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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

185. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Freitag, 18. November 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal


Stenographisches Protokoll

185. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                      Freitag, 18. November 2022

Dauer der Sitzung

Freitag, 18. November 2022: 9.05 – 18.42 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „KEINE IMPFPFLICHT“

2. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „RÜCKTRITT BUNDESREGIERUNG“

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2864/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 343/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Tierqualen durch Tier­transporte – nationale Schritte umgehend setzen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1446/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Peter Schmiedlechner, Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2526/A(E) der Abgeordneten MMag. Katha­rina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen betreffend Monitoring und zeitnaher Veröffentlichung der Dokumente des Tierschutzrats


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 2

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Chris­tian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kreditvergabe an Pensionist*innen

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2713/A(E) der Abgeordneten Peter Wei­dinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2801/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Altersdiskriminierung durch Banken

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2865/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einfüh­rung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur“

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2660/A(E) der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend unter Strafe stellen von Herunterladen, Hochladen, Weiterleiten oder Veröffentlichen von Pädophilen-Handbüchern und ähnlichen Anleitungen zum sexuellen Missbrauch an unmündigen Minderjährigen und mündigen Minderjährigen sowie auch einen Verkauf von Kindersexpuppen

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2893/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH­Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2836/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Solidarität mit den Frauenprotesten im Iran


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 3

14. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn

15. Punkt: Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbin­dungsgesetz 2023 – BPrBG 2023)

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2555/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stipendien für Künstler*innen mit Betreuungspflichten

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche, über den

Antrag 2779/A(E) der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kinderbetreuungseinrichtungen Tourismus sowie über den

Antrag 2522/A(E) der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen im Tourismus: Kooperative Kinderbetreuungsmodelle in touristischen Regionen fördern!

18. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend COVID-19-Kurzarbeit – Reihe BUND 2022/7

19. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Überbe­triebliche Lehrausbildung mit Schwerpunkt Oberösterreich und Wien – Reihe BUND 2021/15

20. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Auf­sichtsräte: Auswahlprozess in Ministerien – Reihe BUND 2022/11


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 4

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     34

Ordnungsrufe ...........................................................................................  71, 128

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2749/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 31. Dezember 2022 zu setzen ........................................................................     36

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................     36

Redner:innen:

Michael Bernhard ....................................................................................................  218

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................  223

Cornelia Ecker ..........................................................................................................  225

Walter Rauch ...........................................................................................................  227

Ing. Martin Litschauer .............................................................................................  229

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  232

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................  235

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................     37

Wortmeldungen in Bezug auf einen Debattenbeitrag zu Tagesordnungs­punkt 1:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 5

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................     54

Herbert Kickl ............................................................................................................     55

Wortmeldungen betreffend Wahrung der in der Geschäftsordnung festge­legten Ordnungsbestimmungen:

Herbert Kickl ............................................................................................................     58

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................     59

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................  217

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     34

Ausschüsse

Zuweisungen ........................................................................................  35, 60, 86

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „KEINE IMPFPFLICHT“ (1660 d.B.)        37

Redner:innen:

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................     37

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................     39

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................     41

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................     44

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................     46

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................     47

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................     49

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................     51

Philip Kucher ............................................................................................................     56

Franz Hörl .................................................................................................................     59

Zuweisung des Volksbegehrens 1660 d.B. an den Gesundheitsausschuss ....     60


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 6

2. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „RÜCKTRITT BUNDESREGIERUNG“ (1661 d.B.) ................................................................................................................     60

Redner:innen:

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................     61

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................     63

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................     66

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................     68

Michael Bernhard ....................................................................................................     71

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................     74

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................     76

Sabine Schatz ...........................................................................................................     78

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................     80

Andreas Kollross ......................................................................................................     82

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................     85

Zuweisung des Volksbegehrens 1661 d.B. an den Verfassungsausschuss ....     86

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2864/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1785 d.B.) ......................................................................................     87

Redner:innen:

Mario Lindner ...........................................................................................................     87

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................     89

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................     91

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................     94

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................     97

Ing. Josef Hechenberger ..........................................................................................     98

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................     99

Annahme des Gesetzentwurfes in 1785 d.B. .....................................................  138


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 343/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Tierqualen durch Tiertransporte – nationale Schritte umgehend setzen (1754 d.B.) ...................................................................................................  102

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1446/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Peter Schmiedlechner, Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel (1755 d.B.) .....................................................................................  102

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2526/A(E) der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen betreffend Monitoring und zeitnaher Veröffentlichung der Doku­mente des Tierschutzrats (1756 d.B.) ..................................................................  102

Redner:innen:

Dietmar Keck ...........................................................................................................  103

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................  105

Alois Kainz ................................................................................................................  108

Dietmar Keck (tatsächliche Berichtigung) ............................................................  110

Ing. Josef Hechenberger ..........................................................................................  111

MMag. Katharina Werner, Bakk. ...........................................................................  113

Carina Reiter ............................................................................................................  115

Rudolf Silvan ............................................................................................................  117

Andreas Kühberger ..................................................................................................  119

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................  122

Martina Diesner-Wais .............................................................................................  124

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................  126

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................  132

Pia Philippa Strache ................................................................................................  136


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit den leeren Versprechen: für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln“ – Ablehnung  129, 139

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1754 und 1755 d.B. .............  139

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1756 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Veröffentlichung der Empfehlungen des Tierschutzrats“ (276/E) ..........................................................................................  139

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kreditvergabe an Pensionist*innen (1762 d.B.) ........  139

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2713/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ (1763 d.B.) ................................................  140

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2801/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend keine Altersdiskriminierung durch Banken (1764 d.B.) ..........  140

Redner:innen:

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  140

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  143

Christian Ries ...........................................................................................................  146

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda .............................................................................  147

MMag. Katharina Werner, Bakk. ...........................................................................  150

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  152

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  153

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ...............................................................................  156


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 9

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1762 und 1764 d.B. .............  172

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1763 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ (277/E) .....................................................................................  172

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2865/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur“ (1765 d.B.) ........................................................................  157

Redner:innen:

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  158

Klaus Köchl ...............................................................................................................  160

Andreas Kühberger ..................................................................................................  161

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  164

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................  166

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1765 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur“ (278/E) .................................................................................................  173

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2660/A(E) der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend unter Strafe stellen von Herunterladen, Hochladen, Weiterleiten oder Ver­öffentlichen von Pädophilen-Handbüchern und ähnlichen Anleitungen zum sexuellen Missbrauch an unmündigen Minderjährigen und mündigen Minderjährigen sowie auch einen Verkauf von Kindersexpuppen (1759 d.B.) ...............................................................................................................  173

Redner:innen:

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  173

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  175

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  176


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 10

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................  178

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  179

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  182

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1759 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2660/A(E) .........................................................................................................  200

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1759 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Strafbarkeit wegen Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern sowie wegen Sexpuppen mit kindlichem Erschei­nungsbild“ (279/E) ..................................................................................................  201

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2893/A der Ab­geordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Un­ternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH­Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022) (1760 d.B.) ..............................  184

Redner:innen:

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  184

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  186

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  188

Mag. Harald Stefan .................................................................................................  189

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  191

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................  192

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  194

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  196

Mag. Klaus Fürlinger ...............................................................................................  199

Annahme des Gesetzentwurfes in 1760 d.B. .....................................................  201


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 11

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 2836/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Solidarität mit den Frauenprotesten im Iran (1769 d.B.) ...............................................................................................................  202

Redner:innen:

Dr. Reinhold Lopatka ...............................................................................................  202

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  206

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  208

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  210

Martina Kaufmann, MMSc BA ...............................................................................  213

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  215

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ...........................................  236

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  238

Pia Philippa Strache ................................................................................................  241

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1769 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Solidarität mit den Frauenprotesten im Iran“ (280/E) .....................................................................................................................  242

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorla­ge (1677 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn (1761 d.B.) ...................................................................................  243

Redner:innen:

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................  243

Melanie Erasim, MSc ...............................................................................................  245

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................  247

Andreas Ottenschläger ...........................................................................................  248

Lukas Brandweiner (tatsächliche Berichtigung) ...................................................  250

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  250

Alois Schroll ..............................................................................................................  251


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 12

Genehmigung der Vereinbarung in 1761 d.B. ....................................................  253

15. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorla­ge (1743 d.B.): Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbindungsgesetz 2023 – BPrBG 2023) (1746 d.B.) ...........................  253

Redner:innen:

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  254

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  255

Thomas Spalt ...........................................................................................................  256

Maria Großbauer .....................................................................................................  258

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  261

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  262

Sabine Schatz ...........................................................................................................  264

Mag. Maria Smodics-Neumann ..............................................................................  266

Annahme des Gesetzentwurfes in 1746 d.B. .....................................................  278

16. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2555/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stipendien für Künstler*innen mit Betreuungspflichten (1747 d.B.) ...............................................................................................................  267

Redner:innen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  268

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  269

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  271

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................  272

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  274

Maria Großbauer .....................................................................................................  276

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1747 d.B. ..........................................  278


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 13

17. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche, über den

Antrag 2779/A(E) der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungseinrichtungen Tourismus sowie über den

Antrag 2522/A(E) der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen im Tourismus: Kooperative Kinderbe­treuungsmodelle in touristischen Regionen fördern! (1751 d.B.) ......................  278

Redner:innen:

Franz Hörl .................................................................................................................  279

Melanie Erasim, MSc ...............................................................................................  281

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  284

Barbara Neßler ........................................................................................................  290

Michel Reimon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ................................................  292

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  293

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler .....................................................  294

Bettina Zopf .............................................................................................................  295

Mag. Gerald Hauser (tatsächliche Berichtigung) .................................................  297

Alois Schroll ..............................................................................................................  297

Joachim Schnabel ....................................................................................................  299

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Wiedereinführung der ermäßigten Umsatzsteuersätze insbesondere für Beherbergungs- und Gastronomie­betriebe“ – Ablehnung ..........................................................................  287, 302

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1751 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die Unterstützung innovativer Pilotprojekte


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 14

zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Touris­musbranche“ (281/E) .............................................................................................  301

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend COVID-19-Kurzarbeit – Reihe BUND 2022/7 (III-577/1748 d.B.) ..................................................................................................  302

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Überbetriebliche Lehrausbildung mit Schwerpunkt Oberösterreich und Wien – Reihe BUND 2021/15
(III-291/1749 d.B.) .................................................................................................. 
302

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Aufsichtsräte: Auswahlprozess in Ministerien – Reihe BUND 2022/11 (III-608/1750 d.B.) .........................................................  302

Redner:innen:

Hermann Gahr .........................................................................................................  303

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  305

Alois Kainz ................................................................................................................  306

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  307

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  309

Martina Kaufmann, MMSc BA ...............................................................................  311

Michael Seemayer ...................................................................................................  313

Christian Lausch ......................................................................................................  315

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................  316

Karl Schmidhofer .....................................................................................................  320

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  321

Philip Kucher ............................................................................................................  323

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................  325

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  327


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 15

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................  330

Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................  331

Kenntnisnahme der drei Berichte III-577, III-291 und III-608 d.B. ..................  332

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Projekts „MBA – Muttersprachliche Beratung für Arbeitsmarktstabilität“ (Nachfolgeprojekt von „Soziales Burgenland“, muttersprachliche Beratung im ÖGB Burgenland) (2967/A)(E)

Dr. Christian Stocker, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz geändert wird (2968/A)

Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Neubaupläne von Small Modular Reactors (SMRs) in Tschechien (2969/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Absi­cherung der Landesorganisationen der staatlich anerkannten Schulden­beratungsstellen (2970/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Shrinkflation und Mogelpackungen (2971/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratis Kindergartenbus für Kinder im verpflichtenden letzten Kindergartenjahr (2972/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenfreies, qualitativ hochwertiges Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Ein­richtungen und Schulen“ (2973/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan Endometriose (2974/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Erforschung von Endometriose (2975/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan Endometriose (2976/A)(E)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Entwicklung einer österreichweiten Strategie für mehr legale Mountainbike-Strecken (2977/A)(E)

Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Walter Rauch, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot von Haiprodukten (2978/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 16

Tanja Graf, Ing. Martin Litschauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das E-Control-Gesetz geändert wird (2979/A)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2980/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz geändert und das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe werden (2981/A)

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsan­wälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden (2982/A)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturguthaben für junge Menschen (2983/A)(E)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Budget für Förder­maßnahmen statt für teure Covid-Tests (2984/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pen­sionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (2985/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuwanderungs­stopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – „Unser Geld für unsere Leute“ (2986/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeits­losenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwande­rung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat (2987/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum rückwirkenden Klimabonus für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten (2988/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Geld für Klimater­rorismus und -extremismus (2989/A)(E)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ (2990/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt! (2991/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 17

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Kilo­metergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesundheits- und Sozialwesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuer­wehrwehr- und Wasserrettungsorganisationen und allen verwandten Verwendungsgruppen (2992/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Kilometergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesundheits- und Sozialwesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuerwehrwehr- und Wasserrettungsorganisationen und allen ver­wandten Verwendungsgruppen (2993/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein VKI-Finanzierungsge­setz 2023 (2994/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzielle Ver­besserungen für Familien (2995/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kassasturz und Transparenz bei der Covid-19-Impfstoffbeschaffung – Offenlegung aller Verträge jetzt! (2996/A)(E)

August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Art. V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden (2997/A)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transformation der Industrie braucht Vorgaben und Strategie“ (2998/A)(E)

Tanja Graf, Ing. Martin Litschauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (2999/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 18

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung von Geldern für die Eindämmung des jüngsten Ebola Ausbruchs in Uganda (3000/A)(E)

Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Verhinderung von Hunger und Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung (3001/A)(E)

Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, die Europawahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volks­begehrengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2023) (3002/A)

Dr. Christian Stocker, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylge­setz 2005 geändert werden (3003/A)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Überarbeitung der EMRK (3004/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rettet den Frauensport – keine Transgender-Athleten bei Frauen-Wettbewerben zulassen (3005/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (3006/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (3007/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (3008/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 19

Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortiger Waffenstill­stand in der Ukraine (3009/A)(E)

Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen (Investitionskontrollgesetz – InvKG) geändert wird (3010/A)

Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 und das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz 2017 geändert werden (3011/A)

August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (3012/A)

August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opfer­fürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Heimopferrentengesetz geändert werden (3013/A)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (3014/A)

Mag. Martin Engelberg, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Druck auf den Iran aufrechterhalten (3015/A)(E)

Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Förderkonzept zur Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung von Verbraucherschutzorganisationen insbesondere des VKI“ (3016/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Überarbeitung der EMRK (3017/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 20

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit den leeren Versprechen: für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (3018/A)(E)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschärfung des Asylrechts nach Migrantenkrawallen (3019/A)(E)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Gesund­heitstelematikgesetz 2012 geändert werden (3020/A)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-An­passungsgesetz geändert wird (3021/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zur Stromverbrauchsreduktion in Spit­zenzeiten (Stromverbrauchsreduktionsgesetz – SVRG) (3022/A)

Tanja Graf, Ing. Martin Litschauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Stromkostenzuschussgesetz geändert wird (3023/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom und ein Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger erlassen werden und das Einkommensteuergesetz geändert wird (3024/A)

Anfragen der Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 21

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umsetzungsstand digitales Klimaticket (12990/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Folgeanfrage Klimaticket (12991/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Finanzen betreffend Wahlfreiheit statt Routerzwang: Was machen der Digitalisierungsminister und sein Staatssekretär dazu? (12992/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend externe Postenbesetzungen Bundesmuseen (12993/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Wirtschaftskammer Steiermark: Untragbare Ver­stöße gegen das Wirtschaftskammergesetz (12994/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend BWB Nachbesetzung: Endloses Verfahren und ein geheimes Gutachten (12995/J)

MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Überförderung im Rahmen des NPO-Fonds? Volle Transparenz jetzt! (12996/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Sonderverträge im BML (12997/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 22

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Sonderverträge im BMLV (12998/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sonderverträge im BMSGPK (12999/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Son­derverträge im BMKUEMIT (13000/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Sonderverträge im BMKÖS (13001/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Son­derverträge im BKA (13002/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Sonderverträge im BMBWF (13003/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Sonderverträge im BMF (13004/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Sonderverträge im BMEUV (13005/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Sonderverträge im BMJ (13006/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Sonderverträge im BMEIA (13007/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fami­lie, Integration und Medien betreffend Sonderverträge im BMFFIM (13008/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 23

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sonderverträge im BMAW (13009/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Sonderverträge im BMI (13010/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Ausbreitung der antisemitischen Anastasia-Bewegung in Österreich (13011/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Übersterblichkeit (13012/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Impfstoff-Verwechslung in Salzburger Volksschule (13013/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit André Hellers Fake-Rahmen (13014/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 24 Gesundheit nach dem Chaos im Budgetausschuss vom 10. Novem­ber 2022 und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminister Rauch – Teil 1 (13015/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 24 Gesundheit nach dem Chaos im Budgetausschuss vom 10. November 2022 und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminister Rauch – Teil 2 (13016/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Klimaextremisten picken sich auf österreichische Straßen (13017/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 24

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Waffenschmuggel aus der Ukraine (13018/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend der Grundversorgung in Österreich (13019/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend 33 Schulkinder in Salzburg mit falschem Impfstoff geimpft (13020/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Effizienz von Windkraftanlagen in Österreich (13021/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Defekte Ver­hütungsspiralen der Firma Eurogine (13022/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gehaltserhöhung für Gesundheitspersonal sollte Inflation abdecken (13023/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung der US-Kriegsindustrie über EU-Milliardenhilfen an die Ukraine (13024/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Fehlende Güterbahntrasse für Kärnten im ÖBB-Rahmenplan (13025/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Umgang mit Milizoffizieren im Ausland (13026/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 25

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Still­stand von Windrädern in Österreich (13027/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Automatische Ver­tragsverlängerung einer Skiversicherung gesetzwidrig (13028/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Forscher finden un­gewöhnliche Strukturen im Blut von Corona-Geimpften (13029/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialmarkt denkt über Einführung von Lebensmittelpässen nach (13030/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Tirol will zwei Container-Dörfer errichten (13031/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Abschaffung der Zeitumstellung (13032/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Paypal – Freibrief zur Kontenplünderung (13033/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Veranlagungsstrategie des Arbeitsmarktservice (13034/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 26

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Generalsekretärin Landrichtinger als türkise „Schattenministerin“ und Alleinherrscherin (13035/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung und AMS-Unterstützung von Syrern – Folgeanfrage zu 4255/AB (13036/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung und AMS-Unterstützung von Marokkanern – Folgeanfrage zu 4266/AB (13037/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 Soziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetausschuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminister Rauch – Teil 1 (13038/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 So­ziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetausschuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminister Rauch – Teil 2 (13039/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 Soziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetaus­schuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminis­ter Rauch – Teil 3 (13040/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 27

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 Soziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetaus­schuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminis­ter Rauch – Teil 4 (13041/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 Soziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetaus­schuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminis­ter Rauch – Teil 5 (13042/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fragen zur UG 21 Soziales und Konsumentenschutz nach dem Chaos im Budgetaus­schuss und den mangelnden Antworten durch den grünen Bundesminis­ter Rauch – Teil 6 (13043/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kürzung der Mittel für den Insolvenzent­geltfonds in Krisenzeiten – Folgeanfrage zu 8860/AB (13044/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung AMS-Unterstützung von Ägyptern (13045/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung und AMS-Unterstützung von Pakistanern (13046/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Drogen- und Kriminalitätshotspot Stra­ßenbahnstation Arbeitergasse/Margaretengürtel, 1050 Wien – Folgeanfrage zu 10834/AB (13047/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Drogen- und Kriminalitätshotspot
U4-Station Kettenbrückengasse – Folgeanfrage zu 10834/AB (13048/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 28

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Drogen- und Kriminalitätshotspot Straßenbahnstation Laurenzgasse/Wiedner Hauptstraße, 1050 Wien – Folge­anfrage zu 10834/AB (13049/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Drogen- und Kriminalitätshotspot Straßenbahnstation Kliebergasse, 1050 Wien – Folgeanfrage zu 10834/AB (13050/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Drogen- und Kriminalitätshotspot
U4-Station Pilgramgasse, 1050 Wien – Folgeanfrage zu 10834/AB (13051/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Migrations-Malus für die öffentliche Sicherheit in Wien: Sind Parks und ist der öffentliche Raum in Margareten noch sicher? (13052/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der Umsetzung des KlimaTickets Ö (13053/J)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Verfügbarkeit von AdBlue® an den Zapfsäulen der heimischen Tankstellen (13054/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einsatz im Kampf gegen Umweltkriminalität (13055/J)

MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schadhafte Verhütungsspiralen (13056/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 29

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage: Überstunden und Personalengpass bei der Polizei (13057/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Hilfs- und Unterstützungsleistungen für die Ukraine (13058/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Landesverteidigung betreffend Hilfs- und Unterstüt­zungsleistungen für die Ukraine (13059/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Profitorientierung von Energiegemeinschaften (13060/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Berichte nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härte­fallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung (13061/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Anhaltende Probleme bei der Auszahlung des Klimabonus (13062/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Hilfs- und Unterstützungsleistungen für die Ukraine (13063/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend sexualpädagogische Work­shops in Schulen (13064/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 30

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Jubiläumsfeier Klimaticket (13065/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Partnerschaft für digitale Kompetenzen (13066/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft der Luftraumüberwachung und Verteidigung (13067/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Landesverteidigung betreffend Status der Novellierung des Mili­tärbefugnisgesetzes (13068/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Anträge Invaliditätspension“ (13069/J)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) (13070/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Photovoltaikanlagen auf Gebäuden in Bundesbesitz (13071/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verlängerung der Einreichfrist für „Raus aus Öl und Gas für Private“ (13072/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 31

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreichische Beamten:innen an ausländischen Grenzen: Zeug:innen von Menschenrechtsverletzungen? (13073/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage Push-backs von Kroatien nach Bosnien und Herzegowina: Österreichische Unterstützung für das Lager Lipa in BiH (13074/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Vertrieb antisemitischer Literatur (13075/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Transformationsfonds“: Zweites COFAG-Fiasko oder wichtiger Schritt in die klimaneutrale Zukunft? (13076/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend „Transformationsfonds“: Zweites COFAG-Fiasko oder wichtiger Schritt in die klimaneutrale Zukunft? (13077/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Transformationsfonds“: Zweites COFAG-Fiasko oder wichtiger Schritt in die klimaneutrale Zukunft? (13078/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pen­sionsaufwand (13079/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufstellung von Zelten zur Unterbringung von Asylwerbern in Vorarlberg (13080/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fi­nanzierung der US-Kriegsindustrie über die EU-Milliardenhilfen an die Ukraine (13081/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylbetrug durch entsorgte Pässe (13082/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 32

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Bundesheer prüft mögliche Flächen für Migranten (13083/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Unverständliche Auszahlung des Klimabonus an falsche Konten sowie an Verstorbene (13084/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend Migrantische Jugendrandale und ihre Konsequenzen (13085/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Grüner Wunschkandidat bei Bestellung des BVwG-Präsi­denten? (13086/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Migrantische Jugend­randale und ihre Konsequenzen (13087/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung und AMS-Unterstützung von Afghanen – Folgeanfrage zu 4257/AB (13088/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Klimabonus für Häftlinge (13089/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Klimabonus für Häftlinge (13090/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Klimabonus für Häftlinge (Folgeanfrage zu 11770AB) (13091/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 33

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Güter-Bahntrasse Kärnten (13092/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Automati­sche Vertragsverlängerung bei Parship und Elitepartner unzulässig (13093/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend die Überarbeitung des Dollfuß-Museums (13094/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend die Überarbeitung des Dollfuß-Museums (13095/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Überarbeitung des Dollfuß-Museums (13096/J)

*****

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Sobotkas Medienimperium im Parlament (57/JPR)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Instrumente für das Parlament (58/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen (11894/AB zu 12299/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abge­ordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (11895/AB zu 12182/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 34

09.05.13Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

09.05.14*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich darf Sie recht herzlich zur 185. Sitzung begrüßen, die damit eröffnet ist. Ich grüße auch die Damen und Herren auf der Galerie sowie die Medienvertreter und auch die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Michael Hammer, Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Andrea Kuntzl, Josef Muchitsch, Rainer Wimmer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Christian Hafenecker, MA, Ing. Mag. Volker Reifenberger, Peter Wurm, Lukas Hammer, Clemens Stammler, Mag. Nina Tomaselli.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilungen gemacht:

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird weiterhin durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler vertreten.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch wird durch Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. vertreten.

Ferner darf ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, bekannt geben:


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Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler wird durch Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner vertreten

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 12990/J bis 13096/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates: 57/JPR und 58/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 11894/AB und 11895/AB

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Kulturausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmför­derungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1790 d.B.)

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1792 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bildungsdokumentationsgesetz 2020, das IQS-Gesetz, das Anstellungserforder­nisse-Grundsatzgesetz und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (1791 d.B.)


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Verfassungsausschuss:

2. Dienstrechts-Novelle 2022 (1793 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2749/A(E) betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“ eine Frist bis zum 31.12.2022 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsord­nung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristset­zungsantrag durchzuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Ich darf bekannt geben, dass wie üblich ORF 2 bis 13 Uhr überträgt, dann ORF III bis 19.15 Uhr. Anschließend wird in der TVthek kommentiert übertragen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 4 bis 6, 7 bis 9 sowie 18 bis 20 der Tagesordnung jeweils zusam­menzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.


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Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Dementspre­chend haben wir 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Die Redezeiten ergeben sich wie folgt: ÖVP: 166 Minuten, SPÖ: 115 Minuten, FPÖ: 94 Minuten, Grüne: 85 Minuten, und NEOS: 68 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 34 Minuten. Der Debattenbeitrag ist jeweils mit 5 Minuten begrenzt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

*****

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

09.08.181. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „KEINE IMPFPFLICHT“ (1660 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. – Bitte sehr.


9.08.32

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich meinen Respekt gegenüber den Proponenten dieses Volksbegehrens und der fast einer Viertelmillion Menschen aus Österreich zum Ausdruck bringen, die dieses Begehren unterstützen, nämlich dass sie dieses demokratische Instrument nützen, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen.


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In der Begründung dieses Volksbegehrens steht, dass nach der Grundrechte­charta der Europäischen Union eine Maßnahme wie eine Impfpflicht nur dann zulässig ist, wenn eine Gefahr von der Gesellschaft durch andere Mittel nicht abgewendet werden kann.

Nun, blicken wir einmal zurück: Mitte 2021. Wir hatten etwa eineinhalb Jahre Pandemie hinter uns, eine durchaus oft schwer verlaufende Erkrankung, eine grenzwertige Belastung von Spitälern und Intensivstationen. Es gab Tage, an denen mehr als 100 Covid-19-Todesopfer zu beklagen waren. (Abg. Belakowitsch: Woran sind sie wirklich gestorben, Herr Kollege?) Dann ist die Imp­fung gekommen, und im Zuge der Ausrollung der Impfung (Abg. Belako­witsch: Mit Covid-19, nicht an, Herr Kollege! Das haben Sie damals schon gewusst! Das war damals schon klar!) sind dann zunehmend die Todesfallzahlen zurückgegangen, und zu Beginn (Abg. Belakowitsch: Das hat Ihnen Ihre Reputation zusammengeschlagen!), in den ersten Monaten hat die Impfung auch eindeu­tig gezeigt, dass sie auch eine bremsende Wirkung auf die Ausbreitung der Erkrankung hat. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Unter diesem Eindruck und angesichts dessen, dass – obwohl Österreich im Ver­gleich zu anderen Ländern in der Pandemie weitgehend immer auf der vor­sichtigeren Seite war – diese Situation nicht in den Griff zu kriegen war, hatte man damals von wissenschaftlicher Seite die Hoffnung, dass, wenn die Impfquote hoch genug wäre, wir die Pandemie dann wahrscheinlich hinter uns hätten. Zugleich war aber auch schon eines klar: Die Pandemie ist ein dynamischer Prozess, und von einer Momentaufnahme kann man nicht darauf schließen, ob es drei Monate später noch gleich aussehen würde. Aus diesem Grund wurde das Impfpflichtgesetz lediglich als Rahmengesetz konzi­piert, das nur situationsangepasst in Wirksamkeit gesetzt werden konnte oder nicht.

Es hat sich dann schon im Frühjahr dieses Jahres gezeigt: Es ist eine neue Situa­tion, es sind neue Varianten gekommen, die Erkrankung ist milder gewor­den (Abg. Belakowitsch: Da habt ihr die Impfpflicht beschlossen! Gratuliere! Die


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neuen Varianten waren schon im Herbst ...!), die Hemmung der Ausbrei­tung der Infektion war nicht mehr so gegeben, wie das zu Anfang der Fall war, und aus diesem Grund ist auch die Impfpflicht nie in Wirksamkeit gesetzt worden.

Als man dann gesehen hat, dass das nicht nur ein vorübergehendes Abflauen der Intensität war (Abg. Belakowitsch: Das hättet ihr schon wissen müssen, aber ihr habt es ja unbedingt ...!), sondern die Pandemie offensichtlich längerfristig in einen milderen endemischen Verlauf übergegangen ist, hat man folgerichtig auch das Impfpflichtgesetz als Ganzes wieder abgeschafft. (Abg. Belako­witsch: Das war ein Fehler vom ersten Tag an!)

Die Zeit ist nicht stehengeblieben, das Impfpflichtgesetz, das nie wirksam gewesen ist, ist Geschichte (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belako­witsch), nichtsdestotrotz werden wir uns im Gesundheitsausschuss intensiv mit dem Volksbegehren auseinandersetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

9.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte sehr.


9.12.37

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besucher:innengalerie! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher! Das Volksbegehren Keine Impfpflicht wurde von 242 168 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben. Es ist nicht das erste Volksbegehren zu diesem Thema und es wird auch nicht das letzte sein. Das heißt, das Thema Impfen und Impfpflicht hat die österreichische Bevöl­kerung ziemlich verunsichert, und wir sehen anhand der Anzahl der Unterschriften, es ist ein wichtiges Thema für die Bevölkerung in Österreich.

Aber was ist der Grund für diese Verunsicherung? Was ist der Grund für das mangelnde Vertrauen in die Bundesregierung? Die Antwort heißt: Das


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Coronamanagement der Bundesregierung ist von Beginn an gescheitert. (Abg. Zarits: Ihr habt ja mitgestimmt! Ihr habt ja überall mitgestimmt Abg. Stein­acker: Kindsweglegung!) Das hat auch der Rechnungshof massiv kritisiert, das ist nachzulesen, und das hat vieles hervorgebracht. Ich nenne Ihnen einige Tatsachen, die die Folge daraus waren.

Zum einen: Wir haben heute – wer das „Morgenjournal“ gehört hat, weiß es bereits – 250 000 Krankenstände, erste Influenzafälle. Natürlich ist das Impfverhalten der Bevölkerung in Veränderung begriffen – es haben sich we­niger Menschen gegen Influenza impfen lassen –, eine Folge dessen, wie das mit der Impfpflicht und dem Coronamanagement gehandhabt wurde. Wir haben seinerzeit auch für dieses Rahmengesetz gestimmt, weil damals die Situation dramatisch war und geglaubt wurde, dass man damit auch positiv darauf einwirken kann, dass sich die Bevölkerung impfen lässt. Es gab zum Beispiele auch die Impflotterie mit dem ORF, aber die ist auch gleich gescheitert. Es sind alle Anreizmodelle, die Bevölkerung zu motivieren, sich impfen zu lassen, gescheitert. – Also Tatsache Nummer eins: Mehr Influenzafälle als noch letztes Mal.

Tatsache Nummer zwei: Die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen ist zurückge­gangen. Das heißt, insgesamt ist das Vertrauen darauf oder das Konsu­mieren dieser kostenfreien Maßnahme auch zurückgegangen. Und die Motiva­tion der Bevölkerung, sich überhaupt impfen zu lassen – auch an der Zahl der Kinderimpfungen sieht man das –, lässt zu wünschen übrig.

Dieses Volksbegehren möchte nun ein generelles Impfverbot aller möglichen Impfungen in die Verfassung schreiben. Das halten wir für überschießend, denn wir wissen nicht – und ich appelliere jetzt wirklich auch an Sie (in Richtung Besucher:innengalerie) –, ob es in Österreich nicht Tatsachenfälle geben kann, in denen eine Impfpflicht notwendig sein wird – hoffentlich nie –, sodass es nicht richtig wäre, das Verzichten auf jegliche Impfpflicht in der Verfassung festzuschreiben. Daher, so glaube ich, werden wir uns – und das wurde


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schon gesagt – nicht nur im Gesundheitsausschuss, sondern auch hier im Parla­ment noch einige Male mit diesem Thema beschäftigen. Ich denke, dass das ein wirklich wichtiges Thema ist. Das gesamte Gesundheitswesen in Öster­reich muss sich nach vorne entwickeln und darf sich nicht zurückent­wickeln, so wie es ausgehend vom Coronamanagement, vom Missmanagement der Bundesregierung ihren Weg genommen hat.

Es ist, glaube ich, wichtig, dass man die Bevölkerung motiviert, das kostenfreie Gesundheitssystem (Abg. Belakowitsch: Kostenfrei?) in Anspruch zu nehmen, und nicht durch Verunsicherung die Bevölkerung auf den Plan ruft, die sich nicht mehr anders zu helfen weiß, außer einem Volksbegehren die Zustimmung zu erteilen, einem Volksbegehren, das wir wirklich hier auch mit aller Ernsthaftigkeit diskutieren wollen. Das möchte ich Ihnen (in Richtung Besucher:innengalerie) auch noch mitgeben: Wir nehmen das ernst! Das Vertrauen in uns Politikerinnen und Politiker – das ja allgemein gesunken ist – wieder zu heben, das wäre natürlich nicht nur mein Anspruch, sondern, so hoffe ich, unser aller Anspruch. (Beifall bei der SPÖ.)

9.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


9.16.57

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Bevollmächtigte des Volksbegehrens Keine Impfpflicht. Bevor ich mit meinen Ausführungen anfange, möchte ich den Wortlaut und das Begehren dieses Volksbegehrens zitieren:

„Jeder hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Wahlfreiheit der medizinischen Behandlung. Der Bundesverfassungsgesetzgeber möge ein Gesetz beschließen, durch das es verboten wird, Menschen in Österreich einer generellen Impfpflicht zu unterwerfen und/ oder Menschen aufgrund ihres Impf­status in der Öffentlichkeit, in der Arbeitswelt und/oder im Privatbereich


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zu diskriminieren. Diskriminierungen aufgrund des Impfstatus sollen in diesem Gesetz unter Strafe gestellt werden.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was sich hier liest wie eine Selbstverständlichkeit, wie eine Berufung auf unsere Grund- und Freiheitsrechte, war in den letzten Jahren in Österreich leider keine Selbstverständlichkeit. Diese Bundesregierung hat mit dem Impfpflichtgesetz einen absoluten Tabubruch begangen und mehr als 242 000 Österreicherinnen und Österreicher haben sich, indem sie dieses Volksbegehren unterstützt haben, dafür ausgesprochen, dass so etwas nie wieder passieren darf. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Bundesregierung hat entgegen aller wissenschaftlichen Fakten und zu einem Zeitpunkt, als schon längst klar war, dass die Covid-19-Impfstoffe keinen Übertragungsschutz bieten, eine allgemeine Impfpflicht im Gesetz veran­kert und damit der bereits zuvor bestehenden gesellschaftlichen Diskrimi­nierung, dem psychischen Druck und der Diskriminierung am Arbeitsplatz auch tatsächlich noch eine gesetzliche Diskriminierung oben draufgesetzt. Und es ist dem heute abwesenden Bundesminister Rauch, der mittlerweile ja der drit­te grüne Gesundheitsminister ist, zu verdanken, dass er zumindest die Ein­sicht gehabt hat und dem Druck der Hunderttausenden Menschen auf der Stra­ße und im Rahmen der verschiedenen Volksbegehren nachgegeben hat, sodass dieses Unrechtsgesetz hier in diesem Parlament auch wieder aufgehoben wurde.

Was ist nun die Konsequenz aus dem Ganzen? Die Bundesregierung hat vorgegeben, mit dem Impfpflichtgesetz und dem Zwang zur Impfung die Durchimpfungsrate zu erhöhen und die Gesellschaft zu schützen, eine präventivgesundheitspolitische Maßnahme zu setzen.

Und was hat diese Bundesregierung erreicht? – Sie hat Hunderte Millionen Euro für Impfstoffbeschaffung und Parallelstrukturen im Bereich der Impf­stoffverabreichung aufgewendet, sie hat die staatlichen Behörden, die Gesund-


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heitsbehörden, aber auch die Sicherheitsbehörden missbraucht, zweck­dienlich missbraucht für das Durchsetzen ihrer Agenda, und sie hat im Endeffekt genau das Gegenteil von dem, was sie proklamiert hat, erreicht, denn die Durchimpfungsrate ist in Österreich dadurch deutlich niedriger ausgefallen als in anderen Staaten. Man kann das nur als ein Versagen auf ganzer Linie titulie­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Was mich persönlich als Gesundheitspolitiker noch viel mehr bedrückt, ist, dass ja nicht nur die Durchimpfungsraten bei den Covid-Impfungen deutlich unter dem internationalen Durchschnitt geblieben sind, sondern dass im Zuge dieser Kampagne der Bundesregierung und dieses Unrechtsgesetzes, das Gott sei Dank abgeschafft ist, die allgemeine Impfbereitschaft deutlich zurückge­gangen ist. Meine Vorrednerin hat es angesprochen: Bei der Influenza­impfung sind wir weit, weit davon entfernt, eine vernünftige Durchimpfungsrate zu haben. Bei den wichtigen Kinderschutzimpfungen hat es massive Rück­gänge gegeben, und so besteht tatsächlich ein erneutes Risiko für das Aufkommen von Massenausbrüchen. All das ist die direkte Konsequenz der verfehlten Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass dieses Begehren heute noch aktuell ist und dass dieses Anliegen aktuell ist und dass seine Behandlung im Untersuchungsausschuss – ah, im Unter­suchungsausschuss sage ich schon; da wird es sie vielleicht auch noch geben –, im Gesundheitsausschuss notwendig ist, zeigen viele Beispiele der Diskri­minierung in der Praxis, die bis heute andauert. Noch immer gibt es viele Men­schen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, nur weil sie ihr Selbstbe­stimmungsrecht über ihre körperliche Unversehrtheit eingefordert haben. Bis vor Kurzem hat es selbst im Wiener Krankenanstaltenverbund noch eine Aufnahmerichtlinie gegeben, die besagt hat, neue Mitarbeiter dürfen nur eingestellt werden, wenn sie sich gegen Covid‑19 vollimmunisieren las­sen. Das ist nach meinem Kenntnisstand erst im September aufgehoben worden.

Soldaten beim Bundesheer durften nicht in Auslandseinsätze fahren, wenn sie sich nicht haben impfen lassen. Teilweise waren sogar die Hochschulen für


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die Studenten gesperrt, und sie konnten keine Prüfungen absolvieren, wenn sie sich nicht dem Impfzwang unterworfen haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so etwas darf nie wieder passieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb unterstützen wir Freiheitlichen dieses Volksbegehren inhaltlich zu 100 Prozent, und es liegt an der Bundesregierung, nicht nur das Gesetz aufzuheben, sondern auch gesetzlich Sorge dafür zu tragen, dass so etwas nie wieder vorkommen kann und dass die Geschädigten der vergangenen Monate und Jahre auch eine angemessene Entschädigung bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.


9.21.57

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und hier im Haus auf der Galerie! Wir haben es ja schon gehört, dieses Volksbegehren hat 242 168 Unterstützerinnen und Unterstützer bekommen. Das sind in etwa so viele Unterstützungen, wie auch die bei­den anderen bereits im Gesundheitsausschuss aufliegenden Volksbegehren zum gleichen Thema erhalten haben – damit man das sozusagen auch in diesem Rahmen sieht.

Die Proponentinnen und Proponenten wollen, so wie ich das jetzt hier interpretiere, ein im Verfassungsrang stehendes Verbot von Pflichtimpfungen – anders kann ich mir den Text so nicht erklären – und ein Verbot einer Dis­kriminierung aufgrund des Impfstatus erreichen.

Diese Forderungen sind natürlich, das haben ja auch die Vorrednerinnen und Vorredner auf den Punkt gebracht, zum einen im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie, im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die wir zur Be­kämpfung von Covid‑19 ergriffen haben, zu sehen. Zum anderen muss man es


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aber auch so sehen, dass es ein sehr umfangreiches Verlangen für die Zu­kunft unseres Landes ist. Das hat auch sehr weitreichende Auswirkungen, die wir uns auch einmal kurz klarmachen sollten, denn: Wenn wir davon aus­gehen, dass die Zoonosen zunehmen werden (Abg. Belakowitsch: Woher wissen Sie das?), wenn wir davon ausgehen, dass neue Erkrankungen zunehmen werden (Abg. Belakowitsch: Woher wissen Sie ...?), wenn wir davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren Covid nicht die einzige Pandemie gewesen sein wird, wenn wir davon ausgehen, dass unser robustes Gesundheitswesen immer und immer wieder dementsprechend unter Druck geraten wird, dann sind das eben, wie schon gesagt, sehr weitreichende Forderungen, die da erhoben werden.

Ich sage auch gleich dazu: Das, was ich gerade geschildert habe, ist nicht das, was ich mir ausgedacht habe, sondern das ist das, was Expertinnen und Experten (Abg. Kickl: Ah! Die Experten! Ah!), Wissenschafterinnen und Wissenschafter weltweit immer und immer wieder auf den Punkt bringen (Abg. Kickl – erheitert ‑: Wenn ich groß bin, werde ich Experte!) und uns eben auch angesichts von Klimawandel, angesichts der Situation, wie sich die Menschheit in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, vorzeichnen, dass uns das erwarten wird. Das können wir nicht vom Tisch wischen (Abg. Belakowitsch: Sie wissen das alles schon, aha?), das ist wahrscheinlich die Zukunft. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Würden wir heute hergehen und ein allgemeines Verbot von Pflichtimpfungen beschließen (Abg. Belakowitsch: Dann wäre das gut!), dann wäre das ein Blick in die Kristallkugel, dann wäre das aus meiner Sicht auch durchaus un­seriös. Überlegen Sie einmal – gehen wir dazu kurz in die Vergangenheit zurück (Abg. Belakowitsch: Also Sie wollen weitermachen wie bisher?) –: Wie haben wir die Pocken ausgerottet? – Indem wir eine Pflichtimpfung hatten. (Abg. Kickl: Da waren Sie nicht dabei!) Wie haben wir im Endeffekt auch andere Krankheiten durchaus ausrotten können? (Abg. Belakowitsch: Welche denn? Welche haben Sie ausgerottet?) – Dadurch, dass es in den jeweiligen


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Gegenden eben eine entsprechend verbreitete Impfung, eine Pflicht­impfung gegeben hat.

Was bedeutet es für den Gesundheitsbereich, wenn wir für bestimmte Krankheiten keine Pflichtimpfung haben? Was würde das bedeu­ten (Abg. Belakowitsch: Gar nichts!) für Menschen, die mit vulnerablen Menschen arbeiten? (Abg. Kickl: Sie haben aber wenig Vertrauen in die Überzeugungs­kraft von erprobten Stoffen!) Was ist, wenn der Arbeitgeber dann nicht mehr sa­gen kann: Ich mache es zur Voraussetzung, dass du gegen diese und diese und diese ansteckende Krankheit geimpft bist!, wenn das nicht mehr möglich ist?

All das sind also Aspekte, die wir werden diskutieren müssen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), die wir im Gesundheitsausschuss gerne diskutie­ren werden und mit denen wir uns dort auch gerne auseinandersetzen werden.

Ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt auf die Diskussion im Gesundheits­ausschuss, denn jede Debatte ist eine gute Debatte. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


9.25.13

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! 242 168 Men­schen haben das Volksbegehren Keine Impfpflicht unterstützt. Ab 100 000 Unterstützungen wird ein Volksbegehren im Nationalrat behandelt. Somit ist das ein probates Mittel für Bürgerinnen und Bürger, sich an der Ge­setzgebung in Österreich aktiv zu beteiligen.

Deshalb sprechen wir auch heute hier im Hohen Haus wieder über das Thema Keine Impfpflicht. Auch wenn das Impfpflichtgesetz mittlerweile – mit


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Beschluss des Nationalrats vom 7. Juli und vom Bundesrat am 14. Juli 2022 – außer Kraft gesetzt wurde, behandeln wir es hier immer noch, zum ei­nen, weil uns die Bürgerbeteiligung eben wichtig ist, zum anderen zeigt es, dass das Thema der Impfpflicht die Menschen immer noch bewegt. Die unfassbare Menge an Stellungnahmen schon vor Inkrafttreten des Impfpflichtgesetzes hätte zeigen müssen, dass die Bevölkerung strikt dagegen ist. Auch dass man mit dem Gesetz nicht die erwünschte Wirkung erzielen wird, hat sich leider bestätigt.

Was wir hier für unsere Zukunft lernen müssen, ist eine klare Kommunikation in Krisenzeiten: keine Panikmache, die Menschen verunsichert, kein Verges­sen auf Minderheiten. Stattdessen brauchen wir klare und verbindliche Regeln, faktenbasierte Aufklärung, fundierte Erklärungen für medizinische Orien­tierungshilfen und Steigerung der Gesundheitskompetenz und damit die Bereit­schaft zur Prävention.

An dieser Stelle sollten wir vielleicht auch ein Auge darauf haben, wie wir die Gesetzgebungsprozesse optimieren können. Der Stil dieser Regierung, immer wieder per Trägerraketen, Abänderungsanträgen, ohne Begutachtung Gesetze zu machen, ist kein schöner. Die Menge an Volksbegehren hat eindeutig zugenommen, und auch die Tatsache, dass sie sich inhaltlich teilweise wiederholen, zeigt uns, dass auch die Bevölkerung diesen politischen Stil leid ist und wieder ordentliche Prozesse verlangt. Arbeiten wir doch bitte alle mit der Bevölkerung auf Augenhöhe! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


9.27.26

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gesetzliche Impfpflicht, Herr Abgeordneter Smolle von der ÖVP hat es bereits ausgeführt, ist mittlerweile Geschichte – das ist richtig –; allerdings


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nicht die andauernde Diskriminierung Ungeimpfter. Diese muss nun endlich ein Ende haben, und das gegenständliche Volksbegehren Keine Impfpflicht, das wir hier diskutieren und das von den Rechtsanwälten Höllwarth und Scheer initiiert wurde, hat vorausschauend nicht nur die gesetzliche Impfpflicht ange­prangert, sondern eben auch genau die andauernde berufliche, soziale, gesellschaftliche Diskriminierung Ungeimpfter. Es ist ja eine besonders perfide Vorgangsweise, hier die gesetzliche Impfpflicht aufzuheben, zu sagen, es herrscht jetzt Wahlfreiheit, und gleichzeitig aber Druck auf die Institutionen – Universitäten, Schulen, Unternehmen – auszuüben, noch weiter dies­bezügliche Maßnahmen zu verhängen. Und die Institutionen tun das leider auch.

Ein Beispiel von vielen ist eine ganz aktuelle, anhängige Ausschreibung einer Führungsfunktion an der Wirtschaftsuniversität Wien: Man braucht höchste Qualifikation, es ist ein Job mit viel Eigenverantwortung und einem Führungsstil. Dabei rühmt sich die WU, dass sie ein vielfältiges, wertschätzendes, weltoffenes und inklusives Umfeld anbietet, aber diese Inklusion gilt nicht für ungeimpfte Menschen – das muss man sich vorstellen! –: Man muss, schon für das Bewerbungsgespräch, nachweisen, dass man eine vollständige Covid‑19-Impfung hat, beziehungsweise muss man sich ver­pflichten, diese schnellstmöglich nachzuholen. (Abg. Kickl: Das ist ein Skandal!) Das ist ein Skandal, richtig. Der Grund, der dafür angegeben wird, ist einfach: Man will den Präsenzunterricht garantieren. – Das alles sollte ja längst Vergangenheit sein. Es sind aber leider auch viele junge Menschen – nicht nur an den Universitäten, sondern Menschen, die in den Beruf einsteigen wollen – von solchen Bedingungen abhängig, und damit muss endlich Schluss sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt bereits in vielen Ländern eine Aufarbeitung. Ein jüngstes Beispiel – in diesem Fall von außerhalb Europas – ist ein höchstgerichtliches Urteil in New York, das anordnete, dass alle Angestellten des öffentlichen Dienstes in New York, die im Zuge der verordneten Impfpflicht ihren Arbeitsplatz verloren haben, wieder eingestellt werden müssen. Sie erhalten nicht nur den Job


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zurück, sie erhalten auch die Gehälter, die sie nicht bekommen haben. Die Be­gründung ist schlichtweg: Mittlerweile ist eindeutig wissenschaftlich be­wiesen, dass Geimpfte das Virus genauso bekommen und genauso weitertragen, daher kann das niemals eine Basis für eine gesetzliche Impfpflicht sein.

Ich meine, wir wissen genauso, dass das so zutrifft, daher kann es auch keine Basis für eine Diskriminierung Ungeimpfter irgendeiner Art sein. Daher würde ich vorschlagen: Folgen Sie der Wissenschaft, weg mit allen Beschränkun­gen! – Es gibt auch noch eine Petition, die man dazu unterzeichnen kann. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

9.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


9.30.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es tut mir wahnsinnig leid, dass es heute keiner der Vertreter der Regierungsparteien geschafft hat, sich hierherzustellen und sich für dieses Unrechtsgesetz einmal zu entschul­digen. Das wäre das Gebot der Stunde gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben im Jänner 2022 ein Gesetz beschlossen, zu einem Zeitpunkt, als längstens klar war, dass diese Impfung nicht hilft, dass diese Impfung nicht davor schützt, dass man sich ansteckt, dass diese Impfung nicht davor schützt, dass man das Virus weitergibt. Da haben Sie diese Impfpflicht beschlossen. Es war zu diesem Zeitpunkt in Österreich bereits die Omikronvariante, sprich: die jetzt immer noch bei uns verfügbare endemische Variante, im Umlauf. Dennoch haben hier vier Parteien nahezu geschlossen für eine Impfpflicht gestimmt, eine Impfpflicht, die nichts anderes als ein Unterdrückungsinstrument war, mit dem man Menschen in Kategorien teilt: jene, die dieser Regierung treu sind, die sich brav verhalten, und jene, die es eben nicht tun.


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Ich möchte schon noch einmal die Zeit ein bisschen zurückdrehen: Was hat denn das bedeutet? Was hat denn das für jene Bürgerinnen und Bürger in unse­rem Land bedeutet, die sich geweigert haben? – Wir haben einen Lockdown für Ungeimpfte gehabt, wir hatten 2G im Handel. Das hat etwa vor einem Jahr begonnen. Man hat ungefähr ein Drittel der Bevölkerung vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Diese Personen durften nicht einmal in Geschäfte gehen, um Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder zu kaufen. Man musste sich im Papierfachgeschäft ausweisen, dass man geimpft ist, wenn man Schulhefte gebraucht hat. All das haben Sie gemacht! Sie haben die Leute kategorisiert, Sie haben sie in die Braven und in die Bösen eingeteilt. Und das hat dann letzt­lich in einer Impfpflicht gegipfelt, die Sie im Jänner hier beschlossen haben. – Völlig sinnlos!

Meine Kollegin Fürst hat schon ausgeführt, dass die Impfung heute noch in Ausschreibungen verlangt wird. Viele Bürgerinnen und Bürger sind ja verzweifelt, weil sie vom Chef nach wie vor unter Druck gesetzt werden, vor allem im Tourismusbereich. Viele sagen, sie wollen sich nicht noch ein­mal impfen lassen, sie machen das nicht mehr mit, da kündigen sie lieber. Es gibt wahnsinnig viel in dieser Gesellschaft, das durch Ihre Politik kaputtge­macht wurde, weil es tatsächlich Arbeitgeber gibt, die Ihnen auf den Leim gegan­gen sind, die glauben, sie können von ihren Mitarbeitern immer noch ver­langen, dass sie sich impfen lassen. Sie wollen ja ein sicheres Hotel haben, ein si­cheres Gastlokal sein, und die Mitarbeiter müssen das tun. (Abg. Obernos­terer: Das ist aber schlimm, gell? Das ist schlimm, ja!) – Das ist keine Unterstellung, Herr Kollege, reden Sie doch mit den Leuten! Das ist das Problem, das Sie haben: Sie machen zwei Jahre lang: Augen zu und durch, einfach Gesellschaft spalten, Leute beschimpfen!

Hier ist der heutige Bundeskanzler, der damalige Innenminister gesessen und hat gesagt: die Lebensgefährder, die sich an nichts halten. Menschen, die kritisch sind, wurden einfach diskriminiert, in Bausch und Bogen als Rechts-


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extremisten beschimpft. Es sind die Leute, die auf den Straßen demons­triert haben, von Ihnen niedergemacht worden. Irgendwelche Überfälle auf das Parlament wurden erfunden. Das alles sind Tatsachen! Das wurde jenen in die Schuhe geschoben, die eben nicht mitgemacht haben (Beifall bei der FPÖ), die eben selbstkritisch waren und die sich darum bemüht haben, über ihren eigenen Körper selbst zu bestimmen, selbstbestimmt leben zu wollen und sich eben nicht alles reinjagen zu lassen.

Es hat nie und zu keinem Zeitpunkt ein Verbot gegeben, sich impfen zu lassen, aber es darf auch niemals eine Impfpflicht geben! Körperliche Unver­sehrtheit muss ein Grundrecht sein! Daher ist dieses Volksbegehren so wichtig (Beifall bei der FPÖ), und daher finde ich es nicht überschießend, Frau Kol­legin Heinisch-Hosek, wenn hier steht, es muss ein Gesetz beschlossen werden, durch das es verboten wird, irgendwann wieder eine Impfpflicht in unse­rem Land zu beschließen. Damit haben Sie tatsächlich Neuland betreten, und so etwas darf es in unserer Republik nie mehr wieder geben. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Das sind die roten Linien!)

9.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Jetzt wird faktenbasiert geredet! Taferl! Oje! – Abg. Stocker: Evidenzbasiert wird es jetzt! – Abg. Leichtfried: Mister Taferl!)


9.34.55

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich höre schon den Zwischenruf aus den SPÖ-Reihen. Ich werde das erfüllen, ich habe natürlich meine Taferl mit dabei, weil das wesentliche, wichtige Botschaften sind.

Zuerst möchte ich mich aber bei allen 242 000 Unterstützern dieses Volksbegehrens bedanken. Es war richtig, es hat die Sache auf den Punkt gebracht, und die Vorredner haben es bereits festgestellt: Es darf nie und nimmer eine verpflichtende Impfung geben.


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Was mich heute aber sehr betroffen macht, sind wieder die Ausführungen der Vertreter der Systemparteien und speziell der ÖVP. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Abg. Brandstätter: Herr Präsident! – Abg. Weidinger: „Systempar­teien“!) Herr Dr. Smolle, Sie gehen heute und hier wieder zum Rednerpult und bedienen die Narrative des Mainstreams, die hinten und vorne nicht stim­men. (Abg. Brandstätter: Herr Präsident! Ich möchte das Wort „Systempar­teien“ nicht hören! Das ist ein Naziausdruck! Verstehst du das nicht? Ich will das nicht hören! – Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Brandstätter: Das ist ein Nazi­ausdruck! Das muss man doch verstehen, oder? So gebildet kann man sein!) Sie sa­gen – ich zitiere Sie –: Es war die Gefahr für die Gesellschaft da, und des­wegen mussten wir die Impfquoten erhöhen, damit Infektionen nicht passieren, damit sich die Menschen nicht anstecken, damit schwere Verläufe und Todesfälle vermieden werden. (Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Brandstätter: Was ist Nazipolitik? Jetzt redet er von Nazipolitik! Wo sind wir?! Seid ihr völlig durchgeknallt?)

Jetzt wissen Sie über Wochen und Monate – ich habe Ihnen das mit meinen Reden, mit meinen vielen Fakten bewiesen –, dass diese Impfung natürlich nicht vor Todesfällen schützt. Und die Erhöhung der Impfquote ist ja ein Mär­chen. Ich habe x-mal hier im Hohen Haus festgestellt: Schauen Sie sich doch zu­mindest den Vergleich zwischen Europa und Afrika an, den ich immer wie­der bringe. (Abg. Loacker: Zur Geschäftsordnung!) Afrika hat geringste Impfquoten, und wenn Ihr Narrativ stimmen würde, dann müsste Afrika tatsächlich, wie das der Mainstream im Jahr 2021 beschrieben hat, das Massengrab der Welt werden. Dem ist aber nicht so! Sie bedienen diese Narrative aber immer noch.

Ich habe bereits vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass die CDC, die höchste amerikanische Seuchenbehörde, am 6. August 2021 festgestellt hat, dass die Impfung nicht vor Infektionen und nicht vor Übertragungen schützt. Sie ha­ben diese Narrative jedoch weiter gepflegt.


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Zur Vergessenskultur: Sie haben eine Impfpflicht wider besseres Wissen eingeführt, weil wir Ihnen hier im Parlament die Gegenargumente aufgezeigt haben. Was dann erfolgt ist, war pure Hetze gegen Ungeimpfte.

Damit man das nicht vergisst, darf ich stellvertretend Frau Minister Edtstadler zitieren, die Folgendes in Richtung der Ungeimpften festgehalten hat (eine Tafel mit der Aufschrift „Ministerin Edtstadler: Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein. Und daran können sich auch andere Konsequenzen knüpfen“ auf das Rednerpult stellend) – das muss man sagen, das muss man festhalten, so hat die ÖVP die Menschen behandelt, die die körperliche Unversehrtheit haben wollen –, ich zitiere: „Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein. Und daran können sich auch andere Konsequenzen knüpfen.“

Unfassbar bitte, Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Smolle, statt heute und hier zum Rednerpult zu gehen und zu sagen, wir entschuldigen uns für diesen Irrlauf, argumentieren Sie noch die Impfpflicht durch. (Abg. Obernosterer: Ent­schuldigt euch ihr einmal!) Das ist für mich wirklich das Erschreckende.

Nun zum Inhaltlichen: Die Impfpflicht wurde beschlossen, und das Ministerium und die Regierung haben Impffolder folgenden Inhalts herausgebracht, im März 2022, als die Impfpflicht noch gegolten hat – das ist ein offizieller Folder: „Wissenswertes zur Corona-Schutzimpfung“, herausgebracht von der österreichischen Bundesregierung; ich zitiere daraus –: „Kein COVID-19-Impfstoff löst eine Erkrankung aus.“ – Das war Ihr Versprechen an all jene Personen, die sich weigerten, sich impfen zu lassen: keine Erkrankungen, keine Nebenwirkungen.

Jetzt sage ich Ihnen eines – und das werden wir wirklich verfolgen –, heute und hier: Sie haben wider besseres Wissen diese Informationen herausge­bracht. Sie hätten nämlich schon wissen müssen, dass diese Information auf dem Impffolder der Regierung nicht stimmt und total unwahr ist.


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Wieso ist das unwahr? – Weil es bereits am 19. Juli 2021 einen Rote-Hand-Brief des Paul-Ehrlich-Instituts gegeben hat, der darauf hingewiesen hat, dass man mit der Verabreichung von Biontech/Pfizer an Myokarditis und Perikarditis erkranken kann.

Und weiter: Am 25. November 2021 hat es einen EMA-Riskmanagementplan gegeben – auch zu diesem Impfstoff –, in dem festgehalten wurde, dass Myokarditis und Perikarditis als wichtige identifizierte Risiken angesehen werden.

Das ist anerkannt, das heißt, Sie haben es schwarz auf weiß gehabt, dass diese Informationen, die Sie an die Bevölkerung herantragen, nicht stimmen. Die sind unwahr, und das ist für mich das Erschreckende: Sie informieren die Bevölkerung wissentlich falsch!

Wissen Sie, was in diesem EMA-Riskmanagementplan zu diesen Erkrankungen auch noch gestanden ist? – Die Bandbreite des wichtigen identifizierten Risikos ist von mild bis lebensbedrohend. – So! Sie haben die Bevölkerung falsch informiert, Sie haben mit der Impfpflicht, die faktenwidrig war, Gas gegeben, und heute kommen die Abgeordneten der ÖVP, kommt Herr Dr. Smolle heraus und versucht, das zu argumentieren, anstatt sich hier offiziell bei der ge­plagten Bevölkerung zu entschuldigen. – Das ist erschreckend. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Zur Geschäftsbehandlung!)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Abgeordneter Loacker. – Bitte.

*****


9.41.20

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Abgeordneter Hauser hat in seiner Rede von „Systempar­teien“ gesprochen, und das ist ganz eindeutig Naziwording. (Beifall bei NEOS,


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ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Stögmüller: Ordnungsruf! Ordnungsruf!) Die Nationalsozialisten haben mit den Begriffen Systemparteien und System­politiker versucht, andere herabzuwürdigen, und das ist nicht der Wür­de des Hohen Hauses entsprechend und gehört sofort unterbunden. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen. – Ruf bei den Grünen: Aktualisierts eure Liste!)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Erklärung: Ich lasse mir auch das Wortprotokoll der Stenographen bringen. (Ruf bei der SPÖ: Das war eindeu­tig! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Ich schaue mir das an, ich lasse mir das bringen.

Herr Abgeordneter Kickl ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.42.13

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich stelle fest, dass das passiert, was so oft passiert, wenn man eine Debatte abdrehen und tabuisieren will (Zwischenrufe bei Grünen und NEOS): Es soll nicht mehr über das grundlegende Problem gesprochen werden, dass eine Gesellschaft gespalten wurde, Menschen gegeneinander aufgebracht worden sind, Menschen gegen ihren Willen zu einer – unter Anführungszeichen – „medizinischen Anwendung“ gezwungen wurden, und so weiter und so weiter. (Rufe bei der ÖVP: Das ist eine Wortmeldung! Zur GO! – Weitere Zwischen­rufe bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.) All das haben vier Parteien – oder drei Par­teien, dreieinhalb Parteien – in diesem Parlament zu verantworten. Darüber soll nicht gesprochen werden, also rückt jetzt ausgerechnet die liberale Partei, die Partei der Freiheit, die ja vielleicht auch die Partei der Meinungsfreiheit ...


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist kein Debattenbeitrag zur Geschäftsordnung. (Abg. Brandstätter: Es gibt ein Verbotsgesetz! Das ist ein Na­zibegriff, lernen Sie das endlich!) Sie können sich zu Wort melden oder zur Geschäftsordnung einen Antrag stellen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Noch einmal, in aller Ruhe: Kollege Loacker hat quasi einen Antrag gestellt, und ich habe gesagt, ich schaue mir das an.

Das ist kein Debattenbeitrag, dazu dient eine Geschäftsordnungsdebatte nicht. Sie können sich zu Wort melden. (Zwischenrufe bei NEOS und Grünen.)


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Die Forderung nach einem Ordnungsruf ist nicht angebracht, weil selbst die Abgeordneten der NEOS wissen müssten, dass die Begriffe Systempartei und Antisystempartei in vielerlei Zusammenhängen in der politischen Diskussion und in der medialen Berichterstattung über Politik zur Anwendung kommen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Das hat nichts im Parlament zu suchen! – Abg. Kickl: Immer die gleiche Leier! – Abg. Stögmüller: Ja, von euch! – Abg. Kickl: Nein, von euch! – Weitere Zwischenrufe bei Grünen und NEOS.)

9.43

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ku­cher. – Bitte.


9.44.00

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Nach drei Tagen Budgetdebatte verstehe ich die Aufregung der Freiheitlichen Partei. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Lausch: Was ist mit dir los?) Wir haben ein Gesundheits­budget in Österreich diskutiert und haben in diesen Tagen dramatische Zahlen von der Sozialversicherung erhalten, wo mit einem Abgang von 350 Mil­lionen Euro für das nächste Jahr gerechnet wird. Für mich ist völlig logisch, dass die Freiheitlichen heute kein einziges Wort der Entschuldigung dazu gesagt haben, dass ihr keinen einzigen Satz darüber verloren habt, was ihr dem öster­reichischen Gesundheitssystem angetan habt, dass ihr heute nicht über die Hartinger-Klein und die versprochene Patientenmilliarde reden wollt, son­dern in eurer Verzweiflung heute versucht, über das Impfen zu reden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Das ist die Ablenkung. Wir reden nicht über die Pflege in Österreich, wir reden nicht über die Zweiklassenmedizin, wir reden nicht über die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich, nein, wir reden über eure Gschichtln und über eure Verschwörungstheorien (Abg. Kickl: Was ist ...?), und kein Wort der Entschuldigung für Frau Hartinger-Klein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ries: Hast du zur Tagesordnung nichts zu sagen? – Abg. Kickl: Was steht jetzt auf der Ta­gesordnung?)

Zwischen 1 Milliarde plus und einem Batzenminus von 350 Millionen Euro, da ist ein Unterschied, und dafür hätten Sie sich, Herr Kollege Hauser, entschul­digen können. Es wären Größe und Anstand gewesen, zu sagen: Ja, wir haben ei­nen Fehler gemacht, wir haben Frau Hartinger-Klein hofiert, und es ist ein Topfen gewesen, was sie fabriziert hat. – Kein Wort der Entschuldigung dazu! (Abg. Schnedlitz: Red zum Volksbegehren!)

Zum Krisenmanagement in Österreich ganz grundsätzlich: Es hat eine Reihe von handelnden Personen gegeben, die die Verantwortung dafür tragen, dass Österreich so viel schlechter durch die Krise gekommen ist, und diese drei Per­sonen kann ich sofort beim Namen nennen: Das waren Kurz, Kickl und Kogler – das ist ganz einfach, das war das virologische Dreieck, ihr drei wart in puncto Inkompetenz alle auf einer Ebene. Die Regierung hat durch Pfusch beim Krisenmanagement alles kaputt gemacht, und Herr Kickl hat alles in diesem Bereich schlecht gemacht. (Ruf bei der FPÖ: Lei-lei!) Am Anfang war er dabei und ist dann mit Heilsversprechen gekommen. Ich möchte nur erinnern: Hat uns die Debatte über Therapie für Corona: Pferdeentwurmungsmittel, Sonnen­licht und Bitterstoffe, in irgendeiner Phase irgendwie weitergebracht? Hat uns das irgendwie weitergebracht?

Man darf halt nicht die eigenen Schmähs glauben, Herr Abgeordneter Kickl: Wenn man auf FPÖ-TV dann irgendwann einmal den ausgebildeten Hufschmied zum Coronaexperten macht und der innerhalb von ein paar Tagen dann auf einmal zum Molekularbiologen avanciert (Ruf bei der FPÖ: Was redest du da?),


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dann glaubt man das irgendwann auch. (Abg. Kickl: Beruhig dich, sonst kol­labierst du uns noch da draußen!) Jetzt ist er Russlandexperte. Na, ihr glaubt ja ir­gendwann die eigenen Geschichten! (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen bitte ich wirklich: Versuchen wir, in Österreich in der Gesundheits­politik die Baustellen endlich abzuarbeiten! Ihr habt genug Baustellen angerichtet – es wäre schön gewesen, wenn sich die Freiheitlichen dafür ent­schuldigt hätten –, arbeiten wir heute an der Pflege, arbeiten wir an der Gesundheit der Bevölkerung, kämpfen wir dafür, und lenken wir nicht pein­lich ab, wie es die Freiheitlichen heute leider gemacht haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Und spritzen wir alle nieder, gell? Alle niederspritzen! – Abg. Kickl: Zur Geschäftsordnung!)

9.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. (Abg. Kickl: Herr Präsident, zur Geschäftsordnung! – Abg. Leichtfried: Was willst denn schon wieder?) – Zur Geschäftsordnung.

*****


9.47.05

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte Sie dazu auffordern, dass Sie Redner, die da zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt das Wort ergreifen – und der heißt jetzt Volksbegehren über die Abschaffung der Impfpflicht –, dann auch dazu auffordern, zu dieser Sache zu sprechen und nicht in irgendeinem wirren Geschwurbel über irgendetwas zu reden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Maurer: So wie ges­tern ...! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried hebt die Hand.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident!) – Moment, nächste Geschäftsordnungs­wortmeldung.



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9.47.42

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Also ich weiß jetzt wirklich nicht mehr, was diese Wortmel­dungen sollen.

Abgeordneter Kucher hat selbstverständlich zur Impfpflicht gesprochen und hat eben diese Impfpflicht im Zusammenhang mit der gesamten Gesundheits­politik erörtert. Wenn Sie das nicht verstehen, Herr Kickl, dann tut es mir leid. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

9.48

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte.

Ich glaube, die Aufregung kann man lassen.


9.48.12

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bitte ein wenig zur Sachlichkeit zurück (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch – Rufe bei der FPÖ: Ja, genau!), und an Frau Belakowitsch und auch an die freiheitliche Fraktion (Abg. Bayr: Sach­lichkeit, komm rein!): Wenn uns unterstellt wird, dass irgendjemand etwas Böses für die Bevölkerung wollte, so weise ich das entschieden zurück, und ich glaube, ich spreche hier schon auch im Sinne von fast allen Kollegen in diesem Haus.

Es ist bekannt, wie mein Verhältnis zu Herrn Minister Mückstein war, aber ich unterstelle nicht einmal dem Herrn Gesundheitsminister, dass er irgendjemandem Schaden zufügen wollte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belako­witsch: Zugestimmt hast du schon!)


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Nun zu den Fakten im Bezirk Schwaz, weil Herr Hauser in seiner hysterischen Art, wie er das immer darstellt, sagt, dass die Impfung quasi völliger Blöd­sinn war. (Ruf bei der FPÖ: Alle Leute niederspritzen?) Ich halte fest: Sie erinnern sich, im März 2021 gab es eine Sonderaktion für den Bezirk Schwaz im Zusammenhang mit der Südafrikamutante, und da konnten wir 100 000 Impf­dosen – auch mit Unterstützung des Bundeskanzlers Kurz – für den Be­zirk Schwaz haben. (Abg. Belakowitsch: Ja, genau, alle haben sich impfen lassen müssen! – Abg. Leichtfried: Der Kurz ist nicht mehr Bundeskanzler!)

Das Ergebnis ist inzwischen in einer Reduce-Studie belegt, und es zeigt eindeutig, die Impfung hat gewirkt. (Abg. Belakowitsch – erheitert –: Ja, genau! Darum hast du so gewonnen bei den Wahlen, weil die Leute so begeistert sind in Schwaz!) Wir hätten ohne die Impfung, und das belegt diese Studie der Uni­versität, eine zehnfach höhere Infektionsrate gehabt. Die täglich herein­kommenden Infektionsmeldungen haben eine Reduktion von 90 Prozent gezeigt, von 44 000 Personen im Bezirk Schwaz, die diese Impfung in Anspruch genommen haben, kam nur eine einzige Person ins Krankenhaus Schwaz und wurde dort behandelt, und es gab keinen Todesfall. Die Impfung hat ge­wirkt, merken Sie sich das! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Bravo, super, hätten Sie ... Redezeit ...! – Weitere Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

9.49


09.49.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren Keine Impfpflicht in 1660 der Beilagen dem Ge­sundheitsausschuss zu.

09.50.012. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „RÜCKTRITT BUNDESREGIERUNG“ (1661 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 61

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gerstl. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt gar nicht so eine schlechte Rede des Kollegen Hörl!)


9.50.16

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade wieder ein übliches Schauspiel erlebt, wie wir es schon unter Jörg Haider gehabt haben: Einmal ist er weg, dann ist er wieder da. Jetzt war er drei Tage nicht da, der Kickl, hat ei­nen kurzen Auftritt gehabt, und jetzt ist er schon wieder weg. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) – So ist das, wenn man auf einen FPÖ-Obmann setzt: Dann ist er einfach ganz schnell wieder weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Was glaubts, wie nachhaltig ihr noch weg sein wer­det?! Abg. Lausch: Jetzt ist einmal die ÖVP weg!)

Wir sprechen jetzt über ein weiteres Volksbegehren. Um es gleich einzuordnen: Es ist auch ein Volksbegehren von Maßnahmengegnern, das im Februar dieses Jahres gestartet wurde. Es hat durch 2,72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Unterstützung gefunden und ist damit unter allen Volks­begehren auf Platz 42 gelandet – nur, damit wir das gleich einordnen können, denn ich denke, zum Themenpunkt Rücktritt der Bundesregierung wird es danach noch einige größere, unsachlichere Debatten geben.

Die Maßnahmengegner haben ganz besonders davon gesprochen, dass viele Maßnahmen, die wir gesetzt haben, verfassungswidrig gewesen wären. Daher einmal schnell die Einordnung: Wie viele Anträge an den Verfassungsge­richtshof hat es seit 2020 gegeben? – Insgesamt 15 078, davon stattge­geben: 1 397 – macht 9,3 Prozent. Wie gesagt, das sind alle Eingaben, die es an den Verfassungsgerichtshof gegeben hat. Covid-Beschwerden gab es insgesamt 875, davon stattgegeben: 111, das heißt 13 Prozent, im Grunde unge­fähr gleich viel wie bei allen anderen Überprüfungen auf Gesetzmäßigkeit oder Verfassungsmäßigkeit, die der Verfassungsgerichtshof durchführt.


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Wenn die Antragsteller vom Rücktritt der Bundesregierung sprechen, dann muss man auch dazusagen: Zu Beginn der Maßnahmen im Zusammenhang mit Covid, als die ganze Welt nicht wusste, welche Auswirkungen das konkret hat, haben wir hier im Parlament in Sonderschichten – wenn Sie sich noch er­innern können – versucht, die ersten Maßnahmen zu setzen. Sie waren alle ein­stimmig. Wenn man also die Maßnahmen, die wir zu Beginn gesetzt haben, nicht wollte, müsste man eigentlich den Rücktritt des gesamten Parlaments ver­langen. Das aber wäre wiederum die Aufgabe der Demokratie, daher führt auch das ins Leere.

Ja, und ich gestehe auch zu – oder wir alle müssen das zugestehen –, dass das auch Neuland für das Gesundheitsministerium war. Die Legistik, die zum ersten Mal mit einer solchen Pandemie zu kämpfen hatte, musste auch erst ler­nen, wie man die entsprechenden Verordnungen schreibt, und im Grunde waren es eigentlich nur Formalfehler, die dort gemacht wurden – sie haben nicht die entsprechenden Begründungen gehabt.

Daher, meine Damen und Herren: Ja, es wurden Fehler gemacht, es waren solche, die großteils formalistischer Art waren, soweit man sie zum damaligen Zeitpunkt eben nicht vorhersehen konnte, und die Stattgebungen des Ver­fassungsgerichtshofes waren in einem üblichen Ausmaß.

Was nun den Rücktritt der Bundesregierung betrifft, haben wir ja hier schon mehrfach die Diskussion gehabt. (Abg. Leichtfried – bereits in der Nähe des Rednerpults wartend –: Ja, ich erinnere mich!) – Ich sehe, dass Kollege Leichtfried schon in den Startlöchern steht. (Abg. Leichtfried: Ja!) Er wird uns sicher wieder sagen, wie wichtig eine Neuwahl ist, denn diese Story hören wir bei jeder Nationalratssitzung. – Eine andere Story habe ich in den letzten Wochen, Monaten und Jahren eigentlich gar nicht mehr gehört, Herr Kollege Leichtfried. (Abg. Leichtfried: Sie können in die Zukunft schauen, Herr Kollege!)

Da darf ich auch Ihnen – so wie Kollegen Kickl – einmal einen Crashkurs in Verfassung verordnen. Der Crashkurs in Verfassung heißt nämlich:


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Art. 27 Abs. 1 : „Die Gesetzgebungsperiode [...] dauert fünf Jahre“. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) – Es bringt nichts, wenn Sie ständig für eine Neuwahl sprechen (Abg. Kassegger: Wie oft hat es denn in den letzten Jahren Neuwahlen ge­geben, Herr Kollege? Dann haben die ja immer die Verfassung gebrochen!), denn es geht Ihnen wahrscheinlich so wie Kollegen Kickl: Ganz schnell wollen Sie an der Macht sein (Abg. Leichtfried: Das ist aber ein schlechter Vergleich!), Sie wollen hinauf, Sie greifen ganz schnell zu. Doch vielleicht geht es Ihnen bald wie den Freiheitlichen: Wenn sie an der Macht sind, dann scheitern sie. (Abg. Krainer: Ein ÖVPler, der über Macht spricht!) Spätestens nach drei Jahren können sie ihrer Verantwortung nicht mehr nachkommen und es zersprengt sie in der Luft. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Weg sind sie dann, die Freiheitlichen! Und solche Luftblasen will in Österreich eigentlich niemand mehr produzieren, dass sie wieder in die Luft gesprengt werden und nach kürzester Zeit nicht mehr da sind. (Abg. Kassegger: Wer ist denn dann schuld? Der Sprenger oder der, der gesprengt wird?)

Daher: Wir werden, meine Damen und Herren, dieses Volksbegehren in aller Ruhe im Verfassungsausschuss besprechen. Wir können es einordnen: Platz 42 unter allen Volksbegehren, die bisher eingebracht worden sind, 2,72 Prozent der Bevölkerung unterstützen das. – Setzen Sie nicht auf 2,72 Prozent, son­dern eher auf die Mehrheit (Abg. Kassegger: Wo ist die Mehrheit? 30 Prozent ist eine Mehrheit?), die diese Bundesregierung hat, die in den letzten Tagen bewiesen hat, wie wichtig es ist, dass man ein Budget auf den Weg bringt und die richtigen Antworten für die krisenhaften Zeiten bringt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.


9.55.41

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss Kollegen


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Gerstl enttäuschen (Abg. Yılmaz: Der ist das gewöhnt!), ich rede heute nicht über Neuwahlen, sondern ich rede über den Rücktritt der Bundesregierung. (Heiterkeit des Abg. Gerstl.) – Diese Diskussion, Herr Kollege Gerstl, ist nicht un­sachlich, sondern höchst notwendig zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie über die Dauer von Gesetzgebungsperioden gesprochen haben, möchte ich Sie auch darauf aufmerksam machen: Seit 1971 gibt es eine Partei in diesem Haus, die als einzige dafür gesorgt hat, dass Regierungen vorzeitig auf­gelöst werden, wenn es ihr gerade in den Kram gepasst hat, und das war die ÖVP, Herr Kollege Gerstl! Also lassen Sie das mit der Gesetzgebungsperiode vielleicht eher! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben die Situation, dass es ein Volksbegehren zum Rücktritt einer Bundesregierung gibt. Ich glaube, das ist schon etwas bisher Einmaliges, und es wundert nicht, dass es so etwas gibt, wenn eine Regierung unter 30 Pro­zent Unterstützung hat, und das jetzt schon seit längerer Zeit. Es ist auch nach­vollziehbar, denn dieser ständige Streit zwischen Ihnen beiden, diese falschen Prioritäten, diese falschen Schwerpunkte führen eben dazu, dass man kein Vertrauen mehr genießt.

Dann kommt noch etwas dazu, was Ihre Regierungstätigkeit über die letzten Jahre leider begleitet: Es kennt sich eigentlich niemand aus, muss man sagen, was Sie wirklich wollen, und das ist schon ein Problem. Es war in der Covid-Zeit ein Problem – man hat sich nicht ausgekannt, welche Maß­nahmen gerade gegolten haben, was gerade zu tun war oder nicht zu tun war, und das ist Ihre Verantwortung gewesen. Jede Woche eine Show­pressekonferenz ersetzt halt keine vernünftige Covid-Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ja dann bei der Teuerung so weitergegangen. Sie haben sich entschlossen, einen 150-Euro-Bonus auszuschicken, von dem, wenn es stimmt, bis jetzt erst 15 Prozent eingelöst worden sind – weil sich wieder keiner auskennt, was Sie damit wollten.


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Dann ist der Klimabonus gekommen, ein Bonus, der teilweise online überwiesen wurde, bei anderen, die aber genauso die Möglichkeit gehabt hätten, es online zu bekommen, ist es halt ein Sodexo-Gutschein geworden – kein Mensch weiß, wieso das dann ein Sodexo-Gutschein war.

Leider geht das so weiter: Zuerst waren Sie gegen eine Strompreisbremse, jetzt sind Sie für eine Strompreisbremse. (Abg. Wöginger: Wir haben es beschlos­sen!) Sie können sich erinnern, Kanzler Nehammer hat im April, glaube ich, ge­sagt: Wir brauchen eine Übergewinnsteuer!, Finanzminister Brunner hat dann am 1. August gesagt: Nein, wir brauchen keine Übergewinnsteuer, das ist eine Strafe für die Unternehmen, die endlich einmal ordentlich verdienen!, heute reden Sie wieder von einer Übergewinnsteuer – also ich weiß nicht, was das eigentlich soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann fangen Sie – und das ist schon bemerkenswert – eine Debatte zur Europäischen Menschenrechtskonvention an, in der einige sich kritisch äußern, andere wie Frau Edtstadler dann aber wieder meinen: Nein, da gibt es keine Diskussion! – Heute im „Morgenjournal“ diskutiert sie selbst darüber.

Ich frage mich wirklich: Was muss man da über die Europäische Menschen­rechtskonvention diskutieren? Für uns Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten ist eines klar: Diese steht nicht zur Debatte und wird nicht zur Debatte stehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt diskutieren wir über diese Dinge, dabei gäbe es so viel anderes zu tun – so viel anderes! –, und es passiert leider nicht. (Abg. Stocker: Die letzten drei Tage ist nichts passiert!)

Was ist mit dem Antikorruptionsgesetz? Wann kommt endlich das Antikor­ruptionsgesetz? Wenn eine Partei in der Regierung ist, für die die poli­tische Verantwortung das Strafrecht und nicht der Anstand ist, da braucht es relativ rasch ein Antikorruptionsgesetz, aber es kommt einfach nicht! (Beifall bei der SPÖ.)


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Was ist mit dem Klimaschutzgesetz? Was ist mit endlich preissenkenden Maßnahmen, die funktionieren? – Nichts passiert in diesem Land, das sinnvoll ist, und deshalb, geschätzte Damen und Herren, bin ich der Meinung, Herr Gerstl, dass ein Rücktritt der Regierung höchst angemessen wäre, höchst an der Zeit wäre und diesem Land wirklich guttun würde. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Fürlinger. – Abg. Kickl ... immer mitstim­men dann, Herr Kollege! – Abg. Wöginger: Er ist frustriert, weil er den Schnit­zelgutschein nicht gekriegt hat!)

09.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ka­niak. – Bitte.


10.00.10

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir diskutieren das Volksbegehren Rücktritt Bundesregierung. Dieses Volksbegehren ist nicht nur von 172 000 Menschen in diesem Land unterstützt worden, es ist auch noch aus einem ganz anderen Grund bemerkenswert: Die Initiatoren dieses Volksbegehrens sind nicht irgendwelche großen NGOs oder Rechtsanwaltskanzleien, sondern die Initiative zu diesem Volksbe­gehren ist von jungen Menschen aus meinem Heimatbezirk Vöcklabruck ausgegangen. Namentlich erwähnen möchte ich eine junge mutige Frau aus meinem Bezirk, Katharina Huber, die sich exponiert hat und bereit war, dieses Volksbegehren als Bevollmächtigte zu begleiten.

Dass dieses Volksbegehren so viel Zustimmung gefunden hat und warum dieses auch ein ganz wesentliches Anliegen der Jugend in diesem Land ist, möchte ich anhand mehrerer Punkte ausführen. Es geht dabei sehr wohl auch, aber nicht nur, wie Abgeordneter Gerstl gemeint hat, um Kritik an der Coronapolitik dieser Bundesregierung. Diese Bundesregierung hat es ja zustande gebracht, die Zukunft der jungen Menschen in diesem Land auf verschiedensten Ebenen zu gefährden. Dass unser Gesundheitssystem nicht einmal mehr 90 Prozent der


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Leistungsfähigkeit von vor Corona hat, ist nur ein Aspekt. Viel tragischer für die jungen Menschen ist, dass auch unser Bildungssystem massiv geschädigt wurde. Experten haben festgestellt, dass durch die massiv überzogenen Schulschließungen, durch die Einschränkungen im Schulbetrieb, durch das so­genannte Distancelearning bei völlig fehlender Infrastruktur ein Bil­dungsrückstand von fast einem ganzen Bildungsjahr realisiert wurde. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kostet unsere Jugend die Zukunft. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Dass diese Jugendlichen, die nun deutlich schlechter ausgebildet sind, auch im Bereich der Wirtschaft schwieriger unterkommen, ist, glaube ich, naheliegend. Aber auch die Wirtschaft selber wird von dieser Bundesregierung massiv geschädigt. Durch eine völlig verfehlte Energiepolitik, durch eine Sanktionspolitik, die uns selber mehr schadet als der vermeintlichen Partei, die betroffen sein soll, nämlich Russland, werden Arbeitsplätze in diesem Land gefährdet. Die Firmen wissen gar nicht mehr, wie sie in Österreich weiter produzieren sollen. Mittel- und langfristig werden wir in diesem Land Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Arbeitsplätze und damit auch Wertschöpfung und Wohlstand verlieren.

Wer wird das ausbaden müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Kaum einer von denen, die hier herinnen sitzen, sondern die jungen Menschen in diesem Land, denen ihre Zukunft und ihre Perspektiven geraubt werden.

Wir haben jetzt das Gesundheitssystem, das Bildungssystem und die wirtschaftliche Perspektive besprochen. Auch die gesellschaftliche Perspektive der Menschen in diesem Land ist bedroht: aufgrund Ihrer falschen Migrationspolitik und Ihrer nicht vorhandenen Integrationspolitik, die auch gar nicht umsetzbar ist, wenn Sie Menschen in dieses Land holen, die keinen Integrationswunsch haben, sondern nur wegen unseren Sozialleistungen herkommen und nicht wegen beruflicher Perspektiven.


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Auch das sind wesentliche Punkte, die von den jungen Menschen nicht nur bei mir im Bezirk, sondern in ganz Österreich diskutiert werden und mit eine Motivation dafür sind, diese Bundesregierung so schnell wie möglich zum Rück­tritt aufzufordern und Neuwahlen in diesem Land durchzuführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Gerstl hat vorhin gemeint, wir sollen selber Asche auf unser Haupt streuen. Abgeordneter Kucher hat gemeint, die FPÖ müsste sich dafür entschuldigen, dass sie in der Coronapolitik rückblickend betrachtet eigentlich immer recht gehabt hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einzigen, die sich entschul­digen müssen, sind die Mitglieder dieser Bundesregierung, ist diese schwarz-grüne Bundesregierung, die uns einen Schuldenberg hinterlässt, die die gesellschaftlichen Strukturen in diesem Land in einer völlig unverantwortlichen Art und Weise zerstört hat und damit die Zukunft unserer Jugendlichen und Kinder gefährdet.

Schämen Sie sich, entschuldigen Sie sich und treten Sie zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

10.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.


10.04.07

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vor allem auch: Herzlich willkommen den Initiator:innen dieses Volksbegehrens! Es ist wichtig, dass wir hier in diesem Haus Volksbegehren diskutieren, sie nehmen einen sehr breiten Raum ein. Grundsätzlich ist es so, dass wir Geset­ze, die wir hier beschließen, entweder aufgrund von eigenen Initiativen zur Debatte bringen oder aufgrund von Vorschlägen, die von der Bundesregie­rung gemacht werden. Diese Vorschläge und diese Initiativen haben einen sehr, sehr langen schriftlichen Weg vor sich.


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Das Meiste, worüber wir hier debattieren, lesen wir zunächst einmal nur. Es ist auch in der Öffentlichkeit relativ wenig präsent, es sei denn, wir selbst machen es präsent. Bei Volksbegehren ist das anders: Volksbegehren werden schon dann intensiv diskutiert, wenn sie zum ersten Mal ins Hohe Haus kommen, und auch in weiterer Folge – immer unter enger Einbeziehung jener, die sie initiiert haben. Das ist richtig, denn Volksbegehren sind ein wichti­ges Instrument unserer Demokratie. (Beifall bei den Grünen.)

Unsere Demokratie baut auf zwei verschiedenen Systemen auf und diese beiden Systeme sind sehr eng miteinander verknüpft und ineinander verschränkt. Das eine Instrument ist die direkte Demokratie, das ist die Beteiligung am Ge­setzgebungsprozess durch eigene Vorschläge, durch eigene Beiträge, von unten herauf, zum Beispiel eben durch Volksbegehren. Das andere ist die repräsentative Demokratie, das bedeutet, dass man Repräsentanten und Repräsentantinnen wählt, die hier herinnen sitzen – eine davon bin ich – und die Gesetzesinitiativen ausarbeiten, bearbeiten, besprechen, diskutieren, debat­tieren und dann zur Abstimmung bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese beiden Systeme, auf denen unsere Demokratie aufbaut, greifen an vielen Punkten ineinander. Einer dieser Punkte ist eben, wenn wir hier Volksbe­gehren diskutieren und debattieren, und zwar von allen Seiten.

Dieses Volksbegehren, zu dem ich sprechen darf, fordert den Rücktritt der Bundesregierung. Ich kann einmal vorwegschicken, dass ich inhaltlich natürlich anderer Ansicht bin; ich glaube, das ist keine Überraschung. Es geht aber auch um den Prozess, es geht auch um das, was dahintersteht. Ich bin auch mit der Entstehung dieses Volksbegehrens nicht ganz glücklich. Es wurde am 9. März zugelassen, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Krieg in der Ukraine bereits tobte und zu dem es schon wirklich ernsthafte Sicherheitsproble­me in diesem Land gab. Trotzdem beschäftigte sich dieses Volksbegehren, das den Rücktritt der Bundesregierung fordert, ausschließlich mit einem ein­zigen Thema. Ich denke, es ist wichtig, das hervorzustreichen.


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So wichtig dieses Thema auch ist und so schwierig es auch war, in dieser Zeit immer die richtigen Entscheidungen zu treffen – das möchte ich gar nicht im Detail ausführen, das haben meine Vorredner schon gemacht –: Natürlich kann man inhaltlich bei ganz, ganz vielen Entscheidungen immer anderer Ansicht sein, das ist das Wesen der Demokratie. Es ist das Wesen des Diskurses, dass man sich inhaltlich austauscht und dass jeder Standpunkt gehört wird. Dennoch ist es wichtig, zu sagen, dass hier Entscheidungen getroffen wurden, die wir im vollen Bewusstsein und in der vollen Überzeugung, dass sie das sind, was Österreich braucht, getroffen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Eintragungszeitraum hat Mitte Juni begonnen: Mitte Juni war für alle in diesem Land evident, dass wir eine Vielzahl von Krisen zu bewältigen haben, eine Vielzahl von schwierigen Entscheidungen zu treffen haben, und zwar Entscheidungen, die nicht von Gesundheitsexpert:innen zu treffen sind. Eine weitere Forderung in diesem Volksbegehren ist, dass die Regierung zurück­treten möge und eine Expert:innenregierung ihre Funktion ausüben solle. Auch dazu muss ich Ihnen leider sagen, dass das nicht der richtige Zugang wäre. In Zeiten wie diesen sind politische Entscheidungen zu treffen, und poli­tische Entscheidungen müssen, so leid es mir tut, Politikerinnen und Politiker treffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir können uns hier wirklich im Detail damit befassen, welche Entscheidungen in welchen Punkten immer ganz richtig waren und welche man vielleicht zu einem bestimmten Zeitpunkt oder im Nachhinein betrachtet auch etwas an­ders hätte treffen können. Das, wie gesagt, ist politischer Diskurs, das ist politische Debatte, die werden wir auch im Verfassungsausschuss führen und das finde ich sehr richtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber wie gesagt: Es ist schon schwierig, sich das vorzustellen. Wir hatten zwar – es ist ja kein neues Experiment – bereits eine Regierung aus Expertinnen und Experten, und diese Regierung aus Expertinnen und Experten hat ihre Arbeit sehr, sehr gut gemacht, das muss man wirklich anerkennen, und ich möchte


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das auch an dieser Stelle hier wirklich festhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gödl.) Das war aber eine andere Zeit und das waren andere Umstände. Unter den damaligen Umständen war es richtig und wichtig, das so zu machen, nämlich für einen überschau­baren Zeitraum und – das hat diese Regierung sich ja explizit auch vorgenom­men – ohne politische Entscheidungen zu treffen. In Zeiten wie diesen geht das nicht.

Ich freue mich auch, das im Verfassungsausschuss weiter auszubreiten und weiter zu diskutieren. Aus meiner Sicht ist es aber wirklich wichtig, dass wir hier diese Volksbegehren gut und breit diskutieren und uns auch ausreichend Zeit dafür nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.11

10.11.06*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da ich die Ausführungen des Abgeordneten Hauser nicht ordentlich verstanden habe, habe ich mir das Protokoll kom­men lassen, in dem es ganz klar ersichtlich ist: Was mich heute sehr betroffen macht, sind die Ausführungen zu „Systemparteien“, speziell zur ÖVP. „Systemparteien“ ist eindeutig ein Ausdruck, den die Nationalsozialisten immer mit dem Verweis auf die Weimarer Republik gebraucht haben. Daher er­teile ich Abgeordnetem Hauser einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

*****

10.11.37Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


10.11.50

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wir sprechen heute über das Volksbegehren Rücktritt Bundesregierung. Auch wenn die Inhalte durchaus


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streitbar sind – es gibt einige Themen, die darin zu Recht kritisiert wer­den, nämlich die Frage der Coronapolitik, der Nachvollziehbarkeit von Maß­nahmen und ob sie evidenzbasiert sind, aber manche Punkte, die da an Kritik enthalten sind, teilen wir als NEOS nicht –, ist das Grundansinnen sehr verständlich, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wir sehen eine Bundesregierung, die mittlerweile seit einer sehr langen Zeit von Skandalen erschüttert wird und gleichzeitig, weil sie eben aufgrund der eigenen Skandale die Hände so voll hat, nicht die Energie hat, um notwendige Reformen voranzutreiben.

Wir sehen – das haben wir auch bei den bis gestern dauernden Budgetdebatten gesehen –, dass es für alle Bereiche gilt. Es ist egal, ob wir von der Anti­korruptionspolitik – da fehlt das Informationsfreiheitsgesetz, die Whistleblower­richtlinie ist nicht umgesetzt worden und der Bundesstaatsanwalt kommt
nicht –, über die Frage eines gesunden Haushalts oder über Klima- und natürlich auch Bildungspolitik sprechen: Reformen werden in unserem Land derzeit einfach nicht umgesetzt, weil die ÖVP mit den eigenen Skandalen beschäftigt ist. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Leichtfried.)

Wir haben es uns als NEOS in der Vergangenheit nicht leicht gemacht und nicht frühzeitig zu Neuwahlen aufgerufen, weil wir natürlich gesagt haben: Es gab eine Wahl, es gibt eine Regierung, die ist legitimiert und die soll einmal arbeiten! – Wir haben das lange, lange gesagt. Es gab viele Skandale, bis auch wir gesagt haben, es reicht, es kann so nicht weitergehen. Der Punkt ist aber erreicht. Auch unsere Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger hat das zuletzt klarge­macht.

Diese Untätigkeit auf der Reformebene gepaart mit einer Form von Intransparenz – bis hin zu korruptivem Verhalten – hat natürlich auch in der Coronazeit tiefe Spuren hinterlassen.

Wenn wir da ein Beispiel herausnehmen, nämlich die Frage der Cofag, dann sehen wir, auch dort gab es keine zielgerichtete Maßnahme. Es wurden


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vielfach improvisierte Maßnahmen aus dem Ärmel geschüttelt; man hat auf die eigenen Experten, auf die Finanzprokuratur, auf die Finanzämter, auf den Verfassungsdienst, verzichtet; man hat auch bei der Konstruktion dafür ge­sorgt, dass es keine Rechtssicherheit für diejenigen, die dann Anträge ein­bringen, gibt; und man hat – und das ist ganz zentral – Unternehmerinnen und Unternehmer durch die Maßnahmen, die man bei der Cofag festgezurrt hat, tatsächlich zu Bittstellern degradiert.

Hat es gereicht? Hat man durch eine solche Politik wenigstens schnell geholfen, weil das damals ja das Versprechen der türkis-grünen Regierung war? – Das hat man nicht, und das wird auch in diesem Volksbegehren durchaus kritisiert. Wir sehen, dass bei der Cofag noch heute von den 800 000 Anträgen auf Fixkostenzuschuss 10 Prozent offen sind, das heißt, 80 000 Anträge sind noch immer nicht bearbeitet. Wir sehen, dass – es gibt nicht einmal eine genaue Zahl – 26 bis 76 Prozent der Anträge für die unterschiedlichen Arten des Ver­lustersatzes nach wie vor nicht bearbeitet sind. Selbst beim leicht abzu­wickelnden Umsatzersatz sind 2 Prozent der Anträge noch nicht bearbeitet.

Das bedeutet, wir sehen – was wir auch auf der großen Ebene sehen und was das Volksbegehren kritisiert –, runtergebrochen auf die konkreten Maßnah­men, um einer Krise zu begegnen, eine nicht funktionierende Bundesre­gierung sehr deutlich vor Augen. Intransparenz, Korruption und Untätigkeit sind eine toxische Mischung. Daher unterstützen wir NEOS auch die Forderung nach einer Neuwahl. (Beifall bei den NEOS.)

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich Ihnen für den Ordnungsruf danken, den Sie Kollegen Hauser gegeben haben. Wir müssen im Nationalrat darauf achten, dass wir nicht nationalsozialistische Begrifflichkeiten, die die Freiheitliche Partei nur zu gerne verwendet, tolerieren, denn wenn wir dieses Gift in unser Haus einziehen lassen, dann zerstören wir unsere De­mokratie – und das ist nicht akzeptabel. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Amesbauer: ... auch gleich wie­derholen!)


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In diesem Sinne: Neuwahlen jetzt und für mehr Psychohygiene auch in diesem Haus! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yil­dirim. – Bitte.


10.16.03

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Initiator:innen dieses Volksbegeh­rens, herzlich willkommen im Hohen Haus! Ich kann mich nur noch einmal bedanken: 172 000 Unterschriften für das Volksbegehren Rücktritt Bundesregierung. Sehr geehrte Damen und Herren, ich verstehe sehr vieles in dieser Begründung des Volksbegehrens, wiewohl ich hier auch offen zuge­stehe, ich teile nicht alle Kritikpunkte. Ich verstehe aber einiges sehr.

Das Volksbegehren hat uns wiederum die Möglichkeit gegeben, die letzten zweieinhalb, drei Jahre Revue passieren zu lassen. Ich kann mich erinnern, wie schlimm es war. Natürlich haben wir es mit einem Virus, mit einer Situation, und zwar weltweit, zu tun gehabt, wie wir es nicht gekannt haben. Man kann ja sagen: Fehler können passieren!, aber was mich wirklich entrüstet hat und wobei ich auch Ihre Entrüstung und Sorge teile, ist, dass die Angst, die vorherr­schend war, von der Regierung geschürt wurde. Das war ja unglaublich. Die Regierung, die eigentlich kühlen Kopf hätte bewahren sollen, sachlich und mit einem guten Team hätte arbeiten sollen, hat bewusst Strategien ausgearbeitet, wie die Ängste noch geschürt werden können.

Das hat etwas mit unserer Gesellschaft gemacht. Es hat unsere Gesellschaft gespalten: ein tiefer Riss! Ich als Innsbrucker Abgeordnete war nicht selten Zeugin einer Samstagsdemo, wobei ich wirklich ob der Angst der De­monstrierenden und dieser Verwirrung, die da war, erschüttert war. Man hat gesehen, sie sind verzweifelt, sie kennen sich nicht mehr aus. Es war wirklich bestürzend.


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Dann habe ich mich gefragt: Wieso funktioniert das Krisenmanagement in diesem Land nicht? – Die Antwort haben auch Sie in Ihrer Begründung drinnen: Wir haben ein Korruptionsproblem in diesem Land. Wenn die Verwaltung durch Freunderlwirtschaft geschwächt wird, wenn statt der besten Köpfen des Landes die treuesten Parteisoldaten im Einsatz sind (Ruf bei der ÖVP: In Wien!), schwächt man die Demokratie, schwächt man den Rechtsstaat – und damit hatten wir es zu tun. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich danke Ihnen hier an dieser Stelle, dass Sie sich als junge Menschen in diesem Land auch wehren. Meine Vorrednerin hat gesagt: Ja, ja, das ist halt so!, und meint, die Politiker:innen müssen entscheiden. – Ja, aber die Politiker:innen müs­sen auf Grundlage der Verfassung entscheiden, und die Verfassung sieht vor, dass es, wenn Gesetze beschlossen werden, Begutachtungsfristen geben soll. Wie viele Initiativanträge haben Sie aber ins Parlament geschickt? Wir hatten keine Gelegenheit, überhaupt irgendetwas zu prüfen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Expert:innen, die sich ausgekannt haben, haben keine Chance zur Begutachtung gehabt.

Sie haben es beschlossen, und Sie haben unter anderem die Cofag beschlossen: 15 Milliarden Euro – man kann es sich gar nicht vorstellen: 15 Milliarden Euro! – in einer Blackbox, die an Reiche verteilt worden sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Rechnungshof hat festgestellt: 25 Prozent dieser 15 Mil­liarden Euro sind nur an 1 Prozent der Unternehmen in diesem Land ausgezahlt worden. Die anderen, der Mittelstand, Klein- und Mittelgewerbe, haben nur Brösel abgekriegt. Das verurteile ich, und daher unterstütze ich Ihre Forderung: Rücktritt der Bundesregierung. – Sie haben das Vertrauen schon längst verloren, machen Sie Platz für Neuwahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Damen und Herren Schü­ler:innen des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.



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10.19.56

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke den Initiatoren und jedem Einzelnen, der dieses Volksbegehren unterschrieben hat, denn: Diese Regierung muss weg, besser heute noch als morgen. Diese Regierung ist handlungsunfähig. Diese Regierung ist eine Schande für dieses Land. Diese Regierung arbeitet nicht für die Menschen, diese Regierung arbeitet nur daran, die eigenen Korruptions­affären möglichst lange noch aussitzen zu können. Beide Parteien, vor al­lem die Österreichische Volkspartei, sind am Abgrund, und jetzt arbeiten sie be­wusst daran, dieses Land mit in den Abgrund zu stürzen.

Man muss sich das einmal vorstellen: Wir haben hier im Parlament eine Partei, die gar nicht gewillt ist, für das Land und für die Menschen zu arbeiten, die nur für die eigenen Taschen arbeitet, die nur Korruption betreibt, die in Wahrheit, ja - - (Abg. Kühberger: Das ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Jetzt muss ich aufpassen, sonst bekomme ich gleich einen Ord­nungsruf, aber: Das ist eine Partei, die Österreich aus dem Namen strei­chen sollte, die den Begriff Volk aus dem Namen streichen sollte, eine Partei, für die man sich schämen muss (Zwischenrufe bei der ÖVP), eine Parlamentspartei, die das Parlament verachtet.

Das muss man sich einmal vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Partei, die zweieinhalb Jahre lang die Grund- und Freiheits­rechte verwüstet hat, ein totalitäres System etabliert hat und die Menschen geknechtet, unterdrückt und gespalten hat. Das ist die Österreichische Volkspartei.

Die Österreichische Volkspartei ist weiters eine Partei, die keine demokratische Legitimität hat. (Abg. Pfurtscheller: Bitte, was?! ...!) Erklären Sie mir, was Sie noch berechtigt, die Regierung zu stellen! Sagen Sie mir: Wurde Karl Nehammer gewählt? Von wem wurde Nehammer gewählt? – Ja, natürlich, der Bun­deskanzler - - Bitte grinsen Sie nicht so höhnisch, Herr Gerstl! Ihre Zeit des Grin-


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sens hier herinnen ist schneller vorbei, als Sie glauben. 20, 30 oder hoffent­lich sogar 40 von Ihnen werden nach der nächsten Wahl weg sein. Das wird ein guter Tag für dieses Land sein. Das wird ein Feiertag für alle Patrioten in Österreich, wenn hier 20, 30, 40 von euch einmal weg sind. (Abg. Berlakovich: Das ist ein schlechtes Kabarett, das Sie da aufführen! – Abg. Pfurtscheller: Sie sind zum Schämen! Sie sind eine Schande für dieses Parlament!)

Was ist zum Schämen? – Zum Schämen ist diese Bundesregierung, diese inkompetente! (Ruf bei der ÖVP: Ihr Benehmen ...!) – Mein Benehmen, das passt schon so. Euer Benehmen ist, in die eigene Tasche zu wirtschaften, Pos­tenkorruption zu betreiben, 100 000 Asylwerber ins Land zu lassen, die Men­schen in diesem Land finanziell auszubluten und sich gleichzeitig selbst zu bereichern.

Das Argument, das immer kommt, ist: Sie haben ja die Legitimation vom Wähler durch die letzte Nationalratswahl. (Rufe bei der ÖVP: Ja!) Ja, natürlich wird in Österreich der Bundeskanzler nicht direkt gewählt, aber wer hat denn kandi­diert? – Sebastian Kurz, der ehemalige Gottseibeiuns der ÖVP, den Sie am liebsten heilig- oder seliggesprochen hätten. Der hat noch 37 Prozent be­kommen – jetzt liegt ihr bei 27 Prozent, gemeinsam mit eurem grünen linksradikalen Anhängsel hier in diesem Haus. (Beifall des Abg. Koza.) Ja, so schaut’s aus. Also wo ist die Legitimation dieser Partei und dieser Re­gierung?

Kanzler Nehammer – das wissen wir auch – ist dem Amt ja gar nicht gewachsen. Er kann es nicht. Kanzler Nehammer – und das ist besonders schlimm in dieser Funktion – ist ein Mann, dessen Wort nichts wert ist und dessen Unter­schrift nichts zählt. Das hat er ja bewiesen: Damals, als Kurz zurücktreten musste, hat er ja gesagt und unterschrieben: Wenn Sebastian Kurz die Regierung nicht anführt, dann gehöre ich dieser nicht mehr an! – Leuten wie diesen kann man nicht glauben, und das gilt für alle Zukunft: Alles, was Nehammer sagt, muss in Zweifel gezogen werden.


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Also: Diese Regierung gehört weg! Sie führt unser Land in einen schlechten und immer schlechteren Zustand, und jeder Patriot, jeder Österreicher, egal welcher Gesinnung, muss sich schämen und muss schauen, dass die Österrei­chische Volkspartei aus der Regierungsverantwortung gejagt wird und nicht so schnell wieder hineinkommt. (Beifall bei der FPÖ.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte.


10.24.05

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Es ist immer wieder schön, nach Kollegen Amesbauer sprechen zu dürfen, denn da kann man die Emotionen wieder ein bisschen herausnehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich teile die Analyse dieses Volksbegehrens in weiten Teilen nicht, aber ich teile die Schlussfolgerung, nämlich dass diese Bundesregierung rücktrittsreif ist.

Wir befinden uns aktuell in einer Zeit multipler Krisen. Es gibt die Coronakrise, die Klimakrise, den Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die Menschen sind von einer explodierenden Inflation betroffen. Die Angst, in Armut abzu­rutschen, die ist da, die ist präsent, die steigt. Alleine 368 000 Kinder und Ju­gendliche sind in einem der reichsten Länder der EU – das ist mehr als jedes fünfte Kind – von Armut und Ausgrenzung betroffen. Das ist wirklich eine Schande, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Allesamt sind das große Herausforderungen, und alle diese großen Herausforderungen fliegen uns gerade um die Ohren, denn die Menschen bräuchten jetzt eine Bundesregierung, die entschlossen und mit ganzer Kraft an diese Herausforderungen herangeht, eine Bundesregierung, auf die sich die Menschen verlassen können, und eine Bundesregierung, die das Vertrauen


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der Menschen auch entsprechend verdient hat und besitzt, eine Bundes­regierung, die mit Mut und Kraft die Weichen für die Zukunft stellt und nicht die Krisen der Zeit vom hohen Ross herunter kleinredet. Ich sage nur ein Stichwort: Teuerungshysterie. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Türkis-Grün kann das nicht. 70 Prozent der Menschen in Österreich trauen Ihnen nicht mehr zu, dass Sie ihre Probleme lösen können, und das wundert mich auch nicht, sind Sie doch mehr mit sich selbst beschäftigt. Sie sind vor allem damit beschäftigt, einen Korruptionsskandal der ÖVP nach dem anderen aufzuarbeiten. Sie beschädigen damit nicht nur das Vertrauen in Ihre Bundesregierung, Sie beschädigen damit das Ansehen unserer Demokratie und ihrer Institutionen, und, sehr geehrte Damen und Herren, das ist brandge­fährlich! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Das ist brandgefährlich in einer Situation, in der die Menschen echte Existenzängste haben, Angst, weil sie nicht mehr wissen, wie sie bis zum Mo­natsende ihren Kühlschrank füllen sollen, Angst, weil sie nicht wissen, wie sie den Winter über ihre Wohnung heizen können. Sie haben Angst, in Armut abzurutschen. Ja, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP!

Ich möchte an dieser Stelle auf eine alleinerziehende Mutter eines eineinhalbjährigen Mädchens hinweisen. Sie sagt – ich zitiere –: Ich will meiner Tochter nicht die Kindheit stehlen, aber ich muss versuchen, dass sie bald aufs Töpfchen geht. Die Windeln kann ich mir nicht mehr leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und Grünen! Wenn Eltern nicht mehr fähig sind, die Grundbedürfnisse ihrer Kinder sicherzustellen, dann haben Sie mit Ihrer Politik versagt und dann ist es Zeit, zurückzutreten. Stellen Sie sich den Wählerinnen und Wählern! Machen Sie den Weg für Neuwahlen frei! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: In zwei Jahren dann!)

10.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.



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10.27.22

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren das Volksbegehren, welches den Rücktritt der Bundesregierung und vorzeitige Neuwahlen verlangt. Es wird damit begründet, dass die Bundesregierung inkompetent und verantwortungslos handelt, und das muss man leider unterschreiben.

Das Volksbegehren wünscht sich mehr direkte Demokratie, um einfach auch die Abgehobenheit der Bundesregierung zu beenden und damit die Interessen der österreichischen Bevölkerung wieder mehr Gehör finden. Es geht um die ge­nerelle Glaubwürdigkeit in der Politik. Ich weiß nicht, ob sich die ÖVP im Klaren ist, welches Bild sie in den letzten Tagen abgegeben hat und welchen Schaden Sie insgesamt für die Politik anrichten.

Klubobmann Wöginger tritt vor wenigen Tagen eine Diskussion, eine sachlich völlig richtige Diskussion, über einen Änderungsbedarf bei der Europäi­schen Menschenrechtskonvention los. Er stellt fest, Österreich ist am zweiten Platz bei der Asylquote in Europa, die EU-Außengrenzen werden nicht ge­schützt und daher gibt es Änderungsbedarf bei der Menschenrechtskonvention, die aus einer ganz anderen Zeit stammt. ÖVP-Landeschefs stimmen dem zu.
(Abg. Leichtfried: Welchen Artikel wollen Sie denn ändern, Frau Kollegin? Sagen Sie das einmal!)

Dann kommen Ministerin Edtstadler und Herr Karas, die sich beide Brüssel ver­schrieben haben, und zeigen sich fassungslos über die Diskussion. Und der grüne Koalitionspartner sagt: Nein, kommt nicht infrage! – Ende der Diskussion.

Gestern stellt die SPÖ einen Entschließungsantrag hier im Plenum, fordert die Bundesregierung auf, sich umfassend zur EMRK zu bekennen und sich vehe­ment für die unveränderte Geltung der EMRK einzusetzen. Das heißt, es soll beim Asyl alles so bleiben, wie es ist. (Abg. Leichtfried: Sagen Sie, was Sie än­dern wollen! Welchen Artikel wollen Sie ändern? Tun Sie nicht schwurbeln, sagen Sie, was Sie ändern wollen!) Wer stimmt ungerührt mit? – Die gesamte


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ÖVP-Fraktion. Klubobmann Wöginger steht auf, als wenn nichts gewesen wäre. Was heißt denn das für die Glaubwürdigkeit der Politik? (Abg. Leichtfried: Was heißt es denn für die Glaubwürdigkeit der Politik?) Bundeskanzler Nehammer versucht, das noch irgendwie zu retten, und sagt zur angestoßenen Debatte: Das muss man alles viel breiter diskutieren. – Na dann, dann wird’s schon was.

Zweites aktuelles Thema: die Klimaaktivisten. (Abg. Leichtfried: Also keine konkrete Änderung?! Was wollen Sie denn ändern?)  Sagen Sie einmal, Herr Leicht­fried, eine Dame spricht! Unterbrechen Sie daheim, aber nicht da! (Beifall bei der FPÖ.) Zweites aktuelles Thema: die Aktionen der Klimaaktivisten.
ÖVP-Wien-Chef - - (Abg. Leichtfried: Wieso werden Sie nicht konkret? Was wollen Sie ändern? Ja, sagen Sie, was Sie ändern wollen an der EMRK) – Geh!
ÖVP-Wien-Chef - - (Abg. Leichtfried: Was wollen Sie ändern? Welchen Artikel wollen Sie ändern?)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Bitte lassen Sie die Rednerin aussprechen! (Abg. Leichtfried: Ja, dann soll sie es sagen!) – Bitte.


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Ich kann Ihnen das ganz genau erklären. (Abg. Leichtfried: Ja, bitte!) Ich habe es vollständig im Kopf, wie man es machen könnte (Abg. Leichtfried: Bitte! Bitte!), aber dafür reicht leider meine Redezeit nicht, und wir reden über das Volksbegehren. – So.

Das zweite aktuelle Thema: die Aktionen der Klimaaktivisten. ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer plustert sich auf: Das sind Schüttchaoten, wir brauchen här­tere Strafen! Das ist inhaltlich natürlich völlig richtig, weil hier die Bevölkerung vom Arbeiten abgehalten wird, künstliche Staus – mit all den Problemen – verursacht, Kunstwerke angeschüttet werden. Mit so einem Anliegen ist nicht zu flirten, und der Rechtsstaat darf sich das nicht gefallen lassen, laut Karl Mah­rer. – Das ist vollkommen richtig!

Wir haben gestern einen Antrag gestellt, haben sein Anliegen genau wortgleich aufgenommen, haben hier eine strengere Bestrafung gefordert, vor allen


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Dingen auch für Wiederholungstäter – wer hat geschlossen dagegen gestimmt? – Die ÖVP! Als ob nichts gewesen wäre.

Noch dazu wurde dann gestern zum Abschluss der Budgetdebatte noch ge­klatscht. Gestern Abend redete sich dann Vizekanzler Kogler in Rage, hielt wie ein Papa die schützende Hand über seine fanatischen Klimakinder: Die sorgen sich ja bloß ums Klima und um die Kinder – vor allem um die ungeborenen, die sie ja gar nicht wollen, sie sind ja die letzte Generation, oder? Und er meinte, das müsse man doch bitte berücksichtigen, wenn sich diese Kinder so sorgen! Er meinte so ein bissel, ja, Kunstwerke soll man nicht anschütten, aber sie sollen dorthin gehen, wo die Gefährdung wirklich stattfindet. – Das heißt, er fordert sie quasi auf, weiterzutun.

Und (in Richtung ÖVP) Sie sind überall dabei. Man weiß, dass die Grünen so sind, aber Sie sind dabei, und daher verliert hier die Politik und verlieren vor allen Dingen Sie – aber das trifft uns dann alle – jede Glaubwürdigkeit, und hoffentlich machen Sie da eine Umkehr. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Kollross ist vorläufig einmal der Schlussredner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.32.03

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich (der Redner dreht sich nach links und rechts zur unbe­setzten Regierungsbank) links wie rechts auf die Regierungsbank blicke, dann könnte ich feststellen: So soll es sein, so soll es bleiben (Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ): niemand von dieser Regierung mehr im Regierungsgeschäft!

Zum Volksbegehren: Mir geht es ähnlich wie vielen Vorrednerinnen und Vorrednern: Ich teile viele dieser Inhalte nicht, aber ich teile das Ergebnis, näm­lich dass diese Regierung hier eher früher als später ihre Segel streift, und


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zwar möchte ich das an ein paar Punkten festmachen – und ich will jetzt gar nicht auf die ganzen Korruptionsvorwürfe eingehen, die im Raum stehen und die schon Grund genug wären, zurückzutreten.

Diese Regierung hat kein Problembewusstsein, diese Regierung hat keine Lösungskompetenz, diese Regierung hat keine Zukunftsvision. (Beifall bei der SPÖ.) Und was noch hinzukommt: Diese Regierung ist schlicht und ein­fach handwerklich unbegabt – wir alle kennen diese Umsetzungen, die alle der Reihe nach schlicht und einfach nicht funktionieren.

Ich möchte aber ganz bewusst ein aktuelles Thema herausgreifen, weil das in den letzten drei Tagen in den Budgetdebatten immer so präsent war und sich die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien diesbezüglich so auf die Schulter geklopft haben, und das sind die Gemeindefinanzen. So wie es bei den Privatpersonen ist, so wie es bei der Industrie ist, so wie es bei der Wirt­schaft ist, so ist es auch bei den Städten und Gemeinden: Es geht schlicht und einfach das Geld aus. Das haben wir ja schon vor dem Sommer hier oft­mals formuliert, haben Anträge gestellt. – Da wolltet ihr nichts davon wissen, und dann, ganz schnell vor der Budgetdebatte, kommt ihr auf einmal wie­der mit dem Kommunalinvestitionsgesetz daher.

Das Problem ist nur, dass ihr ja nicht einmal lernfähig seid, weil ihr den­selben Fehler ein zweites Mal macht, wie ihr ihn auch schon 2020 gemacht habt. (Abg. Kühberger: Das stimmt ja nicht! 2020 hat die SPÖ nur die Hälfte gefor­dert, es ist das Doppelte gekommen! Das ist unwahr!) 2020 habt ihr ein Kommunal­investitionsgesetz gemacht, und wir haben euch hier schon gesagt, dass das nicht funktionieren wird (Beifall bei der SPÖ – Abg. Kühberger: Das hat gut funktioniert!), weil ihr nicht berücksichtigt, dass die Liquidität in den Städten und Gemeinden fehlt – und dasselbe macht ihr jetzt wieder! (Abg. Kühberger: Bei der SPÖ hätte man nur die Hälfte bekommen! Sagt das euren Gemeinden! Sagt das euren Gemeinden!)


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2020 seid ihr dann ein paar Monate später hergegangen und habt 1 Milliarde Euro nachschießen müssen, damit sich die Gemeinden das Geld über­haupt abholen können, das ihr für sie reserviert gehabt habt. Dasselbe wird jetzt wieder passieren, weil die Gemeinden gar nicht die Finanzmittel haben, um diese 50-prozentige Kofinanzierung abzurufen. (Abg. Kühberger: Stimmt ja nicht! – Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Das ist das Problem, das ihr habt: Ihr habt kein Problembewusstsein und ihr habt keine Lösungskompetenz. Ihr versteht es schlicht und einfach nicht, Kolle­ginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kühberger: Und ihr habt ein Problem, weil ... draußen!)

Die Strompreise bleiben weiter hoch, die Gaspreise bleiben weiter hoch, die Rechnungen bleiben weiter hoch (Abg. Kühberger: In Wien! Ja, in Wien!), und somit können die Gemeinden diese Gelder gar nicht abrufen.

Noch ein letzter Punkt zu dieser Frage, der auch ein Ergebnis eures Kommunalinvestitionsgesetzes ist: Nicht nur, dass die Gemeinden das Geld nicht abrufen können, nicht nur, dass das keine Hilfe für die Gemeinden ist, wie ist es denn mit den Bürgerinnen und Bürgern, die euch ja angeblich am Herzen liegen? Was bedeutet zum Beispiel euer Kommunalinvestitionsgesetz für die Wassergebühren, für die Abwassergebühren, für die Müllgebühren? (Zwi­schenruf des Abg. Kühberger.) Was bedeutet euer Gesetz?

Die Energiekosten sind in diesem Bereich nach wie vor hoch, das Kommu­nalinvestitionsgesetz ist da gar nicht anzuwenden. Die Gebühren müssen eins zu eins umgelegt werden. Was heißt das am Ende des Tages? (Abg. Kühberger: Dass eine rote Gemeinde nicht wirtschaften kann!) – Die Menschen wer­den ab nächstem Jahr höhere Müllgebühren, höhere Wassergebühren, höhere Abwassergebühren zahlen, weil ihr nicht in der Lage seid, ein vernünftiges Hilfspaket zu schnüren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das Problem, und deshalb: Weg mit euch! Ihr könnt es schlicht und einfach nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Matznetter: ... ihr könnt es wirklich nicht! –


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Abg. Gödl: ... was du als Bürgermeister ... mit so einem Blödsinn, was du zusammenredest! So ein Schwachsinn! Ich glaube, der ist als Bürgermeister überfor­dert, der Herr! Na, so ein Blödsinn! So viel Blödsinn reden, unglaublich!)

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Kollross: Schauen wir es uns an in einem halben Jahr!)


10.36.28

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuse­herinnen und Zuseher hier im Saal und vor den Fernsehgeräten! Man kann vie­les, was hier gesagt wurde, einfach so nicht stehen lassen, und zwar des­halb nicht, weil es einfach nicht stimmt.

Ich beginne bei dir, Kollege Kollross: Wenn du sagst, das kommunale Investi­tionspaket - - (Abg. Kollross: Du kennst dich auch nicht mehr aus!) – Ja, ich weiß eh, ich kenne mich nicht aus. Ich habe euer Budget saniert, das hin, ein Fetzen war, das darf ich dir nur mitgeben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)

Aber eines sage ich dir auch: Du bist ja Bürgermeister in deiner Gemeinde, und ich frage mich (Abg. Matznetter: Die ÖVP braucht schon wieder einen Anwalt? Jeden Tag?), ob du das erste kommunale Investitionspaket abrufen konn­test. – Ich glaube schon, weil du sonst ein schlechter Bürgermeister wärst (Abg. Kollross: ... 80 Prozent ...!), und so ist es vielen Gemeinden gegangen. Die­ses Investitionspaket war ein Erfolg. Rede mit deinen Bürgermeisterkolleg:innen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kollross.) Reg dich nicht so auf! Es hat den Gemeinden und den Menschen geholfen, und wenn du die Gebühren er­höhen musst, ist das deine Verantwortung und nicht die der Bundesre­gierung. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Was aber auf keinen Fall hier im Raum stehen bleiben darf, ist das, was Kollege Amesbauer hier gesagt hat. Er ist jetzt nicht mehr im Saal, und ich weiß


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nicht, was ich davon halten soll, wo er jetzt hingegangen ist, um sich zu beruhi­gen oder etwas anderes zu tun, was ihn vielleicht in eine andere Verfas­sung bringt.

Wer sich an einem Tag, an dem seine Partei von „Systemparteien“ spricht und dafür zu Recht einen Ordnungsruf bekommt, hierherstellt und eine Wutrede hält im Stil eines politischen Hasspredigers (Abg. Amesbauer: ... Ordnungsruf!), mit Behauptungen, die nicht nur nicht bewiesen, sondern nicht einmal erhoben worden sind (Abg. Amesbauer: Das ist ein Ordnungsruf!) – nämlich dass sich diese Regierung bereichert hätte, dass sich die ÖVP bereichert hätte, auch der Korruptionsvorwurf ist gegenüber der Regierung überhaupt nicht erhoben worden –, wer das alles hier in diesem Hohen Haus in dieser Art und Weise von sich gibt, Herr Kollege Amesbauer, der stellt vor allem eines unter Beweis: dass, ganz egal, wann neu gewählt wird, die FPÖ keine Alternative ist und es gut ist, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski. – Abg. Amesbauer: Herr Präsident, „Hassprediger“ ist ein Ordnungs­ruf! – Ruf bei der ÖVP: Er hat gesagt: im Stile!)

10.39


10.39.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Herrn Abgeordneten Stocker trotzdem bitten, das „im Stil eines [...] Hasspredigers“ zurückzunehmen. Es ist nicht „ein Hassprediger“ gefallen, das ist richtig. Das ist nicht ordnungsruf­würdig, aber auch „im Stil eines Hasspredigers“ sollte man zurücknehmen, bitte. (Abg. Stocker: Ich nehme lieber einen Ordnungsruf! – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Greiner: Er nimmt den Ordnungsruf! Er nimmt gerne einen Ord­nungsruf, war seine Äußerung! – Abg. Leichtfried: Was ist jetzt? – Abg. Greiner: Was ist jetzt? Herr Präsident, er hätte gerne einen Ordnungsruf! Was ist jetzt, Herr Präsident? Das ist ein richtiger Umgang!)

Ich weise das Volksbegehren Rücktritt Bundesregierung 1661 der Beilagen dem Verfassungsausschuss zu. (Abg. Leichtfried: Der Kollege hat für sich selbst einen Ordnungsruf beantragt!)


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10.39.503. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2864/A der Abgeord­neten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1785 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen damit zu Punkt 3 der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte sehr.


10.40.20

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident, der Kollege wollte den Ordnungsruf, und ich frage mich jetzt: Wo ist der Ordnungs­ruf? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 978 Tage: Wissen Sie, was vor 978 Tagen passiert ist? – Vor 978 Tagen, also vor knapp 140 Wochen, ist der erste Lockdown in Österreich gestartet. Dass die Zeit seit damals für alle von uns eine schwierige war, ist wohl eine massive Untertreibung, aber an der Unsicherheit, der Verwirrung und nicht zuletzt am Schwinden des Vertrau­ens in die Politik in diesen 140 Wochen hat die Bundesregierung leider ihren ge­hörigen Anteil.

Chaotisches Krisenmanagement, Verordnungen, die korrigiert oder gleich wieder ganz zurückgenommen werden mussten (Zwischenruf des Abg. Ries), Rege­lungen, bei denen sich wirklich keiner mehr auskannte, was gerade erlaubt ist und was nicht: Das war der Weg der österreichischen Coronapolitik. Wer sich gedacht hat, die haben doch sicher etwas daraus gelernt, sieht leider immer und immer wieder, dass dem nicht so ist.

Die Novelle des Epidemiegesetzes, die wir heute diskutieren, zeigt das leider wieder einmal ganz besonders deutlich, denn diese Novelle ist vor allem


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wieder einmal eine Reaktion auf Kritik – und keine besonders gute Reaktion, um das einmal deutlich zu sagen. Es hat nämlich nicht nur der Rechnungshof die Krisenbewältigung der letzten Jahre kritisiert, auch zahlreiche Datenschutz­expertinnen und Datenschutzexperten haben insbesondere die Umsetzung der Erinnerungsschreiben beanstandet. Jetzt haben Sie uns eine Novelle vorge­legt, die diese Punkte verbessern soll. Wieder einmal haben Sie sich aber nicht getraut, diese Novelle auch in Begutachtung zu schicken. Verzeihen Sie mir, aber dieses Vorgehen ist leider einfach nur dilettantisch, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es stellt sich natürlich auch die Frage, was genau Sie mit dieser Novelle erreichen wollen. Kinder ab fünf Jahren sollen an ihre Auffrischungsimpfung erinnert werden – mit einem eingeschriebenen Brief. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin viermal geimpft und empfehle jedem Menschen in Öster­reich, sich die Coronaimpfung oder den Booster zu holen. Aber: Was ge­nau wollen Sie mit immens teuren Briefen an Kinder erreichen, noch dazu, wenn Sie nicht einmal jene Kinder rausfiltern können, die aufgrund einer aktuel­len Coronainfektion gar keine Auffrischungsimpfung bekommen sollten? – Diese Novelle ist wieder einmal eine schlecht durchdachte Hauruckaktion, und deshalb werden wir vonseiten der SPÖ nicht zustimmen.

Wenn ich Ihnen aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss einen Tipp geben darf: Weniger Chaos bei Verordnungen und Gesetzen, mehr Geradlinigkeit in der Coronabekämpfung und nicht alle paar Wochen die Pandemie für beendet erklären – das würde mehr gegen Corona bringen als sündteure Einschreiben an Kinder. Nach 978 Tagen wäre es endlich an der Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Warum ich keinen Ordnungsruf erteilt habe? – Weil wir für „im Stil eines“ noch nie einen Ordnungsruf erteilt haben; das habe ich auch gerade nachgesehen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.



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10.43.33

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Last, but not least: Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Worum geht es jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt wirklich? Das, was jetzt von Kollegen Lindner dargelegt worden ist, ist nämlich nicht ganz den Fakten entsprechend. (Zwischenruf des Abg. Lindner.) Es geht darum, dass wir die Rechtsgrundlage für das Erinnerungsschreiben für die dritte Impfung präzisieren, denn da hat es Beschwerden durch den Datenschutzbeirat gegeben. Dem gehen wir jetzt nach und schauen, dass die Rechtsgrundlage entsprechend dargelegt wird.

Das betrifft übrigens nicht die Erinnerungsschreiben für Auffrischungs­impfungen, denn die sind vom Datenschutzbeirat auch bestätigt. Es geht hier einzig und allein um die Erinnerung für die Vervollständigung der Grund­immunisierung – ich glaube, wir wissen alle, was das bedeutet – aufgrund der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums. Um nichts anderes geht es hier – nur um das darzulegen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das hat jetzt auch nichts mit Hauruck oder mit Aus-der-Hüfte-geschossen zu tun, sondern es hat einfach etwas damit zu tun, dass wir eine Rechtsgrundlage herstellen, damit diese sinnvolle Information an die Menschen rausgehen kann, ohne dass dabei ein Rechtsbruch begangen wird.

Dass es gescheit ist, dass wir Menschen daran erinnern, sich impfen zu lassen, zur Auffrischungsimpfung zu gehen, sollte, glaube ich, für die meisten hier herinnen außer Zweifel stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube schon – ich hoffe, auch das ist Common Sense hier herinnen –, dass die Erhöhung der Impfquote im Sinne eines präventiven Gesundheitssys­tems, einer präventiven Gesundheitspolitik unser aller Ziel sein muss. Ich spreche jetzt ganz bewusst nicht nur von der Covid-Impfung, von der Covid-Schutzimpfung, sondern ich spreche allgemein von Impfungen. Impfen –


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auch das ist hier herinnen hoffentlich Common Sense – ist eine der größten Errungenschaften der Wissenschaft. Aufgrund dessen, dass es so etwas wie Impfungen gibt, schaffen wir es heutzutage auch, immer älter zu werden – eben weil uns Impfungen vor tödlichen Krankheiten schützen. Nochmals: Ich spreche nicht nur von Covid, sondern ich spreche auch von Mumps, Masern, Röteln oder auch von der Schutzimpfung gegen HPV-Viren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Wir sprechen auch von der Influenzaimpfung. Wer heute Früh das Ö1-„Morgen­journal“ gehört hat, hat mitbekommen, dass die Influenza in der Zwischen­zeit in Österreich wieder angekommen ist. Wer schon einmal die echte Influenza hatte, weiß, dass das kein grippaler Infekt ist, der nach ein paar Tagen weg­geht, sondern dass das eine Challenge für den Körper ist. Das heißt: Gehen Sie bitte impfen! Lassen Sie sich gegen die Influenza impfen! Nutzen Sie die Impfprogramme, die wir hier in Österreich anbieten, nutzen Sie diese Impfungen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nutzen Sie vor allem – oder nicht Sie in der Allgemeinheit, sondern die Jugend vor allem – bitte auch das HPV-Impfprogramm, das wir jetzt bis 21 gratis machen werden, wie wir ja dieser Tage gehört haben. Nochmals – darauf möchte ich noch einmal extra hinweisen –: Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, kann jeder und jede in Österreich mit 14 für sich selbst treffen. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Tut das! Macht das! Nutzt diese Impfangebote! Impfen ist der wichtigste Schutz für euren Körper gegen entsprechende Krankheiten, wie beispielsweise Gebärmutterhalskrebs. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Zum Abschluss sei auch noch darauf hingewiesen: Es gibt die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums, in dem Wissenschafterinnen und Wissenschafter, Expertinnen und Experten sich sehr wohl überlegt haben: Was ist gescheit, wenn man impfen lässt, was macht Sinn? Wann sollte man auffrischen gehen? Schauen  Sie sich diese Empfehlungen an, sie sind online einsehbar! Kontrollie-


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ren Sie vielleicht anhand dieser Empfehlungen selbst Ihren eigenen Impf­status, besprechen Sie das auch mit Ihren Ärztinnen oder Ihrem Hausarzt und holen Sie sich die notwendigen Immunisierungen, holen Sie sich die ent­sprechenden Auffrischungsimpfungen! Tun Sie sich selbst und unserem Ge­sundheitssystem einen Gefallen und nutzen Sie das Impfangebot hier in Österreich! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


10.48.01

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Es freut mich, dass ich nach knapp 2 Stunden Debatte hier im Hohen Haus zumindest ein Mit­glied der schwarz-grünen Bundesregierung begrüßen darf und dass die Frau Justizministerin in Vertretung des noch immer abwesenden Gesundheits­ministers da ist. (Abg. Disoski: Wie es verfassungsmäßig vorgesehen ist! – Ruf bei der ÖVP: ... Kickl?) Das trifft sich ganz gut, weil wir ja jetzt auch eine Novelle des Epidemiegesetzes diskutieren, und da stellen sich vor allem auch recht­lich einige Fragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es war im Sommer 2020, zu einem Zeitpunkt, als tatsächlich viele noch nicht gewusst haben, was auf uns zukommt, als die Angst groß war, als die erste große Novelle des Epidemiegesetzes in Kraft trat. Diese erste Novelle mit den darin vorgesehenen Lockdownmöglichkeiten und Einschränkungen war, um es umgangssprachlich zu sagen, ein Griff ins Klo. Seit Sommer 2020 fordert die FPÖ, dass ein neues Epidemiegesetz aufgesetzt wird, das die Handhabe der Regierung im Krisenfall klarer definiert, die Rechte des Parlaments ent­sprechend berücksichtigt und rechtliche Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte, so wie es im jetzigen Epidemiegesetz vorgesehen ist, hintanhält, so weit es möglich ist.


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Mittlerweile haben wir zwar den dritten Gesundheitsminister, der von selber zumindest in den Ausschüssen auch immer sagt, er sieht diese Notwen­digkeit eines neuen Epidemiegesetzes auch ein, aber ein neues Epidemiegesetz haben wir nicht. Dafür haben wir heute hier die gefühlte 100. Novelle des Epidemiegesetzes und ein weiteres Herumwurschteln an einer untragbaren Rechtsmaterie, eine weitere Ausnahmeregelung, eine weitere Parallel­struktur, die geschaffen wird, und vor allem eine Weitergabe von Gesundheits­daten direkt an das Ministerium – Frau Ministerin, Sie werden das viel­leicht bestätigen können –, die an sich ja vollkommen haltlos ist.

Es ist nun einmal nicht die Aufgabe des Gesundheitsministers, den Impfstatus jedes einzelnen Österreichers und jeder einzelnen Österreicherin zu wissen, sondern diese Daten zu haben ist bestenfalls die Aufgabe der Gesund­heitsversicherungen, der Sozialversicherungen, die die Abrechnungen machen, die auch entsprechende Leistungen finanzieren müssen, aber ganz sicher nicht von einem Politiker oder von einem Minister. Sie schaffen jetzt eine weitere Novelle, mit der Sie diesen Datenzugriff wieder und weiterhin legi­timieren wollen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein absolutes Unding. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht nur, dass der Ort, an den diese Daten fließen, rechtlich der falsche ist und es auch nicht die Aufgabe des Ministers ist, persönliche Erinnerungs­schreiben auszuschicken, es kostet auch wieder eine Lawine. Eingeschriebene Briefe an alle Österreicher ab fünf Jahren zur Erinnerung – das kann man sich doch bitte alles sparen! Da werden ja schon wieder Millionen Euro an Steu­ergeld für Werbemaßnahmen des Ministeriums ausgegeben. Das brauchen wir nicht. Das Geld braucht die Sozialversicherung, um im Bereich der Präventiv­maßnahmen arbeiten zu können. Die Sozialversicherung würde auch das Geld brauchen, das in den vergangenen Jahren für den Aufbau von Parallelstruk­turen ausgegeben wurde und auch in den kommenden Jahren dafür ausge­geben wird.


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Über 100 Millionen Euro hat allein die Stadt Wien an Zweckzuschüssen für Barackenspitäler und zusätzliche Impf- und Teststraßen bekommen – über 100 Millionen Euro für Parallelstrukturen, wobei die Leistungen im beste­henden Gesundheitssystem mindestens genauso gut wenn nicht besser hätten abgewickelt werden können. Das ist Steuergeldverschwendung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist auch ein Ausbau von Einfluss­positionen von politischen Günstlingen und Begünstigung von vielleicht Groß­spendern und Ähnlichem, was wir uns hoffentlich in einem Untersu­chungsausschuss auch noch näher ansehen werden.

Das ist alles überflüssig. Wir haben ein Gesundheitssystem, in dem klar definiert ist, wer Impfberatungen macht, wo geimpft wird. Wenn wir einen niedrig­schwelligeren Zugang zu Impfungen brauchen, dann trete ich dafür ein, dass Auffrischungsimpfungen generell auch in öffentlichen Apotheken durch geschulte Pharmazeuten oder auch durch diplomierte Pflegekräfte durchgeführt werden können. Ein Erstgespräch über eine Impfung und eine Erstimpfung gehören aber aus meiner Sicht in die Hände des Hausarztes. Dort kann die ent­sprechende Aufklärung stattfinden.

Sehr geehrter Kollege Schallmeiner, da unterscheiden sich schon auch unsere Ansichten: Ein pauschaler Impfaufruf an alle 14‑Jährigen mag zwar viel­leicht populistisch sein, aber gesundheitspolitisch ist es aus meiner Sicht un­verantwortlich, weil eine Impfentscheidung immer nach erfolgter medi­zinischer Aufklärung (Abg. Schallmeiner: Habe ich eh gesagt! Zuhören, Herr Kollege!) und auf Basis einer individuellen Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen sollte (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Lausch und Schallmeiner) und keinen politischen Aufruf von Ihnen braucht. Ich glaube, da sind die Ärztinnen und Ärzte in diesem Land die profunderen Kenner. Diese werden die Empfehlung im Einzelfall geben oder nicht geben, da brauchen wir kei­ne politischen Ratschläge. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.52



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 94

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Saxinger. – Bitte.


10.52.57

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte kurz auf Kollegen Kaniak replizieren, der kriti­siert hat, dass erst jetzt, nach 2 Stunden Diskussion, endlich ein Minister der Bundesregierung da ist. Lieber Kollege Kaniak, du bist lange genug im Par­lament, du weißt, die zwei Volksbegehren waren erste Lesungen und bei ersten Lesungen ist es nicht üblich, dass ein Minister anwesend ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Kommen wir zum Thema! Wissen Sie, was Michael Häupl, Herzog Rudolf IV., Andreas Hofer und „Jedermann“ gemeinsam haben? – Das sind einige Persönlichkeiten, die in der nächsten Phase der Coronaimpfkampagne der Bundesregierung zitiert werden. Die Impfkampagne heißt Gemeinsam geimpft und wandelt bekannte Zitate ab, um für eine Coronaschutzimpfung zu werben. Das Thema Covid-Impfung hat in den letzten eineinhalb Jahren – wir haben es auch heute wieder besprochen – polarisiert und gespalten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir alle wollen das überwinden. Wir wollen aufeinander zugehen. Wir helfen gemeinsam. Wir wollen gemeinsam diese Pande­mie bekämpfen und wir wollen sie auch meistern. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Rössler.)

Wie kann man das schaffen? – Humor ist immer gut. Eine Portion Humor, auch bei einem ernsthaften Thema, hilft manchmal. Für die Impfkampagne wur­den verschiedene Zitate humoristisch aufs Impfen umgemodelt. Jeder kennt zum Beispiel den Film „Casablanca“ und den Satz: Ich schau dir in die Augen, Kleines! – Ein Zitat wird heißen: „Ich schau dir in den Impfpass, Kleines!“ Oder, für die Tiroler, für Kollegen Hauser: „Mander, ’s isch aufg’frischt!“ – Viel­leicht folgt er dem Aufruf. Oder: „Der Kunst ihre Zeit, der Zeit ihre Impfung!“ – Für die Vorarlberger wird es zum Beispiel heißen: „Schaffa, impfa, Hüsle


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baua!“ – Oder: Michael Häupl hat gegenüber einer Berufsgruppe angeregt, dass er am Dienstag zu Mittag schon mit der Arbeit fertig wäre. Die Impfkam­pagne wird das ummodeln und Michael Häupl sagt: „Am Dienstag z’Mittag bin i scho aufg’frischt!“ (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Für die Salzburger: Es ist nicht jedermann „Auf-ge-friiiiischt!“ – das wird auch ein Zitat sein; und abschließend: „Tu felix Austria impfe!“ – Das sind also umge­modelte Zitate, die mit einem Augenzwinkern die Leute motivieren sollen. Wer einen Schuss Humor hat, der findet das ganz humoristisch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Das ist eine crossmediale Werbekampagne in TV, Print, online und auf Social-Media-Kanälen. Von 2. bis 10.12. wird eine Beratungswoche über Imp­fungen und über Medikamente in Arztpraxen und Apotheken stattfinden; auch in den Schulen gibt es Angebote für Impffolder. (Abg. Lausch: ... Steuergeld in die Hand nehmt!)

76 Prozent der Österreicher haben zumindest eine Coronaschutzimpfung er­halten und wir möchten weiterhin möglichst viele Menschen zur Imp­fung motivieren. In diesem Sinne ist auch der Antrag zur Änderung des Epide­miegesetzes zu sehen, über den wir heute abstimmen.

Wir folgen diesbezüglich einer Empfehlung der Datenschutzbehörde. Es geht um die Rechtsgrundlage, wie Kollege Kaniak schon ausgeführt hat, für die Ver­sendung von Erinnerungsschreiben betreffend Covid-Impfungen. Die Impfung ist weiterhin der wesentliche Pfeiler in der Bekämpfung der Pandemie. Ich wiederhole es bei jedem meiner Referate, auch außerhalb des Plenums: Die Imp­fung wirkt und schützt im Regelfall vor schweren Verläufen. Die Impfung ist auch der Hauptgrund, warum wir durch die relativ hohe Immunisierung und auch durch die relativ milden Omikronvarianten glücklich und glimpflich durch diese milden Wellen kommen. Daher ist es aus meiner Sicht auch unbedingt weiterhin sinnvoll, die Impfung zu propagieren. In diesem Zusammen­hang ist auch dieses persönliche Erinnerungsschreiben zu sehen.


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Mit der praktischen Umsetzung ist die Elga GesmbH beauftragt. Der Bundes­minister als datenschutzrechtlich Beauftragter soll ermächtigt werden, an Personen laut aktuellen Impfempfehlungen ein Erinnerungsschreiben zu senden. Es wird ein sogenanntes Reminder- und Recallsystem installiert. Es ist bes­ser, die Leute personalisiert in zeitlicher Nähe zu informieren, als nicht personali­siert durch Flugblätter oder Postwurf.

Lassen Sie mich auch noch ein Wort zum Epidemiegesetz sagen! Wir haben das Epidemiegesetz im Rahmen der Covid-Pandemie sehr, sehr häufig geändert. Das ist unbefriedigend. Das war unbefriedigend, ist unbefriedigend und verur­sacht auch bei mir großes Unbehagen. Es war dieses Epidemiegesetz für die Covid-Pandemie nur bedingt tauglich, wenn ich das so höflich ausdrücken darf, aber man muss sagen, dass dieses Epidemiegesetz, das 1913 erst­mals installiert und 1950 modifiziert wurde, einfach nur bedingt tauglich war. Viele, zahlreiche Gesundheitsminister – zwei sitzen auch noch hier im Hohen Haus – haben es verabsäumt, das in den Jahren vor 2020 neu zu kreieren.

Positiv und erfreulich ist aber, dass der Gesundheitsminister und die Bun­desregierung im kommenden Jahr ein rundumerneuertes Epidemiege­setz präsentieren werden. Weiters wird es 2023 auch einen umfassenden Pandemieplan geben, damit wir für kommende Zeiten nicht unvorbe­reitet sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tun also etwas. Wir entwickeln etwas, was von uns auch erwartet wird. Wir ge­hen aufeinander zu. Wir polarisieren nicht. Wir reichen die Hände. Und: Ja zum Impferinnerungsschreiben! Und: „Tu felix Austria impfe!“ – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


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Ich darf noch nachholen, dass Frau Bundesminister Zadić die ordnungsgemäß gemeldete Vertretung für Bundesminister Rauch ist – dass hier keine Falschinformation bleibt.

Bitte, Frau Abgeordnete.


10.59.05

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Men­schen! Nachdem wir heute schon einmal über die Impfpflicht gesprochen haben, haben wir mit den Erinnerungsbriefen für die Impfung das nächste Murmel­tierthema.

Damit schaffen Sie jetzt Basis für neue Briefe, die an die Coronaauffri­schungsimpfungen erinnern sollen. Dabei vergessen Sie aber eine Sache: Es ist egal. Die Menschen reagieren darauf nicht. Wir sind im dritten Herbst mit Covid und – vielleicht haben Sie auch heute Früh Radio gehört – Covid taucht im Herbstinfektionsmix genauso auf wie die Grippe. Dass die vierte Impfung da immer noch nur von unserem Impfgremium und nicht von der EMA empfoh­len ist, werden Sie mit den Briefen auch nicht übertünchen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ihre Briefe werden also genauso wenig helfen wie die Impflotterie. Wer will, geht sich eine Auffrischungsimpfung holen, das ist ja bei der Grippe ge­nauso. Wer nicht will, geht halt nicht hin, da können Sie die Post noch so sehr mit Körberlgeld fürs Porto bewerfen. Sehen Sie endlich ein, dass Covid ein Teil unserer alltäglichen Realität ist, und hören wir bitte endlich mit diesen sinnlosen und teuren PR-Maßnahmen auf! Sie sehen auch, dass das niemand mitträgt und die Bevölkerung mit diesem Spiel nicht mehr mitmacht.

Wenn man für Inklusionsthemen Geld verlangt oder Geld fordert, ist immer alles viel zu teuer. Wichtig wäre, in die richtigen Themen zu investieren. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.00



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 98

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef He­chenberger. – Bitte.


11.00.55

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Die Pan­demie hat uns seit über zweieinhalb Jahren fest im Griff. Viele politische Debatten zur Pandemie hat es im Gesundheitsausschuss im Parlament gegeben und an vielen anderen Orten auch, auch viele Debatten am Stammtisch.

Viele Herausforderungen waren in der letzten Zeit für die Bevölkerung, aber auch für die politischen Entscheidungsträger zu meistern. Ich denke schon, dass die Bundesregierung in den letzten zweieinhalb Jahren versucht hat, alles zu unternehmen, um diese Gesundheitskrise bestmöglich zu meistern; ob das Wirtschaftshilfen sind, ob das die Kurzarbeit war und vieles andere mehr. Es gibt für mich einen ganz klaren Parameter, dass viele Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, richtig waren, und das ist die niedrigste Ar­beitslosenquote seit vielen Jahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass die Pandemie nach wie vor nicht zu Ende ist und dieses Virus uns weiterhin begleitet, ist ganz logisch. Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der letztes Jahr im Frühjahr sehr intensiv diskutiert wurde: Wir Tiroler sind im Frühjahr 2021 sehr stark in Diskussion gestanden, als erstmals die Südafrika­mutante im Bezirk Schwaz aufgetreten ist. Da hat es dann eine flächendeckende Impfung im Bezirk Schwaz gegeben, und siehe da, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Medizinischen Universität Innsbruck, von Dr. Willeit, zeigt ei­nes deutlich: dass diese Schwerpunktimpfkampagne im Bezirk Schwaz die Infektionszahlen um mehr als 90 Prozent reduziert und Krankenhausaufenthalte mehr oder weniger vermieden hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Somit kann man eines ganz deutlich sagen: dass diese Aktion richtig und gut war. Wir schauen uns ja gerne Schweden an. Schweden ist oft dieses klassische Vorzeigeland in Bezug darauf, wie es durch die Pandemie gegangen ist. In Schweden sind 73 Prozent der Bevölkerung vollimmunisiert, in Österreich nur 58 Prozent. Aus diesem Grund, denke ich, ist es richtig und gut und auch selbstverständlich, ein neuerliches Erinnerungsschreiben an die Bevölkerung zu richten. Das Virus ist da, das Virus bleibt da, jeder muss für sich entschei­den, wie er mit diesem Virus umgeht; aber vergessen darf man es nicht, und aus dem Grund braucht es eine Erinnerung beziehungsweise eine notwendige Information an die Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


11.03.51

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bräuchte eine Men­ge Redezeit, um die falschen Narrative, die heute hier verbreitet werden, zu widerlegen (Zwischenruf der Abg. Seidl), aber bitte schön der Reihe nach!

Kolleginnen und Kollegen, wisst ihr, was ich vermisse? – Ich vermisse euren Aufschrei, wenn Klimaaktivisten weltbekannte Kunstwerke besudeln! Da schweigen Sie dazu! Und wenn ich heute hier sage, dass die vier Parteien im österreichischen Parlament die Politik der Eliten und damit die Politik der Pharmakonzerne unterstützen, da gibt es eine Aufregung, da werde ich von Kollegen Reimon als Nazi bezeichnet, vor Zeugen. Also Entschuldigung, das hat es im österreichischen Parlament überhaupt noch nie gegeben! Ich bin 28 Jahre in der Politik! (Abg. Reiter: Dann überleg einmal, was du sagst!)

Ich habe sogar vom grünen Klubobmann Gebi Mair schriftlich – über die Medien –, dass ich nie so jemand war (Zwischenruf des Abg. Reimon), und ich sage


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euch eines: Ich habe mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun, ich bin 28 Jahre in der Politik, das Gegenteil ist der Fall! Es ist beschämend! (Zwischenruf des Abg. Reimon.) Wisst Ihr, was der Hintergrund dieser Attacken ist? – Wir als Freiheitliche Partei sollen mundtot gemacht werden! (Abg. Gödl: Aber geh! – Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Voglauer: Geh bitte! Das ist doch lächer­lich! – Weitere Zwischenrufe: Die Rechtsextremenkeule kommt jetzt! – Ihr seid eine rechtsextreme Partei!) Jetzt kommt die Nazikeule von euch, euch gehen die Argumente aus, und das ist genau der Grund! Was anderes fällt euch nicht ein! Ich weise das auf das Allerallerschärfste zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Saxinger, einen Andreas Hofer so zu verunglimpfen (Zwischenruf der Abg. Seidl), heute und hier vom Rednerpult: „Mander, ’s isch aufg’frischt!“ Wisst ihr, was der Unterschied ist? – Andreas Hofer, der große Tiroler Freiheitskämp­fer, war auf der Seite der Bevölkerung (Zwischenruf des Abg. Loacker), der hat um unsere Freiheitsrechte gekämpft, und jetzt drehst du das ins Gegenteil um und entwürdigst diese Kultfigur Andreas Hofer! (Zwischenruf der Abg. Krisper. – Abg. Loacker: Eine Schande fürs ganze ...!) Erschreckend, bitte! Das macht die ÖVP: Andreas Hofer so zu verunglimpfen und für eine plumpe Impfkampagne zu verwenden – erschreckend!

Kollege Hechenberger, immer dasselbe Narrativ, immer das Gleiche: Zuerst sperrt ihr die Betriebe zu; wie ihr von meinen Reden wisst, ohne Not. (Zwischenruf der Abg. Neumann-Hartberger.) In der Schweiz waren die touris­tischen Betriebe, während wir einen Dauerlockdown hatten, offen! Ihr habt die Betriebe zugesperrt, ihr habt einen Kollateralschaden bei den Betrieben, bei den Menschen, bei den Kindern verursacht, und dann geht ihr her und sagt: Wir haben ja alles getan, damit wir die Bevölkerung retten! – Es ist urko­misch, ich sage euch das ganz ehrlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Wisst ihr, was ich mir heute erwartet hätte? – Dass irgendein Redner von euch da herausgeht und auf meine Kritik an diesem Impffolder Bezug nimmt! (Der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe. – Zwischenrufe der Abgeordneten Shetty und Hoyos-Trauttmansdorff.) Ich zitiere das noch einmal. Während


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wir in Österreich eine von vier Parteien verordnete Impfpflicht hatten, hat diese Bundesregierung im März 2022 einen Folder herausgegeben – „Wissens­wertes zur Corona-Schutzimpfung“ – und folgende Behauptung in den Raum ge­stellt – ich habe das schriftlich, ich habe das gesammelt –: Kein Covid-19-Impfstoff löst eine Erkrankung aus. – Das ist nachweislich falsch. (Abg. Loacker: Solche Reden lösen eine Erkrankung aus! Das tut ja weh!) Diese Regierung informiert die Bevölkerung nachweislich falsch.

Und wisst ihr, was ihr permanent ignoriert? Ich verstehe es nicht! Wie oft habe ich euch das gesagt? (Der Redner stellt eine Tafel mit einer Tabelle mit der Überschrift „EMA - Datenbank ,vermutete‘ Nebenwirkungen und Todesfälle in zeit­licher Nähe zur COVID-19 Impfung“ auf das Rednerpult. – Heiterkeit und de­monstrativer Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Zwischenrufe der Ab­geordneten Schallmeiner und Lindner.) – Danke für den Applaus für die Ta­feln. Es freut mich, dass sie so gut ankommen, das finde ich sehr gut, aber das La­chen wird euch schon noch vergehen. Der Wähler wird mit euch schon ab­rechnen, keine Frage! (Abg. Schallmeiner: Verdachtsfall ... bestätigter Fall! Lern end­lich einmal den Unterschied!) – Der Verteidiger der Eliten, das ist ja wunderbar!

Wir stehen auf der Seite des Volkes. (Abg. Loacker: Man sollte ... um hier reden zu dürfen!) Wieso ignoriert ihr die vermuteten Nebenwirkungen und Todesfälle in zeitlicher Nähe zu den Covid-19-Schutzimpfungen bei einer Meldequote von 6 Prozent, 29.10.2022? (Abg. Schallmeiner: Unterschied zwischen Verdachts­fällen und bestätigten Fällen!)

6 Prozent wurden in zeitlicher Nähe zu den Impfungen – 26 703 Covid-Spritz-Todesfälle – an die Europäische Arzneimittelbehörde gemeldet. (Abg. Schallmeiner: Verdachtsfall! ...!) Schaut euch das einmal an, bitte! Im selben Zeitraum geht ihr her und verteidigt eure Impfpflicht (Abg. Loacker: Völ­lig intelligenzbefreit!) und schickt Briefe (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner) an die Bevölkerung, mit öffentlichem Geld finanziert, in denen ihr die Bevölkerung auffordert, sich impfen zu lassen.


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Nebenwirkungen: Meldequote 6 Prozent, 2 087 000 Nebenwirkungen. Wieso wacht ihr nicht auf? Dr. Saxinger, du bist ein Arzt! Wieso wachst du nicht auf, wieso nehmt ihr das nicht zur Kenntnis? Ihr bleibt weiter am Vollgas drauf, euer Narrativ ist weiter: impfen, impfen, impfen! Das ist faktenwidrig, das ist falsch, und deswegen verstehe ich, dass euch die Bevölkerung nicht mehr wählt. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)

11.09


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt an den Schluss der Verhandlungen des Gesundheitsausschusses.

11.09.434. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 343/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Tierqualen durch Tiertransporte – nationale Schritte umgehend setzen (1754 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1446/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Peter Schmiedlechner, Fiona Fiedler, BEd, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Wel­penhandel (1755 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2526/A(E) der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen betreffend Monitoring und zeitnaher Veröffentlichung der Dokumente des Tierschutzrats (1756 d.B.)



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Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 4 bis 6 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.10.51

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Drei Tierschutzanträge gibt es wieder in die­sem Haus, drei Anträge, die im Ausschuss abgelehnt wurden, weil sie nicht rich­tig gelesen wurden, wie ich aus folgendem Grund meine: Wir haben heuer im Frühjahr bei Beendigung der Vorperiode das Tierschutzgesetz beschlossen, und da haben wir unter anderem auch beschlossen, dass – entsprechend der Binnenmarktverordnung der EU – Hunde, Katzen und Frettchen, die nach Österreich kommen, gegen Tollwut geimpft werden müssen. Das würde bedeuten, dass Hunde erst ab der 16. Lebenswoche nach Österreich eingeführt werden können. Dieser Schritt, dass die Binnenmarktverordnung umgesetzt wurde, ist gut und richtig.

Es gibt aber gravierende Ausnahmen für viele Länder, die diese Tollwutimpfung nicht brauchen, sondern nur eine Tollwutunbedenklichkeitsbescheinigung, um diese Tiere einzuführen. Daher haben wir als Opposition diesen Antrag ge­stellt, womit wir sagen, wir wollen, dass der Minister bei der Europäischen Kommission bekannt gibt, „dass Österreich die Ausnahme betreffend die Not­wendigkeit eines gültigen Impfschutzes gegen Tollwut beim kommerziel­len Handel eines Privaten oder Gewerbetreiben mit Hunden und Katzen nicht in Anspruch nimmt“.

Das würde bedeuten, alle Länder, aus denen Tiere nach Österreich kommen, müssen diese Tollwutimpfung durchführen lassen – nicht nur die 27 Bin­nenmarktländer, sondern alle Länder. Was ist mit diesen Ausnahmen? – Wenn man auf der Internetseite europa.eu nachschaut, sieht man all die Länder,


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die diese Ausnahmen haben. Das ist zum Beispiel Bosnien-Herzegowina, das ist Nordmazedonien, das ist die Schweiz, das ist Liechtenstein, das sind viele, viele Länder, wo sich dieser Handel jetzt quasi hinverlegt, weil es dort die Aus­nahmen gibt.

Es gibt doch nichts Einfacheres, als dass der Minister bei der Europäischen Kom­mission sagt: Wir wollen diese Ausnahmen nicht, sondern alle Tiere, die nach Österreich kommen, sollen gegen Tollwut geimpft sein! Also ich denke, dieser Antrag wurde nicht richtig gelesen, sonst hätte er im Ausschuss nicht abgelehnt werden können.

Ich bitte Sie noch einmal: Schauen Sie sich diesen Antrag, bevor er hier zur Abstimmung kommt, gut an! Behandeln wir diesen Antrag positiv! Fordern wir den Minister auf, er soll diese Ausnahmen aufheben, damit alle Hunde, Katzen und Frettchen, die nach Österreich kommen, auch gegen Tollwut geimpft sein müssen! – Das ist das Erste. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist der Antrag der NEOS bezüglich der zeitnahen Veröffentlichung der Dokumentation des Tierschutzrates. Das ist ein vollkommen berechtig­ter Antrag, wenn man bedenkt: Wenn der Tierschutzrat eine Sitzung hat, dann wird ein Protokoll geführt, und erst bei der nächsten Sitzung des Tier­schutzrates wird dieses Protokoll bewilligt. Diese Sitzung ist meistens sechs bis acht Monate später, und wenn das Protokoll bewilligt wurde, dauert es noch eine Zeit, bis es wirklich voll umgeschrieben ist, bis es die Ombudsleute haben. Es kann bis zu einem Jahr dauern, bis man weiß, was im Tier­schutzrat beschlossen wurde.

Ich habe mit vielen Tierschutzombudsleuten gesprochen. Die wissen dann gar nicht mehr, was vor einem Jahr war. Das ist ja klar, wir wissen ja auch nicht, was wir vor einem Jahr in irgendeiner Sitzung beschlossen haben. Daher wäre es wirklich dringend notwendig, diese Dokumentationen sehr zeitnah zu veröffentlichen und der Bevölkerung bekannt zu geben.


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Noch einmal zurück zum illegalen Welpenhandel: Ich bitte Sie wirklich, diesen Antrag heute nicht abzulehnen, sondern anzunehmen, damit wir wirklich in Österreich für alle eingeführten Hunde, Katzen und Frettchen eine Tollwutimpfung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.


11.14.31

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Liebe Schülerinnen und Schüler! Es freut mich sehr, dass wir heute wieder einige Kapitel rund um den Tierschutz hier im Parlament behandeln.

Ich darf daran erinnern: Es ist nicht einmal ein halbes Jahr her, dass wir hier im Nationalrat eine umfassende Novellierung des Tierschutzgesetzes be­schlossen haben und das erste Mal seit Inkrafttreten des Tierschutzgeset­zes 2005 wirklich wesentliche und weitreichende Schritte gesetzt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein wesentlicher Teil dieser Novellierung war die Stärkung des Tierschutzrates. Kollege Keck, ja – ich verstehe Sie –, wir brauchen noch weitere Schritte bei der Stärkung der Tierschutzombudsleute, bei der Stärkung der Tierschutz-NGOs. Allerdings denke ich, dass es durch den Abänderungsantrag bei der Novelle schon gelungen ist, einerseits den Tierschutzrat und andererseits natürlich damit auch den Tierschutzbericht zu stärken.

Der Tierschutzrat ist ein bedeutsames Gremium, in dem sich erfahrene Stake­holder:innen zu einem Austausch auf hohem fachlichem Niveau zusam­menfinden. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Sie diskutieren, und diese Mei­nungen finden letztendlich auf qualitätsvolle Art und Weise ihren Nieder-


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schlag und werden dann auch im Sinne von Empfehlungen formuliert. Jetzt fin­den sie nicht nur im Tierschutzbericht ihren Niederschlag, sondern wir gehen noch einen Schritt weiter. Wir werden diese Empfehlungen dann auch überprüfen und genau betrachten: Welche Schritte wurden von der Poli­tik gesetzt?, damit wir im Sinne der Tiere und im Sinne des Tierschutzes weiter­kommen.

Dieses gesammelte Wissen des Tierschutzrates ist eine wertvolle Ressource für alle Tierschutzminister:innen. Auch für uns Abgeordnete lohnt sich immer wieder die Auseinandersetzung mit den Arbeitsergebnissen dieser Gruppe, weil sie eine ausgezeichnete Diskussionsgrundlage bieten und jetzt letztendlich auch für mehr Transparenz sorgen. Deshalb unterstützen wir ja auch diesen An­trag, der von den NEOS hier eingebracht wurde, weil wir so zu viel mehr Transparenz kommen und die Diskussion der Ergebnisse nicht nur im Tierschutz­beirat stattfinden wird, sondern breiter gefasst werden kann. Einer Ver­besserung der Transparenz, einer Verbesserung der Nachvollziehbarkeit werden wir Grüne immer zustimmen, und diese werden wir immer vorantreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Weil Kollege Keck auch schon den illegalen Welpenhandel angesprochen hat und gemeint hat, wir hätten den Antrag nicht genau gelesen: Auch da ist das Gegenteil der Fall. Die veterinärbehördliche Binnenmarktverordnung so abzutun, als wäre das eine einfache Verordnung und als würde sie nicht weit genug gehen, ist wirklich eine Verhöhnung dieser Verordnung.

Wir haben im vergangenen Jahr unzählige Gespräche mit Stakeholder:innen ge­führt und nun eine sehr bedeutende und gut formulierte Gesetzesände­rung umgesetzt, die vonseiten der Tierschutzvereine bereits seit Langem gefor­dert wird. Darauf, dass uns das im Rahmen dieser Verordnung mit einem solch großen Schritt gelungen ist, bin ich wirklich stolz.

Was ist nun geregelt? – Seit Oktober dürfen ausschließlich gegen Tollwut ge­impfte Hunde nach Österreich importiert werden, mit gezielten, aber


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eng begrenzten Ausnahmen für Arbeitshunde mit behördlicher Genehmigung. Das hat zur Folge, dass Welpen unter 16 Wochen nicht mehr eingeführt werden dürfen. Das ist ein Meilenstein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Das macht Österreich als Absatzland für den illegalen Welpenhandel von heute auf morgen sehr unattraktiv, denn einen Welpen vier Monate lang am Le­ben zu erhalten ist unter den Bedingungen, unter denen diese Hunde geboren werden, schwer bis unmöglich.

Wenn wir schon von Welpen reden, dann blicken wir einmal auf diese letzten zwei Jahre zurück! Was ist da passiert? – Vier Pfoten hat eine erschre­ckende Studie veröffentlicht. Wir wissen, in Zeiten von Corona wurden sehr viele Hunde und Welpen gekauft, einfach um der Einsamkeit zu Hause entgegenzuwirken. Vier Pfoten hat aufgedeckt, dass viele dieser Hundekäufe über Social Media abgewickelt wurden, ein Viertel der Käufe allein auf Instagram. Diese Ergebnisse sind alarmierend, denn hinter dem illegalen Welpenhandel auf Social-Media-Plattformen stehen oft Tierleid und Tierquälerei.

Wir helfen mit den neuen Regelungen vor allem auch den Vollzugsbehörden – das haben Sie nämlich nicht genannt, Herr Keck –, die nun einfacher ein­greifen und strafen können. Bis jetzt war die einzige Handhabe gegen den ille­galen Handel, die Verkäufer tatsächlich auf frischer Tat zu ertappen, wäh­rend sie versuchen, Hunde unter acht Wochen zu verkaufen.

Und jetzt? – Jetzt dürfen Welpenhändler Hunde, die unter 16 Wochen alt sind und keinen österreichischen Chip oder Impfpass haben, gar nicht mehr mit sich führen, weil alleine das schon verboten ist. Das ist ein Erfolg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch kurz zu den Tiertransporten: Auch da haben wir im Tierschutzgesetz wichtige Schritte gesetzt. Ja, es sind erste Schritte, aber wir haben Ihrem Antrag


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(in Richtung SPÖ) nicht zustimmen können, weil Ihr Antrag darauf abzielt, dass man Tiertransporte in Zukunft nur noch über eine einzige Grenze verbrin­gen kann.

In Ihrem Antrag behandeln Sie in keinster Weise die Dauer des Transports und die Länge des Transports. Würde man dem Antrag der SPÖ zustimmen, würde das heißen, dass ein Export zum Beispiel aus Kärnten nach Kroatien un­möglich ist, obwohl beides EU-Länder sind und es sich hierbei um einen Transport von 230 Kilometern handelt, aber Transporte nach Italien an den Stiefelabsatz oder hinauf nach Berlin, bei denen man über 1 000 Kilo­meter unterwegs ist, befürworten Sie.

Also so schreibt man keine Gesetze, so schreibt man keine Verordnungen, denn in Summe muss es heißen: Wir brauchen in Zukunft keine qualvollen Tier­transporte mehr. Wir müssen vor Ort in Österreich einen Absatzmarkt schaffen, um den Umfang dieser Transporte so eng wie möglich zu halten und auch die Länge und die Zeit zu verkürzen. Das ist im Sinne der Tiere. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Abschluss noch einmal: Ich bin froh, dass wir hier gemeinsam mit dem Regierungspartner große Schritte, große Zeichen im Sinne der Tiere, im Sinne des Tierschutzes gesetzt haben. Das ist ein Prozess, der natürlich weiter­geht. Auch da bin ich zuversichtlich, dass uns das zukünftig gelingen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


11.21.43

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Das, was ich jetzt von meiner Vorrednerin gehört habe, kann ich


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inhaltlich nicht wirklich teilen und gutheißen. Vielmehr halte ich es da mit dem Inhalt der Ausführungen des Kollegen Keck.

Jetzt möchte ich in erster Linie einmal ein bisschen über den Tagesordnungs­punkt Stopp den Tierqualen durch Tiertransporte – nationale Schritte umgehend setzen diskutieren. Dieser Antrag wird von ÖVP und Grünen nicht unterstützt. Tatsächlich gibt es bei Schlachttiertransporten aber genug Bereiche, in denen massiver Handlungsbedarf besteht, denn nur so könnten wir Tierleid vermeiden und den Tieren immense Qualen ersparen.

Die Mindestanforderungen für das Wohlergehen der Tiere während des Transportes sind in einer Verordnung der Europäischen Union geregelt und gel­ten nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes dementspre­chend auch über die EU-Grenzen hinweg für Drittstaaten. De facto ist es aber so, dass die Einhaltung der Verordnung in den EU-Staaten sehr mangel­haft ist. Man kann sich dann vorstellen, wie es in den Drittländern vor sich geht.

Meine Damen und Herren, im vorliegenden Antrag wird gefordert, „dass Tiertransporte, die mit dem Ziel der Schlachtung, Mästung oder der Züchtung durchgeführt werden, zum nächstgelegenen Schlachthof oder nur über eine einzige EU-Mitgliedstaatsgrenze und nicht in Drittstaaten verbracht werden dürfen“. (Abg. Kühberger: Das geht bei den Kapazitäten nicht!) Diesem Antrag stimmen wir Freiheitliche zu.

Zum nächsten Tagesordnungspunkt, Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel: Derzeit ist es „sowohl für Privatpersonen als auch für Händ­lerInnen zulässig, Hunde- und Katzenwelpen ab einem Alter von acht Wochen“ in unser Land einzuführen.

Viele Tiere verfügen derzeit noch nicht über eine Tollwutimpfung. Es ist lediglich eine Tollwutunbedenklichkeitsbescheinigung notwendig, in der beteuert werden muss, dass das Tier seit der Geburt an einem Ort gehalten wurde und mit keinen wilden Tieren in Kontakt gekommen ist, oder, falls es von der Mutter begleitet wird, dass es von dieser noch abhängig ist.


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Das eröffnet organisierten Welpenhändlern eine Möglichkeit, kranke Tiere nach Österreich zu bringen, denn die Korrektheit dieser Tollwutunbedenklich­keitsbescheinigungen ist sehr, sehr zweifelhaft.

Aus der Praxis wissen wir, dass solche jungen Welpen oft krank sind und nach kurzer Zeit in Österreich eingeschläfert werden müssen. Deswegen wird in dem gegenständlichen Antrag auch gefordert, dass Österreich gegenüber der Europäischen Kommission bekannt geben soll, dass ein Impfschutz gegen Toll­wut als notwendig erachtet wird, wodurch nur noch Welpen ab einem Alter von mindestens 15 Wochen nach Österreich importiert werden können.

Die schwarz-grüne Bundesregierung hat im Ausschuss nicht gezeigt, dass sie für den Tierschutz etwas übrig hat, und keine Prioritäten gesetzt. Wir unterstüt­zen diesen Antrag.

Jetzt noch zum Tagesordnungspunkt 6, zu Monitoring und zeitnaher Veröf­fentlichung der Dokumente des Tierschutzrats: Ja, dem stimmen wir auch zu. Das ist unbedingt nötig und wichtig, dass die Expertise und die Berichte des Tierschutzrates dementsprechend baldigst ersichtlich sein sollen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.25


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dietmar Keck zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.25.34

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollegin Voglauer hat in ihrer Rede behauptet, nach Österreich dürften nur noch Hunde eingeführt werden, die gegen Tollwut geimpft sind. – Das ist unrichtig.

Richtig ist, dass es vonseiten der EU Ausnahmen gibt, wodurch es eine Liste mit vielen Ländern gibt, die Hunde nach Österreich einführen dürfen, die nicht gegen Tollwut geimpft sein müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kollross: Das könn­te man wissen als Tierschutzsprecherin!)

11.25



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Hechen­berger. – Bitte.


11.26.03

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch vor den Bildschirmen! Ich denke, wenn wir heute ausführlich über Tierschutz reden, ist das gut und richtig, weil Tierschutz uns allen sehr am Herzen liegen sollte.

Nachdem jetzt die verschiedenen Rednerinnen und Redner unterschiedliche Stellungnahmen abgegeben haben, ist es mir ein großes Anliegen, einfach noch einmal faktenbasiert ein paar Sachen klarzustellen.

Fakt ist: Wir haben uns im Regierungsprogramm sehr klar zur Weiterentwicklung des Tierschutzes bekannt. Auf Basis eines Tierschutzvolksbegehrens von Sebastian Bohrn Mena wurde das Tierschutzgesetz heuer im Frühjahr novelliert und dann im Juli im Parlament beschlossen. Diese Novelle hat noch weit­reichende Folgen, aber ich denke, für uns muss schon eines klar sein: Wir brau­chen Tierschutz mit Hausverstand und Augenmaß und müssen auch die Bäuerinnen und Bauern auf den Weg des Tierschutzes mitnehmen.

Welche Maßnahmen wurden denn im Juli beschlossen, die wirklich eine weitrei­chende Weiterentwicklung des Tierschutzes mit sich bringen? – Zum einen ein Ende des Vollspaltenbodens; kein Transport mehr von Schlacht- oder Mast­rindern über EU-Staaten hinaus; wir haben das Mindesttransportalter der Kälber erhöht, und die ständige Anbindehaltung wird mit 1.1.2030 verboten. In dem Zusammenhang ist mir aber wichtig, zu ergänzen: Natürlich bleibt die Kombinationshaltung – gerade für unser Bundesland und für viele Alpenregionen sehr wichtig – gesetzlich möglich.

Vielleicht ein paar Fakten: Wir diskutieren sehr häufig über Kälbertransporte. In Österreich werden jährlich rund 800 000 Kälber geboren. Rund 5 Prozent werden innerhalb der ersten beiden Lebensmonate exportiert. Natürlich ist jedes


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exportierte Kalb ein exportiertes Kalb zu viel. Genau aus diesem Grund versuchen wir mit dem Projekt Kalb rosé, Marktanteile wieder zurückzugewin­nen, denn letztendlich geht es ja darum, dass uns in den letzten Jahren viele Importe aus Holland einfach den Markt streitig gemacht haben. Wir wollen mit interessanten Ansätzen die Produktion im eigenen Land ausbauen – gesetzlich mit einem entsprechenden Rahmen begleitet – und so den bäuerli­chen Familienbetrieben Perspektiven geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist nämlich schon klar: Es nützt uns nichts, wenn wir Gesetze machen und dann die Bauern nicht mitnehmen. Dann verlieren wir Produktion im Land und machen uns importabhängig. Das soll uns ja in keinster Weise passieren, denn ich denke, die Versorgungssicherheit mit Grundnahrungsmitteln ist eine der Grundvoraussetzungen für uns in Österreich, die wir letztendlich auch zukünftig garantieren und sichern müssen, weil die Landwirtschaft letzt­endlich den Auftrag hat, unserer Bevölkerung auch zukünftig Lebensmittel in ausreichender Menge und hoher Qualität zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Litschauer.)

Weil man immer wieder auch über Zuchtrinderexporte in Drittstaaten diskutiert: Ich denke, man muss auch da eines klar sagen: Wir versuchen einerseits, hier Marktanteile zu gewinnen – wir haben in Tirol zum Beispiel das Projekt Almrind gestartet –, aber andererseits haben wir auch den Auftrag, Herden in Drittstaaten aufzubauen, um einfach auch dieser Bevölkerung eine Weiterent­wicklung zu ermöglichen, weil wir Gott sei Dank auf einer guten Basis auf­bauen. Wir haben ein gutes Zuchtniveau und fleißige Bäuerinnen und Bauern, die sich täglich sehr bemühen.

Ich habe jetzt unlängst einmal ein interessantes Erlebnis gehabt. Ich war bei einer Bauernfamilie, und dort hat mir der Jungbauer mit großem Stolz und voller Freude seine wohlgenährten Zuchtkälber, die vor wenigen Tagen auf die Welt gekommen sind, präsentiert. Man hat da so richtig die Emotion, die Freude und die Leidenschaft gespürt – und wie wichtig es ihm ist, dass es auch den Tieren gut geht. Ich glaube, das ist entscheidend. Jeder Bauer ist für mich


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auch Tierschützer, weil letztendlich eines entscheidend ist: Jeder Bauer hat die Verantwortung für die Tiere. Deshalb brauchen wir einerseits einen ge­setzlichen Rahmen, aber auch Perspektiven für die Familien, um so die Zukunft nicht nur zu meistern, sondern um letztendlich auch die Versorgungssi­cherheit zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesen gesetzlichen Vorgaben, die im Juli von der Bundesregierung beschlossen wurden – und da möchte ich mich auch ganz herzlich bei Kollegin Voglauer bedanken, die da mit uns wirklich gut, gemeinsam, auf Augen­höhe verhandelt hat –, geben wir also letztendlich den Bauernfamilien Perspek­tiven, dem Tierschutz eine Weiterentwicklung und den Tieren mehr Sicher­heit und mehr Schutz. Das ist, glaube ich, unter dem Strich eine gute Entwick­lung, auf der wir letztendlich draufbleiben müssen und auch sollen. Dem sind wir als Gesellschaft verpflichtet. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Wer­ner. – Bitte.


11.31.20

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Damen und Herren hier im Haus und zu Hause! Wir ha­ben ein Problem: Wenn wir Fleisch im Supermarkt kaufen, dann ist uns durch die industrielle Lebensmittelproduktion sehr stark das Lebewesen abhan­dengekommen. Uns werden Dinge verkauft. Bevor das Fleisch auf dem Teller landet, wird das Tier, das Lebewesen, in einen dunklen Anhänger gebracht, bei Hitze und Kälte stundenlang transportiert und kommt dann hungrig, durstig und manchmal verletzt am Schlachthof an, oder es wird sogar nur zwi­schengeparkt, weil es gar nicht als Schlachttier deklariert ist, sondern als Zuchttier – so wie es der Kollege von der ÖVP vorhin gesagt hat –, und das Martyrium geht eigentlich dann nach kurzer Zeit weiter. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)


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Das Ziel des SPÖ-Antrags, eben das Tierleid auf diesem Transportweg zu verringern, ist daher durchaus nachvollziehbar, die Formulierung ist aber in unseren Augen sehr schlecht. Die Kollegin von den Grünen hat es vorhin schon gesagt: Was heißt denn: nächstgelegen? – Strecke in Kilometern, Stun­den? – Denn: So, wie es nämlich jetzt in dem Antrag drinnen steht, könnte man zum Beispiel kein Tier von Salzburg nach Tirol verbringen, weil man über das Deutsche Eck und damit über zwei EU-Grenzen fährt. Das geht nicht. (Abg. Silvan: Aber nach Bayern!) Oder – und das ist nämlich noch viel schlimmer –: Wir haben in Österreich alleine sehr, sehr lange Transportwege, die mit diesem Antrag nicht erfasst werden würden.

Zum Welpenhandel – der Kollege von der SPÖ hat es bereits gesagt –: Diese Tollwutverordnung ist ein erster Schritt, aber es gibt sehr, sehr viele Punkte, die da noch offen sind, und darum würden wir um Zustimmung bitten.

Mir ist jetzt noch wichtig – es ist November, es werden jetzt dann die Weihnachtsmärkte eröffnet, Weihnachten steht vor der Tür –: Tiere sind keine Geschenke, Tiere sind eine Verantwortung!

Jetzt noch zu unserem Antrag betreffend den Tierschutzrat: Er ist ein wichtiges Gremium, das den Minister in Tierschutzsachen berät. Das Ziel ist eben, die Beschlüsse sehr schnell zu veröffentlichen. In unserem ursprünglichen An­trag wäre es auch noch vorgesehen, das Ganze digital zu machen. Das ist der einen oder anderen Partei ein bisschen zu fortschrittlich (Heiterkeit der Rednerin sowie der Abg. Meinl-Reisinger), aber es kommt immerhin ein Monitoring in den Tierschutzbericht. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist so, wie wenn man einem Kind das Laufen beibringt. Bei den ersten Schritten lobt man ganz, ganz viel, damit es dann einfach noch mehr zum Laufen kommt, und ich glaube, da sind NEOS ganz gut. Wir machen dem Tierschutz Beine. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Ribo.)

11.34



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carina Reiter. – Bitte.


11.34.23

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Zuschau­erinnen und Zuschauer! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln unter diesen Tagesordnungspunkten einige Themen. Ich darf zuerst auf das Thema rund um den Bericht des Tierschutzrates eingehen. Der Tierschutzrat hat ja als gemäß § 42 des Tierschutzgesetzes eingerichtetes Gremium eine beratende Rolle für den jeweiligen Minister oder die Ministerin, wenn es darum geht, Grundlagen für eine einheitliche Vollziehung des Tierschutzrechtes zu schaffen, Maßnahmen zu evaluieren oder auf wissen­schaftlicher und praktischer Basis dann auch Grundlagen zur Entschei­dungsfindung zu liefern.

Es ist ein sehr guter Vorstoß, dass dieser Bericht zügiger, transparent und bürgernah auch öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Ich glaube, es ist auch ganz wichtig, dass das niederschwellig verläuft, und wir wünschen uns ja alle, dass der Tierschutzrat eine sehr objektive und natürlich auch praxis­nahe Entscheidungsfindung bietet und eine Basis dafür liefert. Dafür, glau­be ich, ist es auch wichtig, dass das dann schnell öffentlich zugänglich ist – weil es Monate später einfach wirklich schwierig ist, dann auch vielleicht dem­entsprechend darauf zu reagieren oder dann überhaupt noch zu wissen, was da debattiert wurde, was vielleicht auch der Arbeitsplan des Tierschutzrates für die kommende Zeit ist –, da das alles ganz wichtige Themen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Prinzipiell finde ich es auch gut, dass die SPÖ, so wie ich das jetzt von Herrn Keck verstanden habe, diesem Antrag nun doch zustimmt – im Ausschuss hat sie ja nicht zugestimmt –, denn ich glaube, Tierschutz sollte uns immer allen ein Anliegen sein, und nicht nur dann, wenn die Idee von uns selber kommt.

Zu den Themen betreffend den Tiertransport, zu denen auch schon einiges gefallen ist: Ich glaube, es ist schon wichtig, klarzustellen, dass die Landwirte mit


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und von den Tieren leben, aber nicht gegen ihre Tiere arbeiten. Das also prinzipiell so hinzustellen, als wäre ein Tier nur ein Stück Fleisch, das man von A nach B verschiebt, das kann man, glaube ich, so nicht stehen lassen, weil doch gerade für Landwirte trotzdem – und ich kann das selber sagen, wir haben daheim einen rinderhaltenden Betrieb – ein sehr empathischer Zugang zu und Umgang mit den Tieren sehr wichtig ist, und das sollte man auch so sagen. Wenn Sie, Frau Kollegin Werner, also sagen: Kindern das Laufen bei­bringen!, darf ich Ihnen sagen: Eure Gehversuche sind ein bisschen holprig, aber gemeinsam wird das schon besser werden! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ribo.)

Wir haben ja den Bereich Tierschutz und auch die Tiertransporte betreffend vor dem Sommer eine umfassende Novelle beschlossen. Gerade zu dieser soeben erfolgten Novellierung des österreichischen Tiertransportgesetzes ist zu sagen, dass wir da wirklich national doch einige deutliche Verbesserungen geschafft haben und im Austausch mit bäuerlicher Interessenvertretung, Bran­chenvertretern, Vertretern der Zivilgesellschaft und weiteren Stakeholdern ein wirklich rundes, ein umfassendes Tierwohlpaket geschaffen haben.

Ich kann da, glaube ich, auch Kollegen Kainz von der FPÖ widersprechen. Die Bundesregierung hat sehr wohl etwas für den Tierschutz übrig, da ist sehr wohl viel weitergegangen, und wir befinden uns da sehr wohl auf einem guten Weg. Ich glaube sogar, dass wir auf einem richtigen Weg sind. Österreich ist ja international ein Vorreiter beim Tierwohl. So hat die Tierschutzorganisation World Animal Protection Österreich im internationalen Vergleich unter 50 Staaten auf Platz eins gereiht. Das muss man also durchaus auch anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Prinzipiell, glaube ich, ist es wichtig, dass wir uns in Österreich unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft erhalten. Das leistet einen Beitrag dazu, dass wir eben das Tierwohl oder auch den Tierschutz gut leben können. Dazu gehört auch, dass man zu regionalen Produkten greift, dass man sich überlegt:


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Was kaufe ich da?, Was konsumiere ich da?, dass man sich bewusst über­legt, was man zu sich nimmt. Wir wissen, dass wir zu viel Fleisch konsumieren, und deswegen ist oft – vielleicht gerade wenn es um tierische Produkte geht – mehr Qualität vor Quantität und einfach wirklich die heimische Landwirt­schaft zu unterstützen der bessere Zugang, denn wenn wir unsere heimi­sche Landwirtschaft unterstützen, tragen wir auch dazu bei, dass wir unseren Lebensraum schützen und dieser in der Form, wie er besteht, auch erhal­ten bleibt.

Prinzipiell finde ich es also gut, dass wir da einen gemeinsamen Antrag bezüglich Tierschutzrat geschafft haben, und wenn man miteinander spricht – beim Reden kommen die Leute zusammen, wie es so schön heißt –, dann bringt man auch im Bereich des Tierschutzes etwas weiter. Es ist immer gut, wenn man engagierte Menschen, wenn man Praktiker an einen Tisch bringt und dann gemeinsame, wirklich machbare Lösungen schafft, anstatt dass man am Reißbrett irgendetwas entwirft, was fern jeder Praxis ist und dann im Endeffekt nur Bürokratie schafft und nichts dazu beiträgt, dass es unseren Tieren besser geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Silvan zu Wort. – Bitte.


11.39.44

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Keine Angst, ich will Herrn Kollegen Hauser mit den Ta­feln keine Konkurrenz machen (eine Tafel mit dem Foto eines Tiertranspor­tes auf das Redner:innenpult stellend), aber ich denke, beim Tiertransport sagen Bilder oft mehr als Worte.

Ich möchte auch noch zu unserem Antrag Stellung nehmen, der zur Verbesserung des Tiertransportgesetzes dient, weil es da offensichtlich Miss-


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verständnisse gibt. Beim Tiertransport spielt die Zeit die größte Rolle, des­wegen ist der nächstgelegene Schlachthof anzusteuern, der eben am schnellsten zu erreichen ist. Das ist eigentlich ganz einfach zu verstehen. Ich weiß nicht, was es da für Diskrepanzen geben soll. Also mich enttäuscht ein bissel, dass da die Grünen und auch die NEOS nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich ist ein Viehexportland. Wir exportieren 120 000 Rinder, 30 000 Schweine, 10 000 Hühner, 10 000 Puten, 15 000 Schafe und Ziegen und 2 000 Pferde. Das Kuriose an der Geschichte – und daran sieht man, wie krank dieses System ist –: Wir importieren fast die gleiche Menge an Tieren, die kreuz und quer durch Europa geschickt werden. Vor allem beim Transport von Kälbern muss man näher hinschauen. Ein ÖVP-Bauernbundfunktionär hat mir einmal unter vier Augen gesagt, dass männliche Kälber ein Abfallpro­dukt bei der Milchproduktion sind. Und genauso stellt sich das auch dar. Kollege Hechenberger hat gesagt, dass mittlerweile die Kälber ein bissel älter sein müssen, damit sie transportiert werden können. Jetzt stehen also, glaube ich, drei statt zwei Wochen im Gesetz. Das geschieht gegen besseres Wissen, denn wir wissen vom Hearing zum Volksbegehren zum Tiertransportgesetz, dass durchgehend alle Experten der Meinung gewesen sind, dass das nach wie vor ein Wahnsinn ist, weil diese Kälber Säuglinge sind und mindestens zwölfmal am Tag von der Mutter gesäugt werden müssen. Das ist also ein wahrer Skandal und wirklich eine Tierquälerei. (Beifall bei der SPÖ.)

Die hochgelobte Novelle zum Tiertransportgesetz ist aus meiner, aus unserer Sicht ein Fake beziehungsweise Schönfärberei, weil die Tiere zwar nicht mehr zur Mästung und Schlachtung in EU-Drittstaaten gebracht werden dürfen, jedoch nach wie vor zur Zucht. Offensichtlich ist da in Aserbaidschan, im Libanon und in den nordafrikanischen Staaten, wohin wir jetzt Zuchtvieh brin­gen, ein wahrer Boom ausgebrochen. Man wundert sich, was die mit den vielen Tieren dort machen. Das ist also der Deckmantel, unter dem man jetzt nach wie vor Schlachtvieh in EU-Drittstaaten bringt.


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Dazu ist jetzt auch noch bekannt geworden, dass Österreich mit Italien ein illegales Abkommen zu Kälbertransporten unterzeichnet hat, von dem eindeutig feststeht, dass dieses Abkommen EU-rechtswidrig ist und dem Tierwohl klar zuwiderläuft. Österreich und Italien trafen diese Regelung, um sich auf Kos­ten des Tierwohls einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber anderen
EU-Mitgliedstaaten zu verschaffen. Das ist im Hinterzimmer ausgemacht wor­den. Man sagt jetzt, dass dieses Tiertransportgesetz super ist, aber in Wirklichkeit hält man es ja gar nicht ein.

Immer wieder sagen ÖVP-Vertreter, vor allem solche vom Bauernbund: Mehr geht nicht geht, wir können den bäuerlichen Betrieben nicht mehr zumuten, weil sie ohnedies unter wirtschaftlichem Druck stehen! – Das stimmt, vor allem für die kleinen Bauern, für die großen nicht. Auf die Großen schaut ihr ohnehin, auf die Kleinen schaut ihr nicht. (Abg. Kühberger: Wer ist denn groß? – Abg. Lindinger: Ihr schaut auf gar keine Bauern, denn ihr wollt sie umbringen!) – Das ist ja nur eine Selbstanklage! Wer ist denn die letzten 40 Jahre für die Landwirtschaftspolitik verantwortlich gewesen? – Das wart ihr alleine! Ihr seid keine Bauernvertreter, ihr seid Vertreter der fleischverarbeitenden Industrie und der Milchindustrie, keine Bauernvertreter. – Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte.


11.44.07

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhö­rerinnen und Zuhörer! Besonders möchte ich die Damen und Herren vom ÖAAB-Betriebsrat der Energie AG Oberösterreich auf der Galerie begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Ja, wir haben es schon von meinen Vorrednern in emotionalen Reden gehört – und für den Tierschutz kann ich auch emotional brennen –, dass Tier­schutz uns alle angeht. Wir, alle Parteien, sind uns da einig, dass wir darauf schauen, dass es unseren Tieren in Österreich gut geht.

Meine Damen und Herren! Trotzdem hat die Opposition da andere Ansichten, und genau auf diese Ansichten möchte ich jetzt eingehen. Meine Vorred­ner, Herr Kollege Silvan, aber auch Frau Kollegin Werner, haben in Wahrheit auf eine Branche, vor allem auf die Milchwirtschaft, eine kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich, die Milch produziert, hingedroschen. (Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte!) Das ist unfair, meine Damen und Herren. Die leisten so einen wichtigen Beitrag für unsere Kulturlandschaft, für unser tägli­ches Essen. Egal ob biologisch oder konventionell, unsere Bäuerinnen und Bauern in Österreich erzeugen das, was wir tagtäglich brauchen: hochwertige, gesunde Lebensmittel. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Nein! Mit drei Wochen!)

Herr Kollege Matznetter! Genau Sie rufen da jetzt rein: nein, nein, nein. (Abg. Matznetter: Kälber mit drei Wochen zu transportieren ist keine Kulturlandschaft!) Sie sind es aber gestern bei den GAP-Geldern im Bereich der Landwirtschaft gewesen, die den Bäuerinnen und Bauern auch noch das Geld aus der Hand nehmen und es für andere Bereiche haben wollen. Seien wir doch ehrlich! Dann kommt der Kollege ans Rednerpult und sagt: Die Bau­ern verdienen zu wenig. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ja, warum? Wie ist das mit den männlichen Tieren? – Also ich kenne keinen, der das behauptet oder so tut, als wäre das Abfall. Unsere Bäuerinnen und Bauern schauen auf ihre Tiere und pflegen sie, und auch bei mir, in meiner Heimatgemeinde, sind die Stierkälber sehr viel wert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Silvan.)

Und wenn dann der Herr Kollege, aber auch die Kollegin von den NEOS hier am Rednerpult für den Transport zum nächstgelegenen Schlachthof eintreten,


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dann unterstützen wir das als ÖVP, meine Damen und Herren! Ja, das wäre na­türlich praktisch. In der Praxis gibt es aber beispielsweise in meiner Ge­meinde einen Schlachthof, der drei bis vier Rinder in der Woche schlachtet – da würde es keinen Bauern in meiner Region mehr geben.

Jetzt komme ich auf eine andere Berufsgruppe zu sprechen, die Sie heute auch beleidigt und auf die Sie in Wahrheit auch hingedroschen haben, das sind die Lkw-Fahrer. Jedes Mal, wenn ich nach Wien unterwegs bin, fahre ich in Lan­genwang – da mache ich jetzt Werbung – zu einer Shell-Tankstelle. Dort sind viele Lkw-Fahrer. Ich selber bin vier Jahre gefahren, und ich komme sehr leicht mit ihnen ins Gespräch. Meine Damen und Herren, da sind auch Men­schen dabei, die Tiere transportieren, und das ist auch gut so, denn selber kann ich meine Tiere nirgendwo hinbringen. Wenn Sie mit denen ein intensives, persönliches Gespräch führen, erfahren Sie, was denen alles vorgeworfen wird. Die haben daheim genauso eine Familie und Kinder zu ernähren. Diese Kinder sind jetzt Gott sei Dank noch in der Schule, denn sonst hätten sie euch von der Opposition da reden gehört und würden das Gefühl bekommen, dass ihr Vater ein Verbrecher ist, obwohl er eine tolle Arbeit leistet. Wenn es diese Lkw-Fahrer nicht geben würde – und die haben sich jetzt einen gro­ßen Applaus verdient –, könnte man nicht tagtäglich in unseren Supermärkten etwas zum Essen kaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben es in der Hand. Wir tun viel und wir als ÖVP werden da auch noch viel tun. Und wenn ich sage, dass viel passiert ist, dann möchte ich Ihnen das kurz erklären. Wichtig bei den Tiertransporten ist, dass die Tiere schnell, sauber, über kurze Distanzen und ohne Qual transportiert werden. Wenn man mit den Lkw-Fahrern und den entsprechenden Firmen Gespräche führt, dann erfährt man, wie viel Geld in Österreich für den Tierschutz in die Hand genommen wird, weil wir da hohe Standards haben. Ein solches Fahrzeug in Öster­reich zu verwenden kostet richtig viel. Wir haben aber auch hohe Standards, was die Transportzeiten betrifft. Wir haben auch hohe Standards bei den Lkw-


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Fahrern selbst, die eine tolle Ausbildung machen, alles protokollieren und foto­grafieren müssen, meine Damen und Herren. Das heißt: Wir haben hohe Standards.

Worin wir Sie, liebe Opposition, als ÖVP unterstützen, ist, dass wir auch als Bauern darauf schauen müssen, dass wir das EU-weit einführen, damit auch die anderen diese Standards haben, die wir hier in Österreich schon haben.

Zum Schluss noch, weil das so angeklungen ist: Mir ist jetzt nicht bekannt, dass wir in meiner Region irgendeine industrielle Tierproduktion, Massenpro­duktion hätten.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie und eigentlich wir alle haben es tagtäglich bei unserem Einkauf in der Hand. Damit, wohin ich greife, entscheide ich, wo das Tier produziert wird, wo und welche Pflanzen angebaut werden. Sie persönlich entscheiden das mit Ihrem tagtäglichen Einkauf. Darum rufe ich zum Schluss noch einmal dazu auf: Kaufen wir alle gemeinsam regional ein! Dann geht es uns allen besser und den Tieren auch. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.


11.49.08

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ja, man merkt es ja: Zu Tierschutzangelegenheiten sind die Debatten hier in diesem Hohen Haus immer emotional. Das hat auch durchaus seine Berechtigung, denn es zeigt, dass dieses Thema, dieses wichtige Thema niemanden von uns kaltlässt. Das unterstelle ich jetzt einmal allen Kolleginnen und Kollegen hier: Tierschutz ist uns allen wichtig und sollte auch allen wichtig sein. Sie kennen mich ja. Mir als Sachpolitiker, der das Verbindende immer vor das Trennende stellt (Heiterkeit bei der ÖVP), ist natürlich wichtig, dass wir da auch zu


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einer tragfähigen Lösung kommen, denn Tierschutz ist ja keine ideologische Frage.

Meine Damen und Herren! Es gab ja schon mehrere Volksbegehren zu diesem Thema: zum einen das Tierschutzvolksbegehren von Sebastian Bohrn Mena, das äußerst erfolgreich war. Da hat es dann auch eine Gesetzesnovelle gegeben. Im Unterschied zur SPÖ waren wir damals mit dabei. Ich sage schon, dass da Verbesserungen passiert sind, aber es ist auch noch viel zu tun.

Wir haben auch jetzt wieder ein Volksbegehren im Haus in Behandlung: Stoppt Lebendtier-Transportqual, initiiert von Gottfried Waldhäusl, Landesrat aus  Niederösterreich, das von extrem vielen Menschen unterschrieben wurde. Wir müssen etwas tun, denn die Zustände – und ich glaube, da sind wir uns einig –, die teilweise auf österreichischen und europäischen Straßen herr­schen, können wir nicht zulassen. Als zivilisierte Menschen im Jahr 2022 kann es uns nicht kaltlassen, wenn mit unseren Mitgeschöpfen so umgegangen wird. Da gehören Verbesserungen her. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.)

Es gibt ja Alternativen. Es gibt Vorschläge, zum Beispiel den Vorschlag: Transport bis zum nächstgelegenen Schlachthof. Na ja, und wenn der nächstgelegene Schlachthof ein ganz kleiner ist, der die Kapazitäten nicht hat, dann wird man auch da praktikable Lösungen finden. Aber man kann nicht immer sagen, es geht nicht. Es ist natürlich auch möglich, geschlachtete Tiere zu transportie­ren. Die Tiefkühlung ist ja schon länger erfunden, so ist es ja nicht. Es kann nicht sein, dass auf Zigtausenden Kilometern quer durch Europa bis Nordafrika jene Zustände herrschen, die wir ja kennen.

Schauen Sie sich die Videos an! Das ist wirklich zum Grausen. Eines möchte ich schon auch sagen: Wir als Politiker müssen etwas tun. Weil das von meinem Vorredner erwähnt wurde: Man kann das nicht immer nur auf die Konsumenten abwälzen. Es ist nicht die Entscheidung der Konsumenten, wie mit Tieren umgegangen wird. Ich bin einer, der beim Tierschutzthema immer gesagt hat, wir


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müssen die Landwirtschaft mit ins Boot nehmen und nicht auf die Land­wirtschaft hinpecken. Das habe ich immer gesagt, denn ich kenne viele Landwir­te, viele landwirtschaftliche Betriebe und der absolut großen Masse ist der korrekte und ordentliche Umgang mit ihren Tieren, die auch ihre Lebensgrund­lage darstellen, sehr wichtig. Sie gehen auch vorbildlich und gut damit um, aber es gibt natürlich auch schwarze Schafe.

Um jetzt wieder zu dem Thema zu kommen: Der Konsument entscheidet. Sie wissen ja, vor gar nicht allzu langer Zeit gab es wiederholt Vorfälle in Groß­betrieben in Niederösterreich, die das AMA-Gütesiegel getragen haben. Da kann man die Schuld wirklich nicht auf die Konsumenten abwälzen. Wir sind ge­wählt, um Änderungen herbeizuführen. Die Menschen wollen das. Das zeigt das große Interesse an diesem Thema. Ich denke, wir sind es den Tieren schuldig, dass wir alles unternehmen, um die Zustände, die auf europäischen und österrei­chischen Straßen herrschen, zu beenden. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wahnsinn!)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


11.52.40

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bundesministerin! Meine werten Kollegen! Liebe Zuseher vor den Fernsehgeräten und auf der Galerie! Wenn wir heute über den Tierschutz und das Tierwohl diskutieren, so möchte ich Mahatma Gandhi zitieren: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.“ – So ist es den meisten von uns ein großes Anliegen, dass es unseren Tieren einfach gut geht, egal ob das im Haustier- oder im Nutztierbereich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort vielleicht zu meinem Kollegen Silvan, der behauptet, die ÖVP sei nur für die großen und nicht für die kleinen Bauern da: Ich bin eine Waldviert­ler Bäuerin. In Niederösterreich gibt es gerade im Milchviehbereich Betriebe mit


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durchschnittlich 20 Kühen; viele, die noch viel kleiner sind. Denen ist es ein Anliegen, dass wir sie vertreten. Wir vertreten also die Kleinen und alle Bau­ern, denn die Bauern sind diejenigen, die täglich unsere Lebensmittel pro­duzieren, damit wir in Österreich gut versorgt sind. Dafür stehen wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber einige Worte zum SPÖ-Antrag betreffend Tiertransporte: Der Großteil der Forderungen aus diesem Antrag ist eigentlich schon erfüllt worden, denn, wie schon angesprochen, es gibt seit 1. September dieses Jahres die No­velle zum Tiertransportgesetz. Darin wurde die Transportfähigkeit der Tiere genauer definiert, und es wurden noch strengere Kontrollen festgesetzt. Der Transport von Mast- und Schlachttieren in Drittstaaten ist untersagt worden.

Jetzt aber noch einige Worte zu den Kälberimporten und Kälbertransporten: 2021 sind in Österreich 747 519 Kälber auf die Welt gekommen. Unse­re Bäuerinnen und Bauern sind natürlich bestrebt, den Inlandsbedarf zu decken und auch die Wünsche der Konsumenten zu erfüllen. Daher wurde auch das Qualitätsprogramm Kalb rosé aufgestellt. Damit ist es gelungen, dass die Käl­bertransporte von 2019 auf 2021 bereits um 26 Prozent reduziert werden konnten. Das ist ein Fortschritt bei den Bemühungen um eine Reduzierung. Da­durch ist es gelungen, 94,8 Prozent der Kälber zur Produktion von wert­vollen Lebensmitteln weiterzugeben, und dadurch wurde weniger weißes Kalb­fleisch importiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für die Bäuerinnen und Bauern ist in diesem Zusammenhang die Kennzeichnung wichtig: Es muss die Herkunftskennzeichnung oben stehen, denn das ist in der Vermarktung von Vorteil und es können bessere Erfolge erzielt werden. Der Konsument soll einfach sehen und erkennen, dass es ein österreichisches Produkt ist – ein Produkt mit Mehrwert, ein Produkt mit anderen Standards und ein Produkt, bei dem Tierwohl gegenüber allen anderen Ländern eine große Rolle spielt. Damit man die Produktions- und Tierwohlstandards auch umsetzen kann und für die gestiegenen Kosten eine Abgeltung erhält,


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ist die Herkunftskennzeichnung wichtig, denn damit können wir uns vor Billig­importen aus dem Ausland schützen, wo eben die Qualität nicht so hoch­wertig ist.

Damit können wir im Inland erstens den Tierbestand schützen, wir können aber auch unsere Kulturlandschaft, die sehr schön und sehr wichtig ist, erhalten. Es ist natürlich auch ein wichtiger Beitrag für die Tourismuswirtschaft, denn der Tourist kommt nach Österreich und will hier erstens einmal eine quali­tativ hochwertige Nahrung zu sich nehmen, aber er will auch eine schöne Landschaft vorfinden. Das schätzt er an Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne darf ich alle hier im Parlament vertretenen Fraktionen, die Tierschützer und Tierschutzorganisationen bitten, dass sie nicht nur ständig Auflagen und Kontrollen, sondern im Gleichklang auch eine faire Ab­geltung für unsere Bäuerinnen und Bauern fordern. Diese erfüllen täg­lich die Aufgabe, Tierwohlstandards einzuhalten, für das Tierwohl da zu sein und gute Lebensmittel auf den Tisch zu bringen. – In diesem Sinne: Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmied­lechner. – Bitte.


11.58.05

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Zuseher! Tierschutz – ein Thema, bei dem alle glauben, Experten zu sein, aber die wenigsten etwas wissen und wirklich Ahnung von der Praxis und der Realität haben.

Tierschutz, alles gut und wichtig, aber was erreichen wir mit überbordenden Richtlinien für die Landwirtschaft? – Beispiel Putenmast (eine Tafel mit einem Artikel aus der Zeitschrift „Top Agrar“ auf das Redner:innenpult stellend): „Tier­wohl-Vorreiter in der Krise“; „Steigende Kosten, Probleme beim Absatz und


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billiges Importfleisch lassen die heimische Produktion heuer und nächstes Jahr um bis zu 25 % einbrechen.“ – Intelligente Politik, kann man da nur sagen.

Dieses Thema hat auch die „Kronen Zeitung“ beschäftigt (eine Tafel mit einem Artikel aus der „Kronen Zeitung“ auf das Redner:innenpult stellend), wo sich dann Maggie Entenfellner und der selbst ernannte Showbauer, Hannes Royer, hinstellen und sich darüber entsetzen, warum der Konsument dem billi­gen Fleisch den Vorzug gibt, wenn wir doch so eine gute Qualität produzieren.

Wenn man sich dann die Zahlen anschaut, braucht man sich nicht zu wundern: Import von Putenfleisch 34 900 Tonnen, Export 11 700 Tonnen und die Produktion in Österreich 19 700 Tonnen. Das heißt, wir produzieren gute Qualität, müssen diese aber exportieren, weil wir keinen Absatz in Öster­reich haben.

Warum werden Tausende Tiere lebend quer durch Europa gekarrt? – Weil der Handel verdient, aber nicht die Landwirtschaft! Um die Transporte zu verhindern, wäre es doch der erste und der logische Schritt, eine lückenlose Herkunftskennzeichnung einzuführen. So würde man durch bewusste Konsumentenentscheidung die Transporte verhindern, das Klima verbessern, die regionale Wertschöpfung stärken, heimische Arbeitsplätze sichern und die hohen Tierwohl- und Hygienestandards sicherstellen.

Wir haben das oft verlangt, leider haben die Regierungsfraktionen nie zuge­stimmt. Und siehe da, Ankündigungspolitik, kann man da sagen, Ankün­digungspolitik der ÖVP, sogar die Medien habt ihr belogen, sogar die Medien - - (Rufe bei der ÖVP: Na, na, na! – Abg. Strasser: Hallo!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, der Ausdruck der Lüge – das haben wir jetzt schon sehr oft besprochen – hat im Hohen Haus nichts verloren. Sie nehmen das zurück oder ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf!



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Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): Ich nehme das nicht zurück, denn das ist die Wahrheit. (Beifall des Abg. Kainz.)

12.00.59*****


Präsidentin Doris Bures: Wissen Sie, was die Wahrheit ist? – Dass wir uns hier im Hohen Haus Regeln gegeben haben und dass wir den Vorwurf der Lüge (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS) – ich brauche da keine Zustim­mung – hier nicht verwenden. Es gibt ja auch andere Möglichkeiten, um Ihre Position auszudrücken, und jetzt erteile ich Ihnen für den Ausdruck der Lüge einen Ordnungsruf. (Zwischenruf des Abg. Prinz.)

*****

Sie können jetzt fortfahren.


12.01.24

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): Die „Kronen Zeitung“ hat am 30.4. berichtet, dass die Herkunftskennzeichnung kommt. Bundeskanzler Nehammer und die damalige Ministerin haben uns fix versprochen, dass ab Be­ginn des Jahres 2023 eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln kommen wird. – Nichts ist passiert!

Warum ist nichts passiert, warum wird die Herkunftskennzeichnung nicht kommen? – Weil es keine Verordnungen gibt. Diese Verordnungen müssten zur Notifikation an die EU geschickt werden. Das ist nicht passiert, also wird auch 2023 keine Herkunftskennzeichnung kommen. Deswegen möchte ich jetzt nochmals einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit den leeren Versprechen: für eine lückenlose Herkunftskenn­zeichnung von Lebensmitteln“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dringend die notwendigen Schritte zur Einführung einer umfassenden Herkunftskennzeichnung zu setzen und umgehend die notwendigen Verordnungen zur Notifikation zu übermitteln.“

*****

Ich fordere Sie auf, ich bitte Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu, dass wir das endlich erreichen! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Echt-Ehrlich“ und „Essen bewahren & Klima retten“ auf das Redner:innenpult, worauf darunter ein Landschaftsbild zu sehen ist sowie die Aufschrift „unser Volks­begehren“ und ein Text.)

An die Zuseher und Zuseherinnen: Ihr habt die Möglichkeit, dieses Volksbegehren für echt-ehrliche Lebensmittelherkunftskennzeichnung zu unterstützen und am Gemeindeamt zu unterzeichnen. Ich bitte um eure Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schluss mit den leeren Versprechen: für eine lückenlose Herkunfts­kennzeichnung von Lebensmitteln

eingebracht im Zuge der Debatte in der 185. Sitzung des Nationalrats am 18. November 2022 über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den An­trag 343/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Tierqualen durch Tiertransporte – nationale Schritte umgehend setzen (1754 d.B.) - TOP 4


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 130

Am 30.04.2022 titelte die Kronen-Zeitung online begeistert: „Mehr Rot-weiß-rot auf dem Teller! Künftig wissen wir, von welchen Bauern wir Milch, Eier und Fleisch kaufen. „Krone“-Erfolg.“1

Bundeskanzler Karl Nehammer und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger verpflichten sich im Artikel gegenüber den Österreicherinnen und Österrei­chern, insbesondere den Lesern der Kronen-Zeitung, unmissverständlich zur Ein­führung einer Herkunftskennzeichnung zu Beginn des Jahres 2023:

„Hersteller und Unternehmen müssen auf der Verpackung von verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln die Herkunft angeben. Das gilt etwa für Wurstwaren, Käse oder Mayonnaisen", bringen Ministerin Elisabeth Köstinger und Kanzler Karl Nehammer auf den Punkt, was im Regierungsprogramm vereinbart war und jetzt ge­setzlich verpflichtend umgesetzt wird. Und sie drücken dabei aufs Tempo!“ Tatsächlich wäre es auch höchst an der Zeit aufs Tempo zu drücken. „Die verpflich­tende Herkunftskennzeichnung soll schon mit 2023 in Kraft treten. Und das auf allen Ebenen!“, heißt es dazu im Artikel weiter. Auch in einer Presseaussendung des Ministeriums verkündete man unzweideutig: „Nach Notifikation durch die Europäischen Kommission soll die verpflichtende Herkunftskennzeichnung ab 2023 in Kraft treten.“2

Eine umfassende Herkunftskennzeichnung sollte es laut Regierungsprogramm aber eigentlich schon längst geben! Dort haben ÖVP und Grüne „eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemein­schaftsverpflegung (öffentlich und privat) und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021“ vereinbart.3

Bald zwei Jahre später fehlen noch immer die versprochenen Verordnungen für die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung und bei verarbeite­ten Produkten. Das Versprechen mit 2023 die verpflichtete Herkunftskennzeichnung in Kraft zu setzen, wird gebrochen. Will man im Verlauf des nächsten Jahres tatsächlich eine Herkunftskennzeichnung einführen, müsste man ehestmöglich die


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notwendigen Verordnungen der EU zur Notifikation übermitteln. Bei einem abgeschlossenen Begutachtungsverfahren wäre das umgehend möglich.

Die FPÖ fordert seit Jahren lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln,4 die unter anderem folgende Punkte umfasst:

•     strenge Auslegung der EU-Primärzutatenverordnung

•     Herkunftskennzeichnung jener Produkte, die nur wenig verarbeitet sind (ins­besondere für den tierischen Bereich)

•     Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milch in Großküchen

•     Ferner muss es eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme geben

Ferner muss es eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dringend die notwendigen Schritte zur Einführung einer umfassenden Herkunftskennzeichnung zu setzen und umgehend die notwendigen Verordnungen zur Notifikation zu übermitteln.“

1          „Krone“-Erfolg, Woher das Essen kommt: Herkunftskennzeichnung fix, www.krone.at/2694594.

2     Köstinger: Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln geht mit Ministerrats-Beschluss in Zielgerade, www.ots.at/presseaussendung/
OTS_20220504_OTS0148/koestinger-herkunftskennzeichnung-bei-lebensmitteln-geht-mit-ministerrats-beschluss-in-zielgerade.


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3     Regierungsprogramm 2020–2024, www.bundeskanzleramt.gv.at/
dam/jcr:7b9e6755-2115-440c-b2ec-cbf64a931aa8/RegProgramm-lang.pdf,
S. 108.

4     Antrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00202/index.shtml.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


12.03.03

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Thema Tiertransporte – und das ist von den Vorrednern auch schon gesagt worden – ist ein sehr emotionales, ich möchte aber sehr sachlich an die Thematik herangehen und auch einige Fakten auf den Tisch legen.

Der Erste ist: Die Bäuerinnen und Bauern, und das sind Zigtausende in Österreich, sind Tierschützer. (Beifall bei der ÖVP.) Bäuerinnen und Bauern sind Tierschützer, meine Damen und Herren, denn würde es den Tieren bei den Bäuerinnen und Bauern nicht gut gehen, würden sie auch keine Gewichts­zunahmen haben. Das möchte ich somit doch auch festhalten.

Hinsichtlich Tiertransporte gibt es drei Bereiche: Der erste Bereich ist der der Zuchttierexporte. Die Zuchttierexporte sind wichtig, weil zum einen in ande­ren Ländern der Herdenaufbau dementsprechend unterstützt werden soll, zum anderen stellen sie aber auch eine wichtige Einnahmequelle dar. Man muss wissen, dass über 80 Prozent der Zuchttiere, die exportiert werden, von kleinen Bäuerinnen und Bauern stammen, von Landwirtschaften mit weniger als


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50 Kühen, und gerade für diese Betriebe ist das eine wichtige Einnahme­quelle. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Bereich betrifft den Kälbertransport, und der ist heute schon von einigen Kolleginnen und Kollegen hier angesprochen worden. Im Jahr wer­den rund 750 000 Kälber in Österreich produziert, und im Jahr 2021 sind 38 700 Kälber exportiert worden. Das sind rund 5 Prozent. Und warum müssen wir sie exportieren? – Weil die Absatzmärkte in Österreich das noch nicht hergeben. Ich darf dazu aber schon eines erwähnen: Da sind wir auf einem rich­tig guten Weg mit verschiedenen Vermarktungsprogrammen, wie dem Kalb rosé et cetera, dass wir diese Kälber – und das soll unser aller Anliegen sein! – in Österreich auch entsprechend vermarkten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Der dritte Bereich ist jener der Transporte vom Züchter zum Mäster oder zu den Schlachthöfen. Da stehen wir ganz klar dazu, dass wir, wenn das möglich ist, die Tiere zum nächstgelegenen Schlachthof bringen, und das passiert auch zu ei­nem ganz, ganz großen Teil.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um Tiertransporte geht, dann möchte ich eines anmerken – wir haben es auch im Hearing dementspre­chend diskutiert –: Es besteht bei den Tiertransporten volle Überwachung durch Tierärzte, es gibt ganz klare Regeln – die Fahrtzeiten oder die Dauer der Reisezeit ist geregelt, die Temperatur ist bei den Transporten geregelt, der Platz ist geregelt, der Zugang zur Tränke und das Alter der Tiere ist geregelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben im Sommer, als wir das Tierschutzpaket, die Tierhaltungsverordnung und das Tiertransportgesetz überarbeitet haben, da auch nachjustiert. Das war ein breiter Diskussionspro­zess, es wurde sehr lange darüber diskutiert, aber er hat positiv geendet, und wir haben eine Einigung gefunden. Und dieses Tiertransportgesetz ist be­reits mit 1. September 2022 in Kraft getreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist uns allen in Österreich, glaube ich, ein enorm wichtiges Anliegen. So freut es mich auch, dass


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World Animal Protection in einem Ranking festgestellt hat, dass Österreich die höchsten Tierschutzstandards hat. Ja, es ist positiv, dass wir da vorne lie­gen, und wir verwehren uns nicht dagegen, dass wir da auch weiterkommen. Es muss nur ganz klar festgehalten werden, dass Tierschutz in Österreich ein wichtiges Thema ist, dass Österreich im Tierschutzranking auf Platz eins ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Ab­geordneten Disoski.)

Es ist ja nicht verwunderlich, dass die Oppositionsparteien sich immer irgendwo einen Gegner suchen, in diesem Fall sind es die Bäuerinnen und Bauern in Österreich; gestern war schon Thema, dass wir Agrargelder in soziale Dienst­leistungen umschichten sollen, gekommen von den Kolleg:innen von der SPÖ, und heute kommt die FPÖ mit verschiedenen Anforderungen und Ver­schärfungen, so wie beim Tiertransportvolksbegehren, das von Landesrat Waldhäusl initiiert ist. – Das sind alles Schläge ins Gesicht. Oben drauf kommen dann auch noch die NGOs, die auf Kosten jener, die dreimal am Tag den Tisch mit den besten Lebensmitteln decken, Spenden lukrieren wollen. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) Die helfen alle zusammen.

Wir sagen: Tierschutz mit Hausverstand und Augenmaß! Dazu stehen wir und das unterstützen wir, aber das darf nicht auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Herausforderungen für die Landwirtschaft sind enorm – wir haben es bereits öfter diskutiert –: Es ist zum einen das Klima, es sind aber auch die Anfor­derungen des österreichischen Agrar-Umweltprogramms und es sind vor allem die Steigerungen der Betriebsmittelpreise und der Energiepreise.

Jetzt haben wir heuer schon viele Maßnahmen gegen die Teuerung beschlossen, für die Familien, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die Wirtschaft, und so ist es ganz, ganz wichtig, dass wir hier auch Maßnah­men für die Unterstützung der Landwirtschaft beschließen. Wenn ich an die Rückvergütung der CO2-Bepreisung denke, wenn ich an das Versorgungssi­cherungspaket oder auch den Stromkostenzuschuss denke, dann kann ich


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sagen, das sind alles Pakete, die von dieser Bundesregierung auf Schie­ne gebracht worden sind. Die sind wichtig und richtig für die Landwirtschaft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Noch ein Wort zu Kollegen Schmiedlechner, der sich hier herstellt, einen Entschließungsantrag einbringt, und behauptet, wir tun nichts hinsichtlich der Herkunftskennzeichnung (Abg. Schmiedlechner: Tut ihr ja nicht! Was habt ihr denn gemacht? Ganz wenig!): Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann eines festhalten: Die Herkunftskennzeichnung  Kollege Schmied­lechner, hören Sie zu! – in der Gemeinschaftsverpflegung ist in der Endverhand­lung (Abg. Schmiedlechner: ... Endverhandlung ...!) – ja, auch mit der Euro­päischen Kommission –, für die verarbeiteten Produkte in Abstimmung mit der Europäischen Kommission. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schmied­lechner.) Warum? – Weil es wichtig ist, dass wir hier eine einheitliche Regelung in ganz Europa, in der Europäischen Union bekommen. Dazu stehen wir, wir sagen: Wir haben die höchsten Standards, wir wollen die Standards auch in den anderen Ländern heben! Darum ist es wichtig (Abg. Schmiedlechner: Abwarten und Tee trinken!), dass wir zusammenhelfen und die Standards in Euro­pa auf das Niveau von Österreich heben, meine Damen und Herren. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Zum Schluss: Wir alle, liebe Konsumentinnen und Konsumenten, haben es beim Griff ins Regal in der Hand: Wir können Tierschutz unterstützen. Wenn wir zu Produkten mit einem AMA-Gütesiegel greifen, wenn wir zu Produkten greifen, die in Österreich produziert worden sind, dann unterstützen wir den Tierschutz allgemein und vor allem den Tierschutz in Österreich – und dazu fordere ich alle auf. Kollege Schmiedlechner, auch du sollst zu Produkten mit AMA-Gütesiegel greifen. Da weißt du, was drinnen ist (Abg. Meinl-Reisinger: Das wäre schön!), da weißt du, was du auf dem Teller hast: Es sind beste Pro­dukte, in Österreich produziert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: ... die größte Konsumententäuschung!)

12.10



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Pia Philippa Stra­che. – Bitte.


12.10.43

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Ministerin! Tierschutz ist ein leidiges Thema hier im Hohen Haus. Auch das Thema Welpenhandel ist ein leidiges Thema und gerade jetzt, wenige Wo­chen vor Weihnachten, dringlicher denn je. Kranke, schwache Hunde­welpen, die meist über das Internet, aber quasi in irgendeinem Hinterhof einer Zuchtfabrik gekauft werden, sollen Freude als neues Familienmitglied machen. Aber was ist in der Regel der Fall? – Der Hund wird entweder krank, oder im schlimmsten Fall stirbt er auch noch auf seinem Reiseweg, weil er zu jung und zu schwach ist.

Was kann man denn machen? – Dem Antrag, dass jene Tiere, die künftig im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit nach Österreich verbracht werden, einen ausreichenden Schutz vor Tollwut haben und damit beim Import ein Mindestalter von 15 Wochen aufweisen müssen, zustimmen. So kann viel Tierleid verhindert werden.

Kommen wir zum nächsten leidigen Thema hier im Hohen Haus – deswegen, weil auch da ein Lösungsansatz gefunden wurde –: Glückliche Kühe auf einer grünen Weide, die gekuschelt und gestreichelt werden, sollen kaschieren, was im Politischen im Argen liegt. Allzu oft haben Konsumentinnen und Konsumenten ein trügerisches Bild vom Vorleben ihrer fleischlichen Kost. Erin­nern wir uns doch an die rund 2 500 Rinder, die von der EU aus ihre Reise Richtung Türkei antraten: Ein Frachtschiff, Baujahr 1967, unter der Flagge des Togo und die Karim Allah, Baujahr 1965, unter libanesischer Flagge fah­rend, verließen beide die spanische Küste am 18. Dezember, das eine Schiff be­laden mit knapp 1 800 Tieren, das andere Schiff beladen mit knapp 1 000 Tieren. Doch niemand wollte die Schiffe landen lassen, weil auf beiden


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Schiffen angeblich die Blauzungenkrankheit ausgebrochen war. Monate­lang trieben diese Tiere auf offener See – ohne Nahrung, ohne Wasser, in ihrem eigenen Dreck.

Nachdem das Schicksal der Tiere lange – wochenlang! – im Ungewissen geblieben war, entschied man sich letztendlich dagegen, die Kälber nach ihrer ganzen Odyssee am Leben zu lassen. Sie fuhren von der spanischen Küste an die türkische, dann in den Hafen von Tripolis in Libyen, nach Augusta in Italien und anschließend zurück nach Spanien. Dort entschied man sich dann, die rund sieben Monate alten Bullen zu töten: Die Tiere hätten unter der langen Reise gelitten, sie seien jetzt nicht mehr gesund; die kleinen Bullen seien weder für einen Transport außerhalb der EU geeignet, noch sollten sie in die Europäische Union zurückgelassen werden. Das spanische Landwirt­schaftsministerium zog dann die Reißleine und sagte, eine Schlachtung sei nun das beste Mittel. Die Eigentümer sollten die Tiere gemäß den gelten­den Vorschriften – was auch immer das heißen mag – isolieren und schlachten.

Genau um solch ein Tierleid in Zukunft zu verhindern, wäre es dringend notwendig, diesen Anträgen heute hier im Hohen Haus zuzustimmen, damit weniger Tierleid Platz greift, denn auch die bestehenden Tierschutzgesetze auf nationaler und auf EU-Ebene schützen nicht vor diesem unsäglichen Tierleid.

Was ist nötig, damit ein Tier jedermanns Liebling wird, damit es Empathie und Mitgefühl erfährt? Was ist nötig, damit wir über die Bedürfnisse sogenann­ter Nutztiere sprechen, die nicht weniger zu verlieren haben als ihr Leben, damit wir sie essen können? Ist es möglich, dass man Achtung und Respekt ent­gegenbringt, Interesse an einem Wohl und am Leben eines Tieres zeigt, das man essen möchte? Oder ist es notwendig, eben genau deswegen, weil es ein Teil unserer Nahrungskette ist?

Wenn sich jetzt jemand denkt: Was hat denn das damit zu tun?, kann ich sagen: Sehr, sehr viel, denn wenn wir diese Tiere essen, dann geht uns auch ihr


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Leben davor etwas an, dann ist es in einer zivilisierten, sozialen und empathi­schen Gesellschaft auch dringend notwendig, Interesse daran zu haben, diesen Tieren jedes Leid zu ersparen.

Selbst wenn man jetzt sagt: Tierleid ist mir eigentlich völlig egal!, so muss einem doch zumindest das Konsumverhalten – es ist heute schon angesprochen worden – wichtig sein, denn Konsumentinnen und Konsumenten, die sich heute für den Kauf eines Produktes entscheiden, fragen sehr wohl nach: Wie ging es meinem Tier vorher? Wie hat es gelebt? Welche Fürsorge hat es bekom­men? Das ist beim Kauf ein entscheidender Faktor.

Wie man es dreht und wendet, unser Leben ist mit dem der Tiere auf dem Bauernhof unweigerlich verknüpft, aus wirtschaftlichen und aus klima­schutztechnischen Gründen – ja, weil Tierschutz auch Klimaschutz ist. Tierschutz bedeutet Klimaschutz. Tierleid ist einfach nichts mehr, was zeitgemäß ist, was wirtschaftlich sinnvoll ist und was man einfach tolerieren darf. Daher ist die­sen Anträgen heute dringend zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

12.15


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


12.16.12

Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 bis 6

Präsidentin Doris Bures: Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können? – Da mir Zustimmung signalisiert wird, gehe ich auch so vor.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1785 der Beilagen.


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Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein zustimmen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1754 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmied­lechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit den leeren Versprechen: für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1755 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6, die dem Ausschussbericht 1756 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Veröffentlichung der Empfehlungen des Tierschutzrats“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (276/E)

12.18.007. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kreditvergabe an Pensionist*innen (1762 d.B.)


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8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2713/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Men­schen“ (1763 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2801/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Altersdiskriminierung durch Banken (1764 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Sie haben das Wort. Bitte.


12.19.02

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wenn so wie jetzt niedrige Pensionen auf der einen Seite und hohe Inflationsraten, steigende Lebensmittelpreise und auch explodierende Energiepreise auf der anderen Seite aufeinanderprallen, dann geht es für viele um die nackte Existenz. Es geht darum, dass das Geld hinten und vorne nicht mehr dafür ausreicht, dass man die Lebenshal­tungskosten bedienen kann. Das führt entweder dazu, dass viele, gerade ältere Menschen, jetzt gezwungen sind, den Kontorahmen zu erhöhen, und da­mit riskieren, derzeit über 12 Prozent Kontoüberziehungszinsen zu zahlen, oder es führt dazu, dass gewisse unvorhergesehene Anschaffungen vielleicht nicht getätigt werden können: Treppenlift infolge einer Behinderung, barrierefreier Umbau des Bades oder vielleicht auch der Umbau der Heizung infolge der Vorschriften betreffend erneuerbare Energie.


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Wenn das jemanden betrifft, ist es momentan so, Frau Bundesministerin, dass wir in Österreich im Gegensatz zu Deutschland kein durchsetzbares Recht haben, dass diese älteren Menschen in Österreich die Möglichkeit haben, einen Kredit zu erlangen. Momentan heißt es von den Banken: Nein, zu alt und nicht kreditwürdig! – Wir fordern deshalb als SPÖ bereits seit Monaten, seit September letzten Jahres, als erste Partei in diesem Parlament, dass endlich ein durchsetzbares Recht kommt, damit ältere Menschen nicht benachteiligt und nicht ausgeschlossen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese guten Bezahler von Bankkonten aus früheren Jahren verdienen es nicht, heute als Bittsteller und im Endeffekt auch als Bankkunden zweiter Klasse abserviert zu werden. Sie verdienen einen Rechtsanspruch und sie verdienen auch, dass man es ehrlich mit ihnen meint. Dieser Rechtsanspruch, den wir schon seit Monaten fordern, wurde zwar auch von Ihnen, Frau Bundesmi­nisterin, im April bestätigt, aber gleichsam stelle ich fest, dass Sie zwar mit Vollgas arbeiten, aber mit angezogener Handbremse agieren. Seit April sagen Sie mir: Gute Idee, bin ich dabei, machen wir! – Sie sagen das auch zu den Pensionistenvertretungen, ich weiß das von Dr. Peter Kostelka, aber bis heute gibt es keine Antwort, keinen Entwurf.

Gerade jetzt brauchen diese Menschen, wenn sie behindert sind, wenn sie ein barrierefreies Bad haben wollen, diese Unterstützung. Momentan werden sie ausgeschlossen. Wir brauchen eine Gleichberechtigung auf allen Ebenen, und dafür steht die SPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, ich weiß wirklich nicht, wann der Entwurf fertig sein wird. Wir rechnen nicht damit, dass es sehr bald ist, deshalb sind wir auch ein bisschen über die beiden Regierungsparteien erstaunt, dass Sie einen eigenen Antrag eingebracht haben, in dem Sie unsere Ideen – ich sage es jetzt einmal so, wie ich es mir denke – abgekupfert haben, um sie als eigene Ideen zu verkaufen.


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Damit wir auch im Sinne dieser älteren Menschen, die es sich verdienen würden, schnell und rasch, vielleicht zu Weihnachten, eine Sicherheit haben, bringen wir gemeinsam mit der Freiheitlichen Partei folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 2713/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ in der Fassung des Ausschussberichtes (1763 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die dem Ausschussbericht 1763 d.B. angeschlossene Entschließung betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ wird wie folgt geändert:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, unter Einbindung des öster­reichischen Seniorenrates sowie der betroffenen Stakeholder:innen und nach Durchführung eines Begutachtungsverfahrens noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die künftig eine rechtssi­chere Vergabe von hypothekarisch besicherten Krediten unbeschadet eines höheren Alters von Kreditwerberinnen und Kreditwerbern ermöglicht.“

*****

Frau Bundesministerin, der Unterschied zum ursprünglichen Antrag ist „noch in diesem Jahr“ – und darauf legen wir Wert. Ich würde die Regierungspar­teien bitten, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen. Die Zeit ist reif, wir ste­hen dafür. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

§ 53 Abs. 3 GOG

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Christian Ries Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 2713/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ in der Fassung des Ausschussberichtes (1763 d.B.):

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die dem Ausschussbericht 1763 d.B. angeschlossene Entschließung betreffend der „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ wird wie folgt geändert:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, unter Einbindung des österreichischen Seniorenrates sowie der betroffenen Stakeholder:innen und nach Durchführung eines Begutachtungsverfahrens noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine gesetz­liche Regelung vorzulegen, die künftig eine rechtssichere Vergabe von hypothe­karisch besicherten Krediten unbeschadet eines höheren Alters von Kreditwerberin­nen und Kreditwerbern ermöglicht.“

Begründung

Im Entschließungstext wird nach dem Wort „Begutachtungsverfahrens“ „noch in diesem Jahr“ eingefügt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.


12.23.26

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren! Liebe Zuschauer und Zuschauerin­nen! Wir alle werden älter, hoffentlich werden wir älter, und wenn wir dann


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50 Jahre alt sind, bekommen wir in manchen Lokalen schon einen Senio­renteller, aber vielleicht keinen Seniorenkredit. (Abg. Leichtfried: Aber das mit dem Seniorenteller muss ja nicht schlecht sein!)

Mit dieser traurigen Wahrheit habe ich mich jetzt selbst beschäftigen müssen, da ich auch seit zwei Wochen 50 Jahre alt bin. Man hat immer das Gefühl, die Jugend dauert ewig, und das Erwerbsalter dient dazu, dass wir, wenn wir wollen, unsere Wohnung sanieren können, wir können uns das Bad barrierefrei machen, wir können die Heizung tauschen. Dann gehen wir auf die Bank und er­fahren, dass wir einfach schon älter sind. Und die Bank sagt, na ja, sie muss die Kreditwürdigkeit prüfen, und im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten ist das schwierig.

Um diesen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis von Menschen, die etwas älter sind – viele hier, muss man sagen, sind ja auch schon etwas älter –, und dem, dass die Banken eine gute Situation vorfinden, dass sie Kredite vergeben können, zu schaffen, braucht es Seniorenkredite. Diese Seniorenkredite dienen in Wirklichkeit dazu, dass wir unsere Wohnungen, unsere Häuser auch auf die Energiewende einstimmen.

Ihr alle wisst, wenn man eine Heizung tauscht, wenn man ein Bad barrierefrei macht, wenn man eine Dämmung macht, ist das alles nicht billig. Wenn dann die Bank sagt, man muss das zu Lebzeiten abzahlen, ist das unter Umständen realistisch, aber vielleicht auch nicht. Und wer von euch will dann Bittsteller oder Bittstellerin bei den Verwandten und den Freunden sein und sagen: Ent­schuldigung, ich kriege jetzt keinen Kredit, würdest du mir ein bisschen etwas dazugeben, damit ich mir mein Haus umbauen kann, damit ich mir meine Wohnung umbauen kann?

Deswegen müssen wir uns der Realität stellen, dass unsere Gesellschaft überaltert ist, dass wir alle in einer Zukunft leben wollen, in der wir weniger beim Fenster rausheizen, in der wir unsere Häuser sanieren, und dafür braucht es


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eine neue Form der gesetzlichen Sicherheit. (Beifall bei den Grünen sowie der Ab­geordneten Kühberger und Pfurtscheller.)

Ich möchte ganz kurz auf den Antrag eingehen, den wir bereits im Konsu­mentenschutzausschuss eingebracht haben. Wir haben ihn „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“ genannt. Der Verbraucherschutz versucht ja immer, einen Ausgleich zwischen den Verbrauchern und Verbrau­cherinnen und dem Wirtschaftsleben zu finden. Ich glaube, wenn wir die­ses Anliegen angehen, gelingt es uns wirklich, einen guten Ausgleich zwischen dem, was notwendig ist, und dem, was rechtlich möglich ist, zu schaffen.

Die Aufnahme eines Hypothekarkredits sollte ja in Wirklichkeit schon jetzt nicht so schwierig sein, rechtlich ist es möglich, aber wir müssen eine Situation schaffen, dass die Bank nicht hergehen und sagen kann: Na ja, den nehme ich schon, den nehme ich nicht! – Das heißt, das, was wir jetzt machen, ist ein Schritt zur Antidiskriminierung von älteren Menschen. Ich halte es daher für ganz wichtig, dass wir da etwas tun. (Beifall bei den Grünen sowie des Abgeord­neten Kühberger.)

Natürlich muss es eine eingehende Prüfung der Kreditwürdigkeit geben, das ist eh klar. Wenn nicht entsprechende Sicherheiten da sind, wenn es nicht möglich ist, die Raten zu Lebezeiten zurückzuzahlen, dann kann dieser Kredit nicht gewährt werden. Aber bitte: Wenn eine Wohnung oder ein Haus vorhanden ist, dann soll es für alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit ge­ben, ihr Haus zu sanieren. Dafür setze ich mich ein. Diese Sanierungsoffen­sive können wir mit dieser neuen Form der Kreditgebung schaffen.

Um diese rechtlichen Rahmenbedingungen in ein gutes Korsett einzubetten, braucht es natürlich auch eine umfassende Prüfung, was wir dazu an ge­setzlichen Maßnahmen setzen müssen. Oft ist ein Paragraf schnell einmal ein bisschen verändert, dann aber nicht an die Bedürfnisse angepasst. Es geht ja nicht nur um Senioren und Seniorinnen, sondern auch dann, wenn die Bank zum Beispiel feststellt, dass aufgrund der Krankheitsgeschichte, dass


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aufgrund der Familiengeschichte nicht davon ausgegangen wird, dass man den Kredit zu Lebzeiten zurückzahlen kann, gibt es Probleme. Auch dann soll es eine Möglichkeit geben, dass Leute, die einer vulnerablen Gruppe angehören, einen Kredit bekommen. Damit eben dieser pflegegerechte Umbau von Wohnungen möglich ist und diese Sanierungsoffensive stattfinden kann, brau­chen wir diese Seniorenkredite. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Unbeschadet eines höheren Alters sich seine Wohnung herrichten zu können – dafür setzen wir uns ein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


12.28.54

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Altersgruppe 60 plus ist wild umkämpft, besonders vor Wahlen, denn man weiß, das ist eine verlässliche Wählergruppe. Dazwischen kühlt das Interesse an dieser Wählergruppe aber immer wieder ab.

Wenn wir uns die Publikationen der Seniorenverbände anschauen, sehen wir, dass wir am Thema Altersdiskriminierung durch österreichische Bankins­titute nicht mehr vorbeikommen. Dem liegt auch keine bloß empfundene Diskri­minierung zugrunde, sondern wir haben wirklich Grund, anzunehmen, dass manche Geldinstitute tatsächlich den Senioren das Leben schwer machen.

Was sind diese altersdiskriminierenden Praktiken? – Gesperrte Überziehungs­rahmen nach Pensionsantritt, Probleme beim Verlängern der Kreditkarten und da und dort abgewiesene Kredite; und das alles durch Bankinstitute, die es vielleicht gar nicht mehr geben würde, hätten sie der Steuerzahler und damit auch die Senioren nicht 2008 und fortfolgend unterstützt.


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Das werden die Senioren nicht verstehen. Und sie werden auch nicht verstehen, warum es schon in 30 Ländern Europas eine diesbezügliche Regelung gibt und in Österreich eben noch nichts. Da müssen wir als Gesetzgeber jetzt unbe­dingt und schnell tätig werden. Deswegen hat Kollege Drobits diese Befris­tung in den Antrag hineingeschrieben. Jedes Zögern, jedes Zaudern wäre wirk­lich ein Verrat an der älteren Generation.

In Österreich, und das verstehen die Senioren nicht, finden wir hier im Hohen Haus Zeit, um uns darüber Gedanken zu machen, dass man sechs Ge­schlechter auf einen Meldezettel schreibt. Im EU-Parlament wird darüber bera­ten, wie Traktorensitze oder die Gurkenkrümmung auszusehen haben und so weiter (Abg. Meinl-Reisinger seufzt und ahmt das Spielen auf einer Geige nach), aber eine verpflichtende Richtlinie für die EU-Mitgliedsländer zur Umsetzung im Heimatstaat bezüglich Seniorendiskriminierung gibt es nicht.

Werte Damen und Herren der Regierungsfraktionen, es liegt ein Antrag auf dem Tisch. Wir haben lange darüber diskutiert, und anfangs waren Sie anderer Meinung, aber jetzt wäre es an der Zeit, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu ge­ben und das in absehbarer Zeit umzusetzen. Noch einmal: 30 europäische Länder haben schon eine diesbezügliche Regelung, also sollten wir nicht länger zögern, sondern das zur Umsetzung bringen. Lassen Sie sich endlich aus Ihrer Lethargie reißen und setzen wir das um, und zwar zeitnah! (Beifall bei der FPÖ.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tan­da. – Bitte.


12.31.46

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kolleginnen und Kollegen! Verbraucherschutz geht uns alle etwas an, das wissen wir. Es betrifft uns täglich, und zwar nicht nur beim Einkauf


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von Lebensmitteln, sondern bei allen geschäftlichen Entscheidungen, die wir treffen. Umso wichtiger ist daher der Schutz bei großen geschäftlichen Entscheidungen, die uns langfristig binden, wie eben ein Kredit, der uns oft ein ganzes Leben lang begleitet.

Die vollumfängliche Information ist da ein Muss. Dazu gehört eben nicht nur das Rücktrittsrecht, sondern auch die Beurteilung der Bonität: Kann man sich den Kredit überhaupt leisten? Ist man überhaupt in der Lage, das alles zurückzu­zahlen – und zwar, solange man lebt? Die Banken nennen solch eine Fürsorgepflicht, die ihnen ja per Gesetz vorgegeben ist, Bonitätsprüfung.

Bei der Regulierung der Banken, daran möchte ich bitte gerne erinnern, waren wir alle nach 2008 dafür – auch die SPÖ. Somit ist eine solche Bonitäts­prüfung keine Frage des Alters, das ist noch einmal zu betonen (Abg. Rauch: Doch, das ist so! Das ist so!) – auch wenn man natürlich durch den Übergang in eine andere Lebensphase auch in andere Einkommensverhältnisse kommt.

Das kann aber auch jüngere Menschen oder Menschen, die ein Handicap haben, treffen. Es ist also keine Frage des Alters, ob eine Bonitätsprüfung schla­gend wird. (Abg. Rauch: Doch, es ist ein Altersthema!)

Was mir ganz wichtig ist, zu betonen: Bei einer solchen Bonitätsprüfung wird ja geprüft: Ist man in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen, solange man lebt? Und da möchte ich gerne auf den Antrag der SPÖ kommen, in den Kollege Drobits geschrieben hat, sollte das nicht möglich sein, soll man auch den Wert anderer als Sicherheiten dienender Vermögenswerte heranziehen können.

Wenn man das im Gesetz nicht klar formuliert, würde das bedeuten, dass man die Schulden auch gerne an die Nachkommen vererben können darf, und die dürfen dann unseren Kredit zurückzahlen. Die werden sich für so ein Gesetz sehr bedanken.


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Gerade die Schuldnerberatung empfiehlt das ja auch ganz, ganz dringend und betont immer wieder, wie wichtig solche Bonitätsprüfungen sind, um eine Überschuldung der Bevölkerung beziehungsweise des Kreditnehmers zu ver­meiden.

Persönlich ist es für mich natürlich nachvollziehbar, dass es beschämend ist und dass es sich diskriminierend anfühlt, wenn man aufgrund von einer Verän­derung der Lebensphase und der Einkommensverhältnisse einen Kredit nicht mehr bekommt. Das kann ich verstehen. Dass das aber, so wie die FPÖ behauptet, automatisch passiert, wenn man in Pension geht, stimmt einfach nicht. (Abg. Deimek: Nein, es ist 65 und nicht die Pension!) Wenn sich die Einkommensverhältnisse verändern, wird der Überziehungsrahmen überprüft, und auch Kreditkarten werden nicht automatisch gekündigt, nur weil man 60 oder 65 wird. – So ein Blödsinn, wenn ich jetzt ehrlich bin. (Abg. Deimek: Da kann die Bankenvertreterin der ÖVP sagen, was sie will, das sagen die Banken ganz offen! Wir haben ein Vieraugengespräch geführt! – Abg. Rauch: Das steht auf der Homepage des Seniorenbundes!) Es wäre ja jede Bank oder jeder Geschäftspartner dumm, wenn er jemandem, der eine ausreichende Boni­tät hat, ein Geschäft verwehrt. (Abg. Rauch: Das steht auf der Homepage des Seniorenbundes!) Ich meine, das widerspricht jedem Geschäftsinteresse. (Ruf bei der FPÖ: Jeder nicht zurückgezahlte Kredit ... ist ein Geschäft!)

Auch berücksichtigen die Anträge der Opposition gar nicht, dass es bereits eine Vereinbarung zwischen dem Seniorenrat und der Wirtschaftskammer gibt, wo man an eine E-Mail-Adresse Beschwerden einbringen kann. (Abg. Deimek: Die Abgeordnete widerspricht sich ja selber! Das ist wie das Salzamt!) Bis dato gab es 14 Beschwerden, und in acht davon lag tatsächlich Altersdiskriminierung vor.

In unserem vorliegenden Antrag der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, Kolleginnen und Kollegen ersuchen wir das Bundesministerium für Justiz, unter Einbindung des Seniorenrates einen Vorschlag für eine


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gesetzliche Regelung vorzulegen, der eine rechtssichere Vergabe dieser besi­cherten Kredite ermöglicht, egal wie alt man ist. (Abg. Deimek: Tut’s euch wieder einmal selber einen Auftrag geben, statt dass ihr etwas macht!)

Ich möchte das noch einmal betonen: Es wird hier immer so auf Altersdis­kriminierung geschaut, aber das hat nicht nur etwas mit dem Alter zu tun, das hat mit der Bonität des jeweiligen Kreditnehmers zu tun.

Wenn man die Fürsorgepflicht nicht übernimmt, dass sich jemand nicht überschuldet, dass die Schulden nicht vererbt werden, dass die Nachkommen nicht die Häuser verkaufen müssen, dann ist das ein Problem. Das muss man vorher alles prüfen und regeln. Deswegen ist ein seniorengerechter – oder bonitätsgerechter, was mir eben viel besser gefällt – Kredit viel wesentli­cher. (Abg. Drobits: Nein!) – Kollege Drobits, wir haben Sie gefragt, ob Sie mitge­hen, soweit ich mich erinnere, gell? (Abg. Drobits: Nein!) Also ich bitte um breite Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.36


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Wer­ner. – Bitte.


12.36.34

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Frau Präsidentin! Lie­be Damen und Herren hier im Saal und natürlich auch zu Hause! Frau Ministerin! Zu Beginn möchte ich festhalten: Jegliche Diskriminierung, egal ob sie das Alter, das Geschlecht, die Religion, die Weltanschauung, die ethnische Zugehörigkeit, die sexuelle Orientierung oder eine Behinderung betrifft, ist ab­zulehnen.

Der Anlass für diese Anträge ist eine angebliche Benachteiligung älterer Perso­nen bei der Vergabe von Krediten. Ich glaube, es ist ganz wichtig, fest­zuhalten, dass nicht jede Ungleichbehandlung gleich eine Diskriminierung ist.


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Was wir an den Anträgen kritisieren: Keinem der Anträge ist eine ordentliche Datengrundlage zugrunde gelegt. Wir haben jetzt über die Daten hinsichtlich der 14 Beschwerden gehört. Man müsste sich das wirklich einmal übergreifend und umfassend anschauen: Wie oft kommt das vor? Wie viele Fälle gibt es da wirklich?

Das Zweite ist: Ganz viele junge Menschen bekommen eben keinen Kredit. Ist das eine Diskriminierung? – Nein, ganz im Gegenteil. Die Schuldnerberatung sagt ganz oft, das ist ein Schutz vor Überschuldung. Und warum bekommen die­se Menschen keinen Kredit? – Weil sie eben eine schlechte Bonität haben, weil sie keine Sicherheiten haben oder weil sie ein zu geringes Haushaltseinkom­men haben, um einen Kredit überhaupt bedienen zu können. Wir würden sie somit sofort in eine Überschuldung führen und im schlimmsten Fall natürlich in die Privatinsolvenz.

Es gibt einen guten Grund für diese sehr strengen Regeln. Wir erinnern uns zu­rück, an die Bankenkrise 2008: So traurig es ist, dieses Gespenst einer Ban­kenkrise geht heute wieder um.

Zum Antrag der Regierungsparteien: Es wird immer von der thermischen Sanierung, von Wohnungsumbauten gesprochen. Da müssten wir vielleicht in diesem Bereich etwas machen, andere Förderstrukturen aufsetzen, damit sich auch Menschen, die nicht über ein so großes Einkommen verfügen, diese notwendigen Sanierungen leisten können.

Es ist aber in unseren Augen kein Weg, die strengen Regeln, die wir mit gutem Grund eingeführt haben, so aufzuweichen, dass sie den Konsumenten am Ende nicht mehr schützen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.



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12.39.15

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Der Kampf gegen die Altersdiskriminierung ist uns als Bundesre­gierung ein sehr wichtiges Anliegen. Speziell bei der Vergabe von Krediten sehen sich ältere Menschen öfter mit Problemen konfrontiert, weil sich Banken aufgrund des Gesundheitszustandes und leider auch des Alters der Men­schen weigern, einen Kredit zu vergeben.

Wir haben diesbezüglich schon viele Gespräche geführt, sowohl ich als auch der Gesundheitsminister.

Zum Problem wird das Ganze dann, wenn es darum geht, eine Wohnung oder ein Haus altersgerecht zu machen, etwa einen Treppenlift einzubauen, speziell auch jetzt, wenn es darum geht, wegen der hohen Gas- und Ölpreise diese Gas- und Ölheizung, diesen Kessel tatsächlich auszutauschen und vielleicht auf erneuerbare Energie umzusteigen, weil das nicht nur klimafreund­licher, sondern auch günstiger ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Da unterstützen wir als Bundesregierung auch tatkräftig, und da möchte ich Dank an meine Kollegin Gewessler aussprechen, die auch finanziell weniger kräftige Haushalte unterstützt, indem sie es ihnen ermöglicht, die alten Kessel kostenlos zu tauschen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abgesehen von diesen Fragen der Umstellung geht es auch darum, dass es für ältere Menschen möglich sein sollte, dass sie selbstständig weiterleben kön­nen. Sie wollen selbstständig und aus eigener Kraft das Haus oder die Wohnung altersgerecht umgestalten, und dafür ist manchmal ein Kredit notwendig.

Damit die Kreditvergabe für ältere Menschen leichter gemacht werden kann, haben wir eine Initiative ergriffen. Sowohl der Gesundheitsminister als auch ich haben viele Gespräche geführt – Sie, Herr Abgeordneter Drobits, haben es


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schon angesprochen –, und ich möchte Ihnen hier nicht nur als Vertreterin des Gesundheitsministers, sondern insbesondere auch als Justizministerin an dieser Stelle sagen, dass wir derzeit an einer Novelle des Hypothekar- und Im­mobilienkreditgesetzes arbeiten und dass diese Arbeiten schon sehr, sehr weit fortgeschritten sind, denn es ist uns wirklich ein Anliegen, die Vergabe von Krediten an Seniorinnen und Senioren zu verbessern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weil auch die Frage des Tempos hier im Hohen Haus Thema war, kann ich Ihnen sagen, dass dieser Gesetzesvorschlag in der finalen Phase ist. Damit wollen wir sicherstellen, dass ältere Menschen Kredite unter üblichen Rahmenbedin­gungen aufnehmen können. Seien Sie gewiss: Wir werden das rasch auf den Weg bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Namen des Gesundheits- und Sozialministers möchte ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen, dass er außerdem gerade ausführliche Gespräche mit Banken führt, um die Herausforderungen angesichts der aktuellen Teuerun­gen anzugehen. Erste Runden von Gesprächen haben im September statt­gefunden, weitere Gespräche wird es im November geben, denn in erster Linie geht es darum, die Spielräume im Sinne der Konsumentinnen und Konsu­menten zu nutzen, um die Auswirkungen der Teuerungen abzufedern.

Für uns alle als Bundesregierung ist es klar: Das Alter darf nicht dazu führen, dass Menschen schlechter behandelt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


12.42.58

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Stellen Sie sich Ihre Mutter oder Ihre Großmutter vor: Sie lebt allein und


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führt ein selbstbestimmtes Leben. Ein bisschen ärgert sie sich über das Bad, die Badewanne, das Ein- und Aussteigen ist nicht so einfach, eigentlich hätte sie lieber eine Dusche.

Eigentlich sollte am besten das ganze Bad saniert werden. Ja, sie entschließt sich, sie wird das Bad sanieren lassen. Auf dem Konto ist etwas Geld da, aber nach langem Hin-und-Her-Überlegen wird sie sich bewusst: Nein, es geht sich doch nicht ganz aus, sie wird einen Kredit brauchen.

Ihre Mutter – oder auch die Großmutter oder der Großvater – ist eine stolze, selbstständige Frau. Sie möchte nicht ihre Kinder um Hilfe bitten, das ist nicht so ihres, sie möchte auch nicht bei Freunden um Hilfe bitten. Sie möchte ein­fach zur Bank gehen und sich einen Kredit genehmigen lassen. Doch dann wird sie überrascht: Der Kredit wird abgelehnt, mit der Begründung, dass sie die Abbezahlung des Kredits möglicherweise nicht erlebt.

Ganz ehrlich, wenn ich mit meinen 40 Jahren zur Bank gehe, werde ich wahr­scheinlich einen Kredit bekommen, aber woher weiß die Bank, ob ich noch 20 Jahre lebe oder 30 oder vielleicht auch nur zehn?– Das weiß niemand. Bei der Seniorin ist es aber eben so.

Der Ausschluss von Senior:innen von der Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen – was eigentlich selbstverständlich sein sollte, wenn die Bonität stimmt –, muss beendet werden, das ist Diskriminierung. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rauch.) Daher braucht es hier natürlich eine deutliche Klarstellung, dass Kredite auch dann vergeben werden dür­fen, wenn die geplante Laufzeit die statistische Lebenserwartung übersteigt.

Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Parteien hier im Haus sich darüber einig sind – bei aller Wertschätzung und Kritik daran, das ist alles schön und
gut –, dass da etwas gemacht werden muss, dass es eine Änderung, eine Ver­besserung braucht. Und diese wird auch kommen! (Beifall bei den Grünen.)


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Der Kollege von der FPÖ hat gemeint, dass eine entsprechende Regelung derzeit bereits in 30 Ländern umgesetzt ist. – Es sei Ihnen gesagt: Bald wird es 31 Länder geben, in denen es diese Regelung gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Heute schon öfters erwähnt, die Sanierung des Hauses, wenn am Dach irgendetwas nicht passt, wenn eine neue Heizung oder eine neue Fassade kom­men soll; es muss nicht immer das Haus sein, es kann auch in der Wohnung ein neuer Anstrich gebraucht werden: Genau da müssen wir ansetzen. Wir dürfen die Senior:innen – und das ist mir als Senior:innensprecherin ganz wichtig – nicht vor die Wahl stellen, entweder bei den Verwandten, bei den Kindern bitten und betteln zu müssen oder sogar das eigene Haus verlassen zu müssen (Zwischenruf der Abg. Werner), weil sie sich das nicht leisten kön­nen. Es gibt andere Möglichkeiten, die allen anderen Menschen zur Verfügung stehen, allen Menschen, die arbeiten, genügend Bonität haben, und das muss auch den Senior:innen zur Verfügung gestellt werden. (Beifall und Bravoruf bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wollen doch sicher, dass Ihre Eltern, Ihre Großeltern selbstbestimmt leben können! Aber nicht nur die Großeltern und Eltern, auch ich möchte spä­ter im Alter selbstbestimmt leben und möchte weiterhin als volles Mitglied die­ser Gesellschaft angesehen werden, möchte nicht irgendwo ausgeschlos­sen werden. Schluss also mit dieser Diskriminierung!

Ich danke auch Ihnen, Frau Ministerin, sowie allen anderen, die sehr, sehr fleißig, mit Hochdruck an dieser Veränderung, an dieser Verbesserung arbeiten, ich möchte noch einmal einen Dank aussprechen. Als Senior:innensprecherin freut es mich sehr, wenn dann das Gesetz auch kommt! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger. – Bitte. (Abg. Rauch: Ich hoffe, dass jetzt ein bisschen Aufklärung kommt!)



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12.47.53

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vorweg: Von meinem Kollegen Drobits darf ich ausrichten: Wir wurden nicht gefragt, ob wir diesen Antrag mit einbringen wollen; um das auch hier festzustellen.

Heute wird ja über zwei im Konsumentenschutzausschuss abgelehnte Oppositionsanträge sowie einen Regierungsantrag aus diesem Bereich diskutiert. Leider zeigt sich das übliche Muster: Anstatt guten Oppositionsanträgen ihre Zustimmung zu erteilen, schreiben die Regierungsfraktionen ähnliche Anträ­ge, um diesen dann zuzustimmen.

Seit Monaten liegen Anträge, die das Thema Diskriminierung von älteren Menschen bei der Kreditvergabe betreffen, im Ausschuss auf. Wir haben bereits im Februar darauf hingewiesen, dass älteren Menschen aufgrund ihrer Altersstruktur Kredite von den Banken verwehrt werden. Da liegt ganz klar Al­tersdiskriminierung vor.

Der Antrag meines Kollegen Christian Drobits fordert, dass Bundesminister Rauch gemeinsam mit der zuständigen Bundesministerin Zadić gesetzli­che Rahmenbedingungen schafft. Passiert ist dabei bis jetzt leider noch immer nichts. (Beifall bei der SPÖ.) Heute wird lediglich ein Antrag angenommen werden, der die Justizministerin dazu auffordert, mit dem Seniorenrat und den Stakeholdern einen Vorschlag auszuarbeiten und diesen wieder der Begut­achtung zuzuführen.

Für ältere Menschen bedeutet das, dass man noch immer keine Lösung hat, sie warten noch immer, dass diese Altersdiskriminierung bei den Kreditverga­ben endet. Welche Auswirkungen diese Verzögerung hat, zeigt sich an den ge­stiegenen Kreditzinsen: Im Februar zum Beispiel war der Leitzins der Europäischen Zentralbank bei 0,0 Prozent. Aktuell liegt er bei 2,0 Prozent, und


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die Tendenz ist immer noch steigend. Für die Konsumentinnen und Kon­sumenten bedeutet das, dass sie im Februar günstigere Kreditkonditionen er­halten hätten, aktuell sind die Zinsen wesentlich höher.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen! Ich wünsche mir, dass da endlich etwas losgetreten wird, dass ihr da tatkräftig dahintersteht und etwas für die älteren Menschen macht, damit sie faire Kreditkonditionen er­halten. Faktum ist – und da brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren –, dass sie jeden Monat bares Geld verlieren, wenn die Zinsen weiterhin steigen.

Ich bitte um starke Unterstützung, um eine Mobilisierung, damit das schnell umgesetzt wird. In diesem Sinne: Schauen wir, dass wir gemeinsam etwas voranbringen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

12.50


Präsidentin Doris Bures: Zu dieser Debatte ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet, daher ist sie geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Konsumentenschutz.

12.50.4910. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2865/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur“ (1765 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Frau Abgeordnete Ulrike Fischer, Sie gelangen als Erste zu Wort. – Bitte.



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12.51.30

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin jetzt noch einmal kurz zurückgegangen, um mein Handy – ein Smartphone, ein Fairphone, das man reparieren kann – zu holen. (Die Rednerin öffnet das Gehäuse ihres Smart­phones, entnimmt den Akku und hält beides in die Höhe.) Man kann es genauso zerlegen wie zum Beispiel irgendwelche Legosachen, nämlich komplett, um es reparieren zu können. Das ist sehr praktisch. Mittlerweile kann man es auch beim Mediamarkt kaufen.

Jeder von uns hat wahrscheinlich irgendwelche Elektrogeräte zu Hause in einer Schublade liegen und denkt sich: Irgendwann gehe ich ins Geschäft und lasse sie reparieren! Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber im Laufe der Zeit hat man dann zwei, drei Handys von einem selber und von den Kindern in der Schublade liegen und lässt sie schlichtweg nicht reparieren. Wir befinden uns da in guter Gesellschaft – schauen wir es uns an –: Über 50 Prozent der Handys, der Smartphones werden nicht repariert. Das ist schade und das müs­sen wir ändern. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich denke, wir stehen am Beginn einer Zeitenwende. Wir müssen weg von der Wegwerfgesellschaft. Wir müssen eine Gesellschaft werden, die repariert und ihre Ressourcen nützt. Der Abfall von heute ist das Produkt und die Ressource von morgen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Es braucht einen Kulturwandel bei uns allen. Es braucht ein Recht auf Reparatur, und dieses Recht auf Reparatur müssen wir EU-weit umsetzen. Deswegen haben Kollege Weidinger, ich und andere Kolleg:innen uns dafür eingesetzt, dass wir das auf die europäische Ebene heben. Wir müssen über den Tellerrand schauen. Es ist schön, dass wir in Österreich den Reparaturbonus haben, der wirkt, und es ist schön, wenn es in vielen europäischen Ländern etwas Ähn­liches gibt. Was es aber braucht, ist ein europäisches Zusammenarbeiten, damit ich, wenn ich in ein Geschäft gehe, auf den ersten Blick erkennen kann:


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Ist das ein Gerät, das man reparieren kann, oder ist das ein Gerät, das eigentlich schon kaputt ist, wenn ich die Verpackung aufmache?

Wir müssen von diesen Wegwerfprodukten wegkommen und uns wieder hin zu langlebigen Produkten wenden, zum Beispiel zu einer Waschmaschine – sagen wir einmal, zu einer Miele-Waschmaschine –, bei der ich mich darauf ver­lassen kann, dass sie ein ganzes Leben lang hält, die ich, wenn ich will, auch der nächsten Generation weitergeben kann. (Abg. Gödl: Das ist eine Wer­beeinschaltung! – Zwischenruf der Abg. Erasim.) Davon sind wir aber ganz weit weg, weil wir zum Beispiel unsere Smartphones spätestens nach dreieinhalb Jahren wegschmeißen und uns neue kaufen.

Wenn wir allerdings da ansetzen und beginnen, unsere Tablets, unsere Smart­phones, unsere Waschmaschinen, unsere Geschirrspülmaschinen und wie die Dinge alle heißen, so zu kaufen, dass wir darauf schauen, ob das ein Pro­dukt ist, das langlebig ist, ob das ein Produkt ist, für das es Ersatzteile gibt, ob das ein Produkt ist, das man vielleicht sogar an die nächste Generation wei­tergeben kann, dann kommen wir ganz woanders hin.

Heute erzeugen wir so viel Elektroschrott, dass zum Beispiel Ghana in euro­päischem Elektroschrott – Elektroschrott, den wir Europäer und Europäerinnen verursacht haben – untergeht. Wir brauchen eine europäische Strategie betreffend Reparaturfähigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nur wenn wir auf den ersten Blick erkennen können – so wie bei Kühlschränken –, ob ein Produkt reparierfähig ist, ob es Ersatzteile gibt und ob es länger funktionstüchtig ist, werden wir Konsumenten und Konsumen­tinnen zufrieden sein und können auch einen wertvollen Beitrag für die Umwelt leisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine verehrten Damen und Herren, heute, gestern und vorgestern ist angesprochen worden, dass die Ressourcen unserer Erde begrenzt sind. Wir sind


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eine der letzten Generationen, die noch etwas ändern kann. Wir müs­sen das angehen. Wir brauchen eine Trendwende. Wir brauchen im Sinne des Klimaschutzes endlich Produkte, die wir reparieren können, und wir brau­chen die entsprechenden Ersatzteile.

Es wird nicht reichen, wenn nur wir in Österreich das machen. Österreich muss das erfolgreiche Reparieren in die Europäische Union tragen, damit nicht nur Österreich den erfolgreichen Reparaturbonus nutzen kann, sondern damit er flächendeckend in der EU genutzt werden kann. Wir müssen Produkte reparieren lassen können, um so aus dieser Wegwerfgesellschaft rauszukom­men. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.


12.57.20

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Frau Minister! Wir von der SPÖ werden Tagesordnungspunkt 10 zustimmen, weil auch wir glauben, dass die Einführung eines EU-weiten Rechts auf Repa­ratur notwendig und richtig ist. Wenn man repariert, dann braucht man weniger wegzuwerfen. Ich habe schon im Mai im Rahmen einer meiner Reden gesagt, dass das einfach zu unterstützen ist. Dass man über Österreich hinausschaut und dass man das EU-weit macht, ist vollkommen richtig, wie mei­ne Vorrednerin bereits gesagt hat.

Für mich ist ja die Stadt Wien eine Klimamusterstadt, sie hat den Reparatur­bonus als Erste eingeführt, Kärnten ist dem nachgefolgt (Zwischenruf der Abg. Rössler), und seit April gibt es den Reparaturbonus in ganz Österreich. Das ist natürlich so in Ordnung, und das unterstützen wir gerne. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist eines aufgefallen – es sind ja sehr viele Punkte im Antrag –, und zwar, dass E-Bikes und dergleichen beinhaltet sind, aber – vielleicht habe ich


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nicht so genau gelesen und es nicht entdeckt – normale Fahrräder leider nicht. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass man diese noch hineinreklamieren sollte. Ganz viele Familien können sich ein E-Bike nicht leisten. Ein normales Fahrrad muss man servicieren, man muss es hin und wieder auch reparieren lassen. Insofern sollte da vielleicht nach­justiert werden.

Zurück zum Antrag: Wenn es in der EU gelingt, Richtlinien und dergleichen zu schaffen, dass man Waschmaschinen und Notebooks reparieren lassen kann, dann können wir in nur einem Jahr 4 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das gehört angegangen und gemacht, um dieses Ziel zu erreichen. Das in den nächsten sieben bis zehn Jahren umzusetzen ist eine große Herausforderung.

Wenn man repariert, braucht man – das ist natürlich mir als Lehrlingssprecher ganz wichtig – Lehrlinge und Fachkräfte, und wenn man diese dann noch ausbildet, wäre das einfach eine Idealbesetzung. Ich freue mich, sagen zu kön­nen, dass wir diesem Antrag zustimmen werden. Ich glaube, das ist einer der ersten Anträge aus dem Bereich Konsumentenschutz, bei dem die ÖVP mei­nes Erachtens auf einem sehr, sehr vernünftigen Weg ist, und ich denke, dass man versuchen sollte, das EU-weit umsetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kühber­ger. – Bitte.


12.59.50

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich möchte auch zum Entschließungsantrag bezüglich
EU-weiten Rechts auf Reparatur sprechen.

Ich bin in einer Autoverwertung aufgewachsen. Wie für meine Brüder war für mich ein Schraubenzieher und eine Ratsche fast das erste Spielzeug, und


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wir haben die Autos schon zerlegt, als wir klein waren. Später habe ich dann einige Jahre – Gott sei Dank – auch im Betrieb meines Vaters gearbeitet. Das war so in den Neunzigerjahren. Damals hat es die Mercedes /8 und 123 gegeben. In diese wurden über Jahrzehnte eigentlich der gleiche Motor, das gleiche Getriebe eingebaut, vielleicht ist es später ein Fünfganggetriebe ge­worden. Lichtmaschine und Starter konnten eigentlich nicht nur in ein Modell, sondern zu dieser Zeit in alle Marken eingebaut werden – Starter und Lichtmaschine oft sogar in einen Traktor.

Dann ist die Zeit gekommen – ja, es ist auch die Moderne gekommen –, in der, wie es in Werkstätten heute ist, viel mehr getauscht wird. Es kann fast nichts mehr repariert werden – und das ist sehr schade, meine Damen und Her­ren, denn in der geschilderten Zeit habe ich gelernt, wie wichtig die Res­sourcen bei uns hier eigentlich sind, weil wir sie ja selber nicht haben. Das be­deutet, wenn wir zum Beispiel fossile Energieträger brauchen, dann ho­len wir sie aus China, aus Russland, aus Amerika. Das sind in einem Jahr immer­hin über 200 Milliarden Euro.

Ich möchte auf die Ausführungen meiner Vorrednerin Frau Fischer eingehen. Sie hat auch den Abfall angesprochen, ein Riesenthema, wie man erkennt, wenn man bedenkt, wie die Weltbevölkerung wächst. Alleine in Afrika wird sich die Bevölkerung bis 2050 verdoppeln. Wenn sich dort beim Recycling nichts ändert, werden wir 2050 ungefähr 70 Prozent mehr Müll haben. Zum täg­lich weltweit anfallenden Müll: Wenn wir diesen in einen Zug füllen wür­den, so würde er zwölf Mal um die Erde reichen. Das ist also eine gewaltige Menge und darin finden sich wirklich Ressourcen.

Wie schaut es in der Steiermark aus, aus der ich komme? – Wir produzieren pro Kopf pro Tag in der Steiermark 1,2 Kilogramm Müll. Das ist jetzt nicht so positiv, denn das ist ungefähr das Doppelte des weltweiten Durchschnitts. Was aber sehr positiv ist: Die Recyclingquote liegt bei 61 Prozent. Damit sind wir weltweit sehr weit vorne, denn da erreichen die anderen etwa ein Drittel davon.


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Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich bin auch Landwirt. So wie sich die Kreislaufwirtschaft der Ressourcen darstellt, lebe ich als Biobauer die Kreislaufwirtschaft eigentlich auch auf meinem Hof daheim. Diese Kreislauf­wirtschaft ist nicht nur aus ökologischen Gründen wichtig – sicher auch! –, sondern auch aus wirtschaftlichen. Ich könnte es mir nämlich nie leisten, wenn irgendwelche Nährstoffe meinen Betrieb verlassen würden – und so ist es auch bei unseren Ressourcen, vor allem bei den fossilen Energieträgern, denn wenn da einmal etwas aus dem System draußen ist, ist es weg, und das holen wir nie wieder herein.

Jetzt noch einmal auf die Kreislaufwirtschaft zurückkommend: Diese ist wichtig, denn wir können wiederverwerten, wiederverwenden, und für mich gehört das Reparieren einfach dazu. Wie schaut das dann in der Praxis aus? – Die Frau Kollegin hat es kurz angesprochen: In der Praxis ist es so, dass wir mit die­sem Entschließungsantrag fordern, dass die Bundesregierung diesbezüglich ba­sierend auf Produktgruppen Kontakt mit der EU aufnimmt – der Herr Kol­lege hat E-Bikes angesprochen: wenn E-Bike drinnen steht, sagt mein Hausver­stand, dass ein normales Rad auch drinnen ist, weil es ja in Wahrheit fast keinen Unterschied gibt, nur ist es einfacher –, und es wird dann genau beschrie­ben, für welche Produktgruppen eine Reparatur möglich sein muss. Für die­se Produktgruppen müssen auch Ersatzteile auf Lager sein, und es muss auch der Zugang für eine Wartung gegeben sein. Das bedeutet, da muss auch die War­tungsempfehlung passen.

Meine Damen und Herren, wenn wir die Verlängerung des Lebenszyklus dieser Produkte schaffen, ist das nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht positiv. Das ist eigentlich auch sehr positiv für die Konsu­mentinnen und Konsumenten, weil sie diese Produkte einfach länger im System haben und auch länger verwenden können. Ich bin mir sicher, dass da wirklich tolle, sehr innovative Produkte entstehen, und es ist ganz, ganz wichtig, dass man diese selber reparieren kann.


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So, wie ich es von meinem Vater daheim von klein auf in Bezug auf Autos gelernt habe, dass man, wenn sie noch so rostig oder verbeult waren, immer noch etwas rausholen kann – wir haben oft Autos verkauft, von denen selbst die letzte Schraube noch verwertet worden ist, meine Damen und Herren –, müssen wir auch unsere Kinder zukünftig wieder lehren, dass wir wichtige Ressourcen vor der Haustür haben und dass wir diesen nachhalti­gen Gedanken auch bei den Produkten, die wir tagtäglich im Gebrauch haben, le­ben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


13.04.47

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es in­haltlich zu diesem Antrag ganz kurz: Wir stimmen diesem Antrag zu – so wie ja alle Parteien im Ausschuss.

Ich möchte aber etwas Grundlegenderes dazu sagen, wie dieser Antrag zustande gekommen ist: Ich bin ja der Überzeugung – ich bin nicht nur der Überzeu­gung, sondern das ist so –, dass wir Abgeordneten hier alle angelobt wurden, näm­lich angelobt auf die Verfassung und auf die unverbrüchliche Treue der Republik gegenüber. Ich glaube auch, dass alle Abgeordneten – oder zumindest die allermeisten, egal welcher Fraktion sie angehören – es zum Zeitpunkt der Angelobung ernst meinen, mit einem ernsthaften Interesse, hier Teil der Ge­setzgebung zu sein und parlamentarisch tätig zu sein.

Das deckt sich allerdings nicht nur ein bisschen nicht mit dem, wie wir in den Ausschüssen arbeiten, sondern die Arbeit dort steht fundamental im Widerspruch zu dem, wie unsere Verfassung eigentlich vorsieht, dass das Parlament arbeiten sollte. Das ist insbesondere im Konsumentenschutz­ausschuss so und war insbesondere auch in der letzten Ausschusssitzung so, als dieser Antrag abgestimmt wurde.


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Ich erkläre, nicht für Sie alle, weil vor allem Sie von den Regierungsparteien dieses Spiel ja in jedem Ausschuss pervertieren, sondern insbesondere für jene, die zusehen und diese parlamentarischen Gepflogenheiten nicht so kennen, wie das abläuft: Anträge kommen in den Ausschuss, sie kommen dann auf die Tagesordnung – in der letzten Konsumentenschutzausschusssitzung wa­ren es beispielsweise 16 Anträge –, und davon sind in der Regel die allermeisten Anträge von der Opposition. Das war auch in der Konsumentenschutzaus­schusssitzung so: 14 von 16 Anträgen kamen von den Oppositionsparteien. Das, was die Regierungsparteien dann machen, ist, jeden einzelnen Antrag der Oppositionsparteien zu vertagen, das bedeutet, zu schubladisieren – dieser er­blickt dann nie wieder das Licht der Welt –, oder manchmal vielleicht – das ist eh schon ein Akt der Güte – abzulehnen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Noch eine andere Bemerkung: Ich glaube, dass wir NEOS die besten Anträge ha­ben, Sie von der ÖVP glauben, dass die ÖVP die besten Anträge hat. Das ist in jeder Partei so – logisch, denn wir sind ja auch Mitglied der jeweiligen Par­tei. Ich würde aber nie auf die Idee kommen, zu sagen: Alles, was die SPÖ sagt, ist schlecht, alles, was die FPÖ sagt, ist schlecht!, und auch nicht: Alles, was die Regierungsparteien sagen, ist schlecht! – Genau das machen Sie in den Ausschüssen aber: Sie vertagen alles von der Opposition, jeden einzelnen An­trag, und das ist wirklich unwürdig. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeord­neten von SPÖ und FPÖ.)

Weil das halt manchmal schon sehr peinlich ist, haben Sie in jener Konsu­mentenschutzausschusssitzung, weil kein einziger Antrag von den Regierungsparteien stammte (Abg. Ottenschläger: Wie ist das in Wien eigentlich? Was machen die NEOS in Wien?), zwei Anträge eingebracht – zwei von 16 Anträgen. Einer ist dieser hier, und ja, wir stimmen ihm jetzt zu, aber dieser Antrag ist eigentlich an Absurdität nicht zu überbieten, denn da fordern Sie, die Regierungsparteien, Ihren eigenen Minister auf, dass er die Europäische Kommission zu etwas auffordern soll. Ich meine, das ist ja total absurd. Das machen Sie nur, damit am Ende des Tages nicht 16 von 16 Anträgen vertagt


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werden. Ich finde das unwürdig! In Richtung der Grünen, die dieses Spiel der ÖVP mittlerweile perfektioniert haben: Sie haben plakatiert: „Wen würde der Anstand wählen?“ – Diese Praxis ist nicht anständig! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Matznetter: Das war ein Missverständnis ...!)

13.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


13.08.02

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause oder sonst wo vor den Bildschirmen! Es ist schon bedauerlich, lieber Kollege Shetty, dass Sie an diesem wichtigen, guten und sinnvollen Antrag die Genese so in den Vordergrund stellen und bemängeln, denn in Wahrheit geht es um die Sache. (Abg. Künsberg Sarre: Na um Gottes willen!) Selbstverständlich ist das heute ein extrem wichtiges Signal, dass alle Parteien diesen Antrag unterstützen – unbedingt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wo stehen wir denn? – Reparatur wird erst in den letzten Jahren allmählich wiederentdeckt. Wir wissen alle, dass das ein essenzieller Schlüssel zu Senkung des Ressourcenverbrauchs und vor allem zum Senken der Abfallströme ist, denn zum Beispiel Elektronik und Elektroware erfahren neben Textilien den größte Zuwachs bei den Abfallgruppen. Das ist also ein extrem wichtiger Punkt, den wir da heute zum Glück geeint beschließen.

Aus der Perspektive des Konsumentenschutzes: Was hat denn der Konsument, die Konsumentin für Möglichkeiten, überhaupt zu wissen, welche Geräte reparaturfähig sind? – Dazu führe ich eine der jüngsten Umfragen an: 70 Prozent der Bevölkerung geben an, in Sachen Klimaschutz mittelmäßig informiert zu sein und nicht genau zu wissen, was notwendig ist, um Klimaschutzmaßnah­men aktiv zu unterstützen. Jedoch finden 90 Prozent der Bevölkerung


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Österreichs Maßnahmen für den Klimaschutz sinnvoll und notwendig. Das ist eine wichtige Botschaft, die sich um Konsumverhalten, aber auch
Produktions- und Konsummuster dreht. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Neben Energiewende, Energieerzeugung, Mobilität, Ernährung und Gebäude­infrastruktur ist das Produktions- und Konsummuster eine der essenziel­len Stützen für klimafreundliche Maßnahmen. Das ist der Schlüssel für indivi­duelles Verhalten, es ist aber auch der Schlüssel in Richtung Wirtschaft, Produktion sowie Produktionsdesign und in Richtung Arbeitsmarktentwicklung beziehungsweise Ausbildung. Bei den Konsumgütern sind wie erwähnt
Elektro- und Elektronikgeräte und Textilien besondere Sorgengruppen, wenn es darum geht, dass das Abfallvolumen nicht noch größer wird. Umso wichti­ger ist, dass Reparieren auf allen Ebenen gefördert wird, und es geht dabei nicht nur um das Know-how, sondern vor allem auch um die Information und den Informationszugang für Konsumentinnen und Konsumenten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf EU-Ebene wurde mit der Ökodesignrichtlinie 2021 eine wichtige Grundlage geschaffen: das Recht auf Information für zehn Warengruppen. Unter an­deren sind da die wichtigen Warengruppen Waschmaschinen und Trockner, Geschirrspülmaschinen, elektronische Displays, Kühlgeräte, Licht­quellen und auch Elektromotoren aufgeführt.

Das muss man im Zusammenhang mit den ersten Ergebnissen des Repa­raturbonus österreichweit sehen. Seit April 2022 gibt es in Österreich den Reparaturbonus für Elektro- und Elektronikgeräte, und die Erfahrungen decken sich eins zu eins mit den Zielrichtungen dieser wichtigen Pro­duktgruppen.

Was sind die top fünf der Geräte, deren Reparaturkosten zur Förderung bereits eingereicht wurden? – Im Zeitraum April bis jetzt, also in den knapp sie­ben Monaten, seit es den Reparaturbonus gibt – die Erfahrungen zeigen, dass


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die Nachfrage extrem groß ist, es ist ein Erfolgsprojekt, es wurden bereits fast 300 000 Förderboni abgewickelt (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP) –, sind die top fünf der Produkte, für die der Reparaturbonus ein­gereicht wurde, genau diese Gruppen, über die wir jetzt gesprochen haben und die auch die meisten Abfälle verursachen: eins: Mobiltelefone; zwei: Ge­schirrspüler; drei: Haushaltswaschmaschinen; vier: Kaffeemaschinen; und fünf: Notebooks. Der Reparaturbonus geht also genau in das Segment, in dem wir die Abfälle reduzieren wollen, die Ressourcen schonen wollen und vor allem die Lebensdauer der Produkte, auch im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, unbedingt verlängern wollen – ein Erfolgsprojekt ersten Ranges. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine zweite wichtige Erkenntnis dieses Projektes betrifft die Kosten. Das Modell sieht vor: 50 Prozent der Reparaturkosten werden bis zu einem maximalen Betrag von 200 Euro ersetzt. Es hat sich in diesen sieben Monaten gezeigt, dass der durchschnittliche Betrag bei 100 Euro liegt. Der Reparaturanteil ist der­zeit also niedriger, als er sein könnte. Umso erfreulicher ist, dass man dadurch mit den vorgesehenen Mitteln etwas länger auskommt – ein tolles Projekt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das betraf jetzt die Reparaturen von Geräten, die man einem Betrieb zur Reparatur übergibt, für die man dann den Bonus in Anspruch nimmt. In Wahrheit gibt es aber noch einen anderen großen Bereich, und zwar jenen, wenn man selber in der Lage ist, Ersatz- oder Verschleißteile auszutauschen. Oft feh­len aber die Informationen über das Durchführen von leichten und kleine­ren Reparaturen, oft lassen sich die Geräte gar nicht öffnen oder aufschrauben oder gibt es zu dem Gerät keine Gebrauchs- oder Austauschanleitung. Und da setzt jetzt wieder die Ökodesignrichtlinie an, genau das, worüber wir heute reden: Die Möglichkeit der Reparierbarkeit muss den Konsu­mentinnen und Konsumenten auch als Information zur Verfügung stehen, das heißt, das Recht des Käufers auf Reparatur umfasst, dass der Aus­tausch von Ersatzteilen möglich ist und auch die Information dazu vorhanden ist.


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Es wurde vom Kollegen Kühberger schon angesprochen: Welche Teile kann man beim Auto heute noch reparieren oder austauschen? Bei meinem ersten Auto, das ich als Studentin hatte, konnte ich noch problemlos die Scheinwerfer­birnen austauschen. Probiert das heute einmal! Ich habe noch mit Polyester an meinem Auto gearbeitet. Also das sind ja beinahe geschichtsträchtige Tätig­keiten, die man heute gar nicht mehr machen kann. Der Zugang zu einzel­nen Teilen ist oft gar nicht mehr möglich, weil das große, verschweißte Einzel­teile oder Elektronikteile sind, die man gar nicht mehr tauschen kann.

Der nächste Punkt ist: Information zu Reparatur und Wartung. Es geht darum, zu wissen, welche Tätigkeiten regelmäßig durchgeführt werden müssen, und es geht um den Zugang zu Gebrauchsanleitungen, zu Programmupdates, zu Bauan­leitungen und darum, dass die Ersatzteile sieben bis zehn Jahre vorgehalten werden müssen und es überhaupt die Möglichkeit gibt, das Gerät zu reparieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich komme zum nächsten Punkt: Wegwerfen hat in den letzten Jahren zu einem geradezu verschwenderischen Umgang geführt. Ich zeige das anhand des Beispiels Onlinewarenhandel. Greenpeace hat 2020 eine Studie veröffentlicht, wonach vom Gesamtvolumen des Onlinehandels 1,4 Millionen Pakete aus Österreich mit neuwertiger Kleidung oder Elektronik vernichtet wurden. Das be­deutet, bevor sich überhaupt die Frage stellt, etwas zu reparieren, zu er­neuern oder zu warten, noch bevor wir überhaupt in dieses Stadium kommen, werden 1,4 Millionen Pakete entsorgt, vernichtet. Es ist billiger, Neuware zu vernichten, als sie wieder in den Wirtschaftskreislauf und vor allem in den Nutzungskreislauf einzuführen. Da leisten wir uns eine Ressourcenver­geudung allererster Güte.

Auch der Klimarat, der sich mit all diesen Fragen in den Hauptbereichen von Mobilität bis Konsum und Produktionsmustern befasst hat, hat sich dezidiert für ein Verbot der Vernichtung von Neuwaren ausgesprochen. Das ist den Men­schen ein großes Anliegen.


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An dieser Stelle ein Dank an die Mitglieder des Klimarates, die in einem halben Jahr unglaublich intensive und fachkundige Arbeit geleistet und 88 Emp­fehlungen an die Regierung gerichtet haben. An diesen sieht man, wie inhaltlich kompetent der Klimarat ist und dass er mit sehr viel Expertise gearbeitet hat.

Der Klimarat spricht sich also für ein Verbot, Neuwaren zu vernichten, aus, für ein Verbot, genusstaugliche Lebensmittel zu vernichten, und dafür, dass Retoursendungen im Onlinewarenhandel kostenpflichtig sein müssen, also mit dem kostenlosen Hin- und Herschicken durch die ganze Welt aufzuhören. Aus allen Gemeinden kenne ich die Klagen, dass die unterschiedlichen Zulieferer in Wahrheit zu einem echten Problem geworden sind, und weiß, dass mitt­lerweile niemand mehr einsieht, dass Pakete kreuz und quer durch ganz Öster­reich gefahren werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch die Umsetzung des Rechts auf Reparatur ist eine der Empfehlungen des Klimarats und im Zusammenhang damit die Förderung der Kreislaufwirt­schaft, der Aufbau von Know-how, von Bildung, aber auch der Ausbau von Aus­bildungsmöglichkeiten und Information, all das, was Reparaturen ermögli­chen kann.

Es ist also wichtig, dass der Konsument weiß: Was kann ein Produkt? Ist es re­paraturfähig? Kann man Komponenten austauschen? Und da mache ich jetzt einen Schwenk zu einem anderen Bereich, zu einem Antrag, der heute von allen Fraktionen gemeinsam eingebracht wurde und im nächsten Umwelt­ausschuss behandelt werden wird. Dabei geht es um das Wissen, wenn ich ein Produkt kaufe, welche Inhaltsstoffe überhaupt darin enthalten sind, und das ist bei den Nahrungsmitteln natürlich ein sehr großes Thema. Im konkreten Fall geht es um eine Information über Bestandteile von Nahrungsmitteln, nämlich bei Haifischprodukten. Österreich importiert gar nicht wenige Fischpro­dukte, von denen man nicht weiß, ob sie Bestandteile von illegal gefisch­ten, streng geschützten Arten enthalten oder nicht; und der Konsument, die Kon­sumentin hat aufgrund von mangelnder Deklaration keine Möglichkeit,


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zu wissen, ob Bestandteile geschützter, streng geschützter Arten illegal enthal­ten sind. Daher wurde heute dazu ein Selbständiger Entschließungsantrag von uns eingebracht. Ich bedanke mich für die Unterstützung aller Fraktionen, dass das möglich geworden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Danke, dass es möglich geworden ist, hier ein nationales Verbot von kommerziellen Haiproduktimporten und die gesetzlichen Vorgaben des Ar­tenschutzes zu prüfen, auch des Gesundheitsschutzes, weil da auch ge­sundheitsschädliche Methylquecksilberbestandteile festgestellt wurden und Haifische insgesamt in den Ökosystemen der Meere eine wichtige Funktion einnehmen und daher auch für den Klimaschutz relevant sind.

Erfreulicherweise findet derzeit die internationale Artenschutzkonferenz statt, bei der zum ersten Mal 60 gefährdete Haiarten unter Schutz gestellt wur­den – ein Meilenstein im Artenschutz, der gestern bei der Konferenz in der CITES, der Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen, gesetzt wurde. Dieser Schutz von gefährdeten Haiarten ist ein wichtiges Signal und ein großer Erfolg für den Artenschutz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Nur wenn Konsumentinnen und Konsumenten die Chance haben, bei einem Produkt zu wissen, welchen Einfluss sein Inhalt oder die Erzeugung hat, oder auch, wie die Auswirkungen dieses Produktes sind, ist es möglich, auch einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, zum Artenschutz und für ei­ne nachhaltige Welt zu leisten. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.21


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde gleich abstimmen lassen, wenn ich Ihre Zustimmung bekomme. – Gut.


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13.22.01Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 7 bis 10


Präsidentin Doris Bures: Dann kommen wir gleich zu den Abstimmungen.

Wir kommen zuerst zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungs­punkte 7 bis 10, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1762 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit so zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8, die dem Ausschussbericht 1763 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“.

Hiezu haben die Abgeordneten Christian Drobits, Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag, im Falle einer Ablehnung über die dem Ausschussbericht 1763 der Beilagen angeschlossene Entschließung abstim­men lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1763 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen. (277/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Konsu­mentenschutz, seinen Bericht 1764 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit so zur Kenntnis ge­nommen.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10, die dem Ausschussbericht 1765 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Einführung eines
EU-weiten Rechts auf Reparatur“.

Wer ist dafür? – Das ist einstimmig angenommen. (278/E)

13.24.0511. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2660/A(E) der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend unter Strafe stellen von Herunterladen, Hochladen, Weiterleiten oder Veröffentlichen von Pädo­philen Handbüchern und ähnlichen Anleitungen zum sexuellen Missbrauch an unmündigen Minderjährigen und mündigen Minderjährigen sowie auch einen Verkauf von Kindersexpuppen (1759 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


13.24.50

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, dieser Tagesordnungspunkt ist eine etwas schwere Kost um die Mittagszeit, aber man muss das aufdecken, damit es auch unterbunden werden kann: Ich spreche von Pädophilen­handbüchern als Anleitung zum sexuellen Missbrauch an unmündigen Minder­jährigen und Kindersexpuppen, die auf Bestellung zugesandt werden, und ich hätte nie geglaubt, dass das in Österreich überhaupt möglich, geschwei­ge denn nicht strafbar ist. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Im Darknet – die meisten werden wissen: das ist die Plattform für illegale Geschäfte – finden Sie ein Pädophilenhandbuch mit 1 000 PDF-Seiten. Diese können ganz einfach heruntergeladen werden und bieten Beschreibungen


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zum Missbrauch von Kindern. Es wird der kindliche Körper, egal ob weiblich oder männlich, erklärt und dargestellt, und auch genau aufgezeigt, wie ein pädophiler Täter ein Kind sexuell missbrauchen kann, ohne Spuren zu hin­terlassen. Und als ob das nicht schon arg genug wäre, können über Onlinedienste ohne Hindernis Kindersexpuppen gekauft werden, in verschie­denen Größen, in verschiedenen Ausführungen, je nach Vorliebe – express geliefert, zum Beispiel aus China.

Wer jetzt meint, dieses Abreagieren an Kindersexpuppen verhindere womöglich Leid an Kindern, der liegt völlig falsch, denn das Abreagieren an Sexpuppen verstärkt Fantasien. Das sagt auch Herr Brem, der Leiter der Männerberatung Wien und Verantwortlicher der österreichischen Initiative Nicht Täter Werden – und er arbeitet mit Pädophilen und wird wissen, wovon er spricht.

Er sagt: „Ich kann die Argumentation für den Erwerb von Kindersexpuppen nicht nachvollziehen, vor allem da ein [...] ,Abreagieren‘ an Sexpuppen eher zu einer Verstärkung der Fantasien und Fixierungen führt, anstatt darum, einen Weg aus der Fixierung auf Kinder zu finden. Deswegen treten“ auch sie „vehement gegen den Erwerb von kindlichen Sexpuppen auf und würden es empfehlen, diese zu verbieten; genauso wie den Konsum von Kindermissbrauchsfotos
und -videos, die“ wir auch „fälschlicherweise immer noch als Kinderpornogra­phie“ bezeichnen. Und das alles dient nur der Abfuhr von Trieben.

In Dänemark hat man den Kauf von Kindersexpuppen bereits verboten. Dort will man dem Kindesmissbrauch damit eben nicht Vorschub leisten. Wie gesagt: Ich hätte nie geglaubt, dass das in Österreich gesetzlich möglich ist, und ich be­danke mich beim Bündnis-Kinderschutz-Österreich, das mich darauf auf­merksam gemacht hat.

Unser Antrag lautet auf ein Verbot sowohl dieser Pädophilenhandbücher als auch des Verkaufs und Besitzes von Kindersexpuppen – und er wird heu­te abgelehnt. Das ist für mich als Mutter, als Großmutter, als Pflegemutter, aber natürlich auch als Politiker nicht nachvollziehbar und absolut unverständlich. (Beifall bei der FPÖ.)


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Der Regierungsantrag, der stattdessen – und schon anlassbezogen aufgrund unseres Antrages – heute beschlossen wird, lautet etwas dürftig:
„Die [...] Bundesministerin für Justiz [...] soll im Austausch mit Expert*innen der Wissenschaft erheben, ob hier auch in Österreich Handlungsbedarf be­steht.“ – Das ist also der kleinste, geringste gemeinsame Nenner zum Schutz der Kinder: prüfen, ob in Österreich Handlungsbedarf besteht?

Ja, sicher, das ist besser als gar nichts, aber für die Kinder, die in der Zwischen­zeit drangsaliert werden, ist es eindeutig zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)

13.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.


13.28.47

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wissen Sie, was ein Zei­tungsverschleißer ist? – Er kommt im Bundesgesetz vom 31. März 1950 über die Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen die sittliche Gefährdung – kurz Pornographiegesetz – vor. In diesen An­trag – wir haben es gerade gehört –, der von den Regierungsparteien aus­geweitet wurde, wurde auch aufgenommen, dass wir auch dieses Gesetz endlich ins 21. Jahrhundert holen wollen.

Das Gesetz spricht davon, und das grundsätzlich ja zu Recht, dass in Druckwer­ken und Laufbildern alles verhindert werden soll, was geeignet ist, „die sitt­liche, geistige oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen, insbe­sondere durch Verleitung zu Gewalttaten oder zu strafbaren Handlungen aller Art, durch Reizung der Lüsternheit oder durch Irreleitung des Geschlechts­triebes, schädlich zu beeinflussen“.


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Eh – man ist vom Inhalt her natürlich richtig, aber wir kommen mit diesem Instrumentarium bei all dem, was uns das Internet im Moment bietet, bei Weitem nicht mehr zurande.

Das ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt, und auch damit wollen wir uns be­schäftigen. Deshalb ist dieser Antrag nicht, wie die Kollegin vorhin gesagt hat, eine Einschränkung des Auftrages, der hier vor uns liegt, sondern er ist eine Ausweitung, denn auch da wollen wir wirklich ins Detail gehen und wollen uns mit allem beschäftigen, was benötigt wird, um den notwendigen Schutz zu bieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe mir lange überlegt, ob ich bei diesen Handbüchern so ins Detail gehen soll. Die Kollegin hat es jetzt gemacht, darum kann ich es auch machen, denn die Überlegung ist schon: Wie sehr soll man denn überhaupt bekannt ma­chen, was es nicht alles herunterzuladen gäbe? Was man aber auf jeden Fall tun muss, ist, zu verhindern, dass diese Mittel zur Verfügung stehen. Es ist wirklich unsäglich – unsäglich! –, dass es so etwas gibt und dass es bisher noch nicht unter Strafe gestellt ist.

Ich danke allen, die diesem Antrag zustimmen, er ist echt wichtig und notwendig. Was wir damit tun werden, ist ein ganz, ganz wichtiger Beitrag zum Schutz der Kinder. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte.


13.31.26

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der sexuelle Missbrauch von Kindern und von Unmündigen ist natürlich ein sehr, sehr schweres Verbrechen und des­wegen auch im Strafrecht entsprechend abgebildet. Kaum ein anderes Verbrechen erregt so viel Ekel und Abscheu wie der sexuelle Missbrauch von Kindern.


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Häufig wird zitiert, dass jedes dritte bis vierte Mädchen und jeder siebte bis achte Bub von sexuellen Übergriffen betroffen sind, wobei da nicht die strafrechtliche Dimension des Missbrauchs herangezogen wird. Das Strafrecht ist eine sehr heikle Materie, die auch nicht immer ganz auf der Höhe der Zeit ist und gesellschaftliche Veränderungen oft erst im Nachhinein abbildet. Ich möchte nur daran erinnern, dass zum Beispiel erst im Jahr 1989 durch die Sexualstrafrechtsreform unter Ministerin Dohnal und Kanzler Vranitzky die Ver­gewaltigung und Nötigung in der Ehe unter gesetzliche Strafe gestellt wurde.

Neben dem gesellschaftlichen Wandel hat der Gesetzgeber heute natürlich auch noch den technischen Wandel im Auge zu behalten. Der gegenständliche An­trag trägt diesem Aspekt des technischen Wandels in Bezug auf Kindes­missbrauch Rechnung. Es geht konkret um die Verbreitung von Anleitungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet sowie das Inverkehrbringen, den Erwerb und den Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild. Diese Maßnahmen im Gesetz zu verankern erscheint aus Sicht der SPÖ verhältnismäßig und findet auch unsere Zustimmung.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass sexuelle Übergriffe gegen Un­mündige oft eine Vorgeschichte haben und Präventivarbeit da besonders wichtig ist. Als wichtiges Beispiel möchte ich die Männerberatung in Wien nen­nen, die unter dem Motto Nicht Täter werden agiert, wo Experten vertrau­lich und anonym beraten, bevor es zu spät ist. Ich meine, man muss Härte gegen­über jenen zeigen, die sich an Kindern vergehen, und gleichzeitig jenen professionelle Unterstützung geben, die das verhindern wollen und diese thera­peutischen Angebote nützen.

Damit möchte ich schließen und daran erinnern, dass 90 Prozent der Fälle im familiären Bereich stattfinden. Gerade deswegen darf niemand wegsehen, wenn es um den Schutz und die Integrität von Kindern geht. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper.)

13.34



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte.


13.34.35

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind das Wertvollste, das wir haben. Sie sind auch sehr verletzlich, deshalb müssen wir sie schützen, und zwar mithilfe der gesamten Politik, die wir machen, auch mit einem Budget wie jenem, das wir gestern beschlossen haben, aber auch mit allen Gesetzen, die wir hier im Hohen Haus beschließen.

Wir müssen die Kinder schützen – vor allen Formen der Gewalt und insbesonde­re auch vor sexuellem Missbrauch. Sexueller Missbrauch von Kindern ist leider allgegenwärtig. Die EU hat kürzlich veröffentlicht, dass weltweit allein im Jahr 2021 insgesamt 85 Millionen Bilder und Videos von sexuellem Kindes­missbrauch veröffentlicht wurden. Das ist nur die offizielle Zahl, da gibt es eine Dunkelziffer, die wahrscheinlich noch viel höher ist. Hinter jedem einzelnen Bild steht ein einzelnes Schicksal, ein reales Kind, das Schaden an seiner Seele, an seinem Körper erleidet, oft das ganze Leben lang unheilbar. Die Zahlen zeigen auch, dass durch die Pandemie dieses Problem noch verschärft wurde.

Wir wissen, dass sich die Wege des Verbrechens immer wieder ändern. Wir müssen deshalb auch im Strafrecht immer wieder auf diese neuen Wege von Verbrechen reagieren, darauf blicken: Wie ändert sich das und wie müssen wir antworten? Darum ist es sinnvoll, dass wir heute hier diskutieren, wie es zu bestrafen ist, wenn Missbrauchsanleitungen im Internet zirkulieren, wenn sie hochgeladen werden, heruntergeladen werden, veröffentlicht werden. Es ist auch richtig, dass wir heute diskutieren, wie wir mit dem Verkauf und dem Erwerb und dem Besitz von Kindersexpuppen umgehen. Die Wissenschaft ist überwiegend der Meinung, dass Kindersexpuppen dazu führen, dass Hemmschwellen sinken und dass in einer Eskalationsspirale die Gefahr von Übergriffen gesteigert wird.


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Ich möchte Kollegin Rosa Ecker für das Aufgreifen dieses wichtigen Anliegens Danke sagen. Ich möchte dich auch beruhigen und sagen: Wir werden das nicht verschieben oder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verlegen, sondern diese Anregung aufgreifen, um zu sehen, was an Handlungsbedarf besteht, und das dann selbstverständlich umsetzen. Die Frau Ministerin hat das schon im Aus­schuss ganz deutlich gesagt.

Als erster Schritt muss eben überprüft werden: Wie sieht die Gesetzeslage aus? Das beschließen wir heute. Wenn Verschärfungen notwendig sind, und das ist wahrscheinlich, dann wird es diese Verschärfungen auch geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kinder sind das Wertvollste, das wir haben. Unser ganzes Engagement muss ihrem Schutz und ihrer Förderung dienen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


13.38.03

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus und vor allem werte Zuseherinnen und Zuseher! Vor vielen Jahren hatte ich als junger Strafverteidiger einen Mann zu verteidigen, der sich massiv an der fünfjährigen Tochter seiner Lebens­gefährtin vergangen hatte. Damals war meine eigene Tochter auch fünf Jahre alt und ich habe mir nicht vorstellen können, wie solche Übergriffe möglich sind – aber sie sind möglich. Ich befürworte bedingungslos eine konsequente und massive Form der Strafverfolgung im Falle des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich vertrete auch die Ansicht, dass präventive Maßnahmen zur Verhinderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern notwendig und gerechtfertigt sind. Einen


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Aspekt gestatten Sie mir aber dennoch mit der gebotenen Sensibilität zu thema­tisieren: Welche Form der Prävention ist gerechtfertigt und verhindert wirk­lich Schlimmeres, und was ist überschießend?

Der amerikanische Autor Philip Kindred Dick verfasste 1956 eine Kurzge­schichte, eine Erzählung, die später durch die Verfilmung mit Tom Cruise sehr bekannt geworden ist: „Minority Report“. Für alle, denen die Geschichte nicht bekannt ist: Polizeikräfte der Zukunft sind in der Lage, Verbrechen durch die seherischen Kräfte spezieller Menschen präzise vorherzusagen. Das heißt, Ablauf, Auswirkung und Täterschaft der noch gar nicht begangenen Ver­brechen lassen sich mit Bestimmtheit vorhersagen. Das ermöglicht es den Ordnungskräften, die Täter zu verhaften, bevor das eigentliche Verbrechen passiert – bis hierher eine hollywoodtaugliche Erzählung.

Die Frage, die die Geschichte aber eigentlich thematisiert, ist: Können wir präventiv Menschen als potenzielle Täter behandeln? Das ist natürlich eine leidige Grundfrage zwischen Menschenrechten auf der einen Seite und Gesellschaftsschutz auf der anderen Seite, aber trotzdem: Können wir?

Die Frage scheidet die Geister, und Sie sehen mich hier genau an der Kippe zwischen Ja und Nein. Ein generelles Ja kann es aber eben nur dann ge­ben, wenn das Verbrechen mit Bestimmtheit stattfindet, nicht, wenn es nur vermutet werden darf. Das heißt, den Erwerb einer Puppe einer verbrecherischen Absicht gleichzusetzen, das ist zumindest fragwürdig.

Wie steht es mit der einschlägigen Literatur? Natürlich muss das mit der Anlei­tung zum Kindesmissbrauch aus dem Darknet ein Ende haben. Expertin­nen und Experten der deutschen Bundesrechtsanwaltskammer weisen nach, dass durch solche Anleitungen die Hemmschwelle abgesenkt, Wünsche geweckt oder verstärkt werden und sich die Gefahr des tatsächlichen sexuellen Missbrauchs an Kindern steigert. Ein derartiges Handbuch kann somit den Wunsch eines potenziellen Täters nach einer realen Umsetzung verstärken und auf diese Weise Kinder und Jugendliche gefährden.


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In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Polizei natürlich genügend Expertise und Ausstattung im Bereich der Cyberkriminalität zu bekommen haben wird, um solchen Straftätern das Handwerk legen zu können. Deutschland hat im Jahr 2021 zwei neue Strafbestimmungen dahin gehend verabschiedet: Einerseits wurde das Herstellen und das Inver­kehrbringen, der Erwerb und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild, andererseits auch die Verbreitung und der Besitz von An­leitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe gestellt.

Österreich darf da nicht nachlässig sein und muss möglichst rasch legistische Klarheit schaffen, damit die Käufe derartiger Literatur unterbleiben und damit unsere Kinder geschützt sind. Wir stimmen daher dem Antrag zu, laden aber dringend dazu ein, meinen Überlegungen im Zuge des legistischen Prozesses Platz einzuräumen. Sie sind nicht bestimmt vom Glauben an das Gute im Menschen, sondern vom Glauben an alternative, individuelle Entwicklungsszenarien, die jedem Menschen zugebilligt werden sollten.

Zu guter Letzt will ich auch die Kritik des Deutschen Kinderschutzbundes in seiner damaligen Stellungnahme mit Ihnen teilen: „Jugendliche“ gehen im Internet „teilweise recht sorglos“ mit dem Herunterladen und Speichern von bestimmten Daten um. Darüber hinaus teilen sie „gelegentlich sehr unbe­darft Daten unterschiedlichster Themen und Inhalte.“ – Wir müssen daher sicherstellen, dass bei der legistischen Umsetzung dafür Sorge getragen wird, dass Jugendliche nicht zu leicht als Täter im Sinne der künftigen Strafbestimmungen behelligt werden können.

Der Film endet übrigens damit, dass dieses System der präventiven Verbrechensverfolgung zum Wohle der Gesellschaft aufgegeben wurde. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Steinacker.)

13.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.



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13.44.06

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Justizministerin! Sex und Geschlechtsverkehr brauchen immer – brauchen immer! – Einverständnis, brauchen immer Konsens, und das ist mit Kindern per se nicht möglich. Sex mit Kindern ist immer ein No-Go, darüber sind wir uns einig.

Ich mag jetzt auch gar nicht die vielen guten Argumente wiederholen, die viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner schon vorgebracht haben. Ich mag die Diskussion, die wir heute führen, vielleicht noch in einen Kontext stellen, der gerade auf europäischer, nicht nur auf EU-europäischer Ebene geführt wird. In der Schweiz zum Beispiel hat es eine sehr lange Diskussion, auch eine Kampagne von Amnesty International gegeben, eine Kampagne, die „Nein heisst Nein“ geheißen hat, wobei das Schweizer Parlament dem letztendlich auch gefolgt ist.

Es gibt jetzt auch Kritik daran, dass zum Beispiel die Definition von Verge­waltigung nicht die ganz wahre ist, und es gibt parallel dazu auf EU-Ebene gera­de eine Diskussion über eine neue EU-Richtlinie gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt.

Ich glaube auch, dass es uns aus österreichischer Sicht gut anstehen würde, ge­rade unter dem Aspekt des sexuellen Missbrauchs von Kindern, noch nachzuschärfen, wenn es zum Beispiel um das einfach zugängliche Recht geht, die Möglichkeit auf eine gute sexuelle Bildung zu haben, die faktenbasiert ist und bei der vor allem im Mittelpunkt steht, dass einerseits Sexualität nichts Böses, nichts Grausliches, nichts Grindiges, sondern im Gegenteil etwas sehr Schönes ist, dass aber andererseits Kinder auch ganz klar beigebracht be­kommen, dass sie Nein sagen können, dass sie Nein sagen sollen, wenn irgendetwas passiert, was sie nicht wollen, was nicht das ist, womit sie gut leben können.


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Damit verbunden, und auch das fehlt noch ein bisschen in der Richtlinie, ist, glaube ich, auch die sehr einfach zugängliche Beratung und Unterstützung von Opfern – bei Kindern mag ich sogar von Überlebenden sexuellen Missbrauchs sprechen –, sodass diese wirklich alle psychologische und medizini­sche Obsorge bekommen, die sie nach einem eventuellen Missbrauch brauchen.

Was in der Schärfe, die ich mir in diesem Richtlinienentwurf wünschen würde, auch ein bisschen fehlt, wozu es jetzt im Dezember eine neue Runde geben soll, ist die Ausbildung von Pädagog:innen und des Gesundheitspersonals – ich glaube, diese sind auch ganz, ganz wichtig dabei –, um mitzukriegen, wann Kin­der möglicherweise Opfer von sexueller Gewalt oder – in diesem Zusam­menhang vielleicht besser – von sexualisierter Gewalt geworden sind. Auch an der Definition von Einverständnis ist anscheinend noch ein bisschen zu feilen.

Was ich mir abschließend wünschen würde, ist eine wirklich gute finanzielle Ausstattung all der Vereine, all der Einrichtungen, die in Österreich Bera­tung machen, die in Österreich Kindern und auch deren Familien weiterhelfen. Ich glaube, dass die Arbeit so wichtig ist, dass sie wirklich auf einem gu­ten finanziellen Polster sitzen sollten. Sie sollten – ganz dringend! – nicht um Geld raufen müssen, sondern vor allem ihre Energie dafür verwenden können, ihre wertvolle Arbeit weiterzumachen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

13.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlegen wir wie vereinbart die Abstimmung an den Schluss der Verhand­lungen über die Vorlagen des Justizausschusses.


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13.47.3912. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2893/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spal­tungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsge­setz 2022 – GesDigG 2022) (1760 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum TOP 12.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr.


13.48.04

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört, es ist ein recht sperriger Begriff: Wir diskutieren jetzt das Gesellschaftsrechtliche Digitalisierungsge­setz 2022. Im Grunde genommen ist das die Umsetzung der EU-Digi­talisierungsrichtlinie.

Worum geht es da? – Innerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes soll die Gründung von Kapitalgesellschaften, die Eintra­gung von Zweitniederlassungen solcher Gesellschaften in anderen Mitgliedstaa­ten sowie die spätere Eintragung von Urkunden und Informationen zum jeweiligen Unternehmensregister vollständig online ermöglicht werden.

In der heutigen Zeit ist das durchaus angebracht und wichtig, und das hätten wir auch unterstützt, wäre da nicht ein Pferdefuß dabei: Mit diesem Digitalisie­rungsgesetz ist ganz eng die Zukunft der „Wiener Zeitung“ verknüpft. Die vor­liegende Gesetzesänderung nimmt der ältesten Tageszeitung der Welt die Haupteinnahmequelle, und das bedeutet de facto ihr Aus, und das Ganze mittels eines Initiativantrages, der wenige Stunden – Frau Ministerin, das


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habe ich wirklich sehr bedauert – vor der letzten Justizausschusssitzung einge­bracht wurde und somit stillschweigend, ohne Begutachtung beschlos­sen werden soll.

Diese Vorgehensweise ist eine Missachtung des Parlaments (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch), und genau das schwächt unsere Demokratie. Diese Vorgehensweise hat dazu geführt, dass wir nur mehr eine Wahldemokratie sind.

Der Redaktionsbeirat mit der Chefredaktion der „Wiener Zeitung“ hat uns Abgeordneten im Oktober, erst wenige Wochen vorher, ein Schreiben geschickt. Darin untermauert er Ideen und zeigt uns Lösungswege, die die Republik finanziell weniger belasten würden und den Erhalt einer wichtigen Tageszeitung sichern.

Die älteste Tageszeitung der Welt ist Teil des österreichischen Qualitäts­journalismus, und ihr Bestand sollte uns allen wichtig sein. Als liberale Demokra­tie sollten wir auch keine Angst vor kritischer Berichterstattung haben; aber wie bereits erwähnt sind wir ja keine liberale Demokratie mehr! Die Regierung gibt lieber 230 Millionen Euro für Regierungspropaganda – muss ich mittlerweile sagen –, für unkritische Berichterstattung, für Inserate aus, statt dass sie 9 Millionen Euro im Jahr in die Hand nimmt, um ein vorliegendes Konzept, wie man die Tageszeitung erhalten könnte, anzunehmen und umzusetzen. Das passiert einfach nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Warum passiert das nicht? Wovor haben Sie Angst? Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Es ist vor allem das, was die Regierung hinter dem Digi­talisierungsgesetz verstecken will, was wir kritisieren. (Abg. Hörl: Inserate von Un­ternehmern!) Wir werden dem daher nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte sehr. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)



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13.51.36

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte beginnen, indem ich einen Abänderungsantrag zu diesem Gesetz einbringe, damit das erledigt ist, und zwar folgenden:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses 1760 d.B. über den Antrag 2893/A der Abgeordneten Mag.a Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Pram­mer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Di­gitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag 2893/A in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (1760 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 lautet die Z 11:

„11. In § 277 Abs. 4 entfällt der Verweis „und 2“.“

2. In Artikel 7 Z 22 wird das Wort „rechtkräftig“ durch das Wort „rechtskräftig“ ersetzt.

Begründung

Die Änderungen dienen der Berichtigung von Redaktionsversehen.

*****


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So, jetzt ist das erledigt.

Nun zum Inhaltlichen: Nein, wir machen hier nicht ein Gesetz, hinter dem wir irgendetwas verstecken wollen, ganz im Gegenteil; man muss einfach Dinge auseinanderhalten, die miteinander nichts zu tun haben. Dass wir diese Digitalisierungsrichtlinie umsetzen, was logischerweise natürlich auch die von Ihnen zitierten Folgen hat, liegt nur daran, dass wir vorher ein System hat­ten, das damit eben leider nicht kompatibel ist.

Dass wir diese EU-Digitalisierungsrichtlinie umsetzen, bedeutet, dass es ab jetzt möglich sein wird, Unternehmen ohne den Gang zu Gericht, ohne die Not­wendigkeit von Papiereingaben zu gründen. Das ist ein wesentlicher Fortschritt, und das ist etwas, was sich – das muss man dazusagen – im Rahmen der Regelungen, die wir aufgrund der Pandemiesituation leider schon treffen muss­ten, schon bewährt hat. Es ist richtig und gut, dass man Unterlagen in digi­talisierter Form vorlegen kann. Es ist richtig und gut, dass es diese Möglichkeiten gibt, und es ist vor allem für die Unternehmen nicht nur eine Vereinfachung, sondern damit ist auch eine wesentliche Kostenreduktion verbunden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine Unternehmensgründung hängt schon sehr stark davon ab, ob man ausreichend Kapital zur Verfügung hat, um das Unternehmen überhaupt zu gründen. Es soll nicht notwendig sein, auch noch zusätzliche Gebühren­hürden aufzubauen, in einer Zeit, in der eigentlich fast jedes Geschäft, jedes Rechtsgeschäft online abgewickelt werden kann. Es soll nicht sein, dass wir da nicht nachziehen.

Was auch noch zur Debatte gestanden ist: Warum muss man denn überhaupt trotzdem noch zum Notar gehen? Warum gibt es in vielen Bereichen im­mer noch diese Notariatsaktpflicht? – Das wiederum ist eine Sicherheitseinrich­tung, eine Sicherheitsbestimmung, die wir auf jeden Fall beibehalten woll­ten; aber auch da ist es nicht mehr notwendig, das physisch zu machen, auch da ist es möglich, all diese Geschäfte online abzuwickeln.


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Deshalb ist dieses Gesetz ein wesentlicher Fortschritt. Es bringt uns ins 21. Jahrhundert. Es gibt den Unternehmen wesentlich mehr Möglichkeiten und ist eine Vereinfachung und eine Kostenreduktion und deshalb gut. Des­halb ersuche ich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz und bitte auch, den Fo­kus darauf zu legen, was dieses Gesetz macht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrauner. – Bitte.


13.55.46

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her auf der Galerie und zu Hause! Es stimmt: Mit dem vorliegenden Gesetz wird die EU-Digitalisierungsrichtlinie zur Gänze umgesetzt. Das erspart den Unternehmerinnen und Unternehmern viel Arbeit und Geld, auch das ist richtig. Es ist aber auch richtig, dass 7,5 Millionen Euro an Gebühren nicht mehr eingenommen werden. Dass es vollständige Onlinegründungen geben soll, ist auch klar.

Was mir nicht klar ist, ist der Zusammenhang: Kostenreduktion ist gut, aber auf Kosten von wem? Das muss man sich auch fragen. Das Gesetz ist inhaltlich in Ordnung, aber die Auswirkungen und die Rahmenbedingungen, die für andere dadurch entstehen, wurden entweder nicht berücksichtigt oder gewollt nicht berücksichtigt. Die Offenlegungspflicht, die ja für alle Personen, die in der „Wiener Zeitung“ nachschauen wollten, wesentlich zur Kontrolle war, ist jetzt in dieser Form nicht mehr gegeben. Ich bin trotzdem der Meinung, dass bei wichtigen Dingen analog und online gleichberechtigt sein sollen.

Ich finde, dass durch diese Maßnahme der „Wiener Zeitung“ wesentliche Einnahmen entgehen. Sie ist jetzt sozusagen nicht vor dem Ruin, weil nicht gut


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gearbeitet wurde. Es ist Qualitätsjournalismus, der unabhängig ist. Viel­leicht stört das auch einige Menschen, die diesem Gesetz gleich die „Wiener Zeitung“ nachschmeißen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte dazu auch sagen, dass sie zu den ältesten Tageszeitungen der Welt gehört und ein Zeugnis für österreichische Kulturleistung von Weltrang ist. Wenn Sie da so trivial drüberstehen und sagen: Na ja, die „Wiener Zeitung“ trifft es halt auch ein bisschen, aber wir haben ein gutes Gesetz!, dann möchte ich schon daran erinnern, dass Österreich gerade im kulturellen Bereich und in der intellektuellen Auseinandersetzung auf vielerlei Gebieten immer an erster Stelle war, und das ist ein Asset für Österreich. Da kann man nicht so tun, als wäre das trivial oder nicht wichtig. Ich finde es sehr wichtig. Ich finde es auch sehr wichtig, dass man mit dem Thema „Wiener Zeitung“ seriös umgeht. Bevor wir das nicht sehen, werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte.


13.58.16

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es geht um die Umsetzung der Digitalisie­rungsrichtlinie. Wir werden dem zustimmen, allerdings nicht deshalb, weil wir glauben, dass wir diese Richtlinie gebraucht hätten, denn Österreich ist Gott sei Dank in der Digitalisierung im gesellschaftsrechtlichen Bereich und auch in der Justiz an sich bereits sehr fortschrittlich. Wir können in Österreich zum Beispiel GmbHs bereits digital gründen, was sonst kaum möglich ist. Wir können auch Unterschriften digital beglaubigen. Es gibt da auch durch­aus eine große Nachfrage, regelmäßig etwa auch aus Deutschland, wo dann digitale Beglaubigungen für deutsche Urkunden hier in Österreich durch­geführt werden. Wir sind da also sehr fortschrittlich. Ich finde das sehr erfreulich, sehe aber auch, dass es nicht immer das Allheilmittel für alles ist.


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Digitalisierung wird ja manchmal auch so ein bisschen als heilige Kuh gesehen. Der Meinung bin ich nicht. Man muss schon immer sehr darauf achten, dass man bei der Digitalisierung darauf schaut, dass die Qualität und die Sicher­heit gewahrt bleiben, dass nicht Menschen, die nicht so einen guten Zu­gang zu digitaler Infrastruktur haben oder sich nicht so gut auskennen, benach­teiligt werden.

Ich sehe aber auch, dass wir das in Österreich wirklich sinnvoll machen. Wir haben also dieses Augenmaß, wir haben bis jetzt sehr darauf geachtet, dass diese Richtlinien, also Qualität und Sicherheit, eingehalten werden.

Positiv ist in diesem Gesetz auch die Anpassung der Gerichtsgebühren. Das ist immer eine eigene Wissenschaft, und wenn das etwas vereinheitlicht und zum Teil auch herabgesetzt wird, ist das positiv.

Der letzte Punkt, der ja schon in Diskussion war, betrifft die Veröffentlichung in der Ediktsdatei der „Wiener Zeitung“. Das war tatsächlich etwas Anachro­nistisches, das muss man einfach sagen. Ich habe große Sympathien für die „Wiener Zeitung“, und wir haben gestern bei dem Antrag, dass die „Wie­ner Zeitung“ als Printmedium erhalten bleibt, auch mitgestimmt. Ich finde es tatsächlich gut, dass man die älteste noch existierende Tageszeitung der Welt erhält und dass man einen Weg findet – dafür bin ich –, nicht mit jedem Mittel und so weiter, aber das finde ich gut. Auf der anderen Seite halte ich es für richtig, dass man die Einschaltung in der Ediktsdatei in Papierform ab­schafft, die sich, wie gesagt, keiner angeschaut hat, die eigentlich nur ein Kosten­faktor für Unternehmen war.

Also in Summe ist es ein sinnvolles Gesetz, und wir stimmen daher zu. (Beifall bei der FPÖ.)

14.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort kommt Abgeordneter Troch. – Bitte.



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14.00.58

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht zwar primär um ei­ne Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union und sozusagen die nationale Umsetzung davon, aber die Regierung schafft es, mit dieser EU-Richt­linie und ihrer nationalen Umsetzung die älteste noch erscheinende Tages­zeitung der Welt zu killen.

Wie schafft man das? – Also das bringt wirklich nur diese Regierung zusammen. Wie gesagt: Es geht auch um die „Wiener Zeitung“ (ein Exemplar der „Wie­ner Zeitung“ in die Höhe haltend), denn es gibt ja die Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt der Republik Österreich (ein Exemplar des Amtsblatts in die Höhe haltend). Die SPÖ stellt sich zwar nicht gegen Modernisierungsschritte – die SPÖ ist für die sinnvolle Umsetzung von Digitalisierungen und Modernisierung –, aber so nebenbei die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt zu killen, das muss man erst einmal schaffen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich fürchte, wenn wir die Medienpolitiker der ÖVP weiterwerken lassen, dann schaffen die das. Be­stimmte Dinge, die man für die Republik schaffen sollte, werden ja nicht ge­schafft, aber so nebenbei ein bedeutendes Medium zu killen, das traue ich der ÖVP ganz einfach zu.

Meine Kritik betrifft allerdings auch die Vorgangsweise bei der parlamen­tarischen Arbeit von ÖVP und Grün, im Ausschuss einen Initiativantrag wenige Stunden vor der Ausschusssitzung einzubringen und damit eine Begutach­tung zu untergraben, zu verhindern. Okay, das ist natürlich ein Trick, den Schwarz-Grün in der Ausschussarbeit angewendet haben. Man hat offen­sichtlich Angst vor der Begutachtung dieses Gesetzentwurfes, und mit diesem parlamentarischen Trick wird dem entsprochen.

Es wird etwas vorgelegt, das jetzt wieder mit einem Abänderungsantrag abgeändert werden muss. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Also wenige Stunden vorher wird etwas ohne Begutachtung in den


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Ausschuss hineingeschoben, und jetzt erfolgt noch ein Abänderungsantrag, weil dieser Initiativantrag hinten und vorne ein Pfusch ist. (Abg. Prammer: ... ein Buchstabe fehlt!) Ich sage einmal: Da sieht man, dass diese Regierung, dass die Fraktionen ÖVP und Grün handwerklich – und ich meine politisch hand­werklich – sozusagen letztklassig sind. (Beifall bei der SPÖ)

Man sieht das ja im Umgang mit der Wirtschaftspolitik, man sieht das im Umgang mit der Bildungspolitik, man sieht das im Umgang mit Covid, man sieht das im Umgang mit den Wirtschaftshilfen: handwerklich eine äußerst schwa­che Regierung. Die SPÖ spielt selbstverständlich bei diesem Pfusch nicht mit, für uns kommt das überhaupt nicht infrage. Wir wollen diese Digitalisierungs­richtlinie heranziehen, um ein klares Zeichen für die „Wiener Zeitung“ zu setzen.

Ein Entwurf, wie es da weitergehen soll, ist ja auch ein Pfusch. Innerhalb eines halben Jahres soll ein völlig neues Konzept für diese Traditionszeitung umgesetzt werden. Man sieht daran, wie die Medienpolitik der ÖVP ausschaut: einfach ärmlich, einfach peinlich. Die sowieso schon sehr konzentrierte Medienlandschaft in Österreich wird weiter konzentriert. Das kann nicht im Sinn von Medienfreiheit, Meinungsfreiheit, Pluralität sein. Daher gibt es dazu ein klares Nein der SPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Stein­acker. – Bitte.


14.04.52

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Mitbür­gerinnen und Mitbürger! Also zu dieser Diskussion, die sich um die Um­setzung einer EU-Richtlinie dreht, wobei noch dazu Österreich im Wesentlichen wirklich die Punkte – sprich digitales Gründen, sprich Einreichungen zum Firmenbuch: bereits online und digital möglich – umsetzt und da gar nicht so viel Neues ist, weil wir in diesem Bereich Vorreiter für Europa waren: Da jetzt


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einen Zusammenhang herzustellen und nicht mitzugehen verstehe ich nicht. Wir beschließen, Kollegin Yildirim, Kollege Troch, heute die Umsetzung einer
EU-Richtlinie und nicht die neue „Wiener Zeitung“ oder den Entwurf, der jetzt in Begutachtung ist, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Ich lasse mir Österreich und unseren Wirtschaftsstandort nicht schlechtreden. (Ruf bei der SPÖ: Der ist schon schlecht, leider!) Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer müssen von Bürokratie entlastet werden, und mit dieser Richtlinienumsetzung entlasten wir sie. Wir haben das auch in der Ver­gangenheit gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Unternehmerinnen und Unternehmer heute durch diesen Gesetzes­beschluss von Gebühren bei Gericht befreit werden, nämlich um insge­samt 7,5 Millionen Euro und sofort, im Rahmen dieser Umsetzung, von über 3 Millionen Euro, einfach durch die Nicht-mehr-Verlautbarung in der „Wiener Zeitung“, dann bitte ist das ein ganz großer Schritt für Österreich, für die Digitalisierung und für die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss replizieren, auch wenn das nicht Gegenstand dieser Verhandlung ist. Insofern habe ich null Verständnis dafür, dass bei einer ganz geraden und sorgsamen Richtlinienumsetzung, die uns die Frau Bundesministerin vorbereitet hat, die SPÖ nicht mitgeht. Ein Junktimieren mit einem Gesetzentwurf, der sich derzeit in Begutachtung be­findet (Zwischenruf der Abg. Yildirim) und der eine Transformation einer alten, ehrwürdigen, hoch angesehenen Zeitung in die neue, digitalisierte Welt zum Ziel hat, verstehe ich bei Gott nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Was wird die „Wiener Zeitung“ in Zukunft sein? – Die „Wiener Zeitung“ wird nicht gekillt, Herr Kollege Troch, nein. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim.Killen kann man keine Zeitung. Ganz im Gegenteil: Es geht um eine


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Transformation in ein neues Medium, das ein Mediahub für Österreich, für diese Bundesregierung und auch für die Bundesregierungen der Zukunft sein wird, denn es wird dort Publikationsnotwendigkeiten, die festgelegt werden, und Aus- und Weiterbildung für Qualitätsjournalismus geben. Das ist doch das Entscheidende, wenn wir von unabhängigen Medien und unabhängigem Journalismus sprechen. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.) Es wird auch Contentpart­ner für den Bund sein und darüber hinaus Magazine über Dinge veröffentli­chen, die von öffentlichem Interesse sind.

Wenn die Begutachtung zu Ende ist, die derzeit läuft – ich glaube, sie ist noch in etwa dreieinhalb Wochen lang on –, dann können Sie sich dazu melden, da­zu Ihre Bedenken einbringen, aber doch bitte nicht bei der Umsetzung einer völ­lig geraden, sauberen, ordentlichen Digitalisierungsrichtlinie, die unser Fir­menbuch auf den neuesten Stand bringt, die Möglichkeiten für alle schafft, die für die Notare und im Zusammenwirken mit den Gesellschaftsgründern ein­fach saubere, gute Lösungen schafft. (Abg. Yildirim: So sauber, dass Sie es noch ab­ändern müssen!)

In diesem Sinne: Bitte überlegen Sie sich, ob Sie nicht doch noch zustimmen kön­nen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


14.08.15

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich kann mich ja tatsächlich meiner Vorrednerin, Kollegin Steinacker, anschließen. Es ist so, dass die österreichische Justiz, was die Umstellung auf EDV-Technik, auf Digitalisierung betroffen hat, wirklich eine Vorreiterrolle in Europa einge­nommen hat. Ich weiß noch gut, wie es war, als wir das Grundbuch in den Acht­zigerjahren des vorigen Jahrhunderts umgestellt haben, wie wir da von deutschen Kollegen beneidet worden sind, was da passiert ist.


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Nur: Wenn ich mir jetzt dieses Umsetzungsgesetz, mit dem eine EU-Richtlinie umgesetzt wird, anschaue, dann muss ich feststellen: Offenbar hat die Justiz jetzt ein bissel der Mut verlassen. Es wäre nämlich noch viel mehr im Sinne der Digitalisierung möglich. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, mei­ne Damen und Herren: Die Digitalisierung ist Realität, und wir können die Vorteile nutzen. Natürlich birgt sie auch Gefahren, aber gerade die Erfah­rungen der Justiz in den vergangenen 30 Jahren mit der Digitalisierung zeigen, dass es sehr gut gelungen ist, die Gefahren des Missbrauchs im Griff zu behalten.

Daher verstehe ich nicht ganz, warum nicht doch weitergehende Möglichkeiten genutzt worden sind, gerade im Bereich des Unternehmensrechtes. Warum ist es möglich, eine Ein-Mann-GmbH ohne Notar zu gründen, aber nicht, wenn mehrere Gesellschafter dabei sind? Dann braucht man wieder die Notare.

Ich gönne den Notaren natürlich jedes Geschäft, das ist ja ganz klar, Herr Kollege Stefan, aber irgendwelche alten oder toten Pferde weiterzureiten hat in Zei­ten der Digitalisierung einfach keinen Sinn. Wir werden sicher dahinter sein, dass da noch mehr passiert, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung verstärkt ausgenutzt werden.

Das betrifft im Übrigen auch die Frage der Beglaubigungen. Das ist in der heutigen Zeit auch schon ein recht antiquiertes Instrument. Die siche­re Identitätsfeststellung kann heute schon auf andere Weise erfolgen als beim Notar oder wie bei uns in Tirol beim Ortslegalisator. Ich würde also schon meinen, dass es auch da an der Zeit wäre, weitere Schritte zu gehen.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf aber insgesamt zu, weil er Verbesserungen und vor allem auch in gebührenrechtlicher Hinsicht Erleichterungen für die Unternehmen bringt. Das ist zu begrüßen.

Was sonst noch anzumerken ist, ist die volle Absurdität, die wir in der österreichischen Innenpolitik teilweise erleben: Wir diskutieren


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ein gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz und müssen dabei Debattenbeiträge anhören, die sich mit einer Tageszeitung befassen, von der auch ich mir wünsche, dass sie erhalten bleibt. Ich denke aber, das eine hat mit dem anderen wirklich nichts zu tun. Das ist auch der Beweis dafür, dass es richtig ist, das zu entknoten. Es kann nicht sein, dass die österreichi­sche Unternehmerschaft über diese Zwangsveröffentlichungen gezwungen wird, eine Zeitung zu finanzieren und damit eine quasi verfehlte Medienpolitik auszugleichen.

Medienpolitik ist das eine – da beschäftigen wir uns mit der „Wiener Zeitung“ –, jetzt geht es um ein Justizthema. Das sollte getrennt behandelt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Steinacker.)

14.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Zadić. – Bitte.


14.11.48

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, dass wir heute im Hohen Haus über ein Gesetz diskutieren, mit welchem wir die Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union um­setzen. Es ist auch wichtig und es war auch dringend geboten, diese Richtlinie umzusetzen, daher bin ich über die Debatte seitens der SPÖ ein biss­chen verwundert, weil wir erstens gezwungen sind, diese Richtlinie umzuset­zen, und wir zweitens die Umsetzung auch dringend und notwendiger­weise haben vornehmen müssen, da uns sonst ein Vertragsverletzungsverfah­ren gedroht hätte.

Zentrales Anliegen dieser Richtlinie ist es, digitale, gesellschaftsrechtlich erfor­derliche Prozesse rascher und effizienter möglich zu machen. So sollen etwa die Gründung von Kapitalgesellschaften, beispielsweise einer GmbH, sowie


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die Eintragung von Urkunden und Informationen in nationale Unterneh­mensregister, sprich ein Firmenbuch, vollständig online möglich sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Viele Vorgaben dieser Digitalisierungsrichtlinie sind bei uns in Österreich schon geltendes Recht. Das ist schön, weil wir als Österreich da eine Vorreiter­rolle übernommen haben. Wir haben innerhalb der Europäischen Union gerade auch, was die Digitalisierung im Justizbereich betrifft, eine Vorreiterrolle übernommen. Deswegen waren diese Anpassungen, die jetzt vorzunehmen sind, nur kleinere Einzelanpassungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Trotzdem sind auch diese kleinen Anpassungen im Bereich der Unternehmens­gründung im Sinne der Digitalisierung notwendig gewesen. Ich möchte deswegen heute hier insbesondere ein paar Punkte erwähnen:

Es kommt zu einer Änderung des Veröffentlichungsregimes von Register­eintragungen, sprich von Eintragungen in das Firmenbuch. Während Eintragungen im Register bisher gesondert bekannt zu machen waren, gilt künftig die Eintragung selbst als Offenlegung.

Weiters kommt es zu einer Ausweitung des Business Registers Interconnection Systems. Das klingt jetzt kompliziert, worum geht es? – Es geht in erster Li­nie darum, dass die einzelnen Register, die einzelnen Firmenbücher der Länder innerhalb der Europäischen Union besser untereinander kommunizieren können. Außerdem sollen die europäischen Justizportale jetzt ausgeweitet wer­den, sodass die kostenlose Kurzinformation über im Firmenbuch einge­tragene Rechtsträger künftig umfangreicher und damit für jeden auch aussa­gekräftiger ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Des Weiteren sollen Onlinefirmenbuchanmeldungen natürlich auch von Einzelunternehmerinnen und -unternehmern möglich sein. Das war bisher nicht möglich. Jetzt wird es durch diese Umsetzung ermöglicht, und es ist schön,


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dass auch Einzelunternehmerinnen und -unternehmer eine Onlinefir­menbuchanmeldung durchführen können. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Weiters – das wurde jetzt auch mehrfach in den Reden erwähnt, und ich glaube, das ist im Sinne unserer Unternehmerinnen und Unternehmer schon auch ein großer Fortschritt – geht es um die Senkung, aber zum Teil auch um den gänzlichen Entfall von diversen Gebührentatbeständen. Dadurch erspa­ren sich die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer insge­samt 7,5 Millionen Euro, die sie sonst an Gerichtsgebühren hätten zahlen müs­sen – sei es für die Anmeldungen oder für die Einreichungen beim Firmen­buch. Insofern bin ich der Meinung, dass das im Sinne der Digitalisierung und der Vereinfachung der Gesellschaftsgründung auch ein wesentlicher Fortschritt ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit dem Beschluss des vorgelegten Bundesgesetzentwurfes wird ein wesent­licher Beitrag dazu geleistet, dass Unternehmerinnen und Unternehmer direkt Vorteile aus der Digitalisierung ziehen können, dies auch unmittelbar an­wendbar ist und sie dadurch auch erfolgreicher und rascher Unterneh­men gründen können. Es ist auch für unsere gesamte Start-up-Branche ein wich­tiger Schritt, dass man rasch Unternehmen gründen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, dass diese Maßnahme ein wichtiger Schritt ist, um den Wirt­schaftsstandort Österreich zu stärken, und ich möchte Sie alle wirklich einladen, dieses Vorhaben hier möglichst breit zu unterstützen. – Vielen Dank. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet – vorläufig als letzter Redner – ist Herr Abgeordneter Fürlinger. – Bitte.



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14.17.15

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Frau Bundesmi­nister! Die Vorzüge der Novelle zur Digitalisierung im Firmenwesen im Firmenbuchbereich sind ausreichend gut dargelegt worden. Wir tun etwas, das wir uns immer vorgenommen haben: Wir vereinfachen, wir modernisieren und wir helfen, Gebühren zu sparen. Das sind die Dinge, um die es bei Entbüro­kratisierung im Wesentlichen geht.

Was wir auch tun, ist, dass wir uns einer historischen Sache annehmen: Früher, im Mittelalter, gab es Ausrufer. Es gab Herolde, die verkündet haben. (Abg. Werner ... Theaterwissenschaften!) Noch ein bisschen angelehnt an dieses Herold- und Ausruferdasein ist die Veröffentlichung im „Amtsblatt zur Wiener Zei­tung“ gewesen – ein Relikt, dem schon mancher an den Kragen wollte.

Ich darf zum Beispiel einen Bericht des Justizausschusses aus dem Jahr 2013 zitieren, in dem sich seinerzeit Kollegin Dr. Ruperta Lichtenecker mit Kolleginnen und Kollegen nachhaltig darüber beschwerte, dass österreichische Kapi­talgesellschaften verpflichtet sind, kostenpflichtig im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu veröffentlichen, und dass es fraglich sei, ob das „Amts­blatt zur Wiener Zeitung“ „aufgrund der geringen Auflage und des geringen Verbreitungsgrades das effizienteste Medium darstellt, um die Öffentlichkeit über unternehmensrelevante Vorgänge zu informieren“.

Einerseits ist es ein bisschen Old-Style-Politik, wenn man versucht, eine gute Modernisierungsmaßnahme mit dem Junktim, etwas Altes, nicht Rentables um jeden Preis zu erhalten, zu versehen, und sagt, man stimmt dem Guten nicht zu, weil sich etwas Altes mit 8 000 Lesern, mag es noch so qualitativ sein, halt nie rechnen wird. Ein bisschen, Herr Kollege Troch, hat mich Ihre Argumen­tation an Matthias Horx, einen Zukunftsforscher, erinnert, der noch im Jahr 2001 gesagt hat, das Internet wird nicht massentauglich werden. Es gibt auch Irrtümer in der Wissenschaft, und Sie in der Politik sollten diesen Irrtum nicht prolongieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Wir haben aber – und das möchte ich dazusagen – gerade auch Ihrem Ansinnen noch Rechnung getragen und zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Wir haben die von Ihnen geliebte „Wiener Zeitung“ erhalten und tun das mit öf­fentlichem Geld, so wie es aufrechte Sozialdemokraten immer machen. (Abg. Oberrauner: Und so wie das auch richtig ist!)

Wir modernisieren sie aber natürlich auch. Das tun wir auch. Wir digitalisieren sie, wir machen ein bisschen ein schwarzes Brett auf digital, sodass nicht alles verschwindet, was uns irgendwo im sentimentalen Bereich mit der „Wiener Zeitung“ verbindet.

Ich bin der tiefen inneren Überzeugung, dass Sie, wenn Sie über Ihren partei­politischen Schatten springen könnten, da gut und gerne zustimmen sollten, denn wie Sie sehen, ist das Internet mittlerweile massentauglich. Das Internet ist das Medium schlechthin geworden, durch das man alle Infor­mationen relativ schnell bekommen kann. Wir werden es mit einer neuen digi­talen „Wiener Zeitung“ auch schaffen, alle zufriedenzustellen.

In Summe ist das eine wunderbare Umsetzung einer Richtlinie, die es bei uns fast nicht gebraucht hätte, weil die österreichische Justiz ohnehin digitaler Vor­reiter ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

14.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

14.21.00Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 und 12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu der verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 und 12.

Ich frage, ob wir abstimmen können. – Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11.


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Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht in 1759 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 2660/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist nun­mehr die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1759 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Strafbarkeit wegen Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern sowie wegen Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild“.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (279/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 in 1760 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Steinacker, Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir stimmen zuerst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab.

Die Abgeordneten Steinacker, Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Artikel 1 und 7 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit.

Ich komme gleich zur dritten Lesung.


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Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Le­sung angenommen.

Ich darf mich herzlich bei der Frau Justizministerin bedanken.

14.23.0013. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2836/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Solidarität mit den Frauenprotesten im Iran (1769 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 13. Tagesordnungspunkt.

Ich begrüße den Herrn Bundesminister für Äußeres recht herzlich.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lopatka. – Herr Abgeordneter, Sie ge­langen zu Wort.


14.23.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Plenarsaal beginnt jetzt un­sere Debatte über den Iran. Die Redner, die zu Wort kommen, haben schon seit 13 Uhr das Gespräch führen können. Wenn Sie auf die Besuchergalerie bli­cken, sehen Sie Frauen, aber auch Männer, die direkt von dem, was an Abscheu­lichkeiten, an furchtbaren Menschenrechtsverletzungen, an Tötungen – auch von unschuldigen Kindern – in diesen Stunden und auch in den letzten Ta­gen im Iran passiert ist, betroffen sind. Es ist gut, wenn man als Abgeord­neter unmittelbar vor einer Rede direkt informiert wird, weil man dann auch per­sönlich umso betroffener ist.

Das, was im Iran in diesen Tagen vor sich geht, darf nicht von anderen furchtbaren Konflikten – wenn ich an die Ukraine denke – verdeckt werden. Wir


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müssen auch dorthin den Blick richten. Es sind Frauen, die an der Spitze dieser Bewegung stehen (ein T-Shirt mit der Aufschrift „Woman Life Freedom“ in die Höhe haltend): Woman, Life, Freedom – das ist ihr Motto. Diese Frauen verdienen unsere Unterstützung, unsere volle Solidarität. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Einer jungen Frau – ich muss es so sagen, wie es war – ist der Schädel eingeschlagen worden, weil sie nicht dem entsprochen hat, was sich Mullahs, alte Männer, Sittenrichter von Frauen im Iran erwarten. Ursprünglich hat es so ausgesehen, als wäre es eigentlich nur einer der vielen Proteste, um diese Einengung der Freiheit der Frauen etwas abzumildern – damit wenigstens der Kopftuchzwang wegfällt. Das hat sich aber jetzt zur größten Demonstration ausgewachsen, seit dieses Regime 1979 die Macht übernommen hat.

Die Menschen sind mutig. Poster des Revolutionsführers Ajatollah Ali Chamenei werden heruntergerissen. Das Regime hat es trotz größter Brutalität bisher tatsächlich nicht geschafft, diesen Aufstand zum Erliegen zu bringen. Die Sicher­heitskräfte gehen mit furchtbarer Brutalität vor. Man hat am Beginn sei­tens des Irans versucht, das auch geheim zu halten. Mittlerweile kann die eigene staatliche Nachrichtenagentur Irna nicht umhin, selbst von den Demons­trationen, wie zuletzt in Isfahan, zu berichten.

Menschenrechtsbeobachter gehen bei den letzten Zahlen, die sie veröffentlicht haben – die Zahlen sind wahrscheinlich zu niedrig gegriffen –, davon aus, dass 328 Menschen getötet worden sind, darunter 47 Jugendliche. Wir haben es gerade vor wenigen Minuten gehört: Ein Vater, der mit seinen Buben unter­wegs war – einer unter zehn Jahre alt –, ist, weil er das Verbrechen be­gangen hat, auf die Straße zu gehen, damit bestraft worden, dass er niederge­schossen worden ist. Die Kinder sind tot, der Vater ringt im Spital um sein Überleben. Das ist der Zustand in dem Land. An die 15 000 sind verhaftet worden.


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Es gibt auch ein sogenanntes Parlament in Teheran. In dem Parlament sitzen 290 Abgeordnete, 227 davon haben beschlossen – und da muss man genau hinhören, was sie beschlossen haben –, dass die Justiz sich so schnell wie möglich mit den Menschen beschäftigt, die gegen Gott kämpfen. Gegen Gott kämpfen ist der Codename für die Todesstrafe. Im Iran, in seinem Rechts­system, ist der Straftatbestand Krieg gegen Gott festgehalten. Wer gegen Gott ist, ist mit der Todesstrafe zu belegen. Fünf sind schon zum Tode verurteilt, weil sie das Verbrechen begangen haben, auf die Straße zu gehen. Das muss man sich vorstellen! Amnesty International hat heute einen Bericht herausgege­ben; darin rechnet man damit, dass in unmittelbarer zeitlicher Nähe – um die Menschen abzuschrecken – 21 Hinrichtungen stattfinden werden. 21 Hin­richtungen!

Warum sage ich das so eindringlich? – Weil trotzdem Tausende Menschen im Iran auf die Straße gehen. Unter Tränen haben uns Frauen gesagt, dass sie, wenn sie hier in Österreich auf die Straße gehen, auch große Sorge haben, dass sie auch hier gefährdet sind. Sie haben uns auch von islamischen Einrichtungen in Wien berichtet, bei denen sie Sorge haben, dass das Terrornester sind.

Als wir – Sie können sich noch erinnern, es war damals unser Innenminister Nehammer – streng gegen solche Einrichtungen vorgegangen sind, waren nicht alle hier im Haus der Meinung, dass das notwendig ist. Sie haben mich heu­te überzeugt, dass das jetzt auch wieder notwendig ist. Wir müssen auch bei uns in Österreich hinschauen, ob es noch solche Nester gibt. Da darf es kein Wegschauen geben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von Grünen und NEOS.)

Wir sind eine freie, offene Gesellschaft, und jeder von uns schätzt seine persönliche Freiheit. Wir sind eine tolerante Gesellschaft, aber es darf keine Toleranz gegenüber Terror in unserem Land, gegenüber islamistischen Terroristen geben, das darf es nie geben! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von Grünen und NEOS.) Keine Toleranz, null Toleranz hier, sage ich Ihnen!


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Sie (in Richtung Besucher:innen auf der Galerie) sind persönlich vom Schicksal Ihrer Angehörigen, Ihrer Bekannten betroffen, aber der Iran ist noch viel gefähr­licher. Viele Menschen haben in der Ukraine nur deswegen ihr Leben verloren, weil iranische Drohnen zum Einsatz gekommen sind. Da finden sie sich dann wieder, die Diktatoren.

Ich habe die Möglichkeit, weltweit alle parlamentarischen Versammlun­gen zu vertreten, wenn es um diesen Kampf gegen den Terror geht. Dafür hat die UNO ein weltweites Netzwerk eingerichtet. Und immer wieder tau­chen Terrornetzwerke auf, die vom Iran unterstützt werden.

Dieses Regime ist umfassend gefährlich! Die Mullahs hassen unsere liberale Demokratie. Sie hassen es, wenn Frauen Freiheiten haben. Sie haben ein Weltbild wie im tiefsten Mittelalter – ich weiß nicht, womit ich das sonst vergleichen kann.

Daher bedanke ich mich bei allen Fraktionen im Haus, auch bei den drei Oppositionsfraktionen, bei der SPÖ, von der der Antrag ja kommt, bei den NEOS und auch bei der Freiheitlichen Partei dafür, dass wir heute am Ende dieser Debatte einen einstimmigen Beschluss fassen werden, damit dieses Regime weiß: Es gibt keine einzige Abgeordnete im österreichischen Parlament, keinen einzigen Abgeordneten, die oder der auch nur in irgendeiner Form Verständnis für das Vorgehen dieses Regimes aufbringt!

Es ist gut, dass wir nicht wegschauen, sondern diesen einstimmigen Beschluss fassen. Ich hoffe sehr, dass die Europäische Union als Staatengemein­schaft – dafür sind wir als Nationalstaat zu klein – die entsprechenden Antwor­ten findet, auch was harte Sanktionen betrifft, und dass auch die Verein­ten Nationen ihren Aufgaben gerecht werden.

Es ist gut, dass wir heute die Debatte haben, es ist gut, dass wir sie im Dezember fortsetzen, und nochmals Danke für dieses einhellige Votum! Mehr, meine


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Damen und Herren, können wir als Nationalrat momentan nicht tun. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

14.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.


14.32.40

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Vor allem aber liebe Menschen, die Sie uns vorhin so ein­drückliche, emotional berührende und vor allem betroffen machende Geschich­ten erzählt haben –eigene Geschichten, Geschichten von Verwandten, von Geschwistern, Cousins, Cousinen, Freundinnen, Freunden, um die Sie sich nicht nur Sorgen machen, sondern um die Sie wirklich höchst besorgt sind, ob sie noch am Leben sind und auch in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten noch am Leben sein werden!

Acht Wochen, zwei Monate: so lange schon gehen mutige Menschen im Iran für Frauenrechte und für Menschenrechte auf die Straße. Trauriger Anlassfall und Auslöser war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Jina Amini, die von der irani­schen Sittenpolizei festgenommen worden ist, gefoltert worden ist und kurz darauf zu Tode gekommen ist. Sie wurde verprügelt, gefoltert und ist zu Tode gekommen wegen einer willkürlich definierten Vorschrift, wegen eines Schleiers, den sie scheinbar falsch getragen hat, wegen Willkür der sogenannten Sittenpolizei.

Seit diesem Vorfall gehen Menschen in allen größeren Städten, aber auch in kleineren Städten, an allen Ecken des Iran auf die Straße, um für ihre Rechte zu kämpfen, um die Unterdrückung der Frauen endlich Geschichte wer­den zu lassen, um den repressiven Kurs des Regimes zurückzudrängen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Das ist eine wirklich breite Welle an Solidarität und Mut, ausgehend von Frauen – da kann man von einer feministischen Revolution sprechen –, die sich


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nicht länger unterdrücken lassen wollen. Sie haben ein Recht auf Pro­test, ein Recht auf Protest ohne Angst (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS), egal ob im Iran oder in Österreich, in Europa, ein Recht auf körperliche Autonomie, ein Recht auf Selbstbestimmung, auf die Wahl ihrer Kleidung!

Der Name Aminis ist Code geworden, nämlich Code einer Bewegung, einer feministischen Revolution. Gerade am Mittwoch und am Donnerstag, Jahrestage der blutigen Niederschlagung der Proteste von 2019, fanden in allen Städten wirklich größere Kundgebungen statt, in 31 Provinzen, in 400 kleinen und großen Städten. Und die Antwort der iranischen Behörden: blu­tigste Niederschlagung, Internetblockade und jede nur irgendwie mögliche Be­hinderung der Demonstrationen, Gewaltexzesse durch die iranischen Behörden, durch die Exekutive.

Täglich sterben Menschen im Iran. Täglich sterben Menschen, weil sie für Demokratie, für Freiheit, für Pressefreiheit, für Frauenrechte, Menschenrechte, Versammlungsfreiheit auf die Straße gehen, unter ihnen Journalist:innen, Wissenschaftler:innen, Studierende, Aktivist:innen, LGBTIQ-Personen, sie alle gehen gemeinsam auf die Straße.

Alleine gestern wurden 18 Personen ermordet. Viele sitzen im Gefängnis, mittlerweile 16 000 Menschen. Vielen von ihnen steht ein ungerechtes Todes­urteil bevor, weil das iranische Regime Massenexekutionen angekündigt hat, um die Revolution zu stoppen. Sie ist aber nicht mehr zu stoppen, weil die Menschen sich nicht stoppen lassen und für ihre Rechte kämpfen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Wir stehen klar auf ihrer Seite, auf der Seite der protestierenden Menschen im Iran, auf der Seite der protestierenden Menschen auch hier bei uns in Österreich. Das Spotlight ist auch auf Österreich gerichtet, weil bei uns die Ver­handlungen zum iranischen Atomabkommen stattgefunden haben und eventuell weiterhin stattfinden werden – aktuell sind keine Termine avisiert, wie es heißt.


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Deshalb wird gerade von uns ein starkes Statement zur Verurteilung dieser Niederschlagung der Proteste erwartet; und dieser Antrag, ausgehend von unserer Initiative als SPÖ, aber heute als wirklich überparteilicher Beschluss, getragen von allen Fraktionen, kann nur ein erster Schritt sein. Es wird nur ein erster Schritt sein, denn wir müssen da klare Kante zeigen, denn inter­nationale Solidarität, klare Sanktionen gegen den Iran, internationale Soli­darität gegenüber den Protestierenden, das ist jetzt wichtiger denn je!

Feminismus ist nur dann erfolgreich, wenn alle Frauen über alle Ländergrenzen hinweg ihre Rechte auch wirklich leben können. Frau, Leben, Freiheit! – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

14.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


14.38.02

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Die iranischen Sicherheitskräfte haben in den letzten Wochen an die 330 Menschen getötet, um zu bewei­sen, dass sie Mahsa Jina Amini nicht getötet haben. Sie haben über 15 000 Menschen inhaftiert, um der Welt zu zeigen, wie sie ihre Menschen dann doch nicht behandeln wollen. Ich sage, wir dürfen all das nicht dulden!

Wir dulden es in Österreich, in Europa nicht, dass politische Gewissensge­fangene inhaftiert werden, ohne Kontakt zu ihren Familien, ohne Medikamente, ohne ausreichend Nahrung, ohne dass sie wissen, ob sie jemals wieder aus dem Gefängnis rauskommen, wo sie von Folter betroffen sind und womög­lich angesichts der Urteile, die jetzt verkündet und vollstreckt werden, nicht mehr lebend zu ihren Familien können.

Das Mullahregime ist bekanntlich nicht nur repressiv, reaktionär und skrupellos, es ist zu einer geopolitischen Gefahr für die gesamte Region geworden. Es ist zu einer Gefahr für die Sicherheit der gesamten Welt geworden. Und ich sage


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auch hier heute offen, gerade in Wien, im österreichischen Parlament: Der beste Atomdeal mit dem Iran wäre ein Deal mit einer Demokratie statt mit einem Regime, auf das null Verlass ist. (Beifall bei Grünen und SPÖ, bei Abgeordne­ten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)

Seit Wochen gehen Iraner und Iranerinnen für ihre Freiheit auf die Straße, für ihre Grund- und Menschenrechte, und Motor dieser Proteste sind Frauen, sind Minderheiten. Auslöser war der Tod einer jungen Kurdin vor acht Wochen, aber in der Zwischenzeit sind auch an die 50 Kinder, unschuldige Kinder einfach willkürlich getötet worden, gestern Kian, aber davor auch schon Nika, Sarina und Mizyan. All diese Namen dürfen wir nicht vergessen, all diese Namen stehen für diese iranische Revolution. Davon gab es in der Vergangenheit viele, aber diesmal sind wir an einem Point of no Return, da gibt es kein Zurück mehr. Die Menschen werden sich nicht mehr von den Stra­ßen zurückdrängen lassen, sie werden im Kampf um Freiheit und Frieden nicht nachgeben, und sie können das nur mit unserer Unterstützung aus Öster­reich, mit der Unterstützung aus Europa, mit einer klaren internationalen Hal­tung gegenüber diesem Regime tun. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Deswegen unterstützen wir hier in Österreich nicht nur die iranische Exil­community ganz stark, sondern sagen ihr auch heute im österreichi­schen Parlament: Lasst euch nicht einschüchtern! Wir stehen hinter euch, ihr seid nicht allein! (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Für mich ist klar, für uns sollte klar sein: Das iranische Regime ist kein verlässlicher Partner. Niemand, der Grund- und Menschenrechte und Demo­kratie derart verachtet, ist ein verlässlicher Partner. Es braucht jetzt eine klare Haltung in Europa, es braucht scharfe Sanktionen, es braucht Maßnahmen gegen diverse Pseudodiplomaten, die bei uns ein- und ausgehen und so tun, als wäre es kein Problem, mit uns weiter zu verhandeln. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)


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Und ja, es braucht auch Symbolik, sehr verehrte Damen und Herren. (Die Rednerin schneidet sich eine Haarsträhne ab.) Auch wenn es Symbolik ist, so ist es doch eine wichtige Symbolik, denn wir müssen auch hier in Europa die Stimmen jener hörbar machen, die gerade keine Stimme haben. (Von einigen Be­sucher:innen auf der Galerie wird skandiert: Frauen, Leben, Freiheit!) In die­sem Sinne: Jin, jiyan, azadî! Vielen Dank, dass Sie heute alle da sind! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

14.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.


14.42.40

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber auch liebe Menschen, die jetzt zum Teil mit uns gesprochen haben, aus dem Iran kommen und zum Teil Verwandte im Iran haben! Sie haben uns erzählt, wie es denen dort geht. Insbesondere möchte ich Frau Ghaderi und Frau Mossaheb begrüßen. Der Mann von Frau Ghaderi sitzt seit vielen Jahren im Iran im Gefängnis – er ist Doppelstaatsbürger –, und Frau Mossahebs Vater sitzt im Gefängnis. Er hat heute seinen 76. Geburtstag, und es war sehr bewegend, zu hören, dass er diesen wegen absurder Spionagevorwürfe im Gefängnis verbringt. Ich weiß, Herr Bundesminister, dass sich das öster­reichische Außenministerium da sehr bemüht hat, leider bis jetzt erfolglos. Ich kann nur appellieren, dass wir gemeinsam auch weiterhin alles tun, um diese beiden unschuldigen Männer aus dem Gefängnis im Iran herauszubekom­men. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Lopatka hat schon begonnen, das große Bild zu zeichnen. Wir sehen, wie Russland die Ukraine angegriffen hat, und dort gibt es inzwischen weit über 100 000 Tote. Wir sehen, dass es in der Türkei einen Präsidenten gibt, der ver­sucht, die Situation der Kurden auszunützen – ich habe heute auch ein Gespräch mit einigen Vertretern der Kurden in Österreich gehabt –, wobei die


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große Gefahr besteht, dass er möglicherweise weiter in Syrien einfällt oder dort zumindest auch bombardiert.

Auf der anderen Seite des Golfs, dem Iran gegenüber liegt das Emirat Katar. Wir verfolgen jetzt doch schon seit einiger Zeit, dass diese Weltmeisterschaft ganz offensichtlich gekauft wurde, wie europäische Staaten, die sich zu den europäischen Rechten und den Menschenrechten bekennen, sich gleich­zeitig von einem kleinen Emirat kaufen haben lassen. – Sie nicken, Herr Bundes­minister. – Ich finde das wirklich traurig. Wenn wir zu den Menschen­rechten stehen, muss damit Schluss sein. Wir müssen gegen all diese Menschen­rechtsverletzungen auftreten, und wir dürfen unsere Rechte nicht verkau­fen, die Menschenrechte nicht verkaufen, wie das offensichtlich Katar gegen­über stattgefunden hat. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Wenn ich mir vor Augen halte, wie viele Menschen dort unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten und gestorben sind und dass jetzt jeder Homosexuelle, der dort ist, Angst haben muss, dass er verhaftet und möglicher­weise umgebracht wird, so ist das einfach unfassbar.

Ich habe Ihnen natürlich auch ein Buch mitgebracht. Es ist von Natalie Amiri (das Buch „Zwischen den Welten – Von Macht und Ohnmacht im Iran“ in die Höhe haltend), einer Deutschen mit iranischem Vater, die selbst eine Zeit lang in Tehe­ran als Korrespondentin gearbeitet hat – sie ist in Deutschland geboren –, aber dann ausreisen musste, weil sie bedroht wurde, weil sie an ihrem Leben be­droht wurde. Darin gibt es ein Kapitel, das „Der Mut der iranischen Frauen“ heißt. Sie schreibt darin schon im Vorjahr sehr prophetisch – ich zitiere –: „Wenn sich im Iran einmal etwas verändern sollte, hin zum Guten, in meinem demo­kratisch-freiheitlichen Verständnis, dann durch die Frauen.“

In dieser Situation sind wir jetzt. Ich habe das auch schon mehrfach gesagt: Ich bewundere jede einzelne Frau, die sich wirklich traut, allein ohne Kopf­tuch auf die Straße zu gehen, weil sie weiß, dass sie im gelindesten Fall verprü­gelt und im schlimmsten Fall eingesperrt oder gleich umgebracht wird. Das ist gar nicht so weit weg von hier, und wir schauen zu.


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Aber was können wir machen? Was können wir machen, Herr Bundesminister? – Das eine betrifft den Innenminister und ist schon angesprochen worden, nämlich genau schauen, welche Spitzel hier im Land arbeiten, genau schauen, wie das mit der Moschee im 21. Bezirk ist, was dort möglicherweise auch an Hass verbreitet wird und welche Menschen dort zu Hass aufrufen. Ich glaube, dass da noch einiges zu tun ist. Das ist wie gesagt die Aufgabe des Innenministers.

Natürlich müssen wir aber auch schauen, ob das wirklich alles Diplomaten sind, die in der iranischen Botschaft sind. Von den Freunden, die bei uns waren, kam die Forderung, überhaupt jeden diplomatischen Kontakt abzubrechen. Ich glaube, das ist schwierig, ich glaube, dass man vorerst noch irgendwie im Gespräch bleiben muss, aber doch sehr genau hinschauen muss, inwieweit man nicht den einen oder anderen Spion, Menschen, die unsere Freunde hier körperlich bedrohen, ausweisen muss.

Ich glaube auch, dass wir über den Beschluss von heute hinausgehend Weiteres tun müssen. Was ist mit den Pasdaran, den Revolutionsgarden? Inwieweit sind sie in Österreich wirtschaftlich tätig? Offensichtlich findet da auch Geldwä­sche statt. Inwieweit können das Finanzministerium, die Notenbank und die FMA genau hinschauen, welche Unternehmen gerade Geld ins Ausland brin­gen, welche dieser Revolutionsführer, die gerade Menschen im Iran um­bringen, möglicherweise Geld hierherbringen, um sich ein neues Leben aufzu­bauen, inwieweit sie vielleicht auch ihre Kinder herbringen? Das wissen wir von den USA. Dort sind die Pasdaran inzwischen eindeutig als Terrororgani­sation ausgewiesen, und ich bin überzeugt davon, dass wir das auch ma­chen müssen. Wir haben ja inzwischen mit russischen Unternehmen Erfahrung, die ihr Eigentum in österreichischen Unternehmen untergebracht haben, welche Verschachtelungen es da international gibt. Natürlich müssen wir das wie so oft auf europäischer Ebene tun.


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Auch da also mein Appell: Herr Bundesminister, reden wir darüber, was wir mit den Pasdaran machen! Ich bin überzeugt davon, dass das eine Terrororga­nisation ist. Nennen wir sie auch so und verfolgen wir all die Menschen, die gera­de im Iran Menschen töten, Menschen umbringen! Da gibt es also viel, was wir tun können. Wir können dort vor Ort nicht helfen, das ist klar, aber ich glaube, wir können noch mehr tun, als wir bis jetzt tun. Machen wir es, und ich freue mich auch darüber, dass wir es gemeinsam machen. Ich glaube, das ist sehr wichtig. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

14.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.


14.48.30

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und vor allem auch alle, die uns heute zugeschaltet sind und zuschauen! Stellen wir uns vor, wir gehen in die Arbeit, kommen von der Universität, gehen in die Schule und wir haben etwas an oder zu wenig an oder etwas Falsches an, und dann kommt die Sittenpolizei und nimmt uns entweder fest, schlägt uns zusammen oder bringt uns gleich um. Genau das ist der 22-jährigen Mahsa Amini im Iran passiert.

Wir haben heute schon eine sehr, sehr gute Debatte darüber gehabt, dass wir uns alle einig sind, dass es so etwas nicht geben kann und darf und wir mit diesem Antrag heute ein ganz, ganz klares Zeichen setzen, dass wir uns mit all jenen solidarisieren, die im Moment gerade im Iran dafür kämpfen, dass diese Methoden im Iran ein Ende finden. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)


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Aber nicht nur, dass die Sittenpolizei dort so stark durchgreift, dass das gesamte Regime so stark durchgreift: Darüber hinaus werden auch Proteste, also Kundgebungen, unterbunden. Diese sind für uns alle ganz normal. Wenn wir sagen, wir sind anderer Meinung, dann können wir das hier heraußen tun, wir können das aber auch als Bürgerinnen und Bürger direkt auf der Straße tun, können das kundtun. Das ist im Iran nicht möglich, aber genau das muss im Jahr 2022 und bald 2023 auch im Iran möglich sein, dass man seine Meinung frei äußert, dass man sich zu Protesten zusammenfindet.

Im Iran wird sogar verboten, dass man im Internet dazu einlädt; das ist für uns auch irgendwie unverständlich. Vor allem für die jüngere Generation ist es ganz selbstverständlich, dass man über die sozialen Medien zu einem Ter­min einlädt, zu Versammlungen einlädt. Das ist dort nicht möglich, weil das von diesem Regime eingeschränkt wird.

Auch die journalistische Freiheit – für uns ebenso selbstverständlich – ist dort überhaupt nicht denkbar und möglich. Auch das muss im Iran möglich sein, auch das wollen wir aus diesem Parlament mit einem klaren Zeichen – mit der heutigen Abstimmung über diesen Antrag – hinaussenden.

Auch ganz klar ist aber – Herr Kollege Lopatka hat das schon angesprochen –: Auch das, was bei uns ein Thema ist, wenn Männer meinen, Frauen noch unterdrücken zu müssen, wenn Männer meinen, sie müssen mit Gewalt auf Frauen reagieren, darf es auch bei uns in Österreich nicht geben. Ich darf da Orange the World erwähnen. Das ist eine starke Kampagne, die Ende November auch bei uns in Österreich wieder gelebt werden wird, hinter der auch meine Klubschwestern von den Soroptimistinnen sehr, sehr stark stehen, denn es darf nicht sein, dass in Österreich, aber auch in irgendei­nem anderen Land Frauen unterdrückt werden, Frauen misshandelt wer­den, Frauen vergewaltigt werden oder in irgendeiner Art und Weise mit Gewalt bedroht werden. Dafür müssen auch wir uns Tag für Tag klar einsetzen und wir müssen auch viel in präventive Arbeit investieren.


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Ich hatte die Gelegenheit, letzte Woche mit der Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums in Graz, Marina Sorgo, zu sprechen. Wir haben es auch dank einer engagierten Frauenministerin, Susanne Raab, und unserer gemeinsamen Bemühungen geschafft, viel Geld in die Hand zu nehmen, damit jene, die am Ende leider aus den unterschiedlichsten Gründen von Gewalt betroffen sind, auch die notwendige Unterstützung bekommen. Wichtig ist aber auch, dass wir ganz klar – sowohl im Parlament, aber darüber hinaus natür­lich auch in der Gesellschaft – das Zeichen geben, dass Gewalt in jeglicher Form gegenüber Frauen und auch anderen Menschen in keiner Weise irgendeine Basis hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abschließend möchte ich gerne noch einmal auf den Iran zurückkommen. Ich glaube, wir sollten alle jegliche Möglichkeit, die uns zur Verfügung steht, gemeinsam nutzen und Gespräche führen – mit Kolleginnen und Kollegen der Freundschaftsgruppen mit anderen Parlamenten, die vielleicht auch Kon­takte in den Iran haben, wo es auch einen Austausch auf bilateraler Ebene gibt –, damit dieser Antrag, den wir heute behandeln – und der klar zeigt, dass wir an der Seite der Frauen im Iran stehen –, auch wirklich zur Umsetzung kommt, dass der Druck weiter wächst und klar ist, dass das von außen, von den anderen Ländern, auch von uns in Österreich, gesehen wird. Ich glaube, da sollten wir viele, viele Gespräche führen, damit die Frauen im Iran zu einem selbstbestimmten und eigenen Leben kommen können. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

14.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte.


14.54.09

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Was ist los im Iran? – Die Ge­waltspirale bewegt sich täglich vertiefend weiter Richtung Massenmord. Die Brutalität der Imame hat ein Ausmaß erreicht, das Europa, die Welt


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und vor allem auch die iranische Bevölkerung nicht mehr hinnehmen kann: den Schießbefehl gegen friedliche Menschen im Iran, die Verhaftungen, die Entführungen, lebendige Menschen verschwinden, tote Menschen verschwin­den. Das Regime lässt Leichen verschwinden, damit die Spuren der Fol­ter von deren Familien nicht gesehen werden. Tote verschwinden im Iran, damit die Begräbnisse nicht zu Manifestationen der Menschlichkeit und einer politischen wie auch einer menschlichen Trauer werden.

Die islamistische Revolutionsgarde steht der Polizei bei, aber es sind nicht bloß diese Behörden, diese Handlanger, denn die Schuldigen sind ganz klar die Imame, die Schuldigen sind die Minister, ist die Regierung des Iran. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Die Gewaltspirale wird augenscheinlich, wenn Mädchen und Frauen vor ihrer Hinrichtung noch vergewaltigt werden. Diese äußerst unmenschliche, entwürdigende Politik Frauen gegenüber ist genau die Entmenschlichungspolitik dieser Mörder. Im Moment glaube ich, das Wichtigste wäre, die Hinrich­tungen, diese Hinrichtungswelle, diese willkürlichen Morde zu stoppen. Es ist ja eigentlich unglaublich, welcher Missbrauch da mit Religion betrieben wird, was ja auch in das Rechtssystem des Iran Eingang gefunden hat. Eine Belei­digung des Islam wird mit einem Todesurteil geahndet.

Im dortigen Parlament – und das ist eine besondere Schande – haben 227 Abgeordnete dafür gestimmt, dass die bei Demonstrationen Verhafteten hingerichtet werden.

Es reicht! Es reicht, was da passiert ist! Die Welt darf nicht schweigen, Europa darf nicht schweigen und Österreich darf nicht schweigen. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)

Im Visier der Polizei im Iran, der Revolutionsgarden, des Regimes sind – kann man fast sagen – die Frauen als gesellschaftliche Gruppe, die religiösen Minderheiten wie Christen, Bahai und andere, die politischen Gegner, Minder­heiten und Volksgruppen wie die Kurden oder die Araber zum Beispiel


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und auch Schwule und Lesben. Diese werden von der Justiz und von diesen Verbrechergarden ermordet.

Präsident Macron hat diesbezüglich klare Worte für das offizielle Frankreich gefunden. Er hat seine Lektion gelernt. Ich erwarte mir, dass auch die österreichische Bundesregierung, der Herr Außenminister, auch unser Bun­despräsident klare Worte in Bezug auf die iranische Regierung, in Be­zug auf die iranischen Verbrechen, in Bezug auf die iranische Botschaft und ihre Umtriebe hier finden.

Vor allem die österreichischen Iraner – und wir haben heute viele Gäste hier – wissen genau, wie bespitzelt, wie abfotografiert wird, wie Dossiers von Menschen, die an Demonstrationen für Menschenrechte im Iran teilnehmen, und von Menschen mit iranischer Familie oder iranischen Wurzeln angelegt werden. Damit muss Schluss sein.

Ich sage daher: Solidarität mit den Menschen im Iran; eine klare Sprache Österreichs in Bezug auf diese Verbrechen und Morde des iranischen Regimes und auch ein klares Zeichen gegenüber den sogenannten Vertretern des Iran und ihren Umtrieben setzen! Das darf nicht weiter hingenommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Brandstätter.) Die österreichischen Behörden, die Polizei müssen diese Aufgaben klar wahrneh­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

14.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr und nehme sie dann zum Aufruf der kurzen Debatte wieder auf.

14.59.31*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


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15.00.30Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Es ist 15 Uhr.

Wir kommen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2749/A(E) betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“ eine Frist bis zum 31.12.2022 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten erhält. Stellungnahmen von den Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort ge­meldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr.


15.01.35

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in diesen Tagen die große Aufgabe, bei der Weltklimakonferenz in Ägypten über die Frage der Kli­makrise zu beraten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wir sehen von allen Seiten, insbesondere bei Betrachtung der wissenschaft­lichen Evidenz, dass die Klimakrise bereits heute stark spürbar ist, insbe­sondere im globalen Süden, dass aber auch wir in Österreich sehr stark mit den Auswirkungen konfrontiert sind.


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Warum leite ich hier so ein? – Es gibt ein zentrales Element in der Verant­wortung der Republik Österreich. Wir haben eine internationale Verantwortung, die nehmen wir als Europäische Union und auch als Republik Österreich durchaus wahr: Wir haben in den Verhandlungen in den letzten Tagen angekün­digt, verstärkt in die Finanzierung zu gehen, was die Klimafinanzierung, auch die Klimagerechtigkeit betrifft. Wir haben aber auch eine Verantwortung zu Hause, nämlich sowohl hinsichtlich des Pariser Klimavertrags, hinsicht­lich der in Europa vereinbarten Ziele als auch und ganz besonders gegenüber der eigenen Bevölkerung.

Wir haben das Ziel – die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt und wir als NEOS haben das unterstützt –, die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen. Das ist nicht nur ein Marketingschmäh, das ist nicht nur ein Ziel, das man vielleicht erreicht und das möglicherweise nett ist, sondern das ist ein zentrales Vorhaben in Österreich für die nächsten eineinhalb Jahrzehnte.

Es geht um Antworten auf die Fragen, wie wir die Lebensqualität steigern können, indem wir auf eine klimaneutrale Mobilität umsteigen; wie wir Abhängigkeiten abschaffen können, die es heute noch gegenüber Russland gibt, indem wir mit der thermischen Sanierung den Bereich Wärme auf neue Beine stellen; wie wir unsere Industrie wettbewerbsfähig machen können, durch neue Innovationen auch neue Exportmöglichkeiten generieren kön­nen,  damit die Arbeitsplätze der Zukunft entsprechend gesichert sind. Das sind zentrale Elemente im Zusammenhang mit diesem Ziel der Klimaneutra­lität 2040.

Das große Problem an diesem Punkt im Regierungsprogramm – aber nicht nur an diesem Punkt, muss man ehrlicherweise sagen – ist, dass hinter der großen  Überschrift sehr wenig Konkretes kommt. Die Bundesregierung hat in den letzten drei Jahren zahlreiche Einzelmaßnahmen präsentiert und eini­ge auch umgesetzt, die in Richtung Energiewende, in Richtung Klimaneutralität gehen sollen, aber es fehlt die konkrete Kontrolle.


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Es gibt ein Element, das wir in der Vergangenheit, seit 2013, schon gehabt haben und das bis 2020 wirksam war: Das war das Klimaschutzgesetz. Das Klima­schutzgesetz hat ein paar Dinge, die ich hier in der Runde auch kurz erklären möchte, klar definiert. Das Erste ist: Es hat einen Pfad, in welchen Sek­toren wie viel an Einsparung bei den Treibhausgasen stattfinden muss, vor­gegeben.

Der zweite Punkt war: Es hat für die Einrichtung eines Klimaschutzkomitees gesorgt, in dem alle Parteien vertreten waren, in dem die Wissenschaft vertreten war, in dem die Sozialpartner und Sozialpartnerinnen vertreten waren und im Rahmen dessen ein Diskurs – zugegebenermaßen nicht immer sehr erfolg­reich – darüber stattgefunden hat, was passiert, wenn man seine Ziele nicht erreicht. Die Idee war, dass sich die Republik mit all ihren Machtzentren und all ihrer wissenschaftlichen Kompetenz zusammenrauft und dass man, wenn die Ziele nicht erreicht werden, gemeinsam neue Lösungen findet.

Dann kam die türkis-grüne Bundesregierung. Ein Teil dieser Regierung war nicht nur aufgrund des Versprechens gewählt worden, dass man damit den An­stand wählt, sondern eigentlich auch eine Klimapolitik, wie sie in der Vergangen­heit nicht da war, aber wie sie für die Zukunft erforderlich ist. Wenn wir jetzt nach drei Jahren dieser Regierungstätigkeit aber darauf schauen, was von den Versprechen eingehalten worden ist, dann muss man sagen: Es ist viel, viel zu wenig, um der Klimakrise ernsthaft zu begegnen. (Beifall bei den NEOS.)

Das Klimaschutzgesetz ist mit 2020 ausgelaufen. Wir haben von der damals noch relativ neuen Klimaschutzministerin das Versprechen bekommen, dass wir 2021, spätestens im Sommer, ein neues Klimaschutzgesetz erhalten werden. Im Jahr 2021 haben wir das Versprechen bekommen – damals auch die Vertreter:innen des Klimavolksbegehrens, Fridays for Future und viele andere –: Im Sommer 2022 gibt es ein neues Klimaschutzgesetz! – Im Sommer 2022 haben wir wieder gefragt, weil es noch immer nicht da war. Dann hat man uns von grüner Seite gesagt, man wird kein neues Datum angeben, weil man


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einfach nicht weiß, was passieren wird. Von ÖVP-Seite hat Kollege Schmucken­schlager ganz offen geantwortet: Er hat kein gesteigertes Interesse an einem Klimaschutzgesetz, er persönlich braucht es nicht, seine Partei braucht es auch nicht, er sieht da keine Priorität – um bei seinen Worten zu bleiben.

Was aber ist das Problem an der ganzen Sache? – Wir haben Millionen, um nicht zu sagen, mittlerweile Milliarden an Staatsausgaben, die in unterschied­lichste Bereiche immer unter dem Deckmantel der Klimapolitik fließen. Teilweise ist es aber keine Klimapolitik, sondern es ist eine Umverteilungspolitik, wie das zum Beispiel beim Klimabonus der Fall ist. Wir messen aber auf der anderen Seite nicht: Wie wirksam ist diese Klimapolitik? Führt sie uns zum Ziel der Klimaneutralität? – Ein einfaches Beispiel aus dem letzten Budget: 1,3 Milliarden Euro für den Klimabonus. Auf die Nachfrage, wie viel an Treibhausgasen man damit pro Jahr einspart, konnte die Ministerin nicht einmal eine konkrete Antwort geben.

Das Klimaschutzgesetz würde nicht nur klar definieren, was wir bei den einzelnen Sektoren einsparen, sondern auch, was wir machen, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen: Wie werden Gesetze beurteilt? Wie werden Verord­nungen beurteilt? Wie gehen wir konkret damit um, wenn das Ziel nicht erreicht wird und danach dringendere Maßnahmen zu setzen sind?

Da gibt es den Streitpunkt zwischen ÖVP und Grünen. Die einen wollen keine Konsequenzen – die ÖVP sagt nämlich: Schreiben wir Ziele rein, aber bitte nichts machen, wenn es dann doch nicht passiert! – und die anderen wollen, sa­gen wir einmal, sehr radikale Konsequenzen, nämlich automatische Erhö­hungen in verschiedensten Bereichen, die dazu führen, dass Menschen einfach nicht mehr konsumieren, nicht mehr mobil sind oder Ähnliches.

Das Problem an der Sache ist, die Klimakrise schläft nicht, diese Regierung schläft in Verhandlungen aber schon. Man ist mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem man einfach sagt: Wir haben das Verständnis, dass wir keine gemeinsame Position entwickeln können, und wenn wir das nicht


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können, dann machen wir einfach kein entsprechendes Klimaschutzgesetz! – Das führt aber dazu, dass wir wiederum Millionen und Milliarden Euro ausgeben, ohne der Klimakrise ernsthaft zu begegnen.

Es gab jetzt gerade ein internationales Ranking, und bei der Frage: Wo steht Österreich bei der Klimapolitik im Allgemeinen?, haben wir Platz 32 von 60 Staaten erlangt – aus dem einfachen Grund, dass man gesagt hat, es gibt zwei Punkte, die Österreich nicht im Griff hat. Der erste Punkt ist die Mobilität, da schaffen wir es nicht, von den Treibhausgasen runterzukommen, und der zweite Punkt ist – aufpassen! – das fehlende Klimaschutzgesetz. (Beifall der Abg. Fischer.) – Da kommt sogar Applaus von den Grünen.

Das fehlende Klimaschutzgesetz ist also tatsächlich ein zentrales Element. Damit möchte ich zum Kernpunkt unserer Forderung kommen. Wenn man der Klimakrise tatsächlich begegnen will, wenn man sagt, man braucht funktionie­rende, wirksame Klimapolitik, um der Klimakrise den Garaus zu machen, dann braucht man auch Parteien, die nicht nur große Versprechen in ihren Pro­grammen haben, sondern die tatsächlich auch das Werkzeug und die Managementkompetenzen mitbringen, um damit Politik zu machen, die wirksam ist.

Man braucht keine sozusagen leeren Versprechen, sondern man braucht klare, konkrete Lösungen. Da haben die Grünen nie geliefert, seit sie in der Bundesregierung sind; und da auch ein Appell an die Seite der ÖVP: Die Blocka­den, die Sie derzeit aufrechterhalten, sollten gelöst werden!

Abschließend: Wir brauchen das Klimaschutzgesetz bis zum Ende des Jahres – aus einem einfachen Grund: Sie haben für das nächste Jahr zahlreiche Mil­liarden Euro für den Klimaschutz vorgesehen, aber keiner prüft derzeit konkret, ob diese Milliarden in irgendeiner Form im Sinne der Bevölkerung, im Sinne des Kampfes gegen die Klimakrise aufgewendet werden. Es ist Ihre Verantwortung, da endlich in die Gänge zu kommen.


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Wir haben für heute einen Impuls geliefert, ich werde es jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen. Aus meiner Sicht ist es fünf nach zwölf. Es ist jetzt an der Zeit, aktiv zu werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf vielleicht für die Damen und Herren auf der Galerie oder zu Hause noch erklären, warum wir um 15 Uhr unterbrochen haben: Natürlich ist auch der vorangegangene Tagesordnungs­punkt, der so intensiv diskutiert wird, wichtig, aber die Geschäftsordnung sieht vor, dass bei einem Dringlichen Antrag oder einer Dringlichen Anfrage oder einer kurzen Debatte die Beratungen um 15 Uhr unterbrochen werden müssen. Das ist keine Unfreundlichkeit gegenüber diesem Tagesordnungspunkt, sondern ganz der Geschäftsordnung geschuldet. Das wollte ich nur erläutern.

In diesem Sinne fahren wir fort. Abgeordneter Schmuckenschlager ist zu Wort gemeldet. Er hat 5 Minuten Redezeit, wie alle anderen Redner auch. – Bitte.


15.10.31

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Vielleicht noch zu einer Dringlichkeit, die eine Opposi­tionspartei für heute festgestellt hat: nämlich eine Dringlichkeit in der Frage der Diskussion um ein Klimaschutzgesetz, das wir in den letzten drei Tagen auch schon in den verschiedensten Punkten ausführlich diskutiert haben, das wir ohnedies bei den Ausschussdiskussionen des österreichischen Parlaments immer wieder auf der Tagesordnung haben. Gut, diese Dringlichkeit wurde nun einmal für heute festgelegt, aber dann haben Sie nicht einmal die Luft, die volle Redezeit von 10 Minuten auszufüllen. (Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Geschätzte Damen und Herren, ich glaube generell, Klimaschutz ist ein Thema, das uns alle betrifft. Der Klimawandel – ich habe es gestern auch ausge­führt – polarisiert so stark, weil er so stark in die Gesellschaft hineindrängt, weil er in jedem von uns auch Ängste weckt. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)


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Wir dürfen aber eines nicht machen: das Klimaschutzgesetz mit Klimaschutzmaß­nahmen zu verwechseln. Das sind zwei Paar Schuhe.

In Deutschland wird gerade ein neues Klimaschutzgesetz diskutiert, weil man gesagt hat, unter Anbetracht der neuen Energieaufbringung aufgrund der Situation zwischen Russland und der Ukraine ist es notwendig, die Ziele neu zu definieren und noch stärkere Maßnahmen einzubringen. Der deutsche Expertenrat der Bundesregierung in Deutschland hat vor allem eines gesagt: Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um bei der erneuerbaren Energie und auch beim Kesseltausch voranzukommen! – Zwei Punkte, die wir umfang­reich mit mehreren Millionen bis in die Milliarden hinein mit dem öster­reichischen Budget gestern beschlossen haben. Wir sind da absolut auf Kurs. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Maurer.)

Das Ziel, 2040 klimaneutral zu sein, haben wir auch nicht aus Spaß in unser Re­gierungsprogramm hineingeschrieben, sondern wir sind da absolut dahin­ter. Es ist aber nicht immer leicht, Klimapolitik zu machen. Ich möchte nur an die ökosoziale Steuerreform erinnern, für die wir ganz klar über mehrere Jah­re eine Bepreisung für CO2 festgeschrieben haben, das heißt Reduktionspfad bei CO2, etwas, bei dem wir uns hier alle bei Klimadebatten sehr einig sind. In der Außenwirkung der einzelnen Parteien schaut das aber leider Gottes or­dentlich anders aus, denn da werden verschiedenste Faksimile im Inter­net herumgeschickt – von Kollegen wohlgemerkt! – (eine Tafel, auf der auf tür­kisem Hintergrund ein Foto von Abgeordnetem Minnich abgebildet ist, mit den Textzeilen „Neue CO2-Abgabe lässt Spritpreise stark steigen“; „Spritpreise steigen wieder“; „CO2-Steuer sorgt für Kritik in Niederösterreich“; „CO2-Steuer lässt ab 1. Oktober die Spritpreise steigen“; „Neue CO2-Steuer lässt Spritpreise er­neut stark steigen“ in die Höhe haltend), auf die man dann schreibt (von der vorher beschriebenen Tafel vorlesend): „Dieser ÖVP-Abgeordnete hat dafür ge­stimmt, dass du jetzt CO2-Steuer zahlen musst. Wehr dich jetzt!“ – Ich sage nur: Hass im Netz! Hier haben Sie auch mein schönes Bild (eine Tafel wie die vor­her beschriebene, auf der ein Foto des Redners abgebildet ist, in die Höhe haltend),


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ein schönes Bild vom Herrn Präsidenten des österreichischen Parlaments (eine Tafel wie die vorher beschriebene, auf der ein Foto von Nationalratspräsident Sobotka abgebildet ist, in die Höhe haltend), und das war tagelang im Netz unterwegs, ohne Absender. (Abg. Leichtfried – erheitert –: Ah, das vom Präsidenten ist schon schön ...!) – Sie können gut lachen, denn Sie wissen, wer der Absen­der ist (Abg. Leichtfried: Nein, wir haben nur festgestellt, dass ...!): Der Absender ist die Sozialdemokratische Partei in Niederösterreich. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Dazu muss ich Ihnen sagen: Dieses doppelte Spiel gehört endlich abgestellt (Bei­fall bei der ÖVP Abg. Steinacker: Das stimmt wirklich, leider!), sich bei Kli­madebatten herauszustellen und für CO2-Reduktion zu stimmen und dann drau­ßen solche Werbung zu machen und so zu agitieren! Das ist eine Verun­glimpfung bis hin zu einer Vernaderung, wie wir sie auch in den letzten Tagen erlebt haben; ich möchte nur an Herrn Abgeordneten Hörl erinnern.

Ich muss ganz ehrlich sagen, wahrscheinlich läuft das so ab, weil die führenden Gewerkschafter der SPÖ leider Gottes auf Fernurlaub in Australien sind, denn die könnten Ihnen vielleicht einen Kurs in Solidarität geben. (Abg. Leicht­fried: Ist nicht von euch auch wer mit?) Unter Kollegen macht man so etwas nicht, das möchte ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Wir werden weiter daran arbeiten, dass wir Österreich CO2-neutral und klimafit machen, aber das im Einklang mit der Wirtschaft und der Gesellschaft. (Bei­fall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte sehr. (Abg. Strasser: Und eine Entschuldigung, glaube ich! Abg. Ottenschläger: Ja, das wäre einmal angebracht!)


15.14.28

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an Kollegen Bernhard, der heute das Klimaschutz­gesetz zum Thema hier im Hohen Haus gemacht hat. Wir als SPÖ sehen es im


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Gegensatz zur ÖVP, Herr Schmuckenschlager, schon als sehr dringend an, es hier einmal zu diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Klimakrise ist nämlich eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Kaum eine andere Krise hat weitreichendere Auswirkungen in so vielen unterschiedlichen Bereichen, und selten stand so viel auf dem Spiel. Und diese Bundesregierung sieht tatenlos zu! Seit 687 Tagen warten wir auf ein Klimaschutzgesetz. Seit 687 Tagen hat dieses Land keine gesetzliche Grundlage für den Klimaschutz.

An die Kollegen der ÖVP gerichtet: Zum Ersten: Wir haben nichts mit diesen Aussendungen zu tun; wir würden es auch mit Sicherheit nicht auf tür­kisem Hintergrund posten. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Natürlich! Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Dieser Zustand, den Sie hier verursachen, möchte ich meinen, ist schlecht – ist schlecht für die Menschen, ist schlecht für die Wirtschaft und vor allem auch schlecht für die Landwirtschaft, weil niemand weiß, welche Maßnahmen notwendig sein werden. Ohne Zieldefinition, wie viel CO2 wir tatsächlich einsparen müssen, ist das schlichtweg ein Blindflug. Ohne Sanktionen und ohne Verbindlichkeiten wird es keine CO2-Einsparung geben, und deshalb braucht es dieses Gesetz so dringend. Ein Klimaschutzgesetz, das nicht verbindlich ist und keine Konsequenzen hat, quasi nur für den Bund Konsequenzen hat, ist einfach nicht gut, das wird schlichtweg einfach ignoriert. Das hat man auch bei dem mittlerweile ausgelaufenen Klimaschutzgesetz gesehen. Seit Jän­ner 2020 haben wir eine grüne Ministerin, die im Bereich Klima- und Umwelt­schutz viel zu wenig auf den Weg bringt. Und warum? – Weil die Grünen ihre politische Verantwortung nicht ernst nehmen und die Blockadehaltung der ÖVP auch in diesem Bereich dieses Land in den Abgrund führt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das beste Beispiel hierfür liefert der ÖVP-Klimasprecher Schmuckenschlager, der kürzlich, am 9. November, bei „Pro und Contra“ wortwörtlich meinte:


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Er hätte kein Problem, wenn das angekündigte Klimaschutzgesetz in dieser Regierung nicht kommen würde. (Abg. Schnabel: Aus dem Zusammen­hang gerissen!) Und das als niederösterreichischer Präsident der Landwirtschafts­kammer!? Das ist eigentlich unfassbar. (Abg. Ottenschläger: Also das, was Sie machen, ist unfassbar!) Wisst ihr eigentlich, wie die Landwirtschaft kämpft – mit dem Klimawandel, mit Dürreperioden, mit Ernteausfällen, mit Über­schwemmungen, mit Murenabgängen? Und ihr sagt: Eh wurscht, wenn es nicht kommt, dann kommt es halt nicht! (Abg. Ottenschläger: Ihr macht Schmuddel­kampagnen!)

Ihr könnt doch nicht ohne Ziele und ohne Visionen im Umweltschutz zur Tages­ordnung übergehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Werte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, an dieser Stelle möchte ich Ihnen schon einmal eine Frage stellen: Haben Sie denn ein Gewissen? Haben Sie ein Verantwortungsbewusstsein der kommenden Generationen gegenüber? Das sind im Übrigen Ihre Kinder und Ihre Enkelkinder! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen, es braucht jetzt einen gerechten Systemwandel, der die Natur als Verbündete sieht. Es braucht dieses Klimaschutzgesetz (Beifall des Abg. Leichtfried) und es braucht dafür auch eine Zweidrittelmehrheit in die­sem Haus.

Ich kann Ihnen von dieser Stelle aus Folgendes versprechen: Die Sozial­demokratie ist eine ganz, ganz verlässliche Partner:in in dieser Frage, denn wir nehmen unsere politische Verantwortung ernst, gerade wenn es um den Klimaschutz in diesem Land geht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rauch. – Bitte.


15.18.37

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, auf der einen Seite haben wir hier die Klimaextremisten, die die Letzte


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Generation unterstützen, auf der anderen Seite haben wir die Klimablockierer, also dieses Gesetz, das nicht kommen soll. (Abg. Shetty: Oh!) Dann kommen jetzt die NEOS mit einer kurzen Debatte daher, etwas, das auch sehr spannend ist nach drei Tagen, obwohl wir eigentlich gestern sehr intensiv über das Thema Klimaschutz debattiert haben.

Was ist der Anlass? – Wie du richtig gesagt hast, Kollege Bernhard: die Klima­konferenz in Scharm El-Scheich; und das ist im Endeffekt auch ein Urlaubs­ort, muss man sagen, weil sich alle die ganze Woche dementsprechend gebärdet haben. Was ist bis jetzt herausgekommen, wenn man die Medien so ver­folgt? – Einzig und allein das, dass der Norden für den Süden zahlen soll. Das ist die Quintessenz bis jetzt. Das heißt, die nördlichen Staaten dieser Welt sol­len für die südlichen Staaten zahlen. Ich frage mich wirklich, welcher Euro oder welche Währung auch immer diesem Klima dementsprechend dienlich sein sollte oder was die Quintessenz daraus sein sollte. Einzig und allein über Zahlen, Zahlen, Zahlen die Bürger zu belasten, das ist Ihre Mentalität oder Ihre Vision, um das Klima zu schützen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty: ... mit eurer Vision!)

Einen Satz noch dazu: Diese Belastungen, die Sie hier in Österreich bis jetzt ge­macht haben – mit der CO2-Steuer, mit der Erhöhung der Normverbrauchsabgabe, mit der Mineralölsteuer und, und, und –, das sind im Endeffekt die Belastungen der Bürger, die sie heute zu tragen haben. Am Ende des Tages wird es auf diese Art und Weise nicht mehr Klimaschutz geben, sondern immer mehr defizitäre Betriebe, immer weniger Arbeitsplätze in Österreich, der Standort in Österreich wird gefährdet sein. Das ist dann die Kli­mapolitik dieser Klimaextremisten, die Sie unterstützen, auch mit der Letz­ten Generation, und das lehnen wir massiv ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Gehen wir in die Richtung, dass wir von Europa aus sagen: Die USA, Indien, China – die Emittenten also –, die müssen ihren Beitrag leisten, damit wir da einmal zu einer Gleichstellung kommen. Wir hier in Europa produzieren 10 Prozent des CO2-Ausstoßes und der Rest – China, USA und Indien –


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über 50 Prozent. Ich glaube daher: Lassen wir die Kirche im Dorf und belasten wir die Bürger nicht weiter! (Beifall bei der FPÖ.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte sehr. (Abg. Bernhard – in Richtung des sich mit einigen Unter­lagen zum Redner:innenpult begebenden Abg. Litschauer –: Diese Taferln kenn ich schon!)


15.21.20

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen und liebe Jugend! Das Klimaschutzgesetz ist ein wichtiges Gesetz – es ist schon ausgeführt worden –, weil es die Rahmenbedingungen schafft oder schaffen soll. Dazu möchte ich vielleicht auch ganz kurz in die Vergangenheit schauen, weil Kollege Rauch das schon wieder vergessen hat: Auch was wir in der Vergan­genheit in Europa bezüglich CO2 schon gemacht haben, gehört eigentlich mitgedacht und nicht beiseitegeschoben.

Nun aber zum alten Klimaschutzgesetz: Das Klimaschutzgesetz ist im Novem­ber 2011 beschlossen worden, rückwirkend für die Periode 2008 bis 2012. Weil die SPÖ so gerne die Tage zählt, wo es keines gibt: Sie haben eines rück­wirkend geschaffen, damit Sie die Ziele nicht verfehlen können, weil die Tatsache schon geschaffen war. (Beifall bei den Grünen.)

Dann haben Sie es verlängert, die Ziele eh niedrig gesteckt und diese auch noch verpasst – und dann haben wir Millionen von Euro für Zertifikate nachge­zahlt. Warum haben wir es verpasst? – Weil Sie nicht die entsprechenden Maß­nahmen gesetzt haben. Ich kann es Ihnen noch einmal ganz klar sagen – ich packe es jetzt noch einmal aus (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Sa­nierungsoffensive 2014 bis 2023“ ein Säulendiagramm abgebildet ist, in die Höhe haltend) –: Bei der Sanierungsoffensive hätte es 2016, 2017 nach oben


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gehen müssen, wenn Sie die Ziele verfolgen wollen! Aber unter der SPÖ-Regie­rungsbeteiligung wurden thermische Sanierung und Heizkesseltausch nach unten geführt! (Ruf bei den Grünen: Oi, oi, oi, oi, oi!) Deswegen haben Sie nämlich die Ziele verpasst. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben das jetzt geändert. Sie sehen, die Mittel für diesen Bereich wurden mehr als verzehnfacht – und, Kollege Bernhard, die werden natürlich wir­ken, denn Heizkesseltausch und thermische Sanierung wirken garantiert gegen die Klimabelastung, und deswegen sind wir da auf einem guten Pfad.

Vielleicht auch noch ein bisschen etwas zur Historie: Da gab es am 21.8.2019 im ORF eine Meldung (ein Schriftstück in die Höhe haltend), dass die NEOS einen
CO2-Preis von 350 Euro fordern. Im Jahr 2021 kommt dann von den NEOS auch noch die Meldung: „CO2 braucht einen Preis und die Menschen brauchen mehr Geld.“

Jetzt sage ich Ihnen etwas: CO2 hat einen Preis bekommen, und wir haben den Klimabonus gemacht, damit die Menschen das Geld bekommen – genau das, was eigentlich gefordert worden ist. Was aber macht ihr? – Ihr stimmt dagegen (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Bernhard schüttelt den Kopf), zwar nicht alleine, die SPÖ und die Freiheitlichen waren natürlich auch mit dabei (Zwischenruf des Abg. Schroll), aber wenn man A sagt zum Klimaschutz, muss man auch B zu den Maßnahmen sagen (Abg. Bernhard: Aber nicht zu den ...!), und da gehört die CO2-Bepreisung dazu! (Beifall bei den Grünen.)

Der Klimarat hat es ausgeführt: Der CO2-Preis ist ein maßgebliches Ding gegen den Klimawandel! (Beifall bei den Grünen.) Ihr negiert das. Ihr sagt, jetzt ist es gerade nicht passend. – Dabei haben wir gerade einmal ein Zehntel von eurer ursprünglichen Forderung, aber nicht einmal zu dem könnt ihr stehen! (Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Ein Klimaschutzgesetz einzufordern (Ruf: Das gehört halt zum Klimaschutz!), aber bei den Maßnahmen zu passen, das ist halt ein wenig zu kurz gegriffen.


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(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bernhard.)

In dieser Frage lobe ich mir meinen Koalitionspartner: Die haben dem zuge­stimmt, weil sie gewusst haben, wir brauchen das, wenn wir in der Ener­giewirtschaft etwas bewegen wollen. Wenn ich heute höre, sie stehen zu dem, was im Regierungsprogramm steht – und da steht das Klimaschutzgesetz
drin –, dann bin ich zuversichtlich, dass wir das gemeinsam mit unserer Ministe­rin hier auch zu einem guten Ende bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bernhard.)

Wir haben auch einen Klimacheck für Straßenbau gemacht. Der war euch (in Richtung SPÖ) dann auch nicht ganz angenehm, aber der gehört halt zum Klimaschutz dazu, der ist auch Teil des Klimaschutzgesetzes. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man A sagt, muss man auch B sagen und auch zu den Maßnahmen stehen! Reparaturbonus, der ÖBB-Rahmenplan – wir setzen überall um –, Raus aus Öl habe ich schon erwähnt, Ökostromausbau mussten wir erst zünden (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Sonnenstrom in Österreich“ ein Säulendia­gramm abgebildet ist, in die Höhe haltend), damit bei der Fotovoltaik etwas weiter­geht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch bei Windenergie haben wir heuer ein Rekordausbaujahr, nachdem vorher, als wir den Ausbau gebraucht hätten, eine Flaute war. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Schallmeiner: Beton schützt kein Klima! – Bravoruf bei den Grünen.)

Deswegen geht es hier Schritt für Schritt. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz ist bereits hier im Haus eingebracht. Das ist das nächste Zahnrad, das wir um­setzen müssen, und das wird auch die Nagelprobe werden, ob wir zu den Maß­nahmen und zu den Umsetzungen auch stehen oder ob man sich dann wie­der zurückzieht und sagt: Klimaschutz lassen wir die anderen machen, denn wir


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sind angeblich nicht alle dafür verantwortlich. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Weratschnig: Das war eine gute Rede! – Abg. Schallmeiner: Eine sehr gute Rede!)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist als Letzter in dieser Debatte Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.


15.26.24

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Also, Kollege Litschauer, die Fähigkeit, hier so eine Performance abzuliefern wie das, was Sie hier aufgeführt haben, die hätte ich auch gerne – oder eigentlich: Ich weiß nicht, ob ich sie gerne hätte. (Beifall, Heiterkeit und Zwischenrufe bei NEOS und Grünen.)

Diesen Zynismus an den Tag zu legen, nichts zustande zu bringen und hier alle anderen anzupatzen, das ist unverschämt! (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Zwischenruf des – eine Tafel in die Höhe haltenden – Abg. Litschauer. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Da bringt es auch nichts, wenn Sie in drei Tagen fünfmal mit dem gleichen Taferl herauskommen. Sie kriegen im Klima­schutz nichts auf die Beine (neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen), und das sollten Sie sich auch anhören! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Weratschnig: ... keine einzige konkrete Idee! Liefern Sie die kon­kreten Maßnahmen jetzt! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Litschauer. – Ruf bei den Grünen: Das ist eine schlechte Rede, eine sehr schlechte Rede!)

Mich macht das wirklich wütend, weil es dabei um etwas geht. Es geht nicht um irgendein Klimaschutzgesetz, was Sie jetzt auch versuchen so zu framen, weil Sie wissen, Sie kriegen mit dieser Partei (in Richtung ÖVP weisend) nichts zu­stande. (Abg. Voglauer: Oh?) Das versuchen Sie jetzt schon so zu framen, dass man kein Klimaschutzgesetz bräuchte. Wir brauchen es aber, und Kollege Bernhard hat schon gesagt: Weil wir kein Klimaschutzgesetz haben, fallen wir in allen europäischen Rankings zurück. So schaut es aus! (Beifall bei NEOS und


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SPÖ. – Abg. Weratschnig: Wo sind die konkreten Maßnahmen? Wo? Wo sind die konkreten Maßnahmen? – Abg. Litschauer: Wo ist das Bekenntnis
zum CO2-Preis? Dagegengestimmt haben Sie! Sie haben dagegengestimmt! Sie selber!)

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Unter einer grünen Klimaschutzministerin gibt es das erste Mal seit Jahren in Österreich kei­ne verbindlichen Klimaziele im Gesetzesrang! Unter Ministerin Gewessler ist das der Fall – und nicht früher schon. Das waren Sie! (Heiterkeit und Beifall des Abg. Bernhard sowie Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Doch früher schon! – Abg. Disoski: Du hast nicht zugehört, Yannick!)

Sie reden sich jetzt da so raus, und ich halte das wirklich für untragbar, untragbar auch Ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber, die Sie gewählt haben, die Sie für mehr Klimaschutz gewählt haben. (Ruf: Genau!) Eine Klimaministerin ohne Klimaschutzgesetz ist wie ein Verkehrsminister ohne Straßen­verkehrsordnung. Das wird nicht funktionieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

Es fehlt aber nicht nur das Klimaschutzgesetz, es fehlt eine ganze Liste an Dingen, die Sie nicht zusammenbringen. Das Klimaschutzgesetz ist ausständig, ein Energieeffizienzgesetz ist ausständig, eine Studie zu umweltschädli­chen Subventionen ist ausständig – von der Abschaffung reden wir ja schon gar nicht mehr –, eine Initiative gegen die Versiegelung des Bodens ist aus­ständig, eine Initiative zu CO2-Sequestrierung ist ausständig, eine ökologische Steuerreform ist ausständig (Abg. Litschauer: Ist umgesetzt! – weitere Rufe bei den Grünen: Im Gegenteil! Was haben wir denn gemacht?), denn was Sie be­schlossen haben, ist einfach nur: 30 Euro die Tonne CO2. Das hat über­haupt keine Lenkungswirkung. Eine echte ökologische Steuerreform gibt CO2 einen deutlichen Preis und senkt auf der anderen Seite andere Steuern (Ruf bei den Grünen: Das ist doch lächerlich!): die Mehrwertsteuer und die Einkom­mensteuer. Was Sie aber gemacht haben, ist nur eine Mehrbelastung ohne Lenkungswirkung. (Abg. Disoski: Es wird nicht besser, Yannick, was du sagst! Es wird


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nicht wahrer! – Ruf: Wir sind froh, dass wir keine 250 Euro gemacht haben! – Ruf bei den Grünen: Das ist eine Faschingsrede!)

Es fehlt aber nicht nur das, was Sie versprochen haben, es fehlt noch viel mehr darüber hinaus. (Abg. Schwarz: ... Sonntagsreden!) Wir fordern beispiels­weise etwas, was dringend notwendig wäre: eine CO2-Bremse im Verfassungs­rang, analog zu einer Schuldenbremse, kontrolliert von einem Klimarech­nungshof, der also auch verbindliche Ziele kontrollieren kann.

Wir fordern eine Reform der Asfinag – weg von einer Autobahnagentur hin zu einer Mobilitätsagentur (Zwischenruf des Abg. Schwarz) –, endlich einen Stopp der Bodenversiegelung, eine Reform der Raumordnung (Ruf bei den Grü­nen: Lauter!), eine Reform der Bauordnungen. (Abg. Wöginger: Aber leben dürfen wir schon noch?) Wir fordern ein Fast-Track-Verfahren für UVP-Verfahren, dass es einen Beschleuniger gibt für erneuerbare Energien, für Windkraft, für So­larkraft und für Wasserkraft, und im Übrigen - - (Ruf bei den Grünen: Warum habt ihr dann bei den ganzen Sachen dagegengestimmt? – Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei den Grünen.) – Haben wir es dann? (Abg. Maurer: Nein, wir ha­ben es noch lange nicht! – Abg. Matznetter: ... Schnappatmung, Herr Kol­lege!) – Jetzt haben wir dem Kollegen Litschauer zugehört, wie er hier das dritte Mal den gleichen - - – ja, ich sage es jetzt nicht, aber: das Gleiche verzapft hat, also wäre es ganz schön, wenn Sie uns auch zuhören würden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Maurer und Voglauer.)

Zum Thema UVP-Verfahren: Da gibt es auch einen ganz grundlegenden Unter­schied, um das auch einmal herauszustreichen, zwischen den Grünen und uns NEOS, weil Sie immer sagen: mehr erneuerbare Energien! Wenn aber dann Anlagen für erneuerbare Energien errichtet werden sollen, wenn die in ein Verfahren starten, dann sind Sie die Ersten, die sich auf eine Bürgerinitiative draufhocken, weil irgendeine Blume vom Aussterben bedroht ist. Das sind Sie! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Wir brauchen natürlich auch – wie schon gesagt – eine echte Ökologisierung des Steuersystems und nicht so etwas, wie Sie es gemacht haben, und ganz ehr­lich: Sie wissen das ja auch. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) – Frau Klub­obfrau Maurer, dann sagen Sie es mir doch, geben Sie mir doch eine Antwort darauf: Erreichen wir mit dem, was Sie umgesetzt haben, die Klimaziele?! (Zwischenrufe der Abgeordneten Maurer und Schwarz.) Seien Sie doch ehrlich zu den Menschen! Das geht sich von vorne bis hinten nicht aus, aber das trauen Sie sich natürlich nicht zu sagen. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abge­ordneten der FPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Ich sage das und wir sagen das deswegen in dieser Deutlichkeit, weil die Menschen ein Recht darauf haben, zu erfahren, dass es Parteien in diesem Haus gibt, die vor den Wahlen groß reden, aber nach den Wahlen wenig umsetzen. Sie sind groß im Ankündigen und klein im Umsetzen. (Abg. Litschauer: ... Euro und dann ablehnen! – Abg. Weratschnig: Das sind die NEOS!)

Ich schließe damit, was auch schon Kollege Bernhard gesagt hat: Im Klimaschutz brauchen wir weniger Träumer, weniger Ankündiger, sondern es braucht Leute, die umsetzen, die machen, und das sind ...

15.31


15.31.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte den Schlusssatz! (Beifall bei NEOS und SPÖ für den das Redner:innenpult verlassenden Abg. Shetty. – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Gemüter sind wieder auf Be­triebstemperatur.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Kann ich mit der Abstimmung beginnen? – SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ?

Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen, dem Umweltausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 2749/A(E) betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“ eine Frist bis zum 31.12.2022 zu setzen.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt. (Zwischenruf bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

15.32.29Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über Punkt 13 der Tagesordnung wieder auf.

Das Wort steht bei Herrn Bundesminister für Äußeres Schallenberg. – Bitte.


15.32.45

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor allem aber: Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, die Vertreter der persischen Community in Österreich, insbesondere die Familien Mossaheb und Ghaderi! Schön, dass Sie da sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir hatten vorhin eine sehr emotionelle Debatte. Ich muss sagen: Diese Debatte, die vorhin geführt wurde, war ermutigend, war gut. Es ist wirklich et­was, was mir auch den Rücken stärkt, wenn es so eine klare Stellungnahme gibt, wenn so eine klare Sprache hier im Hohen Haus zu einer Situation, bei der wir einfach nicht wegschauen können, gesprochen wird.

Ich sage es ganz bewusst als österreichischer Außenminister: Ja, wir Öster­reicher, aber auch die Europäische Union, wir hatten die Hoffnung, dass der Iran den Weg zurück in den Kreis der internationalen Gemeinschaft findet. Wir haben diesen Weg eröffnet. Ja, wir haben gehofft, dass sie zum Verhandlungs­tisch finden. Daher ist diese Entwicklung jetzt umso bitterer.

Ich spreche als Außenminister eines Landes, das ganz bewusst in den schwie­rigsten Zeiten – in den Achtzigerjahren und den Neunzigerjahren – als einziges westliches Land sein Kulturinstitut in Teheran nicht geschlossen hat,


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eine Tür in den Westen offengehalten hat, zu Menschenrechten, zur Ge­waltenteilung, zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Daher ist diese Entwicklung für uns so bitter.

Der Umstand, dass eine junge Dame sterben musste, weil sie die Bekleidungs­vorschriften nicht zur Gänze eingehalten hat, das ist nicht nur verstörend, es ist nicht nur schockierend, es ist schlicht und ergreifend archaisch. Es wurde hier schon das Wort - - (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir dürfen etwas nicht vergessen: Die Menschheit verdankt dem persischen Volk unendlich viel in den letzten Jahrtausenden. Das ist ein Kulturvolk, und dieses Kulturvolk hat sich ein anderes Regime, eine andere Regierung schlicht und ergreifend verdient. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Es ist beschämend, was da geschieht, und die Themen wurden ja vorhin schon angesprochen. Das Fenster für die Atomverhandlungen, die gerade hier in Wien stattgefunden haben, bei denen gerade auch die Vereinigten Staaten – und ich habe den Chefverhandler der Vereinigten Staaten, Rob Malley, immer wieder getroffen – so viele Impulse gesetzt haben, so viel Bemühen hineingebracht haben, ist de facto geschlossen.

Wir haben jetzt erfahren – und die Iraner haben es sogar zugeben müssen –, dass sie Drohnen an Russland geliefert haben, Drohnen, mit denen die ukrainische Bevölkerung terrorisiert wird. Das ist eigentlich implizit indirekte Teilnahme an Kriegsverbrechen. Jetzt tyrannisieren sie auch noch ihr eigenes Volk. Das ist etwas, wo wir nicht wegschauen wollen, wo wir nicht wegschauen werden. Die Tonalität auch innerhalb der Europäischen Union ist – und das muss ich auch bedauernd sagen – eine andere. Das wird nicht aufhören, weil wir befürchten müssen, dass das Regime versuchen wird, mit aller Gewalt zurückzuschlagen. Es reicht nicht, dass wir nur klare Worte finden – ja, das hat die Europäische Union getan, ja, das hat auch Österreich getan –, ganz klar die brutale, gewaltsame Niederschlagung von Protesten, bei denen


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man nur von seinem friedlichen Versammlungs- und Vereinsrecht Gebrauch macht, zu verurteilen, eine transparente Untersuchung zu fordern, die willkürli­chen Verhaftungen zu verurteilen. Das reicht nicht!

Wir haben seit Oktober dreimal hintereinander Sanktionen verhängt. Wir haben auch im Menschenrechtsrat eine überregionale Erklärung unterstützt, in der ganz klar die Frauenrechte als unteilbar, unverhandelbar dargestellt werden. Das ist auch Position der österreichischen Republik, hier in diesem Hohen Haus – darüber freue ich mich sehr – und auch aufseiten der Bundesregierung. Das ist nicht verhandelbar. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten
der NEOS.)

Ich kann noch Folgendes abschließend sagen: Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen – und das ist ein bisschen die Gefahr, die wir momentan haben, dass wir so derart fokussiert auf den Krieg in der Ukraine sind, dass wir es manchmal vergessen –, dass es noch andere Krisenherde gibt. Gerade der Iran und die Ent­wicklung dort erinnern uns daran, dass wir nie einen Scheuklappenblick nur auf eine Krise haben dürfen.

Es wird auch weiterhin – gerade auch von der Europäischen Union und von Österreich – klare Worte, klare Unterstützung für Maßnahmen auf europäischer Ebene und auch darüber hinaus auf internationaler Ebene geben. Wir wer­den nicht wegsehen. Der Iran muss wissen: Das Regime steht unter Beobach­tung. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engel­berg. – Bitte.


15.37.33

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Noch einmal auch ein herzliches Will­kommen den Vertretern der iranischen Exilcommunity! Danke, dass


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Sie hergekommen sind und sich die Zeit genommen haben, um mit uns über Ihre Anliegen zu sprechen.

Ich habe mir vorgenommen, dass ich keine Rede vorbereite, sondern versuchen werde, Ihnen eine Stimme zu verleihen, eine Stimme hier im österreichi­schen Nationalrat, wissend, dass das der einzige und beste Weg ist, mit dem wir Ihnen helfen können, nämlich eine Nachricht, eine Message in die Welt zu schicken, vor allem den Menschen im Iran, die demonstrieren, die auf die Straße gehen. Sie sollen wissen – über soziale Netzwerke –, dass wir hier im Natio­nalrat ihnen volle Solidarität ausdrücken, zu ihnen stehen, dass wir darüber re­den. Es sollen die Gefangenen wissen, dass wir über sie nachdenken, dass wir ihnen beistehen, so gut es geht. Und das verbrecherische Regime soll wissen, dass das nicht schweigend hingenommen wird, was dort geschieht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher möchte ich auch – und das ist eine persönliche Erfahrung von mir im Umgang mit verbrecherischen Regimen –, dass jedes Wort, das hier jetzt gesagt wird, ganz genau wahrgenommen und protokolliert wird. Ich hatte einmal die Gelegenheit in jungen Jahren, noch als Student, an einem Hungerstreik für Gefangene in der Sowjetunion teilzunehmen. Es war ein berührender Mo­ment, als ich viele Jahre später einem der Gefangenen begegnet bin und wir so­zusagen einander wirklich umarmt haben und er mir dafür gedankt hat, weil er natürlich die Nachricht darüber bekommen hat, dass wir diesen Hunger­streik in Wien – am Schwarzenbergplatz war das damals – organisiert hatten.

Daher möchte ich jetzt hier auch folgende Statements machen:

Erstens einmal betone ich noch einmal absolute Solidarität und größte Sympa­thie für Dr. Mossaheb, noch dazu, wo er dieses tragische Schicksal hat, dass er heute seinen 76. Geburtstag im Gefängnis im Iran verbringen muss. Seine Tochter ist hier. Er ist zu zehn Jahren Haft verurteilt, auch auf Basis der Ge­setze des Iran vollkommen unrechtmäßig, die eigentlich eine weitere Festhaltung


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von ihm überhaupt nicht mehr rechtfertigen. Richten Sie ihm also bitte un­sere besten Grüße und besten Wünsche aus, wo auch immer er sich jetzt leider befindet!

Das Gleiche gilt für Dr. Ghaderi, in dem Fall ist seine Frau hier. Sie lebt mit zwei Kindern in Österreich, er ist zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Es ist ein Skandal, es ist Unrecht, und das möge das Regime wissen. Richten Sie bitte auch ihm unsere besten Wünsche und unsere Solidarität aus!

Ich würde jetzt nur stichwortartig wiedergeben, was Sie uns heute alles gesagt haben: Das erste und wichtigste Anliegen war der sofortige Stopp der Hin­richtungen im Iran. Ich wiederhole es: der sofortige Stopp der Hinrichtungen im Iran! Das Regime ist vor aller Welt gefordert, sich nicht noch weiter an der Hinrichtung unschuldiger Menschen schuldig zu machen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Ich fordere den sofortigen Stopp der Verhaftungen, der willkürlichen Ver­haftungen von nahezu 16 000 Menschen! Die Einlieferung von oft Jugendlichen in psychiatrische Kliniken und die Verabreichung von Medikamenten, um sie sozusagen stillzuhalten, das muss sofort aufhören! Gefangene müssen freige­lassen werden! Das ist eine Forderung, die hier ganz deutlich gestellt wer­den muss.

Wir haben, glaube ich, auch intern in Österreich einige Hausaufgaben zu ma­chen. Erstens einmal, Herr Außenminister, glaube ich, ist es notwendig, darüber nachzudenken, schon auch einmal die Tätigkeit der iranischen Bot­schaftsangehörigen prüfen zu lassen. Es ist schon auch unsere noble Pflicht, auch einmal im Sinne der internationalen Abkommen anzuschauen, wieso eine so große Anzahl an Botschaftsangehörigen unter dem Schutz der diplo­matischen Immunität hier ihr Unwesen treibt. Wenn hier jemand gegen die internationalen Abkommen verstößt, dann, glaube ich, ist es auch notwendig, solche Diplomaten auszuweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Das Gleiche gilt natürlich auch für die Prüfung der Tätigkeit der diversen Organisationen, die unter iranischem Einfluss oder unter dem Einfluss des irani­schen Regimes stehen, namentlich besonders des Islamischen Zentrums im 21. Bezirk. Das gehört in den Aufgabenbereich des Innenministeriums. Jeden­falls müssen wir genauer hinschauen, was dort geschieht.

Ich würde damit schließen wollen, dass ich auch wiedergebe, was Sie gesagt haben: Hören wir auf, dem verbrecherischen Regime im Iran mit Naivität zu begegnen! Schützen wir auch die Menschen mit iranischem Hintergrund, die hier in Österreich leben! Am Ende: volle Solidarität für die verfolgten Men­schen im Iran, die nur eines wollen, nämlich ein Leben in Freiheit und dass das Menschenrecht geachtet wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Strache. – Bitte.


15.43.42

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Zahlreiche Menschen im Iran gehen derzeit unter lebensbedrohenden Umständen auf die Straße. Der Motor dieser Proteste im Iran waren Frauen, unvorstellbar mutige, lebensbejahende Frauen.

Das Leben der Frauen im Iran ist aber derzeit von Verzweiflung und Ohnmacht geprägt, aber auch von unfassbarer Stärke und unfassbarem Mut – Mut, der im Iran im schlimmsten Fall tödlich enden kann. Jetzt können wir in Europa möglicherweise nicht verstehen, warum Frauen, Mütter, Töchter und zahl­reiche weitere Menschen im Iran ihr Leben riskieren, aber sie tun es aus keinem geringeren Grund, als ihre Freiheit zu erlangen, frei und selbstbestimmt leben zu können.


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Der Iran erlebt jetzt gerade eine feministische Revolution, doch der Kampf der zahlreichen mutigen Menschen begann bereits 2009, damals noch als grü­ne Bewegung bezeichnet. Ziel war es, im Zuge dieser Reformpartei einen Boden für einen gemäßigten Islam zu schaffen. Doch diese Bewegung wurde be­reits in ihren Anfängen brutal niedergeschlagen. Im Iran werden die Körper von Frauen als ideologisches, religiöses Schlachtfeld missbraucht.

Bei einem derart brutalen Regime wie im Iran braucht es mehr als mediale Initiativen und irgendwelche Hashtags. Die Frauen im Iran kämpfen gegen ein brutales faschistisches Regime, und die Frauen dabei zu unterstützen, sich solidarisch zu zeigen, ist gut und richtig. Es muss aber auch der Druck der jeweiligen Regierungen eines Landes auf den Iran erhöht werden. Da muss eine ganz klare Botschaft ankommen. Was die Frauen, die Menschen im Iran als Unterstützung aus dem Ausland brauchen, sind gezielte Sanktionen gegen die totalitären Machthaber – und zwar jetzt.

Überhören wir bitte die Revolution dieser tapferen Frauen nicht! Wenn die Menschen im Iran ihre Stimme erheben können, wenn zahlreiche Menschen im Iran, obwohl sie sich mit dem Tod bedroht sehen, ihre Stimme erheben können, können wir das in unserem geschützten Umfeld erst recht. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

15.46


15.46.17

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Dem ist nicht so.

Bevor ich zur Abstimmung komme, darf ich die Klubs fragen. – Es haben alle eingewilligt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1769 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Solidarität mit den Frauenprotesten im Iran“.


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Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist einstimmig angenommen. (Allgemeiner Beifall.) (280/E)

Ich danke dem Herrn Außenminister für seine Anwesenheit und begrüße den Herrn Vizekanzler, in diesem Fall in Vertretung der Frau Verkehrsminister.

15.47.3514. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1677 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn (1761 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 14. Punkt der Tages­ordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weratschnig. – Bei Ihnen steht das Wort. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.48.05

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Abgeordnete! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher! Wer kennt sie nicht, die Wiener U-Bahn? Einige von außerhalb des Bundeslandes Wien werden das starke öffentliche Ver­kehrsmittel unserer Hauptstadt wahrscheinlich das erste Mal auf einer Wien­woche oder bei einem Kulturbesuch in Wien kennengelernt haben. Es ist, glaube ich, heute ein historisches Ereignis, dass wir diese 15a-Vereinbarung be­schließen können, nämlich eine betreffend viertes und fünftes Ausbaupro­gramm der Wiener U-Bahn. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt kommt die Öffimilliarde in Form von vielen Milliarden gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Bund in die Hauptstadt nach Wien. An dieser Stelle gratuliere ich der Stadt Wien mit allen Verantwortlichen, mit dem Herrn Bürger­meister, mit dem Ressort, mit der Ressortverantwortlichen, und ich gratulie­re auch all jenen, die sich in den Legislaturperioden davor schon für die Wiener


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U-Bahn eingesetzt haben und Ausbauprogramme zustande gebracht haben, insbesondere auch die Verkehrsminister von damals, Abgeordnete, die auch heute noch bei uns sitzen: Frau Präsidentin Bures, der ehemalige Verkehrs­minister Leichtfried und der ehemalige Verkehrsminister Stöger. – Gratulation auch für diese Leistungen in der Vergangenheit. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich will mit dieser Gratulation auch deutlich machen, dass es ein großes Projekt ist, das über Legislaturperioden geht. Wir stehen heute vor einer Verein­barung mit einem Umfang von 5,75 Milliarden Euro für zwei wesentliche Aus­baustufen bis zum Jahr 2032, wenn wir wahrscheinlich in Hernals stehen und, so hoffe ich, die U-Bahn-Station Hernals einweihen und eröffnen dürfen.

Wenn man zurückschaut: Die Wiener U‑Bahn hat um 1900 mit der Stadtbahn begonnen. Später gab es dann viele Überlegungen, wie man die Stadtbahn ausbaut. Es hat damals sogar Überlegungen hinsichtlich einer atmosphärischen Lokalbahn gegeben, bei der mit Luftdruck gearbeitet wurde. Man hat sich dann später, über die Weltkriege hinaus, in den Sechzigerjahren für den Ausbau einer Unterpflasterstraßenbahn – so hat das damals geheißen – entschie­den. Das sehen wir und spüren wir auch noch heute bei einigen Straßenbahnli­nien, wie zum Beispiel der Linie 18 oder damals auch den 2ern, die dann in die U‑Bahn-Linie 2 umgebaut wurden.

Die Wiener U‑Bahn schreibt Erfolgsgeschichte: seit 1978 in Betrieb, fünf Linien, 125 Garnituren, 109 Stationen, 1,3 Millionen Fahrgäste und, was auf jeden Fall wichtig ist, 100 Prozent barrierefrei mit 294 Aufzügen und 350 Rolltreppen. Das ist eine Erfolgsgeschichte des öffentlichen Verkehrs. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir elf neue Stationen und mögliche 300 000 Fahrgäste, Öffinutzer mehr hier in Wien, mit zwei ganz wesentlichen Bereichen, nämlich in der vierten und fünften Ausbauphase vom Rat­haus bis zum Wienerberg und auf der anderen Seite vom Karlsplatz bis nach Hernals. Das ist eine wichtige Entlastung der 43er- und 44er-Straßenbahn.


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Eines ist, glaube ich, ganz klar: Es geht hier um kein Weder-noch: Wir brauchen die U‑Bahn und wir brauchen auch die Straßenbahnen. Wir brauchen die Mobilitätsdrehscheiben hier im Bundesland Wien, aber auch in Niederösterreich vor der Haustür. Da braucht es noch sehr viel Anstrengung mit den beiden Bundesländern, diese Mobilitätsdrehscheiben und Schnittstellen auch in Nieder­österreich zu schaffen, Straßenbahnen auch nach Niederösterreich hinauszu­bringen. Da, glaube ich, sind die nächsten Kraftanstrengungen geplant.

In diesem Sinne auch eine Gratulation vor allem auch an Bundesministerin Leo­nore Gewessler, den Vizekanzler und natürlich eine Gratulation an den Wie­ner Bürgermeister und sein Team. Wir alle können mit dem Klimaticket natürlich auch die Wiener Linien und somit die Wiener U‑Bahn mitbenutzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte.


15.52.53

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Diese 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und Wien sichert die positive Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in unserer Bundeshaupt­stadt. Über 5,7 Milliarden Euro werden hier im Aufteilungsschlüssel 50 : 50 für die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U‑Bahn entlang der U2 und der U5 sichergestellt.

Mobilität ist Freiheit. Diesen Zugang zu Freiheit sichern wir mit der Be­schlussfassung am heutigen Tag, aber genau diesen Zugang zu Freiheit vermisse ich als Niederösterreicherin in meinem Heimatbundesland massiv. Bevor das Argument kommt, dass ein Flächenbundesland wie Niederösterreich nicht mit einer Stadt wie Wien zu vergleichen ist: Sehen wir uns doch die konkre­ten Zahlen an!


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Wien gehört in den Bereichen Lebensqualität und Infrastruktur zu den erfolgreichsten Städten der Welt. Nicht umsonst wurde Wien mehrfach zur le­benswertesten Stadt der Welt ausgezeichnet, nicht zuletzt wegen der hervorragend funktionierenden Mobilitätskonzepte: eine U‑Bahn alle 5 Minuten, in 6 Minuten vom Stephansdom zur Donauinsel. Doch ist dieser Erfolg vom Himmel gefallen? – Nein. Er ist Ergebnis jahrzehntelanger fortschrittlicher sozialdemokratischer Verkehrspolitik, geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Nicht nur!)

Doch man ruht sich nicht auf dem Status quo aus, nein, es wird weiter investiert und ausgebaut: Rund 1 Milliarde Euro nimmt die Stadt Wien Jahr für Jahr in die Hand, um weiter Fortschritte zu erzielen – 1 Milliarde! –, und hat es gleichzeitig geschafft, als Vorreiterin für das Klimaticket ein 350‑Euro-Ticket innerhalb von Wien einzuführen – 350 Euro im Jahr. (Abg. Disoski: 365!)

Niederösterreich, ein 46-mal größeres Bundesland mit ähnlich vielen Einwoh­nerinnen und Einwohnern, gibt – nein! – nicht 46-mal so viel aus, son­dern ein Viertel. Schäbige 250 Millionen Euro ist Niederösterreich der öffent­liche Verkehr wert. (He-Rufe bei der ÖVP.) Dafür investiert aber die Lan­deshauptfrau viel Geld in bunte Plakate zur Eigenwerbung, damit die Menschen, wenn sie auf den Bus oder auf den Zug warten, zumindest einen schönen Ausblick haben. Dafür zahlen die Niederösterreicherinnen und Niederösterrei­cher aber nicht 365 Euro wie in Wien, sondern fürs Bundesland Nieder­österreich 550 Euro – wahrscheinlich weil die Plakate so schön bunt und so schön groß sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, Sie sehen den eklatanten Unterschied zwischen dem, was im rot geführten Wien, und dem, was im ÖVP-Allein­herrscherland Niederösterreich passiert. Dort werden Bahnlinien nämlich zuge­sperrt – wie das Schweinbarther Kreuz. Ich weiß, dass die Bundesmi­nisterin gesprächsbereit wäre, aber seitens Niederösterreichs, des Landesrates Schleritzko und der Landeshauptfrau keine Gesprächsbereitschaft besteht, um dieses Schweinbarther Kreuz wieder aufzusperren. Und da muss man schon


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sagen - - (Abg. Steinacker: Es gibt in Niederösterreich keinen Landeshaupt­mannstellvertreter Schnabl? Das verstehe ich nicht!) – Sie verstehen viel nicht, aber ich kann Ihnen gerne einiges erklären, auch im Nachhinein, nach dieser Rede. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Also wirklich, das ist unglaublich ...!)

Beenden können Sie das nur, geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, am 29. Jänner, wenn Sie diese rückschrittliche Politik abwählen und wir endlich gleiche Chancen haben, auch im Bereich der Mobilität. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schmidhofer: Schimpfen Sie nicht über das eigene Land! – Abg. Ottenschläger: Hier ist das österreichische Parlament und nicht der Land­tag! – Abg. Steinacker: Es gibt keinen Landeshauptmannstellvertreter Schnabl? Und danke für das: Sie verstehen nix!) – Bitte. (Abg. Steinacker: Vor der eigenen Tür kehren!)

15.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dei­mek. – Bitte.


15.57.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Wir haben heute schon von der Artikel-15a-Vereinbarung für den weiteren U‑Bahn-Ausbau gehört, und wir haben auch gehört, dieser ist vernünftig und gut. – Ja, im urbanen Bereich braucht es die längeren schnellen Verbindungen und auch die Verbindungen in die periphereren Regionen beziehungsweise dort, wo viel Verkehr ist, zum Beispiel im Süden von Wien, die Parallelachsen der U1, der U6 und jetzt dann die Verlängerung nach Matz­leinsdorf. Das hat der Bürgermeister schon vor einigen Jahren angekündigt. Der Bau hat inzwischen auch schon begonnen, und es ist nicht zu früh, wenn dann auch wirklich die Finanzierungsvereinbarung unter Dach und Fach ist.

Wir haben auch gehört – von Kollegen Weratschnig von den Grünen –, welche Vorteile die öffentlichen Drehpunkte und Vernetzungen haben. Ich würde mir aber auch wünschen, dass von Kollegen Weratschnig, aber hauptsächlich


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von der Frau Ministerin erkannt wird, dass es nicht nur den öffentlichen Verkehr braucht. Es braucht ihn sehr viel, es braucht ihn im urbanen Bereich viel und schnell, aber nicht nur ihn.

Es wäre gut, mit der gleichen Vehemenz, mit der man jetzt das U‑Bahn-Projekt weitertreibt, beispielsweise in anderen Bundesländern die angefangenen beziehungsweise geplanten Projekte, sei es jetzt die A 9 Richtung Slowenien oder die S 34 in Niederösterreich, genauso weiterzutreiben – und genau da versagt die Frau Minister.

Es wäre gut, nicht nur heute diese Artikel‑15a-Vereinbarung zu beschließen, sondern auch den aus irgendwelchen ideologischen Gründen gebremsten Bau der A 9 und der S 34 genauso wieder weiterzutreiben. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir auf den Straßen auch Güterverkehr haben, und den werden wir nicht wegbringen, weil wir mit unseren 30, 35 Prozent Modalitätswert ganz gut dabei sind, wir sind da eh an der Spitze von Europa. Wir werden das aber in Österreich nicht weiter ausdehnen können.

Das heißt, wir haben Güterverkehr und wir haben vor allem in den kritischen Zonen noch entsprechend viel Personenverkehr, den wir auch nicht über­all in den öffentlichen Verkehr, in die Züge und Busse bringen. Wenn wir da nicht weiterbauen, dann ist das ein grundsätzliches und vorsätzliches Blockieren im Verkehrsbereich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Otten­schläger. – Bitte.


15.59.57

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich denke, die Entscheidung, dass der Bund ein so wichtiges Infra­strukturprojekt wie den Ausbau der Wiener U-Bahn mit 50 Prozent kofinan­ziert, ist eine ganz wichtige und richtige Entscheidung. Das gilt nicht nur –


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das möchte ich an dieser Stelle schon einmal sagen – für Wien, sondern denken Sie daran, was das auch für viele Pendlerinnen und Pendler aus dem Wie­ner Umland, aus Niederösterreich, aus dem Burgenland bedeutet, nämlich eine bessere Einbindung und Einbettung in das gesamte öffentliche Verkehrs­netz, auch des Wiener Umlandes, Stichwort S-Bahn! Auch da wird weiter ausge­baut und besser getaktet, sodass auch in diesem Bereich ein deutlich attrak­tiveres Angebot im öffentlichen Verkehr geschaffen wird. Deswegen ist es so wichtig, dass wir da einen Beitrag leisten: weil es eigentlich ein überregio­nales Projekt ist. Das Ausspielen zwischen Bundesländern halte ich in diesem Zusammenhang für falsch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz konkret: Es geht um den Ausbau von U2 und U5, die Verlängerung der U2 bis zum Wienerberg und der U5 bis Hernals, und wie gesagt, auf der einen Seite geht es um die bessere Anbindung ans Umland über die S-Bahn, auf der anderen Seite natürlich um die Entlastung des Wiener Straßenbahnnetzes.

Ein ganz konkretes Beispiel: Die Linie 43 ist eine der meistgenutzten Straßen­bahnen in Wien. Ich bin dort in der Nähe zu Hause und kann das selber beurteilen. In der Früh ist die Straßenbahn – die erste, die kommt – gleich einmal ziemlich schnell voll, schon bei der dritten Station warten die Leute auf die nächste. Sie ist sehr eng getaktet und fährt quasi wie eine U-Bahn, aber durch eine wachsende Stadt und Gott sei Dank auch dadurch, dass die Leute das öffentliche Verkehrsangebot immer besser annehmen, ist es einfach so, dass wir gewisse Strecken entlasten müssen. Das ist ein Streckenabschnitt, bei dem das absolut notwendig ist, damit weiterhin ein attraktives Angebot im Bereich des öffentlichen Verkehrs geboten werden kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner zu Wort gemeldet. – Bitte.



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16.02.43

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Kollegin Erasim hat behauptet, dass das Regionsticket Niederösterreich 550 Euro kostet.

Ich berichtige tatsächlich: Dieses Regionsticket kostet 495 Euro und ist übrigens auch im Burgenland gültig. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Di­soski und Weratschnig. – Abg. Steinacker: Nicht einmal das kann sie recherchieren!)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marg­reiter. – Bitte.


16.03.10

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich erinnere daran, dass abgesehen von unserer Bundeshauptstadt Wien natürlich auch viele andere Städte und Ballungsräume in Österreich um moderne
ÖPNV-Lösungen kämpfen und sich darum bemühen.

Die Salzburger Lokalbahn beispielsweise soll vom Bahnhof durch die Altstadt letztlich bis Hallein verlängert werden. In Graz wird ein S-Bahn-Ring ge­plant, eine Einigung über die Trassenführung wurde unlängst verkündet. Das Netz der Graz-Köflacher-Bahn soll elektrifiziert werden. In Linz sollen zwei vernetzte Nebenbahnen, nämlich die Linzer Lokalbahn und die Mühlkreis­bahn, vom Hauptbahnhof aus durch das östliche Stadtzentrum miteinander verbunden werden. In Ebenfurth werden die ÖBB bald eine Schleife einreichen, damit die Züge ohne Wendemanöver nach Eisenstadt geführt werden kön­nen, und in Tirol harrt die Regionalbahn des Ausbaus nach Völs. (Abg. Hörl: Und im Zillertal?) Die Liste könnte noch fortgesetzt werden. (Abg. Hörl: Und im Zillertal?)

Was ich damit sagen will: Österreich ist tatsächlich dabei, die Mobilitätswende herbeizuführen. Es wird auf die Anforderungen des Klimawandels in ad-


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äquater Weise reagiert, damit vor allem viele Pendler nicht mehr auf ihre indi­viduelle Mobilität angewiesen sind, sondern den öffentlichen Personen­nahverkehr nutzen können.

Uns NEOS ist wichtig, dass bei der Suche nach Verkehrslösungen die Erfüllung der Klimaziele und der praktische Nutzen für die Bevölkerung im Vor­dergrund stehen. Da muss man sich auch fragen: Bis wann haben wir eine Um­setzung? Auf Plänen kann man nämlich nicht fahren, es muss auch gebaut werden.

Da will ich konkret das Problem Wien ansprechen. Im Nordosten der Stadt Wien wurde ja ein Bauprojekt betreffend die individuelle Mobilität, die motori­sierte Mobilität gestrichen. Da wird es Alternativen brauchen. Sowohl die Stadt Wien wie auch das Klimaschutzministerium sind gefordert, Alternativen anzudenken. Das wird auch Finanzierungen erfordern, von der S 80 über die Verlängerung der Straßenbahnlinie 25 bis hin zu einer Forderung von NEOS Wien, nämlich einen leistungsfähigen Schnellbahnring um Wien zu bauen. Es ist also noch genug zu tun.

Diese 15a-Vereinbarung, die heute vor uns liegt, verdient natürlich Zustimmung, aber wie gesagt, wir werden uns weiterhin sehr anstrengen müssen, um den Anforderungen des Klimawandels und der Mobilitätswende zu genügen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schroll. – Bitte.


16.06.15

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ein Straßen-
und – wie hier im speziellen Fall – ein U-Bahn-Ausbau sind natürlich positiv zu erwähnen und für viele Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Wohn­räumen, dort, wo sie zu Hause sind, unumgänglich. In einem Ballungsraum ist der


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Ausbau der Öffis enorm wichtig, natürlich alleine schon, weil er der Klima­neutralität zugutekommt.

Dass das in gewissen Gebieten möglich ist und da andere Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung sind, zeigt aber einmal mehr das Beispiel der Umfahrung S 34, der Traisental-Schnellstraße, im Raum Sankt Pölten.

Kollege Deimek hat schon darauf aufmerksam gemacht: Auch dort sind wichtige Projekte gestoppt oder mehr oder weniger hinausgeschoben worden. Be­schluss ist Beschluss, und ein positiver Bescheid heißt Umsetzung. So einfach ist das, und da können auch Sie, Frau Verkehrsministerin Leonore Gewessler, sich nicht darüber hinwegsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die S 34 und ihr Trassenverlauf sind im Verzeichnis 2 des Bundesstraßenge­setzes in dieser Streckenbeschreibung seit 2010 gesetzlich verankert. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, geschätzte Frau Verkehrsministerin: Es gibt einen positiven Bescheid vom Gericht zum Bau der S 34 und damit eine gesetzliche Verpflichtung des Bundes zur Errichtung aufgrund von öffentlichem Interesse. Mittlerweile gibt es auch rechtskräftige positive UVP-Bescheide sowie einen rechtskräftigen positiven naturschutzrechtlichen Bescheid, in dem sich die Gerichte sehr eingehend mit allen Einwänden auseinandergesetzt haben. Rechtsexperten bestätigen, dass die S 34 nach dem Bundesstraßengesetz nun endgültig umgesetzt werden muss.

Und was macht unsere Frau Bundesministerin? – Nichts! Mehr noch: Sie widersetzt sich dem gültigen Recht und Ihren Pflichten als Ministerin. Das ist keine Frage von Einstellung und Motivation, sondern eine simple Frage von Rechtsbewusstsein. – Frau Bundesministerin Gewessler, Sie sind verpflichtet und darauf vereidigt, Gesetze einzuhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines ist für uns ganz klar: Bei Verhinderung oder Untätigkeiten können und müssen strafrechtliche Konsequenzen drohen. Ihre Verzögerungstaktik hat keine rechtliche Basis. Das ist kein Kavaliersdelikt, Frau Bundesministerin! Ge­setze müssen in Österreich eingehalten werden.


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Das ist kein politisches Spiel auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger, denn die S 34 bedeutet eine immense Entlastung für die Bevölkerung und auch für das Klima. Schon zu viel Zeit ist vergangen. (Abg. Weratschnig: Gehen würde es jetzt um die U-Bahn!) Ich möchte an dieser Stelle auch die bisher angelau­fenen Kosten erwähnen: In diesem Schnellstraßenprojekt wurden bereits rund 200 Millionen Euro projektiert. Das Geld ist weg. Eine Lösung des Verkehrs­problems haben wir nicht, aber anscheinend ist Ihnen die Bevölkerung in diesem Lebensraum egal. Handeln Sie jetzt, Frau Bundesministerin! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

16.09


16.09.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Können wir abstimmen? – Ja.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, den Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 1677 der Beilagen zu genehmigen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich bedanke mich beim Herrn Vizekanzler als Vertretung der Frau Verkehrs­ministerin.

16.10.2915. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1743 d.B.): Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbin­dungsgesetz 2023 – BPrBG 2023) (1746 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 15.

Ich begrüße die Staatssekretärin für Kultur Frau Mag. Mayer recht herzlich.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr. Bei Ihnen steht das Wort, Frau Abgeordnete.


16.11.04

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Wir be­schließen heute ein neues Buchpreisbindungsgesetz. Was mich freut, ist, dass wir – wie Deutschland – eines der ganz wenigen Länder in Europa sind, das weiterhin eine Buchpreisbindung hat, und das ist wirklich gut so.

Das Buch ist ein wirklich hohes Kulturgut, ein Kulturgut, das geschützt werden muss, ebenso alles, was drumherum dazugehört – seien es die kleinen Buchhandlungen, seien es die kleinen und auch die großen Büchereien und Bibliotheken. Dazu eine Anmerkung: Vielen Dank an die großartige Bibliothek im Parlament, die uns bei unserer Arbeit immer wieder großartig unterstützt!

Während Corona hat sich gezeigt, dass einzelne kleine Änderungen betreffend Buchpreisbindung notwendig sind – diese sind jetzt eingearbeitet worden –, da geht es vor allen Dingen um Punkte, die im Zusammenhang mit dem Online- und Versandhandel stehen. Wir wollen damit sicherstellen, dass wir die lokalen und regionalen Buchhandlungen schützen.

Sie wissen, bald kommt Weihnachten: Gehen Sie schon jetzt in die Buchhand­lungen und bestellen Sie Bücher! Es gibt kein schöneres Weihnachtsge­schenk – und zwar für die Jüngsten wie auch für die Ältesten – als ein wunder­bares Buch. In diesem Gesetzentwurf berücksichtigen wir das. Wir stellen sicher, dass das Kulturgut Buch durch die Buchpreisbindung weiterhin geschützt wird.

In diesem Sinne: Ich bin natürlich immer noch der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.13



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.


16.13.14

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit über 20 Jahren gibt es ein Gesetz zur Buchpreisbindung in Österreich, seit 2014 gilt die Buchpreisbindung auch für den Onlinehandel und für E-Books. Heute debattieren wir, weil wir Erfah­rungen aus der Coronazeit und die damit verbundene Verlagerung des Vertriebs von Büchern in den Online- und Versandhandel bemerken und spüren, eine Überarbeitung der gesetzlichen Ausgestaltung der Buchpreisbindung. Diese ist notwendig geworden, weil es einige Neuerungen gibt.

Neu ist zum Beispiel ein Auskunftsanspruch des Hauptverbandes des österrei­chischen Buchhandels und des Fachverbandes der Buch- und Medienwirt­schaft, aber auch Lagerabverkäufe werden präziser geregelt. Leider, und das be­dauern wir von der Sozialdemokratie, kommt die Erhöhung des Buchpreis­rabatts für Bibliotheken nicht – wir hätten uns 20 Prozent gewünscht; das haben auch viele im Begutachtungsverfahren gefordert –, er bleibt bei 10 Prozent. Wir werden dieser Vorlage natürlich dennoch unsere Zustimmung geben.

Leider ist es so, dass keinem der Oppositionsanträge, die im Kulturausschuss behandelt wurden, stattgegeben wurde – einer, der dann im Anschluss behandelt wird, ist abgelehnt worden, die anderen sind wie so oft schubladisiert worden.

Ebenso bedauerlich ist, und das ist jetzt an die Adresse meiner Vorrednerin, an Frau Kollegin Blimlinger, gerichtet – das kann ich so nicht stehen lassen, obwohl sie das gestern thematisiert hat –, dass sie der Sozialdemokratie Kunst­feindlichkeit vorgeworfen hat, weil wir diesen mit Blattgold verzierten Prunk­flügel, den sogenannten Secessionflügel, kritisiert haben. Wir haben nichts gegen Klaviere, gegen Flügel im Parlament, aber, Herr Präsident – das müssen Sie sich auch heute gefallen lassen –, es ist bedauerlich, dass Sie Alleingänge machen


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und die Aussage, Kunst müsse polarisieren, falsch deuten. Kunst soll natür­lich polarisieren, es ist nur die Frage, ob man einen Konzertflügel – der im Übri­gen ein bissel länger als der Flügel, der gemietet werden soll, ist – über­haupt ankauft.

Ich habe noch eine Frage an Sie, Herr Präsident, die ganz ernst gemeint ist: Könnten Sie sich vorstellen, dass man mit Musikschülerinnen und Musikschülern Konzerte veranstaltet und diesen vergoldeten Flügel dafür verwendet? – Dann hätte er zumindest ein bissel einen Sinn. (Beifall bei der SPÖ.)

16.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Spalt. – Bitte.


16.16.10

Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseher! Hohes Haus! Meine erste Wortmeldung hier im Hohen Haus ist für mich natürlich ein ganz besonderer Moment, etwas ganz Besonde­res. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich erlaube mir, mich eingangs ganz besonders bei meinem Vorgänger aus Vorarlberg Dr. Reinhard Bösch zu bedanken. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Reinhard hat sich über viele Jahre hier im Hohen Haus für das Wohlergehen unserer Republik eingesetzt, daher auch im Namen meiner Fraktion: Lieber Reinhard, nochmals herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als neuer Kultursprecher der frei­heitlichen Fraktion freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen und im Speziellen natürlich auf die Zusammenarbeit im Kulturausschuss. Kultur kann in vielen Bereichen ein sehr verbindendes Thema sein. Es wird hier in Zu­kunft sicher viele konstruktive Debatten und Diskussionen geben. Kultur als weitreichender Begriff beinhaltet aber auch verschiedene Wertvorstellungen


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und verschiedene Verhaltensweisen, und da, geschätzte Abgeordnete, bin ich mir sicher, werden wir in Zukunft oft nicht einer Meinung sein. (Ruf bei den Grünen: Zur Sache!)

Hart in der Sache, verbindlich im Ton – das ist mein Zugang betreffend politische Gesprächskultur. Wenn ich an die Kulturbeschmutzer, die Klimachaoten, mit ihren sinnlosen Aktionen denke: Das werde ich heute und auch in Zukunft hier im Hohen Haus auf das Schärfste verurteilen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Zur Sache!)

Da würde ich mir auch von Ihnen, Frau Staatssekretärin, eine noch klarere und eindeutigere Distanzierung wünschen, dies insbesondere nachdem der gest­rige Versuch Ihres grünen Vizekanzlers Kogler, dafür eine Rechtfertigung zu konstruieren, wie er diese Klimachaoten verstanden haben will, aus meiner Sicht fehlgeschlagen ist. Geschätzte Damen und Herren, für mich ist eine einfa­che, nüchterne und klare Distanzierung das Mindeste, was sich die österreichische Bevölkerung von unserer Bundesregierung erwarten kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun aber zum aktuellen Tagesordnungspunkt, zur Buchpreisbindung – ein Gesetz, das im Jahr 2000 unter freiheitlicher Regierungsbeteiligung einge­führt und beschlossen wurde: Es geht nun um notwendige Lückenschlie­ßungen und Verbesserungen der geltenden Rechtslage. Die Buchpreisbindung ist ein etabliertes und wichtiges Schutzinstrument für das Kulturgut Buch. Sie schützt Verleger und Autoren und sie ist auch eine wichtige Geschäftsgrund­lage für unsere Buchhandlungen im täglichen Konkurrenzkampf gegen Onlineriesen, die, wie wir ja alle wissen, ihren Sitz zumeist im steuerbegünstigten Ausland haben.

Geschätzte Damen und Herren, wir befürworten diese Erneuerung und wir unterstützen das vorliegende Buchpreisbindungsgesetz 2023. – Herzlichen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.19



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


16.20.01

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal wegen einem Buchende geweint oder wann haben Sie das letzte Mal wegen einer brillanten Beobachtung oder einer Formulierung gelacht, weil Sie vielleicht gefunden haben, dass das Buch zufällig eine Situation in Ihrem eigenen Le­ben widerspiegelt oder Parallelen dazu hat?

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jeder von uns kann eigentlich selber seinen eigenen Blockbuster produzieren, nämlich im Kopf, denn Lesen ist bekanntlich Abenteuer im Kopf. Bücher sind magische Objekte, knallharte Abrechnungen, erschütternde Erkenntnisbringer, stille Freunde, aber auch intime Seelentröster.

Auch das hat uns die Pandemie klar vor Augen geführt: wie wichtig Bücher und der Buchhandel, vor allem die vielen kleinen Buchhandlungen in allen entle­genen Ortschaften in ganz Österreich – nicht nur die Onlineriesen – sind. Buchhandlungen sind nicht nur Verkaufsflächen, sondern Buchhandlungen sind soziale Orte der Begegnung, Orte von Lesungen, Diskussionen, Orte des Schmökerns – ein äußerst anregender Zeitvertreib in echten Räumen mit echten Dingen. Da unsere Welt immer digitaler wird, bin ich überhaupt der Mei­nung, dass auch die analogen Dinge dadurch wieder wichtiger werden, also echte Bücher, nicht nur Insta-Stories, und echte Umarmungen, nicht nur Emojis.

Eine große Studie der Uni Innsbruck im August 2019 hat ergeben, dass die Ge­samtzahl gekaufter Bücher pro Jahr im Durchschnitt um 2,84 Stück steigt, wenn es einen stationären Buchhandel gibt. Der positive Nachfrageeffekt durch einen stationären Buchhandel hat generell einen positiven Einfluss auf das Leseverhalten, haben die Studienteilnehmer bestätigt, in Orten ohne einen sta­tionären Buchhandel wird das fehlende physische Angebot an Büchern


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nämlich nicht durch die Möglichkeit einer Buchleihe kompensiert. Es wird also in einer Ortschaft wirklich weniger Buch konsumiert, wenn es keine Buch­handlung vor Ort gibt. Aus all diesen und noch viel mehr Gründen ist es also enorm wichtig, dass wir heute Gott sei Dank und hoffentlich das neue Buchpreisbindungsgesetz möglichst breit und gemeinsam beschließen können.

Ich möchte noch vier Punkte kurz herausgreifen: Der Begriff des Mindestpreises ist neu. Anstelle des Begriffs des Letztverkaufspreises soll eben nun der Be­griff des Mindestpreises eingeführt werden, der auch die Umsatzsteuer umfasst, was ganz, ganz wichtig ist.

Dann soll auch die Lagerabverkaufsausnahme geregelt werden, denn es soll natürlich auch gekennzeichnet und ausgewiesen werden, wenn es einen Lagerabverkauf gibt und Bücher verbilligt abgegeben werden, was dann nicht über die Aktualität von Büchern täuschen soll.

Was ich auch wichtig finde, ist, dass man die Vielfalt und die Qualität – nämlich das Bekenntnis zur Vielfalt und zur Qualität – gesetzlich verankert, denn natürlich ist das Buch ein Kulturgut – wie wir auch schon von Kollegin Blimlinger gehört haben –, und die Erhaltung einer großen Anzahl an Verkaufsstellen und die Bewahrung des Buches an sich, ist, glaube ich, ein sehr wesentlicher As­pekt und auch in Zukunft sehr, sehr wichtig.

Natürlich soll auch geregelt werden, was noch nicht geregelt war, nämlich zum Beispiel Ausnahmen für Kollegen- und Autorenrabatte.

Ja, eine meiner persönlichen täglichen Herausforderungen als Elternteil ist be­stimmt auch, meinem Sohn Bücher und das Lesen schmackhaft zu ma­chen, was in Zeiten von Tiktok oder Shorts durchaus eine Herausforderung ist. Natürlich ist auch deshalb das Thema Bücher, Lesen ganz, ganz wichtig in der Bildung, in der Schule, aber auch in den Medien. Ich nenne da nicht zuletzt auch die Literatursendung „Die Literarische Soirée“ auf Ö1, über die kürz­lich diskutiert wurde, und zuletzt auch Buchtipps in Zeitungen. Jeder Ort, wo


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über Bücher gesprochen und diskutiert wird, würde ich sagen, schafft eine gute, wichtige und befruchtende Atmosphäre.

Weihnachten steht vor der Tür – das Weihnachtsgeschäft ist natürlich auch für Buchhandlungen, für kleine Buchhandlungen, für Verlage, für Autorinnen und Autoren ganz, ganz wichtig.

Zum Schluss kommt noch ein Tipp von mir, nämlich kein Buchtipp, aber ein Ki­notipp. Seit gestern ist ein Film mit dem Titel „The Magic Flute – Das Ver­mächtnis der Zauberflöte“ im Kino. Das ist ein Kinoblockbuster basierend auf der Oper von Wolfgang Amadeus Mozart – auch etwas für Kinder – in einer zeitgemäßen, neuen Verpackung, der vielleicht auch Lust auf Mozart macht.

Ganz zum Schluss möchte ich aber schon noch einmal auf die Ausführun­gen meiner Kollegin Heinisch-Hosek eingehen: Frau Kollegin, ein Klavier an ei­nem Ort, glaube ich, ist immer etwas Befruchtendes. Ich glaube, dieses Kla­vier wird die nächsten 100 Jahre, wenn wir alle vermutlich gar nicht mehr im Ho­hen Haus sitzen werden, viel Freude machen, Menschen verbinden, bei vielen Veranstaltungen Menschen zum Nachdenken, zum Diskutieren und viel­leicht auch zu Freude verhelfen.

Dass Sie irgendwie ein Problem mit zeitgenössischer Kunst haben, ist insofern erwiesen (Abg. Heinisch-Hosek: Entschuldigung, wie kommen Sie darauf?! – Abg. Greiner: ... mit einem vergoldeten Klavier ...!), da Sie auch gegen den Schriftzug im Plenarsaal waren, gegen eine zeitgenössische, moderne Kunstinstallation. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist eine böse Unterstellung!) Diese Installation, sehr ge­ehrte Zuseherinnen und Zuseher, bestand lediglich aus zwei Worten, näm­lich Demokratie und Parlament. Das war eine zeitgenössische Kunstinstallation, und da waren Sie dagegen.

Sie reden immer davon, wie wichtig Kunst ist, dass sie systemrelevant ist. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Sie ist existenzrelevant, sie soll in der Mitte der Gesellschaft stattfinden, sie soll für alle zugänglich sein. (Neuerliche Zwi-


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schenrufe der Abgeordneten Greiner und Heinisch-Hosek.) Das Parla­ment ist für alle zugänglich, und es werden viele Besucherinnen und Besucher kommen, und vielleicht werden sie auch auf dem Klavier spielen können. (Abg. Greiner: Keine Alleingänge des Präsidenten, das wäre wünschens­wert!) – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Ich habe ja auch ein Klavier zu Hause, das ist aber nicht so teuer!)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte sehr.


16.26.26

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich tun wir Liberale uns ja immer schwer, wie man auch hier im Haus weiß, wenn der Staat ermög­licht, dass Festpreise festgelegt werden. Uns wurde in der Vergangenheit auch immer unterstellt, dass wir gegen eine Buchpreisbindung wären, was tatsächlich nie der Fall war. Im Besonderen: Wir bekennen uns zum Kul­turgut Buch.

Gerade diese Branche zeigt, dass dieses Instrument seit Jahren auch für Buch­händler:innen funktioniert, die so, selbst wenn sie klein sind, zumindest eine gewisse Chance haben, am Markt zu bestehen. Ein dichtes Netz an Buch­händlerinnen und Buchhändlern ist wichtig, damit ein niederschwelliger und leichter Zugang zu Büchern möglich ist. Damit ist das aus meiner Perspek­tive, aus kultur- und bildungspolitischer Sicht ein wichtiger Schritt, da damit sozusagen eine Grundversorgung mit dem Kulturgut Buch zur Verfügung gestellt wird.

Wir sehen, auch in anderen europäischen Ländern wird durch diese Buch­preisbindung eine gewisse Vielfalt am Markt unterstützt. Zugleich schafft sie ein System, das Klarheit und Transparenz herstellt, vor allen Dingen auch für


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Autor:innen, denn die Honorare für Autor:innen orientieren sich ja tatsächlich prozentuell am Preis.

Beim Thema E-Books hätten wir uns trotzdem gewünscht, eine Debatte zu führen, einfach aus dem Grund, dass der Umsatzanteil von E-Books zum Beispiel in Deutschland lediglich bei 8 bis 10 Prozent liegt. Die Steigerung ist minimal, der Trend zum E-Book ist nicht dermaßen ausgeprägt, wie man es immer glaubt.

Richtig finden wir zudem, dass die Bundesregierung beim Bibliotheksrabatt wieder zurückgerudert ist – dieser war ursprünglich mit 20 Prozent angedacht, und dann wurde wieder auf 10 Prozent reduziert –, denn dieser höhere Rabatt, den man für Bibliotheken hätte beanspruchen wollen, wäre ja quasi ein Verschieben der staatlichen Aufgabe, die eigenen Bibliotheken mit ausrei­chend Budget zu bestücken, um Bücher einzukaufen, auf private Verlegerinnen und Verleger gewesen.

Liebe Damen und Herren, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, kaufen Sie also Bücher, nutzen Sie dabei das Netz der zahlreichen Buchhändlerinnen und Buchhändler vor Ort und freuen Sie sich, dass wir in Österreich eine breite Auswahl und eine breite Vielfalt an Literatur präsentieren können! (Beifall bei den NEOS.)

16.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekre­tärin. – Bitte sehr.


16.29.17

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vielfalt an Publikationen, die Leserinnen und Lesern in Österreich angeboten wird, ist eine Besonderheit und wird international beachtet. Das wurde auch vor einem Monat auf der Frankfurter Buchmesse wieder klar. Diesen Erfolg verdanken wir natürlich in erster Linie den großartigen Autorinnen und Autoren.


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Wir haben ein wahnsinnig kreatives Potenzial in Österreich, wir haben fantasti­sche österreichische Verlage mit großartigen Unternehmerpersönlichkeiten, aber wir haben auch ein Förderprogramm des Bundes, nämlich die Verlagsförde­rung, die wir im Jahr 2020 aufgrund der Coronakrise deutlich angehoben haben, nämlich auf 3 Millionen Euro.

Andererseits – und damit komme ich zum gegenständlichen Tagesordnungs­punkt – liegt dies an der gesetzlichen Buchpreisbindung, die seit ihrer Einführung im Jahr 2000 ein kulturpolitisches Erfolgsmodell darstellt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Ziele, die wir mit dieser Maßnahme erreichen, sind, dass die Buchpreis­bindung ein breites und qualitativ hochwertiges Angebot an Büchern fördert, da die festgelegten Mindestpreise Verlage ökonomisch in die Lage versetzen, auch Titel abseits des Mainstreams auf den Markt zu bringen. Sie ist weiters eine Absicherung für die Vielfalt im Vertrieb. Sie ist Voraussetzung dafür, dass kleine und spezialisierte Buchhandlungen trotz großer, wirtschaftlich übermäch­tiger Handelsketten und Versandhändler existieren können. Damit wird das Kernziel der Buchpreisbindung erreicht. Die Vielfalt und Qualität des Ange­bots und die große Anzahl an Buchhandlungen halten das Kulturgut Buch für Leserinnen und Leser zusätzlich zugänglich und breit attraktiv. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der vorliegende Entwurf stärkt diese Anliegen der Buchpreisbindung, in­dem er das Instrument in einigen Punkten, die schon besprochen wurden, absi­chert und Lücken schließt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der vorliegenden Regierungsvorlage kann die Buchpreisbindung auch in Zukunft eine breite Vielfalt an künstlerischem Schaffen, an Buchhandlungen und Verlagen und für Leserinnen und Leser die Vielfalt des Angebots bestmöglich sichern. Ich danke Ihnen für die Unter­stützung dieses Vorhabens.


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Wie ich gerade mitbekommen habe, scheidet Herr Abgeordneter Reifenberger aus dem Klub der Kulturpolitiker aus. Ich danke ihm als Kultursprecher der FPÖ für die gute Zusammenarbeit und freue mich auf die Zusammenarbeit mit Abgeordnetem Spalt. Wir sind im Kulturausschuss eine sehr gute Gruppe, die gut zusammenarbeitet, und wir haben auch immer wieder Meetings abseits des Kulturausschusses. Dazu darf ich Sie auch herzlich einladen. Die nächs­te Sitzung des Kulturausschusses ist am 7. Dezember, und in der Dezembersit­zung hält Frau Abgeordnete Blimlinger immer eine Überraschung für uns bereit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich danke Ihnen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, und angeregt durch mehrere Debatten in dieser Woche werde ich den Abend mit Klavierspie­len verbringen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Vergoldet oder unver­goldet?) Natürlich vergoldet. (Abg. Krainer: Hat man so ein Gehalt als Staats­sekretärin? Ich frage nur!)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


16.33.16

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zur Buchpreisbindung spreche, möchte ich schon noch einmal auf Kollegin Großbauer replizieren. Frau Kollegin, man kann Frau Kollegin Heinisch-Hosek bewusst missverstehen. Wir sind nicht gegen Kultur oder gegen ein Klavier im Parlament. Wir sind nur gegen den Protz, den ein vergoldetes Klavier letztlich darstellt, und gegen das, was es kostet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Herr Präsident! Es wäre viel einfacher, wenn Sie, was die kulturelle Ausstattung des Parlaments betrifft, alle im Parlament vertretenen Parteien zusammen an einen Tisch geholt hätten und wir das gemeinsam besprochen und gemeinsam


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beschlossen hätten. Es ist unser Parlament und nicht nur das Parlament des Parlamentspräsidenten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Aber jetzt zur Buchpreisbindung: Die Kolleginnen und Kollegen vor mir haben es schon angesprochen: Mit der zunehmenden Verlagerung des Buchhandels vom tatsächlichen, physischen Handel zum Online- und Versandhandel sind ge­rade in der Coronapandemie große gesetzliche Lücken sichtbar geworden, die jetzt mit dieser Gesetzesänderung geschlossen werden. Das ist gut und das ist richtig, weil die Buchpreisbindung an sich wirklich ein wichtiges Instru­ment für die Erhaltung und die Vielfalt des deutschsprachigen Buchmarktes ist.

Wir sehen es am Beispiel der deutschsprachigen Schweiz, in der die Buchpreis­bindung aufgehoben wurde und tatsächlich ganz viele Buchhandlungen letztendlich schließen mussten, weil sie nicht mehr in der Lage waren, mit den Preisen der Onlineriesen, des Versandhandels, der Versandriesen ent­sprechend mithalten zu können. Deswegen ist die Buchpreisbindung wichtig, denn: Es geht um die Vielfalt der Buchhandlungen, es geht um die viel zitierte Buchhandlung ums Eck, in die wir reingehen, in die ich als Viel- und Gernleserin auch gerne gehe, in meine Buchhandlung, in der man meine Interessen kennt, in der ich tatsächlich auch persönliche Beratung bekomme und immer gut beraten werde, was letztlich dazu führt, dass mir der Lesestoff nie ausgeht. Das gibt es natürlich in allen anderen Bereichen nicht, das können nur die kleinen Buchhandlungen leisten und sicherstellen.

Gerade bei Kindern – das ist mir schon wichtig zu betonen – ist es wichtig, Leselust und Lesekompetenz zu fördern. Auch da sind es die Buchhändler und Buch­händlerinnen ums Eck, die die Erfahrung damit haben, welche Bücher tatsächlich Kinder Freude bereiten. Sie können hochwertige Kinderbücher empfehlen und sind damit auch eine wichtige Unterstützung für Eltern. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wichtig ist es, dass es öffentliche Büchereien und Schulbibliotheken gibt, vor allem für Haushalte mit Kindern, die ein geringes Haushaltseinkommen


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haben und für die Bücher vielleicht nicht leistbar sind. Da sind diese Schul­bibliotheken, da sind diese Büchereien eine wichtige Instanz für die Förderung der Kompetenz der Kinder.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lesen ist Abenteuer im Kopf. Wer gerne liest, weiß das. Die Buchpreisbindung ist tatsächlich wichtig, um das Kulturgut Buch entsprechend zu erhalten und einen breiten und weitgefächerten Buch­handel sicherzustellen.

Weil jetzt hier alle schon von Weihnachtsgeschenken reden, empfehle ich Ihnen natürlich auch gerne etwas: Investieren Sie, wenn Sie es möglich machen können, in das Kapital Buch! (Beifall bei der SPÖ.) Eine ganz persönliche Buch­empfehlung von mir, eine feministische Geschichte: „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus. Ich glaube, damit kann man Freude schenken. – Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Smodics-Neumann. – Bitte.


16.37.13

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Nichts verscheucht böse Gedanken besser als das Rascheln von bedrucktem Papier. – Das sagt die Kinderbuchautorin Cornelia Funke.

Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Wir behandeln hier das Thema der schon bestehenden Buchpreisbindung, betreffend die aber schon ausgeführ­te Aktualisierungen einen Neubeschluss notwendig machen, natürlich unter Berücksichtigung der Warenverkehrsfreiheit in der Europäischen Union.

Die Buchpreisbindung sichert nicht nur die Koexistenz von elektronischem und physischem Buch, sie unterstützt auch, wie wir schon gehört haben, die gro­ßen wie die kleinen Buchhandlungen gleichermaßen. Sie sichert das Erlebnis, das


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man in einer Buchhandlung haben kann, wenn man durchgeht, Dinge an­greifen kann, schmökern und Publikationen durchblättern kann, und natürlich die damit verbundenen Unternehmen, die Verlage, die Autorinnen, Autoren, aber auch die Illustratoren, in Summe 3 045 Unternehmen in Österreich.

Weil ich mit einer Kinderbuchautorin begonnen habe, möchte ich Ihnen auch das Kinderbuch ans Herz legen. Mein mittlerweile 22-jähriger Sohn hat ein Lieb­lingsbuch gehabt, als er ganz klein war, in dem keine Buchstaben zu fin­den waren, sondern viele Bilder und viel Haptisches. Vielleicht kennen Sie diese interaktiven Bücher, in denen man quasi Dinge, Oberflächen fühlen und Dinge begreifen kann. Das heißt, Bücher sind nicht nur zum Lesen da, man kann viel begreifen, und das Schönste bei Kinderbüchern ist natürlich, wenn sie mit den Eltern gemeinsam gelesen werden, denn dadurch spüren die Kinder die Aufmerksamkeit der Eltern und lernen auch die Bücher zu lieben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Kulturausschusses.

16.39.3016. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2555/A(E) der Abgeord­neten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stipendien für Künstler*innen mit Betreuungspflichten (1747 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte sehr, Frau Ab­geordnete.


16.39.53

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben immer noch das Thema – und das im Jahr 2022! –, dass es unglaublich schwierig ist, Kind und Job wirklich gemeinsam zu leben oder es auch wirklich lebbar zu ma­chen. Ehrlich gesagt, wir diskutieren das seit Jahrzehnten, und es ist un­fassbar mühsam, mühsam und mühsam – vor allem für uns Frauen.

Was die Väterkarenz anbelangt, gibt es offen gesprochen noch sehr, sehr viel Luft nach oben, und ich erkenne auch vonseiten der Bundesregierung keine Initiative, um diese verstärkt zu bewerben oder diesbezüglich zu kampagnisieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vereinbarkeit von Kind und Job ist also ein Drahtseilakt und auch für Künstler:innen ganz besonders schwierig, das besagt auch der letzte Bericht zur sozialen Lage. Künstler:innen beklagen darin, dass ein Recht auf Familie für Kunstschaffende nicht lebbar ist. Das Musikinformationszentrum Öster­reich Mica hat außerdem auch Interviews vor allem mit Musiker:innen geführt, die beschreiben, wie es ist, wenn man mit Kind auf Tour ist, wie das eigent­lich handlebar ist. Offen gesprochen: Wenn wir das lesen und hören, müssten wir als Politiker:innen und müssten Sie als Bundesregierung eigentlich endlich reagieren und agieren. Die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht, werte Kollegen und Kolleginnen!

Genau deshalb wurde in der letzten Ausschusssitzung ein Antrag gestellt, der vorgesehen hätte, dass geprüft werden soll, wie die Istsituation aussieht, aber auch extra Stipendien für Künstler:innen mit Kindern auf die Füße gestellt werden sollen. ÖVP und Grüne haben das – sinngemäß – mit den Worten: Das alles gibt es schon!, rigoros abgelehnt. – Das gibt es nicht, werte Kolleginnen


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und Kollegen, und es ist auch nicht alles in Ordnung, und auch Ihre Mogel­packung der Kindergartenmilliarde, die, wie gesagt, nur 200 Millionen Euro pro Jahr ausmacht, macht nichts wett. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht etwas, um Künstler:innen wirklich das Recht auf Familie zu ermögli­chen. Wir lassen deshalb nicht locker und probieren es, geschätzte Kolle­gen und Kolleginnen, mit einem neuen Anlauf, und das möchten wir auch gerne in der nächsten Sitzung des Kulturausschusses mit Ihnen im Detail disku­tieren. Wir fordern, nämlich in einem Antrag der Kollegin Seidl und der Kollegin Heinisch-Hosek, ganz klar Kinderbetreuungseinrichtungen explizit in Kultur­institutionen – das können zum Beispiel Betriebskindergärten sein –, aber auch ressortübergreifende Kooperationen, um einfach Künstler:innen unter die Arme zu greifen, ob finanziell oder organisatorisch, um Kind und Job endlich lebbar zu machen.

Ich bitte Sie deshalb, werte Kollegen und Kolleginnen von ÖVP und Grünen, die­sen Antrag auch ernsthaft zu diskutieren, diesem dann auch zuzustimmen, und, Frau Staatssekretärin, Sie fordere ich auf, zu handeln. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr.


16.42.50

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Da­men und Herren vor den Bildschirmen! Wir diskutieren grundsätzlich immer alles ganz ernsthaft, nur: Wenn, wie gesagt, Anträge eingebracht werden für Din­ge, die es tatsächlich schon gibt – nämlich Stipendien für Künstler:innen mit Kindern, und die gibt es alle –, dann wird die Ernsthaftigkeit ein bisschen auf die Probe gestellt, denn – ich darf es einfach vorlesen – es gibt für Auslands­ateliers die Auswahl der Unterkünfte, die Möglichkeit, Partner, Partnerin


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oder Kinder mitzubringen, die Atelierplätze sind an betreuende Institutionen an­gebunden, es gibt kein Alterslimit für Bewerber:innen, die Höhe der Sti­pendien ist so gestaffelt, dass die Kosten gedeckt werden können, ein zusätzli­cher Alleinerzieherbeitrag von 200 Euro im Monat wird bei Anspruch
ausbezahlt.

Bei allen Stipendienprogrammen des Kulturministeriums, und zwar wirklich bei allen, und das sind immerhin rund 150 Stipendien pro Jahr, sei es das Start-Stipendium, das Schütte-Lihotzky-Stipendium, das Tische-Stipendium, also jetzt nur im Bereich der bildenden Kunst, gibt es einen Anspruch auf einen zusätz­lichen Alleinerzieherbeitrag, also in allen diesen Bereichen!

Es gibt ein Mentoringprogramm in Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste, bei dem es um weibliches Empowerment geht, es gibt in der Literatur bei den Alleinerzieher:innen den Zuschuss bei Literaturlangzeitstipendien, es gibt in der darstellenden Kunst einen Alleinerzieher:innenzuschuss bei den Start-Stipendien, also in allen Kunstsparten gibt es das.

Es hat zuletzt im Mai 2022 die Präsentation der Studie zur „Vereinbarkeit von Beruf & Betreuungsaufgaben bei Filmschaffenden“ gegeben. Beim Film ist die Situation hinsichtlich Betreuungspflichten ähnlich schwierig, wie wenn man auf Tournee ist, keine Frage, aber auch da gibt es natürlich Unterstützung.

Die ganze Frage der Kinderbetreuung bei Künstlern und Künstlerinnen ist natür­lich eine hochkomplexe, und wir werden das sicher in der nächsten Sitzung des Kulturausschusses – wie auch alle anderen Themen – ernsthaft diskutieren.

Jetzt zum Schluss noch ein Wort zu dieser unsäglichen Klavierdebatte: Nur weil Sie alle beleidigt sind (Abg. Heinisch-Hosek: Beleidigt?), dass Präsident So­botka – und das ist vielleicht nicht klug – Sie nicht einbezieht, diese Aggression nicht gegen Sobotka zu richten, sondern gegen die Kunst (Abg. Meinl-Rei­singer: Nein!), darum geht es mir. Zu sagen, die Kunst störe (neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Heinisch-Hosek), und dann im Einzelgespräch zu sagen: Na ja,


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eigentlich eh nicht, sondern es geht nur um den Präsidenten!, das ist sozusagen die Lächerlichkeit daran. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Nein!)

Ich verstehe durchaus, dass man sich über den Präsidenten und seine Allein­gänge ärgert, es aber auf dem Rücken der Kunst auszutragen (Abg. Meinl-Reisinger: Nein! Aber bitte, das ist doch lächerlich, uns da jetzt zu unterstellen, dass wir anti Kunst eingestellt sind! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), das ist die Kunstfeindlichkeit, die Sie zum Ausdruck bringen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz sagen: Aus Sicht des Musikers wäre natürlich ein Steinway wesentlich besser gewesen als ein Bösen­dorfer (Heiterkeit bei der ÖVP), und in diesem Sinne muss natürlich selbstver­ständlich die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Troch. – Bitte.


16.46.24

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Ich darf von den Ideen und Punkten, die ich mir zu diesem Tagesordnungspunkt überlegt habe, etwas abgehen und zu meiner Vorrednerin etwas sagen: Es geht hier überhaupt nicht um Belei­digtsein oder Verärgertsein, es geht überhaupt nicht um persönliche Befind­lichkeiten, Frau Kollegin Blimlinger. (Rufe bei der ÖVP: Nein!) Die Kritik, die hier geäußert wurde, war halt, dass im Parlament einiges koordiniert und auch bei kulturellen Aktivitäten miteinander gesprochen gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Wieder zurück zum eigentlichen Thema und noch ein Feedback zu Kollegin Blimlinger, die ja von Unterkünften und Unterkunftsangeboten gesprochen hat: Auch darum geht es nicht, es geht aber tatsächlich um ein Stichwort, das hier schon gefallen ist: die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vor allem um die Vereinbarkeit von Mutterschaft und künstlerischem Einsatz oder eben


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Einsatz als Künstlerin. Das ist hier der wesentliche Punkt. Es gibt ja durchaus auch Bundesländer, die da schon Maßnahmen gesetzt haben, allerdings ist Nordrhein-Westfalen leider kein österreichisches, sondern ein deutsches Bundesland, wo es entsprechende Stipendien insbesondere für Mütter, die in der Kulturszene sind, gibt.

Kollegin Kucharowits hat hier schon von der Website der Mica erzählt und zitiert, wenn eben auch Künstler:innen – vor allem Musiker:innen – sagen, wie sehr Frauen in der Musikszene betroffen sind und zurückstecken müssen. Wenn wir doch immer wieder beklagen, dass es einen noch zu geringen Frauenan­teil im Bereich der Kunst- und Kulturschaffenden gibt, dann muss man hier kon­kret den Finger auf die Probleme, die es gibt, legen. Wenn wir den Frauenan­teil erhöhen wollen, dann muss man auch entsprechende Maßnahmen setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist keine Frage der Unterkunft, Kollegin Blimlinger – die Unterkünfte sind ja da –, sondern das ist die Frage von Tourneen, von Vernissagen, die aus­schließlich am Abend stattfinden. Frauen arbeiten jetzt auch nicht nur als Musi­kerinnen, sondern es bewegt sich oft auch ein Tross in der Kulturszene, und da sind auch Tontechnikerinnen und Frauen anderer Berufe betroffen. Da gilt es eben sozusagen Stipendien zu schaffen, um dort entsprechend Frauen mit ihren Talenten zu fördern, damit sie sich nicht entscheiden müssen zwischen ei­nem künstlerischen Beruf und Mutterschaft, sondern gezielt ihre Talente in der österreichischen Kultur- und Kunstszene weiter einsetzen können – sie wür­den uns sonst verloren gehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.


16.49.30

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe


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Zuseher! Liebe Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie fordern in Ihrem Antrag – das haben wir jetzt auch schon gehört –, dass bereits bestehende Unterstüt­zungen und Förderungen (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein!) der Kultursektion besser an Künstler:innen mit Betreuungspflichten anzupassen sind und dafür eine zusätzliche Evaluierung notwendig ist – so hätte ich es gelesen –, und Sie fordern ein eigenes Stipendienprogramm ausschließlich für Künstler:in­nen mit Kindern. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)

Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf eine Studie aus dem Jahr 2018, worin die soziale Lage der Kunst- und Kulturvermittler:innen in Österreich aufgezeigt wird. Diese Studie baut auf eine Vorerhebung aus dem Jahr 2008 auf, in der wie auch schon erwähnt eine damals befragte Kunstschaffende wie folgt zitiert wird: „,Das Recht auf Familie‘ sei für Kunstschaffende ,nicht lebbar‘“. Wichtig zu erwähnen ist aber auch, dass diese Studie auf den Kunst- und Kulturbericht verweist, welcher jährlich vom Ministerium erstellt wird. Und dieser Bericht aus dem Jahr 2018 zum Beispiel betont, dass es Frauen insgesamt „nach wie vor in geringerem Ausmaß gelingt, dauerhaft im Kulturbereich Fuß zu fassen und sich zu etablieren“. (Abg. Heinisch-Hosek: Das bestätigt nur das, was wir sagen!) Da sehen wir, darin spiegelt sich auch, wie am Arbeitsmarkt insgesamt ver­schiedene Formen von Benachteiligungen (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) von Frauen vorhanden sind. Unter anderem wirken sich die hier angesprochenen Betreuungspflichten negativ aus.

Im Mai 2022 wurde eine Studie zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf extra für Filmschaffende präsentiert, mit der Erhebung des Status quo und Ansätzen für neue Maßnahmen zur Unterstützung, und über diese wird be­reits laufend diskutiert. Es gibt, auch das wurde schon erwähnt, wirklich zusätzliche Maßnahmen für Künstler:innen zur besseren Vereinbarkeit, eben diesen Alleinerzieher:innenzuschuss über alle Bereiche der Kunst und Kultur (Abg. Heinisch-Hosek: Mit dem kann ich mir aber keinen Kinderbetreu­ungsplatz beschaffen, wenn es keinen gibt!), die Auslandsstipendien, die Langzeitstipendien. All das wurde bereits angesprochen. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 274

Weiters weist dieser Kunst- und Kulturbericht aber auch auf die Wichtigkeit von kulturpolitischen Steuerungsinstrumenten auf nationaler Ebene hin, wie zum Beispiel das Genderbudgeting, die Mentoringprogramme und die Nach­wuchsförderung. In Österreich genießen diese Maßnahmen zur Stärkung der Geschlechtergleichstellung (Abg. Heinisch-Hosek: Es geht um die Vereinbarkeit von Künstlerinnen und Künstlern!) beispielsweise im Filmbereich bereits sehr hohe Priorität, aber auch in anderen Kunstförderungssparten werden diese Ins­trumente eingesetzt. So wird auch auf eine geschlechtergerechte Besetzung von Jurys und Beiräten geachtet.

Ich denke, das sind in Summe schon viele positive Maßnahmen, wenn man sie aufzählt und auch näher betrachtet. Dennoch bleibt das Hauptthema die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein Riesenthema für die aller­meisten Frauen, die in Berufen stehen, vor allem für jene, die auch Rand­betreuungszeiten für Kinder benötigen. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Auch eine Vieh haltende Bäuerin hat damit ein Thema, nämlich dann, wenn sie früh­morgens in den Stall geht (Abg. Heinisch-Hosek: Machen wir einen Antrag gemein­sam! – Abg. Kucharowits: Bitte, machen wir das gemeinsam, richtig! –
Abg. Heinisch-Hosek: Ja, bitte! Jederzeit!)
oder spätabends ihrer Arbeit nachgeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Kunst- und kulturpolitisch wurde darauf aber schon reagiert, und wir werden das natürlich auch weiterhin tun. Eine zusätzliche Evaluierung ist aus unserer Sicht aber nicht notwendig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte.


16.53.44

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Grundsätzlich möchten wir festhalten, dass für uns NEOS das Thema der Möglichkeit, Beruf und Familie zu verbinden,


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immer sehr wichtig ist, immer ein großes Thema ist und wir in den letzten Jahren sehr viele Anträge eingebracht haben, die sich mit diesem Thema auseinan­dersetzen. Viel Bewegung in diese Richtung haben wir nicht beobachten können, aber wer weiß, vielleicht kommt man da ja noch in die Gänge. Wir halten dennoch ein weiteres Stipendienprogramm für nicht zielführend beziehungswei­se wirksam und werden diesem Antrag deswegen nicht zustimmen.

Allen, die jetzt automatisch – vor allen Dingen auch vor den Fernsehgeräten oder online – Schnappatmung kriegen und meinen, dass wir deswegen Künstler:innen mit Familien nicht unterstützen wollen, möchten wir in diesem Moment sagen, dass wir eben genau aus diesem Grund mit der SPÖ – es wurde von meiner Kollegin vorhin schon erwähnt – einen Antrag einbringen, der sich mit diesem Thema beschäftigt und festhält, dass es Kinderbetreuungs­einrichtungen in Kulturinstitutionen braucht. Der Grund ist ganz einfach: Wenn Künstler:innen, die zum Beispiel Theaterschaffende sind, oft Proben am Nachmittag haben, am späten Nachmittag, nach 17 Uhr, um 16.30 Uhr, und eventuell alleinerziehend sind oder der Partner, die Partnerin auch spät Dienst hat, dann haben sie keine Möglichkeit, ihre Kinder irgendwo betreuen zu lassen – und da rede ich noch gar nicht von einer Kinderbildungseinrichtung.

Wir glauben, dass es in Österreich generell schwierig ist, Beruf und Familie zu verbinden, ganz egal in welchem Bereich. Wir haben da ein großes Thema, wir werden es beim nächsten Tagesordnungspunkt auch noch besprechen. Wir haben unflexible Öffnungszeiten, die Öffnungszeiten sind zu kurz, und so weiter und so fort. Das sind die Probleme, die auch Künstlerinnen und Künstler betreffen. Wir sehen da allerdings schon den Bedarf, sich zu überlegen, ob es – Stichwort: auch auf Tour gehen – Betreuungseinrichtungen und Betreu­ungspersonen braucht, die abgesehen von Montag bis Donnerstag bis 16 Uhr und Freitag bis 13 Uhr Zeit haben, und wir bei den Förderungen darauf Rücksicht nehmen und gegebenenfalls in den Förderrichtlinien berücksichtigen, dass es manchmal Betreuungsaufgaben braucht, die abseits von dem sind, was es an Angeboten bereits gibt.


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Insgesamt möchten wir noch sagen, dass es natürlich wichtig ist, das komplette Angebot auszubauen und das nicht immer nur zizerlweise zu tun; aber je­des kleine Schräubchen ist schon ein Schräubchen mehr als davor.

Eine kurze Replik zum Thema Klavier zur Kollegin Blimlinger: Wir haben nicht die Kunst angegriffen. Wir greifen lediglich an – und das ist, glaube ich, das Wichtigste an diesem ganzen Prozess –, dass es eine Alleinentscheidung war, ein Klavier in einem Ausmaß zu mieten, das unserer Meinung nach in diesem Ausmaß nicht notwendig gewesen wäre. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Da geht es nicht darum, dass wir die Kunst kritisieren, sondern wir kritisieren den Herrn Präsidenten.

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


16.57.07

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Frau Kollegin Schatz, Sie haben das Klavier jetzt wieder als „Protz“ bezeichnet. (Abg. Heinisch-Hosek: Stimmt ja!) Wissen Sie, was mich wirklich stört in der Politik, was mich wirklich stört, ist diese scheinheilige Debatte (Abg. Heinisch-Hosek: Erklären Sie das dem Zuschauer! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) und diese ewige Vermi­schung von Birnen und Äpfeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie nötigen mich quasi dazu, wieder ein Gegenbeispiel vorzurechnen und das gegen etwas anderes aufzurechnen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das sehen die Leu­te sicher gerne, was Sie da verzapfen! – Abg. Greiner: Ein vom Steuerzahler finanziertes vergoldetes Klavier?! ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Stadt Wien gibt für das Jubiläumsjahr von Johann Strauß 2025 für ein Jahr 20 Millio­nen Euro aus. Wenn ich das jetzt runterrechne, sind das 1,6 Millionen Eu­ro pro Monat oder 55 000 Euro pro Tag oder 2 300 Euro pro Stunde. Puh, könn­te ich jetzt sagen, das ist aber ganz schön protzig für Johann Strauß, der eh


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schon weltberühmt ist! (Abg. Heinisch-Hosek: Sagen Sie das den Zuschauer:innen, was da aufgeführt wird!) Ich liebe Johann Strauß! Ich liebe Johann Strauß (Ruf bei der SPÖ: Das ist nicht das Thema! – Abg. Heinisch-Hosek: Wir reden nicht über Johann Strauß! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), und es gehört dieses großartigen Sohnes (Abg. Greiner: Vereinbarkeit wäre das Thema! – Abg. Heinisch-Hosek: Vereinbarkeit!) dieser Stadt auch gedacht. Nur bitte, das ist eine De­batte, die hilft ja überhaupt niemandem, und schon gar nicht der Kultur und der Kulturpolitik!

In der größten Krise, in der Pandemie, haben Sie – auch zu Recht – verlangt (Abg. Heinisch-Hosek: Zum Thema, bitte!), dass der Bund das Ankaufsbudget für bildende Kunst, für Bilder in der Sammlung aufstockt, damit Bilder angekauft werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Thema, bitte: Vereinbarkeit!) Da wollten Sie das erhöhen. Also ich finde, das ist wirklich - - Das bringt niemandem etwas, was Sie da machen – gar niemandem. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Deutsche Bundestag hat zwei Picasso in seiner Artothek. Da könnte man sa­gen: Boah, das ist aber protzig! Braucht man einen Picasso in der Artothek des Deutschen Bundestages? (Abg. Greiner: ... ohne Goldkuh! – Abg. Heinisch-Ho­sek: Das ist nicht Thema jetzt!) Der Deutsche Bundestag sagt, das ist Kultur­politik. Viele schauen ja gerne nach Deutschland, also kann man sich das auch anschauen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek zum Thema Stipendien für Künstlerinnen und Künstler wurde im Kulturausschuss abgelehnt, weil es tatsächlich schon so viel gibt. Die Frau Staatssekretärin macht wahnsinnig viel in diesem Bereich. Ich glaube, es ist klar, dass man in allen Branchen noch mehr zum Thema Kinderbetreuung und Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen kann, da bin ich sehr dafür. Es gab kürzlich auch einen Antrag im Tourismusbereich, das muss auch in der Kultur ausgebaut werden – für alle, auch für die Bäuerinnen und Bauern, wie wir gerade gehört haben. Also ich glaube, das ist ein Thema, das alle betrifft


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und an dem wir alle gerne weiterarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.59


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde nun zu den Abstimmungen kommen, wenn die Fraktionen auch bereit sind? – Mir wird Zustimmung signalisiert, dann gehe ich auch so vor.

17.00.25Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 und 16


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungs­punkt 15: Entwurf betreffend Buchpreisbindungsgesetz 2023 samt Titel und Eingang in 1743 der Beilagen.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Kul­turausschusses, seinen Bericht 1747 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so zur Kenntnis genommen.

17.01.2017. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2866/A(E) der Abgeordne­ten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie


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und Beruf in der Tourismusbranche, über den Antrag 2779/A(E) der Ab­geordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder­betreuungseinrichtungen Tourismus sowie über den Antrag 2522/A(E) der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frau­en im Tourismus: Kooperative Kinderbetreuungsmodelle in touristischen Regionen fördern! (1751 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit fahren wir in der Tagesordnung fort und kom­men zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Frau Staatssekretärin Kraus-Winkler im Hohen Haus, und Herr Abgeordneter Franz Hörl gelangt zu Wort. – Bitte.


17.02.25

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohe Staatssekretärin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist uns na­türlich auch im Tourismusbereich ein großes Anliegen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Deshalb gab es im letzten Tourismusausschuss schon drei gemeinsame Anträge, die leicht differiert haben, in denen wir die­sen großen Wunsch der Tourismusbranche zum Ausdruck bringen.

Vieles ist in diesem Bereich geplant, unter anderem hat der neue Landeshaupt­mann von Tirol, Toni Mattle, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung als eines seiner Hauptanliegen formuliert. Auch Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner setzt in Niederösterreich mit der hervorragenden Familienpolitik, die dort betrieben wird, das Mindestalter für den Kindergarten von zweieinhalb auf zwei Jahre herunter, und wir wollen diesbezüglich natürlich auch im Tourismus weiterkommen. (Abg. Erasim: Das Gratis wird vergessen bei ...!)

Die Betreuungsrate bei den unter Dreijährigen liegt aktuell nur bei 29, also rund 30 Prozent, der EU-Schnitt liegt bei 35,5 Prozent. Es gibt da also Verbes­serungsbedarf, und zwar in allen Lagen, insbesondere bei der Betreuung zu Ta­gesrandzeiten und im Tourismus natürlich auch in den Ferienzeiten, zu


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Weihnachten, Ostern – da sind auf der einen Seite Ferien, aber auf der anderen Seite ist da natürlich die Hochsaison.

Der weitere Ausbau des öffentlichen Angebots an Kinderbetreuungsplätzen hängt natürlich auch an den Gemeinden. Den Gemeinden kommt da eine wichtige Aufgabe zu, immerhin sind 57 Prozent der Kindertageseinrichtungen – rund 2 400 gibt es für unter Dreijährige – im Bereich der öffentlichen Träger, zumeist der Gemeinden, aber natürlich gehören auch Betriebskindergär­ten angedacht, wobei wir im Tourismus natürlich das traditionelle Pro­blem haben: 83 Prozent unserer Betriebe haben nur neun Mitarbeiter, und in dieser Größenordnung kann man diese Organisation wahrscheinlich nur in Kooperation mit Gemeinden oder als Gemeinschaftslösungen von mehreren Betrieben im Dorf betreiben.

Die Erwerbsquote von Frauen mit Kindern liegt laut Statistik 2021 bei 75,9 Prozent und die Teilzeitquote gar bei 63,2 Prozent. Es gilt also, die Mütter so gut wie möglich zu entlasten, ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Das geschieht durch ein verbessertes Kinderbetreuungsan­gebot, wobei wir natürlich darauf hinzielen (Ruf bei der SPÖ: ... Kindergarten­milliarde! ...!), dieses hinsichtlich Vollzeitarbeitstätigkeit zu organisieren, aber auch froh sind, wenn dadurch eine Tätigkeit in Teilzeit möglich wird. Das AMS gibt ja an, dass bis zu 45 000 Frauen und auch Männer bei verbes­sertem Kinderbetreuungsangebot entsprechend bereit wären, in den Beruf einzusteigen.

Wir würden uns wünschen, dass wir die Flexibilität, die wir von unseren Mitarbeitern erwarten, ihnen auch in der Kinderbetreuung bieten können, dass die Infrastruktur, die wir unseren Gästen bieten, auch unseren geschätzten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden kann. Die Branche braucht jetzt, vor Weihnachten, vor Beginn der wichtigen Wintersaison jede helfende Hand. Ich bitte darum, das zu unterstützen und dass wir hier auch gemeinsam an die­sem Projekt weiterarbeiten.


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Frau Staatssekretär, ich weiß, wir sind diesbezüglich bei Ihnen in besten Händen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Neßler und Weratschnig.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Melanie Era­sim. – Bitte.


17.05.33

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Hoch geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir können gleich nahtlos an den vorangegangenen Tagesordnungspunkt anknüpfen, denn diese Pilotpro­jekte zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind gerade in der Tou­rismusbranche von großer Bedeutung.

Abgeordneter Hörl, ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich Sie am Rednerpult als Vorreiter und Kämpfer für die Kinderbetreuung in diesem Land erleben darf, aber es geschehen ja noch Zeichen und Wunder. (Zwischenruf der Abg. Rössler.)

Liest man sich aber den Entschließungsantrag genauer durch, lässt die Euphorie dann doch wieder ein bisschen nach. Auch wenn Abgeordneter Hörl die Landeshauptfrau aus Niederösterreich so lobend erwähnt hat, das Problem ist, dass, wenn man Konzepte abschreibt, dann oft Fehler passieren und wich­tige Punkte, wie zum Beispiel dass dieses Angebot dann auch gratis ist, nicht übernommen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb werden wir Sie immer wieder auch daran erinnern: ganztägig, ganzjährig, gratis – das sind die Punkte, die für die Familien in diesem Land wichtig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Fachkräftemangel im Besonderen und der Arbeitskräftemangel im Allgemei­nen stellt eine der großen Herausforderungen für diese sehr krisenge­beutelte Branche dar. Sehen wir uns die Zahlen an: Rund 221 300 Beschäftigte


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konnten zuletzt in der Tourismusbranche verzeichnet werden, sogar rund 1 700 Beschäftigte mehr als vor der Krise.

Doch warum sprechen wir dann von einem Arbeitskräftemangel? Das Problem beziehungsweise die Herausforderung liegt darin, dass einerseits das Thema Work-Life-Balance, aber andererseits auch das Thema Planungssicher­heit: Habe ich in sechs Monaten noch immer den Job, den ich jetzt ange­nommen habe?, immer wichtiger werden. Da der Frauenanteil bei rund 56 Pro­zent liegt, ist auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein im­mer wichtigeres Thema, auch wenn zum Glück, und auch, weil zum Glück immer mehr Väter aktiver Bestandteil einer schönen Familie sein wollen. Familien­politik ist nicht Frauenpolitik, sondern wir wollen das partnerschaftlich in Zukunft besser lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es freut mich, dass erstmals seit langer Zeit – vielen Dank, Frau Staatssekretärin, daran haben Sie auch wirklich sehr bemüht gearbeitet – ein Antrag bezie­hungsweise drei Anträge aus dem Tourismusausschuss hier im Plenum behandelt werden. Kritik muss ich daran üben, dass die Formulierung seitens des Re­gierungsantrages schwammiger fast nicht hätte sein können. Auch Sie, Frau Staatssekretärin, haben im Budgetausschuss gesagt, die Dotierung dieser Unterstützung kann lediglich für die Konzipierung der Projekte verwendet werden, die Umsetzung muss dann in anderen Budgets beschlossen werden. Da hat Kollegin Holzleitner zu Recht den Zwischenruf getätigt: Wo ist die Kin­dergartenmilliarde für unsere Bildungseinrichtungen in diesem Land? (Beifall bei der SPÖ.)

Auch keine terminliche Zielsetzung findet sich in Ihrem Antrag wieder, und des­halb darf ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die dem Ausschussbericht 1751 d.B. angeschlossene Entschließung betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche wird wie folgt geändert:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, möge die Konzipierung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche im ländlichen Raum mit Fokus auf bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote durch adäquate Maßnahmen bis Ende Jänner 2023 gezielt unterstützen."

*****

Geschätzte Regierung, die Konzepte liegen seitens der Unternehmen auf dem Tisch. Es braucht Geld für die Umsetzung. Nehmen Sie bitte dieses Geld in die Hand: für die Zukunft unseres Landes, für unsere Kinder und damit auch für die Tourismusbranche! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs. 3 GOG

der Abgeordneten Melanie Erasim, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur bes­seren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche (1751 d.B.):

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die dem Ausschussbericht 1751 d.B. angeschlossene Entschließung betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 284

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, möge die Konzipierung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche im ländlichen Raum mit Fokus auf bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote durch adäquate Maßnahmen bis Ende Jänner 2023 gezielt unterstützen.“

Begründung

Im Entschließungstext wird nach dem Wort „Maßnahmen“ „bis Ende Jänner 2023“ eingefügt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Gerald Hauser, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.


17.10.19

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem Dank an alle Unternehmerinnen und Unternehmer und auch an die Mitarbeiter im Tou­rismus beginnen. Es ist ein toller, aber ein unglaublich fordernder Job, speziell in Zeiten wie diesen, und für den ländlichen Raum unverzichtbar. Deswegen müssen wir darauf schauen, dass wir den Tourismus in der kompletten Qualität erhalten können.

Ihr wisst, die Zugänge der Freiheitlichen Partei, von uns, sind gänzlich andere als die der Regierung. Wir haben immer gesagt: Das Beste ist, wenn die Betrie­be arbeiten können. Ich muss es noch einmal sagen: Die Regierung lässt sich hier immer für die Unterstützungsmaßnahmen der letzten zweieinhalb Jahre abfeiern. Was ist aber passiert? – Diese Regierung hat die Betriebe behördlich geschlossen, während zum Beispiel in der Schweiz die Betriebe offen waren! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Lifte und Hotelbetriebe waren offen – beim selben Virus! Wir hatten einen Dauerlockdown von 2. November 2020


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 285

bis Ende Mai 2021 und weitere Lockdowns! Ja, das ist eben der Unterschied in der Politik. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Das ist der Unterschied in der Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Man lässt die Unternehmer nicht arbeiten und unterstützt durch diese Politik (Rufe bei der SPÖ: Die Tafel!) – und das ist das wirklich Erschreckende – die Plattformökonomie (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Umsatz von Amazon weltweit in den Jahren 2004 bis 2021“ ein Säulendiagramm abgebildet ist, auf das Redner:innenpult stellend): Amazon und Co. haben bitte zusätzlich Milliardenumsätze erzielt, während unsere Kleinbetriebe geschlossen wurden! Der Tourismus war zu. Die Handelsbetriebe waren zu. Die Souvenirge­schäfte waren zu. (Abg. Voglauer: Man kann Ihre Tafel nicht lesen!) Wer hat das Geschäft gemacht? – Amazon und Co.! Das ist die falsche Politik! (Abg. Schmidhofer: Zum Thema reden!)

Dann geht man her und unterstützt die Betriebe, obwohl alle touristischen Betriebe behördlich geschlossen waren, unterschiedlich stark. Die Großbetriebe werden großzügig unterstützt, während die Klein- und Kleinstbetriebe vom Privatvermieter bis zu den Kleinunternehmern mit Peanuts abgespeist werden. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der neben den Farben Rot-Weiß-Rot die Über­schrift „Transparenzportal“ und darunter „https://transparenzportal.gv.at/“ steht, auf das Redner:innenpult. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer. – Abg. Zopf: Was hat das mit der Kinderbetreuung zu tun?) So schaut die Politik dieser Regierung aus! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bitte, geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen, schauen Sie selbst in die Transparenzdatenbank, dann werden Sie sehen, wie ungerecht die Entschädigungen in dieser Repu­blik verteilt wurden! So geht das nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Betriebe zusperren, unterschiedlich entschädigen – das ist ein Wahnsinn! Die Kleinen bei ausgestreckter Hand verhungern lassen, das ist keine soziale Politik. Deswegen bringe ich heute einen Antrag ein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 286

Bei der Energiekostenentschädigung et cetera haben die Kleinbetriebe schon wieder nichts bekommen. (Abg. Zopf: Kinderbetreuung ist das Thema! Kin­derbetreuung!) Wenn ihr entschädigt, dann macht ein Modell, das fair und korrekt ist, es könnte zum Beispiel so ausschauen – das wäre ein faires Modell! ‑:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Wiedereinführung der ermäßigten Umsatzsteuersätze insbe­sondere für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine Wiedereinführung der mit 31. Dezember 2021 ausgelaufenen Anwendung eines ermäßigten Umsatz­steuersatzes von 5 % insbesondere für Beherbergungs- und Gastrono­miebetriebe mindestens bis 31. Dezember 2023 sichergestellt wird.“

*****

Da hat jeder gleich viel davon, der Kleine wie der Große. Das ist ein faires Modell. So schaut gerechte und soziale und faire Politik aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Frau Präsidentin, noch ein paar Sätze zum Vormittag. Ich weiß, Sie waren nicht da: Ich habe am Vormittag das Wort „Systempartei“ erwähnt, und das hat zu einem massiven Aufschrei hier im Hohen Haus, speziell bei den NEOS, geführt. (Abg. Disoski: Es gab dafür schon einen Ordnungsruf!) Die Kol­legen Brandstätter, Loacker und Co. haben sich echauffiert, welch ein Verbre­cher ich bin. (Ruf bei der ÖVP: Ich glaube, es geht um Kinderbetreuung!) Kol­lege Reimon ist zu mir hin und hat mich als Nazi beschimpft. (Zwischenruf des Abg. Reimon. – Abg. Zopf: Was hat das mit der Kinderbetreuung zu tun?! – Abg. Voglauer: ... Systempartei gesagt! – Abg. Disoski: Sie haben ja schon einen Ordnungsruf bekommen!) So schaut die grüne Denke aus!


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Ich frage Sie, geschätzte Kollegen: Wieso messt ihr mit unterschiedlichem Maße? Ich habe hier Zitate, speziell der NEOS-Politiker, herausgesucht: von Matthias Strolz, der von „Systemparteien“ spricht. Jetzt nehme ich Kollegen Loacker her, eine OTS-Meldung, 18. August 2017 – hört, hört, bitte, geschätzte Kollegen, und denkt an die Aufregung am Vormittag! –: „Die Zukunftsräuber der System­parteien“ sagt er, „sind an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten.“ (Zwischen­ruf der Abg. Voglauer.) Wie ist es denn? Herr Kollege Reimon, gehst du jetzt zum NEOS-Mandatar hin und sagst, er ist ein Nazi? (Zwischenruf des Abg. Rei­mon.) – Ich weiß schon, ich weiß schon, wieso du sagst, ich bin ein Nazi. Du willst mir das Wort nehmen. Du willst mich schlechtmachen. (Abg. Voglauer: Zur Sache!) Du willst uns zum Schweigen bringen. Das ist die übliche Politik, um uns – unter Anführungszeichen – auszuschalten (Beifall bei der FPÖ), aber das funktioniert nicht. Wir werden uns auch die Sprache nicht nehmen lassen. (Ruf bei der ÖVP: Kinderbetreuung! Themaverfehlung!)

Zu Kollegin Meinl-Reisinger: „Oberösterreichische Nachrichten“, 27. Feber 2015. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Sie sagt – ich zitiere –: „Diese Wahl ist unser Kompass.“ „Wien ist unsere Homebase, hier fordern wir die Systemparteien he­raus.“ (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den NEOS.) Also das gleiche Wort, unterschiedliche Wertungen. Das Gleiche wird unterschiedlich ausgelegt. (Abg. Scherak: Ja, aber das ist ja logisch! Es kommt drauf an, wer es sagt! – Abg. Amesbauer: Jetzt hast du es zugegeben! – Abg. Scherak: Na ja, sicher!)

Ich schließe wie folgt mit einem Spruch von Augustus: Die Wahrheit wird immer siegen. Die Wahrheit macht Freude. – Zitatende. Deswegen macht mir die Politik in der Freiheitlichen Partei Freude: weil ich die Wahrheit aus- und anspre­chen darf! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser


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und weiterer Abgeordneter

betreffend sofortige Wiedereinführung der ermäßigten Umsatzsteuersätze insbe­sondere für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 17: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche, über den An­trag 2779/A(E) der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungseinrichtungen Tourismus sowie über den An­trag 2522/A(E) der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Frauen im Tourismus: Kooperative Kinderbetreuungsmodelle in touristischen Regionen fördern! (1751 d.B.) in der 185. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2022

Mit Ende des Jahres 2021 sind die begünstigten Steuersätze für jene Branchen, die besonders durch Dauer-Lockdowns und monatelange Zwangsschließungen ge­schädigt wurden, wieder ausgelaufen. Besonders betroffen von einer neu­erlichen Anhebung des Steuersatzes seit 1. Jänner 2022 sind neben der Kultur­branche wie Theater, Oper, Kinos etc. insbesondere Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe.

„Wer Pleiten verhindern will, muss uns die Chance geben, im nächsten Jahr noch von den 5 % Umsatzsteuer profitieren zu können“, betonte die damalige Obfrau der Hotellerie und nunmehrige Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler noch am 17. De­zember 2021 und appelliert gemeinsam mit Gastronomieobmann Mario Pulker an die Bundesregierung, „uns bitte nicht im Stich zu lassen.“

„(…) Um wieder auf Erfolgskurs zu kommen, wäre eine Verlängerung des verminderten Steuersatzes – über 2021 hinaus – nun eine weitere wichtige Unterstützung. Andernfalls sieht der Interessenvertreter die Erholung der Branche gefährdet. Mit ei­ner Wiedereinführung des 10-Prozent-Steuersatzes ab 01.01.2022 wären wir


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am deutschsprachigen Beherbergungsmarkt massiven Wettbewerbs-verzerrungen ausgesetzt. Denn die wichtigsten Konkurrenten, die Schweiz und Deutschland, versteuert Nächtigungen mit 3,7 Prozent bzw. 7 Prozent“, appelliert Gratzer für eine Prolongierung der Maßnahme.“ (ÖHV TPT0007, 16. Sep. 2021)

Davon völlig unbeeindruckt, beschlossen ÖVP und Grüne dennoch die Beendigung des ermäßigten Steuersatzes mit Jahresende für die dadurch massiv geschä­digten Branchen.

Wovor Frau Staatssekretärin Kraus-Winkler damals noch in ihrer Funktion als Obfrau der Hotellerie warnte, ist auch eingetreten. Denn laut Kreditschutzverband KSV 1870 vom September dieses Jahres haben sich die Insolvenzen mit einer Stei­gerung um 92 % nahezu verdoppelt. Besonders betroffen davon ist insbe­sondere der Bereich Tourismus und Gastronomie.

Wie der Begründung des diesem Antrag zugrundeliegenden Antrags entnommen werden kann, waren bereits vor der Covid-19 Pandemie aus Sicht der Unternehmen im österreichischen Tourismus die Verfügbarkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Qualifikation die beiden Themen mit der größten Bedeu­tung für die Zukunft. Eine zusätzliche Herausforderung bei der Suche nach Arbeitskräften für den Tourismus ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Neben dem Problem des Mangels an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Tourismus und der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wäre es aus Sicht der unterfertigten Abge­ordneten – wie einleitend dargelegt – neben anderen Maßnahmen auch von großer Bedeutung für die heimischen Tourismus- und Gastronomiebetriebe, den Umsatzsteuersatz von 5 % jedenfalls wieder zumindest bis 31. Dezember 2023 anwendbar zu machen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nach­stehenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine Wiedereinführung der mit 31. Dezember 2021 ausgelaufenen Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 5 % insbesondere für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe mindestens bis 31. Dezember 2023 sichergestellt wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hauser, Sie haben natürlich recht, dass ich nicht den Vorsitz geführt habe, als Sie das am Vormittag erwähnt haben. Ich habe aber die Ausführungen des Präsidenten Sobotka gehört, der Ih­nen einen Ordnungsruf dafür erteilt und das auch inhaltlich begründet hat. Daher schließe ich mich dieser Meinung in diesem Fall an.

Sie sind heute schon ein paarmal ans Rednerpult getreten und haben mitgeteilt, dass Sie damit konfrontiert waren, in diesem Haus als Nazi bezeichnet zu werden. Das findet an diesem Rednerpult hier niemals statt, weil es keinen Zweifel daran gibt, dass Sie, wie alle 183 Abgeordneten des Hauses, die demokratische Legitimation haben. Alles andere würde jedenfalls eine Ver­harmlosung des Nationalsozialismus bedeuten. (Anhaltender Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Ich gebe auch noch bekannt, dass Ihr Entschließungsantrag während Ihrer Rede ordnungsgemäß eingebracht wurde und damit mit in Verhandlung steht.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Sie haben das Wort. (Abg. Haubner: Das Thema hätte ich schon erwähnt!)


17.17.53

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Der Fachkräftemangel ist kein neues Phänomen.


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Meine Vorredner und -rednerinnen haben es schon gesagt: Eine zusätzliche Herausforderung bei der Suche nach Arbeitskräften für den Tourismus ist die Sicherstellung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir wissen, dass wir das größte Potenzial bei den Frauen haben, wir können aber die Frauen nicht zur Erwerbstätigkeit bringen, wenn wir eine unzureichende Kinderbetreu­ung haben. Wir können also nicht sagen, es müssen mehr Frauen in Erwerbstätigkeit kommen, wenn sie die Möglichkeiten dazu nicht haben.

2002, Kollege Hörl hat es angesprochen, wurden die sogenannten
EU-Barcelona-Ziele definiert, mit einem Betreuungsziel von 33 Prozent bei den unter Dreijährigen. Heute, 20 Jahre später, haben wir das immer noch nicht geschafft, und das ist nicht akzeptabel! Das heißt für den Tourismus: Wir können nicht nur auf die Gemeinden warten, sondern wir müssen auch aktiv handeln.

Wir müssen die Betriebskindergärten ausbauen, und zwar so, dass es für die Betroffenen auch etwas bringt, sprich bedarfsgerechte Öffnungszeiten, Angebote für unter Dreijährige und so weiter. Wir brauchen Vorzeigeprojekte für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche, die den Bedürfnissen gerecht werden und eine Vorbildwirkung für die eigene Region haben, aber auch über die Region hinaus.

Daher beschließen wir heute diesen Antrag, um Konzepte zu innovativen Pilotprojekten für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung in den Tou­rismusbetrieben zu entwickeln. Ich freue mich, dass wir das zusammen mit dem Koalitionspartner und auch mit der Opposition tun.

Abschließend noch, ich habe es im Zuge der Reform zur Rot-Weiß-Rot-Karte schon einmal gesagt: Der Tourismus sucht händeringend nach Mitar­beitern und Mitarbeiterinnen, und wir haben hier in Österreich Menschen, Schutzsuchende, die da sind und arbeiten wollen, und wir lassen sie nicht.


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Das macht keinen Sinn. Dieses Potenzial für den Arbeitsmarkt nicht zu nützen ist sowohl humanitär als auch aus ökonomischer Sicht absolut kontraproduktiv. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.20


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Michel Reimon zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.20.26

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Wenn Kollege Hauser, mit dem ich nicht per du bin, hier die Opferrolle einnimmt, muss ich natürlich tatsächlich berichtigen.

Ich bin zu ihm hingegangen (Abg. Hauser weist auf den Sitzplatz neben sich), dorthin, wo er hinzeigt – genau! –, und habe gesagt, dass das Nazijargon ist. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) – Das habe ich gesagt. Wenn das jemand verwendet, ist er ein Nazi.

Sie können ja auch herausgehen und das berichtigen. Jetzt waren Sie dreimal heraußen, haben sich nicht dafür entschuldigt. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Hauser und Rauch.) – Das Wort wenn werden Sie verstehen. Was soll ich jetzt von der ganzen Geschichte halten, wenn Sie diesen Jargon nicht zu­rücknehmen?

Machen Sie sich aber bitte nicht zum Opfer! – Danke.

Ich habe das so, wie Sie es - - (Ruf bei der FPÖ: ... ein Wahnsinn!)

17.21


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, wir haben klare Regelungen für tatsächliche Berichtigungen. Danke vielmals. (Ruf bei der FPÖ: Was war denn das jetzt? – Ruf: Irre!)

Wir gehen in der Rednerliste weiter. Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Seidl. – Bitte.



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17.21.27

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Grundsätzlich ist ja nichts dagegen einzuwenden, dass wir uns hier intensiv mit dem Thema Kinderbetreuung auseinander­setzen, ganz im Gegenteil. Wenn man aber die Geschichte zu diesem Antrag kennt und das ein bisschen nachvollzieht, kann man das, was da passiert ist, bemerkenswert finden.

Und zwar hat die ÖVP jahrelang nicht verstanden (Ruf bei der ÖVP: Das haben wir schon verstanden!), dass Kinderbetreuungseinrichtungen auch eine arbeits­marktpolitische Maßnahme sind. (Ruf bei der ÖVP: Wer sagt das?) Jetzt, da die Si­tuation sich zuspitzt und wir keine Arbeitskräfte mehr haben und drauf­kommen: Oha, hoppala, wenn es keine Kinderbetreuung gibt, gibt es keine Ar­beitskräfte!, kommt die ÖVP fast geschlossen drauf: Jetzt müssen wir etwas machen!

Dann kommt ein Antrag daher, der inhaltlich viele Punkte hat, die ein NEOS-An­trag ebenfalls gehabt hat. Nur: Der NEOS-Antrag ist in dieser Endlos­schleife gelandet – die kennen wir alle hier herinnen sehr gut; die ÖVP kennt das nur, weil sie es selber immer macht – und wurde bisher immer vertagt.

Auch bei der letzten Ausschusssitzung gab es den Versuch, diesen Antrag wieder zu vertagen, obwohl er sich inhaltlich mit denselben Themen beschäftigt und uns zugesagt wurde, dass über die Tourismusförderung endlich auch das Thema Kinderbetreuung eine Rolle spielen wird und man in diesem Zu­sammenhang Betriebskindergärten und Betriebskinderkrippen, welche von Unternehmerinnen und Unternehmern gestaltet werden, eröffnet werden, fördert.

Ich kann noch nicht sagen, ob das tatsächlich stattfinden wird, weil es diese Förderrichtlinien noch nicht gibt, aber es wurde uns immer gesagt, dass es darin verankert sein wird. Wir sind gespannt. (Zwischenruf des Abg. Schnabel.)


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Sehr geehrte ÖVP vor allen Dingen, ein Servicetipp von meiner Seite: Sie müssen sich nicht selbst Arbeitsaufträge erteilen. Sie können auch einfach arbeiten, Sie können es einfach machen, Sie können es einfach umsetzen. Sie sind Teil der Regierung. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Neßler: Es gibt halt einen Unterschied zwischen Parlament und Regierung!) Das bedeutet, Sie können das auch ohne An­träge machen.

Wir freuen uns allerdings, dass wir wahrscheinlich in den Richtlinien endlich sehen werden, dass es darin eine Rolle spielt, und wir sind gespannt, wann diese Richtlinien endlich vorliegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

17.24


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


17.24.10

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist es persönlich eine besonders gro­ße Freude, dass wir bei der Tourismusausschusssitzung am 18. Oktober ein einstimmiges Bekenntnis zur verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgegeben haben. Wenn man bedenkt, dass 55 Prozent der Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter in Hotellerie und Gastronomie Frauen sind, dann sieht man, wie wichtig es ist, dass wir über alle verschiedenen Parteiinteressen hinweg dieses gemeinsame Bekenntnis gefunden haben. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Dieser einstimmig beschlossene Entschließungsantrag hatte ja ein explizites Ziel, nämlich einerseits kooperative und andererseits zukunftsweisende Konzepte für diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche in Form von Pilotprojekten, wie heute schon angesprochen, zu initiieren und gezielt mit EU- und Bundesmitteln auch zu unterstützen.


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Dieser Antrag ist für mich auch Auftrag gewesen, und deswegen darf ich auch meiner Vorrednerin, Kollegin Erasim, gleich etwas sehr Erfreuliches be­richten: Als erster Schritt ist es gelungen, die internen Vorarbeiten für die erste spezifische Förderaktion abzuschließen, und ich darf heute ankündigen, dass wir, beginnend mit kommendem Montag, dem 21. November, das Leucht­turmprojekt 2023 mit dem Titel Innovative Konzepte zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Tourismus starten werden.

Die Einreichung ist bis 1. März 2023 bei der ÖHT möglich, und dieser Leuchtturmcall wird mit 2 Millionen Euro dotiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir wollen damit vor allem initiieren, dass viele Wege aufgezeigt werden, wie man Kinderbetreuungskonzepte an die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus ideal anpassen kann, um in diesem Zusammen­hang auch Orientierung zu geben, und wir wollen damit eine Grundlage für diese Vereinbarkeit geben, aber letztlich auch für die Chancengleichheit von Mann und Frau, wenn es die Wahlmöglichkeit gibt, ganztags zu arbeiten, und für beide die Möglichkeit gibt, arbeiten zu gehen.

Wir werden das auch am Montag noch einmal offiziell entsprechend kundtun. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Bettina Zopf zu Wort. – Bitte.


17.27.30

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staats­sekretärin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Eingangs, Herr Kollege Hauser: Ihr Antrag auf Senkung der Mehrwertsteuer hilft den Kleinen gar nicht, weil sie keine zahlen. Die kleinen Pri­vatzimmervermieter, die Vermieter, die Urlaub am Bauernhof anbieten,


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zahlen keine, also hilft Ihr Antrag nichts. Der ist sozusagen für die Fische. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Hauser und Obernosterer.)

Jetzt komme ich aber zum Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich habe zwei Kinder – die älteste Tochter ist 22 Jahre alt –, und ich weiß, wel­che Herausforderung es ist, einen Beruf und Kinder zu haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie war für mich eine große Herausforderung. Die Öff­nungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtung haben sich oft nicht mit meiner Arbeitszeit gedeckt, und ich musste oft auf meine Großmutter und auf meine Schwiegermutter zurückgreifen, die dann die Kinder betreut haben. Ich finde es daher absolut wichtig, dass wir die Betreuungseinrichtungen aus­bauen und auch individuelle Lösungen für die Betreuung unserer Kinder finden.

Zur Betriebsbetreuung: In unserem Bereich, in der Gosau, gibt es den Dachsteinkönig. Das ist ein Familienhotel, das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Kinderbetreuung anbietet. Das ist ein absolutes Vorzeigeprojekt und eine tolle Sache. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Was mir aber schon auch noch wichtig ist: Wir sind eine moderne und relativ reiche Gesellschaft. Wir achten auf artgerechte Tierhaltung und schauen immer, dass die Kälber bei den Kühen bleiben dürfen. Deshalb ist es mir auch besonders wichtig, dass ich schon auch das Recht haben möchte, als Mut­ter zu entscheiden, ob und wie lange ich bei meinen Kindern bleiben darf. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich schaue (in Richtung SPÖ) gerade in die Richtung, aus der immer so groß für das Tierwohl gesprochen wird. Das Kindeswohl ist auch ganz wichtig (Zwi­schenruf der Abg. Erasim), ein Kind gehört schon auch für eine gewisse Zeit zur Mutter. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich aus meiner persönlichen Erfahrung sagen: Die Zeit, von der ich dachte, ich würde sie meinen Kindern opfern, ist in Wahrheit die schönste Zeit, die mir je geschenkt wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kollross:


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Familienziel der ÖVP: Kinder, Kirche, Küche! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Shetty: Haben Sie gerade Kinder ...?)

17.30


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Gerald Hauser zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.30.30

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Kollegin Zopf hat gerade behauptet, dass Privatvermieter keine Mehrwertsteuer zahlen. – Das ist nicht richtig.

In dem Moment, in dem sie die Grenze der Kleinunternehmerregelung über­schreiten, zahlen sie selbstverständlich Mehrwertsteuer. (Lebhafte Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Man sieht, das war ein weiterer Beweis dafür, wie weit die ÖVP von der Realität - -

17.30


Präsidentin Doris Bures: Das geht jetzt jedenfalls über eine tatsächliche Berich­tigung hinaus.

Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Alois Schroll als nächstem Redner das Wort. (Abg. Obernosterer – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Hauser –: Kennst dich nicht aus! – Zwischenruf der Abg. Zopf. – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.)


17.31.09

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhö­rer! Man braucht, glaube ich, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. Die wirtschaftliche Situation ist angespannt, sehr angespannt natürlich auch in jenen Betrieben, die im Tourismus tätig sind: Hotellerie, Gastronomie, Restau­rants und was alles dazugehört. Teilweise kämpfen diese wirklich ums nackte Überleben. Da ist auch ganz klar, dass die Firmen alle Möglichkeiten ver­suchen, um Kosten einzusparen.


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Geschätzter Herr Gabriel Obernosterer, Herr Kollege, weil du gestern an­gesprochen hast, dass die Regierung mit den Coronahilfen und so weiter sehr viel für diese Betriebe gemacht hat: Es ist auch unsere Meinung vom Klub der sozialdemokratischen Fraktion, dass das auch richtig und gut war. Du hast es gestern aber so gebracht, als wäre alles okay, alles gut und alles in bester Ordnung.

Ich erlebe es wirklich tagtäglich, dass ich – natürlich bei mir in Niederösterreich und natürlich auch speziell im Mostviertel – Mails und Telefonate bekomme, dass die Gastronomiebetriebe und Hotelleriebetriebe genau im Bereich Ener­gie – Gaspreise, Strompreise – massive Probleme haben. Deswegen möch­te ich euch heute wirklich noch einmal eindringlichst ersuchen und bitten, endlich den von uns schon so lange geforderten Gaspreisdeckel einzuführen, denn nur so kann genau dieses Problem an der Wurzel behoben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil auch Kollege Karlheinz Kopf hier sitzt: Karlheinz Kopf als Wirtschaftskammergeneralsekretär und Christoph Neumayer von der IV haben vor ein paar Tagen in einer Tageszeitung gefordert, endlich die Energiehilfen für die Betriebe kräftigst aufzustocken. Könnt ihr euch erinnern, wie wir vor ein paar Wochen dagestanden sind und gesagt haben, die Energiehilfen von 1,3 Milliarden Euro bringen nichts? Sie bringen nichts, weil das Problem nicht an der Wurzel geklärt wird.

Ich möchte aber eigentlich wieder zu dem Kinderbetreuungsangebot in den Hotels zurückkommen. Ich kann nur sagen, an dieser Stelle möchte ich das Kinderprogramm 3G vorstellen, das unser Landeshauptmannstellvertreter Franz Schnabl und eine Landtagsabgeordnete, die Bürgermeisterin von Sankt Valentin Kerstin Suchan-Mayr, vorgestellt haben: ganztägig, ganzjährig, gratis.

Das ist nämlich wirklich ein Vorzeigeprojekt und wäre wirklich ein Projekt für ganz Österreich, das auch den Betrieben in der Tourismusbranche helfen


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würde. Setzen wir es gemeinsam um! Wir sind dazu bereit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schna­bel. – Bitte.


17.34.10

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen am Ende der sehr intensiven Sitzungswoche! Es ist ganz interessant: Wir diskutieren hier das Kinderbetreuungsangebot für den Tourismus und sprechen dann über Corona oder hören Worte über Co­ronapolitik und die Gaspreisbremse. Ich bin ganz verwundert, was das alles mit der Kinderbetreuung zu tun haben soll. Wir müssen bitte auch zwischen der institutionellen und der flexiblen Kinderbetreuung, die vor allem für den Tourismus wichtig ist, unterscheiden.

Herr Kollege Kollross, nur ganz kurz: Heute Vormittag haben Sie gesagt, dass das Kommunalinvestitionsgesetz nicht bei den Gemeinden angekommen ist und die Mittel nicht abgerufen werden. Ich muss Sie korrigieren: 94 Prozent der letz­ten Milliarde Euro wurden schon ausbezahlt, nämlich genau 933,8 Millionen Euro. (Abg. Kollross: Vom ... red’ ich! Von der jetzigen red’ ich!) Von diesen 933,8 Millionen Euro wurden fast 100 Millionen Euro für den Ausbau der Kin­derbetreuung verwendet, nämlich bei 456 einzelnen Projekten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Deswegen ist dieses nun zusätzliche Gemeindepaket für die nächsten beiden Jahre wieder genauso wichtig und wird von den Gemeinden genauso abgerufen und auch für den Ausbau der Kinderbetreuung eingesetzt werden, denn mit den letzten Paketen, die wir über die 15a-Vereinbarung auch für den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt haben, ist nämlich


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eines schon gelungen – diese Zahlen sind brandheiß –: dass wir das Barcelona­ziel mittlerweile auch bei den unter Dreijährigen erreicht haben. Wir ha­ben da also einen wesentlichen Schritt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

Für die Tourismuswirtschaft – und das muss man klar sagen – werden diese Kindergärten und Kinderkrippen mit den üblichen Öffnungszeiten von Montag bis Freitag jedoch nicht reichen, auch wenn sie von 7 bis 18 Uhr offen haben. Auch die Stadt Wien mit ganz viel städtischem Tourismus hat nur drei Kindergärten, die bis 20 Uhr geöffnet sind. Auch dort wird das Angebot nicht passend sein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Tou­rismus dementsprechend sicherzustellen.

Deswegen ist diese Initiative, die wir hier heute beschließen, so wichtig. Frau Ministerin, danke, dass Sie auch schon erörtert haben, wie diese Pilotpro­jekte dann quasi auch einmal finanziert und umgesetzt werden.

Eine Komponente möchte ich noch ansprechen, und das sind die Tagesmütter und Tagesväter. Die werden in der ganzen Diskussion, die wir hier führen, eigentlich oft nicht erwähnt. Wir sprechen immer über die sehr wichtigen Ele­mentarpädagoginnen und -pädagogen und das Betreuungspersonal, aber auch die Tagesväter und die Tagesmütter machen einen wichtigen Job im Be­reich der Kinderbetreuung. (Abg. Künsberg Sarre: Stimmt!) Vor allem sie sind diejenigen, die ein flexibles Angebot ermöglichen. Auch sie sollten wir mehr in den Mittelpunkt rücken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: Das musst der Frau Kollegin Zopf noch erzählen!)

Mein besonderer Dank gilt eben diesen 2 130 Tagesmüttern und -vätern, die diesen Job machen und dementsprechend vor allem auch im ländlichen Raum ein flexibles Angebot ermöglichen.

Geschätzte Damen und Herren, es ist noch viel zu tun. Wir haben vonseiten der Regierung mit dem Gemeindepaket, aber auch mit den 200 Millionen Euro


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pro Jahr die Möglichkeit geschaffen, dass es ein Mehr an Kinderbetreuungsange­bot gibt.

Im Tourismus haben wir mit diesen hier nun beschlossenen Zielprojekten dann die Möglichkeit aufgezeigt, wie auch da die Vereinbarkeit besser funktio­nieren wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.37


17.37.50

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich zu den Abstimmungen kommen können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 17, die dem Ausschussbericht 1751 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche“.

Hiezu haben die Abgeordneten Melanie Erasim, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über den er­wähnten Abänderungsantrag und im Falle einer Ablehnung dann über die dem Ausschussbericht 1751 der Beilagen angeschlossene Entschließung abstimmen lassen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Erasim, Kolleginnen und Kollegen sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit kommen wir nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbe­richt 1751 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Unterstüt­zung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 302

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen. (Ruf bei der ÖVP: Na geht ja eh!) (281/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Wiedereinführung der ermäßigten Umsatzsteuersätze insbesondere für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe“.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.39.4618. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend COVID-19-Kurzarbeit – Reihe BUND 2022/7 (III-577/1748 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Überbetriebliche Lehrausbildung mit Schwerpunkt Oberösterreich und Wien – Reihe BUND 2021/15 (III-291/1749 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Aufsichtsräte: Auswahlprozess in Ministerien – Reihe BUND 2022/11 (III-608/1750 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Punkten 18 bis 20 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße sehr herzlich die Präsidentin des Rechnungshofes Margit Kraker in unserer Mitte und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Her­mann Gahr das Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 303

17.40.49

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat das Modell Kurzarbeit vom Zeitraum März 2020 bis zum Auslaufen der Phase drei Ende März 2021 geprüft.

Drei Dinge sind uns da vor allem wichtig zu erwähnen: Dieses Projekt, das Modell Kurzarbeit, hat dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit ge­dämpft werden konnte. Man hat damit eine hohe Arbeitslosigkeit vermeiden können. Weiters hat es dazu beigetragen, dass es bei uns in dieser Zeit keine Kündigungswellen gegeben hat. Das dritte Positive ist, dass es durchaus die Wirtschaft stabilisiert und damit auch zukunftsfit gemacht hat.

Der Rechnungshof hat natürlich schon einige Dinge festgestellt, die verbes­serungsfähig waren. Wenn man aber wieder die Dimension sieht – dass es 113 771 Unternehmungen mit 1,25 Millionen Beschäftigten waren, die in diesem Modell abgebildet wurden und die daraus öffentliches Geld bezo­gen haben –, dann wird durchaus klar, dass in der Abwicklung Verbesserungen möglich sein sollten.

Wichtig ist dem Rechnungshof – gerade was die Ausfallstunden betrifft –, dass es da die volle Abgeltung gegeben hat, dass die Ersatzraten über dem Ar­beitslosengeld gelegen sind und dass es ganz einfach sehr, sehr attraktiv war, auf dieses Modell zurückzugreifen.

Der Rechnungshof hat in seiner Kritik angemerkt, dass das Modell eigentlich nur von den Sozialpartnern gestaltet und durchgeführt wurde und keine Exper­ten und Expertinnen des AMS und des Arbeitsministeriums beigezogen wurden. Es gibt da also durchaus die Kritik, dass es auf breiterer Basis aufgestellt werden sollte. Die Empfehlungen des Rechnungshofes für die Zukunft: Das AMS und die Experten sollten eingebaut werden, und es sollten bewährte Sys­teme genutzt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 304

Dass die Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt wurden, hat uns ja Bundesminister Kocher in seinen Ausführungen mitgeteilt. Zukünftig sollte – gerade was die Einsatzstunden und die Anerkennung der Einsatzstunden betrifft – besser geprüft werden. Die Sozialversicherungsträger sollten di­rekt miteingebunden werden. Es sollte ein Kontrollkonzept geben, um Förder­missbrauch hintanzuhalten, und es sollte Schnittstellen mit allen Beteilig­ten geben.

Das Modell der Kurzarbeit ist durchaus, kann man sagen, sehr kostenintensiv, aber es war, glaube ich, wichtig für unser Land, weil wir schnell und ge­zielt helfen und unterstützen konnten und die Wirtschaft gerade damit in der Krise einen tollen Rückhalt gehabt hat. Bundesminister Brunner hat es er­wähnt: Wir verteilen „lieber [...] ein paar Feuerlöscher zu viel“, als es brennt ein ganzes Haus! – Ich glaube, das kann man auch da unterstreichen. Wir haben nicht alles lösen können, aber wir haben vieles vermeiden können.

Bundesminister Kocher hat uns im Ausschuss mitgeteilt, dass die Förderungen sehr wohl den Zweck erfüllt haben. Dass nicht alles perfekt gelaufen ist, sollte man auch selbstkritisch zur Kenntnis nehmen, aber es wurde schnell und direkt geholfen. Für die Zukunft hat man aus dieser Sache gelernt. Wie auch immer man das Modell gestaltet, wir müssen schauen, dass wir gemeinsam die Wirtschaft in Schwung halten. Aktuell, glaube ich, gibt es wieder neue Herausforderungen.

In diesem Sinne kann man gesamtheitlich sagen: Einiges ist verbesserungs­würdig, aber insgesamt ist es ein Modell, das uns in der schwierigen Zeit durchaus geholfen hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 305

17.45.09

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Rechnungshof überprüft ja die Wirtschaftlich­keit und die Zweckmäßigkeit. Es wäre interessant zu wissen, wie der Rech­nungshof eine Überprüfung der Einrichtung des neuen Parlaments be­werten würde: ob es zweckmäßig ist, ein mit Gold verziertes Klavier für 36 000 Euro jährliche Miete – in Zeiten, in denen Familien ihre Rech­nungen nicht bezahlen können – dort hinzustellen, und ob es wirtschaftlich ist, wenn man die Restaurierungen eines derartigen Stückes bedenkt. Das ist ja dann auch nicht billiger, sondern wesentlich teurer im Vergleich zu anderen Klavieren. Ich glaube nicht, dass es besser klingt, wenn es vergoldet ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz: ... kauf’ ma sich das Parlament ...!)

Zur Sache: Der Rechnungshof hat die Covid-19-Hilfen überprüft. Es ist sehr gut, dass es diese Unterstützung für Unternehmen gegeben hat. Was ist heraus­gekommen? Man muss bedenken, dass es eine große Herausforderung für alle war. Es war eine wirkliche Krisensituation, man hatte daher auch zu wenig Zeit, um entsprechende Kontrollen dieser Hilfen durchzuführen. Was war die Konsequenz davon? – Die Konsequenz war eine Überförderung von 500 Millionen Euro. Das ist sehr schade und bedauerlich. Hätte man beispiels­weise das AMS bereits in die Konzeption einbezogen, hätte man sicher eine Überforderung in dieser Höhe verhindern können. Wichtig wäre, dass man in Zukunft wirklich mit dem AMS eine derartige Hilfe auf die Beine stellt und vor allem die entsprechenden Kontrollen gewährleistet.

Es ist sehr gut, dass dieser Prüfbericht so zeitnah diskutiert werden kann – danke, Frau Präsidentin! Es geht ja darum, auch einen wirklichen Schwerpunkt in den Prüfaktivitäten hervorzuheben, nämlich die „Lessons Learned“. Da geht es darum, die Schlüsse in der Politik wirklich in Maßnahmen umzusetzen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 306

Die Empfehlungen in diesem Bericht waren, besser zu kontrollieren, alle Beteiligten in die Konzeption einzubeziehen, die Kriterien für die Gewährung derartiger Hilfen auch wirklich zu evaluieren und zu adaptieren – es gibt sie jetzt, aber man muss gut beobachten –, und eine Empfehlung war auch eine bessere Berichterstattung an den Nationalrat.

Diese „Lessons Learned“ sollten also im Sinne einer wirklich zielgerichteten Förderung, die sehr zu begrüßen ist, umgesetzt werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


17.47.49

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Geschätzte Kollegen! Werte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Arbeit gibt dem Leben eine gewisse Sinnhaftigkeit, sie determiniert den Platz in der Gesellschaft und gibt zugleich dem Alltag eine Struktur.

Meine Damen und Herren, der Rechnungshof überprüfte von August bis November 2019 die überbetriebliche Lehrausbildung, die eine der wichtigsten Ausbildungsmaßnahmen für Jugendliche ist und eine zentrale Maßnahme im Rahmen der Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr darstellt. Bei dieser Prüfung wurde das Hauptaugenmerk auf das Arbeitsmarktservice Ober­österreich und auf das Arbeitsmarktservice Wien gelegt. Die Zielgruppe der überbetrieblichen Lehrausbildungen waren beim Arbeitsmarktservice vorgemerkte Lehrstellensuchende mit abgeschlossener Schulpflicht, die trotz intensiver Vermittlungsversuche keine geeigneten betrieblichen Lehr­stellen finden konnten oder die eine betriebliche Lehre abgebrochen hatten. Es handelt sich daher um eine Auffangmaßnahme, um den Jugendlichen eine alternative Möglichkeit zu bieten.


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Die Kosten für diese überbetriebliche Lehrausbildung betrugen im Jahr 2018 173,55 Millionen Euro. Das bedeutet, dass die Auszahlungen seit 2016 um insgesamt 11 Prozent gestiegen sind. Obwohl sämtliche Bedürfnisse der Teilnehmenden berücksichtigt wurden, konnte die Drop-out-Quote nicht auf die gewünschten 20 Prozent gesenkt werden. Die Drop-out-Quote lag 2018 sogar bei 32 Prozent, weit über den eigenen Vorgaben von 20 Prozent. Die Prüfung des Rechnungshofes hat deutlich die regionalen Unterschiede auf­gezeigt: So betrug die Drop-out-Quote in Oberösterreich 26 Prozent, wäh­rend sie in Wien bei 41 Prozent lag. Deshalb ist es unbedingt notwendig, auf die Empfehlungen des Rechnungshofes für eine treffsichere Zuteilung der Teilnehmenden zu achten. Dadurch kann auch die Drop-out-Quote gesenkt werden.

Bei dieser Gelegenheit noch einmal, Frau Präsidentin des Rechnungshofes: Danke für Ihren aufschlussreichen Bericht, der uns sehr in unserer par­lamentarischen Arbeit unterstützt! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.


17.50.23

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Damen und Herren! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Der Rechnungshof klingt so modern, in Wirklichkeit aber wur­de der Rechnungshof erstmals unter Maria Theresia gedacht. Der Rechnungshof ist also eine sehr alte, ehrwürdige Einrichtung und wurde aus der Monar­chie übernommen.

Ich möchte den Tagesordnungspunkt Rechnungshof dafür nützen, um mich bei der Frau Präsidentin für die hervorragende Arbeit zu bedanken, und möchte sagen, dass, was man erkennt, wenn man sich die UG durchschaut, wirklich sehr sorgsam, sehr zweckmäßig mit dem Budget dort umgegangen wird. Wenn


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man sich das Budget im Detail anschaut, muss man sagen, dass mit 42,1 Millio­nen Euro für das Jahr 2023 ein schöner Betrag vorgesehen wurde. Dafür möchte ich mich bedanken. Das sind um 4,8 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Wenn man sieht, was sich der Rechnungshof alles im Detail anschaut, dann muss man sagen, dass es nicht nur Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung sind, sondern es ist viel mehr: Wo werden Steuermittel verschwen­det, wo werden sie gut eingesetzt? In dem Bericht ist auch enthalten: Wie gehen wir mit Aufsichtsräten um? Wenn wir uns überlegen, wie wich­tig Aufsichtsräte sind, dann wird eines klar: Man muss sich im Vorhinein über­legen, wofür Aufsichtsräte eingesetzt werden, sprich, es braucht eine gute Ausschreibung, es braucht eine gute Auswahl. Man muss darauf schauen, dass auch Frauen ausreichend berücksichtigt werden, und es ist wichtig, dass es die fachliche Kompetenz gibt. Damit es aber die fachliche Kompetenz gibt, muss das auch im Vorhinein bedacht werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt ist es natürlich um diese Uhrzeit so, dass wir alle schon ein bisschen müde sind (Abg. Haubner: Na!), aber ich würde meinen, der Rechnungshof wird 365 Tage im Jahr nicht müde: Jeden Tag wird geprüft und kontrolliert – und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Das Verbesserungspotenzial möchte ich hier nur in Grundzügen vermitteln, weil ich glaube, das ist ganz wichtig: Verbesserungspotenzial im Auswahlpro­zess von Aufsichtsräten. Zuerst einmal sollte es eine konkrete Definition geben, was die Person überhaupt zu leisten hat. Dann sollte die Auswahl der mög­lichen Kandidaten entsprechend eingegrenzt werden. Es sollte weiters eine Fest­legung geben, was persönliche und fachliche Eignungen sind.

Jetzt wird es spannend: Unter Punkt 5 steht nämlich zu lesen: „Definition und Dokumentation der Prozessschritte zur Vermeidung von Unvereinbar­keiten, insb. bei [...] Kandidaten aus dem eigenen Ressort, aus Konkurrenzunter-


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nehmen“, oder vielleicht wenn es Überschneidungen mit politischen Funk­tionen gibt. Letztendlich, wenn eine Entscheidung getroffen wird, muss sie ausreichend begründet sein, damit sie nachvollziehbar ist.

Der Rechnungshof sorgt seit mehreren Hundert Jahren für eine gute Gebarung, und dafür möchte ich Danke sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

17.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


17.54.08

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Allem voran ein herzliches Dankeschön für die ausführlichen Berichte! Der Bericht zur COVID-19-Kurzarbeit besitzt durchaus Sprengkraft. So kritisiert der Rechnungshof zahlreiche Mängel bei der Ausgestaltung und der Kontrolle der Kurzarbeitsregelung sowie bei der Auszah­lung, die zu einer Überförderung von mindestens 500 Millionen Euro führ­ten. 500 Millionen Euro sind es aber nur, wenn man davon ausgeht, dass die Kurzarbeit in diesem Ausmaß notwendig gewesen wäre und ist. Wenn man berücksichtigt, dass wir in einer Situation des akuten Arbeitskräftemangels großzügige Kurzarbeitsförderungen auszahlen, obwohl viele Betriebe händeringend Arbeitskräfte suchen, dann sind wir bei einer Überförderung in Milliardenhöhe.

Trotz dieses Arbeitskräftemangels wird die Kurzarbeit aber dauerhaft verlängert. Der Arbeitsminister hat sich sogar eine Verordnungsermächtigung geben lassen, um 2023 ohne Parlamentsbeschluss Kurzarbeitshilfen in unbegrenzter Menge auszahlen zu können – und das unter dem Aspekt, dass Minister Kocher im Juli 2020, noch als Leiter des IHS, der Meinung war, dass Kurzarbeit


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nicht nur vorteilhaft ist und „womöglich zu hohe Anreize“ darstelle. Strukturprobleme würden zudeckt, das führe zu negativen Beschäftigungseffek­ten, hieß es auch vom IHS. Im Februar 2021 wusste er, schon als Minister, dass Kurzarbeit kein Dauerzustand sein kann. Jetzt, eineinhalb Jahre danach, wird die Kurzarbeit aber sogar bis 2023 verlängert.

Aber zurück zum Bericht: Der Rechnungshof hat bei der Coronakurzarbeit unter anderem Folgendes kritisiert: Die Beihilfenkriterien für Coronakurzarbeit waren und sind nicht konkret genug. Darum gibt es ja auch die Überförderung von 500 Millionen Euro. Ein brauchbares Prüfkonzept hat es offenbar nicht gegeben. Darum hat der Rechnungshof auch wenig überraschend ein Kontrollkonzept mit risikoorientierten Prüfkriterien gefordert.

Ein Schmankerl war auch folgender Kritikpunkt: Laut Rechnungshof waren bei der Konzeption der Kurzarbeit die Arbeitsmarkt- und Förderexperten von AMS und Arbeitsministerium nicht eingebunden. Das haben sich nämlich alles die rot-schwarzen Sozialpartner auf Kosten der Steuerzahler zurechtge­zimmert. Das ist unfassbar fahrlässig (Beifall bei den NEOS), denn den Sozialpart­nern, also der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer und der Gewerk­schaft, attestierte der Rechnungshof eine abweichende Interessenlage vom För­dergeber. Die Sozialpartnereinigung zur Kurzarbeit geht somit voll auf Kos­ten der Steuerzahler und der Unternehmen, die händeringend Arbeitskräfte su­chen. Damit wird auch die Kritik der NEOS an der Sozialpartnereinigung bestätigt, nämlich dass die Sozialpartner ihr eigenes Süppchen gekocht haben.

Das Gustostückerl der Sozialpartnereinigung aber war, dass die Arbeiterkammer die Kurzarbeiter trotz 20 Prozent weniger Nettolohn weiterhin mit dem vollen AK-Beitrag abkassieren durfte. Umgerechnet hat die Arbeiterkammer durch die Kurzarbeitsregelungen laut Anfragebeantwortung somit über 50 Millionen Euro an Mehreinnahmen. Das hat der Arbeiterkammer in der Pan­demie folglich Rekordgewinne von 55 Millionen Euro 2020 und 64 Millio-


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nen Euro 2021 eingebracht, obwohl die AK laut Gesetz keine Überschüsse er­zielen darf. Die Arbeiterkammer würde diese Rekordgewinne wohl als Übergewinne bezeichnen. Selbst kritisiert man sich aber halt so schlecht.

Insgesamt empfiehlt der Rechnungshof dem Arbeitsministerium und dem AMS bei den Fördervoraussetzungen und bei den Kontrollen eine klarere Abgren­zung von den Sozialpartnern. Angesichts dieser Kritik an der Kurzarbeit und des akuten Fachkräftemangels muss also endlich Schluss mit teuren Geldge­schenken der Bundesregierung sein, denn nirgends ist die Kurzarbeit so üppig ausgestaltet wie in Österreich. Probleme löst man nicht mit Geldgeschenken und mit milliardenschweren Kurzarbeitsverordnungsermächtigungen, sondern mit aktiver Arbeitsmarktpolitik, schnelleren Vermittlungen von Arbeitslosen und Strukturreformen. Die Wirtschaftskammer und der ÖGB sollen das tun, wofür sie zuständig sind, nämlich KV-Verhandlungen, aber die Ausarbeitung der Kurzarbeitsregelungen ist definitiv Aufgabe des Arbeitsministers, seiner Ministerialexperten und der AMS-Experten. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.58


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kauf­mann. – Bitte.


17.58.57

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofspräsidentin! Als Lehrlingssprecherin darf ich über die Prüfung des Rechnungshofes betreffend AMS Wien und AMS Ober­österreich und die überbetriebliche Lehrausbildung sprechen – danke an dieser Stelle auch an den Rechnungshof für diesen Bericht!

Für alle Zuseherinnen und Zuseher und auch für die Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus: Was ist eigentlich die überbetriebliche Lehraus­bildung? – Die überbetriebliche Lehrausbildung wurde dafür geschaffen, dass Jugendliche, die noch nicht den Weg in einen Betrieb gefunden haben,


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aber in der Ausbildungspflicht sind, eine Ausbildungsmaßnahme haben. Im Moment sind ungefähr 6 000 Jugendliche in überbetrieblichen Lehr­ausbildungen.

Dort gibt es zwei Schienen: die Schiene, über die die Lehrabschlussprüfungen direkt in der überbetrieblichen Lehrausbildung gemacht werden, und die andere Schiene, über die auch versucht wird, möglichst rasch direkt in die Betriebe hineinzukommen. Das macht gerade in Oberösterreich und in Wien durchaus Sinn. Dort gibt es mehr Jugendliche, die gerne eine Lehre machen würden, als es Lehrstellen gibt. Das ist der Gegentrend zu Restösterreich.

Österreichweit gibt es im Moment gerade 108 000 Lehrlinge in Betrieben, es gibt 16 000 offene Lehrstellen und nur 8 000 Lehrstellensuchende. Wie gesagt, Wien und Oberösterreich sind da die Ausnahme zum Österreichtrend.

Das wurde vom Rechnungshof genauestens überprüft, und man kann sagen, dass eine Lehrausbildung in der überbetrieblichen Ausbildung den Steu­erzahler, die Steuerzahlerin rund 18 000 Euro pro Jahr kostet. Im Vergleich dazu: Wenn ein junger Mensch die Lehre direkt im Betrieb macht, dann kostet das die Steuerzahlerin oder den Steuerzahler 6 000 Euro.

Angemerkt hat der Rechnungshof, und das kann ich aus der Praxis auch bestätigen, dass nicht immer die richtigen Jugendlichen in der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung sind und dass da durchaus auch eine Möglichkeit be­steht, noch etwas nachzuschärfen. Wir in den Betrieben würden uns sehr, sehr freuen, wenn viele, die aktuell bereits in der überbetrieblichen Lehrlings­ausbildung sind, den Weg in die Betriebe finden, denn dort werden sie nämlich direkt gebraucht. Wir haben viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die in einzelnen Bereichen natürlich auch gerne bereit sind, zu unterstützen und zu fördern, damit sozusagen auch die Ausbildung gut abgeschlossen werden kann.


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Der zweite Punkt, den der Rechnungshof unter anderem auch angemerkt hat, ist – und das ist, glaube ich, auch ein ganz, ganz wesentlicher –: Es gibt keine vergleichbaren Kriterien der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung über die Bundesländer hinweg. Das ist auch etwas, das man schaffen sollte, damit auch vergleichbar ist, wie erfolgreich die einzelnen Maßnahmen sind.

Ich denke, das sind wesentliche Maßnahmen, die sich das AMS auch mitnehmen kann, mitnehmen sollte, um einfach auch die Qualität der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung zu verbessern und letzten Endes die Jugendlichen auch di­rekt in die Betriebe, in die Ausbildung zu bringen, in die Fachkräfte von morgen wirklich zu investieren, damit wir alle – die Betriebe, aber natürlich auch die Jugendlichen selber – davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP.)

18.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael See­mayer. – Bitte.


18.02.32

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir gedacht, da jetzt Kollege Loacker nicht da ist, kommen die Sozialpartner und die Kammern ungeschoren davon. Dem ist nicht so, Kollegin Fiedler hat ihn gut vertre­ten. Wenn ich mir aber so manche Kritik anhöre und mir dann den Vergleich anschaue, die Konstruktionen, die von der Bundesregierung zur Pande­miebekämpfung geschaffen worden sind, dann bin ich ganz froh, dass die So­zialpartner die Kurzarbeit gemacht haben. Da hat es von Anfang an funk­tioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz: Die Kurzarbeit hat Tausenden Menschen in der Krise die Arbeits­plätze gerettet. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder Kurzar­beit in der herkömmlichen Form gehabt, um das zu erkennen, brauchen wir uns nur die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 anzuschauen. Für die Tragweite, die zu Beginn der Pandemiebekämpfung natürlich da war, hat man


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ein neues Modell gebraucht, eine schnellere und umfangreichere Kurzarbeit. Viele Betriebe haben im März 2020 nicht gewusst, wie es weiter­geht, und haben vorsorglich Tausende Menschen zur Kündigung beim AMS angemeldet. Dass das nicht passiert ist, ist den Sozialpartnern zu verdan­ken, die praktisch über Nacht ein neues Kurzarbeitsmodell auf die Beine gestellt haben und auch dafür gesorgt haben, dass die Kolleginnen und Kolle­gen – und zwar insgesamt 1,25 Millionen im ersten Jahr – die Kurzarbeit in Anspruch haben nehmen können.

Die Alternative wäre oftmals oder meistens die Arbeitslosigkeit gewesen. Das ist bei Weitem natürlich die schlechtere Alternative, weil genau Sie von den Regierungsfraktionen nicht bereit waren, die Situation in der Arbeitslosigkeit durch ein höheres Arbeitslosengeld zu entschärfen. Das hat natürlich den Menschen, die trotz Kurzarbeitsmodell arbeitslos geworden sind, nicht geholfen.

Der Bericht zeigt aber auch, dass es genau in der ersten Phase zu einer Überförderung gekommen ist. Es ist auch klar, dass, wenn man über Nacht ein neues Modell auf die Füße stellt, dieses nicht von Anfang an zu 100 Prozent problemlos funktionieren kann; das leuchtet natürlich jedem Menschen ein. Darauf wurde aber auch immer rasch reagiert. Man hat die Richtlinie mehrmals angepasst – zwölfmal innerhalb eines Jahres. Das ist vielleicht auch ein bisschen eine Herausforderung für so manche Betriebe gewesen.

Wo berechtigt Unmut entstanden ist, ist natürlich die Tatsache, dass es leider immer wieder Betriebe gibt, die die Kurzarbeit missbräuchlich verwen­den, aber auch da sind inzwischen effektive Möglichkeiten zur Kontrolle und zur Überprüfung geschaffen worden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kurzarbeit eine der treffsichersten Maßnahmen in der Pandemiebekämpfung war. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.



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18.05.29

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ja, ich habe den Abgeordneten von ÖVP und Grünen ganz genau zugehört. Da kam ja eigentlich nicht viel zu den Berichten, die heute debattiert werden, und man kann auch zusammenfassen, warum das so ist: Nimmt man den Bericht „Förderungen für den Fernwärme– und Fernkältelei­tungsbau“, dann muss man sagen, dass dieser ja für das Klimaministerium eigentlich desaströs ist, denn wenn man sich den genau anschaut, dann sieht man, es gibt vom Rechnungshof 23 Empfehlungen zur Umsetzung.

23 Empfehlungen sind eigentlich 23 Kritikpunkte, bei denen der Rechnungshof darauf hinweist, dass da vieles nicht funktioniert hat. Wenn man heute bei der kurzen Debatte Kollegen Litschauer mit seinen Taferln zugehört hat, dann muss man sagen, das war eine Lobeshymne auf das Klimaministerium, und da bin ich schon froh, dass es den Rechnungshof gibt, denn wenn der Rech­nungshof dann einmal prüft – und die Prüfung war von März bis Juni 2021 –, sieht man, wie es tatsächlich ist, und da ist vieles.

Der Rechnungshof schreibt – und das ist eigentlich bezeichnend und mehr braucht man da nicht mehr zu sagen –: „Trotz mehrfacher politischer Ankündigungen und der Zusage von Unterstützungsleistungen für den Hei­zungstausch lag bis Ende 2021 keine Wärmestrategie des Bundes vor. Damit fehlten für den Bereich der Fernwärme und Fernkälte konkrete Ziel- und Rahmenvorgaben sowie definierte Umsetzungsstufen und Meilensteine“.

Ich denke, meine Damen und Herren von Grün und Schwarz, da ist alles gesagt – Versagen, Versagen, auf allen Linien Versagen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Hörl: Ja, die SPÖ, oder!?) Wenn man dann noch sieht, dass Ende 2020 169 För­deranträge offen waren und die Abwicklung noch Jahre dauern wird, dann ist das eigentlich ein Armutszeugnis für dieses Klimaministerium. Ich bin schon lange in diesem Haus, ich bin schon lange im Rechnungshofausschuss, aber so einen Bericht mit so vielen Empfehlungen – der Bericht ist eigentlich


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nicht besonders dick (den Rechnungshofbericht „Förderungen für den Fern­wärme und Fernkälteleitungsbau“ in die Höhe haltend) –, mit 23 Empfehlungen und die Tatsache, dass man es nicht geschafft hat, bei 169 Förderanträgen – was immer man damit auch gemacht hat – die Förderungen zeitgerecht auszu­zahlen, habe ich überhaupt noch nie erlebt.

Kollege Gahr, bei aller Wertschätzung, du hast das sehr, sehr schön umrahmt: Es ist nicht alles, aber vieles gut gegangen. (Zwischenruf des Abg. Gahr.) Nein, da ist gar nichts gut gegangen. Wenn du den Bericht liest und – Hand aufs Herz (den Rechnungshofbericht erneut in die Höhe haltend und die rechte Hand auf die Brust legend) – ehrlich bist, musst du auch sagen, da liest man eigentlich nur ein politisches Versagen heraus. (Abg. Hanger: Du hast ihn ja gar nicht gelesen! Abg. Zarits: Hast du ihn gelesen?) Man kann dann eigentlich nur mehr sagen: Entschuldigung! Wir entschuldigen uns bei den Förderungswerbern für unsere schlechte Arbeit! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Präsidentin Margit Kraker gemel­det. – Bitte.


18.08.43

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Schluss dieser Sitzungswoche können wir jetzt noch über einige Rechnungshofberichte sprechen. Auf der Tagesordnung stehen der Bericht zur Kurzarbeit, der Bericht zur überbetriebli­chen Lehrausbildung und der Bericht über den Auswahlprozess von Aufsichtsräten in einzelnen Ministerien. Diese Berichte wurden im Rech­nungshofausschuss am 18. Oktober behandelt, und der Bericht zum Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau wird am 29. November auf der Tagesordnung der nächsten Rechnungshofausschusssitzung stehen.

Ich bedanke mich dafür, dass wir jetzt noch über die zentralen Empfehlungen einzelner Berichte sprechen, und ich möchte in aller Kürze auf zwei Be­richte eingehen. Auf die überbetriebliche Lehrausbildung möchte ich gar nicht


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eingehen, weil wir schon am Ende stehen, das ist natürlich eine zentrale Maßnahme im Rahmen der Ausbildungspflicht bis 18.

Was aber die Kurzarbeit betrifft: Warum haben wir sie geprüft? – Wir haben sie sehr zeitnah geprüft. Sie war eines der kostenintensivsten Instrumente und eine der kostenintensivsten Maßnahmen im Rahmen der Coronahilfspakete. Im Prüfzeitraum ging es um 7,85 Milliarden Euro, und bis Stand Septem­ber 2022 waren es 9,8 Milliarden Euro. Wir haben die Prüfung beim Arbeitsmi­nisterium und beim AMS gemacht, und was wir festgestellt haben, war: Sie wurde sehr rasch eingeführt, sie erreichte eine enorme Dimension: Zumin­dest in einem Monat des Jahres 2020 waren es 34 Prozent der unselbst­ständig Erwerbstätigen, die in Coronakurzarbeit waren. Das heißt, das war eine große Dimension, und das musste auch umgehend abgewickelt werden.

Die Rahmenbedingungen waren sehr großzügig gestaltet, und zwar insofern, als den Arbeitgebern die Kosten der Ausfallstunden zur Gänze abgegolten wur­den und den Arbeitnehmern oder Arbeitnehmerinnen vergleichsweise hohe Er­satzraten garantiert wurden, deutlich höhere als im Fall der Arbeitslosigkeit.

Was schon angesprochen wurde, war, dass die Förderexperten des AMS und Expert:innen des Arbeitsministeriums da nicht eingebunden waren. Die Förderrichtlinie wurde in der Folge zwölfmal adaptiert, und es gab in der An­fangsphase Überzahlungen und zu hohe Auszahlungen in einer Größen­ordnung von 500 Millionen Euro. Wir empfehlen, dass es trotz Zeitdruck zu einer entsprechenden Qualitätssicherung kommt, und die Rückzahlung wurde ja dann in der Folge gesetzlich ausgeschlossen.

Aus Kontrollsicht waren die eingeschränkten Prüfmaßstäbe problematisch. Was wir anerkennen, ist, dass es dem AMS dann ab Sommer 2020 gelungen ist, die Abwicklungsprozesse sukzessive zu professionalisieren. Was gefehlt hat, war ein umfassendes Kontrollkonzept zu einer gezielten Aufdeckung von un­rechtmäßigem Förderbezug.


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Positiv sehen wir, dass einige Empfehlungen des Rechnungshofes dann doch in neuen Richtlinien aufgenommen wurden. Das ist jene Empfehlung des Rechnungshofes, dass Unternehmen ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer individuell über das Ausmaß der mit dem AMS abgerechneten Ausfallstun­den informieren sollten – das halten wir für wesentlich, damit da ein Gegencheck erfolgt – und dass es auch ein mit dem BMF abgestimmtes Prüfkonzept für Prüfungen der Covid-19-Kurzarbeitsbeihilfe im Zuge der Lohnsteuerprüfungen gibt, und da ist die Grundlage das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz.

Kurz zusammengefasst: Der Nutzen der Covid-19-Kurzarbeit war, dass sie sich natürlich stabilisierend auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat. Das war aus Sicht des Wirtschaftsstandortes wichtig, um Arbeitskräfte, die eingearbeitet sind, dann wieder verfügbar zu haben. Was wir aber negativ sehen, ist das hohe Risiko von Mitnahmeeffekten durch das sehr attraktive Modell, weil eben kaum oder auch nicht von wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffene Unternehmen profitieren konnten.

Was die Fortführung der Kurzarbeit betrifft, so geht es uns angesichts der hohen Kosten um die Frage der Treffsicherheit. Wir haben jetzt viel mehr offene Stellen am Arbeitsmarkt, und die Arbeitslosenquote ist mittlerweile niedriger. Im Sinne der nachhaltigen Finanzierbarkeit sollten daher Unterstützungs­instrumente, die für die Anforderungen der Covid-19-Krisensituation sehr groß­zügig ausgebaut wurden, wieder zeitnah in einen Normalzustand rückge­führt werden, weil es ja um eine dauerhafte Finanzierbarkeit geht.

Zum zweiten Bericht möchte ich jetzt auch nur in aller Kürze Folgendes sagen: Da geht es um den Auswahlprozess von Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräten in Ministerien; da haben wir mehrere Ministerien geprüft. Zur Debatte stand jetzt das Wirtschaftsministerium, geprüft haben wir aber auch das Finanzministerium und das vormalige Verkehrs- und jetzige Klimaschutz­ministerium. Da gibt es einen mehrstufigen Auswahlprozess.

Wir glauben, dass es eine hohe Bedeutung hat, dass man da zu einer nachvollziehbaren und transparenten Auswahl von Aufsichtsrätinnen und


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Aufsichtsräten kommt. Wir haben in keinem der Ministerien einen nachvollziehbaren Prozess für ein objektives und transparentes Bestel­lungsverfahren feststellen können. Es geht auch um potenzielle Interessen­konflikte. Das wurde hier schon angedeutet. Das muss natürlich durch entsprechende Erklärungen, Mustervorlagen, die Abfrage von allfälligen Befangenheiten abgeklärt und abgefangen werden.

Wir empfehlen den drei Ministerien eine ausreichende Darlegung der Eig­nungsgründe als Grundlage für die Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung; der Verweis auf den Lebenslauf genügt nicht.

Was die Frauenquote betraf, so haben wir eine grundsätzlich positive Tendenz feststellen können. Wie gesagt, da ist die Tendenz steigend, aber natürlich empfehlen wir weiterhin, dass das verstärkt berücksichtigt wird.

Und: Die Transparenz ist ganz, ganz wichtig. Da geht es auch darum, dass man für die Übernahme einer Geschäftsleitungsfunktion allenfalls Cooling-off-Phasen einführen könnte, wenn die betreffende Person vormalig in einen Bestellpro­zess eingebunden gewesen wäre. So etwas gibt es auch im öffentlichen Dienstrecht. Da gibt es die Regelungen zur Folgebeschäftigung, da gibt es eine sechsmonatige Cooling-off-Phase für den Wechsel zu einem privaten Rechtsträger, das gibt es aber nicht für den Wechsel hin zu öffentlichen Unter­nehmen.

Weiters bestünde eine Möglichkeit auch im Auflegen eines öffentlichen Registers, und in einem solchen öffentlichen Register könnte auch die Erklärung des Nichtvorliegens von Interessenkonflikten oder von Befangenheiten eingetragen werden.

Das ist unsere Meinung. Das ist kurz zusammengefasst das Ergebnis des Be­richts. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.16


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Präsidentin.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Karl Schmidhofer zu Wort. – Bitte.



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18.16.42

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin des Nationalrates! Liebe Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und alle, die diese Sitzung noch mitverfolgen! Der Rechnungshof, es wurde schon zweimal – von Frau Fi­scher und auch von der Frau Präsidentin – erläutert, hat den Bericht be­treffend Auswahlprozess von Aufsichtsrät:innen vorgelegt und hat insbesondere das Wirtschafts-, das Finanz- und das Verkehrsministerium – das nunmehr das Klimaministerium ist – geprüft.

Es geht um insgesamt 20 Unternehmen und 166 Aufsichtsratsmitglieder, und die Frau Präsidentin hat gelobt – ich fange einmal mit dem an, was positiv ist –, dass es bei der Frauenquote wirklich Fortschritte gibt und sehr gut aussieht. Das freut mich ganz besonders. Und die 15 Empfehlungen, die ausgesprochen wurden – wie etwa: objektive, transparente, nachvollziehbare Prozesse zur Aus­wahl von Personen für Aufsichtsratsfunktionen samt Dokumentation der Entscheidungsgründe zu implementieren –, das sind die Punkte, die umzusetzen sind. Man darf in diesem Zusammenhang aber auch berichten, dass es im Wirtschaftsministerium bereits einen Leitfaden Beteiligungsmanagement gibt und nach diesem Leitfaden auch schon gearbeitet wird.

Weil wir beim Thema Rechnungshof sind: Liebe Frau Klubobfrau Rendi-Wagner! Erstens, 2016 wurde der Beschluss gefasst, dass die Präsidentin des Rech­nungshofes für zwölf Jahre bestellt wird – 2016 und sechs ist 2022, daher sind wir jetzt in der Mitte gewesen –, und es gibt keinen Anlass, davon abzu­weichen. „Der Standard“ hat am 30.6.2022 ja getitelt: „SPÖ will Absetzung und Neuwahl von Rechnungshof-Chefin Margit Kraker.“ – Also es geht nicht, dass Sie mittendrin mit solchen Sachen daherkommen! Sie ist gewählt bis 2028.

Zweiter Punkt: Die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates dauert 60 Mo­nate – das haben wir beschlossen –, fünf Jahre. Und da diese Bundesregierung gut arbeitet (lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ –


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Abg. Kassegger: Der war gut!) und beispielsweise für den Rechnungshof das Bud­get erhöht hat (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen) – es gibt 15 zusätzliche Mitarbeiter:innen, das Budget wurde um über 4 Millionen Euro erhöht –, womit die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass auch in Zukunft objektiv geprüft werden kann, sage ich Ihnen jetzt etwas: Wir sind für fünf Jahre gewählt. Wir stehen jetzt noch zwei Jahre da, das sind noch 24 Monate. Ich bitte, das zu akzeptieren (Abg. Krainer: Sie halten sich an der Macht fest!) und nicht immer mit dem Geplänkel zu kommen: Regie­rung abtreten!, Neuwahlen!, Regierung abtreten! – Lassen Sie den Rechnungshof arbeiten, lassen Sie die Regierung arbeiten! Das ist gut für Österreich. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Krainer: Wenn man sich an der Macht festhält, hat man keine Freude, zu arbeiten!)

18.19


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ruth Becher zu Wort. – Bitte.


18.20.12

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz zur überbe­trieblichen Lehrausbildung, zu diesem Bericht, der mir sehr am Herzen liegt, da es nämlich sehr konkrete und grundsätzliche Gründe dafür gibt: Die über­betriebliche Lehrausbildung ist ein ganz wichtiges Netz, das Jugendliche auf­fängt, die aus welchen Gründen auch immer keine Lehrstelle finden oder gefunden haben, mit der Lehrabschlussprüfung sind sie dann aber anderen Lehrlingen gleichgestellt, wenn sie diese Ausbildung machen. Für leis­tungsschwächere Jugendliche besteht auch die Möglichkeit einer verlängerten Lehrzeit.

Die Alternative wäre, dass, wenn junge Menschen an der Schwelle zum Berufsleben stehen und stolpern, da sehr viel schiefgehen kann. Sie erwerben dann oft nicht die notwendigen Qualifikationen, haben nicht die


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notwendige gesellschaftliche Anerkennung, und ohne den Erwerb eines geordneten Alltags ist es auch sehr problematisch, auf dem Markt zu bestehen.

Daher ist so eine Ausbildung ganz wichtig, und in der Praxis wären, wenn das nicht funktioniert, die Folgekosten natürlich enorm hoch, das brauche ich hier nicht extra anzuführen.

Ich konnte mich bei mehreren persönlichen Besuchen in so einer Lehrwerkstätte auch von der Qualität und davon, was dort in Wirklichkeit geleistet wird, überzeugen. Ich kann mich an ein sehr langes Gespräch mit einer jungen Frau erinnern, die die Ausbildung zur Automechanikerin gemacht hat – sie hat damals gerade an einem Auto, das komplett zerlegt war, gearbeitet –, und es waren Zeit und Ruhe da. Ich denke mir, diese Atmosphäre, die dort herrscht, ist in einem Betrieb oft gar nicht möglich.

Es ist eine sehr hochwertige Ausbildung, die den jungen Menschen dort ermöglicht wird. Da gelingt es auch oft viel besser, Frauen in technische Berufe einzuführen und ihnen diese Ausbildung zu ermöglichen.

Zum Rechnungshofbericht ist schon gesagt worden, dass die Kosten im Zeit­raum 2016 bis 2019 in etwa 18 000 Euro pro Lehrling und pro Jahr wa­ren. Der Erfolg bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt liegt nach Abschluss in etwa bei 50 Prozent, und das ist eine sehr schöne Größenordnung.

Die Empfehlungen sehen vor, dass die Programme künftig bessere Daten liefern, um bessere Vergleiche auch bei den Benchmarks erstellen zu können. Außer­dem sieht der Rechnungshof die Notwendigkeit, die betriebsnäheren Aus­bildungsvarianten ÜBA 2 zu stärken.

Ich habe im letzten Rechnungshofausschuss den Eindruck gewonnen, dass an diesen Teilverbesserungen gearbeitet wird, und es bleibt zu hoffen, dass diese wertvolle Ausbildungsschiene als Erfolgskonzept auch weiterhin zur Qualifikation von jungen Menschen bestehen bleibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Fischer.)

18.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung, 185. Sitzung des Nationalrats vom 18. November 2022 / Seite 323

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Philip Kucher zu Wort. – Bitte.


18.23.52

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte nach den harten Budgetberatungen jetzt am Ende sehr sachlich auf den Rech­nungshofbericht zu sprechen kommen, aber ich kann diese populistische Rede von Kollegen Schmidhofer nicht so stehen lassen (Zwischenrufe bei der ÖVP), der da in einem Rundumschlag alle anderen Parteien kritisiert hat und uns einen Ratschlag mit auf den Weg gegeben und uns ausgerichtet hat: Las­sen Sie doch den Rechnungshof arbeiten!

Herr Kollege Schmidhofer, die Arbeit des Teams der Frau Präsidentin ist aus­gezeichnet. Das Schlimme ist ja nur, dass die ÖVP nicht zuhört und die Maßnahmen, die empfohlen werden, nicht umsetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir diskutieren über die Bestellung von Aufsichtsräten, und man hat sich ganz genau angeschaut, wie Aufsichtsräte in Österreich im Sinne der Republik bestellt werden sollen. – Da ist genau etwas ganz anderes drinnen gestanden, als wir heute in den Zeitungen lesen müssen.

Denn dass – wie wir in den ÖVP-Chats gelesen haben – das Hauptkriterium für Aufsichtsräte ist, dass die Großspender von Sebastian Kurz zum Zug kom­men, ist nicht im Rechnungshofbericht gestanden, oder dass man da frauenver­achtend schreibt, dass man steuerbare Weiber sucht, und mit dieser Aus­drucksweise in Österreich arbeitet – das das einzige Kriterium aus Sicht der ÖVP ist –, steht auch nicht im Rechnungshofbericht. (Zwischenruf der Abg. Zopf.)

Vielleicht wäre es auch bei der Cofag richtiger gewesen – wo man Milliarden verbrannt hat, Millionen an Boni für Geschäftsführer und Honorare hi­nausgehaut hat, wo mit man mit dem Geld nur so um sich geworfen hat –, bei der Bestellung der Aufsichtsräte schon darauf zu schauen, ob es nicht sinn­voller ist, Leute zu suchen, die sich im Bereich der Förderabwicklung auskennen,


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und nicht Leute, die im Bankenwesen aufgestellt sind. (Ruf bei der ÖVP: Popu­lismus kann man von Ihnen lernen!)

Es gibt also jede Menge Ratschläge und Vorschläge, die die Frau Präsidentin erarbeitet hat. Ich bitte also wirklich darum, dass die ÖVP sich das anhört.

Nur weil es so aktuell ist, weil wir gerade bei den Ratschlägen sind – es ist mir ein Anliegen, dass die ÖVP auch wieder auf die Füße kommt, das ist ja wichtig, auch im Sinne der Parteienvielfalt in Österreich (Rufe bei der ÖVP: Du sollst nicht lügen! Scheinheiligkeit!) –, weil ja heute der Ethikrat der ÖVP auch rund um die Causa Thomas Schmid getagt hat: Was mich schon irritiert, ist, dass man anscheinend in der ÖVP alles darf. Man darf mit Steuergeld um sich werfen, man darf die Kirche beschimpfen, man darf Herrn Mitterlehner auf schmutzige Art und Weise abmontieren (Zwischenruf des Abg. Schmucken­schlager), man darf Bundesländer aufhetzen – alles das darf man in der ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was man aber nicht darf, ist, bei der Staatsanwaltschaft die Wahrheit zu sagen und auszupacken, was die ÖVP angestellt hat, denn diese Leute fliegen dann hochkant hinaus, aber den anderen Leuten macht man die Mauer. Das ist in keiner Art und Weise Ethik. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das, damit wir daraus lernen, damit die Fehler sich bei der ÖVP nicht wiederholen. Das ist, glaube ich, am Ende so einer Budgetdebatte wichtig.

Frau Präsidentin, ich glaube, bevor wir jetzt alle ins Wochenende gehen (Abg. Hanger: Die Budgetdebatte war gestern zu Ende!), ist da noch ein wichtiges Thema, das wir aufgreifen sollten. – Herr Kollege Hanger, gerade für Sie wäre die Antwort auf diese Frage jetzt ganz, ganz wichtig, Sie wischen das nämlich immer so weg und vertuschen es. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Frau Präsidentin, wir haben ganz intensiv über eine Frage diskutiert: Wie würden Sie das beurteilen, wenn man sich für das Parlament um 3 000 Euro monat­lich ein goldenes Klavier beschafft? Ist das sparsam, ist das wirtschaftlich und ist


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das zweckmäßig? (Beifall bei der SPÖ.) – Kollege Hanger sagt Ja. Wir haben da unterschiedliche Standpunkte. Die ÖVP hat uns erzählt: Ja was wäre besser gewesen? Wir hätten ja auch zwei Picassos bestellen können – das haben wir nicht gemacht! – Also sie sagt: Wir verschwenden eh nicht so viel.

Frau Präsidentin, wenn Sie das noch aufklären könnten: 3 000 Euro monatlich für ein goldenes Klavier – ist das sparsam, ist das wirtschaftlich und ist das zweckmäßig? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Christian Stocker zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.27.25

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin des Nationalrates! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und alle Damen und Her­ren, die diese Sitzung noch verfolgen! Ja, Herr Kollege Kucher, eines muss man schon sagen: Mut kann man sich offensichtlich wirklich nicht kaufen.

Dass Sie sich als Vertreter der SPÖ hierherstellen und über Auswahlverfahren von Aufsichtsräten reden und sich dann darüber mokieren, wie das gelaufen ist (Zwischenruf des Abg. Kucher), ist schon eine Besonderheit.

Im Übrigen, weil Sie die Chats angesprochen haben: Vielleicht können Sie mit Ihrem Freund Katzian reden, was er an Thomas Schmid gechattet hat. Und jetzt „deine Bestellung“, oder so war das. Also wenn wir schon über Chats reden, lesen Sie die eigenen! Vielleicht kriegen wir auch noch die vielen Chats, die Tho­mas Schmid mit Vertretern Ihrer Partei in Richtung Postenbesetzung geführt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scherak: Das machen wir zum Glück besser!)

Es ist mir auch kein einziges Auswahlverfahren, keine Transparenzbestimmung, auch keine Aufweichung von Kriterien bekannt, die diese oder die Vorgän­gerregierung vorgenommen hätte. Alles, was jetzt ist, haben Sie immer genau so


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gemacht, als Sie in der Regierung waren (Abg. Scherak: Das stimmt!), ganz genau so, und jetzt regen Sie sich darüber auf.

Ich sage Ihnen etwas: Man muss natürlich schon ein wenig zurückgreifen, wenn man Ihren Einfluss auf Bundesebene beleuchten will, weil das Gott sei Dank schon einige Zeit her ist. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn man aber darauf zurück­greift, dann können Sie sich eine Studie von Laurenz Ennser-Jedenastik anschauen, der sich die Parteibindung von Spitzenfunktionären in Staatsunter­nehmen in den Jahren 1995 bis 2010 angesehen hat.

Jetzt schauen Sie einmal, was er festgestellt hat! (Zwischenruf der Abg. Krisper.) 281 Funktionsträger in dieser Zeit weisen eine Parteibindung zur SPÖ auf. Ja wo kommen denn die alle her, wenn es so transparent ist, wenn die Kriterien so wichtig sind? Ja wie erklären Sie denn das jetzt, was Sie da in diesen Jahren gemacht haben? – Da haben Sie – überwiegend – den Bundeskanzler ge­stellt. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Da waren Sie in der Bundesregierung. Sie sitzen im Glashaus und sollten einen Stein gar nicht angreifen, Herr Kolle­ge Kucher. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie jetzt sagen: Es ist schon lange her und jetzt passiert es ja nimmer!, dann sage ich Ihnen: Fangen wir im ganz Kleinen an (Ruf: In Wien!), bei der Gemeinde Purkersdorf! Die SPÖ bestellt eine ÖBB-Managerin in den Auf­sichtsrat der Wirtschaftsbetriebe dieser Gemeinde. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Scherak: Ihr wisst eh, dass ihr in Purkersdorf in Koalition mit denen seid?) – Ja, aber das ist das Vorschlagsrecht der SPÖ. (Abg. Scherak: Na ich sag’s nur! –Ruf bei den NEOS: Das haben wir vergessen! – Heiterkeit bei den NEOS.)

Schauen wir nach Graz: Dort regieren Sie ja jetzt mit den Kommunisten, und das sehr erfolgreich, wie ich gelesen habe. Das Budget ist am Ende. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich weiß eh, Sie glauben, dass rote Zahlen in der Wirtschaft gut sind. (Abg. Greiner: 19 Jahre ÖVP-Bürgermeister in Graz!) Ich sage Ihnen: Rote Zahlen in der Wirtschaft sind so


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schlecht wie roter Einfluss in der Politik – so ist das! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Greiner: 19 Jahre! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Graz haben Sie sich in den Koalitionsverhandlungen, hat man gelesen, ausbedungen, dass Sie den Vorsitz der Holding Graz besetzen dürfen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Kollross: ... ÖVP ist alles Pleite! – Ruf bei der ÖVP: Alles verteilen sie! Alles!) Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel (Ruf: ...Vorsitz des Aufsichtsrates!): Wien Energie. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kollross.– Ja, das hören Sie nicht gerne, das glaube ich Ihnen. Das ist jenes Unternehmen, das die Versorgungssicherheit von zwei Millionen Kunden aufs Spiel gesetzt hat, weil dessen Börsengeschäfte nicht mehr absicherbar waren.

Wissen Sie, wer im Aufsichtsrat der Wien Energie sitzt? – Kein einziger Finanzexperte! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Da sitzen die Geschäftsführer der Hafengesellschaft drinnen (Abg. Kucher: Die Frau Sachslehner hat sich zumindest eingelesen in das, was sie gesagt hat! Das ist der Unterschied! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), es sitzt der Geschäftsführer der Kläranlagen drinnen und, damit es noch besser wird, ein paar Magistratsbedienstete. Die wachen darüber, was an der Börse passiert.

Sie brauchen uns zum Thema Postenbesetzungen gar nichts zu erzählen! Neh­men Sie den Rechnungshofbericht und schauen Sie in einen großen Spiegel, dann werden Sie sehen, wer gemeint ist! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Scherak: Ich glaube, es ist Zeit für eine große Koalition! Dann macht ihr es so wie früher! – Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS. – Ruf: ... haben sie ja abgeschoben in den Nationalrat!)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP.)


18.32.10

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben jetzt gesehen, wie die ÖVP versucht, Schmid zu


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einem Roten zu machen. Das ist natürlich total interessant, weil Thomas Schmid ja eine der Kernfiguren der ÖVP-Korruption ist. Das ist der, der über viele, viele Jahre und über viele ÖVP-Finanzminister hinweg Strippenzieher der Korruption war. (Ruf: ... hat als Bundeskanzler zurücktreten müssen!)

Herr Wöginger schaut schon betreten zu Boden, weil Schmids Chats ja auch für ihn ein Problem sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Heerscharen von ÖVP-Mi­nistern und Kabinettsmitarbeitern leiden darunter, und die ÖVP tut jetzt so, als ob das ein Roter gewesen wäre. Ich meine, lächerlicher geht es nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper. – Ruf bei der ÖVP: ... Wo warst denn du? Ihr habt ja selber ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn jemand behauptet, die SPÖ sei so wie die ÖVP, dann kann man nur sagen: Nein, so sind wir sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ. –Abg. Gerstl: Ihr seid viel ärger! Viel ärger! Noch viel ärger! – Abg. Scherak: Aber bald! – Ruf bei der ÖVP: Na Gott sei Dank! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Wir setzen nicht den Machtapparat des Staates ein, um Kritiker einzuschüchtern. (Heiterkeit bei ÖVP und NEOS. – Abg. Stocker: Der war gut! – Rufe bei der ÖVP: Nein! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Das tun wir nicht. (Abg. Wöginger: Der war echt gut! – Abg. Gödl: Sie haben die Lucona versenkt!) Wir sehen, wie Kurz das getan hat. Als er von der Kirche kritisiert wur­de, was hat er getan? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)


Präsidentin Doris Bures: Wir haben eine sehr arbeitsintensive Woche hinter uns, und ich habe viel Verständnis, aber ich würde jetzt trotzdem bitten, dass man den Redner noch zu Wort kommen lässt (Zwischenruf des Abg. Hanger), und dann, denke ich, werden wir abstimmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Weidinger.)

Herr Abgeordneter, bitte.


Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Was hat Kurz getan, als die katho­lische Kirche die Asylpolitik der Regierung Kurz kritisiert hat? – Kurz hat


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seine Schergen aus dem Finanzministerium losgeschickt, um sie einzuschüchtern. (Zwischenrufe der Abgeordneten Gerstl und Schmuckenschlager.) Einer der beiden ist jetzt noch immer Budgetsektionschef – also so viel zum Aufräumen der ÖVP. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Hanger: Red einmal mit dem ..., was ... war!)

Was hat Innenminister Löschnak gemacht, als er von Caritas-Präsidenten Schüller kritisiert wurde? Er hat sich mit ihm in der Öffentlichkeit zu­sammengesetzt und eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Das ist der Unter­schied zwischen SPÖ und ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Und nein, wir haben keine Steuergelder verwendet, um parteiintern irgend­jemanden wegzuputschen, wie das Kurz mit Mitterlehner gemacht hat. Nein, das haben wir nicht getan! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Wöginger: Gusenbauer, Faymann – wie war denn das? – Abg. Gödl: Am Rathausplatz ...! Vergeigt habt ihr es!) – Der Unter­schied ist: Sie stecken bis da her (mit der flachen Hand eine Linie über dem Kopf zie­hend) im Korruptionssumpf und sind noch nicht draufgekommen, dass es nicht funktioniert, sich selber an den Haaren aus diesem Sumpf rauszuziehen! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Sie müssen endlich einmal das machen, was notwendig ist, nämlich in sich gehen, beichten, Buße tun und um Vergebung bitten, endlich alles zugeben und vor allem Ihr Verhalten ändern, anstatt sich wie Herr Wöginger herzusetzen und zu sagen: Ich wollte nicht Einfluss nehmen! – Er wollte gar nicht Einfluss neh­men, dass sein ÖVP-Parteifreund, der Bürgermeister aus dem Nachbarwahlkreis, Finanzamtsvorstand wird, er wollte nicht Einfluss nehmen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Gödl und Hofinger.) Wieso haben Sie das dann weitergeschickt? Weil Sie nicht Einfluss nehmen wollten? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wer soll Ihnen das denn glauben? Sie haben es weitergeschickt, weil Sie ihm helfen wollten, und Sie haben gewusst, Herr Schmid ist der, der hilft. Er


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hat geholfen, und ein Gericht hat festgestellt, dass das rechtswidrig war, dass das nicht hätte passieren dürfen. Dieser ÖVP-Bürgermeister, Ihr Partei­freund, hätte niemals Finanzamtsvorstand werden dürfen, das war gegen das Gesetz! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt geht es nur um die Frage: Wer ist schuld daran?, und Sie stehen halt als Beschuldigter da. Das werden Gerichte klären. Aber zu behaupten, dass irgendjemand hier so ist wie die ÖVP, geht an der Realität meilenweit vorbei – meilenweit! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer zu Wort. – Bitte.


18.36.37

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin des Nationalrates! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Vorweg möchte ich mich, und das ist mir ein besonderes Anliegen, bei den Kollegen Stocker und Krainer für die wirklich exzellente Analyse und Auf­arbeitung des Rechnungshofberichtes bedanken. (Heiterkeit bei Abgeord­neten von FPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es war für uns natürlich auch ein interessantes Schauspiel, als gerade darüber gestritten wurde, wer mehr, besser und effizienter Posten schachert – die Roten oder die Schwarzen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ihr wart auch dabei! – Abg. Kollross: Ihr wart patscherter dabei! Ihr habt euch dabei fil­men lassen! – Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das ist ja über Jahrzehnte gelebte Praxis gewesen.

Darum muss man aufpassen: Es wäre auch nicht gut, wenn wir eine Rückkehr zu einer schwarz-roten oder rot-schwarzen – das ist das wahrscheinlichere Szenario – Koalition hätten, denn dann passiert das nicht im Streit auf offener Bühne. Dann passiert das wieder so, wie das jahrzehntelang in Österreich passiert ist, nämlich unter der Decke, hinten, im stillen Kämmerlein. Es war jetzt aber wirklich erfrischend, da ein bisschen zuzusehen.


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Meine Redebeiträge am Schluss einer hitzigen Debatte dienen ja immer dazu, die Emotionen ein bisschen rauszunehmen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf: Seien wir froh! – Ruf bei der ÖVP: Da müsst ihr selber lachen!) In diesem Sinne wünsche ich euch allen nach einer langen, langen Sitzungswoche einen schönen Abend, eine gute Heimfahrt und ein schönes Wochenende! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Ruf: Das war kurz!)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Noch sind wir nicht so weit. Zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer. – Bitte.


18.38.05

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen! Wir kennen das – täglich grüßt das Murmeltier –: Am Ende der Plenardebatte haben wir diese testoste­rongeladene Bierzeltatmosphäre hier herinnen. Ich störe sie jetzt sehr gerne. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf: ... lauter Cis­männer! Leider sind wir nicht auf der Uni, weil dort könnten Sie alle Cismän­ner sofort auffordern, den Raum zu verlassen!)

Wir haben die Präsidentin des Rechnungshofes zu Gast. Wir haben gerade die Rechnungshofberichte besprochen. Was ist die Aufgabe des Rechnungs­hofes? – Die öffentliche Verwaltung zu kontrollieren, die politische Ar­beit zu kontrollieren, die Ausgaben des Staates zu kontrollieren. (Abg. Greiner: Genau!)

Wenn hier Freiheitliche Partei, ÖVP und SPÖ in ihr übliches Hickhack verfallen und sich gegenseitig die Vergangenheit vorwerfen (Ruf: Geh bitte!), bin ich ganz sicher, dass das nicht dazu beiträgt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik weiter zu stärken. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Laimer. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Selbstverständlich ist es wahr, dass man sich in dieser Republik, auch in der Bundeshauptstadt, die Dinge immer wieder gerichtet hat. (Ruf: Wer war beteiligt?)


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Was hilft? – Wir sind in einer Situation, in der wir das Vertrauen der Men­schen in die Politik zurückgewinnen müssen. (Abg. Rendi-Wagner: Was genau heißt das? Ein Beispiel!) Wie tun wir das? – Indem wir die Antikorruptionsgesetze verschärfen, indem wir die Informationsfreiheit einführen. Das sind zwei noch offene Punkte der langen Agenda, die wir haben.

Das wollen wir, und dazu werden wir Grüne beitragen, genauso wie wir im Untersuchungsausschuss zur notwendigen Aufklärung der Dinge, die noch offen sind, beitragen. (Abg. Schnedlitz: Nach diesem Theater ... ist das wirklich absurd! Noch nie hat jemand so schamlos in den Steuertopf gegriffen wie die Grünen!) Wir tragen aber nicht zu dieser Art der politischen Auseinandersetzung bei. Frau Präsidentin, es tut mir leid, dass das jetzt so gelaufen ist hier. Ich glaube, wir sollten tatsächlich an der realen Lösung der Probleme arbeiten und nicht an diesem politischen Hickhack. – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

18.40


18.40.10

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich zu den Abstimmungen kommen können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Rechnungs­hofausschusses, den Bericht betreffend Covid-19 Kurzarbeit, III-5777 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig so zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Überbetriebliche Lehrausbildung


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mit Schwerpunkt Oberösterreich und Wien, III-291 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Rechnungshofausschus­ses, den Bericht betreffend Aufsichtsräte: Auswahlprozess in Ministerien,
III-608 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so zur Kenntnis genommen.

18.41.38Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2967/A(E) bis 3024/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mittei­lungen und Zuweisungen betreffend wird, berufe ich für 18.42 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.42.02Schluss der Sitzung: 18.42 Uhr

 

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