit nicht nur kurzfristig die not­wendigen Antworten, sondern wir investieren auch gezielt in Bereiche, die Öste­rreich für die Zukunft stärken. Wir investieren bis 2026 zusätzlich 1,4 Milliarden Euro in den öffentlichen Verkehr und in die Transformation des Verkehrs. Wir stärken die Digitalisierung mit 336,2 Millionen Euro. Wir geben 3,6 Milliarden Euro mehr für unsere Bildungslandschaft aus, wir stellen 1,7 Milliarden Euro für


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die Umsetzung der Pflegereform zur Verfügung, und wir unterstützen die Gemeinden, damit sie gut durch diese herausfordernden Zeiten kommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, der Krieg in der Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa schlagartig verändert. Er zwingt alle Regierungen auf dem Kontinent, bisherige Positionen und auch Einstellungen zur militärischen Landesverteidigung kritisch zu hinterfragen. Die Neutralität Österreichs hat uns gute Dienste erwiesen und steht auch überhaupt nicht zur Diskussion. Das heißt aber nicht, dass wir nicht darüber nachdenken müssen, wie wir diese Neutralität und die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land bestmöglich schützen können. Unser Bundesheer hat da eine wesentliche Schutzfunktion für das Land, für die Menschen und für die Demokratie insgesamt inne. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, vor ein paar Jahren war die Ausrichtung und die finanzielle Ausstattung des Bundesheeres eine andere, weil auch die Sicherheitslage in Europa eine andere war. Mit dem russischen Angriffskrieg ist Europa aber eine Spur unsicherer geworden und deshalb müssen wir wieder mehr in unsere Sicherheit investieren. Genau das tun wir mit diesem Budget. Wir investieren bis 2026 zusätzlich 5,3 Milliarden Euro in das österreichische Bundesheer – so viel wie noch nie. Im Vergleich zum bisherigen Finanzrahmen steigt das Budget für 2023 um 680 Millionen Euro. Ja, wir investieren laut internationalen Standards damit bereits 2023 1 Prozent unseres BIPs in die Landesverteidigung. Ziel ist, bis 2027 1,5 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes dafür aufzuwenden. Es handelt sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren um die bisher größte und vor allem auch über die Jahre konstanteste Budgetaufstockung für das österreichische Bundesheer. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir verstehen Sicherheit aber nicht nur im Sinne der militärischen Sicherheit. Wenn man sich die Punkte der einzelnen Ressorts ansieht, dann zieht sich die militärische, ja, aber auch die wirtschaftliche und die soziale Sicherheit quer durch dieses Budget. Wir investieren in neue Hubschrauber und die Kri­sen­vor-


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sorge bei der Polizei, im Sozialbereich finanzieren wir Projekte zur Armuts­vermeidung, und wir stellen Mittel für die wirtschaftliche Stabilität unserer Unternehmen und auch zur Absicherung am Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Meine Damen und Herren! Wir stehen an einer Zeitenwende. Das betrifft nicht nur die Sicherheit – ja, die auch –, sondern auch die Transformation von Wirt­schaft und Gesellschaft. Neben der Digitalisierung werden vor allem der ökolo­gische Wandel und der nun noch rascher notwendige Ausstieg aus fossilen Energieträgern die großen Herausforderungen der kommenden Jahre sein. Wir stellen daher bis 2026 in diesem Bundesfinanzrahmen zusätzliche 4,9 Milliarden Euro für die Transformation der Wirtschaft und des Standortes zur Verfügung, um effektiv auf den Klimawandel zu reagieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir stellen für Vorhaben im Bereich grüner und digitaler Zukunftstechnologien für eine nachhaltige und innovative Transformation von Schlüsselindustrien etwa 220 Millionen Euro zur Verfügung. Dazu kommen noch einmal 330 Millionen Euro für angewandte Forschung in Zukunftstechnologien. Allein für die Trans­formation energieintensiver Wirtschaftszweige und auch die nachhaltige Sicherung des Industriestandortes Österreich werden in der Untergliederung 43, also im Klimaschutzressort, für die Jahre 2023 bis 2026 insgesamt 1,375 Mil­liarden Euro zur Verfügung gestellt. Wir begleiten damit heimische Indus­trieunternehmen auf ihrem Weg in eine CO2-freie Zukunft und sichern gleich­zeitig auch Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich langfristig ab.

Zur Reduktion unserer Abhängigkeit von russischem Erdgas – ganz ein wichtiger Punkt – sind für die Jahre 2023 bis 2025 insgesamt 300 Millionen Euro für die Gasdiversifizierung vorgesehen. Davon werden im Jahr 2023 100 Millionen Euro für die Förderung des Transportes von nicht russischem Gas nach Österreich budgetiert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Herausforderungen der kommenden Jahre werden deutlich, wenn man sich ein paar ganz konkrete Eckpunkte aus den Ressortbudgets ansieht. Wenn ich mit dem Bundeskanzleramt beginnen darf:


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Das Budget des Bundeskanzleramtes wird im Vergleich zum bisherigen Bun­desfinanzrahmen bis 2026 um 139 Millionen Euro erhöht. Davon sind 17,9 Millionen Euro für die Bereiche Frauen und Gleichstellung vorgesehen und sollen vor allem in den Gewaltschutz investiert werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Integration bleibt natürlich – nicht zuletzt auch aufgrund des Ukraine­krie­ges – eine wesentliche Herausforderung und daher führen wir die dafür vorgesehenen Budgetmittel von 107,8 Millionen Euro auf diesem sehr hohen Niveau des Vorjahres fort.

Für den Bereich Familie und Jugend wird das Budget im Vergleich zum Vorjahr um 38,1 Millionen Euro erhöht. Die erstmalige Anpassung der Familienleis­tungen an die Inflation führt auch 2023 zu einer zusätzlichen Auszahlung in der Höhe von 253,4 Millionen Euro. Die Reduktion der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds bringt den Unternehmen etwa 350 Millionen Euro.

Im Bereich der Exekutive haben uns die vergangenen beiden Jahre deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, auf Krisen vorbereitet zu sein. Unsere Poli­zistinnen und Polizisten haben einen großen Anteil zum Schutz der inneren Sicherheit beigetragen, und wir werden in den kommenden vier Jahren das Bud­get für Maßnahmen zur Krisenvorsorge um 90 Millionen Euro erhöhen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zusätzlich stocken wir die finanziellen Mittel zur Verbesserung von Schutzaus­rüstungen, Einsatztechnik und Ausstattung von Polizeibeamtinnen und -beamten in der Höhe von 121,2 Millionen Euro auf. Mit 60 Millionen Euro mehr als im Bundesfinanzrahmen 2022 bis 2025 wird die Anschaffung von vier Transport­hubschraubern finanziert. Damit investieren wir insgesamt mehr als 180 Millio­nen Euro zusätzlich in die Verbesserung, in die Aufstockung und auch in die Modernisierung der österreichischen Exekutive. Wir stocken aber nicht nur im Bundeskanzleramt, sondern auch im Innenministerium die Mittel für den Schutz von Frauen vor Gewalt auf. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Die Mittel für das Außenministerium werden kommendes Jahr um 25,1 Millio­nen Euro erhöht. Bis 2026 werden zusätzliche finanzielle Mittel von mehr als 241,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im Bereich der Entwicklungszusam­menarbeit stehen ab 2023 um 12 Millionen Euro mehr pro Jahr zur Verfügung, die insbesondere für Projekte in den Schwerpunktländern und -regionen ver­wendet werden können.

Die personelle Aufstockung der Justiz geht auch mit diesem Budget weiter. Künftig werden für die Besetzung und Aufstockung von Planstellen jährlich zusätzlich 15,1 Millionen Euro zur Verfügung stehen. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.) In Summe investieren wir im kommenden Jahr 214,9 Millionen Euro zusätzlich in wichtige Bereiche der Justiz. Allein für den Strafvollzug werden zusätzlich jährlich 49,6 Millionen Euro und für den Maßnahmenvollzug und die medizinische Versorgung jährlich 44,8 Millionen Euro zur Verfügung stehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Für den Bereich öffentlicher Dienst und Sport investieren wir bis 2026 81,8 Mil­lionen Euro an zusätzlichen Mitteln und haben uns auch auf eine substanzielle Erhöhung der Mittel und eine nachhaltige Finanzierung des Sportes geeinigt. Neben der Unterstützung des Breiten- und Spitzensportes stellen wir auch Mit­tel für Großveranstaltungen wie die Alpine Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinter­glemm mit 8 Millionen Euro zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Für das Jahr 2023 sind für den Bereich Kunst und Kultur Auszahlungen in der Höhe von 620,2 Millionen Euro vorgesehen. Das entspricht einer Steigerung von 63,1 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Alle Bereiche des Lebens – und somit natürlich auch der Kunst- und Kulturbereich – sind von der hohen Inflation und von der Teuerung stark betroffen. Daher müssen auch in diesem Bereich konkrete Entlastungsmaßnahmen im Fokus der Mittelverwendung stehen. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.) Damit das gelingt, wurden zum Beispiel die diversen Kunst- und Kulturförderungen in der Höhe von 15 Millionen Euro aufgestockt, um auch hier stabile finanzielle Rahmenbedingungen für die heimische Kunst- und Kulturszene sicherzustellen.


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Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels werden kommendes Jahr im Arbeits­ressort zusätzlich 120 Millionen Euro bereitgestellt. Außerdem werden im Rahmen des Programms Sprungbrett zusätzlich 300 Millionen Euro eingesetzt. Damit werden 2022 und 2023 50 000 langzeitarbeitslose Personen wieder in den Arbeitsmarkt integriert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Damit stehen auch ausreichend Mittel zu Verfügung, um eine wirksame Arbeitsmarktpolitik machen zu können.

Im Rahmen der Pflegereform wird der Pflegeberuf für Berufsumsteigerinnen und Berufsumsteiger attraktiver gestaltet. Dafür steht jährlich ein finanzieller Rah­men von 30 Millionen Euro zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die aktuelle Krise und die bevorstehenden notwendigen Transformationen sind eine standortrelevante Herausforderung für unsere Wirtschaft, für uns alle. Daher werden die finanziellen Mittel des Wirtschaftsressorts im Vergleich zum Vorjahresbudget um 1,1 Milliarden Euro und damit um knapp 45 Prozent erhöht. Für den Energiekostenzuschuss für die Wirtschaft stellen wir zusätzlich zu den diesjährigen Mitteln auch 2023 850 Millionen Euro zur Verfügung. Die digitale und ökologische Transformation unserer Schüsselindustrie unterstützen wir bis 2026 mit zusätzlichen 220 Millionen Euro.

Wir wollen, dass die großen internationalen Streamingdienste nicht nur Abon­nenten aus Österreich holen, sondern vor allem auch Wertschöpfung bei uns im Land lassen. Daher stellen wir bis 2026 142 Millionen Euro für ein neues Anreizsystem zur Verfügung, zusätzlich zu den entsprechenden Neudotierungen für österreichische Filmproduktionen im Kulturbudget.

Der Bereich angewandte Forschung ist ganz wichtig, um die Attraktivität des Wirtschafts- und Forschungsstandorts Österreich zu sichern und auch weiter zu steigern. Auch für den Umstieg auf neue Energieformen leistet die angewandte Forschung einen wesentlichen Beitrag, um auch in Zukunft einen handlungs- und wettbewerbsfähigen Standort gewährleisten zu können. Die Auszahlungen für die angewandte Forschung des Wirtschaftsressorts steigen im Jahr 2023 auf 281,7 Millionen Euro – im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das eine beachtliche


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Steigerung der finanziellen Mittel von insgesamt 65 Prozent. Bis 2026, also über die gesamte Periode des Bundesfinanzrahmens, stehen insgesamt 405,7 Mil­lio­nen Euro mehr an finanziellen Mitteln zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Auszahlungen für angewandte Forschung des Klimaministeriums – um in dem Bereich zu bleiben – steigen für das kommende Jahr um 42,5 Millionen Euro auf 624,1 Millionen Euro. Bis 2026 lässt sich dadurch ein finanzielles Plus von 106,2 Millionen Euro im Bundesfinanzrahmen verzeichnen. Damit werden die Transformation der Wirtschaft und auch der Umstieg auf neue Energien weiter unterstützt.

Für den Bereich Gesundheit sehen wir im kommenden Jahr 1,2 Millionen Euro für die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie vor. (Abg. Belakowitsch: Milliarden! Milliarden steht da!) Das soll unter anderem auch zur weiteren Finanzierung der Beschaffung von Impfstoffen und für Zahlungen aus bereits umgesetzten Maß­nahmen zur Pandemiebekämpfung nach dem Epidemiegesetz oder auch dem COVID-19-Zweckzuschussgesetz verwendet werden.

Die Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen aus den Antiteuerungspaketen wirken sich auch auf diese UG 24, also auf Gesundheit, aus: Für außer­or­dentliche Gutschriften auf Krankenversicherungsbeiträge von Landwirten und Gewerbetreibenden wird mit insgesamt 80 Millionen Euro vorgesorgt.

Im Bereich Soziales und Konsumentenschutz stehen im Vergleich zum Bundes­voranschlag 2022 rund 775 Millionen Euro mehr an finanziellen Mitteln zur Verfügung. Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Pflegebereich und auch auf der Finanzierung der Maßnahmen in der bereits angesprochenen Pflegereform. So sind etwa Zweckzuschüsse von 570 Millionen Euro vorgesehen, um eine bessere Bezahlung in Pflege- und Betreuungsberufen gewährleisten zu können. Zudem werden Mittel zur Erhöhung der Förderung der 24-Stunden-Betreuung mit einem Volumen von 16 Millionen Euro bereitgestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Das Bildungsbudget hat bereits 2022 die 10-Milliarden-Euro-Marke überstiegen und steigt nächstes Jahr um eine weitere Milliarde auf 11,25 Milliarden Euro. Für Gesundheitsschutzmaßnahmen und die Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie auf Schülerinnen und Schüler stellen wir 238,1 Millionen Euro für das Schuljahr 2023 zur Verfügung.

Wir alle haben uns vor wenigen Tagen sehr mit Prof. Zeilinger über seinen Nobelpreis gefreut. Dieser Preis ist Anerkennung für seine jahrelange wissen­schaftliche Forschungsarbeit; gleichzeitig zeigt er auch, dass wir die Grund­lagenforschung in Österreich weiter stärken müssen, denn niemand weiß, in welchem Feld die nächste bahnbrechende Entdeckung kommt und was für Anwendungen dann auch möglich sein werden. Wir stocken daher das Forschungsbudget auch in den Jahren 2023 bis 2026 um insgesamt 510,3 Mil­lionen Euro auf. Dadurch ermöglichen wir den Ausbau zentraler Einrichtungen für die Grundlagenforschung und machen auch die Umsetzung von neuen Programmen und neuen Missionen möglich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der Grünen.)

Im Bereich der Wissenschaft und Forschung erhöhen sich die Auszahlungen im Vergleich zum Vorjahr um 302,4 Millionen Euro auf einen Gesamtbetrag von insgesamt 5,9 Milliarden Euro. Für Universitäten werden auch im Rahmen eines Teuerungsausgleichs jährlich zusätzliche Mittel in der Höhe von 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Um auch die Studierenden zu entlasten und ihre finanzielle Situation zu verbessern, wird einerseits die Studienförderung angehoben und andererseits auch jährlich valorisiert. Davon profitieren rund 50 000 Studienbeihilfebezieherinnen und -bezieher. Dafür nehmen wir in den Jahren 2023 bis 2026 insgesamt mehr als 300 Millionen Euro in die Hand. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mit der Bereitstellung von Mitteln in der Höhe von 14,8 Milliarden Euro bis 2026 bekennen wir uns auch langfristig zu einer nachhaltigen Finanzierung des Klima- und des Umweltschutzes in Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Schroll.)


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Nicht zuletzt die energiepolitischen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, unabhängiger von russischem Gas zu werden. Um das erreichen zu können, sind bis 2025 300 Millionen Euro für die Gasdiversifizierung vorgesehen. Um auch die generelle Energieeffizienz zu erhöhen, nehmen wir jährlich 190 Millionen Euro in die Hand. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: Das ist ja gar nichts, das wird nicht reichen! Da kriegst genau ... Terawattstunden!)

Im Bereich der Mobilität werden die Schwerpunkte des Regierungsprogramms weiterhin konsequent umgesetzt. Bis 2026 steigt das Auszahlungsvolumen um 1,4 Milliarden Euro, was ein Plus von 6,6 Prozent darstellt. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Dadurch kann etwa die Finanzierung des ÖBB-Rahmenplans trotz steigender Zinsen mittels der Bereitstellung von zusätzlichen 503,9 Millionen Euro bis 2026 sichergestellt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden im kommenden Jahr 270 Mil­lionen Euro für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung zur Verfügung gestellt. Für den Schutz vor Naturgefahren sind bis 2026 zusätzlich 60 Millionen Euro budgetiert. Das ist sehr wichtig, um das Risiko von Hochwasserschäden trotz stark gestiegener Baukosten auch nachhaltig zu senken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All diese Maßnahmen finanzieren wir natürlich nicht in Zeiten der Hochkonjunktur (Zwischenruf des Abg. Schroll), sondern mitten in einer Krise, die unsere Art, zu leben, auch nachhaltig infrage gestellt hat. Wir setzen als Bundesregierung die richtigen Maßnahmen für Österreich, die Menschen und auch die Betriebe. Wir stemmen uns nicht nur gegen die Krise, wir investieren aus ihr heraus in zukünftige Möglichkeiten und Chancen und setzen auch gezielte Schwerpunkte, die uns langfristig stärken werden.

Wir investieren in die militärische, wir investieren in die wirtschaftliche, aber wir investieren auch in die soziale Sicherheit des Landes. Das ist, was die Menschen von uns erwarten – nicht nur in schwierigen Zeiten, aber jetzt mehr denn je!


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Österreich soll stärker, soll sicherer und soll auch unabhängiger aus der Krise kommen – aus Verantwortung für morgen! – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herrn Bundesfinanzminister für seine umfassenden Darstellungen. (Abg. Loacker: Die sind aber froh, dass der ... weg ist!)

11.37.482. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlas­tenausgleichsgesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II) (1702 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2812/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energiekostenausgleichsgesetz 2022 geändert wird (1703 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Beifall und Bravoruf des Abg. Lercher. – Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das war fast so viel Applaus wie vorher!)


11.38.35

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden ja nicht nur morgen während der ersten Lesung, sondern auch in den nächsten Wochen Zeit haben, uns detailliert mit dem Budget auseinanderzusetzen. Ein paar Worte muss man aber schon auch heute


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über diese Budgetrede sagen, nämlich dass diese Bundesregierung genau dieselben Fehler, die sie bei der Covid-Pandemie gemacht hat, jetzt wiederholt. Das ist erschreckend.

Bei Covid ist ja Folgendes passiert: Sie haben am Anfang zu wenig zu spät und zu langsam gemacht. Bei der Teuerung, und das sieht man auch in diesem Budget, machen Sie genau dieselben Fehler. Vor einem Jahr, als wir davor gewarnt haben, dass da eine Lawine auf uns zukommt, hat man uns gesagt, wir übertrei­ben und das wird alles gar nicht passieren.

Bereits im Jänner letzten Jahres lag die Inflation aber bei 5 Prozent, in der Zwischenzeit stehen wir bei 10 Prozent. Als im Jänner die Inflation schon bei 5 Prozent lag, hat die Regierung noch nichts getan und noch in der Pendeluhr geschlafen. Genauso wie bei Covid ist dann Folgendes passiert: Die Regierung hat dann sehr, sehr spät so getan, als ob das Geld abgeschafft wäre, und ver­sucht, mit Geld die Kritik und die Probleme zu erschlagen.

In Wahrheit aber hat sie dann nicht Probleme gelöst, sondern hat einfach Geld verbrannt – genauso wie bei Covid, und das sehen wir ja heute, wenn wir uns die Zahlen ansehen. Kollege Wöginger kommt ja dann gleich ans Rednerpult, und da sagt er immer ganz stolz: Wir waren bei Covid Europameister beim Geldaus­ge­ben! – Das stimmt: Wir haben von allen Staaten in der Europäischen Union das meiste Geld aus dem Budget ausgegeben. Und jetzt schauen wir uns die Bilanz an! Schauen wir uns das Wirtschaftswachstum 2020, 2021 an: Sind wir an erster Stelle? – Nein. Sind wir an zweiter Stelle? – Nein. Wir sind an vorvorvorletzter Stelle! Nur vier Staaten sind schlechter als Österreich (Bundesminister Brunner: Stimmt ja nicht!), obwohl wir am meisten Geld ausgegeben haben.

Dasselbe passiert jetzt bei der Teuerung (Bundesminister Brunner: Das stimmt ja nicht!): Wir haben lange nichts gemacht, und jetzt nehmen Sie Geld und hauen es beim Fenster raus. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Das kann ich Ihnen auch zeigen: Schauen wir uns an, was die Regierung zum Beispiel bei den Mieten gemacht hat! Keiner kann den Vorwurf machen, die Regierung gibt zu wenig Geld aus (Abg. Kassegger: Nein, wirklich nicht!) – diesen


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Vorwurf kann man wirklich nicht machen (Abg. Kassegger: Nein, das machen wir nicht!) –, aber erinnern wir uns: Als vor zweieinhalb Jahren hier die Oppo­sitionsparteien, und zwar alle drei, bezüglich der Mieten gesagt haben: Stellen wir gesetzlich klar, dass ein Betrieb, wenn er aufgrund eines Lockdowns zugesperrt wird, keine Miete zahlen soll; dann gibt es ein Gesetz, da steht das drin; stellen wir das klar, damit es Rechtssicherheit gibt!, was hat die Regierung, die ÖVP damals gemacht? – Die hat gesagt: Nein, das sollen Gerichte klären, und wir geben den Betrieben das Geld, damit sie die Miete zahlen können!

Das heißt, wir geben mehr Steuergeld aus, damit Miete bezahlt wird. In der Zwischenzeit haben die Gerichte gesagt, es war keine Miete zu zahlen. Und wissen Sie, was die Cofag jetzt machen muss? (Abg. Meinl-Reisinger: ... zurückzahlen!) – Die muss jetzt zu denen, denen sie das Geld gegeben hat, damit sie die Miete zahlen, hingehen und muss das zurückfordern; und all die Betriebe müssen jetzt zu ihren Vermietern hingehen und das Geld zurückfordern (Abg. Meinl-Reisinger: Völlig absurd!) – weil Sie auf das, was die Oppositionsparteien hier in Ruhe gesagt haben, nicht gehört haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sie haben die Welt schlimmer gemacht, indem Sie unnötig viel Geld rausge­wor­fen haben, das Sie jetzt zurückholen!

Und was machen Sie jetzt beim Strompreis? – Unser Vorschlag war relativ einfach. Wir haben gesagt: Hören wir auf mit dieser Meritorder! Nicht das teuer­ste Kraftwerk bestimmt den Strompreis, sondern jedes Stromkraftwerk soll die Kosten ersetzt bekommen, die es braucht, um Strom zu erzeugen. Das hat Jahrzehnte in Österreich funktioniert – Jahrzehnte! (Bundesminister Brunner: Das ist Europa!) –, das ist ein bewährtes System. (Bundesminister Brunner: Das ist Europa!) – Ja, aber wir können eine Notfallklausel ziehen und sagen: Libera­lisie­rung gilt nicht! Das machen ja andere Länder, wie Spanien. Wir machen es nicht, weil Sie irgendwie noch immer glauben, dass der Markt funktioniert, obwohl der Markt nicht funktioniert. Jeder sieht, dass er nicht funktioniert! (Beifall bei der SPÖ.)


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Das würde dazu führen, dass sich die Strompreise mit einem Schlag halbieren, ohne dass wir einen Euro Steuergeld ausgeben müssen (Abg. Schwarz: Wunsch­konzert!) – ohne einen Euro Steuergeld!

Was Sie aber machen, ist: Sie nehmen jetzt Milliarden in die Hand, verteilen das an alle Haushalte – da kriegt dann jeder Geld, jeder Haushalt bekommt Geld; manche müssen sich stundenlang am Postamt anstellen, damit sie 500 Euro kriegen; Sie machen es handwerklich schlecht (Abg. Schwarz: Stimmt ja nicht!), aber Sie geben jetzt Milliarden an die Haushalte –, damit sie eine unnötig hohe Stromrechnung bezahlen, Sie geben Milliarden an die Betriebe, damit sie unnötig hohe Stromkosten zahlen – mit allen Verwerfungen: die einen kriegen zu wenig, die anderen kriegen zu viel, die anderen kriegen gar nichts, also mit all diesen Problemen –, und am Ende des Tages führt das dazu, dass ein paar Strom­konzerne Milliardengewinne machen – Milliardengewinne! Die bauen keine Gasspeicher, die bauen Geldspeicher, weil sie gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld. (Beifall bei der SPÖ.)

Und was machen Sie? Besteuern Sie diese Übergewinne? Holen Sie sich diese Übergewinne zurück? – Nein, Sie senken nächstes Jahr noch die Steuer für diese Stromkonzerne (Ruf bei der SPÖ: Unfassbar!), damit sie noch weniger Steuer zahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine, das ist doch alles verrückt, was Sie da machen! Sie geben Milliarden an Geld aus, damit irgendjemand Übergewinne macht, und diese besteuern Sie geringer als heute. Das ist die Politik, die Sie machen! Es geht nicht darum, dass Sie zu wenig Geld ausgeben, sondern es geht darum, dass Sie es falsch ausge­ben! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!)

Sie packen die Probleme nicht an der Wurzel und Sie lösen die Probleme nicht, denn: Die Preise steigen! In Ihrem eigenen Budget sagen Sie, nächstes Jahr steigen die Preise noch einmal um 6 Prozent, nachdem sie heuer um 10 Prozent gestiegen sind. Und das feiern Sie dann als Erfolg Ihrer Politik. Sie verbrennen das Steuergeld, und das ist ja das Schlimme: Sie tun so, als ob das Steuergeld abgeschafft wäre und Geld nicht mehr existiert. (Abg. Michael Hammer: ... eine


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Büttenrede!) Jeden Euro, den wir heute ausborgen, müssen wir ja morgen zurückzahlen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Eine Büttenrede!) Den müssen wir zurückzahlen, samt Zinsen und Zinseszinsen. Na, das ist aber eine super Idee! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Kabarett! Ein Kabarett!)

Und dieses Geld fehlt uns doch dann hinten und vorne bei den wichtigen Zukunfts­investitionen. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja eine Fakerede! Eine Fakerede!) Das ist das, was Sie machen. (Abg. Michael Hammer: Das ist eine Fakerede!)

Ich sage Ihnen eines: Ja, Österreich hat lange Zeit sehr solide Haushalte gehabt (Abg. Michael Hammer: Aber nicht mit den Sozis! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), aber jedes Jahr, in dem hier von der ÖVP eine Budgetrede gehalten wird, ist eine Gefahr für die nachhaltige Budgetpolitik dieses Landes! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.) Je früher diese Bundesregierung abdankt und jemand anderer sich um das Geld kümmert, desto besser ist es für Österreich, denn Sie fahren Österreich budgetpolitisch an die Wand. Das ist in Wahrheit das, was Sie machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Sozialistische Misswirtschaft! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klub­obmann Wöginger. – Bitte sehr.


11.45.59

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren auch zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist schon bezeichnend, wenn der Finanzsprecher der Sozi­aldemokratie hier herauskommt und kein einziges Wort über den Tagesord­nungs­punkt verliert, den wir hier eigentlich diskutieren. (Abg. Krainer: Stimmt ja nicht! Die Strompreisbremse! – Ruf bei der SPÖ: Wo sich die Leute 2 Stunden anstellen müssen!)


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Meine Damen und Herren, wir schaffen die kalte Progression ab – das ist die schleichende Steuererhöhung, die alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jedes Jahr mit Hunderten Millionen von Euro belastet. Die schafft diese Regierung nach vier Jahrzehnten innenpolitischer Diskussion nun ab – und Kollege Krainer findet es keinen Satz wert, darauf einzugehen, dass wir den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern das Geld sofort bei ihnen in den Brieftaschen belassen und es ihnen nicht jahrelang wegnehmen. Meine Damen und Herren, die Sozialdemo­kratie hat im Bereich der Steuerzahler abgedankt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir reden da von 18,7 Milliarden Euro, die wir bis 2026 dadurch den Menschen automatisch zurückgeben. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: ... muss man das alles tatsächlich berichtigen, was Sie ...!) Kollege Krainer, ich weiß ja nicht, wo, in welchem Spektrum die SPÖ derzeit angesiedelt ist, welche Klientel Sie vertreten wollen. (Ruf bei der SPÖ: ... keine Sorgen!) Wir haben bis jetzt die Einkommens­grenze von 11 000 Euro gehabt: Bis zu 11 000 Euro Jahreseinkommen sind steuerfrei. Mit diesem Gesetzesbeschluss verschieben wir für das nächste Jahr diese Grenze auf 11 693 Euro. Wir heben die untersten Stufen um 6,3 Prozent an, Frau Kollegin Meinl-Reisinger (Abg. Meinl-Reisinger: Die sollten schon viel höher sein, das wissen Sie eh!), wir schaffen es also zu 100 Prozent ab (Abg. Meinl-Reisinger: Nein, aber doch nicht aus Sicht des Bürgers!), und ab der Stufe, in der der 30er-Satz gilt, sind es 3,5 Prozent.

Das heißt, die Menschen werden ab nächstem Jahr automatisch das Geld bei ihnen behalten können. Das bedeutet im nächsten Jahr bei einem Durchschnitts­einkommen rund 400 Euro, und über die Jahre bis 2026 gerechnet sind es bei rund 2 100 Euro brutto 3 500 Euro, die diesen Menschen zusätzlich netto bleiben. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: ... sind unglaubwürdig, Herr Kollege!) Das ist eine Maßnahme, meine Damen und Herren, die die Menschen entlastet, und zwar sofort. Die Menschen werden es sofort in ihren Geldtaschen spüren, und da ist es unverständlich, dass man dem nicht zustimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Und darüber verliert man kein Wort! Aber, Herr Kollege Krainer, wenn Sie schon die Energiekonzerne ansprechen, dann gehen Sie doch in das SPÖ-Präsidium in Wien und halten Sie Ihre Rede dort, wo der Staat 2 Milliarden Euro für eine Notsituation zur Verfügung stellen muss (Abg. Schroll: Keinen Cent haben Sie aus­gegeben!), damit dieses Unternehmen Wien Energie nicht pleitegeht (Abg. Schroll: Keinen Cent haben Sie ausgegeben!), wo in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Bundesregierung geholfen hat, damit zwei Millionen Stromkundinnen und Stromkunden nicht Gefahr laufen, dass auf einmal der Strom abgedreht wird! (Abg. Schroll: Keinen Cent! Lüge!) Und Sie stellen sich hierher und halten eine Grundsatzrede. Das können Sie am Renner-Institut machen, aber nicht hier im Parlament, Herr Kollege Krainer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, den Sie dem Sheriff von Nottingham, nämlich dem Bürger­meister Ludwig von Wien, mitgeben können (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Matznetter), ist: Warum erhöht die Stadt Wien die Gebühren um 80 bis 90 Prozent im Bereich von Gas, im Bereich von Fernwärme, im Bereich von Strom? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Sie zocken die Menschen in der Bundeshauptstadt ab (Zwischenruf des Abg. Schroll) und stellen sich hierher und kritisieren die Bundesregierung, weil wir den Menschen helfen müssen. Das, was die Wien Energie den Wienerinnen und Wienern aus der Tasche zieht, muss diese Bundesregierung mit der Abschaffung der kalten Progression und mit Steuererleichterungen den Menschen wieder geben (Abg. Schroll: Falsch!), sonst können sie nicht leben (Abg. Schroll: Falsch!), meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Schallmeiner. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Damit das auch einmal klar gesagt wird: Wir, diese Regierung aus Volkspartei und Grünen, werden heute und morgen hier Beschlüsse fassen, die historisch sind. Erstens: die Abschaffung der kalten Progression; ich habe sie erwähnt. Es ist ein unmögliches Wort, aber es geht einfach darum, dass wir den Menschen das Geld gleich belassen, es nicht als Steuern jahrelang von ihnen einheben und


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es ihnen dann im Rahmen von großen Steuerreformen wieder zurückgeben. Es ist einfach eine ehrliche Steuerpolitik, die damit gemacht wird.

Das Zweite ist: Wir valorisieren die Familien- und Sozialleistungen. Haben Sie überhaupt schon einmal in die Tagesordnung von heute und morgen hinein­geschaut? Das sind Milliardenbeträge, die wir den Menschen zurückgeben! Die Familienbeihilfe wird automatisch valorisiert, das heißt jährlich automatisch angehoben. (Abg. Heinisch-Hosek: Zu spät!) Das Kinderbetreuungsgeld wird automatisch angehoben, bis hin auch zu den - - (Abg. Heinisch-Hosek: Zu spät!) – Zu spät?! Na bitte, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, wie lange waren Sie Minis­terin? Wie lange waren Sie in der Bundesregierung? Heute „zu spät“ zu sagen und in den letzten Jahren selber nichts zusammengebracht zu haben, das ist ja unglaublich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Michael Hammer – in Richtung Abg. Heinisch-Hosek –: Sie haben nicht einmal beim Frau­enbudget etwas zusammengebracht! – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ein Schmankerl, Herr Kollege Krainer, habe ich noch, weil Sie ja die Strom­preisbremse kritisieren: Sie wollen ja überall einen Deckel draufmachen, auch wenn es wirtschaftlich ein völliger Blödsinn ist, oder Steuern senken wie zum Beispiel beim Sprit. In Deutschland haben wir es gesehen, ich lebe an der bayerischen Grenze. Was haben die Deutschen drei Monate gemacht? – Sie haben die Steuer beim Sprit gesenkt. Zuerst ist der Preis nicht hinunter­gegangen, als dann aber die drei Monate vorbei waren, ist er um den gesamten Betrag hochgeschnellt. (Zwischenruf des Abg. Schroll.) Fahren Sie an die baye­rische Grenze im Innviertel, versuchen Sie, jenseits der Grenze und diesseits der Grenze zu tanken, und Sie werden sehen, wo es besser ist! Es ist in Österreich besser für die Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir machen intelligente Lösungen, und die Strompreisbremse ist so eine intel­ligente Lösung, schlägt sie sich doch direkt auf der Stromrechnung der Menschen nieder. Das ist auch eines der Gesetze, die wir heute und morgen


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beschließen: 4 Milliarden Euro. Wir reden hier von einem durchschnittlichen Wert von 500 Euro pro Haushalt.

Schon interessant ist, dass ÖGB-Präsident Katzian, den ich wirklich schätze – das ist einer in der SPÖ, mit dem man noch reden kann –, eigentlich einen interessanten Vorschlag gemacht hat, den man am 17. Juli den Pressemeldungen entnehmen konnte. Er hat damals gefordert: 3 000 Kilowattstunden Strom sollen mit 20 Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden. Wissen Sie, was wir beschließen? – 2 900 Kilowattstunden mit 10 Cent. Das ist eine bessere Lösung. Und was macht die SPÖ? – Sie stimmt nicht zu! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ist jetzt der Vorschlag von Katzian ein schlechter? (Abg. Leichtfried: Wer sagt das? – Zwi­schenruf der Abg. Erasim. Zumindest habt ihr im Ausschuss nicht zugestimmt. Man kann ja gescheiter werden. Das ist ja ein gutes Motto: Man kann ja geschei­ter werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dann stimmen Sie dem zu und schauen Sie einmal, was Kollege Katzian Ihnen vorgelegt hat! (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Von dem, was wir beschließen, profitieren alle Haushalte, nämlich insofern, dass wir den Bezug von 2 900 Kilo­wattstunden, also rund 80 Prozent vom Durchschnittsverbrauch, zu dem bisher bestehenden Preis garantieren. Katzian fordert eigentlich ein Modell, das sogar etwas schlechter ist. Er fordert zwar ein bisschen mehr Kilowattstunden, redet dann aber eigentlich von 20 Cent. Unser Modell ist also für die Menschen und für die Haushalte ein besseres. Im Ausschuss habt ihr nicht zugestimmt, aber es kann ja sein, dass das noch bis zur Beschlussfassung wird. Vielleicht redet ihr das in den roten Reihen noch einmal durch. Es würde auch der SPÖ nicht schaden, den Menschen diese Strompreisbremse zukommen zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Meine Damen und Herren! Wir beschließen weiters die Einführung der Pflege­schule. Das ist mir als Sozialsprecher besonders wichtig. – Herr Sozialminister, wir haben insgesamt ein Pflegepaket mit 1,7 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, wenn man alles zusammenzählt, weil es wichtig ist, die Pflegerinnen


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und Pfleger zu unterstützen, auch in finanzieller Hinsicht, und die Ausbildung voranzutreiben.

Als Oberösterreicher bin ich besonders stolz, dass die Mittel für die Technische Universität in Linz sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat wahrlich herausfor­dernde Zeiten zu bewerkstelligen. Die Menschen leiden natürlich unter der Infla­tion und unter der Teuerung, aber die Maßnahmen, die wir heute und morgen neben der Debatte zum Budget – ich gratuliere dem Finanzminister wirklich dazu, was er uns heute präsentiert hat, weil es ein Zukunftsbudget ist, weil es ein Budget ist, das den Menschen auch Sicherheit in den nächsten Jahren gibt und mit dem wir auch die Transformation, was das Klima anbelangt, einläuten – beschließen, kommen bei den Menschen an, sie helfen den Österreicherinnen und Österreichern. Dafür steht diese Bundesregierung. Wir setzen um; Sie blockieren, und das ist nicht die Zukunft. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

11.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Diese Rede war jetzt ein bissel kontraproduktiv! – Ruf bei der ÖVP: Das war eine Superrede!)


11.54.50

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Finanz­minister! Das Motto Ihrer heutigen Budgetrede lautet: „‚Aus Verantwortung für Morgen‘ – Sicher in die Zukunft“. – In Wirklichkeit ist dieses Budget ein Manifest der Verantwortungslosigkeit, als gäbe es kein Morgen, und die sichere Zukunft wird von dieser Bundesregierung durch eine grundfalsche Krisenpolitik verspielt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Defizit- und Schuldenpolitik dieser schwarz-grünen Bundesregierung wird auch 2023 konsequent fortgesetzt. Das Geld ist abgeschafft, wir haben eine


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Rekordinflation, wir haben Rekordschulden, und wir haben auch ein massives Defizit von 17 Milliarden Euro, welches mit Sicherheit nicht halten wird.

So wie bereits in den Vorjahren wird Österreich auch 2023 die Maastricht­krite­rien nicht einhalten können. Auch bis 2026 werden wir die Maastrichtkriterien nicht einhalten können. Da wundert es mich schon, Herr Finanzminister, dass Sie sagen, Sie wollen eine mahnende Stimme innerhalb der Europäischen Union sein, wenn wir selbst nicht einmal in die Nähe der Erfüllung dieser Kriterien kommen.

Da ist es auch kein Wunder, dass der Ratingausblick der Agentur Fitch letzte Woche von stabil auf negativ gesenkt wurde. Damit drohen Österreich natürlich eine Herabstufung und in der Folge auch teurere Kredite.

Die wirtschaftsfeindliche Coronapolitik, welche die Wirtschaft massiv und nachhaltig beschädigt hat, ist nahtlos in eine unvernünftige Sanktionspolitik übergegangen, die zwar keinerlei Auswirkungen auf den Krieg hat, dafür aber eine Energiekrise verursacht hat, welche die Teuerung massiv anheizt (Beifall bei der FPÖ) und damit den Wohlstand und die Wirtschaft in Österreich vernichtet. Die Sanktionen sind der Todesstoß für die Wirtschaft in Österreich und in Europa und gefährden unseren sozialen Frieden.

Durch diese österreichfeindliche Politik der ökonomischen Unvernunft wird sich das Budgetdefizit des Bundes auch in den Folgejahren massiv negativ entwickeln – zulasten der Österreicher.

Bedauerlicherweise befasst sich diese Bundesregierung nur mit den Folgen der Krise, aber nicht mit den Ursachen der Krise. Die budgetäre Situation wird immer schlimmer werden, wenn diese Bundesregierung nur Geld verteilt und nicht die Ursachen bekämpft.

Diese Politik der Unvernunft zeigt sich auch darin, dass die Bundesregierung in Zeiten einer Rekordinflation seit 1. Oktober 2022 die Spritpreise durch Ein­führung der CO2-Strafsteuer noch weiter verteuert hat und damit die Inflation anheizt. Als Ausgleich gibt es natürlich auch etwas, und zwar den Klimabonus für Asylwerber und Gefängnisinsassen. (Ruf: Dem Sie zugestimmt haben!) Da kann man nur den Kopf schütteln. (Beifall bei der FPÖ.)


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Frau Kollegin, wenn Sie hier sagen, wir haben zugestimmt: Wir haben in der letzten Plenarsitzung einen Antrag eingebracht, mit dem wir diese Fehlent­wicklung korrigieren wollten. Und wer hat dagegengestimmt? – Alle, außer der FPÖ!

Nun zur kalten Progression: Die FPÖ hat bereits vor mehr als 26 Jahren, und zwar im Jänner 1996, einen Antrag auf Abschaffung der kalten Progression eingebracht. Damals stimmten sowohl die ÖVP als auch die SPÖ und die Grünen noch gegen die Abschaffung der kalten Progression. Die Abschaffung der kalten Progression war auch im schwarz-blauen Regierungsprogramm enthalten, wir werden daher diesem Gesetz auch heute unsere Zustimmung erteilen, obwohl es gravierende Mängel aufweist, auf die ich in der Folge eingehen möchte.

Laut den Gesetzesmaterialien soll mit diesem Gesetz der Einkommensteuertarif an die Inflationsrate angepasst werden – und genau das ist leider nicht der Fall. Wir haben derzeit mit 10,5 Prozent die höchste Inflationsrate seit Juli 1952, und die Tendenz ist stark steigend. Trotz dieser zweistelligen Rekordinflationsrate wird aber der Einkommensteuertarif für das Jahr 2023 lediglich einstellig ange­passt, und zwar um 3,46 Prozent, und für die beiden untersten Tarifstufen um 6,3 Prozent. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Der im Gesetz vorgesehene zeitversetzte Anpassungsmechanismus funktioniert lediglich in Zeiten einer normalen Inflation, aber nicht in Zeiten einer Rekord­inflation. Der richtige Weg wäre gewesen, bereits jetzt – zumindest für 2023 und 2024 – eine 10-prozentige Inflationsanpassung des Einkommensteuertarifs vorzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

In Zeiten wie diesen brauchen die Österreicher eine sofortige und inflations­gerechte Entlastung und nicht eine zeitversetzte Entlastung. Das wäre auch fair und ehrlich gegenüber den Österreichern gewesen. In diesem Zusammenhang hätte man auch die für 2023 und 2024 unterjährig vorgesehenen Steuerabsen­kungen auf den 1.1.2023 vorziehen können.


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Die kalte Progression wird jährlich zu zwei Dritteln automatisch ausgeglichen, und das ist auch gut so. Problematisch ist aber der Ausgleich für das verblei­bende Drittel, bei dem kein automatischer Ausgleich stattfindet. Für die Verteilung dieses verbleibenden Drittels ist ein sehr komplexes Prozedere mit Progressionsbericht, Ministerratsbeschluss und entsprechenden Gesetzes­vorschlägen vorgesehen. Einfacher wäre es gewesen, wenn man auch da direkt auf die veröffentlichten Jahresinflationsraten Bezug genommen hätte, wie beim automatischen Ausgleich der zwei Drittel. Sehr problematisch sehe ich auch die Verwendung des verbleibenden Drittels ab dem Jahr 2024. Da besteht das große Risiko, dass dieses Drittel in Zukunft zweckentfremdet wird. Die FPÖ wird darauf ein wachsames Auge haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Bedauerlicherweise wurden zahlreiche Beträge des Einkommensteuergesetzes nicht an die Inflation angepasst. Da geht es nicht nur um Entlastung, sondern vielfach auch um Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung des Steu­errechts, wie zum Beispiel bei der Umsatzgrenze und bei den Höchstbeträgen für das Pauschale der Betriebsausgabenpauschalierer, wozu es im Ausschuss noch geheißen hat, man werde sich das anschauen. Das wäre auch gegenüber den kleinen Selbstständigen und den kleinen Gewerbetreibenden, die da benachteiligt werden, gerecht gewesen, denn bei den Land- und Forstwirten wird die Einheitswertgrenze sehr wohl massiv angehoben – was wir auch befürworten, aber wir hätten uns da auch eine Gleichberechtigung für die Klein­unternehmer erhofft.

Zweites Beispiel: Werbungskostenpauschale. Durch eine schlichte Anhebung auf 300 Euro hätte man 60 000 Arbeitnehmern die Arbeitnehmerveranlagung erspart.

Das amtliche Kilometergeld für PKW ist seit 1.7.2008, also seit mehr als 14 Jah­ren, nicht erhöht worden, was in Anbetracht der CO2-Steuer ein Skandal ist, und auch das Pendlerpauschale wurde seit dem 1.1.2011, abgesehen von der jet­zi­gen befristeten Erhöhung, nie erhöht. Der Klubobmann der ÖVP hat selbst eine


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Anhebung des Kilometergelds gefordert, offenbar ist er damit nicht durchge­drungen.

Letzten Endes ist dieses Gesetz jedoch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wie schon gesagt, wir werden diesem Gesetz zustimmen, aber man kann ja noch besser werden, und daher darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der ‚kalten Progression‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wer­den aufgefordert, die Maßnahmen zur Abschaffung der ‚kalten Progression‘ zu optimieren und unter anderem umgehend folgende Maßnahmen gesetzlich sicherzustellen:

1. Festlegung einer realistischen Inflationsrate, in die auch die Wirtschaftsent­wicklung und Prognosen der jeweils kommenden 12 Monate Berücksichtigung finden.

2. Automatische Anpassung von 100 % der auszugleichenden Inflation.

3. Anpassung sämtlicher Beträge des Einkommensteuergesetzes an die Inflation.“

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag.DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

betreffend Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der „kalten Progression“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2, Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II) (1702 d.B.)

in der 178. Sitzung des Nationalrates am 12. Oktober 2022

Die FPÖ fordert bereits seit mehr als 26 Jahren die Abschaffung der „kalten Pro­gression“. Deren Abschaffung war unter anderem auch im „Regierungsprogramm 2017-2022 – Zusammen. Für unser Österreich.“ von ÖVP und FPÖ enthalten.

Auch wenn das nunmehrige „Teuerungs-Entlastungspaket Teil II“ und insbesondere die Abschaffung der „kalten Progression“ begrüßt werden, besteht bei der Umsetzung dieser dringend notwendigen Maßnahme noch Optimierungsbedarf.

Laut den Gesetzesmaterialien soll mit diesem Gesetz der Einkommensteuertarif an die Inflationsrate (Teuerungsrate) angepasst werden; dies ist aber leider nicht der Fall. Wir haben derzeit mit 10,5 % die höchste Inflationsrate seit Juli 1952 und die Tendenz ist steigend. Trotz dieser zweistelligen Rekordinflationsrate wird aber der Einkommensteuertarif für das Jahr 2023 lediglich einstellig angepasst – und zwar um 3,46 % bzw. die untersten beiden Tarifstufen um 6,3 %.

Der im Gesetz vorgesehene zeitversetzte Anpassungsmechanismus funktioniert lediglich in Zeiten einer „normalen“ Inflation, aber nicht in Zeiten einer Rekord­infla­tion. Der richtige Weg wäre daher gewesen, bereits jetzt für 2023 und 2024 eine „echte Inflationsanpassung“ des Einkommensteuertarifs vorzunehmen. In Zeiten wie diesen brauchen die Österreicher eine sofortige und inflationsgerechte Entlastung und nicht eine zeitversetzte Entlastung.


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Weiters wird die „kalte Progression“ jährlich lediglich zu zwei Drittel automatisch ausgeglichen. Beim verbleibenden Drittel gibt es keinen automatischen Ausgleich, sondern vielmehr ein sehr komplexes Prozedere mit Progressionsbericht, Minis­terratsbeschluss und entsprechenden Gesetzesvorschlägen. Einfacher wäre es gewe­sen, wenn man auch hier direkt auf die veröffentlichen Jahresinflationsraten Bezug genommen hätte, wie beim automatischen Ausgleich der zwei Drittel. Im Übrigen besteht bei der Verwendung des verbleibenden Drittels ab dem Jahr 2024 das große Risiko, dass dieses verbleibende Drittel zweckentfremdet verwendet wird.

Weiters werden zahlreiche Beträge des Einkommensteuergesetzes nicht an die Infla­tion angepasst.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die Maßnahmen zur Abschaffung der „kalten Progression“ zu optimieren und unter anderem umgehend folgende Maßnahmen gesetzlich sicherzu­stellen:

1.         Festlegung einer realistischen Inflationsrate, in die auch die Wirtschafts­ent­wicklung und Prognosen der jeweils kommenden 12 Monate Berücksichtigung finden.

2.         Automatische Anpassung von 100 % der auszugleichenden Inflation.

3.         Anpassung sämtlicher Beträge des Einkommensteuergesetzes an die Inflation.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.



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12.05.38

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätztes Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Die Zeiten sind herausfordernd, das stimmt. Umso wichtiger ist es daher, dass die Bundesregierung heute, glaube ich, ein starkes Zeichen in Richtung Leadership vorgelegt hat, auch einen Weg aufgezeigt hat, der in die Zukunft zeigt, und Reformen, die seit Jahren angekündigt oder auch gefordert werden, umsetzt und auch mit dem Budget finanziert (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Gerstl, Prinz und Zarits), sei es die Pflegereform, die ökosoziale Steuerreform, die Dekarbonisierung der Industrie. Wir haben die Valorisierung der Sozialleistungen auf den Weg gebracht und eben auch die Abschaffung der kalten Progression. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese ist seit vielen Jahren gefordert worden, sie ist in verschiedenen Regie­rungsprogrammen gestanden – das ist auch schon von Vorredner:innen erwähnt worden –, und jetzt und heute wird sie tatsächlich beschlossen. Die Abschaffung der kalten Progression kommt damit endgültig. Das bringt den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern Ersparnisse bei der Einkommensteuer, insbesondere in Jahren wie heuer, in denen es eine sehr hohe Inflation gibt, weil damit die Steuern nicht mehr schleichend steigen.

Das eröffnet eine, glaube ich, sehr zentrale Frage: Wenn eh immer schon alle dafür waren, die Regierungsfraktionen sowieso, aber auch die FPÖ, die NEOS – die hätten es nur gern schon früher gehabt, sind aber auch dafür (Zwischenrufe der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Hoyos-Trauttmansdorff) –, die SPÖ – die hat sich jetzt für das Plenum noch ein Argument einfallen lassen, warum sie doch dagegenstimmt, aber grundsätzlich ist sie auch für die Abschaffung der kalten Progression –, warum ist es nicht schon früher geschehen? (Beifall bei Abge­ordne­ten von Grünen und ÖVP. Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Hoyos-Trauttmansdorff.)

Ich sehe da zwei durchaus legitime Gründe: Der eine ist, dass Regierungen sich sozusagen vorbehalten haben, das Geld einzusammeln und es lieber dann auf


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einmal, mit einer einmaligen Steuerreform, zurückzuverteilen. Das hatte allerdings den negativen oder schalen Beigeschmack, dass es oft auch kurz vor den Wahlen war und deshalb so ein bisserl nach Populismus gerochen hat. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Damit ist jetzt Schluss. Mit dieser laufenden, auf ewig ausgelegten Steuerreform wird diese schleichende Steuer­erhöhung verhindert und damit auf Dauer eine stabile Steuerleistung bei den Menschen sichergestellt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Zarits.)

Und der zweite, auch legitime Grund ist, dass es sehr viel kostet. Das ist gut, denn die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ersparen sich viel (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: ... Populismus, es vor Wahlen zu machen!), aber es kostet. Wir haben jetzt in dem gerade präsentierten Budget 19 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren eingestellt. Das ist nicht günstig. Genau deshalb, weil die Abschaffung der kalten Progression eine laufende Steuerreform für die Ewigkeit ist und gleichzeitig viel kostet, war es natürlich sehr wichtig, darauf zu schauen, dass die Gestaltung dieses Pakets ausgeglichen und treffsicher ist, und genau das wird durch das Modell, das die Regierung gewählt hat, gewährleistet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Meinl-Reisinger: ... Steuer­erhöhung!)

Ich möchte das jetzt anhand eines Beispiels verdeutlichen, nämlich anhand der sozialen Treffsicherheit des Modells. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Ich habe mir dazu angeschaut, wie die soziale Treffsicherheit dieses Gesamt­modells der Abschaffung der kalten Progression inklusive Valorisierung der Sozialleistungen ist (Abg. Meinl-Reisinger: ... Steuererhöhung!), und habe das mit der sozialen Treffsicherheit der letzten Steuerreform unter einer SPÖ-geführten Bundesregierung verglichen. Ich habe mir das ausgedruckt (eine Tafel mit roten und grünen Säulendiagrammen, über denen in schwarzer Schrift „Verteilungs­wir­kung“, in roter Schrift „rot-schwarze Steuerreform“ und in grüner Schrift „Gesamt­paket kalte Progression“ steht, in die Höhe haltend – Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Hoyos-Trauttmansdorff), und man sieht hier das Gesamtpaket der Abschaffung der kalten Progression in grün und die letzte Steuerreform


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unter einem SPÖ-Bundeskanzler. Was man auch sieht, ist, dass von der Reform unter den Roten die Besserverdienenden oder die Bestverdienenden da ganz rechts (auf die Tafel weisend) von dem Gesamtvolumen stärker profitiert haben (Zwischenruf bei der SPÖ), als das bei der jetzigen Reform, die der Grünen, der Fall ist. Umgekehrt haben damals die Geringstverdienenden nur halb so viel von der Reform profitiert (Zwischenruf des Abg. Matznetter) wie eben jetzt von diesem Gesamtpaket der Abschaffung der kalten Progression. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Doppelbauer: ... da haben wir einen roten Finanz­minister gehabt!)

Das heißt, uns ist ein sehr treffsicheres Gesamtpaket gelungen, das noch dazu den positiven Nebeneffekt hat – weil es quasi eine laufende Steuerreform ist (Abg. Meinl-Reisinger: Eine laufende Umverteilung! Eine laufende Umverteilung, das ist so! Eine laufende Umverteilung, darauf sind Sie auch noch stolz! Eine schwarze Umverteilung!) –, dass weniger treffsichere Steuerreformen wie die rote hier in Zukunft quasi nicht mehr passieren können. Dieses treffsichere – in diesem Fall – grüne Modell der Bundesregierung gilt jetzt quasi für immer. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Haubner: Sehr gut, Herr Schwarz!)

12.10


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.


12.10.14

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschau­erinnen und Zuschauer! Ja, einmal mehr packen Sie die Gießkanne aus, auch bei diesem Antiteuerungspaket, und das Problem mit Gießkannen ist halt: Sie wer­den irgendwann einmal leer sein.

Ich habe Ihnen bei Ihrer Budgetrede genau zugehört. Sie haben etwas gesagt, nach dem ich mich seit wirklich fast drei Jahren sehne: dass irgendjemand in dieser Bundesregierung einmal versteht, dass: Whatever it takes!, eben nicht bedeutet: Koste es, was es wolle! Koste es, was es wolle: Das haben Sie in den


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letzten Jahren gemacht, heute sagen Sie zumindest, dass Sie verstehen, dass: Whatever it takes! – was auch immer nötig ist –, etwas anderes ist. Das Problem ist nur, Sie setzen fort mit: Koste es, was es wolle!, und beginnen gleich heute wieder damit, mit diesem Antiteuerungspaket. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinacker: Nein, nein, nein! – Abg. Haubner: Nicht aufgepasst, Frau Kollegin!)

Die Teuerung ist enorm, die Inflation, wir haben es ja schon gehört, steigt ins Unermessliche, die höchste Rate seit 1952; eine (englisch aussprechend) Putinflation, wie ich sie auch gerne bezeichne, hauptgetrieben jetzt dadurch, dass Putin die Energiepreise in die Höhe treibt und eben einen Energiekrieg auch und gerade mit Europa führt.

Ich habe Ihnen auch genau zugehört, als Sie gesagt haben, dass Sie die Abhän­gigkeit von fossilen Brennstoffen und von russischem Gas reduzieren wollen. Das finde ich gut und wichtig und richtig. Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal betonen: Die Tatsache, dass Österreich in so einem Ausmaß von russischem Gas abhängig ist, ist nicht gottgegeben oder vom Himmel gefallen. Das ist eine bewusste Entscheidung von Politikern von der ÖVP, von der SPÖ und von der FPÖ gewesen, die das genau so wollten – die Abhängigkeit von russischem Gas. (Beifall bei den NEOS.) Sie können auch nachlesen, wie wir auch aus geopolitischen Überlegungen vor Nord Stream 2 beispielsweise gewarnt haben.

Sie haben uns jetzt jahrelang, seit Beginn der Pandemie, mit diesem: Koste es, was es wolle!, de facto eine Vollkaskomentalität präsentiert. Dabei wäre es wesentlich wichtiger, gerade auch bei diesen Teuerungen jetzt sehr zielgerichtet zu unterstützen. Was heißt das, ärmere Haushalte zielgerichtet zu unterstüt­zen? – Wenn man sozusagen die gesamten Antiteuerungspakete heranzieht, ohne die Pensionserhöhungen, so sind das in etwa 12 Milliarden Euro, 9 Milliarden Euro im engeren Sinn heuer, und wenn man sich dann anschaut, was genau für ärmere Haushalte als sozusagen direkte Unterstützungsleistung vorgesehen ist – ich weiß schon, dass ärmere Haushalte auch von anderen Leistungen profitieren,


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aber wenn man sagt, das ist das Zielgerichtete –, dann sind das halt nur 400 Mil­lionen Euro. Das heißt, knapp 3 Prozent von diesen 12 Milliarden Euro sind ganz zielgerichtet für ärmere Haushalte, der Rest ist Gießkanne.

Sie hätten da ruhig mutiger und zielgerichteter sein und sagen können: Okay, ärmere Haushalte sind bis in höhere Dezile hinauf direkt zu unterstützen! – aber ansonsten bitte das machen, was wir NEOS fordern, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass sich die Menschen aus eigener Arbeitsleistung auch höhere Preise leisten können. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt noch einmal zur Gießkanne, weil auch dieser Klimabonus, Antiteuerungs­bonus angesprochen worden ist: Ich meine, das ist Gießkanne pur. Sie haben gesagt: Ja, es kann passieren, dass das nicht ganz treffsicher ist, aber besser, wir schießen übers Ziel hinaus! – Wissen Sie, was ich wirklich unerträglich finde? – Dass eine Bundesregierung eine Maßnahme setzt, die Gießkanne ist, sodass jeder 500 Euro bekommt, egal ob das sozusagen ein Mensch ist, der gerade einmal 1 000 Euro im Monat verdient, oder ein Nationalratsabgeordneter oder ein Bundeskanzler – es kommt Ihnen nicht in den Sinn, dass es in dieser Zeit vielleicht wirklich einfach nicht zielführend ist, das so mit der Gießkanne zu machen –, und dann setzen sich, ich glaube, der Bundeskanzler und der Vizekanzler vor einen Fotografen und spenden medienwirksam den Klimabonus an die Caritas. Also wirklich, verzeihen Sie: dass man da nicht zynisch wird?! Sie machen selber eine Maßnahme, die so Gießkanne ist, dass der Bundeskanzler genauso einen Klimabonus und Antiteuerungsbonus bekommt wie ein Min­dest­pensionist, und dann sagen Sie aber großzügig: Wir spenden das! – Ich finde das wirklich lächerlich, das ist keine ernsthafte Politik! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Gödl: An wen haben Sie gespendet?)

Unser Ansatz ist, ärmere Haushalte direkt zu unterstützen, höher direkt zu unterstützen, und dass die Menschen in Österreich, die arbeiten gehen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mit ihrem Einkommen besser auskommen. Das ginge durch eine echte Entlastung, eine Senkung der Lohn­neben­kosten. Wir sind jetzt in der Zeit der Tarifverhandlungen, jetzt geht es um


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die Frage, wie Löhne und Gehälter steigen werden. Und ich verstehe viele Betriebe und Unternehmen, die angesichts einer wirtschaftlich schlechten Lage, auch höherer Energiepreise für die Betriebe, einer drohenden Stagflation, vielleicht sogar einer technischen Rezession sagen: Bitte, wir können diesen Forderungen von der Arbeitnehmerseite, die da ja bis 10 Prozent gehen – was aber nachvollziehbar ist, wenn die Inflation 10 Prozent ist –, nicht einfach so nachgeben!

Warum nutzt der Staat nicht den Spielraum und entlastet über Lohnnebenkosten die Betriebe mit dem klaren Signal, dann aber auch eine ordentliche Erhöhung der Löhne und Gehälter zu erwarten? Das würde bedeuten, besser mit dem Einkommen auszukommen, und das wäre jetzt eine sehr zielgerichtete Unter­stützung, die wir NEOS an Ihrer Stelle umgesetzt hätten. (Abg. Gödl: Wir senken ja die Tarifstufen!)

Jetzt komme ich zur kalten Progression. Also ich stehe überhaupt nicht an, zu sagen, dass wir es gut finden, dass sie abgeschafft wird – sie wird aber aus Sicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht zu 100 Prozent abgeschafft! Das ist tatsächlich eine jahrelange Forderung von uns.

Das ist auch ein bissl der Trick in Ihrer Budgetrede heute gewesen: Sie sprechen von Entlastung, dabei ist die Abschaffung der kalten Progression nichts anderes als der Verzicht, der teilweise Verzicht auf eine zusätzliche Belastung. Streuen Sie doch den Menschen nicht Sand in die Augen! Es gibt keine einzige wirkliche Entlastung in diesem Budget. (Die Abgeordneten Pfurtscheller und Steinacker: Geh bitte!) Diese kalte Progression (Abg. Steinacker: Also, Beate, das gibt’s ja nicht!) ist ein teilweiser Verzicht auf höhere Steuereinnahmen. Wir haben uns das ganz genau angeschaut: Die Steuereinnahmen steigen weiter. Das heißt, die Effekte der kalten Progression sind geringer als die zusätzlichen Steuereinnahmen. Das bedeutet nichts anderes, als dass weitere Belastungen kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Zu 100 Prozent ist das abgeschafft – vielleicht aus Sicht des Staates, aber nicht aus Sicht der Bürger! Wir haben es ja gerade gehört. Das ist jetzt offensichtlich


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die neue Umverteilungspolitik der ÖVP. Für den Steuerzahler bedeutet das: Sie ziehen ihm 100 Euro mehr aus der Tasche, Sie geben ihm aber automatisch nur 66,6 periodisch, 67 Euro zurück, und den Rest behalten Sie sich vor, jemand anderem zu geben (Abg. Kassegger: Den Bauern werden aber nicht 100 weggenom­men, die sind alle pauschaliert!) – vielleicht einem Bauern; die ÖVP würde das am liebsten machen, das ist halt auch der Klientelismus, den wir hier sehen. (Beifall bei den NEOS.)

Sehen Sie, das ist auch die Sache mit dem Schulterschluss, den Sie einmahnen. Natürlich finden wir es gut, dass die kalte Progression abgeschafft wird, aber in einer Zeit, in der Sie sich hinstellen und eine Politik mit der Gießkanne machen, wie ein gütiger Feudalherr den Menschen zwar das Geld aus der Tasche ziehen, aber dann Boni und Gutscheine verteilen mit dem Gedanken, dass alle doch bitte hübsch dankbar sein sollen, dass sie jetzt ihre 500 Euro bekommen, wäre es nur recht und billig, diese kalte Progression heuer schon abzuschaffen, rückwirkend mit dem 1.1.2022 und zu 100 Prozent und nicht zu zwei Drittel! Das hätten wir NEOS gemacht, das ist ehrliche Entlastungpolitik. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe bei dieser Budgetvorlage – wenn ich vielleicht ein bisschen darauf eingehen darf, morgen werden wir im Detail darüber diskutieren – ein bisschen den Eindruck, dass da doch sehr viel Zukunftsvergessenheit drinnen ist, und ich will Ihnen auch sagen, warum.

Die hohe Staatsquote bleibt gleich, daran ändert sich gar nichts. Die hohe Lohn- und Abgabenbelastung in Österreich bleibt gleich; wie gesagt, auch die Abschaffung der kalten Progression – teilweise Abschaffung – ändert daran überhaupt nichts.

Wir wissen – das hat auch das NEOS Lab vor Kurzem auf den Tisch gelegt –, dass wir beim Ausbau von erneuerbaren Energien stagnieren. Es wird investiert, aber es wird im Vergleich zu den Konsumausgaben zu wenig investiert. Also der Zukunftsteil des Budgets ist weitaus zu gering. Gleichzeitig hat Österreich es unter einer grünen Energieministerin auch geschafft, dass die CO2-Ausstöße weiter angestiegen sind.


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Es fehlt weiterhin eine flächendeckende Kinderbetreuung (Abg. Steinacker: Kompetenzverteilung?! Zuständigkeiten vielleicht auch einmal anschauen!), in einer Zeit, in der gerade Frauen sagen: Ich muss jetzt auch etwas zum Haushaltsein­kommen beitragen!

Wir wissen, dass Bildung der Schlüssel für Innovation und zukünftigen Wohl­stand ist. Das fehlt mir komplett in diesem Budget, und das ist einfach nur schändlich. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinacker: ... Ordnungsruf! So geht es nicht!)

Vielleicht noch eine Zahl (Abg. Steinacker: Schändlich?! Einfach so?), weil gesagt wurde, diese kalte Progression kostet 18 Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre: Sie haben in diesem Budgetentwurf angenommen, dass das durchschnitt­liche Pensionsantrittsalter – ich glaube, Sie nehmen das an – bis 62 Jahre steigen wird. Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich das jetzt nicht richtig in Erinnerung habe! Wir sind derzeit bei knapp 60, dann vielleicht bei 62, das gesetzliche Pensionsantrittsalter liegt bei 65 Jahren. Wenn wir uns mit Ländern wie der Schweiz oder Schweden vergleichen, in denen das durchschnittliche Pensions­antrittsalter schon bei 66 Jahren liegt, dann muss man sagen, dass diese vier Jahre allein pro Jahr, Herr Finanzminister – pro Jahr! –, 12 bis 16 Milliarden Euro brächten.

Da sehen Sie einmal, welche Volumina ein wirklich mutiges Budget, bei dem man endlich Strukturreformen angehen würde, zusammenbrächte, die Sie dann wirklich den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zurückgeben könnten. Das wäre unsere NEOS-Politik. (Beifall bei den NEOS.)

Dieses Budget ist aber nicht zukunftsorientiert. Ich habe den Eindruck, die ÖVP sagt sich: Na ja, diese Legislaturperiode machen wir noch, in der nächsten Periode gehört das Finanzministerium eh nimmer uns, da fliegen wir aus der Regierung! (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau! ... 10 Prozent!) Schieben wir die Probleme in die Zukunft, gehen wir nicht die Lösung von Strukturproblemen an, gehen wir keine Reformen an! Überlassen wir unseren Kindern einen Schuldenrucksack, und erwürgen soll sich die nächste Regierung! Jetzt müssen wir Geld verteilen,


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damit wir von den schlechten Umfragewerten wegkommen! – Und das ist wirk­lich auch zukunftsvergessen. (Beifall bei den NEOS.)

12.20


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.20.49

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die hohe Inflation wurde angesprochen, und es ist natürlich unsere Aufgabe als Politiker, die negativen Auswirkungen dieser hohen Inflation auf die Menschen und auf den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt bestmöglich abzufedern.

In einem gebe ich Ihnen (in Richtung Abg. Meinl-Reisinger) vollkommen recht: Ja, es ist ein Verzicht auf eine Belastung. Worin ich Ihnen aber nicht recht gebe, das sind die 100 Prozent. (Abg. Meinl-Reisinger: Aus Sicht des Steuerzahlers nicht!) Es wird natürlich zu 100 Prozent abgeschafft (Abg. Meinl-Reisinger: Die kriegen ...!), zu zwei Dritteln automatisch, ja, und ein Drittel kriegen auch die Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler zurück. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht der Einzelne!) Also es wird selbstverständlich zu 100 Prozent abgeschafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Vielleicht auch noch ein paar Sätze zu den Unterstützungsmaßnahmen ins­gesamt: Wir waren im Jänner und im März, Herr Kollege Krainer, die Ersten in Europa, die solche Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht haben – im Jänner und im März –, und zwar waren wir sowohl, was das Volumen, als auch, was die Geschwindigkeit und die Umsetzung, auch die parlamentarische Umsetzung, also die Beschlussfassungen betrifft, in Europa ganz vorne dabei; das ist auch nachlesbar, selbstverständlich. Also: Volumen, Geschwindigkeit, Jänner, März, das kann man nachlesen, und da waren wir in Europa ganz vorne mit dabei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.  Abg. Krainer: Leider falsch!)


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Das waren die ersten zwei Entlastungspakete, 4,4 Milliarden Euro, im Jänner und im März, und jetzt kommt ein weiteres, ein drittes, ein großes dazu, mit 28 Mil­liarden Euro Entlastung, in dem es kurzfristige Maßnahmen gibt, ja, die über den Sommer schon spürbar geworden sind, dann in die Breite gehend im Herbst und eben vor allem auch – und darüber reden wir jetzt bei diesem Tagesordnungs­punkt – die langfristigen, die strukturellen Entlastungsmaßnahmen, die wir hier auf den Weg bringen.

Ja, heute ist es so weit: Wir haben es endlich geschafft. Es wurde von vielen angekündigt – nicht so oft versucht –, wir schaffen es jetzt. Wir setzen das um: Die kalte Progression wird heute zu 100 Prozent abgeschafft! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist wichtig und gut so. Ich weiß, Sie haben das ja auch lange gefordert, und es ist schade, dass Sie heute nicht mitstimmen (Abg. Meinl-Reisinger: Wir stimmen eh in dritter Lesung zu, aber es ist halt nicht gut gemacht!) – umso besser, wun­derbar –, weil wir mit der Abschaffung der kalten Progression einen nachhaltigen Systemwechsel zugunsten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vollziehen, denn, wie Sie gesagt haben, genau diese schleichende Steuererhöhung, diese schleichende Belastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird abge­schafft.

Wir geben also den Menschen das Geld zurück, das ihnen die Inflation genom­men hat (Zwischenruf der Abg. Seidl – Abg. Meinl-Reisinger: Aber ein bisschen umverteilen noch!), und sind froh, dass wir diesen Schritt setzen können. Also nicht nur ein Teil, nein, 100 Prozent – alles! – gehen an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurück (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht an jeden!) – ja, doch, an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler –, zwei Drittel automatisch, ein Drittel (Abg. Meinl-Reisinger: Umverteilt! Hauptsache, der Staat tut wieder ein bisschen mit!), ja, im nächsten Jahr, aber auch an die Steuerzahler, an die ersten zwei Tarif­stufen, die jetzt überproportional auch davon profitieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein Blödsinn!) Das ist, glaube ich, fair.


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Herr ehemaliger Staatssekretär Fuchs, Sie haben gesagt, die Höhe der kalten Progression beziehungsweise die Höhe der Inflation: Wir haben da ganz bewusst einen Weg gewählt, der ein unabhängiger Weg ist. Wir haben Wifo und IHS beauftragt, einen Progressionsbericht abzugeben, damit da eben keine poli­ti­schen Ideen einfließen, sondern unabhängig vorgeschlagen wird, wie hoch die Inflation und dadurch die kalte Progression in dem Jahr ist, und daran halten wir uns. An diesen Wert, der von Wifo und IHS vorgeschlagen wird, halten wir uns auch, was das letzte Drittel – in diesem Fall 600 Millionen Euro – betrifft.

Was heißt das konkret? – Das heißt konkret, wenn die Tarifstufen an die Infla­tion angepasst werden – bisher ist es ab einem Einkommen von 11 000 Euro jährlich zu einer Besteuerung gekommen –, liegt diese Grenze dann bei 11 693 Euro; daran sieht man, wie der Einstiegsbetrag angehoben wird.

Aber nicht nur die Tarifstufen, auch die Absetzbeträge, wie etwa Alleinver­dienerabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, werden im nächsten Jahr um die volle Inflationshöhe angehoben. Dadurch werden insbesondere jene entlastet, die das Geld besonders notwendig brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Allein im kommenden Jahr entlasten wir mit dieser Maßnahme alle Österreiche­rinnen und Österreicher um 1,85 Milliarden Euro, und bis 2026 sind es rund 20 Milliarden Euro.

Ganz wichtig ist, glaube ich, auch der volkswirtschaftliche Effekt. Natürlich zählt auch der positive Effekt für jeden Einzelnen, aber auch volkswirtschaftlich gesehen bedeutet natürlich jeder ersparte Euro ein Mehr an Kaufkraft. Die Wirt­schaftsforscher von Eco Austria gehen davon aus, dass durch die Abschaffung der kalten Progression die Wirtschaft zusätzlich um 1 Prozent wachsen wird, und es werden – in Arbeitsplätzen gerechnet – allein durch diese Maßnahme 36 000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Insgesamt ist das, glaube ich, schon auch ein Akt der Fairness, so ehrlich muss man sein, gerade in Zeiten einer hohen Inflation. Es bleibt dadurch den Men­schen, die arbeiten, mehr Netto vom Brutto, und somit ist nicht mehr der Staat


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der große Profiteur der Inflation, sondern die Menschen sind die Profiteure der Inflation. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Was man dabei auch nicht vergessen darf, ist das Zusammenwirken der Abschaf­fung der kalten Progression mit den jüngsten Steuerreformen, also zuletzt mit der ökosozialen Steuerreform. Während auf der einen Seite künftig die Tarifstufen mit der Inflation steigen, sinken auf der anderen Seite die Steuer­sätze. Im heurigen Jahr wurde ja die zweite Tarifstufe von 35 auf 30 Prozent gesenkt, und im kommenden Jahr wird die dritte Tarifstufe von 42 auf 40 Pro­zent gesenkt.

Ich bin auch dem Budgetdienst sehr dankbar – ich sehe Herrn Dr. Berger hier im Saal; danke, Herr Dr. Berger –, dass er in seiner Analyse zur Verteilungswirkung die Abschaffung der kalten Progression und die Valorisierung der Sozialleistun­gen als Einheit betrachtet.

Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger und intelligenter Zugang, und da zeigt sich, dass Haushalte mit weniger Einkommen relativ am stärksten entlastet werden. In dieser Phase mit extrem hohen Teuerungen entlasten wir eben alle Menschen, ja, aber wir entlasten insbesondere jene, die es in dieser schwierigen Zeit am meisten brauchen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


12.28.11

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und auch vor den Empfangsgeräten zu Hause! Frau Meinl-Reisinger, ich kenne Sie eigentlich als engagierte Kämpferin für Ihre Überzeugungen (Abg. Meinl-Reisinger: Und jetzt kommt eine Vorlesung! Jetzt kriege ich eine Vorlesung!), aber eigentlich auch als Maklerin redlicher Analysen und Ansichten.


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Das, was Sie jetzt gerade zur Entlastungswirkung gesagt haben (Abg. Meinl-Reisinger: Ja schauen Sie doch in Ihr eigenes Budget, in das Budget!), nämlich die Gesamteinnahmenentwicklung der Lohnsteuer bei einer Rekordbeschäftigung, die ständig gestiegen ist, zu vergleichen und zu negieren beziehungsweise zu sagen, dass die Abschaffung der kalten Progression und die jetzt auch schon wirksam gewordenen Senkungen der ersten und zweiten Steuertarifstufen keine individuelle Steuersenkung beim Einzelnen seien, ist unredlich. Das ist unredlich! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Wo ist die Abschaffung der kalten Progression?)

Die zwei Dinge - - (Abg. Meinl-Reisinger: Eine Steuersenkung?!) – Die Senkung des Tarifs der ersten und der zweiten Steuerstufe (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, okay, aber insgesamt sinkt das - -!) und jetzt auch der dritten ist eine individuelle Senkung, und das andere, da haben Sie recht, ist tatsächlich eine Vermeidung einer weite­ren Erhöhung. (Abg. Meinl-Reisinger: Na ja, sehen Sie!) Unter dem Strich ist es eine Senkung. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Leider nein! – Abg. Loacker: 1 Milliarde!) – Mathematik: Eins und eins ist immer noch zwei.

Meine Damen und Herren, aber die Abschaffung der kalten Progression ist und bleibt ein historischer Schritt. Sie haben es selber gesagt, auch die anderen Fraktionen haben das immer wieder betont, dass Sie das in der Vergangenheit immer wieder gefordert haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Also gut! – Abg. Loacker: ... mit sich selber zu tun!) Jetzt, wenn man es macht, sind die Antworten darauf sehr, sehr unterschiedlich – von Ablehnung bis zu einer differenzierten teilweisen Zustimmung. (Abg. Meinl-Reisinger: Seien Sie doch nicht so wehleidig! Man kann ja inhaltlich diskutieren!) Das ist schon höchst interessant.

Letzten Endes: Sie haben davon gesprochen, man solle, statt Geld zu verteilen, den Menschen mehr Netto vom Brutto verschaffen. Genau das tun wir! (Ruf bei den NEOS: Ja, genau! – Abg. Meinl-Reisinger: ... mehr Netto vom Brutto!) Wir tun beides, weil für die Menschen, die sich gewisse Dinge – Energie und so weiter – nicht mehr leisten können, kurzfristig Hilfe notwendig ist – da hilft es nichts, wenn dann Steuern vielleicht in der Zukunft irgendwann einmal sinken, sondern


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da geht es darum, jetzt akut zu helfen –, ihnen aber auch mittel- und langfristig strukturell geholfen werden muss, damit sie sich selber helfen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber das tun Sie nicht! – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Zu Kollegen Krainer: Österreich ist dank einer leistungsbereiten Bevölkerung und einer sehr innovativen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft eine der leis­tungsfähigsten Volkswirtschaften dieses Kontinents, eines der reichsten Länder Europas und ein Land mit einem enorm hohen Maß an sozialer Sicherheit und sozialem Frieden.

Wenn ich an deine (in Richtung Abg. Krainer) polemische Rede denke, wäre ich ja fast geneigt, mit derselben Polemik zu sagen: trotz der SPÖ! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das würde aber der historischen Entwicklung nicht gerecht werden (Abg. Lercher: Ja eben!), darum sage ich es auch nicht, weil sich auch die SPÖ in der Vergangenheit um dieses Land verdient gemacht hat.

Fakt ist, wir leben in dieser Situation in diesem Land, aber Fakt ist auch, dass dieser hohe Standard, den wir haben, diese tolle Situation, in der wir uns befinden, im Moment schon durch die Covid-Krise und jetzt durch diese Energiepreiskrise enorm gefährdet sind. Das verlangt enorme politische Anstrengungen, das verlangt enorme wirtschaftliche Anstrengungen, und es verlangt auch enorme persönliche Anstrengungen von uns allen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, wie der Herr Finanzminister vorhin in seiner Budgetrede gesagt hat: Entscheidend ist in Krisensituationen, wie man mit den Herausforderungen umgeht. Dass man es tun muss, ist ja wohl keine Frage. Man kann sich die Covid-Situation noch einmal vor Augen führen und sich ins Gedächtnis rufen, dass gesundheitspolitische Maßnahmen, die notwendig waren, rasch getroffen wurden – mehr als in anderen Ländern, darüber kann man diskutieren, ich glaube aber, dass es in Sorge um die Gesundheit der Menschen erfolgt ist und richtig und notwendig war. Es hatte aber natürlich entsprechende wirtschaftliche Auswirkungen, also war in der Konsequenz eine großzügige


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Entschädigung jener Betriebe, die man letzten Endes am wirtschaftlichen Tun gehindert hat, angesagt und nicht mehr als fair, recht und billig. Das haben wir gemacht.

Dasselbe gilt jetzt in dieser Energiesituation, die ist zwar nicht durch Maßnah­men unsererseits entstanden, sondern sie entsteht aus einem Wirtschaftskrieg, den Russland, den Putin mit uns in Europa führt. Das ist die Ursache dafür. Das Ergebnis sind aber letzten Endes steigende Energiepreise durch die Gasver­knappung, die dieser Herr mutwillig und absichtlich herbeiführt, mit den gewollten Konsequenzen in unserer Region. (Abg. Erasim: Eine billige Ausrede! ... CO2-Steuer hat auch der Putin eingeführt?)

Da es uns leider auf europäischer Ebene nicht gelingt, eine Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis zustande zu bringen – und da wirken viele aus allen Fraktionen da draußen mit, dass da keine Lösung zustande kommt –, und es auch nicht gelingt, die zweitbeste Lösung zustande zu bringen, nämlich wenigstens den Gaspreis zu stützen – für die Gaskraftwerke, also für die Strom­produktion über die Gaskraftwerke – und damit eine dämpfende Wirkung zu erzielen – auch dafür kriegen wir im Augenblick keine ausreichende Zustim­mung –, bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als wieder Geld in die Hand zu nehmen – wenn wir die Menschen und die Betriebe nicht alleinlassen wollen –, um die Menschen angesichts dieser exorbitanten Preise und damit Kosten­belastungen, die sie weder in den privaten Haushalten noch in den Betrieben stemmen können, zu unterstützen.

Bevor wir eine Deindustrialisierung unseres Landes und unseres Kontinents und einen Wohlstandsverlust, um nicht zu sagen eine Verarmung in manchen Bereichen zulassen, werden wir auch jetzt wieder ausreichend Geld in die Hand nehmen, nicht „Koste es, was es wolle“, aber ausreichend Geld in die Hand nehmen, um den Menschen zu helfen, die Menschen vor diesem Schicksal, das uns sonst droht, zu bewahren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.35



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte. (Abg. Ottenschläger: Das war eine gute Rede, Karlheinz! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das wird jetzt schwierig!)


12.35.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Finanzen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja vielleicht kein Zufall, dass die Überschrift lautet: „Aus“ – für die – „Verant­wortung für Morgen“, „Sicher“ – mit kaum bewältigbaren Schulden – „in die Zukunft“.

Da haben Sie genau den richtigen Titel gewählt, denn so findet es statt. Meine Vorredner haben schon auf ein paar Punkte hingewiesen. Ich möchte nur hervorheben: Kollege Krainer hat Ihnen vorgehalten, dass Sie mit 46,5 Milliarden Euro Covid-Kosten die höchsten Ausgaben verursacht haben und an viertletzter Stelle liegen (Abg. Hanger: 4,8 Prozent! – weiterer Ruf bei der ÖVP: So ein Blödsinn!), was das Wirtschaftswachstum betrifft. Das ist ja wie ein Fußball­ver­ein, der die teuersten Spieler einkauft und in die dritte Liga absteigt. Da geht man doch nicht Werben hierher, sondern sagt: Tut leid, Leute, wir haben es nicht gekonnt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber vielleicht liegt es daran, dass es mit dem Wording und den Rechenübungen auch nicht so gut funktioniert. (Abg. Michael Hammer: Wo werden eure Reden geschrieben? Das ist ja alles erfunden!)

Bleiben wir gleich bei dieser Budgetrede! Der Herr Finanzminister, Sie können selber nachschauen, weist uns auf Seite 9 darauf hin, dass die Inflation mitt­lerweile 10,5 Prozent beträgt. Gleichzeitig stellt er sich zu uns hierher und streut ja nicht nur Sand in die Augen aller, die zuhören, sondern auch sich selber und sagt, super, bei der Mobilität – um nur ein Beispiel zu bringen – haben wir ein Plus, nämlich 6,6 Prozent.

Selbst die einfachst denkenden Menschen werden Ihnen sagen: Wenn die Inflation 10,5 Prozent beträgt, bedeutet 6,6 Prozent eine Kürzung. (Bun­des­minis­ter Brunner – die Hände vor dem Gesicht faltend –: Bitte!) Und weil Sie es nicht


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verstehen, kürzen Sie die Pensionen – da passiert ja genau das Gleiche. Dann kommt Kollege Schwarz und bringt uns rot-grüne Balken zur historischen Darstellung. Sie sollten sich lieber anschauen, wie das heute ausschaut! Das Momentum-Institut hat ja die Entlastung festgestellt. (Abg. Michael Hammer: Das sozialistische Momentum-Institut! – Abg. Hanger: Sogar die haben geschrieben, dass ...! –Abg. Michael Hammer: Sozialistische Fakenews-Partie!)

Ja, ja, ja, jetzt sind wir schon auf der Trump-Ebene: Alternative Fakten aus der ÖVP. (Ruf bei der ÖVP: Ja, ja! – Abg. Haubner: Da ist mir der Budgetdienst lieber!) Das ärmste Fünftel der Bevölkerung bekommt 80 Euro aus dieser Superreform, das reichste Fünftel 436 Euro (Ruf bei der SPÖ: Skandal!), und das Ganze, weil Sie das bis 1 Million Euro eingesetzt haben. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Herr Kollege Schwarz, sich dann hierherzustellen und die soziale Ausgewogen­heit zu loben ist ja geradezu eine Verhöhnung der Menschen (Beifall bei der SPÖ), denn die Sozialleistungen – das ist die gleiche Berechnung, nämlich die Valorisie­rung – bringen dem unteren Fünftel 86 Euro, aber dem reichsten Fünftel 33 Euro. Das ist kein Ausgleich, Herr Kollege Schwarz, sondern das ist in Wahr­heit eine Verhöhnung des unteren Einkommensdrittels. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grunde bringe ich einen Abänderungsantrag zu dieser kalten Progression ein. Ich möchte ihn in den Grundzügen erläutern, Frau Präsidentin. Der wichtigste Punkt ist: Für die, die wirkliche Probleme dabei haben, morgen Lebensmittel einzukaufen, die Miete zu zahlen und die Energierechnung zu begleichen – sprich bei den ersten beiden Tarifstufen –, gehört eine volle Anpassung der kalten Progression gemacht. (Abg. Schwarz: Überproportionale Anpassung!) Es gehört auch ein Progressionsbericht gemacht, der wirklich detailliert darstellt, welche Einkommenssituation insbesondere Mann und Frau vorfinden, denn Sie geben ja auch den Männern am meisten aus der kalten Progression, das sei auch ins Stammbuch der Grünen geschrieben. Und es muss die Verteilung des Drittels, das noch zur Verfügung steht, explizit nach sozial­politischen, armutsvermeidenden Gesichtspunkten erfolgen und nicht, wie Sie es hier machen, in die eigene Tasche.


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Die Abgeordneten und die Regierungsmitglieder mit ihren Bezügen sind nämlich die größten Profiteure von denen, die ich vorgelesen habe. Es sind nicht jene Personen, die einen Durchschnittsbezug haben. Hören Sie auf, immer die eigene Brieftasche und die eigenen Freunde zu bedienen! (Rufe bei der ÖVP: Geh bitte, Christoph! Geh bitte! – Abg. Haubner: Die Geschichte glaubt dir niemand mehr!) Die ÖVP macht das immer! (Beifall bei der SPÖ.)

Die 46 Milliarden Euro – soll ich jetzt vorlesen? Wir haben hier ein Who’s who der Freunde des Sebastian Kurz (Abg. Haubner: Die Geschichte glaubt dir keiner mehr! – Abg. Hanger: Also so peinlich!) gehabt. (Abg. Zarits: Er hat wenigstens Freunde im Gegensatz zu dir!) Wer hat denn alles bekommen? Wie viel haben die Möbelketten bekommen? (Abg. Schwarz: Das war einmal eine staatstragende Partei!) Wie viel hat Benko bekommen? Wie schaut es mit Martin Ho aus? Wie hoch waren die Forderungen? (Abg. Schwarz: Das ist so peinlich!) – Nein, ich höre Sie nicht! (Abg. Michael Hammer: Das ist peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es ist Ihnen selbst peinlich, und die Kleinunternehmen warten heute noch auf die Auszahlungen – heute noch! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist unglaublich! So peinlich!) So ist die ÖVP, und ihr unterstützt sie noch. (Abg. Hanger: Geh bitte! – Abg. Haubner: So primitiv! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Primitiv ist das!) Shame on you, grüne Freunde! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ein Ordnungsruf wegen Primitivheit! – Abg. Hanger: Geh bitte! Krainer/Matznetter, das finanzpolitische Traumduo!)

12.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das


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Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II) (1702 d.B.

(Top 2)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts 1702 d.B. wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. In Z 5 lautet die lit. a:

„a) In Abs. 1 wird der Betrag „11 000“ jeweils durch den Betrag „11 693“, der Betrag „18 000“ jeweils durch den Betrag „19 134“ ersetzt und die Wortfolge „in den Kalenderjahren 2016 bis 2025“ entfällt.“

2. In Z 5 lautet die lit. b:

„b) Nach Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die für die Anwendung der Steuersätze von 20% und 30% festgesetzten Grenzbeträge sowie die für die Anwendung des Abs. 4, des Abs. 5, des Abs. 6 und des Abs. 8 festgesetzten Beträge unterliegen einer Inflationsanpassung nach Maßgabe des § 33a. Gleiches gilt für die in § 1 Abs. 4, § 34 Abs. 4 zweiter Teilstrich, § 35 Abs. 1 dritter Teilstrich, § 42 Abs. 1 Z 3, § 99 Abs. 2 Z 2 und § 102 Abs. 3 festgesetzten Beträge sowie die Einkunftsgrenzen des § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b.““

3. Z 6 lautet:

„6. Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Inflationsanpassung

§ 33a. (1) Die steuerliche Mehrbelastung durch die kalte Progression (Abs. 2) ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen abzugelten.

(2) Als kalte Progression ist das inflationsbedingte Mehraufkommen an Einkommen­steuer zu verstehen, das sich für das jeweilige Folgejahr als Differenz aus dem Steueraufkommen auf Grundlage von noch nicht inflationsangepassten Beträgen und


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dem Steueraufkommen bei einer Inflationsanpassung unter Zugrundelegung einer gemäß Abs. 3 ermittelten positiven Inflationsrate ergibt.

(3) Für die Ermittlung der Inflationsrate ist das arithmetische Mittel der für die Monate Juli des vorangegangenen Jahres bis Mai des laufenden Jahres sowie des vorläufigen Wertes für Juni des laufenden Jahres der von der Bundesanstalt Statistik Österreich veröffentlichten Jahresinflationsraten des Verbraucherpreisindexes heranzuziehen. Das arithmetische Mittel ist auf das Zehntel eines Prozentpunktes zu runden.

(4) Für jedes Kalenderjahr erfolgt eine Anpassung der Beträge gemäß § 33 Abs. 1a im Ausmaß der positiven Inflationsrate (Abs. 3). Die so ermittelten Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Der Bundesminister für Finanzen hat die für das Folgejahr angepassten Beträge jeweils bis zum 31. August des laufenden Kalenderjahres im Wege einer Verordnung kundzumachen.

(5) Zur Abgeltung der noch nicht gemäß Abs. 4 berücksichtigten Inflationswirkungen hat die Bundesregierung bis 15. September jeden Jahres, nach Konsultation der Bundesarbeiterkammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Wirt­schaftskammer, einen Ministerratsbeschluss zu fassen, der im Umfang des noch nicht erfassten Volumens der kalten Progression Entlastungsmaßnahmen nach sozial­politischen und Armut vermeidenden Gesichtspunkten zum Gegenstand hat. Grund­lage dafür bildet ein bis 31. Juli vorzulegender Progressionsbericht (Abs. 6), der auch dem Nationalrat vorzulegen ist. Die zuständigen Bundesminister haben Gesetzesvor­schläge für die Entlastungsmaßnahmen auszuarbeiten, die eine Wirksamkeit mit 1. Jänner des folgenden Kalenderjahres vorsehen.

(6) Für den Progressionsbericht gilt:

     1. Für das jeweilige Folgejahr sind darzustellen:

     a) Die Höhe der Inflationsrate gemäß Abs. 3,

     b) das prognostizierte Einkommensteueraufkommen auf Grundlage noch nicht inflationsangepassten Beträgen,


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     c) das prognostizierte Einkommensteueraufkommen bei einer Inflationsanpassung unter Zugrundelegung einer positiven Inflationsrate gemäß Abs. 3 sowie

     d) das prognostizierte Einkommensteueraufkommen unter Berücksichtigung der Inflationsanpassung gemäß Abs. 4.

Für das prognostizierte Einkommensteueraufkommen ist die für das Folgejahr maßgebende Rechtslage heranzuziehen.

     2. Der Ermittlung des prognostizierten Einkommensteueraufkommens gemäß Z 1 lit. b bis d ist eine wissenschaftlich fundierte geschätzte und simulierte Verteilung von Einkommen und relevanter sozioökonomischer Charakteristika zu Grunde zu legen. Dabei sind die Auswirkungen der kalten Progression auf die unterschiedlichen Einkommensgruppen, Geschlechter und Berufsgruppen durch eine umfassende Verteilungsanalyse darzustellen.

     3. Der Bundesminister für Finanzen hat zwei wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute mit der Erstellung des Progressionsberichtes zu betrauen und in einer Verordnung nähere Regelungen für die Erstellung des Berichtes sowie eine durchzuführende Evaluierung vorzusehen.““

4. In Z 11 lautet die neue Ziffer 413 in § 124b:

„413. § 33 Abs. 1a und § 33a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 sind erstmalig anzuwenden, wenn:

- die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023,

- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben wird, für Lohnzahlungs­zeiträume, die nach dem 31. Dezember 2022 enden,

wobei der erste Progressionsbericht bis 31. Oktober 2022 und der Ministerrats­beschluss der Bundesregierung bis 15. November 2022 (§ 33a Abs. 5) zu erfolgen hat.“ 


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Begründung

Das im Wege der Regierungsvorlage aufgesetzte System der Abgeltung der kalten Progression im Einkommensteuerrecht hat vor allem sozial- und verteilungspolitische Schwächen. Die vorgeschlagene Abgeltung der kalten Progression verläuft praktisch über den gesamten Tarif (bis zu Einkommen von 1 Mio. €), bevorzugt daher Höher- und Spitzenverdiener massiv. Weiters wird in der Automatik zuerst nur 2/3 des Volumens der Abgeltung der kalten Progression über den Tarif verteilt, nur durch die politische Entscheidung zur Verteilung des verbleibenden Drittels, erhalten die kleinen und mittleren Einkommen für das kommende Jahr eine vollständige Abgeltung.

Durch den Abänderungsantrag werden folgende Änderungen vorgenommen

a)          die kalte Progression der ersten beiden Tarifstufen wird automatisch zur Gänze abgegolten werden. Hohe Einkommen und Spitzenverdiener profitieren durch das stufentarifmäßige Einkommensbesteuerungssystem auch von einer Senkung der ersten beiden Tarifstufen. Für die soziale Symmetrie und den einkommensgerechten und verteilungspolitischen Ausgleich, sind regelmäßig zusätzliche Maßnahmen für die unteren Einkommensbereiche notwendig. Zudem entfällt die Befristung für den Spitzensteuersatz, dieser verbleibt bei 55% und wird nicht auf 50% abgesenkt (ab 2026).

b)          Der Progressionsbericht, der Grundlage für die Verteilung des letzten Drittels des Volumens der aufgelaufenen kalten Progression ist, wird inhaltlich um eine detaillierte Verteilungsanalyse ergänzt. Die Wirkung der kalten Progression soll bezüglich der Einkommenssituation von Frauen und Männern sowie hinsichtlich der unterschiedlichen Berufsgruppen (Arbeiter und Angestellte, Selbständige, Pensionist*innen) dargestellt und ein Element der Entscheidungsgrundlage werden.

c)          Die Verteilung des letzten Drittels des Steuersenkungsvolumens soll explizit nach sozialpolitischen, insbesondere Armut vermeidenden, Gesichtspunkten erfolgen. Dazu können auch Maßnahmen außerhalb des Einkommensteuergesetzes gesetzt werden.

Im Rahmen einer eigenen Gesetzesvorlage braucht es zudem eine Valorisierung weiterer, teilweise jahrzehntelang nicht angepasster, Beträge im Steuerrecht, z.B. im


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Bereich der Werbungskosten, Pendlerpauschalien, Inlandsdiäten und Kilometergelder, Veranlagungsfreibeträge, außergewöhnliche Belastungen, Sonderzahlungen, Besteue­rung der Zuschläge und Sonderzahlungen etc.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und steht somit mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Voglauer, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.


12.41.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Kollege Matznetter, hier zu stehen, „Shame on you“ zu sagen und sich gegenseitig auszurichten, genauso wie die Kollegen von den NEOS und die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Ich glaube, genau das ist es, was wir in der heutigen Zeit überhaupt nicht brauchen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn ich draußen bei den Menschen bin und mit ihnen über Politik spreche, dann sagen mir die Menschen, egal welcher Couleur: Was derzeit im Parlament abläuft, ist der Würde des Hauses nicht würdig. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Damit haben sie vollkommen recht. Wissen Sie, warum? Und nicht deshalb, Herr Lercher, weil Sie jetzt da nicken! – Wir haben in dieser Zeit, in der sich so viele Menschen fragen, wie sie ihre monatlichen Belastungen zahlen können (Zwi­schenrufe bei der SPÖ), die Aufgabe, eine Schulterschlusspolitik zusammenzu­brin­gen. Das ist die Aufgabe von uns Abgeordneten hier in diesem Haus, und wir haben das sehr wohl geschafft. (Abg. Erasim: Sie führen das Land wie eine NGO! Sonst machen Sie gar nichts! Sie glauben, das ist ...! Eine Frechheit! Eine absolute Frechheit eure Politik!) Wir haben heute ein tolles Budget vorgestellt bekommen.

Mit einem möchte ich gleich einmal aufräumen: Die Kleinsten und Jüngsten, die bei uns ihre Bildungskarriere beginnen (Zwischenruf des Abg. Matznetter), haben aufgrund dieses Budgets eine zusätzliche Milliarde. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben es mit diesem Budget


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geschafft, wesentlich mehr Supportpersonal hineinzubringen. Da geht es ganz stark auch um die psychosoziale Hilfe. Wir haben weiterhin das 100-Schulen-Programm verankert und wir haben ein tolles Schulausbauprogramm. Das lassen wir uns ganz einfach nicht schlechtreden, und das können Sie auch Kollegin Meinl-Reisinger so ausrichten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Bevor die erste Reihe hysterische Anfälle bekommt, fahre ich mit der Land­wirt­schaft fort. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Matznetter: So viel zum Thema Würde! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bei der Landwirtschaft ist es ja sehr oft so, dass man in Österreich sehr geneigt ist, zu sagen: Wow, die Bäuerinnen und Bauern bekommen jetzt schon wieder etwas! – Ich bin selbst Bäuerin und habe die letzten 20 Jahre damit verbracht, meinen kleinen Bauernhof gemeinsam mit meiner Familie aufzubauen. Ich verstehe es, wenn Bäuerinnen und Bauern jetzt auch eine Entlastung brauchen.

Das sind Familien, die oft sieben Tage die Woche den ganzen Tag arbeiten. Da sind 14-Stunden-Tage gar keine Seltenheit, und der Lohn dafür ist ein durch­schnittliches Bruttoeinkommen pro Jahr von etwas mehr als 34 000 Euro. Davon sind noch Sozialleistungen zu zahlen. Ich würde sagen, das ist eines der nied­rigsten durchschnittlichen Einkommen, die wir in Österreich haben, und dessen sind wir uns auch in der Debatte in diesem Haus viel zu selten bewusst. (Abg. Silvan: Eure Landwirtschaftspolitik!)

Man pickt sich hier gewisse größere Betriebe heraus, vergisst aber, wie es dem Gros in der Landwirtschaft geht. (Abg. Erasim: Dem Gros vor allem, nicht? – Abg. Loacker: Der Bauernbund könnte nicht besser weinen da vorne! Es ist ja zum Genieren! Hat dir der Strasser die Rede geschrieben?) Insofern freut es mich, dass wir in diesem Entlastungspaket auch die Zusatzgrenze bei den Nebenerwerbs­betrieben aufheben und auch die Pauschalierungsgrenzen auf 600 000 Euro raufgesetzt haben. Warum uns das als Grüne nicht stört? Wissen Sie, warum? – Wenn wir überall anders von Valorisierungen reden, wenn wir von Inflations­anpassungen reden, dann hat die Landwirtschaft, die tagtäglich für Ihr Frühstück


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sorgt, lieber Herr Kollege Loacker, dasselbe auch verdient.  – Danke schön. Hvala lepa. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Erasim: Das mit hysterisch hättest du dir sparen können! Das ist das Niveau, von dem ihr redet!)

12.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


12.44.41

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit drei Jahren leben die Österreicherinnen und Österreicher im Krisenmodus, gebeutelt und geplagt von einer unverhältnis­mäßigen schwarz-grünen Coronapolitik, gesellschaftlich geteilt und gespalten von einer ebensolchen schwarz-grünen Coronapolitik. Gleichzeitig erleben wir jetzt eine fehlgeleitete Regierungspolitik, eine fehlgeleitete Förderpolitik dieser Bundesregierung. Herr Bundesminister, Sie werden es nicht bestreiten können, aber die Gießkanne gehört nun einmal zum Lieblingsgerät und zu den Lieblings­instrumenten dieser Bundesregierung.

Wenn ich fehlgeleitete Regierungspolitik sage, darf ich das nur als Beispiel nehmen: Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt wurde die CO2-Abgabe von Frau Minister Gewessler eingeführt, eine Klimasteuer, die man zu einem Zeitpunkt eingeführt hat, als der Treibstoffpreis bereits bei 2 Euro gelegen ist, als der Heizölpreis bei 1,50 Euro, 1,60 Euro gelegen ist. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Man hat die Bürger also klar belastet.

Im Frühjahr hat man versucht – es hätte eine Unterstützung sein sollen –, einen Energiekostenausgleich einzuführen. Man hat ihn auch beschlossen, allerdings wieder einmal in Form eines sehr komplizierten, sehr bürokratischen Modells, bei dem sich viele Menschen nicht auskennen, das aber im Endeffekt nur den Trop­fen auf den heißen Stein dargestellt hat und das vor allem auch Teile der Bevölkerung ausgeschlossen hat und ausschließt. Es sind genau jene Öster­reicherinnen und Österreicher, die es am meisten benötigen würden, die von


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diesem Energiekostenausgleich nicht profitieren können. Es sind Bürger, die zwar monetär die Energiekosten tragen, aber gleichzeitig nicht als Partner, als Kunde gegenüber dem Stromlieferanten aufscheinen. Es sind Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen, in den Altenheimen, in den Studen­ten­heimen, Mehrgenerationenhaushalte. Im Großen und Ganzen sind es die junge und die ältere Generation.

Es ist nahezu schon wieder einmal ein Treppenwitz, den die Regierung hier zeichnet, dass es die ehemalige Generalsekretärin der Österreichischen Volkspartei, die nunmehrige Volksanwältin Gaby Schwarz, die noch vor einem halben Jahr hier in der ersten Reihe gesessen ist, war, die in einem Schreiben an die Parlamentsfraktionen genau diesen Umstand mitgeteilt hat und sich dafür einsetzt, dass man auch diesen Menschen diesen Energiekostenausgleich zukommen lässt. Vom Finanzministerium, Herr Minister, wurde ihr mitgeteilt, dass das einfach nicht funktionieren würde und dass es das ganz einfach nicht gibt. Daher bittet Gaby Schwarz als Volksanwältin das Parlament um Hilfe, und wir als Freiheitliche kommen dieser Bitte auch nach. (Abg. Loacker: Das ist das Gesetz, das sie selber verbockt hat, die Gaby Schwarz!)

In diesem Zusammenhang darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Anspruchsberechtigten beim Energiekostenausgleich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden entsprechend den Anregungen von Volkanwältin Gabriela Schwarz au­fge­fordert, den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem Energiekos­ten­ausgleichgesetz um jene Teile der Bevölkerung zu erweitern, die Stromkosten tragen aber keinen eigenen Stromliefervertrag haben.“


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*****

(Beifall bei der FPÖ.)

12.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, MMag.DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ausweitung der Anspruchsberechtigten beim Energiekostenausgleich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3, Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2812/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energiekos­ten­ausgleichsgesetz 2022 geändert wird (1703 d.B.)

in der 178. Sitzung des Nationalrates am 12. Oktober 2022

Am Energiekostenausgleich wird von vielen Seiten massive Kritik geäußert.

Mit den 150 Euro sei den Menschen angesichts der massiven Preissteigerungen nicht einmal ansatzweise geholfen – und rund 40 Prozent der Haushalte müssten zudem bis 2023 warten, bis sie dieses Geld bekommen. Wer seine Jahresabrechnung zwischen Jänner und Mai hat, der muss bis 2023 warten, bis die Gutschrift erfolgt. Bis dahin seien die Menschen den explodierenden Preisen schutzlos ausgeliefert.

Viele Personen, die sehr wohl für Energie zahlen, können den Energiekostenausgleich nicht in Anspruch nehmen, da die Regelung des Energiekostenausgleiches jene Personen ausschließt, die zwar ökonomisch die Energiekosten tragen, aber gegenüber dem Stromlieferanten nicht direkt als Kunde aufscheinen.

Für die AK ist die Umsetzung des Energiekostenausgleichs eine suboptimale Lösung.

Kritik an der derzeitigen Regelung des Energiekostenausgleiches kommt auch von der Volksanwaltschaft – und zwar von der ehemaligen ÖVP-Abgeordneten, Ex-ÖVP-Generalsekretärin und nunmehrigen Volksanwältin Gabriela Schwarz:


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Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden entsprechend den Anregungen von Volkanwältin Gabriela Schwarz aufgefordert, den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem Energiekostenausgleichgesetz um jene Teile der Bevölkerung zu erweitern, die Stromkosten tragen aber keinen eigenen Stromliefervertrag haben.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Scharzenberger. – Bitte.


 


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12.48.37

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Schon bald ein halbes Jahrhundert lang ist die Debatte rund um die Abschaffung der kalten Progression ein fixer Bestand­teil des steuerpolitischen Diskurses in diesem Land. In Zukunft können wir uns diese Debatte sparen, weil diese Bundesregierung nämlich hält, was sie ver­spricht: Sie schafft die kalte Progression ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Mit dieser Strukturreform als langfristiger Entlastungsmaßnahme wird die schleichende Steuererhöhung zu 100 Prozent abgeschafft, zwei Drittel davon automatisiert und ein Drittel bleibt der Politik zur Verfügung, um flexibel und solidarisch zu verteilen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Es gibt einige Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, die dieses Modell als Mogelpackung bezeichnen, die dem Herrn Finanzminister vorwerfen, dass er die kalte Progression nur teilweise abschafft, oder ihm sogar vorwerfen, er bereichere sich an einem Handlungsspielraum für das verbleibende Drittel. Das ist ganz einfach falsch. Der Gesetzestext sieht jedenfalls vor, dass dieses Drittel den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zurückgegeben werden muss, und zwar in Form von Entlastungs­maßnahmen im Bereich der Einkommensteuer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Genau das gewährleistet diese politische Flexibilität, die wir für mehr Treff­sicherheit jetzt auch brauchen. Die Abschaffung der kalten Progression ist außerdem ein Akt der Fairness gegenüber allen fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, weil genau diese Menschen, die Einkommen durch Leistung erzielen, steuerlich nicht bestraft werden dürfen.

Als vergleichsweise jüngere Abgeordnete in diesem Haus noch etwas zur Generationengerechtigkeit: Man kann nicht nach dem Motto leben: Der Staat wird es schon richten. Umso wichtiger sind daher diese gezielten Schwer­punktsetzungen im Budget 2023, um vor allem auch in den kleineren und mittleren Einkommensbereichen treffsicher zu entlasten. Frau Kollegin Meinl-


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Reisinger stellt sich hier heraus und schreit laut „Gießkanne“ – da sind wir eben genau bei diesem letzten Drittel der kalten Progression, wo dieser Handlungs­spielraum für noch mehr Treffsicherheit für langfristige Entlastungsmaßnahmen gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Shetty: Das wird von Generation zu Generation kritischer!)

Wir lassen die Bürgerinnen und Bürger nicht im Stich. Deshalb setzen wir weitere treffsichere Maßnahmen wie die Valorisierung der Sozialleistungen oder die Strompreisbremse. Damit fördern wir zum Beispiel den Grundbedarf an Strom, aber wir sorgen auch dafür, dass die, die darüber hinaus Unterstützung brauchen, diese auch bekommen.

Das „Notwendige zur Verfügung zu stellen“ – so hat es der Herr Finanzminister heute in seiner Budgetrede gesagt. Das ist jetzt vor allem an die sozialdemo­kratische Fraktion gerichtet: Man muss sich von diesem Vollkaskostaat­wunsch­denken verabschieden. Es geht um das Geld der Steuerzahlerinnen und der Steuerzahler. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lercher und Wimmer.) – Na ja, Herr Kollege, eine umfassende Wirtschaftskompetenz wird nämlich genau Ihrer Fraktion, der SPÖ, eben nicht zugeschrieben. (Beifall und Zwischenruf bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das bringt mich auch gleich zum letzten Punkt – vor allem Kollegin Voglauer hat es auch angesprochen –, weil in diesen Debatten immer wieder Zwischenrufe kommen und wir uns da oft mit dem Wechseln von parteipolitischem Kleingeld aufhalten: Es ist jetzt nicht die Zeit dazu. Die Menschen haben Sorgen und Ängste. (Zwischenruf des Abg. Wimmer.) Ich wünsche mir für dieses Land, dass wir alle gemeinsam diese Sorgen und diese Ängste der Bevölkerung ernst nehmen, und ich wünsche mir, dass wir alle gemeinsam dieses Land mit Vernunft und mit Hausverstand durch diese schwierige Zeit führen. (Abg. Wurm: Das würde ich mir auch wünschen! – Zwischenruf bei den NEOS.)

Eines steht nämlich fest: Unsere Bundesregierung leistet Großartiges, und ich bin der vollsten Überzeugung, dass uns keiner besser finanziell durch diese


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schwierige Zeit führt als dieser Finanzminister. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


12.53.41

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, Kollegin Scharzenberger, das hat Ihre Fraktion über Minister Blümel damals auch gesagt, nicht? (Heiterkeit und Beifall der Abgeordneten Silvan und Wimmer. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Nach 36 Jahren in der Bundesregierung hat sich die ÖVP jetzt dazu durchringen können, das Thema kalte Progression in Angriff zu nehmen. (Abg. Hanger: Brauchst ja nur mehr zustimmen jetzt!) Jetzt will ich einmal das Positive hervor­heben: Sie wird zu zwei Dritteln abgeschafft, und das ist viel besser als nichts, das möchte ich honorieren. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hanger: Das ist ja schon ein Kompliment von dir: viel besser als nichts!)

Wir bringen heute einen Abänderungsantrag ein, die kalte Progression zur Gänze und auch rückwirkend mit 1. Jänner dieses Jahres abzuschaffen. (Abg. Hanger: Wird zur Gänze abgeschafft!) Ich darf ihn jetzt in seinen Grundzügen erläutern und möchte noch darauf aufmerksam machen, wie die Regierung diese Abschaffung der kalten Progression angeht.

Es werden nicht alle Beträge im Einkommensteuergesetz valorisiert, sondern nur ganz bestimmte, zum Beispiel der Alleinverdienerabsetzbetrag, weil es der ÖVP ja wichtig ist, dass die Frauen zu Hause bleiben (Abg. Hanger: Gerald! Wenn sie wollen!), und der Pensionistenabsetzbetrag, weil man ja bei den Pensionisten gute Wahlergebnisse haben will. Die Jungen sind eh wurscht – diejenigen, die nämlich arbeiten gehen und Geld verdienen, zum Beispiel Überstunden machen. Der Freibetrag für die Überstunden wird nicht valorisiert, der Betrag für steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung wird nicht valorisiert (Abg. Doppelbauer:


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Leistungsträger!), und bei den Selbstständigen werden die Grenzen für den Gewinnfreibetrag auch nicht angehoben. Also die schauen schon ganz genau hin, wo sie valorisieren und wo sie nicht valorisieren.

In Zeiten des Arbeitskräftemangels müsste man in Wirklichkeit jene belohnen, die viel arbeiten, das heißt, den Freibetrag für Überstundenzuschläge ver­doppeln. Man müsste für die Menschen, die Vollzeit arbeiten, einen Absetz­be­trag einführen – die sind nämlich sehr gesucht –, und man müsste für die Menschen, die länger arbeiten – also für jene, die zum Beispiel mit über 65 Jah­ren noch arbeiten –, die Lohnsteuer halbieren, damit man honoriert, wenn Fachkräfte länger im Erwerbsleben bleiben. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn man das machen würde, könnte man auch mit mehr Einkommen besser auskommen.

Ein besonderes Schmankerl ist die Art, wie der Familienlastenausgleichsfondsbeitrag von 3,9 auf 3,7 Prozent reduziert wird. Die Bundesregierung hat sich schon dafür abfeiern lassen, was für eine tolle Lohnnebenkostensenkung das denn nicht sei. Damit, geschätzte Unternehme­rinnen und Unternehmer, ist aber eine Falle verknüpft. Das gilt nämlich nicht automatisch ab 1. Jänner, Sie brauchen nämlich eine lohngestaltende Vorschrift, auf die sich diese Regelung stützt. Das hat es in der Geschichte der Zweiten Republik noch nicht gegeben, dass der KV oder die Betriebsvereinbarung festschreiben muss, dass man die Lohnnebenkostensenkung in Anspruch neh­men kann, die der Gesetzgeber beschließt. Das hat es noch nie gegeben. Kollege Wimmer, das kennst du wahrscheinlich auch nicht, dass man jemals Lohn­nebenkosten durch den Kollektivvertrag geändert hat. (Abg. Rainer Wimmer: Nein!) – Das hat es noch nicht gegeben, das wird jetzt zum ersten Mal festge­schrieben.

Wenn Sie eine Firma haben, die den Kollektivvertrag erst nächsten April oder nächsten Mai ändert, und Sie mit Ihrem Betriebsrat keine Einigung finden oder Sie gar keinen Betriebsrat haben, dann müssen Sie das selbst intern kommuni­zie­ren, und zwar so, dass Sie der Lohnbehörde später nachweisen können, dass Sie


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das gemacht haben, sonst dürfen Sie den Beitrag am 1. Jänner gar nicht senken. Großartige Reform!

Dann heißt es – auch das war heute um 7 Uhr bei Radio Venezuela zu hören (Heiterkeit des Bundesministers Brunner) –, die Abschaffung der kalten Progres­sion würde die Einnahmen des Bundes mindern. Die mindert sie natürlich nicht, sondern sie steigen nur nicht so stark. Sogar die Organisation, deren Gene­ralsekretär Karlheinz Kopf ist, die Wirtschaftskammer, hat berechnet, dass die Abgabenquote von 2022 auf 2023 steigen wird. Der Staat nimmt also immer noch mehr Geld ein. Diese Republik hat nach wie vor kein Einnahmenproblem, sie hat ein Ausgabenproblem, und die Gießkannenpolitik der Regierung macht das nur schlimmer, wenn man die Fünfhunderter auch an die verteilt, die sie gar nicht brauchen, zum Beispiel an mich.

Wenn man sich dann anschaut, wo das Geld, das Budget hingeht: Das Pen­sions­loch reißt es auf. 2,7 Milliarden Euro mehr allein für die Pensionen im nächsten Jahr und ein um 10 Milliarden Euro größeres Pensionsloch in vier Jahren – 10 Milliarden Euro. Da wird nichts gemacht, keine Bewegung, im Gegenteil: Es werden sogar noch Anreize gesetzt, früher in Pension zu gehen – dazu komme ich dann beim nächsten Tagesordnungspunkt.

Die Zinsen für die Staatsschulden verdoppeln sich von heuer auf nächstes Jahr, und dann heißt es: Wir investieren! – Bitte, was für Investitionen? Das ist doch keine Investition, wenn man für seine Schulden Zinsen zahlen muss. Wir büßen für die Schuldenpolitik dieser Regierung und der Vorgängerregierungen. Zahlen müssen das die Jungen, weil das Geld für Universitäten, für Schulen und für wirkliche Zukunftsinvestitionen fehlt. (Beifall bei den NEOS.)

Der Offenbarungseid für alle, die es nachlesen wollen, findet sich in der Budget­rede auf Seite 31: Wenn ein Finanzminister als Vergleich für die eigene Qualität die Finanzsituation von Italien heranziehen muss, dann sieht man, in was für einer katastrophalen Lage sich das österreichische Budget heute befindet. (Beifall


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bei den NEOS. – Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Doppelbauer. – Zwischenruf des Abg. Lercher.)

12.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlastenaus­gleichs­gesetz 1967 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II) (1702 d.B.) - TOP 2

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

I.   Artikel 1 Z 1 entfällt.

II.  Artikel 1 Z 3 entfällt.

III.  Artikel 1 Z 5 b lautet: "Nach Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die für die Anwendung der Steuersätze für Einkommensteile bis eine Million Euro festgesetzten Grenzbeträge sowie die für die Anwendung des Abs. 4, des Abs. 5 Z 1 bis 3, des Abs. 6 und des Abs. 8 festgesetzten Beträge unterliegen einer Infla­tionsanpassung nach Maßgabe des § 33a. Gleiches gilt für die in § 1 Abs. 4, § 34 Abs. 4 zweiter Teilstrich, § 35 Abs. 1 dritter Teilstrich, § 42 Abs. 1 Z 3, § 99 Abs. 2 Z 2 und § 102 Abs. 3 festgesetzten Beträge sowie die Einkunftsgrenzen des § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b.“

IV. Artikel 1  Z 6 lautet:  "Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Inflationsanpassung

§ 33a. (1) Die steuerliche Mehrbelastung durch die kalte Progression (Abs. 2) ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen abzugelten.


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(2) Als kalte Progression ist das inflationsbedingte Mehraufkommen an Einkom­mensteuer zu verstehen, das sich für das jeweilige Folgejahr als Differenz aus dem Steueraufkommen auf Grundlage von noch nicht nach § 33 Abs. 1a inflations­angepassten Beträgen und dem Steueraufkommen bei einer Inflationsanpassung nach Maßgabe des § 33 Abs. 1a unter Zugrundelegung einer gemäß Abs. 3 ermittelten positiven Inflationsrate ergibt.

(3) Für die Ermittlung der Inflationsrate ist das arithmetische Mittel der für die Monate September des vorangegangenen Jahres bis Juli des laufenden Jahres sowie des vorläufigen Wertes für August des laufenden Jahres der von der Bundesanstalt Statistik Österreich veröffentlichten Jahresinflationsraten des Verbraucherpreis­indexes heranzuziehen. Das arithmetische Mittel ist auf das Zehntel eines Prozent­punktes zu runden.

(4) Für jedes Kalenderjahr erfolgt eine Anpassung der Beträge gemäß § 33 Abs. 1a im Ausmaß der positiven Inflationsrate (Abs. 3). Die so ermittelten Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Der Bundesminister für Finanzen hat die für das Folgejahr angepassten Beträge jeweils bis zum 31. Oktober des laufenden Kalenderjahres im Wege einer Verordnung kundzumachen.

(5) Abweichend von den Absätzen 3 und 4 soll die Inflationsanpassung für das Kalenderjahr 2022 insofern erfolgen, als hier die das arithmetische Mittel der für die Monate September des Jahres 2020 bis August des Jahres 2021 der von der Bundesanstalt Statistik Österreich veröffentlichten Jahresinflationsraten des Verbraucherpreisindexes heranzuziehen ist. Das arithmetische Mittel ist auf das Zehntel eines Prozentpunktes zu runden."

V. Artikel 1 Z 7 entfällt.

VI.  Artikel 1 Z 8 entfällt.

VIII.  Artikel 1 Z 9 entfällt.

IX.  Artikel 1 Z 10 entfällt.

X. Artikel 1 Z 11 lautet: "In § 124b werden folgende Z 412 bis 414 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 132

"412. § 33 Abs. 1a und § 33a  Abs 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 sind erstmalig anzuwenden, wenn

•          die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalender­jahr 2023,

•          die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2022 enden.

413. § 33 Abs. 1a und §33a Abs 1, 2 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 sind erstmalig anzuwenden, wenn

•          die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022,

•          die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2021 enden.

Wurde für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember enden, die nach §33a  Abs 5 festgelegte Inflationsanpassung noch nicht berücksichtigt, hat der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine Aufrollung gemäß § 77 Abs. 3 so bald wie möglich, jedoch spätestens bis 31. Dezember 2022 durchzuführen, sofern die technischen und organisatorischen Möglichkeiten dazu vorliegen.

414. § 17 Abs. 5a Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden."

XI.   In Artikel 2 Z 1 wird der Ausdruck "Kalenderjahr 2025" durch den Ausdruck "Kalenderjahr 2023" ersetzt.

XII.  Artikel 2 Z 2 entfällt.  

XIII. Artikel 3 Z 3 lautet:

 "3. Dem § 55 wird folgender Abs. 59 angefügt:

„(59) § 41 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit dem der Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft und ist erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2023 anzuwenden.“"


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 133

Begründung

Nach dem bisher dem Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) zu Grunde liegenden Nominalwertprinzip ist für die Einkommensbesteuerung nur der zahlenmäßige, nicht aber der tatsächliche Geldwert maßgebend. Bei Preis­steige­rungen entspricht ein nomineller Einkommenszuwachs jedoch nicht dem realen Einkommenszuwachs. Im Rahmen des progressiven Einkommensteuertarifs kommt es in diesen Fällen im zeitlichen Verlauf zum Effekt der so genannten „kalten Pro­gression“, weil die Eckwerte des progressiven Steuertarifes nicht an die Preissteige­rungsrate angepasst sind. Mit der Änderung soll der Einkommensteuertarif an die Inflationsrate (Teuerungsrate) angepasst und so dem Effekt der „kalten Progression“ begegnet werden. Dabei sollen in § 33 Abs. 1 die anzupassenden Beträge definiert und in § 33a die Wirkweise der Inflationsanpassung umschrieben werden. Damit soll der Effekt der "Kalten Progression" in vollem Umfang ausgeglichen werden - und zwar rückwirkend für das Kalenderjahr 2022.

Gemäß MRV vom 15. Juni 2022 soll die Beitragssenkung der FLAF-Beiträge ein Signal für lohngestaltende Maßnahmen sein. Aus ökonomischer Sicht trägt die materielle Abgabenlast nicht automatisch jener, der vom Gesetz als rechtlicher Träger der Abgabenlast – im Fall der Lohnebenkosten der Arbeitgeber – definiert wird. Da wir an der aktuellen wirtschaftlichen Situation sehen, dass Arbeitgeber hier jeglichen Spielraum benötigen, darf die Abgabenreduktion nicht nur ein Mittel sein, dass im Falle schnellstmöglicher Änderungen von Betriebsvereinbarungen oder Kollek­tivverträgen, gültig sein kann, sondern muss tatsächlich schnellstmöglich umgesetzt werden. Da dies mit der Gesetzesvorlage in nicht ausreichend gewährleistet wird, muss die Reduktion so rasch wie möglich und vollumfänglich erfolgen.

Ad III.

In § 33 soll die Inflationsanpassung umgesetzt werden. Durch Abs. 1a soll in Verbindung mit § 33a mit Wirksamkeit für die Jahre ab 2022 die Methodik der Inflationsanpassung festgelegt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 134

Der erste Satz In Abs. 1a umschreibt, welche Elemente innerhalb des § 33 selbst von der  Inflationsanpassung erfasst sind. Im zweiten Satz des Abs. 1a sollen Bestim­mungen außerhalb des § 33 erfasst werden, die auf Beträge Bezug nehmen, die von der Inflationsanpassung in § 33 betroffen sind, und daher ebenfalls nach Maßgabe des § 33a angepasst werden sollen.

Ad IV.

In § 33a sollen Umfang und Methodik der Inflationsanpassung umschrieben werden.

Die Inflationsanpassung soll durch eine automatische Tarifanpassung auf Grundlage des § 33a Abs. 4 umgesetzt werden. Für die Ermittlung der zur Inflationsanpassung herangezogenene Inflationsrate soll der Zeitraum von September des vorangegan­genen Kalenderjahres bis Juli des laufenden Kalenderjahres sowie des vorläufigen Wertes für August des laufenden Kalenderjahres herangezogen werden. Die ermit­tel­ten Beträge sind auf volle Euro aufzurunden und vom Bundesminister für Finanzen jährlich bis 31. Oktober mit Verordnung kundzumachen.

Im Sinne einer früh greifenden Entlastung sollen für 2022 die Beträge gem.§ 33 Abs. 1a um die gemittelte Inflationsrate im Zeitraums September 2020 bis August 2021 angepasst werden (Abs 5).

Ad X.

Die Inflationsanpassung soll ab dem Kalenderjahr 2022 wirksam werden. Für Lohnzahlungszeiträume im Kalender 2022, für die die nach §33a festgelegte Inflationsanpassung noch nicht berücksichtigt wurde, hat der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine Aufrollung gemäß § 77 Abs. 3 bis spätestens bis 31. Dezember 2022 durchzuführen.

Ad XI.

Um eine ehestmögliche Umsetzung mit dem Jahr 2023 zu garantieren, wird die Jahreszahl in Artikel 2 Z1 auf 2023 geändert.

Ad XII.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 135

Um eine flächendeckende Umsetzung und rechtliche Absicherung zu garantieren, werden die Sonderbestimmungen über Zusatzvereinbarungen, mit deren Hilfe eine Reduktion erfolgen kann, gestrichen - sodass diese jedenfalls und für alle Arbeitgeber erfolgt.

Ad XIII.

Aufgrund der Änderungen wird die Inkrafttretensbestimmung angepasst.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert und wurde bereits verteilt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christoph Zarits. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Er hätte auch die Wissenschaft nehmen können! Er hätte auch sagen können, er ist besser als die Wissenschaft!)


12.59.23

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Zweifelsohne: Wir befinden uns in einer Situation, in der die Menschen weniger zum Leben haben, weil die Inflation auch entsprechend hoch ist. Wir müssen alles tun, um den Menschen in dieser sicherlich nicht einfachen Situation zur Seite zu stehen.

Ich möchte auf Redebeiträge vor allem vonseiten der Sozialdemokratie eingehen, weil hier immer so getan wird, also ob in der Vergangenheit, in den letzten Monaten die Teuerung beziehungsweise die Inflation betreffend nichts gemacht worden wäre. Es ist wichtig, dass wir auf der einen Seite kurzfristige Maßnah­men setzen – diese haben wir bereits beschlossen und die Mittel sind auch schon in Auszahlung –, und auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch das Steuersystem langfristig ändern. Das tun wir einerseits mit der ökosozialen Steuerreform und andererseits mit der Abschaffung der kalten Progression. Das ist ein Meilenstein in der Steuerpolitik in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)


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Was ist in den letzten sechs Monaten passiert? – Vor allem die Sozialdemokratie vergisst ja sehr, sehr oft die Maßnahmen, die sie teilweise auch mitbeschlossen hat: Pendlerpauschale, vor allem für jene, die auf das Auto angewiesen sind: plus 50 Prozent; Pendlereuro: Vervierfachung des Pendlereuros bis Mitte 2023; die Einmalzahlung für Familien: 180 Euro pro Kind auch im August; jetzt der Antiteuerungs- und Klimabonus mit 500 Euro plus 250 Euro pro Kind; Pensio­nisten: plus 500 Euro, bis zu 500 Euro plus Einmalzahlung; und vor allem auch jene Gruppen, die wenig Geld zur Verfügung haben, die vor allem jetzt bei der Teuerung am stärksten leiden – Studenten, die Studienbeihilfe bekommen, Menschen, die arbeitslos sind, auch Mindestpensionistinnen und -pensionisten –, haben bereits dreimal eine Einmalzahlung bekommen: 150 Euro im Jänner, 150 Euro im April, 300 Euro auch im September, das macht zusätzlich zum Klima- und Antiteuerungsbonus 1 100 Euro. (Abg. Yılmaz: Einmalzahlung! Infla­tion!)

Sie sehen, wie schnell und unbürokratisch die Bundesregierung und vor allem auch der Finanzminister hilft. Zusätzlich entlasten wir die Haushalte mit der Energiekostenbremse: 2 900 Kilowattstunden sind garantiert mit einem Preis von 10 Cent, und das bis Mitte 2024.

Es gibt schnelle und unbürokratische Hilfe: Die Zahlungen, die Beschlüsse sind auch schon bei den Menschen angekommen. Wir haben auch die ökosoziale Steuerreform beschlossen. Die Steuertarifstufen wurden gesenkt: von 25 auf 20 Prozent, von 35 auf 30 Prozent und im nächsten Jahr von 42 auf 40 Prozent. Auch was die Familien betrifft, wurde der Familienbonus Plus von 1 500 Euro auf bis zu 2 000 Euro erhöht. Das ist ein Meilenstein in der Steuerpolitik und in der Familienpolitik, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Aber nicht für alle!)

Jetzt geht es darum, dass wir heute die schleichende Steuererhöhung, die kalte Progression abschaffen. Ich lade auch die Sozialdemokratie, vor allem Kollegen Krainer ein, über seinen sozialdemokratischen Schatten zu springen und mit uns mitzustimmen (Ruf bei der SPÖ: Na sicher nicht! – Abg. Lercher: Ich bin ja kein


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Schatten!), weil es das ist, was wir jetzt in dieser Situation brauchen: dass wir die Beiträge entsprechend an die Inflation anpassen, damit den Menschen mehr Geld im Börserl bleibt.

Meine geschätzten Damen und Herren, ein Beispiel wurde heute auch schon vom Finanzminister genannt, damit man sich vorstellen kann  (Abg. Krainer: Ich finde, der Zarits hat viel zu wenige Zahlen gebracht!), was diese Abschaffung der kalten Progression pro Person bringt: 2 160 Euro pro Arbeitnehmer (Abg. Krainer: Ah, es kommen eh noch ein paar!) wären im nächsten Jahr 2 000 Euro. Mit der Abschaffung der kalten Progression ist das im nächsten Jahr ein Plus von 370 Euro.

Meine geschätzten Damen und Herren, ich hoffe, dass wir heute einen breiten Beschluss zusammenbringen. Seit über 40 Jahren wird darüber diskutiert, diese kalte Progression endlich abzuschaffen. Die Argumente, warum es nicht gegangen ist, waren immer: sollte, hätte, könnte, würde. Heute ist die kalte Pro­gression Geschichte und das ist gut so. – Herr Kollege Krainer, ich hoffe, du bist dabei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.03


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


13.03.45

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Ich finde es sehr bedauerlich, wenn von diesem Pult aus Kolleginnen von Kolleginnen ausgerichtet wird, dass sie „hysterische Anfälle“ erleiden. Ich finde, das hat in diesem Hohen Haus nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Hab ich nicht gesagt! – Abg. Disoski: Das hat niemand gesagt!) – Nein, nein, nein! Eine Kollegin hat das vorhin von die­sem Pult aus erwähnt und ich finde das leider wirklich total problematisch. Hysterisch ist etwas, das wir von konservativen Männern gewohnt sind, aber nicht von grünen Kolleginnen, die so etwas vorwerfen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)


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Kommen wir nun aber zur Abschaffung der kalten Progression: Die Hälfte unserer Gesellschaft sind Frauen, und diese Hälfte der Gesellschaft profitiert bei diesem Modell zur Abschaffung der kalten Progression im Gegensatz zu den Männern nur zu einem Bruchteil. 40 Prozent bekommen die Frauen, 60 Prozent die Männer. Das ist eine weitere Einzahlung auf die Ungleichbehandlung von Geschlechtern in diesem Land.

Ich muss da auch die Freude des Kollegen Schwarz, was diese Abschaffung der kalten Progression betrifft, ein bisschen bremsen, denn es ist unfair. Es ist unfair! Wenn sich dann noch die ÖVP herstellt und sagt: Die Fleißigen in diesem Land müssen belohnt werden! (Abg. Hanger: Das ist richtig!), dann frage ich Sie: Sind die Frauen nicht fleißig? (Beifall bei der SPÖ.) Sind die Frauen nicht fleißig, wenn sie einen Großteil der unbezahlten Arbeit in diesem Land leisten? Sind die Frauen nicht fleißig, wenn sie durch Ihre Politik in die Teilzeitfalle gedrängt wer­den? Sind die Frauen nicht fleißig, wenn sie wieder einmal aufgrund der Politik dieser Bundesregierung durch die Finger schauen? Dieses Modell zur Abschaffung der kalten Progression lässt die Frauen durch die Finger schauen und wieder einmal unterstützungslos zurück.

Sie investieren weiterhin in diese Ungleichheit, anstatt dass Sie den Rechtsan­spruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr einführen. Sie investieren in diese Ungleichbehandlung, anstatt dass Sie öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum auch so ausgestalten, dass er für Frauen attraktiv gemacht wird. Sie investieren in die Ungleichheit in diesem Land, anstatt dass Sie Kinderarmut abschaffen.

Ein paar Zahlen dazu: Im Regierungsprogramm haben sich ÖVP und Grüne darauf geeinigt, dass die Armut in diesem Land halbiert werden soll. Seit der Pandemie hat sich die Kinderarmut in diesem Land verschärft. (Abg. Wurm: Da seid ihr Sozialdemokraten auch mitverantwortlich, Frau Kollegin!) Was früher jedes fünfte Kind betroffen hat, betrifft mittlerweile jedes vierte Kind. Ein Viertel aller Kinder lebt in diesem Land in Armut. Das heißt: keine Jause für die Schule, das heißt: zu kleine oder kaputte Kleidung, das heißt: nicht am Ausflug teilnehmen


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zu können. (Abg. Loacker: Und das nach 100 Jahren SPÖ!) Und diese Kinderarmut hat sich nun auch noch verschärft und betrifft ein Viertel aller Kinder! Eine traurige Bilanz dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Da waren Sie mit dabei bei diesen Entscheidungen!)

Die Abschaffung der kalten Progression zahlt auch genau in diese ungleiche Politik der Bundesregierung ein. Der Familienbonus war genau dasselbe, auch da haben die Frauen wieder durch die Finger geschaut, genauso wie jetzt. Der Budgetdienst hat analysiert – der großartige Budgetdienst, das sei an dieser Stelle auch gesagt –, dass die Schere zwischen Männern und Frauen durch die Abschaffung der kalten Progression bis 2026 noch weiter auseinanderklaffen wird. Frauen bekommen letzten Endes unter dem Strich um ein Viertel weniger heraus. Das ist problematisch in einem Land, wo die Schere bei den Löhnen noch immer 20 Prozent und bei den Pensionen 40 Prozent beträgt. Und jetzt schauen die Frauen wieder durch die Finger. Das können wir nicht mehr so akzeptieren, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Also Sie sind gegen die Abschaffung der kalten Progression?! – Zwischenrufe des Abg. Weidinger.)

Sie kommen dadurch auch Ihrer Verpflichtung nicht nach: Genderbudgeting steht in Österreich in Verfassungsrang und durch Genderbudgeting hätten Sie auch diese Maßnahme auf die Gerechtigkeit der Geschlechter hin prüfen müssen. Das haben Sie anscheinend nicht getan, weil in die Gleichstellung der Geschlechter dadurch überhaupt nicht eingezahlt wird. Somit sind Sie Ihrem Auftrag in diesem Bereich einfach in keiner Weise nachgekommen. Unter dem Strich kommt heraus: Die Frauen sind die Verliererinnen bei dieser Abschaffung der kalten Progression. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Aber auch nur die ÖVP-Hausfrauen! – Abg. Krainer: Nicht jetzt Frauen schlechtreden!)

13.08


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.



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13.08.11

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich habe heute schon den ganzen Vormittag über sehr aufmerksam zugehört, und die einen sagen, wie immer, es ist zu viel, was wir machen, die anderen sagen, es ist zu wenig. Die einen sagen, es ist zu früh, die anderen sagen, es ist zu spät. – Das macht mich sicher, dass wir mit unseren Maßnahmen in der Mitte genau richtigliegen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Yılmaz: Es ist nie zu spät!)

Die Bundesregierung hat gerade bei dieser anhaltenden Teuerungswelle rasch und vorausschauend reagiert. Wir haben Pakete geschnürt und dies vor allem unter drei Zielsetzungen: dem Erhalt der Kaufkraft, dem Erhalt der Wirt­schaftsleistung und vor allem der Sicherung der Arbeitsplätze. Das war uns ganz besonders wichtig. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass uns das ganz gut gelungen ist. Ich glaube, das rechtfertigt auch, dass wir 46,5 Milliarden Euro an Unterstützungsleistungen in die Hand genommen haben.

Wenn Kollege Matznetter sich hier herausstellt und kritisiert, dass wir Geld in die Hand genommen haben, um die Unternehmen zu unterstützen, dann sage ich: Es war richtig, dass wir das getan haben, weil wir damit auch die Arbeits­plätze erhalten haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: ... die Großen haben abkassiert!) – Kollege Matznetter, ich habe Ihnen zugehört, ich glaube, Sie diskreditieren sich selbst, wenn Sie permanent die Unternehmer, die Unterstützungsleistungen erhalten, gegeneinander ausspielen. (Abg. Matznetter: Nein, die haben mehr Gewinne gehabt als vorher!) Das tut man nicht! Das ist eines Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer unwürdig, Herr Matznetter. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Ich sage Ihnen, die Maßnahmen haben gewirkt. Österreich hat zurzeit ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent. Wenn ich über unsere Grenze nach Deutschland schaue, dann sehe ich, dass sie dort kein Wachstum mehr haben. Das stimmt uns nachdenklich, denn wir sind in einer starken Abhängigkeit von


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Deutschland, und wir können nur hoffen, dass die Deutschen die richtigen Maßnahmen setzen, damit sie wieder auf den Wachstumsweg zurückkehren, meine Damen und Herren.

Da heute auch das Momentum-Institut zitiert worden ist: Das Momentum-Institut hat festgestellt, dass die unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher in der Teuerung überkompensiert wurden. Der Budgetdienst attestiert, dass der Mix aus Abschaffung der kalten Progression und der Valorisierung der Sozial­leistungen besonders die unteren Einkommensbezieher entlastet.

Meine Damen und Herren, wir schauen darauf, dass für jeden die richtige und geeignete Maßnahme getroffen wird. Sie können sich darauf verlassen: Diese Regierung nimmt ihre Verantwortung wahr. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


13.11.19

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Damit irgendjemand zum Tagesordnungspunkt vielleicht auch ein paar Sätze sagt – ich verstehe, dass die Kolleginnen und Kollegen natürlich zur Budgetrede des Herrn Ministers Stellung nehmen; das war alles viel zu frisch –: Unter anderem steht in der Tagesordnung die Fristverlängerung. (Abg. Hanger: Das war jetzt an den Kollegen Krainer gerich­tet, oder?) – Jo.

Unter anderem steht in der Tagesordnung die Friständerung vonseiten der Regierungsparteien beim Energiekostenausgleichsgesetz. Da geht es nämlich um jenen Energiekostenausgleich, Sie können sich erinnern, eine der ersten Maß­nahmen, 150 Euro für jene, die einen Energieliefervertrag haben. Wir haben das schon damals, im Frühjahr, im ersten Halbjahr, kritisiert und nicht zugestimmt,


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weil wieder viele, die es brauchen, nicht davon profitieren, nämlich Mitbe­wohner:innen, Studentinnen und Studenten, Wohngemeinschaften. Die sind ausgeschlossen, weil sie keinen Energieliefervertrag besitzen.

So: 150 Euro, zudem noch viel Bürokratie. Es zeigt ja auch die Verlängerung der Frist, bis zu der man einreichen kann, dass es bis jetzt nicht geklappt hat – das ist immerhin schon ein Dreivierteljahr her –, und deswegen werden wir auch der Fristverlängerung nicht zustimmen.

Ich komme jetzt aber nicht umhin, auch ein paar Worte zum Budget zu verlieren, weil ich die Reden sehr gut verfolgt habe, unter anderem auch Ihre Rede, Herr Bundesminister. Sie haben unter anderem gesagt – und danke (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend) für die schriftliche Ausfertigung Ihrer Rede –: „Trotzdem suchen all jene Parteien, die immer schon für die Abschaffung der kalten Progression waren, seit Monaten nach Gründen, warum sie jetzt plötzlich dagegen stimmen“. – So.

Sie können sich an die Rede meiner Kollegin Evi Holzleitner erinnern. Sie hat massiv kritisiert, dass Frauen nur zu 40 Prozent von der Abschaffung der kalten Progression profitieren. Herr Bundesminister, wieso soll ich als Staatsbürgerin, als Steuerzahlerin, als Mutter von zwei Töchtern, als Feministin da zustimmen? (Beifall bei der SPÖ.)

Wieso nehmen Sie die historische Chance nicht wahr, die Einkommensschere ein bisschen weiter zu schließen? Ganz schließen werden wir sie mit der Abschaf­fung der kalten Progression eh nicht, aber wieso profitieren Männer zu 60 Pro­zent und Frauen zu 40 Prozent davon? Wieso soll ich da zustimmen? Eine Antwort darauf ist man uns eigentlich noch schuldig geblieben (Abg. Loacker:  ... Frauen in Teilzeit arbeiten ...!), auch alle Redner:innen der Regierungsparteien. Vielleicht sagen Sie uns einen Grund, warum das so bleibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 143

13.15.04

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Bevor ich auf die Abschaffung der kalten Progression eingehe, möchte ich kurz noch auf Kollegen Matznetter replizieren. Ich kann schon festhalten: In der Coronapandemie – und da haben wir noch eine gleiche Einschätzung – hat die Republik Österreich – die Bundesregierung, das Parlament – sehr viel Geld in die Hand genommen. Es sind nämlich 45 Milliarden Euro, die da bewegt worden sind. Ich halte schon fest – und man kann bei jeder einzelnen Maßnahme diskutieren, ob sie treffsicher ist –: Wir sind wirtschaftspolitisch hervorragend durch diese Krise gekommen. (Abg. Matznetter: Nein! ...!) Wir haben ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent und sind damit im europäischen Spitzenfeld. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Nein!) Das ist ganz einfach ein Faktum.

Bevor ich zur Abschaffung der kalten Progression komme, möchte ich noch einen generellen Überblick geben. Wenn man diese 45 Milliarden Euro hernimmt, die wir aufgewendet haben, um die Coronapandemie zu bekämpfen, wenn man die Wirkungen der Steuerreform zusammenzählt, wenn man die Ökologisierung des Steuersystems betrachtet – in Summe sind das knapp 20 Milliarden Euro –, wenn man dann noch die kurzfristigen Maßnahmen, die Teuerungspakete, hernimmt, die strukturellen Maßnahmen – da bin ich dann bei der Abschaffung der kalten Progression –, dann sieht man, wir sind in der Lage, mit unserer Volkswirtschaft 100 Milliarden Euro zu bewegen. Das ist für mich schon ein Zeichen einer unglaublich starken Volkswirtschaft. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich glaube, es ist einmal das Wichtigste, dass wir eine wettbewerbsfähige Wirtschaft haben (Beifall bei der ÖVP), dass wir gut ausgebildete, leistungswillige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, dass wir eine breite Bevölkerung haben, die dazu bereit ist, jeden Tag ihren Beitrag zu leisten, dass wir Wohlstand in unserer Gesellschaft haben. Das ist auch etwas, worauf wir wirklich stolz sein können.


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Zur Abschaffung der kalten Progression: historisch, Meilenstein – man soll ja mit diesen Begriffen immer vorsichtig sein. Da ich aber gerade Kollegen Loacker anschaue: Ich glaube, es fällt dir heute ein bisschen schwer, oder? Jahrelang etwas zu fordern und es dann doch nicht zu unterstützen, das finde ich immer ein bisschen bemerkenswert.

Es sind in Summe aber knapp 20 Milliarden Euro, die wir damit weniger Steuer­einnahmen haben. Ich möchte ausdrücklich betonen, ich halte es auch für sehr klug gemacht. Wieso halte ich es für klug gemacht? – Zum einen, weil zwei Drittel automatisiert passieren. Das richtet sich insbesondere auch an den berühmten Mittelstand, der gerade für uns ja so wichtig ist. Das sind diejenigen, die tagtäglich ihr Tagwerk machen, die auch Einkommensteuer zahlen. Man kann übrigens nur jemanden entlasten, der auch Einkommensteuer bezahlt.

Den klassischen Mittelstand wollen wir als ÖVP entlasten, ja, aber wir wollen uns auch sehr solidarisch zeigen – das ist uns auch sehr wichtig (Ruf bei der SPÖ: Sehr gut!) –, indem das dritte Drittel natürlich in Umverteilungsmaßnahmen hineingeht und ganz stark die unteren Einkommensbezieher adressiert, weil – das ist schon richtig – die von der Teuerung am meisten betroffen sind. Wir stehen aber auch für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, das ist uns als ÖVP sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP.) Ich brauche diese vielen Leistungen, die da vollbracht worden sind, ja gar nicht noch einmal neu aufzuzählen.

Zum Abschluss die aus meiner Sicht wichtigste Botschaft: Es sind unglaubliche Beträge, die wir als Volkswirtschaft in die Hand nehmen. Ich habe es gesagt: 100 Milliarden Euro. Es gelingt aber trotzdem, in der mittelfristigen Finanz­pla­nung die relative Verschuldung zurückzufahren. Gerade für uns als ÖVP ist es wichtig, auch den Schuldenstand im Auge zu haben. Es gelingt mit einer maßvollen Budgetpolitik auf der anderen Seite, den Schuldenstand wieder richtig – auf 70 Prozent – zu drücken. Das ist für mich eine der vielen positiven Nachrichten des heutigen Tages. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.18



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 145

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.


13.19.01

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich sehe es so, dass Sie heute mit Ihrer Budgetpräsentation eine Chance vertan haben, von diesem eingeschlagenen Weg der Bundesregierung abzugehen. Auch die Maßnahmen, die heute präsentiert wurden, führen wieder zu einem, nämlich dazu, dass Personen, die ein niedrigeres Einkommen haben, in unserem Land nicht so stark profitieren wie Personen mit hohen Einkommen. Das sind Maß­nahmen, die man so nicht setzen sollte.

Das zeigt sich in sehr vielen Details, die Sie heute genannt haben, und auch bei allen Analysen, die jetzt vorliegen, wird eines aufgezeigt: dass der Teuerung nicht entsprechend entgegengewirkt wird. Von diesen sogenannten Entlastungs­maßnahmen, die Sie treffen, profitieren in erster Linie wieder jene, die nicht so stark von der Teuerung betroffen sind. Die einkommensschwachen Haushalte profitieren deutlich weniger von den Maßnahmen, die Sie treffen, und das ist ein struktureller Fehler, der hier leider fortgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das führt leider dazu, dass Maßnahmen getroffen werden, die relativ viel Geld kosten. Da haben Sie schon recht, es wird viel Geld ausgegeben. Wir kritisieren ja nicht die Menge des Geldes, das ausgegeben wird. Das Problem ist, dass es falsch ausgegeben und falsch eingesetzt wird. Die Einmalzahlungen lösen kein strukturelles Problem. Wir brauchen aber eine strukturelle Lösung der Probleme und nicht Einmalzahlungen, die das Problem nicht lösen und zusätzlich auch noch handwerklich sehr schlecht gemacht sind. Tagtäglich kommen nämlich Bürgerinnen und Bürger auf uns zu, weil der Klimabonus noch nicht ausbezahlt wurde, weil sie ihn noch nicht erhalten haben, weil es mit der Post Probleme gibt und, und, und. Man sieht also, dass es auch handwerklich nicht funktioniert hat. Tatsächlich kommt das Geld bei den Menschen nicht an.


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In einem Punkt gebe ich Ihnen recht: Die Abschaffung der kalten Progression – die uns, glaube ich, schon unser ganzes politisches Leben beschäftigt – ist in der Tat ein Thema, das angegangen gehört. Nur sieht man auch bei der Abschaffung der kalten Progression wieder, dass Sie – in der Form, wie Sie es machen – leider wieder jene stärker entlasten, die das nicht so dringend brauchen. Die hohen Einkommen werden wieder deutlich mehr entlastet. Die Abschaffung der kalten Progression erspart nämlich einem Haushalt im untersten Einkommensfünftel nur ungefähr 80 Euro, einem Haushalt im obersten Einkommensfünftel hingegen ungefähr fünfeinhalbmal so viel.

Also dieses Ungleichgewicht wird auch da fortgesetzt. Wenn eine Maßnahme schon 1,8 Milliarden Euro kostet, dann soll sie eine Verteilungswirkung haben, die gerecht ist. Daher gibt es von uns diesen Entschließungsantrag, den Kollege Matznetter eingebracht hat, der genau diesen Verteilungseffekt entsprechend berücksichtigen würde.

Weil heute das Momentum-Institut immer wieder zitiert wurde: Das Gegenteil ist der Fall. Das Momentum-Institut hat ganz klar festgestellt, dass die Maß­nahmen, die diese Bundesregierung trifft, bei den unteren Einkommen nicht (Zwischenruf des Abg. Weidinger– eben nicht, ja, ist genau der Schluss, ist bis unten gelesen – den gewünschten Effekt hat und nicht abfedert.

Das ist das Problem. Diese Regierung setzt mit dem Budget die falschen Maßnahmen, daher sehen wir diese Punkte sehr, sehr kritisch. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

13.22


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeord­ne­ten, mir wurde von unserer Protokollabteilung gerade mitgeteilt, dass wir – da es eine Reihe an Abänderungsanträgen gegeben hat – für diese Abstimmung ein umfassendes Abstimmungscroquis brauchen, und das wird jetzt noch Zeit in Anspruch nehmen.

Wenn es Ihrerseits und seitens der Fraktionen keinen Einwand gibt, dann würde ich, damit wir auch das Croquis vollständig haben, die Abstimmung auf den


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nächsten Abstimmungsblock, nämlich nach den Tagesordnungspunkten 4 bis 9 verlegen. Wenn Sie damit einverstanden sind, werde ich so vorgehen und die Abstimmungen auf den Zeitpunkt vor den Abstimmungen zu den Tagesord­nungspunkten 4 bis 9 verlegen.

Wir gehen jetzt in der Debatte weiter.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


13.23.47

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Insgesamt profitieren 7,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher von der Abschaffung der kalten Progression. Mit einer der größten Struktur­reformen des österreichischen Steuersystems bleibt mehr Lohn, also mehr Netto vom Brutto.

Wir haben mit der ökosozialen Steuerreform und mit der Abschaffung der kalten Progression unser Steuersystem nachhaltig verändert. Das Ende der schleichen­den Steuererhöhung – und nichts anderes ist die kalte Progression – ist ein Schritt, der lange überlegt wurde und nun von dieser Bundesregierung umge­setzt wird.

Bis 2026 gibt es 20 Millionen Euro Steuerentlastung. (Abg. Krainer: Milliarden!) Wie funktioniert’s? (Abg. Krainer: Milliarden!) – Milliarden, Entschuldigung, ein Versprecher. Danke für den Hinweis, Herr Kollege Krainer! Das ist ein Zeichen, dass Sie meiner Rede aufmerksam zuhören, das freut mich sehr. (Abg. Krainer: So bin ich!)

Mit der Abschaffung der kalten Progression steigen alle Tarifstufen in den kom­menden Jahren um den Inflationswert. Einer Pensionistin oder einem Pensio­nisten mit einer Bruttopension von 1 582 Euro bleiben bis zum Jahr 2026 3 770 Euro mehr in der Geldbörse; das sind fast 1 000 Euro im Jahr. Einer Vollzeitkraft mit 3 170 Euro brutto bleiben bis 2026 4 100 Euro mehr; das sind etwas mehr als 1 000 Euro im Jahr. Für die Bäuerinnen und Bauern wird


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erstmals seit 20 Jahren die Umsatzgrenze der Pauschalierung angehoben. Auch die Einheitswertgrenze für die Teilpauschalierung und Einnahmen- und Aus­gabentätigkeiten werden angepasst. Die Abschaffung der kalten Progression stützt die Kaufkraft und stärkt dadurch die heimische Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Laut Eco Austria – unser Herr Finanzminister hat es bereits erwähnt – bringt das Ende der kalten Progression ein BIP-Wachstum von ungefähr 1 Prozent und eine Beschäftigungserhöhung von ungefähr 37 000 Personen, wobei die Zahl der Arbeitslosen um 20 000 Personen abnehmen wird. 7,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher profitieren. Alleine in meinem Wahlkreis, nämlich in den Bezirken Gänserndorf und Bruck an der Leitha, sind das je 80 000 lohnsteuerpflichtige Menschen und jeweils rund 7 000 Unternehmen.

Neben den Maßnahmen gegen die Teuerung sind eben diese strukturellen Veränderungen, nämlich die ökosoziale Steuerreform und das Ende der kalten Progression, Meilensteine dieser Bundesregierung. Auch die Entscheidung, einen Teil der Abgeltung flexibel zu gestalten, halte ich für eine gute Entscheidung, um auf die vielfältigen Herausforderungen entsprechend situationselastisch zu reagieren.

Ich möchte zum Schluss unseren Herrn Finanzminister zitieren, der in seiner Budgetrede gesagt hat: „Viele Regierungen haben es probiert, viele haben es versprochen, ein paar haben es vielleicht weniger stark probiert, wir haben es geschafft.“ – Gratulation, Herr Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

13.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


13.27.30

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Herr Gesundheitsminister! Werte Kolleginnen


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und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Abschaffung der kalten Progression (eine Tafel mit der Aufschrift „Abschaffung der Kalten Progression“ und einem in einem Kreis platzierten Häkchen auf das Redner:innenpult stellend) ist ein Meilenstein in der Geschichte der Zweiten Republik. Die Abschaffung der kalten Progression wurde seit Jahrzehnten gefordert, und diese Bundesregierung macht es möglich und schafft sie ab. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf das anhand von ein paar Beispielen auch sichtbar machen. Das Beispiel der Mindestpensionistin oder des Mindestpensionisten mit einem monatlichen Einkommen von 1 030 Euro: Mit der Ausgleichszulage bleiben diesen Personen 80 Euro pro Monat mehr. Das sind bei 14 Gehältern in Summe über 1 000 Euro. Das ist ein zusätzliches 15. Gehalt, meine Damen und Herren, das ist keine Kleinigkeit! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Oder nehmen wir das durchschnittliche Einkommen von 2 160 Euro pro Monat. Der Finanzminister hat es heute schon angesprochen: Würde die kalte Pro­gres­sion nicht abgeschafft werden, würde dieses Geld nächstes Jahr nur 2 000 Euro im Monat wert sein. Mit der Abschaffung der kalten Progression sind das im Jahr 370 Euro mehr. Wenn wir das bis 2026 addieren, dann sind das 5 000 Euro netto für dieses durchschnittliche Einkommen.

Meine Damen und Herren, nicht nur die Abschaffung der kalten Progression ist heuer als Entlastungsmaßnahme umgesetzt worden. Es waren viele Beispiele, von Einmalzahlungen bis länger wirksamen Maßnahmen, die umgesetzt worden sind, vom Klima- und Antiteuerungsbonus bis hin zur Unterstützung der vulne­rablen Gruppen, der Arbeitslosen und Pensionisten, von der Sonderfamilien­beihilfe über die Erhöhung der Pendlerpauschale und des Pendlereuros bis hin zur Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrages.

Erstaunlich ist – und da sieht man wieder, dass die Maßnahmen wirken –: Wenn man die untersten 20 Prozent der Einkommensbezieher hernimmt, dann sieht man, dass die Teuerung für diese Gruppe mehr als abgegolten wurde, das ist


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mehr als kompensiert worden. Somit hat diese Bundesregierung auch die not­wendige Umverteilung realisiert und hat es vor allem geschafft, alle Menschen mit geringeren Einkommen besonders zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch eine Unterstützung für die Land- und Forstwirtschaft beschließen wir hiermit. Die Bäuerinnen und Bauern sind mit vielen Herausforderungen konfrontiert, nicht nur mit den klimatischen Bedingungen, sondern vor allem auch mit den volatilen Märkten, aber auch mit Betriebsmittelpreisen, die explodiert sind. Mit der Anhebung der Pauschalie­rungsgrenze bei der Umsatzsteuer von 400 000 auf 600 000 Euro oder auch der Anhebung der Grenze für die Teilpauschalierung von 130 000 auf 165 000 Euro und nicht zuletzt auch mit der Anhebung der Einnahmegrenze für land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit von 40 000 auf 45 000 Euro schaffen wir eine Vereinfachung für die Betriebe.

Eines ist ganz klar: Die Bäuerinnen und Bauern liefern tagtäglich qualitativ hochwertige Lebensmittel, sie decken dreimal am Tag den Tisch mit besten Lebensmitteln und sichern dadurch auch die Lebensmittelversorgung in Österreich. Meine Damen und Herren! Jede und jeder von uns hat es in der Hand, zu beeinflussen, ob die österreichische Landwirtschaft auch in Zukunft noch so bestehen wird. Mit jedem Griff ins Regal, mit jeder Kaufentscheidung können wir zur Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern beitragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind viele Maßnahmen, es sind gute Maßnahmen, die von dieser Bundesregierung umgesetzt werden. Deshalb freue ich mich, wenn auch die Oppositionsparteien, die in der Vergangenheit immer wieder geschrien und gefordert haben, diesen Maßnahmen hier und heute hoffentlich zustimmen werden, denn diese Maßnahmen sind gut, diese Maß­nahmen unterstützen die Österreicherinnen und die Österreicher und deshalb beschließen wir sie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.31



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 151

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


13.31.53

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen auf der Galerie! Kollegin Holzleitner und Kollegin Yılmaz haben mit Bezugnahme auf eine Analyse des Budgetdiensts ausgeführt, dass Frauen durch die Abschaffung der kalten Progression weniger profitieren würden als Männer. Das stimmt. Die Ergebnisse des Budgetdiensts spiegeln da einfach schlicht das, was wir politisch schon lange wissen, wider, nämlich dass Frauen häufiger in jenen Bereichen arbeiten, in denen die Einkommen geringer sind, und dass Frauen eben den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen. Folglich – no na – profitieren sie natürlich weniger von Steuerausgleichsangeboten. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist ein Faktum, ja. Das kann man zur Kenntnis nehmen oder nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir wollen es aber nicht zur Kenntnis nehmen, sondern wir wollen da weiterkommen. Und um weiterzukommen, hat diese Bundesregierung unter anderem mit einer Kindergartenmilliarde (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist alles ein Schwindel!) und mit einer großen Offensive zum Ausbau der Elementarpädagogik endlich zwei wichtige Schritte in Richtung Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gemacht. Das wird unter anderem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Erasim: Kein einziger Betreuungsplatz mehr! Kein einziger!)

Wir haben die Pflegereform auf den Weg gebracht. Wieso ist das frauenpolitisch wichtig, Kollegin Heinisch-Hosek? – Das ist deshalb wichtig, weil in der Pflege vor allem Frauen unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen und mit schlech­ten Löhnen arbeiten. Das verbessern wir. Auch das ist frauenpolitisch ein wichtiger Schritt. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Frau Kollegin, Sie können sich gerne zu Wort melden! Wenn Sie mir hier entgegenbrüllen, verstehe ich die Hälfte nicht. Zwei Dinge kann ich Ihnen aber sagen: Die


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Kindergartenmilliarde (Abg. Kollross: Wo ist die?) und die elementarpädagogische Ausbildungsoffensive werden helfen. Die werden helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Was noch helfen wird – und da sind wir uns einig, Kolleg:innen von der SPÖ –, sind eine erhöhte Lohntransparenz, zeitgemäße Karenzmodelle, die endlich auch die Sorgearbeit, die Sorgeverpflichtung zwischen Männern und Frauen fair partnerschaftlich verteilen, und vieles mehr. Ich kann Ihnen sagen, wir werden als Grüne in der Bundesregierung nicht rasten, bis wir das endlich auch umgesetzt haben. Ich freue mich, da auch die Sozialdemokratie als Verbündete an unserer Seite zu wissen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darüber hinaus noch ein Hinweis: Was Kollegin Holzleitner und auch Kollegin Yılmaz nicht erwähnt haben, ist, dass der Budgetdienst die gesamte Vertei­lungswirkung der drei von der Bundesregierung geschnürten Entlastungs­pakete analysiert hat. Die Abschaffung der kalten Progression ist ja nur ein Teil dieser drei Pakete. Und der Budgetdienst hat alle drei Pakete analysiert. Wie schaut denn die Verteilungswirkung aus, wenn man alle drei Pakete in Summe anschaut? – Na, da kommt man zu einem anderen Ergebnis. Da sagt der Budget­dienst – ich zitiere –: „Das Gesamtentlastungsvolumen der Maßnahmenpakete zum Teuerungsausgleich teilt sich relativ gleichmäßig auf Frauen und Männer auf“. Und weiter – ich zitiere noch einmal aus dieser Analyse des Budget­diensts –: „Bei einer Betrachtung verschiedener Haushaltstypen ist die relative Entlastung der untersuchten Maßnahmen bei Alleinerzieher:innenhaushalten [...] am höchsten.“ (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Erasim: Wir wollen keine relativen Entlastungen, wir wollen echte Entlastungen!)

Die Mehrheit davon sind bekanntlich Frauen. Kolleginnen Yılmaz und Holzleitner, wenn Ihnen diese ein Anliegen sind – ich weiß, dass es so ist –, dann stimmen Sie unter anderem als Frauen und Feministinnen auch deshalb unseren Vorschlägen zu! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte.



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13.35.18

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir betreffend Budget und kalte Progression debattieren, Frau Kollegin von den Grünen, erlauben Sie mir eine Feststellung: Die Kindergartenmilliarde gibt es zwar in Ihren PR-Papieren, aber bei den Gemeinden und Betroffenen gibt es die noch nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Und das ist das Problem Ihrer Regierungsarbeit: Sie reden von Dingen, die in der Realität nicht passieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, Herr Minister, um hier kurz vom Budget zu sprechen: Ein Punkt, der für uns dahin gehend entscheidend ist, dass wir es ablehnen, ist, dass dieses Budget die Inflation nicht senken wird. Deswegen ist dieses Budget kein gutes Budget für Österreich, weil es der dringendsten Problematik, die wir heute haben, nicht gerecht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben gesagt, die Leute können sich auf den Staat verlassen. – Da können sich die Leute eben nicht auf den Staat verlassen, weil Sie beim dringendsten Problem keine Antworten liefern. (Abg. Steinacker: Aber geh!) Und ich sage Ihnen, auch bei der kalten Progression schreibt sich Ihr falsches Denken fort. Wir stimmen dagegen (Abg. Steinacker: Das gibt es ja nicht!), und der Vergleich macht uns da sicher, weil wir Abgeordnete von Ihrer Reform dreimal so viel wie die Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener profitieren. Und das ist nicht gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nicht die Gerechtigkeit, die wir wollen. Da belohnen Sie nicht die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, von denen Sie so gerne sprechen. (Abg. Steinacker: Wir sind auch Leistungsträger!) Deswegen ist die Verteilungs­wirkung falsch und die Sozialdemokratie dagegen.

Drittens gibt es keine Gegenfinanzierung. Die wird es geben, aber auf Kosten der Allgemeinheit. Das heißt, all jene, die sich täglich bemühen, werden zum Schluss wieder zahlen müssen, weil Sie nicht bereit sind, eine Vermögen-


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sbesteuerung einzuführen und Übergewinne abzuschöpfen, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren. Da sind Sie nicht bereit, Ihren Spenderinnen und Spendern wehzutun, und das passiert auf dem Rücken der Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Viertens – die Taten machen ja dann sicher –: Dass Sie die Beibehaltung der CO2-Steuer durchziehen, zeigt Ihren Charakter in dieser Krise. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir zum Schluss eine Feststellung, Herr Minister: Sie haben gesagt, die Inflation ist keine Frage von politischer Ideologie. – Doch, bei Ihnen schon (Abg. Steinacker: Ein Blödsinn!), weil Sie den Markt über alles stellen und jede Regel dort als gottgegeben betrachten. Fragen Sie einmal Ihren Pfarrer am Sonntag, ob der Markt in der Bibel steht! Der wird Ihnen sagen, dass er dort nicht vorkommt, weil es an uns liegt, die Regeln des Marktes festzulegen, und zwar zum Wohle der Allgemeinheit und nicht zum Wohle der wenigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Solange Sie dieses Dogma vor sich hertragen, nämlich dass der Markt unangreif­bar ist und tun darf, was er will, so lange wird es keinen wirklichen Wandel für die vielen in diesem Land geben, sehr geehrter Herr Minister. (Abg. Steinacker: Wir kleines Österreich, wir bestimmen den Weltmarkt! Genau!) Dieses Dogma macht Sie blind für die Einsicht, blind für eine Politik, die den Menschen helfen sollte. Diese Politik, die Sie heute betreiben, bedroht den sozialen Frieden, und das ist traurig, traurig für Österreich, traurig für unser Land. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Die Menschen sehen das aber ein bisschen anders!)

Ja, hier herinnen klatschen Sie noch, aber draußen klatscht überhaupt niemand, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition. (Abg. Steinacker: Das stimmt ja nicht! – Abg. Schmuckenschlager: Für dich klatscht keiner!) Ich sage Ihnen eines, weil Sie es heute angesprochen haben. Die Menschen haben Sorge und Angst, sagen Sie in jeder Rede. – Die haben Angst vor Ihrer Politik, denn die trifft sie draußen! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Genau!)


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Dieses Budget, das Sie heute vorlegen, ist ein Festschreiben Ihres politischen Versagens. Deswegen wird die Sozialdemokratie dagegenstimmen – aus Verantwortung für Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu jetzt niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich muss noch eine kleine Korrektur zu der verlegten Abstimmung machen: Wir müssen die Abstimmung verlegen, damit wir keine Sitzungsunterbrechung machen müssen, aber die Abstimmung erfolgt nach Tagesordnungspunkt 14, weil der Abstimmungsblock dort ist und nicht wie irrtümlicherweise vorhin gesagt nach den Tagesordnungspunkten 4 bis 9. Die verlegten Abstimmungen finden also nach Tagesordnungspunkt 14 statt, um keine Sitzungsunterbrechung machen zu müssen.

Ich verabschiede mich vom und bedanke mich beim Herrn Finanzminister, der bei dieser Debatte natürlich anwesend war. Die Abstimmung dazu erfolgt dann später.

13.40.224. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2810/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1721 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2811/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen


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betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­ge­setz geändert wird (1722 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2737/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neu­regelung der Pensionsanpassung (1723 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2253/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexipension mit Pensionsautomatik (1724 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2788/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (1725 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2670/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (1726 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 9, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden. – Ich begrüße Herrn Bundesminister Johannes Rauch.

Hinsichtlich der einzelnen Ausschussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. – Bitte.



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13.40.54

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich leben an die 2,2 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten. Die Durchschnittspension von Männern beträgt etwa 1 400 Euro, von Frauen circa 1 130 Euro. Damit muss das Leben finanziert werden, damit müssen Miete, Einkauf, Strom, Gasrechnungen und, und, und bezahlt werden. In einer solchen Phase der Inflation, wie es sie wahrscheinlich noch nie zuvor in unserem Land gegeben hat, muss beziehungsweise müsste diesen Menschen rasch geholfen werden.

Die Pensionistinnen und Pensionisten aber werden seit einem Jahr mit dieser Situation eigentlich alleingelassen. Seit einem Jahr haben sie die Sorgen, das Leben nicht mehr finanzieren zu können, am Ende des Monats überlegen zu müssen: Kann ich noch tanken oder Essen kaufen? Das ist die Situation, in die Sie sie gebracht haben, und es wird hoch an der Zeit, dass sich da etwas ändert. Es wird aber auch hoch an der Zeit, dass sich richtig etwas ändert, geschätzte Damen und Herren, denn diese Debatte führen wir jetzt schon die ganze Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Was haben Sie gemacht? Herr Bundesminister, Sie haben verhandelt, dann haben Sie die Verhandlungen einseitig beendet und nicht mehr weiterver­han­delt – das hätten Sie vielleicht tun sollen, – und herausgekommen ist, und das ist Faktum, eine Pensionserhöhung von 5,8 Prozent. (Abg. Loacker: Es gibt ein Gesetz, es gibt nichts zu verhandeln!) Es sind 5,8 Prozent Pensionserhöhung bei 10,5 Prozent Inflation. 5,8 Prozent gegenüber 10,5 Prozent: Das ist die Hälfte, und die Hälfte, geschätzte Damen und Herren, ist uns zu wenig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Kennt ihr den Unterschied zwischen Jahres- und Monats­inflation? Kennt ihr das?)

Sie haben dann vielleicht auch gesehen, dass diese 5,8 Prozent etwas zu wenig sind, und dann haben Sie überlegt: Was tue ich jetzt? Dann sind Sie wieder einmal auf die geniale Idee gekommen: Na da müssen wir Einmalzahlungen


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machen! Ganz Österreich weiß inzwischen, dass diese Einmalzahlungen Unfug sind, ganz Österreich weiß, dass das nicht funktioniert.

Wie war das mit dem 150-Euro-Gutschein? – 10 Prozent haben ihn bis jetzt eingetauscht. Und jetzt der Klimabonus: Statt Geld aufs Konto bekommen die Leute, obwohl sie ein Finanzonlinekonto haben, Sodexo-Gutscheine, und dann stehen sie eine halbe Stunde auf der Post und kriegen trotzdem kein Geld, weil der Post das Geld ausgegangen ist. – Das ist das Einmalgutscheinsystem! Wollen Sie jetzt den Pensionistinnen und Pensionisten auch Sodexo-Gutscheine zuschicken, oder was? Ich meine, wie kommt man auf so eine Idee?! Das frage ich mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Das jetzige System der Einmalzahlungen ist gescheitert. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! Es braucht Kontinuität und Stabilität in der Hilfe, nicht willkürliche Einmalzahlungen. Ich glaube, Sie sind eh draufgekommen, denn Sie trauen sich nicht mehr, es Einmalzahlung zu nennen – jetzt heißt es Direktzah­lung. Das ist die Erkenntnis! Das ist großartig, Herr Bundesminister, sehr gut gemacht, die Lernkurve ist extrem nach oben gegangen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht ein anderes System, Herr Minister, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien. Warum haben Sie sich nicht ein Herz gefasst und ein vernünftiges, faires System für solche Inflationszeiten ausge­arbeitet, damit man nicht willkürlich Einmalzahlungen vergeben muss und klare Zukunftsperspektiven für die Pensionistinnen und Pensionisten hat?

Das wäre es gewesen: Dieses Jahr heranzuziehen und anhand der Zahlen dieses Jahres eine Pensionserhöhung vorzunehmen. Wissen Sie, Sie sind nicht bereit, den Menschen in Österreich zu helfen. (Abg. Michael Hammer: Das ist ein Blödsinn!) Sie weigern sich, das zu tun, was notwendig ist, nämlich endlich die Preise runterzubringen. (Ruf bei der ÖVP: Tut Sie einmal in Wien runter! – Zwi­schenruf der Abg. Ribo.) Das hilft den Menschen beim Einkauf, und es wird am Ende auch unserer Industrie helfen. (Ruf bei der ÖVP: In Wien, in Wien, in Wien!) Die ist jetzt damit konfrontiert, dass das Gas bei uns viermal so viel wie in


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Deutschland kosten wird, und das ist nicht lustig! Das sagt auch Ihre Industrie und das sagen auch die, die etwas davon verstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb, glaube ich, wäre es gut, Sie würden es bleiben lassen und die Rechnung, die Sie bei den Wahlen bekommen, akzeptieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.45

13.45.25*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hammer, für den Zwischenruf „Das ist ein Blödsinn!“ erteile ich Ihnen natürlich einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Welcher? – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer. – Abg. Michael Hammer: Blödsinn darf man schon sagen! – Abg. Leichtfried: Welcher Hammer war das jetzt? – Ruf bei den Grünen: Michael Hammer!) – Herr Abgeordneter Michael Hammer! Er hat sich aber eh ange­sprochen gefühlt. Entschuldigung, ja, da gibt es eine Namensgleichheit. (Ruf bei den Grünen: Danke schön!)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.45.52

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Zuallererst, nach der Rede vom Kollegen Leichtfried: Lieber Beppo Muchitsch, du fehlst! Dann hätten wir nämlich vielleicht eine sozialpolitische Rede gehört, also eine Auseinandersetzung mit dem Thema.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, worum geht es jetzt? – Es geht um das Thema Pensionserhöhungen, Pensionsanpassungen für das Jahr 2023 und darum, wie wir – als Republik Österreich, als Nationalrat und auch die Bundes­regierung – in dieser schwierigen, sehr herausfordernden Zeit mit steigender


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Inflation, mit steigenden Preisen bestmöglich unsere Aufträge erfüllen können, wenn es um die Frage der Sicherung von Pensionen geht.

Ich möchte einmal kurz die Aufgaben, die wir tatsächlich haben, umschreiben: Wir haben zuallererst einmal einen gesetzlichen Auftrag, und dieser gesetzliche Auftrag heißt Wertsicherung. Pensionen sind nämlich Versicherungsleistungen, und wir sind per Gesetz verpflichtet, die Pensionen wertzusichern. – Das ist der erste Auftrag.

Der zweite Auftrag ist ein sozialpolitischer, nämlich die Verhinderung von Altersarmut. Wir haben den Menschen gerade auch in diesen schweren Zeiten ein Altern in Würde zu ermöglichen.

Wir haben aber auch einen dritten Auftrag, nämlich einen wirtschaftspolitischen Auftrag – der wird, wenn es um die Frage von Pensionserhöhungen geht, sehr oft ausgeblendet. Wir gehen nämlich in Richtung einer ziemlichen Wirtschafts­krise (Abg. Wurm: Wir sind mittendrin in der Wirtschaftskrise!), und da geht es auch darum, Einkommen zu stabilisieren – auch derjenigen, die in Österreich Pen­sionen beziehen, und das sind 2,2 Millionen Menschen. Diese 2,2 Millionen Menschen leisten einen ganz wesentlichen Beitrag dazu, in der Krise die Nach­frage und die Konjunktur zu stabilisieren.

Wir haben zuletzt auch den Auftrag, unser Pensionssystem nachhaltig finan­zierbar zu halten. Auch das ist eine zentrale Aufgabe, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem, was wir heute hier beschließen werden, mit den Pensionserhöhungen, versuchen wir nicht nur, diesen Aufträgen nachzukommen, ich glaube, wir erfüllen sie auch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist halt nicht so, dass man irgend­welche willkürlichen Zahlen für eine gesetzliche Anpassung heranziehen kann, sondern es gibt eine gesetzliche Regelung. Es gibt außerdem den Begriff der rol­lierenden Inflation, den wir vermutlich seit den Kollektivvertrags­ver­hand­lungen heuer kennen; das geht eben über zwölf Monate, und über diesen Zeitraum wird die Inflation herangezogen und entsprechend dieser Inflation werden dann eben


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im Nachhinein Sozialleistungen – wir werden ja nachher noch darüber abstim­men –, aber auch Pensionen erhöht. Dieser Anpassungsfaktor ist 5,8 Prozent – der ist valide, der ist gesichert, das ist keine Spekulation, wie es der SPÖ vorschwebt, das ist klar – und um diesen Anpassungsfaktor werden die Pensionen zuallererst einmal erhöht. – Das ist der erste Schritt.

Der zweite Schritt ist: Wir wissen natürlich, dass sich die Einkommenssituation und die Inflation weiter verschärfen, und genau deswegen haben wir eben auch diese Einmalzahlung, diese Direktzahlung von einem Drittel der Pension bis zu 500 Euro – abschleifend bis 2 500 Euro – für die durchschnittlichen, für die niedrigen und für die mittleren Pensionen im nächsten Jahr vorgesehen. Wenn wir diese Einmalzahlung zur Pensionserhöhung dazuzählen, kommen wir interessanterweise auf eine durchschnittliche Pensionserhöhung von 8,2 Pro­zent. (Abg. Belakowitsch: Na ja, zwischen 8,2 und ...!) Das entspricht in etwa der Inflation.

Wissen Sie, was mich sehr ärgert? – Hier herinnen – Kollege Leichtfried hat es vorhin wieder gemacht – wird über die Einmalzahlungen immer so geredet: Was ist denn das schon?! Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen!, wurde in Aussendungen schon behauptet, oder auch: Einmalzahlungen sind Rosstäu­sche­rei! Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist leider schon so, dass der Standort nur allzu oft den Standpunkt bestimmt, denn: Wissen Sie, wie oft unter SPÖ-Sozialminister:innen im Rahmen des Pensionssystems Einmalzahlungen getätigt wurden? – Ganze vier Mal: 2007, 2008, 2009, 2016. (Abg. Wurm: Aber die Blauen, die Blauen!) Weil Kollege Wurm schon dasteht (Abg. Wurm: Ja! Jetzt sag’s!): unter FPÖ-Sozialministern 2001, 2002, 2003, 2004.

Ich kann mich nicht erinnern, dass damals von irgendeinem sozialdemokratischen Abgeordneten oder von irgendeinem freiheitlichen Abgeordneten von Ross­täuscherei (Abg. Hörl: Sind die Blauen Spezialist bei der Rosstäuscherei!), von Dumm-Verkaufen, von Verpuffen, von sonst etwas die Rede war. – Nein. Man war eher stolz darauf, das gemacht zu haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, dank dieser Maßnahmen schaffen wir es tatsächlich auch, in dieses Pensionssystem, in diese Pensionserhöhungen eine sozial gerechte Staffelung zu bringen, indem bei den niedrigsten Pensionen, den Mindestpensionen, die Ausgleichszulage auf 1 110 Euro erhöht wird – das ist ein Plus von 7,8 Prozent, mit der Einmalzahlung kommt man auf über 10 Prozent. Bei der durchschnittlichen Pension – das habe ich schon erwähnt – kommt man auf 8,4 Prozent, und wir ziehen einen Deckel ein, sodass die Bezieher:innen von Sonderpensionen, von hohen Pensionen maximal das bekommen, was eben aufgrund der 5,8 Prozent bis zur Höchstbeitragsgrundlage ausbezahlt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine Maßnahme! Diese Pensi­onserhöhung ist eine zentrale, wichtige Maßnahme für 2,2 Millionen Menschen in diesem Land, um die Teuerung, die Inflation und diese Krise bestmöglich bewältigen zu können. Es werden weitere Maßnahmen heute noch hier beschlossen, es wird auch künftighin noch weitere Maßnahmen geben, aber das ist ein wesentlicher, wichtiger Schritt.

Ja, wir tun unser Bestes! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.51


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Peter Wurm, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


13.51.38

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ja, Herr Kollege Koza (Abg. Belakowitsch: Peter, erklär es ihm einmal!), den Grünen fehlt nicht nur in der Sozialpolitik die Kompetenz, sondern generell in der Regierungsarbeit. Das kann ich auch kurz erklären, und nicht alles, was ein Vergleich ist, hinkt – oder umgekehrt.

Zu dem, was Sie bezüglich 2001 bis 2003 sagen – um die Jahrtausendwende herum –: Da hatten wir eine Inflation von 1,3 Prozent. (Abg. Koza: Es geht um die Sache!) Ich habe es Ihnen im Ausschuss schon erklärt, Sie haben es immer noch


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nicht verstanden. Wir haben außergewöhnliche Zeiten. Wir haben aktuell 10,5 Prozent monatliche Inflation, Tendenz weiter steigend und fortschreibend, und deshalb ist diese Pensionserhöhung mit 5,8 Prozent – und so viel ist es – natürlich in Zeiten wie diesen nicht ausreichend.

Jetzt kann man versuchen, das schönzureden, wie die ÖVP oder auch die Grünen das machen, die Realität ist aber eben eine andere: 5,8 Prozent. Ich sage es auch noch einmal dazu: Natürlich kostet auch diese 5,8-Prozent-Erhöhung den Staat, den Steuerzahler Geld. Das sind netto in etwa 2,5 Milliarden Euro, die diese Pensionserhöhung kostet. Allerdings haben wir halt außergewöhnliche Zeiten und natürlich leiden die Pensionisten, vor allem jene mit geringen Pen­sionen, in diesen schwierigen Zeiten ganz massiv.

Ich habe versucht – oder wir haben versucht –, eine Pensionserhöhung von 10 Prozent durchzubringen. Da sind wir leider gescheitert. 10 Prozent wären der aktuellen Inflationsrate in etwa angepasst und hätten den Pensionisten auch wirklich nachhaltig, zumindest einmal für das kommende Jahr, einen gewissen Spielraum gegeben, um ihr Leben sinnvoll zu fristen. Diesen Spielraum wollen die ÖVP und die Grünen den Pensionisten nicht geben.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass der Durchschnittspensionist mit in etwa 100 Euro brutto pro Monat mehr profitiert. Ich darf aber auch auf die Luxuspensionisten mit 10 000 Euro und mehr hinweisen – und da gibt es noch rund 40 000 in Österreich, die diese vier Parteien auf Dauer abgesichert haben. Auch die Sozialdemokratie profitiert davon im Übrigen mit 4 600 Euro mehr Pension. (Abg. Leichtfried: Die Sozialdemokratie kriegt keine Pension!) Auch das wollten wir verhindern, und auch da sind wir als Freiheitliche leider allein geblieben. – Geschätzte Sozialdemokratie, das ist eure Erbsünde! Noch einmal: Das könnt ihr keinem erklären. Luxuspensionisten, auch Sozialdemokraten, bekommen übers Jahr eine Erhöhung von 4 600 Euro – das bekommen die mehr! Das kann keiner erklären! Und ich kann euch nur noch einmal auffordern: Wir sind seit Jahren bereit, dieses Problem endgültig zu bereinigen, und ich hoffe, dass ihr endlich einmal mitgeht, wenn es um echte Realpolitik geht.


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Man muss eines noch erwähnen, und zwar: Die berühmte 45-Jahre-Hackler­pension wurde abgeschafft – in Zeiten wie diesen ist das komplett falsch. Man sollte, wenn die Leute 45 Jahre arbeiten, sie dementsprechend auch belohnen, weil es immer weniger werden, die das leisten.

Parallel dazu haben wir im letzten Ausschuss und auch hier im Plenum einen Antrag eingebracht, die Möglichkeit zu schaffen – speziell in Zeiten wie diesen –, dass Pensionisten, die in der Regelpension sind, natürlich auch in der Pension dazuverdienen dürfen, ohne bürokratische Hürden, ohne dass steuerlich oder von der Sozialversicherung immer entsprechend abkassiert wird. Viele Pen­sionisten würden das gerne machen, weil sie eben aktuell mit ihrer Pension nicht über die Runden kommen. (Abg. Steinacker: Das dürfen sie eh!)

Auf der anderen Seite haben wir einen Facharbeitermangel in der Pflege, Gastronomie, sonst wo, und alle vier Parteien lehnen das ab – im Übrigen auch die NEOS, wobei Herr Loacker das einmal erklären sollte, warum er es in seiner Rede fordert, aber dann bei den Anträgen ablehnt. Was spricht dagegen, auf freiwilliger Basis für Pensionisten die Möglichkeit zu schaffen, dazuzuverdienen, ohne sie steuerlich zu belasten?

Das wäre eine Möglichkeit, den Pensionisten ein Zusatzeinkommen zu geben und auf der anderen Seite auch den Fachkräftemangel dementsprechend zu lindern. (Abg. Hörl: Sehr g’scheit!) – Ja, aber dann müsst ihr einmal mitstimmen! Wir haben viele gescheite Vorschläge, Kollege Hörl, du weißt das! Ihr müsst sie aber irgendwann einmal umsetzen. Und wenn die Grünen nicht mitgehen: Wir sind für sinnvolle Vorschläge jederzeit offen, Herr Kollege Hörl von der ÖVP!

Abschließend noch einmal: Das, was Sie den Pensionisten jetzt – unter Anführungszeichen –„geben“, ist das, was Sie gesetzlich machen müssen. Sie lösen aber natürlich nicht die Probleme, die aktuell da sind. Ich sage es noch einmal – wir haben es ja mehrmals wiederholt –: Die Ursache, warum wir dieses Problem – Inflation, Teuerung und so weiter – haben, das ist a) die Corona­politik – Kosten von 100 Milliarden Euro – und b) die unsägliche Sank­tionspolitik


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in Richtung Russland; und das zahlen unter anderem auch die Pensionisten mit. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.


13.56.58

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese gesetzliche Pensionsanpassung ist treffsicher, sie ist sozial ausgewogen und sie deckt die zu erwartende Inflation des heurigen Jahres für den Großteil der Pensionistinnen und Pensionisten ab.

Ich möchte Ihnen das erläutern: Wir haben ein gestaffeltes System vorgelegt. 5,8 Prozent ist der gesetzliche Anpassungsfaktor. Wann wird dieser ermittelt? – Von Juli bis Juli. Seit vielen, vielen Jahren ist das gesetzlich verankert. Und weil es von Kollegen Wurm gerade gesagt wurde: Müssen tut das die Regierung nicht! Es ist gescheit, das zu tun, und in den letzten Jahren haben wir das über­erfüllt. Diese Bundesregierung schließt jedes Jahr (Abg. Belakowitsch: Nein!) für die Pensionistinnen und Pensionisten – für einen Teil der Pensionistinnen und Pensionisten – höher ab, als der gesetzliche Anpassungsfaktor aussagt. Es hat aber Jahre gegeben, unter SPÖ-Bundeskanzlern und SPÖ-Sozialministern, in denen das nicht der Fall war (Abg. Belakowitsch: Unter ÖVP-Beteiligung!), in denen man die diesem Wert entsprechende Erhöhung nicht gegeben hat. (Abg. Belakowitsch: Wer war denn damals Sozialsprecher? 11, 12!)

Und da muss man schon sagen: Da herzugehen und zu sagen, das sei zu wenig und nicht entsprechend angepasst, das weise ich einfach zurück. Es sind 4 Milliarden Euro brutto, die für die gesetzliche Pensionsanpassung verwendet werden, und wir bilden die zu erwartende Inflation mit dieser Pensions­anpas­sung für die Pensionistinnen und Pensionisten ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Zum Zweiten möchte ich eines schon erwähnen: Wir können ja nicht einfach komplett ausklammern, was wir an Zahlungen bereits geleistet haben. Das kann man ja alles auch nachweisen: Wir haben mittlerweile drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Um das für das heurige Jahr zu beziffern: Da bekommt zum Beispiel eine Mindestpensionistin – diese hat derzeit 1 030 Euro brutto – alleine im heurigen Jahr 1 948 Euro dazu. Das sind für diese Mindestpensionistin de facto zwei zusätzliche Monatspensionen. Das ergibt einen Wert von über 14,5 Prozent. Das heißt, wir bilden mehr als die zu erwartende Inflation des heurigen Jahres ab.

Ein anderes Beispiel: Bei einer Pensionistin mit 1 300 Euro brutto sind es 1 605 Euro – das entspricht 9,44 Prozent –, oder bei einer Pension von 1 500 Euro brutto ist es eine Abgeltung von 8,45 Prozent, was der heurigen Inflation entspricht.

Das heißt, wir haben bereits Gelder in Höhe der heurigen Inflation überwiesen, und für das kommende Jahr decken wir bei den Mindestpensionisten einen Wert von 10,2 Prozent ab. Die Mindestpension wird von 1 030 Euro auf 1 110 Euro angehoben, und den weiteren Bereich bilden wir durch die 5,8 Prozent und eine Einmal- oder Direktzahlung ab. Mir ist eigentlich egal, wie man das nennt, weil es den Menschen egal ist. Es ist brutto für netto; Geld, das sie Anfang März über­wiesen bekommen, und darum geht es. Bei 1 500 Euro sind es 450 Euro, bei 2 000 Euro sind es 500 Euro, die diese Menschen überwiesen bekommen. Für diese Pensionistinnen und Pensionisten, meine Damen und Herren, ist es wahnsinnig viel Geld, 500 Euro netto zu haben. Das ist viel Geld für diese Men­schen, die das brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dann haben wir die 5,8 Prozent eigentlich wertgesichert. Eines möchte ich schon noch dazusagen: Was heißt denn das jetzt für das kommende Jahr? Seit August wird ja jetzt wieder beim gesetzlichen Anpassungsfaktor bis Juli des nächsten Jahres weggerechnet. Wir haben jetzt eine Inflation von 10 Prozent. Hoffentlich geht sie in den kommenden Monaten nach unten, aber es wird ein Wert ermittelt, der aus meiner Sicht deutlich höher ist als die 5,8 Prozent, die im


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heurigen Jahr stattgefunden haben (Abg. Wurm: Die Basis ist ja höher!), und wir als Bundesregierung und als Regierungsfraktionen bekennen uns dazu, weil wir das auch in den letzten beiden Jahren hier abgebildet haben und auch jetzt tun. Wir werden das abbilden. Ja, was sollen wir denn noch tun? Jetzt den ganzen Prozentsatz geben? Nächstes Jahr wieder den ganzen Prozentsatz geben und die Direktzahlungen dazu? (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren der SPÖ, es ist unseriös, das, was Sie in Regierungs­verantwortung nie gemacht haben, jetzt von dieser Regierung einzufordern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Pensionistinnen und Pensionisten können sich auf diese Bundesregierung verlassen, aber bleiben wir bei den Methodiken und bei den Anpassungs­faktoren, wie sie jetzt seit 20 Jahren gehandhabt werden und wie sie auch gesetzlich verankert sind. Wir decken die Inflationswerte für den absoluten Großteil der Pensionistinnen und Pensionisten ab. Die Menschen der älteren Generation können sich auf ÖVP und Grüne verlassen, weil wir wissen, dass sie einen ganz wesentlichen Beitrag für unseren Staat, für unseren Wohlstand und für unser Land insgesamt geleistet haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.02.11

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn es um die Pensionserhöhung geht, möchte ich mit einem positiven Aspekt beginnen. Der Herr Bundesminister hat den völlig absurden Forderungen der Seniorenvertreter nach 10 Prozent Pensions­erhö­hung nicht nachgegeben und sich mit den 5,8 Prozent im Wesentlichen an den gesetzlichen Prozentsatz gehalten, und das ist gut und richtig so. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wöginger.)


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Bei diesen Gesprächen über die Pensionserhöhung sitzen nämlich die Jungen, die das zahlen müssen, gar nicht am Tisch. Am Tisch sitzen die Luxuspensio­nisten Kostelka und Korosec, die natürlich mit Monatspensionen im vier- und fünfstelligen Bereich leicht hupen haben, aber die Jungen, die das alles finan­zieren müssen, werden nicht einmal gefragt. Wenn jetzt die Pensionserhöhung in Summe 4 Milliarden Euro ausmacht (Abg. Wurm: Brutto!), nur die Erhöhung 4 Milliarden Euro, dann ist das eine gewaltige Summe Geld, die wir in andere Budgetbereiche eben nicht zusätzlich hineinstecken können; und es ist auch zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Pensionistinnen und Pensionisten zusätzlich zu dieser Erhöhung ja mehrere Einmalzahlungen erhalten haben, die in Summe mehr ausmachen als eine 15. Pensionszahlung. Das muss man alles einmal sehen.

Wenn da von den Sozialdemokraten und von den Freiheitlichen Forderungen nach 10 Prozent Pensionserhöhung, nach einer Verschiebung der Monate, nach denen man die Erhöhung berechnet, aufgestellt werden, muss ich schon sagen: Bitte überlegt einmal, was ihr machen würdet, wenn ihr in der Regierung wärt! Das würdet ihr alles nicht machen, wenn ihr die Verantwortung hättet. Diesen Anspruch stelle ich schon an eine Oppositionspartei, dass man wenigstens überlegt: Könnte ich das verantworten, wenn ich selbst in der Regierung wäre? (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: Könnte ich!)

Wir sind mit der Pensionserhöhung nicht ganz glücklich, weil für die Einmal­zahlung, die da zugesagt ist, 650 Millionen Euro in die Hand genommen werden und diese Einmalzahlung natürlich wieder nicht treffsicher ist, weil als Kleinpensionist auch jemand gilt, der 30 Jahre in der Schweiz und zehn Jahre in Österreich gearbeitet hat und daher aus Österreich eine kleine Pension bekommt; und der bekommt dann eine schöne Einmalzahlung dazu. Wofür eigentlich? Vielleicht sind diese Leute ganz gut versorgt.

Man muss auch eines noch sagen: In Österreich steigen die Einkommen der Pensionisten insgesamt stärker als die Einkommen der aktiv Erwerbstätigen. Das


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hat die OECD errechnet. Also wir reden da über eine Bevölkerungsgruppe, für die in unserem gut ausgebauten Sozialsystem auch gut gesorgt ist.

Es gibt noch einen Fehler im Gesetz für die Pensionserhöhung heuer, und zwar: Entgegen der Zusage, man wolle das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche heranführen, enthält dieses Gesetz einen Anreiz, früher in Pension zu gehen, und zwar besser schon im November oder Dezember 2022 als im Jänner 2023, weil jemand, der im Dezember dieses Jahres in Pension geht, noch 2,9 Prozent Pensionserhöhung bekommt – einen Monat danach. Man muss nur einen Monat in Pension sein und bekommt schon 2,9 Prozent Pensionserhö­hung! So schnell kann sich keine Pension der Welt entwerten. Wir haben ja nicht die Inflationsraten der Türkei, wir sind hier schon noch in Österreich.

Da muss ich ein Zitat des Finanzministers herausziehen: „Nicht alles, was populär ist, ist auch vernünftig.“ Dieser Anreiz zu einem vorzeitigen Pensionsantritt gehört dazu.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (ASVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 775 der Absatz 6.

Art. 2 (GSVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 401 der Absatz 6.

Art. 3 (BSVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 395 der Absatz 6.


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*****

Das Pensionsloch wird von heuer 22,7 Milliarden Euro auf in vier Jahren 32,7 Milliarden Euro aufreißen. Da sehen Sie, was für eine Dynamik das hat: von 22,7 auf 32,7 Milliarden in nur vier Jahren! Da sieht man auch: Wir haben ein Strukturproblem bei den Ausgaben. Wir haben kein Einnahmenproblem, und es kommt auch nicht darauf an, ob die kalte Progression jetzt zu zwei Dritteln oder ganz abgeschafft wird. Wir haben ein gewaltiges Ausgabenproblem. Die Schweizer und die Schweden arbeiten im Schnitt vier Jahre länger als die Öster­reicher. Ja, und auch dort gibt es Bauarbeiter, die schwere Jobs haben, und die schaffen diesen Schnitt auch mit den schweren Jobs, und das können die Österreicherinnen und Österreicher auch.

Irgendwann einmal wird man zu den Menschen ehrlich sagen müssen: Wir freuen uns, dass wir alle länger leben, aber wir müssen einen Teil der zusätz­lichen Lebenserwartung im Erwerbsleben verbringen, es geht einfach nicht anders. (Beifall bei den NEOS.)

14.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2810/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1721 d.B.) - TOP 4

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:


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Art. 1 (ASVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 775 der Absatz 6

Art. 2 (GSVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 401 der Absatz 6

Art. 3 (BSVG) wird wie folgt geändert:

In Z 4 entfällt im § 395 der Absatz 6

Begründung

Reparatur des Pensionserhöhungsgesetzes

Das Pensionserhöhungsgesetz 2023 sieht vor, dass sämtliche Pensionsneuzugänge 2022 eine erstmalige Pensionserhöhung von mindestens 2,9 Prozent erhalten. Damit steigen jene Pensionsneuzugänge, die Anfang 2023 ihre Pension antreten, schlechter aus, als jene, die ihre Pension bereits Ende 2022 antreten, da die Pensionsneu­zu­gänge 2022 noch die außerordentliche Erhöhung von 2,9 Prozent mitnehmen. Das bedeutet auf individueller Basis, dass jemand, wenn er bereits Ende 2022 in Pension gehen könnte, sich aber für einen Pensionsantritt Anfang 2023 entschieden hat, bei der Pensionshöhe schlechter aussteigt, weil die 2,9 Prozent Sonderpensionserhöhung bei Pensionsantritt 2022 höher sind als die Zuschläge für einen späteren Pensi­onsantritt 2023. Deshalb soll mit diesem Antrag das Gesetz repariert werden, indem in Artikel 1, 2 und 3 jeweils die Bestimmungen zur außerordentlichen Mindest-Pensionserhöhung von 2,9 Prozent für die Pensionsneuzugänge 2022  gestrichen werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Bundesminister.



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14.07.24

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich zu Beginn eines klarstellen: Oft wird beklagt oder so getan, als wären die österreichischen Pensionen und das österreichische Pensionssystem nicht sicher – damit kann man Menschen verunsichern. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es ist sicher, und der Durchrechnungszeitraum, der im Gesetz verankert ist, garantiert dafür, dass die Pensionen, die heute ausbezahlt werden, auch wertgesichert werden.

Vielleicht muss man noch einmal erklären, wie dieser Durchrechnungs­mecha­nismus läuft. Klug und im Gesetz verankert ist, dass nicht die Inflationsrate eines einzelnen Monats herausgegriffen, sondern ein gesamtes Jahr betrachtet wird – eben der Durchrechnungshorizont von letztem Sommer bis Sommer dieses Jahres, also ein gesamtes Jahr betrachtet wird, und da kommt man dann auf diese 5,8 Prozent. Die bilden nicht die augenblickliche Inflationsrate ab, die jetzt bei 10 Prozent liegt, aber den Durchschnitt aller zwölf Monate davor, und damit sind die zwölf Monate mit 5,8 Prozent eingepreist.

Im nächsten Jahr passiert dasselbe. Das heißt, beim nächstjährigen Durchrech­nungshorizont wird die aktuell hohe Inflation auf den letzten Zehntelpro­zentpunkt genau abgebildet, genau mit diesem Mechanismus. Das garantiert, dass die Inflation, die wir haben, durchgerechnet auf ein Jahr, abgegolten wird. Das ist ein kluger Mechanismus. Er ist gerecht, und er sorgt dafür, dass bei den Pensionen niemand sozusagen inflationsbedingt einen Einkommensverlust hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt wissen wir, dass vor allem Menschen mit kleinen Pensionen und Aus­gleichszulagenbezieher:innen von der Teuerung besonders stark betroffen sind. Das war ja der Grund dafür, warum die Bundesregierung bereits im heurigen Jahr – der Klubobmann der ÖVP hat es ausgeführt – die Hilfen auf den Weg gebracht hat. Die Inflation des heurigen Jahres ist mit den Auszahlungen, die stattgefunden haben, abgegolten. Die durchschnittliche Auszahlung lag zwischen


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1 400 und 1 900 Euro pro Pension. Damit ist sichergestellt – besondere Hilfe in besonderen Zeiten –, dass die besonders hohe Inflation jetzt abgegolten wird.

Im kommenden Jahr – wissend, dass die jetzt hohe Inflation erst dann durch die Durchrechnung des gesamten Jahres abgegolten wird – werden wir die Abgel­tung wieder mit einer Sonderzahlung im März vorziehen. Auch das ist dem Umstand geschuldet, dass wir wissen, dass im Laufe des Winters, im Laufe des Frühjahrs Zahlungen in Pensionistenhaushalten aufschlagen werden, die es notwendig machen, diese Hilfe zu verankern. Das, finde ich, ist klug und sozial ausgewogen. Wir kommen damit, das sei schon gesagt – das haben alle Regierungen davor auch gemacht, nämlich die Dinge zusammengerechnet und dargestellt –, auf 10,2 Prozent plus bei den Bezieher:innen der Ausgleichszulage, auf 8,2 Prozent plus bei den kleinen und mittleren Pensionen und dann, ab 2 360 Euro Pension, gibt es eben die 5,8 Prozent. Das ist sozial ausgewogen, das ist budgetär nachhaltig und das ist im Prinzip klar umgesetzt auch eine gute Pen­sionspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum Kollege Loacker nicht ganz unrecht hat, wenn er budgetäre Nachhal­tig­keit einmahnt: Das ist dem Umstand geschuldet, dass wir eine demografische Entwicklung haben, die sich halt so darstellt, dass wir im Jahr 2015 die Situation hatten, dass in etwa vier Erwerbstätige einen Pensionisten, eine Pensionistin erhalten haben; im Jahr 2040 wird das so sein, dass zwei Erwerbstätige eine Pensionistin, einen Pensionisten finanzieren. Das heißt, der Anteil der über 65-Jährigen steigt signifikant an, und es ist schon auch Aufgabe, neben der sozialen Gerechtigkeit auch die budgetäre Nachhaltigkeit im Auge zu behalten, weil wir uns sonst Spielräume für gelebte Sozialpolitik nehmen, die wir in den nächsten zehn, 20 Jahren brauchen werden. Deshalb kann ich gut und gerne argu­mentieren: Diese Pensionserhöhung ist sozial ausgewogen und auch budgetär nachhaltig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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14.12.15

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Letzte Woche habe ich in den „Salzburger Nachrichten“ einen Kommentar zu den Pensionserhöhungen mit einem sehr interessanten Gedankenspiel gelesen: „Man stelle sich vor: Eine SPÖ-geführte Regierung hätte in den vergangenen Jahren die kleinsten Pensionen mehrmals deutlich aufge­wertet.“ Diese SPÖ-Regierung „wäre es gewesen, die“ genau an diese Personen zusätzlich zu den anderen Hilfen gegen die Teuerung noch 600 Euro ausbezahlt hätte. – Es geht weiter: Dann hätte diese SPÖ-Regierung auch die „Pension­serhöhung für 2023“ angekündigt, die sozial gestaffelt ist und „die für Mindest­pensionisten ein Plus im Wert von gut zehn Prozent bedeutet. Jede Wette: Der Jubel wäre groß gewesen.“ (Beifall bei den Grünen.)

Die Realität ist aber eine andere: Die SPÖ jubelt nicht, sie kommt vor lauter Empörung gar nicht dazu. Warum? – Sie unterstellt uns, wir würden weg­schauen, während Menschen mit niedrigen Pensionen, Mindestpensionist:innen, verarmen: Das, was wir machen, sei alles nicht genug, dann noch diese Sofort­zahlungen, dann noch die 5,8 Prozent und, und, und.

Was bleibt aber, wenn wir von dieser Empörung einmal absehen und uns wirklich die Fakten anschauen? – Dann sehen wir, dass wir Grüne mit unserem Koalitionspartner im Jahr 2020 das erste Mal die Ausgleichszulage auf 1 000 Euro angehoben haben. (Beifall und Bravoruf bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sehen, dass die Ausgleichszulage auch heuer deutlich erhöht wurde. Mit Direktzahlungen reden wir da von einem Plus von 10,2 Prozent. Pensio­nist:innen, die eine Ausgleichszulage beziehen, sind am stärksten von Armut betroffen, das wissen wir. Wir Grüne schauen nicht weg, auch die Regierung schaut nicht weg (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Gerade in schwierigen Zeiten – und das sind im Moment schwierige Zeiten – können sich die Pensionist:innen auf uns verlassen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Sieber.)


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Eine gestaffelte Pensionserhöhung, eine nachhaltige Pensionserhöhung: Wir reden von 4,1 Milliarden Euro. Bei der Frage, wie hoch die Pension jährlich ausfällt, also die Pensionserhöhung – das haben meine Vorredner:innen auch schon gesagt –, ist es nicht so, dass sich die Regierung das nach Lust und Laune zusammenrechnet. Es gibt ein Gesetz, das vorschreibt, dass die Pensions­erhöhung an die Inflation angepasst wird, und das ist transparent, und das ist auch gut so. Auch der Berechnungszeitraum ist nicht irgendwie zusammen­gestellt, sondern er ist immer vom August des Vorjahres bis Juli dieses Jahres; und die Erhöhung heuer: 5,8 Prozent – alles klar nachvollziehbar.

Was dieses Jahr natürlich anders ist – und das stimmt, das ist so –, ist, dass die Inflation gerade in den letzten Monaten sehr hoch ist. Genau da setzen wir mit Sofortmaßnahmen, mit den Sofortzahlungen an. Sie helfen schnell und ziel­gerichtet – Kollege Leichtfried ist jetzt leider nicht da, aber genau das hat er heute hier auf diesem Platz vor mir gefordert: zielgerichtete und schnelle Hilfe –, und das weiß die SPÖ auch. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)

Auch die SPÖ – das hat mein Kollege bereits gesagt – hat, genauso wie die FPÖ, in der Vergangenheit bei den Pensionserhöhungen zu Einmalzahlungen ge­griffen. Das wissen alle, aber anscheinend ist Vergesslichkeit bei Populismus auch sehr hilfreich.

Es ist immer zu hören: Es braucht strukturelle, längerfristige, nachhaltige Verän­derungen! – Ja, die braucht es, das wissen wir auch, aber ganz ehrlich: Wie lange hatte eine SPÖ Zeit, um diese strukturellen Veränderungen herbeizuführen? – Sehr, sehr lange. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann zum Schluss sagen: Zum Glück zählt am Ende des Tages nicht die Empörung, es zählt auch nicht das große Geschrei. Für die Pensionist:innen zählt, was am Konto ankommt (Abg. Belakowitsch: Das ist ja genau das Problem!), und wir zeigen, dass auf uns Verlass ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ganz zum Schluss bringe ich noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten August Wöginger, Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf


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im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1721 der Beilagen über den Antrag 2810/A betreffend Pensionsanpassungsgesetz 2023 (TOP 4) ein.

Der Antrag wurde verteilt.

Kurz zur Begründung: „Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen Redak­tions­versehen beseitigt werden bzw. redaktionelle Klarstellungen erfolgen.“

*****

Bitte um Annahme. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Markus Koza

und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1721 der Beilagen über den Antrag 2810/A betreffend ein Pensionsanpassungsgesetz 2023

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a) Im § 775 Abs. 1  in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „sowie Abs. 2 und 2a“ durch den Ausdruck „und Abs. 1a bis 2a“ ersetzt.

b) Dem § 775 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 wird folgender Schlusssatz angefügt:

„Dies gilt auch in den Fällen des Abs. 6.“

c) Im § 775 Abs. 2 zweiter Satz in der Fassung der Z 4 entfällt der Ausdruck „Pen­sionen, die nach § 108h Abs. 1a vorletzter Satz für das Kalenderjahr 2023 nicht anzupassen sind,“.


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d) Im § 775 Abs. 2 dritter Satz in der Fassung der Z 4 wird nach dem Ausdruck „darauf Anspruch hat“ der Ausdruck „und die Leistung für das bzw. im Jahr 2023 anzupassen ist“ eingefügt.

e) Im § 775 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „zwei oder mehrere Pensionen“ durch den Ausdruck „eine oder mehrere Pensionen“ ersetzt.

f) Dem § 775 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird folgender Satz angefügt:

„Auf den so ermittelten Anteil des Erhöhungsbetrages ist § 108h Abs. 1a erster Satz entsprechend anzuwenden.“

g) Im § 776 Abs. 2 erster und zweiter Satz in der Fassung der Z 4 wird jeweils der Ausdruck „am 31. Jänner 2023“ durch den Ausdruck „im Jänner 2023“ ersetzt.

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im § 401 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „sowie Abs. 2 und 2a“ durch den Ausdruck „und Abs. 1a bis 2a“ ersetzt.

b) Dem § 401 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 wird folgender Schlussatz angefügt:

„Dies gilt auch in den Fällen des Abs. 6.“

c) Im § 401 Abs. 2 zweiter Satz in der Fassung der Z 4 entfällt der Ausdruck „Pensionen, die nach § 50 Abs. 1a vorletzter Satz für das Kalenderjahr 2023 nicht anzupassen sind,“.

d) Im § 401 Abs. 2 dritter Satz in der Fassung der Z 4 wird nach dem Ausdruck „darauf Anspruch hat“ der Ausdruck „und die Leistung für das bzw. im Jahr 2023 anzupassen ist“ eingefügt.

e) Im § 401 Abs. 2 letzter Satz in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „Pensions­anpassung zum 1. Jänner 2022“ durch den Ausdruck „Pensionsanpassung zum 1. Jänner 2023“ ersetzt.

f) Im § 401 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „zwei oder mehrere Pensionen“ durch den Ausdruck „eine oder mehrere Pensionen“ ersetzt.

g) Dem § 401 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird folgender Satz angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 178

„Auf den so ermittelten Anteil des Erhöhungsbetrages ist § 50 Abs. 1a erster Satz entsprechend anzuwenden.“

h) Im § 401 in der Fassung der Z 4 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 eingefügt:

„(4) Bei Hinterbliebenenpensionen, für die sich am 31. Dezember 2022 durch die Anwendung des § 145 Abs. 2 oder 6a kein Auszahlungsbetrag ergibt, ist abweichend von den Abs. 1 und 2 die mit dem Hundertsatz von 60 bemessene Pension mit dem Anpassungsfaktor für das Kalenderjahr 2023 zu vervielfachen.“

i) Im § 402 Abs. 2 erster und zweiter Satz in der Fassung der Z 4 wird jeweils der Ausdruck „am 31. Jänner 2023“ durch den Ausdruck „im Jänner 2023“ ersetzt.

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im § 395 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „sowie Abs. 2 und 2a“ durch den Ausdruck „und Abs. 1a bis 2a“ ersetzt.

b) Dem § 395 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 wird folgender Schlusssatz angefügt:

„Dies gilt auch in den Fällen des Abs. 6.“

c) Im § 395 Abs. 2 zweiter Satz in der Fassung der Z 4 entfällt der Ausdruck „Pensionen, die nach § 46 Abs. 1a vorletzter Satz für das Kalenderjahr 2023 nicht anzupassen sind,“.

d) Im § 395 Abs. 2 dritter Satz in der Fassung der Z 4 wird nach dem Ausdruck „darauf Anspruch hat“ der Ausdruck „und die Leistung für das bzw. im Jahr 2023 anzupassen ist“ eingefügt.

e) Im § 395 Abs. 2 letzter Satz in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „Pensions­anpassung zum 1. Jänner 2022“ durch den Ausdruck „Pensionsanpassung zum 1. Jänner 2023“ ersetzt.

f) Im § 395 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird der Ausdruck „zwei oder mehrere Pensionen“ durch den Ausdruck „eine oder mehrere Pensionen“ ersetzt.

g) Dem § 395 Abs. 3 in der Fassung der Z 4 wird folgender Satz angefügt:

„Auf den so ermittelten Anteil des Erhöhungsbetrages ist § 46 Abs. 1a erster Satz entsprechend anzuwenden.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 179

h) Im § 396 Abs. 2 erster und zweiter Satz in der Fassung der Z 4 wird jeweils der Ausdruck „am 31. Jänner 2023“ durch den Ausdruck „im Jänner 2023“ ersetzt.

Begründung

Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen Redaktionsversehen beseitigt werden bzw. redaktionelle Klarstellungen erfolgen.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht auch so in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Ribo, wir haben uns in der Präsidiale darauf geeinigt, dass wir nicht darauf hinweisen, wenn andere Mandatare in der Sitzung fehlen, und ich bitte darum, dass man sich auch weiterhin daran hält. – Besten Dank.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.17.58

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Es gibt viele Zahlen, die im Raum herumschwirren, aber eine möchte ich wirklich erwähnen: Wir haben mit Stand Ende 2021 2 466 799 Pensionistinnen und Pensionisten hier in Österreich – 2 466 799 Pensionistinnen und Pensionisten, die in ihrem Erwerbsleben dafür gesorgt haben, dass wir jetzt den Wohlstand haben, den wir haben, die in ihrem Erwerbsleben dafür gesorgt haben, dass es diese Gesund­heitseinrichtungen in Österreich gibt, die dafür gesorgt haben, dass es diese Bildungseinrichtungen gibt (Abg. Loacker: Im Schnitt mit 31 Beitragsjahren in Pension gehen!), die dafür gesorgt haben, dass es die Infrastruktur in Österreich gibt, die eben dafür gesorgt haben, dass wir jetzt diesen Wohlstand haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Pensionen!)

Was ist unsere Verpflichtung, meine Damen und Herren? – Jetzt haben wir dafür zu sorgen, dass ihnen in ihrem dritten Lebensabschnitt wieder Würde im Leben gegeben wird, dass sie sich das Leben leisten können, dass sie sich keine Sorgen machen müssen, ob sie genug zu essen haben, ob sie sich das Essen


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leisten können, dass sie sich keine Sorgen machen müssen, ob sie im Winter heizen können, ob sie sich das Heizen leisten können, und dass sie sich keine Sorgen machen müssen, ob sie auch genug Strom für das Licht haben, ob sie auch genug Strom zum Kochen haben.

Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist unsere Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass es ihnen gut geht, dass sie wirklich in Würde leben können, und dazu benötigt es eben eine Erhöhung der Pensionen, die der Inflationsrate angepasst ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wie sieht denn die Erhöhung der Pensionen für 2023 in der Realität aus? – Es werden hier herinnen immer Bruttozahlen genannt, wenn man von Pensionen redet: 2 000, 2 500 Euro brutto! – Ich muss mir anschauen: Was kommt denn wirklich netto für die Pensionistinnen, für die Pensionisten heraus? Schauen wir einmal: Was kriegt eine Ausgleichs­zula­gen­bezieherin, ein Ausgleichszulagenbezieher? Ihm bleiben in der Woche durch die Erhöhung – wenn man diese 10,05 Prozent rechnet – 24,50 Euro. 24,50 Euro bleiben ihm in der Woche zum Leben. Jetzt wird es spannend: Wenn ich eine Pension von 1 100 Euro hernehme, dann bleiben ihm in der Woche nur noch 21 Euro zum Leben, und wenn ich eine Pension von 1 667 Euro hernehme, bleiben ihm nur noch 18 Euro zum Leben. Das heißt, je höher die Pension, umso weniger wird die Erhöhung betragen, umso weniger bleibt ihm zum Leben. Wenn einer 2 000 Euro brutto Pension hat, dann bleiben ihm netto 15,50 Euro.

Wenn ich mir den Wocheneinkauf anschaue, der ja für alle gleich ist, dann weiß ich: Wenn ich jetzt diese 18 Euro oder 15,50 Euro hernehme, komme ich damit nicht aus, die Teuerung frisst mir das dreimal weg. Heute lese ich in der Zeitung, die Eierproduzenten sagen, der Preis für ein Ei müsse jetzt um 3 bis 5 Cent erhöht werden. Der Preis für Kaffee ist erhöht worden, Bäcker sagen, sie müs­sen die Preise erhöhen, Milch wird teurer, Käse auch – die Preise für alle Grundnahrungsmittel werden massiv erhöht. Da rede ich noch gar nicht von den Erhöhungen, die es bei der Miete, bei Strom und Gas gibt. (Abg. Michael Hammer: Vor allem in Wien, ja!) Ich rede grundsätzlich nur vom Essen. Die Pensionistinnen


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und Pensionisten können sich mithilfe dieser Pensionserhöhungen nicht einmal mehr die Preiserhöhungen beim Essen leisten! Das sollte einem zu denken geben.

Es wird hier ständig gesagt, zu früheren Zeiten hätte es auch Einmalzahlungen gegeben. Da muss ich mir anschauen: Wie hat denn die Inflation damals ausgeschaut, als es die Einmalzahlungen gegeben hat? Da waren wir bei 1 Pro­zent bis maximal 2 Prozent. Heuer hat es eine Pensionserhöhung von 1,8 Pro­zent gegeben und die Inflation liegt jetzt bei 10,5 Prozent, meine Damen und Herren! Auch da muss der Pensionist schauen, wie er sich das Leben leisten kann. Es ist schier unmöglich, dass er das in dieser Zeit schafft. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Strache.)

Daher kann ich nur eines sagen, meine Damen und Herren, auch zu den Zahlen, die ständig genannt werden: Von diesen 4 Milliarden Euro, die die Pensions­erhöhung kostet, gehen in etwa – und das sagen die Experten – 2 Milliarden Euro wieder zurück an den Finanzminister, nämlich durch die Lohnsteuer­zahlun­gen und durch die erhöhte Kaufkraft. (Abg. Loacker: Über die Hälfte aller Pen­sionen sind steuerbefreit, weil so klein!) Da kassiert er ja eh die Hälfte dessen, was er da auszahlt, wieder ein.

Was mich im letzten Ausschuss aber wirklich erschüttert hat – und das ist auch mein Schlusssatz –, war die Aussage des Herrn Sozialministers, der gesagt hat: Die Einmalzahlung ist ein Vorgriff auf 2024. – Ja, was heißt denn das? Ist das schon eine Drohung an die Pensionistinnen und Pensionisten: Freunde, jetzt geben wir euch eine Einmalzahlung, aber 2024 nehme ich euch das alles wieder weg!? – Wenn das der Stil der Regierung ist, kann man dazu als Pensionistin und Pensionist in Österreich nur sagen: Nein, danke! (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.22.43

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Galerie – besonders möchte ich Bürgermeister Dipl.-Ing. Martin Pelzer aus meiner Heimatgemeinde recht herzlich begrüßen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Lukas Hammer.)

Unsere Pensionisten haben ihre Arbeitsleistung schon erbracht. Sie haben ein Leben lang gearbeitet und sich darauf verlassen, dass wir als Gesellschaft in der Zeit danach für sie sorgen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.) Das ist das Versprechen unseres Generationenvertrages. Darauf ver­trauen die Menschen und wir lassen sie nicht im Stich. Es ist wichtig, dass wir auch bei den Pensionen dafür sorgen, dass die Teuerung auch in einer Krise wie heute verlässlich ausgeglichen wird, damit wir unseren pensionierten Eltern und Großeltern weiterhin den Lebensabend, auf den sie viele Jahre hingearbeitet haben, ermöglichen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.)

5,8 Prozent beträgt in diesem Jahr die festgesetzte Teuerung. Dies ist der Prozentsatz, der von Juli 2022 bis Juni 2023 berechnet wird. Das ist auch unsere gesetzliche Grundlage für die prozentuelle Erhöhung der Pension. Das bekom­men alle Pensionistinnen und Pensionisten.

Zusätzlich wissen wir, dass dieses Jahr, besonders im zweiten Halbjahr, die Teue­rung noch – auf derzeit prognostizierte 8,2 Prozent – gestiegen ist. (Abg. Belakowitsch: 10,5 Prozent haben wir schon!) Auch darauf haben wir reagiert. (Abg. Wurm: Ist das eine alte Unterlage? – Abg. Belakowitsch: Ist das noch vom Vor­jahr?) Uns ist es wichtig, sozial treffsicher zu handeln, deshalb erhöhen wir vor allem die kleineren Pensionen.

Ausgleichszulagenbezieher sind jene Personen, die in ihrem Leben mit Teilzeit und Karenz oft nicht bezahlte oder schlecht bezahlte Arbeit geleistet haben, Bäuerinnen und Bauern von kleinen und mittleren Bauernhöfen und pensi­o­nierte Gewerbetreibende von kleinen Gewerbebetrieben. (Beifall bei der ÖVP.) Sie bekommen 10,2 Prozent Erhöhung. Das sind rund 80 Euro pro Monat, das


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sind rund 1 120 Euro im Jahr, man kann sagen, ein 15. Pensionsgehalt. (Abg. Wurm: Kann man! – Abg. Belakowitsch: Man muss es aber nicht sagen!) Die mittleren Pensionen bis 1 700 Euro bekommen 8,2 Prozent, also die prognos­tizierte Inflation. Wir fangen die Teuerung für jene, die wenig haben, zur Gänze ab. Das werden wir auch im nächsten Jahr wieder tun, wenn der nächste Satz der Inflation fixiert ist, denn auf uns ist Verlass.

Kollege Loacker hat es beim letzten Sozialausschuss ganz richtig gesagt: Auch in der Opposition sollte man nur Dinge fordern, die man auch in der Regierung umsetzen würde. (Abg. Hörl: Genau!) Alles andere ist populistisch und unseriös. Als Gewerkschafterin kann ich schon hohe Forderungen aufstellen, als Natio­nalrätin habe ich aber Verantwortung für alle und kann nicht populistisch han­deln.

Liebe SPÖ, ihr hättet ja die Abschaffung der kalten Progression schon vor langer Zeit umsetzen können, habt es aber immer nur gefordert. (Abg. Seemayer: Das ist mit euch ja nicht gegangen!) Wir haben es umgesetzt! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

So oft höre ich, dass wir in der Politik doch auf die Anträge der Opposition hören und zusammenarbeiten sollen. Auch da kann ich nur sagen, am Beispiel Abschaf­fung der kalten Progression: Wir tun es! Wir haben ja eure Forderungen um­gesetzt! – Wir sind Kritik gewöhnt und diese ist ja auch wichtig, es kommt nur darauf an, wie man kritisiert.

Wir müssen handeln und wir handeln nachhaltig. Die längerfristige Inflation gleichen wir prozentuell aus. Das ist fair und gerecht. Für die darüber hinaus­gehende Teuerung haben wir Einmalzahlungen geschaffen, weil wir noch nicht abschätzen können, wie langfristig diese Entwicklungen sind. Deshalb wäre es unverantwortlich, wenn wir diese Erhöhung auch gesetzlich festschreiben würden. Das wäre weder nachhaltig noch verantwortungsvoll gegenüber unseren nächsten Generationen. All diese Maßnahmen schaffen wir ohne Streik, ohne Demonstrationen, sondern genau so, wie ich mir das als christlich-soziale


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Gewerkschafterin und Bezirksbäuerin vorstelle: mit konstruktiven Verhand­lungen und einem Blick auf die gesamte Bevölkerung. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.)

Abschließend kann ich nur eines sagen: Wir tun das, wofür wir gewählt wurden: Wir handeln in eurem Interesse. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.27.56

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten! Sehr geehrte Pensionistinnen und Pensionisten! Wir verhandeln heute die Pensionserhöhung und es ist schon sehr viel gesagt worden. Es gibt eine De-facto-Erhöhung von 5,8 Prozent, das ist der Durchschnittswert, das wurde heute auch schon hundertmal erklärt – so weit, so wenig gut.

Es gibt dann noch Einmalzahlungen und es wird versucht, mit irgendwelchen Tricks herumzutun und zu sagen: Na, wenn man die dazurechnet, dann ist ja die Pensionserhöhung eh so groß. Wenn Sie meiner Vorrednerin zugehört haben, dann hat sie erklärt: Wir werden die Teuerung ausgleichen. – Also mit einem Teuerungsausgleich hat das gar nichts zu tun, das ist eine reine Inflations­abgel­tung. Wir, die wir hier herinnen sitzen, wissen aber alle, und das wissen auch die Zuseherinnen und Zuseher, dass Pensionisten einen komplett anderen Waren­korb haben. Daher gab es ja früher auch den Pensionistenpreisindex – er wurde dann irgendwann abgeschafft –, der sich natürlich völlig anders zusammensetzt. Dort liegt die Inflation weit höher als bei 10 Prozent, weit höher noch als bei 10,5 Prozent.

Die Vorrednerin hat von irgendwelchen Prognosen gesprochen. Dazu muss ich sagen: Kollegin Zopf hat offensichtlich die Rede vom Vorjahr mitgenommen.


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Anders ist nicht erklärbar, wie sie da bei irgendwelchen 8 Prozent gelandet ist. – Das sind die Fakten.

Tatsache ist – und das muss man sich schon auch einmal anschauen, wenn man den Blick auf das Gesamte richtet –: Wir haben gerade im Bereich unserer Pensionisten Personen dabei, die noch im Krieg geboren sind, Personen, die nach dem Krieg geboren sind, die Entbehrungen gehabt haben, die in Armut gelebt haben, die angepackt haben, die dieses Land aufgebaut und zu einem Wohlstand geführt haben, den diese Bundesregierung seit dem Jahr 2020 gegen die Wand gefahren hat. Das ist doch die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das hat mit ihren völlig sinnlosen und unsäglichen Coronamaßnahmen begon­nen, da ist das Geld rausgeflossen, während sie irgendwelche sinnlosen Lockdowns gemacht haben. Schweden hat vorgezeigt, dass es auch ohne Lock­downs gegangen wäre. Darauf haben wir schon 2020 hingewiesen. Wenn man sich das Ergebnis anschaut, wo es durch Corona mehr Tote gibt, in Österreich oder in Schweden, erkennt man, es ist Österreich. Sie haben also alles schlecht gemacht, was man schlecht machen konnte.

Diese Lockdowns waren von Anfang an sinnlos, trotzdem haben Sie sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag durchgezogen, und das ist auch einer der Gründe dafür, warum wir wirtschaftlich angeschlagen sind. Sie wollen jetzt, dass die breite Masse das ausbadet. Das müssen die Pensionistinnen und Pensionisten ausba­den, das müssen die Familien ausbaden, das müssen die Unternehmer ausbaden, weil diese Bundesregierung alles rausgeschossen hat, was an Geld vorhanden war, und daher keine Reserven mehr da sind.

Jetzt gibt es eine Inflation, die dermaßen dynamisch ist, Herr Bundesminister! Das können Sie doch nicht mit Pensionserhöhungen von vor zehn Jahren oder von vor 20 Jahren vergleichen, als wir eine Inflation hatten, die relativ stabil war. Die Inflation ist so dynamisch, dass Sie heute nicht sagen können, was in drei Monaten sein wird. Das können auch Sie nicht sagen. Wirtschaftsforscher müssen sich alle paar Wochen korrigieren, weil sie es nicht sagen können, weil


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wir eben in einer wahnsinnig schwierigen Zeit leben. Man kann da doch nicht eine Personengruppe zurückschicken und sagen: Na, für die Pensionisten reicht es jetzt, denn das ist das, was wir gesetzlich machen müssen, und mehr tun wir nicht, weil es eh die Einmalzahlungen gibt!

So, und jetzt noch etwas zu den Einmalzahlungen, weil die Kollegen, vor allem von der ÖVP und auch von den Grünen, permanent sagen, da bleiben den Pensionisten, weiß ich nicht, Tausende von Euros. – Bleiben, meine Damen und Herren Kollegen, tut ihnen überhaupt nichts, sondern sie haben maximal ein bisschen mehr, um diese gesteigerten Preise abfedern zu können. Die Frage wird nur sein, ob das reichen wird. Und ich prognostiziere Ihnen heute schon: Es wird im nächsten Frühjahr nicht reichen, wenn die nächsten Stromnachzahlungen kommen. Da werden wir die nächsten Dramen und die nächsten Katastrophen erleben.

Diese Katastrophen sind hausgemacht, weil diese Bundesregierung einfach nicht nach vorne blickt, weil sie stattdessen knausert. Nicht nach vorne geblickt und Geld zum Fenster rausgeschmissen haben Sie, als es um die Cofag gegangen ist. Da waren 11 Milliarden Euro kein Problem.

Jetzt wird es besprochen: 4 Milliarden Euro kosten diese Pensionserhöhungen. Davon geht die Hälfte durch den Konsum wieder zurück, denn je niedriger die Pension der Pensionistinnen und Pensionisten ist, desto mehr geht in den Konsum – das kommt sowieso zurück. Hören wir also auf, den Leuten hier irgendeinen Schmäh zu erzählen! Ich glaube, dass es sich die Pensionistinnen und Pensionisten in unserem Land verdient haben, den gerechten Anteil vom Kuchen zu bekommen und nicht in die Armut zurückgeführt zu werden – und zwar das zweite Mal in Serie, denn schon voriges Jahr haben sie mit 1,8 Prozent eine sehr niedrige Erhöhung bekommen (Abg. Gödl: 3 Prozent!), weil davor die Inflation eben noch stabil war.


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Das, was hier stattfindet, ist eine Enteignung. Das führt zu einer Verarmung der älteren Generation – und das ist in diesem Land wirklich eine Schande! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gödl: ... 3 Prozent!)

14.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Carina Reiter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.32.56

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer daheim und auf der Galerie! Ganz besonders möchte ich da die Bundesschülervertretung erwähnen, die heute mit der Bundesschulsprecherin Flora Schmudermayer da ist. – Schön, dass ihr zu dieser spannenden Debatte bei uns im Plenarsaal seid! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Heute geht es um die Pensionen, genauer gesagt um die Pensionsanpas­sun­gen 2023. Warum stehe jetzt genau ich als Jugendsprecherin meiner Fraktion, der Volkspartei, hier heraußen? – Die Pensionen sind ein Thema aller Gene­rationen. Die Älteren haben hart gearbeitet – damals in oft noch nicht so gut bezahlten Jobs – und ihre Beiträge in das Sozial- und Pensionssystem eingezahlt. Genauso leisten auch wir Jungen heute unseren Beitrag und zahlen in diesen Topf ein. Unser aller Anliegen soll und muss ein nachhaltiges Sozial- und Pensionssystem sein. Eine Alterssicherung ist jetzt und auch in Zukunft wichtig, ganz im Sinne einer Generationengerechtigkeit. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das, was wir heute beschließen werden, ist eine sehr ausgewogene Lösung. Wir unterstützen Menschen mit kleineren und mittleren Pensionen besonders und trotzdem schmeißen wir die Generationengerechtigkeit nicht ganz über Bord. Nachhaltigkeit ist nämlich nicht nur ein Schlagwort, Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip – und Nachhaltigkeit heißt, auf die nachfolgenden Genera­tionen Rücksicht zu nehmen. Es geht also immer darum, das große Ganze zu


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sehen, uns über die Zukunft Gedanken zu machen, ohne auf die Leistungen der Vergangenheit zu vergessen.

Wenn ich mir jetzt aber zum Beispiel die Anträge der SPÖ anschaue und mir so manch einen Redebeitrag, den wir heute gehört haben, noch einmal in Erinne­rung rufe, dann muss ich schon sagen, dass Nachhaltigkeit da eher nur in Spurenelementen vorhanden ist. Sie nehmen sich generell immer sehr gerne einzelne Teilbereiche heraus und fokussieren sich darauf, ohne dass Sie wirklich das große Ganze anschauen – und das ist wirklich sehr schade, denn sozial ist das nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

Werte SPÖ, ich darf da gerne – oder in dem Fall: für mich gerne – Kollegen Stöger zitieren. Der hat nämlich einmal gesagt: „Schmähführen können andere besser“. – Ich darf aber feststellen: Sie haben sich, wie es ausschaut, in Ihrer Fraktion in den letzten Jahren ziemlich weiterentwickelt und in diesem Bereich einiges dazugelernt. (Abg. Prinz: Rote DNA!) Etwas mehr Sachlichkeit bei Forde­rungen wäre aber den Zeichen der Zeit gemäß geboten. Es geht um unsere Zukunft, es geht um Stabilität, es geht um Zusammenhalt und es geht um eine ausgewogene Politik. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir als Volkspartei stehen zu dieser sozial gerechten und auch treffsicheren Pensionsanpassung: Unterstützung für die, die es brauchen, Wertschätzung für jene, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, und das aber im Sinne einer Generationengerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.36.16

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir nach unserem Hausverstand gehen: Wie würde denn ein ideales Pensionssystem ausschauen? – Man denkt, man zahlt im Erwerbsleben in


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das System ein und dann, wenn man in Pension ist, bekommt man das heraus, was man eingezahlt hat – ganz vereinfacht gesagt –, die einen mehr und die anderen etwas weniger.

Wie ist aber der Status quo in Österreich? – Wir alle wissen, wir haben dieses sogenannte Umlageverfahren, der Herr Minister hat es heute ja auch schon erwähnt. Darin zahlen die derzeit arbeitenden Menschen die Pensionen derer, die jetzt gerade in Pension sind. Wir alle wissen aber, das geht sich jetzt schon nicht mehr aus. Warum? – Wegen der schon häufig zitierten Alterspyramide: weniger arbeitende Menschen, aber immer mehr Pensionistinnen und Pen­sionisten. Man könnte also sagen, diese Pyramide steht auf dem Kopf. Das lernen die Schülerinnen und Schüler in der dritten, vierten Klasse in Geografie und Wirtschaftskunde, Sie haben es aber anscheinend immer noch nicht verstanden.

So wie Sie unser Pensionssystem gestalten oder eben nicht gestalten, fahren Sie es gegen die Wand. Und bei allem Respekt: Wenn ich davon spreche, dass Sie es gegen die Wand fahren, dann meine ich nicht für die Abgeordneten, die viel­leicht schon seit 20 Jahren hier im Hohen Haus sitzen, sondern für die jungen Menschen, für die es gegen die Wand gefahren wird, und zwar nicht so ein bisschen, sondern mit 300 km/h, frontal.

Es gibt in dieser Regierung nämlich einfach keine Stimme für die jungen Men­schen. Wenn aber die Jugendstaatssekretärin, die heute bei dieser Debatte nicht anwesend ist, obwohl sie sich ja sonst häufig dazu zu Wort gemeldet hat, als die Stimme der Jungen genannt wird, dann möchte ich sagen: Das ist ein ziemlicher Witz. (Ruf bei der ÖVP: No, no, no, no!) Man kann nicht immer alles kritisieren und lautstark sagen, dass unser Pensionssystem am Ende ist, dann aber alles mittra­gen, was diese Regierung macht. (Beifall bei den NEOS.) Die Jugendstaatssekre­tä­rin ist keine Stimme der Jungen, im Gegenteil, sie ist Teil des Problems.

Warum fahren wir gegen die Wand? – Weil die Beitragszahlungen der arbeiten­den Menschen bei Weitem nicht mehr ausreichen und wir mittlerweile jedes Jahr fast 25 Milliarden Euro aus dem Allgemeinbudget der Steuerzahlerinnen


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und Steuerzahler zuzahlen müssen, damit die Pensionistinnen und Pensionisten eine Pension bekommen können. Die Pensionistinnen und Pensionisten können übrigens nichts dafür. Viele von ihnen wollen auch, dass wir das Pensionssystem auf neue Beine stellen, weil sie wollen, dass es auch für ihre Kinder und ihre Enkelkinder sicher ist. (Beifall bei den NEOS.)

25 Milliarden Euro benötigt es jedes Jahr, nur um ein Loch zu stopfen. Das ist doppelt so hoch wie das Bildungsbudget, siebenmal so groß wie das Budget für Klima und Umweltschutz. Es macht Angst, wo Sie Ihre Prioritäten setzen.

Was müssten wir also tun? – Wir müssten einen Pensionsautomatismus ein­führen, der in Gang gesetzt wird, wenn es die demografische Entwicklung erfordert: Steigt die Lebenserwartung langsam an, steigt auch das Pensions­antrittsalter. Alle namhaften Expertinnen und Experten fordern das.

Ich möchte mit einem Spruch schließen, den Sie vielleicht kennen, dahin gehend, was gute Politikerinnen und Politiker ausmacht: Gute Politikerinnen und Politiker machen nicht das Populäre, sondern sie machen das Richtige; und danach versuchen sie, das Richtige populär zu machen. – Denken Sie bitte einmal darü­ber nach! (Beifall bei den NEOS.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.39.50

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem aber: Liebe Seniorinnen und Senioren! Liebe Pensionistinnen und Pensionisten! Wir machen nicht das Populäre – dies ist an meinen Vorredner gerichtet –, sondern wir machen das, was wichtig und richtig ist. Wir sind für die ältere Generation da, die dieses Land zu Wohlstand aufgebaut hat und die das mehr als verdient hat. (Abg. Loacker: Die Aufbaugeneration ist leider schon verstorben!)


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Meine Damen und Herren, wenn Sie vonseiten der Opposition dieses Pen­sionspaket so sehr schlechtreden – oder versuchen, es schlechtzureden –, so möchte ich doch sagen: Die Fakten sprechen für sich. Es ist ein Paket mit sehr großer Ausgewogenheit, das auch finanziell vertretbar ist. Ja, es sind 4,1 Mil­liarden Euro für die ältere Generation, die in Richtung Pensionserhöhung fließen – aber auch in Richtung Armutsbekämpfung, und das ist ja gerade in dieser schwierigen Zeit ganz besonders wichtig –, aber es ist generatio­nengerecht, denn wir Älteren – und das möchte ich schon noch einmal beto­nen – übernehmen auch Verantwortung, Herr Kollege, und wollen auch, dass es unseren Enkelkindern und Urenkelkindern gut geht.

Ich brauche jetzt nicht auf all die Details einzugehen – Kollegin Zopf hat das ja sehr ausführlich getan –, Tatsache ist, und das ist ganz besonders wichtig, dass die reale Teuerung für niedrige und für mittlere Pensionen abgedeckt ist. Darauf kommt es an, das ist ganz entscheidend. Ich sage es nur noch einmal ganz kurz: Rund 200 000 Pensionen werden um rund 10,2 Prozent erhöht. 1,2 Millionen Pensionisten erhalten rund 8,2 Prozent mehr, und das ist der Mittelstand. Auch das zu betonen ist mir wichtig, dass wir dabei auch auf den Mittelstand ganz besonders schauen. – Und ja, Frau Kollegin Belakowitsch, wir müssen uns natürlich im Frühjahr noch einmal anschauen, wie sich das mit den Energieprei­sen weiter entwickelt (Abg. Belakowitsch: So wie voriges Jahr!) – da werden sich sicher auch die Seniorenvertreter wieder zu Wort melden –, denn niemand darf frieren, keine Frage.

Ich möchte auch noch auf den Antrag 2670/A(E) eingehen. Darin geht es um die Arbeit von Menschen, die schon in Pension sind, die das Pensionsalter erreicht haben. Ich kann da vieles nachvollziehen, der Antrag ist nur in dieser Form nicht beschlussreif. Da muss verhandelt werden, aber ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass wir ein Angebot an die ältere Generation, an die Pensionistinnen und Pensionisten machen, denn viele möchten weiter arbeiten (Abg. Belakowitsch: Müssen!), sie sehen das als Bereicherung, viele müssen auch weiter arbeiten, weil sie sich etwas dazuverdienen wollen – keine Frage –, einen Tag, zwei Tage, geringfügig, wie auch immer. Ich denke, da sollten wir wirklich ein Angebot


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machen – das ist mir schon sehr lange ein Anliegen –, vor allem was die Pen­sionsbeiträge betrifft, die man doppelt zahlt, oder es kann auch steuerliche Anreize geben, wie auch immer. Leistung soll sich in jedem Fall lohnen.

Wir brauchen die Seniorinnen und Senioren, sie leisten Wichtiges in unserer Gesellschaft, in den Familien, in der Wirtschaft, in der Freiwilligenarbeit, in vielen Bereichen. Wir brauchen sie, sie leisten Wichtiges, sie können sich aber auch auf diese Regierung verlassen. Wir lassen die Seniorinnen und Senioren nicht im Stich (Abg. Belakowitsch: Aber den Antrag lehnt ihr ab!), das beweisen wir nicht nur bei dieser Pensionsanpassung, sondern das haben wir auch mit zusätzlichen Maßnahmen in der letzten Zeit bewiesen, beispielsweise mit der Valorisierung der Sozialleistungen, mit dem großen Pflegepaket, mit der Finanzierung der Hospizarbeit, und ich könnte da noch einiges mehr nennen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.43.26

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Seitdem die Bundesregierung die Anpassung der Pensionen verkündet hat, erhalte ich extrem viele Nachrichten von Pensionisten und Pensionistinnen. Die Menschen in Österreich sind verzweifelt, wenn sie an den kommenden Winter denken. Sie wissen nicht, wie sie die steigenden Kosten noch bewältigen sollen.

Die Inflationsanpassung der Pensionen von 5,8 Prozent ist bei der Teuerung, wie wir sie derzeit erleben, nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Bundesregie­rung hat groß die Pensionsanpassung um bis zu 10,2 Prozent verkündet und hat damit alle Register zur Verschönerung gezogen und alle Tricks angewendet, denn: Die Direktzahlungen – und es ist egal, ob man sie Direkt- oder Einmal­zah­lungen nennt – sind keine nachhaltige Erhöhung der Pensionen. Das fällt bei der Pensionserhöhung für 2024 wieder weg.


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Auch der Auszahlungszeitpunkt erst im März ist sehr spät angesetzt. Schon jetzt fehlt den Menschen das Geld, um ihre täglichen Kosten abzudecken, und vor allem im ländlichen Bereich sind Pensionistinnen und Pensionisten bereits gezwungen, ihre sozialen Kontakte einzuschränken, weil sie sich schlichtweg die Tankkosten nicht mehr leisten können.

Besonders für Pensionistinnen und Pensionisten mit Behinderungen sieht die Situation aber noch viel dramatischer aus. Nicht nur die Kosten für Energie oder Heizung steigen extrem, auch die Kosten für Behandlungen, Therapien und die Medikamentenkosten steigen weiter. Das sind lebensnotwendige Güter, die für die Menschen immer weniger leistbar werden, die aber notwendig sind.

Menschen, die zusätzlich zu ihrer Pension eine Ausgleichszulage beziehen, können sich zwar freuen, dass sie mit Jänner 2023 1 295 Euro erhalten, damit bleiben sie aber weiterhin unter der Armutsgrenze von 1 415 Euro. Schon im Jahr 2021 war ungefähr eine Viertelmillion Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich von Armut betroffen. Mit der steigenden Verteuerung der Lebens­mittel, der Mieten, der Heiz- und Treibstoffkosten wird diese Zahl für das kommende Jahr noch deutlich schlechter aussehen. Darum: Preise runter, Deckel drauf!, denn wir sind es den Menschen, die unseren Sozialstaat und unseren Staat aufgebaut haben und jetzt ihre wohlverdiente Pension genießen, schuldig, dass sie von ihrer Pensionsanpassung auch weiterhin leben können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.46.30

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Na ja, die Pensionistinnen und Pensionisten haben heuer den größten Realpensionsverlust hinzunehmen. Das


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kann man deuten, wie man will, aber wenn du, Markus Koza, als alter Gewerk­schafter diesen Beschluss mitträgst, wird es dir kalt über den Buckel laufen, das glaube ich schon. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Pensionisten werden heuer außen vor sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, und dafür haben Sie die Verantwortung zu tragen. Was da jetzt zum Beschluss vorliegt, ist die größte Mogelpackung. Mich wundert es ja nicht, dass die Pensionistinnen und Pensionisten auf die Barrikaden steigen. Es ist immer wie­der so, wie wir es die letzten Jahre und Monate erlebt haben: Es wird ein großes Tamtam gemacht, es wird eine Pressekonferenz einberufen, und dann wird von sich gegeben, dass alles eitel Wonne ist (Abg. Michael Hammer: Und ihr keift gleich!), in Wirklichkeit aber wird dort gelogen und die Unwahrheit gesagt. – Wenn du hereinschreist, wenn du mit mir redest, dann steh auf, denn du liegst ständig in deiner Bank drinnen! (Abg. Michael Hammer: Ich red eh nicht mit dir!) – Passt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, den Vogel hat August Wöginger abge­schos­sen, als er gemeint hat, es werde zwei zusätzliche Pensionen geben. Kolleginnen und Kollegen, das ist gelogen und betrogen (heftiger Widerspruch bei der ÖVP – Abg. Steinacker: Gelogen ist es überhaupt nicht! Man kann etwas in Zweifel ziehen, aber es ist nicht gelogen!), und es ist unredlich, das hier so zu sagen, meine geschätzten Damen und Herren.

Wie schaut die Realität tatsächlich aus? – Wir haben eine Inflationsrate von 10,5 Prozent, die Menschen und die Pensionist:innen werden an die Wand gedrückt. (Abg. Loacker: ... kennt den Unterschied zwischen Monats- und Jahres­inflation!) Die Mindestpension wird um 7,8 Prozent erhöht, und dann gibt es irgendwann einmal eine Einmalzahlung. Alle anderen kriegen dann 5,8 Prozent und wieder irgendwann eine Einmalzahlung, und wir wissen ganz genau – das ist heute schon hundertmal besprochen worden –: Einmalzahlungen sind nicht nachhaltig. Die Basis fehlt für das nächste Jahr, und im nächsten Jahr werden die Pensionistinnen und Pensionisten gleich noch einmal enorm verlieren.


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(Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Das ist die Verantwortung, die Sie nicht wahr­nehmen, geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung.

Was heißt das in Wirklichkeit, wenn man das ein bisschen herunterbricht? – Die Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten bekommen 80 Euro im Monat, das sind pro Tag 2,60 Euro – das ist ein Semmerl und ein Joghurt, nur damit wir auch wissen, wovon wir tatsächlich sprechen. Und die 80 Euro sind ja im Jänner nicht mehr 80 Euro wert, sondern wahrscheinlich nur mehr 70 Euro, weil ja die Inflation nicht stehen bleibt.

Dann noch zu diesen Direkt- beziehungsweise Einmalzahlungen: 1. März – ich habe mich gewundert: Warum der 1. März? Wie kommt man auf diese Idee? Zu dieser Zeit werden die Heizungen eher wieder ein bisschen runtergedreht, weil der Winter vorbei ist. Wahrscheinlich hat das aber mit Wahlen zu tun. Das heißt, da werden die Pensionisten als Faustpfand genommen, denn es könnte ja sein, es wäre möglich, dass dann – Niederösterreich vielleicht nicht mehr, denn die haben schon gewählt – Salzburg wählt.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, diese Bundesregierung hat es mit den Pensionistinnen und Pensionisten nie so wirklich gut gemeint. Sie haben nämlich die Pensionsabschläge eingeführt. Menschen, die 45, 46, 47 Jahre gearbeitet haben, werden dadurch im Stich gelassen, denen wird Geld genommen, bis zu 5 000 Euro im Jahr!

Zweitens: Sie haben die erste Pensionserhöhung gekürzt, weil sie nun aliquotiert wird.

Ich sage Ihnen: Sie demütigen die Pensionistinnen und die Pensionisten immer wieder und Sie werden bei den nächsten Wahlen höchstwahrscheinlich und ganz sicher die Rechnung präsentiert bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das schauen wir uns an!)

14.50

14.50.11*****



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Abgeordneter Wimmer, für den Vorwurf der Lüge habe ich wie allgemein bekannt einen Ordnungsruf zu erteilen. (Beifall der Abg. Steinacker.)

*****

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 4 bis 14 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort. 

p14.50.39 10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1663 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosen­ver­sicherungsgesetz 1977, das Studienförderungsgesetz 1992, das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz, das Familienzeitbonusgesetz, das Familienlastenaus­gleichs­gesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Teue­rungs-Entlastungspaket III) (1678 d.B.)

11. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (1679 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2738/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Diskriminierung: Steuerbefreiung und Unpfändbarkeit der außerordentlichen Einmalzahlung auch für Landes- und Gemeindebedienstete (1680 d.B.)


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13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2673/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kosten­lawine stoppen – Entlastung für Österreich (1681 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.51.46

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mir erlaubt, noch einen Blick in das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 zu machen und das Kapitel „Armutsbekämpfung“ aufzuschlagen. Ich darf daraus einen Satz zitieren, der da lautet: „Österreich zeichnet sich durch ein Sozialsystem aus, auf das sich die Menschen in der Vergangenheit verlassen konnten“. – Ja, das sage ich hier stolz als Sozialdemokratin: In der Vergangenheit konnten sich die Menschen auf dieses Sozialsystem verlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich gar nicht nachvollziehen und verstehen kann, ist: Wenn wir hier her­außen stehen und kritisieren und knackige Redebeiträge abgeben, dann passt es nicht. Wenn die Abgeordneten der ÖVP herauskommen und über die Vergan­genheit reden, hat man immer das Gefühl, sie waren nie dabei. Und wenn die Grünen herauskommen und über die Vergangenheit reden, sagen sie: Ihr Sozialdemokraten habt eine Alleinregierung gehabt, hättet ihr es doch ge­macht! – Habt ihr von den Grünen irgendeine Vorstellung, was Kompromisse in einer Koalition bedeuten? (Lebhafte Heiterkeit und Ja-Rufe bei den Grünen.) Ja, ihr Grünen habt ein paar Brosamen bekommen, genau, aber durchgesetzt habt ihr euch in vielen, vielen Bereichen nicht! (Beifall bei der SPÖ.)


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Daher: Ja, eine Koalition ist auch dazu da, Kompromisse zu schließen, keine Frage, aber schauen wir uns die Themen, die wir jetzt behandeln, an! Ich glaube, der Sozialausschuss ist der Ausschuss, der fast am häufigsten tagt; der Gesund­heitsausschuss tagt auch sehr oft. Im Sozialausschuss handeln wir wirklich viele Themen ab, wo wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das Gefühl haben, nämlich schon sehr lange, bevor der Krieg in der Ukraine begann, am Beginn der Pandemie, dass wir in eine Armutsfalle schlittern könnten. Nicht wir hier im Hohen Haus  das zeigt auch die Abschaffung der kalten Progression, dass wir hier nicht betroffen sind, sehr viele Menschen draußen aber zu wenig von der Abschaffung dieser kalten Progression haben. Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen.

Wenn wir heute die Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen beschließen – da sind wir dabei, das ist keine Frage –, dann haben wir, glaube ich, nicht einmal darauf hingewiesen, dass das relativ sehr spät ist (Abg. Steinacker: „Relativ sehr spät“ ist was?) und dass es, wenn es ab nächstem Jahr wirkt, für viele Menschen, die wenig haben, ganz schwierig ist, weil sie jetzt noch einen Winter vor sich haben, von dem sie nicht sicher sagen können, wie sie durch diesen Winter kommen werden. Ihr in euren warmen Häusern, in den warmen Wohnungen, in den Zweitwohnsitzen, die ihr vielleicht besitzt, könnt euch das natürlich nicht vorstellen. Alleinerziehende, Einelternhaushalte jedoch haben schon zu Schulbeginn große Probleme gehabt, und wenn jetzt die Schülerbeihilfe nach­träglich erhöht wird, ist das gut, aber es ist auch viel zu spät. Auch das müssen Sie, glaube ich, zur Kenntnis nehmen. Das heißt, diese soziale Krise, in der wir uns schon mittendrin befinden, wird sich durch einen kalten Winter noch weiter verschärfen.

Jedes vierte Kind in diesem Land ist mittlerweile von Armut betroffen, und es ist nichts passiert in puncto Trennungen, Scheidungen, in puncto Unterhalts­garantie. Es ist nichts passiert, dass die Sozialleistungen rechtzeitig angehoben wurden. Es ist nichts passiert, dass die Einmalzahlung – das wird dann der nächste Punkt sein – auf die Sozialleistung nicht angerechnet wird. All diese Dinge wurden von der Bundesregierung eigentlich versäumt, und wenn ihr als


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Koalition uns das als Zugewinn für die Menschen verkaufen wollt, dann werden die, die heute zusehen, nicht nur eines Besseren belehrt sein, sondern euch in Zukunft nicht mehr vertrauen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.55.48

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Und vor allem: Liebe Zuseher und Zuse­herinnen! Vielleicht haben Sie schon von der sogenannten Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen gehört. Von meiner Vorrednerin haben Sie es jetzt nicht gehört (Abg. Heinisch-Hosek: Doch! Doch! Doch!), sonst hätte die SPÖ uns loben müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen hört sich jetzt nicht wahn­sinnig sexy an, vielleicht kann man sich auch gar nicht so richtig etwas darunter vorstellen. Ich versuche es jetzt aber zu erklären, warum das wirklich für jede und jeden von euch großartig ist.

Heizen, Strom, Wohnen, Lebensmittel – wir merken alle, dass die Preise steigen. Das merken wir spätestens beim Einkaufen. Was heißt das? – Die Steigerung der Preise führt unweigerlich zur Abnahme der Kaufkraft, und das ist dann die Inflation oder die Teuerung, von der wir jetzt täglich hören. Die Inflation ist aber kein neues Phänomen, sondern die Preise steigen Jahr für Jahr, derzeit sind sie aber so stark gestiegen wie schon lange nicht mehr. Ich glaube, nur die wenigs­ten hier im Saal oder zu Hause vor den Bildschirmen können sich an derart hohe Inflationszahlen, wie wir sie derzeit haben, erinnern. Wir haben sie derzeit aufgrund der Folgen des brutalen Angriffskriegs. (Abg. Belakowitsch: Haben wir nicht! Das ist falsch, Frau Kollegin!)

Worauf will ich hinaus? – Die Preise für den täglichen Einkauf  Schulhefte, Kleidung, Windeln – sind schon vor dem Jahr 2022 gestiegen. Dagegen sind


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aber die Familien- und Sozialleistungen wie zum Beispiel Krankengeld, Studien­beihilfe, Kindergeld, Familienbeihilfe und so weiter unverändert geblieben. Das heißt, auf der einen Seite wird alles teurer, und auf der anderen Seite bekommt man aber nicht mehr Geld vom Staat.  So, wir sehen, wir haben da ein Problem.

Die Sozial- und Familienleistungen wurden je nach politischer Wetterlage alle paar Jahre einmal geringfügig erhöht. Nehmen wir als Beispiel die Familien­beihilfe her: Diese wurde zuletzt 2018 erhöht, zuvor 2014 und davor 2008. Also je nach Gutdünken der Regierung wurde sie erhöht. Die Regierungsparteien haben sich gegenseitig auf die Schultern geklopft und that’s it.

Was ist passiert? – Die Inflation hat die Erhöhung dieser Leistungen aber wieder scheibchenweise abgezwackt und das Spiel ist quasi wieder von vorne gestartet.

So, und was haben wir gemacht? – Wir haben etwas umgesetzt, das NGOs und Organisationen jahrzehntelang gefordert haben. Wir haben etwas umgesetzt, das jahrzehntelang versprochen wurde und nie umgesetzt wurde! (Beifall bei den Grünen.)

Kollegin von der SPÖ! Politische Entscheidungen, ja, sind meistens ein politischer Kompromiss, und trotzdem haben wir es geschafft, dass wir die Sozial- und Familienleistungen zum ersten Mal und dauerhaft an die Inflation anpassen wer­den. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Das heißt: Wenn die Preise steigen, dann steigen auch die Familien- und Sozial­leistungen, eben beispielsweise im Familienbereich das Kinderbetreuungs­geld, der Familienzeitbonus, die Familienbeihilfe, der Mehrkindzuschlag oder der Kinderabsetzbetrag. Die Menschen in Österreich bekommen endlich Sicherheit und wir machen den Sozialstaat langfristig krisenfest. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Zögerlicher Applaus bei den Grünen – nur für das Protokoll!)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich bin nicht wahnsinnig oder übermäßig euphorisch, wenn es um politische Erfolge geht, aber ganz ehrlich und ohne zu übertreiben: Wir beschließen heute einen sozialpolitischen Meilenstein (Beifall


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bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP), und von diesem Beschluss werden noch ganz viele Familien in den nächsten vielen, vielen Jahren dauerhaft und direkt profitieren. Darum sage ich: Heute ist ein sehr guter Tag für alle Familien in unserem Land. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

15.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.00.23

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, zu diesem Abschnitt, in dem es um Teuerung geht, um Vermeidung von Teuerung oder Bekämpfung der Teuerung, haben auch wir einen Antrag eingebracht, dieser wurde aber im Ausschuss von der ÖVP abgelehnt. Die ÖVP, lese ich, hat „[w]enig Verständnis für den FPÖ-Antrag“ und „sprach von ‚zum Teil skurrilen Forderungen‘.“

Jetzt schauen wir uns diese skurrilen Forderungen, die wir eingebracht haben – es geht um die Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher –, einmal an: Punkt eins dieser skurrilen Forderungen: eine „massive Steuersenkung auf Benzin und Diesel“ – furchtbar! –; dann: „Erhöhung des Pendlerpauschale“ – unvorstellbar, wie kann man nur so etwas fordern? –; „Streichung der [...] CO2-Abgabe“ – heute hat der Herr Finanzminister gesagt, dass man in einer Krise und in einer Phase der Teuerung keine neuen Belastungen erfinden kann, die ÖVP hat aber trotzdem die CO2-Abgabe eingeführt, und der ÖVP-Klubobmann in Kärnten (Abg. Obernosterer: Blödsinn ...!) – danke Gabriel, dass du mich erin­nerst – hat das in einem Inserat als Schwachsinn bezeichnet –; die „Halbierung [...] der Mehrwertsteuer auf Gas und Strom“ – skurril, wie kann man so etwas verlangen? –; die Forderung eines „Heizkostenzuschusses für bedürftige Per­sonen“ – völlig skurril, also wie kann man einen Heizkostenzuschuss erhöhen, wenn es bedürftige Menschen in Österreich gibt? –; die „Inflationsanpassung“ bei den „Pensionen, des Arbeitslosengeldes sowie der Familienbeihilfe und des


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Pflegegeldes“ – eine skurrile Forderung (Abg. Michael Hammer: Müssen wir ja!), obwohl Herr Klubobmann Wöginger heute hier heraußen groß verkündet hat, wie super alles ist und wie die Pensionen jetzt erhöht worden sind und was alles gemacht wird –; die Grundnahrungsmittel: „Streichung der Mehrwertsteuer“ auf Grundnahrungsmittel und „Festsetzung eines Preisdeckels“ auf Grundnah­rungsmittel, weil sich die Leute das Leben in ihrem Land nicht mehr leisten kön­nen – völlig skurril! –; „Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer“ – wie kommt man denn auf das, eine Lohnerhöhung für Arbeitnehmer zu fordern? (Zwischenruf des Abg. Obernosterer–; eine „deutliche Senkung der Lohnnebenkosten“ – furcht­bar, skurril, völlig skurril! –; „Ende der schikanösen und extrem teuren Corona-Politik“ – die habt ihr selber aufgegeben, diese skurrile Forderung (Abg. Michael Hammer: Ja, ja!) –; „Aufhebung aller Sanktionen gegen Russland“ – da kann man geteilter Meinung sein, aber skurril ist es auch nicht (Abg. Michael Hammer: Beibehaltung der Neutralität!) –; und in der EU gegen weitere Schuldenaufnahme sein. – Das sind die zwölf Punkte, die wir gefordert haben und die die ÖVP als skurril bezeichnet.

Also ich muss euch sagen, liebe Kollegen von der ÖVP: Skurril seid nur mehr ihr, und ihr lasst euch als ehemalige Wirtschaftspartei von den grünen Fundis am Nasenring durchs Parlament ziehen. Das ist ÖVP-Politik. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Rainer Wimmer.)

15.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.03.11

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­ter! Herr Minister! Hohes Haus! Wir sprechen bei diesem Tagesordnungspunkt vom Teuerungs-Entlastungspaket III, von der Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen. Meine Damen und Herren, wir Politiker neigen dazu, allzu gern in Superlative zu verfallen, wenn wir etwas beschließen, und historisch ist viel­leicht einer dieser Superlative.


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Ein Außenstehender, der Obmann von einem der größten Familienverbände in diesem Land, hat zu mir gesagt hat: Norbert, ihr entlastet die Familien in einem Tempo, dass wir bald nicht mehr wissen, was wir fordern sollen. (Abg. Wurm: ... wissen gar nicht, wie viel Geld ...! Abg. Erasim: Bist du narrisch! Bist du narrisch!) Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können mit Fug und Recht – mit Fug und Recht! – behaupten: Das, was wir hier beschließen, ist historisch! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Diese Regierung, meine Damen und Herren, redet nicht nur, sie setzt um! Auch hier im Parlament waren wir, was diese Forderung nach der Valorisierung anbelangt, nicht gerade untätig. Ich bin an dem Versuch, alle Anträge der letzten zehn Jahre, die sich mit dieser Valorisierung befasst haben, herauszusuchen und zusammenzutragen, gescheitert. Berge an Papier wurden produziert.

Diese Regierung aber handelt und setzt um. Die Valorisierung folgender Familien- und Sozialleistungen wird in Kraft treten: Neben der Familienbeihilfe, dem Kinderbetreuungsgeld und der Studienbeihilfe werden auch der Mehr­kindzuschlag, der Kinderabsetzbetrag, das Schulstartgeld, die Unterstüt­zungs­leistungen für den Papamonat, das Rehageld, das Wiedereingliederungsgeld und auch das Umschulungsgeld ab jetzt jährlich an die Inflation angepasst. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Diese Regierung, meine Damen und Herren, entlastet die Menschen. Die genannten Leistungen werden somit im kommenden Jahr voraussichtlich um 5,8 Prozent steigen. Und, meine Damen und Herren, für das Krankengeld, das auch valorisiert werden soll, wird eine Option geschaffen, denn über diese Anpassungsmöglichkeiten müssen natürlich die dafür zuständigen Sozialver­sicherungen entscheiden.

Doch das ist noch nicht alles. Die Schulbeihilfe sowie die Heim- und die Fahrt­kostenbeihilfe werden zukünftig valorisiert und werden mit Septem­ber 2022 außerordentlich um 12 Prozent erhöht. Das heißt, der Grundbetrag für die Schulbeihilfe ist bereits von 1 356 Euro auf 1 520 Euro und für die Heim­beihilfe von 1 656 Euro auf 1 856 Euro gestiegen.


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Meine Damen und Herren, auch wenn wir oft verschiedener Meinung sind, was Lösungsansätze betrifft, freut es mich doch, dass dieses Entlastungspaket auf breiter Basis beschlossen wird. Das Paket zeigt vor allem aber eines: Diese Regierung handelt aus Verantwortung für morgen. Wir reden nicht nur, wir ent­lasten und setzen um. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Frau Bundesministerin MMag.a Dr. Su­sanne Raab herzlich begrüßen und bitte Mag. Gerhard Loacker ans Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.06.39

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Ja, die Sozialleistungen sollen an die Inflation angepasst werden. Das ist vom Zugang her okay, aber man muss sich dann bei diesem Gesetz anschauen, worum es sich im Konkreten wirklich handelt, weil da eben nicht nur Sozialleistungen wie beispielsweise die Studien­beihilfe darin enthalten sind, bei der sich das logisch und von selbst versteht, sondern beispielsweise auch das Rehabilitationsgeld, das jetzt jährlich aufge­wertet werden soll.

Warum ist das ein Problem? – Das Rehabilitationsgeld ist das, was früher die Invaliditätspension für unter 50-Jährige war. Schon allein die Einführung des Rehabilitationsgeldes bedeutete eine Besserstellung, weil das Rehabilitationsgeld zu einer höheren Pension führt, was früher, wenn man vor 50 in Invaliditäts­pension gegangen ist, nicht der Fall war, denn da hatte man eine niedrige Pension behalten. Wir haben also damals unter Rudi Hundstorfer diese Besser­stellung eingeführt – Rehabilitation im engeren Sinne findet in den seltensten Fällen, also in vernachlässigbarer Zahl, statt, wir haben diese Menschen bessergestellt. Jetzt aber noch einen Anreiz zu setzen und dieses Rehabilitations­geld noch einmal jährlich aufzuwerten, um eine noch höhere Pension dafür zu bekommen, dass man eigentlich vor 50 in eine Frühpension gegangen ist, ist ein Fehlanreiz, und den sollte man nicht in ein Gesetz einbauen.


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Genauso, wenn jemand aus dem AMS heraus eine Ausbildung finanziert bekommt und dafür nicht nur die Ausbildung bekommt, sondern noch einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld auf diese Ausbildung: Das dann auch noch zu valorisieren, dafür, dass man eine Besserstellung bekommt, ist auch ein Fehlanreiz.

Man muss natürlich auch ganz klar sagen: Wenn Familienleistungen erhöht werden, ist das gut und recht, aber auch da gibt es Besserverdiener, die es nicht gebraucht hätten, die es aber auch bekommen, und da sind wir wieder bei der Gießkanne.

Und wen Sie wieder vergessen haben, sind die Menschen, die arbeiten und die mit der Kraft ihrer Arbeit dieses Sozialsystem überhaupt erst ermöglichen, denn die Zuverdienstgrenzen für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld beispielsweise werden nicht valorisiert. Es geht ja darum, dass die, die arbeiten, auch etwas von ihrer Leistung haben, und um das sicherzustellen, bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 5 wird nach Z 3 folgende Z 3 a eingefügt:

„3a. Nach § 10 wird folgender § 10a eingefügt:

‚(3a) An die Stelle des Grenzbetrags nach Abs. 3 tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2023, der mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag. Der Vervielfachung ist jeweils der für das vorangegangene Jahr ermittelte Betrag zugrunde zu legen.‘“

II. In Artikel 5 wird nach Z 3 a folgende Z 3 b eingefügt:

„3b. Nach § 24 Abs. 1 Z 3 wird folgende neue Ziffer 4 eingefügt:


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,4. An die Stelle des Grenzbetrags nach Z 3 tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2023, der mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag. Der Vervielfachung ist jeweils der für das vorange­gangene Jahr ermittelte Betrag zugrunde zu legen.‘“

*****

Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, wir arbeiten hier mit einer Geschäftsordnung aus dem Jahre Schnee und müssen im Zeitalter der elektro­nischen Kommunikation solche Dinge immer noch vorlesen. Falls Sie das fadisiert – mich fadisiert es auch. Ich entschuldige mich, dass Sie sich das anhö­ren müssen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

15.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1663 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenver­sicherungs­ge­setz 1977, das Studienförderungsgesetz 1992, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Familienzeitbonusgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert werden (Teuerungs-Entlastungspaket III) (1678 d.B.) - TOP 10

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 5 wird nach Z 3 folgende Z 3 a eingefügt:

    »3a. Nach § 10 wird folgender § 10a eingefügt:

"(3a) An die Stelle des Grenzbetrags nach Abs. 3 tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2023, der mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1)


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vervielfachte Betrag. Der Vervielfachung ist jeweils der für das vorangegangene Jahr ermittelte Betrag zugrunde zu legen."«

II.  In Artikel 5 wird nach Z 3 a folgende Z 3 b eingefügt:

  »3b. Nach § 24 Abs. 1 Z 3 wird folgende neue Ziffer 4 eingefügt:

"4. An die Stelle des Grenzbetrags nach Z 3 tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2023, der mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag. Der Vervielfachung ist jeweils der für das vorangegangene Jahr ermittelte Betrag zugrunde zu legen."«

Begründung

Nach den Pandemiejahren führt unter anderem der Ukrainekrieg zu steigender Inflation und mittlerweile wird in Folge der Teuerungswelle auf allen Ebenen über mögliche Beihilfen und Ausgleichszahlungen diskutiert. Im Rahmen der Teue­rungsentlastungspakete wurden in den Ausschüssen bereits mehrere Anpassungen und Erhöhungen von Sozialleistungen beschlossen. Vergessen wurde allerdings, dass zusätzliche Grenzen ebenso angepasst werden müssen, um eine tatsächliche Treff­sicherheit zu garantieren.

So wurde beispielsweise bei der Anpassung des Kinderbetreuungsgeldes die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld nicht angepasst. Nun kann dies zwar als Einsparungs­potenzial gesehen werden, allerdings bedeutet die wirtschaftliche Entwicklung ja auch, dass die vorhandenen Mittel für betroffene Personen weniger wert sind. In Folge dessen müssen nicht nur Bezüge und Zuverdienstgrenzen angepasst werden, sondern auch die Beiträge, die tatsächlich bei Familien ankommen.

Ad I.

Wer aufgrund seiner Lebenssituation auch mit dem Kinderbetreuungsgeld kein ausreichendes Auskommen findet, hat aufgrund des Kinderbetreuungsgeldgesetzes Anspruch auf eine Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld. Alleine durch die gesetzlichen Regelungen kann davon ausgegangen werden, dass diese Beihilfe im Gegensatz zu anderen Zahlungen besonders sozial treffsicher ist. Da derartige Beihilfen eine Absicherung auch abseits von anderen Sozialsicherungen die Armut verhindern


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sollten, ist eine zugehörige Anpassung auch der Beihilfe gegenüber wirtschaftlich derartig gefährdeten Personen nur fair und könnte dafür bei weniger treffsicheren Sozialleistungen sogar für Einsparungen sorgen.

Ad II.

Da das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld ein besonderer Anreiz für kürzere Karenzzeiten sein soll und dafür, rascher in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, sollen Eltern motiviert werden, die kürzere einkommensabhängige KBG-Variante zu wählen, um schneller wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Das soll helfen den "Parenting Gap" zu reduzieren. Der "Parenting Gap" ist ein Einkommensknick im Karriereverlauf durch zu langes Fernbleiben vom Arbeitsmarkt aufgrund von über­durchschnittlich langen Kinderbetreuungszeiten. Konkret soll beim einkom­mens­abhängigen KBG aber nicht nur die Bezugshöhe angepasst werden, sondern in identen Schritten sollte auch die Zuverdienstgrenze kontinuierlich mit angepasst werden - um arbeitswilligen Eltern auch während der Karenzzeiten einen zusätzlichen Erwerb zu ermöglichen und diesen nicht im Laufe der Zeit an Wert verlieren zu lassen.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist in diesem Sinne ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Bundesminister.


15.10.41

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bevor ich auf die Valorisierung der Sozialleistungen zu sprechen komme, muss ich zu diesen heute schon oft zitierten Einmalzahlungen etwas sagen, zu den Wirkungen, die sie entfachen, weil ja mitunter der Eindruck vermittelt worden ist, das sei verbrann­tes Geld, hinausgeschmissenes Geld, das wirke alles nicht, das sei zu spät – ich weiß nicht, was da alles gekommen ist. Wir haben das anhand von Beispielen


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durchgerechnet, und zwar auch sehr konkret, was die Lohnverrechnung dazu hergibt.

Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern – und da werden Sie mir jetzt zustimmen, diese ist von der Teuerung in besonderem Ausmaß betroffen –, teilzeitbe­schäf­tigt, ein Bruttogehalt von 1 180 Euro oder netto etwa 1 000 Euro, bekommt insgesamt durch die so viel geschmähten Entlastungspakete der Bundesregie­rung 2 660 Euro an Entlastung direkt ausbezahlt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Ich würde sehr darum bitten, nicht so zu tun, als wäre das für diese Frau, diese Alleinerzieherin, nicht sehr, sehr viel Geld. Das wirkt nämlich, weil es für die gestiegenen Ausgaben, für die Bezahlung von Rechnungen verwendet werden kann. Das ist konkret geschaffene Soforthilfe, jetzt, ist am Konto angekommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zweites Beispiel: Ein Pensionist mit einer Durchschnittspension profitiert von den Entlastungen mit 1 338 Euro. Auch da gilt: Das ist tatkräftige Soforthilfe, die jetzt wirkt.

Ich bitte wirklich darum, diese Zahlungen, die von der Bundesregierung geleistet werden, als das zu sehen, was sie sind: Hilfe in sehr besonderen Lebenslagen, Hilfe in Krisenlagen, die jetzt eine Wirkung entfachen, weil es notwendig ist.

Nächster Punkt: Valorisierung der Sozialleistungen. Es ist davon gesprochen worden, das sei ein Meilenstein. Ich kann das nur bestätigen, denn das haben sehr viele schon probiert und gefordert. Wenn jetzt Familienbeihilfe, Kinderab­setzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Familienzeitbonus, Studienbeihilfe et cetera, et cetera jeweils automatisiert an die Teuerung angepasst werden, dann sichert das in Wahrheit die Basis dieser Beihilfen, denn die sind eben durch die Inflation bis jetzt jährlich weniger wert geworden. Das heißt, das ist konkrete Absiche­rung von Hilfszahlungen, von Sozialleistungen, die – ja, das stimmt – einen guten Teil unseres Sozialstaates ausmachen, und das ist – weil es angesprochen wurde – die Sicherung des österreichischen Sozialstaatsmodells. Damit wird der Sozialstaat auf Dauer abgesichert, weil eben diese Leistungen fortlaufend valo­risiert werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Was ich schon interessant fand, war ein Dialog, der sich heute im Zuge der Debatte abgespielt hat, ich glaube, zwischen August Wöginger und Frau Abgeordneter Heinisch-Hosek, die ja früher selbst Ministerin gewesen ist, näm­lich im Hinblick auf die Valorisierung der Sozialleistungen, der ungefähr wie folgt stattgefunden hat:

Da waren (in Richtung Abg. Heinisch-Hosek) Ihre Zwischenrufe: „Zu spät!“, „Zu spät!“, wenn ich es richtig im Kopf habe (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, genau!), worauf dann in der Gegenrede gefragt wurde: Wie lange waren Sie denn in Verantwor­tung als Ministerin? (Abg. Heinisch-Hosek: Aber nicht dabei!) Und Ihre Antwort war dann: Ja, aber wer war der Koalitionspartner? (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Und da kann ich Ihnen sagen: derselbe wie heute, die ÖVP. (Beifall bei den Grünen.) Der Unterschied zwischen damals und heute ist, dass wir etwa die Hälfte der Mandate haben, die Sie damals hatten, und wir es umgesetzt, also mit der Hälfte der Mandate doppelt so viel erreicht haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.15.04

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, der Herr Sozialminister hat es bereits erwähnt, heute ist tatsächlich ein guter Tag für den Sozialstaat und vor allem auch ein sehr guter Tag für all jene, die auf ihn angewiesen sind. Heute, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, machen wir unsere sozialen Sicherungssysteme wieder ein Stück armuts­fester, und heute wird etwas beschlossen, was Sozialverbände, was kirchliche Organisationen, was Gewerkschaften bereits seit Jahrzehnten fordern: Heute beschließen wir die Valorisierung, sprich die jährliche Erhöhung von Sozial- und


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Familienleistungen über die Inflationsrate hinweg, und das nicht einmalig, son­dern dauerhaft für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Beschluss ist nicht nur längst überfällig, sondern ich glaube, er kommt gerade in Zeiten der Teuerung genau zum richtigen Zeitpunkt.

Nur damit Sie auch wissen, worum es tatsächlich geht: Unter dem vorigen Tagesordnungspunkt haben wir die Pensionen erhöht. Dafür gibt es eine gesetzliche Vorschrift: dass wir sie werterhaltend mit dem bereits erwähnten Anpassungsfaktor erhöhen müssen, dass sie nicht an Kaufkraft verlieren dürfen. Mit der Erhöhung der Pension wird auch die sogenannte Ausgleichszulage erhöht. Das ist so etwas wie die haushaltsbezogene Mindestpension. An der Ausgleichszulage, an dieser Mindestpension, orientiert sich die Mindestsiche­rung, die Sozialhilfe. Das heißt, auch Mindestsicherung und Sozialhilfe steigen automatisch, und zuletzt – seit 2020, auf Basis eines Beschlusses 2019 – wird auch das Pflegegeld jährlich valorisiert, jährlich um die Inflation erhöht. (Beifall bei den Grünen.)

Was allerdings gefehlt hat, waren eben zahlreiche familien- und sozialpolitische Leistungen, die wesentliche Einkommensbestandteile sind – ich denke da an die Familienbeihilfe, ich denke da an den Kinderabsetzbetrag –, die teilweise auch selber Einkommen sind, eben das bereits von Kollegen Loacker erwähnte Rehabilitationsgeld, das Umschulungsgeld oder die Studienbeihilfen; alles Sozial­transfers, alles Leistungen, die einkommensstärkend oder überhaupt erst einkommensschaffend wirken. Diese sozialen Transfers haben natürlich durch die Inflation über die Jahre dramatisch verloren, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird jetzt abgestellt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich habe gesagt, wir haben das System armutsfester gemacht, wir müssen dennoch auch noch weiter voranschreiten und teilweise manche Sozial­leistungen wirklich auch armutsfest machen. Ich möchte dazu nur noch sagen –


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was schon auch wichtig ist, damit wir wissen, um welche Dimensionen es sich handelt –: Im nächsten Jahr macht die Erhöhung der Sozial- und Familienleis­tungen alleine 360 Millionen Euro zusätzlich für die Haushalte aus. Und wie verteilt sich das? Ist es sozial gerecht? Ist es sozial treffsicher? – Ja, denn die einkommensschwächsten 20 Prozent, das einkommensschwächste Fünftel der Haushalte erhält ein Viertel dieses Gesamtvolumens, und – was uns natürlich besonders freut – auch wenn man sich das von der Geschlechterseite anschaut, kann man sagen, es sind zu 57 Prozent Frauen, die von der Erhöhung, von der Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen profitieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zuletzt gerade auch deshalb, weil wir in eine wirtschaftlich schwierige Zeit gehen  von Stagflation ist die Rede , ist die Erhöhung, die Valorisierung dieser Transfers so extrem wichtig, weil sie nicht nur besser gegen Armut absichern und Kaufkraft erhalten, sondern auch die Kaufkraft stabilisieren, die wir dringend brauchen, um aus der Krise auch wieder rauszukommen. Darum bitte ich Sie, diesem Antrag, diesem Meilenstein zur Sicherung unseres Sozialstaates möglichst breit zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Michael Seemayer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.19.45

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon ein paarmal erwähnt worden: Wir haben eine ganz starke Abhängigkeit vom Euro­päischen Wirtschaftsraum, vor allem vom deutschen Wirtschaftsraum.

Uns berichten Betriebsrätinnen und Betriebsräte fast täglich, dass vor allem Betriebe mit hohem Energiebedarf Produktionsverlagerungen planen oder teilweise auch schon eingeleitet haben. Grund dafür sind die hohen Energie­kosten in Österreich.


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Jetzt kann man natürlich sagen: Ein Energiepreisdeckel bringt nichts, ist keine gute Idee, und wir machen nichts, um die hohen Preise für Energie zu senken!, wenn aber alle anderen Länder Maßnahmen treffen, die Energiepreise zu senken, nämlich auch kurzfristig, dann werden die Aufträge nicht mehr in Öster­reich erteilt und abgearbeitet werden, sondern dort, wo die Energiepreise günstig sind.

Leider findet sich im vorliegenden Budget kein Hinweis dafür, dass Sie darauf reagieren wollen. Den Preis dafür werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen, die im besten Fall in Kurzarbeit geschickt werden, im schlechtesten Fall ihre Arbeitsplätze ganz verlieren werden.

Im Zuge der Auswirkungen der Pandemie haben wir erleben müssen, was es heißt, wenn Beschäftigte Arbeitsplätze verlieren und längere Zeit mit rund 55 Prozent des letzten Nettoverdiensts über die Runden kommen müssen. Das ist so gut wie unmöglich. Das drängt ganze Familien in Armut, das ist demüti­gend, das steigert Kinderarmut und führt zu Ausgrenzung. Daher braucht es auch eine Valorisierung des Arbeitslosengeldes. Und da es sich bei der Valori­sierung der Sozialleistungen um ein Sammelgesetz handelt, hätte auch die Valori­sierung des Arbeitslosengeldes gut dazugepasst. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe der Abgeordneten Pfurtscheller und Loacker.)

Leider hat man das nicht gemacht. Man findet das auch im Budget so nicht abgebildet. Es fehlen nämlich die Anhebung des Arbeitslosengeldes (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), die Valorisierung des Arbeitslosengeldes und auch die Anhebung des Familienzuschlages, der derzeit bei 97 Cent pro Tag liegt. Das ist bei Weitem nicht ausreichend, um Kinderarmut zu verhindern.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 214

eingebracht im Zuge der Debatte zu 1663 d.B.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien durch ins­besondere folgende Maßnahmen entgegengewirkt wird:

1) Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens

2) Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken

3) Jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe

4) Verdreifachung des Familienzuschlages.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Genossinnen und Genossen

eingebracht im Zuge der Debatte zu 1663 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Studienförde­rungs­gesetz 1992, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Familienzeitbonusgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geän­dert werden (Teuerungs-Entlastungspaket III) – (TOP 10)

betreffend Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien

Die Regierung valorisiert Sozialleistungen, vergisst dabei aber völlig auf jene Leistung, deren wichtigste Funktion die Existenzsicherung ist – das Arbeitslosengeld.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 215

Oft reicht das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe nicht einmal für das Nötigste. Das zeigt eine Untersuchung von SORA im Auftrag des Momentum Instituts zur wirtschaftlichen Situation von Arbeitslosen in Österreich sehr deutlich: 6 von 10 Befragten verdienten vor der Arbeitslosigkeit weniger als 1.400 Euro netto im Monat. In der Arbeitslosigkeit haben sogar 97 Prozent weniger als 1.400 Euro. Diese Men­schen sind akut armutsgefährdet und können sich viele Dinge nicht mehr leisten: z.B. unerwartete Ausgaben, neue Kleidung kaufen oder die gesamte Wohnung oder das Haus angemessen warmhalten.

Die Studie zeigt, dass 18 Prozent befürchten, dass sie die nächsten sechs Monate die Miete nicht mehr bezahlen können.

Diese Studie stammt aus dem August 2021 (!). Schon damals war die Situation für arbeitslose Menschen und ihre Familien prekär. Dann kamen die Energiekrise und die Teuerungskrise. Die Preise für Strom und Gas verdreifachten sich und Lebensmit­telpreise steigen unaufhörlich. Im September 2022 betrug die Inflationsrate 10,2 Prozent.

Jene, die schon 2021 nicht mehr wussten, wie sie sich das Leben noch leisten können, sind derzeit völlig am Boden und in Armut abgerutscht.

Arbeitslose erhalten in Österreich 55 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens. Die Nettoersatzrate von 55 Prozent ist im internationalen Vergleich niedrig und führt bei den Betroffenen zu hohen abrupten Einkommenseinbußen.

Besonders hart trifft dieser Einkommensverlust aber Langzeitbeschäftigungslose, also jene Personen, die beim AMS Österreich länger als 365 Tage in unterschiedlichen Arbeitsmarkt-Status vorgemerkt waren. Derzeit sind rund 80.000 Langzeitbeschäfti­gungslose Personen beim AMS vorgemerkt. Diese Menschen wissen oft nicht mehr, wie sie ihr Leben meistern sollen, es bricht die Existenzgrundlage weg.

Im Jahr 2000 hat die damalige schwarz/blaue Regierung auch noch eine Regelung abgeschafft, mit der das Arbeitslosengeld valorisiert wurde. Da seither die Höhe eines einmal festgesetzten Arbeitslosengeldes auch dann nicht steigt, wenn ein Mensch über längere Zeit arbeitslos ist, verlieren diese Menschen zunehmend an Fähigkeit, ein Leben in Würde zu führen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 216

Familien mit Kindern trifft Arbeitslosigkeit noch einmal heftiger, denn der derzeitige Familienzuschuss von 97 Cent pro Tag und anspruchsberechtigter Person ist lächer­lich gering.

Um der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen entgegen­zu­wirken, bedarf es daher mehrerer Maßnahmen:

• Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens

• Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken

• Jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe

• Verdreifachung des Familienzuschlages

Die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent Nettoersatzrate muss zur grundsätzlichen Existenzsicherung erfolgen.

Die Berechnung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes erfolgt auf Grund der Beitragsgrundlagen aus dem zweitvorangegangenen Jahr vor dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Dies führt dazu, dass letzte Gehaltserhöhungen nicht mehr berücksichtigt werden. Gerade in Zeiten hoher Gehaltsabschlüsse wirkt sich das extrem negativ auf die Betroffenen aus.

Die jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes ist eine notwendige Reaktion der Gesellschaft um auch im Bereich der Langzeitbeschäftigungslosigkeit Verarmung zu verhindern.

Die Verdreifachung des seit der Einführung des Euro nicht mehr erhöhten Familien­zuschlages von derzeit 0,97 Euro würde vor allem Arbeitslosenhaushalten mit Kin­dern helfen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 217

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien durch insbesondere folgende Maßnahmen entgegengewirkt wird:

1)         Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens

2)         Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken

3)         Jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe

4)         Verdreifachung des Familienzuschlages.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Michael Seemayer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der SPÖ: Der war gerade!) – Sie können gerne noch einmal reden, Herr Abgeord­neter. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Michael Hammer. – Bitte schön. (Abg. Leichtfried: Ist das der Hammer, der ständig Ordnungsrufe bekommt?)


15.23.02

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die heutige Sitzung – das ist bei einigen Vorrednern schon angeklungen – und auch die morgige Sitzung haben natürlich schon eine besondere Ausprägung, weil wir, das ist keine Frage, in einer schwie­rigen, krisenhaften Situation sind. Aber die Entlastungsmaßnahmen, die wir allein in diesen zwei Tagen beschließen, sind wirklich von ganz großer Bedeutung: angefangen von der Abschaffung der kalten Progression über die soeben disku­tierte Pensionsanpassung, die bei den kleinen Pensionen deutlich über der


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Inflationsrate liegt, bis hin zur Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen, die wir jetzt beschließen.

Diese Sitzung, die wirklich viel für die Österreicherinnen und Österreicher bringt, zeichnet sich schon durch ein paar Auffälligkeiten aus. Besonders auffällig zeigt sich da die SPÖ, denn da werden noch dieselben Reden gehalten, wie sie schon seit sechs Monaten gehalten werden: überhaupt nicht berücksichtigend, was schon an Entlastungsmaßnahmen gemacht wurde. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ich glaube, ihr müsst euch einmal ein bisschen updaten und ein paar Zeilen zu euren Reden dazuschreiben, denn das ist das, was bei den Menschen ankommt, und das findet sich in euren Reden nicht, weil man halt alles schlechtreden muss, was seitens der Regierung gemacht wird. Aber das ist halt das, was wir von der SPÖ gewöhnt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine zweite Auffälligkeit bei der SPÖ ist, dass man betreffend jene Dinge, die heute beschlossen werden – natürlich hat es Koalitionen gegeben, aber man hätte vieles auch machen können, wenn man die Regierung anführt, vieles, was jetzt gemacht wird, zum Beispiel die Valorisierung der Familienleistungen oder die Abschaffung der kalten Progression (Abg. Heinisch-Hosek: ... schwarzen Finanzminister!) –, jetzt sagt: Das ist zu spät und zu wenig!, und das Momentum-Institut zitiert, weil einem keine besseren Argumente einfallen. Aber das ist wirklich eine Selbstanklage, die ihr da heute betreibt, denn ihr habt das in eurer Regierungszeit nicht gemacht. Und hoffentlich werdet ihr nicht in Regierungs­verantwortung kommen, denn diese Regierung setzt die Maßnahmen um, die für die Menschen wichtig sind, und nicht das Gejammere, das ihr da vom Rednerpult aus abliefert. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Erasim: Welcher Partei gehören Sie an?)

Ja, die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen ist nicht etwas, was man so einfach macht. Der Herr Bundesfinanzminister hat heute auch seine Bud­getrede gehalten und man muss diese Maßnahmen budgetär entsprechend abbilden. Wir haben auch in der Vergangenheit – ich möchte das nur zitieren –,


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2014, zum Beispiel einmal eine Anpassung der Familienbeihilfe beschlossen. Frau Kollegin Heinisch-Hosek, da haben wir ein Mal einmalig 4 Prozent beschlossen und dann jedes zweite Jahr noch 1,9 Prozent – das war es dann. Jetzt bilden wir die Inflationsabgeltung zur Gänze ab. Das ist nachhaltig und kommt bei den Menschen an, nicht wie damals diese Einmalgaben – weil Sie immer wieder von den Einmalzahlungen reden. Das, was damals gemacht wurde, war nicht nachhaltig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: ... Finanzminister Nein gesagt!)

Ein Satz zu den Freiheitlichen: Die Freiheitlichen haben damals, 2014, als wir diese Anpassung der Familienleistung beschlossen haben, einen Antrag auf Valorisierung der Familienleistungen gestellt. Wir haben es damals unter der Regierung zwar nicht umgesetzt, aber eines muss man sagen: Wir haben unter der Regierung eine andere große Familienleistung auf den Weg gebracht, nämlich den Familienbonus Plus, der im Übrigen – SPÖ aufgepasst! – heuer von 1 500 Euro auf 2 000 Euro pro Kind und Jahr erhöht wird. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein! Nein!)

Auch das kommt bei den Familien an. Das ist das, was die Regierung umsetzt. Das, was ihr da an heißer Luft von euch gebt, hilft keiner Familie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Das war die zweit­schlechteste Rede heute! – Abg. Michael Hammer – auf dem Weg zu seinem Sitz­platz –: Nach deiner, oder? – Abg. Leichtfried: Eigentlich war die vom Wöginger gemeint!)

15.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.26.45

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ja, es ist schon etwas skurril, wenn man da die Abgeordneten von der ÖVP und von den Grünen am Rednerpult stehen sieht und von historischen Leistungen sprechen hört sowie davon, dass jetzt so quasi


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die Geldflut über die Familien hereinbricht. – Ihr lebt in einer ganz eigenen Welt, habe ich das Gefühl. (Abg. Disoski: Nicht in eurer, und das ist gut so!) Das hat mit der Realität in Österreich, glaube ich, nichts zu tun. Es ist weder historisch noch werden die Familien mit Geld zugeschüttet, so wie der Rest der Bevölkerung auch nicht. Aber ich verstehe schon, dass man halt ganz gerne etwas, das fast eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wie diese Valorisierung, hernimmt, um sich abfeiern zu lassen, auch um abzulenken von den Problemen, die in Öster­reich vorherrschen und die ihr mitverschuldet habt.

Ich sage es noch einmal, weil es gerade einmal ein paar Tage her ist: Wie man in Österreich jemandem, der vernunftbegabt ist, die Einführung der CO2-Steuer erklären kann, darauf bin ich gespannt. Das ist nicht zu erklären, weder der Bevölkerung noch der Wirtschaft. Das ist ein Knieschuss, aber in beide Knie. Das aber nur am Rande.

Kollege Angerer hat es ohnehin sehr schön erklärt: Wir haben ja schon vor geraumer Zeit ein Zwölfpunkteprogramm vorgelegt. Sie haben das als skurril abqualifiziert, in Wirklichkeit sind natürlich alle zwölf Punkte sinnvoll, und in gewissen Dingen geht es Gott sei Dank eh nach langem Druck unsererseits zumindest da oder dort in diese Richtung. Aber wir sind halt weit davon entfernt, da wirklich schon eine Lösung zu haben.

Ich muss es schon noch einmal in Erinnerung rufen, weil das heute ja den ganzen Tag auch Thema ist, auch beim Budget, und auch morgen Thema sein wird: Wir werden Ende 2023 in etwa 360 bis 370 Milliarden Euro Bundesverschuldung haben. – Das zu Ihrer Nachhaltigkeit! Also die Dimension, das umgerechnet in Schilling – für die, die ein bisschen älter sind –, sprengt den Rahmen und den Taschenrechner. Da sollte daher niemand von Nachhaltigkeit sprechen.

Die Auswirkungen, und zwar nicht nur in Österreich, sondern in Europa – und da sitzen Sie auch mit im Boot –, sehen wir ja schon: Die über Jahre, Jahrzehnte betriebene Schuldenpolitik der EZB führt uns in den absoluten Irrsinn. Man sieht es nicht nur daran, dass wir neue Schulden in Europa aufnehmen wollen, gesamtgemeinschaftlich – ein Wahnsinn für Österreich! –, man sieht es daran,


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wo sich der Eurokurs zurzeit bewegt, aber auch – und das werden die Menschen draußen sehr schnell spüren – an der fortschreitenden Zinspolitik. Die Zinsen steigen, und da werden noch ganz viele aufwachen, wenn sie plötzlich für ihre Kredite für Wohnungen, für Häuser, für ihre sonstigen Kredite die Raten nicht mehr zahlen können, und die, die ein bisschen informiert sind und von Wirt­schaft eine Ahnung haben, wissen jetzt schon, dass die Bautätigkeit ent­sprechend massiv zurückgeht, weil die Leute auch die Finanzierungsregeln nicht mehr einhalten können.

Bei allem, was Sie da schönreden: Jemand, der ein bisschen Weitblick hat – und das sollte ich von Abgeordneten verlangen können und von der Regierung sowieso –, weiß, was auf uns zukommt. Es gibt keinen Grund, dass Sie sich da heute abfeiern. Ganz im Gegenteil: Es ist sehr, sehr viel zu tun, und ich hoffe, dass der Hausverstand irgendwann ein bisschen mehr Einzug hält und Sie unsere sinnvollen Vorschläge annehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.30.32

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Wurm, sich hier als FPÖler herauszustellen und der Bundesregierung vorzuwerfen, sie habe den Bezug zur Realität verloren, ist so, als würde sich der Papst von der katholischen Kirche distanzieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich darf dich daran erinnern, dass die FPÖ-„Sozialministerin“ – unter Anführungszeichen – Hartinger-Klein einst der Meinung war (Ruf bei der FPÖ in Richtung der in Blau gekleideten Rednerin –: Ich finde es schön, dass Sie heute blau sind! Ein schönes Blau haben Sie heute!), man könne von 150 Euro monatlich leben – so viel zum Realitätsbezug der FPÖ. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das war halt vor der Teuerung!) – Da sind wir eh schon beim Thema.


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Ich möchte Sie auf eine Zeitreise ins Jahr 2016 mitnehmen. Die schwarz-blaue Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel ist zu diesem Zeitpunkt seit zehn Jahren (Abg. Belakowitsch: Was, 2016?) glücklicherweise nicht mehr im Amt, sondern Geschichte. Ebenso lange bilden SPÖ und ÖVP bereits in gewohnter großkoalitionärer Stillstandsmanier eine Koalition. In diesem Jahr verhandeln sie beispielsweise über einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, sie verhandeln über eine Abschaffung der kalten Progression. Nichts davon gelingt, nichts davon bringt diese SPÖ-ÖVP-Regierung zustande. Statt dringend notwendiger Reformen für die österreichische Bevölkerung gibt es vor allem eines: groß­koalitionären Stillstand.

Im Jahr 2016 passiert noch etwas anderes, nämlich etwas Erfreuliches, und das Ganze 87 675 Mal: So viele Kinder erblicken nämlich im Jahr 2016 das Licht der Welt, und eines dieser Kinder ist Lara. Ihre Mutter Anna ist Alleinerziehende und verdient in ihrer Teilzeitanstellung 1 300 Euro brutto. Eine automatische jähr­liche Anpassung der Familien- und Sozialleistungen hätte sie seit der Geburt ihrer Tochter dringend gebraucht, aber die großkoalitionäre Stillstandsregierung konnte sich darauf leider nicht einigen. Für Anna und ihre Tochter hieß das: keine Anpassungen beim Kinderbetreuungsgeld, keine Anpassungen bei der Familienbeihilfe und auch nicht bei den Absetzbeträgen wie dem Alleinerziehen­denabsetzbetrag, den Kollege Loacker vorhin zu erwähnen vergessen hat.

Da sich diese großkoalitionäre Stillstandsregierung nicht einigen konnte, ist also nichts passiert, und die Leidtragenden dieser Stillstandspolitik waren Familien, Eltern und ihre Kinder, insbesondere Alleinerziehende – wir wissen, dass ein Großteil davon Frauen sind. Sie alle hätten eine jährliche Anpassung der Familien- und Sozialleistungen dringend gebraucht – dringend! Dieses Brauchen ist bislang politisch ignoriert worden, da ist nichts passiert.

Diese Bundesregierung schaut dorthin, wo vorhergehende Regierungen weg­geschaut haben, sich weggeduckt haben. Dort, wo andere jahrelang herumlaviert haben, setzen wir konkrete Maßnahmen für die Menschen in unserem Land um. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Um die Auswirkungen der fossilbetriebenen Inflation abzufedern, hat diese Bundesregierung besonders jenen Familien, die das am dringendsten brauchen, wiederholt mit Direktzahlungen schnell unter die Arme gegriffen. Wir Grüne haben immer gesagt: Das geht uns nicht weit genug, wir wollen strukturelle Änderungen. Deshalb setzen wir jetzt als Bundesregierung das um, was viele andere zuvor vollmundig versprochen, aber nie eingelöst haben. Wir schaffen die kalte Progression ab (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) und – und dieses Und ist wichtig – wir führen eine jährliche Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen ein. Das ist keine Einmalzahlung, das ist kein kurzfristiges Finanzierungsprogramm. Diese jährliche Anpassung ist eine strukturelle Veränderung, und sie ist gekommen, um zu bleiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was bedeutet diese automatische Anpassung der Sozial- und Familienleistungen jetzt konkret für die alleinerziehende Mutter Anna und ihre Tochter Lara? – Sie bedeutet, in Zahlen gegossen, dass ihnen ab 1. Jänner 2023 308 Euro mehr im Börsel bleiben, und wenn man die bisherigen Entlastungspakete – die ökosoziale Steuerreform, die Negativsteuer – auch dazuzählt, dann sind das um 1 186 Euro mehr. Wenn sich Sozialdemokraten heute hierherstellen und das als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnen, dann kann ich wirklich nur meinen Kopf schütteln und Sie fragen: Wie abgehoben sind Sie bitte? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das bleibt im Börsel? Das glauben Sie wirklich?)

Für die alleinerziehende Mutter Anna heißt diese automatische Anpassung der Sozial- und Familienleistungen, dass endlich das umgesetzt wird, was seit der Geburt ihrer Tochter von verschiedenen Bundesregierungen vollmundig versprochen, aber nie umgesetzt worden ist. (Abg. Heinisch-Hosek: War das Schwarz-Blau ...?) Das wird ihr Leben und das Leben ihrer Tochter finanziell nachhaltig unterstützen, so wie es das Leben vieler Frauen, vieler Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in unserem Land verbessern wird. Wo Versprechen von vorhergehenden Regierungen leer geblieben sind, machen wir


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Nägel mit Köpfen und setzen diese dringend notwendigen strukturellen Ände­rungen um.

Ich komme zum Schluss: Mit der Abschaffung der kalten Progression und mit der Valorisierung der Sozial- und der Familienleistungen setzen wir einen echten Meilenstein in der österreichischen Sozialpolitik. Wir unterstützen damit vor allem jene Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, die bekanntlich mehr­heitlich Frauen sind. Wir beschließen da einen sozialpolitischen Meilenstein, der nachhaltig wirken wird. Er ist gekommen, um zu bleiben. Das ist gut und sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundes­ministerin Dr.in Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


15.35.35

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanz­leramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte den Jugendlichen auf der Besuchergalerie ein ganz herzliches Hallo sagen: Schön, dass ihr da seid! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die aktuelle Teuerungswelle trifft besonders die Familien, da sind wir uns alle einig. Die Familien sind das Herzstück unserer Gesellschaft, sie sind das Fun­dament unserer Gesellschaft, und deshalb haben wir uns in der Regierung darauf verständigt, dass wir die Familien auch ins Zentrum unserer Entlastungsmaß­nahmen und der Antiteuerungsmaßnahmen setzen. Das haben wir mit einem Maßnahmenmix gemacht, einerseits mit einer kurzfristigen Einmalzahlung – mit Geld, das sofort und ganz rasch überwiesen wird – und andererseits mit struk­turellen Anpassungen und Erhöhungen, die für die Familien über viele weitere Jahrzehnte wirken werden.

Wir haben bereits im August eine Sonderfamilienbeihilfe von 180 Euro ausge­zahlt. Wir haben das Schulstartgeld für jedes schulpflichtige Kind ausgezahlt. Wir


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haben die steuerlichen Entlastungen erhöht, den Familienbonus Plus von 1 500 auf maximal 2 000 Euro angehoben und da ganz besonders auch immer jene mitbedacht, die vielleicht von steuerlichen Entlastungen nicht in vollem Umfang profitieren können, wie viele Alleinerzieher:innen und Geringverdiener:innen, bei denen wir auch den Mehrkindzuschlag massiv erhöht haben.

Wir helfen aber nicht nur mit diesen Einmalzahlungen, sondern haben jetzt auch strukturelle Entlastungen auf den Weg gebracht. Wir werden nun alle Famil­ien­leistungen in Österreich an die Inflation anpassen, valorisieren und somit jedes Jahr kontinuierlich erhöhen. Sehr geehrte Damen und Herren, nehmen wir nur eine einzige Familienleistung heraus: das Kinderbetreuungsgeld bei einem acht Monate alten Kind! Je nach Modellvariante, die man beim Kindergeld bezieht, bedeutet das ein zusätzliches Kinderbetreuungsgeld von zwischen 700 und 1 400 Euro für die Bezugsberechtigte pro Kind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Zudem möchte ich in diesem Haus positiv erwähnen, dass wir in der Regierung die Debatten im Hohen Haus sehr schätzen und auch die Anregungen, die von Ihnen kommen, aufnehmen. Von vielen Parteien ist gekommen, dass es vernünf­tig wäre, das Schulstartgeld künftig nicht im September, sondern im August auszuzahlen, weil die Anschaffungen bei den Familien einfach da schon schla­gend werden. Auch das ändern wir und werden künftig das Schulstartgeld nicht erst im September, sondern bereits im August auszahlen. Da möchte ich mich auch gerne für die Anregungen der Abgeordneten bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass wir immer genau Nachschau halten, wo wir für die Familien etwas leichter machen können. Das sei nur an einem Beispiel verdeutlicht – und das wird heute auch beschlossen –: Stichwort Stärkung der Väterbeteiligung. Speziell für Väter ist vorgesehen, dass der Familienzeitbonus – also diese Unterstützungsleistung, die beim Papamonat auch zugewiesen wird – nicht mehr bei einem späteren Kinderbetreuungsgeldbezug anzurechnen ist. Es hat viele Väter, die in den Papamonat gegangen sind und am Ende der Karenz


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der Mutter gesagt haben: Jetzt möchte ich gerne selbst noch zwei Monate Karenz anhängen!, sehr geärgert, dass dieser Bezug, der während des Papamo­nats erfolgt ist, hinterher wieder abgezogen wurde.

Das sind effektive Dinge, wie wir ganz schnell Maßnahmen setzen, die direkt bei den Familien ankommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie müssen wissen: Die Familienbeihilfe gibt es in der jetzigen Form seit dem Jahr 1967, also viele, viele Jahrzehnte. Vielfach wird ja darüber gesprochen, dass man diese Familienleistung jedes Jahr an die Teuerung anpassen möge. Wir sprechen nicht mehr nur darüber, wir tun es jetzt einfach. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt nun Karl Schmidhofer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.39.55

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen, die unsere Debatte heute mitverfolgen! Ich darf damit beginnen, dass ich mich für das Verständnis bedanke, dafür, dass ich aus familiären Gründen jetzt fast 14 Monate ausgesetzt habe, beruflich genauso wie hier im Nationalrat. Ich darf mich auch insbesondere fraktionsübergreifend bei allen im Haus bedanken, die uns immer wieder geschrie­ben haben, uns angerufen haben. Ich durfte für die Familie sehr viel Zuspruch für unsere wirklich sehr, sehr schwere Zeit entgegennehmen. Einen herzlichen Dank dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, in diesen Monaten, in denen ich nicht hier war, ist der Ton doch ein bisschen rauer geworden. Vielleicht sollten wir uns doch auf die Sache, auf die Themen und auf das, was wir für die Menschen tun können, konzentrieren und die Lautstärke im Umgang miteinander vielleicht ein bisschen zurückschrauben.


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Die Valorisierung der Sozialhilfe und der Familienhilfen wurde von meinen Vorrednern im Detail angesprochen und aufgezählt, und ich glaube, es ist wirklich ein Meilenstein. Viele Regierungen haben daran gearbeitet. Wir haben gehört, seit 1967 gibt es die Beihilfen für die Familien. Wir haben in der Zwischenzeit sogar Alleinregierungen gehabt, wo das nicht gemacht oder nicht geschafft wurde. Jetzt, mit dieser Regierung, mit den Grünen und mit der ÖVP, ist es gelungen, diese Sozialleistungen für die Zukunft valorisiert abzusichern.

Frau Ministerin, 1,2 Millionen Familien mit 1,9 Millionen Kindern profitieren davon, dass sie planen können, dass sie damit rechnen können, dass das Geld auch ankommt.

Ja, die Bundesregierung hilft den Menschen. Wir dürfen aber nie vergessen, dass es eine Wirtschaftsleistung braucht, dass es fleißige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land braucht, die den Haushalt auch befüllen, Herr Minis­ter, damit wir uns das, was wir dann den Menschen auf soziale Weise geben dürfen, auch leisten können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 4 bis 14 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.

15.43.0314. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2794/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche-


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rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1682 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.43.39

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Tages­ordnungspunkt geht es um die Änderung von zwei Gesetzen.

Die erste Änderung: In einigen Bundesländern sind nach wie vor die Änderungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes, wie wir sie hier im Haus beschlossen haben, nicht umgesetzt. Zuletzt wurde ein Teuerungsbonus von 300 Euro für besonders vulnerable Gruppen ausbezahlt, dazu gehörten unter anderem Arbeitslose, Sozi­al­hilfebezieher:innen, aber auch Mindestpensionist:innen. Jetzt ist es passiert, dass einzelne Länder diesen Teuerungsbonus auf die Wohnbeihilfe angerechnet haben, was natürlich kein erwünschter Effekt der Einmalzahlung und auch nicht Sinn der Sache war.

Das wird jetzt rückwirkend korrigiert, das heißt, mit der Umsetzung wird explizit die Nichtanrechnung des Teuerungsbonus auf derartige Leistungen beschlossen. Wenn dann die Änderungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes auch in den Bundesländern umgesetzt sind, sollten derartige Anrechnungsprobleme ohnehin der Vergangenheit angehören, denn dort ist auch klargestellt, dass es keine Anrechnung von Bundesleistungen mehr geben darf.

Die zweite Änderung betrifft das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz, das unter Türkis-Blau beschlossen worden ist. Dieses sah eine Eignungsprüfung für Versicherungsvertreter:innen vor Antritt ihrer Funktion vor. Es gab das große Problem, dass diese Eignungsprüfung zwar tatsächlich wenig über die Eignung der Vertreter:innen aussagt, diese allerdings notwendig war und natürlich sehr


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viele, die nominiert worden sind, diese Prüfung noch nicht haben nachweisen können. Künftig ist es mit der Gesetzesänderung so, dass die Eignung bezie­hungsweise die Kurse innerhalb eines Jahres nachgewiesen werden können, ab dem Augenblick, in dem man für die Funktion nominiert wird.

Ich bitte für diese beiden Gesetzesänderungen um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neßler steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Rauch.)

15.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich bitte, das zu tun, was wir vereinbart haben, nämlich dass bei Reden von Abgeordneten Gespräche zwischen den Bundesministern und Abgeordneten aus Höflichkeitsgründen zu unterlas­sen wären.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.46.13

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Kollege Koza hat es soeben ausgeführt, es gibt zwei Änderungen. Wir sind ja mit Eignungsprüfungen nie glücklich gewesen. Wir sind der Auffassung, dass in der Selbstverwaltung immer geeignete Leute sitzen. Das wird jetzt in Bezug auf die Einladung für diese sogenannten Informationsveranstaltungen verändert.

Das Zweite: Leider, leider haben noch immer nicht alle Bundesländer das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz umgesetzt.

Lassen Sie mich aber doch einige Sätze zur Selbstverwaltung sagen, weil der Rechnungshofbericht über 157 Seiten Auskunft darüber gibt, was denn eigentlich aus der Zusammenlegung 2018 und aus den Versprechen von damals geworden ist: außer Schall und Rauch – entschuldigen Sie, Herr Bundesminister, das war jetzt nicht so gemeint – nichts!

Es waren vier Versprechen auf dem Tisch. Sebastian Kurz meinte damals, finanziell soll der Umbau bis 2023 1 Milliarde Euro bringen. Sie erinnern sich alle


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und die Zuseherinnen und Zuseher auch, es war die sogenannte Patientinnen- und Patientenmilliarde. Die ist natürlich nicht gekommen, im Gegenteil: Einige Hundert Millionen Euro hat die Zusammenlegung mehr gekostet – erstes Versprechen gebrochen.

Die zweite Behauptung oder das zweite Versprechen war: Von den Posten in der Verwaltung sollen durch natürliche Abgänge in drei Jahren 10 Prozent eingespart werden. Wissen Sie, was tatsächlich passiert ist? – Der Personalstand hat sich leicht erhöht – zweites Versprechen gebrochen.

Dritte Behauptung oder drittes Versprechen: Es wird Fairness und Harmoni­sierung der Leistungen geben. – Die Leistungen sind in der Realität nur teilweise angeglichen, und es gibt noch immer viele Unterschiede zwischen Berufs­gruppen und Bundesländern, die bestehen bleiben. Von der Harmonisierung der Leistungen – alle Patient:innen sollen gleiche Leistungen erhalten – kann keine Rede sein.

Die vierte Behauptung, das vierte Versprechen: Durch die Zusammenlegung gibt es bei der IT Synergieeffekte, im EDV-Bereich wird man einsparen, und die Zusammenlegung in den Rechenzentren wird Einsparungen bringen. – Es hat keine Synergien gegeben, die IT ist irgendwie noch immer nicht zusammen­gelegt, sondern es ist zu Mehrkosten gekommen.

Nur so viel dazu, was Menschen in Österreich in den letzten Jahren versprochen wurde und was tatsächlich gehalten wurde. Ich finde es wirklich bedauerlich, dass hier auf billige Art und Weise Kleingeld gemacht wurde und sich die Leistungen für die Patientinnen und Patienten nicht verbessern konnten oder gleich geblieben sind – drücken wir es einmal positiv aus.

Gerade jetzt – Herr Bundesminister, Sie sind Gesundheitsminister – erleben wir eine Situation, in der Kindergesundheit, Jugendgesundheit auf dem Spiel stehen, in der so viele psychotherapeutische Angebote fehlen – und es gibt im jetzigen Budget gerade einmal 35 Millionen Euro für Impfungen und für Psychotherapie


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für Kinder und Jugendliche. Ich bin der Auffassung, dass das viel zu wenig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.49.29

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt geht es um den Punkt – das haben die Vorredner schon gesagt –, dass es in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird, dass beispielsweise Sonderzahlungen auf Wohnbeihilfe angerechnet werden. Das soll mit diesem Gesetz ausgeschaltet werden, denn die Intention war natürlich, dass es zusätzliches Geld für Personen geben soll, die von dieser Teuerung besonders belastet sind.

Ein zweiter Teil, der dabei mitverpackt ist, ist die Tatsache, dass diese Bundes­regierung jetzt hergeht und Personen, die noch Eignungsprüfungen brauchen, um Jobs in der Sozialversicherung antreten zu können, auf ein Jahr pardoniert. Das ist schon ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren. Wir sind ein Kammerstaat, und es sind alle ganz gierig darauf, dass sie da irgendwelche wich­tigen Jobs in der Sozialversicherung bekommen, und dann bringen Sie es nicht zusammen, dass diese Personen zeitgerecht die Ausbildung abgeschlossen haben.

Also da muss ich Ihnen sagen: Wir werden auch das Verlangen stellen, darüber in zweiter Lesung getrennt abzustimmen. Das kann es doch bitte schön nicht sein! Das ist ein tatsächliches Armutszeugnis für Sie als Bundesregierung in diesem Staat.

Ich glaube, jeder hat die Zeit, sich rechtzeitig dafür ausbilden zu lassen, jeder hat die Zeit, sich darauf vorzubereiten. Da braucht es keine Pardonierung für zwölf Monate. (Beifall bei der FPÖ.)

15.50



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Ernst Gödl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.51.03

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Abschluss der sozialpolitischen Debatte debattieren wir jetzt über einen ganz kleinen Gesetzestext, mit dem wir sicherstellen wollen, dass Einmalzahlungen auch zu 100 Prozent bei jenen ankommen, die sie benötigen.

Wenn ich jetzt auf diese Debatte zurückblicke – auch auf die Debatte nach der Budgetrede und auf jene über die Pensionen und über die Erhöhung der Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen –, dann zeigt sich doch sehr deutlich, dass die Bundesregierung auch oder gerade mit dem vorgelegten Budget eines ganz besonders sichtbar macht, nämlich die soziale Handschrift.

In dieser Zeit, meine Damen und Herren, in der eine sehr hohe Inflationsrate vorherrscht, ist es wichtig, dass die Bundesregierung, dass wir gemeinsam Maßnahmen ergreifen, die gerade jenen Menschen zugutekommen, die ein geringes Einkommen haben. Das betrifft natürlich ganz besonders auch jene Pensionistinnen und Pensionisten, die im unteren Einkommenssegment angesiedelt sind.

Der Finanzminister hat etwas aus meiner Sicht völlig Richtiges gesagt: Wir dürfen keinesfalls auf Dauer nach dem Motto: Koste es, was es wolle!, agieren, sondern wir müssen – wie er es formuliert hat – gerade in dieser Phase „das Notwendige zur Verfügung [...] stellen“. Schon in den Paketen, die wir im Laufe des Jahres beschlossen haben – die eben auch diese Einmalzahlungen umfass­ten –, kam das zum Ausdruck: dass jene Menschen, die es in dieser Zeit schwer haben und mit ihrem Einkommen nicht so leicht über die Runden kommen, ganz gezielt mit Einmalzahlungen unterstützt werden, ganz besonders auch jene Pensionistinnen und Pensionisten, die eine Ausgleichszulage beziehen.

Wenn wir uns jetzt noch einmal vor Augen führen, welche Erhöhungen und Einmalzahlungen wir im Laufe des Jahres bereits gewährleistet haben, so gab


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es – das hat unser Klubobmann heute schon ausgeführt – für Pensionisten bis zur Ausgleichszulage im Laufe des Jahres einen Gesamtzuschuss von 1 948 Euro – 1 948 Euro als Aufbesserung zur Pension, damit sie eben die Rechnungen bezahlen und das tägliche Leben finanzieren können. Personen mit Pensionen von 1 500 Euro erhielten zum Beispiel innerhalb dieses Jahres insgesamt 1 621 Euro dazu. Das ist eine Erhöhung von immerhin 8,5 Prozent, über das ganze Jahr gesehen.

Mit dem Beschluss, den wir im Rahmen dieses Tagesordnungspunkts fassen, wollen wir sicherstellen, dass diese Einmalzahlungen auch zu 100 Prozent jenen Menschen zugutekommen, die sie dringend brauchen, und nicht etwa auf Länderebene – dort, wo die Sozialhilfe ausbezahlt wird – gegengerechnet wer­den dürfen, zum Beispiel bei der Wohnbeihilfe.

Meine Damen und Herren, ja, es sind herausfordernde Zeiten, und ich gehe davon aus, dass alle, auch die Sozialdemokraten, zu Hause einen Fernseher haben und ab und zu auch die Nachrichten schauen – nicht nur die Nachrichten in Österreich, sondern auch die Nachrichten in Nachbarstaaten. Da werden Sie sehr deutlich sehen: Das Problem der Abfederung der hohen Inflation ist kein österreichisches Inselproblem. Dieses Problem lässt sich deswegen auch nicht von Österreich alleine lösen.

Das, was wir tun können, und das, was wir als Bundesregierung, als Parlament tun müssen, ist, jene zu unterstützen, die in dieser Phase einer dringenden Unterstützung bedürfen, genau in dem Sinne, in dem es unser Finanzminister heute formuliert hat: „das Notwendige zur Verfügung zu stellen“.

Die Bundesregierung und auch der Beschluss, den wir jetzt unter diesem Tagesordnungspunkt behandeln, garantieren dafür, dass wir ganz klar jene unterstützen, die die Unterstützung dringend benötigen, denn das ist die soziale Handschrift unserer Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

15.55



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 234

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.55.24

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! In den letzten Stunden hat sich da so etwas Salbungsvolles ereignet. Während ihr, Schwarz und Grün, euch gegenseitig beweihräuchert habt, ist jenen, die zu Hause vor den Fernsehern sitzen, der steirische Kropf sprich­wört­lich immer größer geworden und hat sich zu einem richtigen Kloß ausgebildet, der jetzt irgendwann einmal herausmuss – denn eines stellt sich dar: Ihr habt überhaupt keine Ahnung, was da draußen in der Welt und bei unserem Volk los ist. Ihr redet, und die Geschichten, die ihr erzählt, sind nicht einmal Märchen. Das ist ja alles schon Science-Fiction. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kommt davon, dass ihr alle keine Ahnung mehr habt, wie es den Leuten da draußen geht. Mich wundert es aber auch nicht. Ich bin viel unterwegs, von euch sieht man da nie jemanden. (Heiterkeit der Abgeordneten Michael Hammer, Hanger und Zarits.) Das Einzige, wo man euch sieht: Ihr versteckt euch in den VIP-Zelten und schiebt euch gegenseitig Geschäfte zu, wie wir im Untersuchungsausschuss Tag für Tag aufdecken. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die einfachen Abgeordneten wie Karl Schmidhofer, den ich am Maxlaun getrof­fen habe, schauen, dass sie sich beim Bieranstich schnell eine Maß holen, die dann mit ihren Kollegen owikleschen, und dann verschwinden sie eh schon heimlich, weil sie vor den eigenen Leuten, die da draußen warten, schon Angst haben. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Abgeordneten Michael Hammer und Hanger. – Abg. Michael Hammer: Der Präsident schämt sich schon!)

Die Einzigen, die man noch ein bisschen sieht, sind die Damen und Herren Land­tagsabgeordneten. Die holen sich für euch die Watschen ab. Die bemühen sich auch, mehr oder weniger glaubhaft zu versichern: Mit denen da oben habe ich eh nichts zu tun! – Das ist die Wahrheit. (Abg. Michael Hammer: Das geht wieder in „Willkommen Österreich“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Ihr habt überhaupt keine Ahnung, wie es den Leuten mittlerweile in einem ganz normalen Geschäft geht, wenn sich ein Pensionistenmutterl an der Fleischtheke anstellt und überlegt, ob sie sich 15 Dekagramm Extrawurst kaufen kann oder nur 10, oder wenn ein älterer Mann vor einem Haufen Toilettenpapier steht. Er hätte gern das vierlagige, aber das Geld reicht nur mehr für das dreilagige. (Heiterkeit der Abgeordneten Michael Hammer, Hanger und Zarits.) Das sind keine Geschichten, die ich euch da erzähle, das sind Wahrheiten. Wenn ich so etwas sehe, würde ich ihm am liebsten eine ganze Palette Klopapier schenken. Dann soll er hierherfahren und euch das präsentieren und dort hinstecken, wo es hingehört! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 13.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da umfangreiche Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträge und Verlangen auf getrennte Abstimmungen vorliegen und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Klubs auf diese umfangreichen Abstimmungen nicht ausreicht, verlege ich diese Abstimmungen zu den Tagesordnungspunkten 5, 2 und 3 sowie 4 bis 14 bis nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 bis 22.

15.58.3815. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2830/A der Abgeord­neten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert werden (1713 d.B.)


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16. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1714 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2677/A der Abge­ord­neten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) geändert wird (1715 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2320/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ent­schädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziell Schaden genommen haben (1716 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2685/A(E) der Abge­ordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweite freiwillige und kostenlose Antikörpertests zur Schaffung einer umfassenden Datenlage zu Covid-19 (1717 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir fahren in der Erledigung der Tagesordnung fort.

Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.59.06

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich kurz auf die zahlreichen Reden rund um die Budgetdebatte eingehe. (Abg. Belakowitsch: Es hat keine Budgetdebatte gegeben, Herr Kollege!) Was ich heute erlebt habe – das betrifft vor allem die Redebeiträge der Grünen –, habe ich persönlich in dieser Form in diesem Hohen Haus noch nie erlebt. Ich habe mir am Anfang gedacht, dass es vorgefertigte Reden sind, dass Sigrid Maurer und August Wöginger gemeinsam ein Wording zum Budget ausgegeben haben – was an und für sich ja vielleicht normal wäre, denn es ist verständlich, dass ÖVP und Grüne ihr eigenes Budget loben wollen.

Je länger ich aber heute vor allem die Beiträge der Grünen dazu gehört habe, desto mehr bin ich zu der Überzeugung gelangt: Ihr glaubt ja wirklich, was ihr gesagt habt! Ihr glaubt ja wirklich, dass ihr gute Arbeit leistet (Abg. Schwarz: Jawohl!) und dass die Menschen für das, was ihr an Krisenmanagement rund um Corona und beim heutigen Budget aufgeführt habt, vielleicht noch dankbar sein müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Lebensrealität der Leute – ich habe mich jetzt an eine Pensionistenfeier in Klagenfurt im Sommer erinnert –: Wenn mir eine Pensionistin ganz offen sagt, dass sie sich inzwischen die Frage stellt, ob sie sich, mit der Teuerung konfron­tiert, Medikamente und Therapien noch leisten kann, und sagt, dass sie diese einsparen muss, weil sie mit dem Leben auch nicht mehr zurande kommt und sie das Geld nicht mehr hat und es sich hinten und vorne nicht mehr ausgeht, und die Grünen erzählen uns heute, wie wunderbar alles ist, dann zeigt das, dass ihr meilenweit von der Lebensrealität entfernt seid. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Und wenn Sebastian Kurz heute sein Buch präsentiert – die Hände zum Himmel, Gabriel Obernosterer ist schon wieder ganz begeistert, wenn er den Namen hört –: Das ist doch derselbe Fehler! Irgendwann glaubst du die Geschichten


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selber. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Sebastian Kurz hat uns mitten im Krisenmanagement, während Ärztinnen und Ärzte und das Pflegepersonal – auf die ihr im Budget leider auch vergessen habt – um das Leben von Patientinnen und Patienten gekämpft haben, erzählt, was er für ein Weltklassekrisenmana­ge­ment betreibt, wie super er ist und was das für eine tolle Bundesregierung ist. Dieselben Fehler macht ihr jetzt im Budget und bei der Teuerung genauso. Ihr erzählt den Menschen irgendwelche Gschichtln und irgendwann glaubt ihr sie selber. Das ist ganz gefährlich, wenn man die eigenen Geschichten irgendwann glaubt (Abg. Obernosterer schüttelt den Kopf und hält sich die Hand vor die Augen), Gabriel, das ist ganz, ganz gefährlich, denn das Krisenmanagement wird dadurch nicht besser. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Es ist kein Zufall, dass wir bei der Coronakrise deutlich schlechter durch die Krise gekommen sind als andere Staaten, dass wir Milliarden Euro in Bereiche inves­tiert haben, Milliarden, die uns jetzt fehlen, 42 Milliarden Euro beim Fenster hinausgeworfen haben, ohne dass sie bei den Leuten angekommen sind. Heute erzählt man den Pensionistinnen und Pensionisten: Nein, das Geld für euch, für die Pension haben wir nicht! – Das ist doch eure Politik.

Wir werden nur dann aus der Krise herauskommen, wenn wir endlich aus den Fehlern lernen, egal ob im Coronakrisenmanagement, bei dem man den dritten Sommer hintereinander verschlafen hat. Ich kann mir selber nicht mehr zuhören, man glaubt es ja nicht! Sommer für Sommer geht man in den Sommerurlaub, kommt wieder her und verschläft den Sommer. (Beifall bei der SPÖ.) Ist das ein Krisenmanagement? Die Teststrategie wurde kaputt gemacht, wir fangen immer wieder von vorne an.

Herr Bundesminister für Gesundheit, wir hätten doch ganz, ganz andere Dinge, über die wir reden müssten: Zweiklassenmedizin. Wie geht es den Menschen in Österreich im ländlichen Raum? Haben wirklich alle gleich gute Leistungen? Passt die Versorgung? Da wäre doch so viel zu tun, aber nein, wir fangen immer wieder mit irgendwelchen Anträgen zu Corona an, wo nichts weitergeht.


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Die einen sind dann die Grünen und die Schwarzen, die im Krisenmanagement nichts weiterbringen, die aus den Fehlern nichts lernen, und die anderen sind dann die Freiheitlichen mit ihren Geschichten. Die drucken aus dem Internet Zetteln aus, sind die Wunderwuzzis der Wissenschaft und glauben, dass sie etwas ganz Großem auf der Spur sind: Bitterstoffe, Wurmmittel, Krisenmana­ge­ment – einfach einen Topfen erzählen, der uns nicht weiterbringt! (Abg. Lausch: Ahnungslos! Du bist ahnungslos!)  Nein, das ist leider dasselbe Thema, das ist leider dasselbe Thema. So kommen wir aus dieser Krise nicht heraus. Eins und eins ist nicht drei, Herr Kollege, das könnt ihr uns im Coronakrisenmanagement hundertmal erzählen, das bringt uns nicht weiter.

Deswegen bitte ich wirklich: Machen wir nicht dauernd dieselben Fehler! (Beifall bei der SPÖ.) Die Menschen haben ganz, ganz andere Sorgen. Schauen wir, dass wir da etwas weiterbringen! Die Grünen sollten jetzt nicht auf Sebastian Kurz machen und sagen: Herr Bundesminister, so eine tolle Arbeit, die Sie leisten!, während die Menschen in der Lebensrealität sich nicht einmal mehr die Medika­mente leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.


16.03.15

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher hier auf der Galerie! Versuchen wir, wieder etwas Seriosität hineinzu­bringen (He-Rufe bei der SPÖ) und ein bisschen von den Geschichten aus dem Kärntnertal wegzukommen und zum eigentlichen Tagesordnungspunkt hin­zukommen!

Es geht hier um einen Sammeltagesordnungspunkt, bei dem wir eben diverse Maßnahmen rund um das Thema Covid und Corona diskutieren. Kollege Kucher hat gerade gemeint, dass wir alle miteinander komplett planlos wären und dass


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wir alle miteinander keine Idee hätten, was wir machen sollten. (Zwischenruf des Abg. Kucher.)

Lieber Kollege Kucher, ich weiß nicht, ob du das Wort Virusvariantenmanage­mentplan kennst, denn das ist das, was seit geraumer Zeit aufliegt. Ich habe dir auch schon mehrere Male empfohlen, diesen 80-seitigen Plan durchzuschauen und durchzulesen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kucher), denn dann wüsstest du, was der aktuelle Plan ist und womit wir aktuell arbeiten. Darin sind vier Szenarien definiert, da geht es vom Worst Case bis zum Best Case. Da geht es darum, dass Wissenschafterinnen und Wissenschafter, Expertinnen und Exper­ten, auch die Behörden in Österreich – auch Landesbehörden, zum Beispiel aus Kärnten, aus Wien oder auch aus dem Burgenland, haben da mitgearbeitet – auf 80 Seiten aufzeigen, wie wir aktuell mit Covid und mit Corona umgehen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Da geht es auch darum, dass wir diesen Rah­men auch ständig evaluieren, dass wir uns die Zahlen anschauen, dass wir uns anschauen, wie es eben momentan ausschaut.

Da geht es auch darum, dass wir ein sehr gutes Testsystem in Europa haben, dass wir eines der wenigen Länder sind, in denen man eben zehn Gratistests pro Monat bekommt – fünf Antigen-, fünf PCR-Tests. In anderen Ländern muss man in der Zwischenzeit dafür bezahlen. Da geht es darum, dass wir ein Abwasser­screening haben, mit dem wir uns die ganze Zeit anschauen, wie es mit der Dynamik in der Infektion ausschaut, wie es mit dem effektiven Reproduktions­wert ausschaut. Da geht es aber auch darum, dass wir in der Zwischenzeit – auch gegen den Widerstand von sozialdemokratisch geführten Ländern – end­lich ein anständiges Register, ein Datenregister bekommen haben, durch das man merkt, dass sich die Hospitalisierungen eben etwas anders abbilden, als so mancher von euch hier immer wieder sagt.

Das ist der Plan, und nach diesem Plan agieren wir. Diese Parameter werden ständig analysiert. Und was manche despektierlich als das Beobachten von Zahlen runtermachen, ist in Wirklichkeit aktives Pandemiemanagement, auch wenn Kollege Kucher und Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie


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uns da gerne widersprechen und uns immer wieder mit ihren Gschichtln etwas anderes erzählen möchten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Dass sich die Pandemie gewandelt hat, ist vielleicht in der Zwischenzeit hoffent­lich auch in Kärnten und bei der Sozialdemokratie angekommen, dass das Virus in der Zwischenzeit ein deutlich anderes ist als noch vor einem Jahr, als wir eine Deltawelle hatten, ist in der Zwischenzeit hoffentlich auch angekommen, denn damit sind natürlich auch die Maßnahmen, die die Bundesregierung setzt, entsprechend anzupassen. Omikron hat bekanntermaßen eine andere Patho­genität, die Immunisierung innerhalb der Bevölkerung, nicht zuletzt auch aufgrund der Impfrate und aufgrund der Booster- und Schutzimpfungen, ist eine deutlich andere als noch vor einem Jahr.

Und Paxlovid, eines der beiden Covid-Medikamente, ist in der Zwischenzeit hoffentlich auch bekannt. Übrigens ein großes Lob diesbezüglich an die Stadt Wien, die die Abgabe von Paxlovid wirklich gut schafft; die anderen Bundes­länder könnten sich auch da ein entsprechendes Stück abschneiden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Cornelia Ecker, Rendi-Wagner und Meinl-Reisinger.)

Die Pandemie hat sich verändert, aber sie ist nicht vorbei, auch wenn die Kolle­ginnen und Kollegen von der FPÖ uns das immer wieder ganz gerne glauben machen wollen. Wahrscheinlich wird uns später der Sonderbeauftragte für alternative Fakten, Wissenschaftsfeindlichkeit und unleserliche Taferl, Kollege Hauser, ohnehin hier heraußen noch etwas komplett anderes erklären. (Abg. Belakowitsch: Geht’s eigentlich noch?)

Das heißt, wir müssen weiterhin wachsam sein, wir müssen aufpassen, wir müssen schauen, dass wir uns an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen, und das werden wir auch tun. Wenn es notwendig ist, wenn die Expertinnen und Experten, die Wissenschafterinnen und Wissenschafter uns das sagen, dann werden wir auch wieder Maßnahmen einführen müssen. Momentan wird evaluiert. Bitte alles mit Ruhe und mit Vorsicht! Wir schauen uns die ganze


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Sache an, und wenn es notwendig ist, dann wird es auch wieder Maßnahmen geben, aber alles mit einem Plan, mit dem Virusvariantenmanagementplan.

Nochmals – ich lade Kollegen Kucher und die Sozialdemokratie ein –: Lest ihn euch einfach einmal durch, dann versteht ihr auch, wie wir derzeit agieren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


16.07.33

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wenn Sie meinen beiden Vorrednern zugehört haben, dann könnten Sie meinen, es ist alles wieder ganz dramatisch. Es hat ja auch die grüne Klubobfrau schon gleich nach der Bundespräsidentschaftswahl ange­kündigt: Die Maske kommt zurück! – Das ist natürlich auch zufällig nach der Wahl gewesen. Hätte es eine Stichwahl gegeben, hätte noch niemand davon gesprochen.

Die Bundesregierung hat offensichtlich nichts anderes vor, als Sie wieder in das Zwangsmanagement hineinzudrängen. In den Schulen sollen die Masken wie­derkommen, in den Innenräumen sollen sie kommen, in den öffentlichen Ver­kehrsmitteln sollen sie kommen. Kollege Schallmeiner vor mir hat sich selbst auf die Schulter geklopft für die sinnentleerten Massentests, die in unserem Land seit 2020 stattgefunden haben, wobei wir die Einzigen waren, die damals dagegen waren und gesagt haben, dass diese nichts bringen werden. Heute wis­sen wir: Sie haben nichts gebracht. Selbst der Ärztekammerchef aus Ober­österreich, Herr Peter Niedermoser, hat gesagt, dass diese Massentests nichts gebracht haben. Schaut man sich die Sterbezahlen und die Wellenbewegungen an, so sind Länder wie beispielsweise Schweden weit besser dran, denn dort gab es weniger Tote.


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Diese Bundesregierung hat also nichts anderes gemacht, als Zwangsregime eingeführt, bis hin zum Impfzwang, den Sie ja dann selbst wieder zurücknehmen mussten, weil Sie draufgekommen sind: Auch das bringt nichts. Das heißt, Sie haben die Leute nur unter Druck gesetzt, und das soll jetzt weitergehen.

Daher sind wir der Meinung, dass damit jetzt endlich Schluss sein muss. Im Übrigen hat selbst die WHO angekündigt, die Pandemie sei so gut wie vorbei, Joe Biden hat gesagt: Die Pandemie ist vorbei!, nur in Österreich wollen Sie es nicht wahrhaben, weil Sie Freude daran gefunden haben, wie man die Menschen unter Druck setzen kann. Wir sind die Einzigen, die immer dagegengehalten haben, und wir werden das auch jetzt machen.

Daher fordern wir auch jetzt ein Ende sämtlicher Maßnahmen und auch ein Ende dieses Maßnahmengesetzes. Es ist Zeit, den Bürgerinnen und Bürgern ihre Freiheit zurückzugeben. Es ist genug gequält worden, es ist genug eingesperrt worden und es wurden Bürgerinnen und Bürger, die sich dagegengestemmt haben, genug verächtlich gemacht. Es darf auch keine Diskriminierungen mehr von Personen geben, die sich nicht testen, nicht impfen lassen wollen und die auch keine Maske tragen wollen, weil diese Masken genauso wenig bringen, wie wenn man ohne Maske geht. Und wenn Sie von den Regierungsparteien das noch immer nicht behirnen, dann sind Sie offensichtlich die Einzigen in diesem Land.

Die Bevölkerung ist Gott sei Dank schon einen Schritt weiter, und daher fordere ich Sie noch einmal auf: Lassen Sie dieses unsägliche Maßnahmengesetz endlich sein! Schaffen Sie es ab und geben Sie den Österreicherinnen und Österreichern ihre Freiheit zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

16.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte.



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16.10.14

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Belakowitsch, wenn man Ihnen zuhört, müsste man glauben, wir sind in einem furchtbaren Land. Ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher sind sehr froh, hier zu leben. Es ist ein schönes und gutes Land (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und man kann in unserem Land sehr ange­nehm leben. (Beifall bei der ÖVP.)

Worum geht es? – Diese Gesetzesänderung im Tagesordnungspunkt 15 soll ermöglichen, dass das bestehende Testangebot, und zwar für Covid-19-Tests, für besonders gefährdete Personengruppen im niedergelassenen Bereich greift, auch wenn sie keine Symptome haben, dass die Ärzte einen Test durchführen, wenn die Patienten das wünschen. Die Krankenversicherungsträger haben dies pauschal mit 25 Euro dem Arzt zu ersetzen, und der Bund wird dann aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds diese Kosten dem Versicherungsträger wie­der ersetzen.

Bisher war dies eben nur bei Personen mit Symptomen möglich. Wenn ein Patient ohne Symptome das gewünscht hat, war es nicht möglich. Besonders gefährdeten Personen gilt unsere besondere Fürsorge. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Zusätzlich wird den niedergelassenen Ärzten für die Beratung über Covid-19-Heilmittel ein Beratungshonorar von pauschal 12 Euro erstattet. Auch da gilt dieselbe Regelung des Kostenersatzes für den Versicherungsträger durch den Bund.

Diese Gesetzesänderung dient sowohl der Patientenzufriedenheit als auch der fairen Abgeltung von Leistungen für den Einsatz der niedergelassenen Ärzte. Es soll insbesondere ein Beitrag zur raschen Erkennung und Behandlung von Covid-19 bei Risikogruppen sein.

Nun zum Antrag 2677/A der FPÖ-Fraktion zum COVID-19-Maßnahmengesetz: Da möchte ich mich nur kurz äußern. Eine Aufhebung zum jetzigen Zeitpunkt,


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bei steigenden Fallzahlen (Abg. Belakowitsch: Notwendig!), wäre riskant und grob fahrlässig. (Abg. Belakowitsch: Geh bitte! Geh bitte!) – Wenn Sie es nicht hören wollen: Ich sage es noch einmal: zum jetzigen Zeitpunkt riskant und grob fahr­läs­sig. (Abg. Belakowitsch: Ja, ich weiß schon! In Österreich ...! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

So, und nun zum Antrag 2320/A(E) der FPÖ-Fraktion: Der Verfassungsgerichts­hof hat den von der Bundesregierung gewählten Zugang, Folgen von Corona­maßnahmen mittels Rechtsansprüchen und Förderungen zu begegnen, als ver­fassungskonform erkannt. (Abg. Belakowitsch: Ah, das müssen wir jetzt betonen! Ist das nicht eine Selbstverständlichkeit eigentlich?) Es besteht daher keine rechtliche Notwendigkeit, die Ausdehnung, wie im Antrag gewünscht, vorzunehmen. Im Übrigen steht zur Geltendmachung behaupteter Ansprüche bereits jetzt der Rechtsweg offen, und das wissen Sie auch. Wir werden auch diesen Antrag ableh­nen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch.)

Zum Antrag 2685/A(E) der FPÖ-Fraktion bezüglich bundesweiter Antikörper­tests gibt es Folgendes zu sagen: Es ist leider weiterhin keine Schwelle an Antikörpern bekannt, ab der ein genereller Schutz eintritt. (Abg. Belakowitsch: Ja, dann können ... auch gleich streichen!) Deshalb ist ein Feststellen eines sicheren Schutzstatus leider nicht möglich. Auch diesem Antrag werden wir nicht zustim­men.

Ja, meine Damen und Herren, wir haben im Kampf gegen die Pandemie viele Maßnahmen getroffen und treffen sie noch weiter (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), um unsere Bevölkerung bestmöglich zu schützen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), eine Herausforderung, die wir auch im internationalen Ver­gleich sehr gut gemeistert haben und weiter gut meistern.

Herr Abgeordneter Kucher, hier am Rednerpult nur zu schimpfen und zu jam­mern ist eigentlich kontraproduktiv und inhaltslos. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)


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Ein Wort noch zum Budget: Das Budget ist ein hervorragendes, und es ist in Anbetracht der schwierigen Situation exzellent gestaltet. Ich gratuliere Magnus Brunner dazu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


16.15.03

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Ein neuer Herbst, eine neue Covid-Welle in den Nachrichten und schon wieder ein Covid-Block aus dem Gesundheitsausschuss! Was daran noch gleich ist: die Art, wie Politik gemacht wird, und die Zeit. Da wird bis zum Wahltag kalmiert, dann ist die Wahl gelaufen, und man spricht von neuen Maßnahmen.

Jetzt ist es eine neue Maskenpflicht. Sie ist wenig invasiv, aber was hier mittels Abänderungsantrag wohl bald beschlossen wird, sind schon wieder mehr Aus­gaben ohne irgendeine Erfolgsrechnung.

Bis zum Sommer 2022 sind knapp 3 Milliarden Euro für Covid-Tests ausgegeben worden. Das muss man sich genau vor Augen halten: 2,9 Milliarden Euro für Tests. (Abg. Belakowitsch: Ihr habt zugestimmt damals!) 2021 gab es insgesamt 3,1 Milliarden Euro für das gesamte Gesundheitswesen im Budget. Sie können sich jetzt also alle selbst überlegen, ob das die richtige Prioritätensetzung ist, besonders unter der Prämisse, dass im Gesundheitssystem ein riesiger Stapel längst überfälliger Reformen liegt, die auch etwas kosten. Wir alle in diesem Haus wissen das.

Wenn Sie in Krankenhäuser, in Arztpraxen oder auch einfach nur zum Stamm­tisch gehen, wird Ihnen jede einzelne Person diesen Reformbedarf bestätigen. Wir sind noch immer absolute Spitzenreiter in der EU bei den Testquoten und sind auf Platz 22 bei der Positivitätsrate. Wir machen also nach wie vor weitaus


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mehr Tests, als sich legitimieren lassen, und jetzt wird die Testzahl wieder erweitert: auf Risikopatienten. Das klingt gut, aber trotz der Pandemie wurde es nicht geschafft, Patienten ordentlich zu erfassen, Diagnosen zu kennen und damit diese Kriterien ernsthaft umzusetzen.

Auch im Variantenmanagementplan stehen Tests für Risikopatienten nicht drinnen. Genau daran sieht man, dass Sie noch nicht genug daraus gelernt haben: mehr Geld für irgendwelche Zwischenlösungen, die ehrlich gesagt nicht einmal über das Gesetz definiert gehören, nur weil es die Zeitungen befriedigt und den Ärzten einen zusätzlichen Budgetposten schafft.

Wir brauchen eine ernsthafte Rückkehr zur Normalität und müssen anerkennen, dass Covid nicht mehr weggeht.

Wir müssen die zugrunde liegenden Reformen angehen. Der Fokus auf Infek­tionszahlen ohne Differenzierung hilft uns absolut nicht, und einfach so Tests zu verteilen, hat uns bisher in der gesamten Pandemie überhaupt nichts gebracht.

Hören wir bitte auf mit den Pseudomaßnahmen und angeblichen Reformen! Sparen wir uns die Diskussion über Intensivbetten und machen wir eine ordent­liche Pflegereform, damit wir den Personalmangel in den Krankenhäusern überwinden! Bringen wir Patienten bei, wann sie welche Hilfe brauchen, und hören wir auf, Covid wahllos mit Geld ausgleichen zu wollen!

Wir sind bereit, über Inhalte zu sprechen und unser Gesundheitssystem zukunfts­fit zu machen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Abge­ord­neter Silvan. – Bitte sehr.


16.18.25

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Ich bewundere immer Kollegen Schallmeiner, wenn er das Missmanagement der Regierung als das beste ever darstellt. Das ist


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immer sehr bewundernswert. Er könnte ein guter Autoverkäufer werden, aber die Verstorbenenzahlen sprechen in Wirklichkeit eine andere Sprache. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte zu den Tagesordnungspunkten 15 und 16 Stellung nehmen. Da soll, Herr Bundesminister, eine Art Teststrategie installiert werden. In der Vorlage gibt es eine Formulierung, die aus unserer Sicht mehr als problematisch ist: Da werden die niedergelassenen Ärzt:innen berechtigt, bei besonders gefährdeten Personen – Menschen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, und Menschen, die einen Body-Mass-Index über 30 aufweisen – einen Antigentest durchzu­führen, auch wenn sie symptomfrei sind. Diese Formulierung ist aus meiner Sicht deswegen so problematisch, weil es ein Unterschied ist, ob man die Möglichkeit hat, sich freiwillig testen zu lassen, oder ob man – vielleicht ein 61-jähriger Mann, der mit Rückenproblemen zu einem niedergelassenen Arzt geht – einen Arztbesuch macht und dann einen Antigentest verpasst bekommt. Ich stelle mir das in der Praxis sehr schwierig vor. Wie soll das funktionieren?

Darüber hinaus bekommen sie – Kollege Pöttinger hat es erklärt – ein Honorar von 25 Euro und für eine Beratung über Covid-Arzneimittel ein Honorar von 12 Euro.

Jetzt weiß ich nicht, ob das bei der Bekämpfung der Pandemie Sinn macht. Oder sollen Ärztinnen und Ärzte gelockt werden, Kassenverträge abzuschließen? Pandemiebekämpfung ist das jedenfalls keine.

Wir haben schon Mitte Oktober, also wir haben in Wirklichkeit eigentlich keine Zeit. Die Fallzahlen steigen, Kollege Pöttinger hat das selbst erwähnt. Herr Bundesminister, Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie haben natürlich aus den Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre gelernt. Diesen Eindruck hat man bei dieser Regelung nicht.

Der Rechnungshof hat in seinem letzten Bericht die Bundesregierung kritisiert, dass aufgrund der Politik dieser Regierung die Impfbereitschaft der Bevölkerung auf einem Tiefpunkt ist. Sie ist nicht nur bei Covid-Impfungen, sondern selbst bei etablierten Impfungen gesunken. Jetzt machen Sie diese Regelung, mit der Sie


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die Skepsis der Bevölkerung gegenüber Covid-Tests schüren, denn es will sich nicht jeder Mensch testen lassen. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass die Menschen wegen dieser Regelung einen Arztbesuch meiden werden? Sie legen damit in Wirklichkeit der FPÖ auch wieder einen Elfmeter auf, aber das ist Ihr Problem.

Wie der Rechnungshof schon gesagt hat, Geld floss im Übermaß. Die Pande­mie wurde trotzdem so schlecht bekämpft wie kaum in einem anderen Land.

Herr Bundesminister, wir haben in der Vergangenheit als Sozialdemokratie zähne­knirschend manche Maßnahme mitgetragen. Diese werden wir nicht mittra­gen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Alles haben Sie mitgetragen!)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte sehr.


16.21.35

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Die Optik ist fürwahr keine gute. Kaum ist die Bundespräsidentschaftswahl geschlagen, tritt die grüne Klubobfrau Maurer vor die Kameras und sagt: Die Maskenpflicht wird kommen. Vor der Wahl waren steigende Infektionszahlen und zusätzliche Belegungen in den Spitälern offenbar noch kein Thema. Nach der Wahl müssen auf einmal wie­der Zwangsmaßnahmen umgesetzt werden. Diese Optik ist keine gute.

Auch wenn Herr Bundesminister Rauch dann zu relativieren versucht hat, würde ich ihn schon ersuchen, dass er sich auch an die von ihm selbst aufgestellten Variantenmanagementpläne hält. Was steht denn in diesen Variantenmanage­mentplänen drinnen? – Eine FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen, in öffentlichen Innenräumen oder in Verkehrsmitteln ist nur dann vorgesehen, wenn wir erstens eine Virusmutation haben, die sich erneut so stark ausbreitet wie Omikron, aber gleichzeitig zumindest bei der ersten Infektion so krankmachend ist, wie das


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Delta vor einem Jahr war. Herr Bundesminister Rauch, habe ich etwas verpasst, oder sind wir jetzt in dieser Situation, dass wir über eine Maskenpflicht disku­tieren müssen? – Ich glaube nicht.

Schauen wir uns die Zahlen einmal genauer an. Gott sei Dank gibt es von der GÖG jetzt entsprechende Auflistungen, wer von den hospitalisierten Patienten denn tatsächlich mit Covid-19, also der Erkrankung, im Spital ist und wer eine Coronainfektion nur als Nebendiagnose hat. Die Zahlen zeigen, dass auf der Normalstation nur circa 22 Prozent – Stand letzte Woche – an Covid-19 erkrankt waren, der Rest hatte eine Nebendiagnose. Auf der Intensivstation waren es sogar nur 12 Prozent, die tatsächlich wegen Covid-19 auf der Intensiv­station gelegen sind. Das heißt, bei 2 500 Patienten auf der Normalstation, wie wir sie momentan haben, sprechen wir österreichweit von gerade einmal tat­sächlich 500 Patienten auf der Normalstation, die Covid-19 haben, und von ungefähr 15, lassen Sie es vielleicht 20 Patienten sein, mit Covid-19 auf der Intensivstation.

Das ist weit, weit entfernt von dem, was wir in der Vergangenheit hatten, weit, weit von dem entfernt, was man als gesundheitspolitischen Ausnahmezustand bezeichnen könnte. Deshalb vertreten wir Freiheitliche auch die Auffassung, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz und auch die Behandlung von Sars-Cov-2 im Rahmen des Epidemiegesetzes aufgehoben gehören, und das steht heute hier auch zur Abstimmung.

Wir haben eine gänzlich andere Situation, nicht nur was die Hospitalisierten anbelangt, sondern was die gesamte Erkrankung anbelangt. Sie können sich heute mit einer Impfung schützen, wenn Sie das wollen, Sie können sich heute mit FFP2-Masken schützen, wenn Sie das wollen. Sie können sich heute testen lassen, wenn Sie das wollen. Sie können, wenn Sie positiv getestet sind, auf wirksame Arzneimittel zurückgreifen, die mittlerweile zugelassen und seit einem Dreivierteljahr in Österreich verfügbar sind. Das heißt, Sie können ungeheuer viel selber tun, um eine schwere Erkrankung zu verhindern. Zwangsmaßnahmen


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vom Staat und generalisierte Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte sind absolut nicht notwendig. (Beifall bei der FPÖ.)

Trotzdem haben unsere Prognosemodelle oder die Prognosemodelle der Regie­rung eine gravierende Schwachstelle: Wir wissen zwar, wie krank das Virus aktuell macht – nämlich sehr wenig –, wir wissen, dass es sich sehr leicht ausbreitet, wir wissen, welche Behandlungsmethoden wir haben, was wir aber nicht wissen, ist, wie viele Menschen in diesem Land eine natürliche oder erworbene Immunität gegen Omikron oder gegen Sars-Cov-2 haben. Genau dafür bräuchte es flächendeckende Antikörpertestungen, wie ich sie beantragt habe, wofür der Vorschlag auf dem Tisch liegt, den die Bundesregierungs­frak­tionen im Gesundheitsausschuss abgelehnt haben und wahrscheinlich auch heute in der Plenarsitzung ablehnen werden. Dabei wären genau das die Zahlen, die die ganzen Prognosemodelle entsprechend nachschärfen würden. Ich habe gerade heute auch wieder die Information bekommen, dass man momentan ja nicht einmal weiß, ob wir 50, 60 oder 70 Prozent der Bevölkerung mit einer bestehenden Immunität haben. Das Einzige, was wir haben, ist die Anzahl der Geimpften, wobei eine Impfung ja noch nichts über die tatsächliche Immunität aussagt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, überdenken Sie noch einmal Ihre Position! Im Vergleich zu dem, was wir an sinnlosen Massentestungen für den aktiven Infektionszustand machen, wäre die Bestimmung der Immunitätslage in der Bevölkerung wissenschaftlich und für die weitere Prognoserechnung eine große Hilfe.

Vielleicht will man die genauen Zahlen aber gar nicht wissen. Vielleicht will man Corona weiterhin als Sündenbock und als große Ablenkung behalten, denn die wahren Probleme sind ganz andere. Das wahre Problem ist die personelle Situation in unserem Gesundheitswesen, Herr Bundesminister, der Personal­mangel in den Spitälern, in den Pflegeheimen, das Schließen von Abteilungen, Ambulanzen, chirurgischen Abteilungen oder ganzer Stationen in den Alten­hei­men.


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Warum ist das so? – Weil in den vergangenen zwei Jahren genau gar nichts gemacht wurde, um die sogenannten Helden des Alltags zu unterstützen, sondern ganz im Gegenteil: Die Mitarbeiter in diesen Bereichen haben in den letzten zwei Jahren untragbare Arbeitsbedingungen gehabt. Die Coronamaß­nahmen, der Impfzwang, der Testzwang, der hohe Druck und natürlich auch die personellen Ausfälle durch Erkrankungen haben zu einer Arbeitsbelastung geführt, die viele Menschen in die Flucht getrieben haben, dazu, diesen Beruf zu verlassen und andere Tätigkeiten aufzunehmen. 10 bis 15 Prozent weniger Beschäftigte in den Spitälern, bis zu 15, 20 Prozent weniger Kapazitäten durch das fehlende Pflegepersonal in den Altenheimen, das ist heutzutage die Realität. Herr Bundesminister, da warte ich vergeblich auf Ihre Antworten.

Einen einzigen kleinen Schritt haben Sie mit der Pflegereform gesetzt, die aber großteils erst nächstes Jahr in Kraft treten wird und die auch nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Bei allem, was den ärztlichen Bereich anbe­langt, sowohl im niedergelassenen Bereich als auch im Spitalswesen, fehlen mir aber Ihre Initiativen und da fehlt auch das Geld.

Da passt gut dazu, dass wir heute und morgen die entsprechende Budgetdebatte haben, denn Sie budgetieren erneut kein Sonderbudget für die Sozialversiche­rungen oder für die Krankenanstaltenfinanzierung. Dabei sollten Sie ja aus den beiden vergangenen Jahren wissen, dass Sie hintennach draufgekommen sind, dass da zusätzliche Mittel notwendig sind. Wie wollen Sie denn die Überstunden und die Zusatzdienste abgelten, wenn Sie die Mitarbeiter nicht auf Zeitausgleich schicken können, weil ansonsten der Normalbetrieb in den Spitälern oder in den Anstalten gar nicht mehr aufrechtzuerhalten ist? Da brauchen Sie zusätzliches Geld. Sie brauchen zusätzliches Geld, um personelle Entlastung zu schaffen. Sie brauchen zusätzliches Geld, um die wenigen Verbliebenen noch zu motivieren und bei der Stange zu halten. Und das müssen Sie budgetieren, Herr Bundes­minister!

Ich bitte Sie inständig, setzen Sie sich durch, schauen Sie, dass wir im Budget für den Gesundheitsbereich noch einen zusätzlichen Posten dazubekommen!


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Ansonsten wird es für die Menschen und die Gesundheitsversorgung in diesem Land ziemlich dunkel werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen, Frau Abgeordnete.


16.28.35

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FPÖ hat die ersatzlose Aufhe­bung des COVID-19-Maßnahmengesetzes beantragt, damit dieses Unrechts­regime endlich für alle Zeiten beendet wird. Dieses Gesetz, welches die Bun­des­regierung und insbesondere den Gesundheitsminister berechtigt, völlig unzu­lässige und unverhältnismäßige Eingriffe in unser Privat- und Wirtschaftsleben vorzunehmen, muss weg, denn es ist eines freien Landes unwürdig. (Beifall bei der FPÖ.)

Es müssen alle Möglichkeiten weg, die dieses Gesetz für den Gesundheits­minister schafft, mittels Verordnungen diverse Maßnahmen zu verhängen, denn wir haben gesehen, wie diese Möglichkeit missbraucht wird: überschießende Lockdowns, Schließungen von Unternehmen über Monate hinweg, Ausgeh­ver­bote, unwürdige Kontaktbeschränkungen – wir dürfen uns nur mehr mit drei, vier, fünf Kontaktpersonen treffen – sowie Kinder und Jugendliche, die von den Schulen ferngehalten werden, die da wirklich terrorisiert und traumatisiert werden. Man kann es nicht anders bezeichnen.

Die Schäden sehen wir in den Praxen der Psychotherapeuten und Psychologen. Wir beantragen daher auch eine Entschädigung für all die Opfer dieser unver­hältnismäßigen Maßnahmen. Nicht zuletzt darf keine Maskenpflicht über viele Stunden hinweg für Arbeitnehmer, Kinder und Schüler in den Schulen mehr kommen – das darf nicht mehr kommen! (Beifall bei der FPÖ.)


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Die Bundesregierung erweist sich wie gesagt als nicht fähig, mit diesen Son­der­bevollmächtigungen umzugehen. Sie beweist das alte Vorurteil, dass Regierun­gen solche Befugnisse missbrauchen. Es werden alle Kollateralschäden, die längst bewiesen sind – die Schäden übersteigen die Nutzen der Maßnahmen bei Weitem –, beiseitegeschoben. Man lässt bereits im dritten Herbst in Folge diese dunkle Wolke über Österreich kreisen: Die Zahlen steigen, die Betten werden knapp! Diese Umerziehungswolke wird noch immer am Leben gehalten, aber damit muss Schluss sein!

Zur aktuellen Debatte um die Maskenpflicht: Wir alle kennen die Bilder von der Wahlparty am Sonntag, wo die grüne Hautevolee – oder ich weiß nicht, wie man es sonst bezeichnen kann: zunächst die beiden Ministerinnen Zadić und Gewessler, dann Vizekanzler Kogler und Klubobfrau Maurer – vor der Kamera brav mit den Masken posiert hat. (Ruf bei der ÖVP: Wie war es bei euch?) Als sie geglaubt hat, die Kameras sind weg, waren die Masken nicht mehr da. (Abg. Belakowitsch: Aber so war es immer!) Ein Bild sagt tausend Worte, der Vergleich dieser zwei Bilder sagt mehr als tausend Worte.

Nichts kann diese Widersprüchlichkeit, die Sinnlosigkeit und die Scheinheiligkeit dieser Maßnahmen besser ausdrücken als diese beiden Bilder. Und nichts konnte die Überheblichkeit und die Respektlosigkeit gegenüber der Bevölkerung und insbesondere auch den Kindern und Jugendlichen in den Schulen mehr ausdrücken als die Äußerung von Klubobfrau Maurer: Ja, natürlich kommt die Maskenpflicht wieder! – Ja, für Sie nicht oder nur vor der Kamera, aber die Untertanen, die Arbeitnehmer im Handel, im Lebensmittelhandel, die sollen die Masken über 8 Stunden hinweg tragen, trotz aller gesundheitlichen Folgen. Die Kinder sollen im Unterricht auch wieder dazu verdonnert werden. Dazu darf es nicht mehr kommen!

Für mich war das ein Tiefpunkt unserer Gesellschaft. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass so eine Maßnahme verhängt wird, dass man Kinder


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stundenlang mit der Maske im Unterricht sitzen lässt und dass man Abstands­vorschriften verhängt. (Abg. Amesbauer: Ein Verbrechen!) Das darf nicht mehr kommen!

Schluss mit der Umerziehung und der Beschimpfung der Bevölkerung, Schluss mit diesen Sonderbefugnissen der Bundesregierung! Fangen Sie lieber an, das Gesundheitssystem zu reformieren! Sie haben es in den letzten zwei Jahren nicht geschafft, auch nur ein Bett dazuzubekommen; sie sind weniger geworden. Gesundheitssprecher Kaniak hat all die Mängel gerade aufgezählt. Widmen Sie sich diesem Ihrem Bereich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte sehr.


16.33.13

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Uns wird von jedem Finanz­minister immer wieder gesagt, dass das Budget in Zahlen gegossene Politik ist. Herr Minister, ich empfehle Ihnen, schauen Sie bitte auf Seite 47 der Budgetrede des Herrn Finanzministers, dann wissen wir, was uns in der Gesundheitspolitik dieses Jahr noch erwartet! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „UG 24 – Gesundheit“ und einem Absatz aus der Budgetrede auf das Redner:in­nen­pult.)

Das sind zwei wichtige Passagen, eine davon habe ich gerade angekündigt. Ich zitiere (Abg. Maurer: Warten Sie, wir müssen die Lupe holen! – Ruf bei den Grünen: Unleserlich!) Untergliederung 24, Gesundheit – bitte auf Seite 47 nachlesen, geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Während wir hier ver­suchen, die Regierung zu überzeugen, dass sie endlich diese Zwangsmaßnahmen abschafft, macht sie genau das Gegenteil. Sie schreibt in das Budget folgende Maßnahmen hinein: „Für den Bereich Gesundheit sehen wir im kommenden Jahr 1,2 Mrd. Euro für die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vor – das soll unter


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anderem zur weiteren Finanzierung der Beschaffung von Impfstoffen“, und so weiter, dienen.

Herr Minister, sagen Sie das doch gleich! Die Politik geht auch im dritten Coronajahr weiter wie bisher vor: mit Impfen, Impfen und noch einmal Impfen. Es sind 1,2 Milliarden Euro für die Beschaffung von weiteren Impfstoffen vorgesehen. Herr Minister, ich habe in jeder Rede hier – auch in Ihrer Anwesen­heit, leider aber waren Sie bei der Debatte über das Volksbegehren Nein zur Impfpflicht nicht anwesend – gefragt, wieso Sie einen Impfstoff empfehlen, dessen Wirksamkeit und Sicherheit nicht dokumentiert sind. Wieso beantworten Sie die Frage nicht?

Zum x-ten Mal stelle ich die Frage an Sie: Biontech/Pfizer hat bis Juli 2024 Zeit, die Wirksamkeit und die Sicherheit seines Impfstoffes gegenüber der EMA zu dokumentieren. Moderna hat bis März 2024 Zeit, die Wirksamkeit und die Sicherheit seines Impfstoffes zu dokumentieren. Das ist bisher nicht dokumen­tiert, trotzdem verimpfen Sie diesen Impfstoff. Sie sind beratungsresistent. Ich habe Ihnen die Zahlen der EMA immer wieder vorgetragen: Bei einer Melde­quote von 6 Prozent, Stand 17. September, wurden innerhalb der Euro­päischen Union mehr als 26 000 Todesfälle und mehr als 2 Millionen schwerste Neben­wirkungen in zeitlicher Nähe zu den Impfungen dokumentiert. Das, wie gesagt, bei einer Meldequote von 6 Prozent! Das ist Ihnen offenbar egal.

Ich bin x-mal hier gestanden und habe den Vergleich zwischen Europa und Afrika gebracht. Sie wissen, Ihr Argument für die Vorschreibung einer Impfpflicht war immer: Wir müssen die Impfquote erhöhen, damit die Menschen sicher durch die Pandemie kommen! Afrika beweist das Gegenteil: geringste Impf­quo­ten, kein Problem mit Corona, mit der Pandemie.

Heute zeige ich Ihnen neue Fakten, die Sie eigentlich kennen müssten. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Impfstoffe gegen Covid-19: Vergleich Anzahl der Impfungen mit Anzahl der codierten Impfnebenwirkungen 2016-2021“ und einer Tabelle auf das Redner:innenpult.) Die Kassenärztlichen Vereinigungen Deutschlands haben für die Jahre 2016 bis 2020 die Anzahl der Impfungen und


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die Anzahl der Nebenwirkungen dokumentiert und das mit dem Jahr 2021 verglichen. Im Jahr 2021 hat es in Deutschland – dokumentiert – schwach 2,5 Mil­lionen Nebenwirkungen gegeben. Das heißt: In Deutschland waren 2,5 Millionen Menschen – dokumentiert – anhand des Krankheitsbildes in ärztlicher Behand­lung. Wir fragen uns immer wieder: Wo sind denn die ganzen Mitarbeiter hinge­kommen? Und wenn man das – in Relation eins zu zehn – auf Österreich herun­terbricht, bedeutet das, dass auch in Österreich 250 000 bis 300 000 Menschen wegen Coronaimpfungen in ärztlicher Behandlung waren und natürlich am Arbeitsmarkt fehlen. Vergessen Sie das nicht!

Was machen Sie? – Sie gehen her und sagen, wir beschaffen um 1,2 Milliarden Euro Impfstoffe – impfen, impfen, impfen! –, und ignorieren all diese dokumen­tierten Fakten.

Wissen Sie, wir haben seit über einem Jahr auf unseren Plan B hingewiesen. Unser Plan B bedeutet rechtzeitige medizinische Behandlung. Wir haben gesagt und eingefordert: Schicken Sie Ärzte zu den Coronapositiven, nicht die Polizei! Behandeln Sie die Menschen rechtzeitig mit Medikamenten! (Ruf bei den Grünen: Ivermectin!) Es gibt mittlerweile Medikamente, nur werden diese Medikamente viel zu wenig verschrieben. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Coro­na-Medikamente werden kaum verschrieben“ und dem Ausschnitt eines Zeitungs­artikels auf das Redner:innenpult.) Wir haben 240 000 Dosen bestellt, davon ist bisher nur ein Fünftel verschrieben worden, obwohl das ganz einfach geht. Wieso werden sie nicht verschrieben? – Weil die Ärzte darauf getrimmt sind, die Menschen zu impfen.

Setzen Sie bitte den Plan B der Freiheitlichen Partei um, vergessen Sie die Zwangsmaßnahmen! Beenden Sie dieses Coronaregime und geben Sie den Men­schen endlich ihre Freiheit zurück, auch mit einer rechtzeitigen medizinischen Behandlung! (Beifall bei der FPÖ.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Bitte sehr.



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16.39.20

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht zur Einordnung ein paar Zahlen, Daten und Fakten zur Coronasituation: Wir befinden uns mittlerweile in einer Phase, über die auch die WHO – und die ist schon auch maßgeblich, wenn es darum geht, die Situation zu bewerten – sagt, dass wir in ein Leben mit Covid eintreten. Das ist eine These, die ich schon lange vertreten habe. Wir müssen im dritten Jahr der Pandemie lernen, damit umzugehen.

Das tun wir. Das bedeutet, auch ein Stück weit Normalität zuzulassen und uns nicht im Dauerkrisenmodus zu befinden.

Dazu gehört, dass wir zwei Dinge tun, nämlich den Variantenmanagementplan umsetzen – ja, da sind wir dabei, wir befinden uns im Szenario 2. Wir haben mittlerweile ein deutlich anderes, besseres Instrumentarium zur Verfügung, was den Umgang mit der Pandemie betrifft. Wir haben besseres Zahlen- und Datenmaterial, wir wissen Bescheid, wer mit welchen Vorerkrankungen, mit welchen Haupterkrankungen im Spital liegt – Stichwort Covid-19-Datenregister. Das heißt im Klartext – es ist, glaube ich, von Kollegen Kaniak erwähnt worden –: Bei 50 Prozent der Menschen, die im Spital liegen und eine Diagnose Covid haben, ist die Nebendiagnose Covid und die Hauptdiagnose ein völlig anderer Grund der Einlieferung. Diese Zahl ist wesentlich. Warum? – Weil wir damit beurteilen können, wie es mit der Auslastung der Spitäler wirklich aussieht.

Der wahre Mangel – dieser ist auch angesprochen worden – ist das Personal. Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Das hat zum Teil mit Covid zu tun, aber nicht nur, weil im gesamten Pflege- und Sozialbereich sowie überhaupt am Arbeits­markt mittlerweile ein Arbeitskräftemangel herrscht, der einigermaßen dra­ma­tisch ist.

Das war mit ein Grund, warum wir mit der Pflegereform zwei Dinge versuchen: erstens, die Menschen, die im Pflegebereich tätig sind, dort zu halten – die erste Auszahlung der erhöhten Gehaltszahlung wird heuer im Dezember erfolgen, österreichweit einheitlich, für alle Berufsgruppen, die da tätig sind, und auch in


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derselben Höhe; sie wird dann in den Kollektivvertrag übergeführt –, und zweitens, in die Ausbildung zu investieren, das heißt, mit dem Pflegestipendium für die berufsbegleitende Ausbildung eine Finanzierung sicherzustellen, dass man diese Berufsausbildung eben auch berufsbegleitend machen kann, um Pflegekräfte zu bekommen.

Eine Klarstellung, was die jetzt zu beschließende Situation in Arztpraxen und die Testung von Risikopatient:innen angeht: Da geht es ausschließlich darum, Patientinnen und Patienten mit einer Risikodiagnose asymptomatisch testen zu können: zu können und nicht zum Testen zu verpflichten, sage ich, weil der Eindruck erweckt worden ist, man gehe zum Arzt und bekomme – so war die Ausdrucksweise – einen Test „verpasst“. Das passiert natürlich nicht gegen das Einverständnis der Patientin oder des Patienten, das ist eine freiwillige Angelegenheit.

Dann war die Rede davon, dass mit der Verlängerung des COVID-19-Maßnah­mengesetzes und der Möglichkeiten, die damit verbunden sind, eine Art, wie soll ich sagen, Zwangsregime weiter aufrechterhalten wird und die Regierung per­manent ihre Befugnisse missbraucht. – Das ist schon allein deshalb nicht der Fall, weil jede einzelne Verordnung, die erlassen worden ist – fast jede einzelne –, einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterzogen wurde und die Maßnahmen, wie Sie alle wissen – die Erkenntnisse kennen Sie –, in den weitesten Bereichen, bis hinein in die damaligen Lockdownmaßnahmen, vom Verfassungsgerichtshof bestätigt worden sind.

Zum Thema Zwangsbefugnisse würde ich eines gerne festhalten, mich betref­fend: Seit ich dieses Amt angetreten habe, sind die Impfpflicht und die Qua­rantä­neregelung abgeschafft worden. Das ist meines Wissens eine deutliche Locke­rung sogenannter Zwangsmaßnahmen und keine Verschärfung. Für die Abschaf­fung der Quarantänemaßnahmen bin ich von bestimmten Seiten massiv geprü­gelt worden, auch mit dem Hinweis darauf, dass das zur Folge haben wird, dass wir im Sommer 100 000 Neuinfektionen haben werden.


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Davon war nichts zu sehen. Wir haben uns damit – und das war der Grund für meine Entscheidung – im europäischen Schnitt bewegt. Wir haben uns nämlich sehr genau angeschaut: Was wird in europäischen Staaten aktuell noch gemacht? Wer hat welche Maßnahmen mit welchen Auswirkungen? Wir befin­den uns da im Gleichklang mit den anderen europäischen Staaten.

Wir testen – das stimmt – im Vergleich zu anderen europäischen Staaten immer noch viel, auch gratis. Fünf Antigen-, fünf PCR-Tests gibt es gratis – das in die Richtung jener Fraktionen, die glauben, wir seien im Blindflug unterwegs. – Das sind wir nicht! Wir haben ein im Europavergleich sehr gut ausgebautes Beobachtungssystem, angefangen vom Abwassermonitoring bis hin zu den anderen Surveillancemaßnahmen.

Wir haben auch – und das ist angesprochen worden – die Abgabe von Medika­menten deutlich in die Höhe geschraubt. Diese Zustandsbeschreibung betreffend Abgabe von Paxlovid und anderen Medikamenten war für Juni und Juli noch richtig, ab Juli nicht mehr, da hatte sie sich mehr als verzehnfacht. Das funktioniert jedenfalls weit und deutlich besser.

Wir haben jetzt auch wieder deutlich steigende Zahlen von Menschen, die sich impfen lassen. Das ist deshalb eine gute Nachricht, weil es etwas mit dem Immunitätsstatus zu tun hat. Wir sind mittlerweile wieder bei 20 000 pro Woche oder ungefähr 100 000 pro Monat.

Was die Maßnahmenregelungen insgesamt angeht – das war ja unsere Aus­sage –: Wir schauen uns die weitere Entwicklung an, auch die Dynamik, und treffen dann die Entscheidung, ob wir eine Maskenpflicht einführen und wo über­haupt – ja oder nein. Diese Prüfung läuft. Wir schauen uns die Entwicklung der Dynamik der Zahlen insgesamt genau an und werden dann entscheiden.

Letzter Punkt noch – weil das auch angesprochen worden ist –, die notwendigen Reformen der Gesundheitspolitik insgesamt: Ja, es stimmt selbstverständlich, es gibt eine ganze Reihe von Druckpunkten im Gesundheitssystem, die auch von Rechnungshofberichten aufgezeigt worden sind, die angegangen werden müssen. Sie wissen so gut wie ich, dass es dazu das vielgelobte Dreigestirn


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braucht, um Veränderungen herbeizuführen: Bund, Länder, Sozialversicherung in ihrer jeweiligen Zuständigkeit. Einer der Knackpunkte wird sein, bei den Finanz­ausgleichsverhandlungen darauf zu schauen, dass wir in diesem Bereich zu Reformen kommen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da dazu keine Wortmeldung mehr vorliegt, ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen ans Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses.

16.46.0820. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2795/A der Abgeord­neten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1718 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 20.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.46.51

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt darf ich zum Gesundheitstelematikgesetz sprechen. Das ist ein Bundesgesetz, mit dem die Datensicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verarbeitung elektronischer Gesundheitsdaten behandelt werden.

Vielfach denkt man sich, das sei unspektakulär – es sind drei Paragrafen: §§ 18, 24 und 26, die verändert werden –, im Detail steckt da aber einiges drinnen. Deshalb ist meine Fraktion auch diejenige, die im Ausschuss bereits Nein gesagt hat und auch heute im Plenum Nein sagen wird.


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Ich möchte das begründen, Herr Bundesminister. Der erste Punkt ist jener, dass die Apotheken, dass die Hebammen die Möglichkeit und das Recht haben sollen, Nachtragungen bei Impfungen durchzuführen, damit das auch im Impfregister vollständig aufscheint. – Dafür sind wir, das ist korrekt. Wir wollen auch, dass das so ist.

Wir wollen aber nicht, dass es grundsätzlich so ist, dass sie bisher 2 Stunden Zeit gehabt haben, diese Nachtragung durchzuführen – 2 Stunden Zugriff auf Gesundheitsdaten der Österreicherinnen und Österreicher –, und das nunmehr auf 28 Tage erweitert werden soll. Das ist unserer Ansicht nach nicht angemes­sen, nicht verhältnismäßig und entspricht nicht der Datenschutz-Grundverord­nung. Auch wenn Sie gesagt haben, das sei mit der Datenschutzbehörde erörtert worden, glaube ich trotzdem, dass es von der Zeit her möglich wäre, diesen Zeitraum mit ein bis zwei Wochen festzulegen, also zwei Wochen als genügend anzusehen. – Das war der erste Punkt.

Zweitens: Wir sehen nicht, dass die Haftung auf die Apotheker und auf die Hebammen übertragen werden soll, Herr Bundesminister. Wir wollen eigentlich, dass eine Servicestelle, wie es vorher angedacht war, kommt, durch die dann im Endeffekt auch diese Nachtragungen der Impfungen erfolgen sollen.

Herr Bundesminister, das wahre Problem steckt aber im Detail. Heute haben wir von Dr. Brunner die Budgetrede gehört: „,Aus Verantwortung für Morgen‘ Sicher in die Zukunft“.  Ich verweise auf meinen Kollegen Jan Krainer, der erwähnt hat, dass viel Geld ausgegeben wird, aber falsch ausgegeben wird. Jetzt kommt ein Punkt – ich weiß nicht, ob Sie darüber überhaupt informiert sind –: Bei Recherchen habe ich heute festgestellt, dass diese Nachtragung in den elektro­nischen Impfpass bis dato keine Kassenleistung ist. Das heißt, wenn Österreiche­rinnen und Österreicher in Apotheken gehen, zu Ärzten gehen, zu Hebammen gehen, zahlen sie für den ersten Nachtrag einer Impfung 25 Euro, für zwei Impfungen 35 Euro und für weitere Impfungen plus Gespräch 45 Euro. Das ist eine Empfehlungsliste, die rausgeht, es gibt keine Kostentragungsregel. Wenn Sie heute ein Gesetz beschließen wollen, durch das im Endeffekt die Apotheken


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beim Nachtragen dazukommen – wofür wir sind –, dann wollen wir auch wissen, ob die Apotheken zukünftig diese Beträge verlangen können.

Herr Bundesminister, wir leben in Zeiten der Teuerung. Wir wissen, dass viele Menschen nicht wissen, ob sie heizen oder essen sollen, weil sie sich nicht beides leisten können. Kollege Zanger hat heute erklärt, dass viele nicht mehr wissen, ob sie 15 Deka oder 10 Deka Wurst kaufen können. (Abg. Obernosterer: Da ... Bananenrepublik ...!)

Was macht die Bundesregierung? – Sie vergisst darauf, die Kostentragung für die Nachtragungen der Impfungen in das Impfregister zu regeln. Somit sind alle diejenigen, die Nachtragungen machen, selbst privat haftbar und müssen das bezahlen. Diese Empfehlungsliste scheint bei der Ärztekammer auf. Es gibt für die Apotheker nichts Gleichartiges. Wenn wir aber nicht regeln, dass diese Kostentragung zur Gänze vom Bund oder von der SV übernommen wird, ist das so, dass generell die Österreicherinnen und Österreicher zur Kasse gebeten werden. (Abg. Obernosterer: Fragst du einmal die Wiener!) Das ist Ihre Idee! Das ist Ihr Weg in die Zukunft! Das ist Ihre Verantwortung für morgen! – Mit uns bitte nicht; wir werden als SPÖ diesem Gesetz nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.


16.50.56

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Kollege Drobits hat es richtigerweise schon ausgeführt: Es geht darum, dass wir sowohl den Apothekerinnen und Apothekern als auch den Hebammen in diesem Land mehr Möglichkeiten geben, nämlich mehr Mög­lich­keiten in Bezug auf das Nachtragen von Impfungen in den E‑Impfpass.


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Das ist eine gescheite Geschichte, damit wir schauen können, dass dieser E‑Impfpass entsprechend befüllt wird, damit dieser bisher gehandhabte gelbe Impfpass eines Tages wirklich der Vergangenheit angehören wird. Dafür braucht es Stellen, die das eintragen, die das nachtragen können. Aus diesem Grund finden wir es gut und eigentlich grundgescheit, dass wir das, was wir in unserem Land als Gesundheitsdienstleister haben, mitnutzen. Das sind die Apotheken, das können eben aber auch Hebammen sein. Die sollen das nachtragen können, die sollen das validieren können. Das ermöglichen wir.

Das andere, was wir heute ermöglichen, ist eine längere Zugriffszeit auf die E‑Medikation. Wir ermöglichen den Apotheken nicht, dass sie sozusagen drinnen herumfuhrwerken können, wie es ihnen gerade Spaß macht – weil das jetzt gerade ein bisschen der Eindruck gewesen ist, der bei der Kontrarede meines Vorredners entstanden ist –, sondern wir ermöglichen ihnen das, was notwendig ist, von dem viele Apothekerinnen und Apotheker in diesem Land gesagt haben: Bitte, ermöglicht es uns, dass wir da länger zugreifen können, dass wir länger in die E-Medikation Einschau halten und dementsprechend agieren können! – Das ist aus unserer Sicht eine gescheite Geschichte. Damit rücken die Apotheken jetzt einen Schritt – vielleicht nicht einen großen Schritt, aber doch einen Schritt – weiter in die Mitte unseres Gesundheitswesens, weg davon, wie sie manche ganz gerne einmal despektierlich sehen: als Packerlschupfer und als ausführende Organe von Ärztinnen und Ärzten. Sie werden mit dieser Maß­nahme sozusagen noch mehr ein Teil unseres Gesundheitswesens.

Ich möchte aber meine Rede auch nutzen, um dazu beizutragen, dass wir uns alle miteinander darüber im Klaren sind, was uns heuer im Herbst und im Winter erwarten wird. Es wird heuer sicherlich ein durchaus herausfordernder Herbst, ein herausfordernder Winter werden, nicht nur wegen der Energiekrise, die uns ja alle miteinander fordert, sondern auch – ich habe es erst in meiner Rede vorhin gesagt –, weil die Pandemie nicht vorbei ist. Wir wissen nicht, was uns da noch erwartet. Auf der anderen Seite haben wir natürlich noch die Influenza vor der Haustür. Ich würde Sie alle zusammen – hier im Haus, hier auf der Galerie, aber natürlich auch zu Hause – darum bitten: Nutzen Sie die Impfangebote, die


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es gibt, sowohl gegen Covid als auch gegen Influenza! Nutzen Sie die Impfan­ge­bote gegen HPV! Gegen alle möglichen Krankheiten gibt es sehr, sehr gute Schutzimpfungen, die uns helfen, unser Gesundheitswesen weniger zu belasten, die uns helfen, dass unser System in Summe gesund bleibt. Nutzen Sie bitte diese Angebote und gehen Sie am besten gleich morgen zu Ihrem Hausarzt, zu Ihrer Hausärztin und lassen Sie sich beraten, welche Impfungen es für Sie auf jeden Fall noch gibt! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


16.54.04

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Impfberatungen fallen absolut in die Kompetenz von Apothekern und Hebammen, deshalb ist es ganz naheliegend, dass auch die Kompetenz zur Eintragung in den elektro­ni­schen Impfpass bei diesen Berufsgruppen verankert wird.

Weil es heute schon angesprochen wurde: Wozu benötigt eine Apotheke, wozu benötigt eine Hebamme einen 28-tägigen Zugriff auf die Elektronische Gesund­heitsakte? – Nun, das ist ganz einfach: Wenn Sie einen Patienten betreuen, wenn Sie ein Beratungsgespräch haben, wenn Sie eine Arzneimittelversorgung durchführen und der Patient ist gegangen, und am nächsten Tag hat er eine Frage zu der Verordnung oder zu den Medikamenten, dann müssen Sie nach­schauen können, was dort drinnen steht, sonst können Sie diese Frage nicht beantworten. Deshalb ist es bei den Ärzten Usus und gesetzlich verankert, dass eine 28-tägige Zugriffszeit, auch im Nachhinein, in die Gesundheitsakten besteht. Deshalb soll es auch anderen Gesundheitsberufen, die eine ähnliche Beratungsaufgabe haben, ermöglicht werden, 28 Tage auf die elektronischen Daten zuzugreifen.


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Wir werden das unterstützen. Wir halten das für grundvernünftig. Wir sehen das auch als einen ersten Schritt zur Anerkennung anderer Gesundheitsberufe für ihre Tätigkeit.

Generell sollten wir darüber diskutieren, welche zusätzlichen Leistungen andere Gesundheitsberufe in unserem System noch erbringen könnten. Das Eintragen von bereits bestehenden Impfungen ist ja nur ein erster kleiner Schritt. Wir führen die Debatte darüber, ob nicht zumindest Auffrischungsimpfungen auch von Hebammen oder in Apotheken verabreicht werden können, ja schon seit Längerem. Auch dem stehen wir Freiheitliche positiv gegenüber. Es könnte noch viel weiter gehen, denn sowohl was die Beratung und Betreuung und Begleitung chronisch Kranker anbelangt als auch vielleicht sogar bis hin zur Verordnung von Notfallmedikation in Nachtdiensten sehen wir sehr viele Möglichkeiten, was noch von Apotheken oder anderen Gesundheitsberufen erbracht werden kann – Stichwort zum Beispiel Weiterverordnung von Verbandsstoffen durch Pflege­personal.

Summa summarum, kann man sagen, ist das eine sinnvolle und unterstützens­werte Initiative zur Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes, und die FPÖ wird diese unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle, bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.56.41

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Gesundheitsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wichtigste Änderung im Gesundheits­tele­matik­gesetz ist: Apothekerinnen und Apotheker dürfen nicht nur 2 Stunden Einsicht nehmen, sondern bis zu 28 Tage, nachdem die E-Card gesteckt worden ist. Die Datenschutzbehörde sieht das als unbedenklich, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Die Apothekerinnen und Apotheker können ja nicht


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alle Elga-Daten sehen. Sie haben Einsicht in die E-Medikation und ins Impf­register, in alles Übrige nicht. Es ist adäquat, dass sie dann für die Beratung ihrer Kundinnen und Kunden entsprechend lang Zeit auch für einen Abgleich mit früherer Medikation haben.

Auch das Eintragen in den elektronischen Impfpass, jetzt für Apothekerinnen und Apotheker und generell auch für Hebammen, ist ein guter Schritt, um den digitalen Impfpass Schritt für Schritt weiter zu befüllen. Ich finde, das sind zwei wirklich sehr gute Maßnahmen.

Normalerweise heißt es, das Gesetz tritt mit dem Tag der Kundmachung in Kraft. Hierbei ist es ein bisschen anders: Dieses Gesetz wird mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten, damit die IT auch die Möglichkeit hat, entsprechend nachzuziehen und das umzusetzen.

Es ist für mich aber auch ein guter Punkt, um zu zeigen, wie es möglich ist, digitale Datenbanken weiter zu befüllen, weil diese ja wirklich sehr viele Chancen eröffnen, Einblick in epidemiologisches Geschehen nicht nur bei Infektionskrankheiten, sondern ganz generell zu gewinnen. Am besten funktioniert das bei Daten, die einfach aus dem Alltag heraus ganz automatisch entstehen, wie zum Beispiel E-Medikation: Es wird etwas verordnet, und das Ganze ist dann auch schon in der entsprechenden elektronischen Datenbank drinnen. Detto wird das in Hinkunft auch bei Impfungen sein. Wir haben ja mit Elga in Österreich ein übergreifendes Instrument, das wirklich einen struktu­rierten Zugriff auf verschiedenste solche Daten in verschiedenen Datenbanken ermöglicht, im Interesse der einzelnen Patientinnen und Patienten. Gerade E‑Medikation ist ein gutes Beispiel dafür.

In weiterer Folge ist es aber auch möglich, auf solche Daten wissenschaftlich zuzugreifen und wesentliche Erkenntnisse zu gewinnen. Da verweise ich auch im Rahmen des Bundesstatistikgesetzes auf das Austrian Micro Data Center, das es wissenschaftlichen Einrichtungen ermöglicht, sinnvolle Untersuchungen – unter absoluter Wahrung der Datensicherheit und des Datenschutzes – durchzuführen und neue Erkenntnisse aus vorhandenen Daten zu gewinnen. Ich sehe diese


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Erweiterung des Gesundheitstelematikgesetzes einfach als einen weiteren Schritt, mehr und verlässlichere Daten zur Verfügung zu haben.

Zum Abschluss komme ich noch einmal auf die Apotheken zurück: Die Apothe­kerinnen und Apotheker haben in Österreich Tag für Tag an die 400 000 Kon­takte mit Kundinnen und Kunden, Patientinnen und Patienten. Wir halten das für einen ganz wichtigen Teil des Gesundheitswesens. Denken wir kurz zurück an die starken Zeiten der Pandemie! Die Apotheken waren immer da.

In Österreich gibt es ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Apotheken, keine weißen Flecken, auch die Frage der Nachtdienst- und Wochenendbereit­schaft ist österreichweit geregelt, und das zeigt einfach, wie wichtig diese Einrichtungen sind.

Ich kann Ihnen sagen, dass wir von unserer Seite dafür stehen, dass die öffent­lichen Apotheken, dieses gesamte System in Österreich weiterhin stabile Rahmenbedingungen vorfindet, und ich möchte allen, die in diesem Bereich arbeiten, ein herzliches Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.


17.00.55

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren im Nationalrat! Liebe Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Da wir heute über die Anpassung im Gesundheitstelematikgesetz sprechen, lassen Sie mich ein paar Worte zum elektronischen Impfpass sagen: Er ist sehr wichtig, und es ist ein gutes Gesetz, mit dem wir den E-Impfpass geschaffen haben. Wir wissen alle, der Impfpass in Papierform war häufig unvollständig und ging auch verloren, und so war nicht immer ganz klar, welchen Schutz jemand noch aufrecht hat.


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Vor allem war die Bestimmung der Durchimpfungsrate mangels Datenbasis nicht möglich. Im Sinne der öffentlichen Gesundheit ist es natürlich wichtig, eine Datenbasis zu haben, um schnell auf Ereignisse reagieren zu können. Somit war die technologische Weiterentwicklung bei der Erfassung der Impfungen eine Notwendigkeit. Dadurch lassen sich auch Mehrfachimpfungen vermeiden und Impflücken leichter sichtbar machen.

Die vorliegende Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes bedeutet, dass jetzt auch die Apotheker Impfungen, die bereits verabreicht worden sind und schriftlich dokumentiert sind, nachtragen können. Sie sieht auch vor, dass der Zugriff der Apotheker auf Elga zukünftig zeitlich erweitert wird: Bis jetzt schon können sie auf die Medikationsdaten und das zentrale Impfregister zwei Stunden lang zugreifen, und das soll in Zukunft auf 28 Tage verlängert werden. Die Einschränkung für Hebammen, nur bestimmte Impfungen nachtragen zu dürfen, entfällt. Aufgrund der Tatsache, dass die technischen Voraussetzungen dafür erst geschaffen werden müssen, tritt das Gesetz nicht mit Kundmachung, son­dern erst ab 1. Jänner 2023 in Kraft.

Ich möchte zum Abschluss noch den Apothekerinnen und Apothekern, den Hebammen und allen in den Gesundheitsberufen für ihren Beitrag zum Gelingen des zentralen Impfregisters einen herzlichen Dank aussprechen, und ich möchte mich natürlich auch besonders dafür bedanken, dass sie die Kunden dahin gehend beraten, wie wichtig die Impfungen sind, und ihnen Mut machen, Imp­fungen auch durchführen zu lassen. – Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Dann darf ich die Abstimmungen wieder an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte des Gesundheitsausschusses verlegen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 270

17.03.4421. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden (1719 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 21.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte sehr.


17.04.10

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und hier im Haus oben auf der Galerie! Worum geht es hier? – Es geht um diverse Änderungen im Zahnärztegesetz beziehungsweise im Zahnärztekammergesetz. Notwendig sind diese auf der einen Seite deshalb geworden, weil es ein VfGH-Erkenntnis gibt, das umgesetzt werden soll; das ist auch der Inhalt der Regierungsvorlage gewesen.

Ein anderer Grund dafür, warum wir das hier heute novellieren, ist aber ein eher unangenehmer Grund oder ein unangenehmer Anlass.

Wenn Sie sich erinnern: Wir haben am 20. November 2020 gemeinsam hier im Haus einstimmig etwas beschlossen, und zwar einen Entschließungsantrag zum Thema Kieferorthopädie, nämlich die Einführung eines Facharztes für Kiefer­orthopädie. Nach diesem gemeinsamen Entschließungsantrag hat es eben etliche Zeit gedauert, bis das Ministerium einen entsprechenden Entwurf entwickelt und uns dann auch zugeleitet hat. Den haben wir am 8. Juni 2022 gemeinsam im Gesundheitsausschuss beraten und ihn dann auch einstimmig beschlossen.

Am 15. Juni haben wir wiederum hier im Haus, im Nationalrat, diese Vorlage für die Einführung des Facharztes für Kieferorthopädie einstimmig beschlossen. Am 29. Juni wurde dann im Bundesrat dieser Facharzt für Kieferorthopädie einstim­mig beschlossen. Das heißt, wenn man so möchte, alle damit beschäftigten Gre­mien waren einstimmig der Meinung, es ist eine gute Sache, es ist eine gescheite


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Sache, den Facharzt für Kieferorthopädie hier in Österreich einzurichten und eben die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu beschließen.

Einzig die Stadt Wien, das Land Burgenland und das Land Kärnten waren der Meinung: Nein, das mögen wir nicht! – Kurz vor Ende der möglichen Ein­spruchsfrist haben sie Einspruch gegen dieses Gesetz erhoben – zwei Länder davon sogar unbegründet, ein Land hat eine lapidare kurze Begründung abgegeben –, und deshalb müssen wir heute hier die entsprechenden Bestim­mungen, die aufgrund der Einführung dieses Kieferorthopädiefacharztes vorgesehen gewesen wären, wieder zurücknehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich finde es eigentlich eine ziemliche Frotzelei gegenüber diesem Hohen Haus und den damit befassten Gremien, dass man hergeht und einstimmige Beschlüsse, die durch den Nationalrat, durch den Bundesrat eben einstimmig gefasst wurden, mit einem Vorwand, den es in Wirklichkeit nicht gibt, beeinsprucht, nur weil man – als Stadt Wien in dem konkreten Fall – gerade einen, wie man auf Wienerisch so schön sagt, Kelch mit der Ärztekammer hat, dass man das auf diese Art und Weise austrägt. Ich finde es eigentlich eine Frechheit, und es ist eine Frotzelei gegenüber diesen Gremien, die wir hier herinnen auch vertreten.

Was ich mir wünschen würde, liebe Kolleginnen und Kollegen – insbesondere an die Sozialdemokratie gerichtet –: Bitte redet mit euren Kolleginnen und Kollegen in Kärnten, in Wien und im Burgenland, damit wir uns so etwas in Zukunft ersparen können! Denn: Der angebliche Grund, der da angegeben wurde, warum dagegen Einspruch erhoben wurde, war anscheinend so wichtig, dass niemand von euch darüber Bescheid gewusst hat. Weder im Nationalrat noch im Bun­desrat noch im Gesundheitsausschuss hat irgendjemand von euch darüber Bescheid gewusst. An dem Tag, an dem dann der erste Einspruch hereinge­rauscht ist, wart ihr alle miteinander total überrascht davon, dass da jetzt eben ein Einspruch hereinkommt.


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Das kann also gar nicht einmal so wichtig gewesen sein, wie es dann offen­sichtlich abgehandelt wurde. Ich würde mir wünschen, dass wir uns so etwas in Zukunft ersparen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

17.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


17.07.56

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Schon spannend, wenn Kollege Schallmeiner den Pfusch, den Sie gebaut haben, auf einige Länder abschiebt – aber gut, wir werden das so zur Kenntnis nehmen, wie er es gesagt hat. (Abg. Maurer: Ihr habt alle zugestimmt! – Abg. Loacker: Ihr habt dem ja zugestimmt!) – Wart einmal, Kollege Loacker, gib einmal eine Ruhe mit dem Reinrufen! (Abg. Schallmeiner: Was heißt „eine Ruhe“!? – Abg. Loacker: ... an die eigene Zustimmung nicht erinnern kannst!) Wir machen es ja auch nicht bei dir, also halte dich auch ein bisschen daran, denn: Worum geht es denn wirklich? (Abg. Schallmeiner: Du hast zugestimmt!)

Worum geht es wirklich bei diesem Gesetz? – Die vorliegende Novelle des Zahnärztegesetzes und des Zahnärztekammergesetzes (Abg. Maurer: Haben wir es nicht durchgelesen, oder was!? – Abg. Schallmeiner: Ihr habt es nicht durchgelesen offensichtlich!) ist eine Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichts­hofes vom 17. Juni 2021. Aufgrund dessen wurde dann eine Novelle gemacht, und in Bezug auf diese Novelle hat die Stadt Wien in ihrer Stellungnahme schon darauf hingewiesen: Wenn das nicht drin ist, dann wird sie Einspruch erheben. (Abg. Schallmeiner: Aber ihr habt zugestimmt! In allen Gremien zugestimmt!) – Ja, noch einmal – hör einmal zu! –: Ihr habt einen Pfusch gemacht, und da braucht ihr euch nicht rauszureden, und die Geschichte ist erledigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schallmeiner: Aber ihr habt zugestimmt! Das war euch wurscht, ihr habt einfach zugestimmt!) Da kannst du sagen, was du willst! (Abg. Schallmeiner: Ihr habt keine


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Ahnung offensichtlich, wo ihr überall zustimmt!) Pfusch bleibt Pfusch, und den habt ihr gemacht.

Worum wäre es denn aber noch gegangen? – Nur dass man sieht, was Sie noch gemacht hätten. Sie hätten nämlich in dieser Novelle des Gesetzes jetzt eines gemacht: die Änderung der Beschlussfähigkeit im Bundesausschuss. Das heißt, Sie hätten dort nämlich die Mehrheit der gewichteten Stimmen. (Abg. Schallmeiner: Nein, das ist nicht drinnen!) Das bedeutet, dass die Vertretung von nur vier Bundesländern durch die Gewichtung der Stimmen, nämlich die Anzahl der vertretenen Köpfe, im Bundesausschuss bereits das erforderliche Quorum zur Beschlussfähigkeit gehabt hätte. (Abg. Schallmeiner: Hast du wieder nicht durchgelesen, was du heute beschließen sollst?)

Nur aufgrund der Stellungnahmen der vielen Zahnärzte, die eingegangen sind, habt ihr es im Ausschuss dann zurückgezogen, und darum ist das Ganze weg. Ihr aber wolltet das gegen die Mehrheit der Zahnärzte durchdrücken, und genau das ist das, was ihr permanent macht. Herr Kollege Schallmeiner, da kannst du rauskommen und dich permanent immer damit rechtfertigen, dass alle anderen Schuld haben (Abg. Schallmeiner: Entschuldigung, ihr habt zugestimmt!): Ihr macht diese Maßnahmen, ihr macht diese Gesetze. Das ist Pfusch, und Pfusch bleibt Pfusch. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schallmeiner: Du hast zugestimmt, du selber persönlich hast zugestimmt, Kollege! Du hast zweimal zugestimmt! – Abg. Maurer: Ist eine Demenz eingetreten, oder was? – Abg. Schallmeiner: Politische Demenz offen­kundig! – Abg. Maurer: Amnesie! Sozialdemokratische Amnesie! – Zwischenruf der Abg. Erasim. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

17.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Saxinger. – Bitte.


17.10.02

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren!


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Ich bin baff, wie man Dinge verdrehen kann, lieber Kollege Keck. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden heute über die Novellierung des Zahnärztegesetzes. Ich möchte danach aber auch kurz mit ein paar Worten noch die Covid-Situation reflektieren.

Die Novellierung des Zahnärztegesetzes wurde durch ein VfGH-Erkenntnis notwendig gemacht. Wenn man einen Zusammenhang zwischen Politik und Zahnärzten herstellen will, dann fällt mir der Spruch eines befreundeten Zahnarztes ein, der zu mir gesagt hat: Ein fest sitzender Zahnersatz und ein lockeres Mundwerk schließen einander nicht aus. Er hat auch noch erwähnt: Lächeln ist die eleganteste Art, den Mitbewerbern die Zähne zu zeigen. Ich werde mich bemühen. (Beifall bei der ÖVP.)

Worum geht es bei dem Ganzen? – Es geht darum, dass die bestehenden Regelungen bestimmter Aufgaben nicht mit Zustimmung der Länder kundgemacht wurden – wir haben es schon gehört, die Führung der Zahn­ärzteliste zum Beispiel –, und das soll nun korrigiert werden. Die Länder haben aber auch noch bestimmte rechtliche qualitätssichernde Maßnahmen gefordert. Das ist auch okay. Den Fachzahnarzt Kieferorthopädie haben wir schon erwähnt – er wurde vor dem Sommer vom Nationalrat einstimmig beschlossen. Es war auch für mich befremdlich und ärgerlich, dass dann von drei SPÖ-geführten Bundesländern nicht zugestimmt wurde und das Gesetz nicht kund­gemacht werden konnte. Die Begutachtungsphase hätte lange genug gedauert.

Bei vielen Zahnärzten hat aber etwas ganz anderes zu Zahnschmerzen geführt, nämlich dieser ursprüngliche Vorschlag in der Regierungsvorlage, dass man im Bundesausschuss der Zahnärztekammer das Präsenzquorum an der Stimm-gewichtung orientieren sollte. Das hätte dann dazu geführt, dass zwei bis drei stimmgewichtige Bundesländer über alle anderen bestimmen könnten. Dieser Passus entfällt jetzt aus mehreren Gründen: Einerseits war diese Neuregelung nicht in Begutachtung, andererseits ist sie auf Kritik gestoßen, und sie wäre auch


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eine Ausnahme unter allen Kammern gewesen. Es bedarf hier einer weiteren Diskussion.

Die Novellierung wurde aber auch mit den Abänderungsanträgen einstimmig im Gesundheitsausschuss beschlossen, und ich hoffe, dass das im Plenum auch so erfolgt.

Kommen wir zur derzeitigen Covid-Situation. Da bin ich sehr überrascht, dass jetzt viele ob der steigenden Zahlen an Covid-Patienten und auch Spitalspati­enten verwundert sind. Es ist nämlich genau das eingetreten, was wir eigentlich alle erwartet haben. Der Gesundheitsminister hat mit diesem Varianten­mana­gementplan, an den wir uns auch halten, vorgesorgt. Warum steigen denn die Zahlen wieder und warum erkranken wieder mehr? – Da gibt es eine Ursachen­forschung, und da kommt einiges zusammen: Wir haben wieder mehr Kontakte als im Sommer, das ist klar – Schulen sind offen, Ende der Urlaubszeit, Veran­staltungen, volle Büros –, veränderte Umwelteinflüsse – der September war relativ kalt –, vermehrter Aufenthalt in Innenräumen, vermehrte Virusver­brei­tung und auch die abnehmende Immunisierung – wenn man vor einem halben Jahr oder Jahr geimpft wurde, dann nimmt der Immunschutz ab. Ich hoffe, dass die Überlastung der Intensivstationen kein Thema mehr ist. Die milderen Omi­kronvarianten helfen uns da.

Das Hauptproblem wird meiner Meinung nach – das haben wir heute auch schon besprochen – die Personalknappheit im medizinischen und pflegerischen Bereich sein. Da werden wir in den nächsten Wochen und Monaten noch einiges erleben. Die Stationen müssen jetzt schon wegen Personalknappheit geschlos-sen und die Leistungen reduziert werden. Bereits im Normalzustand ist die Personalsituation im Gesundheitsbereich sehr angespannt, wir reagieren aber mit diesem Pflegeprogramm darauf. Da kommt noch Corona dazu, dann kommt die Grippe dazu, Infektionskrankheiten. Die Personalknappheit im medizinischen, pflegerischen Bereich wird uns also noch Sorgen bereiten.

Das Gute ist aber: Jeder kann dazu beitragen, dass die Welle abflacht. Wir haben eben wie gesagt mit dem Variantenmanagementplan durchaus vorgesorgt,


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haben ausreichend hocheffektive Impfstoffe und auch Medikamente. Wie es jetzt ist, ist also keine wirkliche Überraschung. Jeder kann beitragen: Hirn einschalten, Hausverstand aktivieren, die Maske sinnvoll verwenden, Impfungen auffrischen – so einfach könnte es gehen, wenn man will, und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.14

17.14.19*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herrn Abgeordneten Schallmeiner erteile ich für die „politische Demenz“ einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

*****

Es braucht weder Zustimmung noch Ablehnung für Ordnungsrufe.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte.


17.14.34

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor dem Bildschirm! Kollege Schallmeiner hat zum Zahnärztegesetz schon einiges gesagt, was ich unterstreichen möchte, aber vielleicht noch einmal in meinen Worten darlegen will, denn was da passiert ist, ist tatsächlich eine Ungeheuerlichkeit. Man muss es sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen.

Herr Kollege Keck, sich dann hierherzustellen und so zu tun, als hätte die SPÖ nichts damit zu tun, das muss man nicht machen. (Abg. Lercher: Das stimmt schon! – Abg. Belakowitsch: Sind Sie nicht in der Landesregierung in Wien?) Es waren drei Bundesländer, die dieses Gesetz gekippt haben. – Kollegin Belakowitsch redet die ganze Zeit herein, ich kann mich schlecht konzentrieren, aber das ist in Ordnung. (Abg. Belakowitsch: Das glaube ich eh! – Abg. Michael Hammer: ... Du bist auch in der Regierung in Wien! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Na ja, haben es andere Bundesländer auch so gemacht, auch dieses Gesetz gekippt? – Ja.


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Die FPÖ meldet sich nicht zu Wort, also findet sie das, was da abgegangen ist, wahrscheinlich total okay.

Liebe SPÖ, Sie haben das Parlament faktisch zu Statisten degradiert, weil Sie nicht in der Lage waren, mit Ihren Bundesländern über diese Gesetzesvorlage zu sprechen beziehungsweise weil die Gesetze nicht gelesen wurden. Wer lesen kann, ist tatsächlich klar im Vorteil. Im Sommer ein Gesetz im Nationalrat und im Bundesrat einstimmig zu beschließen, um es später wieder hierherzubringen, weil sich drei Bundesländer gegen dieses Gesetz ausgesprochen haben, obwohl sie sich im Begutachtungsverfahren nicht dazu geäußert haben, ist schon ein starkes Stück. Ich glaube, es ist bezeichnend für das, was in Österreich bei den Gesetzgebungsverfahren nicht nur einmal, sondern sehr oft passiert. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Schallmeiner.)

Die Tatsache, dass die Länder diese Blockade zusätzlich nicht einmal wirklich begründen, sondern sagen: Na ja, eigentlich haben wir keine Lust, das wirklich umzusetzen, so gefällt uns das nicht!, das ist schon wirklich, wirklich besonders. Wenn das in Österreich so weitergeht – das ist ja nicht das einzige Gesetz, bei dem das so läuft –, brauchen wir uns wirklich nicht zu wundern, wenn sich die Menschen da draußen zu Recht die Frage stellen: Wieso dauert alles so lange? Wieso ist alles so langsam und wieso wird in den Hinterzimmern von irgend­welchen SPÖ-Landesregierungen entschieden, welche Gesetze beschlos­sen werden? (Abg. Belakowitsch: ... Koalition in Wien!)

Schlussendlich ist es jetzt so, dass wir wieder kein Kieferorthopädie-Gesetz haben, sondern dass wir jetzt aktuell den Vorschlag reparieren müssen. Wir müs­sen eine Zwischenlösung finden, bis wir das ganze Paket noch einmal gescheit machen können, und das hat natürlich einen Zeitablauf. Wir sind in Europa die Letzten, die noch kein solches Gesetz haben. Wir haben dieses Fach­arztthema wirklich als letztes Land auf der Tagesordnung. Alleine das ist ja wieder einmal eine Auszeichnung für uns und für unsere Gesetzgebung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 278

Insofern würde ich mir wünschen, dass die Begutachtungsverfahren in Zukunft auch ernst genommen werden, dass Abgeordnete hier herinnen mit den Abge­ordneten in ihren Bundesländern sprechen, dass Abgeordnete, die abstimmen, auch ihre Abstimmungsvorlagen lesen und wissen, worüber sie abstimmen, und nicht im Nachhinein sagen, man habe es ja nicht gewusst, sie seien nicht schuld, es seien die anderen. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Schallmeiner.)

17.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir verlegen wie schon vereinbart die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses.

17.18.1422. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2714/A(E) der Abge­ordneten Fiona Fiedler, BEd, Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheits­einrichtungen (1720 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 22.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr.


17.18.39

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem hier vor­liegenden Antrag der Regierungsparteien und der NEOS soll die Musik­the­rapie in wesentlichen Gesundheitseinrichtungen und Krankenanstalten etabliert werden. Dabei stellen sich viele Fragen: Worauf bezieht sich der Begriff der wesentlichen Gesundheitseinrichtungen? Um welche Gesundheitseinrich­tungen


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handelt es sich dabei? Was sagen die Länder dazu, dass Musiktherapie auch in den Krankenanstalten angeboten werden soll? Außerdem ist offen: Was ist mit den anderen wichtigen Therapien? Werden auch diese ausgebaut? Ich denke da an die Psychotherapie. Wir wissen, dass wir bei den bestehenden Therapieange­boten – Psychotherapie, Physio-, Logo-, Ergotherapie – immer noch extreme Lücken haben und es sehr wichtig wäre, diese Angebote flächendeckend auszu­bauen und in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung zu stellen anstatt eine neue Therapie, nämlich die Musiktherapie, aufzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters ist es so, dass der Begriff der Musiktherapeut:in bisher keinem recht­lichen Schutz unterliegt. Man weiß nicht, ob die Verantwortung dafür, dass da qualifizierte Therapeut:innen ausgesucht werden, dann dem Patienten, der Patientin auferlegt wird. Wichtig wäre es daher einmal, diesen Begriff in seiner Qualität zu sichern, zu verankern, um eine qualitätsvolle Therapie gewährleisten zu können.

Unserer Meinung nach gibt es in unserem Gesundheitssystem aber dringendere Probleme als die Musiktherapie einzuführen, wie zum Beispiel: Wann kommt endlich das Ende der Zweiklassenmedizin? Wann gibt es einen einheitlichen Leistungskatalog bei allen Krankenversicherungsträgern? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Wer hat denn immer den Gesundheitsminister gestellt? War das der Herr Stöger, der Gesundheitsminister? Oder die Rendi-Wagner war das!) Wann gibt es endlich flächendeckende Psychotherapie für alle? Wann werden endlich die klinischen Psycholog:innen als auch Gesundheitspsycholog:innen in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen aufgenommen? Zu all diesen dringlichen Problemen schweigt die Bundesregierung aber. Sie hat keine Lösungsvorschläge.

Wir werden daher diesen Antrag ablehnen, und ich bringe folgenden Ent­schließungs­antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 280

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicher­stellung des erforderlichen Psychotherapieangebots“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die erforderlichen Psychotherapieangebote zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der sowohl die Behandlung durch klinische Psycholog*innen als auch Gesundheits­psycholog*in­nen in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Verena Nussbaum

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherstellung des erforderlichen Psychotherapieangebots

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses (1720d.B.) über den Antrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (2714/A(E)) – (TOP 22)

Musiktherapie ist ein wichtiger Bestandteil der psychotherapeutischen Behandlung und kann für viele Menschen Hilfe und Erleichterung ihrer Beschwerden bringen.

Allerdings gibt es einen Mangel an Psychotherapieplätzen ganz allgemein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 281

Die letzten drei Jahre stellten für die gesamte Bevölkerung eine enorme Herausforde­rung und für viele Menschen eine massive psychosoziale Belastung dar. Zuerst die Einschränkungen der Corona-Pandemie, die ständige „Hü-Hot-Politik der türkis/grü­nen Bundesregierung und jetzt die Energie- und Teuerungskrise, die die Menschen nicht optimistisch in die Zukunft blicken lässt, denn auch hier versagt die Bundes­regierung auf ganzer Linie.

Besonderer psychischer Belastung ausgesetzt sind dabei aber immer stärker Kinder und Jugendliche. Nationale und internationale Studien zeichnen mehr denn je ein dramatisches Bild, was die psychische Gesundheit einer ganzen Generation junger Menschen angeht.

Dabei verschlechtert sich die Lage bei Kindern und Jugendlichen gerade in Österreich massiv. Eine brandaktuelle Studie des Departments für Psychotherapie und Bio­psychosoziale Gesundheit der Donau Uni Krems zeigte Ende 2021, wie rapide sich die Lage vieler betroffener verschlimmert hat:

„Bei 62 Prozent der Mädchen und bei 38 Prozent der Burschen zeigte sich eine zumindest mittelgradige depressive Symptomatik. Rund ein Fünftel der Mädchen und 14 Prozent der Burschen leiden unter wiederkehrenden suizidalen Gedanken, d.h. sie denken entweder täglich oder an mehr als der Hälfte der Tage an Selbstmord.“ Gleichzeitig warnen die Studienautor*innen: „Die psychische Belastung ist besorgnis­erregend und die bisherigen Maßnahmen reichen hier ganz offensichtlich nicht.“

In Österreich leiden rund 2 Millionen Menschen unter depressiven Symptomen –die Corona-Pandemie hat diese Zahl noch erhöht. Auch der aktuelle Ausbau der Psycho­therapieplätze verhindert nicht, dass viele für ihre Heilung nach wie vor tief in die Tasche greifen müssen - oder unbehandelt bleiben, wenn sie das nicht können.

Neben den Psychotherapeut*innen sind auch klinische Psycholog*innen oder Gesund­heitspsycholog*innen dazu befähigt, psychisch kranke Menschen zu behan­deln. Der Berufsverband Österreichischer Psycholog*innen forderte bereits im letzten Jahr, dass auch diese endlich Kassenverträge bekommen, damit mehr Menschen versorgt werden. Dazu ist eine Gesetzesänderung erforderlich. Das ASVG sieht für Diagnosen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 282

von klinischen Psycholog*innen eine Finanzierung durch die Kassen vor. Die Behand­lung umfasst das Gesetz allerdings nicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die erforderlichen Psychotherapieangebote zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Regie­rungs­vorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der sowohl die Behandlung durch klinische Psycholog*innen als auch Gesundheitspsycholog*innen in den Leis­tungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.


17.21.59

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Vorneweg: Ich nehme natürlich den Begriff „politische Demenz“ auch mit Bedauern zurück. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Er war wahrscheinlich der Debatte geschuldet, aber mich ärgert es einfach, wenn man Dinge einfach so wegwischt und so tut, als ob man als Parlamentsfraktion hier herinnen keine Verantwortung hätte.

Sei es, wie es sei, reden wir über die Musiktherapie (Zwischenruf bei der SPÖ), reden wir darüber, was gerade eben auf den Punkt gebracht wurde: Der Antrag


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fußt im Wesentlichen auf einer Initiative der Kollegin Fiedler von den NEOS, die dann das Ganze wahrscheinlich eh nochmals etwas weiter und etwas umfang­reicher ausbreiten wird, also dahin gehend, worum es geht. Hier so zu tun, als ob die Musiktherapie keine Evidenz hätte oder die Musiktherapie irgendetwas völlig Abgehobenes oder Abgespacetes wäre, ist aus meiner Sicht aber eher unrichtig und tut der Ernsthaftigkeit der Sache eigentlich keinen großen Gefallen. Vor allem dieses gegenseitige Aufrechnen mit anderen Therapieformen und mit anderen Fragen gerade im Bereich der psychischen Gesundheit halte ich zwar für nachvollziehbar – weil es eben eine durchaus schöne populistische Heran­ge­hensweise ist, wie wir es neuerdings von der Sozialdemokratie gewohnt sind –, aber es ist halt in dem Sinne nicht wirklich sachlich.

Wir können das Ganze natürlich auch dafür nutzen, eben darüber zu reden, wie es momentan mit der Psychotherapie und bezüglich der Frage der Versorgung mit Psychotherapie beziehungsweise mit Angeboten für die seelische Gesund­heit ausschaut. Da gibt es zum einen das Projekt Gesund aus der Krise mit einem Volumen von heuer 13 Millionen Euro. Wir arbeiten gerade daran, dass wir das auch in Zukunft weiterführen können. Wir arbeiten auf der anderen Seite eben genau an dieser Akademisierung der Psychotherapie, damit es in diesem Land Qualitätsstandards, nämlich international vergleichbare Qualitätsstandards, gibt, damit wir es aber gleichzeitig auch endlich schaffen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein akademisches, niederschwelliges Ausbildungsangebot zu geben. Die Ausbildung soll im Rahmen eines Regelstudiums stattfinden und nicht wie jetzt von privaten Vereinen um zum Teil 6 000 Euro pro Semester angebo­ten werden.

Wir arbeiten also wirklich daran, diesem Land mehr zu bringen, eben dafür zu sorgen, dass es eine entsprechende Versorgung für die seelische Gesundheit gibt. So zu tun, als ob das nicht passieren würde, ist wie schon gesagt nachvoll­ziehbar, weil es vom Standort und Standpunkt abhängt – so kann man da ein bisschen Populismus einstreuen. Wer aber letzte Woche im Gesundheits­aus­schuss dem Gesundheitsminister bei der Beantwortung der Fragen in der allge­meinen Aussprache zugehört hat, wüsste, dass wir an all diesen Themen, die


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gerade aufgeworfen wurden, mit Hochdruck arbeiten. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

17.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.


17.25.00

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Minister! Eine gute Sache über die Musik ist die, wenn sie dich trifft, dann spürst du keinen Schmerz mehr. – Das hat einmal ein berühmter Musiker gesagt, und da steckt sehr viel Wahrheit dahinter. Mittlerweile gibt es natürlich Studien zur Musiktherapie im Gesundheitswesen, und die wissenschaftliche Evidenz ist natürlich gegeben.

Gerade bei Traumata wird sehr viel mit Kreativtherapien, insbesondere mit Musik­therapie, verarbeitet. Bei autistischen Verhaltensweisen gibt es gute Fortschritte in Bezug auf das Sozialverhalten und auf die Kommunikations­fähigkeit – beides sind Eigenschaften, die für den weiteren Lebensweg sehr wichtig sind.

Therapieerfolge gibt es auch bei Krebspatienten. Das kann man sich im Moment vielleicht nicht so vorstellen, aber alleine durch die Musik entspannt sich der Körper, sodass die Schmerztherapie besser greift, und auch die Ängste werden gelindert. Natürlich gibt es bei Depressionen, bei Angstneurosen gesundheitliche Fortschritte, aber ansatzweise auch bei Demenzpatienten und bei Schlaganfall­patienten. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag heute auch unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es bleibt im Gesundheitsbereich aber noch immer so vieles offen, wobei das Angebot nicht ausreicht oder die Kosten von den Patienten selbst getragen werden müssen. Wir haben es heute schon gehört und ich schließe mich hier an: Physiotherapie, Logopädie, psychologische Unter­stützung sind jetzt nur einige wenige Bereiche, aber auch diese sollten wie selbst­verständlich angeboten werden und natürlich auch von der Krankenver-


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sicherung zur Gänze übernommen werden. Leider gibt es aber zu wenig Kassen­plätze und einen zu hohen Selbstbehalt, weshalb es auf längere Zeit gesehen privat nicht leistbar sein wird. Das heißt, auch da gibt es dringenden Handlungs­bedarf.

Ein ganz wichtiges Thema, das gerade medial aufgeschlagen ist, sind die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Sehr geehrter Herr Minister, die Eltern sind zurzeit stark verunsichert und sie machen sich Sorgen, denn das Kinderbetreuungsgeld hängt unmittelbar an den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Was passiert, wenn man sich mit den Ärztekammern nicht über den Tarif einigen kann?

Ich fordere Sie gemeinsam mit der Familienministerin daher wirklich auf, dass auch Sie sich da tatkräftig einbringen und an einer Lösung mitarbeiten, denn Musiktherapie ist zwar ein Puzzlestück im Gesundheitswesen, aber, Herr Minis­ter, kümmern Sie sich bitte auch um die anderen Lücken! (Beifall bei der FPÖ.)

17.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.


17.27.45

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass kreative Elemente in der psychotherapeutischen Arbeit eine ganz, ganz große Bedeutung haben, speziell auch, um überhaupt eine psycho­therapeutische Beziehung aufzubauen und eine heilende therapeutische Intervention möglich zu machen. Erfahrene Psychologen und vor allem Psycho­therapeuten greifen daher sehr häufig auf solche kreativen therapeutischen Ansätze zurück, um den Patienten eben auch individuell zu erreichen. Ich nenne zum Beispiel das Psychodrama als erlebnisorientierte Aktionsmethode mit Rollenspielen und allem Möglichen oder das katathyme Bilderleben – das ist auch ein kreativer Zugang, der sehr häufig genommen wird.


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Dann gibt es eben auch die Musiktherapie, die sehr wohl – das ist nun an meine Vorredner:innen gerichtet – in einem Musiktherapiegesetz geregelt und auch eine anerkannte Methode ist. Sie ist zwar nicht so etabliert, aber ich halte sie persönlich für einen sehr wichtigen und sehr guten Ansatz und habe in meiner Arbeit auch persönlich sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag der Kollegin Fiedler, diesbezüglich weiterzu­kommen und die Musiktherapie noch bekannter zu machen und zu etablieren, auch sehr gerne. Die anderen Therapieangebote sind ja auch in den Kranken­anstalten sehr gut etabliert.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Einsatz von Musik eine therapeutische Wirkung hat. Es war bereits in der Antike so, dass man gesagt hat, dass Musik eine reinigende Wirkung auf die Seele und auf den Charakter hat. Es gibt jedoch immer unterschiedliche Zugänge: Es muss letztlich jeder Psychotherapeut selbst entscheiden, welche Form des Zuganges er wählt. Tatsache ist aber, dass die Musiktherapie im Krankenaus und auch in Gesundheitseinrichtungen stärker verankert werden sollte, weil sie eben ein wertvoller Ansatz ist und weil sie auch als fixes Basisangebot wichtig wäre.

Daher ist es auch das Ziel, die Stärkung des gesetzlich anerkannten Berufsbildes Musiktherapie und die Aufnahme in die Strukturpläne Gesundheit zu erreichen.

Ich verstehe auch nicht ganz den Antrag der SPÖ, denn im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz ist ja ganz klar sichergestellt – ich verkürze das, aber ich habe extra nachgeschaut –, dass eben ausreichende klinisch psychologische, gesundheitspsychologische und auch ausreichende Versorgung mit Psycho­the­rapie angeboten werden muss. Die Musiktherapie ist eben leider nicht dabei, deswegen haben wir uns auch dazu entschieden, diesen Antrag zu unterstüt­zen. Es wurde ja von meiner Vorrednerin schon gesagt, dass damit in vielen Bereichen sehr, sehr gute Erfolge erzielt werden, gerade auch in der Kinder- und Jugendarbeit; auch in der Behandlung von Traumata – ich erwähne das, weil es noch nicht erwähnt wurde, ich habe selbst über 20 Jahre mit schwer trauma­ti­sierten Menschen gearbeitet, und da ist oft so ein Zugang der einzige, bevor man


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überhaupt sprachlich arbeiten kann –, auch im Bereich der Betreuung von alten Menschen – Demenz wurde schon genannt, Altersdepression –, in der Palliativ- und Hospizarbeit – auch ein ganz wichtiger Bereich.

Weil Sie gemeint haben, Frau Kollegin Nussbaum, wir schweigen zur Reform im Bereich der Psychotherapie: Nein. Und ich sage jetzt noch ein paar Worte dazu: Wir stehen mittendrin – der Herr Bundesminister hat das auch im letzten Gesund­heitsausschuss dargelegt. Die Regierung hat aber bereits vor der Pandemie ganz klar im Regierungsprogramm festgelegt, dass Psychotherapie als Kassenleistung ausgebaut werden soll, und – es wurde auch schon erwähnt – die ÖGK hat 30 Millionen Euro bereitgestellt, jetzt während dieser Pandemie, um voll finan­zierte Therapieplätze zu schaffen. Wir haben das tolle Projekt Gesund aus der Krise, das sehr, sehr gut angekommen ist und das auch mit 13 Millionen erweitert wird, speziell für Kinder und Jugendliche initiiert und vieles, vieles mehr.

Ich sage aber auch: Es wird wichtig sein, im Rahmen der Neuordnung die Versor­gung und das Zusammenspiel der verschiedenen Bereiche sicherzustellen: der Psychiatrie, der Ambulanzen, der psychosozialen Dienste, der niedergelassenen Psychotherapeuten und Psychologen, Psychiater und so weiter. Und davon soll eben auch die Musiktherapie einen wichtigen Teil ausmachen.

Ich freue mich darüber, dass die Akzeptanz der psychotherapeutischen Behand­lung heute eine wesentlich höhere ist als noch vor zehn oder 15 Jahren – das ist, glaube ich, etwas sehr, sehr Erfreuliches –, und in der Ausbildung, die ja jetzt in Richtung einer universitären Ausbildung geht, müssen wir auch ganz stark die sehr guten und hoch qualifizierten Ausbildungsvereine miteinbeziehen. Es darf nicht passieren, dass die praktischen Teile, die Selbsterfahrung, die Gruppen­selbst­erfahrung, die Arbeit unter Supervision zu kurz kommen. Auch da hat der Minister aber gesagt, dass es diese Gespräche gibt. Auch das halte ich für sehr, sehr wichtig.


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Das heißt, es laufen die Verhandlungen, wir arbeiten daran und ich freue mich, wenn wir zu guten Lösungen für die Menschen kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.


17.32.54

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Hans Christian Andersen soll einmal gesagt haben: „Nur die Töne sind imstande, die Gedankenrätsel zu lösen, die oft in unserer Seele geweckt werden.“ Genau deshalb ist Musik nicht nur ein von vielen geliebter Alltagsbe­gleiter, mit dem wir unsere Stimmungen beeinflussen können, sondern auch ein wichtiges Instrument, wenn wir den Umgang mit uns selber besser lernen wollen.

Seit 2008 gibt es ein eigenes Gesetz zur Musiktherapie. Die Zugangsmöglich­keiten sind für viele aber intransparent, und vor allem ist die Therapie teuer. Gerade in der Traumatherapie, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Onkologie, in der Hospizversorgung oder auch bei Suchtkranken zeigt Musik­therapie aber sehr gute Behandlungserfolge und sollte deshalb besser genutzt werden können. Zudem hilft sie, dem Alltag im Krankenhaus zu entfliehen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf Medikamenteneinnahme, Schmerzen und Ängste.

In Österreich haben wir im Gesundheitssystem oft das Problem, dass Interessen verschiedener Berufsgruppen und Finanzstellen gegeneinander ausgespielt werden. Dabei sollte es das Ziel sein, dass der Patient und seine bestmögliche Versorgung immer im Mittelpunkt stehen. Besonders im Bereich der psychischen Versorgung haben wir in den letzten Jahren die Folgen unseres bisherigen Ver­sagens sehr stark gesehen, und wir hätten dafür die Pandemie nicht gebraucht.


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40 Prozent aller Frühpensionen sind aus psychischen Gründen. Wir haben stei­gende Zahlen von Depressionen und Essstörungen bei Jugendlichen, und wir brauchen gerade die Jungen, um die Zukunft zu gestalten, den Staat zu reformie­ren, den wirtschaftlichen Standort zu verbessern und uns allen die Angst vor dem Abstieg zu nehmen. Gerade in diesen Zeiten der Krisen müssen wir zusam­menstehen und deshalb auch psychische Gesundheit als einen relevanten Teil von Gesundheit sehen.

Mit diesem Antrag wollen wir zumindest eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit in den Krankenhäusern verankern und damit verbessern, wie Behandlungsformen aufeinander abgestimmt sind. Es freut mich besonders, dass wir es geschafft haben, aus einem Einzelantrag einen gemeinsamen Antrag mit den Regierungsparteien zu machen, und dass wir hier etwas mehr Kooperationsbereitschaft als sonst gesehen haben. Im Sinne der Patienten, aber natürlich auch für effizientere, patienten- und personalfreund­lichere Systeme im Gesundheitswesen hoffen wir, dass wir diese Kooperationen vertiefen können und damit nachhaltige Reformen vorantreiben und dass es auch seitens der SPÖ und der FPÖ breite Zustimmung zu diesem Antrag geben wird. Um die Bedenken der SPÖ zu mildern: Es soll in der Ziel­steu­erungskom­mission verankert werden, und ebendort haben die Länder die Mög­lichkeit, sich einzubringen. Und: Die Musiktherapie hat ein eigenes Berufsgesetz.

Weil Musik mein persönliches Seelenbrot ist, schließe ich jetzt mit Platon: „Musik und Rhythmus finden ihren Weg zu den geheimsten Plätzen der Seele.“ – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

17.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Ich gehe davon aus, dass auch das nicht der Fall ist.


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Da die NEOS um eine Unterbrechung für 10 Minuten gebeten haben, weil für die Vorbereitung des Croquis noch Zeit gebraucht wird, unterbreche ich die Sitzung für 10 Minuten.

17.36.31*****

(Die Sitzung wird um 17.36 Uhr unterbrochen und um 17.47 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

17.47.43Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 bis 22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich darf die Parteien fragen, ob wir abstimmen können: Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP? – Gut, dann kommen wir jetzt zu den Abstimmungen.

Ich darf darauf hinweisen, wir haben eine ganze Reihe von Abstimmungen und wir werden uns bemühen, alles sehr detailliert und klar darzulegen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1713 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um eine dementsprechende Kundgebung der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, wird wieder um ein Zeichen der Zustimmung gebeten. – Auch das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1714 der Beilagen.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich wieder um ein Zeichen. – Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1715 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, der wird um Zustimmung gebeten. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1716 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit, damit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1717 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1718 der Beilagen.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zeichen bitten. – Das ist wiederum die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich, ein dement­sprechendes Zeichen zu geben. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das


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Zahnärztekammergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1719 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, wird wiederum um ein dementsprechendes Zeichen gebeten – Auch das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22, die dem Ausschussbericht 1720 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Musiktherapie in Kranken­häusern und Gesundheitseinrichtungen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen. (266/E)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung des erforder­lichen Psychotherapieangebots“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich abgelehnt. (Abg. Loacker zeigt mit den Händen das Zeichen für Time-out.)

Bevor wir zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 14 kommen, unterbreche ich kurz die Sitzung. So viel Zeit müssen wir uns im demokratischen Prozess wohl geben.

Die Sitzung ist für 2 Minuten unterbrochen.

17.52.21*****

(Die Sitzung wird um 17.52 Uhr unterbrochen und um 17.54 Uhr wieder aufgenommen.)


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*****

17.54.11Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

Ich frage noch einmal: Sind alle da, können wir weitermachen?

Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungs­punkte 2 bis 14, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend Teuerungs-Entlastungspaket Teil II in 1662 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen, ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeord­neten Loacker, Bernhard, Kolleginnen und Kollegen sowie zwei Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Krainer beziehungsweise der Abge­ordneten Doppelbauer vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Streichung der Z 1 in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein dement­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 2 in der Fassung der Regierungsvorlage.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Streichung der Z 3 in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um eine dementsprechende Willenskundgebung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 5 lit. a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich darf um die dementsprechende Willenskundgebung ersuchen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 1 Z 5 lit. b eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 5 lit. b eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist ebenfalls die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 295

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen bitten. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 5 lit. c bis f in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 6 eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist ebenfalls die Minderheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 6 eingebracht.

Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Die Kollegen Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Streichung der Z 7 bis 10 in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung ersuchen. – Das ist einstimmig.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 11 § 124b Z 412 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 296

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Die Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 11 § 124b Z 413 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 11 § 124b Z 413 eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 11 § 124b Z 414 eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regie­rungsvorlage: Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 2 Z 1 sowie Entfall der Ziffer 2 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 297

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den darf ich bitten, ein Zeichen zu geben. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Artikels 2 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 3 in Artikel 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 298

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der ,kalten Progression‘“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energiekostenausgleichsgesetz 2022 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1703 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Auch in dritter Lesung das gleiche Stimmverhalten, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Anspruchsberech­tigten beim Energiekostenausgleich“.

Ich darf die Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen bitten. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend Pensionsanpassungsgesetz 2023 in 1721 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Loacker vor.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 299

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstim­men lassen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Die Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 § 775 Abs. 1 bis 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 § 775 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Streichung des Absatz 6 aus § 775 in Artikel 1 ein­ge­bracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich darf um dementsprechende Zustimmung oder Ablehnung ersuchen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 § 776 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 300

Ebenfalls die gleichen Abgeordneten haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderung in Art. 2 Z 4 § 401 Abs. 1 bis 3 sowie Einfügung eines neuen Absatz 4 in § 401 in Artikel 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 2 Z 4 § 401 Abs. 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, der wird um ein Zeichen gebeten.  – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Streichung des Absatz 6 aus § 401 in Artikel 2 ein­gebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich darf um ein dementsprechendes Stimmverhalten ersuchen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Z 4 § 402 eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Die Abgeordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 3 Z 4 § 395 Abs. 1 bis 3 eingebracht.

Wer das unterstützt, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Getrennte Abstimmung über Art. 3 Z 4 § 395 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 301

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Streichung des Absatz 6 aus § 395 in Artikel 3 ein­ge­bracht.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 3 Z 4 § 396 eingebracht.

Wer dafür ist, den darf ich um ein dementsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 5 § 41 Abs. 8, Art. 6 § 11 Abs. 9 und Art. 7 § 37 Abs. 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den darf ich um ein dementsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer signalisiert dazu Zustimmung? – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich darf die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein dementsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 302

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1722 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, darf ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstim­mung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten feststellen.

Ich darf nun die Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein dementsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Ausdrücklich stelle ich auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf auch in dritter Lesung fragen, wer dem zustimmt. – Das ist wiederum die Mehrheit. Ich darf auch da wieder ausdrücklich feststellen, dass die erforderliche verfassungsmäßige Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Aus­schus­ses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1723 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1724 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1725 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer tut das? – Ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 303

Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1726 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist wiederum mehr­heitlich angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend Teuerungs-Entlas­tungspaket III in 1663 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt das Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Loacker vor.

Ich gehe daher so vor, dass ich zuerst über die vom Zusatzantrag und vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lasse.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1, 2 und 3 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den darf ich um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzan­trag betreffend Einfügung der Ziffern 3a und 3b in Art. 5 Z 3 eingebracht.

Wer dafür ist, wird um ein entsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich, die Zustimmung zu signalisie­ren. – Auch in dritter Lesung ist der Gesetzentwurf nunmehr angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 304

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien“.

Wer dafür ist, wird um ein entsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1679 der Beilagen.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist einstimmig angenommen.

Dritte Lesung. – Das gleiche Stimmverhalten: Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1680 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 13: Antrag desselben Ausschusses, seinen Bericht 1681 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Bericht 1681. – Auch mehrheitlich angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1682 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Belakowitsch vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 305

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 3 und 6, Art. 4 Z 5 und Art. 5 Z 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, wird um ein entsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehr­heit, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer dafür ist, wird um ein entsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist nun ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer diesen Entwurf auch in dritter Lesung annimmt, wird um ein entsprechen­des Zeichen gebeten. – Das ist mehrheitlich auch in dritter Lesung angenommen.

18.13.3623. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2829/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Digita­lisie­rung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unterneh­mens-Ener­giekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1732 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2838/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefall­fonds­gesetz geändert wird (1734 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 23 und 24, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 306

Ich darf den Bundesminister für Wirtschaft, Herrn Kocher, recht herzlich bei uns begrüßen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matznetter. – Herr Abgeordneter, bitte sehr. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


18.14.54

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­des­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Doppelwumms hat der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz das Vorhaben der deutschen Ampelkoalition genannt, gravierend, und zwar für den gesamten Bereich Industrie, Gewerbe, Handel, Privathaushalte, gegen die Teuerung vorzugehen.

Und die deutsche Bundesregierung macht genau das, was wir seit Langem fordern, nämlich einen Deckel draufzusetzen. Das Problem ist, meine Damen und Herren (in Richtung ÖVP): Wer ist unser wichtigster Handelspartner? – Deutschland. Besteht da eine Grenze? – Nein, wir sind im selben Binnenmarkt und wir sind in derselben Währungsunion.

Wenn in Deutschland die Pläne, die jetzt die Kommission der Regierung vor­gelegt hat, nämlich mit 7 Cent auf die Kilowattstunde im Bereich des Gases für die Industrie und 14 Cent für die anderen, umgesetzt werden, haben wir ein veritables Problem. (Abg. Haubner: Da haben wir wirklich eines!)

Ich sage es Ihnen gleich, meine Damen und Herren, und ich rufe als Zeugen Wirt­schaftskammerpräsident Harald Mahrer auf (ein Schriftstück in die Höhe haltend), der uns heute bereits – in der „Kleinen Zeitung“ zum Nachlesen – ins Stammbuch schreibt – aber eigentlich seiner eigenen Partei, denn am meisten der ÖVP –: „Die Deutschen können dann mit günstigeren Preisen berechenbarer kalkulieren als andere.“

Und: „Es geht um Zigtausende Arbeitsplätze in Österreich und ein Exportvolu­men von mehr als 50 Milliarden Euro“. Daher verlangt Mahrer: „Wenn es keine


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europäische Lösung gibt und die Deutschen das durchziehen, muss Österreich darauf vorbereitet sein, sehr schnell nachzuziehen.“

Und diesen Stammbucheintrag sollten Sie sehen, meine Damen und Herren, vor allem Sie von der ÖVP, lesen und umsetzen und nicht so etwas wie heute vor­legen, sondern etwas, was in gleicher Form wirkt und verhindert, dass Österreich deindustrialisiert wird und alle Nachteile hat. Diese Verantwortung nehmen wir Ihnen nämlich nicht ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei uns hängen Zigtausende Arbeitsplätze dran, und da müssen wir – da hat Wirtschaftskammerpräsident Mahrer vollkommen recht – nachziehen, nicht das, was Sie sich da irgendwie zusammengereimt haben, machen, einseitig nur für den Strom, sondern wirklich handeln und einen Deckel draufsetzen.

Ich verstehe schon: Wir haben es gefordert, und daher glauben Sie, Sie können es nicht machen, aber in diesem Fall müssen Sie ja das machen, was wir seit Langem fordern: Deckel draufsetzen, Kosten limitieren und dafür sorgen, dass es morgen diese Betriebe und diese Arbeitsplätze noch gibt, sodass wir andernfalls nicht eine Industriewüste haben, wo in der Folge alle umliegenden Zuliefer­indus­trien und in der Folge Gewerbe und Handel draufzahlen.

Handeln Sie! Folgen Sie dem, was Mahrer sagt, folgen Sie dem, was die Opposi­tion sagt, und machen Sie einen Deckel! Machen Sie Schluss mit der Politik, immer nur Subventionen zu vergeben statt Preise zu kappen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte. (Abg. Wurm: Peter, sag die Wahrheit!)


18.18.43

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Hause! Herr Kollege Matznetter, es ist ja recht nett und schön, wenn Sie sagen, wir sollen nachziehen, nur: Bei welcher Regelung sollen wir


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nachziehen? – Die Deutschen haben bis heute noch nichts beschlossen. Die Deutschen haben einen Vorschlag einer Expertenkommission, der in der deutschen Regierung und auch auf EU-Ebene sehr differenziert diskutiert wird.

Meine Damen und Herren, wir können also nicht nachziehen, weil es keine Regelung, weil es nichts zum Nachziehen gibt, denn wir haben schon sehr viel getan, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe es heute schon einmal betont: Wir haben ja in den letzten Jahren der Krise insgesamt sehr viel Geld in die Hand genommen, um die Unternehmer durch diese schwere Zeit zu begleiten und die Arbeitsplätze zu sichern. Und ich glaube, eines eint uns ja: Wir wollen die Wirtschaft wettbewerbsfähig halten und wollen die Arbeitsplätze in unserem Land sichern. Darin sind wir einer Meinung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben ja auch in Österreich Gott sei Dank noch ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent. (Abg. Schroll: 0,2 nächstes Jahr!) Wenn wir nach Deutschland schauen, dann sehen wir, da schaut es etwas schlechter aus. Das macht uns eben nachdenklich, und deshalb bin ich der Meinung, dass wir mit unserem Programm auf dem richtigen Weg sind.

Bundesminister Brunner hat es ja heute schon definiert: „whatever it takes“. – Ja, aber in der Brunner’schen Definition heißt das nicht „Koste es, was es wolle“, sondern: das Notwendige zur Verfügung stellen! – Meine Damen und Herren, das machen wir. Deshalb warne ich – Prof. Felbermayr macht das auch gerade – vor einem Subventionswettlauf zwischen den Ländern.

Meine Damen und Herren, deshalb haben wir in Österreich den Weg einge­schlagen, dass wir sagen, was wir auf nationaler Ebene tun können, das machen wir, und für die großen Herausforderungen braucht es die europäische Ebene. Da sind wir alle gefordert, alle Parteien in diesem Hause, ihre Fraktionen auf europäischer Ebene auch dahin zu bewegen, dass es eben diese gemeinsamen Lösungen gibt, wie zum Beispiel eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreis oder einen gemeinsamen Einkauf beim Gas. Das sind die Maßnahmen, die wir


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auf europäischer Ebene brauchen. Da sind die Sozialdemokraten genauso wie die Liberalen und natürlich auch die Freiheitlichen jederzeit gefordert. (Abg. Wurm: Ihr habt ja unseren Antrag abgelehnt! Wir haben ja einen Antrag eingebracht, den ihr abgelehnt habt!)

Meine Damen und Herren! Wir beschließen in den nächsten zwei Tagen sehr wichtige Gesetze, die die Belastungen der Unternehmer und der Haushalte abfedern. Einerseits beschließen wir heute den Energiekostenzuschuss für die Unternehmer und andererseits morgen die Strompreisbremse für die Haushalte. Das ist immerhin ein Gesamtvolumen von 5 Milliarden Euro. (Abg. Kassegger atmet geräuschvoll aus.) Auch in dieser Hinsicht ist das ein wichtiges und richtiges Paket. Die Förderung durch diesen Energiekostenzuschuss ist Teil des Entlas­tungsprogrammes. Wir hatten zum Ziel, die erhöhten Preise bei Strom, Erdgas und Treibstoff abzufedern, damit auch den Wirtschaftsstandort in der Krise zu stabilisieren und vor allem – was uns ganz wichtig ist – unsere Wettbewerbs­fähigkeit abzusichern.

Meine Damen und Herren! Während die Deutschen irgendwelche Vorschläge von Expertenkommissionen diskutieren, beschließen wir hier in Österreich schon konkrete Umsetzungsmaßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie schaut unser Zuschussmodell für die Unternehmer konkret aus? – Erstens: Es geht um ein Volumen von 1,3 Milliarden Euro. Zweitens: Voraussetzung sind Energiekosten von 3 Prozent und mehr des Produktionswertes. Drittens: Es gibt vier verschiedene Förderstufen, die sich nach Größe, Umsatz, Ergebnis und Verbrauch des Unternehmens richten. Viertens: Für die kleinen Unternehmen mit einem Umsatz bis 700 000 Euro gibt es vereinfachte pauschale Zuschüsse.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass wir mit diesen Paketen – heute mit dem Energiekostenzuschuss für Unternehmer und morgen mit der Strompreis­bremse für die Haushalte (Zwischenruf des Abg. Schroll) – die nationalen Heraus­forderungen bewältigen können. Es ist aber genauso wichtig, dass wir auf euro­päischer Ebene auch noch schneller werden und die Maßnahmen effizient


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gestalten. Ich weiß, es ist nicht einfach, aber wir sind in dieser Hinsicht voll dahinter. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


18.23.53

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Herr Kollege Haubner von der ÖVP! Es sind unsere schlimmsten Befürchtungen und auch Prognosen, die wir Freiheitliche seit mittlerweile zwei Jahren, glaube ich, hier im Hohen Haus immer wieder wiederholen, eingetreten. Es droht die Stagflation in Österreich, das heißt: Stagnation und Inflation.

Das wurde auch von der ÖVP mehr oder weniger nie wahrgenommen oder es wurde immer gesagt: Das kommt nicht. – Jetzt haben wir das. Die Wirtschaft ist massiv im Eck, und man spürt es auch schon angesichts einer stark abnehmen­den Konsumlaune. Man sieht es auch im Baubereich, wo die Auftragslage im oder nach dem Winter bereits sehr mau ist. Das heißt, wir haben links und rechts Problemstellungen in der Wirtschaft.

Deshalb auch vielleicht noch einmal zur Erklärung: Wir diskutieren heute das Energiekostenzuschussgesetz, wie es ein bisschen kompliziert heißt. Da geht es darum, dass man quasi jetzt für die Wirtschaft mehr oder weniger eine Unter­stützung geben soll – in etwa 1,3 Milliarden Euro –, um die ärgsten Energie­preisexplosionen abzufedern. Das soll der Herr Minister in Zusammenarbeit mit der ominösen Frau Energieminister Gewessler mittels Verordnungen umsetzen.

Da läuten bei uns alle Alarmglocken, denn wenn man Frau Gewessler kennt, was die für Ideen hat mit: Deckel auf den Topf draufgeben, und: die Couch vom Heizkörper wegrücken, dann schwant mir für die Wirtschaft und für die Bevöl­ke­rung in Österreich eher Schlimmes. Wir haben auch eine ganz konkrete Geschichte, die sehr wohl eine Wirtschaftsbranche – es ist die Gastronomie, Hotellerie – massiv betrifft. Da geht es um die ominösen Heizschwammerl – wie


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es so schön heißt –, die mittlerweile für die Gastronomie und Hotellerie ganz wichtig sind, die Frau Gewessler jetzt offensichtlich generell oder ab 22 Uhr abdrehen will. Wir halten das in der derzeitigen Situation für mehr als kontra­produktiv und wollen dem auch einen Riegel vorschieben.

Ich hoffe, dass da zumindest die ÖVP mit Minister Kocher vernünftig genug ist, aber wir haben ja, was Verordnungen betrifft, schon einiges erlebt. Da wollen wir im Prinzip sicherstellen, dass diese Heizschwammerl in der Gastronomie, Hotellerie erhalten bleiben, dass jeder Unternehmer das selber entscheiden kann und keine Nachteile bei eventuellen Förderungen hat, egal ob die Heizschwam­merl mit Gas oder mit Strom betrieben werden. Wir sehen in dem Fall auch einen ganz massiven Anlassfall, um die alte Nichtraucherregelung noch einmal zu dis­kutieren. Ich darf daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rauch­verbot-Ende in den Innenräumen der Gastronomie auf freiwilliger Basis im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizschwammerlverbot beim Vollzug des Unternehmens Energiekostenzuschussgesetz – UEZG“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vor­lage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst:

- Die Wiedereinführung der bis 2019 geltenden Regelung mit der Möglichkeit, in der Gastronomie und Hotellerie getrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche auf freiwilliger Basis durch die Unternehmen einzurichten

- Ein Diskriminierungsverbot gegenüber staatlichen Maßnahmen, die die Touris­mus- und Freizeitwirtschaft im Zusammenhang mit dem Energie­kostenzuschuss in Folge des Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz-UEZG (1732 d.B) und dessen Vollzug gegenüber den Unternehmen mit bürokratischen und finanziellen Zwangsmaßnahmen belasten.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 312

*****

Das heißt, wir wollen auch sicherstellen, dass – sollte dieses Verbot oder die Verordnung seitens der Frau Minister kommen – zumindest in der Gastronomie und Hotellerie der Raucherbereich auf freiwilliger Basis wieder geöffnet wird, damit die Raucher nicht im Dunkeln und im kalten Winter im Freien stehen müssen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Erwin Angerer, Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter 

betreffend Rauchverbot-Ende in den Innenräumen der Gastronomie auf freiwilliger Basis im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizschwammerlverbot beim Vollzug des Unternehmens Energiekostenzuschussgesetz – UEZG)

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 23) Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2829/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundes­minis­ter für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1732 d.B.) in der 178. Sit­zung des Nationalrates am 12. Oktober 2022.

Folgende mediale Ankündigung zum Thema „Heizschwammerl“ und Energiekosten­zuschüssen im Zusammenhang mit dem Unternehmens-Energiekostenzu­schuss­gesetz-UEZG (1732 d.B) lässt die Wogen in der Gastronomie hochgehen:

Aus für Heizschwammerl

Regierung: Wer Förderung will, muss Licht abdrehen

Sind Heizschwammerl als Umweltsünder in Zeiten der Energiekrise unbedingt nötig?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 313

(Bild: www.viennareport.at)

Die Regierung hat am Mittwoch Details zur neuen „Energiemilliarde“ für Unterneh­men bekannt gegeben. Besonders spannend daran sind die Kriterien, an die die hohen Förderungen geknüpft sind.

So müssen etwa Unternehmen harte Energiesparmaßnahmen treffen, um in den Genuss der Förderungen zu kommen. Dazu zählen:

•          Der Innen- und Außenbereich von Geschäften (inkl. jener von Gebäude­fassaden, Schaufenstern und Werbeanlagen) wird zwischen 22 Uhr bzw. Betriebs­schluss und 6 Uhr nicht beleuchtet.

•          Ebenso müssen Heizungen im Außenbereich von Unternehmen (z.B. Heiz­schwammerl oder beheizte Sessellifte) ausgeschaltet werden.

•          Türen von Geschäften, die öffentlich zugänglich sind, dürfen nicht dauerhaft offen gehalten werden, sofern dies ohne Umbau möglich ist.

•          Eine weitere Auflage betrifft die Auszahlung von Boni: Für das Jahr 2022 soll an Vorstände und Manager von Unternehmen, die Energiekostenzuschuss bekom­men, kein oder nicht mehr als die Hälfte des Bonus des Vorjahres ausgezahlt werden.

•          Alle Förderungen werden transparent gemacht: Ab einer Zuschusshöhe von 10.000 EUR wird die Förderung offengelegt.

Insgesamt mehr als eine Milliarde

Insgesamt sollen für Unternehmen, die sich an diese Vorgaben halten, 1,3 Milliarden Euro ausgeschüttet werden. Um eine zielsichere Unterstützung sicherzustellen und Doppel- oder Überförderung zu vermeiden, ist unter anderem die Bestätigung einer Steuerberatung vorgesehen: etwa zur Einstufung als energieintensives Unternehmen, aber auch zu den verbrauchten Energien und zur Höhe der Mehraufwendungen.

Mit dem Energiekostenzuschuss werden energieintensive Unternehmen insgesamt in vier Stufen gefördert - dabei müssen sich die Energiekosten auf mindestens drei Pro­zent des Produktionswertes bzw. Umsatzes belaufen. Für Unternehmen, deren Umsatz unter 700.000 Euro beträgt, gibt es diese Drei-Prozent-Hürde nicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 314

Die vier Stufen des Energiekostenzuschusses:

1. Stufe: Es werden Mehrkosten für Strom, Erdgas und Treibstoffe mit 30 Prozent der Preisdifferenz zum Vorjahr gefördert. Die Zuschussuntergrenze beträgt 2000 Euro.

2. Stufe: Um in die zweite Stufe des Energiekostenzuschuss-Programms zu gelangen, müssen sich als Voraussetzung die Preise für Strom und Erdgas zumindest verdoppelt haben. In diesem Fall werden bis zu 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs mit max. 30 Prozent gefördert. Die maximale Förderhöhe beträgt hier zwei Millionen Euro. Treib­stoffe können in dieser Stufe nicht gefördert werden.

Ab Stufe 3 müssen Unternehmen zudem zusätzlich einen Betriebsverlust aufgrund der hohen Energiekosten vorweisen. Hier sind maximale Zuschüsse von bis zu 25 Millionen Euro möglich.

In Stufe 4 können nur ausgewählte Branchen, wie beispielsweise Stahlhersteller, unterstützt werden. Hier sind maximale Zuschüsse von bis zu 50 Millionen Euro möglich.

Kogler: „Preise werden nie wieder wie vorher werden“

Nach der Entlastung von Haushalten kämen jetzt die Unternehmer an die Reihe, freute sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Pressefoyer im Anschluss an den Ministerrat. Das Volumen sei gestiegen, da man die Wirtschaft am Laufen halten wolle. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte die Bedeutung, die Auswirkungen der Verteuerung abzufedern. „Es ist jedoch eine Illusion, dass die Preise jemals wieder wie vorher werden, was die Energieträger betrifft.“ „Nichts davon ist eine große Überraschung“, ist Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) überzeugt. „Wir müssen diesen Winter sorgsam mit Energie umgehen.“

Licht aus in Shops: Gastro-Sprecher fordert verstärkte Polizeipräsenz

Gastro-Sprecher Mario Pulker kann die Bedingungen für die Förderungen nicht nachvollziehen: „Das Aus für Heizschwammerl an die Förderung zu koppeln, ist reine Symbolpolitik von Frau Gewessler. Der Energieverbrauch macht einen minimalen Teil des gesamten Tourismus aus. Verbieten konnte sie sie verfassungsrechtlich nicht.“ Er


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erklärte, dass hier noch verhandelt werden müsse: „Was außer den Heizschwammerln noch verboten wird, wissen wir nicht.“

Insgesamt überwiege bei dem Paket das Positive, hielt er fest - vor allem, wenn auch kleinere Unternehmen davon profitieren werden. Pulker gibt zudem zu bedenken: „Wenn in und um die Geschäfte in der Nacht die Lichter ausgehen, ist das eine Frage der Sicherheit. Wenn man die Beleuchtung abdreht, muss man die Polizeipräsenz verstärken.“1

Sollten diese Maßnahmen für ein De-facto-Verbot der „Heizschwammerl“ durch Maßnahmen im Zusammenhang mit der Förderungswürdigkeit umgesetzt werden, wobei die „Heizschwammerl“ den Gastronomen ja unter anderem aufgrund des absoluten Rauchverbots in den Innenräumen durch die selbsternannte „Wirtschaft­spartei“ ÖVP angeboten worden sind, dann wird das zu einem weiteren Kahlschlag in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft führen. 

Deshalb ist die einzige logische Konsequenz, dass die Möglichkeit der Einrichtung von Raucher- und Nichtraucherräumen in der Gastronomie auf freiwilliger Basis und nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten wiederum erlaubt werden sollte. Diesbezüglich soll eine Adaptierung des bisherigen Tabakgesetzes durchgeführt werden. Damit herrscht dann zumindest eine gewisse Gerechtigkeit für die jetzt schon massiv unter Druck stehende Tourismus- und Freizeitwirtschaft.

Um hier Vorsorge zu treffen, müssen gegenüber den heimischen Unternehmen in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft entsprechende Förderungs- und Schutzmaß­nah­men gesetzt werden:

•          Die Wiedereinführung der bis 2019 geltenden Regelung mit der Möglichkeit, in der Gastronomie und Hotellerie getrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche auf freiwilliger Basis durch die Unternehmen einzurichten

•          Ein Diskriminierungsverbot gegenüber staatlichen Maßnahmen, die die Touris­mus- und Freizeitwirtschaft im Zusammenhang mit dem Energiekosten­zu­schuss in Folge des Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz-UEZG (1732 d.B) und dessen Vollzug gegenüber den Unternehmen mit bürokratischen und finanziellen Zwangs­maßnahmen belasten.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst:

•          Die Wiedereinführung der bis 2019 geltenden Regelung mit der Möglichkeit, in der Gastronomie und Hotellerie getrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche auf freiwilliger Basis durch die Unternehmen einzurichten

•          Ein Diskriminierungsverbot gegenüber staatlichen Maßnahmen, die die Tourismus- und Freizeitwirtschaft im Zusammenhang mit dem Energiekosten­zu­schuss in Folge des Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz-UEZG (1732 d.B) und dessen Vollzug gegenüber den Unternehmen mit bürokratischen und finanziellen Zwangsmaßnahmen belasten.

1 https://www.krone.at/2818637

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


18.28.11

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuschauerinnen und Zuschauer – auch zu Hause natürlich! Ja, wir diskutieren hier über Unterstüt­zungs­maßnahmen in schwierigen Zeiten. Wir sind uns einig, dass die Zeiten schwierig sind, aber zu dem Wie gibt es sehr unterschiedliche Zugänge. Ich bin davon überzeugt: Was wir hier planen, wird den Unternehmen massiv helfen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 317

Zwei Punkte möchte ich ansprechen. Das eine ist die Unterstützung für Betriebe und das andere – noch rückwirkend auf Corona gesehen – jene für Mitarbei­tende. Zu den Unterstützungen für Betriebe: Wir sind uns auch einig, dass die Energiekosten momentan eines der größten Probleme – oder das größte Prob­lem – sind, wobei ich schon sagen muss: Etwas höhere Energiepreise als zu Zeiten, in denen die Preise extrem niedrig waren, bedeuten auch, dass wir uns im Verbrauch einschränken, es hat auch eine Steuerungswirkung. Aber ja, wir sind uns einig: Derzeit sind die Preise irrational hoch und das können wir nicht – weder die Haushalte noch die Unternehmen – schaffen.

Morgen beschließen wir quasi einen Strompreisdeckel, also eine Bremse für Haushalte, und heute die Unterstützung für Unternehmen. Die EU hat uns da vorgegeben, was wir tun können, nämlich direkt Zuschüsse im Umfang von rund 30 Prozent der Mehrkosten der Unternehmen zu gewähren. Das bekommen sie. (Abg. Schroll: Gutscheinpolitik! Eine Gutscheinpolitik ist das!)

Ich nenne konkrete Beispiele, weil es immer wieder auch heißt, Betriebe können doch die Kosten einfach weitergeben und die Preise erhöhen. Nein, das können sie nicht, weil sie einerseits im internationalen Wettbewerb stehen – zum Bei­spiel Lenzing als Papierproduzent –, aber auch in einem Biosupermarkt, den ich kürzlich besucht habe, wurde mir gesagt, dass die Kunden oder Kundinnen das, was man verlangen müsste, nicht mehr zahlen können. Es gibt also ein Problem, und die brauchen Unterstützung. (Beifall bei den Grünen.)

Wie gesagt, es gibt einen Rahmen der EU, den sie uns vorgibt, und der ist aus meiner Sicht ausgewogen. Den Unternehmen wird somit geholfen, aber nicht überschießend geholfen, sondern mit dem, was sie brauchen. Konkret werden also energieintensive Betriebe unterstützt. 30 Prozent der Mehrkosten bekom­men sie ersetzt. Bei sehr hohen Zuschüssen ist es außerdem – das ist immer wieder eine Forderung auch von verschiedenen Instituten – nur im Falle von Verlusten. Das heißt, das Instrument an sich regt schon zum Sparen an, denn 70 Prozent der Mehrkosten muss das Unternehmen leisten – wie gesagt, in manchen Fällen sogar nur im Falle von Verlusten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 318

Ein weiterer wichtiger Punkt ist ein Energieaudit. Das heißt, wenn sehr hohe Zuschüsse gezahlt werden, dann ist die Auflage, dass die Unternehmen ein Energieaudit machen müssen, also schauen, wo sie ihren Energieverbrauch optimieren können. Wir wollen auch nicht, dass die Energie beim Fenster hinaus geheizt wird und die Steuerzahlenden das mitzahlen. Das berühmte Heiz­schwammerl: Nein, wir können die Steuerzahlenden nicht ernsthaft dazu ver­pflichten, dass für diese Art des Energieverbrauchs gezahlt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Auch unnötiger Energieverbrauch, wie beispielsweise Beleuchtung in der Nacht, muss nicht sein – auch das ist eine Auflage –; oder, dass drinnen geheizt wird, aber die Türen nach draußen sind offen – auch das gehört dazu.

Was mir persönlich sehr wichtig war, ist, dass wir die kleinen Unternehmen mitnehmen, und das passiert. Kleine Unternehmen heißt, bereits bei Zuschüssen von 300 Euro gibt es eine leichte und einfache Antragsmöglichkeit; sie ist pauschaliert möglich. Das heißt, bei Mehrkosten von 1 000 Euro im Zeitraum von Februar bis September gibt es Zuschüsse. Es ist also eine ganz wichtige Unterstützung für kleine Betriebe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mir aber schon auch wichtig ist, ist, dass diese Maßnahmen kurzfristig helfen. Mittelfristig brauchen wir etwas mehr. Mittelfristig brauchen wir den Ausstieg der Industrie aus den fossilen Energien, denn dann reduziert sich diese Abhängigkeit vom Gaspreis oder von Strom, der durch Gas erzeugt wird. (Abg. Schroll: Da müssen wir die Erneuerbaren ausbauen, da brauchen wir die Gesetze dazu!) Das heißt, wie wir heute auch vom Finanzminister gehört haben, ist dieser Transformationsfonds für die Industrie, der nun zur Verfügung steht, ein ganz wichtiger Schritt, um aus dieser Abhängigkeit rauszukommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung folgenden Antrag einzubringen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 319

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie 1734 der Beilagen über den Antrag 2838/A betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird (Top 24)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 wird in § 1 Abs. 4a die Wortfolge „den gesetzlichen Interessen­vertre­tungen der Arbeitnehmer/innen“ durch „der Bundesarbeitskammer als gesetz­licher Interessenvertretung ausschließlich“ sowie die Wortfolge „zu gewäh­renden Förderungen“ durch „zu gewährenden Förderungen auf gesichertem elektronischen Weg“ ersetzt.

2) Die Z 4 lautet:

»4. Dem § 6 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die §§ 1 Abs. 4a und 6 Abs. 2 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.“«

*****

Es handelt sich dabei um technische Änderungen zum zweiten Thema, das wir heute diskutieren, und zwar ist das ein spezifischer Härtefallfonds für gering­fügig, und zwar mehrfach geringfügig Beschäftigte.

Wir haben also während Corona den Unternehmen geholfen, wir haben mittels Kurzarbeit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geholfen, aber diejenigen, die mehrfach geringfügig beschäftigt waren, und zwar insbesondere beispielsweise im Kunst- und Kulturbereich, in der freien Szene, wurde noch nicht geholfen. Das ist somit ein großes Danke an sie für ihre Arbeit. – Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.35


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 320

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze,

Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie 1734 der Beilagen über den Antrag 2838/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird (Top 24)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 wird in § 1 Abs. 4a die Wortfolge „den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer/innen“ durch „der Bundesarbeitskammer als gesetzlicher Interes­senvertretung ausschließlich“ sowie die Wortfolge „zu gewährenden Förderungen“ durch „zu gewährenden Förderungen auf gesichertem elektronischen Weg“ ersetzt.

2) Die Z 4 lautet:

»4. Dem § 6 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die §§ 1 Abs. 4a und 6 Abs. 2 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.“«

Begründung

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll klargestellt werden, dass die Datenüber­mittlung direkt an die Bundesarbeitskammer zu erfolgen hat, und zwar ausdrücklich nur zur Erfüllung des einschlägigen Informationszweckes.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 321

18.36.12

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir befinden uns in der größten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Zweiten Republik, aber was man immer wieder dazu sagen muss, ist, sie ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist nicht vom Himmel gefallen, dass wir eine 80-prozentige Abhängigkeit von russischem Gas haben, und das ist auch einer der Gründe, der uns jetzt sozusagen treibt, um auch Förderungen und Gelder auszuzahlen.

Ich sage es jetzt noch einmal: Wir sind auch in dieser Situation, weil ÖVP- – die Reihen sind gerade sehr gelichtet (Abg. Kühberger – auf die Bankreihen der NEOS deutend –: Da sind aber auch nicht mehr da!) –, SPÖ-Politiker:innen und natürlich auch die FPÖ fleißig mitgearbeitet haben, gemeinsam mit der Wirtschaftskam­mer und einer Clique von von Putin gesteuerten Managern systematisch auf diese Abhängigkeit hinzuarbeiten. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt geht es natürlich darum, dass wir in der Gegenwart sind und Dinge auch lösen müssen. Jetzt sind wir die Ersten, die sagen, dass man energieintensiven Unternehmen auch zu helfen hat, vor allem jenen, die im internationalen Wett­bewerb stehen und die natürlich auch große Probleme haben.

Ja, da hätten wir uns dafür ausgesprochen, aber was hier passiert ist, ist eben wieder eine klassische Regelung, wie wir sie auch in der Pandemie schon gehabt haben. Es wird halt einfach wieder mit der großen Gießkanne drübergeschüttet.

Ich glaube, es war Dr. Josef Taus, der gesagt hat: „Ich habe das Gefühl, daß die Regierung daraufkommt, daß es in der Wirtschaft das Risiko gibt.“ – Ich per­sönlich habe das Gefühl, wenn ich dieser Bundesregierung zuschaue, vor allem beim Energiekostenzuschuss als ein weiteres Beispiel, dass er sich geirrt hat. Es ist die vollkommene Gießkanne, die wieder verwendet wird. Es geht wieder darum, dass über alle Unternehmen das Gleiche geschüttet wird.

Es gibt natürlich diese Instrumente, die Kollegin Götze erklärt hat, und diese Abstufungen, aber letztendlich gibt es genügend Unternehmen, die nach wie vor langfristige Verträge haben, Gasverträge, Stromverträge, die das Geld nicht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 322

brauchen. Die freuen sich natürlich auch, wenn sie es bekommen. Es gibt andere, die es sehr dringend brauchen, aber, wie gesagt, am dringendsten ist es aus unserer Sicht für die energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Austausch stehen. – Das ist das eine.

Das andere ist der Rahmen der Abwicklung. Auch dabei hat man aus der Covid-Krise nichts mitgenommen und wieder nichts gelernt. Wie ist es denn jetzt beim Energiekostenzuschuss? Für Februar bis September wird er ausgezahlt. Alle Unternehmen fragen sich natürlich: Wie geht es weiter? Er kostet knapp 1,3 Mil­liarden Euro, vielleicht ein bisschen mehr, wie man schon hört. Es ist de facto nicht mehr finanzierbar; es ist nicht finanzierbar, so ein Modell nach vorne zu bringen – das wissen Sie alle –, trotzdem ist es beschlossen worden.

Was hat man zusätzlich gemacht, um dem Ganzen noch ein wenig Chaos hinzu­zufügen? – Na ja, es muss bis Ende des Jahres abgerechnet werden. Es muss de facto bis Ende Dezember abgewickelt sein, sonst passt es nämlich in die EU-Richtlinien nicht mehr hinein.

Wir haben zum ersten Mal im Juni, glaube ich, von dieser Verordnung gehört und darüber gesprochen. Jetzt haben wir es im Parlament. Wahrscheinlich wird es bis November dauern, bis es dann tatsächlich draußen ist. Dann werden natürlich alle Unternehmen in diesem Land, weil ja jetzt auch alle dabei sind, die ein bisschen etwas kriegen, kommen und versuchen, abzuwickeln.

Was heißt das? – Die werden alle zum AWS rennen, wenn es denn dann tat­sächlich das AWS ist, das die Abwicklungen macht. Die werden alle Anträge bis Ende Dezember einbringen wollen. Das AWS muss sie bis Ende Dezember abwickeln. Da werden wahrscheinlich die, die nicht die besten Steuerberater haben, also die Kleineren, dann wahrscheinlich wieder hinten anstehen. Auch das haben wir in der Covid-Krise ja des Öfteren gesehen.

Diesem Paket können wir aus den vielen genannten Gründen nicht zustimmen. Noch einmal, ich möchte es hier sagen: Wir sind natürlich dafür, dass wir Unternehmen unterstützen, wir sind natürlich dafür, dass vor allem die ener­gieintensiven Unternehmen jetzt eine Unterstützung bekommen; aber das muss


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treffsicher sein, das muss nach vorne gerichtet sein und darf schlicht und einfach nicht so ein Chaos sein, wie das, was Sie jetzt schon wieder veranstalten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.40


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


18.40.24

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsi­dentin! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Alle, die zuschauen und heute dabei sind! Es ist natürlich eine schwierige Situation für Unternehmen – natürlich auch für die Haushalte, aber jetzt sprechen wir über die Unternehmen.

Der Energiemarkt ist in einer kritischen Situation. Es geht um das Angebot von Energie, das zum Teil fehlt, es geht aber natürlich auch um die Preise, und das erfordert Maßnahmen.

Das erfordert Maßnahmen, und zwar erstens, oberste Priorität, zur Sicherung der Energieversorgung, zweitens, zweite Priorität, zum Abfedern dieser hohen Preise und, dritte Priorität – auch nicht zu vergessen, und dafür setzen wir uns massiv auf europäischer Ebene ein –, für eine Lösung, damit die Preise mit­telfristig nach unten gehen und es zu einer Entkopplung von Strom- und Gas­preisen kommt.

Das ist ein Vorschlag, den wir seit Monaten machen. Ich glaube, dass das sub­stanziell zur Entlastung beitragen würde, weil ich nämlich – genauso wie viele andere Redner vor mir – die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gefährdet sehe, und da müssen wir etwas tun. Dieser Energiekostenzuschuss ist in dieser schwierigen Lage eine Möglichkeit, kurzfristig abzufedern.

Jetzt könnten wir lange darüber diskutieren, was es an Möglichkeiten auf euro­päischer Ebene gibt, ob es ein Deckel ist, ob es kein Deckel ist, was die Deut­schen machen. Klar ist, dass dieser Energiekostenzuschuss jetzt kommt, dass er


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auch rückwirkend gültig ist, und dass in Deutschland noch über verschiedene Möglichkeiten diskutiert wird. Da kann man uns auch mit vielen anderen Staaten vergleichen, aber uns vorzuwerfen, wir wären langsam, ist, glaube ich, nicht gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Angerer: Wenn ihr es schnell macht, bringt’s aber auch nichts!)

Natürlich ist das kein einfaches Rahmenwerk. Das beruht auf dem europäischen befristeten Krisenrahmen. Da gibt es eine Reihe von Regeln, die wir jetzt in den Richtlinien des Energiekostenzuschusses abgebildet haben. Wir werden auch sehen, wie eine mögliche Gaspreisbremse in Deutschland in diesen Beihilferah­men reinpasst. Auch das werden wir erst sehen.

Es geht um die energieintensiven Betriebe, mindestens 3 Prozent des Umsatzes müssen Energiekosten sein, wobei es für kleinere Betriebe Ausnahmen von dieser 3-Prozent-Grenze gibt. Weiters gibt es, wie schon erwähnt, ein Pauschal­fördermodell für Kleinst- und Kleinbetriebe, damit auch da keine Bürokratie entsteht.

Es gibt vier Stufen der Förderung. In der Stufe 1, bis 400 000 Euro, geht es um die Energieformen Strom, Erdgas und Treibstoffe. Da gibt es auch eine Untergrenze von 2 000 Euro Förderung; da werden 30 Prozent des Kosten­anstiegs bei diesen Energieformen über eine Förderung rückforderbar, also erhaltbar sein.

In den Stufen 2 bis 4 kommen weitere Regeln dazu, weil es um höhere Beträge geht. Da gehen wir auf bis 50 Millionen Euro Förderhöhe hinaus. Ein Großteil der Betriebe, fast alle, werden aber in der Stufe 1 sein. Deshalb kommt diese Förderung natürlich vor allem bei den KMUs, bei den kleineren und mittleren Unternehmen, an, die besonders von dieser disruptiven Preisentwicklung bezie­hungsweise Kostenentwicklung betroffen sind.

Die Regeln sind komplex, ich könnte jetzt sehr lange über diese Regeln sprechen. Das zeigt aber auch – im Gegensatz zu dem, was gerade vorhin gesagt wurde –, dass die Richtlinie und diese Maßnahme sehr treffsicher ist.


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Jetzt kann man diskutieren, ob sie vielleicht sogar zu treffsicher ist, weil damit ein gewisser bürokratischer Aufwand verbunden ist. Ich bin aber überzeugt davon, dass die AWS, die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft, die die Abwicklung dieses Energiekostenzuschusses vornehmen wird, gut vorbereitet ist und diese Abwicklung auch in der notwendigen Zeit gewährleistet.

Wir müssen zwar tatsächlich die Auszahlung nicht dieses Jahr bewerkstelligen, wir müssen aber dieses Jahr zumindest die Anträge bearbeiten. Es wird dort nämlich eine Phase der Registrierung geben und dann die Antragsphase und die Unterstützung durch die AWS in dieser Antragsphase.

Die Europäische Kommission hat letzte Woche bekannt gegeben, dass sie diesen europäischen Krisenrahmen, der bis Ende dieses Jahres befristet war, möglicher­weise verlängern wird. Wir werden das natürlich weiter diskutieren und hoffen, dass das passiert; aber im Moment müssen wir davon ausgehen, dass es not­wendig ist, in den nächsten Monaten diese Förderung abzuwickeln. (Abg. Schroll: Dann brauchst es eh nicht mehr auszahlen!)

Derzeit liegt die Richtlinie für den Energiekostenzuschuss bei der Europäischen Kommission zur Notifizierung. Ich hoffe sehr, dass es sehr rasch passieren kann – die ersten Signale sind vielversprechend –, weil es extrem wichtig ist, dass wir diese Maßnahme jetzt möglichst rasch umsetzen.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann nicht verstehen, wie man gegen eine Maß­nahme sein kann, die einen kleinen Teil der Kostensteigerungen für viele Unter­nehmen in Österreich abdeckt, abfedert, um sie über diese schwierige Zeit zu bringen; denn durch diese massiven Entwicklungen, die sehr rasch gekommen sind, kam es ja teilweise zu einer Vervier-, Verfünf- bis zur Verzehnfachung der Energiekosten.

Ich bitte daher noch einmal im Rahmen dessen, was möglich ist – einiges ist auf europäischer Ebene vorgegeben –, um Unterstützung dieses Vorhabens auch im Interesse der österreichischen Unternehmen und Unternehmer:innen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Schwarz.)

18.46



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 326

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


18.46.16

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer! Wir verzeichnen in Österreich mehr als 350 000 Arbeitgeberbetriebe, und diese beschäftigen mehr als zwei Millionen Menschen. Um die geht es eigentlich bei diesem Gesetz.

Morgen werden wir die Haushalte unterstützen, nämlich durch die Stromkosten­bremse, mit der wir vier Millionen Haushalte unterstützen; und beim heutigen Energiekostenzuschuss für Unternehmen geht es eben um die Abfederung der Teuerung bei den Betrieben, nämlich bei den energieintensiven, aber auch bei den KMUs, denn auch sie haben enorme Teuerungen und Belastungen zu stemmen und brauchen unsere Unterstützung.

Durch diese Förderung, die wir hier beschließen, wollen wir den Energiebereich abdecken, indem wir die Kosten für Strom, Erdgas und Treibstoff verringern, indem wir sozusagen 30 Prozent der Mehrkosten übernehmen. Wir werden im Gegensatz zum bereits beschlossenen Antrag die Summe von 450 Millionen Euro auf 1,3 Milliarden Euro erhöhen.

Damit wollen wir einerseits die Liquidität der Unternehmer aufrechterhalten und andererseits, und das ist das Wichtigste, die Arbeitsplätze absichern. Darum geht es uns hauptsächlich, dass die Arbeitsplätze eben zu 100 Prozent abgesichert werden.

Was wir auf keinen Fall wollen ist, dass Betriebe aufgrund der hohen Energie­kosten ihre Produktion zurückstellen und womöglich in letzter Konsequenz die Produktion ins Ausland verlegen. Das wollen wir nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mein Kollege Peter Haubner hat schon einige Eckpunkte zum Energiekosten­zuschuss genannt. Wichtig ist aber noch zu erwähnen, dass sich diese För-


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derrichtlinie am EU-Krisenrahmen orientiert. Wir haben im Rahmen dieser Mög­lichkeit versucht, alle – egal, ob es ein Groß- oder Kleinunternehmer ist – abzu­decken.

Da wir von Fördergeldern sprechen, braucht es natürlich auch eine Kontrolle. Ich verstehe daher die Kritik daran, dass die Abwicklungsstelle die AWS sein soll, auch nicht. Was ich noch weniger verstehe, ist die Haltung der Opposition in diesem Raum. (Abg. Wurm: Weil? – Zwischenruf des Abg. Angerer.)

Man kann ja sehr unterschiedliche Zugänge zu Unterstützungsmaßnahmen haben – der eine hat diese Idee, der andere hat wieder eine andere Idee. Das ist aber kein Wettbewerb um bessere Ideen. Hier geht es um die Unterstützung unserer Betriebe mit ihren Mitarbeitern. Wir sollten daher die Unterstützung im Fokus haben und nicht, nur weil der Vorschlag von der Regierung kommt, partout dagegen sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Schwarz.)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich rufen schon mehrere Betriebe an und teilen mit mir ihre Sorgen. Nun stelle ich eine Frage an die Opposition, die gegen diesen Antrag im Ausschuss war: Ist es Ihnen lieber, Betriebe bekommen keine Unterstützung und müssen ihre Mitarbeiter kündigen, nur weil die Förder­idee nicht von Ihnen gekommen ist? (Abg. Kassegger: Was ist denn das für eine großartige Idee, ...?!) Sind Sie wirklich der Meinung, dass Ihr Vorschlag besser ist? Sind Sie sicher, dass Sie mit Ihrer Abwehrhaltung zu diesem Antrag den Betrie­ben helfen und deren Sorgen teilen?

Ich habe den Eindruck, Sie sind nicht der gleichen Meinung wie wir, dass wir einen Teil der Betriebe sofort kurz- und mittelfristig mit einer Maßnahme unterstützen sollten, denn unsere Betriebe brauchen die Hilfe jetzt – auch für die Mitarbeiter.

Daher bitte ich jetzt noch einmal im Namen aller Betriebe mit ihren Mitarbeitern: Unterstützen Sie diesen Antrag!


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So wie es unser Minister gesagt hat: Wir reden von einer kurzfristigen Maß­nahme und von einer schnellen Maßnahme. Daher noch einmal meine Bitte: Unter­stüt­zen Sie diesen Antrag! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte.


18.50.34

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kollegin Tanja Graf! Wir haben nichts dagegen, wenn den Unternehmen geholfen wird, aber das, was jetzt vorliegt, ist in Wirklichkeit der nächste Murks. Es wird zu spät sein, wahrscheinlich wird wieder zu wenig Geld vorhanden sein, und es ist wieder kompliziert und schlecht vorbereitet.

Das, was da passiert, geschätzte Damen und Herren, ist eine riesige Geldver­teilungsaktion. (Abg. Haubner: Hast du es gelesen?) Was ich überhaupt nicht verstehe: Bis zu einem Umsatz von 700 000 Euro ist das überhaupt die größte Gießkanne, die jemals stattgefunden hat – egal, ob Unternehmen energieintensiv sind oder nicht. Ich verstehe das nicht. Was haben Sie sich wirklich dabei gedacht?

Wir wissen bis heute nicht, wer das abwickeln soll. Das ist auch eine ganz eigene Geschichte. Offensichtlich haben sie nichts daraus gelernt: Der 150-Euro-Gut­schein ist bis heute nicht abgeschlossen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, für den Klimabonus stehen Menschenschlangen vor den Postämtern. Das ist in Wirklichkeit ein Armutszeugnis dieser Bundesregierung, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.)

Lieber Kollege Haubner, Sie sagen, die Deutschen haben das so überhaupt nicht beschlossen: Der Koalitionsausschuss hat 200 Milliarden Euro (Abg. Haubner: Geh! Gar nichts hat er!) und den Deckel festgelegt. (Abg. Haubner: Ja, aber nicht,


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für was!) – Ja, aber doch eindeutig für genau diese Maßnahme! (Abg. Schwarz: Nicht richtig!)

Kolleginnen und Kollegen, die Deutschen zeigen uns eh, wie es geht. Die Deutschen schützen ihre Industrie wirklich, und was machen Sie? – Sie zerstören unsere Wettbewerbsfähigkeit. (Abg. Tanja Graf: Wo denn?) Die Deutschen werden uns die Wettbewerbsfähigkeit um die Ohren hauen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Ruf bei der ÖVP: Die Logik der Gewerkschaft!)

Redet doch einmal mit euren eigenen Leuten! Ich bin jetzt öfter in der Kammer als ihr, aber das hat einen anderen Grund. Die fragen mich ständig, ob wir noch ganz dicht sind, weil sie diesen Vorschlag auf den Tisch bekommen haben. Redet doch mit euren Leuten! Die lassen doch kein gutes Haar daran. (Abg. Haubner: Geh!) Das müsst ihr doch sehen.

Irgendwann, glaube ich, wird der Deckel eh so oder anders kommen, es bleibt eh nichts anderes übrig, weil wir sonst in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit wirk­lich tot sind. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Unser Antrag wird jetzt eingebracht, er liegt am Tisch. Warten Sie nicht, bis Schaden eingetreten ist, sondern machen Sie auch einen ordentlichen Deckel, so wie unsere deutschen Freunde! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Herr Minister, machen Sie auch einen Wumms!)

18.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.


18.53.16

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete und Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Kollege Wimmer, Sie sprechen von einem „Murks“. Sie wissen nicht, wer es abwickelt. – Wir wissen, dass die AWS es abwickeln soll. Es steht alles in der Novelle drinnen. (Abg. Rainer Wimmer: Keine Details! – Zwi­schenruf des Abg. Kassegger.)


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Sie wissen eigentlich, dass von den 450 Millionen Euro auf 1,3 Millionen Euro aufgestockt werden soll. Sie wollen eigentlich die Arbeitsplätze schützen. Mit Ihrer Nichtzustimmung gefährden Sie die Arbeitsplätze.

Wir haben eine Maßnahme, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hilft und den Betrieben hilft. Von Gießkanne kann da keine Rede sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. –  Abg. Schroll: Passt! Alles erledigt! – Abg. Matznetter: Das soll kein Murks sein?)

Ich glaube auch, Frau Kollegin Doppelbauer hat die Novelle nicht genau gelesen, denn sonst könnte sie nicht sagen, dass es da um eine Gießkanne geht. (Abg. Cornelia Ecker: Immer die Frauen angreifen!) Es sind sehr differenzierte Schritte, die da gesetzt werden, und es ist wirklich darauf Acht gegeben worden, dass keine Überförderung stattfindet.

Ich glaube sogar, dass es sein kann, dass wir einmal nachjustieren müssen. Wenn es notwendig ist, dann werden wir das auch tun müssen, aber ich glaube, hier jetzt zu sagen: Nein, wir helfen nicht mit!, ist eine Gefährdung für den Standort.

Überlegen Sie sich das noch einmal, denn ich glaube nicht, dass Sie wollen, dass unsere Wirtschaft noch mehr leidet! Diese Gas-, Strom- und Treibstoffpreise sind wirklich unglaublich hoch. Diese Maßnahme ist zumindest eine Abfederung.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir hier zusammenhelfen. Eine einstimmige Ent­scheidung wäre eigentlich wünschenswert und richtig für Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


18.55.36

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Zuseher:innen! Ich möchte kurz auf meinen Vorredner, Herrn Pöttinger, repli-


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zieren. Einer Kollegin vorzuwerfen, sie hätte den Antrag nicht gelesen, ist wirk­lich letztklassig und hat auch keinen Stil und keinen Platz in diesem Haus! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Groß wurde es angekündigt, das Entlastungspaket für die heimischen Unterneh­men, von einem großen Wurf war die Rede, doch am Ende des Tages entpuppt sich auch dieses Projekt als nicht zielführend.

ÖVP und Grüne wollen mit dieser Änderung nur einen weiteren Flop verhin­dern – nur wird Ihnen das mit der angestrebten Änderung nicht gelingen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien.

Der gegenständliche Antrag ist für mich ein weiteres Symptom, dass Sie den Herausforderungen, vor denen wir in diesem Land gerade stehen, nicht mehr gewachsen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich, aber auch viele meiner Unternehmerkolleginnen und -kollegen sind von der Politik dieser Bundesregierung mehr als nur enttäuscht. Daran ändert auch diese Maßnahme nichts, denn ich kann Ihnen schon heute versichern, dass eine Ein­malzahlung keiner meiner Kolleginnen und keinem meiner Kollegen die Sorgen­falten aus dem Gesicht zaubert, wenn sie vor der Gas- oder Stromrechnung sitzen. (Abg. Tanja Graf: Das ist ein Anfang!)

Wir wissen, dass diese Bundesregierung bei der Abwicklung der Covid-19-Maß­nahmen ein riesiges Chaos produziert hat. Das wird auch da passieren, das kann ich Ihnen schon jetzt versichern.

Wir als SPÖ stehen an der Seite unserer Unternehmen. (Abg. Tanja Graf: Genau!) – Ja, genau, Frau Graf, Sie können gerne immer dazwischenrufen mit Ihrem stillosen Ich-weiß-nicht-was. (Heiterkeit des Abg. Schroll.) – Wir stehen Seite an Seite mit unseren Unternehmen und wollen jetzt einen Schutzschirm, um dieses Land nicht an die Wand zu fahren.

Aus unserer Sicht braucht es jetzt einen nationalen Gaspreisdeckel – und zwar sofort – und eine EU-weit gemeinsam koordinierte Beschaffung von Erdgas. Das Rad muss dabei nicht neu erfunden werden, Herr Minister.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 332

Ich lege Ihnen ans Herz, Ihrer Kollegin, Frau Bundesministerin Gewessler, aus­zurichten, sie soll zum Telefonhörer greifen und Kollegen Habeck aus Deutsch­land anrufen, damit sie sich erkundigen kann, was alles möglich wäre. (Zwischen­ruf des Abg. Hörl.)

Für uns steht fest: Wir wollen jetzt Taten sehen, keine leeren Worte. Es braucht nämlich Perspektiven für unsere Wirtschaft in unserer Republik.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vorbe­reitung eines nationalen Gaspreisdeckels bzw. einer Gaspreisbremse“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird – angesichts der aktuellen Entwicklungen in Deutsch­land – aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlungen für einen natio­nalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zu­zu­leiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirt­schaft und Industrie erheblich zu senken.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend: Vorbereitung eines nationalen Gaspreisdeckels bzw. einer Gaspreisbremse


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 333

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 23 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2829/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1732 d.B.)

Die Bundesrepublik Deutschland hat ein, in der jüngeren Geschichte beispiellose, staatliche Intervention mit Preisobergrenzen für Gas- und Strom angekündigt. Die Deutschen werden 200 Milliarden Euro investieren, um die Preise für Strom- und Gas massiv zu senken und zwar für die Menschen und die Wirtschaft. Die Summe ent­spricht 40% des deutschen Bundesbudgets und mehr als 5% des deutschen Brutto­inlandsprodukts. Es ist ein beispielloser Eingriff des Staates und zeigt, dass bei entschlossenem Eingriff in den Markt die Preise sehr wohl gesenkt werden können. Setzt die Regierung jenes Modell um, welches vom Expertengremium vorgeschlagen wurde, wären die Energiekosten für Österreichs Wirtschaft drei- bis viermal so hoch, wie jene der Deutschen. Diese Situation ist unvorstellbar und darf niemals eintreten.

Mit diesem Schritt Deutschlands sollte klar sein: Die von Vielen ersehnte europäische Lösung zur Deckelung der Energiepreise wird es entweder gar nicht, zu spät oder eben nicht mit der nötigen Konsequenz geben.

Die österreichische und die deutsche Wirtschaft sind seit Jahrzehnten eng miteinan­der verwoben. Schon vor der Einführung des Euros haben wir unsere Währung an die D-Mark geknüpft. 30% der österreichischen Exporte gehen nach Deutschland.

Nach der deutschen Entscheidung ist daher völlig klar: Wir brauchen einen Gaspreis­deckel auch für Österreich. Wenn wir das nicht tun, kommt es zu einer beispiellosen Abwanderung der österreichischen Industrie und dabei kann niemand mit Verant­wor­tung tatenlos zusehen.

Die SPÖ hat seit Wochen einen solchen, entschlossenen Markteingriff gefordert.


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Die Politik von Gutscheinen und Einmalzahlungen zur Bekämpfung der Inflation ist gescheitert. Wenn sich die österreichische Regierung das nicht eingesteht und endlich – wie in Deutschland – einen entschlossenen Eingriff mit Preisobergrenzen für Strom und Gas vornimmt, dann gefährden wir die österreichische Wirtschaft – von der Gas­tronomie, über den Bäcker bis hin zu unseren großen industriellen Leitbetrieben. Damit stehen in Österreich hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Uns allen wäre eine europäische Lösung natürlich lieber, aber selbst Deutschland glaubt nicht mehr daran oder zumindest nicht an eine Lösung, die rechtzeitig kommt, um irreparable Schäden von der deutschen Wirtschaft abzuwenden.

Wir fordern die österreichische Bundesregierung daher auf, sofort mit den Vorberei­tungsarbeiten für einen nationalen Gaspreisdeckel zu beginnen. Wir können es uns nicht leisten Monate hinter der deutschen Entwicklung hinterherzuhinken. Die SPÖ hat einen Gaspreisdeckel vorgeschlagen, der uns in Österreich 9 Milliarden Euro kosten würde – das deutsche Modell würde inkl. der deutschen Strompreisbremse umgerechnet auf Österreich etwa 20 Milliarden Euro kosten. Gleichzeitig sollen Anreize zur Reduktion des Gasverbrauchs erhalten bleiben. Die Bundesrepublik Deutschland steht nicht im Verdacht aus Jux und Tollerei so viel Geld auszugeben. Deutschland hat erkannt, dass es noch viel teurer wäre nichts zu tun. Es gibt für eine Volkswirtschaft nichts Teureres, als hunderttausende Arbeitsplätze zu verspielen. Aber genau das wird in Österreich passieren, wenn wir nicht sofort handeln.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird – angesichts der aktuellen Entwicklungen in Deutschland – aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf


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zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.59.17

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Kollege Pöttinger hat gesagt, dass wir alle wissen, dass die AWS die Förderungen abwickelt. – Ich berichtige tatsächlich, dass wir das nicht alle wissen, denn bei den Kleinst­unter­nehmen gibt es die Richtlinien dazu nicht, deswegen die Berichtigung. Wer sie evaluiert, wissen wir auch nicht, aber das ist ein anderes Thema. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte.


18.59.46

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen es uns nicht schönzureden, für einen Gutteil der Unternehmen ist die derzeitige Energiekrise eine immense Belastung. Den meisten von uns ist zumindest klar, dass die Machtspielchen Russlands beziehungsweise Putins und der Angriffs­krieg auf die Ukraine einen bedeutenden Einfluss auf die Preissteigerungen haben.

Ich möchte mich aber heute nicht auf den Problemaufriss beziehen, sondern eher auf die Lösungsschritte, die die Bundesregierung und auch wir als Regie­rungsparteien setzen. Dafür sind für mich drei wesentliche Säulen relevant.


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Die erste Säule: Die Abhängigkeit von russischem Gas ist zu reduzieren. Wir investieren 1 Milliarde Euro in die Errichtung, in die Inbetriebnahme von erneuerbaren Energieformen, um den Strombedarf zu decken. (Abg. Schroll: Nur die Gesetze fehlen dazu! Die Gesetze fehlen!) Es gibt von allen Beteiligten massive Anstrengungen, Gaslieferungen von alternativen Anbietern sicherzustellen, weil uns auch bewusst ist, dass wir mittelfristig darauf werden setzen müssen. Es gibt die Wasserstoffstrategie und konkrete Forschungsförderung in diesem Bereich, um das als Energieform in Industrie und Verkehr weiterzuentwickeln, und natürlich auch Maßnahmen und Förderungen, um Energie einzusparen. (Beifall des Abg. Taschner.)

Die zweite Säule: Wir setzen uns auf EU-Ebene für Mechanismen ein, um die verzerrten Marktpreise in den Griff zu bekommen. So stellen wir uns als Regierungsparteien nicht gegen einen Gaspreisdeckel, ganz im Gegenteil. Auch sind wir für ein Aussetzen des Meritorderprinzips beziehungsweise eine Ent­koppelung des Gaspreises. Wir sind aber für eine sinnvolle Lösung auf euro­päischer Ebene, denn klar ist: Jeder Deckel wird auch wieder vom Steuer­zahler gezahlt, und irgendwer muss den Marktpreis zahlen, auch wenn es dann güns­tiger weitergegeben wird. Spanien hat uns gerade gezeigt, dass, wenn der Gaspreis zu stark subventioniert wird, sogar mehr Gas verwendet wird, um es zu verstromen, und dann wird noch ins Ausland exportiert.

Ich kann nur in Richtung SPÖ, die heute durchaus Gaspreisdeckel und Gaspreis­bremse miteinander vermischt, sagen, wenn Sie vom Gaspreisdeckel in Deutsch­land reden, so haben die keinen Gaspreisdeckel beschlossen, auch keinen vorge­schlagen bekommen (Abg. Schroll: Wir haben auch nichts beschlossen! Es liegt bei der Notifizierung in der EU! Gar nichts ist beschlossen! Gar nichts ist fixiert, nichts!), ganz im Gegenteil, die SPD beziehungsweise Deutschland hat sich auf europä­i­scher Ebene gegen einen Gaspreisdeckel gestellt. Es liegt nicht an uns! Sie kön­nen Ihren Genossen da auch durchaus etwas weitergeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schroll: Notifizierung anpacken!)


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Zu guter Letzt die dritte Säule: Das ist natürlich die Abfederung der Kosten für die österreichische Bevölkerung und die österreichischen Betriebe. Es ist uns auch bewusst, dass wir es nicht gänzlich übernehmen können; auch das ist in der Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern. Wir setzen aber spürbare Schritte, denn während andere Länder erst darüber reden und diskutieren, haben wir heute den Energiekostenzuschuss für Betriebe und morgen die Strompreis­bremse für die Haushalte auf der Tagesordnung. (Abg. Tanja Graf: Und die werden wir beschließen, mit oder ohne eure Hilfe!) Mit diesem Energiekostenzuschuss unter­stützen wir die Kleinst- und Kleinbetriebe und die energieintensiven Betriebe – meine Kolleginnen und Kollegen haben schon angesprochen, in welchen Bereichen und unter welchen Voraussetzungen. Es sind wichtige Unterstüt­zungs­maßnahmen, um auch den Wirtschaftsstandort zu sichern.

Ich kann nur noch einmal an alle Oppositionsparteien appellieren: Stimmen Sie dieser Maßnahme zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


19.03.16

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe mich jetzt auch noch zu Wort gemeldet, weil die Appelle der Regierungsparteien an uns, an die Opposition, diesem Gesetz zuzustimmen, nicht unbeantwortet bleiben sollen.

Dies insoweit als dass ich versuche, Ihnen zumindest zu erklären, warum wir die­sem Gesetz nicht zustimmen, und zwar aus zwei Gründen: Einerseits, aus grundsätzlichen Erwägungen, was Ihre gesamte Wirtschaftspolitik betrifft, und anderseits ist das Ganze – der Kollege von der SPÖ hat es schon gesagt – husch, pfusch, schnell, unausgegoren et cetera, also auch aus technisch-handwerklichen Gründen.


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Ich möchte mit den grundsätzlichen Erwägungen beginnen, und da vor allem in Richtung Österreichische Volkspartei schauen. Die ehemalige Wirtschaftspartei (Abg. Hörl: Hallo! Hallo!), die sozusagen auch jahrelang ein Garant für eine soziale Marktwirtschaft, eine leistungsorientierte war (Abg. Ottenschläger: Sind wir noch immer!), ist vollkommen zu einer Verfechterin einer Planwirtschaft mutiert. Es ist nämlich nichts anderes, was wir seit den letzten drei, vier Jahren haben. Das ist Planwirtschaft von oben herab, teilweise von der Europäischen Union, aber die letzten Jahre selbstverständlich auch von der Bundesregierung. Das gesamte Coronaregime war wirtschaftspolitische Planwirtschaft. Die gesamte Klima- und Energiepolitik der Europäischen Union ist Planwirtschaft, und die ganze Außen­politik, jetzt im Sinne von einem Sichhochlizitieren – wir kommen diesbezüglich dann nachher noch zu einem Tagesordnungspunkt – im Rahmen des Wirt­schafts­kriegs zwischen der Ukraine und Russland und dem bedingungslosen Sich-auf-eine-Seite-Werfen, ist auch eine Sache, die planwirtschaftlich oder ideologisch getrieben ist.

Und dann wundern Sie sich, wenn das Wirtschaftssystem aus dem Gleichge­wicht kommt; na selbstverständlich ist das vollkommen aus dem Gleichgewicht! Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist – und Kollegin Graf, da bin ich nicht Ihrer Meinung, dass dieses vorliegende Gesetz eine tolle Idee sei und wir nur deshalb nicht zustimmen, weil diese tolle Idee nicht von uns kommt; ich halte das über­haupt für keine tolle Idee, denn was ist die Idee daran? –, da noch weitere Milliar­den nach dem Gießkannenprinzip reinzuschütten. Dabei sagen Sie selber schon: Das wird wahrscheinlich bei Weitem nicht ausreichen, aber wir probieren es einmal!

Der Herr Minister sagt im Ausschuss: Ja, das ist etwas Neues und ich weiß schon, dass die Unternehmen sehr heterogen sind bezüglich der Kostenweiter­gabe. – Wir wissen also im Prinzip gar nichts und fahren mit der Gießkanne darüber. Kollege Pöttinger sagt, es sind 1,3 Millionen, aber es sind 1,3 Milliarden Euro, nicht Millionen, aber da kann man schon einmal die Tausendereinheiten verwechseln. Der Herr Bundesminister hat im Ausschuss vollkommen richtig


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festgestellt – ich zitiere –: Wir kleben ein Pflaster auf eine klaffende Wunde bei steigenden Kosten.

Da wird überhaupt kein Problem gelöst, weil Sie entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Probleme zu lösen. Ich höre seit Monaten, dass Sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, das Meritordersystem abzuschaffen. – Es passiert seit Monaten nichts! Das Einzige, was auf europäischer Ebene passiert, ist, dass die Beamten und Frau von der Leyen sich rückwirkend mit 1. Juni eine fette Gehaltserhöhung gegeben haben. Das ist das, was ganz schnell geht, aber hier, bei diesen ganz wesentlichen Dingen, passiert seit Monaten nichts. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Tanja Graf: Das stimmt ja nicht!)

Selbstverständlich hat das auch etwas mit den Erwartungshaltungen und dem Wirtschaftskrieg zu tun, in den wir uns da reingestürzt haben – dazu eh noch mehr beim nächsten Tagesordnungspunkt. Da möchte ich Herrn Kollegen Loacker zitieren, der, die Gießkannenförderungen meinend, gesagt hat: Wir müssen das durchhalten können! – Vollkommen richtig. Wenn ich heute Herrn Finanzminister Brunner zugehört habe, dann fehlt mir aber der Glaube, dass wir das durchhalten. Wir haben in den letzten vier Jahren 20 Milliarden Euro Bud­getdefizite gehabt und im nächsten Jahr – der Jahresvoranschlag für 2023 wird als Erfolg gefeiert – 19 Milliarden Euro Defizit!

Gleichzeitig wird nicht erwähnt, dass wir im nächsten Jahr fast 9 Milliarden Euro an Zinsen zahlen. Das ist das Doppelte des gesamten Universitätsbudgets. Das ist im Übrigen das Doppelte der Pensionserhöhung, die wir jetzt hätten machen können – doppelt so hoch, wenn wir nicht Zinsen zahlen müssten!

Im Übrigen haben Sie um 4 Milliarden Euro 20 Terawattstunden Gas gekauft. Wenn man das vorausschauend vor ein paar Jahren gekauft hätte, hätte man das um einen Bruchteil bekommen. (Abg. Litschauer: Warum habt ihr es nicht gemacht?!) Das ist alles chaotisch, unstrukturiert, löst keinerlei Probleme, weil es die Prob­leme nicht an der Wurzel packt.

Wir sind der Meinung, Sie werden mir zustimmen – hinsichtlich Gießkanne und Volkswirtschaft –: In einer Situation mit einem starken Nachfrageüberhang und


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einem Angebotsproblem das Geld in die Volkswirtschaft zu pumpen, ist wohl eher nicht inflationsdämpfend, sondern -steigernd. Also bitte kümmern Sie sich einmal darum, dass wir das Angebot wieder auf Spur bekommen, anstatt andau­ernd bei einem Nachfrageüberhang noch mehr Geld in den Markt zu pumpen! (Beifall bei der FPÖ.)

19.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie.

19.09.0125. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (1673 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Maschinen – Inverkehr­bringungs- und NotifizierungsG (MING), das Elektrotechnikgesetz 1992 – ETG 1992, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG und die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 geändert werden (1729 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1730 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (1675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird (1731 d.B.)



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Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 bis 27 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.


19.09.58

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden wahrscheinlich über die nächsten drei Tagesordnungspunkte keine so emotionale Debatte führen, wie sie jetzt stattgefunden hat. Es geht um zwei Gesetze, die das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen betreffen, und um eine Anpassung der Gewerbe­ordnung.

Im TOP 25 geht es um eine Sammelnovelle, mit der die Marktüberwachungs­maßnahmen und Marktüberwachungsbefugnisse umfassend überarbeitet und neu strukturiert werden. Mit der Bündelung beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen kommt es zu einer Effizienzsteigerung und zu einer Ver­waltungsvereinfachung.

Im Punkt 27 – dieser betrifft auch das Bundesamt für Eich- und Vermessungs­wesen – geht es um die Einrichtung einer zentralen Verbindungsstelle, die vor allem mit der Abwicklung von Schutzklauselverfahren, der Erstellung und Koordination der Marktüberwachungsstrategie und auch der Unterstützung von grenzüberschreitenden Amtshilfeverfahren beauftragt ist. Außerdem geht es darum, die rechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Zertifizie­rungs­stelle für die Atemschutzmasken zu schaffen.

Im TOP 26, bei einer Änderung der Gewerbeordnung, geht es um einen Digita­lisierungsschritt. Die von bestimmten Berufsgruppen mitzuführende Gewerbe­legitimation, wie das so schön heißt, die derzeit aus Leinenpapier besteht, wird in ein zeitgemäßes Scheckkartenformat gebracht. Es kommt auch zu einer einheit­lichen Befristung und zu einer gewissen Fälschungssicherheit. (Abg. Doppelbauer: ... „zeitgemäßes“ war das Wort! Scheckkarte!)


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Ich habe auch den Auftrag, zu diesem TOP 26, zu einer Änderung der Gewerbe­ordnung, zusätzlich einen Abänderungsantrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1730 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die obenzitierte Regierungsvorlage (1674 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

„6a. § 109 Abs. 6 lautet:

„(6) Personen, die das Gewerbe der Kosmetik (Schönheitspflege) ausüben, sind auch zum Stechen von Ohrläppchen unter Verwendung von sterilen Einweg-Ohrlochknöpfen nach vorheriger Hautdesinfektion, zur Anbringung eines künstlichen Zahn- oder Hautschmuckes (Kristall) mittels Klebstoff sowie zur Haarentfernung mittels Laser berechtigt.““

2. In Z 14 lautet Abs. 105 wie folgt:

„(105) § 109 Abs. 6, § 365a Abs. 1 Z 13 und § 365b Abs. 1 Z 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.“

*****

Warum ist das notwendig? – Damit quasi die Gewerbeordnung im Hinblick auf die Standards, nach denen bereits ausgebildet und geprüft wird, nachgeschärft wird, damit diese Methoden, die einen Kernbereich der Kosmetik, der Schön­heitspflege betreffen, auch dementsprechend umgesetzt werden. – Ich bitte um Annahme. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.14


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 343

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Dr. Elisabeth Götze,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geän­dert wird (1730 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die obenzitierte Regierungsvorlage (1674 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

„6a. § 109 Abs. 6 lautet:

„(6) Personen, die das Gewerbe der Kosmetik (Schönheitspflege) ausüben, sind auch zum Stechen von Ohrläppchen unter Verwendung von sterilen Einweg-Ohrloch­knöpfen nach vorheriger Hautdesinfektion, zur Anbringung eines künstlichen Zahn- oder Hautschmuckes (Kristall) mittels Klebstoff sowie zur Haarentfernung mittels Laser berechtigt.““

2. In Z 14 lautet Abs. 105 wie folgt:

„(105) § 109 Abs. 6, § 365a Abs. 1 Z 13 und § 365b Abs. 1 Z 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.“

Begründung

Zu § 109 Abs. 6:

Bei der Haarentfernung handelt es sich um eine Tätigkeit des Kernbereichs der Kosmetik (Schönheitspflege). Dies umfasst auch den Einsatz neuer Arbeitstechniken und -methoden nach dem aktuellen Stand der Technik. Aus § 3 Abs. 6 Z 5 der Verordnung der Bundesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure über die Durchführung von Befähigungsprüfungen für das reglementierte Gewerbe der


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Kosmetik (Schönheitspflege), ausgenommen Piercen und Tätowieren, ergibt sich, dass im Rahmen der Befähigungsprüfung Fertigkeiten auf höherem Niveau in Bezug auf Enthaarung nach dem Stand der Technik nachzuweisen sind.

Bei der Haarentfernung mittels Laser, zu welcher im weiteren Sinne auch die Behand­lung mittels Intense Pulsed Light (IPL) zu zählen ist, handelt es sich um einen minimal-invasiven Eingriff wie dieser auch bei der unstrittig gewerblichen Tätigkeit des Pier­cens und Tätowierens oder beim Ohrläppchen-Stechen mittels sterilen Einweg-Ohrloch­knöpfen stattfindet, zu der Gewerbetreibende, insofern keine erkennbaren Kontra­indika­tionen vorliegen, ebenfalls berechtigt sind.

Bei der Haarentfernung mittels Laser kommt es zu einem Durchdringen der obersten Hautschicht und zur Absorbierung der eingebrachten Energie durch die Haarwurzel. Es erfolgt allerdings keine Schädigung (wie bspw. durch Gewebeabtrag oder ähn­liches) der Haut oder des umliegenden Gewebes. Dieses wird zwar erwärmt, bei sach­gemäßer Anwendung aber nicht darüber hinaus beeinträchtigt oder geschädigt. Es ist daher nicht von einem erheblichen Gefährdungspotenzial auszugehen. Die Durch­dringung der obersten Hautschicht stellt zudem keinen zwingenden Maßstab für eine ausschließliche Zuweisung in den ärztlichen Vorbehaltsbereich dar. Für die Haarent­fernung mittels Laser ist insbesondere kein medizinisches Wissen erforderlich, welches über jenes in der Ausbildung der Kosmetiker vermittelte hinausgeht.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Oberrauner. – Bitte.


19.14.32

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher und Zuseherinnen zu Hause! Ich darf auch zum Marktüberwachungsgesetz etwas sagen, damit man es von den Zahlen her zuordnen kann.


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Von Oktober 2021 bis Jänner 2022 hat die Strafverfolgungsbehörde EU-weit fünf Millionen illegale Spielzeuge im Wert von 18 Millionen Euro gefunden, und fast alle diese Spielzeuge stellten ein ernstes Gesundheitsrisiko für Kinder dar – das nur, um zu verdeutlichen, dass diese Veränderungen von Gesetzen und der Beschluss von Gesetzen auch direkt bei den Menschen ankommen und als Wettbewerbsfaktoren für die Betriebe notwendig sind. Die, die sich an die Pflich­ten halten, sollten nicht gegenüber jenen benachteiligt sein, die Dinge einführen und einbauen, die nicht zertifiziert sind.

Deshalb stimmen wir im Sinne der Konsumenten und im Sinne der Produkt­sicherheit und des fairen Wettbewerbs natürlich der vorliegenden Sammel­novelle und auch der Änderung des Maß- und Eichgesetzes zu.

Zusätzlich darf ich meine Zeit dazu nützen, zu sagen, dass die Betriebe, die davon betroffen sind, wahrscheinlich zukünftig diese Gedanken gar nicht haben werden, wenn das so weitergeht, wie wir es bisher – mit den Energiekosten­zuschüssen für Unternehmen – handhaben. Wir haben ja einen Minister, der datenbasiert, aus der Wissenschaft kommend, weiß, was auf dem Markt statt­findet, und auch die Zahlen dazu hat. Ich glaube schon, dass es angebracht ist, auch darüber nachzudenken, wie es in der Zwischenzeit mit der Liquidität ausschaut. Wenn wir Förderungen und solche Zuwendungen in Prozenten anden­ken, dann ist ja inzwischen trotzdem der Betrieb gefordert, muss die Zahlungen in der betreffenden Höhe tätigen, muss dann, nehme ich an, einreichen und kriegt dann das Geld zurück. In der Zwischenzeit verhungert er aber und über­lebt nicht. Ich glaube, dass es keine wissenschaftliche und auch keine politische Geschichte ist, sondern eine faktenbasierte Marktgeschichte, dass der Betrieb das Geld nicht hat, damit er sich überhaupt erhalten kann.

Wenn man da schon nicht logisch denkt – wobei ich sagen muss, das AWS wäre da ein guter Zwischenfinanzierer, weil die gute Kredite mit guten Zinsen geben, bei denen man das Kapital nicht sofort zurückzahlen muss; das wäre eine sinn­volle Aufgabe des AWS –, dann muss man zumindest daran denken, dass wir


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dann auch für jeden Konkurs, für jeden Arbeitslosen und für alles andere, was im Sozialbereich dann konsequenterweise folgt, Geld ausgeben werden.

Deshalb finde ich, dass es eine sozialpartnerschaftliche Regelung geben müsste. Es müssten sich das alle an einem Tisch noch einmal anschauen, um solch einen Murks wie den Umsatzersatz zu verhindern, der einige wenige mit viel Geld versorgt hat, welche die anderen ausgelacht haben, die dann trotzdem noch um einen Hungerlohn gearbeitet haben, nur damit sie auf dem Markt bleiben.

Das einzig Gute an der Coronakrise, das man wirklich so nennen kann, war die Kurzarbeit, und die wurde von den Sozialpartnern erfunden und nicht von der Koalition.

Den Grünen möchte ich ins Stammbuch schreiben: Es hat drei Jahre gegeben, in denen Sie nicht einmal anwesend waren. Sie beziehen sich auf Jahre, in denen wir keine Krise hatten, in denen wir keine Coronamaßnahmen setzen mussten und in denen Einmalzahlungen Boni für die Menschen waren, die sich nicht so viel leisten konnten, weil sie im Leben nicht die Gelegenheit gehabt haben, sich das zu erarbeiten. Ich glaube, dieser Vergleich ist ziemlich billig. Da sollten Sie sich zurückhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ragger. – Bitte.


19.18.04

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hauses! Ich möchte zum Tagesordnungs­punkt 26 sprechen, über dieses berühmte Scheckkartenformat, weil es einfach unfassbar ist, was wir da im Haus eigentlich beschließen. Wir nehmen fragmen­tarisch ein Stückwerk heraus – und ich muss es noch einmal zitieren –: Wir stellen von Leinenpapier jetzt eben mit einem Digitalisierungsturbo auf ein Scheckkartenformat um.


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Also wenn das jetzt, in einer Zeit wie dieser, in der es die höchste Inflation gibt, in der wir in den nächsten Jahren wahrscheinlich die höchste Zinsbelastung haben werden, unser wichtigster Umsetzungspunkt ist, dann sage ich nur mehr: Gute Nacht!

Herr Egger traut sich dann noch, sich herauszustellen, und zu sagen: Wir machen jetzt noch einen Abänderungsantrag!, und er erwähnt die Kristallsternchen für die Schönheitspflege und dass man jetzt die Haarentfernung mittels Laser machen kann. – Na bitte gar schön, also das haut jetzt dem Fass den Boden aus!

Wir haben jetzt 150 Jahre Gewerbeordnung, und ihr, die ÖVP, macht ein frag­mentarisches Stückwerk. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) – Wozu denn? Damit ihr die Gehälter von euren Wirtschaftskammerfunktionären rechtfertigt? Das ist der einzige Grund dahinter. (Beifall des Abg. Loacker.) 150 Jahre Stückwerk: Wie an einem Bonsaibaum schneiden wir an irgendetwas herum, damit wir quasi die Wirtschaftskammer aufrechterhalten können. (Abg. Loacker: 1 Milliarde Euro im Jahr für die Bleistiftspitzer!)

Wir verbrennen Geld in Hülle und Fülle, anstatt herzugehen – und das hat der Herr Minister selber im Ausschuss gesagt – und eine Gewerbeordnung Neu zu machen. Gehen Sie einmal hinaus und machen Sie heute eine Gewerbegeneh­migung auf einer grünen Wiese! Das ist fast unmöglich in Österreich. Es dauert fast Jahre bis zur Genehmigung. Man braucht einen Sachverständigen dazu. Der Sachverständige ist dann meistens nicht amtlich verfügbar, dann muss man sich einen privaten Sachverständigen organisieren. Das kann sich heute kein Unter­nehmer mehr leisten. Das, was Sie mit der Gewerbeordnung natürlich gerne machen, ist weiterhin ihre protektionistischen Bereiche – Stichwort Zahn­stern­chen und Laserschönheitstherapien – zu wahren. Wenn das der Grund ist, dass wir in diesem Haus sitzen, dann sitzen wir offensichtlich im falschen Haus.

Daher bringe ich einen Entschließungsantrag ein, und zwar:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Neukodifizierung der Gewerbeordnung“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, mit der eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung mit dem Ziel der Schaffung eines zeitgemäßen, übersichtlichen und anwenderfreund­lichen Regelwerks, einer Vereinfachung des gewerblichen Berufszugangs sowie des Abbaus bürokratischer Hemmnisse sichergestellt wird.“

*****

Danke für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, man nimmt das ernst. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das war eine schlechte Rede!)

19.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Erwin Angerer, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter 

betreffend dringende Neukodifizierung der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 26: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1730 d.B.) in der 178. Sitzung des Nationalrates am 12. Oktober 2022

„(…) Damit blieb die Gewerbeordnung mit ihren zahlreichen Sonder– und Ausnah­meregelungen sowie Spezialbestimmungen zu einzelnen Gewerben ein komplexes und unübersichtliches Regulierungsregime für die Anmeldung sowie die Ausübung von Gewerben.“

Allein dieser Auszug aus dem im Oktober des Vorjahres vom Rechnungshof veröf­fentlichten Bericht betreffend den Zugang zur gewerblichen Berufsausübung (Reihe


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BUND 2019/37) macht deutlich, dass die Gewerbeordnung einer dringenden Reform und Neukodifizierung bedarf.

Der Rechnungshof kommt in seinem Bericht unter anderem zum Ergebnis, dass auch die Gewerberechtsreform 2017 nur teilweise Erleichterungen gebracht habe, und die Gewerbeordnung weiterhin Flexibilität und Entbürokratisierung vermissen lasse. Weiters kritisiert der Rechnungshof, dass der Zugang zu gewerblichen Berufen nach wie vor zu unübersichtlich und bürokratisch sei.

„Die Struktur der Gewerbeordnung wies erhebliche Schwächen auf, die – im Sinne der Anwenderfreundlichkeit und des Bürgernutzens – dringend zu bereinigen wären. Dies wirkte sich negativ auf die Transparenz und Verständlichkeit des gesamten Regel­werks für die Bürgerinnen und Bürger aus, minderte deutlich dessen Handhabbarkeit für die Gewerbeanmelderinnen und –anmelder, förderte Auslegungsprobleme und war geeignet, die Vollziehung durch die zuständigen Gewerbe-behörden zu erschwe­ren,“ so das wenig erfreuliche Fazit des Rechnungshofs, der dann noch ergänzt, dass „obwohl die seit 150 Jahren bestehende Gewerbeordnung durchschnittlich fast jährlich novelliert werde, in der Vergangenheit die geplanten oder angekündigten Maßnahmen zu einer Liberalisierung und Vereinfachung des Berufszugangs häufig nicht umgesetzt worden seien“.

Auf Basis seiner Feststellungen hob der Rechnungshof abschließend folgende Schluss­empfehlungen an das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hervor:

 „Im Sinne der Vorgaben der Europäischen Kommission wären die Regulierungs­mechanismen – insbesondere hinsichtlich ihrer bürokratischen Hemmnisse – zu analysieren sowie deren ökonomische Auswirkungen mit dem Ziel zu bewerten, den gewerblichen Berufszugang weiter zu vereinfachen.

Die in vergleichbaren Staaten bestehenden Gewerberechtsmodelle wären zu analy­sieren und gegebenenfalls wäre eine dahingehende Adaptierung des österreichischen Gewerberechts einzuleiten.

Es wäre konsequent auf eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung hinzuwirken mit dem Ziel, ein zeitgemäßes, übersichtliches und anwenderfreundliches Regelwerk zu schaffen.


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Die hohe Anzahl der reglementierten Gewerbe wäre einer Analyse und Beurteilung zu unterziehen.

Unter Berücksichtigung von Kosten–Nutzen–Aspekten wären im Rahmen der Bun­deskosten– und Leistungsrechnung die Kosten für die Vollziehung der Gewerbeord­nung auf Bundesebene im Hinblick auf die Effizienz des Mitteleinsatzes transparent auszuweisen und unter Wirtschaftlichkeitskriterien zu beurteilen.

Die Länder wären dazu anzuhalten, ihre Kosten für die Vollziehung der Gewerbeord­nung nach vom Ministerium vorgegebenen, einheitlichen Grundsätzen zu erfassen und dem Ministerium bekanntzugeben. Damit sollte eine transparente Darstellung der Gesamtkosten für die Vollziehung der Gewerbeordnung als Basis für Steue­rungsmaßnahmen durch das Ministerium geschaffen werden.“

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser seit Jahren bekannten Fakten wurde im ÖVP/FPÖ-Regierungsprogramm im Jahr 2017 unter anderem eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung und eine Evaluierung des Gewerberechts auch in Hinblick auf den Zugang zu gewerblichen Tätigkeiten vereinbart.

Um eine Gewerbeordnungsreform, die über die diesem Antrag zugrundeliegende Änderung der Gewerbeordnung, mit der lediglich „Scheckkarten“ Leinenpapier-Aus­weise ersetzen sollen, hinausgeht, herbeizuführen, stellen die unterfertigten Abge­ordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung mit dem Ziel der Schaffung eines zeitgemäßen, übersichtlichen und anwenderfreundlichen Regelwerks, einer Vereinfachung des gewerblichen Berufszugangs sowie des Abbaus bürokrati­scher Hemmnisse sichergestellt wird.“

*****



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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Götze, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


19.20.53

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Noch einmal: Sehr geehrter Herr Minister und werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich spreche zu diesen drei Novellen unter diesen Tagesordnungspunkten, genauer zu jenen betreffend Marktüberwachung und Gewerberecht. Beides klingt nicht sehr spannend, behandelt aber trotzdem wichtige Themen. Aus meiner Sicht ist vor allem die Marktüberwachung ein hochaktuelles Thema. Gerade während Corona hat sich gezeigt, dass viele Produkte, die insbesondere über Onlineanbieter in den EU-Markt und somit auch nach Österreich kommen, nicht unionskonform sind.

Das klingt jetzt trivial, aber nicht unionskonform kann durchaus bedeuten, dass ein Produkt krebserregend, gefährlich oder schädlich ist. Kollegin Oberrauner hat Spielzeug angesprochen. Wenn Kinder ein solches Spielzeug in die Hände bekommen, kann das wirklich sehr gefährlich für die Kinder werden.

Auch bei anderen Produkten – Elektroroller, Masken, Medikamente – ist es wichtig, dass diese Produkte unionskonform sind. Mit der Novelle beschließen wir, dass für die Marktüberwachung das Bundesamt für Eich- und Vermessungs­wesen zuständig ist, das sich in anderen Feldern schon bewährt hat. Wir statten es mit erweiterten Kompetenzen aus, insbesondere dass auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Zollamt Österreich erfolgen kann, aber auch inter­nationale Kooperation, weil da natürlich Vernetzung sehr wichtig ist.

Sehr wichtig ist auch, dass der Onlinehandel erfasst wird, also nicht nur der Handel über Händler in Österreich, sondern auch der Onlinehandel. Gerade beim Spielzeug hat sich gezeigt, dass sehr viele der Produkte – 88 Prozent, dazu gibt es Studien – von Drittanbietern illegal sind und 48 Prozent, also fast die


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Hälfte davon, wirklich gesundheitsschädlich ist. Diese Lücke beheben wir. Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ottenschläger.)

Was die Gewerbeordnung betrifft, gibt es einiges zu novellieren, da kümmern wir uns heute nur um einen kleinen Baustein (Zwischenruf des Abg. Loacker), aber wir sorgen zumindest für eine ein bisschen modernere Welt für Fremdenfüh­rer:innen, Berufsdetektive und Handelsreisende. Die müssen sich, wenn sie Haus­besuche machen oder unterwegs sind, ausweisen. Ihr Ausweis bestand bisher aus Leinenpapier, jetzt bekommen sie eine Scheckkarte mit ihrem Foto. Ich glaube, das ist ganz gut. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.24


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Auch in diesem Fall verlege ich die Abstimmung ans Ende der Verhandlungen über die Vorlagen dieses Ausschusses.

19.24.1728. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2786/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend bundesweite Volksbefragung über die sofortige Been­digung der Sanktionen gegen die Russische Föderation (1733 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Axel Kassegger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


19.24.48

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun geht es um die Russlandsanktionen, die unseres Erachtens auch ein wesentlicher


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Grund dafür sind, dass wir wirtschaftlich – wie wir es heute schon mehrmals gehört haben – in einer ganz, ganz schwierigen Situation sind. Wir haben eine hohe Inflation mit einer ganz erheblichen Gefahr, in eine Phase der sogenannten Stagflation – kein Wirtschaftswachstum mehr bei gleichzeitiger Inflation – zu kommen.

Dafür gibt es natürlich mehrere Gründe: die Zinspolitik beziehungsweise die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die Coronapolitik mit den Lockdowns, die zu massiven Missverhältnissen zwischen Angebot und Nachfrage geführt hat, die Klimapolitik der Europäischen Union, die ein Kostenmissverhältnis im glo­ba­len Wettbewerb hergestellt hat, und natürlich auch die Explosion der Ener­gie­preise, die aber im Übrigen bereits seit 2021, also vor Beginn des militäri­schen Krieges zwischen Russland und der Ukraine, drastisch steigen.

Ob eine hundertprozentige Korrelation zwischen dem Krieg und der Erhöhung der Energiepreise besteht, wage ich zu bezweifeln. Aber Faktum ist zum einen, dass die Energiepreise hoch bleiben und vermutlich noch höher werden, und zum anderen, dass mit drastischen Versorgungsengpässen zu rechnen ist. Das ist aus dem Gesichtspunkt einer grundsätzlich neutralen Außenpolitik, die die Aufgabe hat, die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher, der Unter­nehmen und der Menschen hier zu vertreten, eine ganz bedrohliche Situation, denn neben den Preissteigerungen drohen Versorgungsengpässe.

Wir wissen auch, dass die Gefahr eines Blackouts gegeben ist. Ich will jetzt nicht die Kassandra sein, aber man muss das Ganze im Strombereich realistisch sehen. Möge mir dann irgendjemand sagen, wie wir die 25 Terawattstunden Strom, die wir im Winter brauchen, bekommen, wenn die Franzosen jetzt schon andeuten, dass sie den Atomstrom nicht liefern, und die Deutschen auch nicht in der Lage sein werden, den Strom, der aus Kohle gewonnen wird, zu liefern.

Kommen wir zur Entwicklung der Russlandsanktionen, die ja nicht neu sind. Die gibt es ja schon seit 2014, das ist eine Entwicklung, eine permanente Eskala­tionsspirale. Wir sind der Meinung, dass es im Rahmen dieser Eskalation viele,


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viele Verlierer und vielleicht ein paar Gewinner gibt. Die Europäer, die Euro­päische Union und die Republik Österreich, die Menschen hier zählen definitiv nicht zu den Gewinnern, sondern zu den Verlierern. Das geht ja schon seit 2014. Ich erinnere nur, dass die Amerikaner bereits 2017 einen Kongressbeschluss gefasst haben, in dem sie gesagt haben: Wir wollen die Russen als Lieferant von Gas und Öl verdrängen, insbesondere als Lieferant Deutschlands, das ja die größte und wesentlichste Volkswirtschaft in Europa ist!

Das scheint offensichtlich zu gelingen. Da frage ich mich aber: Was ist das? – Das kann doch nicht im Interesse der Deutschen und der Österreicher sein. Darauf mit Sanktionen zu antworten und zu sagen, Putin beginnt jetzt einen Wirtschaftskrieg, halte ich auch nicht für zutreffend. Der Punkt ist: Der Wettbewerb, wer schneller in die Knie geht – die russische Wirtschaft oder die europäische beziehungsweise die österreichische Wirtschaft –, ist keine Disziplin, an der ich teilnehmen möchte. Es ist ein vollkommener Irrsinn, zu schauen, wer das länger aushält. Wer geht schneller in die Knie und wen trifft es am Ende?

Es trifft doch am Ende immer die sogenannten Kleinen. Es trifft ja nicht die Minister oder den Herrn Vizekanzler, der festgestellt hat, es wird da und dort Wohlstandsverluste geben. Ich glaube, die wird es beim Herrn Vizekanzler ebenso wenig wie bei der EU-Kommission und bei den Beamten in Brüssel geben. Es trifft die Kleinen! Man muss deren Interessen vertreten und die Vernunft einkehren lassen in einem Szenario, das immer mehr eskaliert. Biden sagt: Es droht uns ein Armageddon!, Selenskyj sagt: Wir müssen jetzt Präventiv­schläge machen!, et cetera, et cetera. Ich bin da wirklich in ernster Sorge. Da muss man einmal die Luft rauslassen, und zwar bei beiden Seiten. (Abg. Michael Hammer: Bei Biden?)

Das erwarte ich von einem normalen, neutralen Politiker, der die Interessen – in dem Fall – der Österreicher und der Europäer vertritt, und darum geht es.

Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass die Bevölkerung das sehr, sehr ähnlich sieht. Deswegen besteht unser Begehr nach einer Volksbefragung über


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die sofortige Beendigung dieser Sanktionen, bei denen es nur Verlierer gibt. Es gibt den Verlierer Ukraine, es gibt den Verlierer Russland, es gibt die Verlierer Europa, Deutschland und vor allem Österreich. Es gibt natürlich noch mehr Verlierer, die Entwicklungsländer zum Beispiel, Nahrungsmittel importierende Entwicklungsländer. Das ist nicht von mir, sondern aus der „Presse“, die relativ unverdächtig ist, ein freiheitliches Propagandablatt zu sein.

Der Kommentator schreibt da: „Es gibt [...] zwei Gewinner: China bekommt billige russische Rohstoffe, und die USA können ihr Fracking-Gas“ sehr „teuer an die EU verkaufen“ – an Deutschland, an uns. Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein! Deswegen: Vernunft einkehren lassen, runter vom Gas, sich zusammensetzen und einmal ein Zeichen setzen, aus Sicht der Europäer! Diese Sanktionen schaden uns aus unserer Sicht wesentlich mehr als sie bringen, und schon gar nicht bringen sie eine Verhaltensänderung dessen, der sanktioniert ist.

Sie treffen wahrscheinlich die russische Bevölkerung. – Toll! Dann können wir schauen, wer es länger aushält, unsere Bevölkerung oder die russische. (Abg. Schwarz: Die Bevölkerung ...!) Das ist jetzt auch nicht gerade ein schönes Men­schenbild, und die russische Wirtschaftspolitik hat Alternativen. Diese nutzt sie ja schon permanent: Es gibt in Sibirien jetzt schon zwei Pipelines, die in Richtung China gehen. Wir treiben Putin und die Russen in die Hände von China. Es gibt jetzt eine intensive Kooperation mit Indien, mit dem Iran, auch mit Brasilien et cetera. Das ist doch nicht im Interesse der Europäer!

In diesem Sinne: Setzen wir ein Zeichen, machen wir in Österreich eine Volks­befragung und tun wir alles dafür, dass jetzt nicht das achte, neunte, zehnte, elfte, zwölfte Sanktionspaket der Europäischen Union beschlossen wird, sondern ein Zeichen in die richtige Richtung gesetzt wird! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger. – Bitte.



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19.31.35

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zusehe­rin­nen und Zuseher! Herr Kollege Kassegger von der FPÖ hat jetzt unter anderem gemeint, wir sollen „runter vom Gas“. – Ich bin der Meinung, wir sollten raus aus russischem Gas. Das ist einmal der erste wichtige Punkt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Gehen wir aber einmal ein Gedankenexperiment ein, liebe Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei! Angenommen, es gäbe eine Volksbefragung und sie ginge so aus, wie Sie meinen, also gegen die Sanktionen, was ich übrigens nicht glaube, aber gehen wir einmal davon aus: Was passiert dann? – Österreich steigt sozusagen aus der europäischen Familie aus. Ich nehme an, in Ihrer Vorstellung wird es dann so sein, dass Herr Kickl nach Moskau fliegt und sagt: Lieber Wladimir, wir Österreicher sind jetzt ausgestiegen, es gibt keine Sanktionen mehr, machen wir doch wieder Geschäfte!, währenddessen in der Ukraine die Bomben fliegen und Menschenleben geopfert werden. – Das kann nicht der Weg sein, den wir als Österreich bestreiten wollen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Hörl: Is doch a Wahnsinn!)

In aller Kürze noch zum Antrag selbst: Sie schreiben unter anderem: „Der Krieg in der Ukraine darf für unser neutrales Österreich nicht zum Anlass werden, voreingenommen Partei zu ergreifen.“ Allein dieser Satz kann zum Anlass genommen werden, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Warum? – Was heißt, „voreingenommen Partei zu ergreifen?“ Wenn wir uns unter dem Eindruck speziell auch der letzten Tage die Lage in der Ukraine anschauen, was dort passiert, dass Städte, unter anderem auch wieder die Hauptstadt, bombardiert werden, na ja, dann müssen wir natürlich unser Wort ergreifen und Partei ergreifen und sagen: So geht es nicht!

Da werden Menschenleben geopfert, es ist ein unerträglicher Zustand. Da zu sagen: Wir als neutrales Österreich, wir ziehen uns zurück!, ist nicht unsere Linie.


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Darüber hinaus: Sie schreiben ja über die Sanktionen, wie sehr sie die öster­reichische und die europäische Wirtschaft treffen. – Ja, das stimmt, und es gilt auch immer, darüber zu debattieren, welche Begleitmaßnahmen wir als Politik auf österreichischer, auf nationaler, aber natürlich vor allem auf europäischer Ebene setzen, um diese Auswirkungen möglichst abzufedern.

Was Sie aber nie sagen, ist, wie sich diese Sanktionen natürlich auf die russische Wirtschaft auswirken. Natürlich hat das dort Folgen, auch politische. Wir werden sie hoffentlich möglichst bald sehen, indem auch die Russische Föderation und ihre Machthaber hoffentlich bald begreifen, dass es so nicht weitergehen kann.

Im Übrigen, weil Sie dann immer wieder namhafte Politiker, auch Vertreter der Wirtschaftskammer oder der ÖVP, erwähnen und gerne deren Zitate aus dem Zusammenhang reißen: Alle haben festgestellt, dass in einer Situation wie dieser die Sanktionen richtig und wichtig sind! Es geht eben darum, wie wir die Men­schen und Unternehmen in dieser Krise begleiten.

Zum Abschluss: Für uns kann der Weg nur sein, eine europäische Lösung zu finden und im europäischen Gleichklang vorzugehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte.


19.35.34

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kollege Kassegger, wenn Sie von Diplomatie, von Vernunft reden, wenn Sie von Frie­dens­bemühungen reden, dann haben Sie die Sozialdemokratie an Ihrer Seite (Heiterkeit des Abg. Hörl), denn ich glaube, alle wollen Frieden – das wird uns ja hier in diesem Haus einen.

Ganz grundsätzlich aber muss ich sagen – und deswegen: wartet noch ein bissel, Kollegen von der ÖVP! –, ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie diesen Antrag


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heute hier stellen, denn Sie haben ja vorhin in Ihrem Referat schon zugegeben, dass eigentlich die Sanktionen mit der Teuerung per se nichts zu tun haben, sondern diese ist bedingt durch ein Marktversagen. Wisst ihr, geschätzte Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, das ist das, was mich so stört: Ihr schiebt die Sanktionen vor und tut in der Öffentlichkeit so, als wären diese alleine verantwortlich für die horrende Teuerung.

Das ist ein Marktversagen (Abg. Kassegger: Du musst aber schon zuhören, gell!), und darüber täuscht ihr hinweg. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.) Darüber täuscht ihr hinweg! Ich habe da eine Vermutung, warum ihr über dieses Marktversagen nicht sprechen wollt (Abg. Michael Hammer: Die Sozi reden irgend­was!), genauso wie ihr über die Vermögensbesteuerung nicht sprechen wollt: weil es da einige Burschenschaftlerinnen und Burschenschaftler bei euch trifft, die dann gut betucht auch in die Ziehung kommen (Zwischenrufe bei der FPÖ), und da seid ihr gespalten, in euren Flügen, geschätzte Freiheitliche Partei! (Abg. Michael Hammer: Was trinkts denn ihr im Klub den ganzen Tag? Das ist ja unfass­bar!) Deswegen lenkt ihr ab und redet lieber über Sanktionen, damit ihr nicht über das Marktversagen sprechen müsst. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie Bravo­ruf des Abg. Reimon. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das ist die Ablenkung, die ihr betreibt, und da dient ihr nicht der arbeitenden Bevölkerung, da dient ihr anderen! Da sage ich euch ganz ehrlich: Was ist denn der Kern der Sanktionen? (Abg. Michael Hammer: Solche Kommunisten!) Da geht es nicht um Sanktionen auf Gas! Der Kern der Sanktionen betrifft Waffen oder Komponenten dafür. (Abg. Michael Hammer: Den Kern, den habt ihr hinausgehaut! Der ist ein Versager!) Wenn ihr Waffenlieferungen wollt, sagt es hier! (Zwischenruf der Abg. Voglauer.) Sagt es hier, aber redet nicht abstrakt von irgendwelchen Sanktionen! Ich sage es euch ganz offen: Ihr tut so, als würden die Sanktionen die Teuerung treiben, und das ist falsch. (Abg. Michael Hammer: Sagt wer?)

Nehmen wir ein Beispiel: Serbien lehnt alle Sanktionen ab, die Inflation liegt bei 14 Prozent. Die Schweiz trägt alle Sanktionen mit, die Inflation liegt knapp über 3 Prozent. – Oh! Wisst ihr das nicht? (Beifall bei der SPÖ.)


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Geschätzte Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, der Vorwurf, den ich euch mache, ist, dass ihr die Teuerung nehmt, um vom wahren Problem abzulenken, nämlich vom Marktversagen. (Abg. Taschner: Es ist nicht das Markt­versagen!) Das ist unredlich und das ist nicht im Dienste der Bevölkerung Öster­reichs, denn es hilft nur jenen, die jetzt schon genug haben. Das ist die alte Regel, die ihr dann letztlich immer betreibt, auch wenn ihr in Verantwortung seid.

Das hat euch Julia Herr ausgerichtet (Abg. Michael Hammer: Wer ist das über­haupt, die Julia Herr?), und ich werde es heute wiederholen: Nach oben buckeln und nach unten treten (Abg. Belakowitsch: Aber wer sitzt oben und wer ist unten, Herr Kollege?), weil ihr letztlich nicht bereit seid, dorthin zu schauen, wo wir wirklich etwas ändern müssen, nämlich in unserem wirtschaftlichen System. (Beifall bei der SPÖ. –Abg. Belakowitsch: Wer ist oben?! – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

19.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


19.38.50

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Großartige Rede, Kollege Lercher, da kann ich gleich fortsetzen!

Warum machen die Freiheitlichen das? Ich habe mich über diesen Antrag des Kollegen Kassegger ja gewundert – dass Ihnen als Jurist so ein Antrag gelingt!

Man muss sich einmal Folgendes vorstellen: Sie beantragen hier eine Volks­befragung. Das ist das Recht des Nationalrates. Der Nationalrat darf dem Volk eine Frage mit zwei Antwortmöglichkeiten stellen, zum Beispiel Ja oder Nein. – Das machen Sie nicht, Sie fragen das Volk nicht! In Ihrem Antrag steht nicht drin: Sollen die Sanktionen beendet werden?, oder: Soll Österreich die Sanktionen


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alleine beenden?, oder: Soll sich Österreich dafür einsetzen, dass die Europä­ische Union sie beendet? Nichts!

In Ihrem Antrag steht drin: Die Bundesregierung soll dem Nationalrat einen Vorschlag machen, welche Frage gestellt wird. Sie als Freiheitlicher wollen von der Bundesregierung einen Vorschlag, was das Volk gefragt werden soll. Ist Ihnen das nicht peinlich? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das ist ja aber - ‑! Das Begehr ist aber ..., oder?)

Na, ich sage Ihnen, warum Sie das machen. Es gäbe drei Möglichkeiten. Die erste ist: Sie sind zu faul, eine Frage zu schreiben. – Das traue ich Ihnen nicht zu.

Die Zweite ist: Sie glauben, Minister Kocher kann es besser als Sie. (Abg. Belakowitsch: Nein, das glauben wir nicht! Das schließe ich aus!) Ich glaube das. Dass Sie das glauben, dass Sie die Kompetenz erkennen könnten, glaube ich Ihnen aber nicht. (Abg. Belakowitsch: Nein, das glauben wir nicht! Da möchte ich jetzt gleich sagen: Nein!)

Die dritte Möglichkeit ist folgende: Was auch immer die Frage ist, die kommt, Sie werden herummatschkern und sagen: Uh, das ist eine manipulative Frage, so geht das nicht! – Sie werden die Volksbefragung verlieren, und dann werden Sie matschkern, dass die Frage schlecht war – von Anfang an war das so geplant. Sie veralbern hier Ihre eigene Wahlbevölkerung. Ihre eigenen Leute führen Sie hier vor und manipulieren sie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der ganze Antrag ist nichts anderes als ein Scheingefecht, mit dem Sie Ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber so tun, als würden Sie sich für ihre Demokratie einsetzen. In Wahrheit führen Sie sie vor und machen sie da zu Wahlidioten – das machen Sie mit diesem Antrag. Sie haben das letzte Mal hier mit einer Aktuellen Stunde das Parlament missbraucht, und jetzt missbrauchen Sie die österreichische Wählerschaft im Sinne von Putin. Sie missbrauchen Ihre eigene Wählerschaft, um russische Politik im österreichischen Nationalrat zu machen. Das machen Sie mit diesem Antrag.

Sie sind in Wahrheit als Parlamentarier und als Volksvertreter rücktrittsreif. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Die


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Verfassung, auf die Sie vereidigt sind, brechen Sie die ganze Zeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie sind der russische Spion hier in diesem Haus, so schaut’s aus. (Abg. Belakowitsch: Sie haben echt ein Problem!)

Ich verstehe schon, dass Sie als jemand, der hier russische Politik machen möchte, sich dafür einsetzen, aber ich sage Ihnen etwas: Wir könnten mit einer Volksbefragung ja wirklich etwas tun. Es gab erst eine in diesem Land – übrigens keine einzige, während die Freiheitlichen regiert haben, ich sage es nur; so viel zur direkten Demokratie, die Sie da so hochhalten –, das war eine große, grund­sätzliche politische Frage (Ruf: Das war Zwentendorf!): Wehrpflicht: ja oder nein? (Abg. Michael Hammer: Das war eine Volksbefragung!)

Stellen wir doch so große, grundsätzliche politische Fragen! (Ruf: Nein, das war keine Abstimmung! Abstimmung war Zwentendorf!) Stellen wir eine Frage, ob die Hälfte der österreichischen Bevölkerung besser verdienen soll, sozial besser abgesichert werden soll, bessere Karrierechancen haben soll! Machen wir eine Frauenvolksbefragung! (Beifall bei den Grünen.)

Wollen Sie so etwas? – Nein. Große, grundsätzliche Fragen: Machen wir eine Klimavolksbefragung! Wollen Sie, dass wir einen kompletten Ausstieg aus der fossilen Energie haben? Warum machen Sie so etwas nicht? – Weil Sie das alles nicht interessiert, weil Sie ja russische Politik machen. (Abg. Kassegger: Es gibt einen feinen Unterschied zwischen Wollen und Können!)

Jetzt sage ich Ihnen aber noch etwas: Eine Volksbefragung ist nicht verbindlich, und da kann man nachher darüber diskutieren, ob man das haben will oder nicht. Die Frage, ob wir das haben wollen oder nicht, ist dadurch entschieden, dass es ein Wahlergebnis gibt, dass wir eine Regierung haben, dass es eine Fraktion gibt, die solche Dinge durchsetzt. Ich werde mich dafür, dass das eine Volksbefragung ist, nicht einsetzen. Wir werden das machen, und Ihnen als Parlamentarier würde ich empfehlen: Wenn Sie irgendein Anliegen haben, dann stellen Sie das als Frage und wenden Sie sich nicht an die Regierung, dass die Ihren Job machen


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soll! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

19.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte.


19.42.37

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir reden über den Antrag der FPÖ, über die Volksbefragung über die sofortige Beendigung der Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation.

Die FPÖ versucht sich hier, wie sie es oft tut, wieder einmal in der Kunst der Verführung mit viel zu einfachen Erklärungen. Sie erklären den Menschen, die Sanktionen gegen Russland sind – Sie sagen jetzt zwar, es ist nur ein Teil, aber eigentlich schon vorwiegend – das Problem, das wir jetzt in allen wirtschaft­lichen Herausforderungen haben, vor denen wir im Moment stehen. – Das ist, Herr Dr. Kassegger, ganz einfach völlig unwahr. (Abg. Kassegger: Ihr tut’s alle nicht zuhören! Ich kann meine Rede gern noch einmal wiederholen!)

Zur Analyse: Ich kann jetzt nicht die Analyse des Kollegen Lercher teilen – ich meine, die Schweiz hat einen völlig anderen Warenkorb, die Burschenschafter sind es auch nicht –, aber eines muss man schon sagen: Mit den Problemen, vor denen wir heute stehen, hat das ganz wenig zu tun. Herr MMMag. Dr. Kassegger, Sie verführen mit einer Simplifizierung von wahnsinnig komplexen Zusam­men­hängen ganz bewusst das Volk! (Abg. Belakowitsch: Sie glauben, das Volk lässt sich so leicht verführen! – Abg. Kassegger: Sie haben nicht zugehört! Das ist Ihr Problem: dass Sie nicht zuhören, wenn ich rede! Das war nicht so ..., das habe ich nie gesagt!)

Sie schüren vor allem Ängste gerade bei Menschen (Abg. Belakowitsch: Zum Glück lässt sich die Bevölkerung nicht verführen! Die Leute sind gescheiter ...!), die sich ohnehin schon mit der Komplexität dieser Welt, mit Wirtschaftskreisläufen,


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mit internationalen Zusammenhängen, die für sie ohnehin schon nicht mehr erfassbar sind, schwertun.

Sie nennen dann aber in Ihrer Schrift nur denjenigen Teil der Umfragen, der attestiert, dass die Menschen die Sanktionen sowieso nicht unterstützen. Sie führen auch an, dass der ehemalige Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl quasi gesagt habe, er wäre gegen Sanktionen und fände sie unsinnig.

Ich habe mit Christoph Leitl vorhin telefoniert und ich sage Ihnen jetzt – ich darf das auch zitieren –, was er gesagt hat. Er sagt: Sanktionen schaden immer beiden Seiten, das war klar. Wir haben uns als Europa und Österreich aber für diesen Weg entschieden. Diesen Pfad jetzt zu verlassen, wäre völlig falsch. (Abg. Belakowitsch: Kann er das bitte öffentlich wiederholen?!) Das wäre, als würde man während eines Rennens das Pferd wechseln. Wir müssen diese Sanktionen tragen (Abg. Kassegger: Durchziehen, bis zum bitteren Ende!), bis am Schluss eine friedliche Lösung stehen wird. – Zitatende. Das sagt Christoph Leitl. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe der Abge­ordneten Belakowitsch und Kassegger.)

Herr MMMag. Dr. Kassegger! Diese Diskussion, diese Debatte ist einfach unehrlich. Sie fordern eine Volksbefragung, und – da schließe ich mich Michel Reimon an – die wäre moralisch faktisch bindend für uns. Sie wissen um die filigrane Situation der Politik heute. Wenn wir in aller Ehrlichkeit konsequent darüber nachdenken, dann müssten Sie eigentlich eine Volksabstimmung anfragen, denn nur dann könnten Sie sagen: Das ist jetzt die Entscheidung des Volkes!

Wir alle sind momentan in einer Phase, in der das höchst, höchst kritisch ist. (Abg. Kassegger: Das Volk zu befragen ist immer kritisch!) Wenn Sie Verantwortung leben würden und sich nicht nur dem Populismus verpflichtet fühlen und getrie­ben sein würden, dann würden Sie auch nicht mehr gut schlafen. Deswegen machen Sie das nämlich nicht. Das wäre gleich, als würden Sie eine Abstimmung zur Gemeinschaft einfordern und hinterfragen: Wollen wir aus der Europäischen Union austreten? – Ein Alleingang von Österreich in diesem Sanktionswesen ist


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nicht möglich. (Abg. Kassegger: Jetzt wird’s aber ...!) Das würde dem gleich­kommen, und das wissen Sie ganz genau. (Abg. Belakowitsch: Es ist kein Alleingang!) Dieser Antrag ist reiner Populismus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Aber da geht die Fantasie jetzt mit Ihnen schon ein bisschen durch, Frau Kollegin!)

Das beste Beispiel: die Abstimmung über den Brexit, vor allem entschieden in ländlichen Regionen mit geringen Einkommen, mit niedrigem Bildungsgrad. (Abg. Belakowitsch: Ja und?!) Dort wurde mobilisiert, dort wurde manipuliert und dort wurden Entscheidungen getroffen. Wissen Sie, was heute ist? – Der Großteil der Briten würde gerne wieder zurück, vor allem die Jungen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) 77 Prozent der jungen Briten wüschen sich nichts anderes, als in eine Europäische Union zurückzukommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Kassegger.)

Zusammengefasst: Dieser Antrag dient nur der Spaltung unserer Gesellschaft. Herr Dr. Kassegger, Sie drehen an der Angstspirale – Sie haben es die Eskala­tionsspirale genannt –, das ist, was Sie tun. (Abg. Kassegger: Ich drehe nicht! Wir drehen nicht!)

Sie gießen Öl ins Feuer. Sie polarisieren. Sie versuchen, die Gesellschaft ausei­nanderzudividieren, in einer Zeit, in der wir genau das Gegenteil brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Macht ja nix, Frau Kollegin! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Sie sind verantwortlich dafür, dass die russische Propaganda hier einen gedei­henden Boden findet. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Menschen sich dem anschließen – das ist Ihre moralische Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass diese Sanktionspolitik kein Sprint wird, war klar. Das ist auch kein Mara­thon, wahrscheinlich ist es ein Ironman, aber wir sind gut unterwegs: Die russische Wirtschaft schrumpft drastisch; die stehen mitten in einer Rezession (Abg. Kassegger: Aha! Der Währungsfonds sagt was anderes!); sie finden keine


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Maßnahmen mehr, wie sie für den Krieg neue Leute rekrutieren können. – Es funktioniert. Nur: Jetzt heißt es Linie halten! Jetzt heißt es, gemeinschaftlich zu stehen und das gemeinschaftlich durchzuziehen! Jetzt gibt es da kein Zurück. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das heißt, dass wir gemeinschaftlich die Auswirkungen minimie­ren, so gut es geht.

Wenn man das vergangene Wochenende, die Bundespräsidentenwahl, anschaut: Da haben Sie eigentlich das Ergebnis gesehen. (Abg. Belakowitsch: Ja, vier Parteien, 55 Prozent – großartiger Erfolg!) Ganz einfach: Der Erfolg Ihrer rechten Gemeinschaft, Ihrer Kandidatengemeinschaft, die sich da gefunden hat, war überschaubar. (Abg. Amesbauer: Das war der Erfolg der ÖVP?!) Was haben sich die Menschen gewünscht? – Sie haben sich Stabilität gewünscht! Österreich hat unaufgeregte Stabilität gewählt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Gewonnen hat genau dieses Konzept, denn Wirtschaft braucht Zusammenhalt. Österreich braucht jetzt Zusammenhalt. Wir wollen unaufgeregte Stabilität. – Vielleicht wäre es manchmal besser, Sie tragen auch Ihren Teil dazu bei und stellen einfach solche Anträge nicht mehr! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

19.48


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt wird’s schwierig!)


19.48.19

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was so ein einfach gut gemeinter Antrag auf eine Volksbefragung über die Sanktionen gegen Russland so an Emotionen auslöst – unglaublich! (Heiterkeit der Rednerin. – Abg. Maurer: Voll lustig! – Abg. Disoski: Hihihi, ur lustig! – Abg. Strasser: Das ist eher nicht lustig!) Ich


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glaube, wir merken uns das, müssen solche Anträge öfter stellen. (Ruf bei der ÖVP: Das wird euch eh der Putin anschaffen! Sonst gibt’s keine Kohle!)

Je später die Stunde, desto skurriler werden manche Beiträge. (Ruf bei den Grünen: Ja, Ihrer zum Beispiel!) Über den vielleicht alkoholgeschwängerten Beitrag von Kollegen Lercher (Rufe bei der SPÖ: He! – Abg. Steinacker: Ui! – Abg. Disoski: Was soll das?! – Rufe bei den Grünen: Das geht gar nicht! – Rufe bei der ÖVP: Also das ist hart! Der Zanger ist auch noch da! – Unruhe im Saal): Er war sehr unter­haltsam, aber ich gehe jetzt einmal nicht - -


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich ersuche Sie, sich in Ihrer Aus­drucksweise zu mäßigen und in Ihrer Rede fortzufahren.


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Es war eher entschuldigend gemeint.

Die Äußerungen meiner Vorrednerin Jeitler-Cincelli von der ÖVP – das sei alles so komplex, das könne nicht in eine Volksbefragung münden, hier werde russische Propaganda verbreitet, wenn man das Volk befragen will, ob es die Folgen dieser Sanktionen wirklich mittragen will –: ein seltsames Verständnis.

Kollege Ottenschläger von der ÖVP fragt, wie wir uns das überhaupt vorstellen. Wie stellen wir uns einen Ausstieg aus den Sanktionen vor? (Ruf bei der ÖVP: Sagt es uns!) Es gebe da eine europäische Lösung. (Abg. Ottenschläger: Hab ich eh gesagt ...!) – Nein, wir sind Österreich, wir haben eine Bundesregierung!

Wir stellen uns das so vor, dass Bundeskanzler Nehammer in Brüssel seinen Mund aufmacht (Abg. Hanger: Geh bitte, tu nicht so!), dort nicht einfach nur das macht, was Brüssel anschafft, und sagt, was Frau von der Leyen von ihm hören will. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strasser: Wären Sie dabei, dann würden Sie das sehen! Aber Sie sind ja nicht dabei!)

Dazu kommt noch, dass er nicht nur nicht widerspricht und die österreichischen Interessen dort nicht vorbringt (Zwischenrufe bei der ÖVP), sondern er gibt sich auch noch als Musterschüler, wie wir es Ende Februar bei seinen lächerlichen Reisen gesehen haben. (Ruf bei der ÖVP: Aber Frau Kollegin!)


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Ministerin Edtstadler ist zuständig für unsere Verfassung, die sie aber mit Füßen tritt, und für die EU. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Sie versteht aber dieses Amt falsch. Sie müsste in der EU, in Brüssel die österreichischen Interessen vertreten und nicht umgekehrt die Brüsseler Interessen in Österreich – das ist das Verständnis der Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Bundesverfassung sieht die Möglichkeit der Volksbefragung für „Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung“ vor – ein Instrument der direkten Demokratie. Interessant war auch der Rede­beitrag des grünen Abgeordneten Reimann (Rufe bei den Grünen: Reimon!), der meint, wenn man von diesem Instrument der direkten Demokratie Gebrauch machen möchte, sei das ein Missbrauch der Demokratie und wir sollen gleich einmal aus dem Parlament verschwinden. Also: Das ist verfassungsrechtlich vorgesehen, und zwar für grundsätzliche Angelegenheiten, die die österreichi­sche Bevölkerung in ihrer Gesamtheit betreffen. (Abg. Reimon: Dann stellt ein ...!)

Ich bin der Meinung, dass die Verhängung dieser EU-Sanktionen, denen die Bundesregierung bedingungslos zugestimmt hat, eine solche grundsätzliche Frage ist, denn bei einer gezielten und auch bewusst herbeigeführten Verarmung breiter Gesellschaftsschichten durch steigende Preise, für die die Sanktionen zwar nicht alleine verantwortlich sind, zu der sie aber zu einem guten Teil beitragen, ist die Bevölkerung zu befragen, ob sie das wirklich will, ob sie die Herbeiführung einer Energieunsicherheit wirklich will. Auch diese lösen nicht die EU-Sanktionen alleine aus, aber sie tragen dazu im Wesentlichen bei. Der Rest wird vor allem durch die Energiewende herbeigeführt, bei der Sie (in Richtung ÖVP) die grüne fanatische Ideologie nun offensichtlich aufgesogen haben. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Will das die Bevölkerung? Will sie den Ausstieg aus der fossilen Energie, der da gleich miterledigt ist? Will sie eine unsichere Energiesituation? Will sie exor­bitante Preise dafür zahlen? Wenn Sie in den Medien schauen, in den News - - (Abg. Hanger: Geh bitte!) – Was heißt: „Geh bitte!“? (Abg. Hanger: Was sind denn das für No-na-net-Fragen?) Schauen Sie in die News rein: Die Kaufhäuser


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schließen früher – zehnfache Stromkosten. Ist das gut für unsere Wirtschaft? Was glauben Sie, was das für Folgen haben wird? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Die Großen schließen früher, die Kleinen müssen zusperren. Das ist offensichtlich alles egal. Wollen die Österreicher diesen wirtschaftlichen Einbruch mit einer kommenden Rezession, mit allen Folgen? (Weiterer Zwi­schen­ruf des Abg. Hanger.)

In der Budgetrede sagt der Finanzminister: Wir sind wirtschaftspolitisch hervor­ragend durch die Coronakrise gekommen. – Na schauen wir, wie es weitergeht. Er will ja keine Probleme sehen.

Wollen die Österreicher die Aufgabe der Neutralität? Wollen sie, dass wir uns durch die bedingungslose Akzeptanz der EU-Sanktionen quasi als Kriegspartei positionieren? Das sind grundlegende Fragen, und es soll ein Missbrauch unserer Verfassung und der Demokratie sein, wenn man die österreichische Bevölkerung dazu befragt, ob sie die Verarmung vorantreiben will, ob sie eine wirtschaftliche Rezession will und ob sie unsere Neutralität aufgeben will?

Man müsste die Bevölkerung einfach über die Folge des Wirtschaftskriegs gegen Russland informieren und sie dann dazu befragen, ob sie das möchte. Wie so ein Antrag so einen Widerstand hervorrufen kann, ist mir rätselhaft. Es wurde in Brüssel versprochen – und Sie haben es hier auch bei der Regierungserklärung Ende Februar gesagt –: Die Sanktionen werden den Krieg beenden und sie wer­den Russland wesentlich mehr schaden als Europa. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Beides ist nicht wahr.

Kollegin Jeitler-Cincelli sagt: Wir sind gut unterwegs. – Na, ich würde auch sagen, wir sind wirtschaftlich in Österreich super unterwegs. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Schauen wir, was dabei herauskommt: Beide Ziele sind jedenfalls einmal nicht eingetroffen. Der Krieg ist nicht beendet, sondern der Krieg ist gerade in der fatalen Eskalationsspirale, die wir vorausgesagt haben. Dazu trägt leider auch die EU ein Scherflein bei. Wie wir wirtschaftlich dastehen,


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spürt, glaube ich, die österreichische Bevölkerung jeden Tag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.54


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage wie vereinbart alle Fraktionen, ob wir gleich zu den Abstimmungen kommen können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

19.55.03Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 23 bis 28


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesord­nungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundes­gesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen geändert werden, samt Titel und Eingang in 1732 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird, 1734 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Haubner, Götze - - (Abg. Wöginger: Da waren noch zwei Entschließungsanträge!)

Danke, Herr Klubobmann. Mein Croquis sieht das an sich nicht vor. Ich frage jetzt trotzdem sicherheitshalber nach, ob es hier noch einen Entschließungs­antrag gibt.


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Ich unterbreche ganz kurz. – Ich unterbreche die Sitzung nicht, wir sind im Abstimmungsvorgang, aber ich würde nur kurz darum ersuchen, das Croquis noch einmal sicherheitshalber anzusehen. Wir haben den Tagesordnungs­punkt 23 auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen, und jetzt gibt es eine kurze Pause.

Wir gelangen jetzt, wie richtigerweise erwähnt, zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rauchverbot-Ende in den Innenräumen der Gastronomie auf frei­williger Basis im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizschwammerlverbot beim Vollzug des Unternehmens Energiekostenzuschussgesetz – UEZG“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vorbereitung eines natio­nalen Gaspreisdeckels bzw. einer Gaspreisbremse“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. (Zwischenrufe der Abgeordneten Strasser und Hörl.)  – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird, in 1734 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Peter Haubner, Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Haubner, Götze betreffend Ziffern 1 und 4.


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Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstim­mig so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Auch das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maschinen – Inverkehrbringungs- und Notifizie­rungsgesetz, das Elektrotechnikgesetz, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und die Gewerbeordnung geändert werden, samt Titel und Eingang in 1673 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung geändert wird, in 1674 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tanja Graf, Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Zusatzantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Tanja Graf, Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung der Ziffer 6a sowie betreffend Ziffer 14 eingebracht.


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Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das findet einstimmig die Zustimmung.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes. – Diese werden einstimmig auch so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Neukodifizie­rung der Gewerbeordnung“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1675 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Ausschusses für Wirt­schaft, Industrie und Energie, seinen Bericht 1733 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

20.02.4629. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Land­arbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden (1683 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 29. Punkt der heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


20.03.20

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es nun um Änderungen im Urlaubsrecht, und da sieht man wieder ganz deutlich, auf welcher Seite die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen steht: Sie steht eindeutig auf der Seite der Arbeitgeber und der Konzerne. Derzeit bekommen nämlich Arbeitnehmer:innen, die von heute auf morgen grundlos ihr Dienst­verhältnis beenden – das ist der sogenannte unberechtigte vorzeitige Austritt –, keine Auszahlung der restlichen Urlaubstage. Dazu hat jetzt der Europäische Gerichtshof entschieden, dass diese Regelung unionsrechtswidrig ist. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Die Bundesregierung ist nun am Zug, eine unionsrechtskonforme Regelung zu finden. Da würde es natürlich zwei Möglichkeiten geben: entweder eine arbeit­nehmerfreundliche oder eine arbeitgeberfreundliche Lösung. Überraschen­der­weise hat sich die Bundesregierung für eine arbeitgeberfreundliche Lösung entschieden, und zwar soll die jetzt dahin gehend lauten, dass der Resturlaub lediglich im Ausmaß von maximal vier Wochen ausbezahlt wird. Unser Vorschlag wäre da jedoch die arbeitnehmerfreundlichere Variante, dass nämlich auch die fünfte oder sechste Urlaubswoche zur Auszahlung gebracht wird. Dafür hätte man ganz einfach nur die bisherige Regelung streichen müssen.


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Interessanterweise gibt es ja auch mehrere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes im Zusammenhang mit dem Urlaubsrecht, nämlich eine Entschei­dung, aus der hervorgeht, dass der Urlaub nicht verjähren kann, wenn die Arbeit­nehmerin oder der Arbeitnehmer keine Möglichkeit bekommen hat, ihren/seinen Urlaub zu verbrauchen.

Wir alle wissen, dass der Verbrauch des Erholungsurlaubes ein wichtiger Faktor für die Regeneration und die Gesundheit von Arbeitnehmer:innen ist. Dennoch gibt es Arbeitgeber, die es ihren Arbeitnehmer:innen jahrelang – genauer gesagt: mehr als drei Jahre – nicht ermöglichen, ihren Urlaub zu verbrauchen, und dann verjährt dieser Erholungsurlaub.

Daher bringe ich zu diesen beiden vorhin genannten Punkten einen Abänderungsantrag ein, der im Saal verteilt werden sollte. (Abg. Michael Hammer: Der ist schon da!) – Sehr gut.

Im Sinne der von uns immer wieder geforderten Arbeitszeitverkürzung wäre es jetzt aber an der Zeit, die sechste Urlaubswoche für alle einzuführen, wenn das Urlaubsgesetz jetzt schon offen ist. (Abg. Taschner: Na sicher!) Unser Antrag liegt schon im Arbeits- und Sozialausschuss, und ich lade alle Parlamentsparteien ein, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verena Nussbaum,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden (1683 d.B.) – (TOP 29)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


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Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Änderung des Urlaubsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 10 Abs. 2 entfällt.“

2.         Folgende Z 1a wird eingefügt:

„1a. § 4 Abs. 5 erster Satz lautet wie folgt:

„Der Urlaubsanspruch verjährt nur nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.““

3.         Z 2 lautet wie folgt:

„2. Dem § 19 wird folgender Abs. 13 angefügt:

              „(13) § 4 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. XXX/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.““

II. Artikel 2 (Änderung des Landarbeitsgesetzes 2021) wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 105 Abs. 2 entfällt.“

2.         Folgende Z 1a wird eingefügt:

„1a. § 100 Abs. 7 erster Satz lautet wie folgt:

„Der Urlaubsanspruch verjährt nur nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.““

3.         Z 2 lautet wie folgt:

„2. Dem § 430 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 100 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. XXX/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 In Kraft.““


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Begründung

In der Rechtssache C-233/20 entschied der EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen des OGH, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen sind, dass er einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet. Gemäß der Richtlinie 2003/88/EG stehen jedem Arbeitnehmer ein bezahlter Mindesturlaub von vier Wochen zu. Das österreichische Urlaubsrecht sieht einen Mindesturlaub von fünf in gewissen Fällen auch von sechs Jahren vor. In Anbetracht der ergangenen Ent­scheidung des EuGH ist nun der § 10 Abs 2 UrlG europarechtskonform zu adaptieren. Jedenfalls muss der Gesetzgeber gewährleisten, dass auch Arbeitnehmer die das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beenden eine Urlaubs­ersatzleistung für mindestens vier Wochen zusteht. Zwecks Verwaltungsver­ein­fachung und Beseitigung bürokratischer Schwierigkeiten bei der Berechnung der Urlaubsersatzleistung soll daher nicht ein kompliziertes Modell mit der Differenzie­rung nach europarechtlich geschütztem Mindesturlaub und den darüberhinaus­gehenden österreichischen Urlaubsanspruch normiert werden, sondern der euro­pa­rechtskonforme Zustand durch die ersatzlose Streichung des § 10 Abs 2 UrlG hergestellt werden.

Weiters entschied der EuGH im Vorabentscheidungsersuchen vom Bundesarbeits­gericht (Deutschland) am 22. September 2022, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entge­genstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch


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entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.

Um auch Angesichts dieser Entscheidung das österreichische Urlaubsrecht euro­parechtskonform anzupassen, bedarf es einer Ergänzung des § 4 Abs 5 UrlG da dieser lediglich normiert, dass „Der Urlaubsanspruch verjährt nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist.“, jedoch die tatsächliche Möglichkeit seitens des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer bestehen muss, dass dieser den Urlaub in Anspruch nehmen kann. Daher muss die Verjährungsbestim­mung dahingehend angepasst werden. Weder die Klage auf Zustimmung zum Urlaubsverbrauch noch das Verfahren nach § 4 Abs 4 UrlG erfüllen hinsichtlich der Rechtsprechung den europarechtlichen Mindestanforderungen als tatsächliche Möglichkeit des Urlaubsantritts.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Michael Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.06.16

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist heute eigentlich nicht möglich, nach einer Abgeordneten oder einem Abgeordneten der SPÖ an das Rednerpult zu treten, ohne kopfschüttelnd die Vorreden zur Kenntnis zu nehmen. Wenn man sich mit dem Antrag und dem, was wir heute beschließen, auseinandersetzen würde, müsste man erkennen, dass wir etwas in Bezug auf eine EuGH-Entscheidung, die auf Verlangen des OGH getroffen wurde, regeln, und zwar genau in Bezug darauf, was Sie gerade kritisiert haben, nämlich dass dieser Urlaubsanspruch in Zukunft zusteht. Das wird heute beschlossen. Sie stellen sich hierher und sagen: Die Regierung steht nicht aufseiten der Arbeitnehmer, sondern nur auf der Seite der Arbeitgeber. – Sie haben eigentlich gar nicht verstanden, was wir da beschließen. (Abg. Heinisch-


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Hosek: Na, Sie haben es nicht verstanden! – Zwischenruf der Abg. Nussbaum.) Wir beschließen genau das, das tun wir.

Ohne inhaltlich Kollegen Kassegger verteidigen zu wollen: Vorhin war es auch bei Kollegen Lercher das Gleiche, der sich einfach hierhergestellt und ihm etwas unterstellt hat, was überhaupt nicht gesagt worden ist, denn es wurde das Gegenteil behauptet. (Abg. Kassegger: Damit hast du mich verteidigt! Vielen Dank, danke! – Abg. Belakowitsch: Na, jetzt muss ich mich zu Wort melden, das geht ja nicht ...!) Auch beim Budget war es heute das Gleiche: Es ist gleich bei Kollegen Krainer losgegangen. Er hat von irgendetwas, nur nicht von diesem Budget geredet und irgendwelche Dinge in den Raum gestellt, die so nicht da sind. Das ist ein Stil, der echt entbehrlich und zum Schämen ist. Das muss man wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir entsprechen der Entscheidung des EuGH, wonach dieser Anspruch auf die Abgeltung der vier Urlaubswochen gegeben ist. Im Antrag ist ein kleiner redaktioneller Fehler drin, und daher darf ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden

Der Nationalrat wollte in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Einleitungssatz zu Art. 2 wird der Ausdruck „BGBl. I Nr. 121/2021“ durch den Ausdruck „BGBl. I Nr. 115/2022“ ersetzt.

2. Art. 2 Z 2 lautet:

,2. Dem § 430 wird folgender Abs. 6 angefügt:


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„(6) § 105 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2022 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“ ‘

*****

Ich bitte, dem zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

20.08

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2793/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Heimarbeitsgesetz 1960 geändert werden (1683 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Einleitungssatz zu Art. 2 wird der Ausdruck „BGBl. I Nr. 121/2021“ durch den Ausdruck „BGBl. I Nr. 115/2022“ ersetzt.

2. Art. 2 Z 2 lautet:

,2. Dem § 430 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 105 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2022 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“ ‘

Begründung

Der Antrag korrigiert einen Redaktionsfehler: mit Novelle BGBl. I Nr. 115/2022 wurde im LAG bereits ein § 430 Abs. 5 aufgenommen.

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 380

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.09.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Kollege Hammer, Sie haben recht, es handelt sich natürlich um eine Entscheidung des Höchstgerichts, aber man hätte das natürlich auch anders lösen können. Es ist jetzt so, dass ein Teil des Urlaubs noch abgegolten wird, der Rest dann aber eben verfällt – das bedeutet, sollten Arbeitnehmer einen längeren Urlaub stehen haben, wird ver­fällt er.

Insoweit hat Kollegin Nussbaum natürlich recht: Sie stehen immer nur aufseiten derer, die es sich eh gut leisten können. Sie stehen nie aufseiten der Arbeitneh­mer. (Abg. Haubner: Na, geh!) Auch in diesem Gesetzentwurf haben Sie das wieder bewiesen, und daher werden wir dem Gesetzentwurf so in dieser Art nicht zustimmen.

Man hätte das auch anders lösen können, darüber haben wir auch schon im Ausschuss sehr lange und sehr ausführlich diskutiert. Es kann nicht sein, dass man immer nur das Mindestmaß dessen beschließt, was vorgegeben ist. Man kann gerade in Zeiten der Krisen, gerade in Zeiten der Teuerung auch einmal aufseiten jener stehen, die es nicht ganz so einfach haben und für die es auch wichtig wäre, einmal ein bisschen mehr zu bekommen und ein bisschen mehr zu bekommen als das, was vom Gerichtsurteil vorgegeben ist. Insofern, muss ich Ihnen sagen, hätte man durchaus den Gesamturlaub auszahlen können. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nussbaum.)

20.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 381

20.10.28

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Bereits im Juli 2022 haben wir hier im Nationalrat im Rahmen der Dienstrechts-Novelle für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beschlossen, dass bei ungerechtfertigtem vorzeitigem Austritt eine Urlaubsersatzleistung im Mindestmaß von vier Wochen zu leisten ist. Das heißt, was wir hier jetzt machen, ist nichts anderes, als dass wir diese Regelung noch für den Bereich der Privatwirtschaft und der Landwirtschaft nachvollziehen.

Das heißt in Wirklichkeit, das ist für den öffentlichen Dienst hier beschlossen worden, und zwar – ich habe extra nachgeschaut – auch mit den Stimmen der Freiheitlichen. Die SPÖ hat damals nicht zugestimmt, aber damals waren der Grund die Landeslehrer:innen; von den vier Wochen war da überhaupt nie die Rede, dass das auf einmal nicht passen würde.

Ich glaube, man muss schon auch einmal ganz klar sagen, worum es hier geht – und ich finde es gut, dass es diese Regelung gibt, ich finde es sehr gut, dass der Europäische Gerichtshof hier entschieden hat, ganz klar Recht gesprochen hat und dass dank EU-Recht Arbeitnehmer:innenrechte hier jetzt ausgebaut und erweitert worden sind. Da ist ja nichts beschnitten worden, im Gegenteil: Die Rechte haben sich dank dieses Anspruchs erweitert. Vorher war die Regelung, dass sie nichts bekommen haben, keine Urlaubsersatzleistung – jetzt bekommen sie aufgrund dieses Beschlusses eine Urlaubsersatzleistung.

Und zwar welche Gruppe? – Nämlich jene Gruppe von Arbeitnehmer:innen, die bis jetzt nichts bekommen haben, weil sie einen vorzeitigen ungerechtfertigten Austritt hatten. Das heißt, sie haben ihr Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst, ohne Kündigungsfrist und auch ohne Grund. Das ist kein berechtigter Austritt, bei dem Leute aufgrund dessen, dass sie nicht bezahlt werden, dass die Arbeitsbedingungen gefährlich sind, dass sie lebensgefährlich sind, dass sie krank werden, dass sie sexuell belästigt werden, sagen: Ich gehe jetzt nicht mehr arbei­ten. – In solchen Fällen haben sie selbstverständlich alle Rechte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 382

Genauso ist es auch ein Gerücht, dass auf einmal bestehende Urlaubsansprüche aus den Vorjahren nicht mehr geltend gemacht werden können. Das bleibt ja bestehen, so wie bislang. Das, was tatsächlich passiert, ist, dass vier Wochen an Jahresurlaub künftig von jenem Jahr abgegolten werden, in dem der vorzeitige Austritt stattfindet, wie es der EuGH beschlossen hat.

Ich bitte, hier dieser Verbesserung für Arbeitnehmer:innen tatsächlich zuzustim­men. Noch einmal: Es ist eine Verbesserung – es ist ein Anspruch, den es in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht gegeben hat. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Krainer: Mich hast du nicht über­zeugt!)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.

20.13.2130. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2763/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkosten senken und Lohnverhandlungsspielraum schaffen (1684 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.13.43

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Inflationsraten sind hoch, und da liegt es in der Natur der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 383

Sache, dass die Arbeitnehmervertretung auch entsprechend hohe Lohnfor­de­rungen stellt, weil es darum geht, dass die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter ihren Wert behalten. Darauf muss man aber reagieren, weil die Unternehmen unter mehrfachem Druck stehen: Sie stehen einerseits unter dem Druck der hohen Energiepreise, in Österreich stehen sie zusätzlich unter einem gewaltigen Bürokratiedruck, und jetzt kommt noch dazu, dass wir in Österreich besonders hohe Lohnnebenkosten haben. Da sind wir in der OECD auf Platz fünf, also unter den entwickelten Industrieländern im ganz vorderen Feld, was die Höhe der Lohnnebenkosten betrifft.

Druck von drei Seiten in einem internationalen Wettbewerb, und da ist die Frage: Was kann man tun? – Die Republik hat die hohen Energiepreise nicht gemacht, die Republik hat allerdings die Bürokratie gemacht und auch die hohen Lohnnebenkosten, und dort müsste man ansetzen. Unserer Meinung nach geht es darum, die Lohnnebenkosten zu senken. Das verschafft den Unternehmen die Luft, die sie brauchen, damit sie höhere Löhne zahlen können, damit sie den Gewerkschaftsforderungen begegnen können, damit am Schluss auch mehr netto übrig bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben nämlich sehr viele Lohnnebenkosten, die alles Mögliche finanzieren, aber nicht die Anliegen der Arbeitnehmer. Zum Beispiel die Kammerumlage 2 an die Wirtschaftskammer – diese finanzieren wir von den Löhnen weg, sie hat aber mit den Interessen der Arbeitnehmer genau gar nichts zu tun – könnte man ersatz­los streichen, und den Arbeitnehmern würde nichts fehlen.

Wir haben viel zu hohe Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung, das würde wesentlich billiger gehen. Die Beamtenversicherung zeigt es vor: Das geht um die Hälfte.

Wir haben Wohnbauförderungsbeiträge. Warum müssen eigentlich die Arbeit­nehmer mit ihren Entgelten die Wohnbauförderung zahlen, wenn auch andere Erwerbstätige oder Nichterwerbstätige aus den Mitteln der Wohnbauförderung Geld bekommen können? – Das gehört nicht auf die Löhne drauf.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 384

Genauso gehören die Familienleistungen nicht alleine aus der Arbeitnehmer­schaft heraus finanziert, sondern wenn, dann generell aus dem Budget.

Wenn wir diese Dinge, die wir jetzt vom Lohn weg finanzieren, anders finan­zieren würden oder einfach streichen würden, dann bleibt auch mehr Luft für die Unternehmen, höhere Löhne zu zahlen, und darum geht es in Tagen wie diesen. Darauf zielt dieser Antrag ab. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

20.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Klaus Fürlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.16.27

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Danke zunächst einmal Kollegen Loacker dafür, dass er das Thema Arbeitskosten auf­greift. Das ist immer ein interessantes Thema. Es ist ein gutes Thema, und wir haben natürlich auch damit einen Wahlkampf 2017 und 2019 bestritten und einiges von dem, lieber Herr Kollege, was wir damals angekündigt haben, auch eingehalten. Wir haben in den letzten Jahren die Beiträge zur Insolvenzent­geltsicherung, zur Arbeitslosenversicherung, zur Unfallversicherung – alles, was du hier vorhin genannt hast – gesenkt, um den hohen Arbeitskosten entge­gen­zutreten.

Ich bewundere dich allerdings, du bist schon länger im Hohen Haus und immer noch in der juvenilen Drangphase, denn du möchtest mit diesem Antrag – und das hast du ein bisschen verschwiegen – ja gleich die Lohn- und Nebenkosten um ein Drittel senken. Wenn wir sie dort wegnehmen, und das ist das Hinken an der Argumentation, dann muss dieser Beitrag ja von woanders bezahlt werden. Das heißt, man muss es dann aus dem Steuertopf nehmen, und dann wird es auch letztlich wieder der Unternehmer oder der Arbeitnehmer zahlen. Die Kosten für Wohnbauförderung und all diese Dinge bleiben letztendlich gleich. (Abg. Loacker: Die Wirtschaftskammerumlage wäre weg!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 385

Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, ein Systemversagen zu provozieren, indem man von vornherein ein Drittel dieser Kosten ohne Gegenvorschlag streicht. Darum haben wir diesen Antrag im Arbeits- und Sozialausschuss auch abgelehnt.

Im Zusammenhang mit deiner Bezugnahme auf die Lohnverhandlungen und deiner Forderung des Mehr-Netto-vom-Brutto kann man nicht oft genug auf das hinweisen, was wir jetzt gerade hier in diesem Haus gemacht haben und was wir machen, indem wir die kalte Progression abschaffen. Jahrzehntelang diskutiert, jahrzehntelang nichts passiert – aber jetzt, meine Damen und Herren, haben wir es in diesem Haus geschafft, und das ist mit ziemlicher Sicherheit gerade für die anstehenden Lohnerhöhungen das größte Mehr-Netto-vom-Brutto, das wir leisten können. In diesem Sinne haben wir sehr viel von deinem Antrag vorweg­genommen und heute beschlossen, und ich hoffe, du freust dich darüber. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Michael Seemayer, diesmal nur einmal. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.18.49

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ein Antrag von Kollegen Loacker, der sich um Verhandlungsspielräume bei Lohn- und Gehaltsverhandlungen bemüht, ist immer interessant. Meistens geht es ja gegen die Kammern beziehungsweise gegen die Kammerumlage; diesmal um die Lohnnebenkosten.

Was sind Lohnnebenkosten? – Darunter versteht jeder ein bisschen etwas anderes. Das sind einmal die Sozialversicherungsbeiträge oder die Lohnsteuer, ein anderer meint den Urlaub, die Entgeltfortzahlung, Urlaubsgeld, Weihnachts­geld – alles kann man unter Lohnnebenkosten verstehen.

In diesem Antrag werden in erster Linie die Senkung der Beiträge zum Flaf, Wohnbauförderung und Kommunalsteuer angeführt, aber auch die Beiträge zur AUVA und zur Arbeitslosenversicherung sind den NEOS offensichtlich noch zu


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hoch. Konsequenterweise sind natürlich auch die Kammerbeiträge als Einsparungspotenzial angeführt worden, das war nicht anders zu erwarten.

Dass die Lohnnebenkosten für die Beurteilung der Standortfrage völlig untauglich sind, beweist alleine die Tatsache, dass nämlich dort, wo es gar keine oder nur ganz geringe Lohnnebenkosten gibt, gar keiner produzieren will. Das sind meistens die sehr unattraktiven Standorte. Das heißt, wir haben da sehr wohl einen Standortvorteil durch sinnvolle Standortpolitik. (Abg. Loacker: Ich habe mich auf die OECD-Länder bezogen – nicht auf Ruanda!) – Ja, OECD-Länder. Sinnvollerweise zieht man für solche Vergleiche die Lohnstückkosten heran, und da sind wir hervorragend, da liegen wir besser als viele andere wirtschaftsstarke Länder.

Alleine wenn man sich die letzten Senkungen der Lohnnebenkosten anschaut, ist Vorsicht geboten. So führt die Absenkung der AUVA-Beiträge dazu, dass die Unfallkrankenhäuser ausgehungert werden. In Oberösterreich, Industrie­bundes­land Nummer eins, gibt es keine Betten mehr zur Versorgung von schweren Brandverletzungen, die leider in der täglichen Arbeitswelt immer wieder vorkom­men. Es müssen mehrmals jährlich Schwerverletzte nach Wien, nach Graz oder nach München ausgeflogen werden, falls es dort überhaupt ein freies Bett gibt. Was das für Partner, für die Familie bedeutet, wenn sie Hunderte Kilometer fahren müssen, um die Angehörigen zu besuchen, brauche ich hier herinnen niemandem zu erklären.

In den letzten Jahren hat es immer wieder Senkungen gegeben, es ist angeführt worden: Senkungen der Lohnnebenkosten, Senkungen der Dienstgeberbeiträge, AUVA-Beiträge, IESG-Beiträge wurden mehrmals gesenkt, insgesamt über 1,3 Milliarden Euro. Wie oft, glaubst du, hat es dann mehr Spielraum bei Kollek­tivvertragsverhandlungen gegeben? – Nie! Das führt genau zu gar nichts, was die KV-Verhandlungen betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es um Spielräume bei KV-Verhandlungen geht, dann muss man ganz woanders hinschauen. Allein in der Metallindustrie hat sich der Produktionswert


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in den letzten drei Jahren von 70 auf 75 Milliarden Euro erhöht, bei gleichblei­benden Personalkosten. Innerhalb eines Jahres haben sich die Gewinne ver­doppelt und sind zu 80 Prozent ausgeschöpft worden. Also keine Angst, wir wissen, wo wir bei KV-Verhandlungen hinschauen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.22.04

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Loacker, du wirst recht überrascht sein, ich kann deinem Ansinnen, der Entlastung des Faktors Arbeit, durchaus Gewisses abge­winnen. Es ist tatsächlich so, dass wir in Österreich, was die sogenannten Payrolltaxes, also die lohnbezogenen Steuern, betrifft, ziemlich an der Weltspitze liegen. Österreich wird da, glaube ich, nur noch von Schweden überholt. Wir liegen knapp vor Frankreich, und dann sind wir auch schon ziemlich am Ende der Fahnenstange.

Es stellt sich wirklich die Frage, warum beispielsweise Abgaben wie der Wohn­bauförderungsbeitrag oder auch die Kommunalabgabe auf Basis der Lohnsumme eingehoben werden müssen. Das ist eine durchaus legitime Frage, ob es nicht alternative Finanzierungsformen gäbe, denn zwangsläufig muss das nicht so sein.

Ich finde, es ist zumindest ein Fortschritt vom Kollegen Loacker, dass er in seinem Antrag zwischen Sozialversicherungsbeiträgen als Lohnnebenkosten, die er abgesehen vom Unfallversicherungsbeitrag nicht wirklich senken will, und den Payrolltaxes, die er eben senken will, unterscheidet. Nur das große Problem ist: Das Geld, das da eingenommen wird, wird ja nicht irgendwo runtergespült oder vergraben oder versteckt, sondern das dient der Finanzierung von gewissen staatlichen Leistungen, von gewissen Sozialleistungen, von gewissen Aufgaben. Und wenn wir das nicht mehr auf Basis der Löhne finanzieren wollen, dann müssen wir es auf einer anderen Basis finanzieren, dann braucht es alternative Finanzierungsformen, und da müssen wir uns etwas überlegen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 388

Wenn die Löhne und die Gehälter dafür ausfallen – wo ich durchaus dafür bin, wo ich durchaus sage, ja, kann man darüber diskutieren –, dann würden sich als alternative Finanzierungsmöglichkeiten, denn eine weitere Erhöhung von Einkommensteuer, Lohnsteuer, auch von Massensteuern wie der Umsatzsteuer wird es ja wohl nicht sein, vermutlich vor allem vermögensbezogene Abgaben empfehlen, wo wir in Österreich ziemlich am unteren Ende der Fahnenstange sind, oder auch eine weitere Ökologisierung des Steuersystems im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform, einer noch weiter gehenden, wo man sagt: Sozial­beiträge werden gesenkt, also diese Payrolltaxes beispielsweise, dafür werden die Umweltsteuern erhöht.

Das wäre tatsächlich eine tiefgreifende Strukturreform, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entlasten würde und die Steuergewichtung umschichtet. Ich sehe nur ehrlich gesagt derzeit in diesem Haus keine Mehrheiten dafür. Ich wäre sehr erfreut, wenn die NEOS sagen würden: Ja, das ist eine gute Idee, reden wir doch tatsächlich darüber, den Faktor Arbeit zu entlasten und dafür Vermögens­übergänge, Erbschaften beispielsweise höher zu besteuern! (Aha-Rufe bei der ÖVP.) Dann wäre zumindest ein weiterer Schritt in diesem Hause getan, dass wir vielleicht einmal zu mehr Steuergerechtigkeit kommen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlasten sowie Kapital und Umweltverbrauch höher besteuern. Ja, darüber können wir durchaus reden. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hörl: Erbschaftssteuer!)

20.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte schön.


20.25.14

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich jetzt noch zu Wort gemeldet, weil nach den Ausführungen meines Kollegen Loacker doch relativ viel schwer Durch­schau­bares an Argumenten gekommen ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 389

Ich möchte mit etwas anfangen, das Herr Kollege Fürlinger ins Feld geführt hat. Er hat gesagt, unser Vorschlag von NEOS-Seite, die nicht arbeitnehmerbezo­genen Lohnnebenkosten aus den Lohnnebenkosten herauszunehmen und allgemein durch das Steuerbudget zu finanzieren, mache keinen Unterschied, weil ja alle Kosten weiterhin bestehen blieben. Und das ist eben natürlich nicht der Fall!

Es ist deswegen nicht der Fall, weil allererstens einmal die Kammerumlage 2, die wir angesprochen haben, die ja die Wirtschaftskammer finanziert, nicht unbe­dingt weiterfinanziert werden muss, weil die Wirtschaftskammer auf dermaßen viel Geld sitzt, im Moment 1,6 Milliarden Euro an Rücklagen, dass sie auch eine ganze Zeit ohne die Kammerumlage 2 leben kann. Und wenn sie effizienter arbeiten würde und nicht lauter Frühstücksdirektoren beschäftigen würde, dann ginge noch deutlich mehr. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Danke für den Einwand: auch Frühstücksdirektorinnen, natürlich. Es ist grund­sätzlich so, dass man bei der Kammerumlage 2 streichen kann – nicht aussetzen, sondern wirklich streichen.

Ein zweites Beispiel, lieber Herr Kollege Fürlinger, ist – Kollege Loacker hat das auch ausgeführt –: Bei der Unfallversicherung geht es darum, dass die Beamten­versicherung vormacht, dass sich die Zeiten geändert haben, dass es Gott sei Dank weniger Arbeitsunfälle gibt und dadurch die Kosten sinken und man des­wegen auch geringere Kosten bei den Lohnnebenkosten abziehen kann.

Der dritte Punkt ist die Wohnbauförderung. Diese wird in den Ländern zur zwecklosen Bezuschussung der Landesbudgets verwendet. Das heißt, nur weil die Länder nicht besser wirtschaften, müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer von ihrem Lohn etwas abdrücken, und das unter dem Deckmantel des Wohnbaus. Das heißt ganz konkret, natürlich fallen Kosten weg, wenn man über das Steuerbudget, das im Allgemeinen noch einmal diskutiert wird, streng darauf schaut und dann anders finanziert.

Ein anderer Punkt, Kollege Seemayer, den Sie anscheinend, glaube ich, in dem Ansinnen, das wir NEOS hatten, so nicht verstanden haben: Uns geht es darum,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 390

dass jetzt wirklich außergewöhnlich hohe Lohn- und Gehaltsforderungen auf die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zukommen, die sie nicht einfach weitergeben können. Das geht nicht so, dass man alle Produkte und Dienstleistungen einfach um x Prozent teurer macht. Das geht in manchen Fällen, es geht nicht überall. Das heißt, die Idee ist, die Rahmenbedingungen für die Unternehmen so zu gestalten, dass man den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch wirklich so viel an Gehalt und Lohn geben kann, wie von der Gewerkschaft teilweise gefor­dert wird – wahrscheinlich nicht ganz in der Höhe, aber zumindest in einem Ausmaß, dass die Betriebe weiterexistieren können, denn wenn die nicht existieren, gibt es auch niemanden mehr, der die Gehälter und Löhne bezahlt. Um beides zu ermöglichen, wäre unser Zugang, die Lohnnebenkosten entsprechend zu senken.

Das ist nicht besonders schwer zu verstehen, und ich denke, es ist auch im Sinne der Gewerkschaften, denn wenn ihre Mitglieder keinen Job haben, werden sie auch keine Mitglieder in der Gewerkschaft mehr sein. Daher ist es im Sinne von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen und daher verstehe ich diese Ableh­nung wirklich nicht. (Beifall bei den NEOS.)

20.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.

20.28.3231. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2796/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Barbara Neßler,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 391

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (1685 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2740/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederein­führung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit (1686 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2129/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswei­tung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder (1687 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 31 bis 33 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auch in diesem Fall wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Petra Wimmer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.29.26

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, wir alle wünschen uns, dass wir uns nicht mehr mit Covid beschäftigen müssen. Seit über zwei Jahren sind wir mit der Pandemie, mit der Krankheit, mit den Auswirkungen befasst, aber leider ist es noch nicht vorbei.

Die aktuell steigenden Zahlen zeigen eine Entwicklung dahin gehend, dass wir noch länger damit umgehen müssen und dass wir in der Politik dafür sorgen müssen, die Rahmenbedingungen hinsichtlich der Herausforderungen, die Covid mit sich bringt, mit allen Auswirkungen auf das tägliche Leben, so zu gestalten, dass alle Menschen mit dieser Bedrohung gut umgehen können.

Darum ist mir und meiner Fraktion auch die Sonderbetreuungszeit besonders wichtig. Immer wieder läuft der Anspruch aus, immer wieder müssen wir diesen Anspruch verlängern. Das bringt Unsicherheit für die betroffenen Familien, dass


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man, wenn ein Kind zu Hause bleiben muss, das wieder mit dem Arbeitgeber ausverhandeln muss, und auch für die Arbeitgeber braucht es Planbarkeit. Darum ist uns ein unbefristeter Anspruch auf die Sonderbetreuungszeit sehr wichtig, das wäre die Lösung im Sinne aller Beteiligten.

Ich versuche es heute noch einmal, ich bringe einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen, 1685 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 wird in Abs. 1 der Ausdruck „Im Zeitraum zwischen dem 5. September 2022 und dem 31. Dezember 2022“ durch den Ausdruck „Ab dem 5. September 2022“ ersetzt.

2. In Z 1 wird in Abs. 1, 4. Satz der Ausdruck „im Zeitraum zwischen 5. September 2022 und 31. Dezember 2022“ durch den Ausdruck „im Kalenderhalbjahr“ ersetzt.

3. Z 3 lautet wie folgt:

„3. Dem § 19 Abs. 1 wird folgende Z 53 angefügt:

‚53. § 18b Abs. 1, 1a, 1b, 1c und 1d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. XXX/2022 treten rückwirkend mit 5. September 2022 in Kraft.’“

*****

Was sich so technisch anhört bedeutet, dass der Anspruch auf Sonderbetreu­ungszeit unbefristet möglich ist. Das wäre im Sinne der Familien ein ganz wichtiger Schritt und auch ein Zeichen, dass die Regierung endlich verstanden hat, unter welch enormem Druck die Familien stehen.

Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Antrag. Die Familien brauchen einfach diese Sicherheit. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sehr bedauerlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Regierungsparteien meinen Antrag betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder“, also für wirklich sehr, sehr kranke Kinder, für Kinder, die besonders gefährdet sind, abgelehnt hat. Während der letzten zwei Jahre fanden diese Familien kein Gehör und kein Verständnis bei dieser Bundesregierung. Mit der Ablehnung dieses Antrages lassen Sie sie erneut mit ihren Sorgen und Ängs­ten alleine. (Beifall bei der SPÖ.)

20.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2796/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (1685 d.B.) – (TOP 31)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1.         In Z 1 wird in Abs. 1 der Ausdruck „Im Zeitraum zwischen dem 5. September 2022 und dem 31. Dezember 2022“ durch den Ausdruck „Ab dem 5. September 2022“ ersetzt.

2.         In Z 1 wird in Abs. 1, 4. Satz der Ausdruck „im Zeitraum zwischen 5. Septem­ber 2022 und 31. Dezember 2022“ durch den Ausdruck „im Kalenderhalbjahr“ ersetzt.

3.         Z 3 lautet wie folgt:

 „3. Dem § 19 Abs. 1 wird folgende Z 53 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 394

              „53. § 18b Abs. 1, 1a, 1b, 1c und 1d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. XXX/2022 treten rückwirkend mit 5. September 2022 in Kraft.““

Begründung

Die Inanspruchnahme von Sonderbetreuungszeit ist streng auf ganz bestimmte Sachverhalte eingeschränkt und kann daher auch nicht missbräuchlich in Anspruch genommen werden.

Die ständige zeitliche Beschränkung dieser Bestimmungen ist daher völlig überholt, denn solange bei Infektionen mit dem Corona-Virus Kindern oder Menschen mit Behinderungen, für die Betreuungspflichten bestehen, Bildungseinrichtungen nicht betreten dürfen, wird die Inanspruchnahme von Sonderbetreuungszeit erforderlich bleiben. Daher soll dieser Anspruch sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch die Vergütung für Arbeitgeber*innen zeitlich nicht mehr befristet sein. Damit ist es auch künftig nicht mehr erforderlich die Regelungen rückwirkend in Kraft zu setzen, weil die Regierung wieder einmal vergessen hat, wann das Schuljahr beginnt.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Rebecca Kirchbaumer. – Bitte schön, Frau Abgeord­nete.


20.33.04

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen und liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen, sofern sie zu dieser etwas späteren Stunde noch vorhanden sind!

Ja, wir verlängern die Sonderbetreuungszeit wiederum, weil wir nicht wissen, wie lange diese Pandemie noch dauern wird. Jeder, glaube ich, hier in diesem Saal und jeder da draußen hofft (Zwischenruf bei der SPÖ), dass diese Pandemie bald einmal ein Ende findet und wir solche Anträge dann gar nicht mehr


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brauchen. (Abg. Wurm: Bravo! Abg. Belakowitsch: Das wäre schon einmal ein guter Ansatz!)

Wir verlängern diese Sonderbetreuungszeit für Eltern, die mit drei Wochen ausgeschöpft werden kann, und für Unternehmerinnen und Unternehmer ist es wichtig, dass die Kosten vom Covid-19-Krisenbewältigungsfonds übernommen werden.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass es in der Vergangenheit schon so war, dass es für Unternehmerinnen und Unternehmer eine Herausforderung war, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diese Pandemie zu bewältigen, und auch jetzt ist es eine, diese Energiekrise zu bewältigen. Es ist eine Herausfor­de­rung für alle, für die gesamte Gesellschaft in Österreich.

Herausfordernd ist es auch, wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter kurzfristig ausfallen. Es stehen die Produktionen still, Kunden können nicht bedient wer­den, Aufträge können nicht ausgeführt werden, Heizungsmonteure kommen nicht ins Haus, Kinder können nicht von Pädagoginnen oder Pädagogen betreut werden. Es ist aber nicht nur in Zeiten der Pandemie wichtig, dass die Kinderbe­treuung funktioniert. Wichtig für die Wirtschaft ist, dass die Kinderbetreuung ausgebaut wird und Familie und Beruf Vereinbarkeit finden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte hier auch appellieren, was die Gesundheit angeht: Wir brauchen gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ich brauche in meinem Unternehmen gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und Stichwort Gesundheit: Das bedeutet in dieser Pandemie, auch wenn es die FPÖ nicht hören will, dass wir uns impfen lassen.

Die Impfung hat gezeigt, dass sie wirkt, dass viele Menschen, Gott sei Dank die meisten Menschen, einen sehr milden Verlauf haben (Abg. Belakowitsch: Was ist mit den Ungeimpften, die einen milden Verlauf haben?), dass sie sozusagen nicht so krank werden, wie wir das in der Anfangszeit der Pandemie gesehen haben. (Abg. Wurm: Jeder, wie er will!)


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Was braucht jetzt Österreich für einen stabilen Standort? Finanzminister Magnus Brunner hat heute das Zukunftsbudget präsentiert, in dem ganz viele Maßnahmen gesetzt wurden, wie wir aus dieser Krise kommen: Senkung der Einkommensteuer von 35 auf 30 und von 42 auf 40 Prozent, Abschaffung der kalten Progression. Was heißt das im Konkreten? – Wenn man eine Lohn­erhöhung bekommen hat, ist es passiert, dass man aufgrund der Steuer dann weniger in der Geldtasche hatte, dass man, obwohl man dann brutto mehr verdient hat, trotzdem netto weniger herausbekommen hat als davor. Das ist eine schleichende Steuererhöhung, und die schaffen wir jetzt nach 40 Jahren ab – bitte, nach 40 Jahren schaffen wir das ab! Diese Regierung macht das jetzt und setzt das um.

Der Sonderfamilienbonus von 180 Euro wurde ausbezahlt, der Familienbonus wurde im Juli dieses Jahres auf 2 000 Euro angehoben, dann noch 500 Euro Klimabonus, den hoffentlich jetzt jeder in Österreich bekommen hat (Abg. Bernhard: Noch nicht!), und noch viele, viele Maßnahmen mehr, wie zum Beispiel die Strompreisbremse.

Unternehmerinnen und Unternehmer und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in der Coronapandemie gezeigt, was Zusammenhalt heißt und das auch in den Vordergrund gestellt. Gemeinsam sind wir stark und gemeinsam schaffen wir das.

Abschließend möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem bei allen Unternehmerinnen und Unternehmern bedanken, dass sie durch diese harte Zeit gegangen sind. Es stehen uns auch noch harte Zeiten bevor, aber sie werden auch diese harten Zeiten überstehen und die Arbeits­plätze in Österreich somit auch erhalten können. Wir in Österreich haben die niedrigste Arbeitslosenquote (Abg. Wurm: Was haben wir?), und noch einmal: Das ist grandios. Vielen herzlichen Dank, das ist euer Verdienst. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.37



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 397

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.38.05

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätz­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und jene, die vielleicht noch via Livestream mit dabei sind! Die Sonderbetreuungszeit wird jetzt doch noch verlängert, und zwar rückwirkend mit 5. September, und da sagen die Familienministerin Raab und Sie, Herr Arbeitsminister, die Sonderbe­treuungszeit ist eine wichtige Unterstützung für die Familien in schwierigen Zeiten. – Ja, da stimmen wir Ihnen zu, aber diese Einsicht kommt etwas spät, denn rückwirkend bedeutet, dass die Eltern zu Schulbeginn und bis jetzt keine Sicherheit gehabt haben, ob es diese Sonderbetreuungszeit gibt.

Vorausschauend agieren schaut etwas anders aus. Die Regelung ist mit Ende des Schuljahres ausgelaufen und Sie haben die Eltern mit dieser Sorge ganz alleine gelassen. Drei Wochen Sonderbetreuungszeit, nämlich mit Fortzahlung des vollen Gehalts, hilft Eltern tatsächlich, wenn sonst keine andere Kinderbetreuung möglich ist – wenn das Kind coronapositiv ist und nicht in den Kindergarten, in die Krabbelgruppe, in die Schule gehen kann; wenn die Klasse behördlich geschlossen ist, weil es vielleicht zu viele Coronafälle gibt; das gilt für Kinder bis 14 Jahre, aber auch für Menschen mit Behinderung, wenn die Einrichtung geschlossen hat, oder aber auch, wenn die 24-Stunden-Betreuung, die Pflege­kraft ausfallen sollte.

Bis jetzt ist diese Sonderbetreuungszeit für 107 000 Personen in Anspruch genommen worden, das waren zum überwiegenden Teil Kinder. 26 Millionen Euro sind im Verhältnis zu allen anderen Coronaförderungen ein kleiner Tropfen; diese 26 Millionen Euro werden den Arbeitgebern vom Bund refundiert.

Wir unterstützen diese Maßnahme für alle Familien, die davon betroffen sind, denn gerade nach den Sommerferien ist der Urlaub meist ausgeschöpft oder der Rest schon fix verplant für die Betreuung in den Weihnachtsferien, und unbe­zahlter Urlaub ist in diesen Zeiten absolut keine Option.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 398

Helfen wir den Eltern, die in Österreich Leistung bringen, arbeiten und Steuern zahlen, auch dabei, dass sie ihren Betreuungspflichten nachkommen können! Sie haben in diesen schwierigen Zeiten ohnehin Sorgen genug. (Beifall bei der FPÖ.)

20.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.40.29

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Liebe Kollegen und Kolleginnen! Meine Vorrednerinnen haben es schon angesprochen: Es fühlt sich vielleicht so an, aber die Coronapandemie ist leider noch nicht ganz vorbei, und darum ist es sinnvoll, für den Worst Case entsprechende Maßnahmen zu setzen, was wir mit der Ver­längerung der Sonderbetreuungszeit machen.

Die Sonderbetreuungszeit kann bis zu drei Wochen in Anspruch genommen werden – auch wenn davor schon die Sonderbetreuungszeit genutzt wurde. Eine zeitlich unbefristete Version, wie es die SPÖ will, erachte ich für wenig sinnvoll. Warum? – Weil wir einerseits natürlich flexibler auf die Pandemie reagieren müssen und andererseits die Sonderbetreuungszeit an der Covid-Gesetzgebung beziehungsweise -Quarantäneregelung quasi dranhängt. Ich glaube, das Wich­tige ist der Rechtsanspruch, dass die drei Wochen erneut in Anspruch genom­men werden können, und wir damit wirklich mit Weitblick für Sicherheit sorgen. (Beifall bei den Grünen.)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich glaube, das ist genau unser Job: Sorgen zu verringern, wo wir sie verringern können. Apropos Sorgen verringern: Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, die Zukunftsaussichten sind jetzt nicht gerade rosig (Abg. Belakowitsch: Aha!) – Corona, Klimakrise, Teuerung, Krieg in Europa –, und gerade als Elternteil macht man sich noch einmal mehr Gedanken darüber, in welche Welt man sein Kind entlässt. (Abg. Belakowitsch: Na ja, mit einer gscheiten Regierung geht’s dann wieder!)


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Genau das ist der Punkt, liebe Kollegen und Kolleginnen: Wir sollten uns auch immer wieder die Frage stellen, welche Welt wir unseren Kindern übergeben wollen. Wir wissen, die Herausforderungen sind groß. Wir befinden uns schon die ganze Regierungsperiode hindurch quasi im permanenten Krisenmodus, und was leicht passiert, ist, dass dann eine Krise gegen die andere Krise aufgewogen wird, was alles andere als zielführend ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Liebe Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, also wenn Sie jetzt irgendetwas zur Pandemie zu sagen haben, dann will ich es, glaube ich, lieber nicht wissen. (Abg. Belakowitsch: Das glaube ich!) Schade.

Eines möchte ich noch sagen: Ich glaube, wir können die Klimakrise leider nicht aufschieben, und wir sollten niemals vergessen, wer die Konsequenzen für unsere politischen Entscheidungen schlussendlich tragen muss. (Abg. Belakowitsch: Die Kinder!) – Das sind junge Menschen, das sollten wir niemals vergessen, liebe Kollegen und Kolleginnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Ja, das sollten Sie nie aus den Augen verlieren!)

20.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.43.31

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Heute ist wieder ein Tag der Husch-pfusch-Gesetze und somit auch ein Tag der Widersprüche. Von ÖVP und Grünen werden reihenweise Initiativ­anträge ohne Begutachtung eingebracht. So wurde heute schon im Zuge der Regelung der Pensionserhöhung beschlossen, dass Ausgleichszulagenbezieher eine zusätzliche Einmalzahlung bekommen, Mindestsicherungsbezieher aber nicht. Unabhängig davon, ob man diesen zwei Gruppen eine Einmalzahlung gönnt oder nicht, Ausgleichszulagenbezieher sind faktisch die pensionierten Mindest­sicherungsbezieher. Die eine Gruppe bekommt das Geld, die andere nicht – Sinn macht das keinen.


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Außerdem wurde heute beschlossen, dass jemand, der 2022 noch schnell in Pension geht, eine Sonderpensionserhöhung von 2,9 Prozent bekommt, aber jemand, der nur einen Monat später, 2023, in Pension geht, bekommt diese Erhöhung nicht. Also wieder – völlig wertfrei, ob man die Erhöhung befürwortet oder nicht –: Diese selektive Pensionserhöhung ist einfach nur Ergebnis einer Husch-pfusch-Gesetzgebung.

Genau so ein unlogisches Gesetz haben wir nun auch unter diesem Tagesord­nungspunkt zur Verlängerung der Sonderbetreuungszeit speziell für Covid. Erstens läuft das Gesetz nur bis 31.12.2022. Das ist doch sinnbefreit. Wenn die Regierung von einer neuerlichen Covid-Welle ausgeht, wird diese sicher nicht mit 31.12. enden.

Zweitens vergisst die Regierung völlig, dass wir bereits eine Grundimmunisierung von über 90 Prozent haben, sprich: weitere Infektionen verlaufen milder, abge­sehen davon, dass auch die Folgevarianten in der Regel nicht aggressiver werden. Was mich deshalb etwas überrascht, ist, dass die Regierung laut Gesetz und Erläuterungen Covid-bedingte Sperren in Schulen und Kindergärten für durchaus wahrscheinlich hält. Meine Anfragebeantwortungen haben ergeben, dass Covid-erkrankte Schülerinnen und Schüler so gut wie nie auf Intensivstationen waren. Über zwei Drittel der unter 15-jährigen Covid-Intensivfälle waren vorwiegend Frühchen oder Säuglinge von Müttern mit Covid. Ich gehe einmal davon aus, dass diese Kinder nicht beatmet wurden, sondern zur Sicherheit auf Über­wachungs­stationen gelegen sind. Hören wir also bitte nach drei Jahren Pande­mie und über 90 Prozent Grundimmunisierung endlich auf, Kindern Angst zu machen! Wir beschließen bei anderen Krankheiten auch keine derartigen Gesetze.

Etwas kurios finde ich allerdings, dass die FPÖ bei einem dieser drei Sonderbe­treuungsanträgen mitstimmt. Das ist nicht ganz stimmig, wenn man drei Jahre lang bei jeder Gelegenheit behauptet: Covid gibt es nicht! Aber wenn es Geld vom Staat gibt, dann ist Covid auch für die FPÖ ganz en vogue. (Beifall bei den NEOS.) Heute ist die FPÖ also der politische Wurlitzer und spielt alles, vom


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Coronaprotestsong bis zum Coronamaßnahmenorchester wie in diesem Fall. Wie wäre es denn mit einem faktenbasierten Mittelweg? – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke.  (Beifall bei den NEOS.)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich auch hierzu die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37 und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.47.1134. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2720/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (1688 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2803/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend AMS-Schulungen: Mehr als 50 Prozent Ausländer! (1689 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zu den Punkten 34 und 35 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte, Herr Abgeord­neter.



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20.47.51

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Beschlossen wird hier jetzt eine Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Mit der Regelung wird dem AMS ein Ermessensspielraum im Rahmen einer differen­zier­ten Prüfung im Hinblick auf wiederholte, das heißt zweimalige, ungenehmigte Beschäftigung von Ausländern ermöglicht. Nach Anhörung des Regionalbeirates kann in begründeten Fällen von der Sperre für weitere Bewilligungen, die ja ein Jahr dauert, abgesehen werden – also das ist in etwa das, was wir jetzt beschließen werden –, „wenn das Unternehmen glaubhaft macht, dass es durch konkrete technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen weitere ungenehmigte Beschäftigungen von Ausländern verhindern wird“. Das ist so grob der Gesetzes­text.

Offensichtlich sind es größere Unternehmen, die es trifft, weshalb diese Ände­rung kommt, aber auch soziale Unternehmen wie zum Beispiel SOS Kinderdorf. Aufgedeckt oder aufgebracht worden ist das Ganze nur, weil die Regelung im Zusammenhang mit der Ukraine akut geworden ist, da gegenüber solchen Unternehmen ein Verbot ausgesprochen wurde und sie daher niemanden aus der Ukraine anstellen konnten. Allerdings soll diese Regelung – und das ist ja für mich das Schamlose dabei, wenn man es so sagen darf – künftig grundsätzlich für alle Unternehmen in Österreich gelten, und das auch noch unbegrenzt, meine Damen und Herren. Das heißt, wir machen hier den Markt komplett auf, sodass immer wieder von Verfehlungen abgesehen werden kann. Das ist nicht tragbar, damit wird unberechtigter Ausländerbeschäftigung Tür und Tor geöffnet, meine Damen und Herren!

Und eines noch, wenn ich mir das anschaue, in Richtung ÖVP, zum wahren Gesicht der ÖVP: Auf der einen Seite – wenn man sich den Innenminister anhört – machen Sie massiv mobil gegen die illegale Einwanderung und schauen, dass Sie das hinkriegen, und auf der anderen Seite machen Sie jetzt hier in diesem Haus die illegale Ausländerbeschäftigung offiziell. Also, meine Damen


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und Herren von der ÖVP, schaut, dass ihr wirklich eine Linie habt, aber nicht so spielt, wie ihr es gerade braucht! (Beifall bei der SPÖ.)

20.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Ernst Gödl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.50.07

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir suchen immer nach pragmatischen Lösungen. An meinen Herrn Vorredner gerichtet: Es geht nicht um den Fall, dass jemand vorsätzlich, absicht­lich Ausländer:innen beschäftigt, ohne sie anzumelden, sondern es geht um jene Fälle, in denen es aus Versehen passiert, vielleicht aufgrund eines technischen Gebrechens, aufgrund eines personellen Mangels, wo also glaubhaft gemacht werden kann, dass ein Beschäftigungsverhältnis eben – aus welchen Umständen auch immer – nicht gemeldet wurde, aber, wie gesagt, nicht aus vorsätzlichen Gründen.

Es geht um pragmatische Lösungen, denn was heißt das? – Jetzt passiert so ein Fall, und dann kann solch ein Betrieb ein Jahr lang keine weiteren Auslände­rinnen und Ausländer beschäftigen, obwohl es viele auf dem Arbeitsmarkt gäbe.

Du hast es selbst angesprochen: Es sind derzeit viele Ukrainerinnen und Ukrainer bei uns auf dem Arbeitsmarkt, die sich als Vertriebene legal bei uns aufhalten und sich Gott sei Dank auch in den Arbeitsmarkt integrieren wollen. Um da eine pragmatische Lösung zu finden, sind auch einige Sicherheitsmaß­nahmen vorgesehen, so auch, dass der Regionalbeirat in diesen Fällen beraten muss.

Es soll auf keinen Fall so sein, dass Tür und Tor geöffnet werden, dagegen wür­den wir uns ausdrücklich verwehren, sondern es geht um jene Fälle, in denen die jetzige Bestimmung viel zu rigoros ist, weil es nur um ein Versehen in einem


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betrieblichen Vorgang gegangen ist. Daher sind wir sicher, dass dieser Ermes­sensspielraum, den wir damit dem AMS in Verbindung mit dem Regionalbeirat einräumen, ein gangbarer Weg ist. Das möchten wir so auch beschließen und umsetzen.

Wir haben bei diesen beiden Tagesordnungspunkten aber auch einen zweiten Antrag zu behandeln, der sehr interessant ist und der von den Freiheitlichen eingebracht wurde. Es geht um die Tatsache, dass von den Freiheitlichen quasi moniert wird, dass es zu viele Menschen mit einer ausländischen Staatsbürger­schaft wären, die beim AMS vorgemeldet sind. Dazu möchte ich schon ein paar Anmerkungen machen.

Erstens: Wir sind in der Europäischen Union, und da gibt es nun einmal die Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das heißt, Menschen, die in der Europäischen Union leben, können prinzipiell auch in anderen Ländern einer Beschäftigung nachgehen. Das gilt übrigens vice versa auch: An die 300 000 Men­schen aus Österreich arbeiten in anderen EU-Staaten und nutzen diese Frei­zügigkeit. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Diesen Arbeitsmarktzugang können wir ja, wie gesagt, aus europarechtlichen Gründen gar nicht einschrän­ken.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber noch einen Aspekt der Integration anführen. Ich würde es sogar als besonders positiv sehen, wenn auch viele Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sich beim AMS melden und sich damit für einen Job bewerben, denn wir sind uns, glaube ich, darin einig, dass Integration von ausländischen Staatsbürgern, gerade auch von Asylberechtigten, die sich also legal in Österreich aufhalten, oder von Vertriebenen aus der Ukraine, die sich legal in Österreich aufhalten, auch über den Arbeitsmarkt erfolgt. Es ist doch sehr wünschenswert, dass die versuchen, sich in den Arbeits­markt zu integrieren. Und sie dokumentieren das, indem sie sich beim AMS als arbeits­willig und arbeitsfähig melden.

Ich denke daher, dass wir mit dieser Änderung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes eine pragmatische Lösung anstreben, die sowohl Unternehmen dient,


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wenn sie aus Versehen einmal eine Beschäftigung nicht richtig gemeldet haben, aber andererseits auch ermöglicht, dass sich möglichst viele Arbeitswillige – seien es Inländer oder Ausländer – in den Arbeitsmarkt einbringen und damit Einkommen generieren und die eigene Existenz absichern.

Diese Maßnahme ist also, glaube ich, ein richtiger Weg, um den Arbeitsmarkt zu stärken und eine pragmatische Lösung zu ermöglichen. Ich bitte um Ihre Zustim­mung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.54.30

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten, die Sie noch zuhören! Schauen wir uns nach dem Eiertanz des Kollegen Gödl, der geglaubt hat, er könne das jetzt irgendwie schön verkaufen, einmal die Fakten an, was hier passiert: Die Österreichische Volkspartei macht gemeinsam mit dem Koalitionspartner, den Grünen – das ist jetzt wenig überraschend –, das Ausländerbeschäftigungsgesetz ein bisschen liberaler. Wir öffnen jetzt den Arbeitsmarkt, bei illegaler Beschäf­tigung waltet dann Toleranz, also Schwarzarbeit ist irgendwie so ein bisschen ein Kavaliersdelikt. Das ist der Weg, den die Österreichische Volkspartei jetzt geht, damit sie natürlich billigste Lohnarbeitskräfte für die Industrie, für ihre Spender hat. Das, was Sie verfolgen, ist nichts anderes als der Weg in Richtung Lohn­dumping.

Jene, die dann halt wenig verdienen, kann man mit Transferleistungen wieder ein bisschen beglücken. Wir haben das heute schon ausreichend diskutiert, Einmal­zahlungen: Man macht die Bürger:innen, die Arbeitnehmer zu Bittstellern und macht sie damit zu abhängigen Personen. – Das ist ein Weg, den wir schlicht und einfach nicht gehen wollen.


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Wir wollen, dass alle Arbeitnehmer in diesem Land ordentlich verdienen. Wir brauchen kein Lohndumping, indem wir Billigstarbeitskräfte, die hier eigentlich gar nicht arbeiten dürfen, weil sie keine Arbeitsgenehmigung haben, der Indus­trie zuführen. Das ist allerdings Ihr Weg. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gödl schüttelt den Kopf.) – Da können Sie jetzt den Kopf schütteln, aber genau das tun Sie mit dieser Bestimmung. (Abg. Gödl: Nein! Nein!) Da geht es nicht darum, dass einmal irgendetwas übersehen worden ist, eine Frist, so wie Sie das versuchen darzu­stellen, sondern da geht es beinhart darum, der Industrie Billigstarbeitskräfte zuzuführen. Da geht es darum, für die IV, für die ÖVP-Klientel Billigstarbeits­kräfte zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite aber stellt ihr euch dann wieder her und sagt: Wir sind für ganz strenge Zuwanderungsgesetze! – Nein, das sind Sie nicht. Sie sind froh, wenn wir die Billigstarbeitskräfte haben, damit der Stückpreis in der Industrie gesenkt werden kann, damit die Gewinnspanne erhöht werden kann. (Abg. Gödl: Es geht um fähige Kräfte! Es geht um Sozial­arbei­ter!)

Das ist die Wahrheit hinter genau dieser Bestimmung, und dazu werden Sie niemals unsere Zustimmung bekommen – niemals! –, denn wir stehen schon an der Seite derer, die da ordentlich arbeiten, die ihre Arbeitnehmer ordentlich, anständig anmelden, die die Sozialabgaben leisten, die die Steuern leisten. Das sind die Unternehmer, die gestärkt gehören, aber mit Ihrer Maßnahme schwächen Sie genau die ehrlichen Arbeitnehmer und die ehrlichen Unternehmer. Genau das lehnen wir ab und daher lehnen wir dieses Aufweichen der Zuwanderungs­gesetze, der Fremdarbeitergesetze massiv ab. Da geht es nur darum, dass man Billigstlohnkräfte anstellen kann. (Abg. Gödl schüttelt den Kopf.)

Da können Sie jetzt hundertmal den Kopf schütteln, wir haben es im Ausschuss besprochen, und genau darum geht es. (Abg. Gödl: Bitte! Bitte! Wir sind im Parla­ment, nicht am Stammtisch!) Das ist typisch Österreichische Volkspartei: Sie machen Klientelpolitik für Ihre Industriellen und für Ihre Spender. Damit werden Sie uns nie ins Boot holen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 407

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.57.40

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Belakowitsch, dieses Gesetz haben Sie, ob absichtlich oder nicht, aber wirklich gründlich missverstanden, denn es geht nicht darum, irgendwelche Vorschriften weiß Gott wie liberaler zu machen oder aufzuweichen (Abg. Belakowitsch: Nein!) oder gar um Billigstarbeitskräfte. Nein, lesen Sie das Gesetz! (Abg. Belakowitsch: Genau darum geht es!) Sie haben das Gesetz offensichtlich nicht gelesen!

Es geht schlicht und einfach darum, eine bislang im Ausländerbeschäf­tigungs­gesetz bestehende Regelung, eine ziemlich strenge Regelung, verfassungs­kon­form zu machen. (Abg. Belakowitsch: Nein, darum geht es nicht!) Warum? – Weil die bisherige Rechtslage vorgesehen hat, dass ein Arbeitgeber, der innerhalb von zwölf Monaten zwei Mal dabei betreten wurde, Ausländer nicht regelkonform beschäftigt zu haben - - (Abg. Belakowitsch: Genau, zwei Mal!) – Ja, zwei Mal schon, ja! (Abg. Belakowitsch: Ein Wiederholungstäter!) Wenn Sie ein entsprechend großer Arbeitgeber sind, kann Ihnen das schon einmal passieren (Abg. Belakowitsch: Das ist ein Wiederholungstäter!) und wenn Sie ein Non-Profit-Unternehmen sind oder eine NGO (Abg. Wurm: Hat die auch Schwarzarbeiter?!) ohne eigene HR-Abteilung und ohne Hausjuristen, kann Ihnen das auch passieren. (Abg. Belakowitsch: Bei den NGOs auch!) Zwölf Monate sind ein langer Zeitraum. (Neu­er­licher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Frau Kollegin! Das bisherige Gesetz hat vorgesehen, dass es darauf nur eine Reaktion gibt, nämlich zwölf weitere Monate keine Beschäftigungsbewilligung, ganz egal, wie der Einzelfall gelegen ist (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), ob es sich um einen ganz kurzfristigen Zeitraum gehandelt hat, ob sich der Arbeitgeber fahrlässigerweise auf Angaben der Arbeitnehmerin, des Arbeitnehmers verlassen


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hat oder ob das absichtlich und systematisch geschehen ist. Das heißt, es wur­den vom Gesetz ungleiche Sachverhalte gleich sanktioniert, und zwar mit einem deutlichen Eingriff in die Erwerbs- und Eigentumsfreiheit. Und das ist nach stän­diger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht unbedingt verfassungs­kon­form und in der Regel verfassungswidrig.

Dass Sie, Frau Kollegin, sich um die österreichische Bundesverfassung nicht son­derlich kümmern (Abg. Wurm: Tun Sie sich mäßigen in Ihrem Ton, Herr Kollege! – Abg. Belakowitsch: Jetzt reicht’s aber langsam! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), das beweist auch Ihr Entschließungsantrag (Abg. Wurm: Gehen Sie mit dem Ton runter!), in dem Sie es fertigbringen, auf gerade einmal vier Zeilen den Sukkus der derzeitigen Politik dieses Klubs der Freiheitlichen Partei festzuschreiben – aus­länderfeindlich, eine Verneinung des Unionsrechts, eine Verneinung des öster­reichischen Rechts –, und die Maßnahmen gegen Covid-19 – eh nur die schlimmste Pandemie, die dieser Planet seit 100 Jahren gesehen hat – sind auch blöd. (Abg. Belakowitsch: Ja, ist schon recht! ... Verstand draußen abgeben!)

Das schaffen Sie, in Ihrem Antrag auf vier Zeilen zusammenzufassen, und dazu kann ich Ihnen eigentlich nur gratulieren. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Fürs Protokoll, Kollege Gödl hat ... applaudiert! Bitte ins Protokoll aufnehmen!)

21.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.


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21.01.1736. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2760/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umlagensenkungen bei den Kammern (1690 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1340/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kol­lektivvertrag für die Arbeiterkammern (1691 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 36 und 37 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.01.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, es rumort schon: Jetzt kommt schon wieder der Loacker mit den Kammern! Man muss aber das Kind einfach beim Namen nen­nen: Das sind zwei große Geldspeicher. Wir haben einen schwarzen Geld­speicher, die Wirtschaftskammer, mit 1,6 Milliarden Euro Reserven, und einen roten Geldspeicher, die Arbeiterkammer, und das Spannende ist ja, dass nicht nur die Einnahmen, also die Kammerumlagen, sondern auch die Reserven, die die aufbauen, schneller als die Inflation wachsen.

Jetzt haben wir – gerechnet ab 2010 bis Ende des Vorjahres – eine Inflationsrate von 23 Prozent gehabt, aber die Rücklagen in der Arbeiterkammer sind um 69 Prozent gewachsen. Damit ist auch klar, dass ein Argument nicht zieht, das oft vorgebracht wird: Ja, wir haben ja mehr Mitglieder und daher brauchen wir das Geld. – Na eben nicht, denn wenn man das Geld brauchen würde, dann läge es ja nicht in Rücklagen, dann würde man es ja für die Mitgliederbetreuung aus­geben – aber es wird gebunkert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 410

Dann fragt die Tageszeitung „Die Presse“ Herrn Kammerdirektor Dr. Klein: Wofür brauchen Sie das Geld?, und darauf sagt er: Wir müssen Neubauten finanzieren! – Mit einer halben Milliarde Euro an Kammerrücklagen? Da frage ich mich, ob er das World Trade Center neu aufbauen will.

Das braucht kein Mensch, was die da liegen haben. Das ist Geld der erwerbs­tätigen Bevölkerung, das man den Leuten aus der Tasche gezogen hat und nur für die SPÖ-Vorfeldorganisation Arbeiterkammer verwendet. (Beifall bei den NEOS.)

Was ja die geschätzten Zuschauerinnen und Zuschauer nicht wissen: Wenn zum Beispiel in diesem Haus eine Sozialausschusssitzung stattfindet, dann ist in der fraktionellen Vorbesprechung der Sozialdemokraten immer jemand von der Arbeiterkammer dabei. (Abg. Michael Hammer: Und das Momentum-Institut!) – Das Momentum-Institut sowieso. Ich frage mich: Ist das eine Parteiorganisation, oder worum geht es da?

Dann kommen diese Kämmerer von der Wirtschafts- und von der Arbeiterkam­merseite und sagen: Die Leute sollten mehr verdienen! (Abg. Hörl: Loacker!) – Super Sache! Ja, dann lasst doch einmal die Arbeiterkammerbeiträge weg, dann haben alle mehr Netto vom Brutto! Das wäre doch einmal eine Ansage. Wenn die Wirtschaftskammer die Wirtschaftskammerbeiträge senken würde, hätten wir weniger Lohnnebenkosten.

Jetzt kommt das nächste Argument: Das ist eh so wenig. Wahrscheinlich wird Kollege Koza nach mir sagen: Es sind eh nur 7 Euro pro Nase! – Das sind es natürlich nicht! Wie diese 7-Euro-Rechnung zustande kommt, muss mir einmal einer vorhüpfen. In Österreich verdient der durchschnittliche Angestellte in Voll­zeit 3 200 Euro brutto. Das heißt, diese Person zahlt im Jahr 192 Euro Arbeiter­kammerbeitrag. Jetzt wüsste ich gerne, bei wie vielen Vereinen Sie dabei sind, bei denen Sie im Jahr 192 Euro Beitrag zahlen? (Abg. Koza: Im SPÖ-Klub, die zah­len viel!)

Da muss mir auch niemand mit dem Rechtsschutz kommen, denn eine Arbeitsrechtsschutzversicherung kostet nicht 192 Euro im Jahr. Das ist also ein


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riesengroßer Geldspeicher, eine Geldvernichtungsmaschine auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei den NEOS.)

21.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.05.07

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die zu dieser Stunde vielleicht noch zuschauen! Zu Ihrem Antrag, Herr Kollege Loacker, Umla­gensenkung bei den Kammern: Ich habe es ja auch schon in der Ausschuss­sitzung gesagt: In guten wie in schlechten Zeiten stehen wir natürlich zu unse­rem Kammersystem, stehen wir natürlich auch zur Selbstverwaltung in der Kammer.

Man muss natürlich ganz klar fragen: Woher kommen denn gute Zeiten? – Wir haben viele Wirtschaftstreibende, dadurch viele Wirtschaftskammerumlagen, dadurch viele Arbeitnehmer und dadurch viele Arbeiterkammerbeiträge. Der Wohlstand kommt nicht von selbst, sondern der Wohlstand ist indirekte Politik. Der Dank gilt da unserem Arbeitsminister, der sich dafür einsetzt, dass wir hohe Beschäftigungszahlen haben, dass unsere Wirtschaftsbetriebe funktionieren und dass der ganze Kreislauf läuft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das ist ja sein Job! Da muss man nicht Danke sagen!)

Ihre Kritik betreffend die Kollektivverträge, Herr Kollege Loacker, nehmen wir uns natürlich mit. Wir haben dort ja auch andere Instrumente, wie wir in der Selbstverwaltung das Ganze überprüfen. Wir müssen uns sehr wohl anschauen, ob auch in der Arbeiterkammer Spitzenverdiener sind, die ja seitens der SPÖ immer kritisiert werden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wenn es wirklich der Fall sein sollte, dass dort hausgemachte Spitzenverdiener beschäftigt sind, dann finde ich das sehr spannend.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 412

Ich bin ja selber nicht Arbeiterkammermitglied und auch nicht in diesen Kontroll­systemen, aber ich glaube doch, dass diese Kritik ein Auftrag an uns ist, sich das genauer anzuschauen, denn immer nur von anderer Seite in unsere Richtung zu kritisieren und es selbst genauso zu machen, das halte ich nicht für richtig. Deshalb danke ich für Ihre Kritik! Wir werden sie uns mitnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Christian Drobits. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.07.26

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun, mir fällt dazu nur ein: Der selbsternannte Kammerjäger reitet wieder. Er reitet hastig und auch schnell und er wird immer verbitterter. Gerald Loacker hat in den letzten vier, fünf Jahren bereits 40 Angriffe auf das Kammersystem in Österreich unternom­men (Abg. Koza: 40 schon!): 40 Angriffe, die er mittlerweile in einem Buch zusammengefasst hat, und jedes Mal lacht er dazu und sagt: Gut, ich probiere es halt!

Nur, lieber Gerald, diese Angriffe sind nicht notwendig. Du weißt, wir haben dich einmal zu einem Gespräch in der Arbeiterkammer eingeladen, bei dem deine Kollegen Fiona Fiedler und auch Helmut Brandstätter dabei waren. Alle haben gesagt: Wenn du Fragen hast, komm und schau nach! Alle waren da, nur Gerald Loacker nicht. Ich denke mir, das ist nicht das, was dich interessiert. Dich interes­siert nicht die Sache, sondern dich interessiert nur, dieses Kammersystem zu zer­stören, und Zerstören heißt für dich: Du willst eine freie Marktwirtschaft machen. Du willst, dass nicht Vertreter der Kammer das machen, sondern du willst erreichen, dass die freie Marktwirtschaft, der freie Markt das regelt, obwohl du eigentlich in Krisenzeiten wie in diesen Jahren siehst, was das bedeu­tet.


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Aufgrund des von dir gebrachten Beispiels der Umlagensenkung kann ich dir Folgendes entgegnen: Ich habe heute mit dem burgenländischen Arbeiterkam­merdirektor gesprochen. 8 Euro beträgt durchschnittlich die Arbeiterkammer­umlage, die im Burgenland bezahlt wird. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Wenn du die Umlage von 0,5 auf 0,4 Prozent senkst, sind das 1,76 Euro im Monat. Weißt du, was das für die Arbeiterkammer bedeutet, wenn du das generell machen würdest? (Abg. Loacker: Gar nichts!) Die Leistungen, der Service und das Personal müssten zurückgefahren werden. Du würdest die Arbeiterkammern, die kleinen Arbeiterkammern zerstören. Du bist der Garant dafür, dass zukünftig die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer keine Vertretung mehr haben, sie zu Rechts­anwälten gehen müssen, diese teuer bezahlen müssen und gerade in Krisen­zei­ten auf der Strecke bleiben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Wie ist das in Däne­mark und Schweden?)

Du bist auch derjenige, der im Endeffekt versucht, das UGB und die Haus­halts­ordnung zu vergleichen. Das sind Birnen und Äpfel. Eigentlich müsstest du als gelernter Steuerberater wissen, dass es Unterschiede gibt. Du unterscheidest aber nicht, weil dich die Sache nicht interessiert. Es interessiert dich nur der Angriff auf die Selbstverwaltung, der Angriff auf die Kammern und mittlerweile auch der Angriff auf das Bundesministerium, denn du sagst mittlerweile auch in derbem Ton, dass das Ministerium oder die Aufsichtsbehörde schleißig sei. Auch das ist ein neuer Angriff, eine neue Waffe, die du einsetzt, um endlich einmal das Kammersystem zu zerstören. (Abg. Belakowitsch: Na ja, aber der Minister ...!)

In dem Sinne bitte ich dich wirklich: Geh noch einmal mit! Ich reiche dir noch einmal die Hand: Gehen wir noch einmal hin, reden wir darüber! Die zeigen dir alles, aber du hast es nicht notwendig, die nächsten Jahre auch weitere Anträge zu stellen, die sinnlos sind und nichts bringen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 414

21.10.54

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Loacker, ich muss ehrlich sagen, ich bin etwas enttäuscht von dir. Es ist jetzt nicht so, dass die regelmäßigen Anträge gegen die Kammern, das Kammersystem und die entsprechenden Erwiderungen darauf nicht fast schon eine gewisse parlamentarische Folklore wären. Dieses Mal machst du es uns aber schon wirklich sehr, sehr, sehr leicht, muss ich ganz ehrlich sagen, denn deine Anträge, die du eingebracht hast, ergeben eigentlich wirklich nicht besonders viel Sinn.

Das Interessante ist: Du forderst den Minister auf, er möge doch gefälligst gesetzliche Maßnahmen setzen, damit die Arbeiterkammern Kollektivverträge schließen können (Abg. Loacker: Ja, sagt auch der Rechnungshof!), gesetzliche Maßnahmen, die es schon lange gibt. Laut § 78 Arbeiterkammergesetz haben die Arbeiterkammern bereits die Kollektivvertragsfähigkeit, das heißt, diese gesetz­liche Rahmenbedingung ist bereits gegeben. Das Problem ist: Der Herr Minister hat aber keinerlei Möglichkeit, einen Kollektivvertrag zu erzwingen, und ich glaube, das wollen wir auch nicht. Dafür gibt es nämlich zum Glück eine Art Vertrags­freiheit, die auch in den ILO-Kernarbeitsnormen geschützt ist.

Das heißt, das ist ein Antrag, der im Prinzip relativ sinnlos ist, weil er bereits erfüllt ist, der mir aber natürlich jetzt eine recht große Freude bereitet, weil du ja in den Begründungstext noch reingeschrieben hast, warum du das haben willst: weil angeblich in der Arbeiterkammer die Gehälter so wahnsinnig üppig wären, eine Privilegienhochburg, was auch immer. Du zitierst dann in diesem Antrag: Die Beschäftigten in der Arbeiterkammer verdienen nach 40 Jahren Betriebs­zugehörigkeit wirklich 4 700 Euro brutto, und das wäre doch tatsächlich ein Privileg, das kein anderer Arbeitnehmer oder keine Arbeitnehmerin in Österreich haben würde. (Abg. Loacker: Alle 40 Jahre dabei!) – Nach 40 Jahren, 14 Mal, das steht so in deinem Text.

Das ist jetzt natürlich hochinteressant. Wir wissen, dass in der Arbeiterkammer vor allem Expert:innen arbeiten. Das sind sehr oft Akademiker:innen, gut


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 415

ausgebildete Leute im Bereich der Wirtschaftspolitik, der Arbeitsrechtsberatung, Sozialrechtsberatung, das sind Angestellte, das sind sehr oft sehr gut ausgebil­dete Angestellte. Das Interessante ist: Es gibt einen Einkommensbericht des Rechnungshofes. Kollege Loacker, den kennst auch du. Wenn man im Einkom­mensbericht des Rechnungshofes nachschaut, was denn so die Angestellten beispielsweise nach einer gewissen Betriebszugehörigkeit verdienen, sieht man: Angestellte, die über 20 Jahre in einem Betrieb arbeiten – du hast von 40 Jahren gesprochen –, verdienen im Jahr 66 000 Euro im Median. Das heißt, 50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent weniger. Weißt du, wie viel 66 000 Euro durch 14 ist? – 4 700 Euro. Das ist das mittlere Angestellteneinkommen nach 20 Jahren in einem Betrieb. Das ist nicht ein unglaubliches Privileg, das ist nicht ein Einkom­men, das ein Traumgehalt darstellt – nein! –, sondern das ist der Median nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit.

Das heißt, Arbeiterkammerangestellte – Expert:innen, Akademiker:innen, gut ausgebildete Menschen, die Expertise in der Interessenvertretung liefern, in der Beratung arbeiten – verdienen nach 40 Jahren 4 700 Euro. Das sind keine Traumgehälter, das sind eigentlich relativ normale Angestelltengehälter. Wenn du es nicht glaubst, schau im Rechnungshofbericht 2020 nach!

Das andere ist natürlich noch die übliche Geschichte mit der AK-Umlage: Die Diskussion führen wir tatsächlich auch regelmäßig. 2010 hatte die AK 3,29 Mil­lionen Mitglieder, 2022 waren es 4 Millionen Mitglieder. Alleine schon aus der größeren Mitgliederzahl ergeben sich die höheren Beiträge, auch die Einkommen führen zu mehr Beiträgen. Interessant ist auch, wenn ich tatsächlich die AK-Umlage auf das Jahreseinkommen umrechne – nicht auf die zwölf Monate –, denn dann komme ich auf eine AK-Umlage von 0,43 Prozent. Da sind wir den 0,4 Prozent sogar recht nah. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 416

21.14.45

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Nach der Verteidigung der Arbeiter­kammer durch Kollegen Koza werde ich jetzt noch einmal zur Wirtschaftskam­mer zurückkommen.

Die Kollegin der ÖVP hat vorhin die Selbstverwaltung angesprochen und dass das der Grund sei, warum das Parlament in keinerlei Weise eingreifen soll. Noch einmal zu den Fakten, die auch mein Kollege Loacker vorhin klar aufgezeigt hat: Seit 2010 gab es eine Inflation von 23 Prozent. In der gleichen Zeit sind die Wirtschaftskammerrücklage um 29 Prozent und die Umlagen der Wirtschafts­kammer um 35 Prozent gewachsen. Die Wirtschaftskammer hat also mehr eingenommen, als im Durchschnitt die Inflationen seit 2010 tatsächlich gekostet hat.

Die Frage ist: Braucht die Wirtschaftskammer dieses Geld so dringend? Ist das im Sinne der Mitglieder der Wirtschaftskammer, einer Kammer, bei der man nicht austreten kann? – Da ist relativ klar gesagt: Nein, das braucht sie nicht. Man darf beispielsweise nicht die Kammerumlage 2 vergessen, die jetzt bald wieder Geburtstag feiert. Diese wurde am 23. Oktober 1979 ins Leben gerufen. Sie wurde zur Absicherung der Abfertigung der Arbeitnehmer:innen ins Leben gerufen. Das ist 2003 mit der Einführung der Vorsorgekassen obsolet geworden, die Kammerumlage 2 ist aber geblieben. Das sind über 300 Millionen Euro im Jahr, die den Betrieben fehlen, um beispielsweise in Zukunft höhere Löhne und Gehälter zu bezahlen oder eine bessere wirtschaftliche Grundlage zu haben, um selbst durch die Energiepreisexplosion durchzukommen.

Es ist, wenn man es in der Größenstruktur vergleicht, wahrscheinlich ein banales Beispiel, aber schauen wir uns vielleicht an, wie andere Kammern auskommen, die weniger Mitglieder haben: Wenn man das hochrechnet, gibt es eine, die in der Unternehmensstruktur ähnlich ist, nämlich die Handelskammer in Hamburg, die 170 000 Mitglieder hat, also ein Drittel der Wirtschaftskammer Österreich. Die braucht 50 Millionen Euro im Jahr. Wenn man das auf Österreich hochrech­net – lassen wir einmal die Außenwirtschaft weg –, wären wir bei 150 Millionen


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Euro im Jahr. Was braucht die Wirtschaftskammer Österreich? – 1,1 Milliarden Euro im Jahr, also ein Vielfaches davon.

Man muss ganz ehrlich sagen, es ist nicht nachvollziehbar. Die Wirtschafts­kam­mer sitzt auf Rücklagen von 1,6 Milliarden Euro (Abg. Lukas Hammer: 1,7 Milliar­den!), hat ein Budget von über 1 Milliarde Euro. Es gibt von Kollegen Hammer von den Grünen ja den Aufruf zur Solidarität der Wirtschaftskammer, den wir als NEOS sehr gerne unterstützen. Es gibt auch vonseiten der ÖVP immer wieder Stimmen, die sagen, man kann da deutlich sparen.

Klar ist, die Kammerumlage 2 kostet am Ende des Tages die Wirtschaft die Möglichkeit, höhere Gehälter und Löhne zu bezahlen. So wie wir bei der Arbei­terkammer sehen, dass es Potenzial zu sparen gibt, gibt es das im Bedeutenden auch bei der Wirtschaftskammer.

In diesem Sinne: Wenn Sie sich tatsächlich krisenfit machen wollen, dann gilt es zuerst, die Kammerumlage 2 abzuschaffen. Es gilt, die Kammerumlage 1 zu kürzen. Über die Grundumlagen entscheiden glücklicherweise ja die Fach­grup­pen, und die gehen ja anders in die Krise, als das tatsächlich das Präsidium der Wirtschaftskammer macht.

Es ist höchst an der Zeit, zu sparen, und ich finde, wir sollten heute den ersten Schritt gehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 418

21.18.11Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 29 bis 37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen: Wünschen die Klubs eine Unterbrechung? – Das ist ganz offensichtlich nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Heimarbeitsgesetz geändert werden, in 1683 der Beilagen.

Hierzu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag.a Verena Nussbaum, Kollegin­nen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag.a Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 1 und 3 sowie Einfügung Z 1a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 419

Die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend den Einleitungssatz zu Artikel 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag.a Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Z 1 und Einfügung Z 1a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hierfür sind, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag.a Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Z 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Z 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 420

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1684 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geän­dert wird, in 1685 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Ziffern 1 und 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 421

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1686 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1687 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1688 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 422

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1689 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1690 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1691 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

21.24.1938. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2549/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Väterbe­teiligung erhöhen – Familienzeitbonus reformieren (1693 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 38. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


21.24.45

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Wir haben in letzter Zeit hier im Hohen Haus, aus den Medien oder natürlich auch heute bei der Budgetrede gehört, wie sehr sich die Regierung um die Familien kümmert.


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Dabei werden oft Einmalzahlungen aufgezählt, die alle Österreicher und Öster­reicherinnen bekommen, egal, wie hoch oder niedrig das Haushalteinkommen ist. Ja, kurzfristig helfen Einmalzahlungen, aber sie helfen – wie der Name schon sagt – nur ein einziges Mal.

Sehr geehrte Frau Ministerin, es gibt Familien in Österreich, die sich das tägliche Leben jetzt schon nicht mehr leisten können. Wie wird es diesen Familien dann erst im November oder Dezember oder im Winter gehen, wenn die kalte Jah­res­zeit kommt, wenn die Jahresabrechnungen der Energieanbieter ins Haus trudeln oder sich die Vorschreibungen für die nächsten Monate verdoppeln und verdrei­fachen? Wie sollen diese Familien das bezahlen?

Bereits jetzt berichten uns die Sozialeinrichtungen, dass Hilfesuchende bei ihnen in den Beratungseinrichtungen sitzen, die verzweifelt sind und weinen. Das sind Menschen, die bisher keine Unterstützungsleistungen von öffentlicher Hand oder von karitativen Einrichtungen gebraucht haben, die bisher nicht darauf ange­wiesen waren, aber jetzt dort in den Einrichtungen um Hilfe fragen.

Sie wissen bestimmt genau wie ich – auch Sie sind in Kontakt mit vielen Men­schen – aus E-Mails, aus persönlichen Gesprächen, aus Briefen, dass die Alleinerzieher:innen, die Mindestpensionist:innen, die Familien mit Kindern besonders von Armut betroffen sind. Das alles sind Hilferufe von Menschen, die nicht auf Reserven zurückgreifen können, die sie jetzt in diesen schwierigen Zeiten aufbrauchen könnten. Es bleiben einfach viele auf der Strecke, die keine große Lobby haben und die verzweifelt sind. Auch um die müssen wir, müssen Sie sich kümmern. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu meinem abgelehnten Antrag zur Reform des Familienzeitbonus. Wie in meinem Antrag gefordert, hat die Regierung jetzt bereits umgesetzt, dass der Familienzeitbonus nicht mehr vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen wird. Das ist gut so, denn wir brauchen jeden Anreiz – und vor allem auch einen finanzi­ellen Anreiz –, damit mehr Väter in Karenz gehen, damit mehr Väter sich unmit­telbar nach der Geburt, aber auch in der partnerschaftlichen Kinderbetreuung in die Familie einbringen.


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Dennoch muss der Familienzeitbonus reformiert werden. Er muss endlich refor­miert werden.

Ein Punkt aus meinen Antrag ist, dass es keinen Anspruch auf Familienzeitbonus gibt – das ist wirklich unverständlich –, wenn die Mutter unmittelbar nach der Geburt im Krankenhaus bleiben muss oder wieder ins Krankenhaus muss. Das kann einfach passieren. Diese Familien, diese Mütter, diese Neugeborenen brauchen Unterstützung und keine bürokratischen Hürden. Diese Regelung ergibt überhaupt keinen Sinn, das muss dringend geändert werden.

Im Familienausschuss haben die Grünen signalisiert, dass es dafür eine Lösung geben soll. Ich appelliere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regie­rungs­parteien, das endlich auch zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Grundsätzlich drängen wir im Familienausschuss mit wirklich vielen Anträgen, dass endlich Bewegung in die Reform des Kinderbetreuungsgeldes kommen muss. Auch bei der Väterbeteiligung gibt es in Österreich sehr viel zu tun. Wir hinken hinterher, wenn wir uns andere Länder wie Schweden oder Finnland anschauen. Dort ist die gerechte Aufteilung der Karenz bei beiden Elternteilen einfach schon gelebte Realität. Diesbezüglich ist in Österreich noch sehr viel Luft nach oben.

Ich ersuche Sie, Frau Ministerin: Nutzen Sie die Gelegenheit des kommenden Budgets, um da Weichen für die Reformen zu stellen! Wir erwarten Ihre Vor­schläge und sind gerne mit dabei, wenn es Verbesserungen für die Familien gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Frau Ministerin Raab wieder bei uns begrüßen und bitte nun Joachim Schnabel an das Rednerpult. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


21.29.08

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Kollegen zu dieser späten Stunde! Frau Kollegin Wimmer


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von der SPÖ, zumindest im letzten Teil Ihrer Rede sind Sie noch auf das eigent­liche Thema eingegangen (Abg. Heinisch-Hosek: Geh bitte! – Zwischenruf des Abg. Silvan) und haben noch einen Teil Ihrer Zeit mehr oder weniger dem Familien­zeitbonus gewidmet, um den es in diesem gegenständlichen Entschließungs­an­trag eigentlich geht.

Sie haben auch gleich gesagt – und das haben wir heute Vormittag ja beschlos­sen –, dass wir diesen Familienzeitbonus insofern angepasst haben, dass er bei einem späteren Eintritt des Vaters in die Karenz künftig nicht mehr auf das Kinderbetreuungsgeld angerechnet wird.

Geschätzte Damen und Herren und vor allem geschätzte Familien! Wir haben drei Säulen der Familienleistungen. Die erste Säule sind die direkten Geldleistun­gen: der Familienzeitbonus ist eine davon, aber auch die Familienbeihilfe, der Mehrkindzuschlag, der Kinderabsetzbetrag und das Kinderbetreuungsgeld. Das sind fünf große Teile der direkten Geldleistungen, und alle fünf haben wir indexiert (Zwischenruf der Abg. Holzleitner) und alle fünf werden zukünftig valo­risiert. Da haben wir wirklich einen großen Meilenstein für diese Säule der Fami­lienleistungen geschafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die zweite Säule sind die Sachleistungen. Herr Kollege Lercher hat heute nach der Präsentation des Budgets durch Herrn Finanzminister Brunner sehr despek­tierlich  gesagt, dass diese 1 Milliarde Euro für die Kinderbetreuung noch nicht angekommen sei. Wir haben die 15a-Vereinbarung im Juni beschlossen – Ihre Verbindungen, Herr Kollege Lercher, zum Steiermärkischen Landtag sind ja gut –, der Steiermärkische Landtag hat im Juli die 15a-Vereinbarung beschlossen und die Gemeinden können jetzt schon aufgrund dieser Vereinbarung ansuchen und das Kinderbetreuungsangebot ausbauen. Auch aus der laufenden Finanzierung erhalten die Gemeinden viel Geld, um dementsprechend vor allem für die unter Dreijährigen das Angebot ausbauen zu können. (Abg. Erasim: Familienzeitbonus, bitte!)

Die dritte Säule, vor allem geschätzte Familien, sind die Steuerleistungen. Das muss man noch einmal sagen: Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform haben


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wir den Familienbonus Plus auf 2 000 Euro erhöht, vorgezogen, um den Familien (Abg. Heinisch-Hosek: Nicht für alle, nur für die Gutverdiener, das wissen Sie!) auch heuer dementsprechend eine Unterstützungsleistung zukommen zu lassen, und den Kindermehrbetrag auf 550 Euro – das geht zeitweilig unter – erhöht und auch schon heuer ausbezahlt. Also auch bei dieser dritten Säule, bei der wir vor vielen Jahren noch Nachholbedarf gehabt haben, haben wir sehr viel gemacht und haben mittlerweile ein wirklich großzügiges Angebot für unsere Familien. Im europäischen Schnitt sind wir unter den Top drei unterschiedlicher Zählweise, was unsere Familienleistungen betrifft und haben ein großes Angebot für unsere Familien. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren, geschätzte Familien – 1,2 Mil­lionen Familien in Österreich mit 1,9 Millionen Kindern –: Wir haben aus Sicht der ÖVP in der Vergangenheit und auch mit den heute getätigten Beschlüssen für die Familien ganz viel getan und da ist eindeutig die Handschrift der ÖVP als Familienpartei ersichtlich. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Bernhard: Alles richtig gemacht?!)

21.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.32.42

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vielleicht noch via Livestream! Fleisch und Blut machen dich zum Vater, aber erst Zeit und Liebe machen dich zum Papa, und nicht umsonst wird der Familienzeitbonuszeitraum ganz liebevoll Papa­monat genannt.

Für die Familie ist das gemeinsame Erleben und das Gestalten der ersten Lebens­wochen eine Zeit, die in dieser Form so nie mehr wiederkommt. Die Bindung wird von Anfang an gut gestärkt und das Eingebundensein in den Ablauf, der oft sehr turbulent ist, weil vielleicht auch noch ein Geschwisterchen dabei ist, stärkt auch die Väter.


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Frau Minister, Sie sagen immer, höhere Väterbeteiligung ist auch Ihr Ziel, und trotzdem wird dieser Antrag der SPÖ heute abgelehnt. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist für uns unverständlich, denn das betrifft äußerst wenige Fälle, in denen die Mutter länger im Krankenhaus bleiben muss oder während der Zeit des Familienzeitbonus noch einmal eine stationäre Aufnahme nötig ist. Im Antrag zum Papamonat muss ganz genau das Datum des Beginns angegeben werden, und kommt die Mutter einen Tag später nach Hause oder muss zwischendurch noch einmal ins Krankenhaus, dann wird der Familienzeitbonus für die gesamte Antragsdauer abgelehnt. Das kann nicht im Sinne einer Väter­beteiligung sein, die auch von der Bundesregierung immer gefordert und auch sehr teuer beworben wird. Das ist völlig kontraproduktiv.

Sehr geehrte Damen und Herren, Familien brauchen Sicherheit, auch finanzielle Sicherheit, und ist die nicht gegeben, dann verzichten Väter im Vorhinein schon auf die Beantragung, weil vielleicht die Schwangerschaft kompliziert ist, weil vielleicht die Mutter chronisch krank ist, weil absehbar ist, dass vielleicht doch noch ein Krankenhausaufenthalt notwendig werden könnte, und die Gefahr, dass man dann als Familie ohne Einkommen, ohne Geld dasteht, ist für viele zu groß. Dabei wäre genau da die Unterstützung durch die Väter sehr, sehr wert­voll.

Dass die 700 Euro, wie wir gerade gehört haben, künftig nicht mehr auf das Kinderbetreuungsgeld angerechnet werden, ja, das ist das Einzige, was positiv zu vermerken ist, denn eine Anpassung der Entschädigung für den Papamonat wäre auch notwendig, nicht nur eine jährliche Inflationsanpassung. Gerade in diesen Zeiten der enormen Teuerung ist es für viele nicht möglich, den Familienzeit­bonus zu nehmen.

Hohes Haus! Wir hören es immer wieder: Miete, Lebensmittel, Treibstoff, das alles trifft auch die Familien ganz enorm. Für Neugeborene, die im heurigen Jahr nicht volle sechs Monate alt sind, gibt es auch die 250 Euro Klimabonus und den Teuerungsausgleich nicht. Babynahrung ist aber enorm teuer geworden und mit einem Neugeborenen sind 19 Grad in einer Wohnung unvorstellbar. Was


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sagen Sie, Frau Minister, als höchste Vertreterin der Familien, eigentlich dazu?

In der Ausschusssitzung gab es zu ganzen 17 Tagesordnungspunkten keine einzige Wortspende von Ihnen. Haben Sie nichts zu sagen? (Beifall bei der FPÖ.)

21.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.36.00

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich sage jetzt etwas, über das man in unserer Gesellschaft relativ ungern spricht: Als ich ein Kind war, ist mein Vater sehr spät von der Arbeit nach Hause gekommen, und wir haben uns oft nicht mehr gesehen, weil ich schon im Bett war. Das hat er nicht gemacht, weil er es gern gemacht hat, sondern weil er musste. Und wenn ich in die Runde fragen würde, dann könnten wahrscheinlich viele von euch oder von Ihnen von ähnlichen Erfahrungen berichten.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, sprechen wir einmal über die Realität, was das Thema anbelangt: Die Väterkarenz in Österreich liegt nach wie vor auch im Jahr 2022 bei 13 Prozent, und im Kontext dessen ist die sogenannte Carearbeit auch ein Thema, das noch immer unter dem Radar liegt. Das ist die unbezahlte Arbeit, die Hausarbeit, die Kindererziehung, und, da müssen wir uns auch nichts vormachen, die liegt nach wie vor bei der Frau. Diese Arbeit wird immer wieder auch als selbstverständlich angesehen.

So, und was haben wir gemacht, was im Zuge des Teuerungspakets schon fast untergegangen ist? – In einer kürzlich durchgeführten Evaluierung gaben 30 Pro­zent an, dass sie den Papamonat nicht in Anspruch nehmen, weil quasi der Geld­ersatz später wieder vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen wird. Das haben wir geändert. Wir haben den Papamonat beziehungsweise den Familienzeitbonus


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reformiert und den finanziellen Nachteil beseitigt. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Bernhard.)

Damit haben wir einen Anreiz zur Väterbeteiligung geschaffen und so ermög­licht, dass Männer vor allem am Anfang bei ihren Kindern sein können. Das ist darum auch so wichtig, weil wenn man jetzt ein Wiedereinstiegsmonitoring anschaut, dann sieht man, dass sich – auch wenn es jetzt nur unter drei Monate sind, dass Männer in Väterkarenz gehen – die Chancen wesentlich erhöhen, dass die Frau wieder in die Erwerbstätigkeit einsteigt. Diese Maßnahme genauso wie die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld sind extrem wichtige Maßnahmen.

Dass wir da nicht am Ende sind, ist auch klar. Wir werden uns die kleineren Punkte – die Kollegin hat die Ausnahme bei Krankenhausaufenthalt ange­sprochen – und genauso die größeren Verbesserungen, was die Vereinbarkeits­richtlinien anbelangt, bis hin zu den Modellen anschauen.

Wir sind nicht am Ende, weil wir eine Vision haben, wohin wir gehen müssen. Ich will keine Generation mehr, in der Väter fehlen und von der Arbeit heimkom­men, wenn ihr Kind schon im Bett ist. (Beifall bei den Grünen.) Beide Elternteile müssen das Recht haben, Zeit mit ihrem Kind verbringen zu können.

Eines Tages darf es auch keinen Unterschied machen, ob eine Frau Kinder hat oder nicht, sie muss immer dieselben Karrierechancen haben können. Ich möchte dahin kommen, dass es überhaupt keine Diskussion mehr darüber gibt, wer die Kinderbetreuung übernimmt, wer die Carearbeit, die unbezahlte Hausarbeit übernimmt, weil eine gleichberechtigte Aufteilung einfach selbstverständlich sein wird. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo leben Sie eigentlich, auf welchem Planeten?) Dahin, liebe Kollegen und Kolleginnen, müssen wir kommen. Wir haben einen Schritt dahin gesetzt und wir werden noch weitere setzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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21.40.03

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Neßler hat ja über ihre oder die grüne Vision, was die Zukunft der Familien betrifft, gesprochen. Ich glaube, vieles davon teilen wir NEOS sogar, was die Zukunft betrifft, aber auf dem harten Boden der Gegenwart ist vieles davon noch in sehr, sehr weiter Ferne.

Kollege Schnabel hat vorhin davon gesprochen, dass man in der Familienpolitik eindeutig die Handschrift der ÖVP liest.

Wenn wir über Väterbeteiligung sprechen (Ruf bei der SPÖ: ... Problem!), sprechen wir eigentlich über ein wirklich ungelöstes Problem, weil die 13 Prozent bei der Väterbeteiligung ja noch sehr freundlich ausgedrückt sind.

Das Papamonat ist ein Monat am Anfang, in dem man 700 Euro bekommt. Das ist ein Versuch, dass man in der allersten Zeit bei dem Neugeborenen zu Hause sein kann. An dieser Stelle hat man ein paar Verbesserungen gemacht, die nicht unwesentlich sind.

Beispielsweise wird aber der Partnerschaftsbonus, also jenes Modell, bei dem man darauf achtet, dass Väter und Mütter sich die Kinderbetreuungszeit in dieser Phase in einem Ausmaß von 40 bis 60 Prozent gemeinsam aufteilen, derzeit von 1 Prozent der Eltern genutzt. 1 Prozent! 99 Prozent aller Familien haben keine Aufteilung innerhalb dieser 40 bis 60 Prozent.

Bei der Väterbeteiligung, wenn es um das einkommensabhängige Kinderbetreu­ungsgeld geht, liegen die Väter bei 30 Prozent. Die 30 Prozent bedeuten aber nicht, 30 Prozent haben quasi den größeren Anteil übernommen, sondern 30 Prozent haben in irgendeiner Form am einkommensabhängigen Kinderbe­treu­ungsgeld teilgenommen. Das bedeutet, wir reden noch immer wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren davon, dass Männer in irgendeiner Form vielleicht Helden sind, wenn sie ein bisschen zu dem 1 Prozent gehören oder wenn sie ein, zwei, drei Monate zu Hause waren.


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Vielleicht müssten wir auch den Diskurs ändern, vielleicht sollten wir in Zukunft über Mütterbeteiligung sprechen, sodass wir sagen: Okay, wir haben das Ziel, dass das eine Angelegenheit der Gleichberechtigung wird!, weil anscheinend dieser alte Diskurs, bei dem man sagt: Männer gehen mehr in die Verant­wortung!, nicht erfolgreich ist.

Die Frage ist: Liegt es an den politischen Instrumenten, oder liegt es an den Män­nern? – Ich glaube nicht, dass es per se an uns Männern, Vätern liegt, sondern – da müssen wir natürlich ein Stück weit gehen – ich denke, dass wir ein großes Thema haben, nämlich die Handschrift der ÖVP in der Familienpolitik. Das, wovon Kollege Schnabel so begeistert erzählt, warum er so stolz darauf ist, ist in Wirklichkeit die Geißel einer an Gleichberechtigung orientierten Familienpolitik, die wir so dringend brauchen.

Woran erkennt man das? – Da möchte ich auch gleich direkt anschließen. Wir haben im Familienausschuss die Frau Ministerin sehr deutlich darauf ange­sprochen, dass wir seit Jahren keine relevante Weiterentwicklung bei der Väterbeteiligung sehen. Sie hat uns versprochen, dass sie alle Fraktionen ins Ministerium zu einer inhaltlichen Aussprache einlädt, bei der man auch die verschiedenen Modelle zur Steigerung der Väterbeteiligung diskutieren kann. Sie hat die Einladung nie eingelöst. Sie hat einfach die Fraktionen nicht eingeladen, obwohl sie anderes im Familienausschuss versprochen hat.

Woran erkennt man noch ganz praktisch, dass Familienpolitik im Sinne einer Väterbeteiligung für die ÖVP keine Priorität hat? – Die Budgetziele für das Jahr 2023, also die Zielbestimmungen, wohin man die Väterbeteiligung ent­wickeln will, sind tatsächlich ident mit denen aus den Jahren 2021/2022. Das heißt, die ÖVP nimmt sich nicht einmal vor, die Väterbeteiligung auszubauen. Das ist die Handschrift der ÖVP.

Wenn wir ein modernes Familienbild wollen, wenn wir mehr Verantwortung wollen und dabei Familienleistungen, die das unterstützen, dann brauchen wir


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einfach in Zukunft keine Handschrift der ÖVP mehr in einer Regierung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesminister Dr.in Susanne Raab. – Bitte schön, Frau Bundes­minister.


21.44.01

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanz­leramt MMag. Dr. Susanne Raab|: Einen schönen guten Abend, sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte noch auf den ersten Beitrag von Ihnen, Frau Abge­ord­nete Wimmer, eingehen, weil es mir echt wichtig ist. Ich war heute Nachmittag schon da, und da wurden sehr wohl wirklich Meilensteine an strukturellen Veränderungen in der Familienpolitik beschlossen. Also hier immer nur von „Einmalzahlungen“ zu sprechen, die man an die Familien ausschüttet, ist einfach nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Es wurde heute die Valorisierung aller Familienleistungen beschlossen. Es wurde heute beschlossen, die kalte Progression abzuschaffen. Ja, selbstverständlich unterstützt das genauso die Familien in Österreich.

Wir haben strukturelle Maßnahmen, wie das Investment in die Kinderbetreuung, in den letzten Monaten auf den Weg gebracht. Ja, noch niemals hat eine Regie­rung so viel in die Kinderbetreuung investiert, um die Bundesländer beim Ausbau der Kinderbetreuung zu unterstützen. Das sind sehr wohl strukturelle Maßnah­men, die wir setzen.

Das Zweite, was ich gerne sagen möchte, ist: Herr Abgeordneter Bernhard, ich möchte Ihnen widersprechen, um damit aufzuräumen, dass wir in der ÖVP ein verstaubtes Familienbild haben. Das ist einfach nicht richtig. (Abg. Bernhard: Na ja! ...!) Wir wollen eine gleichberechtigte Aufteilung der Familienpflichten. Wir wollen nicht vorschreiben, wie es die Familien leben sollen, sondern wir wollen


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eine gelebte Wahlfreiheit. (Beifall bei der ÖVP.) Die Familien sollen selbst ent­schei­den, welches Familienmodell sie wählen (Zwischenruf des Abg. Bernhard), und wir als Staat setzen die Rahmenbedingungen. Wir regieren nicht in die Familien hinein, sondern wir unterstützen die Familien dabei, diese Wahlfreiheit zu leben.

Und ja, wir schaffen Hürden ab, wie etwa durch die Reformschritte, die wir heute beim Familienzeitbonus setzen. Das sind Dinge, die die Menschen und die Familie ärgern – das weiß ich aus den Gesprächen mit den Familien –, und dementsprechend schaffen wir das heute ab, dass der Familienzeitbonus am Ende auf das Kinderbetreuungsgeld angerechnet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte das zu später Stunde gerne auch noch aus einer persönlichen Perspektive sagen: Mein Mann war jetzt auch ein Jahr in Karenz, und ich habe gesehen, was es eigentlich auch für den Papa bedeutet, wenn er von Beginn an – und ich bin nach zwei Monaten wieder hier eingestiegen – eine ganz aktive Paparolle haben kann.

Deshalb will ich die Stärkung der Väterbeteiligung nicht nur als Selbstzweck für die Mütter (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), sondern auch einfach, weil ich den Mehrwert für die Väter und für die Familien insgesamt sehe. (Beifall bei der ÖVP.)

21.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Familie und Jugend und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.


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21.46.5139. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2608/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1694 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1733/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflationsrate (1695 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zu den Punkten 39 und 40 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


21.47.31

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir behandeln hier Punkte aus dem Ausschuss für Familie und Jugend zum Thema Kinderbetreuungsgeld und Valorisierung der Familien­leistungen.

Zweiteres kann man schon einmal gut finden. Wo wir aber dringenden Hand­lungsbedarf sehen, das ist das Thema Kinderbetreuungsgeld. Das zeigt uns diese Vielfalt an Anträgen, die immer wieder in diesem Ausschuss gestellt werden. Da herrscht einfach Handlungsbedarf vor. Dass man alle diese Anträge einmal her­nehmen, sich an die Arbeit machen würde, Frau Ministerin, unter Einbeziehung aller im Parlament vertretenen Parteien, wäre wirklich wichtig. Die Reform des Kinderbetreuungsgeldes ist einfach unausweichlich, und wir würden Sie wirklich darum bitten, das auch anzugehen.

Wo wir aber keinerlei Tätigkeit wahrnehmen – und das bringt mich genau zu dem Punkt, den wir vorhin gerade diskutiert haben –, das ist die Aufteilung von


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Karenzzeiten in Österreich. Es ist einfach Faktum, dass acht von zehn Vätern nicht in Karenz gehen, und von den zwei Vätern, die in Karenz gehen, geht nur einer länger als drei Monate. Das liegt auch daran, dass Frauen keine Wahl­freiheit haben. Das ist eine Mär. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es zeigt sich einfach, dass Frauen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit leisten. Warum? – Weil die Kinderbildungseinrichtungen nicht aus­reichend ausgebaut sind (Abg. Baumgartner: Das stimmt nicht!), weil sie nicht kostenlos sind. – Das stimmt. Die Kinderbetreuungseinrichtungen sind nicht ausreichend ausgebaut. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) – Na, dann bräuchte es ja die Kinderbildungsmilliarde gar nicht, wenn, wie Sie sagen, die Einrichtun­gen genug ausgebaut wären, Frau Kollegin. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Da beißt sich die Katze in den Schwanz, wenn Sie das sagen. Wenn die Kinderbildungseinrichtungen in diesem Land ausreichend ausgebaut wären, bräuchte es Ihr Paket nicht, diese Mogelpackung der 1 Milliarde Euro auf fünf Jahre aufgeteilt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Dann bräuchte es nicht das Sozialpartnerschaftspapier, das in diesem Jahr 1 Milliarde Euro für Kinder­bildungseinrichtungen jährlich fordert, Frau Kollegin. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Sie als Bürgermeisterin müssten wissen, wie schlecht Kinderbildungsein­richtun­gen landauf und landab in diesem Land ausgebaut sind, Frau Kollegin. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Baumgartner. – Abg. Strasser: ... sind in Niederösterreich zu Hause!)  

Niederösterreich ist ein besonderes Beispiel: Wir wissen, dass dort die Kinder­bildungseinrichtungen schlecht ausgebaut sind. (Abg. Strasser: Aber die Menschen sind zufrieden! – Abg. Disoski: Nein, sind sie nicht! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sie sind auch nicht kostenlos. Die Menschen sind auch nur teilweise zufrieden, weil die Frauen keine Wahlfreiheit haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strasser. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Es ist wirklich unfassbar, wie man das Thema Väterkarenz, dass in Österreich nach wie vor viele Väter nicht in


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Karenz gehen, so ignorieren kann, liebe ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Andere Länder zeigen uns vor, wie Gleichberechtigung gelebt werden kann. Schauen wir uns die skandinavischen Länder an, schauen wir nach Island, wo Karenzzeiten verpflichtend zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt werden! Im Übrigen ist es dort wurscht, ob es sich um eine Regenbogenfamilie oder eine heterosexuelle Familie handelt.

Wir haben schon darüber gesprochen: Frauen erleben dadurch, dass sie in Karenz gehen, nach wie vor berufliche Nachteile. Es sind die unbezahlten Jahre, die Frauen buckeln – die Frauen wirklich buckeln –, um am Ende ihres Erwerbs­lebens in Altersarmut zu leben, weil unbezahlte Arbeit eben unbezahlt ist und Frauen das überwiegend einfach stemmen.

Das ist nur einiges davon, und deswegen müssen wir auch Väter motivieren, in Karenz zu gehen. In diesem Land herrscht noch immer eine große Stigmatisie­rung vor. Männer werden mit Vorurteilen konfrontiert, mit blöden Sprüchen im Job. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) All das könnten wir abschaffen, wenn wir gesetzliche Regelungen zur verpflichtenden Aufteilung von Karenzzeiten schaffen würden. (Beifall der Abgeordneten Disoski und Schwarz.) Das wäre wirk­lich wichtig. Es geht nicht nur um die ersten paar Tage oder Wochen gemeinsam mit dem Kind, es geht um eine wirklich lange Zeit mit den Kindern zu Hause, das wäre wichtig.

Wir vermissen klare politische Ansagen, klare politische Botschaften, egal ob hier, im Ausschuss für Familie und Jugend oder im Landesverteidigungsaus­schuss. Dort könnte man wirklich ein starkes Signal aussenden, indem man es ermöglicht, dass viele Bundesheerler, potenzielle Väter, in Karenz gehen können. Dieser Antrag ist vertagt worden, andere werden abgelehnt. Väterkarenz ist dieser Bundesregierung kein Anliegen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Grebien. – Abg. Seidl: Das moderne Familienbild ...!)

21.51



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung, 178. Sitzung des Nationalrats vom 12. Oktober 2022 / Seite 437

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr.in Gudrun Kugler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.52.09

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Kollegin Holzleitner, ich habe gerade geschaut, ob ich mich im Tagesordnungspunkt verschaut habe oder Sie. Sie haben zu den beiden Anträgen, die wir jetzt diskutieren, kein Wort verloren (Abg. Holzleitner: Habe ich! Habe ich! ... Kinderbetreuungsgeld ...! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), sondern eigentlich den vorigen Tagesordnungspunkt und viele andere Themen aufgegriffen. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Kirchbaumer: Ruhe! – Ruf bei der SPÖ – in Richtung Abg. Kirchbaumer –: Was ist mit dir los?) Ich möchte unterstreichen, was die Frau Bundesminister gesagt hat, sie hat nämlich genau das vorweggenommen, was auch Sie angesprochen haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Eine Ruh’ ist! – He-Rufe bei der SPÖ.) Ich möchte die Rede der Frau Bundesministerin noch einmal unterstreichen.

Dieser Tagesordnungspunkt behandelt ein ganz anderes Thema, und auf das möchte ich jetzt zu sprechen kommen. Es liegen uns zwei Anträge betreffend das Thema Wertanpassung der Familienleistungen vor (Zwischenruf der Abg. Holzleitner), und auf die komme ich jetzt zu sprechen. Da muss ich im Vorfeld etwas sagen, und zwar: Warum haben wir in unserem Entlastungspaket so stark auf Familien abgestellt? (Zwischenruf der Abg. Seidl.) – Das hat zwei Gründe: Der eine ist, dass, wenn wir die Familien entlasten, die Hilfe im Rahmen der Teue­rungsproblematik schnell und unkompliziert zu den Menschen kommt, die sie brauchen. Der andere Grund ist, dass die Familien ganz viel leisten und wir wollen anerkennen, was sie tun. Darum befinden sich so viele Familienleistungen im Entlastungspaket. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir unterstützen Familien mit einem Maßnahmenmix. Vieles ist schon gefallen: Der Familienbonus wurde vorzeitig erhöht, der Kindermehrbetrag auch, es gibt doppelte Familienbeihilfe, aber eben auch eine regelmäßige gesetzliche Wert­anpassung der Familienleistungen. (Zwischenruf der Abg. Holzleitner.) Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine jahrzehntelange Forderung. Dass uns


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das gelungen ist, ist ein ganz großer Schritt – nicht nur für uns in dieser Legis­laturperiode, sondern weit über diese Periode hinaus. (Beifall bei der ÖVP.)

Was heißt Wertanpassung der Familienleistungen? – 2002 konnte man von der Familienbeihilfe pro Monat 51 Kilo Brot kaufen, 2018 waren es nur noch 36 Kilo Brot. Heute wäre es noch einmal weniger. (Zwischenruf des Abg. Angerer.) Wir bauen vor, damit so ein Wertverlust nicht mehr entstehen kann. Das ist ganz wichtig. Das ist vielleicht für die SPÖ interessant: Selbstverständlich ist so eine Wertanpassung eine armutsverhindernde, armutsvermeidende Maßnahme.

Es liegen uns zwei Vorschläge von den NEOS vor, was man daran alles kritisieren kann. Ich nehme mir jetzt nicht die Zeit, auf jeden einzelnen Punkt einzugehen, aber ganz viel von dem, was die NEOS fordern, ist bereits abgedeckt. Es liegt auch ein Antrag von den Freiheitlichen vor, der eins zu eins mit unserem Maßnahmenpaket abgedeckt ist. Deswegen ist es für mich schwer nachzu­vollziehen, warum Sie das noch einmal eingebracht haben, und zwar nachdem wir das im Sozialausschuss schon auf die Reise geschickt haben.

Vielleicht ist es leichter nachzuvollziehen, warum es die NEOS machen (Abg. Bernhard: Jetzt bin ich gespannt!), und warum auch die SPÖ so kritisch dazu steht, wenn man nach Wien blickt. Was der Bund macht, ist, die Menschen zu entlas­ten, und das nun automatisch wertangepasst. Was Wien macht, ist genau das Gegenteil: die Menschen zu belasten, und zwar durch eine automatische Wert­anpassung nicht der Sozialleistungen, sondern der Gebühren. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Tagesordnungspunkt!)

Die Gebührenerhöhungen, die wir in Wien sehen – und da schaue ich jetzt ganz besonders die NEOS an –, treffen nicht nur die Reichen, sondern treffen auch Arme. (Zwischenruf der Abg. Holzleitner.) Viele Menschen, die schon an der Armutsgrenze leben, werden dadurch noch weiter in die Armut getrieben.

Wien erhöht die Gebühren nicht nur inflationsangepasst, sondern weit darüber hinaus. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Seit 2010, kann man sagen, hat die Inflation insgesamt so circa 30 Prozent betragen, aber die Gebühren in Wien stiegen weit mehr an (Ruf bei der SPÖ: Themenverfehlung! – Ruf bei der ÖVP:


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Horcht zu!): Parken plus 83 Prozent, Gräber plus 88 Prozent, Bücherei plus 77 Prozent, Hunde plus 65 Prozent. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich! Wahnsinn! – Abg. Gerstl: Die SPÖ muss weg!) Ähnliches können wir betreffend Abwasser­gebühr, Müllabfuhr und Wiener Linien sagen – alles wurde weit über die Inflation hinaus erhöht. (Abg. Gerstl: Die SPÖ muss weg! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bei der Fernwärme – wir haben heute Vormittag schon darüber geredet – verzeichnen wir eine Erhöhung im Ausmaß von 92 Prozent. Andere Bundes­länder beziehungsweise andere Städte haben das nicht gemacht. In Linz, Salzburg oder Klagenfurt sind es 15, 28 oder 5 Prozent, aber nicht 92. (Abg. Gerstl: Die SPÖ muss weg! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Wir beschließen also regelmäßige gesetzliche Wertanpassungen für Familien. Das lassen wir uns von Ihnen nicht madig machen. (Beifall bei der ÖVP.) Das hat eine Wirkung weit über diese Legislaturperiode hinaus. Das ist eine Maßnahme für 1,2 Millionen Anspruchsberechtigte, zugunsten von 1,9 Millionen Kindern. (Zwischenruf des Abg. Schroll.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Krisenzeiten, die wir gerade durchleben, erfordern einen Schulterschluss. So, wie Sie hier Politik machen, sehe ich ihn nicht. Unsere Hand aber bleibt ausgestreckt. (Beifall bei der ÖVP.)

21.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Edith Mühlberghuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.57.56

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren! Frau Kollegin Kugler, Sie haben gerade gefragt, warum wir unseren Antrag wieder eingebracht haben. (Zwi­schen­ruf des Abg. Hörl.) Wir haben ihn 2021 eingebracht, er ist im Ausschuss zweimal vertagt worden; er ist also nicht wieder eingebracht worden. (Abg. Kugler: ... anerkennen!)


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Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle wissen, das Leben wird immer teurer, die Steuern und Abgaben werden immer mehr und die Kosten für Mieten und Energie steigen. Ganz besonders die Familien spüren die Teuerung extrem. Wir sagen, eine Familie zu haben, muss wieder leistbar sein. Da hat der Staat eine besondere Verpflichtung und Verantwortung, der die schwarz-grüne Regierung auch nachkommen muss.

Den letzten Teuerungsgleich bei der Familienbeihilfe gab es im Jahr 2018, mit 1,9 Prozent Erhöhung. Im Zeitraum von Jänner 2018 bis September 2022 betrug die Inflation insgesamt 17,5 Prozent. Schauen wir ein bisschen weiter zurück: Zwischen 2003 und 2014 ist die Familienbeihilfe elf Jahre lang überhaupt nicht erhöht worden. Geht man noch ein bisserl weiter zurück und bezieht man sich auf das Jahr 2000: Seitdem ist die Familienbeihilfe um 40 Prozent geschrumpft. Von 2000 bis heute hätte es eine Erhöhung um 40 Prozent gebraucht; das wäre der Wertverlust, der verloren gegangen ist. Es ist tatsächlich so, dass die Familien heute 40 Prozent weniger erhalten als damals. Einen solch enormen Wertverlust kann man sich gar nicht vorstellen.

Es ist extrem, was die Familien bis jetzt in Kauf nehmen mussten. Besonders jetzt, in Zeiten der Rekordteuerung, müssen unsere Familien spürbar entlastet und unterstützt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

In unserem Antrag vom Juni 2021, den wir gerade deponieren, fordern wir, dass die Familienbeihilfe in einem solchen Ausmaß erhöht werden soll, dass der Wertverlust, der in den letzten Jahren entstanden ist, ausgeglichen wird, und in Zukunft soll der Wert der Familienbeihilfe durch eine jährliche Indexanpassung sichergestellt werden. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Zum Teil wird unser Antrag ab 2023 umgesetzt – das ist auch erfreulich –, die Familienbeihilfe wird ab dem kommenden Jahr nach dem Anpassungsfaktor steigen; voraussichtlich werden das so circa 5,8 Prozent sein. Es freut uns, dass die Regierungsparteien unsere Forderung nach finanzieller Unterstützung für Familien annehmen. Der massive Wertverlust, der in den letzten Jahren entstan­den ist, wird aber nicht ausgeglichen. Schade, dass dieser Teuerungs­ausgleich


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nicht umgesetzt wird. Daher an die Regierungsparteien für das nächste Mal: Übernehmen Sie unsere Anträge vollständig und machen Sie nicht immer halbe Sachen! (Beifall bei der FPÖ.)

22.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort, Frau Abgeordnete.


22.01.37

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen! Wir haben heute bereits darüber gesprochen, aber weil es so toll ist, möchte ich es bei diesem Tagesordnungspunkt noch ein­mal betonen: die Indexierung der Familienleistungen – ein riesiger Erfolg! Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte war sie in der Warteschleife, und jetzt wird das umge­setzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt, zum richtigen Zeitpunkt, muss man auch dazusagen, denn die Inflation ist seit Monaten sehr hoch und die Menschen – das brauchen wir, glaube ich, nicht noch einmal zu wiederholen – spüren die Teuerung überall.

Über 1,3 Millionen Menschen in Österreich werden von dieser Indexierung pro­fitieren. Das Gute ist: Das geht quer durch alle Bevölkerungsschichten. Fami­lienbeihilfe, Studienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld – all das ist betroffen. Die von allen Seiten immer und immer und zu Recht geforderten strukturellen Veränderungen – Ministerin Raab hat es auch angesprochen –, die es natürlich in der Familienpolitik braucht, genau diese werden mit der Valorisierung jetzt durchgeführt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf zwei, drei Verbesserungspunkte möchte ich kurz eingehen, einige wurden heute eh schon kurz angesprochen. Wer schulpflichtige Kinder hat, weiß, dass im September mit der Familienbeihilfe das Schulstartgeld in der Höhe von 100 Euro kommt. Für viele Familien sind diese 100 Euro sehr, sehr wichtig, sie brauchen sie, um eben die Schulsachen für die Kinder zu besorgen. Nun, jeder, der Kinder hat – ich habe zwei Kinder –, weiß: September, sowieso Stress genug,


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und dann muss man noch auf das Geld warten. Ich finde die Änderung wirklich sehr gut, dass dieses Starterpaket jetzt mit der Familienbeihilfe im August ausbezahlt wird. Dadurch erleichtert man es den Eltern, man nimmt ein bisschen Druck weg, und das ist wirklich eine gute Sache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, heute auch öfters angesprochen: der Papamonat. Bisher wurden 700 Euro abgezogen, wenn man den Papamonat in Anspruch nimmt und später als Vater auch in Karenz geht. Das fällt jetzt weg, und das ist wirklich ein Grund zur Hoffnung, dass dieser Anreiz auch dazu dient, dass mehr Väter diesen Papamonat in Anspruch nehmen. Ich weiß noch, wie es bei mir war, bei meinem ersten Kind: Mein Mann hat ewig lange, eigentlich die ganze Schwangerschaft über, seinen Urlaub aufgespart, damit er dann, als es so weit war, ein paar Wochen zu Hause bleiben konnte. Diese Situation ändert sich jetzt für viele Familien, und das freut mich sehr.

Zum Schluss möchte ich mich wirklich bei allen Beteiligten bedanken, bei allen, die bei diesem großen Paket, diesem wichtigen Paket mitgearbeitet haben. Es freut mich wirklich sehr, dass die Zustimmung auch in diesem Hause eine sehr große ist, weil das wirklich ein großer Schritt ist und auch ein wichtiges Zeichen an die Bevölkerung draußen, dass wir hier zusammen Sachen weiterbringen. – Danke nochmals. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr.


22.05.14

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich möchte ganz kurz auf das, was Sie gerade beim vorigen Tagesordnungspunkt gesagt haben, noch eingehen, weil es ja auch an mich gerichtet war.


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Wir haben über die Väterbeteiligung gesprochen. Ich finde das, was Sie aus Ihrer persönlichen Erfahrung heraus beschreiben, natürlich großartig und will da überhaupt nichts hinzufügen. In einer modernen Familie sollte immer die Wahl­freiheit bestehen. Ich glaube nur, oder ich will Ihnen in meinen Reden auch mitgeben, dass das, was Sie selbst für sich vorleben, in der politischen Realität aus Ihrem Ministerium heraus nicht angekommen ist. Die Frage, ob es wirklich Engagement für mehr Väterbeteiligung gibt, ist aus den Gesetzesmaterien, aus den Budgetzielen und aus den parlamentarischen Debatten, die durch Sie als Ministerin ja mitbeeinflusst werden, nicht so angekommen wie das, was wir auf der persönlichen Ebene vorleben. Ich glaube, das ist etwas, was man jedenfalls rückspiegeln muss.

Ich möchte Ihnen bei zwei Punkten wirklich widersprechen. Wahlfreiheit ist für uns als Liberale auch sehr wichtig, die Frage ist nur: Gibt es eine Wahlfreiheit für Mütter und natürlich auch Väter, wenn eine Kinderbetreuung nicht flächendeckend und ganztags verfügbar ist? Eine flächendeckende Kinderbetreuung ist die Vor­aussetzung für Wahlfreiheit, und diese wurde über Jahrzehnte von mehreren Parteien, aber insbesondere von der ÖVP sehr oft verhindert. Ich weiß, dass die Wirtschaftskammer und Karlheinz Kopf auch einmal einen Vorstoß gewagt haben, bei dem es um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gegangen ist, aber diese Wahlfreiheit existiert heute noch nicht. Die Wahlfreiheit ist aber die Grundlage für die freie Entscheidung. Die gibt es im Moment nicht, daher brauchen wir Familienleistungen, die eine größere Form von Wahlfreiheit bereit­stellen, und das geht wahrscheinlich nur über finanzielle Rahmenbedingungen – über diese diskutieren wir ja heute.

Der andere Punkt, in dem ich Ihnen widersprechen möchte, ist: Sie haben gesagt: Die Väterbeteiligung soll kein „Selbstzweck“ für die Mütter sein. Sie haben natürlich recht bezüglich des hohen emotionalen Wertes. Ich bin selbst dreifacher Vater und meine jüngste Tochter ist so groß (eine entsprechende Geste ausfüh­rend), gerade einmal 13 Monate alt, jede Minute, die ich mit ihr verbringen kann, ist unglaublich schön. Dieser Mehrwert ist unbestritten.


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Aber – und da widerspreche ich Ihnen – es geht um den Selbstzweck der Mütter, es geht um die Selbstbestimmung der Mütter. (Bundesministerin Raab: Aber nicht nur!) Es geht darum, dass wir ein System schaffen, in dem die Väterbeteiligung zum Zweck der Selbstbestimmung der Mütter einfach deutlich steigt. Das ist natürlich das zentrale Ziel, auch in einer gleichberechtigten Familienpolitik. (Bei­fall bei NEOS und SPÖ.)

Ich möchte jetzt noch ganz kurz zu unserem Antrag kommen und zu Frau Kolle­gin Kugler, die da versucht hat, ein großes Angstszenario betreffend die Stadt Wien zu beschreiben. – Ich bin kein Politiker, der in Wien verantwortlich ist, ich kenne nicht alle Details. Sie haben, was Wien betrifft, nicht konkret über Familienpolitik gesprochen, was den Antrag betrifft, aber schon.

Sie sagen, Sie haben nicht verstanden, warum unser Antrag (ein Schriftstück in die Höhe haltend) eingebracht worden ist. Den Antrag haben wir NEOS im Frühling eingebracht. Sie haben das Entlastungspaket im Herbst eingebracht. Demnach haben wir ein halbes Jahr, bevor Sie Ihr Paket eingebracht haben, konkrete Ver­besserungsvorschläge in den parlamentarischen Diskurs eingebracht.

Dass Sie einen Großteil davon ein halbes Jahr später erledigt haben, ist anzu­erkennen. Sie haben zwei Punkte nicht erledigt, die aus unserer Sicht zentral sind, auch in der Frage der Teuerung und der Belastung von Familien.

Das eine ist: Die Beihilfe, die man zum Kinderbetreuungsgeld dazubekommen kann, wenn es zum Leben nicht reicht, wurde nicht an die Inflation wertange­passt. Der zweite Punkt ist: Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ist es so, dass die Zuverdienstgrenzen nicht angepasst worden sind. Beides sind Elemente, die nicht angepasst worden sind. Es ist im Bereich der pauschalen Kinderbetreuungsgelder angepasst worden, es sind auch die Tagsätze angepasst worden. Manche unserer Vorschläge sind aber nicht übernommen worden – wir halten diese auch für wichtig. Es ist nur schlicht so: Wir waren ein halbes Jahr früher dran, deswegen konnten wir auf Ihre Vorschläge damals noch nicht reagie­ren. – Schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

22.09



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte sehr.


22.09.47

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „Aus Verantwortung für Mor­gen – Sicher in die Zukunft“: Mit dieser Budgetrede haben wir den Tag heute gut begonnen, und der Bogen streckt sich bis hierher, denn auch dieser Tagesordnungspunkt ist ein sehr erfreulicher. Je mehr wir aber gemeinsam hier erklären, was wir fami­lien­politisch auf den Weg gebracht haben, was wir alles erreicht haben, umso lauter wird die Kritik der Opposition, umso heftiger wird die Kritik der Opposi­tion. (Abg. Bernhard: Sehr konstruktiv!) Offensichtlich machen wir vieles richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, gerade in diesen herausfordernden Zeiten stärken wir die Familien wie noch nie zuvor. Mit dem höheren Familienbonus Plus und dem höheren Kindermehrbetrag – es wurde bereits gesagt – entlasten wir in diesem Jahr die Familien mit 175 Millionen Euro spürbar. Mit der Sonderfami­lien­beihilfe von 180 Euro pro Kind im August haben wir heuer die Summe von 3,1 Milliarden Euro an Familienbeihilfe ausbezahlt – ein unglaublicher Wert! –, und, meine Damen und Herren, durch die Valorisierung von Sozial- und Fami­lienleistungen jetzt rechnen wir mit einer Entlastung für die Familien von 363 Mil­­lionen Euro für das Jahr 2023 (Abg. Michael Hammer: Unfassbar!) – eine wirklich unglaubliche Leistung!

Geschätzte Frau Ministerin, ich danke dir für deinen Einsatz für die Familien in Österreich (Rufe: Danke!), für deinen unermüdlichen Einsatz hier in den Ver­handlungen (Abg. Shetty: Das ist der Frau Ministerin ja schon unangenehm!), dass wir hier für die Familien ein Ergebnis auf dem Tisch liegen haben, das sich sehen lassen kann! Ich glaube, dass du wirklich der Shootingstar unter den Familien­minister:innen bist. Danke für deinen Einsatz! (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen aber jetzt auch noch eine gute Nacht wünschen. (Rufe: Gute Nacht!) Ich hoffe und weiß, dass wir


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mit diesem Budget für die Familien etwas Hervorragendes geleistet haben. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

22.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht seitens der Berichterstattung jemand ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

22.12.14Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 38 bis 40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den verlegten Abstimmungen.

Können wir abstimmen? SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP?

Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 38: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 1693 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein Zeichen. Mehr Bewegung, meine Damen und Herren! – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 39: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 1694 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, wird um ein Zeichen gebeten. – Danke schön, das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 40: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 1695 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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22.13.22 Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2842/A(E) bis 2873/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 13. Okto­ber 2022, um 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist auf schriftlichem Weg ergangen.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminister.

Die Sitzung ist geschlossen.

22.13.49 Schluss der Sitzung: 22.13 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien