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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

197. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 1. Februar 2023

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

197. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                        Mittwoch, 1. Februar 2023

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 1. Februar 2023: 9.05 – 19.28 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“

2. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „NEIN zur Impfpflicht“

3. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Impfpflichtabstimmung: NEIN respektieren!“

4. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „KEINE IMPFPFLICHT“

5. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Rechtsstaat & Antikorrup­tionsvolksbegehren“

6. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Bedingungsloses Grundein­kommen umsetzen!“

7. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“

8. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „GIS Gebühr abschaffen“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 2

9. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „COVID-Maßnahmen abschaffen“

10. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Wiedergutmachung der COVID-19-Massnahmen“

11. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Kinderrechte-Volksbegehren“

12. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „RECHT AUF WOHNEN“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 3087/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechts­bereichen (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG) erlassen wird und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korrup­tions­bekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertrags­bedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertrags­lehrpersonen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehr­personengesetz und das Rec htspraktikantengesetz geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 3048/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 3

16. Punkt: Bericht über den Antrag 3049/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt

17. Punkt: Bericht über den Antrag 3069/A der Abgeordneten Sabine Schatz, August Wöginger, Mag. Christian Ragger, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 2624/A(E) der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Heimopferrente

18. Punkt: Bericht über den Antrag 3072/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2022 und 2023 für die Erhöhung des Entgelts in der Pflege (Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG) geändert wird

19. Punkt: Bericht betreffend Förderungen für den Fernwärme- und Fern­kälteleitungsbau – Reihe BUND 2022/30

20. Punkt: Bericht betreffend Energiewirtschaftliche Maßnahmen gegen Energiearmut – Reihe BUND 2020/23

21. Punkt: Bericht betreffend Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency – Reihe BUND 2021/40

22. Punkt: Bericht betreffend Windpark Pretul GmbH – Reihe BUND 2020/27

23. Punkt: Bericht betreffend Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 4

24. Punkt: Bericht betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategie, Planung, Finanzierung; Follow-up-Überprüfung und COVID-19-Auswir­kungen – Reihe BUND 2021/33

25. Punkt: Bericht betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnell­straße – Reihe BUND 2019/27

26. Punkt: Bericht betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnell­straße; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/6

27. Punkt: Bericht betreffend AustriaTech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH – Reihe BUND 2019/42

28. Punkt: Bericht betreffend Verkehrsauskunft Österreich VAO GmbH – Reihe BUND 2020/25

29. Punkt: Bericht betreffend Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel – Reihe BUND 2020/29

30. Punkt: Bericht betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/45

31. Punkt: Bericht betreffend Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr AG; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/6

32. Punkt: Bericht betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur der ÖBB – Reihe BUND 2021/38

33. Punkt: Bericht betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten – Reihe BUND 2021/20

34. Punkt: Bericht betreffend Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten – Reihe BUND 2022/19

35. Punkt: Bericht betreffend Bundesschullandheim Radstadt – Reihe BUND 2019/21


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 5

36. Punkt: Bericht betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark – Reihe BUND 2021/37

37. Punkt: Bericht betreffend Nebenbeschäftigungen der Universitäts­professorinnen und ‑professoren; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/16

38. Punkt: Bericht betreffend WasserCluster Lunz – Biologische Station GmbH des Bundes – Reihe BUND 2022/9

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     33

Ordnungsrufe .........................................................................................  129, 364

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried aufgrund von Problemen mit der Tonanlage ...............................................................................     39

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................     39

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................     78

Antrag des Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhän­giger Bundesstaatsanwalt“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen – Ablehnung ...................................................  79, 390


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 6

Antrag des Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, dem Verfassungs­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 453/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) erlassen wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen – Ablehnung ............................  79, 390

Antrag des Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 66/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesetzeslücke in den Korruptionstat­beständen des Strafgesetzbuches“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen – Ablehnung ....................................................  79, 390

Ersuchen der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek um Erteilung eines Ordnungsrufes ........................................................................................................  279

Fragestunde (19.)

Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport .....................................................     34

Christoph Zarits (238/M); Lukas Hammer, Kira Grünberg

Gabriele Heinisch-Hosek (242/M); Dr. Susanne Fürst

Thomas Spalt (236/M)

Mag. Eva Blimlinger (245/M); Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Gerald Loacker

Mag. Julia Seidl (247/M); Dr. Harald Troch

Maximilian Köllner, MA (243/M); Ing. Klaus Lindinger, BSc

Petra Steger (237/M); Alois Schroll, Lukas Brandweiner


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 7

Mag. Agnes Sirkka Prammer (246/M); Mag. Julia Seidl

Mag. Yannick Shetty (248/M)

Mag. Michael Hammer (240/M); Christian Lausch

Mag. Selma Yildirim (244/M); Mag. Sibylle Hamann

Maria Großbauer (241/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     33

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................  77, 174, 185, 201, 208, 221, 231

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1631 d.B.) „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ (1753 d.B.) .............................     80

Redner:innen:

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................     80

Dietmar Keck ............................................................................................  82, 103

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................     87

Ing. Josef Hechenberger ..........................................................................................     89

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................     93

Clemens Stammler ...................................................................................................     95

Alois Kainz ................................................................................................................     96

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................     98

Carina Reiter ............................................................................................................  100

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens ,Stoppt Lebendtier-Transportqual‘“ – Ablehnung ...............................  85, 126


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 8

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1753 d.B. ..........................................  125

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1627 d.B.) „NEIN zur Impfpflicht“ (1882 d.B.) ...................................................  104

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1629 d.B.) „Impfpflichtabstimmung: NEIN respektieren!“ (1883 d.B.) ...........  105

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1660 d.B.) „KEINE IMPFPFLICHT“ (1884 d.B.) .................................................  105

Redner:innen:

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  105

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  107

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  109

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................  111

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  113

Rudolf Silvan ............................................................................................................  114

Peter Wurm ..............................................................................................................  115

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  118

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  122

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG abgeschafft wird“ – Ablehnung .  121, 126

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1882, 1883 und 1884 d.B. .......  126

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über das Volksbegehren (1626 d.B.) „Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren“ (1910 d.B.) ........  127

Redner:innen:

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  127


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 9

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  129

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................  131

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................  134

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  138

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  141

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  144

Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................  146

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  149

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  151

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1910 d.B. ..........................................  153

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über das Volksbegehren (1628 d.B.) „Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen!“ (1775 d.B.) ...............................................................................................................  153

Redner:innen:

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................  153

Josef Muchitsch .......................................................................................................  155

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  157

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  158

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  160

Bettina Zopf .............................................................................................................  160

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigung) ........................................................  162

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1775 d.B. ..........................................  163

7. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“ (1794 d.B.) ........................................................................  163

Redner:innen:

Peter Haubner ..........................................................................................................  163

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  165

Peter Wurm ..............................................................................................................  167


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 10

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  169

Michael Bernhard ....................................................................................................  171

Christian Ries ...........................................................................................................  172

Zuweisung des Volksbegehrens an den Finanzausschuss ................................  174

8. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „GIS Gebühr abschaffen“ (1795 d.B.) ...............................................................................................................  174

Redner:innen:

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................  175

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  177

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................  178

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  181

Henrike Brandstötter ...............................................................................................  182

Sabine Schatz ...........................................................................................................  184

Zuweisung des Volksbegehrens an den Verfassungsausschuss ......................  185

9. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „COVID-Maßnahmen abschaffen“ (1799 d.B.) ...............................................................................................................  185

Redner:innen:

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................  186

Philip Kucher ............................................................................................................  189

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  191

Philip Kucher (tatsächliche Berichtigung) ............................................................  194

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  195

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  197

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................  199

Zuweisung des Volksbegehrens an den Gesundheitsausschuss ......................  201

10. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Wiedergutmachung der COVID-19-Massnahmen“ (1798 d.B.) ...............................................................................  201


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 11

Redner:innen:

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................  201

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  204

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  206

Zuweisung des Volksbegehrens an den Gesundheitsausschuss ......................  208

11. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „Kinderrechte-Volksbegehren“ (1796 d.B.) ...............................................................................................................  208

Redner:innen:

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  208

Christian Oxonitsch .................................................................................................  212

Dr. Susanne Fürst .....................................................................................................  214

Barbara Neßler ........................................................................................................  215

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  217

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  219

Zuweisung des Volksbegehrens an den Ausschuss für Familie und Jugend .......  221

12. Punkt: Erste Lesung: Volksbegehren „RECHT AUF WOHNEN“ (1797 d.B.) ...............................................................................................................  221

Redner:innen:

Johann Singer ...........................................................................................................  221

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  223

Mag. Philipp Schrangl ..............................................................................................  224

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  225

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  227

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................  228

Maximilian Köllner, MA ...........................................................................................  230

Zuweisung des Volksbegehrens an den Ausschuss für Bauten und Wohnen .......    23


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 12

1

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3087/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen (HinweisgeberIn­nen­schutzgesetz – HSchG) erlassen wird und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden (1921 d.B.) ..................................  231

Redner:innen:

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  232

Peter Haubner ..........................................................................................................  234

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  237

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  238

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  240

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................  243

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  246

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung des Hinweisgeberschutzgesetzes“ – Ablehnung ......................................  242, 306

Annahme des Gesetzentwurfes in 1921 d.B. .....................................................  306

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 13

Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1922 d.B.) ................................................................................  247

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3048/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (1923 d.B.) .................................................  248

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3049/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (1924 d.B.) ...............................................................................................................  248

Redner:innen:

Josef Muchitsch .......................................................................................................  248

Bettina Zopf .............................................................................................................  256

Erwin Angerer ..........................................................................................................  258

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  259

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  261

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  267

Mag. Michael Hammer ............................................................................................  270

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  272

Mag. Sibylle Hamann ...............................................................................................  273

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  275

August Wöginger .....................................................................................................  276

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigung) ........................................................  279

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der geblockten Altersteilzeit“ – Ablehnung ..............................................................................................  264, 307


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 14

Annahme des Gesetzentwurfes in 1922 d.B. .....................................................  306

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1923 und 1924 d.B. .............  308

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3069/A der Abgeordneten Sabine Schatz, August Wöginger, Mag. Christian Ragger, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 2624/A(E) der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Heimopferrente (1925 d.B.) ................  280

Redner:innen:

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ..........................................................................  280

Sabine Schatz ...........................................................................................................  283

Heike Grebien ...........................................................................................................  285

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................  286

Annahme des Gesetzentwurfes in 1925 d.B. .....................................................  308

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3072/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2022 und 2023 für die Erhöhung des Entgelts in der Pflege (Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG) geändert wird (1926 d.B.) ...............................  287

Redner:innen:

Josef Muchitsch .......................................................................................................  288

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  290

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  292

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  293

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  300


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 15

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................  302

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeprämie muss auch in Kärnten und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“ – Ablehnung ......  296, 309

Annahme des Gesetzentwurfes in 1926 d.B. .....................................................  309

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau – Reihe BUND 2022/30 (III-776/1802 d.B.) ................  309

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Energiewirtschaftliche Maßnahmen gegen Energiearmut – Reihe BUND 2020/23 (III-157/1803 d.B.) .............................  309

21. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency – Reihe BUND 2021/40 (III-479/1804 d.B.) ...........................  309

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Windpark Pretul GmbH – Reihe BUND 2020/27 (III-166/1810 d.B.) .................................................................................  310

Redner:innen:

Andreas Kühberger ..................................................................................................  310

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  312

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  314

Lukas Hammer .........................................................................................................  315

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................  317

Franz Hörl .................................................................................................................  319

Philip Kucher ............................................................................................................  322

Christian Lausch ......................................................................................................  324


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 16

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  326

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................  328

Kenntnisnahme der vier Berichte III-776, III-157, III-479 und III-166 d.B. ....  386

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verringerung der Lebensmittel­ver­schwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19 (III-319/1801 d.B.) ....................................................................  332

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategie, Planung, Finanzierung; Follow-up-Überprüfung und COVID-19-Auswir­kungen – Reihe BUND 2021/33 (III-430/1805 d.B.) ........................................  333

25. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße – Reihe BUND 2019/27 (III-42/1806 d.B.) ................................  333

26. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnell­straße; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/6 (III-569/1807 d.B.) .....  333

27. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend AustriaTech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH – Reihe BUND 2019/42 (III-57/1808 d.B.) ..........................................................................................................  333

28. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verkehrsauskunft Österreich VAO GmbH – Reihe BUND 2020/25 (III-162/1809 d.B.) .........................................................  333


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 17

29. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel – Reihe BUND 2020/29 (III-169/1811 d.B.) .........................................................  334

30. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/45 (III-204/1812 d.B.) .........................................................  334

31. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr AG; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/6 (III-233/1813 d.B.) ........................................................................................................  334

32. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur der ÖBB – Reihe BUND 2021/38 (III-472/1814 d.B.) ...................................................................................................................................  334

Redner:innen:

Hermann Gahr .........................................................................................................  334

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  337

Alois Kainz ................................................................................................................  341

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  343

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................  345

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................  347

Clemens Stammler ...................................................................................................  353

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker .........................................................  354

Hermann Weratschnig, MBA MSc ..........................................................................  355

David Stögmüller .....................................................................................................  357

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................  358


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 18

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der Verschwendung von Lebens­mitteln“ – Ablehnung ............................................................................  339, 387

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen“ – Ablehnung ..............................................................................................  349, 387

Kenntnisnahme der zehn Berichte III-319, III-430, III-42, III-569, III-57, III-162, III-169, III-204, III-233 und III-472 d.B. ......................................................  386

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten – Reihe BUND 2021/20 (III-322/1876 d.B.) .........................................................  360

34. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten – Reihe BUND 2022/19 (III-668/1877 d.B.) .............................  360

35. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesschullandheim Radstadt – Reihe BUND 2019/21 (III-36/1878 d.B.) ...................................................................................  360

36. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark – Reihe BUND 2021/37 (III-459/1879 d.B.) ..................................  361

37. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nebenbeschäftigungen der Universi­tätsprofessorinnen und ‑professoren; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/16 (III-644/1880 d.B.) ....................................................................  361


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 19

38. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend WasserCluster Lunz – Biologische Station GmbH des Bundes – Reihe BUND 2022/9 (III-602/1881 d.B.) .......................  361

Redner:innen:

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................  361

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  364

Alois Kainz ................................................................................................................  366

Mag. Sibylle Hamann ...............................................................................................  367

Mag. Martina Künsberg Sarre .................................................................................  369

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker .........................................................  370

Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................  374

Maximilian Lercher ..................................................................................................  376

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  378

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................  379

David Stögmüller .....................................................................................................  381

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  384

Kenntnisnahme der sechs Berichte III-322, III-668, III-36, III-459, III-644 und III-602 d.B. .......................................................................................................  389

Eingebracht wurden

Berichte ...................................................................................................................     77

Vorlage 115 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 4. Quartal 2022 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 116 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Euro­päischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 4. Quartal 2022; BM f. Finanzen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 20

Vorlage 117 BA: Bericht über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2022; BM f. Finanzen

Vorlage 118 BA: Bericht gemäß § 78 Absatz 5 des Bundeshaushalts­gesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 2022; BM f. Finanzen

Vorlage 119 BA: Monatserfolg Dezember 2022 sowie COVID-19 Berichterstattung gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz sowie das Monitoring von Verschuldung und Investitionstätigkeit der Gemeinden; BM f. Finanzen

Vorlage 120 BA: Bericht gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die Genehmi­gung von Mittelverwendungsüberschreitungen und gemäß § 60 Abs. 3 BHG 2013 über zugestimmte Vorbelastungen im 4. Quartal 2022; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ (3145/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz das Gewerbliche Sozialversiche­rungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden geändert werden (3146/A)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten des Bundes vom 17. März 1948 (Vertragsbedienstetengesetz 1948 – VBG) und das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragslehrpersonen der Länder für Volksschulen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 21

Mittelschulen, Sonderschulen und Polytechnische Schulen sowie für Berufs­schulen mit Ausnahme der land- und forstwirtschaftlichen Berufsschulen (Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 – LVG) geändert wird. (3147/A)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend besserer Kinderschutz in Kultureinrichtungen (3148/A)(E)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Zugang zu allen Bildungsformen für alle Kinder und Jugendliche (3149/A)(E)

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweiter Unterstützung von NGOs zum Thema Berufsorientierung von Schüler*innen im ländlichen Raum (3150/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Medikamentenversorgung für die Bevölkerung sichern (3151/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hilfe für Frauen nach Schwangerschaftsverlust (Fehlgeburt) (3152/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hilfe für Frauen nach Schwangerschaftsverlust (Fehlgeburt) (3153/A)(E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Tierqualen durch Tiertransporte – nationale Schritte umgehend setzen (3154/A)(E)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderschutz an Schulen und elementarpädagogischen Einrichtungen (3155/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härtefall-Regelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (3156/A)(E)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung einer bundesgesetzlichen Rücknahme der Mieterhöhungen des Jahres 2022 im Wiener Gemeindebau (3157/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 22

Tanja Graf, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (3158/A)

Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (3159/A)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln (3160/A)(E)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fokus: Stärkung von älteren Frauen (3161/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vergabepraxis des BMI mittels derer ehemalige Kabinettsmitarbeiter mit öffentlichen Aufträgen betraut werden (13782/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Künstliche Befruch­tung in Österreich (13783/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wenn Sekunden über die PV Förderung entscheiden (13784/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Wenn Sekunden über die PV Förderung entscheiden (13785/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 23

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vermisstenfall Aeryn Gillern (13786/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vollständige Daten zur Hasskriminalität in Österreich 2022 (13787/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verhältnis Führungsebene zu Polizist:innen (13788/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend WKO-Luxuspensionen: Die Aufsicht im Tiefschlaf (13789/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend WKO-Luxuspensionen: Der Verfassungsdienst als Hilfsorgan der WKO? (13790/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetlangfristprognose offenbart eine demographisch bedingte Budgetkrise (13791/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Ergreifung von Maßnahmen hinsichtlich der Bevorratung von Medikamenten im Falle eines Blackouts (13792/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Studie zur langfristigen Autarkie militärischer Infrastruktur (13793/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Verpflegssystem Cook & Chill (13794/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klim­aschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13795/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 24

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13796/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13797/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13798/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13799/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13800/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13801/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13802/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13803/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13804/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13805/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 25

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13806/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13807/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2021 (13808/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13809/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13810/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13811/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13812/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13813/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13814/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unter­nehmen 2020 (13815/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 26

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13816/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13817/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13818/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13819/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13820/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13821/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2020 (13822/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13823/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13824/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13825/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 27

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13826/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13827/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13828/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13829/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13830/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13831/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13832/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13833/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13834/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13835/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 28

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-nahe Unternehmen 2022 (13836/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorga­ni­sationen 2022 (13837/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13838/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13839/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13840/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13841/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13842/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13843/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13844/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13845/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 29

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13846/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13847/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13848/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13849/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2022 (13850/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13851/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13852/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13853/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13854/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13855/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 30

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13856/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13857/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13858/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13859/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13860/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13861/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13862/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorgani­sationen 2021 (13863/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2021 (13864/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 31

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorgani­sationen 2020 (13865/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13866/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13867/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13868/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13869/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13870/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13871/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13872/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13873/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13874/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 32

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13875/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13876/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13877/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen an ÖVP-Teilorganisationen 2020 (13878/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Tiroler Gemeindeverband und die Geldflüsse an die „GemNova Dienstleistungs GmbH“ (13879/J)

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­te­rin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Einhausung der Autobahn A12 im Bereich Völs-Innsbruck West (13880/J)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (12821/AB zu 13181/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 33

09.05.11Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.12*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf Sie recht herzlich zur 197. Sitzung des Nationalrates begrüßen. Die Sitzung ist eröffnet.

Mein Gruß gilt auch den Besucherinnen und Besuchern, die jetzt schon auf der Galerie sind. Herzlich willkommen seien auch die Journalistinnen und Jour­nalisten und die Damen und Herren, die uns zu Hause vor den Fernsehgeräten folgen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Karl Schmidhofer, Michael Seemayer, Petra Wimmer, Herbert Kickl, Mag. Christian Ragger, Michael Schnedlitz, Mag. Meri Disoski, Sigrid Maurer, BA und Süleyman Zorba.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird durch Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Werner Kogler und

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher wird durch die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler vertreten.


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*****

Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 die Sitzung wie üblich bis 13 Uhr überträgt, dann wird die Sitzung bis 19.18 Uhr auf ORF III und anschließend in der TVthek übertragen.

09.06.10Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Fragestunde.

Ich darf Sie bitten, dass wir – die Gegebenheiten hier im neuen Saal geben uns ja auch die Möglichkeit dazu – die Fragestunde gut abwickeln.

Ich heiße den Herrn Vizekanzler herzlich bei uns willkommen. Die Beantwortung der Anfragen erfolgt vom Pult. Die Antwort auf die Anfrage soll maximal 2 Minuten dauern, die Antwort auf die Zusatzfragen 1 Minute. Die Fragen dürfen nicht länger als 1 Minute dauern.

Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir beginnen gleich, Abgeordneter Zarits stellt die 1. Anfrage. – Bitte, Herr Abgeordneter. 09.06.39


Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Schönen guten Morgen an alle hier im Saal und natürlich an alle, die die Fragestunde vor den TV-Geräten verfolgen! Schönen guten Morgen, Herr Vizekanzler! Wir haben ja im letzten Jahr für das heurige Jahr für den Sport ein Rekordbudget von 231,5 Millionen Euro beschlossen. Wir haben es auch geschafft, die pauschale Reiseaufwandsent­schädigung nach jahrzehntelanger Diskussion auf 720 Euro zu erhöhen. Zusätzlich haben wir es geschafft – der Dank gilt Ihnen und dem Finanz­minister –, 15 Millionen Euro für Energie zur Verfügung zu stellen, da die Energiepreise eben auch die Sportvereine extrem treffen.


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Wir bekommen öfters Anfragen von den Vereinen und von den Sportverbänden, was die Sportförderung und auch was eine etwaige Entbürokratisierung betrifft. Daher meine Frage:

238/M

„Was unternehmen Sie zur Entbürokratisierung aller Ebenen der Sportförderung für Verbände und Vereine sowie zur Hebung von Synergien in der Förderver­waltung?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich möchte die erste Sekunde nutzen, um allen Abgeordneten zu ihrer neuen Wirkungsstätte beziehungsweise sehr, sehr gut renovierten Wirkungsstätte zu gratulieren. Bekanntlich habe ich mich hier ja auch immer – von einem etwas anderen Punkt aus – leidenschaftlich betätigt. Mir kommt vor, dass das sehr, sehr gelungen ist. Möge es nützen!

Herr Abgeordneter Zarits, zu Ihrer Frage: Ja, die Sportfördermanage­ment­syste­matiken werden gerade massiv umgebaut. Ich beginne bei dem Bereich, der die meisten Vereine, die Dachverbände und die Fach­verbände betrifft: Da haben wir aufgrund des Bundes-Sportförderungsgesetzes ja die Bestimmung, dass wir eine eigene GmbH haben. Diese geht nach den entsprechenden Abrechnungs­richtlinien, die mit dem Finanzministerium abzustimmen sind, vor. Das zu verändern kann man sich, glaube ich, auch anschauen. Das braucht aber einen breiteren Konsens, das kann man, denke ich, auch aus dem Sportausschuss heraus angehen.

Bei uns im Haus gibt es ja auch einige Förderungen. Bei diesen wird jetzt eben auf volle Automatisierung, auf automatische Dateneingabe umgestellt. Das betrifft sowohl die Einreichung als auch die Abrechnung, also alles in einem Bogen, und das war ja, glaube ich, auch immer das verständliche Anliegen. Wo haben wir das schon eingeführt? – Wir haben das bei den Förderungen


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eingeführt, bei denen wir Mitwirkungsrechte hatten, etwa beim NPO-Fonds, und da ist es ja musterhaft, glaube ich, gelungen, so schnell wie das gegangen ist. Beim künftigen Energiekostenausgleich ist das ähnlich geplant.

Das führt aber dazu, dass wir die Kontrollsystematik umstellen und die Stichprobenkontrollen natürlich genau austarieren müssen, denn eines ist mir schon wichtig – letzter Satz –: Mit dem Steuergeld muss bei aller Förder­würdigkeit sehr penibel umgegangen werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Herr Vizekanzler, wir alle wissen ja, wie wichtig das Ehrenamt für den Sport ist. In den15 000 Vereinen engagieren sich über 500 000 Menschen, Funktionärinnen und Funktionäre, Trainerinnen und Trainer. Darum meine Frage an Sie:

Was unternehmen Sie, um das unverzichtbare Ehrenamt im Sport durch bestmögliche Rahmenbedingungen aufzuwerten und natürlich auch abzu­sichern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Das ist eine berechtigte Frage aus einem artverwandten Bereich. Ich glaube, das interessiert auch Abgeordneten Schmidhofer sehr, der nicht da sein kann.

Zwei Dinge: Erstens wird jetzt rund um den Tag des Sports und in den Vereinen selbst intensiv daran gearbeitet, einen Ehrenamtspreis auszuloben. Das ist ja, glaube ich, Ihrer Fraktion auch immer sehr wichtig gewesen, entsprechend findet es sich auch im Regierungsprogramm. Da laufen die Verhandlungen. Wir wollen das aber auch wieder gemeinsam mit Sport Austria machen.

Das Zweite ist, dass es zunächst in diesen harten Zeiten sinnvoll und richtig war, die Sportvereine mit den vielen Ehrenamtlichen und Freiwilligen überhaupt


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drüberzubringen. Unter anderem deshalb haben wir all die Maßnahmen gesetzt: Sportbonus, NPO-Fonds, jetzt die massive Erhöhung der Sportförderung – Sie haben das alles ja bei der Hauptfrage schon eingebracht, das hat alles damit zu tun gehabt – bis hin dazu, dass die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen et cetera weiter steuerbegünstigt wurden – genau aus diesem Grund.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Hammer. – Bitte.


Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Schönen guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Vizekanzler! Ich mache bei diesem Thema gleich weiter: Das Ehrenamt leistet im Sport in Österreich unbezahlbare Arbeit. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass ohne die etwa 500 000 Menschen, die ehren­amtlich im Sport tätig sind, der Sport in Österreich so nicht zu organisieren wäre – auch von dieser Seite einmal ein ganz herzliches Dankeschön an alle Menschen, die sich unbezahlt in den Sportvereinen und bei Sportveranstal­tun­gen engagieren!

Sie haben über den Preis gesprochen – dazu vielleicht als Zusatzfrage: Wenn es diesen Preis für ehrenamtliche Tätigkeiten im Sport gibt, wann wird er das erste Mal vergeben werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sie haben zunächst mit Ihrer Zahl ziemlich ins Schwarze getroffen: Unsere letzten Erhebungen haben ergeben, dass wir 560 000 Frei­willige im Sportbereich haben, Ehrenamtliche auf allen möglichen Ebenen. Das Ziel ist – und daran halten wir fix fest –, dass wir das beim Tag des Sports – das ist das bundesweite Jahresereignis der Sportcommunity, die meisten kennen das, denke ich –, aber auch von dort in die Vereinsstrukturen hinunter – das ist eben genau das, was ich angesprochen habe –, mit den entsprechenden Verbänden, vor allem gemeinsam mit Sport Austria, noch finalisieren.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Grünberg. – Bitte.


Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Geschätzter Herr Vizekanzler! Immer wieder kommt das Thema der gesamthaften Nachwuchssportstrategie auf. Wie wir alle wissen, entstehen die erfolgreichen Spitzensportler:innen durch einen gut aufgestellten Breitensport, und deswegen ist es ganz wichtig, dass die Kinder in unserem Land gut organisierte Sportmöglichkeiten haben, damit sie die Vorbilder von morgen und eben auch die Weltmeister:innen und Olympiasieger:innen der Zukunft sind.

Welche Aktivitäten unternehmen Sie bereits jetzt, um die Spitzensport­aus­bildung von Nachwuchsathlet:innen zu fördern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sie haben in Ihrer Begründung ja schon viel Richtiges darüber gesagt, was uns antreibt. Ich möchte nur zwei Punkte erwähnen. Der eine ist, dass tatsächlich im ganzen Bereich des Trainingsumfelds et cetera sehr viel investiert wird, mehrere Millionen Euro – aktuell drei –, genau für die Spitzensportausbildung im Nachwuchsbereich: Sportmedizin, Sportwissenschaft, psychologische Betreuung, Regeneration bis hin zur Ernährungsberatung – das ist das eine.

Weil Sie es angesprochen haben: Ja, die Olympiasieger:innen kommen schon von dort. Umgekehrt wissen wir aber, dass, wenn wir für 2 000, 3 000 Talente arbeiten, da natürlich viele Sportarten drinnen sind, aber eines ist klar: Von diesen Tausenden können natürlich nicht alle Olympiasieger:innen werden. Das heißt umgekehrt, dass die duale Ausbildung so wichtig ist, damit die jungen Menschen auch eine Schulausbildung machen können, oder wir haben in Österreich auch Lehrlingsausbildungen dabei – Eisenerz, Sie werden das alles kennen –, dass in diesen Sportzentren und Spezialmodellen entsprechende


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Angebote gemacht werden. Das ist, glaube ich, ein wirklich ganz, ganz großes Asset in Österreich. Was sich im Wintersport schon sehr bewährt hat, rollen wir immer mehr auf den Sommersport aus.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Leichtfried hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


9.14.50

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte nicht stören, aber ich habe gerade die Information bekommen, dass die Fernsehzuseher nur den Herrn Vizekanzler hören, die Fragesteller:innen aber nicht. Vielleicht kann man das irgendwie regeln. (Abg. Krainer: Wir fangen einfach von vorne an!)

9.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben den Techniker schon dement­sprechend informiert und arbeiten daran, dass man das auch in der Übertragung hört. – Ist die Technik so weit, dass jetzt der Fernsehzuseher alles hört? Sonst unterbrechen wir so lange, bis es funktioniert.

Bis die Leitung hergestellt ist, unterbreche ich die Sitzung.

09.15.50*****

(Die Sitzung wird um 9.15 Uhr unterbrochen und um 9.21 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

09.21.10Fortsetzung der Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Sitzung wieder aufnehmen.


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Ich erteile Frau Abgeordneter Heinisch-Hosek für die 2. Anfrage das Wort. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. 09.21.17


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Guten Morgen, Herr Vizekanzler! Mir geht es um Übergriffe auf Kinder, um Ausbeutung und sexuellen Miss­brauch. Gestern in der Aktuellen Stunde sind vonseiten der Bundesregierung doch einige Ankündigungen getätigt worden, und ich frage Sie als Kunst- und Kulturminister:

242/M

„Werden Sie angesichts der bekannt gewordenen Vorfälle“ – wir alle wissen, um wen und worum es geht – „im Zusammenhang mit Darstellungen von Kindes­missbrauch in Zukunft das Bestehen von verbindlichen Kinderschutzkonzepten, sofern Kinder an der Entstehung von künstlerischen Werken beteiligt sind, als Fördervoraussetzung für Ihr Ressort definieren?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, durchaus. Das wäre natürlich in vielen Gesell­schaftsbereichen wichtig, überall dort, wo es um Asymmetrie in den Macht- und Autoritätsverhältnissen geht; völlig klar, da sind wir gefordert. Tatsächlich ist es so, dass vor diesem Anlassfall, wenn ich so sagen darf, schon einige Dinge in die Wege geleitet wurden, etwa im österreichischen Film.

Das Österreichische Filminstitut ist gerade eben dabei, entsprechende Kinder­schutzkonzepte zur Fördervoraussetzung zu machen; das zielt auf den Kern Ihrer Frage. Sie sind ja an diesem Thema immer sehr interessiert gewesen, kann ich mich erinnern, und daher wissen Sie auch, dass das der Aufsichtsrat beschließen muss; aber ich gehe davon aus, dass das so kommt.

Ich habe dank Ihrer Frage alle Informationen dazu eingeholt, es steht unmittelbar bevor. Genau da ist es also schon einmal so, dass es eine Voraussetzung ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 41

Dann haben wir aber natürlich mehr Zuständigkeiten, auch dort wollen wir es so haben.

Sie haben auf den Ministerratsvortrag, auf die Aktuelle Stunde verwiesen. Es wird eine entsprechende Stelle zur Qualitätssicherung im Bundeskanzleramt eingerichtet, und die Frau Staatssekretärin ist fest entschlossen, sobald diese Qualitätssicherungsstelle die Arbeit aufgenommen hat, im Kunst- und Kultur­bereich diese Kinderschutzkonzeptionen – die dann auch noch zertifiziert sind, denn sie müssen auch etwas wert sein – als Fördervoraussetzung zu nehmen, also genau in Ihrem Sinn.

Wir können auch Erfahrungen verwerten, etwa von der Kinderschutzorga­nisation „Möwe“, die beispielsweise schon mit der Staatsoper, wo ja immer wieder entsprechende Auftritte zu organisieren sind, zusammenarbeitet.

Sie fragen nach dem Ressort, letzter Punkt: Sport ist ja eigentlich auch ein großer Bereich. Da ist die Situation insofern anders, als da die größten Fördervolumina bis zu den Vereinen hinunter – darum geht es ja im wirklichen Leben – über das Bundes-Sportförderungsgesetz organisiert sind. Da ist die GesmbH dazwischen­geschaltet, die das macht. Ich habe ohnehin die Absicht, dass wir dort, möglicher­weise mit einer Gesetzesänderung, mehr Compliancevorgaben zur Fördervor­aussetzung machen, denn die müssen sich auch an die Gesetze halten; und wenn wir das schon machen, dann können wir auch gerade das als wichtige Voraus­setzung heranziehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Ja, eine Nachfrage zum Stichwort Machtmissbrauch, Herr Vizekanzler: Vera*, die Beratungsstelle gegen Macht­missbrauch, gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport ist ja eingerichtet, und ich höre, dass es mittlerweile sehr, sehr viele Anfragen gab und Fälle gemeldet wurden, höre aber auch, dass diese Beratungsstelle leider nur einmal pro Woche telefonisch erreichbar ist, obwohl so viel Nachfrage da ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 42

Werden Sie etwas dagegen unternehmen, werden Sie das Personal dort – ich glaube, das ist hochnotwendig – aufstocken?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, zunächst einmal ist es gelungen, dass wir das haben, und das gilt für beide Bereiche, die wir schon angesprochen haben: Kunst und Kultur sowie Sport. Das führt natürlich dazu, dass das – erstens weil die Aware­ness gestiegen ist und zweitens weil offensichtlich und tragischerweise ausreichend Nachfrage da ist – angenommen wird. Insofern sind wir natürlich dran, das auszuweiten.

Ich möchte nur noch hinzufügen, für alle, die es nicht so genau wissen: Wir haben das einerseits als Anlaufstelle, da spielt sich das jetzt ab. Wir wollen andererseits auch, weil dort sehr viel Know-how und Kompetenz vorhanden ist, dass die handelnden Personen – Sie kennen diese ja vielleicht – auch in der Prävention ganz gezielt zusätzlich tätig werden. Das spricht alles für Ihr Anlie­gen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vizekanzler, ich schließe an beim Thema Abbildungen von sexuellem Missbrauch an Kindern: Wann genau haben Sie persönlich von den Vorwürfen gegen den bekannten Schauspieler Teichtmeister erfahren, der ja auch ständiges Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters war? Was waren dann konkret die nächsten Schritte, die Sie gesetzt haben? Und was macht die Ihnen zugeteilte Kunststaatssekretärin Andrea Mayer in dieser Angelegenheit?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 43

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Das waren drei Punkte, wenn ich es richtig verstanden habe. Erstens, die Frau Staatssekretärin und ich haben das an diesem Freitag – ich glaube, es war ausgerechnet der 13. – im Jänner erfahren. Zwischendurch waren ja Schlagzeilen in Onlinemedien zu sehen, und die Holding und das Burgtheater haben dann meinem Wissensstand nach die Frau Staatssekretärin unmittelbar danach selbst informiert.

Von da weg wurde etwas eingeleitet, und da sind die Fragen zwei und drei in der Beantwortung sozusagen zu fusionieren: Die Frau Staatssekretärin hat sofort eine externe Kontrolle aller dortigen Abläufe eingesetzt. Deren Ergebnisse sind in den nächsten Tagen zu erwarten, und dort werden auch die Konsequenzen mitgeteilt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Spalt. – Bitte sehr. 09.27.02


Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ich darf an meine Vorredner anschließen. Am 13. Jänner wurde bekannt, dass Florian Teichtmeister wegen des Besitzes von kinderporno­grafischem Material angeklagt wird. In der gestrigen Aktuellen Stunde, die auf Verlangen der Grünen mit dem Thema „Kein Kind darf Opfer werden – Justiz-Maßnahmen zum Kinderschutz“ abgehalten wurde, haben Ihre Parteikollegen gemeint – ich zitiere –: „Wir müssen mit diesem blinden Täterschutz aufhören“.

Umso mehr, geschätzter Herr Vizekanzler, wundert mich Ihre Rolle in der Affäre Teichtmeister. Das Burgtheater, bei dem Teichtmeister noch circa eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe tätig war, ist über die Bundes­theater-Holding zu 100 Prozent im Besitz der Republik Österreich. Sie als Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport sind nach geltendem Bundesministeriengesetz für das Burgtheater verantwortlich. Daher meine Frage:


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236/M

„Aus welchem Grund blieben Sie als für Angelegenheiten der Bundestheater zuständiger Bundesminister nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe des Hortens kinderpornografischer Dateien als Produkt sexuellen Kindesmissbrauchs gegen einen Burgschauspieler eineinhalb Jahre lang untätig?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Zwei Dinge, geschätzter Herr Abgeordneter: Erstens haben wir uns, glaube ich, und die Vorredner haben es auch so ausgedrückt, darauf verständigt, dass wir in solchen Fällen ausschließlich von „Darstellung von Kindesmissbrauch und sexuellem Missbrauch“ reden und nicht mehr von „Kinderpornografie“. (Abg. Amesbauer: Um das geht es ja nicht! Ist das nicht wurscht?! – Abg. Heinisch-Hosek: Ist nicht wurscht!)

Das Zweite ist – ich verweise auf die Anfrage von zuvor –, wann das an uns herangetragen wurde: Das war eben der Freitag, der 13. Jänner dieses Jahres. Von da weg wurden massive Schritte eingeleitet, und ich darf Ihnen abschließend noch einmal mitgeben: Diese Bundesregierung hat vor Bekannt­werden dieses Falles – es wurden ja schon ein paar Projekte genannt – in dem Bereich mehr gemacht als andere zuvor, jedenfalls als die FPÖ in der Regie­rung war. Das können Sie nachschauen und nachblättern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hier die Verantwortung abzuschieben und zu sagen, Sie hätten nichts gewusst, ist dann doch etwas zu einfach. Ich darf hier aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Bundestheater-Holding vom 15. Jänner 2023 zitieren: „Die Information vom Herbst 2021, dass es Gerüchte betreffend einen Schauspieler des Burgtheaters gibt, hat die Geschäftsführung des Burgtheaters zum Anlass genommen,


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Untersuchungen einzuleiten. Laut den aktuellen Berichten der Direktion wurde Florian Teichtmeister mit den Gerüchten seine Person betreffend konfrontiert.“

Unter „Arbeitsweise des Aufsichtsrates“ der Burgtheater GmbH wird festgehalten:

„Die Geschäftsführung unterhält laufend Kontakt mit dem Aufsichtsrat, insbesondere dem Aufsichtsratsvorsitzenden und berichtet diesem rechtzeitig über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher und wesentlicher Bedeutung.“

Auch wird immer wieder auf den ständigen Austausch mit der Bundestheater-Holding hingewiesen.

Daher meine Frage: Bestätigen Sie also, Herr Vizekanzler, dass Sie nicht über die Vorwürfe informiert wurden, obwohl Sie im ständigen Austausch mit der Bundestheater-Holding sind, oder waren die doch schwerwiegenden Vorwürfe zu wenig Anlass, um da sofort zu handeln und weitere Informationen einzuholen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sie vermischen da in bewährter Weise mindestens 27 Dinge. (Abg. Wurm: Na, na, Herr Vizekanzler!)

Ich weise erstens die implizite widerwärtige Unterstellung zurück, dass wir das vorher gewusst hätten. (Abg. Amesbauer: Na sicher haben Sie es gewusst! Na klar!) Und ab dem Zeitpunkt, ab dem das gewusst wurde, hat die Frau Staatssekretärin genau die Maßnahmen eingeleitet, die ich vorhin referiert habe, und das wird möglicherweise auch zu Konsequenzen führen. (Abg. Amesbauer: Ja, treten Sie zurück!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr. 09.30.51



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 46

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Vizekanzler, ich werde mich auf den öffentlichen Dienst beziehen.

245/M

„Welche Zukunftskonzepte sehen Sie im öffentlichen Dienst“ – insbesondere weil es ja eine große Pensionierungswelle gibt – „und welche Modernisierungen planen Sie fürs kommende Jahr?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, das sind zwei Themenbereiche, die durchaus zusammenhängen, weil es gerade aufgrund der Pensionierungswelle und der damit ausgelösten Nachbesetzungen – da wollen wir ja mithalten mit der Privatwirtschaft, dass wir da nicht hintendran bleiben – auch Modernisierungen braucht.

Aber zunächst: Der demografische Wandel führt eben dazu, dass wir mehrere Attraktivierungen brauchen. Ich kann nicht alle aufzählen, aber vielleicht von der letzten Novelle des Dienstrechts ausgehend: Wir haben an zwei Stellen die Einstiegsgehälter deutlich erhöht; zum einen, weil gleich einmal 100 Prozent ausbezahlt werden, also die, die neu beginnen, nicht mit 90 oder 95 Prozent einsteigen, und weil zweitens in vielen Bereichen die Einstiegsgehälter als solche erhöht wurden. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt.

Was wirkliche Modernisierungen betrifft, würde ich einmal anführen, dass wir wesentlich mehr auf die Diversität in der Bundesverwaltung achten. Das hat eine Reihe von Maßnahmen nach sich gezogen.

Die Lehre im Bund ist massiv attraktiviert worden, und das führt dazu, dass wir dann eben mehr Leute in den Bundesdienst kriegen oder dort halten können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 47

Die Verwaltungsakademie wird ihre Beiträge leisten, indem sie ihr Angebot massiv ausweitet. Das geht auch deshalb besser, weil sie einen neuen Standort hat, der zentraler, flexibel und vor allem kostengünstiger ist, wie Sie ja vielleicht schon erfahren haben.

Last, not least gibt es auch im Bereich der immer wichtiger werdenden Ökolo­gisierung Fortschritte; so etwa die ganzen Reisetätigkeiten et cetera betreffend.

Und natürlich: die Digitalisierung mit den elektronischen Personalakten. Das scheint mir das Wichtigste zu sein, die digitalen Zustellungen im Dienstrecht.

Und ganz wichtig – apropos Digitalisierung –, letzter Punkt: die Sonderver­tragsmodelle für die IT-Experten, denn da müssen wir auf dem Markt erst recht mithalten können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Meine Zusatzfrage betrifft die Korruption. Gestern wurde der Korruptionsindex veröffentlicht; wiewohl dann auch einmal klargestellt wurde, dass das sozusagen auf subjektiven Einschät­zungen basiert und keine Auswertungen sind.

Meine Frage geht in die Richtung, welche Maßnahmen Sie betreffend Korrup­tionsbekämpfung oder auch Korruptionsprävention setzen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Danke für die Einleitung. Das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein: Dieser Index, von dem Sie sprechen, beruht auf Wahrnehmungen meistens von Managern aus dem Ausland, und die sind natürlich auf Zeitungs­berichte angewiesen. Dort kann man lesen, was jetzt aufgeklärt wird, was viele


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Jahre davor passiert ist, und ich bin froh, dass wir das jetzt aufklären. Also in Wahrheit verhält es sich fast genau umgekehrt.

Was wird gemacht? – Ich finde, das Antikorruptionsstrafrecht, der Lücken­schluss, bezieht sich ja auch auf den gesamten öffentlichen Dienst. Der Amtsträgerbegriff ist ja entsprechend ausgeweitet worden und betrifft eben alle, nicht nur die, die für irgendein politisches Amt kandidieren. Das ist mega.

Wir sollten auch einmal den Verhaltenskodex für die Beamten, den wir in dieser Legislaturperiode herausgegeben haben, studieren. Dieser zählt zu den strengs­ten in Europa und führt natürlich auch zu dienstrechtlichen Konsequenzen, wenn es irgendetwas Auffälliges gibt.

Letztlich – ich kann jetzt nicht alles aufzählen; von Whistleblowing, wo wir eine strengere Regelung haben, als für die Privaten vorgesehen ist, et cetera –: Jedes Haus kann natürlich selber etwas tun – ich kann das von mir berichten –: Stär­kung der internen Revision, Vieraugenprinzip, teilweise über die Sanktionen drüber.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Minute ist vorüber.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ohnehin mein letzter Satz, danke.

Wir haben die Förderkontrolle in eine andere Sektion gegeben, weg von jener, aus der die Förderungen hinausgehen, und das hat massive Konsequenzen. Im Übrigen spüren wir das jetzt schon, weil wir sehen, dass wir auf diese Art und Weise viele Altfälle noch einmal aufarbeiten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Einwallner, bitte.


Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Vizekanzler, Sie haben die zu erwartenden Pensionsabgänge, die wir im öffentlichen Dienst haben werden, angesprochen. Es gibt noch einen zweiten Punkt, der sehr eklatant ist: Gerade


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bei Polizei und Bundesheer haben wir eine horrende Zahl von Überstunden. Beides zusammen braucht Maßnahmen.

Wir müssen diesen Job wieder attraktiver machen. Wir sehen schon, dass es eigentlich ganz, ganz schwierig ist, noch Bewerberinnen und Bewerber zu gewinnen, die sich im Sicherheitsbereich engagieren und auch dort arbeiten wollen. – Was werden Sie da konkret unternehmen?

Wir haben auch noch das Gefälle bei den Lebenshaltungskosten zwischen dem Westen und dem Osten Österreichs und ein einheitliches Gehaltsschema, was natürlich die Herausforderungen im Westen noch größer macht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Grundsätzlich beschreiben Sie, glaube ich, zutreffend tatsächlich ein Problem.

Als Erstes dagegengearbeitet haben wir, indem wir schon dem Regierungs­übereinkommen entsprechend damit aufgehört haben, frei werdende Stellen nicht nachzubesetzen – so gut es geht –, trotzdem entsteht diese Lücke. Was kann man da tun? Also wenn jetzt diese zweimalige Verbesserung bei den Einstiegsgehältern greift – das wird man erst sehen –, dann gehe ich schon davon aus, dass das Wirkung zeigt. Darüber hinaus wird es noch weitere Attraktivierungen geben müssen. Auch das wird im Dienstrecht, in den nächsten Novellen beachtet werden.

Ob und inwieweit – das ist natürlich ein berechtigter Punkt – das West-Ost-Gefälle hier miteinfließen kann, das wird die richtige Herausforderung. Ich traue mich noch nicht zu sagen, wie man das alles lösen kann, weil ja das Dienstrecht für den öffentlichen Bereich doch relativ streng ist. Möglicherweise geht da etwas über den entsprechenden Bereich von Zulagen et cetera.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Loacker, bitte.



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Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Guten Morgen, Herr Vizekanzler! In einem Unternehmen versucht man, die Produktivität zu steigern und mit gleich vielen Mitarbeitern einen besseren Output zu generieren.

Sie haben vorhin das Thema Digitalisierung angeschnitten. Welche Digitali­sierungsschritte setzen Sie, damit wir im öffentlichen Dienst mit gleich viel oder mit weniger Personal denselben Service für die Bürgerinnen und Bürger zuwege bringen, dass wir also nicht immer mehr Personal aufbauen, sondern schauen, wie wir mit bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen besseren Output für die Einwohner unseres Landes erreichen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich glaube, es ist von einer Zunahme der echt besetzten Posten, wie wir vorhin gerade umgekehrt gehört haben, ja ohnehin keine Rede, also wird dieser Koeffizient, den Sie ansprechen, nicht schlechter, sondern notgedrungen schon besser werden.

Die Leistungen des öffentlichen Dienstes, und davon kann ich mich selbst überzeugen, haben – mit durchaus schon weniger Personal – zugenommen, und das ist natürlich mit solchen Modernisierungsmöglichkeiten wie der Digitalisie­rung machbar. Also mein Eindruck ist schon, den Unterschied spürt bereits jeder Bürger und jede Bürgerin: Wie war es, als man vor 20, 30 Jahren zu einer Bezirkshauptmannschaft gegangen ist und etwas gebraucht hat, und wie ist es in den letzten Jahren? Ich finde, und da lobe ich mich nicht einmal selber, sondern schon Vorgänger, da sind enorme Fortschritte gemacht worden.

Aber in einem Punkt bin ich bei Ihnen: Man soll nicht damit aufhören und nicht großartig konservieren. – Da sehe ich Ihren Beitrag.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage, die 5., stellt Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. 09.39.02



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Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister!

247/M

„Welche Pläne gibt es für die Neu- bzw. Umgestaltung des Heldenplatzes, auch im Hinblick auf die offene Frage der räumlichen Lösung für das Haus der Geschichte?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, eine ganz wesentliche Frage. Wir waren eben gerade im Haus der Geschichte, um eine neue Spezialausstellung zu eröffnen, und dort hatte ich schon Gelegenheit, Folgendes anzukündigen: Es wird demnächst einmal Vorentscheidungen geben, was die Finanzierung betrifft. Ob und inwie­weit eine Lösung auf einen genauen Platz oder auf ein Projekt ausgestaltet sein muss, das muss ich an dieser Stelle noch offenlassen.

Meine Vorgänger haben eine Expertenkommission beauftragt, Sie werden die Ergebnisse kennen – ich will jetzt keines davon werten –: Es gibt die Mög­lichkeit, dort zu bleiben und den Platz in der Neuen Burg massiv zu erweitern, ein bestehendes Gebäude in zentraler Lage zu nehmen oder einen Neubau zu errichten und in dem Kontext – das ist aber nicht zwingend miteinander verbun­den –, viertens, die Variante Neubau Heldenplatz.

Das Wesentliche ist, finde ich, dass die Räumlichkeiten massiv ausgeweitet werden und passen und sich das Haus der Geschichte entsprechend weiterentwickeln kann. Dazu werden wir noch in diesem Monat wichtige Neuigkeiten hören.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.



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Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Zum Thema Neubau am Heldenplatz wurde in der letzten Ausschusssitzung klargelegt, dass es nicht von Interesse sei, dort einen Neubau zu errichten. Grundsätzlich hat meine Frage auch darauf abgezielt, welche Pläne es insgesamt betreffend Neu- und Umgestaltung des Heldenplatzes gibt. Wir haben im Sommer über die Medien vernommen, dass man eine Arbeitsgruppe einrichten will, um zu klären, wie man in Zukunft mit diesem Platz umgehen möchte.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sie haben recht, dass ich diesen Aspekt nicht behandelt habe – ich habe es mir zwar notiert –, aber das hat auch damit zu tun – und das wäre jetzt die Antwort, die Sie wahrscheinlich auch nicht befriedigen wird –, dass für diese Bereiche ja alle möglichen Institutionen zuständig sind – ich nicht unbedingt –, federführend die Burghauptmannschaft, die zum Wirtschaftsministerium ressortiert.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Troch. – Bitte sehr.


Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Guten Morgen, Herr Vizekanzler! Die räumliche Situation des Hauses der Geschichte Österreich war ja schon Thema.

Meine konkrete Frage: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Haus der Geschichte Österreich auch eine eigenständige Institution, ein eigenständiges Museum wird und nicht bloß ein Anhängsel der Nationalbibliothek – die sich schöngeistig mit Dingen beschäftigt – bleibt? Das Haus der Geschichte beschäf­tigt sich auch mit den sogenannten gefährlichen Zeiten des 20. Jahrhunderts, und daher würde es auch den Status einer eigenständigen Institution – für die eigenständige Geschichte Österreichs – verdienen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.



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Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, natürlich wird im Kontext mit der notwendigen Ausweitung auch darüber nachgedacht.

Ich kenne ja die Historie des Hauses der Geschichte nicht so gut wie vielleicht manche hier im Raum, ich hätte ja den Verdacht, dass das damals dem geschul­det war, dass man mit dieser Drüberträgerschaft schnell überhaupt einmal – da diese Debatte ewig hin und her gegangen ist – einen Anker setzen wollte. Ob und inwieweit das so bleiben muss, ist tatsächlich eine berechtigte Frage. Ich sage Ihnen nur: Mir ist jetzt akut wichtig, und da wird demnächst etwas weiter­gehen, dass die Räumlichkeiten massiv ausgeweitet werden und die Ausstel­lungskonzepte, von denen es immer mehr gibt, entsprechend verwirklicht werden können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Köllner. – Bitte sehr. 09.43.11


Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler!

243/M

„Wann wird angesichts der Tatsache, dass mehr als 160.000 Kinder in Österreich nicht schwimmen können, eine Strategie“ – mit Bund, Ländern, Gemeinden, Städten – „zum Erhalt und Ausbau der Schwimminfrastruktur, insbesondere von Hallenbädern, vorgelegt?“

Ich habe dazu bereits einen Antrag eingebracht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Berechtigterweise, geschätzter Herr Abgeordneter. Wie Sie vielleicht wissen, haben wir ja auf der letzten Konferenz mit den


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Sportlandesräten im Burgenland genau das als einen der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung gehabt.

Was passiert gerade? – Das Sportministerium hat sich bereit erklärt, die Sportanlagendatenbank in Bezug auf die angesprochenen Hallenbäder – es sind nicht alle Anlagen gleich gut für das Schwimmenlernen geeignet – genau zu erheben und die Länder bei ihrer Strategie zu unterstützen, dieses Angebot umfassend zu ermöglichen.

Wir dürfen nur nie vergessen, was die Möglichkeiten des Bundes sind. Das Sportministerium selber kann nur bundesrelevante Dinge fördern, Sport in diesem Bereich ist aber – beziehungsweise ist das ja auch eine schulische Aufgabe – in aller Regel Ländersache. Wir drücken uns nicht, wir sind jetzt auf dem Weg, dass wir einmal einen Überblick anbieten, damit man sofort mit den Ländern eine Strategie erstellen kann, denn der Engpass besteht tatsächlich bei den untertags frei verfügbaren Schwimmflächen, Sie haben vollkommen recht. Auch ist nicht jede Badeanlage gleich geeignet. Das wird genau erhoben. Momentan sind es maximal 95, die infrage kommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Schwimmen, Bewegung generell, sollte im Schulalltag eine noch größere Rolle spielen, ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Mit dem Schuljahr 2022/23 wurde in allen Bundesländern das zweijährige Projekt tägliche Bewegungseinheit als Pilot gestartet. Was passiert nach der Pilotphase im Sommer 2024?

Bislang hört man relativ wenig, obwohl eine parallel laufende Evaluierung wahrscheinlich Sinn machen würde, damit das Projekt am Ende nicht wieder stehen bleibt und wir nicht von vorne beginnen müssen, vor allem vor dem Hintergrund und dem Ziel einer flächendeckenden Ausrollung der täglichen Bewegungseinheit. Wann wird das Pilotprojekt evaluiert? Welche Erkenntnisse gibt es bereits?



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Typischerweise werden Evaluierungen ja meistens gemacht, wenn bestimmte Vorhaben zumindest zeitabschnittlich getrennt werden, damit man ex post draufschauen kann. Da ist es anders, wir machen genau das, was Sie anregen, nämlich eine sofortige begleitende, laufende Evaluierung. Warum? – Weil das ja einen Riesenvorlauf hat, und wenn wir dann ab 2024 – und da teile ich Ihre Befürchtung ein bissl – nicht dranbleiben, reißt das wieder ab.

Das ist natürlich ein Riesenprojekt. Ich sage aber ganz offen: Es ist ja nicht zufällig so. Ich will niemandem einen Vorwurf machen, warum das nicht schon lange vorher massiv ausgebaut wurde. Ich mache doch einen Vorwurf: Seit dem Beginn der 2000er-Jahre ist bei diesen Einheiten in der Schule ständig gekürzt worden. Sie werden es ja wissen. Es ist nicht so leicht, das wieder rückgängig zu machen. Warum? – Weil es natürlich kostet.

Mit dem Modell, das wir haben, können wir mindestens gleich viel Qualität um die halben Kosten anbieten. Trotzdem geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag. Und wenn das so wesentlich ist, wie ich meine, werden wir uns – dazu lade ich alle Fraktionsführer und Fraktionsführerinnen ein – beim Finanzminister treffen müssen. Das Bildungsministerium wird das Geld dafür so ohne Weiteres nicht haben, wie es ausschaut.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Lindinger. – Bitte sehr.


Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Auch uns ist es ein großes Anliegen, dass ein österreichweites Konzept für Schwimmkurse für alle Menschen erarbeitet und dementsprechend auch umgesetzt wird. Zudem unterstützen wir die Durchführung von Sporttagen


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und Sportwochen in den Schulen, wobei wir als Skination auch den Wintersport in Österreich berücksichtigen müssen.

Deshalb meine Frage: Was unternehmen Sie gemeinsam mit dem Bildungs­minister, dem organisierten Sport und der Wirtschaft, um noch mehr Schwung in die Schulsportwochen und Schulsporttage zu bringen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Tatsächlich gibt es da eine aktuelle Initiative. Ich gebe Ihnen vorab recht: Es ist darauf zu achten – alle Fördermaßnahmen, die ich gleich aufzählen werde, gehen in diese Richtung –, dass wir die Wintersport­wochen, aber natürlich auch die Sommersportwochen weiter durchführen. Da hat es ja, aus logischen Gründen, gewisse Verschiebungen gegeben, wir wollen da aber die Balance halten.

Wie wird gefördert? – Vor allem mit zusätzlichen finanziellen Mitteln, was die soziale Teilhabe betrifft. Jedes Kind, alle Eltern, die das wollen, sollen das machen können. Deshalb wurden gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und dem Bildungsministerium – beiden Institutionen sei gedankt – zusätzliche Fördertöpfe zur Verfügung gestellt.

Auf einer anderen Ebene, was das Erleichtern der Organisationsarbeiten für jene Lehrkräfte betrifft, die das tun – manche sagen: sich antun –, passiert gerade Großes, indem eine neue Plattform als One-Stop-Shop eingerichtet wird; wieder einmal bei der Sport Austria – auch dafür danke ich. Man kann künftig von Transport, Unterkunft, Equipment bis zu Sportangeboten – in der Wintersport­woche gibt es nicht nur die eine, sondern mehr Möglichkeiten, jene in der Sommersportwoche waren eh schon bekannt – und Versicherungsangeboten zwar nicht alles unmittelbar auf einmal buchen, man hat aber alle Angebote vor sich, kann weiterklicken und das Menü selbst zusammenstellen. Das wird eine


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große Erleichterung für jene, die dankenswerterweise in den Schulen daran arbeiten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Steger. – Bitte sehr. 09.49.12


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sport­minister! Durch Ihre Coronalockdowns haben Sie den Sport über Monate de facto verboten, haben Sie unzählige Vereine in den Ruin getrieben und auch einen gewaltigen gesundheitlichen und auch gesellschaftlichen Schaden ange­richtet. Jetzt werden die Vereine durch die hohen Energiekosten weiter finanziell ausgeblutet und auf die Probe gestellt. Die ersten Vereine haben ihren Betrieb bereits massiv reduziert oder sogar schon eingestellt.

Ich habe Sie bereits vor Monaten davor gewarnt, dass Sie, wenn nicht schnell etwas passiert, den leidgeprüften Vereinen endgültig den Todesstoß verpassen werden. Sie haben betreffend Coronahilfszahlungen Ihren Fehler nachträglich eingestanden: dass es zu lange gedauert hat, bis die ersten Zahlungen erfolgt sind.

Umso schockierter bin ich jetzt, dass bis heute noch immer kein Cent von dem von Ihnen angekündigten Energiekostenausgleich geflossen ist. Daher lautet meine Frage:

237/M

„Der Energiekostenausgleich des Sportministeriums ist mit 15 Mio. Euro dotiert. Wann können die heimischen Sportvereine endlich mit der Auszahlung rechnen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Bevor wir uns hier jetzt in


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die Schockstarre begeben, befragen wir jene, um die es geht: Erstens würden die antworten, dass Unzählige in dieser Pandemiekrise finanziell über die Runden gebracht wurden, und zwar deutlich. Wir können ja einmal den Test machen.

Zum Zweiten ist natürlich das, was die Energiekosten betrifft, tatsächlich ein Thema. Ich kann das Ergebnis vorwegnehmen: Für dieses Jahr wurde einmal ein entsprechender Budgettopf für die energieintensiven Sportstätten und für die gemeinnützigen Vereine, die solche betreiben, budgetiert. Jetzt ist die Perspek­tive, dass das im Februar schon startet und bis März die Beantragung möglich ist. Über das doppelte Kontrollsystem – wir wollen ja immer auch aufs Steuergeld schauen – wird es dann bis April brauchen, bis die ersten Auszahlungen laufen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Sportminister! April ist viel zu spät, noch dazu, da Sie das bereits vor vielen Monaten angekündigt haben. Ich muss Sie also ernsthaft fragen, was Sie eigentlich die ganze Zeit tun und warum Sie diese Dringlichkeit noch immer nicht erkannt haben, insbesondere bei ehrenamtlichen Vereinen, die ja bekannterweise keine Rücklagen bilden dürfen, also in solch finanziell schwierigen Zeiten auch dringend diese Zahlungen brauchen.

Es ist für mich auch nicht ganz nachvollziehbar, wie Sie auf die Summe von 15 Millionen Euro kommen, denn laut Berechnungen der Sports-Econ entstehen den Vereinen rund 181 Millionen Euro an Mehrkosten. Daher frage ich mich, wie diese 15 Millionen zustande kommen. Noch verwerflicher wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass die öffentliche Hand alleine im Jahr 2022 inflationsbedingte Mehreinnahmen aus dem Sport in der Höhe von ungefähr 106 Millionen Euro und 2023 laut Prognosen von sogar 202 Millionen Euro hatte. Das heißt, Sie cashen ab und wollen dem Sport anscheinend nur einen Bruchteil dieser Einnah­men für das Überleben zurückgeben.


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Daher komme ich zu meiner Frage: Wie genau kommen Sie auf diese 15 Mil­lio­nen Euro? Gab es da eine Gefahrenanalyse, Schadensprognose, Gespräche mit den Sportorganisationen, wodurch Sie zu diesem Schluss gekommen sind? Und wenn nicht: Geben Sie auch eine Garantie ab, dass diese Summe nötigenfalls erhöht wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Erstens muss ich den Finanzminister verteidigen und die Makroebene so beschreiben, dass eine Inflation dazu führt, dass zwar in den ersten Monaten dieses Phänomens mehr Steuereinnahmen hereinkommen, aber in der Folge aufgrund von entsprechenden Hilfsmaßnahmen beziehungsweise aufgrund von Anpassungen, wie Valorisierung der Sozialleistungen et cetera – das gibt es ja jetzt –, die Ausgaben in einem ähnlichen Ausmaß steigen. Da bleibt also zum Schluss grundsätzlich nichts übrig. Das braucht man nicht zu insinuieren.

Das Zweite ist: Was die Summen im Sportbereich betrifft, geht es zunächst einmal um die energieintensiven Sportstätten. Dahin gehend lauten die Schät­zungen genau so, dass das ziemlich hinkommt. Wir haben beim NPO-Fonds schon bewiesen: Wenn es mehr ist, wird man es auch machen. An dieser Stelle wird es sich aber ausgehen.

Was die kurzfristigen Förderungen betrifft, wiederhole ich noch einmal: Eigentlich sind die Länder zuständig für den Sport, wir machen das aber gerne.

Das Letzte ist: Wir haben noch nie so viele Mittel in den Sport gegeben wie in diesen Monaten. Sie wissen das ganz genau! Diese Erhöhung von 80 Millionen auf 120 Millionen Euro führt dort dazu, dass natürlich der Bundesvereins­zuschuss, der da darunter hängt, für jeden Dachverband von 3,3 Millionen auf 5 Millionen Euro steigt. Die nutzen das auch: Die geben kurzfristige Über­brückungshilfen entsprechend ihren Möglichkeiten, also im Rahmen von über


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5 Millionen Euro. So viel ist da also noch nie gemacht worden, aber Sie werden immer versuchen, das gegenteilig darzustellen. Das ist halt die Methode, die in Ihrer Fraktion gerade en vogue ist. (Abg. Zanger: Ja, ja!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine weitere Zusatzfrage stellt Abgeordneter Schroll. – Bitte.


Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Als Energie­sprecher bin ich natürlich tagtäglich mit privaten Haushalten konfrontiert, die mir Mails über horrende Nachzahlungen für 2022 und natürlich auch neue Vor­schreibungen für 2023 zukommen lassen.

Sie haben selber schon vom Energiekostenzuschuss für energieintensive Sportstätten gesprochen. Deswegen ist meine Frage, weil natürlich auch viele kleine Sportstätten betroffen sind: Sind 15 Millionen Euro Energiekosten­ausgleich für alle Sportvereine in Österreich ausreichend dotiert oder sind weitere Mittel geplant?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Na ja, wenn sie nicht reichen, dann wird sicher aufge­stockt; das sagte ich vorhin. Der Punkt ist nur, wir reden hier von jenen gemeinnützigen Vereinen, die selber energieintensive Sportstätten betreiben. Diejenigen – das ist sehr häufig der Fall –, die in der Verwaltung der Kommunen oder anderer öffentlicher Institutionen sind, haben andere Finanzie­rungstitel. Im Übrigen darf ich auf die Gemeindeinvestitionsmilliarde verweisen, wo ausdrücklich 50 Millionen Euro für solche und ähnliche Zwecke vorgesehen sind. Da gibt es also mehrere Möglichkeiten.

Die energieintensiven Sportstätten haben wir einmal herausgenommen, weil dort die Energiepreisschwankungen, die Sie angesprochen haben, natürlich auch aufschlagen. Wir wollen, dass dort zwar gespart wird, weil Energie ja knapp ist – sonst würde sie ja nicht so teuer werden, das dürfen wir auch nicht vergessen –,


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aber es soll ein gutes Angebot für die Betätigung und für den Sport gerade für Kinder und Jugendliche erhalten bleiben. Beispielsweise fallen da natürlich die vorhin angesprochenen Hallenbäder darunter – je nach Betreiber natürlich. Auf der einen Seite wird man die Preisentwicklung nicht ganz wegradieren können, auf der anderen Seite soll gespart werden, es soll aber noch so viel offen gehalten werden, dass die Ziele erreicht werden. Das steckt hinter diesem Konzept.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Abgeordneter Brandweiner. – Bitte.


Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Herr Vizekanzler und Sportminister! Wir begrüßen die Maßnahmen des Energiekostenausgleichs natürlich, denn damit werden auch die größten Probleme gelöst. Damit es aber nicht zu einer dauerhaften Förderschleife wird, benötigen wir natürlich auch Förderpro­gramme, sodass die Energieinfrastruktur von den Sportvereinen auch nachhaltig ist.

Meine konkrete Frage: Gibt es hier schon Überlegungen, wie wir da den Sportvereinen helfen können, diese Energie auch nachhaltig selbst zu produzieren und sich damit natürlich kostentechnisch selbst zu helfen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, tatsächlich: Die Vereine an der Basis kennen oft, haben wir festgestellt, gar nicht alle Fördermöglichkeiten. Deshalb gibt es da jetzt eigene Stellen für Beratung, sodass man da gut reinkommt. Das ist auch genau so und in Absprache mit dem Klimaschutzministerium gemacht worden.

Das Zweite ist: Natürlich haben da die Dachverbände entsprechende Mög­lichkeiten, und für solche Dinge sind sie eigentlich auch da. Und siehe da, sie tun ja auch etwas; die drei großen Dachverbände haben zwar unterschiedliche Modelle, aber eben doch welche, über die sie selber Angebote machen, sodass


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ihre Vereine da schneller investieren können und auch in genau diese Dinge, die sie machen, gefördert investieren können.

Am Schluss muss auch im Sport so wie in der Kultur – wofür ich gerade zustän­dig bin – und natürlich überall anders gelten: Wir brauchen die Balance, wir müssen energieeffizienter werden. Wir brauchen die Energiewende überall, und umgekehrt sollen die Zwecke, die solche Sportstätten eben haben, natürlich weiter erfüllt werden. Eben das ist der Lösungsvorschlag dafür. (Abg. Brandweiner: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage kommt von Frau Abgeordneter Prammer. – Bitte. 09.57.59


Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage schlägt in die gleiche Kerbe, weil das Thema ja wirklich sehr wichtig ist und weil sehr, sehr viele Anfragen auch von Vereinen, die uns erreichen, in diese Richtung gehen. Die Frage der Energie­kosten bewegt die Vereine auf ganz unterschiedliche Arten, also je nachdem, welche Voraussetzungen dort sind, ob sie eigene Energieinfrastruktur haben, ob sie energieintensive Infrastruktur haben oder ob sie irgendwo eingemietet sind. Je nachdem, wie es mit dem eigenen Sportbetrieb läuft, ist das Thema der gestiegenen Energiekosten bei allen ein Thema, das ihnen sehr zu schaffen macht. Und deshalb würde ich Sie ersuchen, in der Beantwortung meiner Frage das noch etwas zu präzisieren.

246/M

„Mit welchen Maßnahmen begegnet das Sportministerium den gestiegenen Energiekosten, die derzeit so vielen Sportvereinen zu schaffen machen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, das ist schon spezifiziert. Die Fördervarianten werden


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so ausschauen: Wir werden in Anlehnung an das, was in der Wirtschaft geschieht, für die Periode des Vorjahres ein halbes Jahr für die Antragstellung einrichten, dann für heuer eine für das erste und eine für das zweite Halbjahr, es gibt also drei Antragsperioden. Die Fördersätze basieren auf der Energie­kostendifferenz, das ist also ähnlich wie in der Wirtschaft, sie sind dann aber jeweils um 10 Prozent höher. Warum? – Weil, wie Frau Abgeordnete Steger als zutreffendes Argument gebracht hat, die gemeinnützigen Vereine natürlich keine Rücklagen bilden können und dementsprechend kaum welche haben – und auch in der Zukunft nicht bilden sollen, das ist ja so definiert.

Deshalb sind die Sätze dort 10 Prozent höher. Das heißt, für das Jahr 2022 sind es 40 Prozent der Differenz der Kosten und für die beiden Halbjahre 2023 sind es 70 Prozent. Das ist jetzt der Plan. Das ist schon in eine Richtlinie gegossen, das wird gerade alles abgenommen. Die Bundes-Sport GmbH ist da voll dahinter, die wird das nämlich diesmal in bewährter Manier abwickeln.

Zu den Fristigkeiten habe ich vorhin schon etwas gesagt. Es geht dann im April mit den Auszahlungen los, aber wir werden zwei Kontrollinstanzen dazwischen­schalten. Um auch dieses Argument noch einmal zu bringen: Es müssen schon auch alle wissen, dass genau darauf geschaut wird, dass ganz korrekt eingereicht und abgerechnet wird.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, dass darauf geschaut wird, dass es auch korrekt abgewickelt wird. Damit das aber funktionieren kann, ist es natürlich für die Vereine auch wichtig, zu wissen, wie die genauen Richtlinien sind. Deshalb noch die Zusatzfrage: Wann und wo werden diese Richtlinien veröffentlicht werden, damit die Vereine darüber Bescheid wissen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.



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Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Jedenfalls von der erstzuständigen Stelle, von der BSG, natürlich aber auch in unserem Ministerium und, was ganz, ganz wichtig ist – und da kommt wieder das, was sich in der Pandemie so bewährt hat, hinzu –, mit den Dachverbänden. Es geht also darum, dass das die drei Dachverbände – über die Sport Austria – machen und genauso der ÖFB und der Österreichische Tennis­verband, weil das auch große Verbände sind, die im Sportförderungsgesetz ähn­lich begriffen werden wie die großen Dachverbände.

Darunter sind die vielen Vereine angesiedelt, und wenn die das alle machen – und die werden sehr daran interessiert sein –, dann, glaube ich, sollten es alle wissen. Die Antragsperiode geht ja dann bis in den März hinein, und bis dorthin sollten es alle geschafft haben, die etwas brauchen und die das wollen – Bezug habend bereits auf das Jahr 2022.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Minister, wir haben jetzt bei den Energiekosten hauptsächlich von den Sportvereinen gesprochen. Es gibt in Österreich aber natürlich auch sehr viele Kunst- und Kulturvereine, insbesondere sehr viele Theatervereine – in unserem Land und in den einzelnen Bundesländern –, die hauptsächlich über die Gemeinden gefördert werden, damit sie überhaupt arbeiten können. Von diesem Bereich habe ich jetzt nicht viel von Ihnen gehört.

Deswegen ist meine Zusatzfrage: In welcher Art und Weise werden Sie ver­suchen, diese Vereine im Bereich der Energiekosten zu unterstützen? Welche Maßnahmen soll es da geben, auch unter der Berücksichtigung dessen, dass es ja für die Kulturvereine dieses Energiesparpaket, diesen Leitfaden, wie man Energie sparen soll, gibt? Welche Berücksichtigung soll dieser finden, wenn man sich überlegt, wie man den Vereinen – die meistens ja irgendwo eingemietet sind,


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also selbst nicht sehr viel dazu beitragen können, dass es zur Verwendung erneuerbarer Energien kommt – unter die Arme greifen will?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Betreffend Letzteres: Diese Konzepte gibt es in der Sektion tatsächlich. Das hat aber zur Folge, dass einerseits über Beratung oder andererseits über direkte Förderungen, wenn etwas bei der Energieeffizienz – das sind aber Investitionen – gemacht wird, etwas kommt.

Völlig davon zu unterscheiden sind die Energiekosten, die ja akut schwanken, um nicht zu sagen, sehr stark steigen. Das haben Sie ja angesprochen, aber gleich­zeitig darauf hingewiesen, dass viele Gemeinden eigentlich die Fördergeber sind, öfter auch die Länder – ich sagte ja: Gemeinden, Länder. Das hat einen guten Grund: weil Kultur, so wie der Sport, hauptsächlich Landessache ist. Wir sind aber gerne bereit, etwas zu tun, wie wir es ja schon beim NPO-Fonds und bei dieser Sache jetzt gemacht haben.

Abschließend weise ich nur darauf hin: Der Vergleich mit dem Sportbereich würde dazu führen – das erheben wir gerade eben auch –, dass es natürlich um gemeinnützige Kulturvereine gehen würde, die ihrerseits aber nicht wo einge­mietet sind, sondern selber, wenn Sie so wollen, wie Sportstätten Kulturstätten betreiben, wo man natürlich davon ausgehen darf, dass, zum Beispiel bei einer großen Raumkubatur, die Beheizungskosten entsprechend zugenommen haben. Diese Energiekostendifferenz könnte dann hergenommen werden. Voraus­set­zung ist nur, dass man in dem Fall zum Beispiel selber ein Gebäude, eine Kultureinrichtung betreibt. Ansonsten sind wir genau bei den Gemeinden und bei den Ländern, die Sie ja selber angesprochen haben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeord­neter Shetty. – Bitte sehr. 10.04.21



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 66

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Herr Vizekanzler, Herr Sportminister! Sie wissen, dass wir seit Jahren die rechtliche Anerkennung von E-Sport fordern. Diese Anerkennung ist aus arbeits-, steuer- und veranstal­tungsrechtlicher Sicht dringend notwendig. Sportlerinnen und Sportler, die E-Sport betreiben, zocken nicht irgendwie einmal in der Woche oder am Wochen­ende, wie manche hier im Hohen Haus glauben, sondern spielen in hochkom­petitiven Wettbewerben, trainieren intensiv und hochprofessionell.

Da auch Sportarten wie Schach, wie Billard und wie Darts in Österreich rechtlich anerkannt sind, wäre es auch höchste Zeit, dass E-Sport anerkannt wird – wie übrigens bereits in 60 anderen Ländern auf der Welt. Insbe­sondere wäre es zentral, dass es aus dem Glücksspielrecht herausgenommen wird, weil das natürlich fatale Konsequenzen für die Sportlerinnen und Sportler hat.

Sie haben jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Die hat einen tollen Bericht mit guten Empfehlungen veröffentlicht. Ich muss aber schon sagen, wenn eine Arbeitsgruppe nur als Selbstzweck besteht, dann ist das schon eher für die Fisch’, und ich verstehe, dass das sehr viele verärgert. Daher meine Frage:

248/M

„Bis wann konkret werden die Empfehlungen der Arbeitsgruppe ‚E-Sport‘ im Bereich der Bundesgesetzgebung umgesetzt?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Erstens einmal gebe ich Ihnen recht in Ihrem Befund – eigentlich auch im Anliegen –: Dass das ganz viele Menschen machen, und zwar im kompetitiven Bereich, und dass das nicht nur sozusagen irgendein Jux ist, würde ich unterstreichen. Die Zahlen gehen da auseinander, manche Angaben gehen bis zu 1,3 Millionen, Sie werden das vielleicht selber kennen. – Damit stellen wir da einmal eine Gemeinsamkeit fest.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 67

Was die Ziele der Arbeitsgruppe betrifft: Warum die beauftragt wurde, das werden Sie ja mit in Erinnerung haben. Tatsächlich ist jetzt die Lage aber folgende: Als Ergebnisse kommen aus dieser Arbeitsgruppe, was gesetzliche Änderungen betrifft, einmal Vorschläge, wo man jedenfalls hinschauen muss und etwas tun kann. Das betrifft aber vor allem den Jugendschutz. Da geht es um Prävention, auch um Spielerschutz und ähnliche Dinge mehr. Der gesetzliche Handlungsbedarf wird da eben im Arbeitsrecht und im Jugendschutz liegen, weil es ja nicht unbedingt ein E-Sports-Gesetz alleine braucht. Das kann man auch diskutieren, es wird auch diskutiert.

Da haben wir nur das Thema – und ich möchte, solange es geht, konsensual vorgehen –, dass wir halt in der österreichischen Sportcommunity noch unterschiedliche Meinungen haben, ob und inwieweit das anerkannt werden soll. Das heißt aber nicht, dass man es nicht trotzdem fördern kann. Das kann ich mir als Sportminister sozusagen außerhalb der Struktur der Sport Austria vorstellen, damit wir da nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Insgesamt gibt es dafür aber, wie mir scheint, noch keinen ausreichenden Konsens beziehungsweise keine entsprechenden Mehrheiten, deshalb mein Befund.

Wir haben aber auch angeregt – das wird ja passieren und wir schauen auch darauf –, dass die Sport Austria und die anderen Fachverbände ständig im Austausch mit den Vertretern des E-Sports bleiben, damit wir da vielleicht doch auch noch zu einer tragfähigen Einigung kommen, damit man das in einer akzeptierten Weise implementieren kann. Das wäre da die Herangehensweise.

Einige dieser Empfehlungen zielen natürlich auch darauf ab, dass die Regelungen, etwa im E-Sport-Verband selber, natürlich – und das tun die ja auch – immer wieder gut nachgebessert und umgesetzt werden können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Bei allem Respekt, Herr Vizekanzler, das fällt mir jetzt schon in der letzten Stunde auf: Wir führen ein bisschen das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 68

Instrument der parlamentarischen Fragestunde ad absurdum, wenn man auf konkrete Fragen keine Antworten bekommt.

Deswegen würde ich gerne noch einmal nachhaken: Es gibt in diesem Bericht ganz konkrete Empfehlungen für die Bundesgesetzgebung, die Sie ja sicher auch kennen. Bis wann konkret gedenken Sie, diese umzusetzen? Sie haben da als Sportminister eine Koordinierungsfunktion. Was ist der Fahrplan für Gespräche mit den Ländern?

Ich würde mir also eine etwas konkretere Antwort wünschen, wenn ich das darf.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Es darf ja auch unterschiedliche Einschätzungen geben, wie konkret die Empfehlungen der Arbeitsgruppe sind. Ich sagte Ihnen ja, dass wir, wenn wir es schnell haben wollen, beim Jugendschutz – da gibt es ent­sprechende Landeszuständigkeiten, wie Sie ja selber angedeutet haben – ansetzen können, auch das Arbeitsrecht spielt eine Rolle, und dann gibt es natürlich auch den Wunsch – das habe ich noch gar nicht erwähnt – nach steuerrechtlichen Gleichstellungen mit anderen gemeinnützigen Sportvereinen. Da gibt es die Gespräche mit dem Finanzministerium.

Ich werde Ihnen nicht etwas erzählen, was konkreter klingt, als es ist. Der Stand ist genau so, wie ich es Ihnen berichtet habe. Die Arbeitsgruppe – es ist gescheit, dass sie eingesetzt worden ist – hat eben Empfehlungen in verschiedene Rich­tungen abgegeben, aber so detailliert und konkret, dass wir hier im Nationalrat schon eine Mehrheit dafür hätten – das werden Sie selber ganz genau wissen –, sind sie dann nun eben nicht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Hammer. – Bitte. 10.09.34



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 69

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Kollegin Blimlinger hat Sie schon darauf angesprochen, welche Moderni­sierungen Sie im öffentlichen Dienst vornehmen. Ich möchte mich in meiner Frage auf den konkreten Bereich des Dienstrechtes beziehen:

240/M

„Welche Vorhaben hinsichtlich des aktuellen Dienstrechts für den Öffentlichen Dienst sind in Ihrem Ressort im Laufen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Jetzt implementieren wir gerade, was mit der letzten, durchaus großen Dienstrechts-Novelle gekommen ist – dazu gab es ja auch schon Fragen –, und schauen genau, wie sich das auswirkt, nämlich die Erhöhung der Einstiegsgehälter auf zwei Schienen. Die Insider kennen diese Pakete. Das ist alles andere als eine Kleinigkeit, man muss ja dann zurechnen: Was geht auf diese Maßnahme zurück und wo brauchen wir sonst noch Attraktivierung?

Unser Thema ist ja momentan nicht, wie manchmal insinuiert wird, dass wir ein überbordender Beamtenstaat sind, sondern dass wir im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um möglichst gute Kräfte stehen. (Abg. Loacker: Aber immer mehr davon! Das ist das Problem!) Das bedingt natürlich bestimmte weitere Maßnahmen.

Wir haben ja den Quereinstieg im Lehrberuf ermöglicht; da geben die ersten Zahlen durchaus etwas her, je nachdem – jedenfalls 4 000 bis 5 000 schon einmal im ersten Halbjahr. Das kann man natürlich dort, wo es gut geht, auf andere Sparten des öffentlichen Dienstes ausdehnen; daran wird gerade gearbeitet.

Sie wissen, dass wir ja eigentlich mit den angesprochenen Einstiegsgehälter­schienen in Wahrheit schon eine Spur an der Struktur der Besoldung gedreht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 70

haben. Jetzt wäre gut, darauf hinzuschauen, wie die Gesamtstruktur ausschaut. Sie wissen, das ist ein ganz, ganz dickes Ding. Man sollte einmal offen aufei­nander zugehen. Ich werde die Vorschläge aus den Ressorts einholen, weil, wie Sie wissen, die Dienstrechts-Novellen immer daraus entstehen, dass wir die Vorschläge von woanders kriegen. Jetzt wäre einmal gut, aufs Ganze zu schauen, dass da auch die Vergleichbarkeiten immer stimmen, denn je mehr wir an einzelnen Schrauben drehen, desto mehr muss man darauf schauen, dass die ganze Maschine noch entsprechend läuft.

Wir haben einiges zu Antikorruption besprochen, auch da soll es etwas geben. Wir wollen im öffentlichen Bereich die angesprochenen Whistleblowingthemen und die entsprechende Richtlinie dazu doch scharf umsetzen; das wird gerade vorbereitet und gemacht.

Ich weiß, bei einer weiteren Frage kommt das objektivierte Bestellungsverfahren noch einmal, deshalb stoppe ich jetzt, weil ich die 2 Minuten schon überschritten habe. Aber das würde in dieses Paket auch noch passen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.

Dann kommen wir zur Zusatzfrage von Abgeordnetem Lausch. – Bitte.


Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Vizekanzler, für die vielen Exekutivbeamten in den Bereichen Polizei, Bundesheer und Justizwache wäre dringend ein eigenes Exekutivdienstrecht notwendig. Auch Sie standen zu Beginn Ihrer Tätigkeit als Beamtenminister diesem Vorhaben sehr positiv gegenüber. In letzter Zeit oder bei den letzten Novellen hat man sehr wenig darüber gehört. Wie Sie wissen, sind die Aufgaben der Exekutive sehr speziell, und deshalb ist das Beamtendienstrecht, das ja zum großen Teil für die Verwaltungsbeamten gemacht wurde, oft nicht ausreichend und oft nicht sehr sinnvoll.

Deshalb meine Frage: Ist ein solches Exekutivdienstrecht in Ihrem Haus in Planung, in Vorbereitung?, beziehungsweise: Wie stehen Sie heute als


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zuständiger Minister zu dieser langjährigen Forderung der österreichischen Exekutive?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie haben in einem recht: Ich habe mich da sehr offen gezeigt, weil wir einige Themen hatten, bei denen ich wirklich versucht habe, gerade Ihren Analysen und Anliegen zu folgen, sie zu verstehen. Sie kommen ja, wie wir wissen, aus der Praxis und haben speziell im Justizwachebereich einiges vorzubringen. Gerade dort gibt es vielleicht noch mehr zu tun als bei den von Ihnen angesprochenen Polizei­diensten. Das sehe ich auch so, das sehe ich ein.

Ich habe mich nur dann beraten lassen, weil man ja nicht überall gleich in der Tiefe des Themas drinnen ist, und mein Eindruck war, dass wir für die betrof­fenen Gruppen, die Sie ja mit vertreten, mehr erreichen, jedenfalls real­politisch, wenn wir in den entsprechenden Rechtssegmenten, die nun einmal vorhanden sind, an den Regelungen weiter drehen. Auch von Expertinnen und Experten, die ich auch schätze, wird gar nicht einmal das Heil darin gesehen, wo Sie den Ansatz sehen, aber das Anliegen wird geteilt und wir werden die Bestimmungen dort immer weiter verbessern.

Natürlich würde ich im Sinne dessen, dass man sagt, wir wollen einmal alles harmonisieren und auch übersichtlicher haben, das immer noch als einen solchen Ansatz begreifen, aber dort, wo wirklich etwas für die Leute gemacht wird, geht etwas weiter, und zweitens gibt es da ja die gesetzlichen Grundlagen, bei denen wir es halt nach wie vor einankern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. 10.14.49


Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Vizekanzler!


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244/M

„Wie stellen Sie sicher, dass der öffentliche Dienst ein attraktiver, zeitgemäßer Arbeitgeber mit transparenten und objektiven Bestellungsverfahren ist?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Zwei Punkte: Beim ersten verweise ich im Wesentlichen auf das, was schon gesagt wurde. Der zeitgemäße Arbeitgeber versucht, die Gehaltskurven anders zu gestalten, deshalb jetzt höhere Einstiegsgehälter an mehreren Stellen, sodass der öffentliche Dienst auch attraktiv ist. Es war ja früher fast nicht möglich, einen Quereinstieg zu organisieren; auch das hatten wir schon, aber das passt genau als Antwort auch zu Ihrer Frage.

Noch einmal möchte ich auf die Lehrlingsausbildung und die Funktion des Bundes verweisen. Wir bewegen da wirklich gerade etwas Größeres, und das würde ich da auch dazuzählen.

Was aber noch weniger besprochen wurde, ist die sehr intensiv diskutierte Objektivierung, wie es heißt, in Bestellungsverfahren; so heißt es ja auch in Ihrer Anfrage. Dazu darf ich Ihnen mitteilen, dass das Ausschreibungsgesetz 2021 in dieser Legislaturperiode an einer Stelle massive Verbesserungen gebracht hat, weil es jetzt so ist, dass die Arbeitsplatzbeschreibungen – ich weiß, das klingt alles sehr technisch; da sind wir zuständig, deshalb weiß ich in der Praxis auch mehr darüber – schon verbindlich draußen sein müssen, bevor es zur Aus­schreibung kommt. Sonst gilt sie sozusagen nicht, und wir haben deshalb auch schon manche Fälle zurückgewunken. Warum: weil man es sich früher leicht machen konnte, indem man das ein bisschen im Unklaren gelassen hat und man die Arbeitsplatzbeschreibung im Nachhinein genau dorthin justieren konnte, wo man sie haben wollte. Ich glaube, wir wissen alle, wovon wir da reden. Und das ist ein, wie ich meine, nicht zu unterschätzender großer Schritt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 73

Bei den Kommissionen selber haben wir mit der Gleichbehandlungsbeauftragten – das werden Sie besser wissen als ich, vermute ich sogar – schon die Gewichte verschoben, weil jetzt immerhin jemand am Tisch sitzt, der die Augen auf mehrere potenzielle Schieflagen hat. Und wenn jemand drinnen ist, dann wird er das bei allen Vorgängen in der Kommission machen, nicht nur bei den Gleichbehandlungsfragen im engsten Sinn.

Ein Letztes: Die Stellen, die Kollegen, wenn wir an die Ministerien denken, haben durch das bestehende Gesetz natürlich schon auch weitere Möglichkeiten. Ich darf Ihnen sagen, dass in unserem Haus in vielen Fällen jemand in die Kommis­sion geholt wird, der gar nicht aus dem Haus ist, sondern aus einem anderen Ressort. Das ist natürlich sehr helfend und heilsam gegen bestimmte Vorgänge, die man nicht haben will. Ich denke tatsächlich daran, ob man so etwas nicht verbindlich für alle vorsehen kann, obwohl nicht alle eine Freude damit haben werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Es gibt eine Masterarbeit aus dem Jahr 2018, wonach 70 Prozent der Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter aus Ministerkabinetten stammen und 30 Prozent aus nicht politiknahen Bereichen, wobei diese 30 Prozent bereits über 60 Jahre alt sind. Wir haben ja auch die Situation der Generalsekretäre, die 2018 per Gesetz möglich gemacht wurden und eine Weisungsbefugnis gegenüber Sektionschefs und auch den Ver­wal­tungsbediensteten haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Haben Sie jetzt auch im Zuge dieser Debatte rund um die Bewertung in puncto Korruption in Österreich Überlegungen, wie Sie diese Situation transparenter machen oder verbessern könnten – im Sinne der Trennung von Partei und Staat?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 74

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Diese Masterarbeit, die Sie angesprochen haben, würde mich selber sehr interessieren, die Frage ist aber, was dann jeweils ursächlich ist – das wird wohl aus der Arbeit hervorgehen –: Ist jemand schon im öffent­lichen Dienst gewesen und kam dann in ein Kabinett oder war es umgekehrt? – Dieser Richtungspfeil macht sehr viel aus.

Was die Generalsekretariate betrifft – das haben wir ja schon öfter diskutiert –: Tatsächlich gehen die Empfehlungen des Rechnungshofes in die Richtung, dass, wenn es Generalsekretariate gibt, die Personen, die diese Funktion ausüben, schon bestimmten Kriterien genügen sollten. Es wäre sicher gut, dort, wo es sie gibt, nachzuschärfen.

Wir haben aber auch schon den Verlauf der Statistik besprochen, und nach meinem Überblick gibt es jetzt immer weniger Generalsekretariate. Ich wollte nur die Gelegenheit nutzen, auch darauf hinzuweisen.

Gewisse Mindestregelungen sind da aber sicher sinnvoll. Wir werden im Rechnungshofausschuss Gelegenheit haben, die diesbezüglichen Vorschläge des Rechnungshofes, denen ich sehr offen gegenüberstehe, zu hören und auch tatsächlich umzusetzen. Ich hoffe, es machen dann halt auch alle mit.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Hamann. – Bitte sehr.


Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Lieber Herr Bundesminister! Eine knappe, konkrete Frage; es ist ja für die nächste Zeit ein organisatorisches Großprojekt geplant, nämlich die Übersiedelung der Verwaltungsakademie des Bundes: Können Sie uns da schon etwas Genaues über den Stand der Planungen sagen, was Zeitplan, Kosten, Folgewirkungen betrifft? Was ist der aktuelle Stand der Dinge?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.



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Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, das ist in der Tat ein Großvorhaben der Sektion öffentlicher Dienst in dieser Arbeitsperiode. Einige kennen ja das Schloss Laudon, den bisherigen Sitz der Verwaltungsakademie. Das ist zwar schön gelegen, aber halt oft nicht sehr funktional, schwer erreichbar und vor allem sauteuer, gemessen an dem, was möglich ist. Deshalb haben wir uns vorge­nommen – teilweise schon die Vorgänger, aber wir sind es angegangen –, das echt umzusiedeln.

Das Projekt steht vor der Verwirklichung. Es geht da schon um Planungs­arbeiten, eine möglichst funktionale Innenarchitektur. Die genauen Kosteneinsparungen, woran ich natürlich selber sehr interessiert bin, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Das hängt davon ab, wie dann eine vorläufige Schlussbewertung aussieht. Ich kann aber mitteilen, dass die Finalisierung der entsprechenden Verträge, die es dann dazu braucht – es ist nämlich wirklich ein Großprojekt –, gerade läuft.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte. 10.21.52


Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Vizekanzler und Kulturminister! Die Causa prima in der Kultur ist ja nach wie vor der Fall des Schauspielers Florian Teichtmeister. Missbrauch ist natürlich in der Kultur seit Jahrzehnten immer wieder Thema: generell Missbrauch, Machtmiss­brauch, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung.

Immer wieder beginnen diese Themen auch durch Gerüchte die Runde zu machen. Die Szene ist eine recht kleine, umso mehr, wenn man es auf Genres herunterbricht. Die Filmszene kennt sich, die Opernszene kennt sich, es wird miteinander gesprochen. Man muss natürlich mit Gerüchten dieser Art und Kategorie auch sehr sensibel umgehen, aber dennoch muss man sich, glaube ich, ein paar grundsätzliche Dinge überlegen, wie etwa, welche Berichtspflichten et cetera es im öffentlichen Bereich gibt.


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Sie haben jetzt schon einige Fragen dazu beantwortet, und es gibt ein neues Gewaltschutzpaket für Kinder, aber meine konkrete Frage an Sie ist:

241/M

„Was kann man tun, um Vorkommnisse wie im Fall Teichtmeister im Kunst- und Kulturbetrieb nach Möglichkeit hintanzuhalten?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Vizekanzler.


Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Danke, Frau Abgeordnete! Ich habe es schon gesagt: Diese schrecklichen Phänomene sind ja nicht nur im Kunst- und Kulturbereich anzu­treffen, aber dort gibt es natürlich eine bestimmte Umgebung, die das möglich macht, wenn man mit Kindern zu tun hat und ein entsprechendes Machtgefälle vorliegt. Wir kennen das ganz analog vom Sport und so weiter, deshalb gibt es ja die Vertrauensstelle Vera*, die da für beide Bereiche arbeiten kann. Es geht ja bei diesem schlimmen Thema nicht nur um Kinder, und Vera* ist da noch wesentlich umfassender unterwegs. Da passiert also wie gesagt schon etwas.

Bei diesem schlimmen Fall Teichtmeister muss man aber allerdings, damit das nicht durcheinanderkommt, schon hinzufügen: Dieses Vergehen ist im privaten Bereich passiert. Ob und inwieweit das durch andere Arbeitsverhältnisse hätte verhindert werden können, sei dahingestellt. Dort aber, wo man etwas tun kann – und wir haben dieses große Paket jetzt angesprochen, da wird eben im Kanzleramt die entsprechende Stelle eingerichtet, die Kinderschutzkonzepte werden zunehmend in mehreren Bereichen verpflichtend, jedenfalls in der Kultur, das war ja Ihr engeres Thema –, wird das dann so vorgegeben.

Es ist aber natürlich noch mehr drinnen, das gilt dann auch für den Kultur­bereich. Die Verständigungspflichten spielen eine Rolle – das war ja, glaube ich, Ihrer Fraktion auch immer sehr wichtig –, das wird nachgeschärft. In all diesen Bereichen gibt es Einlassungen, die sich natürlich auch auf Kunst und Kultur auswirken, aber ein paar Dinge werden dort besonders gemacht, wie zum Beispiel


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in der Filmförderung, bei der unmittelbar bevorsteht, dass diese verpflichtenden Kinderschutzkonzepte Voraussetzung sind, um überhaupt eine Bundesförderung zu bekommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein, das ist nicht der Fall.

Dann darf ich mich beim Herrn Vizekanzler recht herzlich für die Beantwortung der Fragen und fürs Kommen bedanken.

Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt, daher erkläre ich diese Fragestunde für beendet. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.25.10Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die Bildschirme beziehungsweise auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen verweisen – ich hoffe, dass wir uns das bald sparen dürfen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 13782/J bis 13880/J

2. Anfragebeantwortung: 12821/AB

B. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs.4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisie­rungsgesetz über die im 4. Quartal 2022 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 115 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des


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Europäischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 4. Quartal 2022 (Vorlage 116 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2022 (Vorlage 117 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 78 Absatz 5 des Bundeshaus­haltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 2022 (Vorlage 118 BA)

Monatserfolg Dezember 2022 sowie COVID-19 Berichterstattung gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfonds­gesetz sowie das Monitoring von Verschuldung und Investitionstätigkeit der Gemein­den, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 119 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die Genehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen und gemäß § 60 Abs. 3 BHG 2013 über zugestimmte Vorbelastungen im 4. Quartal 2022 (Vorlage 120 BA)

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 2 bis 4, 14 bis 16, 19 bis 22, 23 bis 32 sowie 33 bis 38 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidiale wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Dementsprechend haben wir heute eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart. Es ergeben


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sich die Redezeiten wie folgt: ÖVP 156, SPÖ 108, FPÖ 88, Grüne 80 sowie NEOS 64 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für jene Abge­ordnete, die keinem Klub angehören, jeweils 32 Minuten. Ihre Redezeit pro Debatte wird auf 5 Minuten beschränkt.

Wir kommen gleich zur Abstimmung.

Wer für die eben dargestellten Redezeiten ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist jetzt einstimmig angenommen. Ich danke.

Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich noch mitteilen, dass Abgeordneter Scherak beantragt, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E) eine Frist bis zum 1.4.2023 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Weiters beantragt Abgeordneter Scherak, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 453/A eine Frist bis zum 1. April 2023 zu setzen.

Gleiches Prozedere: Nach Beendigung der Verhandlungen wird dieser Antrag zur Abstimmung gebracht.

Weiters beantragt Dr. Scherak, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 66/A(E) eine Frist ebenfalls bis zum 1. April 2023 zu setzen.

Über den gegenständlichen Antrag wird ebenso nach Verhandlungsende abgestimmt.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.


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10.27.241. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1631 d.B.) „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ (1753 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 1. Tagesordnungspunkt.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.27.48

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und via Livestream! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich gehen wir oft und gerne davon aus, dass es sich beim Thema Tierschutz um eine Konsensmaterie handelt, dass der Tierschutz allen Parteien im Haus ein großes Anliegen ist und dass die Stimmen der Bevölkerung, die von der Politik mehr Tierwohl einfordern, wie die 427 000 Men­schen, die gegen die quälenden Tiertransporte unterschrieben haben, gehört werden. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Menschen haben nämlich tatsächlich über Parteigrenzen hinweg ihrem Ärger und ihrer Fassungslosigkeit darüber Ausdruck verliehen, wie dieses derzeitige Landwirtschaftssystem funktioniert und was es mit fühlenden Lebewesen macht – gegen jedes moralische Gebot, für die Wirtschaftlichkeit und für den Profit. Leider fehlt aber dann doch oft die Konsequenz bei der Umsetzung, bei der tatsächlichen politischen Veränderung, die das System in den Blick nimmt und tatsächlich etwas ändert.

Wir hatten Ende letzten Jahres eine Tierschutzdebatte, in der Kollegin Werner von den NEOS das Thema ähnlich angesprochen und ebenfalls eine Ernäh­rungswende gefordert hat, wie ich das heute auch noch machen werde, und dann prompt, sagen wir einmal, missverstanden und von Kollegen von ÖVP und FPÖ angegriffen worden ist: Sie habe – wahlweise – die Landwirte oder die Transporteure, die Tiertransportfahrer, angegriffen. So wird dieses Thema leider


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oft politisch debattiert: Als würde es darum gehen, eine Seite gegen die andere auszuspielen. Das, was fehlt, sind die parteiischen Stimmen für die Tiere, die millionenfach leiden, und eigentlich wollen ja alle dieses Leid beenden – nur scheint es dann doch immer an der Konsequenz zu fehlen.

Wir Grüne haben unsere Zuständigkeiten so umfänglich wie möglich genutzt: Unter grüner Regierungsbeteiligung wurde das Tiertransportgesetz in Österreich das erste Mal seit Bestehen novelliert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben das Mindestalter für Kälber beim Transport angehoben. Wir haben die maximalen Transportzeiten gekürzt. Wir haben Kontrollen massiv verdichtet. Wir haben erwirkt, dass ein Herdenaufbau in Drittstaaten künftig nachgewiesen werden muss, bevor ein Transport abgefertigt werden darf, und erst vergangene Woche hat Bundesminister Johannes Rauch noch zusätzlich eine Maßnahme verabschiedet und die Höhe der Strafen, die die Polizei bei Mängeln am Trans­port an Ort und Stelle einheben darf, um 400 Prozent erhöht.

Was wir aber darüber hinaus brauchen, ist eine grundlegende Systemverän­derung, um die Überproduktion an Milch und Milchprodukten endlich zu beenden. Ich sage das ganz deutlich: Die Millionen an Subventionen müssen aus den Tierbetrieben herausgenommen und in die moderne tierfreundliche, klimaschonende pflanzliche Produktion (Beifall bei den Grünen) und in innovative Bereiche, die es gibt, zum Beispiel die Gewinnung von Tierprodukten aus Zellkulturen, investiert werden. Und wir werden auch nicht darum herumkom­men, unsere Lebensgewohnheiten zu verändern und den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren.

Wir müssen aber auch die europäische Ebene in den Blick nehmen, und wir müssen das Fördersystem und die Tiertransportgesetze auf europäischer Ebene ändern. Die Grünen sind dabei in Europa eine treibende Kraft.


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Mein Kollege Tom Waitz, Abgeordneter zum Europaparlament, hat eine Doku­mentation darüber gemacht, wie der EU-Tiertransport-Untersuchungsausschuss eigentlich abgelaufen ist, wer sich in diesem Ausschuss für strengere Gesetze, für härtere Strafen und neue Wege in der Landwirtschaft eingesetzt hat und wer das nicht will, wer blockiert und wer Verbesserungen aktiv verhindert. Der Film „Tierleid auf Rädern“ kommt nächsten Monat in einige österreichische Kinos und wird ein Bild davon geben, wer nur Sonntagsreden zum Tierschutz schwingt und wer bereit ist, Veränderungen auf den Weg zu bringen.

Um das auch politisch zu begleiten, wird es weiterhin alle Parteien brauchen und vor allem das Bewusstsein für die nötigen Veränderungen bei allen. Wir Grüne werden weiterhin unsere Vorschläge auf den Tisch legen, das Gespräch mit allen suchen und für eine nachhaltige Tierwohlwende arbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.32.51

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An und für sich begrüßt man auch die Minister des zuständigen Ressorts (Zwischenruf der Abg. El-Nagashi), also in diesem Fall die, die für den Tierschutz zuständig sind – heute ist leider keiner da. Minister Rauch ist nicht da, Minister Totschnig ist nicht da, und ich denke, da fast eine halbe Million Österreiche­rinnen und Österreicher dieses Volksbegehren unterschrieben hat, wäre es notwendig, dass bei der Behandlung im Plenum hier auch die Minister anwesend sind. Leider Gottes ist es aber nicht so, und ich kann nur annehmen, dass alles, was aus den Mündern der Abgeordneten der Regierungsparteien zum Tierschutz kommt, Schall und Rauch ist. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. El-Nagashi.)


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Worum geht es aber bei diesem Volksbegehren, meine Damen und Herren? – Es geht um: Stoppt Lebendtier-Transportqual, und die Initiatoren des Volksbegeh­rens wollen Tierleid verringern, indem „Schlachtviehtransporte nur noch vom Bauern zu nächstgelegenen Schlachthöfen“ durchgeführt werden dürfen, es geht um „Fleischtransport mit Hausverstand: Vom Schlachthof wird Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren transportiert“ –, und es geht um: „Global denken: Stopp von unnötiger Tiertransportqual auf Europas Straßen“. Es geht also um wirklich sehr, sehr vernünftige Forderungen, die man zum Wohle der Tiere umsetzen müsste.

Dazu hat es im Gesundheitsausschuss, der für diese Materie verantwortlich ist, ein Hearing gegeben, und bei diesem Hearing waren auch Experten anwesend. Experten waren zum Beispiel Dr. Rabitsch, der sehr lange als Tiertransport­inspektor in Kärnten zuständig war, es war Dr. Schmid, der Amtstierarzt in Vorarlberg war, es war Madeleine Petrovic, die ja Präsidentin von Tierschutz Austria ist, es war Herr Marksteiner, der Leiter der Abteilung Marktpolitik der Landwirtschaftskammer ist, und es war Ann-Kathrin Freude vom VGT, die im Transportwesen den Weg der Kälber bis nach Spanien verfolgt und doku­mentiert hat.

Vier dieser Experten sind der Meinung, dass beim Tiertransport schnellstens etwas gemacht werden muss. Vier dieser Experten sind der Meinung, dass das Tiertransportgesetz, das wir in Österreich beschlossen haben, dem wir als SPÖ nicht zugestimmt haben, zu wenig ist – viel zu wenig ist! Wenn gesagt wird, man habe das Alter der Kälber für den Transport von zwei Wochen auf drei Wochen erhöht, muss man dem entgegenhalten, dass das viel, viel zu wenig ist. Es müssten fünf Wochen sein, denn erst dann wären sie von der Muttermilch wirklich entwöhnt. Es gibt noch viele, viele andere solche Dinge.

Meine Damen und Herren, wenn man sich dann wirklich Broschüren anschaut wie diese hier (der Redner hält eine Zeitschrift mit dem Titel „Totes österreichisches Milchkalb in Spanien! Wann hören Tiertransporte endlich auf?“ und mit Abbildungen, die einen Tiertransport und ein totes Kalb zeigen, in die Höhe), in der es heißt:


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„Totes österreichisches Milchkalb in Spanien!“, und liest, was bei den Trans­porten passiert – dass die Kälber dort geschlagen werden, mit Elektroschocks in die Transporte hineinbegleitet werden, die Transporte Überzeiten haben –, und man dann auf EU-Ebene hört – und da vermisse ich die Unterstützung Öster­reichs –, dass es da nicht nur keine positive Möglichkeiten der Änderung gibt, sondern anscheinend sogar negative, indem diese Transportwege noch gefördert werden sollen, dann, meine Damen und Herren, frage ich: Wo ist denn Öster­reich?

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag hier in diesem Haus ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umset­zung der Forderungen des Volksbegehrens ‚Stoppt Lebendtier-Transportqual‘“

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, werden aufgefordert,

die Inhalte des Volksbegehrens ‚Stoppt Lebendtier-Transportqual‘ in einer Novelle zum Tiertransportgesetz dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzu­legen und auf europäischer Ebene den Fortschritt der Tiertransportgesetz­gebung zu befördern und nicht zu blockieren oder Verschlechterungen im Tiertransportbereich zu unterstützen,

damit die Ziele des Volksbegehrens


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- Tierleid verringern: Schlachtviehtransporte nur noch vom Bauern zu nächstgelegenen Schlachthöfen.

- Fleischtransport mit Hausverstand: Vom Schlachthof wird Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren transportiert.

- Global denken: Stopp von unnötiger Tiertransportqual auf Europas Straßen

so rasch als möglich im Sinne der Nutztiere“ und im Sinne derer, die dieses Volksbegehren unterstützt haben, auch umgesetzt werden.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

10.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck,

Genossinnen und Genossen

betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“

im Zusammenhang mit TOP 1, Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1631 d.B.) "Stoppt Lebendtier-Transportqual" (1753 d.B.)

Das Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ erzielte mit 426.938 Unterstützungserklärungen einen großartigen Erfolg und hat mit dem Fokus auf Tiertransporte einen zentralen Teil des Tierschutzes hervorgehoben, der umfassend neue Regeln und konsequenten Vollzug braucht. Das Volksbegehren beinhaltet Forderungen, die schnellstmöglich umgesetzt werden müssen.


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Es kann nicht sein, dass mit dem Hinweis darauf, dass im Sommer 2022 eine Tiertransportgesetz-Novelle beschlossen worden sei, die drängenden Probleme in diesem Bereich auf die lange Bank geschoben werden. Dass diese Novelle aus dem Vorjahr als „großer Wurf“ bezeichnet wird, darf schlichtweg als Verkaufs­schmäh bezeichnet werden und nutzt nicht einem durch einen Transport gequälten Tier.

Beispielhaft sei erwähnt, dass mit der Tiertransportgesetz-Novelle 2022 unter anderem Kälber ab drei Wochen gesetzlich als transportfähig erklärt wurden. Diese neue Bestimmung wurde im Hearing des Gesundheitsausschusses von der überwiegenden Zahl der Expert:innen massiv kritisiert.

Im Rahmen des Hearings wurde auch klar aufgezeigt, dass beim Tiertransport nicht einmal die derzeit geltenden gesetzlichen Regeln vollzogen werden. Als notwendige Maßnahmen wurden unter anderem genannt: kein Transport nicht entwöhnter Tiere, Kennzeichnung nach Haltungsform, politische Unterstützung der Amtstierärzte, die meist großem Druck ausgesetzt sind.

Es wurde beeindruckend dargestellt, wie das derzeitige System im Bereich der Tiertransporte unglaubliche Tierqualen hervorruft, dass für Tiertransporte oft völlig unzureichend ausgestattete Transportmittel verwendet werden, und wie illegale Transporte als legale Transporte qualifiziert werden. Dass der Experte der ÖVP mit seinen Argumenten („freier Warenverkehr“) allein dastand, ist bezeichnend für den Stillstand, dem der Tierschutz in dieser Gesetzgebungsperiode ausgeliefert ist.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, werden aufgefordert,


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die Inhalte des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ in einer Novelle zum Tiertransportgesetz dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen und auf europäischer Ebene den Fortschritt der Tiertransportgesetzgebung zu befördern und nicht zu blockieren oder Verschlechterungen im Tiertransportbereich zu unter­stützen,

damit die Ziele des Volksbegehrens

•          Tierleid verringern: Schlachtviehtransporte nur noch vom Bauern zu nächstgelegenen Schlachthöfen.

•          Fleischtransport mit Hausverstand: Vom Schlachthof wird Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren transportiert.

•          Global denken: Stopp von unnötiger Tiertransportqual auf Europas Straßen

so rasch als möglich im Sinne der Nutztiere erreicht werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.

Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmiedlechner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.36.51

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Volksbegehren zu den Tiertransporten: Tierschutz geht uns alle an, jedoch beim Tierschutz, aber gerade auch beim Thema Tiertransporte entsteht der Eindruck, dass es sehr viele Experten gibt, und diejenigen, die wirklich mit den Tieren zu tun haben, diejenigen, die


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wirklich mit den Tieren arbeiten, werden sehr wenig gehört – und was man von den Experten so hört und halten kann, hat ja die Coronazeit bewiesen.

Auch beim Hearing zum Volksbegehren haben die Experten eindrucksvoll bewiesen, dass sie teilweise keine Ahnung haben. (Abg. Lukas Hammer: So eine Frechheit! Das ist respektlos! – Ruf bei der ÖVP: Der Waldhäusl?) Für die Tier­transporte quer durch Europa sind nicht die Bauern verantwortlich, sondern die verarbeitende Industrie und der Handel, weil diese das große Geschäft machen.

Bei den Transporten gilt aber auch, liebe Kollegen gerade von den Grünen – ihr vermischt das ja immer sehr stark –, klar zwischen Schlachtviehtransporten quer durch Europa, bei denen es tatsächlich oft zu katastrophalen Missständen kommt, und Zuchtviehtransporten, bei denen höchste Standards vorherrschen, zu unterscheiden.

Politik mit Hausverstand, dafür sind wir Freiheitliche bekannt – und nicht die Grünen, aber auch nicht die Türkisen oder Schwarzen, oder jetzt in Nieder­österreich sind sie farblos (Abg. Strasser: Und der Waldhäusl? Was ist mit dem Experten Waldhäusl? Danke, Herr Landesrat Waldhäusl!) –, Politik mit Hausver­stand, dafür stehen die Freiheitlichen. Das zeigen auch unsere Anträge zum Tierschutz zu den Themen – um nur einige zu nennen –: Qualzuchtverbot, Verbot des Schächtens von Tieren, europaweite Schlachttiertransporte reduzie­ren, Vollmilchkalbprämie einführen, ein Bonus für die freiwillige Strohhaltung, für Tierwohlmaßnahmen, eine Wiedereinführung der Mutterkuhprämie und eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln.

Das sind Maßnahmen, die wir eingefordert haben, die aber leider von der ÖVP stets vertagt oder abgelehnt wurden. Das würde uns wirklich helfen. Das würde den Tierschutz wirklich weiterbringen, würde auch die österreichische Land­wirtschaft stärken.


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Tatsache ist einfach auch Folgendes: Wenn man von Tierschutz oder Klimaschutz redet, sind uns einige Themen wichtig, aber wir müssen endlich anfangen, dass wir über den heimischen und über den österreichischen Bauernschutz diskutieren – regional statt global, Produktion im eigenen Land, kurze Wege, ordentliche Kennzeichnung von heimischen Lebensmitteln.

Man könnte damit viel anfangen: Man könnte den Konsumenten helfen, könnte den Konsumenten unterstützen, und vielleicht fangen wir einmal damit an, dass man bei der Schlachtung von Tieren, die aus dem Ausland kommen, nicht immer den AT-Stempel draufgibt, sondern dass man dort eine ordentliche Kennzeich­nung einführt. (Abg. Strasser: Geh bitte!)

Wenn wir da einen Riegel vorschieben und eine ordentliche Lebensmittel­kennzeichnung machen, würden wir auch viel Tierleid und viele Tiertransporte verhindern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strasser: Zuerst von Inkom­petenz reden und dann den AT-Stempelschmäh bringen!)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.40.19

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Ich denke, die heutige Diskussion über das Tierwohl ist ein Thema, das die Bevölkerung massiv betrifft beziehungsweise bewegt. Nicht umsonst haben bei diesem Volksbegehren von FPÖ-Landesrat Waldhäusl über 400 000 Menschen unterschrieben.

Wir haben ja kurz davor ein Tierschutzvolksbegehren von Sebastian Bohrn Mena gehabt, bei dem ebenfalls weit über 400 000 Menschen unterschrieben haben, das wiederum Ausgangspunkt für unsere gesetzliche Anpassung war – zu der ich


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dann noch kommen werde–, die wir als Regierungsparteien bereits im Juli 2022 beschlossen haben.

Zuerst aber zu Kollegen Schmiedlechner: Kollege Schmiedlechner versucht sich da jetzt als Bauernvertreter (Abg. Wurm: Er ist ein Bauernvertreter! – Zwischenrufe der Abgeordneten Schmiedlechner und Loacker) – wohl ein Versuch, denn mehr war es nicht –, aber ich glaube, wir müssen der Wahrheit auf den Grund gehen, lieber Kollege Schmiedlechner.

Dein Parteifreund hat dieses Volksbegehren, über das wir heute diskutieren, initiiert, und es hat zum Inhalt, dass jede Bauernfamilie verpflichtet wird, die Tiere nur noch bis zum nächsten Schlachthof zu transportieren. Dort müssen sie geschlachtet werden. Das bedeutet eine massive Einschränkung für die österreichischen Bauernfamilien. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.) Alle anderen können tun, was sie wollen, aber die FPÖ will die österreichischen Bauernfamilien einschränken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die wirkliche Steigerung war aber jetzt EU-Abgeordneter Harald Vilimsky, der sogar den Zuchtviehtransport stoppen will. Jetzt weiß ich nicht, wohin die FPÖ will. Ist das Nächste, was sie fordern, dass wir unsere Tiere nicht mehr auf die Almen treiben dürfen? Also das ist ja wirklich ein Skandal! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Ich darf jetzt ganz kurz zu den beschlossenen Maßnahmen unserer Bundes­regierung kommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) – Peter, du darfst dich gerne im Anschluss zu Wort melden (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner), ich darf jetzt zu den Maßnahmen kommen, die wir bereits im Juli 2022 zur Weiterentwicklung des Tierschutzes beschlossen haben. Ob es das Verbot des Vollspaltenbodens ist, ob das das Ende der dauernden Anbindehaltung ist, ob das also das Export­verbot für Mast- und Schlachtrinder in Drittstaaten ist, ob das die Anhebung des


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Mindestalters bei Kälbertransporten ist: Es sind Maßnahmen, die die Land­wirtschaft massiv treffen, aber zu einer wesentlichen Weiterentwicklung des Tierschutzes beziehungsweise des Tierwohls führen.

Nur auf eines müssen wir aufpassen: Wir dürfen den Blick auf die Ver­sor­gungssicherheit hinsichtlich Lebensmittel nicht außer Acht lassen. Ich glaube, es braucht eine Balance, dass man sagt: Tierschutz ja, Tierschutz mit Augenmaß und Hausverstand, um die eigene Lebensmittelversorgung für die öster­reichi­sche Bevölkerung auch zukünftig zu gewährleisten, und – ich glaube, das ist auch ein Ansatz und das hat Kollege Keck ja schon angeschnitten – ich denke, wir müssen europaweit Druck machen, dass die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf den gleichen Standard kommen, auf dem wir bereits sind. Wir sind in vielen Punkten Vorreiter in ganz Europa, was das Thema Tierschutz betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt habe ich aber noch eine Bitte an die SPÖ (Abg. Leichtfried: Aha!): Wir wissen, seit gestern ist SPD-Bundeskanzler Scholz von der Bundesrepublik Deutschland in Argentinien und Brasilien unterwegs und versucht, das Mercosur-Abkommen möglichst schnell umzusetzen. (Beifall bei den NEOS.) Jetzt weiß ich schon, dass die NEOS da klatschen, das ist der Unterschied: Die NEOS sind für die Wirt­schaft, wir sind für die Menschen, das passt. (Abg. Meinl-Reisinger: Für die Einkommen! Für den Wohlstand! ... Menschen wollen auch exportieren! – Abg. Kassegger: Ist das für euch ein Widerspruch?)

Unsere Position ist ganz klar, wir sind gegen den Abschluss des Mercosur-Abkommens, denn eines muss man sagen (Abg. Belakowitsch: Warum ist der Kanzler ...? – neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Kassegger): Man versucht, Industriegüter nach Südamerika zu exportieren, und überschwemmt damit den europäischen Markt mit Rindfleisch, was wiederum die Landwirtschaft in ganz Europa massiv trifft und gegen die Tiere und das Tierwohl spricht.


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Deshalb meine Bitte: Herr Kollege Keck, such den Kontakt zu deinem Partei­freund Bundeskanzler Scholz (Heiterkeit bei der SPÖ), überzeug ihn davon, dass das Mercosur-Abkommen negativ für Europa, negativ für die Landwirtschaft ist (Abg. Meinl-Reisinger: Sie irren!), weil wir davon ausgehen müssen, dass wir auch zukünftig die Versorgungssicherheit gewährleisten müssen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Ja, Frau Kollegin, jetzt brauchen Sie nicht so irritiert reagieren. Ich denke, es hat ja jeder die Möglichkeit, dass er seine Positionen beziehungs­weise Meinungen entsprechend zum Ausdruck bringt.

Fakt ist: Mercosur schadet Europa, Mercosur schadet der Landwirtschaft, deshalb hat diese Bundesregierung im Regierungsprogramm stehen, dass wir Mercosur ablehnen. Das, glaube ich, ist eine entscheidende Botschaft, denn in Südamerika wird zuerst der Regenwald gerodet, dann werden gentechnisch veränderte Futtermittel angebaut, damit wird Rindfleisch produziert, das wir dann nach Europa kriegen.

Wir brauchen in Europa produziertes Rindfleisch. Wenn ich mir das in Tirol anschaue (Abg. Leichtfried: Redezeit!): Unsere Tiere sind im Sommer auf den Almen, fressen Almkräuter, also das Beste, was es nur gibt. Das soll nicht durch Handelsabkommen mit Partnerländern aus Südamerika konterkariert werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Sinne denke ich, dass diese heutige Diskussion eine sehr wichtige ist. Ich würde wirklich bitten, dass Kollege Keck diesen Kontakt nach Deutschland sucht und auch positiv für uns umsetzt. Ich bin überzeugt, dass wir da etwas zusammenbringen können. (Abg. Stöger: ... Minister!)

Wir sind gut unterwegs. Tierschutz ist für uns ein wichtiges Anliegen (Abg. Leichtfried: Die Redezeit ist aber auch um!), nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für unsere Bauernfamilien. Ein herzliches Danke noch an die Bauern­familien, die sich jeden Tag um das Tierwohl und um den Tierschutz bemühen!


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(Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Das war jetzt eine profunde handelspolitische Analyse! Da kann man etwas lernen, da herinnen!)

10.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte sehr.


10.46.17

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Ich habe eine schlechte Nachricht und auch eine gute. Zuerst einmal die schlechte: Also ich finde, dieses Volksbegehren ist ein Beispiel dafür, welche Art von Politik wir erwarten können, wenn sie von der FPÖ kommt, nämlich eine Politik der Augenauswischerei. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben jetzt schon gehört, es ist ein Unterschied zwischen den Schlacht­viehtransporten und den Zuchtviehtransporten. In dem Volksbegehren wird nämlich nur von Schlachtvieh gesprochen und nicht von Zuchtvieh. Warum? – Weil man sich eben ein Hintertürchen offenhält, die Zuchttiere werden von dem Volksbegehren nämlich nicht umfasst. (Abg. Sieber: Wollt ihr jetzt Zuchttier­transport auch verbieten?)

Was man auch sieht und wobei ich Kollegin El-Nagashi einfach wirklich recht geben muss: Ich glaube, wir sind über diesen Horizont hinaus. Wir dürfen das nicht mehr machen, dass wir Landwirte und Konsumenten gegeneinander ausspielen. (Abg. Sieber: Dann tun Sie es nicht! – Abg. Kühberger: Ihr tut es ja!) Wir müssen uns endlich auf einen Weg einigen, dass wir gemeinsam miteinander arbeiten. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kühberger.)

Zu den guten Nachrichten, denn ich glaube, die können wir brauchen: Man sieht bei diesem Volksbegehren, dass es vielen Menschen ein Anliegen ist, dass wir dieses Tierleid auf den Straßen verringern. Es geht um vermeidbare Tiertrans­porte. Das heißt nicht, dass alle Tiertransporte wegfallen, es wird auch in Zukunft Tiertransporte geben müssen – ihr habt es angesprochen, zum Beispiel


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die Tiertransporte auf die Almen hinauf –, aber alles, was vermeidbar ist, muss vermieden werden.

Noch eine gute Nachricht: Eigentlich könnten wir jetzt schon sehr, sehr viel tun. Da blicke ich schon sehr stark in Richtung ÖVP, denn ich glaube, die Grünen wären ja so weit, dass sie da etwas machen möchten. Es liegt an euch. Wir kön­nen die Anzahl der Kontrollen hinaufsetzen, wir können die stressfreie Weide­schlachtung flächendeckend etablieren, wir können für die Transporte, die bewilligt werden, einmal überprüfen, ob die Parameter überhaupt realistisch sind. Wir könnten das rechtswidrige Abkommen mit Italien hintanstellen, anstatt da auf Mercosur zu schimpfen. Kehren wir lieber einmal vor der eigenen Haustüre!

Verringern wir in der öffentlichen Beschaffung auf allen Ebenen – Gemeinde, Stadt, Land, Bund – die Anteile der tierischen Produkte, verringern wir die Tiertransporte! Hinsichtlich Ernährungsbildung: Wir müssen den Menschen endlich Alternativen aufzeigen, dazu stehe ich auch. Liberale Politik ist eine Wahlfreiheitspolitik, ja? Nur wenn die Menschen die Wahlfreiheit haben und Unterschiede kennen, können sie sich auch bewusst dafür entscheiden. Je weniger tierische Produkte wir konsumieren, desto weniger Tiertransporte brauchen wir, desto weniger schädlich ist es für das Klima und umso gesünder sind wir.

Ich mache schon auch ein bisschen die Aufforderung in Richtung Grüne: Manchmal würde man sich schon wünschen, dass ein Grüner Tierschutzminister wäre und ein bisschen mehr Flagge gegenüber der ÖVP zeigt. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kühberger: Und Regenwaldsoja essen!)

10.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stammler. – Bitte.



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10.49.38

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Hausverstand oder Politik mit Hausverstand der FPÖ – es kommt halt immer ganz darauf an, in welchem Haus wir gerade sind und welche Leute sich darin befinden. Denen redet man dann nach dem Schnabel. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe erlebt, wie Herr Landesrat Waldhäusl im Waldviertel vor 300 Bauern stand, über die Tierschutz-NGOs herzog, sie als Terroristen beschimpfte, sie als Verbrecher beschimpfte. – Und ich stehe hinter euch Bauern! – Am nächsten Tag macht man dann ein Volksbegehren, obwohl man im eigenen Land eigentlich selber dafür zuständig wäre und da bei einem gewissen Behördenversagen zuschaut. (Beifall bei den Grünen sowie Bravoruf der Abg. Fischer.)

Lassen wir nicht die Experten und Expertinnen sprechen, sondern reden wir mit denen, „die [...] mit den Tieren zu tun haben“!, sagt Kollege Schmiedlechner und vergisst dabei, dass diejenigen, die mit den Tieren zu tun haben, nicht nur die Bäuerinnen und Bauern sind, sondern genau diese Transportindustrie, die genau dieses Leid auch mitverursacht. (Beifall bei den Grünen.)

Nichtsdestotrotz sollten wir, wenngleich wir die Aussagen von Herrn Waldhäusl nicht sehr ernst nehmen sollten, die 427 000 Unterzeichner:innen ernst nehmen. Fakt ist aber, und das hat Kollege Hechenberger angesprochen, dass der zwin­gende Transport in den nächsten Schlachthof wohl schwer zu gestalten ist, denn das ist im Prinzip das erste Glied der Wertschöpfungskette. Wenn ich dann dem Bauern sage: Du bist auf das angewiesen, was dir der nächstgelegene Schlacht­hof für dein Tier zahlt!, dann bekommen wir eigentlich in hohem Aus­maß eine – ja, ich nenne es einmal so – Planwirtschaft. – Das ist auch ein interessanter Zugang der FPÖ.

Diese Transporte – die Schiffstransporte, dieser internationale Transport, die Transporte in Drittländer – sind wirklich erschreckend. Da entsteht wirklich Tierleid, und da entstehen Bilder, die keiner sehen will. Nichtsdestotrotz


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schreiben die Landwirtschaftsminister der Länder Portugal, Frankreich, Griechen­land, Irland, Lettland, Litauen, Rumänien und Spanien einen Brief an die EU-Kommission – der ist vorige Woche eingelangt –, in dem gefordert wird, die Tiertransportindustrie in Europa in der nächsten Tierschutznovelle zu schonen.

So sieht es da draußen aus. Ich glaube, wir haben mit Tom Waitz einen Mitstreiter unter den Grünen, der tatsächlich kämpft. Wir haben mit Kollegen Rabitsch, der hier nur als Experte beschimpft wird, jemanden, der tatsächlich sein Leben dem Tierleid beziehungsweise dem Bekämpfen des Tierleids, gerade bei Transporten, verschrieben hat.

Ja, wir müssen einiges tun, aber schon so, dass das Tierleid berücksichtigt wird und der Bauer dennoch leben kann. Wir leben in einer freien Marktwirtschaft; und einen Appell an die Bauern, eine Frage, die sich mir stellt, habe ich schon: Endet die Verantwortung über das Nutztier, das man hält, tatsächlich an der Stalltür, oder hat man es tatsächlich auch ein bisschen selbst in der Hand, sich Vermarktungswege zu suchen, die die Regionalität fördern, die den CO2-Ausstoß verhindern, die Tierleid verhindern und die in Wahrheit Tier und Mensch glücklich machen? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kainz. – Bitte sehr.


10.53.49

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Geschätzte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich muss eingangs erwähnen, dass ich vorgehabt habe, einiges andere über den Tierschutz zu sagen, aber was ich da von Herrn Hechenberger von der ÖVP und von Herrn Stammler von den Grünen gehört habe, ist für mich wirklich besorgniserregend und bewegt mich sehr. Wie kann man ein so gutes Volksbegehren hier im Hohen


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Haus so durch den Schmutz ziehen und 427 000 Unterstützer so missachten? (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist in meinen Augen wirklich beinahe schon abwertend. Wie kann man dieses Volksbegehren, wenn man sich damit sachlich auseinandersetzt, so durch den Schmutz ziehen wie Kollege Hechenberger? Entweder hat er sich geirrt, hat nicht verstanden, worum es geht, oder ich habe nicht verstanden, was er wirklich meint. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Lindinger, Prinz und Wurm.)

Die zentrale Forderung des Volksbegehrens ist tatsächlich, dass Schlachttier­transporte nur noch zum nächstgelegenen geeigneten Schlachthof stattfinden sollen – nicht mehr und nicht weniger. Da braucht man nicht irgendetwas hineinzuinterpretieren, die Bevölkerung in die Irre zu führen und die gesamte Bauernschaft, die gute Arbeit leistet und die Tiere wirklich pflegt und hegt, durch den Dreck zu ziehen! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Eßl und Wurm.)

Laut den Tierschutzorganisationen sind täglich rund vier Millionen Tiere auf Europas Straßen unterwegs, was ganz klar zeigt, dass wir da eine gesamteuro­päische Regelung treffen und Verbesserungen in Bezug auf Schlachttier­transporte bewirken müssen. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Nehmen wir jetzt einmal mein Heimatland Niederösterreich her: Da ist jeder Schlachthof innerhalb von 2 Stunden erreichbar. (Abg. Kühberger: Mit dem Traktor!) Durch die Einführung einer Regelung, welche vorgibt, dass der Schlacht­viehtransport nur zum nächstgelegenen geeigneten Schlachthof erlaubt ist, könnten wir den Tieren viel Leid und Qual ersparen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Ja, das wollen wir!)

Auch der Vorteil für die Landwirtschaft ist ganz klar, denn die Tiere bleiben im eigenen Land. Nach der artgerechten Schlachtung kann das Fleisch dann gekühlt oder tiefgefroren transportiert werden, wohin auch immer, egal.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 98

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, die Meinungen der Fachleute im Hearing haben auch gezeigt, dass eine Umstellung im System unbedingt und dringend notwendig ist. Es besteht absoluter Handlungsbedarf bei den Schlachtvieh­trans­porten. Bitte bedenken Sie alle: Tiere sind keine Ware, sondern Lebewesen! (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Abg. Wurm.)

Wir werden dieses Thema auch weiterhin bearbeiten, bis wir eine Verbesserung für die Tiere erreichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte sehr.


10.56.56

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Tiertransporte sind in Österreich unter den aktuell geltenden Vorschriften so durchzuführen, dass auf das leibliche und psychische Wohl der Tiere maximal Rücksicht genommen wird.

Ich, Herr Kollege Kainz, verstehe das Einbringen dieses Begehrens und die darin enthaltenen Bedenken. Wir nehmen die hohe Zahl der Unterstützer:innen schon ernst, denn schließlich und endlich haben wir im Frühherbst oder Sommer schon einige Dinge aus Anlass dieses Volksbegehrens umgesetzt. Aber: Wir verlangen auch Wertschätzung für jene, die tagtäglich und bestmöglich für das Wohl­erge­hen ihrer Tiere sorgen, nämlich für die Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

Es liegt im Interesse aller Beteiligten, dass die Tiere wohlbehalten am Bestim­mungs­ort ankommen. Unsere Tierwohl- und Tiertransportstandards liegen weit über dem EU-Niveau, das beweist auch der Animal Protection Index, denn dort finden wir Österreich immer im obersten Bereich.


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Seit dem EU-Beitritt unterstützt Österreich nahezu jede Initiative zu kürzeren Transportzeiten und durchgängigen, transparenten Kontrollen, aber wir setzen uns auch für die Beratung und die Machbarkeit in den Betrieben ein. Es gibt auf EU-Ebene einen einheitlichen Rechtsrahmen, der gemäß Ankündigung der Kommission in nächster Zeit überarbeitet wird, und das bedeutet: angepasst werden soll, nämlich an unsere Standards, an höhere Standards! Und wir setzen uns dafür ein, dass das eher gestern als morgen passiert. Rasche Umsetzung bedeutet nämlich bessere Planbarkeit und Sicherheit anstatt ewige Verunsiche­rung für alle Beteiligten. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

In Österreich stehen wir auch mit unserem Regierungsprogramm „Aus Verant­wortung für Österreich“ für Anpassungen im Tierschutz, in der Tierhaltung und bei den Tiertransporten und setzen bereits konkrete Vorhaben in diesen Bereichen um, durch Maßnahmen wie zum Beispiel die heimische Produktion von Kalb rosé. Das verhindert schon eine große Zahl an Kälbertransporten, reduziert sie also.

Den Vorwurf, dass wir nichts umsetzen, lasse ich nicht gelten. Diese Regierung hat im Tierschutzbereich schon einiges auf den Weg gebracht. Das Alter für die Transportfähigkeit von Kälbern wurde hinaufgesetzt, der Transport von Schlachtvieh in Drittstaaten sogar verboten. Das ist auch sinnvoll, denn es stimmt: Fleisch lässt sich leichter transportieren als Lebendtiere.

Und Zuchttiere – darauf möchte ich schon noch einmal eingehen – bedeuten die Existenzgrundlage für viele Betriebe im Berg- und Grünlandgebiet. Einerseits lukrieren viele kleinstrukturierte Betriebe daraus ihr Einkommen, andererseits bildet die Zuchttierhaltung eine gute Grundlage für den Aufbau landwirt­schaftlicher Betriebe auch in Drittstaaten, um die Ernährung der dort lebenden Menschen sicherzustellen. Die Planung und die Übermittlung der Daten aus Kontrollen von Langstreckentransporten in Drittstaaten werden verpflichtend und damit auch transparenter und nachvollziehbarer.


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Abschließend liegt mir daran, zu betonen: Tiertransporte sind nicht nur ein österreichisches, sondern ein europäisches Thema. Daher müssen wir die Änderungswünsche vor allem auch auf europäischer Ebene diskutieren.

Wir setzen uns weiterhin – mit Hausverstand – für Verbesserungen ein, die aber für unsere Betriebe praktikabel sein müssen und nicht wettbewerbsbenachteiligend sein dürfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reiter. – Bitte sehr.


11.00.58

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, wir haben heute die erste Lesung des Tiertransportvolksbegehrens auf der Tagesordnung. Ich möchte mit einem Blick in die jüngere Vergangenheit starten. Wie wir heute schon gehört haben, ist im Sommer 2022 das Tiertransport­gesetz novelliert worden. Man hat es geschafft, dass es deutliche Verbesserun­gen im Bereich des Tiertransportes gibt, was die Transportart, die Höchstdauer und auch die strengeren Regelungen beim Transport in definierte Drittstaaten betrifft. Seitdem ist ja auch bereits der Schlacht- und Mastviehtransport in Dritt­staaten verboten.

Heute hat der eine oder andere aufmerksame Leser gelesen, Österreich solle das umsetzen. Ich darf hiermit berichten: Das ist schon erfolgt. Man hat da schon Schritte gesetzt, und Österreich ist in diesem Bereich sicher einer der Vorreiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Haltung der Minister ist in diesem Bereich sehr klar. Minister Rauch und Minister Totschnig haben da eine sehr klare Linie, die auch auf EU-Ebene vertreten wird. Ich glaube, es ist ganz wichtig, zu erwähnen, dass man da an allen möglichen Fronten geeint vorangeht. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


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Wenn man das Volksbegehren aufmerksam liest und auch bei den Ausführungen der Experten zugehört hat: Es ist daraus immer wieder klar hervorgegangen, dass es notwendig ist, den EU-Rechtsrahmen zu überarbeiten. Dieser legt die Grund­lage für die Tierwohlstandards sämtlicher Tiertransporte in Europa fest. Diese Überarbeitung ist ja bereits angekündigt worden, und auch vonseiten des EU-Parlaments gibt es bereits Empfehlungen, die auf den Ergebnissen des Unter­suchungsausschusses basieren. Es gibt einen Report der Efsa, der Europä­ischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, in dem auch einige Parameter herausgearbeitet wurden. Da ist also einiges vorhanden. Die Europäische Kom­mission ist gefordert, das einzuarbeiten und umzusetzen.

Ich glaube, in Österreich haben wir sehr hohe nationale Standards. Wir sind im EU-Vergleich Spitzenreiter, wenn es um Standards bei Tiertransporten geht. Auch wenn es um das Tierschutzgesetz geht, sind Österreich und Schweden die Vorreiter in Europa. Wir haben sehr hohe nationale Anforderungen. Diese alleine werden aber nicht die Lösung dafür bieten, dass bei den Standards EU-weit nachgezogen wird. Wir als Österreich sind gefordert, da nachhaltigen Druck auszuüben. Auch Minister Totschnig hat gestern im Agrarministerrat gefordert, die EU-weiten Standards am besten auf das Niveau der österreichischen Standards anzuheben, weil wir momentan einen der höchsten Standards in der EU haben. Also das ist, glaube ich, der richtige Punkt, bei dem man etwas machen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was heute auch schon erwähnt worden ist, ist der Umstand, dass verschiedene Player mitspielen. Einer davon ist zum Beispiel die Interessenvertretung Rinder­zucht Austria, in der sich 20 000 Bäuerinnen und Bauern engagieren. Diesen ist es auch wichtig, dass es den Tieren gerade bei Tiertransporten sehr gut geht, dass da das Tierwohl entsprechend berücksichtigt wird. Sie leisten auch gute Initiativen zur Verbesserung der Transporte und einen Beitrag zur Qualitäts­siche­rung bei Tiertransporten. Es gilt, glaube ich, auch anzuerkennen, wie die Bäuerinnen und Bauern bereit sind, einen Weg zu gehen und sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln.


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Wir alle wollen, dass Tiere beim Transport nicht leiden müssen. Für mehr Tierwohl werden sicher auch weniger Tiertransporte notwendig sein. Wenn es Tiertransporte gibt – wir haben ja heute schon gehört, dass es Tiertransporte gibt, die unbedingt notwendig sind –, dann müssen bei diesen aber auch wirklich hohe Tierwohlstandards gewährleistet sein. Wichtig ist, dass diese Vorschriften in der Praxis umsetzbar sind. Vorschriften zu machen, die dann einfach nicht umsetzbar oder unrealistisch sind, so funktioniert das halt leider nicht.

Da muss ich schon sagen, ich kann Herrn Kollegen Kainz nur die Methode des aktiven Zuhörens empfehlen. Es ist ja sehr wohl auch gesagt worden, dass man in diesem Bereich einiges machen möchte, sich da fortentwickeln will und dass gerade Praktikabilität sehr wichtig ist. Herr Kollege Hechenberger hat ja anschaulich erklärt, was die Forderung nach einer extremen und generellen Einschränkung in Bezug auf Tiertransporte heißt, das funktioniert halt dann in der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft nicht. Da leistet man dann nicht wirklich einen Beitrag zum Tierwohl, denn gerade der Umstand, dass Tiere den Sommer auf der Alm verbringen können, ist zum Beispiel auch etwas, was das Tierwohl in Österreich besonders auszeichnet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, es ist wichtig, über dieses Thema einfach faktenbasiert zu diskutie­ren. Gemeinsam können wir so dann auch auf allen Ebenen etwas weiterbringen. Das gilt für alle Stakeholder, die involviert sind: wir, die wir hier diskutieren, verschiedenste Menschen, die sich engagieren, weil ihnen das Thema wichtig ist, aber natürlich auch die Berichterstattung. Ich glaube, wenn wir es schaffen, vielleicht auch einmal die Emotion aus der Diskussion herauszunehmen und faktenbasiert zu diskutieren – es sind sehr viele Fakten auf dem Tisch –, werden wir etwas weiterbringen. Ich glaube, ein faires Miteinander – unter Beachtung von validen Fakten – kann einfach eine gute Zusammenarbeit schaffen, damit wir uns im Sinne einer guten Nutztierhaltung und Heimtierhaltung weiterent­wickeln.


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Wir bleiben ja nicht stehen, man macht in Österreich laufend etwas. Jetzt ist die EU-Ebene gefragt. Ich glaube aber, wir sind auf einem guten Weg und es gibt auch Konsens. Dieses Volksbegehren wird ebenso wie das Tierschutzvolks­be­gehren natürlich ernst genommen, und das zeichnet sich auch schon in bereits gesetzten Gesetzesmaßnahmen ab. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.06


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Dietmar Keck ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


11.06.44

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Hechenberger hat mich richtig dazu animiert, mich noch einmal zu Wort zu melden. Lieber Kollege Hechenberger, du hast mich fast inbrünstig gebeten, auf den deutschen Bundeskanzler, der gerade auf Besuch in Argen­tinien ist, einzuwirken, damit das Mercosur-Abkommen nicht zustande kommt.

Ich bin schon verwundert, dass du kein Vertrauen in deinen Außenminister hast – der ich nicht bin, der sitzt in deinen Reihen, er ist ein ÖVP-Minister –, dass du kein Vertrauen in den Landwirtschaftsminister hast – er sitzt auch in deinen Reihen und ist ÖVP-Minister –, dass du auch kein Vertrauen in die kon­ser­vative Mehrheit des EU-Parlaments hast, dass sie dieses Mercosur-Abkom­men verhin­dert, aber der Meinung bist, ich könne das. Ich werde euch selbst­verständlich unterstützen, denn die SPÖ steht ganz klar und deutlich dafür, das Mercosur-Abkommen nicht zu unterzeichnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir stehen dazu, und wir werden auch dabei bleiben. Wir sind in dieser Bezie­hung keine Umfaller, Kollege Hechenberger.

Eines möchte ich – weil Kollege Kainz jetzt angegriffen wurde – aber noch zu dem Vorwurf sagen, wir seien so gegen die Bauernschaft. Egal ob es er ist oder ob es ich bin, wenn wir irgendetwas zum Tierwohl sagen, heißt es sofort, wir


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seien gegen die Bauernschaft. – Nein, wir sind nicht gegen die Bauernschaft, sondern wir decken Missstände auf, die in diesem Bereich vorhanden sind.

Ich kann mich noch erinnern, wir haben im Jänner Missstände auf einem Geflügelhof in der Steiermark gehabt. Da hat es auch wieder geheißen: Einzelfall. Im Jänner haben wir auf einmal schon wieder zwei Missstände auf Geflügel­höfen in der Steiermark gehabt. Jetzt treten die Bauern in der Steiermark schon auf und sagen, sie können mit diesen Missständen nicht mehr leben.

Es muss etwas getan werden, Kollege Hechenberger. Da braucht man nicht ein Bild von einer Superalm zu zeichnen, auf der ein paar Kühe weiden. Die Zustände haben wir bei den Bauern in den Ställen. (Abg. Reiter: Hören Sie auf mit den Pauschalierungen! Das stimmt ja gar nicht!) Wir wollen diese Bauern, die diese Missstände bekämpfen, unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.) Dafür sind wir da und das werden wir tun. Da werden wir euch auch angreifen, wenn es notwendig ist, denn wir akzeptieren es nicht mehr, dass Tierwohl für die Markt­wirtschaft – mit dem Schmäh der Almen – hintangestellt wird, sondern wir wollen, dass es Tierwohl in den Ställen gibt, dass den Bauern und damit auch der Bevölkerung geholfen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

11.09.072. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1627 d.B.) „NEIN zur Impfpflicht“ (1882 d.B.)


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3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1629 d.B.) „Impfpflichtabstimmung: NEIN respektieren!“ (1883 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1660 d.B.) „KEINE IMPFPFLICHT“ (1884 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 2, 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


11.09.43

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen hier im Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen beziehungsweise hier im Haus auf der Galerie! Ja, die Präsidentin hat es eh schon in der Einleitung gesagt, wir haben uns in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses mit insgesamt drei Volksbegehren rund um das Thema Corona, Covid-Impfpflicht beschäftigt – in dem Sinn jetzt nichts Neues mehr hier im Hohen Haus. Wir beschäftigen uns ja seit bald drei Jahren mit diesem Thema, immer und immer wieder. (Abg. Wurm: Eine Entschuldigung wäre angebracht!)

Von daher war es das letzte Mal auch spannend, durchaus auch mit einem neuen Aspekt im Gesundheitsausschuss konfrontiert zu werden, nämlich als es um die Frage gegangen ist: Ist Impfen oder ist sozusagen der Immunstatus eine Diskri­minierung oder lag eine Diskriminierung vor, wenn es eben aufgrund des Immun­status verschiedene Regelungen im Alltag gab, 2G im Alltag gab? (Abg. Wurm:


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Wir brauchen eine Entschuldigung! – Abg. Belakowitsch: Entschuldigen ...! Das war jetzt ...!)

Das war insofern spannend, weil – jetzt kommt gleich die große Aufregung bei den Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen (Ruf bei der FPÖ: Zu Recht!); man hört es hier wahrscheinlich nicht so; aber Sie haben nachher eh die Mög­lichkeit, sich hier herauszustellen (Abg. Belakowitsch: Unglaublich!) und selbst zu reden – der damals eingeladene Experte, der anwesend war, Dr. Karl Stöger – das ist ja nicht irgendjemand, sondern das ist ein Medizinrechtsexperte –, durch­aus der Meinung war, dass eine Differenzierung keine Diskriminierung ist. (Abg. Amesbauer: Dann ist das eine falsche Meinung! Er hat sich ...!) Und er hat es eigentlich recht anschaulich und gut dargelegt, er hat auch dargelegt, dass es eben darum gegangen ist, dass, solange etwas sachlich und fachlich begründet ist (Abg. Wurm: Macht nur weiter so!), solange es darum geht, dass man das österreichische Gesundheitswesen schützt, es sich dabei eben um eine Differen­zierung handelt. (Abg. Amesbauer: Das war ein totalitäres Regime! Ein gewalt­tätiges Regime!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bitte anerkennen Sie das! Sie können das ja immer noch nachschauen, das war ein öffentliches Hearing. Sie brauchen sich nur sein Statement anzuhören. (Abg. Belakowitsch: Es gibt auch andere Exper­ten!) – Das sagt ja nicht nur Dr. Karl Stöger, sondern das sagt auch der VfGH, der ja alle entsprechenden Verordnungen, die es damals gegeben hat, als rechtens erachtet hat und eben nicht aufgehoben hat (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), auch wenn die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ hier immer noch nicht müde werden (Abg. Amesbauer: Das war falsch!), Gegenteiliges zu behaupten, aber das ist halt faktenwidrig, wie so vieles von den Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.)

Kommen wir aber zum Abschluss noch zu etwas durchaus sehr Positivem! (Abg. Amesbauer: Wer lässt sich denn noch impfen?) Ab heute, 1. Februar, wird die HPV-Impfung für alle Menschen bis 21 in Österreich gratis angeboten. Das ist etwas


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Wichtiges und etwas Großartiges. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Meinl-Reisinger. – Rufe bei der FPÖ: Coronaimpfung!) Mit der HPV-Impfung haben wir ein wichtiges Instrument in der Hand, Gebärmutter­halskrebs in den Griff zu bekommen, vielleicht sogar auszurotten. Das ist eines unserer wichtigsten Instrumente in der Prävention, so wie jede Impfung ein gutes Präventionsinstrument ist. (Ruf: Zur Sache!) Und ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen: Liebe Jugendliche hier in Österreich, ab 14 ist es eure alleinige Entscheidung, euch impfen zu lassen. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja!) Nutzt dieses Präventionsinstrument! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.Abg. Belakowitsch: Eine peinliche Rede! – Abg. Schallmeiner – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Eine sehr gute Rede, Frau Kollegin!)

11.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste am Rednerpult zu Wort gelangt Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Schallmeiner und der FPÖ.)


11.12.44

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Anhand der jetzt diskutierten drei Volksbegehren sieht man das Versagen der Bundesregierung und der drei Gesundheitsminister in der Bekämpfung der Coronaviruspandemie. Die Planlosigkeit der Bundesregierung im Pandemiemanagement hat dazu geführt, dass die Menschen die Impfung nicht ernst genommen haben und die Impfquote deshalb auf einem niedrigen Stand war und immer noch ist. (Abg. Amesbauer: Vielleicht weil die Impfung nichts taugt!)

Die Bundesregierung hat die Menschen in Österreich verunsichert, anstatt sie zur Impfung zu motivieren und sinnvolle Aufklärungsarbeit zu leisten. Das COVID-19-Impflichtgesetz wurde bereits abgeschafft und ist auch durch das chaotische Vorgehen gar nie angewandt worden. (Abg. Amesbauer: Das hätte nie beschlossen werden dürfen! – Abg. Belakowitsch: Aber ihr wart auch dabei!)


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Außer Streit steht aber, dass die Impfung immer noch ein wichtiges Mittel im Kampf gegen das Coronavirus ist (Abg. Amesbauer: Das steht überhaupt nicht außer Streit!) und dass Leben gerettet werden können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Es freut mich, dass Sie mir zustimmen, Kollege Amesbauer, dass die Impfung nach wie vor ein wichtiges Instrument ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Die Coronapandemie hat aber auch Schwachstellen in unserem Gesundheits­system sichtbar gemacht. Es fehlt derzeit nicht nur an Medikamenten, sondern vor allem auch an genügend Personal im Gesundheitsbereich. Durch wert­schätzende Arbeitsbedingungen und eine gute Entlohnung muss es uns gelingen, die Flucht der Arbeitskräfte aus dem Gesundheits- und Pflegebereich zu stoppen (Beifall bei der SPÖ); doch anstatt die Arbeitsbedingungen wirklich zu verbessern und die Gesundheitsberufe attraktiver zu machen, hat die Bun­desregierung den Coronabonus nur an ausgewählte Berufsgruppen ausbezahlt. Diese Ungleichbehandlung spiegelt die geringe Wertschätzung gegenüber den systemrelevanten Gesundheitsberufen wider.

Die Bundesregierung hat jedoch auch aus dem Coronabonus nichts gelernt, denn auch beim Pflegebonus spiegelt sich das wider: wieder eine Ungleich­behandlung. Auch da werden wichtige Berufsgruppen nicht berücksichtigt.

Was uns aber die Coronapandemie auf jeden Fall gezeigt hat, ist: Wir brauchen eine europäische, von Asien unabhängige Medikamentenversorgung. Die derzeitige Medikamentenknappheit muss dringendst beseitigt werden, und wir brauchen eine Strategie, wie wir so eine Knappheit künftig verhindern können.

Auch immer mehr Ärztinnen und Ärzte arbeiten nur Teilzeit in den Kranken­häusern und betreiben nebenher eine Privatordination. Dies führt dazu, dass eine Zweiklassenmedizin immer stärker in den Vordergrund tritt. Derzeit erleben wir in der ärztlichen Versorgung unerträglich lange Wartezeiten – ja überhaupt einen Termin zu bekommen gestaltet sich schon sehr schwierig.


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Wir als SPÖ treten für einen gleichberechtigten Zugang zu einem öffentlichen und solidarisch finanzierten Gesundheitssystem für alle Menschen in unserem Land ein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schallmeiner.)

Niemand darf in Österreich später behandelt werden, weil er oder sie über weniger Einkommen oder nicht über das notwendige Vitamin B verfügt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.


11.16.01

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten! Wir sprechen über die Volks­begehren betreffend die Impfpflicht. Das COVID-19-Impfpflichtgesetz war sicherlich in den letzten Jahren eines der Gesetze, die tatsächlich eine Schande für dieses Haus waren, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte mir erwartet, Herr Kollege Schallmeiner – nein, erwartet habe ich es mir nicht, aber ich hätte es mir gewünscht, Herr Kollege Schallmeiner –, dass Sie sich einfach einmal hierherstellen und sich für dieses Gesetz entschuldigen, für das es überhaupt keinen Grund gegeben hat, das zu einem Zeitpunkt beschlos­sen wurde, als in Österreich bereits die Omikronvariante aktiv war. (Abg. Schallmeiner: Ich würde mir von Ihnen eine Entschuldigung wünschen, für die fakten­losen Behauptungen der letzten drei Jahre!) – Sie lernen es nicht. Sie haben es bis heute nicht gelernt; aber auch die SPÖ war dabei. Das zeigt sich ja auch daran, dass die Vorredner über ganz andere Themen reden: Kollege Schallmeiner über eine HPV-Impfung, die hier heute nicht zur Debatte steht. Kollegin Nussbaum von der SPÖ spricht über die Zustände im Gesundheitswesen – das ist zwar auch ein wichtiges Thema, ist aber jetzt nicht Thema.


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Jetzt geht es darum, was passiert ist. In Österreich wurde eine Impfpflicht eingeführt. Leute, die sich nicht impfen ließen, wurden beschimpft, wurden von einer amtierenden Verfassungsministerin für illegal erklärt, wenn sie sich nicht impfen lassen. Das sind die Zustände, über die wir reden müssen! Darüber müssen wir reden. Was wurde mit einem Drittel der Bevölkerung gemacht? – Die wurden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Da geht es nicht darum, dass die nicht ins Wirtshaus gehen durften. Die durften nicht einmal Schuhe für ihre Kinder kaufen gehen, die durften den Handel nicht aufsuchen, keine Schulhefte kaufen. All das wurde hier in diesem Haus beschlossen. Und Sie stellen sich heute her und sagen, das war richtig, anstatt dass Sie endlich sagen, da sind uns viele massive Fehler passiert, meine Damen und Herren, und wir entschuldigen uns! (Beifall bei der FPÖ.)

Das hätte ich mir erwartet und gewünscht, dass das die Vertreter der Bundesregierung endlich auch einmal eingestehen: Ja, da sind Fehler gemacht worden.

Aber Sie machen ja weiter; das ist ja das ganz große Problem. Das neue Epidemiegesetz steht ins Haus. Dazu gibt es ja schon erste Pläne. Da wollen Sie gleich wieder hineinimplementieren, dass für zukünftige Pandemien eine Impfpflicht kommen soll. Daran werden Sie jetzt gemessen werden.

Was kam denn von der Bundesregierung? Was hören wir denn, wenn die WHO mit Plänen kommt, dass eine Impfpflicht für die nächste Pandemie kommen muss? – Da habe ich nichts von Vertretern der österreichischen Bundesregie­rung gehört, die gesagt hätten: Das kommt bei uns nicht mehr in Frage, das wollen wir in Österreich nicht. Wir haben das ausprobiert, es war ein Fehler. Die Bürger wollen das nicht. Die wollen nicht über sich drüberfahren lassen.

Und es ist auch gut, wichtig und richtig so, meine Damen und Herren, denn Gesundheit ist eine ganz individuelle Entscheidung. Ich muss mich individuell entscheiden dürfen: Möchte ich mich impfen lassen: ja oder nein? Da ging es um eine Impfung, von der wir wussten, sie schützt nicht vor Krankheit, sie schützt


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nicht vor Weitergabe der Krankheit, sie schützt vielleicht mich selbst. Vielleicht! Nicht einmal das war gesichert. Auch Geimpfte sind verstorben.

Meine Damen und Herren, hier sind also massivste Fehler passiert. Die sind nämlich im Recht passiert. Da geht es gar nicht um die Qualität der Impfung oder um Sonstiges; darüber will ich gar nicht reden. Es geht darum, wie hier gehandelt wurde und wie Vertreter der österreichischen Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger in diesem Land beschimpft haben: ein Vizekanzler, der Demonstranten, die sich gegen die Impfpflicht gewehrt haben, als „Staatsverweigerer“, „Rechts­extreme“ und Ewiggestrige von der Regierungsbank aus beschimpft hat. All das ist passiert. Das darf nie wieder sein! Österreich muss ein freies Land sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist jetzt an der Zeit, dass man versucht, diese Gräben zuzuschütten, aber das muss von der Regierung kommen. Diese Spaltung, die von der Regierungsbank in die Bevölkerung hineingetragen worden ist, dieser Spalt muss auch von der Regierung zugeschüttet werden (Abg. Schallmeiner schüttelt den Kopf) – auch wenn die Kollegen von den Grünen den Kopf schütteln, weil ihnen die Spaltung offenbar gefällt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte. (Abg. Wurm: Wenigstens einer, der sich entschuldigen wird jetzt, bin ich überzeugt! Herr Professor, enttäuschen Sie mich nicht!)


11.20.14

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute diese drei Volksbegehren, die sich zur Impfpflicht geäußert haben, und zuallererst möchte ich den jeweils circa 250 000 Personen, die diese Impfvolksbegehren unterzeichnet haben – bei jedem dieser Volksbegehren waren es etwa so viele Personen –, gegenüber meinen Respekt zum Ausdruck bringen, dass sie dieses Instrument genutzt haben, um ihrem Anliegen


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entsprechend Gehör zu verschaffen – auf weite Strecken hat es ja auch Gehör gefunden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Ich möchte kurz einmal Revue passieren lassen: Wie ist denn die Idee zu einer Impfpflicht überhaupt aufgekommen? – Das war wohl ein Thema, das in der Gesellschaft ganz breit und zu Recht diskutiert worden ist. Diese Idee ist ursprünglich aus einer Sorge und aus einer Hoffnung entstanden. Die Sorge war, dass es mit der Pandemie so weitergehen könnte, wie es zum Beispiel im Spätherbst 2020 oder auch im Herbst 2021 war, und die Hoffnung war: Wäre die Impfquote nur entsprechend hoch, dann würde die Krankheit ver­schwinden.

Die Zeit ist nicht stehen geblieben und weder hat sich – glücklicherweise – die Sorge realisiert, noch hat sich – leider – die Hoffnung verwirklicht. Zum Zeitpunkt des Gesetzwerdungsprozesses hat man schon gesehen, dass die Pandemie etwas sehr Dynamisches ist und dass man von einem Stand Herbst 2021 nicht in die Zukunft projizieren kann. Daher ist die Impfpflicht damals schon nur als Rahmengesetz gekommen, das nur entsprechend der aktuellen Situation überhaupt wirksam gemacht werden kann. Unter dem Strich war es so, dass die Impfpflicht nie wirksam gemacht worden ist, und als sich gezeigt hat, dass das nicht nur eine vorübergehende Atempause der Pandemie war, sondern dass sich die grundlegenden Züge geändert haben, hat man das Rahmengesetz folgerichtig auch endgültig abgeschafft, und das noch im vorigen Jahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gesundheit geht weit über Covid, Impfen und so weiter hinaus, es ist ein breites Thema. Sie alle hier im Hohen Haus haben gestern die Präsentation des Nachhaltigkeitsziels Nummer drei der Vereinten Nationen, Gesundheit und Wohlergehen, erlebt. Bitte gestatten Sie mir, dass ich mich bei allen Akteurinnen und Akteuren von außen, die an dieser SDG-3-Präsentation mitgewirkt haben, und auch bei Ihnen allen hier aus den verschie­denen Fraktionen, die Sie Ideen eingebracht und Interesse gezeigt haben,


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herzlich bedanke. Gesundheit ist ein breites Thema. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Kaniak.)

11.23


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler zu Wort. – Bitte.


11.23.39

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Fünf Volksbegehren gegen die Impfpflicht haben wir behandelt. Wir haben zahlreiche Expertenhearings abgehalten und wir haben auch jetzt wieder ein Hearing abgehalten, weil uns Bürgerbeteiligung wichtig ist.

Obwohl die Debatte zur Impfpflicht hinfällig ist, möchte ich trotzdem ein Stück weit auf die Fakten eingehen: Die Impfpflicht wurde beschlossen, ja, sie wurde aber nie gültiges Gesetz. Das Impfen wirkt gegen schwere Infektionen, gegen Long Covid. Das Virus hat mittlerweile auch so durchmutiert, dass es seltener zu Todesfällen kommt, wenn man die Vorerkrankungen berücksichtigt.

Was sagt uns aber die Fülle dieser Volksbegehren? – Bürger wollen gehört werden, und so wie im Parlament im Moment gearbeitet wird, arbeiten wir am Konzept der Rechtsstaatlichkeit vorbei. Gesetze kommen fast nicht mehr in Begutachtung. Die Inhalte, wie entstehen die? – Das weiß keiner. Welche Interessenvertretungen dürfen welche Positionen hineinreklamieren? Was sagen die Bundesländer zu den Gesetzen? – Das weiß niemand. (Abg. Schallmeiner: Es war aber in Begutachtung! – Abg. Schwarz: Es war in Begutach­tung!) So geht es nicht weiter!

Als Parlament müssen wir uns ins Bewusstsein rufen, dass wir für die Bevölkerung arbeiten und auf Augenhöhe mit den Menschen arbeiten sollten. Das sollte sich insbesondere diese Regierung in Erinnerung rufen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.25



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 114

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


11.25.26

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und auf der Galerie! Kollegin Belakowitsch hat gesagt, dass die Redner nicht zur Impfpflicht sprechen, das werde ich hiermit nachholen und tun.

Das Impfpflichtgesetz ist nie in Kraft getreten beziehungsweise abgeschafft worden. Ich möchte den Weg zur Impfpflicht kurz skizzieren: Ab 2020 hat der ehemalige Bundeskanzler Kurz die Pandemie für seine eigenen Zwecke genutzt und versucht, sich als großer Krisenmanager zu inszenieren. (Heiterkeit des Abg. Zarits.) Seine einzige Sorge war, ob Gesundheitsminister Anschober bessere Umfragewerte hatte als er selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Mein Gott, na!)

Wir hatten Gesundheitsminister, die gegenüber den Landeshauptleuten aufge­geben haben, da jedes Bundesland andere Maßnahmen getroffen hat und Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung vor Landtagswahlen, wie zum Beispiel in Oberösterreich, wieder ausgesetzt wurden, was man nachher sehr stark bereut hat. Bundeskanzler Kurz war es, der 2021 die Pandemie für beendet erklärt hat. Danach sprach sein Nachfolger, der ehemalige Bundeskanzler Schallenberg, von ungemütlichen Weihnachten für Ungeimpfte, danach tätigte Frau Ministerin Edtstadler einige Aussagen, die die Ungeimpften noch weiter unter Druck gesetzt haben (Abg. Zarits: Und eure Aussagen?), und dazwischen die FPÖ mit den Vorschlägen von Pferdewurmmitteln und einer kräftigen Portion Wissenschafts­feind­lichkeit. (Abg. Stefan: Das hat sich mittlerweile alles bewahrheitet!) Dieser ganze Mix hat dazu geführt, dass das Endergebnis ist, dass wir in Österreich 21 662 Tote haben, die an oder mit Corona gestorben sind, und 40 000 Men­schen, die an Long Covid leiden. Wer das leugnet, der lügt einfach.



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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, wir haben uns darauf verständigt, dass der Ausdruck der Lüge hier im Haus keinen Platz hat. Nehmen Sie ihn bitte zurück.


Abgeordneter Rudolf Silvan (fortsetzend): Nehme ich zurück, Entschuldigung!

Wir haben 40 000 junge Menschen, vor allem junge Frauen, die an Long Covid leiden, die in der Mitte ihres Lebens stehen und fast Pflegefälle sind und über sehr lange Zeit von Rehageld leben müssen. Ich kann hier von dieser Stelle aus sagen – weil ich das auch immer gehört habe: Ihr wart ja da mit dabei! –: Wir haben diese Regierung, dieses Chaos, dieses Missmanagement beobachtet, und unser ehrliches Begehren, auch im Gesundheitsausschuss, war es immer und wird es immer sein, die Menschen und ihre Gesundheit zu schützen, die Men­schen und ihre Gesundheit vor diesem Virus zu schützen – die ältere Generation und jene in den Alten- und Pflegeheimen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in den Betrieben und die Jugendlichen in den Schulen und Kindergärten. Das war immer unser ehrliches Begehren.

Wir als Oppositionspartei können nichts dafür, dass diese Regierung das nicht in den Griff bekommen hat und auch nie in den Griff bekommen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.28.49

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Auf der Regierungsbank ist wie gewohnt niemand vertreten, vor allem bei diesem heiklen Thema Coronazwangsimpfung. (Abg. Steinacker: Das sieht die Nationalratsgeschäftsordnung nicht vor!)

Ja, es setzt sich leider das fort, was die letzten drei Jahre passiert ist: Keiner von Ihnen persönlich – einfach niemand!, und ich muss noch einmal sagen, es sind


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vier Parteien involviert: Sozialdemokratie, Grüne, NEOS und ÖVP – kommt jetzt hierher und entschuldigt sich bei der Bevölkerung für das, was da passiert ist. Sie reden herum, Sie suchen irgendwie Ausreden, aber keiner stellt sich her; und es sind ja doch einige da, die da ganz massiv aufgetreten sind. Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat sich versteckt, aber der Begriff „fetzendeppert“ steht immer noch im Raum, sie hat sich bis heute bei Hunderttausenden Österreicherinnen und Österreichern nicht entschuldigt.

Es gibt ja auch andere Aussagen zur Genüge, wir alle wissen das. Ich hätte zumindest erwartet, dass jetzt nach drei Jahren Corona, da doch die Fakten so etwas von eindeutig sind und es offensichtlich ist, dass wir Freiheitliche in allen Dingen recht behalten haben, man das endlich zugibt. Da fällt ja nieman­dem ein Zacken aus der Krone. Es geht aber gar nicht um uns Freiheitliche, Sie sollten sich bei der Bevölkerung entschuldigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin seit den ersten Februar- oder Januartagen 2020 intensiv involviert, habe hier Dutzende Reden gehalten, habe gekämpft, wo es gegangen ist, auch auf der Straße, aber, um es heute kurz zu machen, ein Thema, das mir emotional extrem wichtig ist, ist der Bereich der Kinder. Wenn Sie schon nicht das Herz haben, sich bei der FPÖ zu entschuldigen, bei denjenigen, die auf der Straße für Freiheit und Bürgerrechte gekämpft haben, tun Sie sich selber einen Gefallen: Entschul­digen Sie sich bitte bei den Kindern und bei den Eltern, die Sie verunsichert haben und die ihre Kinder teilweise in diese Zwangsimpfung hineingetrieben haben, mit furchtbaren Auswirkungen, mit Nebenwirkungen ohne Ende!

Ich kenne die Fälle persönlich, Sie sollten sie auch kennen. Man hat da Kinder in eine Zwangsimpfung hineingehetzt, die wirklich gesundheitliche Schäden ver­ursacht. Wenn Sie das schon abstreiten, was ja absurd ist, dann sollten Sie zumin­dest nicht abstreiten, dass die Zahlen auf den Kinderpsychiatrien und Jugendpsychiatrien explodiert sind.

Die Schäden Ihrer Coronapolitik sehen wir bei den Kindern, bei kleinen Kindern, aber auch bei Jugendlichen in Österreich. Das ist nachlesbar. Es gibt eine


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aktuelle, von Unabhängigen durchgeführte Studie aus Innsbruck, in der das ganz eindeutig feststellt wird. Das, was Sie an Schaden an Kinderseelen angerichtet haben, ist einfach unbeschreiblich. Sie sollten das Herz haben, sich dafür zu entschuldigen.

Ich sage es auch noch einmal: Es war eine namentliche Abstimmung. Ich sage es ausdrücklich, ich erwähne es: Es hat bei den NEOS vier Personen gegeben, die diesem Druck standgehalten haben, aber alle anderen von den anderen Parteien, außer uns natürlich, haben das namentlich, mit ihrem Namen, gutgeheißen – und das wird Ihnen auf ewig, sage ich Ihnen, zumindest von uns und auch von vielen Österreichern persönlich umgehängt werden.

Deshalb sollten Sie jetzt im Jahr 2023 darüber nachdenken, sich zu entschul­di­gen, denn wir reden von einer Demokratie. Wir 183 machen Gesetze, jeder von uns persönlich, und es gibt Dinge, bei denen man irgendwann überlegen muss: Geht das mit meinem Gewissen zusammen, wenn ich mich dem Druck beuge? Dann kann man aber danach sagen, es war ein Fehler. Und ich würde Ihnen einfach noch einmal ans Herz legen, sich zumindest bei den Kindern und Jugend­lichen in Österreich für die Schäden, die durch diese Coronapolitik passiert sind, zu entschuldigen. Das ist mein Wunsch.

Man könnte jetzt wahrscheinlich den halben Tag über die Einzelheiten sprechen, aber ich kann nur sagen, und ich habe es mehrmals gesagt: Vergessen werden wir – wir sage ich auch als Betroffener – das nie. Ich habe auch immer gesagt, ich kann mir vorstellen, zu vergeben, aber da muss schon von Ihnen der erste Schritt kommen. Wenn ich kein Einsehen Ihrerseits spüre, dann kann ich nicht und dann können auch viele andere von uns nicht vergeben, was hier an Dingen passiert ist.

Ich weiß schon, Sie wollen gerne ein bisschen den Deckel drüberlegen: Reden wir nicht mehr darüber!, aber das, was da passiert ist, hat sich bei ganz, ganz vielen in Österreich tief eingebrannt. Das sollten Sie irgendwann zur Kenntnis nehmen. Und Sie sollten auch das Herz haben, sich hierherzustellen und zu


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sagen: Das war ein Fehler, ich entschuldige mich! Dann können wir die Gräben wieder zuschütten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


11.34.02

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Volksbegehren gegen das Impfpflichtgesetz haben jeweils mehr als 240 000 Unterstützer in Österreich gefunden. Nicht nur die Unterzeichnung des Volksbegehrens, auch der Druck auf der Straße hat wesentlich dazu beigetragen, dass dieses Unrechtsgesetz endlich abgeschafft worden ist.

Es wird sich herausstellen, dass das Impfpflichtgesetz sichtlich einer der größten Fehler im gesamten Pandemiemanagement dieser Bundesregierung war, denn es war nicht nur ungerecht, es war maßlos überschießend, es war auch zur Zielerreichung völlig ungeeignet, und es wäre, wäre es scharfgeschaltet worden, auch in keiner Weise exekutierbar gewesen.

So gesehen ist die Geschichte, die auch Abgeordneter Smolle heute aus Regierungssicht erzählt hat, nur die eine Seite der Geschichte. Auf der anderen Seite muss man sich anschauen, wie das Gesetz tatsächlich zustande gekommen ist, nämlich durch einen politischen Kuhhandel zwischen dem damaligen Gesundheitsminister und den Landeshauptleuten von SPÖ und ÖVP.

Damals im Herbst 2021 hat man sich nämlich darauf geeinigt, dass es neben einem erneuten Lockdown auch eine generelle Impfpflicht geben soll. Somit wurden beide Fehlentscheidungen auf Landes- und Bundesebene fixiert, und das, obwohl sich mit der aufkommenden Omikronvariante schon abgezeichnet


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hat, dass die Notwendigkeit sowohl für Lockdowns als auch für eine allgemeine Impfpflicht gar nicht mehr gegeben war.

Trotzdem hat die Bundesregierung an diesem Unrechtsgesetz festgehalten und hat damit eine Spaltung in der Gesellschaft bewirkt, die wirklich beispiellos ist – in die Familien hinein, in die Vereine hinein, in die Firmen hinein. Das Ganze hat in einen Lockdown für Ungeimpfte gemündet, der bereits vor der Impfpflicht stattgefunden hat, und in eine Polarisierung der Gesellschaft, die bis heute andauert.

Wer glaubt, dass die Ansinnen dieser Volksbegehren, nämlich einen verfas­sungsrechtlichen Schutz vor der erneuten Einführung einer generellen Impfpflicht zu erwirken, obsolet seien, der irrt sich, denn die Diskriminierung findet heute noch immer statt. Sie findet im öffentlichen Dienst statt, wo bei der Aufnahme teilweise noch immer eine vollständige Covid-Impfung vorgeschrieben ist, sie findet bei den Lehrern statt, sie findet beim öster­reichischen Bundesheer statt, wo die Soldaten nicht auf Auslandseinsätze fahren dürfen, wenn sie sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen. All das sind Beispiele für echte Diskriminierung, die heute noch immer besteht.

Kollege Schallmeiner hat gemeint, es sei ein Unterschied zwischen einer berechtigten Differenzierung und einer Diskriminierung. Da möchte ich schon in Erinnerung rufen, dass eine Impfung, die weder einen Übertragungsschutz oder einen Schutz vor Einschleppung einer Krankheit in eine Institution hinein noch einen Schutz vor Erkrankung bietet, wohl nicht dazu geeignet sein kann, eine nach außen gehende Schutzwirkung zu definieren. Das heißt, nicht nur der generelle Impfzwang, sondern auch ein spezifischer Impfzwang im Gesundheits­wesen ist mit diesem Impfstoff in keiner Weise zu rechtfertigen, schon gar nicht, wenn man sich auch das entsprechende Nebenwirkungsprofil ansieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei war die einzige Fraktion hier im Hohen Haus, die geschlossen gegen die Einführung des Impfpflichtgesetzes gestimmt hat. Wir haben uns massiv dafür eingesetzt, dass


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die Anliegen von jeweils über 240 000 Unterzeichnern der Volksbegehren im Gesundheitsausschuss im Rahmen eines Hearings intensiv behandelt werden, und wir sind offenbar auch die Einzigen, die sich weiterhin dafür einsetzen, dass es einen verfassungsrechtlichen Schutz vor einer erneuten Einführung einer generellen Impfpflicht geben soll.

Nicht nur das Impfpflichtgesetz war ungerecht und überschießend, auch das COVID-19-Maßnahmengesetz ist es. Deshalb bringe ich bei dieser Gelegenheit folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG abgeschafft wird“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz, wird ersucht, dem Nationalrat eine Regie­rungs­vorlage über ein Bundesgesetz, mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) abgeschafft wird zuzuleiten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben den Text nicht zur Gänze verlesen. Es fehlen die letzten vier Zeilen. – Wenn Sie die bitte verlesen, sonst ist der Antrag nicht ordnungsgemäß eingebracht.


Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (fortsetzend): Vier Zeilen:

„In diesem Bundesgesetz soll insbesondere folgende Gesetzespassage beinhaltet sein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 121

§ 13 Abs 8 COVID-19-Maßnahmengesetz lautet:

‚Dieses Bundesgesetz tritt mit 2. Februar 2023 außer Kraft.‘“

*****

(Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Gerhard Kaniak, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Dr. Susanne Fürst, Mag. Gerald Hauser 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) abgeschafft wird

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (1660 d.B.) "KEINE IMPFPFLICHT" in der 197.Sitzung des Nationalrats am 1. Februar 2023

Alle Covid-19-Maßnahmen haben sich als unverhältnismäßig und untauglich erwie­sen. Die aktuelle Situation betreffend Corona lässt eine Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen nicht mehr zu. Neben der bereits 2022 wieder abgeschafften Covid-19-Impfpflicht sollen daher auch alle anderen Covid-19-Maßnahmen und deren gesetzliche Grundlagen beseitigt werden. Deshalb ist das Covid-19-Maßnahmen­gesetz (Covid-19-MG) mit 2. Februar 2023 endgültig außer Kraft zu setzen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 122

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird ersucht, dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) abgeschafft wird zuzuleiten.

In diesem Bundesgesetz soll insbesondere folgende Gesetzespassage beinhaltet sein:

§ 13 Abs 8 COVID-19-Maßnahmengesetz lautet:

„Dieses Bundesgesetz tritt mit 2. Februar 2023 außer Kraft.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Jetzt haben wir’s. Damit ist dieser Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


11.39.02

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Wie schon mehrmals festgestellt: Wir vermissen bei der Behandlung dieser Tagesordnungspunkte den Herrn Gesund­heitsminister. Dass er nicht hier ist, ist eigentlich ein Affront (Abg. Steinacker: Das ist nicht ... Geschäftsordnung des Nationalrats! Es handelt sich um ein Volksbe­gehren!) all jenen gegenüber, die sich auf der Straße engagiert haben, um dieses Impfpflichtgesetz zu Fall zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf mich namens der Freiheitlichen Partei bei diesen Mutbürgern bedanken. (Abg. Lukas Hammer: Vielen Dank für die Blockade!) Ich gratuliere auch den Einbringern dieser drei Volksbegehren, die in Summe 735 000 Unterschriften gesammelt haben! (Abg. Schallmeiner: Jetzt wird’s aber absurd! Ist das jetzt eine ...-Vorlesung?) Ich bedanke mich bei Robert Marschall für das Volks­begehren Nein zur Impfpflicht, ich bedanke mich bei den Kollegen Bolek und Volk (Abg. Lukas Hammer: Sein Taferl kann ...!) für das Volksbegehren


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Impfpflichtabstimmung: Nein respektieren, und ich bedanke mich bei Mag. Höllwarth und Mag. Scheer für das Volksbegehren Keine Impfpflicht.

 Es ist wirklich keine Selbstverständlichkeit, man muss im Wesentlichen gegen den politischen Druck des Mainstreams auf den Gemeindeämtern unter­schreiben, was ja nicht so ohne ist.

Nun der Reihe nach: Ich bin ja der letzte Redner bei diesem Tagesordnungs­punkt. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS sind beratungsresistent. Herr Dr. Smolle (Zwischenruf bei der ÖVP) und die ÖVP wollen das Thema Impfpflicht nun im Nachhinein kleinreden, nach dem Motto: Es wurde eh nie scharf gemacht. (Abg. Steinacker: Ist ja so! Es ist ja so!) – Na, ihr vergesst, ihr seid scharf, ihr seid wirklich gut im Vergessen.

Ich probiere es trotzdem noch einmal mit einer Tafel. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Redner:innenpult, auf der zu lesen ist: „ÖVP Ministerin Edtstadler: Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein. Und daran können sich auch andere Konsequenzen knüpfen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)“.) Ich habe schon gestern fest­ge­stellt, das ist nicht so einfach, aber die Zuseher sollen nie vergessen, wie die ÖVP mit den Bürgern Österreichs umgegangen ist.

Ich zitiere Frau Minister Edtstadler, ÖVP, die über die Bevölkerung drüber­gefah­ren ist und Folgendes gesagt hat – und das ist die Meinung der ÖVP –: „Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein. Und daran können sich auch andere Kon­sequenzen knüpfen.“ – Eine Schande, eine solche Aussage! (Beifall bei der FPÖ.) Sie müssen sich nicht nur für dieses fürchterliche Impfpflichtgesetz entschul­digen, sondern auch für diese Sager in Richtung der österreichischen Bevölkerung.

Dr. Smolle, Sie haben gemeint, es brauche eine Impfpflicht, weil die Impfquote in Österreich zu niedrig ist, und die SPÖ-Rednerin hat heute hier noch festgestellt,


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dass die Impfquoten zu niedrig sind. Sie wissen, ich habe in unglaublich vielen Reden aufgezeigt, dass das Narrativ, das Sie verbreiten, dass man mit einer Erhöhung der Impfquote quasi durch ist, überhaupt nicht stimmt. Ich habe meh­rmals im Hohen Haus auf das Beispiel Portugal verwiesen. Ich sehe Kollegen Wöginger in der ersten Reihe sitzen, ich höre ihn noch reden, wie er gesagt hat: Ihr Freiheitliche, schaut euch Portugal an, die haben eine hohe Impfquote! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Wisst ihr, wie das ausschaut? (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Portugal, 4.9.: Impfquote 94 Prozent. 87 Prozent der Portugiesen waren am 4.9. zumindest doppelt geimpft; und die Covid-Todeszahlen sind tragischerweise mit Einführung der Impfungen auch in Portugal explodiert. (Abg. Lukas Hammer: Weil es dort ...! Unwahrheiten verzapft ihr! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie hätten diese Argumente beachten müssen. Sie haben immer faktenwidrig reagiert. (Abg. Loacker: Ursache und Wirkung!) Da nützt jetzt auch das ganze Dazwischenschreien der Grünen nicht (Abg. Schallmeiner: Herr Kollege Hauser, das ist faktenwidrig, was du da ...! Das ist faktenwidrig ... behauptest! Du redest von Studien, die es nicht einmal gibt!), die die Bevölkerung sowieso in eine de facto Meinungsdiktatur hineintreiben. (Abg. Schwarz: Na, du kannst es eh sagen, es ist nur falsch!)

Wenn ihr euch beruhigt, vielleicht noch ein Beispiel: Am 21. Feber 2022 hat der Vorstand der Deutschen Betriebskrankenkasse, Dr. Schöfbeck, einen schrift­lichen Hilferuf an das Paul-Ehrlich-Institut gerichtet (Abg. Steinacker: Die Redezeit ist schon vorbei!) und hat gemeint, er habe die ärztlichen Daten analysiert. Ich zitiere aus seinem Schreiben: „Wenn diese Zahlen auf das Gesamtjahr und […] die Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet werden, sind vermutlich 2,5-3 Millionen Menschen in Deutschland wegen Impfnebenwirkungen nach“ der „Corona-Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen.“

Solche Sachen haben Sie ignoriert. Das war im Feber 2022; da haben Sie die österreichische Bevölkerung noch in den Impfzwang hineingetrieben, obwohl


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solche Fakten vorliegen. (Abg. Schallmeiner: Das ist eine Behauptung, das ist kein Faktum!) Wenn man das im Verhältnis (Abg. Tomaselli: ... Coronaimpfung!) 1 : 10 herunterbricht, bedeutet das, dass in Österreich 250 000 bis 300 000 Personen in ärztlicher Behandlung waren. (Abg. Schallmeiner: Das ist eine Behauptung, ist kein Faktum!) Das ist der Wahnsinn, und das ignoriert ihr. (Abg. Schallmeiner: Du ignorierst Fakten, du ignorierst Evidenz und weißt nicht einmal, was eine Studie ist!)

Zum Schluss: Nun versucht ihr weiter, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen. Ihr sagt: Wir werden nun die COVID-19-Maßnahmengesetze schritt­weise absetzen!, und gleichzeitig – das muss man heute und hier feststellen – wollt ihr diese Zwangsmaßnahmen wie Impfpflicht, Maskenpflicht und so weiter in ein geplantes Epidemiegesetz hineinschreiben. (Abg. Schallmeiner: Hast du eine Kristallkugel oder was!? Hast du hineingeschaut in die Kristallkugel?)

Das werden wir sehen, das werden wir weiterverfolgen. Wir werden weiterhin auf der Seite der Bevölkerung stehen und solch eine faktenwidrige Impfpflicht (Abg. Schallmeiner: Ja, faktenwidrig bist du!), wie sie durch euch – durch ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS – beschlossen wurde, stark bekämpfen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schallmeiner und Matznetter.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde nun auch gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten. Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Danke vielmals.

11.45.23Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den verlegten Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1753 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein zustimmendes Zeichen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Forde­rungen des Volksbegehrens ‚Stoppt Lebendtier-Transportqual‘“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1882 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Der Bericht ist einstimmig so zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1883 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1884 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG abgeschafft wird“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


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11.47.105. Punkt

Bericht des Justizausschusses über das Volksbegehren (1626 d.B.) „Rechts­staat & Antikorruptionsvolksbegehren“ (1910 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 5. Punkt unserer heutigen Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort.

Ich begrüße die Frau Bundesministerin.


11.47.41

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolksbegehren: Das ist ein sehr bezeichnender Titel, denn ein starker Rechtsstaat ist die Absicherung für die Bekämpfung von Korruption. Klare und starke Regelungen gegen Korruption sind wiederum die Voraussetzung dafür, dass der Rechtsstaat lebt und funktio­niert.

Aus diesem Grunde haben wir schon zu Beginn der Regierungszeit begonnen, an diesen Regelungen zu arbeiten, Regelungen zu schaffen und umzusetzen, die gegen Korruption wirksam sind, die für mehr Transparenz sorgen und die uns auf den Weg bringen, unseren Rechtsstaat zu stärken und zu unterstützen. Das Vertrauen in die Politik, das dadurch entsteht und besser wird, das in der letzten Zeit sehr gelitten hat, ist wichtig dafür, dass die Menschen weiterhin Ver­trauen in die Institutionen und in die gewählten Vertreter und Vertreterinnen haben und sich nicht bei anderen – nicht demokratisch legitimierten – Institu­tio­nen Unterstützung und Hilfe suchen.


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Wir haben schon zu Beginn der Regierungszeit mit der Umsetzung der schon im Regierungsprogramm festgelegten Maßnahmen begonnen, um für Transparenz und für mehr Möglichkeiten im Kampf gegen Korruption zu sorgen. Allein, was in den letzten sechs Monaten alles verabschiedet wurde, sind wirklich Meilensteine auf dem Weg dahin: So haben wir mit dem Parteiengesetz für gläserne Partei­kassen und dafür, dass der Rechnungshof direkte Einschaurechte bekommt, gesorgt. Wir haben den Entwurf für ein neues Korruptionsstrafrecht, das den Mandatskauf strafbar macht, Korruption stärker bestraft und sie auch auf die Kandidat:innen ausdehnt, in Begutachtung geschickt.

Es werden alle Studien der öffentlichen Hand inklusive der Kosten, die dafür angefallen sind, veröffentlicht. Alle Covid-Wirtschaftshilfen und alle Energie­kostenzuschüsse, die Unternehmen bekommen und die über 10 000 Euro liegen, werden veröffentlicht.

Durch das neue Medientransparenzgesetz, das schon im parlamentarischen Prozess ist, wird es mehr Transparenz bei Inseraten geben. Es wird durch das neue HinweisgeberInnenschutzgesetz, das wir heute hier herinnen ver­abschieden werden, besseren Schutz für Menschen geben, die auf Korruption hinweisen.

Es ist wichtig, dass wir da klar sind und stark gegen alle Formen der Korruption auftreten, denn Korruption bedeutet, dass die falschen Menschen aus den falschen Gründen an Stellen sitzen, an denen Entscheidungen getroffen werden, die unser ganzes Leben und das Leben einer jeden einzelnen Person hier in diesem Land betreffen. (Abg. Hafenecker: Nein, die sitzen wegen euch dort! – Abg. Loacker: Muss man schauen, welche ...!) Aus diesem Grund ist es wichtig, massiv dagegen vorzugehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Die sitzen wegen den Grünen dort, aber die sind alle noch immer in der Regierung!)


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Saubere Politik ist und bleibt das, wofür wir Grüne stehen. Wir haben auch den langen Atem, diesen Weg bis zum erfolgreichen Ende zu gehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.51

11.51.15*****


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich nun Herrn Abgeordneten Jörg Leichtfried das Wort erteile, möchte ich noch bekannt geben, dass ich mir das Stenographische Protokoll von der vorangegangenen Debatte habe holen lassen.

Nachdem da jetzt angeführt ist, Herr Abgeordneter Amesbauer, dass Sie einen Zwischenruf mit folgendem Wortlaut getätigt haben: „Das war ein totalitäres Regime! Ein gewalttätiges Regime!“, erteile ich Ihnen dafür einen Ordnungsruf. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Meinl-Reisinger. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

*****

Nun gelangt Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried zu Wort. – Bitte.


11.51.52

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie hier zusehen oder zuhören! Eines ist vollkommen klar: Korruption ist Gift für die Demokratie. Deshalb bin ich jenen Damen und Herren wirklich dankbar, die dieses Volksbegehren eingeleitet haben und mit diesem Volksbegehren sehr erfolgreich waren, weil es Bewusstsein für das schafft, was auch bei uns in Österreich in den letzten fünf Jahren durch dieses türkise System, durch das System Kurz, geschehen ist.

Die Menschen in Österreich haben inzwischen den Eindruck, dass man mit Geld mehr politisch erreichen kann als durch die Abgabe der Stimme. Die Menschen in Österreich haben den Eindruck, dass Posten nicht nach Know-how, sondern


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nur mehr politisch vergeben werden. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Die Menschen haben den Eindruck, dass die Regierung nicht einmal bemüht ist, etwas dagegen zu unternehmen.

Das war das System Kurz, aber es ist nicht vorbei. Es ist jetzt das System Nehammer, das sich auch weigert, Aufklärung zu betreiben. Das geht so nicht in Österreich, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist kein Wunder, dass Österreich in diesen fünf Jahren im Korruptionsindex auf Platz 22 zurückgefallen ist. Wissen Sie, was das ist? – Das ist eine wahre Schande für uns, eine wahre Schande für dieses Land. Da gehört dagegenge­steuert. Deshalb ist dieses Volksbegehren so wichtig, geschätzte Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf. – Abg. Meinl-Reisinger: Nur wie es sich verbessert!)

Eines an die ÖVP: Für das, was Sie hier angerichtet haben, für das, was Sie mit diesem Land, mit der Demokratie und mit dem Rechtsstaat gemacht haben, sollten Sie sich schämen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich braucht keine Partei in der Regierung, die unter Korruptionsverdacht steht. Österreich braucht eine Regierung, die – wenn notwendig – Korruption aufdeckt und bekämpft.

Ich mache noch einmal ein Angebot an die Grünen, die – so weiß ich es und bin ich mir sicher – mit dieser Situation genauso unzufrieden sind: Befreien Sie sich aus dieser Umklammerung der ÖVP! Ermöglichen Sie Neuwahlen! In der Zeit des freien Spiels der Kräfte gibt es mehr Antikorruptionsgesetzgebung, als Sie je mit dieser ÖVP zustande bringen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber, wenn es um Korruption geht, auch eine andere Partei nicht aus den Augen verlieren, die sogenannte oder selbst ernannte Partei des kleinen Mannes, weil sie um nichts besser ist, als es diese ÖVP je war. (Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Eßl: Sozialisten!)


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Wie ist das in Graz, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ? Was haben Sie da in Graz gemacht? Was ist in Graz passiert? – Herr Klubdirektor Eder hat 500 000 Euro an Förderungen verblitzt. Das ist auch Korruption. Dafür tragen Sie die Verantwortung. 500 000 Euro zu verblitzen ist korrupt – nichts anderes ist das! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lukas Hammer.)

Oder: Was ist mit Herrn Stadtparteivorsitzenden Eustacchio? Herr Eustacchio hat sich aus staatlichem Fördergeld jedes Jahr 60 000 Euro Vergnügungsgeld bewilligt. (Abg. Martin Graf: Sie reiten einen toten Gaul!) Ist das Ihre Ansicht von Rechtsstaatlichkeit? Ist das Ihre Ansicht von Moral? Ist es das, was Sie für gut halten? – Genau gleich korrupt sind Sie. Sie sind überhaupt nicht anders. Das ist die FPÖ, wie sie wirklich ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stefan: Richten Sie die FPÖ? – Zwischenrufe des Abg. Gerstl.)

Dann stellen Sie sich her und versuchen, etwas anderes zu erklären. ÖVP und FPÖ sind gleich korrupte Parteien. Damit muss in diesem Land endlich einmal Schluss sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kucher. – Abg. Steger: Wie war das mit Multiversum eigentlich? – Abg. Amesbauer: AKH-Skandal! Hypo! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.55


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Jetzt erklären Sie uns Graz, Herr Kollege! Was ist mit Graz? Was ist mit der FPÖ Steiermark?)


11.56.01

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Leichtfried hat ja recht gut begonnen. (Abg. Leichtfried: Was ist mit der FPÖ Steiermark? Na?) Er hat gesagt: Korruption ist Gift für diese Gesellschaft. – Mindestens genauso ein Gift ist es aber, diese wechselseitigen Vorwürfe zu machen, gerade als SPÖ. (Zwischenruf der Abg. Greiner.)


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Ich bin ja in Wien aufgewachsen. Ich weiß, was Korruption ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Ich meine, 500 000 Euro sind ja nicht nichts!) In Wien hat nie jemand eine Position bekommen, der nicht bei der SPÖ ist. Jeder Schul­direktor, jeder Kindergartenleiter – alles ist durchgestylt rot. (Abg. Leichtfried: Für 500 000 Euro muss der kleine Mann lange arbeiten!) Das sind sicherlich nur die Besten, keine Frage. Da gibt es keine Korruption und keine Postenbesetzung. Das ist eine Erfindung der letzten sechs Monate, glaube ich. (Abg. Leichtfried: Sie brauchen nur Graz erklären!)

Herr Kollege Leichtfried, bitte! Ich hätte es mir eigentlich erspart, das zu sagen, aber man muss es halt sagen, wenn Sie damit anfangen: Die Roten haben die Korruption zur Perfektion getrieben: die Inserate, die Sie gekauft haben oder sich über Unternehmen, die im öffentlichen Zusammenhang stehen, haben zahlen lassen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bitte, hören Sie auf! Wirklich: Sie sind sensationell gut in der Korruption, da können Sie stolz sein, aber lassen Sie es, hier auf die anderen zu zeigen! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Leichtfried: Aber wenn Sie jetzt nur Graz erklären würden!)

Da sind wir eh schon beim Punkt. Ich denke da natürlich genauso wie alle anderen hier, insofern könnte ich meine Rede genauso beginnen wie Sie: Korruption ist ein Gift für diese Gesellschaft. Ich bin hundertprozentig dafür, dass wir sie bekämpfen, aber natürlich sind wir über die Details nicht ganz einig. Und wenn man – das war bei dem Volksbegehren so wichtig – mit Moral und Entpolitisierung hantiert, dann sind das in Wirklichkeit Kampfbegriffe, die sehr gefährlich sind. Moral – das wissen wir – ist für jeden eine persönliche Einschätzung und daher kein rechtsstaatlicher Begriff. Wenn ich mit Moral arbeite, dann kann ich jeden unter Druck setzen. Immer der, der die Möglichkeit hat, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, oder der stärker ist, kann dann über Moral andere in die Knie zwingen. Das ist gefährlich. Deswegen bin ich dagegen, Moral als Gradmesser zu nehmen. Also rechtsstaatlich muss es sein.


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Entpolitisierung ist genauso ein Kampfbegriff, denn Entpolitisierung verlangen immer die, die selbst schon in den Institutionen drinnen sind und nicht wollen, dass andere hineinkommen. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein! Auch wir zeigen, dass es anders geht! – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Wenn man zum Beispiel den ORF entpolitisieren will, dann will man das, weil man weiß, man ist selbst – als SPÖ, als Grüne oder als wer auch immer – schon längst fest im ORF verankert. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Singer.) Dann will man keinen Stiftungsrat, bei dem auch andere Parteien dabei sind. Also Vorsicht, da sind wir sehr dagegen.

Auch diese Übertreibungen: Wir machen jetzt das beste Antikorruptions­straf­recht der Welt!, ja, genau deswegen gibt es, glaube ich, auch diesen Missmut und dieses mangelnde Vertrauen in der Bevölkerung, weil einfach alle diese Übertreibungen satthaben.

Wenn Sie sich anschauen, was da jetzt vorgeschlagen wurde: Das ist ja offenbar eine Reaktion auf das Ibizavideo, bei dem man festgestellt hat, das ist nicht einmal strafbar, also müssen wir jetzt nachschärfen. Wir müssen uns also sozu­sagen rechtfertigen, dass wir aufgrund des Ibizavideos eine Regierung in die Luft gesprengt haben. Wir müssen diese Dinge jetzt im Nachhinein strafbar machen.

Wenn man sich das aber anschaut, dann wird es auch im Detail schon sehr heikel. Was ist der Kandidat? Wie heißt es da? Es gibt da so gute Formulie­rungen: Beim Kandidaten muss die Möglichkeit bestehen, dass er eine „hypothetisch mögliche[...] Funktion als Amtsträger“ bekommt. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Na ja, was heißt das? Wenn sich die Umfragen ändern, dann ist er hypothetisch plötzlich doch ein Amtsträger. Wenn die Umfragen schlechter werden, nicht. Unbestimmte Gesetzesbegriffe – das wissen wir – sind im Straf­recht auch Gift, ähnlich wie Korruption. Das ist einmal das eine.

Der Mandatskauf: ja, auch da: Wann ist der Wahlkampf? Wann beginnt der Wahlkampf? (Abg. Steinacker: Stichtag oder Neuwahlbeschluss!) Ja, das kann man auf irgendwelche Tage festlegen. Drei Tage davor gilt es dann nicht mehr. Ich


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glaube, das Ibizavideo – Kollege Scherak hat es schon gesagt – ist, drei Tage bevor laut Gesetz der Wahlkampf beginnt, gewesen (Abg. Scherak: Am Abend davor!) – oder am Abend davor. Gut, also noch schöner hingebracht.

Dann: Wer ist ein „Verantwortlicher einer [...] Partei“? Das ist ein Rechtsbegriff, den es bis jetzt nicht gibt, der steht jetzt plötzlich da im Gesetz. Also auch das ist unbestimmt.

Auch den Mandatsverlust nach sechs Monaten bedingter Verurteilung halte ich für höchst problematisch. (Abg. Steinacker: Wählbarkeitsverlust! Da ist ein Unterschied!) Wir haben bewusst die Gewaltenteilung, und es sollten auch die Mandatare, die Politiker und vor allem jene der Opposition davor geschützt werden, dass sie möglicherweise leichtfertig durch die Justiz entfernt werden.

Und sechs Monate bedingt: Es gibt auch Fehler in der Justiz – das muss man auch sagen –, sonst gäbe es ja auch keine Rechtsmittel oder Wiederaufnahme von Verfahren. Also da geht es schon sehr schnell, dass man jemanden hinausdrängt. Also wir sind da skeptisch.

Wir werden uns das alles anschauen. Wie gesagt: Wir sind natürlich genauso wie alle anderen für die Bekämpfung der Korruption, aber Vorsicht, wo man sich hinbewegt, und Vorsicht mit Kampfbegriffen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.


12.01.13

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als Vorsitzende des Justizausschusses möchte ich mich zuallererst bei den Proponentinnen und Proponenten, die das Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolksbegehren einge­leitet haben, und bei den zahlreichen Expertinnen und Experten, die uns


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wertvolle, wichtige Hinweise gegeben haben, für das hochinteressante Hearing bedanken.

Meine Wertschätzung gilt aber auch all jenen, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben. Mehr als 300 000 Menschen in Österreich haben es unterschrieben, und ich darf Ihnen versichern: Ihre Botschaft ist hier im Parlament angekommen.

Jetzt ist der Gesetzgeber, jetzt sind wir am Zug. Es sind viele Vorschläge im Volksbegehren enthalten. Die meisten brauchen aus meiner Sicht jetzt eine genaue Analyse und sachgerechte Ausarbeitung. Da bedanke ich mich bei den Experten und Expertinnen, die haben uns im Hearing einiges mitgegeben.

Drei Punkte möchte ich explizit herausgreifen. Erstens: Checks und Balances gelten auch da, beim Thema Rechtsstaat und Antikorruption. Die Staatsgewalten müssen verschränkt sein und einander kontrollieren, auch bei der Korruptionsbekämpfung.

Zweitens: Wir müssen Lücken schließen, uns aber immer fragen: Ist eine Maß­nahme zur Zielerreichung geeignet? Ist sie verhältnismäßig? Und: Erreichen wir das Ziel allenfalls auch mit anderen Mitteln?

Drittens: Wenn wir nach einem Ziel streben, um Korruption einzudämmen, um den Rechtsstaat zu stärken, dann dürfen wir mit diesem Ansteuern von Zielen nicht andere Ziele gefährden.

Ich gebe Ihnen Beispiele: Bei der Transparenz dürfen wir nicht den Datenschutz beseitigen, bei der Sicherstellung der unbeeinflussten Arbeit der Staatsanwalt­schaften nicht Effizienz und Kontrolle, bei der Inseratenregulierung nicht die Information der Menschen, die brauchen sie nämlich auch. Im Strafrecht dürfen wir nicht die Lebendigkeit des demokratischen Prozesses und bei der Regulie­rung der Parteien nicht die Möglichkeit, sich politisch zu betätigen, beseitigen.


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Viele der Forderungen des Volksbegehrens sind in Umsetzung. Wir haben eine Transparenzoffensive gestartet, und aus meiner Sicht ist Transparenz die beste Vorbeugung gegen Korruption. Das neue Parteiengesetz – meine Kollegin hat es schon angesprochen – ist seit Anfang des Jahres in Wirksamkeit: volle Trans­parenz bei den Parteifinanzen, genaue Spendenregulierungen, Prüfungsmöglich­keiten des Rechnungshofes.

Da sind wir aus meiner Sicht schon in eine Topliga aufgestiegen, und dort wollen wir mit allen anderen Gesetzen, die wir derzeit zum Thema Transparenz und zum Vermeiden von Korruption im Haus oder in Vorbereitung haben, auch hin, näm­lich in die Topliga, um Korruption zu vermeiden. (Abg. Krisper: Wir sind bei den Seychellen! – Abg. Meinl-Reisinger: Wir sind bei den Seychellen!)

Auch wenn wir jetzt bei Transparency International abgerutscht sind – wir sind um zwei Punkte runtergerutscht; wir sind auf Platz 22 von 180 auf der Welt –: Ja, wir wollen ganz hinauf! Das ist unser erklärtes Ziel, und daher werden alle Dinge, die ich Ihnen jetzt noch kurz benennen darf, dazu beitragen, weil sie die Wahrnehmung Österreichs in der Öffentlichkeit, in der Welt verändern und wir dann wieder nach oben rutschen können.

Das Erste ist das Medientransparenzgesetz – es war schon in Begutachtung. Es sichert die Transparenz in den Medienkooperationen mit der öffentlichen Hand.

Jetzt kommt das Korruptionsstrafrecht – das ist derzeit in Begutachtung. Kollege Stefan hat es soeben angesprochen. Es geht darum, den Mandatskauf unter Strafe zu stellen, und es geht darum, Kandidaten in das Korruptionsstrafrecht einzubeziehen. Und ganz klar ist – weil das auch im Hearing ein Thema war –: Wir haben gesagt, Kandidat ist man ab dem Zeitpunkt, wenn ein Neuwahlbe­schluss gefasst wurde oder ein Stichtag festgelegt ist. Wir brauchen im Strafrecht ganz klare, objektive, messbare Kriterien. Wenn etwas einen Tag vorher passiert ist, dann ist es einen Tag vorher passiert. Das ist bei anderen Fristen im Strafrecht genauso.


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Die Wählbarkeit zu verlieren ist ein Thema, wo man, glaube ich, auch hinschauen muss. Wir werden ja durch die Begutachtung sehen, worauf sich die ent­sprechenden Rückmeldungen beziehen. Die werden wir uns sorgsam anschauen und einarbeiten.

Wir haben noch vor, das Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen, das Grund­recht auf Informationszugang, das ja für den gesamten staatlichen Bereich gelten soll. An diesem Gesetz wird intensiv gearbeitet. Zentral werden da auch die Länder und Gemeinden eingebunden, denn die sind es ja, die letztendlich dieses Gesetz zum Großteil vollziehen müssen.

Der weisungsfreie Bundesstaatsanwalt, ein Thema, zu dem wir uns verständigt haben, soll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Da sind wir dabei, zu prüfen und zu überlegen, wie denn das am besten umgesetzt werden kann, wie das Parlament – und das ist uns ja auch so wichtig – in Bestellung und Kontrolle entsprechend eingebunden werden kann.

Das Thema des fairen Verfahrens wurde von den Proponentinnen und Propo­nenten und den Expertinnen und Experten auch angesprochen. Faires Verfahren: Wir sind im Strafrecht nicht in der digitalisierten Welt angekommen. Der Schutz des Briefgeheimnisses ist ein Grundrecht, das durch das Staats­grundgesetz geschützt ist, meine Damen und Herren. Eine elektronische Post ist noch immer eine Post und ein Brief, und daher müssen wir bei diesen Themen, auch beim Umgang mit SMS und Chats, nachschärfen. Wir müssen uns natürlich auch das Thema des Kostenersatzes im Strafverfahren überlegen.

Meine Damen und Herren, ich möchte heute schon sagen: Vieles wurde getan, vieles ist noch zu tun. Wir sind uns dieser Notwendigkeit bewusst, aber mein Anspruch ist, dass Gesetze so klar formuliert werden, dass sie nicht vom Verfassungsgerichtshof in einem halben Jahr wieder aufgehoben werden. Und ich möchte nicht, dass Gesetze zu unbestimmt oder unverhältnismäßig sind.


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Ich bedanke mich noch einmal bei allen Unterstützern des Volksbegehrens, denn wir haben ein gemeinsames Ziel: Korruption mit allen Instrumenten des Rechts­staates zu verfolgen, ein Klima der Integrität und des Vertrauens in die Politik herzustellen und international ein Vorbild zu sein. Das ist unser Ziel. Wenn wir das erreichen, werden wir auch in Sachen Korruptionsbekämpfung in die Cham­pions League aufsteigen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der Grünen.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.


12.07.31

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Justiz­ministerin! Wenn ich mir meine Vorredner mit Ausnahme von Frau Kollegin Prammer anhöre, dann verstehe ich, dass die Leute in Österreich es endgültig satthaben. Ich höre hier Ausreden für das, was nicht funktioniert. ÖVP, SPÖ und FPÖ werfen sich gegenseitig vor, wer die letzten Jahrzehnte denn korrupter gewesen ist und wer das System wo mehr missbraucht hat.

Es ist doch unsere Verantwortung, damit endlich Schluss zu machen, diesen Wasserschaden nachhaltig zu reparieren, die Sümpfe trockenzulegen und sich nicht weiter gegenseitig mit Dreck zu bewerfen und zu erzählen, wer wann korrupter war. Wir müssen das System ändern! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mich hat am Samstag im niederösterreichischen Landtagswahlkampf ein Herr in Baden auf der Straße gefragt, wann denn endlich Schluss mit diesem kor­rupten System ist, und ich weiß auch nicht mehr, was ich den Leuten sagen soll. Ich höre die ganze Zeit nur, was nicht funktioniert, ich merke, wer wo bremst, weil er keine Lust hat, dass irgendwo Transparenz zustande kommt (Abg. Hafenecker: Ja! Ihr beim Untersuchungsausschuss!), und ich verstehe es einfach nicht mehr.


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Kollege Hafenecker hat gerade zwischengerufen, und das ist ein großartiger Zwischenruf. Herr Kollege Hafenecker, das, was Sie beim Untersuchungs­ausschuss weitermachen wollten, ist, sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen, parteipolitisches Kleingeld zu wechseln, anstatt endlich die Reformen anzu­gehen, die schon längst auf dem Tisch liegen. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Das Problem an der Korruption ist ja nicht nur die Korruption an sich und die Freunderlwirtschaft, das Problem ist, dass damit auch unfassbar viel Geld verloren geht, Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Jetzt haben wir nicht nur von Transparency International mitbekommen, dass wir im Korruptionsindex nicht nur nicht besser geworden sind, sondern noch schlechter geworden sind. Wir wissen auch, dass die volkswirtschaftlichen Schäden enorme sind. Prof. Schneider von der JKU Linz hat ausgerechnet, dass wir jedes Jahr 15 Milliarden Euro verlieren, weil wir es immer noch nicht geschafft haben, mit Korruption Schluss zu machen, mit Freunderlwirtschaft Schluss zu machen. Das erachte ich als ein riesiges Problem. (Beifall bei den NEOS.)

Ich verstehe, dass all die mehr als 300 000 Menschen, die das unterzeichnet haben, einigermaßen frustriert sind. Die Reformvorschläge liegen seit Ewigkeiten auf dem Tisch, und es ist doch ein Armutszeugnis für ein Land wie Österreich, dass wir jedes Mal über den „Wasserschaden“, von dem der Herr Bundesprä­si­dent gesprochen hat, ein bisschen mit weißer Farbe drüberpinseln.

Ich weiß nicht, wer schon einmal zu Hause einen Wasserschaden hatte. Wissen Sie, was passiert, wenn Sie drüberpinseln? – Er kommt jeden zweiten oder dritten Tag wieder. Das ändert nichts am System und das korrupte System bleibt genau so, wie es vorher war. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir rutschen immer weiter ab, und das liegt am Reformunwillen, am Unwillen, konkrete Reformen anzugehen, die diese unsägliche Krankheit Korruption


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wirklich verhindern. Frau Bundesministerin, das, was vorgeschlagen wird, sind natürlich Reformen, aber es sind in vielen Bereichen halbherzige Reformen, die den Wählern Sand in die Augen streuen, und Sie tun so, als ob danach dann endlich alles gut wäre.

Kollege Stefan hat das Ibizavideo angesprochen: Das Ibizavideo ist das perfekte Beispiel, wieso all das, was die Bundesregierung bis jetzt gemacht hat, eben nicht dazu führt, dass gewisse Dinge verhindert werden. Wir erinnern uns, H.-C. Strache hat auf Ibiza erzählt, wie man am Rechnungshof vorbei Geld an Vereine, die im Umfeld von Parteien sind, spenden und so das Parteiengesetz umgehen kann. Wie ist es heute? – Es ist weiterhin möglich, am Rechnungshof vorbei an irgendwelche Vereine Geld zu spenden und damit Wahlkampf zu machen. Es hat sich nichts geändert. Das, was H.-C. Strache auf Ibiza erzählt hat, ist weiterhin möglich, Sie müssen nur einen Verein finden, der nicht statutarisch mit einer Partei verbunden ist. (Beifall bei den NEOS.)

H.-C. Strache hat auch davon geredet, wie er sich selbst irgendwie Geld beschaf­fen will, um nachher dann, falls er einmal in der Regierung ist, Unternehmen Vorteile zuzuschanzen. Das ist das, was wir als Kandidatenbestechung in den letzten Wochen hier debattiert haben. Die Bundesregierung hat jetzt einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, mit dem sie das verschärfen will. Sie will ab einem Zeitpunkt, den sie festgelegt hat, sagen, dass jemand Kandidat ist. Frau Kollegin Steinacker hat es schon angesprochen: Es soll entweder der Stichtag sein, das heißt 82 Tage vor einer Wahl, oder es soll der Tag des Neuwahlbeschlusses sein.

Schauen wir uns 2017 an: 82 Tage vor der Wahl war der 25. Juli. Wenn es eine ganz gewöhnliche Wahl gewesen wäre, dann hätte H.-C. Strache am 24. Juli, einen Tag davor, all diese Versprechungen machen können und er wäre nicht strafbar gewesen. Und Sie wollen mir erklären, dass Sie damit mit Korruption abfahren?! Das ist doch absurd! (Beifall bei den NEOS.)


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Sie müssen das System doch bis zum Ende denken! Es ist realitätsfremd zu glauben, dass ich mich dann halt nicht am Tag davor bestechen lasse. (Abg. Prammer: Es gab aber davor doch den Neuwahlbeschluss! – Abg. Meinl-Reisinger: Ja schon, aber das weißt ja Wochen davor!) Es ist doch vollkommen lächerlich, davon auszugehen, dass das am Schluss auch entsprechend sein wird.

Ich habe gehört, dass es ja damals einen Neuwahlbeschluss gab. – Ja, den gab es, aber das ist ja nicht der Normalzustand. Dann mache ich es einen Tag vor dem Neuwahlbeschluss. Wir wissen doch hier im Parlament, wann wir Neuwahl­beschlüsse fassen, und wenn jemand Interesse daran hat, jemanden zu bestechen, wird er halt einen Tag oder eine Woche davor kommen. Es ist vollkommen unrealistisch, zu glauben, dass das hilft.

Dann erzählt uns die Bundesregierung bar jeglicher Evidenz, dass sie das schärfste Korruptionsstrafrecht der Welt vorgelegt hat. Das, was Sie nicht gemacht haben, ist: Sie haben immer noch keinen unabhängigen Bundesstaatsanwalt, es sind immer noch zu wenige Ressourcen für die Antikorruptionsbehörden da, es gibt immer noch kein Informationsfreiheitsgesetz, das Korruptionsstrafrecht hilft immer noch nicht, das zu verhindern, was auf Ibiza passiert ist, und die Insera­tenkorruption ist in Österreich immer noch möglich. Das, was in dem Volks­be­gehren gewünscht wird, was darin vorgeschlagen wird, haben Sie bis heute nicht umgesetzt. (Beifall bei den NEOS.)

12.13


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.13.24

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich zu Beginn ganz herzlich bei den Proponent:innen des Antikor­ruptionsvolksbegehrens bedanken, weil sie sehr, sehr viele Stunden, viele ehren­amtliche Stunden aufgewendet haben, um für dieses wichtige Thema zu


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sensibilisieren. Sie haben die letzten Wochen und Monate den Finger dorthin gelegt, wo es auch weh tut. Sie haben Probleme in der Korruptionsprävention aufgezeigt, sie haben aber auch Probleme bei der Korruptionsbekämpfung aufgezeigt. Ihnen gilt mein allerhöchster Respekt und mein herzlicher Dank für diesen großartigen Einsatz. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Seidl.)

Der Bundespräsident hat es ja auch ganz klar gesagt: Das Vertrauen in die Politik und damit auch das Vertrauen in die Demokratie hat Schaden genommen. Es braucht eine Generalsanierung. Ja, genau das braucht es, denn das Vertrauen in die Demokratie, das Vertrauen in die Politik ist entscheidend. Korruption ist – das haben heute fast alle Abgeordneten auch so gesehen und es gesagt – Gift für unsere Demokratie.

Warum ist das der Fall? – Korruption bricht das Grundversprechen einer Demo­kratie. Sie bricht das erste Grundversprechen der Demokratie, nämlich dass jeder zu gleichen Teilen beteiligt ist. Jeder gibt einen Stimmzettel ab und kann damit die Politik auch mitgestalten. Das zweite Grundversprechen der Demokratie ist, dass dieses Recht für alle gleich gilt. Genau diese zwei Grund­versprechen bricht die Korruption. Genau deswegen müssen wir die Korruption bekämpfen, nämlich um das Vertrauen in die Politik zurückzu­gewinnen, um das Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen. (Beifall bei den Grünen.)

Was braucht es, um das Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen? – Es sind meines Erachtens drei Säulen, die gestärkt werden müssen:

Das eine ist Transparenz. Ja, wir haben in den letzten Monaten einiges umge­setzt, um transparente Parteikassen zu schaffen. Es gibt jetzt ein scharfes Transparenzgesetz im Bereich der Parteienfinanzierung. Der Rechnungshof kann jetzt endlich in die Parteikassen Einschau halten. Es gibt auch ein neues Medientransparenzgesetz.


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Der zweite Punkt sind natürlich schärfere Antikorruptionsgesetze. Das heißt, wir brauchen ein scharfes Korruptionsstrafrecht, das tatsächlich das, was Korruption ist, auch mitumfasst. Das haben wir vor einigen Wochen präsentiert, und ich kann Ihnen auch sagen, dass viele Expertinnen und Experten gerade aus dem Strafrechtsbereich es als richtig empfinden, dass wir in diesem Korruptions­straf­recht klare Regelungen geschaffen haben, dass wir einen klaren Zeitpunkt festgelegt haben, ab wann Strafbarkeit gilt. Ja, Frau Professorin Zerbes hat es im Justizausschuss gesagt: Man kann Moral nicht herbeistrafen. Da sind wir alle gefordert aufzustehen, und wir sind alle gefordert, moralisch zu agieren und ein Vorbild für die Bevölkerung zu sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scherak: Das müssen Sie dem Strache sagen!)

Das Dritte ist eine effiziente und von der Parteipolitik unabhängig agierende Justiz, und genau das ist auch notwendig. Als ich ins Amt gekommen bin, hat es an allen Ecken und Enden geheißen: Die Justiz stirbt einen stillen Tod. In den letzten drei Jahren in Folge haben wir das Justizbudget erhöht, ich habe insge­samt 500 Planstellen für die Justiz geschaffen, in der Staatsanwaltschaft, bei der Gerichtsbarkeit, beim Supportpersonal, in den Justizanstalten. (Abg. Krisper: Es geht um Korruptionsbekämpfung!) Das war wichtig und notwendig, damit die Justiz als wichtigste Säule unserer Demokratie, unseres Rechtsstaates keinen stillen Tod stirbt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krisper: Thema Korruption!)

Ja, es ist auch notwendig, weitere Reformen voranzutreiben, allen voran das Informationsfreiheitsgesetz. Das ist ein wichtiger Schritt für die Transparenz. So weit, wie wir jetzt sind, waren wir noch nie: Es gibt einen begutachteten Ent­wurf, und ich kann Ihnen sagen, dass mit Nachdruck verhandelt wird, um auch diejenigen zu überzeugen, die bei diesem Entwurf bremsen. Ja, das sind die Länder und die Gemeinden, das muss man auch benennen, aber wir werden alles daransetzen, dass wir das auch in dieser Legislaturperiode umsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Korruption ist Gift für unsere Gesell­schaft und Gift für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Ich werde


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weiterhin alles daransetzen, der Korruption in Österreich den Nährboden zu entziehen. Das ist wichtig, denn die Demokratie kann nur funktionieren, wenn das Vertrauen da ist, dass diese Grundversprechen auch für alle gleich gelten. Wir müssen daher entschieden gegen all jene vorgehen, die durch Korruption die Säulen unserer Demokratie zersetzen, das Vertrauen in sie erschüttern und ihr so nachhaltig schaden. Wir müssen das gemeinsam tun, jeder von uns ist gefor­dert, ein Vorbild zu sein, jeder von uns ist gefordert, das Vertrauen in die Politik und damit in die Demokratie zurückzugewinnen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.19.35

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, herzlich willkommen im Parlament! Wir reden über das Thema Korruption und haben jetzt öfters gehört – gestern wurde es auch international verkündet –, dass wir im Korrup­tionsindex wieder um einige Plätze heruntergerutscht sind. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Wir sind nicht mehr unter den top 20. Und ich bleibe dabei: Das haben wir ganz allein der ÖVP und ihrer Machtgier zu verdanken – ihrer Macht­gier! (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Zarits. – Zwischenruf des Abg. Hörl. – Abg. Gerstl: ... Herrn Krainer, das ist verantwortlich!) Wir werden Korruption dann bekämpfen können, wenn die ÖVP endlich die Trennung ihrer Partei von der Verwaltung akzeptiert (Abg. Schmuckenschlager: ... Bundesparteivorsitzende!), wenn die ÖVP endlich die Trennung ihrer Partei von der Justiz akzeptiert (Abg. Eßl: ... Wien! – Zwischenruf des Abg. Hörl – Abg. Schmuckenschlager: Es besteht die Gefahr, dass die Rede ...!) und ihre Kraken aus den Medienhäusern rauszieht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dann haben wir eine - -



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Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich würde Sie ersuchen, sich im weiteren Verlauf Ihrer Rede in der Ausdrucksweise zu mäßigen. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (fortsetzend): Gerne, Frau Präsidentin, ich werde mich daran halten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns in der letzten Sitzung des Verfassungsausschusses (Abg. Steinacker: Das war im Justizausschuss!) mit Propo­nentinnen und Proponenten des Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolks­begeh­rens ausführlich unterhalten. Ich danke hier an dieser Stelle den Proponent:in­nen, die so viel dazu beigetragen haben, dass mehr als 300 000 Personen in Österreich dieser Initiative gefolgt sind und unterschrieben haben.

Ich bitte Sie aber um Verständnis dafür, dass ich zornig bin, denn: Wie geht denn die politische Mehrheit hier in diesem Parlament mit den Ergebnissen um? Ich bitte um Verständnis: Der Grund, warum ich so zornig bin, ist, dass Sie sagen: Na ja, wir rutschen in diesem Index deswegen ab, weil ihr so oft über Korruption redet! – Das bedeutet im Umkehrschluss: Redet nicht mehr über Korruption, dann sind wir nicht mehr korrupt, und es schaut dann international besser aus! – So funktioniert aber Korruptionsbekämpfung nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Frau Ministerin, Sie haben zu Recht gesagt, dass einige Maßnahmen getroffen worden sind, wie zum Beispiel Personalaufstockungen, Ressortaufstockungen innerhalb der Justiz. Das ist wichtig, aber ganz ehrlich: Was hat das mit effek­ti­ver Korruptionsbekämpfung zu tun, wenn wir die Strukturen nicht wirklich effizient unabhängiger gestalten, wenn wir an der Struktur nichts ändern? Warum ist es in dieser Gesetzgebungsperiode immer noch nicht möglich, die Einsetzung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts zu beschließen? Wieso beschleicht uns das Gefühl, dass dieses Projekt auch in dieser Periode geschei­tert ist? – Weil daran so viele zusätzliche Bedingungen geknüpft werden.


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Sie reden hier über die Whistleblowerregelung. (Abg. Steinacker: Wird heute beschlossen!) Korruptionsbekämpfung steht und fällt mit dem Schutz von Hinweisgeber:innen, von Whistleblowern. Wie sieht denn die Whistleblower­regelung aus, die Sie heute mit Mehrheit beschließen wollen? – Sie schafft noch mehr Verwirrung, sie verunsichert noch mehr. Die Hinweisgeber wissen nicht, ob sie wirklich geschützt sind, kein Mensch kennt sich mit dieser Gesetzes­vor­lage mehr aus, und es wird sich wieder nichts ändern. Das ist das, was mich wirklich ärgert und zornig macht. (Abg. Steinacker: Das ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie, ich bitte dich!) Seit drei Jahren reden wir darüber!

Eines möchte ich zum Abschluss noch einmal in Erinnerung rufen: Wir stehen heute deswegen hier, weil Ihr früherer Bundeskanzler die Institutionen dieses Staates angepatzt, angefeindet hat (Zwischenruf des Abg. Eßl) – das muss man einfach noch einmal erwähnen –, und das muss sich aufhören! (Abg. Hörl – in Richtung Bundesministerin Zadić –: Die soll schauen, dass die Verfahren schneller gehen!) Nur so bekommen wir wieder eine saubere Republik.

Ich appelliere an Sie, ernsthaft am Informationsfreiheitsgesetz, am Whistle­blowerschutzgesetz, an der Kronzeugenregelung – die muss nach wie vor verbessert werden, Frau Ministerin – und am Bundesregierungs-Transparenz-Gesetz zu arbeiten. Nur effektive strukturelle Änderungen werden uns aus dieser Korruptionsmisere herausführen und Österreich wieder demokratischer gestalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger zu Wort. – Bitte.


12.23.58

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Schon im alten Rom waren die Res publica – die öffentliche Sache – und das Engagement für sie etwas Besonderes. Die verschiedenen Formen, in denen Politik und Verwaltung schon damals gelebt worden sind,


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haben damals wie heute die Gefahr beinhaltet, dass der eine oder andere in pflichtwidriger Weise oder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht der Republik nicht oder unzureichend dient oder, wie es damals so schön hieß, die Res publica geschändet hat. Damals wurde man auch bestraft: Man wurde verbannt.

Auch wir sprechen gemeinsam ein Unwerturteil über jene, die, wie es bei uns im Gesetz heißt, „die Amtsgewalt missbrauchen“ oder sich für deren pflichtwidrige Ausübung Vorteile versprechen lassen.

Wie im Ausschuss so auch heute endet ein Teil der Gemeinsamkeit dort, wo wir diese gesetzlichen Begriffe interpretieren müssen. Selbstverständlich haben wir das den Gerichten zu überlassen, allerdings stellt sich, je länger die Debatte dauert, oft genug die Frage: Was ist denn eine pflichtwidrige Vornahme, was ist ein Vorteil, was ist ein Missbrauch?

Zweifelsfrei ist dies der Kern der Debatte, der auch im Zuge des Volksbegehrens berührt worden ist. Das Volksbegehren, dessen Proponenten zum Teil selbst auf lange politische Tätigkeit zurückblicken können, beinhaltete an verschiedenen Stellen gute Anregungen, die nun auch teilweise in einen von uns in Begutach­tung geschickten Gesetzentwurf eingeflossen sind. Anzumerken ist, dass es auch Teile gab, die verfassungsrechtlich von bemerkenswerter Unmöglichkeit geprägt waren, weil sie mit den elementaren Grundsätzen der österreichischen Bundes­verfassung nicht in Einklang zu bringen sind – auch das sollte an dieser Stelle erwähnt sein.

Nun werden wir auf Basis unserer Gesetze – der bereits bestehenden, die durch­aus viel umfasst haben, und der noch zu beschließenden – abwarten, ob Pflichtwidrigkeiten festgestellt werden und wie diese ausgesehen haben, in der tiefen inneren Hoffnung, dass dann ein für alle Mal klargelegt ist, was sein soll und was nicht sein darf, umgekehrt aber auch, dass so manche tägliche Tätigkeit, meine Damen und Herren, die wir in der Politik zu verrichten haben, also die ordnungsgemäße Verrichtung der Tätigkeit, nicht schon alleine deshalb pflicht­widrig ist, weil sie von der einen oder anderen politischen Bewegung gemacht


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wird. Denn auch das möchte ich an dieser Stelle festhalten: gleiches Recht für alle!

Lassen Sie mich an dieser Stelle, nach diesen betrüblich machenden Wortspen­den mancher Vorredner, eine Lanze für die Politik in Österreich brechen, meine Damen und Herren: Die österreichische Politik ist meilenweit von der Schlech­tigkeit, die ihr in den letzten Jahren in der öffentlichen Debatte immer wieder unterstellt worden ist, entfernt. Auch wenn so manche Organisation oder auch politische Bewegung aus unterschiedlichsten Gründen Interesse daran hat, es so darzustellen: Es ist nicht so. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Ich glaube, mit Recht für die allermeisten Kolleginnen und Kollegen hier sprechen zu können: Wir nehmen selbstverständlich die Herausforderung an, nach Grundwerten zu leben, die da sind: zuallererst das Engagement für die Allge­meinheit, danach, wenn Zeit bleibt, Engagement für die eigene politische Bewegung, und es spricht nichts dagegen, wenn das gut gemacht wird, dass auch der Einzelne entsprechend gewürdigt wird. Diese Reihenfolge sollte immer so stehen, an ihr darf nicht gerüttelt werden.

Wir müssen akzeptieren, dass die moralische Anforderung für uns ein bisschen höher liegt als für andere. Zugegebenermaßen ist es allerdings schwierig, wenn Einzelne diese Höhe gelegentlich auch unterschreiten, gleichzeitig aber mit dem moralischen Zeigefinger von unten auf uns hinwinken. Das ist manchmal irritierend, aber wir werden es aushalten.

Jenen, die auch jetzt hier heraußen einige Wortspenden abgegeben haben und mit sehr viel Verve große Korruption an die Wand gemalt haben, die gleichzeitig aber Bewegungen entstammen, die, wie wir wissen – Kollege Stefan hat das ausgeführt –, es mit dem Einklang zwischen Tun und Sagen nicht ganz so ernst nehmen, halte ich Heinrich Heines „Wintermärchen“ mit einem wunderbaren Zitat entgegen: „Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, / Ich kenn’ auch die Herren Verfasser; / Ich weiß, sie tranken heimlich Wein / Und predigten öffent­lich Wasser.“ (Beifall bei der ÖVP.)


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Lassen Sie mich einen Schlussgedanken ausführen: Es ist grundsätzlich gut, dass wir das Strafrecht jetzt nachgeschärft haben, aber wir sollten der immer stärker aufkeimenden Tendenz, aus jedem öffentlichen Anlass einen Gesetzgebungs­pro­zess zu starten, nicht immer nachgeben. Wir können Straftaten durch Gesetze nicht verhindern. Wir können verbieten, wir können mit Strafe bedrohen, aber wir können nicht verhindern – da kann die Strafdrohung noch so hoch sein. Bedauerlicherweise gibt es in Amerika nach wie vor die Todesstrafe auf Mord, und täglich passieren in Amerika Morde. Der Gesetzgeber, meine Damen und Herren, kann und wird nie in der Lage sein, sämtliche Lebenssachverhalte zu erfassen und zu regeln, und er wird nicht in der Lage sein, mit Gesetzen Straf­ta­ten zu verhindern. – Mit diesem Denkanstoß möchte ich für heute schließen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

12.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.


12.29.41

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Geschätzte Frau Bundesministerin! Lassen Sie mich ein bekanntes Zitat aus der Raumfahrt abwandeln; ich rufe Ihnen zu, Frau Bundesministerin: Trautson, wir haben ein Problem! – Das Palais Trautson ist der Sitz des Justizministeriums, und dort ist natürlich viel zu tun, was die Korruptionsbekämpfung betrifft. Dass da einiges auf den Weg gebracht wurde, soll ja durchaus anerkannt werden, nur müssen wir das Problem, glaube ich, schon als viel, viel weiter gehend ansehen.

Ich bedanke mich wirklich bei den Proponenten des Volksbegehrens. Es gibt ein gesellschaftliches Problem, das in Österreich virulent ist, das zeigt ja letztlich auch die Veröffentlichung von gestern, dass Österreich einmal mehr im Korrup­tionsindex zurückgefallen ist. Die Proponenten haben dieses gesellschaftliche


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Problem erkannt, sind initiativ geworden, und das kann man nicht hoch genug einschätzen, da kann man nicht genug dafür danken.

Wir müssen aber auch ehrlich sein und uns die Zahlen anschauen: knapp über 300 000 Unterschriften. Wir haben heute schon Volksbegehren gehabt, die haben weit über 400 000. Was sagt uns das? – Das sagt uns, dass Korruption nicht nur ein Problem ist, das wir in der politischen Blase haben, dort natürlich im Besonderen, aber es scheint tatsächlich in Österreich eine gewisse Geneigtheit zu geben, Prozesse sachfremd beeinflussen zu wollen. Für mich beginnt das schon, wenn ich mit dem Taxi fahre und der Taxifahrer sagt: Herr Abgeordneter, Sie kennen doch viele Leute, ich bräuchte eine Wohnung. Könnten Sie mir da nicht helfen? – Da fängt Korruption schon an. Da müssen wir sehr genau sein. Das ist das Gleiche, wie wenn man sagt: Ich bewerbe mich um einen Job bei irgend­einem Finanzamt, könnten Sie mir da nicht helfen? (Abg. Hörl: So ein Blödsinn!)

Ich würde mir wünschen, dass bei dieser Debatte über das Antikorruptions­volksbegehren nicht nur Sie, Frau Bundesministerin, hier säßen, sondern die gesamte Bundesregierung, zumindest aber der Herr Bundeskanzler und auch der Bildungsminister, weil Korruptionsbekämpfung im Kopf beginnt; dass Korruption wirklich, wie es heute schon absolut übereinstimmend von allen Parteien ausge­sprochen worden ist, ein Virus ist, das unsere Gesellschaft wirklich bedroht, das unseren Wohlstand bedroht, das unsere Rechtsstaatlichkeit bedroht, das muss man schon viel früher vermitteln. Man muss schon damit anfangen, dass eben nichts ohne Rechnung geht. Das geht natürlich bis hoch hinauf in die Politik, und da ist die Politik natürlich ganz besonders gefordert. (Beifall bei den NEOS.)

Es wird schon gescheit sein, dass man jetzt ein Paket auf die Reise schickt. Nur, und da werden wir im Zuge der Debatte über diese Strafrechtsnovelle noch genügend Gelegenheiten haben, darüber zu sprechen: Erschöpfen kann es sich darin nicht, sondern beginnen muss die Antikorruptionsarbeit schon sehr viel früher. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.33



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 151

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.


12.33.16

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Zu Beginn möchte ich ganz herzlich die sechzigköpfige Besucher:innengruppe aus Graz-Umgebung begrüßen, die heute auf Einladung der Abgeordneten Greiner hier bei uns im Parlament ist. Herzlich willkommen im frisch renovierten Hohen Haus! (Allge­mei­ner Beifall.)

Nicht nur Transparency International stellt fest, dass wir im Korruptionsranking schlechter geworden sind. Das tut auch Greco, das ist die Arbeitsgruppe der Group of States against Corruption des Europarates. Greco hat im vergangenen Dezember einen Bericht über die fünfte Evaluierungsrunde Österreichs in Bezug auf Korruption veröffentlicht, und dabei sind zwei Dinge beachtlich: Das eine ist, dass die Bundesregierung bis jetzt nicht damit einverstanden war, dass dieser Bericht veröffentlicht wird. Das zweite Beachtliche, finde ich, ist, dass alleine schon, wenn man die Executive Summary liest, sehr klar wird, worum es geht und warum wir – obwohl Österreich sonst immer relativ gut davonge­kommen ist – gemäß Europarat in Sachen Korruptionsbekämpfung zurückgefallen sind.

Greco schreibt dazu, dass höchstrangige Regierungsvertreter in politischen Institutionen aufgrund ihres Verhaltens das Vertrauen in diese Institutionen erschüttert haben und dass laufende Korruptionsermittlungen, unter anderem auch gegen den früheren ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, großen Zweifel an der Pressefreiheit entstehen ließen und auch sehr hinterfragbare Zusammen­hänge und Verquickungen zwischen Politik, Meinungsforschung und Medien zutage gebracht haben.

Greco erwähnt weiters das Volksbegehren mit seinen 72 Vorschlägen, begrüßt das auch, meint, dass die Umsetzung dieser Vorschläge durchaus dazu geeignet wäre, eine Verbesserung der Situation in Österreich herbeizuführen, auch wenn


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es um den Umgang mit Interessenkonflikten geht. Ganz besonders sieht Greco Herausforderungen in höchsten Regierungskreisen oder im Umkreis von Ministerien, wo Verantwortung getragen wird.

Greco kritisiert auch, dass es kein System zur Analyse von großer Korruption und Korruptionsrisken auf Regierungsebene gibt und dass die jüngsten Skandale den Ruf der Regierenden, aber auch der Regierungsinstitutionen generell erschüttert haben.

Greco schließt dann, dass die Zeit reif für zielgerichtete Aktivitäten ist, um Personen in Toppositionen in Ministerien auch in die Lage zu versetzen, wirklich ein Instrumentarium zu haben, um gegen Korruption und unethisches Verhalten vorzugehen. Die Verantwortlichen sagen, Ethik braucht Infrastruktur, die ent­wickelt und angepasst werden muss, und gibt uns schließlich 19 konkrete Empfehlungen mit auf den Weg, die umzusetzen gemeinsam mit den Empfeh­lungen und den Vorschlägen des Volksbegehrens sicher gut wäre.

Das wirkliche Problem dabei ist aber dieses Nichtzustimmen zur Veröffent­lichung, und ich frage mich wirklich: Warum denn? Es wird da einfach gesagt, was Sache ist. Es wird gesagt, was konkret das Problem ist. Es wird ganz klar auf den Tisch gelegt, dass die Korruption der ÖVP nicht mehr nur das Problem der ÖVP ist, sondern dass die ÖVP dieses Problem zu einem Problem des Staates Österreich gemacht hat, dass ganz Österreich mittlerweile ein Korruptionsproblem hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist in der Tat betrüblich, aber politisch gestaltbar und zu ändern, und ich hoffe wirklich, dass die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, noch wesentlich weiterentwickelt werden, dass all diese Kinderkrankheiten, die noch in diesen Vorschlägen stecken, umgemünzt werden zu etwas, was uns in der Korrup­tionsbekämpfung wirklich weiterbringt.

Ich glaube, dass wir sowohl den Vorschlägen des Volksbegehrens als auch jenen von Greco folgen sollten. Bitte stimmen Sie endlich der Veröffentlichung zu. Es


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stehen nur Wahrheiten drinnen. Es ist nichts Furchtbares. – Also furchtbar ist es schon, aber es ist die furchtbare Wahrheit, die Sie gestaltet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37 12.37.50


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen gleich zur Abstimmung. Mir wird Zustimmung seitens der Fraktionen signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1910 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

12.38.326. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über das Volksbegehren (1628 d.B.) „Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen!“ (1775 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 6. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.


12.38.55

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen! Liebe Besucher! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Volksbegehren Bedingungs-


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loses Grundeinkommen umsetzen wurde von 169 000 Menschen unter­zeichnet, alleine in Wien von fast 50 000 Menschen. Das sind in Summe 2,66 Prozent der Stimmberechtigten.

Vor rund 15 Jahren wurde ich in einer Diskussion mit SPÖ-Funktionären erst­mals mit dem Ansinnen eines bedingungslosen Grundeinkommens konfrontiert. Auslöser waren damals die Veränderung der Arbeitswelt und die Angst vor hoher Arbeitslosigkeit durch die rasch fortschreitende Automatisie­rung in den Betrieben. Diese Angst war völlig unbegründet, wie wir anhand der Entwicklung am Arbeitsmarkt heute sehen. Das Gegenteil ist der Fall: Händeringend suchen wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in fast allen Bereichen, ob in Produktionsbetrieben, in Dienstleistungsbetrieben, im Tourismus, in der Gastro­nomie, in der Pflege oder im medizinischen Bereich, oder, oder, oder – diese Liste könnte man lange fortsetzen.

Jetzt frage ich mich: Welche Auswirkung hätte ein bedingungsloses Grundein­kommen auf den Arbeitsmarkt? – Aus meiner Sicht würde es die Not am Arbeitsmarkt erheblich vergrößern. Und wie wäre eine Finanzierung dieses Grundeinkommens möglich? – Auch da muss ich aus meiner Sicht sagen: unmöglich, und das sehen Gott sei Dank auch sehr viele Expertinnen und Experten so. Zum Beispiel wären bei 1 000 Euro monatlich Zusatzausgaben von 108 Milliarden Euro pro Jahr die Folge. Ich bin sehr froh, dass die Expertinnen und Experten beim Hearing dies sehr ähnlich gesehen haben. Ich finde, es ist absolut unfinanzierbar, völlig kontraproduktiv und auch standortgefährdend im internationalen Vergleich.

Gott sei Dank teilten auch die Kolleginnen und Kollegen im Sozialausschuss des Nationalrates fraktionsübergreifend diese Ansicht. Der Staat kann nur Gelder verteilen, die er aufgrund von Einnahmen zur Verfügung hat, und ich glaube nicht, dass sich irgendjemand in unserem Land massive Steuererhöhungen wünschen würde. Wir sollten die fleißigen Menschen in unserem Staat nicht belasten, sondern entlasten. (Beifall bei der ÖVP.)


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Arbeiten zu können und zu dürfen ist sinnstiftend, existenzsichernd und wichtig für die soziale Integration sowie oft eine Bereicherung für das gesellschaftliche Miteinander. (Beifall bei der ÖVP.)

Anstatt des Ansinnens, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, würde ich folgende Maßnahmen vorschlagen: All jene, die im Pensionsalter noch einen Beitrag leisten können und wollen, sollten wir entlasten. (Beifall des Abg. Hörl.) All jene, die mehr leisten wollen und können, sollten wir im Bereich der Überstunden entlasten. (Neuerlicher Beifall des Abg. Hörl.) Und wir sollten all jene, die Teilzeit arbeiten, motivieren, auf Vollzeit umzustellen oder Stunden aufzu­stocken, wenn das mit ihren anderen Aufgaben im Leben vereinbar ist und die Möglichkeit im Betrieb gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten außerdem all jene, die momentan arbeitslos sind, motivieren, die hohe Anzahl an offenen Stellen zu nützen. Die Rückkehr in den Arbeitsmarkt ist auch ein Beitrag für unsere Gemeinschaft. Arbeit ist sinnstiftend, und Leistung muss und darf sich lohnen. (Beifall bei der ÖVP.)

All jene, die dieses Volksbegehren unterzeichnet haben, würde ich bitten, ihre Haltung noch einmal zu überdenken. Österreich ist ein gut ausgebauter Sozial­staat. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Josef Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.44.25

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über das Volksbegehren Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen möchte ich festhalten, dass darin der Gesetzgeber aufgefordert wird, durch bundesverfassungsgesetzliche Regelungen ein bedingungsloses Grundeinkom­men einzuführen. Die Höhe, Kollege Pöttinger, die Finanzierung und die


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Umsetzung sollen erst nach einem Prozess, an dem die Zivilgesellschaft maß­geblich beteiligt ist, gesetzlich verankert werden.

Ja, ich verstehe die Initiatoren, und ich verstehe auch die fast 169 000 Per­sonen, die dieses Volksbegehren unterstützt haben. Warum? – Weil es nach wie vor in Österreich auch Menschen gibt, die von dieser Regierung zurückgelassen werden. Das sind jene 390 000 Menschen, die arbeiten wollen, aber keinen Job bekommen, die beim Arbeitslosengeld keine Erhöhung bekommen haben, die bei der Notstandshilfe keine Erhöhung bekommen haben. Die Sozialleistungen wurden mit 1. Jänner erhöht, ja, aber für diese beiden Gruppen nicht, für die Bezieher von Arbeitslosengeld nicht und auch für die Bezieher von Notstands­hilfe nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, verstehe ich die Initiatoren.

Ich halte auch die Idee, einen Bürger:innenrat zum Sozialstaat Österreich einzu­setzen, für gut, und ich fordere den Bundesminister auf, das zu tun, weil wir immer an den Schrauben eines Sozialstaates drehen müssen. Ich persönlich halte jetzt ein bedingungsloses Grundeinkommen auch nicht für das große Ziel, das wir schaffen sollen, denn was hilft ein bedingungsloses Grundeinkommen in einer gewissen Höhe, wenn die Menschen dann trotzdem nicht ihre Rechnungen bezahlen können?

Ich halte fest, dass der Sozialstaat gesichert werden muss, dass wir mit entsprechenden Sozialleistungen den Menschen helfen sollen, ihren Bedarf zu decken, ihre Bedürfnisse zu decken. Ein Grundeinkommen schafft keine Kinderbetreuungsplätze, ein Grundeinkommen schafft keinen Pflegeausbau, ein Grundeinkommen schafft auch nicht die Finanzierung unseres Sozialstaates.

Deshalb wäre es so wichtig, dass die Politik die Verantwortung für diese Themen übernimmt und dafür sorgt, dass die Menschen ein Recht auf einen Kinderbe­treuungsplatz haben, dass es gute Arbeitsplätze gibt, dass es eine Energieversor-


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gung gibt, die leistbar und ökologisch ist, dass es eine armutsfeste Bedarfs­orientierte Mindestsicherung gibt. Das ist die Aufgabe, die Verantwortung der Politik. Die Regierungsparteien haben es in der Hand, für mehr Fairness zu sorgen, für mehr Verteilung hin zu jenen Menschen, die es brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch mein Appell an die Bundesregierung: ein Sozialsystem zu sichern, das sich bei Krankheit, bei Pflege, bei geringerem Einkommen in höherem Alter rechnet, und dafür zu sorgen, dass dieses System auch gesichert bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.


12.47.56

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es wurde schon gesagt, es ist das Volksbegehren Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen, das wir jetzt verhandeln. Aus freiheitlicher Sicht ist das eine Forderung, die wir nicht nachvollziehen können. Ich glaube, ein bedingungsloses Grundeinkommen – es wurde schon viel über Kosten et cetera gesagt, ich würde das jetzt alles einmal beiseiteschieben –, und das steht für uns einmal im Mittelpunkt, würde vollkommen falsche Anreize setzen, nämlich auch falsche verhaltensökonomische Anreize.

Was bedeutet denn überhaupt das Menschsein? Wir werden ja alle zu dem, was wir sind, zu diesem Gemeinschaftswesen, zu diesem Individuum, das jeder Einzelne von uns ist, durch unsere Bildung, durch unsere tägliche Arbeit. Das unterscheidet uns ja auch von anderen Lebewesen. Es wurde heute auch schon gesagt: Arbeit ist sinnstiftend. – Ja, aber Arbeit ermöglicht auch die Existenz­sicherung. Arbeit ermöglicht auch eine Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Arbeit ist aber auch schöpferische Gestaltung. Also da ist so vieles drinnen.


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Ich glaube, würden wir uns zu einem bedingungslosen Grundeinkommen bekennen, würden nicht nur die Steuern explodieren. Wir können als Staat ja nur das hergeben, was wir vorher anderen wegnehmen. Ein Vorredner hat schon darauf hingewiesen, dass das zunächst einmal natürlich auch eine finanzielle Frage wäre. Es ist aber auch eine Frage, wie wir unser Gesellschaftsbild sehen wollen, wie wir unsere Gesellschaft sehen.

Es wird oftmals vom Arbeitsleid gesprochen, bei der Arbeit sei alles so furchtbar. Ich möchte einmal auf die protestantische Ethik zu sprechen kommen. Dort gibt es den Ausdruck der Werksfreude, dass Arbeit nämlich auch Freude bereiten kann, soll und muss. Wir müssen, glaube ich, wieder dort hinkommen, dass Arbeit auch etwas Schönes ist, weil sie nämlich unser Leben bereichert und uns zu dem macht, was wir sind. Ich glaube, diese Entwicklung brauchen wir in unserer Gesellschaft. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte nicht in Richtung Relativierung oder gar Negierung unseres Leis­tungs­prinzips gehen. Ja, wir haben eine Leistungsgesellschaft, sie mag im einen oder anderen Bereich für viele zu stressig geworden sein, aber insgesamt, glaube ich, müssen wir unsere Gesellschaft wieder in Richtung Gemeinwesen, in dem jeder seinen Beitrag zu leisten hat, führen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.50


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


12.50.36

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Am 3. November 2022 fand das Expert:innenhearing zum Volksbegehren Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen statt. Selten waren Expert:innen trotz unterschiedlichster Welt­anschauungen so einhellig der Meinung, dass ein bedingungsloses Grundein­kommen tatsächlich sehr kritisch bis ablehnend zu beurteilen ist.


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So sehr die Ziele des Volksbegehrens, nämlich Armut zu bekämpfen, mehr Verteilungsgerechtigkeit in unser System zu bringen, mehr Chancengerech­tigkeit zu ermöglichen, auch unterstützenswert sind – dass ein Grundein­kommen ein entsprechend geeignetes Instrument ist, um diese Anliegen zu erzielen, darf tatsächlich bezweifelt werden.

Viele wichtige Fragen stellen sich: Ist in einer Gesellschaft, die ganz stark auf Arbeitsteilung angewiesen ist, überhaupt so etwas wie ein Grundeinkommen möglich beziehungsweise verwirklichbar? Welche Auswirkungen hat das auf die Erbringung von notwendigen Leistungen? Verfestigt ein bedingungsloses Grundeinkommen Geschlechterrollen nicht viel stärker, als es tatsächlich Chancen bietet? Oder auch die Frage: Wie kann überhaupt eine Finanzierung sichergestellt sein, ohne dass es woanders im sozialen Netz massive Einschnitte gibt? – All diese Fragen wurden nicht beantwortet.

Das Reizvolle am bedingungslosen Grundeinkommen ist sicher, dass es sehr einfache Antworten auf Fragen, die sehr kompliziert sind, gibt. Schon Karl Öllinger, der ehemalige Sozialsprecher der Grünen, hat im Rahmen des Expert:innenhearings Umberto Eco zitiert: Für jedes komplexe Probleme gibt es eine einfache Lösung, und die ist falsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser soziales Sicherungssystem hat nach wie vor Lücken, die Netze müssen enger geknüpft werden, weil es immer noch Menschen gibt, die durchfallen. Ein bedingungsloses Grundeinkom­men ist jedoch nicht die geeignete Lösung dafür. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.



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12.52.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der österreichische Sozialstaat ist ein Riesending geworden: 32 Prozent des Brutto­inlandsprodukts verteilen wir jedes Jahr um – das sind mehr als 130 Milliarden Euro, die wir jedes Jahr unter dem Titel der Sozialpolitik umschaufeln. Wenn dann noch Armut übrig bleibt, ist der Fehler nicht, dass wir zu wenig Geld um­schaufeln, sondern dass wir es falsch machen. (Beifall bei den NEOS.)

Mit 132 Milliarden Euro – so viel war es im Jahr 2021: 132 Milliarden Euro! – können wir wirklich alle Armut gut abfedern, sodass alle Nöte gelindert werden. Wofür ich aber nicht bin, ist, dass wir den arbeitenden Menschen Geld wegnehmen, um es denen zu geben, die es gar nicht bauchen. Bedingungs­loses Grundeinkommen bedeutet ja, dass auch die Geld bekommen, die gar keines brauchen, weil sie die Kraft haben, auf sich selbst zu schauen, weil sie so viel Einkommen haben, dass sie auf die Gemeinschaft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gar nicht angewiesen sind.

Ich will nicht, dass jemand Steuern zahlen muss, damit ein anderer, der es gar nicht braucht, Geld bekommt, damit die reichen Leute ihre Kinder ein Jahr lang auf Weltreise schicken können. Das ist nicht der Sinn des Sozialsystems, und daher ist meine Fraktion gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen. (Beifall bei den NEOS.)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Bettina Zopf, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


12.54.33

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bedingungsloses Grundeinkommen: Die Idee stammt daher, dass aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen, wir aber relativ hohen Reichtum haben und das Geld verteilen könnten. – Das ist


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aktuell aber absolut nicht der Fall, wir haben mehr Arbeitsplätze als Arbeits­lose.

Es war sehr spannend, dieses Thema beim Hearing zu diskutieren. Folgendes kam von den Experten: Rolf Gleißner von der Wirtschaftskammer warnte vor massiven Steuererhöhungen. Seines Erachtens braucht es eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und verstärkte Arbeitsanreize. David Mum von der Gewerkschaft der Privatangestellten findet es zielführender, Arbeits­bedingungen und Bezahlung zu verbessern. – Kollege Muchitsch, das sehe ich auch so. Auch das Experiment in Finnland ist gescheitert.

Unser Sozialstaat und der Wohlstand dürfen meiner Meinung nach nicht gefährdet werden. Es braucht den Ausbau von Lösungen für unterschiedliche Bedarfslagen. Ein Beispiel: Ein behinderter Kollege von mir – er ist ab dem fünften Halswirbel querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl – hat eine Invalidi­tätspension und darf nur geringfügig arbeiten gehen. Es gilt, da Möglichkeiten zu schaffen: Er möchte gerne mehr arbeiten, manchmal schafft er es, manchmal schafft er es nicht. An solchen Lösungen zu arbeiten – dafür bin ich zu haben, denn ich bin für ein Recht auf Arbeit. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Götze.)

Folgendes möchte ich in Erinnerung rufen: Erst 1975 durften Frauen ohne Einverständnis des Ehemannes arbeiten gehen. Meine Mutter musste meinen Vater fragen, und – ich sage es – der war auch später noch nicht erfreut, dass sie arbeiten ging. Sie hat immer zu mir gesagt: Ich unterstütze dich, wenn du arbeiten gehst, denn Arbeiten ist sinnerfüllend und schafft dir schöne Erlebnisse! Wir Frauen erkämpften uns 1975 das Recht auf Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Da warst du aber nicht dabei!)

Arbeitslosengeld ist ja auch so eine Art bedingungsloses Einkommen. (Abg. Lindner: Überhaupt nicht! – Ruf bei der SPÖ: He! – Abg. Matznetter: Das stimmt nicht einmal ansatzweise! – Abg. Stögmüller: Es ist eine Versicherungsleistung! – Abg. Lindner: Das zahlen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selber!) Die


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Anträge von SPÖ und FPÖ betreffend Erhöhung des Arbeitslosengeldes kann ich schon gar nicht mehr zählen. Ich bin für Maßnahmen, die Arbeitsplätze schaffen, ich bin dafür, dass alle arbeiten gehen dürfen. Ich bin für ein Recht auf Arbeit. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Voglauer: Das geht sich nicht aus!)

Wir sind nicht für Geldverteilen nach dem Gießkannenprinzip wie zum Beispiel beim Schnitzeltausender. (Ruf bei der SPÖ: Wie beim Klimabonus!) Wir sind dafür, unseren Sozialstaat so, wie er aufgebaut ist, weiterzuentwickeln. Für jene, die es brauchen, gibt es Unterstützung. (Abg. Matznetter: Auch für die, die es nicht brauchen, Frau Kollegin! Auch für die, die es gar nicht brauchen! – Zwischenruf des Abg. Schroll.) Wir setzen uns dafür ein, dass geeignete Arbeitsplätze für alle geschaffen werden, für ein Recht auf Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.58


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.58.31

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Abgeordnete Zopf hat behauptet, Arbeitslosengeld sei ein bedingungsloses Einkommen. (Rufe bei der ÖVP: Eine Art! Eine Art! – Abg. Steinacker: Eine Art bedingungsloses Grundeinkommen! Du zitierst sie falsch! – Abg. Höfinger: ... Sozialwohnung ist auch eine Art ...!)

Ich stelle richtig: Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, es wird von den Versicherten finanziert und ist gebunden (Rufe bei der ÖVP: Eine Art! Eine Art!), es ist abhängig von der Bereitschaft, arbeiten zu wollen und Arbeitsauf­träge anzunehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

12.59 12.59.06


Präsident Ing. Norbert Hofer (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. (Ruf bei der FPÖ: Nein, nicht mehr!) – Nicht, ist hinfällig, gut.


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Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wünschen die Klubs eine Unterbrechung vor der Abstimmung? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1775 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

12.59.547. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“ (1794 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.00.16

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Hause auf der Galerie! Es geht um das Volksbegehren Für uneingeschränkte Bargeldzahlung; immerhin haben es 530 900 Menschen unterfertigt.

Ich möchte vielleicht für alle hier noch einmal ganz kurz den Wortlaut wieder­geben, damit wir wissen, was der Wortlaut des Volksbegehrens ist:

„Der Gesetzgeber möge bundesverfassungsgesetzliche Maßnahmen treffen, um die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs zu verankern. Das Bargeld ist im vollen Umfang als Zahlungsmittel und Vermögensform zu


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schützen, ohne Obergrenzen. Nur eine Verankerung des Bargeldes in der Bun­desverfassung, gewährt die Freiheit und die Verfügbarkeit privaten Vermögens und ist als Grundrecht abzusichern.“

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei den Initiatoren des Volksbegeh­rens bedanken, denn ich glaube, das ist ein sehr wichtiges Volksbegehren (Abg. Wurm: Aber?!), weil das Bargeld den Österreicherinnen und Österreichern ein großes Anliegen ist. 93 Prozent wollen, dass das Bargeld erhalten bleibt. Ich denke, den Initiatoren gebührt ein herzliches Dankeschön dafür, dass das auch hier mit diesem Volksbegehren noch einmal untermauert wird. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Es mag zwar so sein, dass in einer zunehmend digitalisierten Welt die Verwen­dung von Bargeld als Relikt der Vergangenheit gebrandmarkt wird. Dem ist aber nicht so, denn wahr ist vielmehr, dass das Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel gerade für die Ausübung von Grundrechten essenziell ist, von Wert ist und dass Bargeld auch eine soziale Eingliederung ermöglicht. Wenn man sich die Situation in Europa anschaut, dann sieht man nämlich, dass es 13 Millionen Menschen, die kein Konto haben, gibt, und die wären ohne Bargeld natürlich entsprechend vom sozialen Leben ausgeschlossen.

Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man zwei Punkte – zwei Feststellungen – auch ganz deutlich: Der Wert und die Anzahl der im Umlauf befindlichen Eurobanknoten steigt seit der Einführung des Eurobargelds im Jahre 2002. Gemessen an der Zahl aller baren und unbaren Transaktionen ist Bargeld das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel in der europäischen Gemeinschaft.

Dem Argument, das immer genannt wird, es sei wichtig, dass man alles digital abwickelt und so weiter, kann man, glaube ich, auch entgegenhalten: Barzah­lungen sind sicher, weil keine Hackerangriffe oder Phishingattacken drohen; sie sind günstig, weil man, wenn man etwas bezahlt, keine Transaktionskosten hat


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und keine Gebühren anfallen; und sie sind schnell, weil die Zahlung einfach rasch erledigt wird. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig.

Herr Bernd Lausegger – ihn würde ich gerne zitieren –, Finanzexperte beim Verein für Konsumenteninformation, sieht die Vorzüge ganz deutlich: „Bargeld ist ein essenzieller Teil von Freiheit und Hoheit über meine eigenen Daten.“ (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Bernhard.)

Jetzt können wir über Grenzen diskutieren, aber als gelernter Österreicher weiß man ja, dass dann, wenn man eine Grenze einzieht, diese im ersten Jahr so, wie sie beschlossen wird, sein wird, sie im zweiten abgesenkt wird, im dritten noch einmal abgesenkt wird und dann im vierten Jahr verschwindet. Deshalb, glaube ich, ist es erstens wichtig, dass wir uns eindeutig zum Bargeld als Zahlungsmittel bekennen (Abg. Wurm: Ja, Peter, dann stimm mit uns!) und – zum Zweiten – dass wir auch da keine Grenzen benötigen.

In dieser Hinsicht, meine Damen und Herren, danke ich allen 530 000 Un­ter­stützern noch einmal für dieses Volksbegehren. (Abg. Wurm: Aber?!) Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Wurm.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.25

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass über eine halbe Million Österreicherinnen und Österreicher dieses Volksbegehren unterstützt hat, zeigt, dass das ein wichtiges Thema für viele Menschen in Österreich ist, nicht nur für Ältere, die sich zum Teil mit einer Umstellung auf digitales Bezahlen wirklich schwertun und das nicht wollen, bei ihren alten Gewohnheiten bleiben wollen – und das muss man


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den Menschen auch ermöglichen. Neue Technologien bringen – wie immer – Vorteile, Nachteile, Gefahren mit sich.

Viele empfinden das bargeldlose Bezahlen als praktisch, weil man kein Geld mit sich herumtragen muss, als schnell, und sie haben eine gute Übersicht über das, was sie tun. Andere wollen das nicht. Insofern ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass man beides ermöglicht, also dass man auf der einen Seite ermöglicht, dass diejenigen, die digital bezahlen wollen, das auch können, und dass diejenigen, die bar bezahlen wollen, auch bar bezahlen können.

Das Volksbegehren behandelt ja auch in der Argumentation nicht unwichtige Fragen, beispielsweise dass neue Technologien natürlich auch missbraucht werden können. Wenn jemand auf Facebook hundert Likes abgibt, gibt es Rechenprogramme, die herausfinden, welche sexuelle Orientierung, welches Einkaufsverhalten und so weiter die Person hat, die diese Likes abgibt. Diese Daten können missbräuchlich verwendet werden und werden zum Teil auch missbräuchlich verwendet. Ganz ehrlich: Nur weil das jemand freiwillig macht, ist es dann trotzdem auch unsere Aufgabe, diese Personen vor diesem Daten­missbrauch, der in der Tat leider auch stattfindet, zu schützen. Das ist etwas, das es bei allen Technologien gibt.

Es wird auf der anderen Seite ausdrücklich auf eine Studie verwiesen, die besagt, dass bis zu 2 Prozent der Bargeldtransaktionen zum Teil missbräuchlich sind, also dass auch Bargeld für Schwarzgeld oder dergleichen missbraucht wird. Insofern ist das eine wichtige Diskussion.

Wir müssen ermöglichen, schützen, aber wir müssen natürlich auch darauf achten, dass wir nicht Bargeld in die Verfassung hineinschreiben und am Ende feststellen, dass wir Schwarzgeld in die Verfassung hineingeschrieben haben. Kollege Haubner hat recht: Da gibt es auch europäische Regeln. Es gibt Studien, die zeigen, dass Bargeld auch missbraucht wird. Wir brauchen also Schutz in beiden Bereichen. Insofern freue ich mich natürlich auch auf die Diskussion im Ausschuss dazu. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Taschner. –


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Abg. Matznetter: Dabei sollte Schwarzgeld euch taugen, Peter! – Abg. Haubner: Was? – Abg. Matznetter: Schwarzgeld sollte euch taugen!)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.07.25

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Werte Zuseher! Werte Kollegen! Vielleicht einmal zum Start: 531 000 österreichische Staatsbürger haben das wie gesagt unterschrieben – es ist also eines der erfolgreichsten Volksbegehren. Kurz zur Erinnerung: Das Bundesland mit der höchsten Unterzeich­nerquote – mit 10,6 Prozent aller Wahlberechtigten – war Niederösterreich. Wenn man vielleicht an letzten Sonntag zurückdenkt: Das ist ein kleiner Hinweis, warum es für uns Freiheitliche in Niederösterreich so gut ausgegangen ist.

Ich sage es noch einmal: Das, was hier passiert, jetzt auch seitens der Kollegen von ÖVP und SPÖ, ist halt Sprechen mit gespaltener Zunge, wie man so schön sagt. Das ist ja kein neues Thema. Wir als Freiheitliche kämpfen seit Jahrzehnten für das Bargeld und haben da auch eine Alleinstellung. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Lercher und Matznetter.) In den Sonntagsreden sowohl von ÖVP als auch von SPÖ kommt immer: Ja, Bargeld ist so wichtig!, und dann, wenn wir als Freiheitliche Anträge einbringen, gehen SPÖ und ÖVP aber in Deckung. Wir haben das mehrmals gemacht, auch jetzt aktuell wieder: Sie sind nie dabei.

Ich darf es noch einmal für die Zuseher sagen: Das Bargeld in die Verfassung heben können wir heute, wenn die berühmte ÖVP und die berühmte SPÖ einfach mit uns stimmen. So einfach wäre das. (Beifall bei der FPÖ.)

Da aber auch bei diesem Thema ÖVP und SPÖ leider keine klare Linie haben und eben mit gespaltener Zunge sprechen, ist das Bargeld nicht in der Verfassung verankert und damit nicht geschützt.


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Ich erkläre es noch einmal ganz kurz: Das ist der eine wichtige Teil, und der praktische Teil ist, dass man den Kontrahierungszwang in Bezug auf Bargeld einführt. Das heißt nichts anderes, als dass ein Unternehmen Bargeld nicht verweigern kann. Es gibt in der Praxis das aktuelle Problem, dass jeder Unter­nehmer sagen kann: Bargeld ist zwar das offizielle Zahlungsmittel, aber ich nehme kein Bargeld an! – Dafür gibt es keine Strafe, gar nichts. Das kann jeder Unternehmer machen.

Sie werden auch bemerken, liebe Zuseher, dass das immer häufiger passiert: Es gibt Supermarktfilialen, in denen Sie mit Bargeld nicht mehr bezahlen dürfen. Es gibt die berühmte AUA, bei der Sie an Bord mit Bargeld nicht mehr bezahlen dürfen. Es gibt Gastronomiebetriebe, die kein Bargeld nehmen, und, und, und. Wir Freiheitlichen sind die Einzigen, die seit Jahren, Jahrzehnten versuchen, diesen Vorgang zu stoppen und jedem Österreicher das Recht zu geben, mit Bargeld zu bezahlen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist überhaupt nicht kompliziert: Sie brauchen nur zuzustimmen, liebe ÖVP, liebe SPÖ, dann machen wir das. Sie wollen es aber nicht, denn – und ich sage es ganz deutlich – Sie spielen eben dieses schmutzige Spiel (Abg. Taschner: Na, na, na!), nämlich im Verbund mit der Europäischen Union, dass man die Bürger kontrollieren will. Alle diese Maßnahmen – auch aktuell die Geschichte mit dem Pickerl, das haben Sie wahrscheinlich alle mitbekommen, wo jetzt Ihre Fahr­zeugdaten zentral gespeichert werden und die in Brüssel wissen, wie viele Kilometer Sie fahren, wann Sie bremsen (Heiterkeit der Abgeordneten Egger und Hanger) und so weiter – sind kleine Bausteine, um die Bürger in Europa unter Kontrolle zu halten. Alles ist gläsern, der Konsument ist gläsern, und das ist diametral zu unseren freiheitlichen Grundsätzen.

Wir wollen einen freien Bürger – und Bargeld ist gedruckte Freiheit. Das, was Sie machen – in der Realpolitik, in Brüssel und hier im Parlament –, ist jedoch das genaue Gegenteil.


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Ich kann nur noch einmal sagen: Bitte, liebe Österreicher, helfen Sie bei Wahlen mit, bei allen Wahlen, die kommen – jetzt in Kärnten, das ist die nächste Chance, oder dann in Salzburg –, und geben Sie uns Freiheitlichen die Stimme! Ermög­lichen Sie uns, dass wir unsere Programme, die sinnvoll sind und Ihnen helfen, auch umsetzen können! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Ja, in Graz haben Sie das alles mit Bargeld gezahlt, glaub’ ich! Wie war das in Graz mit dem Bargeld?)

Dieses Bargeldthema ist ein klassisches; jeder von Ihnen weiß, dass man nur mit Bargeld anonym ist, sonst ist man mittlerweile nichts anderes als eine Nummer in der europäischen Datenbank. Und glauben Sie mir, irgendwann kommt der Zeitpunkt, zu dem sie Ihnen entweder Ihr Konto abdrehen oder Sie einfach aus gewissen Dingen aussperren – wir haben es heute am Vormittag gehört, siehe Corona; man hat gesehen, wie schnell das geht.

Also noch einmal: Bitte nicht mit gespaltener Zunge sprechen, liebe SPÖ, liebe ÖVP, sondern einfach unseren Anträgen zustimmen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Habt ihr in Graz alles bar bezahlt? Habt ihr in Graz alles bar bezahlt, Herr Kollege?)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Nina Tomaselli. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.12.26

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ganz oft machen Politi­ker:in­nen, wenn sie Volksbegehren diskutieren, ein Geheimnis daraus, ob sie eines unterschrieben haben oder nicht. Ich möchte es jetzt transparent machen und offenlegen: Ich habe dieses Volksbegehren nicht unterschrieben, und das mit voller Überzeugung, denn in der Beschlussformel steht geschrieben: „Die Inten­tionen [...], Bargeld-Zahlungen auf 10.000,- bis 15.000,- Euro zu beschrän­ken, sind ein unzulässiger Eingriff in unsere demokratischen Rechte und strikt abzu­lehnen!“ (Abg. Leichtfried: Bei 500 000 ist das schon schwierig!)


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Da sage ich Ihnen: Ich halte das explizit für falsch, denn eine Bargeldbegren­zung ist eine wichtige Maßnahme gegen Geldwäsche, gegen Kriminalität sowie – weil wir heute auch schon darüber geredet haben – gegen Korruption und gegen Steuerhinterziehung. (Beifall bei den Grünen.) – Ja, da kann man ruhig klatschen.

Sie können es auch positiv konnotieren und sagen: Eine Bargeldobergrenze ist wichtig und richtig, weil sie ein Beitrag für Steuerehrlichkeit ist, und vor allem bietet sie einen Wettbewerbsvorteil für die Ehrlichen.

Viele verwechseln nämlich bewusst oder unbewusst die Schaffung einer Bargeldobergrenze mit der Abschaffung des Bargelds. Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das für eine bewusste Verunsicherung der Bevölkerung, denn den überwiegenden Teil der Bevölkerung betrifft eine Bargeldobergrenze von 10 000 Euro nicht. Ich kenne kaum jemanden, der irgendetwas mit Notenbündeln bezahlt. Es muss nicht sein: Man muss keine Immobilie mit Bargeld kaufen, man muss kein teures Schmuckstück mit Bargeld zahlen und auch kein teures Auto.

Zusammengefasst möchte ich dennoch sagen: Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen (Abg. Wurm: Ja, ja, ja! – weitere lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ), es wird erhalten bleiben. (Abg. Kassegger: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen! Das war jetzt sehr entlarvend! – Abg. Wurm: Das war jetzt entlar­vend! Das war entlarvend! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Jeder hat die Freiheit, so zu bezahlen, wie er möchte. Trotzdem haben wir als Politik auch die Verpflichtung, den Machenschaften von Kriminellen, von Geldwäschern Einhalt zu gebieten beziehungsweise eine Grenze zu setzen – und das ist die Bargeld­obergrenze. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Das war jetzt entlarvend! Entlar­vend!)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.14.48

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich bin meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Tomaselli, sogar sehr dankbar, dass sie (Abg. Belakowitsch: Dass sie Ulbricht zitiert hat! Das sagt viel über sie aus!) das so deutlich ausgesprochen hat.

Da ist auch ein sehr klarer Unterschied zwischen den Grünen und den NEOS: Die Grünen gehen grundsätzlich davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürger dazu neigen, Unrecht in irgendeiner Form zu begehen, und gestehen ihnen nicht einmal grundsätzlich Redlichkeit zu. Wir hingegen glauben grundsätzlich daran, dass sich Menschen an Gesetze halten (Ruf bei den Grünen: Das ist eine Glauben­sfrage, ob das passiert!) und dass sie grundsätzlich eine gute Absicht haben, und wir wollen nicht Gesetze und Bestimmungen, die die Mehrheit knechten, damit ein paar wenige erwischt werden. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

In der Frage, ob man progressiv ist oder nicht, gibt es unterschiedliche Aus­richtungen. Wenn ich jetzt bei uns schaue: Natürlich gibt es viele in der jüngeren Generation, die mit dem Handy bezahlen, die mit ihrer Uhr bezahlen, die digital bezahlen, die gar kein Bargeld eingesteckt haben – diese Freiheit besteht aber ohnehin. Es geht in dieser Debatte schlicht und ergreifend nur darum, ob das Bargeld weiterhin jene Freiheit hat, die andere Zahlungsmöglichkeiten auch haben, und für die setzen wir uns als NEOS ein. Bargeld ist Freiheit, und diese Freiheit beschützen wir als NEOS auch. (Abg. Wurm: Bravo!)

Worüber ich jetzt aber auch etwas sagen möchte, ist die Frage der Verfassungs­bestimmung. Da sollten wir auch in der politischen Debatte so weit ehrlich sein: Neben dem Bundes-Verfassungsgesetz an sich gibt es insgesamt knapp 1 000 Verfassungsbestimmungen und es gibt Staatsziele, die die Politik in der Vergangenheit in das Bundes-Verfassungsgesetz hineingeschrieben hat, die keinerlei reale Auswirkung gezeigt haben. Das heißt (Abg. Wurm: Kontrahierungs­zwang!): Nur damit, Bargeld in irgendeiner Form in die Verfassung aufzunehmen, um es zu schützen, werden wir das Bargeld nicht wirklich schützen. (Abg.


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Wurm: Nein, Kontrahierungszwang!) Wir brauchen ein klares politisches Handeln und ein gleichwertiges Zugehen auf Bargeld und digitale Zahlungsmöglichkeiten. Dafür stehen wir NEOS, das ist ein zentrales Anliegen.

Abschließend möchte ich noch etwas ansprechen, weil es in der vorhergehenden Debatte ein Thema war, das mit dem Bargeld an sich nichts zu tun hat, aber mit dem, was dahinter steht – was Frau Tomaselli gesagt hat –, nämlich die Frage des Wohlstands.

Wir haben heute schon darüber diskutiert, ob Freihandel ein wesentliches Element sein kann – im Kontext zu Konsumenten- und Tierschutz wurde das in der Debatte thematisiert –, und ich möchte für meine Fraktion, für die NEOS, noch etwas sagen, weil wir es auch ganz deutlich betonen wollen: Wir sind natürlich der Meinung, dass gerade in Zeiten der Unsicherheit, in denen wir unseren Wohlstand mehren müssen, in denen wir mehr auf Koope­ration setzen müssen, auch ein wesentliches Element ist, dass wir verstärkt auf Freihandel setzen, dass wir den Umschwung in Brasilien dafür nutzen, dass wir Mercosur wieder aufnehmen, verhandeln und raschest abschließen, denn nur so kommen wir in die Zukunft. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Ries –: Hören wir was zum Bargeld in Graz?)


13.17.40

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Werte Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Bargeld lacht, sagt man. Wenn es aber nach der EU geht, lacht das Bargeld nicht mehr sehr lange, denn da beabsichtigt man, die Bargeldzahlungen mit 10 000 Euro zu beschränken.


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Wir Freiheitliche sind gegen diese Obergrenze, wie wir auch gegen jede Ein­schränkung der Bargeldzahlung sind. Daher unterstützen wir dieses Volks­begehren. Meiner Meinung nach gibt es viele Gründe, die für die Option der Bargeldzahlung sprechen, aber keinen einzigen, der so wichtig wäre, dass er es rechtfertigen würde, die Bargeldzahlung abzuschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Werte Damen und Herren, Bargeld ist Freiheit – jeder kann selbst bestimmen, wann und wo er wie bezahlt –, und niemand hat das Recht, den Bürgern diese Freiheit zu nehmen. Natürlich zahlen wir in manchen Lebenslagen auch gerne unbar, ich selbst auch. Es hat ja durchaus Vorteile, beispielsweise eine Urlaubs­reise mit der Kreditkarte zu zahlen. Da weiß man, man hat die Gepäckver­sicherung gratis mit dabei. Warum auch nicht? Der Punkt ist aber: Ich entscheide, wann und wo ich wie bezahle.

Die Abschaffung des Bargeldes schließt viele Türen. Denken wir nur an China: Wenn man dort dem Regime nicht brav dient, wird der Kontozugang einge­schränkt – verharmlosend nennt man das Sozialkreditsystem. Und denken wir auch an das angeblich so liberale Kanada: Dort wurde ziemlich genau vor einem Jahr Anticoronademonstranten das Konto gesperrt, einfach so.

Und denken wir auch daran, was wir für ein Sammelsurium an Daten hinter­las­sen, wenn wir unbar bezahlen. Durch unser Kaufverhalten offenbaren wir vieles: unsere Bedürfnisse, unsere Interessen, unter Umständen auch unseren Gesund­heitszustand; und wir offenbaren natürlich auch, wo wir uns gerade befinden. Dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn wir unbare Zahlungsmittel verwen­den.

Es wurde heute ja schon gesagt: Die Argumente, die für die Bargeldein­schränkung sprechen, sind meiner Meinung nach nur vorgeschoben. Es wird gesagt, damit werde Terror finanziert. Ich habe noch nie gehört, dass irgendwo an einer Grenze ein Finanzreferent von Al Kaida oder des IS aufgegriffen wurde; das ist mir unbekannt, habe ich noch nie gehört. Oder:


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Cybercrime werde damit gefördert. Das ist ja schon ein Widerspruch in sich, werte Damen und Herren.

Man spricht immer von der Geldwäsche. Die schaut aber nicht so aus, dass man Bargeld in die Waschmaschine steckt, das funktioniert ganz anders. Das funk­tioniert mit Scheinfirmen, mit Schein- und echten Konten. So funktioniert das. (Abg. Tomaselli: Es waren ja die Waschsalons zur ... der Geldwäsche! Wenn man dann Bargeld in die Waschmaschine reinwirft ...!) – Ja, Kollegin!

Führen wir uns abschließend eine Überlegung vor Augen: Jetzt haben wir zwei Optionen, Bargeld oder bargeldlos. Da muss mir einer sagen: Worin liegt der Vorteil, wenn wir uns eine Option freiwillig nehmen lassen? – Da gibt es keinen Vorteil! (Beifall bei der FPÖ.)

Werte Damen und Herren! Lassen wir uns diese Freiheit nicht einschränken! Sie wissen, wir treten dafür ein. Treten Sie uns bei! Der Bürger hat sich das verdient! (Beifall bei der FPÖ.)

13.21 13.21.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren, 1794 der Beilagen, dem Finanzausschuss zu.

13.21.218. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „GIS Gebühr abschaffen“ (1795 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Mag. Kurt Egger. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.21.35

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher, die Sie via Livestream dabei sind, aber auch auf der Galerie! Ich freue mich ganz besonders, dass heute meine Eltern hier sind – bei meiner ersten Rede. Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Volksbegehren: Am 30. Juni 2022 haben die Antragsteller beim Innen­ministerium dieses Volksbegehren eingebracht. Am 15. Juli wurde dieses Volksbegehren durch das Innenministerium eingeleitet. Warum sage ich das? – Weil am 18. Juli der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des ORF festgestellt hat, dass es diese GIS-Gebühr in der Form so nicht weiter geben kann, da die soge­nannte Streaminglücke geschlossen werden muss. Der Verfassungs­gerichts­hof hat weiters festgehalten, dass eine Nachfolgelösung bis Ende 2023 gefunden werden muss.

Vom 19.9. bis 26.9. hat die Eintragungswoche für dieses Volksbegehren stattgefunden, und nicht weniger als 365 000 Berechtigte haben dieses Volks­begehren zur Abschaffung der GIS-Gebühr unterstützt.

Vielleicht zur Information: Die GIS-Gebühr besteht ja nicht nur aus dem Programm­entgelt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern auch aus Rund­funkgebühren und Steuern, dem Kunstförderbeitrag und den Landeskultur­abga­ben. Das sind insgesamt 933 Millionen Euro.

Wir als Österreichische Volkspartei stehen dafür, dass wir die Medienvielfalt in diesem Land stärken und auch weiterhin diesen Pluralismus und diese Unab­hängigkeit aufrechterhalten. Es muss aber auch gewährleistet sein, dass die Innovation dementsprechend vorangetrieben wird.

Wir haben daher im vorigen Jahr mit Bundesministerin Raab an der Spitze und auch mit unserem Koalitionspartner dafür gesorgt, dass wir die Medienland­schaft in der Form unterstützen, dass es die neue Digitalförderung gibt, dass wir


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das Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz auf den Weg gebracht haben, bei dem es vor allem darum geht, auch die Print- und Onlinemedien zu stärken.

Jetzt geht es darum, die ORF-Finanzierung auf der einen Seite neu auf den Weg zu bringen, aber auch dafür zu sorgen, dass der ORF in der Digitalisierung einige Schritte weiterkommt. Gerade in Zeiten von Fakenews und Echo­kammern ist es ganz wichtig, dass der Qualitätsjournalismus auch entsprechend Platz hat.

Wie hinlänglich bekannt ist, gibt es drei Finanzierungsformen, die zur Diskussion stehen: Das ist die Budgetfinanzierung, das ist die Endgeräteabgabe, erweitert um die vom VfGH geforderten digitalen Endgeräte Handy, Laptop und Computer, und das ist die sogenannte Haushaltsabgabe, wie sie bezeichnet wird. Ich glaube, wir sind mit unserem grünen Regierungs­partner in guten Gesprächen, um das entsprechend qualitätsvoll vorzube­reiten.

In Zeiten wie diesen ist es aber auch wichtig, dass Strukturen so aufgestellt sind, dass sie auch zukunftsfit sind. Wir werden auch beim ORF darauf schauen, dass diese Strukturen, die dort vorhanden sind, in eine zukunftsfähige Form gebracht werden. Das heißt, da geht es auch darum, einen sorgfältigen Umgang mit den Geldern der Gebührenzahler zu gewährleisten. Daher wird unter dem Motto: billiger für den Gebührenzahler, besser für den Konsumenten und insge­samt digitaler zur Erschließung neuer Zielgruppen, auch von uns dafür gesorgt werden, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Strukturen bekommt, die notwendig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Jörg Leichtfried. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.26.16

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt ein Volksbegehren zur Abschaffung der GIS-Gebühr vor. Ich möchte, bevor ich auf diese Forderung eingehe, zuerst generell festhalten, dass es natürlich Reformbedarf beim ORF gibt, in mehrfacher Hinsicht, nicht nur bei der Finanzierung.

Wir sind in einer Zeit des Wandels, in einer Zeit, in der lineares Fernsehen von jüngeren Menschen nicht mehr in dem Ausmaß konsumiert wird, wie das früher der Fall war, wie das bei uns der Fall war und noch der Fall ist. Wenn man öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat und wenn es öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben soll – da bin ich vollkommen dafür, dass das so ist –, dann muss man dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk natürlich auch die Möglichkeit geben, in diese neue Zeit zu gehen. Ich denke, das ist einer der wesentlichen Diskussionspunkte bei einer Reform des ORF, nämlich dafür zu sorgen, dass auch von den Altersgruppen, die jünger sind als wir alle hier, öffentlich-rechtlicher Rundfunk genutzt wird, denn öffentlich-rechtlicher Rundfunk bedingt natürlich auch eine hohe Quantität an Zuseherinnen und Zusehern. Das ist eines der Probleme, die zu lösen sind und die meines Erachtens im Zuge die­ser Debatte mit zu lösen sind.

Ich sage es aber auch ganz offen: Im Sinne dieser Debatte habe ich kein Verständnis dafür, dass der ORF-Direktor aus dem Nichts heraus die blaue Seite des ORF einschränkt. Das ist schon etwas, was meines Erachtens höchst kontraproduktiv ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Finanzierung selbst betrifft, habe ich die Signale des Herrn Vizekanzlers aufgenommen, dass sich der Herr Vizekanzler eine möglichst breite Beteiligung und breite Mehrheit bei einer Änderung des Finanzierungsmodells wünscht. Das habe ich gehört, allein mir fehlt ein bisschen der Glaube bis jetzt, denn das, was wir wahrgenommen haben, ist, dass seitens der Grünen ein Finanzierungsmodell entwickelt worden ist und seitens der ÖVP eines entwickelt worden ist. Meine


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Wahrnehmung ist, dass die Diskussion derzeit eher medial ausgerichtet ist, als dass da verhandelt wird. Ich mag mich täuschen, aber wenn es eine breite Ein­bin­dung geben soll, ist das vielleicht nicht der richtige Weg.

Inhaltlich sind wir der Auffassung, dass im Wesentlichen bei einer Reform der Finanzierung vier Punkte wichtig sind.

Der wichtigste: Die Unabhängigkeit des ORF muss gewahrt bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.) Es kann nicht sein, geschätzte Damen und Herren, dass in Zukunft Regierungsmehrheiten das Programm des ORF bestimmen. Das ist nicht öffentlich-rechtlicher Rundfunk.

Das Zweite ist: Es muss ein gewisser Sparanreiz gegeben sein. Das ist auch wesentlich.

Das Dritte ist: Welches Gebührenmodell es auch immer sein wird, es muss bei einem neuen Gebührenmodell, das Sinn macht, eine soziale Staffelung möglich sein, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Der vierte Punkt ist: Es muss natürlich dem Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes entsprochen werden.

Alles abzuschaffen – und ich wende mich jetzt an die Initiatoren dieses Volksbegeh­­rens – ist nicht unsere Intention. Wir wollen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir wollen guten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ihr wollt nur einen Rotfunk!)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.29.57

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen! Wenn Kollege Egger von der ÖVP gerade darüber spricht, er möchte irgend­etwas auf die digitale Höhe der Zeit bringen, läuten bei mir schon wieder alle


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Alarmglocken. Ich glaube, wir alle haben noch das Kaufhaus Österreich in Erinnerung. Also wenn die ÖVP irgendetwas digitalisieren möchte: Bitte nicht, lasst es bleiben, das sollen die machen, die es können!

Grundsätzlich zum GIS-Volksbegehren: Ja, man hätte nicht näher als jetzt am Puls der Zeit sein können, wenn man sich anschaut, was im Zusammenhang mit dem ORF gerade alles passiert. Wenn man sich anschaut, wie viele Probleme da tatsächlich zu lösen sind, dann wird man ja gar nicht fertig, alles aufzuzählen. Genau das ist auch der Grund dafür, dass eben 364 000 Menschen dieses Volks­begehren unterschrieben haben. Ich möchte mich auch bei den Initiatoren dafür bedanken, dass sie sich die Mühe gemacht haben, da entsprechend tätig zu werden.

Ja, vielleicht noch ganz kurz zurück zum Bild, das der ORF gerade bietet: Wir wissen, dass das Programm immer schlechter wird, dass es immer politischer wird, dass es auch von einzelnen Landeshauptleuten immer mehr für eigene Zwecke missbraucht wird. Wir haben erst in den letzten Tagen einen negativen politischen Höhepunkt in diesem Zusammenhang gehabt, nämlich die Causa Ziegler, bei der ganz unverfroren auf ein ORF-Landesstudio zugegriffen worden ist, man Dirty Campaigning gemacht hat und, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, nichts anderes als Wahlbeeinflussung passiert ist.

Wir schauen uns das international überall an und kritisieren das mit irgend­welchen Sonntagsreden und Beschlüssen, die hier im Parlament herinnen gefasst werden, aber die Wahlbeeinflussung findet doch in den eigenen Bundesländern statt, das muss uns in diesem Zusammenhang auch noch einmal bewusst sein. Wie gesagt, Gott sei Dank hat aber nicht einmal dieses Privatfernsehen Frau Mikl-Leitner helfen können, der Skandal ist Gott sei Dank rechtzeitig ans Licht gekommen.

Jetzt sollte man da tatsächlich politisch aufräumen und zum Beispiel gleich einmal eines machen: Es braucht aus meiner Sicht kein Mitspracherecht eines Landeshauptmannes bei der Bestellung eines ORF-Direktors in einem


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Bundesland. Also das braucht man überhaupt nicht, da könnte man gleich einmal tätig werden. Herr Kollege Egger, das wäre eine Ansage. (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht noch ganz kurz zum Bereich des Budgets: Auch da wird alles, Kollege Leichtfried hat es vorhin ja auch gesagt, falsch herum aufgedröselt, denn zuerst muss man tatsächlich einmal zeigen, wo man sparen möchte, dann kann man sozusagen auch kommen und sagen, wie man das finanziert.

Eines können wir Freiheitliche aber auf jeden Fall sagen: Der ORF ist derzeit ein Fass ohne Boden. Wir werden ganz sicher nicht dafür zu haben sein, jetzt auch noch eine Streamingabgabe, eine Haushaltsabgabe einzuführen, um die Streaming­lücke zu schließen. Also dafür sind wir nicht zu haben. Zuerst muss es einmal nachhaltigere, gravierende Reformen geben, um überhaupt politisch weiterdis­kutieren zu können.

Ein Punkt noch zum Schluss meiner Rede, der uns im Parlament, denke ich, noch beschäftigen wird, und zwar ist das der Datenskandal, den es in der GIS gibt, der gleich einmal in einem Tag übertrippelt worden ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurden von einer von der GIS beauftragten Firma neun Millionen Meldedaten in Österreich gestohlen – das war vor zwei Jahren –, man hat nur politisch nichts dazu erfahren.

Das ist der größte Datenschutzskandal aller Zeiten, den wir in Österreich haben, und es ist nicht einmal irgendjemandem wert, ein Wort darüber zu sprechen (Zwischenruf des Abg. Loacker): neun Millionen Daten von Österreichern mit Name, Geschlecht, Adresse und Geburtsdatum, die gestohlen worden sind; neun Millionen Daten, wobei ich mir denke, dass der ORF ja gar nicht neun Millionen Kunden hat. Das ergibt dann auch noch gleich die nächste Frage: Woher hat der ORF respektive die GIS eigentlich diese Daten gehabt?

Ich glaube tatsächlich, dass da ganz, ganz illegale Kanäle im Spiel waren. Wir werden uns das ganz genau anschauen und werden uns auch diesem Skandal widmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 181

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.33.53

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Menschen entweder an den TV-Geräten oder via Streaming, mit dem Sie derzeit, wenn Sie keine GIS-Gebühr angemeldet haben, das kostenlos anschauen können! Da ist der Verfassungsgerichtshof der Meinung, das ist nicht richtig, sondern: Wenn ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk empfangen wird, und zwar egal auf welche Weise und auf welchen Endgeräten, dann muss das für alle gleich mit Kosten verbunden sein.

Zum vorliegenden Volksbegehren: Kollege Egger hat schon die Ergebnisse und auch den Zeitlauf gesagt. Ich darf sagen, dass ich es nicht unterschrieben habe, da ja eigentlich die Perspektive war, dass in Hinkunft nur mehr Ö1 finanziert werden soll. – Nein, es muss, es soll einen starken öffentlich-rechtlichen Rund­funk geben, der gegen Fakenews agiert (Abg. Loacker: Was heißt „es muss“?! Wo steht ...!), der ein breites Programm hat, der Information bietet, schnelle Information, auch auf orf.at.

Kollege Leichtfried ist jetzt nicht mehr im Saal, aber wir sind uns, was die Finan­zierungsmodelle betrifft, im Wesentlichen einig, noch nicht darüber, welches es wird, aber es kommen im Wesentlichen zwei infrage: Haushalts- oder Medien­abgabe und eine indexierte Budgetfinanzierung, um eben sicherzustellen, dass es nicht von Regierungen abhängig ist, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert wird. Im Großteil Europas ist es das Budget.

Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist mir, dass es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, der eine demokratische und kulturelle Öffentlichkeit kommunikationsmäßig versorgt, auch mit Information, und so die Demokratie stärkt.


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Und wie jedes Mal wünsche ich mir, nach wie vor, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Beifall bei den Grünen.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Henrike Brandstötter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.36.14

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Liebe Initiatorinnen und Initiatoren des Volksbegehrens! Worum geht es? Das Volksbegehren möchte die GIS-Gebühr abschaffen und nennt als Gründe eine „abnehmende Programmqualität, eine fragwürdige Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags, parteipolitische Besetzungen der Führungspositionen und des Stiftungsrats sowie die Abschaffung wichtiger Sportübertragungen“. Man sehe keine Gründe, die die bestehenden Gebühren rechtfertigen.

Ich kann den Gedanken dieses Volksbegehrens absolut nachvollziehen. Wenn man sich allein die jüngsten Skandale ansieht: Ich erinnere an die Sideletter, mit denen ÖVP und Grüne sich die Topjobs im ORF ausgemacht, ausbaldowert haben und meine grüne Kollegin dann gemeint hat, na ja, man könne sich entschei­den, ob man ein naiver Idiot oder ein korrupter Idiot ist.

Ich erinnere an die Chats zwischen dem ORF-Fernsehchefredakteur Schrom und dem damaligen Vizekanzler Strache, in denen politische Umfärbungen ganz schamlos besprochen wurden. (Abg. Belakowitsch: Können Sie ... bitte?!)

Ich erinnere an die aktuell schweren Vorwürfe gegenüber dem Landesdirektor des ORF-Niederösterreich betreffend die Berichterstattung. Er soll massiv in die Berichterstattung eingegriffen haben und er soll Redakteurinnen und Redak­teure unter Druck gesetzt haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Hafenecker.) Er hat auch nichts dabei gefunden, nebenbei, neben seinem Topjob auch Veranstaltungen für die Wirtschaftskammer zu moderieren.


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Ich erinnere an das jüngste Datenleck in der GIS, als neun Millionen Meldedaten von Österreicherinnen und Österreichern plötzlich im Netz gelandet sind.

Also die Liste lässt sich lange fortsetzen. Fakt ist, es gibt derzeit keine Programm­reform, aber eine öffentliche Debatte darüber, was Ö1 und FM4 leisten sollen. Es gibt keine Gremienreform, denn, so die Medienministerin, diese stünde ja nicht im Regierungsübereinkommen. Es gibt keine Idee zu den ORF-Gesetzen. Ministerin Raab gibt ja ungern Interviews zu Medienpolitik, aber Kollegin Blimlinger meinte diese Woche im ORF in einem Interview, dass es „derzeit keine Verhandlungen zu ORF-Gesetz“ gibt. Das finde ich durchaus irritierend, weil Kollege Egger gerade genau das Gegenteil behauptet hat.

Dieses Volksbegehren ist auf alle Fälle ein Weckruf, nämlich ein Weckruf dafür, dass der ORF endlich Reformen einleiten muss, und ein Weckruf für die Regierung, endlich eine Novelle des ORF-Gesetzes auf den Weg zu bringen, denn nur so kann die Zukunft des ORF auch gewährleistet werden.

Junge Menschen schauen nicht mehr lineares Fernsehen, sie hören nicht mehr lineares Radio, wir müssen sie aber für den ORF, für den öffentlich-rechtlichen, interessieren und begeistern. Ohne ORF-Novelle gibt es auch keine digitale Zukunft, ohne digitale Zukunft gibt es keine Anknüpfungspunkte für junge Menschen, ohne Anknüpfungspunkte für junge Menschen gibt es keine Relevanz und ohne Relevanz gibt es einfach keine Daseinsberechtigung.

Deshalb müssen die Zivilgesellschaft und auch die Initiatorinnen und Initiatoren des Volksbegehrens endlich in einen breiten Prozess, in dem wir die Zukunft des ORF unter anderem auch dessen Finanzierung besprechen, eingebunden werden.  Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön.



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13.39.41

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich eine Delegation der Österreichischen Kinderfreunde und der Roten Falken Österreich sehr herzlich im Hohen Haus willkommen heißen. Schön, dass ihr da seid! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Können Sie sich noch an das „ZIB 2“-Interview vom 11. Jänner dieses Jahres erinnern? (Abg. Reimon: Ja!) Im Studio zu Gast bei Martin Thür war Bundeskanzler Karl Nehammer. Wissen Sie auch noch, warum dieses Interview nachher auch so breit diskutiert worden ist? – Weil Martin Thür offenbar sehr konkret und auch konsequent gefragt und auch nachgefragt hat und der Bundeskanzler sehr emotional und auch aggressiv geantwortet hat. Und, sehr geehrte Damen und Herren, wissen Sie, warum das überhaupt möglich ist? – Weil der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender eben nicht ausschließlich von willkürlicher Budgetfinanzierung der Bundesregierung abhängig ist, sondern als Sender der Zuseherinnen und Zuseher, der Bürgerinnen und Bürger, der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler auch diese breite Information möglich machen muss (Abg. Loacker: Also das glauben Sie aber nicht, dass ...!), und das gilt es, auch in Zukunft abzusichern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Der ORF hat – neben allem, was schon erwähnt worden ist – auch eine hoch­aktuelle, wichtige Funktion für die Demokratie. (Abg. Loacker: ORF Burgenland, das gleiche Landeshauptmannfernsehen wie in Niederösterreich, nur mit einer anderen Farbe!) – Herr Kollege Loacker, wenn Sie etwas zu sagen haben, melden Sie sich bitte zu Wort! Sie dürfen sich später gerne noch zu Wort melden. (Abg. Loacker: Ja, das ist unangenehm ...! – Abg. Matznetter: Unangenehm war ... die Rednerin irritiert durch deinen Zwischenruf!) 

Der ORF ist hochaktuell wirklich, wirklich wichtig, gerade in Zeiten, wie wir sie in den letzten zwei Jahren erlebt haben – in Zeiten von Verschwörungstheorien, in


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Zeiten von Social-Media-Plattformen mit Echokammern, in Zeiten von entsprechenden Algorithmen. (Abg. Belakowitsch: Machen Sie nur so weiter!) In solchen Zeiten braucht es eine wirklich hochqualitative informative Plattform wie den ORF. (Abg. Belakowitsch: Das ist aber leider der ORF ... hat da auch ziemlich versagt!) – Frau Kollegin, da haben wir offenbar unterschied­liche Ansichten, inhaltlich und auch, was den ORF betrifft. (Abg. Belakowitsch: Na sicher sogar!)

Ja, der ORF hat Reformbedarf – das streitet ja auch von der SPÖ niemand ab –, und ja, der ORF muss, gerade was die Digitalisierung betrifft, zukunftsfit gemacht werden (Abg. Belakowitsch: Der ORF mit seinen Verschwörungstheorien und seinen Fehlinformationen!), unsere konkreten Vorschläge dazu liegen auch auf dem Tisch. Für uns ist aber klar, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als maßgebliche, verlässliche Informationsplattform in Österreich abzusichern haben. (Beifall bei der SPÖ.) Dafür braucht es auch ein Finanzierungsmodell, das eine unabhängige, eine qualitativ hochwertige Plattform sicherstellt. (Abg. Belakowitsch: Zuerst hat er einmal ein Qualität...! Genau! ... Vereinbarungen beim ORF!)

Was hochwertigen und qualitativ wirklich gut recherchierten Journalismus betrifft – und da rede ich jetzt konkret mit den Abgeordneten von ÖVP und Grünen –: Bitte, bitte, bitte, ich appelliere von dieser Stelle aus noch einmal, die älteste Tageszeitung der Welt, die „Wiener Zeitung“ (Abg. Loacker: Hast du ein Abo?!), auch zukünftig als Tageszeitung zu erhalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42 13.42.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren, 1795 der Beilagen, dem Verfassungsausschuss zu.

13.43.019. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „COVID-Maßnahmen abschaffen“ (1799 d.B.)



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Dr. Werner Saxinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.43.18

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich nehme die beiden Volksbegehren Covid-Maßnahmen abschaffen und Wiedergutmachung der Covid-19-Maßnahmen zum Anlass, die Covid-Pandemie aus heutiger – meiner subjektiven – Sicht mit ein paar Gedanken Revue passieren zu lassen, quasi ein Sax-Podcast. (Abg. Belakowitsch: ... einen Podcast machen ...!)

Meiner Meinung nach haben wir die Pandemie im Großen und Ganzen bisher ganz gut bewältigt und gemeistert, auch im internationalen Vergleich. Wir haben aber natürlich auch Fehler gemacht, keine Frage, und aus denen sollten wir auch lernen. In Österreich ist die Fehlerkultur leider nicht sehr gut ausgeprägt, dabei lernt man aus Fehlern am meisten. Nur wer nichts tut, macht keine Fehler. (Abg. Belakowitsch: Ja, Herr Kollege Saxinger, Sie hätten es wissen müssen!)

Vorweg: Covid ist nicht vorbei, aber wir haben es derzeit im Griff. Covid hat seinen Schrecken Gott sei Dank verloren, dank der Impfungen, dank neuer Medikamente, dank der milden Omikronvariante und dank der Immunitätslage der Bevölkerung. Ich glaube aber auch, jetzt ist die richtige Zeit – und wir sollten uns diese auch nehmen –, zu reflektieren, zu überlegen: Was ist gut gelaufen, was hat schlecht funktioniert?

Ich habe es schon gesagt, dass wir aus meiner Sicht die Pandemie großteils gut gemeistert haben, obwohl die Voraussetzungen denkbar schlecht waren. Wir waren politisch und gesundheitspolitisch überhaupt nicht auf die Pandemie vorbereitet, wie fast alle anderen Staaten übrigens auch. Warum waren wir so unvorbereitet? – Wir hatten keine Blaupause. Die Wörter Epidemie bezie­hungs-


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weise Pandemie kannten wir nur aus den Geschichtsbüchern. Das Epidemie­gesetz 1950 ist uralt und nicht mehr zeitgemäß, und wir hatten und haben leider auch noch immer zu wenige Gesundheitsdaten. Im Gesundheitsministerium war die Leitung für die Sektion Legistik und öffentliche Gesundheit im Frühjahr 2020 unbesetzt, das heißt, die wichtigste Schaltstelle war praktisch führungslos.

Leider wurden viele nötige Maßnahmen nicht als gesundheitlich relevant beurteilt, sondern oftmals nur als politisch motiviert gesehen. Anfangs starben viele Menschen, wir erinnern uns, vor allem in Pflegeheimen. Wir hatten keine Impfung, wir hatten keine Medikamente, die einzigen Hilfsmittel waren Tests, Masken, notwendige Reduktion der sozialen Kontakte, es waren dramatische Zustände.

Am Anfang der Pandemie, im Frühjahr 2020, wurden auch Maßnahmen gesetzt, die aus damaliger Sicht richtig waren, die wir aber retrospektiv, aus heutiger Sicht, so wahrscheinlich nicht mehr machen würden. Ich denke da zum Beispiel an die Schließung der Bundesgärten (Abg. Belakowitsch: Ah geh!) oder auch die Maskenpflicht im Freien. (Abg. Belakowitsch: Ah geh! – Abg. Kaniak: Ostererlass! – Abg. Belakowitsch: Ostererlass!)

Dann kam glücklicherweise sehr rasch die Covid-Impfung – für mich einer der Gamechanger, auch noch immer (Ruf bei der FPÖ: ... zugeben!) –, eine Impfung, die nachweislich schwere Verläufe (Abg. Belakowitsch: Das haben Sie immer noch nicht gelernt!), Krankenhauseinweisungen, Todesfälle verhindern kann. Diesen Anspruch hat die Impfung auch gehalten und viele Todesfälle verhindert.

Was sich nicht erfüllt hat, von manchen aber erwartet wurde, war das Eintreten der sogenannten sterilen Immunität, das heißt, einer Form der Immunität, bei der Krankheitserreger durch eine immune Person nicht übertragen werden können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das war immer ein Hauptargu­ment der Impfgegner, die ja auch die hauptsächlichen Proponenten dieses Volks­begehrens sind. Es geht aber darum, dass man einen leichteren Verlauf hat, nicht


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ins Krankenhaus muss (Abg. Belakowitsch: Das stimmt ja nicht!), und das war und ist ein Segen im Kampf gegen die Pandemie.

Ein weiteres groß diskutiertes Thema war die Impfpflicht, das Impfpflichtgesetz. Die Impfpflicht ist kein Impfzwang, wie im Volksbegehren oftmals geschrieben wird, das ist ein Unterschied. Wir haben es heute schon gehört: Die Impfpflicht wurde aber nie aktiviert und dann auch wieder zurückgenommen. Man darf aber nicht vergessen, dass es zum Zeitpunkt der Diskussion dramatische Zustände in den Spitälern gab, ich habe das tagtäglich am eigenen Leib erlebt. Auch rechtlich hat der Verfassungsgerichtshof bei einer ordentlichen wissenschaftlichen Begründung kein Problem mit der Impfpflicht gesehen.

Wir haben dann aber auch rasch auf neue Entwicklungen reagiert, auf die Mutation von Delta zu Omikron, und ich wiederhole noch einmal: Das Impf­pflichtgesetz wurde nie aktiviert, auch wieder zurückgenommen. (Abg. Belakowitsch: Und?! Das macht es nicht ungeschehen!) Ich sage es aber auch ganz ehrlich: Auch wenn es damals logisch, schlüssig und sinnvoll schien, würden wir es aus heutiger Sicht so nicht mehr machen. (Abg. Belakowitsch: Ah geh! Was ihr alles nimmer machen tätet!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Volksbegehren Covid-Maßnahmen abschaffen führt auch teilweise Maßnahmen an, die aktuell gar nicht mehr bestehen. Natürlich werden alle Maßnahmen beendet werden, die nicht mehr nötig sind. (Abg. Belakowitsch: Die laufen aus!) Maßnahmen sind ja kein Selbstzweck und müssen auch gut begründet werden. Es ist geplant, die Covid-Maßnahmen mit ordentlichen Gesetzesvorlagen in den nächsten Monaten abzuschaffen. (Abg. Belakowitsch: Das braucht’s nicht, weil die laufen aus!)

Das Volksbegehren wird nun nach der ersten Lesung an den Gesundheits­ausschuss zugewiesen. (Abg. Belakowitsch: Hören Sie auf ...!) Ich kann Ihnen versichern, sehr geehrte Damen und Herren: Wir lernen aus der Vergangenheit zum Wohle der Gesundheit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Waren alles nur Fakenews! – Abg.


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Baumgartner: Muss man jeden Satz kommentieren da drüben?! Ich mein’, das ist ja wirklich unnötig!)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte schön.


13.48.13

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ja, ich darf die eifrigen Zwischenrufe von Kollegin Belakowitsch gleich zum Anlass nehmen, vielleicht auf ein Zitat einzugehen und Sie zu fragen, von wem das stammen könnte: „Und ja, beginnen Sie auch, durchzugreifen! Dort, wo unverbesserliche Menschen nicht bereit sind, ihren Beitrag zu leisten, um die Ausbreitung dieses Virus einzu­däm­men, greifen Sie durch!“ – Frau Kollegin Belakowitsch, von wem stammt denn dieses Zitat – greifen Sie durch, gegen die unverbesserlichen Menschen –, von wem war denn das? (Abg. Schallmeiner: Kickl!) War das sozusagen die Flex, Karl Nehammer, oder war es (Ruf: Herbert Kickl!) Herbert Kickl, der damals anscheinend als begnadeter Reiter mit der Peitsche gedacht hat (Zwischenruf der Abg. Fürst), wir müssen nur ordentlich Druck machen? – Das ist schon ein bisschen ein Punkt, wenn ihr euch heute als Freiheitliche Partei hinstellt.

Ich habe es oft genug gesagt – und die Kollegen von der ÖVP können das bezeugen –: Mir fallen 100 000 Punkte ein, was die ÖVP im Krisenmanagement falsch gemacht hat. Darüber könnten wir lange diskutieren und darüber müssen wir auch reden. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Ich sage aber ganz ehrlich – und das wissen wir alle in diesem Saal –: Es war nicht nur Kurz, der ganz viel kaputt gemacht hat (Ruf bei der ÖVP: Du auch!), es war auch die Freiheitliche Partei (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS), die nichts dazu beigetragen hat, dass wir die Coronakrise in Österreich beenden.

21 600 Menschen sind an den Folgen gestorben. Heute noch gibt es Menschen, die mit Long Covid daheim liegen, die fertig sind, die nicht wissen, wie es weitergeht, und die nicht die Unterstützung bekommen, die sie brauchen


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würden. Und was waren die einzigen Vorschläge der Freiheitlichen Partei? – Nachdem ihr am Anfang die Leute sozusagen mit der Peitsche züchtigen wolltet, ähnlich wie die Flex Karl Nehammer, waren doch bitte die einzigen Vorschläge, die danach gekommen sind – erinnert euch –, ein Pferdeentwurmungsmittel, Sonnenlicht und Bitterstoffe. (Abg. Belakowitsch: Geh bitte!) Pferdeentwurmungs­mittel, Sonnenlicht und Bitterstoffe: Glaubt ihr das wirklich? (Abg. Belakowitsch: Ihr seids überall dabei gewesen! Ihr warts überall dabei ...!)

Und wenn wir von Entschuldigungen reden, sage ich: Niemand in diesem Saal hat alles richtig gemacht, und ich bin auch gerne bereit, mich als Erster zu entschuldigen, da wir in gewissen Punkten vielleicht zu wenig gekämpft haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich habe immer gesagt, Fehler können passieren, aber es macht einen Unterschied, wenn Fehler passieren, weil Partei­politik wichtiger ist, als es Menschenleben sind, und wenn man sich in der Frage profilieren möchte, dann ist das einfach nur schäbig (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen), und das war vor allem die Freiheit­liche Partei.

Sprechen wir es doch offen an: Pferdeentwurmungsmittel, Sonnenlicht und Bitterstoffe, das war euer Vorschlag. Das hat nichts gebracht. Ihr habt die Leute in den Krankenhäusern, die auf den Intensivstationen gearbeitet haben, verspottet, und habt gesagt: Das ist eh alles nicht so schlimm! – Die sind im Schutzanzug gestanden, haben geschwitzt und nicht gewusst, wo sie die Patienten hintun. Über die Menschen habt ihr gelacht und gesagt – das wurde vorhin zitiert –, das sind Fakenews. Das war euer Beitrag zum Krisenmana­gement. Dann sagt das doch auch offen! Das ist ähnlich wie bei Donald Trump, der gesagt hat, man könnte sich das Desinfektionsmittel doch einfach spritzen. Das hat nichts gebracht, außer dass wir solchen Populismus von der Frei­heitlichen Partei erlebt haben, und die Entschuldigung ist bis heute aus­ständig.


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Ja, die Pandemie geht (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und die Baustellen im Gesundheitssystem bleiben. Reden wir darüber, über all das, was wir ver­sprochen haben: über die Maßnahmen für die Pflege, das Kämpfen gegen den Ärztemangel. Wir haben einen großen Plan betreffend Pharmastandort­strategie für Österreich gehabt. – Jetzt gibt es einen Medikamentenmangel in Österreich. Es gibt nicht einmal mehr einen Hustensaft für Kinder und es gibt Probleme bei den Antibiotika.

Wo sind denn die Maßnahmen gewesen? (Abg. Belakowitsch: Wer hat denn die EU ... entschieden?) – Reden wir nicht nur über die Dinge, sondern setzen wir sie gemeinsam um! Frau Kollegin Belakowitsch, der erste Schritt wäre aber – damit können wir alle miteinander anfangen –, dass wir nicht nur darüber reden und Populismus betreiben – ihr könnt das am allerbesten –, sondern etwas tun, damit die Menschen in der Pflege bessere Arbeitsbedingungen haben, damit wir genug Ärzte und Ärztinnen haben und die Medikamente in Österreich auch vorhanden sind.

Dieses politische Blabla bringt niemanden weiter. Es ist Zeit für Lösungen und auch Zeit dafür, dass wir endlich aus den Fehlern lernen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Gute Rede! – Abg. Belakowitsch: Das weiß er selber nicht, was er da ... hat!)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.51.59

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss gleich einmal ein bisschen auf meine beiden Vor­redner replizieren, denn so überraschend das Schuldeingeständnis und die ansatz­weise Entschuldigung des Abgeordneten Saxinger auch waren, umso mehr bin ich entsetzt von der Rede des Abgeordneten Kucher (Abg. Kucher: Also, das


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ist ...!), der in vollkommener Verdrehung der Tatsachen agiert, denn die Maßnah­men – das gesamte COVID-19-Maßnahmengesetz und alles, was die Öster­reicherinnen und Österreicher in den letzten zwei, drei Jahren massiv in ihren Grund und Freiheitsrechten eingeschränkt hat – sind nicht von der FPÖ gekommen, sondern die sind von allen anderen vier Fraktionen in diesem Hohen Haus gekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb ist es auch vollkommen gerechtfertigt, dass wir uns heute hier über die erste Lesung eines Volksbegehrens unterhalten, das mehr als 218 000 Men­schen unterschrieben haben, die ein sofortiges Ende dieser Maßnahmen fordern und kein langsames Auslaufenlassen, so wie das in den Gesetzen jetzt schon drinnen steht. All diese Maßnahmengesetze sind obsolet, meine sehr geehrten Damen und Herren, und zwar nicht erst seit heute, sondern schon seit über einem Jahr, seit Omikron die beherrschende Variante ist, seit es mehr Therapien gegen Covid-19 als gegen die klassische Influenza gibt, seit diese Erkrankung weniger schwer ist als eine klassische Influenza, seit unser Gesundheitssystem diese Belastung zwar mit Mühe, aber doch eigenständig bewältigen kann. (Abg. Kucher: Ja, was ist ...?) Das ist genau das, was wir Freiheitlichen seit über einem Jahr fordern: Covid-19 muss als normale Infektionskrankheit behandelt werden.

Die Abermilliarden Euro, die diese Bundesregierung und diese vier anderen Fraktionen hier herinnen gegen die Stimmen der Freiheitlichen an die Wirtschaft ausgeschüttet haben (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), an Entschädigungs­zahlungen ausgeschüttet haben, an Subventionen ausgezahlt haben, sind leider Gottes nicht im System angekommen, sie sind auch nicht bei den Beschäftigten im Gesundheitssystem angekommen, sondern da sind Milliarden ausgegeben worden – die wir gar nicht haben, es sind Schulden gemacht worden, die die nächsten Generationen noch belasten –, ohne dass das Gesundheitssystem sig­nifikant gestärkt worden wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch etwas dazu: Ich warte ja nur auf den Rechnungshofbericht betreffend das Krisenmanagement der Bundesregierung im Jahr 2021. Man muss sich


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Fol­gendes vorstellen: Wir haben im Sommer 2021 einen Rohbericht des Rechnungs­hofes betreffend das Krisenmanagement und die Bewältigung der Krise für das Jahr 2020 bekommen, und dabei ist schon aufgekommen, dass das öster­reichische Gesundheitssystem durch die Maßnahmen der Bun­desregierung massiv geschwächt wurde, dass es viel weniger Behandlungen, Untersuchungen, Operationen sowohl in den Spitälern als auch im niedergelas­senen Bereich gegeben hat – und das in der größten Gesundheitskrise und bei der hohen Infektionsrate, die wir damals hatten. Da fragt man sich: Da ist doch etwas massiv schiefgegangen?

Der Bericht für das Jahr 2021 ist noch nicht einmal irgendwo erkennbar. – So viel zu dem Thema: Wir lernen aus unseren Fehlern. – Offensichtlich steht eine Aufarbeitung der Fehler und der negativen Auswirkungen der Covid-19-Maß­nahmen, die diese Bundesregierung und die vier Parlamentsfraktionen, die das mitgetragen haben, zu verantworten haben, hier noch aus, und auf die bin ich schon sehr gespannt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe heute bereits bei einem früheren Tagesordnungspunkt einen Antrag eingebracht: dass mit 1. Februar, mit dem heutigen Tag, alle Covid-Maßnahmen aufgehoben werden sollen. Wir könnten, wenn wir es wollten, auf den Tag, auf die Minute in die Normalität zurückkehren und den gesundheitspolitischen Ausnahmezustand beenden. Vier Fraktionen in diesem Haus wollen das nicht, die FPÖ-Mandatare waren die Einzigen, die dafür gestimmt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Zuseher, bilden Sie sich selber eine Meinung, wer hier populistische Maßnahmen betreibt, wer hier die Fehler nicht eingestehen kann, und wer hier bemüht ist, eine gesundheits­politische Normalität zu bewerkstelligen und nicht nur den Menschen in diesem Land, sondern auch den Beschäftigten im Gesundheitswesen zu helfen und mit konstruktiven Vorschlägen voranzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.55



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Philip Kucher zu Wort gemeldet. – Als erfahrener Mandatar kennen Sie die Bestimmungen der Geschäftsordnung, Sie haben sie wahrschein­lich sogar verinnerlicht. Bitte schön. (Abg. Rauch: Das kann nur ein tatsächlicher Unsinn sein!)


13.55.56

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident, es macht mich sicher, dass Sie hinter mir sitzen, und ich bin davon überzeugt, dass Sie mir anderenfalls hilfreich zur Seite springen werden.

Ich wollte auf die Rede des Abgeordneten Kaniak eingehen, der behauptet hat, die Freiheitliche Partei hätte mit den Covid-Maßnahmen nichts zu tun gehabt, und er tut so, als wäre er hier nur herinnen gesessen und hätte nicht aufgezeigt.

Ich darf Sie daran erinnern, dass Ihre Behauptung, Sie wären bei den Covid-Maßnahmen nicht dabei gewesen, unrichtig ist, und darf tatsächlich korrigieren, dass beim COVID-19 Gesetz im März 2020 wie folgt abgestimmt wurde – Sie können nachschauen, Sie werden wissen, was die Abkürzungen bedeuten. Da steht dabei: das V für Volkspartei, S für SPÖ, G für Grüne, N für NEOS und dieses F wie Friedrich steht wahrscheinlich für die Freiheitliche Partei. Das heißt, ihr wart selbstverständlich mit dabei, ihr wart an vorderster Front. (Abg. Belakowitsch: März 2020!)

Ich habe vorhin Kollegen Kickl sozusagen zitiert, der eingemahnt hat, dass man da eher mit der Peitsche vorgehen muss. Also nicht im Nachhinein verstecken! Stehen Sie dazu, Herr Abgeordneter Kaniak, und tun Sie nicht im Nachhinein so, als wären Sie nicht der Erste gewesen, der aufgezeigt hat! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Das war kein Maßnahmengesetz, ...! Schau einmal nach, was ...! ... Einrichtungsgesetz, nicht Maßnahmengesetz, Kollege Kucher! – Abg. Rauch: Ich habe ja gesagt, das ist ein tatsächlicher Unsinn! – Abg. Kucher – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Unterste Schublade!)

13.57



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Über das Verinnerlichen werden wir noch ein Gespräch führen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.57.09

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus, auf der Galerie, oder zu Hause vor den Bildschirmen! Wir diskutieren hier heute in erster Lesung über ein Volksbegehren, das die sofortige Rücknahme der diversen Covid-Maßnahmen fordert. Es war sehr emotional, was bis jetzt in dieser Debatte schon gekommen ist, und ich möchte hier auch nochmals klarstellen: Es hat auch nie jemand behauptet, alles richtig gemacht zu haben, ganz im Gegenteil.

Ich möchte auch daran erinnern, wie sich beispielsweise ein Rudi Anschober oder ein Wolfgang Mückstein oder eben auch ein Johannes Rauch hier heraus­gestellt haben – oder sich damals noch im Ausweichquartier ans Rednerpult gestellt haben – und auch durchaus Fehler zugegeben haben. Auch wir als Grüne haben das immer und immer wieder gemacht, aber es gab auch viele Maß­nah­men, die wir hier herinnen gemeinsam beschlossen haben – das waren Maßnah­men, die wir ja nicht aus Jux und Tollerei gemacht haben, sondern das waren Maßnahmen, bei denen es darum gegangen ist, unser österreichisches Gesund­heitswesen vor einem fatalen Crash zu bewahren.

Wenn wir über dieses Volksbegehren hier heute reden, dann, finde ich, ist das ja ein durchaus angebrachter Tag, denn wer sich heute in der Früh den Doorstep des Ministers angeschaut hat, wer sich in der Zwischenzeit auch die heutigen Medienmeldungen verinnerlicht hat, der wird ja sehen, dass wir derzeit ganz genau dieses Thema angehen: die Rücknahme der Covid-Maßnah­men mit Maß, mit Ziel, mit Augenmaß und mit Vernunft, denn es geht dann schon auch darum, dass wir uns beispielsweise immer noch überlegen müssen,


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wie wir das Impfen in ein Dauersystem übernehmen können, wie wir die Medi­ka­mentenabgabe in ein Dauersystem übernehmen können, was wir beispiels­weise beim Testen für symptomatische Personen tun. Auch diese Dinge müssen wir noch ins System hineinbringen.

Umso spannender finde ich es dann, wenn ich noch auf die bereits heute in der Früh abgehaltene Debatte hier herinnen zurückverweise, wie dann die Kollegin­nen und Kollegen der Freiheitlichen Partei herauskommen und jetzt schon wissen wollen – oder so tun, als ob sie es jetzt schon wüssten –, was in weiterer Zukunft kommt (Abg. Belakowitsch: Ja, Entschuldigung, ... gibt ja schon erste Entwürfe!), nämlich ein schlimmes Epidemiegesetz, das uns alle sozusagen nach Herr-der-Ringe-Manier dann wieder knechten soll (Abg. Belakowitsch: Ihr habt ja die Entwürfe schon hergegeben!), denn das ist die Ankündigung gewesen, die hier heute gemacht wurde.

Ich persönlich glaube, es geht jetzt darum, dieses Thema für die FPÖ ein bisschen am Köcheln zu halten, sich herauszustellen, hier eben diverse Mordor-Erzählungen von sich zu geben und so zu tun, als ob dieses böse, böse Epidemiegesetz kommen würde. Dabei ist die Novellierung des Epidemie­ge­setzes ja ganz genau eine Forderung unter anderem des Kollegen Kaniak gewesen, der das bereits mehrere Male eingefordert hat. Auch die FPÖ hat das mehrere Male eingemahnt, und wir werden das natürlich machen.

Aber so zu tun, als ob jetzt schon klar wäre, was in diesem Gesetz drinnen steht, das ist unlauter, unrichtig, ist einfach schlicht und ergreifend falsch (Abg. Kaniak: ... Maßnahmengesetz!), und es ist im Endeffekt ein Spiel mit der Angst der Bevölkerung. Das ist das Einzige, das ihr könnt, das ist das Einzige, das die FPÖ kann: mit der Angst der Bevölkerung zu spielen.

Egal ob das die Covid-Maßnahmen sind, egal ob das die Impfung ist oder ob das jetzt ein neues Epidemiegesetz ist – es ist das Einzige, was die FPÖ kann: mit der Angst der Menschen zu spielen, billiges populistisches Kleingeld zu schlagen. (Abg. Kaniak: Das war total angstfrei!) Etwas anderes könnt ihr nicht! Ihr habt


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keine Lösungen. Das Einzige, was ihr könnt, ist, Angst zu schüren und mit der Angst zu leben. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Ja, ja! Macht nur weiter! Aber danke für die Wahlunterstützung!)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Kucher – erheitert –: Bitte sachlich bleiben!)


14.00.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst wäre einmal richtigzustellen, dass bei der heutigen Abstimmung über ein Ende der Covid-Maßnahmen meine Fraktion natürlich auch dafür gestimmt hat. Das ist ein typisches Element, wie die Debatte geführt wird, nämlich: man ist entweder brachial für alle Maßnahmen oder brachial dagegen. In der Mitte ist ganz wenig Platz, und da sind die Stimmen ganz leise, und so geht dann manchmal beispielsweise unter, dass meine Fraktion in den Hauptausschuss­sitzungen des Nationalrates regelmäßig gegen die Ausgangsbeschränkungen gestimmt hat, gegen die Schulschließungen war, dass wir die verfrühte Sperrstunde in den Gasthäusern immer bekämpft haben, sehr wohl aber gesagt haben: Man muss das Virus ernst nehmen, aber jene Maßnahmen setzen, die etwas bringen.

Das Problem war, dass sich die Regierung und die SPÖ immer festgeklammert haben, auch an Dingen, bei denen schon klar war, dass sie falsch sind; beispielsweise an Schulschließungen, bei denen schon klar war, dass sie nichts bringen (Abg. Stöger: He!), oder an einer Maskenpflicht im Handel, bezüglich derer aus den Daten der Ages klar war, dass im Handel ganz, ganz wenige Ansteckungen passieren. Dieser Justamentstandpunkt auf der Regierungsseite bei den Maßnahmenfetischisten hat einen Justamentstandpunkt bei den Freiheitlichen auf der anderen Seite erzeugt und das Klima vergiftet. (Beifall bei den NEOS.) Es ist falsch, da den Schwarzen Peter einer Fraktion zuzuschieben. Da ist in der Mitte ganz wenig Platz für differenzierte Argumentation geblieben.


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Es ist gut, dass der Minister heute erklärt hat, dass man die Covid-Maßnahmen zurückfahren will, aber die Ankündigung ist erstens nur eine Ankündigung und kommt zweitens zu spät. Die Schweizer haben vor einem Jahr alles abgeschafft! (Abg. Kaniak: Vor einem Jahr!) Alles – Ende Gelände!

Bei uns aber machen wir noch Übergangsfristen, bis 30.6. dieses und jenes, die Maskenpflicht bleibt dann noch in verschiedenen gallischen Dörfern und Städten. Und dann kommt dieses Märchen: Ja, es war alles arg und wir haben die Kinder eingesperrt, dafür sind wir aber wenigstens besser durch die Pandemie gekommen. – Das ist auch falsch!

Wir haben die schlechteren wirtschaftlichen Zahlen – langfristig, über mehrere Jahre betrachtet – und wir haben auch mehr an Corona Verstorbene als andere Länder: mehr als die Schweiz, mehr als Deutschland und viele andere. Wir sind also in jeder Hinsicht schlecht durch die Pandemie gekommen.

Wenn es dann noch heißt: Ja, wegen der Pandemie und weil alles so anstren­gend war, haben wir einen Mangel an Pflegekräften in den Spitälern. – Ent­schul­digung?! Dass wir einen Mangel an Pflegekräften haben, hat sich schon 15 Jahre vorher abgezeichnet, da war die Politik vorher schon 15 Jahre lang schlecht. Da hätte man sich halt überlegen müssen, was man mit diesem Beruf macht, und das hat man sehr lange gar nicht gemacht.

Wenn wir wollen, dass die Menschen gesund alt werden, dann müssen wir nicht nur darauf schauen, dass sie eine gute Lebensqualität haben, wenn sie alt sind, sondern wir müssen schon viel mehr mit Prophylaxe arbeiten, wir müssen uns das viel früher anschauen. Und daraus könnte man auch lernen, sich von den Justamentstandpunkten der letzten drei Jahre zu lösen, und jetzt wieder zukunftsgerichtet weiterarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.03.41

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren die erste Lesung zum Volksbegehren Covid-Maßnahmen abschaffen. – Danke an die Proponenten für die Einbringung des Begehrens.

Trotz der heutigen Ankündigung im Ministerrat, dass die Maßnahmen alle abgeschafft werden sollen und das Gesetz aufgehoben werden soll, ist dieses Thema nach wie vor topaktuell. Das zeigen auch die Redebeiträge von soeben, zum einen von Kollegen Schallmeiner von den Grünen, der davon redet und fabuliert, dass das Impfen jetzt ins Dauersystem übergeführt werden muss (Heiterkeit der Rednerin) und man noch überlegen muss, wie das geschehen soll. Er regt sich auf, dass wir Angst schüren – und das nach dem, was ihr jetzt zwei, drei Jahre lang aufgeführt habt! Also da gehört schon viel dazu. Einsicht ist offensichtlich überhaupt keine da.

Und Sie, Kollege von der SPÖ, Gesundheitssprecher Kucher, wenn Sie jetzt Ihr Heil darin sehen, auf uns loszugehen (Abg. Kucher: Das war ja nur Taktik! ...! Ein freundlicher Hinweis!): Bitte, wir stehen als Prellbock gerne zur Verfügung, wir halten das aus. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Aber zu sagen, wir seien dabei gewesen und wir hätten am meisten Angst geschürt?! – Wir haben ganz am Anfang gesagt: Die Grenzen zumachen! (Abg. Kucher: Ja, das ist immer vom Virus - -, das Virus holt sich ...!) Ja, dazu sind wir auch immer gestanden, weil es geheißen hat, das Virus werde von China beziehungsweise von Italien eingeschleppt. Da haben wir gesagt: Grenzen zumachen! (Abg. Kucher: Für das Virus kannst du eine Mauer bauen! – Abg. Schallmeiner: Ja, ja, genau! Das Virus kommt ja aus dem Ausland! – Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) Was haben da vor allen Dingen die Grünen und auch die SPÖ gesagt? – Nein, bitte, Grenzen schließen, das passt nicht in unsere Ideologie, sondern das ist immer die einfache Antwort der FPÖ. (Abg. Schallmeiner: Der Schnee kommt aus dem Ausland, das Virus kommt aus dem Ausland! – Abg. Kucher: Das Virus fängt man mit dem Bundesheer ein!) Da haben Sie nicht mitgemacht. Vielleicht hätte


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man da einiges aufhalten können. Bei der Covid-19-Maßnahmenpolitik waren wir dann nie, zu keinem Zeitpunkt, dabei – nur um das noch einmal festzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wirklich schade ist, ist, dass man auch jetzt beim Zurückfahren der Maß­nah­men, bei der angekündigten Aufhebung der Maßnahmen einfach merkt: Es geht nicht ohne Druck. Ohne den Wahlsonntag in Niederösterreich hätten Sie es wieder nicht gemacht. Jetzt hat wahrscheinlich Kollege Haslauer aus Salzburg einmal gesagt: So, i möcht’ im April net so owelar’n wie ihr in Niederösterreich! Jetzt tut da etwas, verkündet einmal die Aufhebung! – Daher ist heute der Minis­ter­rat. Seien wir gespannt!

Ich meine, solche Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind laut unserer Verfassung immer nur so kurz wie möglich erlaubt, müssen evaluiert werden und sofort wieder aufgehoben werden; und ihr rühmt euch jetzt, dass ihr in drei Monaten die Maskenpflicht für das Gesundheitspersonal in den Gesundheitsein­richtungen aufhebt. Die müssen den ganzen Tag mit den Masken herumlaufen. Das ist nicht verhältnismäßig, eine Zumutung und wahrscheinlich gesund­heits­­schädlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Tanz der ÖVP heute nach dem Ministerrat: Zuerst schickt man Polaschek – nein, die Schulschließungen waren nicht so toll –, dann muss Verfassungs­ministerin Edtstadler raus – die sich da ja wirklich in Beschimpfungen der Bevöl­kerung profiliert hat –, die schluckt einmal kurz ihren Stolz hinunter und flötet: Ja, es ist sicherlich nicht alles perfekt gelaufen, im Rückblick haben wir Fehler erkannt! – Sie versäumt es aber dann, die Fehler aufzuzählen. Das wäre ein lange Liste, aber da sagt sie nichts dazu – ich meine Lockdowns, Abstandsvorschriften, Masken, Tests, Impfen; wie wir mit den Kindern umgegangen sind, wie mit den Alten. Das wäre eine lange Liste geworden, aber Einsicht: null! Und sie sagt dann auch ganz ehrlich – das finde ich ja gut –: Wir haben alles getan, was wir für richtig gehalten haben! – Das ist einmal ein ehrliches Wort: Wir haben gemacht, was wir wollten!


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Schauen wir uns das an, Fördergelder und so weiter! Wir haben ja im U-Ausschuss gesehen, wie da gefuhrwerkt worden ist. Also ich sag’s nur, als Tipp: Vertrauen und Wähler zurückgewinnen – so wird das nichts. Man muss glaubwürdig sein.

Wir bleiben dran. Wir werden uns auch anschauen, wie sich die Regierung zu den Plänen der WHO, die nationalen Gesundheitskompetenzen im Falle der nächsten Pandemie überhaupt auszuhebeln, verhält, wo ja die WHO definiert, was eine Pandemie ist. Da schauen wir, wie sich der grüne Gesundheits­minister verhält. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Oh! Sie sind einer großen Sache auf der Spur!)

14.07 14.07.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren, 1799 der Beilagen, dem Gesundheitsausschuss zu.

14.07.2710. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „Wiedergutmachung der COVID-19-Massnahmen“ (1798 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen jetzt zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Werner Saxinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.07.40

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Im Rahmen der Coronapandemie mussten viele Maßnahmen gesetzt werden, und dieses


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Volksbegehren verlangt nun eine Wiedergutmachung der Covid-19-Maß­nahmen. 184 936 Personen haben es unterschrieben.

Für die Zuhörer: Das Volksbegehren wird heute in der ersten Lesung diskutiert, das heißt, es findet keine Abstimmung statt und es wird an den Gesundheitsausschuss zugewiesen.

Was war die Devise bei den Covid-Maßnahmen? – So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Es war oft schwierig, ich habe das schon oft erwähnt, eine Balance zu finden. Maßnahmen wie Lockdowns, Tests, Impfungen und Quarantäne haben extrem polarisiert. (Abg. Belakowitsch: Ja, wirklich!) Manche wurden gar zu Staatsverweigerern, was mich sehr betroffen gemacht hat und für mich vorher unvorstellbar war. (Abg. Belakowitsch: Sagen Sie einmal! Hören Sie einmal auf! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Eine Frage habe ich mir oft gestellt, so auch bei diesem Volksbegehren: Warum haben eigentlich die Covid-Maßnahmen bei uns in Österreich so große Auf­re­gung und solchen Widerstand hervorgerufen (Abg. Belakowitsch: In allen Ländern, Herr Kollege! – Zwischenruf des Abg. Kassegger), viel mehr als in anderen Staaten? Es gibt für mich zwei Antworten auf diese Frage. (Ruf bei der FPÖ: Weil ihr viel ärger wart als die anderen! – Abg. Belakowitsch: Weil wir das einzige Land mit Impfpflicht waren!) – Frau Kollegin, melden Sie sich dann zu Wort! Es ist unmög­lich, auch für die Zuseher, wenn Sie immer herausbrüllen. Wenn Sie etwas zu sagen haben – das ist essenziell –, dann melden Sie sich bitte zu Wort! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu der Frage, die ich mir gestellt habe, warum das in Österreich so extrem war, warum das so extremen Widerstand, so extreme Aufregung hervorgerufen hat (Zwischenruf des Abg. Rauch): Eine Antwort ist für mich, dass wir vergessen haben, wie man vor der Impf- und Medikamentenära jahrhundertelang Epide­mien wie Pest und Cholera bekämpft hat, nämlich mit Quarantäne. Es war früher die einzige Maßnahme, das haben wir vergessen. Und wir haben auch vergessen, was wir dem Fortschritt der Wissenschaft verdanken. Es war großartig


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und eine wissenschaftliche Meisterleistung, eine Meisterleistung an Zusam­menarbeit, wie schnell die Covid-Impfung entwickelt werden konnte.

Impfskepsis und auch Verschwörungstheorien haben leider in Österreich eine gewisse Tradition. Dabei haben Impfungen für die Menschheit in den letzten Jahrzehnten einen großen Nutzen gebracht.

Niemand braucht sich mehr vor Polio und Pocken zu fürchten, und dank Gelbfieber- und Tollwutimpfung könnte zum Beispiel Kollege Hauser – der jetzt leider nicht da ist – unbesorgt nach Afrika reisen, um mit einer Factfinding­mission seine Theorien zu verifizieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Einen weiteren Punkt möchte ich auch noch gerne erwähnen, nämlich die mangelhafte Datenlage im österreichischen Gesundheitswesen. Man kann bei einer Pandemie ohne gute Daten nicht agieren und auch nicht reagieren. Der Datenschutz wird da meiner Ansicht nach völlig falsch verstanden. (Abg. Belakowitsch: Interessant! Das müssen Sie jetzt erklären!)

Wissen Sie, was mich auch noch oft sehr verärgert und verwundert hat? – Dass Meinungen von Maßnahmengegnern gleichberechtigt mit wissenschaftlichen Fakten präsentiert wurden. Das war oft medial ein Schaukampf. Jeder noch so Ahnungslose ohne immunologisches Grundwissen mutierte plötzlich zum Hobby­virologen und Experten. Das ist für mich als Arzt untragbar und auch gefährlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten aber gemeinsam Lehren aus der Pandemie ziehen. Das sind für mich vor allem drei Lehren: Punkt eins: Es geht darum, ein modernes Epidemiegesetz zu schaffen, um auf die nächste Pandemie besser vorbereitet zu sein. Dazu lade ich alle herzlich gerne ein. Das werden wir auch tun. Der Variantenmanagementplan geht in diese Richtung. Ich glaube


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aber, es ist in unser aller Sinn, für die Zukunft wirklich ein gutes Epidemiegesetz als Grundlage zu haben.

Punkt zwei habe ich schon erwähnt: Wir sollten wirklich evaluieren, was funktio­niert hat, was nicht funktioniert hat, was gut und was nicht gut im Gesund­heitssystem, im Bildungssystem gelaufen ist. Das wäre unbedingt notwendig.

Punkt drei ist für mich auch ganz wichtig: Wir sollten die Innovation und Kreativität der Wissenschaft schätzen, schützen und auch fördern und für ein positives wissenschaftliches Umfeld in Österreich sorgen. Dafür braucht es aber auch Wissenschaftsbildung in den Schulen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Spruch schließen, der vielen ins Stammbuch geschrieben werden sollte: Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Da kannst du aber in den Spiegel hineinschauen! – Abg. Wurm: Das ist eine Selbstanklage! – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.12.12

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehr­ten Damen und Herren! Hohes Haus! 185 000 Menschen haben sich bei diesem Volksbegehren Wiedergutmachung der Covid-19-Maßnahmen demokratisch geäußert. Das ist gut so, ich bedanke mich bei ihnen. Sie haben ein demokrati­sches Recht für sich in Anspruch genommen, das aufgezeigt hat, dass es gerade bei emotionalisierten Fragen wichtig ist, dass man die Stimme erheben kann, dass man fragen kann, was denn da nicht funktioniert hat und wie wir damit umgehen.


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Es hat einiges gegeben, das bei den Covid-19-Maßnahmen nicht so funktioniert hat. Dann stellt sich die Frage: Was war willkürlich? Wer entscheidet, was willkürlich war? Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat einige Maßnah­men dieser Bundesregierung als willkürlich festgestellt. Das heißt, Teile Ihres Volksbegehrens hat gerade diese demokratische Republik, dieser Rechtsstaat, auch aufgegriffen, und das ist gut so. Das zeichnet eigentlich auch diesen Staat aus.

Was wir in der Debatte um die Covid-19-Maßnahmen schon lernen müssen, ist, dass man in einer schwierigen Situation angesichts dieser Emotionalisierung, die da stattgefunden hat – mein Vorredner hat es angesprochen –, eine gemeinsame Linie braucht, wie man damit umgeht, denn man ist eigentlich dem Ziel der Gesundheitserhaltung der Menschen und der Bewältigung der Angst der Menschen verpflichtet.

Da muss man die Bundesregierung kritisieren. Da hat es ein paar Themen gegeben, die nicht ganz so funktioniert haben, wenn es um die medialen Auftritte ging. Also mir zieht es als ehemaligem Gesundheitsminister durchaus alles zusammen, wenn ich bei einem Gesundheitsthema einen General des Bundesheers in Kampfuniform sehe. (Abg. Wurm: Na, das war nett!) Das passt gar nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe gespürt – und ich kenne die internen Prozesse eines Gesundheitsministeriums –, dass der Pressesprecher des Kanzler­amtes mehr zu sagen gehabt hat als die Gesundheitsexperten im Gesundheits­ministerium.

Das Dritte, was man sich sehr kritisch anschauen muss, ist, wenn grüne Gesund­heitsminister das Arbeiten nach der Pressekonferenz beenden und Themen überlassen. Das war sicher eine der Schwierigkeiten, angesichts derer man etwas tun muss.

Ich glaube, die größte Herausforderung im Zusammenhang mit den Covid-19-Maßnahmen war, dass man den Anspruch auf Schadenersatz für Personen, denen man etwas verbietet, diesen § 32 des Epidemiegesetzes, ausgehebelt hat.


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Das haben wir als Sozialdemokratie immer kritisiert. (Abg. Belakowitsch: Ja! Völlig richtig! Wir auch! – Abg. Wurm: Alois, du hast es kritisiert, nicht deine Fraktion!) Das halte ich für den größten Fehler. Diese Kosten, die da entstanden sind, sind eigentlich Demokratiekosten, sind eigentlich auch Kosten, vor denen wir gewarnt haben. (Abg. Wurm: Du! Du hast gewarnt, aber deine Fraktion nicht!)

Ich erinnere daran, wir haben als Sozialdemokratie – meine Fraktion hat da dage­gengestimmt – ganz deutlich davor gewarnt. (Abg. Wurm: Du schon, aber deine Fraktion nicht! – Abg. Belakowitsch: Nein, Alois!) Damit sollte man sich auseinan­der­setzen. Als eine weitere Gesundheitsmaßnahme wünsche ich mir, dass wir dieses Prinzip, wonach die Gesellschaft den Schaden trägt, wenn man von einer einzelnen Person etwas verlangt, wieder beachten. Das hätte uns viel erspart. Die ganze Cofag hätten wir nicht gehabt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.16.33

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Die Tagesordnung des heutigen Vormittags ist von Volksbegehren geprägt. Sehr viele davon drehen sich um das Thema Coronapandemie. Jetzt reden wir über ein Volksbe­gehren, das eine Wiedergutmachung der Covid-19-Maßnahmen möchte.

Wenn Sie heute zugehört haben, dann sind Sie vielleicht genauso fassungslos wie ich, dass es bei zumindest drei Parteien in diesem Haus überhaupt keine Einsicht ob der Fehler, die begangen wurden, gibt. Ganz im Gegenteil, da wird auch noch mit dem Finger auf die Freiheitliche Partei gezeigt, die in all der Zeit tatsächlich Haltung bewahrt hat, die Seite an Seite mit der Bevölkerung gestanden ist und die eben nicht irgendwelche Fakenews verbreitet hat, wie Herr Kollege Saxinger hier noch immer behauptet. Herr Kollege Saxinger, Sie


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müssen halt auch zur Kenntnis nehmen: Es gab Topimmunologen, Topvirologen, die von Anfang an eine ganz andere Richtung eingeschlagen haben.

Was ist aber passiert? – Die wurden als Schwurblervirologen bezeichnet. Nament­lich fiele mir jetzt einmal Professor Haditsch ein, aber auch viele andere – viele Ärzte, die mit Disziplinarverfahren belegt wurden, die nicht mehr arbeiten durften, denen die Zulassung entzogen wurde, Pfleger, die entlassen wurden, weil sie angeblich falsche Dinge aus den Krankenhäusern erzählt hätten. Das war von Anfang an so, und Sie haben das alles gedeckt. Ärzte haben Anrufe aus dem Bundeskanzleramt bekommen, weil sie sich öffentlich geäußert haben, und sind unter Druck gesetzt worden, sich nie wieder in die Öffentlichkeit zu wagen. All das ist passiert. Also hören Sie auf, zu sagen, es stehe Meinung gegen Wissen­schaft! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe Ihnen drei Jahre lang gesagt: Es gibt sie nicht, die Wissenschaft. Die Wissenschaft ist These und Antithese. Sie haben aber Ihre Meinung vertreten, und da ist die Eisenbahn drübergefahren. Dann stellen Sie die Frage: Warum gab es in Österreich so viel mehr Demonstrationen?

Im Übrigen würde ich jetzt einmal hinterfragen, ob das so war oder ob nicht der von Ihnen so gelobte ORF einfach nur verschwiegen hat, wie es in anderen Ländern zugegangen ist, in denen Großdemonstrationen stattgefunden haben – in Amsterdam, in Berlin, in Italien, in Frankreich. Überall sind die Menschen auf die Straße gegangen. Es war auch interessant, dass in Frankreich gerufen wurde: „Liberté pour l’Autriche!“ Das müssen Sie sich einmal geben. Das heißt, der österreichische Weg war ein ganz spezieller, denn in keinem anderen EU-Land wurde jemals eine Impfpflicht beschlossen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das gab es nur in Österreich. Und dann wundern Sie sich? Da wundern Sie sich tatsächlich? Im Übrigen wurde auch in England nach Solidarität mit Österreich gerufen, in vielen europäischen Ländern hat man bei den Demonstrationen auf Österreich geschaut.


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Wir wurden dort bedacht. Nur die österreichische Bundesregierung und ihre Abgeordneten sind bis zum heutigen Tag uneinsichtig und sind nicht in der Lage und nicht willens, tatsächliche Fehler einzugestehen und einmal in sich zu gehen, sich bei der Bevölkerung zu entschuldigen und vielleicht auch Entschädi­gungen an jene zu bezahlen, die tatsächlich unter all dem gelitten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

14.20 14.20.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren, 1798 der Beilagen, dem Gesundheitsausschuss zu.

14.20.1111. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „Kinderrechte-Volksbegehren“ (1796 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen gleich in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Mag.a Bettina Rausch. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.20.31

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren hier bei uns im Haus, auf der Galerie und zu Hause vor Ihren Bildschirmen! Wir diskutieren und debat­tie­ren jetzt zum ersten Mal das Kinderrechte-Volksbegehren in erster Lesung hier im Parlament, das in Summe über 172 000 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hat. Dem möchten wir, dem möchte ich an dieser Stelle Respekt zollen und den Initiatorinnen und Initiatoren auch dafür danken, dass sie dieses Instrument der Demokratie und der demokratischen Beteiligung genutzt haben.


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Zum Inhalt sei gesagt: Es ist immer sinnvoll, die Anliegen, das Wohl von Kindern auf die Agenda zu bringen und auch in den Mittelpunkt unserer Diskussion zu stellen. Viele Menschen haben dazu natürlich schon sehr sinnvolle Dinge gesagt, aber vielleicht auch um dieses Thema einzuordnen: Ich möchte den Autor der „Chroniken von Narnia“ zitieren, Clive Staples Lewis, der einmal gesagt hat: „Kinder halten uns nicht von Wichtigerem ab. Sie sind das Wichtigste.“ – und das jedenfalls wieder einmal für die nächsten Minuten hier im Hohen Haus.

Die fünf zentralen Anliegen des Volksbegehrens sind sehr umfassend, sehr weitreichend. Sie sind unterschiedlich in ihrem Regelungsbedarf, in ihren Zuständigkeiten, aber mitunter auch sehr komplex, auch wenn es nur wenige Worte sind, die da zu Papier gebracht wurden. Deshalb ist es gut, dass wir jetzt in einen Prozess einsteigen können, in dem es Zeit und Raum gibt, diese Anliegen auch umfassend zu diskutieren – Zeit und Raum, dass man nachfragen kann, wie denn das eine oder andere konkret gemeint wurde, und wir auch lösungsorientiert darauf schauen können, was davon umgesetzt werden kann.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle aber auch, darauf hinzuweisen, dass wir schon einiges, schon vieles geschafft haben, was die Rechte und Chancen von Kindern in Österreich betrifft. Da können wir, glaube ich, mit Fug und Recht auch stolz darauf und froh darüber sein, nicht nur im Vergleich mit anderen Ländern etwa, sondern auch im zeitlichen Verlauf ist hier einiges gelungen. Das sprichwörtliche Glas ist da aus meiner Sicht jedenfalls deutlich mehr als halb voll.

Als Familienpartei, als die wir uns als Volkspartei verstehen, haben wir sehr viel für Familien und Kinder in den letzten Jahren auf den Weg gebracht, auch innerhalb der Regierungskonstellationen, in denen wir tätig sein durften. Ich denke an den Familienbonus Plus, seine Einführung und auch dessen Ergänzung und Erhöhung. Ich denke an die Kindergartenmilliarde, den Ausbau der schuli­schen Ganztagesbetreuung und an viele Initiativen, die in Ländern und Gemeinden darauf folgen. Ich denke an die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen – auch historisch –, die uns gelungen ist, oder auch die Anhe­bung des Kindermehrbetrags im Rahmen der ökosozialen Steuerreform. Wir


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haben die Zuverdienstgrenze bei der Familienbeihilfe erhöht. Wir haben mit Arbeitszeitflexibilisierungen, dem Homeofficepaket und all diesen Maßnahmen in Summe Kindern und ihren Familien mehr Geld und damit mehr Freiheit, mehr Spielraum, und mit gesetzlichen Maßnahmen mehr Flexibilität verschafft.

Ich denke, das sind gute Rahmenbedingungen, auf die wir mit Fug und Recht stolz sein können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Shetty: Was hat das mit dem Volksbegehren zu tun?) – Das zu den gesetzlichen und auch finanziellen Rahmenbedingungen.

Kinderrechte, die ja auch im Fokus des Volksbegehrens stehen, nehmen wir sehr ernst. Unser Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern ist da unmissverständlich, daher möchte ich es jetzt auch zitieren, Artikel 5: „Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leids, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung.“

Es gilt natürlich, diese verfassungsrechtliche Bestimmung immer wieder mit Leben zu erfüllen und auf die Höhe der Zeit zu bringen und weiterzuentwickeln. Deshalb ist über den Ministerrat und die Bundesregierung ein Maßnahmen­paket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen auf den Weg gebracht worden.

Dreierlei Aspekte sind mir da noch wichtig zu nennen, wir haben das auch ges­tern in der Aktuellen Stunde diskutieren können. In der Prävention sollen Kinderschutzkonzepte implementiert werden, die internationalen Standards des UN-Kinderrechtsausschusses entsprechen. Also wir wollen in der Vorbeugung schon eine Menge tun, in diese investieren und sie entsprechend verbessern. Es wird vonseiten der Bundesregierung eine umfassende Kinderschutzkampagne geben und einen Sonderbereich für Onlinekindermissbrauchsdelikte in den Landes­kriminalämtern.


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Auch Verschärfungen – das ist der zweite Aspekt – im Strafrecht sollen folgen. Wir benennen auch erstmals sexuellen Missbrauch von Kindern als das, was er ist, durchgängig und konkret, nämlich als Missbrauch und nicht etwa ver­harmlosend wie bisher als Pornografie, die ja immer auch die Zustimmung der Betroffenen, der Leidtragenden voraussetzen würde, die hier nicht gegeben ist.

Zu guter Letzt – und das ist besonders wichtig –: Für all jene, wo es leider Gottes doch zu Übergriffen kommt, wird es im Opferschutz weitere konkrete Maßnahmen geben, Verstärkung in der psychosozialen Nachbetreuung und bei Familienberatungsstellen, aber auch – sehr wichtig – in der Arbeit mit Täterinnen und Tätern nach dem Strafvollzug.

Insofern, denke ich, haben wir da einiges auf den Weg gebracht, was, so hoffe ich, auch im Sinne der Initiatorinnen und Initiatoren, Unterstützerinnen und Unterstützer des Volksbegehrens ist.

Ich persönlich, meine Fraktion, wir begrüßen diese Initiative. Der Ausschuss für Familie und Jugend wird sich umfassend damit beschäftigen. Unsere Bundes­regierung und wir hier im Parlament – das sei allen versichert, denen das Thema wichtig ist –, wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass der Schutz und die Unterstützung unserer Kinder eine der höchsten Prioritäten bleibt.

Auch im Sinne des Volksbegehrens, das ja gelebte Bürgerbeteiligung und Demokratie ist, möchte ich sagen: Viele, viele Menschen tun uns das gleich. In Österreich, glaube ich, haben wir eine lebendige Bürgerinnen-, Bürger­gesell­schaft, die sich da einbringt. Nicht nur die Behörden können Kinderrechte garantieren, es sind wir alle, die wir uns jeden Tag dafür einsetzen. Vielen Dank Ihnen allen, die das tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Christian Oxonitsch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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14.26.22

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Herr Präsident! Vielleicht ein paar Anmerkungen von meiner Seite: Man hätte ja jetzt fast ein bissl den Eindruck erlangen können, da brennt jemand für die Kinderrechte in dieser Bundes­regie­rung. Wenn bei einem Volksbegehren bei der ersten Lesung die Ministerin nicht da ist, so finde ich das einfach bedauerlich und auch ein symbolisches Zeichen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das auch deshalb, weil ich immer wieder damit konfrontiert war, gerade auch mit Vorwürfen aus Ihrer Partei, wenn im Wiener Gemeinderat und Landtag, in dem ich lange vertreten war, ein Stadtrat zu einem Thema nicht da war. Ich denke, es wäre durchaus sinnvoll, wenn man dieses Brennen für die Kinderrechte auch mit einer persönlichen Anwesenheit untermauert, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Baumgartner: Nicht bei der ersten Lesung!) – Keine Sorge, ist nicht die erste.

Ich möchte ganz am Anfang den Initiatoren danken. Es war eine Initiative, die völlig ohne entsprechende Vernetzung zustande gekommen ist und trotzdem ein erfolgreiches Volksbegehren war. Das zeigt, wie vielen Menschen eigentlich dieses Thema Kinderrechte unter den Fingernägeln brennt. Daher ist es natürlich auch legitim, einmal zu sagen: Ja, hoffen wir, dass im Ausschuss tatsächlich eine intensive Diskussion stattfindet. Ich habe die Ankündigung gehört, ich nehme sie gerne auch positiv auf. Wir werden sehen, ob das so stattfindet. Aber ich muss sagen, wenn man es überprüft mit dem, was in der vergangenen Zeit passiert ist – und ich will mich nur auf ein paar Punkte beschränken –, dann muss man sagen, eigentlich geht schon sehr lange nichts weiter.

Es hat zu diesem Thema in diesem Hause einen gemeinsamen Antrag betreffend Obsorge ab dem ersten Tag gegeben. Der liegt schon einige Zeit zurück, von meiner Kollegin Kucharowits eingebracht. Eine Initiative dazu ist nicht zu sehen gewesen. Es ist eine Initiative, zu der sich immerhin vier Parteien in diesem Haus gemeinsam bekannt haben, und ich frage mich, wo zumindest einmal der


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wesentliche Schritt ist, der ja auch dazugehört. Mir ist bewusst, dass das in Abgleich mit den Ländern zu passieren hat, also dass der Nationalrat hier nur vielleicht die eine oder andere Maßnahme setzen kann, aber innerhalb von zwei Jahren müsste es zumindest einmal eine intensive Gesprächsrunde auf Länder­ebene unter Einbindung der Parteien in diesem Haus geben. Das wäre ein Zeichen für wirkliches Engagement, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wo ist die Umsetzung der vielen Empfehlungen der Kindeswohlkommission? Wo ist das Kindeswohl mittlerweile in die materielle Gesetzgebung schon einge­flossen? Das ist nicht der Fall. Wenn man sich die Homepage über den Bericht der Kindeswohlkommission anschaut, dann sieht man elf Empfehlungen. Und wenn ich es richtig im Kopf habe, befinden sich zwei davon in Umsetzung; eine davon ist ein Organigramm. Okay, auch wichtig, verstehe ich, aber auch da ist einiges zu sehen.

Wie schaut es mit dem 11. und 12. Schuljahr und dem Recht auf Bildung aus? Wie können wir das gemeinsam implementieren? Ich erwarte nicht immer automatisch, dass alles umgesetzt wird. Aber: Wo sind die Initiativen der Minis­terin? Wo sind die Initiativen dieses Hauses, der Regierungsfraktionen, um hier tatsächlich einen Schritt weiterzukommen? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der NEOS.) – Damit dem Rechnung getragen wird, was dieses Volksbegehren einfach vorhat: Kinderrechte zum Thema machen.

Gehen wir es gemeinsam an! Ich nehme die Einladung an, dass wir das intensiv diskutieren werden. Wir werden dann sehen, wie der Bericht ausschaut. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.29.37

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Ja, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich zunächst auch bei den Initiatoren dieses Volksbegehrens dafür bedanken, dass sie Kinderrechte in den Fokus stellen.

Ich denke, das Wohl der Kinder und auch der Familien sollte immer eine Toppriorität in der Politik einnehmen. Dass dieses Thema jetzt so topaktuell ist, ist ja einem traurigen Anlass geschuldet, aber ich finde, man muss auch aus diesem Grund die letzten Jahre aus der Sicht der Kinder aufarbeiten. Die Bundesregierung, ÖVP und Grüne müssen einsehen, dass die verfassungsrecht­lichen Kinderrechte, die es ja schon gibt, aber auch viele Forderungen, die im Volksbegehren stehen, in den letzten drei Jahren überhaupt nicht erfüllt wurden und die Rechte der Kinder vollkommen unter die Räder gekommen sind.

Kinder wurden verbal schwerst beleidigt, sie wurden in der Coronazeit unver­hohlen als Virenschleudern bezeichnet, die ihre Großeltern anstecken und sie letztlich umbringen könnten, sie wurden monatelang von ihrem Recht auf Bildung, auf sozialen Umgang mit anderen Kindern und auch auf Bewegung und auf Sportausübung ferngehalten. Sie wurden zu Untätigkeit verurteilt, was natürlich gerade Kinder aus ärmeren sozialen Schichten und in beengten Wohn­verhältnissen unverhältnismäßig getroffen hat. Leider wurden sie dadurch auch wirklich in die Onlinewelt und zu noch mehr Konsum am Computer und am Handy verurteilt.

Wenn Gesundheitsminister Rauch von den Grünen hier sagt: Ja, wir haben viele Kinder verloren und das ist nicht mehr gutzumachen!, dann muss ich sagen, ja, seine Partei hat diese fehlgeleitete Politik zu einem Großteil zu verant­worten. Dem müsste man sich auch wirklich stellen. Und wenn Herr Kollege Saxinger von der ÖVP von einer fehlenden Fehlerkultur spricht, ja, dann könnte man einmal die Fehler, die begangen wurden, wirklich eingestehen und versichern, dass so etwas nicht mehr vorkommen darf.


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Und natürlich auch zum aktuellen Fall Teichtmeister: Wir alle – das nehme ich allen hier ab – wollen das Problem von sexuellen Übergriffen auf Kinder eindämmen, ob das jetzt online ist oder im direkten körperlichen Übergriff. Ich denke, muss man aber auch da gut aufpassen, dass man von pauschalen Verdächtigungen auch von Eltern, von Lehrern, von Kindergärtner:innen abgeht und stattdessen Beschwerden und Auffälligkeiten wirklich ernst nimmt und diesen nachgeht und die Aufsichtspflicht professionell wahrnimmt und nichts vertuscht. Darum geht es und nicht um Papierberge und darum, Compliance­vorschriften, die ohnehin nicht gelebt werden können, zu erfinden und viel Steuergeld an Vereine zu verteilen. Es geht darum, dass man hinsieht und sich darum kümmert und auch straft, wo es möglich ist, und dass vor allen Dingen auch die Ressourcen bereitgestellt werden, um dieses Onlinematerial möglichst zu vernichten. Dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen.

Und wie gesagt noch einmal Danke für dieses Volksbegehren und für das Denken an die Kinder und Familien. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.33.04

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Es ist sehr erfreulich, dass das Volksbegehren von so vielen Menschen unterschrieben wurde. – Danke dafür. Eines ist klar: Es ist im Bereich Kinderrechte schon einiges passiert, aber wir haben da noch deutlich Luft nach oben.

Für uns sind die Punkte im Volksbegehren absolut unterstützenswert, sie decken sich auch mit unseren langjährigen Forderungen. Ich bin froh, dass wir bei einigen Punkten schon gut weitergekommen sind, bei einigen sind wir noch in Verhandlungen, aber bis wir wirklich alle Punkte lückenlos werden umsetzen können, liegt noch ein weiter Weg vor uns – so ehrlich muss man sein.


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Was konnten wir umsetzen? – Die Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes. Die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen ist ein sozialpolitischer Meilenstein und sorgt nicht nur für die nachhaltige Erhöhung des Kinderbetreu­ungsgeldes, sondern auch der gesamten Familien- und Sozialleistungen, die jährlich automatisch erhöht werden. Das heißt also: Wenn die Preise steigen, dann steigen automatisch auch die Familien- und Sozialleistungen. Diese Maßnahme wurde viele, viele Jahre gefordert, wir haben sie umgesetzt, und sie ist mit 1. Jänner in Kraft getreten. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema Kinderrechte, Gewaltschutz: Gestern haben wir in der Aktuellen Stunde über das größte Gewaltschutzpaket der letzten Jahrzehnte gesprochen. Dieses schützt unsere Kinder, und zwar vor jeder Form von Gewalt, es schützt, bevor überhaupt etwas passiert, denn jedes Kind hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben.

Zum Thema Unterhaltssicherung: Ja, wir wissen, dass ungefähr 36 Prozent aller Kinder von Alleinerziehenden armutsgefährdet sind, weil sie keine Unterhalts- und Ersatzleistungen bekommen. Finanziell schlechtergestellt zu sein heißt nicht, einfach nur weniger Geld zu haben, es bedeutet oft auch soziale Ausgrenzung. Nicht dazuzugehören ist nicht nur ein unschönes Gefühl, sondern es wirkt sich gravierend auf die Gesundheit unserer Kinder aus. Wir arbeiten daran, weil klar ist – Artikel 27 –: Jedes Kind hat das Recht auf einen angemessenen Lebens­standard.

Zum Punkt Lieferkettengesetz: Ja, wenn wir Kinderarbeit effektiv bekämpfen wollen, brauchen wir ein europäisches Lieferkettengesetz. Wir dürfen nicht vergessen, die körperliche und psychische Gesundheit der Kinder wird für Profit für wenige mit Füßen getreten, und mit freiwilligen Vereinbarungen kommen wir da nicht weiter. Was wir brauchen, ist ein EU-rechtlicher verbindlicher Beschluss, durch den Konzerne tatsächlich in die Pflicht genommen werden können. (Beifall bei den Grünen.)


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Zum Punkt tägliche Turnstunde: Wir konnten bereits mit dem Pilotprojekt tägliche Bewegungseinheit starten, weil Bewegung ein Grundbedürfnis ist, weil Bewegung für eine ganzheitliche, gesunde Entwicklung unerlässlich ist.

Sie sehen also, wir konnten schon einige Punkte umsetzen, bei einigen sind wir in Verhandlungen. Es ist klar, dass es leider nicht selbstverständlich ist, aber unser gemeinsames Ziel muss sein, dass ein Kind Kind sein darf, ohne Sorgen, ohne Ängste, denn jedes Kind hat ein Recht auf eine Kindheit – dafür müssen wir alles tun. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.36.59

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher! Die Rede der Kollegin Rausch lässt einen schon etwas sprachlos zurück. (Abg. Zarits: Du redest ja gerade!) Sie sagen einerseits, dass Sie das Kinderrechte-Volks­begehren begrüßen, und zählen dann andererseits auf, was Sie nicht alles getan hätten. Da frage ich mich schon, ob Sie das Volksbegehren überhaupt gelesen haben. Ich sage Ihnen: Dieses Volksbegehren ist notwendig aufgrund Ihrer Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­neten der SPÖ.) Deswegen ist es, glaube ich, nicht angebracht, sich in diesem Zusammenhang groß für etwas zu loben, was man scheinbar getan hat.

Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern sagt: „Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit.“ – So lautet Artikel 1 des Bundesverfassungs­gesetzes über die Rechte von Kindern.


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Das hört sich sehr abstrakt an, da kann man sich viel und wenig darunter vorstellen. Deswegen muss dieses Bundesverfassungsgesetz mit Leben erfüllt werden, mit anderen Gesetzen, mit einem entsprechenden Handeln in der Verwaltung. Das ist etwas, wo die Regierung, die Regierungen der letzten Jahre, aber insbesondere diese Regierung extrem auslassen.

Ich möchte vielleicht nur aufzählen, was wir alles an Anträgen eingebracht haben, um eben dieses Bundesverfassungsgesetz mit Leben zu erfüllen: Ein Antrag des Kollegen Bernhard beispielsweise – ein gesundes Mittagessen für alle Kinder – wurde vertagt.

Ein Antrag von uns, den Schwimmunterricht für Kinder auszubauen – in Österreich können 160 000 Kinder zwischen fünf und 19 Jahren nicht schwim­men –: Dieser Antrag wurde vertagt.

Ein Antrag, der darauf abzielt, das Pensionssystem grundlegend zu reformieren und damit auch im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes die Zukunftschancen der Kinder und der nächsten Generationen zu wahren: Dieser Antrag wurde vertagt.

Die Einrichtung der Möglichkeit einer Individualbeschwerde bei Verletzungen der Kinderrechtskonvention: Der Antrag wurde von Ihnen vertagt.

Die Aufnahme von notleidenden Kindern aus Moria – 100 Kinder aus Moria aufzunehmen, Sie können sich erinnern –: Dieser Antrag wurde von Ihnen vertagt.

Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag: Dieser Antrag wurde von Ihnen vertagt.

Ein Monitoringausschuss zu den Kinderrechten: Auch das wurde von Ihnen vertagt.

Das waren jetzt nur unsere Anträge, auch die SPÖ und andere Fraktionen haben Anträge eingebracht, das heißt, es war nur ein kleiner Ausschnitt. Aber darüber


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hinaus: Wo bleibt denn die staatliche Unterhaltsgarantie? Wo bleibt denn der fehlende Nationale Aktionsplan Ernährung? – Sogar der Rechnungshof mahnt das ein. Und wann hören die Regierung und ihre Verwaltung auf, Kinderrechte in der Ausübung der Verwaltung regelrecht zu missachten? – Ich sage nur das Stichwort Abschiebung von Kindern mitten in der Nacht.

Ich würde mir wünschen, insbesondere wenn ich Kollegin Rausch zuhöre: weniger Worte, mehr Handeln! – Und natürlich: Von unserer Seite gibt es Unter­stützung für dieses Volksbegehren. (Beifall bei den NEOS.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.40.13

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Ich darf im Namen unserer Abgeordneten Karin Greiner eine Gruppe aus Graz-Umgebung sehr herzlich bei uns im Haus begrüßen. Schön, dass ihr da seid! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Shetty.)

Für unsere Fraktion – das hat Kollege Oxonitsch schon ausgeführt – sind die For­derungspunkte dieses Volksbegehrens unterstützenswert. Ich möchte das anhand von zwei Beispielen noch einmal kurz erläutern: die Unterstützung von Kindern und Alleinerzieher:innen; die Unterhaltsgarantie ist schon ange­sprochen worden. Rufen wir uns dazu die Bilder von 2017 noch einmal in den Kopf: TV-Diskussion zur Frage der Unterhaltsgarantie. Alle Kandidatinnen und Kandidaten, alle Parteien haben das Taferl mit Ja gezückt: ja zur Unterhalts­garantie. Seit Herbst 2017 werden alle Initiativen zu dieser Unterhaltsgarantie vertagt, abgelehnt, vertagt und abgelehnt, und das, obwohl sich auch die ÖVP und die FPÖ und jetzt auch die Grünen, wurscht in welcher Regierungskoalition, bei dieser TV-Diskussion zur Unterhaltsgarantie bekannt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)


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170 000 Alleinerzieher:innen sind für eine Viertelmillion Kinder unterhalts­pflichtig. Gerade in dieser Gruppe sind 46 Prozent laut EU-Silc von Armut betroffen und durch Armut ausgegrenzt. Das ist eine wirklich erschreckende Zahl, und die Unterhaltsgarantie würde genau da ansetzen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Wir wissen, dass kleine Adaptierungen beim Unterhaltsvorschuss nicht ausreichen. Gerade wenn der Unterhaltsschuldner nicht bekannt ist, über die Höhe des Unterhalts gestritten wird, gerade dann braucht es eben diese Garantie, damit diese Alleinerzieher:innen und diese Kinder nicht weiter in die Armut abrutschen oder in der Armut verharren müssen. Gerade deshalb wäre die Unterhaltsgarantie so wesentlich, um den Kinderrechten zu entsprechen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Das wird seit mittlerweile fast sechs Jahren von den Regierungsparteien, die seit Herbst 2017 in Verantwortung sind, einfach negiert, vertagt und abgelehnt.

Ein zweites Beispiel wäre der Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit. Dazu gibt es auch schon konkrete Vorschläge hier im Haus. Schokolade, Teppiche und der Abbau von Rohlingen für Grabsteine, all das sind Produkte, bei denen nachweislich ausbeuterische Kinderarbeit vorkommt. Wir haben Vorschläge von Kollegin Bayr und Kollegin Herr im Haus, wonach wir national sofort ein Lieferkettengesetz einführen könnten. Aber auch diese Anträge sind bisher immer vertagt und auf die lange Bank geschoben worden. Der Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit wird auf die lange Bank geschoben. Das ist wirklich dramatisch und traurig. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade in diesem Bereich ist es so zentral, die Entscheidung nicht den Konsu­mentinnen und Konsumenten aufzubürden, sondern gesetzliche Rahmen­bedingungen zu schaffen, damit Wirtschaft und Industrie reagieren müssen, und der ausbeuterischen Kinderarbeit tatsächlich den Kampf anzusagen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43 14.43.35



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 221

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise das Volksbegehren, 1796 der Beilagen, dem Ausschuss für Familie und Jugend zu.

14.43.4712. Punkt

Erste Lesung: Volksbegehren „RECHT AUF WOHNEN“ (1797 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.44.02

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sie haben es schon angesprochen: Wir behandeln jetzt das Volksbegehren Recht auf Wohnen. Ich darf kurz den Inhalt zitieren, nämlich:

„Der Nationalrat wolle ein Bundesverfassungsgesetz beschließen, welches beinhalten soll:

Die Republik hat grundsätzlich alle Staatsbürger bzw. Staatsbürgerinnen ab einem bestimmten Alter auf Antrag beim Erwerb oder der Erhaltung von Wohneigentum in Österreich z.B. durch zinslose Darlehen bedarfsorientiert zu unterstützen.

Die Republik hat jedem Menschen in Österreich auf Antrag eine kostenfreie Unterkunft zur Verfügung zu stellen, wenn und solange dieser sich keine Unterkunft leisten kann.“ – Dieses Volksbegehren wurde von insgesamt 134 664 Menschen unterstützt.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne Zweifel ist Wohnen substanziell für die Menschen in unserem Land, für uns alle. Daher ein Danke den Initiatoren für diese Initiative.

Überlegt man sich die Intention dieses Volksbegehrens, ergeben sich doch einige Fragezeichen. Eine wesentliche Forderung ist die Unterstützung beim Erwerb und der Erhaltung von Wohneigentum. Wenn ich die Forderung richtig verstehe, soll daraus ein einklagbares Grundrecht werden. Ich stehe für das Wohneigen­tum – damit kein Missverständnis entsteht –, aber die Umsetzung eines solchen Grundrechts übersteigt meine Vorstellungskraft. Wenn man Wohneigentum erwerben und erhalten möchte, gibt es dafür eine Reihe von staatlichen Unterstüt­zungsmaßnahmen: vom Bundessanierungsscheck im Bereich der Erhaltung bis hin zur Wohnbauförderung mit der Möglichkeit eines Eigenmittelersatzdarlehens der Länder.

Bei der zweiten Forderung geht es um eine kostenfreie Unterkunft für jene Menschen, die sich keine Unterkunft leisten können. Begründet wird dies damit, dass es in Österreich noch immer Obdachlose gibt. Dazu darf ich mit den Bemühen der Bundesländer argumentieren. So wurde und wird zum Beispiel in Oberösterreich die Delogierungsprävention weiter ausgebaut. Es wurde ein Kautionsfonds geschaffen, aus dem Menschen, die Hilfe brauchen, noch effi­zienter und mit weniger bürokratischem Aufwand bei Mietrückständen, Kautionen und Baukostenbeiträgen unterstützt werden.

Insgesamt darf ich noch einmal auf die Maßnahmen des Bundes zur Abfederung der Wohnkosten hinweisen: Wohnschirm, Stromkostenbremse, Teuerungs­absetzbetrag, Aufstockung der Mittel zur Wohnungs- und Energiesicherung, Senkung der Erdgas- und Elektrizitätsabgabe, Abschaffung der kalten Pro­gression, um nur einige zu nennen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Volksbegehren wird nach der heutigen Debatte dem Ausschuss für Bauten und Wohnen zugewiesen und dort


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ausführlich diskutiert. Dazu sind auch die Proponenten des Volksbegehrens eingeladen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.47.50

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein inhaltlich eher schlankes Volksbegehren mit zwei Forderungen. Eine Forderung klingt doch sehr weitreichend: Die Republik möge jedem Menschen unentgeltlich eine Wohnung zur Verfügung stellen, solange man sich keine eigene Unterkunft leisten kann. Aus Sicht der SPÖ ist es so, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Österreich und vor allem auch Wien bieten mit dem Modell der Wohnbauförderung, das ja ein Bundesrecht ist, nicht nur Quantität, sondern auch sehr viel Qualität beim Wohnen. Das Instrument des gemeinnützigen Wohnbaus bringt höchste Qualität und Modernität für Wohnen für Normalverdiener.

Mit dem Instrument der Wohnbeihilfe haben die Bundesländer die Möglichkeit, Familien und Haushalten mit niedrigem Einkommen direkt Geld zukommen zu lassen.

In Bezug auf die Bekämpfung der Obdachlosigkeit gibt es in den Ballungszentren Angebote für gemeinschaftliches Leben. In Wien ist es zum Beispiel die Gruft.

Insofern ist die Forderung des Volksbegehrens auf Bereitstellung einer Unter­kunft berücksichtigt, zumindest dann, wenn man die Länderseite betrachtet und sofern nicht individuelles Wohnen gemeint ist.

Der Übergang vom gemeinschaftlichen zum individuellen Wohnen erfolgt in Wien in Form von betreuten Wohngemeinschaften. Träger wie die Caritas oder die Volkshilfe sorgen dafür, dass die Menschen später auch wieder selbstständig


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in eigenen Wohnungen zurechtkommen. Dieser Ansatz hat sich an sich sehr bewährt.

Die zweite Forderung verlangt ein zinsloses Darlehen zum Erwerb von Woh­nungseigentum. Ich denke, das muss man doch sehr differenziert beurteilen, denn diese Art von Massensubvention von Krediten bedeutet einerseits Verschul­dung bei Privatbanken und ist weder für jeden Lebensentwurf noch für jede Lebenssituation das Richtige. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens würde es die Immobilienpreise und die Spekulation wieder in exorbi­tante Höhen treiben. Wenn man die Forderung aber weiter fasst, nämlich dass sicheres, langfristiges Wohnen garantiert werden soll, so ist der gemeinnüt­zige Wohnbau eigentlich bereits in Form von Genossenschaftswohnungen verwirklicht, und später kann man viele davon auch im Eigentum erwerben.

Genossenschaftswohnungen haben gegenüber dem Privateigentum den Vorteil, dass die Mieten begrenzt sind, und ältere Wohnungen mit abbezahlten Krediten kommen besonders günstig auf den Markt.

Je nachdem, wie eng oder wie breit man die Forderungen interpretiert, kommt man zu unterschiedlichen Beurteilungen. Als SPÖ stehen wir auf jeden Fall voll und ganz hinter dem Geist des Volksbegehrens, denn Wohnen ist ein Menschen­recht und eine staatliche Aufgabe. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.51.32

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Ich danke auch den Initiatoren dieses Volks­begeh­rens. Für uns Freiheitliche ist das Volksbegehren als Instrument der direkten Demokratie sehr wichtig und wir unterstützen das.


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Zum Volksbegehren Recht auf Wohnen haben meine zwei Vorredner eigentlich schon alles gesagt. Dem kann ich mich anschließen. Es gibt schon sehr viele Möglichkeiten. Es gibt auch schon Förderungen, die zwar nicht ganz zinslos sind, aber, wie Frau Kollegin Becher richtig ausgeführt hat, und das ist auch unsere Meinung, das könnte zu einer enormen Spekulationsblase führen.

Wir haben im sozialen gemeinnützigen Wohnbau in unserer Regierungs­betei­ligung bereits einen sogenannten Österreicherbonus umgesetzt, sodass für Österreicher und Gleichgestellte, also EU-Bürger, immer eine Wohnversorgung vorhanden ist.

Uns ist es besonders wichtig, dass die Menschen in unserem Heimatland gut, schön und leistbar wohnen können. Daher stehen wir auch für einen leistbaren Wohnraum und für die Absicherung des gemeinnützigen Wohnbaus, was wir auch in unserem Regierungsprogramm durchgeführt haben.

Für uns ist ganz klar, dass sich jeder Mensch in Österreich, wenn er das möchte, wenn es zu seinem Lebensentwurf passt, eine Wohnung anschaffen kann. Dazu hat es ja einen Vorschlag des ÖVP-Finanzministers gegeben, nämlich die Grunderwerbsteuer bis zu einem Kaufpreis von 500 000 Euro zum Beispiel für Ersterwerber einer Wohnung auszusetzen. Das halten wir für eine ausge­zeichnete Idee, weil man damit sehr schnell Kosten herunterbringt. Daher wären wir hier gerne dabei. Ich hoffe, dass dieser Vorschlag auch bald im Bautenaus­schuss oder im Finanzausschuss zur Beschlussfassung vorliegt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Nina Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.53.41

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist ohne Zweifel die Aufgabe


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der Politik, leistbares Wohnen für alle, für jeden und jede sicherzustellen. Gerade in Zeiten der Teuerung sind die Wohnkosten eine Riesenlast für die Menschen, die sie ganz oft nicht mehr tragen können. Deshalb kämpfen wir Grüne auch für eine Entlastung für die Mieterinnen und Mieter im Speziellen – zuletzt ist uns die Entlastung mit der Abschaffung der unfairen Maklergebühren gelungen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Wichtigkeit und die Brisanz dieses Themas kann man auch daran messen, dass wir gerade in den letzten Wochen sehr, sehr intensiv über viele wohn­politische Themen diskutiert haben. Und da, finde ich, ist dieser zivilgesellschaft­liche Rückenwind dieses Volksbegehrens nur recht, sodass wir da auch weiterhin mit vollem Tatendrang an guten Lösungen arbeiten können. Ich möchte mich auch recht herzlich bei den Proponentinnen und Proponenten für ihr Engagement bedanken.

Wir werden jedenfalls sehr, sehr genau hinschauen und prüfen, ob ein verfas­sungs­mäßiges Wohnrecht tatsächlich in die Systematik der derzeitigen Verfassung passt.

Einzelne Vorschläge, auch aus der Beschlussformel, sind eigentlich schon erfüllt. Zum Beispiel, dass man als Staatsbürger oder Staatsbürgerin ab einem bestimmten Alter auf Antrag beim Erwerb eines Wohneigentums ein zinsloses Darlehen bekommt, und zwar bedarfsorientiert, das gibt es im Grunde genommen schon. Das nennt sich Wohnbauförderung. Die ist oft nicht zinslos, aber sehr, sehr zinsbegünstigt. Ich finde, das ist ein bewährtes System, um das uns halb Europa beneidet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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14.55.55

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Wir sind uns einig: Wohnen ist ein ganz zentrales Bedürfnis für das Funktionieren unserer Gesellschaft, für die Wahrung der Menschenwürde des Einzelnen. So gesehen ist es sehr zu begrüßen, dass sich die Proponenten dieses Volksbegehrens gefunden haben, um dieses Thema einmal mehr auf die politische Tagesordnung zu setzen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben gestern bereits über dieses Thema hier im Haus diskutiert, als es um diesen Fristsetzungsantrag der Kollegin Becher gegangen ist, und da wurde schon viel Richtiges und Wichtiges gesagt.

Was vielleicht dieses Volksbegehren doch verkennt, ist, dass es nicht die Aufgabe des Staates sein kann – und zwar allein deshalb nicht, weil er das von den Kapazitäten her nicht schaffen würde –, Wohnraum in der Form, wie es da gefordert wird, kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis, Wohnen darf etwas kosten. Aus diesem Grund zahlen ja auch alle Dienstnehmer und alle Dienstgeber österreichweit in den Topf der Wohnbauförderung ein – Dienstgeber 0,5 Prozent und Dienstnehmer ebenfalls 0,5 Prozent.

Da ist natürlich in der Vergangenheit einmal ein großer Fehler passiert, nämlich dass die Zweckbindung dieser Wohnbauförderungsgelder aufgehoben worden ist. In einigen Bundesländern – die Wohnbauförderung ist ja verländert worden – ist sie zwar wieder eingeführt worden, aber wenn man das Gesamtauf­kommen der Wohnbauförderung hernimmt, dann zeigt sich, dass hier die Politik doch einen ganz erheblichen Hebel in der Hand hätte, um leistbaren Wohnraum für alle zu schaffen und die Lasten gerecht zu verteilen. Anstatt dass nur die privaten Vermieter hier in die Pflicht genommen werden, wäre es möglich, dass die Politik ihre Aufgabe erfüllt, um leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)


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14.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hartberger, pardon, Neumann-Hartberger. – Bitte sehr.


14.58.20

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Irgendwann werden Sie sich auch meinen Namen merken. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Lindner.)

Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! 134 664 Menschen unterstützten das Volksbegehren Recht auf Wohnen. Die Proponent:innen fordern, dass die Republik jedem Menschen in Österreich auf Antrag eine kostenfreie Unterkunft zur Verfügung zu stellen hat, wenn und solange sich dieser keine Unterkunft leisten kann.

Es gibt viele Menschen, die aufgrund unterschiedlichster Situationen mit Wohnungslosigkeit konfrontiert sind – sei es aufgrund einer bevorstehenden Delogierung, weil die Mieten zu hoch sind, weil das Einkommen zu gering ist und nicht mehr im richtigen Verhältnis zu den hohen, zu den gestiegenen Lebens- und Wohnkosten steht, oder sei es aufgrund von unzumutbaren Wohnsituatio­nen wie feuchten, nicht oder schlecht beheizbaren Wohnungen oder Über­belegung, um hier nur einige Beispiele zu nennen.

Wohnungslosigkeit treibt viele schon Betroffene und möglicherweise künftig Betroffene in psychische und physische Erkrankungen oder schlimmstenfalls sogar in die Kriminalität. Ich bin erschüttert darüber, dass in unserem modernen Sozialstaat Bürgerinnen und Bürger auf der Straße, in Parks oder sogar unter der Brücke wohnen.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es in allen Bundesländern bereits viele Einrichtungen gibt, die sich dieser Probleme annehmen und somit auch schon viele Menschen Unterstützung erhalten. In Niederösterreich ist das


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zum Beispiel die niederösterreichische Erstberatung für Menschen in Woh­nungsnot durch den Verein Wohnen. Hier wird Hilfe in Form von Erstberatung angeboten; es wird Menschen eine Orientierung am Wohnungsmarkt gegeben, wenn sie sich in sozialen beziehungsweise finanziell bedingten Notlagen befinden.

Auch Unterstützung bei der Wohnungssicherung, Übergangswohnungen, Bereitstellung von leistbarem Wohnen, teilbetreutes und betreutes Wohnen werden da angeboten und in Kooperationen bereits umgesetzt. Das Angebot in Niederösterreich ist umfassend. Ich denke, dass das auch in anderen Bundesländern so ist. Dass diese Einrichtungen auch dringend notwendig sind, zeigt allein, dass im letzten Jahr ein 30-prozentiger Anstieg bei der telefonischen Erstberatung der Wohnassistenz erfolgt ist. Den zuständigen Stellen ist es ein großes Anliegen, Menschen in Not rasch zu helfen, ihre Lebenssituationen zu stabilisieren und ihnen die Wohnungserhaltungsfähigkeit wieder zu ermöglichen. Jeder, der durch persönliche Umstände in eine Notsituation gerät, kann bereits an unterschiedlichsten Stellen Beratung, Orientierung und konkrete Hilfe erhalten. Ich möchte auch unterstreichen, dass jeder Mensch, der in Österreich seinen Beitrag leistet, unterstützt und gefördert werden soll.

Mögliche weitere, konkretere Maßnahmen im Rahmen dieses Volksbegehrens Recht auf Wohnen werden in der Folge in den zuständigen Gremien gründlichst zu diskutieren sein, und da kann möglicherweise eine Verbesserung erreicht werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön, Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Ich übe schon.

Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Abgeordneter Köllner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.



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15.02.04

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorrednerin hat es bereits gesagt: Rund 135 000 Personen haben das Volksbegehren unterzeichnet, das das Recht auf Wohnen verfassungsrechtlich sichern soll.

Worum geht es im Kern dieses Volksbegehrens? Warum war das aus der Sicht der Initiatoren und auch der Unterzeichnenden überhaupt notwendig? Zum einen sind in der aktuellen Situation die Preiserhöhungen ein brennendes Thema. Zum anderen kommen die Proponenten dieses Volksbegehrens vor allem aus dem Westen Österreichs, aus Tirol und Vorarlberg. Wie sieht die Situation dort aus? Dort steigen seit vielen Jahren die Wohnpreise nicht nur auf ein dramatisch hohes Niveau, auffallend ist natürlich auch, dass diese Bundesländer seit Jahr­zehnten von der ÖVP regiert und geführt sind. Das hören die Abgeordneten­kol­legen von der ÖVP sicher nicht gerne, aber das ist die Wahrheit. Es ist kein Zufall, dass in sozialdemokratisch geführten Bundesländern wie dem Burgenland oder der Weltstadt Wien die Mieten deutlich unter diesem Niveau liegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dort wird eben geschaut, dass es sozialen Wohnbau gibt – Stichwort Gemeinde­wohnungen. Warum gibt es das nicht auch in anderen Städten, die vielleicht von der ÖVP geführt sind? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist der Grund dafür, warum Sie hier jedes Mal, wenn es ums Thema Wohnen geht, reinschreien und immer verschnupft sind, aber es ist die Wahrheit. Der Markt regelt eben nicht alles, sonst wäre auch das vorliegende Volksbegehren nicht notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Margreiter hat das richtig gesagt: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis“. Mit Wohnen wurde bereits genug Geld gescheffelt, aber mit Grundbedürfnissen, glaube ich, sollte man nicht spekulieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon im Vorjahr sind die Richtwertmieten um 6 Prozent erhöht worden. Im April dieses Jahres sollen sie noch einmal um weitere 8,6 Prozent steigen. Die


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Kategoriemieten bei alten Verträgen von Altbauwohnungen sind seit dem letzten Jahr zusammengerechnet um 20 Prozent gestiegen.

Sie stellten sich vonseiten der Regierungsparteien letzte Woche im Bauten­ausschuss her und sagten, Sie haben in dieser Krise bereits genug für die Menschen in unserem Land getan. Ich würde Ihnen vorschlagen: Fragen Sie einmal die Bevölkerung, ob sie das genauso sieht! Sie stehen nicht auf der Seite der hart arbeitenden Menschen, die Angst vor den nächsten Vorschreibungen haben. Sie stehen unverändert auf der Seite der ÖVP-Spender und der Superreichen, sonst hätten Sie da schon längst eingegriffen und etwas gegen die 11 Prozent hohe Inflation unternommen. Sorgen Sie dafür, dass Wohnen für alle leistbar ist! Sorgen Sie dafür, dass die Mietpreisspirale endlich unterbrochen wird und die Mieten eingefroren werden!

Was wir nun brauchen, ist ganz klar: Wir brauchen eine Entkopplung der Mieter­höhungen von der Inflation (Zwischenruf des Abg. Hintner) und vom Verbraucher­preisindex und eine Deckelung bei maximal 2 Prozent wie beispielsweise in Spanien. Dort hat es, no na, eine sozialdemokratische Regierung geschafft, die Inflation zu drücken. Lenken Sie endlich ein, bevor es zu spät ist! (Beifall bei der SPÖ.)

15.05 15.05.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf das Volksbegehren, 1797 der Beilagen, dem Ausschuss für Bauten und Wohnen zuweisen.

15.05.4613. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3087/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das


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Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimm­ten Rechtsbereichen (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG) erlassen wird und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korrup­tionsbekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertrags­bediens­tetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden (1921 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 13. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete, Sie gelangen zu Wort.


15.06.28

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Schade, dass der zuständige Bundesminister bei dieser Debatte nicht anwesend sein kann. Worum geht es dabei? Es heißt in Österreich nun offiziell HinweisgeberInnenschutzgesetz, es ist aber nichts anderes als die Whistleblowerrichtlinie der EU. Diese wäre schon bis Novem­ber 2021 in innerstaatliches Recht umzusetzen gewesen, sie kommt nun mit mehr als einem Jahr Verspätung auch zu uns hier ins Parlament.

Whistleblower, wissen wir, haben vor allem im Zusammenhang mit großen Skandalen Bedeutung erlangt. Denken wir an die Panamapapers! Vor allem vor dem Hintergrund der Ereignisse in den letzten Jahren ist es wichtig, eine sichere Möglichkeit zu schaffen, um Hinweise auf Rechtsverletzungen weiter­zugeben.

Worum geht es bei diesem Gesetz? – Zukünftig sollen sogenannte Meldestellen für die Hinweisgebung in Unternehmen, aber auch im öffentlichen Bereich


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eingerichtet werden. Whistleblowing oder Hinweisgebung bedeutet, dass Menschen mit Insiderwissen Rechtsverletzungen mit beträchtlichem Schaden für die Allgemeinheit aufdecken. Whistleblower sind Personen, die aus ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Betrug, Korruption, Gesundheits- und Umweltgefährdungen haben und diese Informationen weitergeben wollen, um diese Missstände zu bereinigen.

Mit dem vorliegenden Gesetz wäre eigentlich die Intention da, genau diese Hinweisgeber:innen zu schützen. Bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie wurde aber der Gestaltungsspielraum aus unserer Sicht zuungunsten dieser Hinweis­geber:innen, der Whistleblower, und zugunsten der Unternehmen ausgeschöpft. Eine interne Meldestelle muss zum Beispiel erst ab 50 Arbeitnehmer:innen im Betrieb eingerichtet werden. Das bedeutet in der Praxis, dass Arbeitnehmer:in­nen von 98 Prozent der Betriebe in Österreich sich an eine Meldestelle außer­halb des Unternehmens wenden müssen – und damit beginnt ein wahrer Spieß­ruten­lauf für diese Hinweisgeber:innen.

Das Gesetz ist nämlich so kompliziert und wirr gestaltet, dass man selbst als Juristin ganz genau lesen muss, um verstehen zu können, wann man denn über­haupt geschützt ist und wo und wie man die vorliegenden Informationen melden kann. Im Sinne einer Rechtssicherheit müssen wir Gesetze aber schon so ausgestalten, dass alle Menschen in unserem Land die Möglichkeit haben, sie zu verstehen und damit auch zu befolgen.

Ins Auge fällt auch, dass insbesondere Tatbestände, die den Beschäftigten auffallen, nämlich systematische Arbeitszeitverletzungen, Lohndumping oder gefährliche Arbeitsbedingungen, im Schutzbereich des Gesetzes fehlen, ebenso wie sexuelle Belästigung oder Mobbing. Auch die Straftatbestände außerhalb des Korruptionsstrafrechts wie zum Beispiel Untreue sind von diesem Gesetz nicht erfasst. Damit ergibt sich für diese Hinweisgeber:innen eine wesentliche Differenzierung. Melden sie einen Sachverhalt, der in den sachlichen Geltungs­bereich dieses Gesetzes fällt, sind sie geschützt. Melden sie aber einen Sach­verhalt, der ausgenommen ist, besteht kein Schutz.


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Aus unserer Sicht ist diese Differenzierung sachlich nicht gerechtfertigt und widerspricht auch dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unserer Bundesverfassung.

Auch sind von diesem Hinweisgeber:innenschutz nur Meldungen umfasst, die das EU-Recht betreffen, und keine reinen innerstaatlichen Sachverhalte. Auch das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz.

Weiters sieht die Richtlinie klar und ausdrücklich eine Beweislastumkehr und nicht bloß eine Beweiserleichterung für den Hinweisgeber oder die Hinweis­geberin vor. Eine Glaubhaftmachung wird von der Richtlinie nicht gefordert, in unserem Gesetz ist das aber so vorgesehen. Wir sehen dieses Gesetz zumindest als nicht richtlinienkonform an.

Zu diesem Gesetzentwurf sind viele kritische Stellungnahmen von Experten, von verschiedensten NGOs, aber auch aus dem Bereich der Justiz und der Rechts­anwaltskammer eingelangt; sie haben Änderungsvorschläge gemacht. Leider wurden diese Expert:innen nicht gehört. In den Entwurf sind die Stellung­nahmen nicht eingearbeitet worden.

Für uns fehlt in diesem Gesetz der Gesamtschutz für Hinweisgeber:innen. Auch die sprachliche Umsetzung und die komplizierte Schreibweise spiegeln die gewünschte Transparenz in dieser wichtigen Materie nicht wider. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf keine Zustimmung geben können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte sehr.


15.11.35

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Hause! Die Kollegin hat es schon gesagt: Wir beschäftigen


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uns mit dem HinweisgeberInnenschutzgesetz und setzen damit die EU-Whistleblowerrichtlinie um.

Vielleicht haben wir das Wort Whistleblower deshalb nicht verwendet, weil zwar – wenn man sich ein bisschen mit der Begrifflichkeit beschäftigt – der Zusammenhang nicht genau belegt ist, aber eventuell eine semantische Bezie­hung zu dem deutschen Begriff verpfeifen besteht. (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Als mögliche Herkunft gelten einerseits die englischen Polizisten, die durch das Trillerpfeiferl einen anderen Polizisten herbeigeholt haben, um bei einem Tatbestand Unterstützung zu bekommen, oder auch – vielleicht deshalb auch Kollegin Agnes Prammer – Schiedsrichter, die mit dem Trillerpfeiferl einen Regelverstoß geahndet haben. Es ist so, dass der Anglist Anatol Stefanowitsch vermutet, dass sich das Wort von der englischen Redewendung to blow a whistle ableitet, was so viel bedeutet wie, dass man ein Fehlverhalten aufdeckt, und das ist in diesem Zusammenhang auch gegeben.

Es gibt die Begrifflichkeit ja erst seit dem Jahr 1970. Es gibt ein paar prominente Beispiele. Der FBI-Ermittler Mark Felt war einer der berühmtesten Whistle­blower, was ja dann zum Rücktritt von Präsident Nixon aufgrund der Watergate­affäre geführt hat. Es hat aber auch ein österreichisches, eher tragisches Beispiel gegeben, den Botschafter Amry, der als Informant und Whistleblower beim SPÖ-Noricum-Skandal aktiv geworden ist, was er mit dem Leben bezahlt hat.

In dieser Hinsicht geht es uns also darum – und das war ein ganz wesentlicher Punkt –, einer Herausforderung gerecht zu werden: einerseits den Hinweisgeber zu schützen und zum anderen die Arbeitgeber, und hier vor allem die privaten Arbeitgeber, den privaten Unternehmenssektor, nicht mit bürokratischen Hinder­nissen zu überfordern sowie das Gesetz auch handhabbar und praktikabel zu machen. Das war die oberste Zielsetzung.

Wenn Interessen von Hinweisgebern und Interessen von Unternehmen aufeinandertreffen, ist natürlich ganz klar, dass es zwei verschiedene Stand­punkte gibt. Diese Standpunkte haben wir versucht, so weitgehend wie


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möglich anzunähern, um eine praktikable Lösung für dieses Gesetz vorzulegen und damit die EU-Richtlinie umzusetzen.

Dass es ein bissel länger gedauert hat, ist dem Umstand geschuldet, dass wir uns intensiv mit dieser EU-Richtlinie und ihrer Umsetzung beschäftigt haben. Wir haben auch den Rechtsbereich des EU-Rechts um den Rechtsbereich des nationalen Rechts in diesen Gebieten erweitert. Es ist also nicht so, dass wir da nur die EU-Richtlinie eins zu eins umgesetzt haben, sondern wir haben auch das nationale Recht, das betreffend EU-Recht Gültigkeit hat, umgesetzt und haben in diesem Gesetz auch die Korruptionstatbestände der §§ 302 bis 309 eingear­beitet. – Frau Kollegin, ich meine, man kann das so und so sehen. Ich sage Ihnen, es ist eine praktikable, gute Lösung. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist uns natürlich schon sehr stark darum gegangen, den Hinweisgeber zu schützen, das findet in dieser Gesetzesvorlage wirklich seinen Niederschlag. In der Richtlinie ist ja auch ganz klar festgelegt, ab welchen Größenordnungen der Unternehmen eine interne Meldestelle einzurichten ist und wo die externen Meldestellen sind. Es ist uns auch gelungen, bei der externen Meldestelle sowohl für den öffentlichen Bereich als auch für den privaten Bereich eine einheitliche Lösung zu finden, damit wir das auch relativ einfach handhaben können.

Sicher wird sich in der Praxis herausstellen, dass das eine oder andere vielleicht verbesserbar ist, das gibt es bei den Gesetzen immer. Wir haben auch in der Vergangenheit bewiesen, dass wir das Ganze dann evaluieren und anschauen, was man in der Praxis bei dem einen oder anderen vielleicht noch einbauen sollte. Deshalb haben wir auch eine Evaluierung vorgesehen, die in drei Jahren stattfinden soll.

Also, meine Damen und Herren, noch einmal ganz klar gesagt: Es ist ein hand­habbares Gesetz. Es soll sowohl die Hinweisgeber schützen als auch die Unternehmen in der Bürokratie nicht überfordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

15.16



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 237

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr.


15.16.26

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Haubner hat sich hier jetzt ein bissel in irgendwelchen historischen Erzählungen verheddert.

Wahrscheinlich ist es Ihnen unangenehm, über dieses Gesetz zu sprechen. Das HinweisgeberInnenschutzgesetz wäre an und für sich natürlich ein sehr wichtiges Gesetz, was hat allerdings diese Bundesregierung gemacht? – Sie ist wieder einmal auf halbem Weg mit halbem Mittel am halben Ziel hängen geblieben, das ist die Problematik. Dieses Gesetz ist sehr schwer lesbar, sehr schwer umsetzbar und konterkariert in Wahrheit wiederum den Gesetz­eszweck.

Man hat ein bissel den Eindruck, die ÖVP will eh nicht unbedingt, dass es so viele Hinweisgeber gibt, dass die das gern haben. Aber auch bei den Grünen wissen wir spätestens seit dem Fall Teichtmeister, dass sie das eigentlich gar nicht so wollen, weil da im Untergrund natürlich noch gesellschaftspolitische Neigungen in ihrer Schickeria sind. Sie haben da gar nicht so viel Interesse daran, dass es viele Hinweisgeber gäbe, damit nur ja nichts an die Oberfläche kommt und nichts aufpoppt. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Wir werden ja heute bei einem späteren Tagesordnungspunkt beispielsweise auch noch über das Heimopferrentengesetz reden. Auch da war es ja so: Da ist ja jahrelang, jahrzehntelang – vor allem auch von der Stadt Wien – alles ver­tuscht worden. Alle sind sie da in einem Boot gesessen, weil es auf der Gesells­chaftsseite der Linken eben Dinge gibt, die man nicht an die Oberfläche lassen will. Das ist genau das Problem.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 238

Dieses Gesetz, so wie es heute daliegt, ist nicht praktikabel. Es ist nicht umsetz­bar. Wir werden diesem Gesetz daher die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der FPÖ.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.


15.18.14

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon sagenhaft (erheitert), wie man sagen kann, man rede an einem Gesetz vorbei, und redet dann aber so etwas von daran vorbei. (Abg. Belakowitsch: Ja?)

Ich werde Ihnen hier sicher nicht erzählen, dass wir heute das beste Whistle­blowinggesetz der Welt beschließen werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das wäre ja auch nicht die Wahrheit!) Das wird es nicht.

Was wir aber machen wollen und gemacht haben, ist: Wir haben in sehr inten­siver und auch konstruktiver Zusammenarbeit ein Gesetz gemacht, das all diese Ansprüche, die durch die Richtlinie vorgegeben sind, wirklich erfüllt, und das auch noch darüber hinausgeht, indem es den Menschen wirklich sinnvolle und konstruktive Methoden und Instrumente zur Hilfe gibt, um einerseits eine gute Unternehmenskultur zu schaffen – um im Unternehmen eine Kultur zu schaffen, in der anerkannt und befürwortet wird, dass man im Sinne des Unternehmens auf Missstände hinweist –, in dem aber auch die Menschen geschützt sind, die diese Hinweise geben. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Wir haben in Österreich nämlich schon ein bisschen die Tendenz, nicht auf denjenigen zu zeigen, der – wie drückt man das jetzt am besten fein aus? – das Hauferl ins Eck macht, sondern auf denjenigen, der sagt: Da stinkt es. (Lebhafte Heiterkeit des Abg. Loacker.) Und genau diese Art der Kultur ist das Problem,


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warum es solche Widerstände dagegen gibt, Whistleblowinggesetze oder Whistleblowingregelungen einzuführen.

Die ganz großen Unternehmen – das sind diejenigen, die es als Erste umsetzen müssen – haben das längst erkannt, und sie haben wirklich sehr gute Hinweis­geber:innensysteme, die auch funktionieren, die dort auch anerkannt sind und wirklich genau das bringen, was sie sollen, nämlich für die Unternehmen die Möglichkeit, auf Missstände innerhalb des Unternehmens und nicht dadurch, dass sich Menschen an Medien oder an Anklagebehörden wenden müssen, aufmerksam zu werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieses Gesetz bedeutet für die Menschen, für die Hinweisgeber:innen Schutz vor dem Arbeitgeber, vor Drangsalierungsmaßnahmen, vor ungerechtfertigten Kündigungen, vor Mobbing im Unternehmen. Es bedeutet aber auch Schutz durch den Arbeitgeber – der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Meldesysteme einzuführen und für die Menschen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie Hinweise anonym geben können; es muss auch anonymen Hinweisen nachgegangen werden. Und es bedeutet auch einen Schutz des Arbeitgebers, denn die Unternehmer haben die Möglichkeit, innerhalb des Unternehmens die Miss­stände aufzuarbeiten, bevor diese an die Öffentlichkeit kommen. Das heißt, es ist eine Win-win-win-Situation.

Es gibt zahlreiche Beispiele in der Vergangenheit, die uns gezeigt haben, wie wichtig solche Hinweise oft sind. Das sind nicht nur die ganz großen Dinge wie die Panamapapers, sondern auch die vermeintlich kleinen Dinge, wie Bierkisten, Bierflaschen als kaputt abzuschreiben und sie dann palettenweise hinauszu­verkaufen. Auch diese Dinge werden alle durch Hinweise aufgedeckt.

Ich denke, es ist sehr, sehr wichtig, dass wir da ein gutes System geschaffen haben, und ich glaube, wir haben wirklich eine Regelung geschaffen, die für alle hilfreich ist.


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Kollege Haubner hat es schon gesagt: Die Regelung wird auch evaluiert werden, und sollte es dort oder da noch Notwendigkeiten geben, nachzubessern beziehungsweise sollte sich herausstellen, dass an bestimmten Ecken und Enden noch etwas abgerundet werden muss, dann wird das auch vorgenommen werden.

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.22.39

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Liebe Zuse-herinnen und Zuseher! Hohes Haus! Wir sagen ja gerne: Gut Ding braucht gut Weil! – Na ja, auf diesen jetzt vorliegenden Gesetzesantrag trifft das wohl nicht zu. Es ist ja peinlich genug, dass wir als Republik Österreich einmal mehr bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie schwer im Verzug sind. Ich weiß auch nicht, woran es gelegen ist, dass das so lange gedauert hat. Jedenfalls: Was herausge­kommen ist, das kann sich durchaus nicht sehen lassen.

Das Thema ist zu wichtig, um es nur als Randthema zu behandeln. Wir haben heute schon über Korruptionsbekämpfung gesprochen, wir haben heute schon gehört, dass Österreich im Korruptionsindex zurückgerutscht ist. Umso wichtiger wäre es, wirklich auch im Bereich der Privatwirtschaft funktionierende und effiziente Instrumente einzuführen, um Korruption im betrieblichen Bereich zu verhindern. Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Gesetz nicht.

Kollege Haubner hat sehr schön ausgeführt, worum es beim Whistleblowing geht. Genau das ist es, das ist nämlich genau das Gegenteil von Denunzian­tentum. Das hört man ja oft: ein Denunziantengesetz. Der Denunziant zeigt aus niedrigen Motiven Missstände auf, der Whistleblower, der Hinweisgeber, macht


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es, weil er etwas besser machen will. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied, und gerade vor dem Hintergrund des in Österreich wirklich virulenten Korruptionsproblems ist dieses Gesetz sehr, sehr wichtig.

Warum werden wir NEOS diesem Gesetz nicht zustimmen? – Es beginnt damit, dass das Gesetz den Hinweisgebern extreme Probleme bereitet, weil die Anlassfälle für einen zulässigen Hinweis viel zu schwammig, viel zu unsicher formuliert sind. Wenn man sich auf der anderen Seite anschaut, welche Strafsanktionen für falsch gegebene Hinweise drohen, dann zeigt sich, dass da etwas im System nicht zusammenpasst und dass in der Gesetzgebung offenbar ein bisschen der Wille da war: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Man hat das unbedingt Notwendige getan, um die Richtlinie umzusetzen und aus dem Umsetzungsverzug herauszukommen, hat aber nicht die Wichtigkeit des Anliegens begriffen.

Daher bringe ich jetzt noch einen Entschließungsantrag zu diesem Gesetz ein, um die Fehler zu beheben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Überarbeitung des Hinweisgeberschutzgesetzes“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes klar und verständlich zu formulieren und Sanktio­nen für jene Fälle vorzusehen, in denen die Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle verletzt wurde.“


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*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Überarbeitung des Hinweisgeberschutzgesetzes

eingebracht im Zuge der Debatte in der 197. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3087/A betreffend HinweisgeberInnenschutzgesetz und das Gesetz über das Bundesamt zur Korrup­tionsprävention und Korruptionsbekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalts­dienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaft­liche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrper­sonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehr­perso­nengesetz und das Rechtspraktikantengesetz (1921 d.B.) – TOP 13

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzesentwurf für das Hinweisgeber­schutzgesetz wurde im Begutachtungsverfahren insbesondere dafür kritisiert, dass der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes so komplex formuliert ist, dass es auch für rechtskundige Personen schwierig zu erkennen ist, in welchem Rechtsbereich eine Rechtsverletzung stattgefunden haben muss, um den Schutz von Hinweisge­ber:innen im Fall eines Hinweises auszulösen. Es ist somit für potenzielle Hinweisgeber:in­nen schwierig, überhaupt im Vorhinein beurteilen zu können, ob sie unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen oder nicht.

Es stößt auch auf Unverständnis, dass Personen, die falsche Hinweise abgeben mit erheblichen Strafen in Höhe von bis zu EUR 20.000 rechnen müssen, während jene


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Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors, die es unterlassen haben, eine interne Meldestelle einzurichten, mit überhaupt keinen Sanktionen rechnen müssen. Allgemein ist die fehlende Differenzierung in den Strafbestimmun­gen für Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors auf der einen Seite und natürlichen Personen auf der anderen Seite nicht nachvollziehbar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Anwendungsbereich des Hinweis­geberschutzgesetzes klar und verständlich zu formulieren und Sanktionen für jene Fälle vorzusehen, in denen die Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle verletzt wurde."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.26.07

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche auf sehr pragmatische Art und Weise, dieses HinweisgeberInnenschutzgesetz noch einmal zusammen­zufassen, weil ich glaube, dass viele Unternehmen in guter Vorbereitung auf dieses Gesetz und die schon länger vorliegende Richtlinie sind, weil es aber auch durchaus Fragen von vielen kleineren, mittelständischen Unternehmen gibt, die gleichfalls in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen.


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Worum geht es? – Es geht darum, Missstände aufzudecken, sie zu beenden und jene, die im Unternehmen oder auch extern einen Hinweis darauf geben, vor Repressalien wie zum Beispiel einer Kündigung, einer nicht erfolgten Beförde­rung oder Ähnlichem zu schützen. Darum geht es, um nicht mehr und nicht weniger.

Davon betroffen sind vor allem Unternehmen ab 50 Mitarbeitern, im ersten Schritt ab 250 Mitarbeitern. Diese müssen – ab Inkrafttreten gibt es eine Über­gangsfrist von sechs Monaten – ein internes Hinweisgebersystem etablie­ren. Ab 17.12.2023 trifft dies auch auf Unternehmen ab 50 Mitarbeitern zu.

Dieses interne Hinweisgebersystem kann auf verschiedenste Art und Weise umgesetzt werden, da gibt es auch in der Richtlinie keine genauen Vorgaben. Das soll eher eine Unternehmenskultur abbilden: Ist es mehr im direkten Gespräch? Wie erfolgt die Kommunikation? Soll es ein digitales Tool sein, soll es eine E-Mail-Box sein? Soll es ein Postkasten sein? Das kann auf verschie­denste Art und Weise umgesetzt werden, wichtig ist, dass es umgesetzt wird.

Außerdem: Wen betrifft es? – Es sind in etwa 10 000 Unternehmen in Öster­reich, die davon betroffen sind, die dieses System umsetzen sollen.

Wieso haben wir Kleinst- und Kleinunternehmen ausgenommen? – Weil es durchaus mit einem personellen und finanziellen Aufwand verbunden ist, und daher muss der Aufwand, der ein Unternehmen trifft, natürlich auch in eine Relation zur Frage gestellt werden: Was ist hinsichtlich Rechtsverletzungen in diesem Unternehmen zu erwarten?

Ich habe schon gesagt, dass die Implementierung sowohl analog als auch digital sein kann. Klar sein muss: Es muss interne Abläufe geben, wenn ein Hinweis eingebracht wird, in der Kommunikation mit der Hinweisgeberin oder mit dem Hinweisgeber, aber natürlich auch in der Bearbeitung des Hinweises selbst.


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Neben den internen Hinweisgebersystemen gibt es aber auch externe Stellen, die Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern, Bewerbern, Praktikanten, Lieferanten, Kunden, auch Unternehmen zur Verfügung stehen, denn auch für Unternehmen, die nicht die 50-Mitarbeiter-Grenze erreicht haben, gibt es externe Stellen, an die sie sich wenden können und für die gleichermaßen der Hinweisgeberschutz gilt.

Es können auch anonyme Hinweise eingebracht werden. Die Intention ist natürlich, in Kontakt mit dem Hinweisgeber, mit der Hinweisgeberin zu stehen, mit ihnen zu kommunizieren, aber natürlich sollen anonyme Hinweise nicht ausgeschlossen werden.

Hinsichtlich der eingebrachten Rückmeldungen und auch der Kritik der Kolle­ginnen und Kollegen der Oppositionsparteien möchte ich nur Folgendes anführen: Eine gewisse Komplexität des Gesetzes ist natürlich auch der Richt­linie selbst geschuldet. Die Materien, die da angeführt werden, beziehen sich hauptsächlich auf EU-Recht, und wer zum Beispiel die Anlagen eins und zwei dieser Richtlinie ansieht, wird sehen: Es sind zahlreiche Rechtstexte, die da verlinkt werden. Es wäre natürlich überbordend und auch nicht im Sinne der Lesbarkeit, sie in diesem Gesetz zusätzlich zu erfassen.

Durch gewisse strafrechtliche Bedingungen gibt es außerdem heute schon Möglichkeiten, Anzeigen zu erstatten, auch anonyme Anzeigen, die eben durch dieses Hinweisgebersystem nicht abgedeckt werden.

Natürlich wollen wir uns das Gesetz in Zukunft auch näher anschauen – wie es sich etabliert hat. Dementsprechend wird es 2026 eine Evaluierung geben, in der Hoffnung, dass wir auch gut weiterarbeiten können.

Ja, es hat länger gedauert, aber man kann mit dem, was wir heute vorliegen haben, durchaus zufrieden sein, und wir können damit weiterarbeiten. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.30



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 246

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.30.39

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie – es blendet hier so, ich sehe gar nichts, aber ich denke, es sitzen einige von Ihnen oben – und natürlich auch zu Hause. Edward Snowden, Chelsea Manning, Julian Assange: Das sind bekannte Namen von Whistleblowern, die durch alle Medien gegangen sind, ich glaube, wir wissen daher alle, worum es geht. Es geht um Menschen, die Unrecht aufdecken wollen, aufdecken und da auch großes Risiko auf sich nehmen: das Risiko, eingeschüchtert zu werden, vielleicht sogar inhaftiert zu werden oder zumindest in Unternehmen gemobbt zu werden, weil nicht wahrgenommen wird, dass es eigentlich – und das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt – auch für die Unternehmen gut ist, wenn hingeschaut wird, wo etwas schiefläuft. Wir wissen aber, es geht nicht immer – sonst würde man es ja intern offen ansprechen –, dass man sagt: Da ist ein Problem!, und das wird gelöst, sondern manchmal passiert das eben nicht.

Die EU hat dieses Problem erkannt und daher die Whistleblowingrichtlinie auf den Weg gebracht. Das heißt, es soll europaweit möglichst einheitliche Regelungen geben, und in Österreich ist das die Umsetzung im Rahmen dieses HinweisgeberInnenschutzgesetzes. HinweisgeberInnenschutzgesetz heißt – und das ist uns sehr wichtig gewesen –, dass Hinweisgeber wirklich anonym ihre Meldungen einbringen können, wenn sie das wollen. Sie müssen das natürlich nicht, aber es gibt die Möglichkeit, anonym vorzugehen, denn manchmal ist das der bessere Weg. Es ist möglich, das sowohl intern – im Unternehmen, auch in Ministerien – als auch bei einer externen Stelle zu machen, also wirklich anonym, und man braucht keine Sorge zu haben, dass das auf einen zurückfällt. (Beifall bei den Grünen.)


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Wie gesagt, uns war wichtig, dass es einerseits absoluten Schutz für die Hinweis­geber:innen gibt und dass es andererseits für die Unternehmen möglichst einfach und praktikabel ist. Ich möchte noch einmal betonen: Es ist gut für die Unternehmen, weil sie so Rechtsbrüche möglichst früh erkennen können, noch bevor jemand an die Medien geht, noch bevor ein Skandal auffliegt und womöglich Gröberes passiert. Sie können also möglichst früh erkennen, dass zum Beispiel Aufträge vergeben werden und Geld fließt – also Korruption.

Etwas, das uns heute schon beschäftigt hat: Wir müssen intensiv daran arbeiten, dass wir beim berüchtigten, berühmten Corruption Perceptions Index, also bei diesem Korruptionsindex von Transparency International, wieder besser werden. Wir haben uns in den letzten Jahren verschlechtert, wir sind auf Platz 22, letztes Jahr waren wir auf Platz 13. Wir wissen, das ist nur eine Wahrnehmung, und all diese Korruptionsfälle, mit denen sich die Justiz derzeit beschäftigt, beschädigen uns, aber ja, wir müssen besser werden, transparenter werden, und dazu – davon bin ich überzeugt – dient auch dieses HinweisgeberInnenschutzgesetz. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

15.34.1614. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1922 d.B.)


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15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3048/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (1923 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3049/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (1924 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf Herrn Bundesminister Rauch recht herzlich in unserer Mitte begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch, bei ihm steht das Wort. – Herr Abgeordneter, bitte sehr.


15.35.14

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg darf ich auf der Besucher­galerie recht herzlich die Kolleg:innen von der Arbeiterkammer Steiermark begrüßen – herzlich willkommen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich möchte zum Tagesordnungspunkt 14 Stellung nehmen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Herr Loacker, was war das? (Abg. Loacker:  ... ist bei der Arbeiterkam­mer! – Abg. Krainer: ... politische Bildung! ... beleidigt, weil sie bei deiner Rede nicht zuhören?) Das ist wichtig für die Demokratie, Herr Abgeordneter Loacker.


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Ich komme zum Tagesordnungspunkt 14, es geht um die Angleichung der unterschiedlichen Altersgrenzen bei Pensionen von männlichen und weiblichen Versicherten bis 2033. Dabei ist eine Klarstellung des jeweiligen Stichtages notwendig. Dazu wird sich meine Kollegin Abgeordnete Gabi Heinisch-Hosek hier noch einbringen.

Was wir aber kritisieren: Was heute die Chance der Bundesregierung bezie­hungsweise der Regierungsparteien wäre, ist, dass man gerade in einer Zeit der Rekordteuerung – die Medien haben heute von plus 11,1 Prozent Inflation berichtet; der ORF hat auch berichtet, er wird eine Spendenaktion mit NGOs machen, weil viele Menschen sich diese Teuerung nicht mehr leisten können, nur weil die Regierung versagt – die Aliquotierung bei den Pensionsneuzugängen abschaffen könnte.

Herr Bundesminister, es kann nicht gewollt sein: Je früher man in Pension geht, zum Beispiel im Jänner, umso höher ist die Pensionsanpassung im Folgejahr, und je später im Kalenderjahr man in Pension geht, umso niedriger ist die Pensions­anpassung im Folgejahr. Die meisten Arbeitnehmer suchen sich ja ihren Pen­sionsstichtag nicht aus, und die wenigen, die sich das aussuchen können, gehen jetzt früher in Pension, weil sie natürlich finanziell aufgrund der derzei­tigen, unverständlichen Regelung in Zeiten einer Rekordteuerung profitieren.

Fakt ist: Geht man im Jänner in Pension, bekommt man die volle Pensions­erhöhung im Folgejahr; geht man im Juni in Pension, bekommt man die halbe Pensionserhöhung im Folgejahr; geht man im November, Dezember in Pension, bekommt man null Pensionserhöhung im Folgejahr. Das heißt – das sind Zahlen aus einer Berechnung –, bei der nächsten Pensionsanpassung von 9 Prozent haben Menschen, die im November und Dezember in Pension gehen, bei einer Bruttopension von 1 600 Euro in 20 Jahren einen Pensionsverlust von 50 000 Euro. Das geht nicht, Herr Bundesminister! Allein heuer wären das 90 000 betroffene Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Es kann doch nicht sein, dass der Geburtsmonat entscheidet, ob Personen eine Pensionserhöhung bekommen oder nicht. Hinsichtlich der Aliquotierung der Pensionsanpassung kann man jetzt von einer Sternzeichenpension sprechen. (Abg. Stöger: Pensionsraub!) Es kann doch nicht sein, dass ein Wassermann, der im Jänner geboren ist, die volle Pensionsanpassung bekommt, ein Zwilling, der im Juni geboren ist, die Hälfte der Pensionsanpassung, und dass derjenige, der Schütze ist und im Dezember geboren ist, keine Anpassung bekommt. Das ist ein weiterer Pensionsraub, Herr Bundesminister, ein weiterer Pensionsraub, nachdem Sie bereits die Hacklerregelung, die Langzeitversichertenregelung, die Abschlagsfreiheit abgeschafft haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt kündigen Sie aber noch einen weiteren Pensionsraub an, indem Sie die Blockvariante bei der Altersteilzeit abschaffen wollen. (Abg. Zarits: 2030!) Was ist Ihnen da eingefallen? Was hat das mit längerem Arbeiten zu tun, wenn Menschen es nicht schaffen, über diese Blockvariante in ihre Alterspension zu kommen? Das können Sie nicht wollen.

Herr Bundesminister, eine Frage: Ist diese Aliquotierung der Pensionsanpassung verfassungsrechtlich zulässig? Wir glauben es nicht und wir werden das auch prüfen. So weit muss es aber nicht kommen, Herr Bundesminister! Politisch ist die Aliquotierung der Pensionsanpassung in Verbindung mit der Rekordteuerung jetzt einfach nicht vertretbar. Herr Bundesminister, schaffen wir diese Aliquotie­rung bei den Pensionsneuzugängen ab! Beenden wir diese Geburtslotterie!

Ich bringe dazu einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Holzleitner, Keck, Kolleginnen und Kollegen zu den angeführten Gesetzen gemäß 1922 der Beilagen ein.

Der generelle Inhalt ist, erstens die Aliquotierung in Zukunft abzuschaffen und zweitens die Aliquotierung 2023 rückwirkend mit 1.1.2023 abzuschaffen, die nicht geleisteten Pensionsleistungen aufzurollen und mit April 2023 zur Aus­zahlung zu bringen.


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Beenden Sie diesen Pensionsraub, stimmen Sie unserem Antrag zu! Der Präsi­dent des Pensionistenverbandes, Peter Kostelka, sagt: Weg damit! Die ÖVP-Chefin bei den Pensionisten (Abg. Zarits: Senioren, bitte! Senioren!), Ingrid Korosec, sagt: Weg damit! – Herr Bundesminister, weg damit! Stimmen Sie unserem Antrag heute zu! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

15.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Eva-Maria Holzleitner, Dietmar Keck

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1922 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I.            Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 108h Abs. 1a entfällt.“

2.         Die bisherigen Z 1 und 2 erhalten die Bezeichnung Z 2 und 3.

3.         Z 4 lautet wie folgt:


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 „4. § 775 Abs. 6 entfällt.“

4.         Die bisherigen Z 3 und 4 erhalten die Bezeichnung Z 5 und 6.

5.         In Z 6 lauten § 782 Abs. 1 und 2 wie folgt:

„§ 782. (1) § 108 h Abs. 1a tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2022 außer Kraft. § 775 Abs. 6 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2023 außer Kraft.

(2) Pensionen, die mit 1.1.2023 nach § 180 h Abs. 1a und § 775 Abs. 6 angepasst wurden, sind von Amts wegen nach den Bestimmungen des § 775 Abs. 1 bis 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022 anzupassen. Die Nachzahlung ist mit der laufenden Pensionszahlung zum 1. April 2023 auszuzahlen. Ansprüche auf Direktzahlungen nach § 776 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022, die zum 1.1.2023 bestanden, bleiben unberührt.“

6.          In Z 6 erhalten in § 782 die bisherigen Abs.1 und 2 die Bezeichnung Abs. 3 und 4.

II.          Artikel 2 wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 50 Abs. 1a entfällt.“

2.         Die bisherigen Z 1 und 2 erhalten die Bezeichnung Z 2 und 3.

3.         Folgende Z 4 wird eingefügt:

„4. § 401 Abs. 6 entfällt.“

4.         Die bisherige Z 3 erhält die Bezeichnung Z 5.

5.         In Z 5 lauten § 406 Abs. 1 und 2 wie folgt:

„§ 406. (1) § 50 Abs. 1a tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2022 außer Kraft. § 401 Abs. 6 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2023 außer Kraft.


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(2) Pensionen, die mit 1.1.2023 nach § 50 Abs. 1a und § 401 Abs. 6 angepasst wurden, sind von Amts wegen nach den Bestimmungen des § 401 Abs. 1 bis 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022 anzupassen. Die Nachzahlung ist mit der laufenden Pensionszahlung zum 1. April 2023 auszuzahlen. Ansprüche auf Direktzahlungen nach § 402 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022, die zum 1.1.2023 bestanden, bleiben unberührt.

6.          6. In Z 5 erhalten in § 406 die bisherigen Abs. 1 und 2 die Bezeichnung Abs. 3 und 4.

III.         Artikel 3 wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 46 Abs. 1a entfällt.“

2.         Die bisherigen Z 1 und 2 erhalten die Bezeichnung 2 und 3.

3.         Folgende Z 4 wird eingefügt:

„4. § 395 Abs. 6 entfällt.“

4.         Die bisherige Z 3 erhält die Bezeichnung Z 5.

5.         In Z 5 lautet § 401 Abs. 1 und 2 wie folgt:

„§401. (1) § 46 Abs. 1a tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2022 außer Kraft. § 395 Abs. 6 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2023 außer Kraft.

(2) Pensionen, die mit 1.1.2023 nach § 46 Abs. 1a und 395 Abs. 6 angepasst wurden, sind von Amts wegen nach den Bestimmungen des § 395 Abs. 1 bis 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022 anzupassen. Die Nachzahlung ist mit der laufenden Pensionszahlung zum 1. April 2023 auszuzahlen. Ansprüche auf Direkt­zahlungen nach § 396 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2022, die zum 1.1.2023 bestanden, bleiben unberührt.“


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6.          In Z 5 erhalten in § 401 die bisherigen Abs. 1 und 2 die Bezeichnung Abs. 3 und 4.

Begründung

Die meisten Arbeitnehmer*innen können es sich nicht aussuchen, wann sie in Pension gehen. Wenn sie Glück haben, können sie bis zum Erreichen der gesetzlichen Alters­pension in Beschäftigung bleiben und werden zum frühestmöglichen Pensionsantritts­zeitpunkt gekündigt.

Für diese Personen hängt es in Zukunft vom Geburtstag ab, ob sie einen lebenslangen Verlust ihrer Pension hinnehmen müssen, denn Türkis/Grün hat die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung eingeführt. Damit hängt es vom Pensionsstichtag ab, wie viel Pensionsanpassung man im nächsten Jahr bekommt. Hat man das Glück mit Jänner eines Jahres in Pension zu gehen, bekommt man im nächsten Jahr die volle Anpassung, mit Juli nur mehr die Hälfte und mit November oder Dezember gar keine Anpassung mehr.

Wenn die Inflation sich irgendwo zwischen Null und zwei Prozent bewegt, mag man das weniger spüren. Doch gerade jetzt in der Krise wirkt sich die Minder- oder gar Nichtanpassung stark aus und zwar bis ans Lebensende.

Bei der Pensionsanpassung zieht man die Inflation von Mitte des Vorvorjahres bis Mitte des Vorjahres heran. Das heißt: Man weiß schon jetzt, dass die Anpassung 2024 zwischen 8 und 10 Prozent liegen wird. Wer also erst im Herbst oder Winter in Pension geht, fällt um diese Anpassung fast oder gänzlich um. Dieser Verlust bleibt und summiert sich über die gesamte Bezugsdauer.

Je höher die Pensionsanpassung ist, desto größer die Ungerechtigkeit – im Jahr 2024 führt das dazu, dass Menschen, die ab November oder Dezember 2023 ihre Pension erstmals antreten, wahrscheinlich eine dauerhafte Pensionskürzung in der Höhe von rund acht Prozent in Kauf nehmen müssen. Daraus kann ein gewaltiger finanzieller Nachteil entstehen: Bei einer Bruttopension von 1.600 Euro würde der Verlust in 20 Jahren beispielsweise satte 35.000 Euro ergeben. Auch die Zahl der Betroffenen ist


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nicht klein: Pro Jahr gehen in Österreich rund 100.000 Menschen neu in Pension, 90.000 davon nicht im Jänner – sie hätten von der aliquoten Pensionsanpassung finanzielle Nachteile.

Bereits heuer erleiden Pensionist*innen durch die Aliquotierung einen erheblichen Nachteil. Nicht nur, dass die Anpassung 2023 nur einen Teil der tatsächlichen Inflation abgegolten hat, wurde diese durch die Aliquotierung weiter gekürzt. Zwar wurde die Regelung für heuer etwas abgemildert, sodass zumindest die halbe Pensionsanpassung gewährt wird, es macht aber einen Unterschied, ob man 5,8 Prozent oder nur 2,9 Prozent Anpassung in Zeiten einer Inflation zwischen 8 und 10 Prozent erhält. Und zusätzlich bedeutet die Regelung eben einen lebenslangen Pensionsverlust.

Ein weiterer besonderer Aspekt entsteht nunmehr durch die Anhebung des Frauen­pensionsalters. Für die nächsten 10 Jahre, beginnend mit 2024, werden durch die halbjährliche Erhöhung des Antrittsalters um ein halbes Jahr, die Pensionsantritte für Frauen vorwiegend in die zweite Jahreshälfte fallen. Damit werden ihre Pensionen automatisch durch die Aliquotierung gekürzt. Bei den ohnehin relativ niedrigen Frauen­pensionen ist diese Auswirkung eine weitere Benachteiligung.

Damit nicht ein einziger Jahrgang von Neupensionist*innen benachteiligt ist, nämlich jener mit Pensionsantritt im Jahr 2022, soll die Aliquotierung rückwirkend aufge­hoben werden. die Pensionsanpassung soll spätestens bis Ende März 2023 von Amts wegen berichtigt werden und die Nachzahlung mit der März-Pensionsauszahlung erfolgen.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, in den Grundzügen erläutert und steht somit mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.



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15.40.39

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher oben auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Als politisch Verantwort­liche ist es mir immer wichtig, dass ich einen Blick zurück, einen Blick nach links und einen Blick nach rechts mache, dann in mich gehe, eine Entscheidung treffe, und dann gehe ich den Weg nach vorne.

1992 wurde dieses Gesetz verhandelt und beschlossen, und ich bin eine, die davon betroffen ist. (Abg. Stöger: Dieses nicht! Ein anderes wurde beschlossen! Das Bundesverfassungsgesetz!) – Das Bundesverfassungsgesetz, die Grundlage für die Erhöhung des Frauenpensionsalters, wurde damals, 1992, geschaffen. Herr Stöger, Sie wissen es, Sie waren ja vielleicht dabei und haben es sozusagen auch mit auf den Weg geschickt (Zwischenruf des Abg. Hörl), also sind Sie eigentlich dafür verantwortlich, dass ich – und so sehe ich es – bis 65 Jahre arbeiten gehen darf. (Abg. Leichtfried: Was, der Alois ist dafür verantwortlich?) – Er hat es auch mitgetragen. (Abg. Leichtfried: Also das weiß ich jetzt nicht! Das wäre jetzt ein bisschen viel! – Abg. Schroll: Also das wäre ein Wahnsinn!)

Jetzt schauen wir einmal nach links. Jetzt seid ihr nicht mehr in der Regierungs­verantwortung, ihr seid auch nicht dafür verantwortlich, wie viel Geld es kostet. Ihr braucht die Verantwortung nicht zu tragen. Natürlich kann man populistisch alles herausholen und populistisch handeln und versuchen - - (Abg. Leichtfried: Nein, nein! Also der Alois ist der Letzte, der populistisch ist! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Michael Hammer: Das ist ja nicht verhandelbar! Das war eine Aussage!)

Dann machen wir einmal einen Blick nach rechts, und da sind wir ja diesmal nicht bei der FPÖ, sondern da sind wir eigentlich Richtung NEOS (Abg. Leichtfried: Also der Herr Loacker schon! Der ist schon ein bissl rechts!), die dann fragen: Ist das eigentlich zukunftsträchtig? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ist das eigentlich anstän­dig gegenüber den nächsten Generationen, dass wir das Geld


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der nächsten Generationen verprassen? – Ich sage: Ich habe zwei Kinder, ich werde gerne bis 65 Jahre arbeiten gehen, denn das sind wir den nächsten Gene­rationen schuldig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich gehe doch davon aus, das möchte ich ganz klar sagen, dass ihr diese Gesetze zahlen-, daten-, faktenbasiert auf den Weg geschickt habt. Bei allen Pensions­anpassungsgesetzen war die SPÖ am Ruder. Wir waren auch dabei, wir stehen dazu. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Aber der Alois war nicht dabei!)

Wichtig ist, und zwar geht es da rein um eine legistische Anpassung, dass die Frauen genau aus dem Gesetz herauslesen können, mit welchem Datum sie in Pension gehen können. Das wird genau, Punkt für Punkt, ins Gesetz hinein­geschrieben. Das ist wichtig und das ist richtig, damit die Menschen sich darauf verlassen können, und das ist auch der Sinn, wenn man pensionsrechtlich etwas verändert, dass die Menschen sich darauf einstellen und vorbereiten können. Ich weiß das, ich habe sehr viele Leute in Pensionsverfahren begleitet.

Abschließend möchte ich eines noch sagen: Populistisch zu sagen, alle dürfen bald in Pension, das kann jeder; aber anständige Politik zu machen und für die Zukunft - - (Abg. Heinisch-Hosek: Wir sind ja für die Anhebung! Sie haben das falsche Thema! – Abg. Leichtfried: Der Einzige, der das anders sieht, ist Kollege Stöger!) – Frau Kollegin Hosek, Sie sind ja selber gar nicht betroffen, Sie können ja gar nicht mitreden! (Ah-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Ich bin Beamtin! Ich muss bis 65 arbeiten, falls Sie es nicht wissen! – Ruf bei der SPÖ: Unfassbar! – Abg. Schroll: Komplette Themenverfehlung!) – Freiwillig, ja, freiwillig, aber andere in Ihrem Alter, da sind schon sehr viele in Pension, also glaube ich, Sie sind da nicht so betroffen, wie ich betroffen bin. Das möchte ich schon behaupten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Genau genommen, möchte ich sagen, kann man allen Wünschen etwas abgewinnen, aber Politik ist kein Wunschkonzert, sondern Politik ist wichtig, damit es für die Allgemeinheit passt, und zwar auch für die nächsten


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Generationen. Pensionen sind ein Generationenvertrag, und damit darf man kein Schindluder treiben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Hörl: Genau! – Abg. Schroll: Keine gute Rede! – Abg. Leichtfried: Also die Kollegen Hammer und Hörl sind leicht zu begeistern!)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


15.44.54

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Zopf und liebe ÖVP, Sie haben zwar die kalte Progression für die arbeitenden Menschen abgeschafft, aber die eiskalte Progression für die Pensionisten, die beschließen Sie heute. Deshalb werden wir diesem Gesetz natürlich nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dafür gibt es drei Gründe, Herr Minister: erstens einmal die Benachteiligung von Müttern – Kollegin Belakowitsch wird dann erläutern, was damit gemeint ist und was in diesem Fall die Mütter betrifft (Abg. Loacker: Wo betrifft das Gesetz die Mütter?!) –; zweitens der von Kollegen Muchitsch schon angesprochene Raubzug durch die Pensionskasse unserer Pensionisten. Das ist einmal die Aliquotierung, aber nicht nur das, es kommt noch dazu: Je nachdem, zu welchem Stichtag man in Pension geht, fällt man um die Anpassung um, sprich um die indexierte Anpas­sung an die jährliche Inflation. Die ist eh mit 3,1 Prozent festgeschrieben. Jetzt haben wir eine Inflation von 10 Prozent, also einen massiven Verlust. (Ruf bei der SPÖ: Elf!) Das macht für einen Pensionisten auf 20 Jahre gerechnet noch einmal bis zu 20 000 oder 30 000 Euro aus. Es ist also eine krasse Benachteiligung für gewisse Personen, die eben nach diesem Stichtag in Pension gehen.

Drittens ist die Ablehnung unserer Aktion 60 plus eine Bestrafung für jene Pensionisten, die noch arbeiten wollen. Die Wirtschaft würde die Leute


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brauchen. Pensionisten in der Korridorpension oder solche, die Übergangs­regelungen bei der Pension haben und dazuverdienen, werden dann vom Finanzminister geschröpft. Den Antrag haben wir schon mehrfach eingebracht, und Sie haben ihn mehrfach abgelehnt, obwohl sogar euer Wirtschaftskam­merpräsident Mahrer das ebenfalls fordert und aus der Wirtschaft der Ruf nach diesen Personen kommt, dass sie noch helfen.

Die ÖVP hat gleich einmal am Anfang mit den Grünen die Hacklerregelung zu Grabe getragen. Das ist grüne Sozialpolitik: Pensionsraub und die Abschaffung der Hacklerregelung; Leute, die 45 Jahre in Österreich hart gearbeitet haben, werden bestraft; und den anderen, die über die Grenze kommen und keinen Tag in Österreich gearbeitet haben, spannen Sie die soziale Hängematte auf. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Ah, ein bissl Rassismus muss immer sein, oder?!)

15.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.47.14

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was beschließen wir heute? Wir müssen zwei widersprüchliche Gesetzesformulierungen im Zusam­menhang mit dem Anstieg des Frauenpensionsalters de facto reparieren. Es gibt zwei Gesetze – eines aus dem Jahr 1992, eines aus dem Jahr 2004 –, die in Wirklichkeit unterschiedlich interpretierbar sind und uns tatsächlich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Schwierigkeiten beziehungsweise den Gang vor den Verfassungsgerichtshof mit entsprechenden Erkenntnissen gebracht hätten.

Darum gibt es heute eine gesetzliche Klarstellung, die klar und eindeutig festlegt, welches Pensionsantrittsalter bei welchem Geburtsdatum gilt. Um Kollegen Loacker vorwegzunehmen, der nach mir sprechen wird und bereits gefragt hat, warum wir da die günstigere Variante gewählt haben: Ganz einfach, es gibt so


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etwas wie einen Vertrauensgrundsatz. (Abg. Loacker: Niemand hat darauf Vertrauen! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Der Vertrauensgrundsatz gilt selbstverständlich auch für diejenigen, die demnächst in Pension gehen.

Wenn man Pensionsreformen macht, muss man diese in der Regel zeitlich deutlich früher machen, wenn sie so tiefgreifend sind. Deswegen haben wir die günstigere Variante gewählt: weil sie vor dem Verfassungsgerichtshof eher hält; und auf der anderen Seite sage ich auch ganz ehrlich: Warum sollten die Menschen, die jetzt in Pension gehen, aufgrund dessen, dass die Regierungen zuvor nicht in der Lage waren, entsprechend klare Formulierungen zu treffen, auch noch gestraft werden?

Zum zweiten Teil des Gesetzes möchte ich mich auch noch kurz äußern. Er betrifft die Altersteilzeitregelung, weil Frauen natürlich auch in geblockter Altersteilzeit sind, und aufgrund der Klarstellung kann es jetzt sein, dass der Pensionsanspruch bereits mit dem letzten halben Jahr der Altersteilzeit entsteht. An sich können Menschen, die einen Pensionsanspruch haben, die Alters­teilzeit nicht in Anspruch nehmen. Das wird aber mit dieser Ausnahmeregelung ermöglicht, weil diese Klarstellung diese Ausnahmeregelung einfach not­wendig macht.

Zuletzt möchte ich noch auf einen Punkt eingehen – ich freue mich sehr, dass er heute beschlossen wird, dass er noch für ein weiteres Jahr verlängert wird, bevor er endgültig in Dauerrecht übergeht –, und zwar auf den Bildungsbonus, den wir heute beschließen werden.

Noch einmal zur Erinnerung: Der Bildungsbonus ist ein Zuschlag von 120 Euro pro Monat für Menschen in Ausbildung, für Menschen in Arbeitslosigkeit, die in AMS-Schulungen sind, in Qualifizierungsmaßnahmen, in Bildungsmaßnahmen, die länger als vier Monate dauern. Das ist eine ganz wesentliche Maßnahme, um Menschen in Ausbildung, in Qualifizierung sozial und finanziell besser abzu­sichern, und auch ein sehr erfolgreiches Modell, weil das – dafür haben wir Zahlen, die das eindeutig belegen – Menschen tatsächlich ermöglicht hat, die


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Kurse eher abzuschließen beziehungsweise auch länger in den Kursen zu bleiben.

Über 70 000 Menschen haben von diesem Bildungsbonus profitiert. Er wird im nächsten Jahr noch einmal erhöht und ausgeweitet, und das freut mich ganz besonders: mehr soziale Absicherung, bessere soziale Absicherung für Menschen in Arbeitslosigkeit für Bildung – danke. Stimmen Sie bitte zu! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


15.50.51

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht um einen Beschluss aus dem Jahr 1992, als man sich dazu durchgerungen hat, das Pensionsantrittsalter der Frauen an jenes der Männer anzugleichen, in einem 40-jährigen Über­gangs­zeitraum – 40-jähriger Übergangszeitraum!

Weil Kollege Koza den Vertrauensschutz herangezogen hat: Seit diesem Beschluss 1992 hat die Pensionsversicherungsanstalt die Beratung der Frauen immer nach der gleichen Logik gemacht und hat gesagt: Wenn Sie am 15. Dezember Geburtstag haben, dann ist Ihr Pensionsstichtag der 1. Jänner, und daher sind Sie von der Regelung mit 1. Jänner betroffen. – Das war immer klar. Das, was jetzt geändert wird, geht in die andere Richtung und nimmt diese Dezembergeborenen und die Junigeborenen heraus und zieht den Pen­sionsantritt für diese Leute um ein halbes Jahr vor. (Abg. Koza: Ja eh! Habe ich eh gesagt!)

Genau deshalb, Kollege Koza, müssen Sie die Altersteilzeitregelung anpassen, weil sich die Leute eigentlich darauf verlassen haben, dass sie sechs Monate


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später in Pension gehen. (Abg. Koza: Habe ich ja gesagt, Gerald!) Also der Ver­trauensgrundsatz geht genau in die andere Richtung als Ihre Argumentation. Sie widersprechen sich da leider selbst. (Abg. Koza: Nein!)

Jetzt kann man sagen, gut, dann gehen diese Menschen halt sechs Monate früher in Pension. Das sind zehn Jahrgänge, die jeweils zu einem Sechstel (Abg. Belakowitsch: Zehn Jahrgänge?), nämlich die im Dezember und im Juni Geborenen - - (Abg. Belakowitsch: Da hast dich jetzt verrechnet!) – Zehn Jahr­gänge, von 2024 bis 2033 sind es zehn Jahrgänge, Kollegin Belakowitsch, und davon geht ein Sechstel, weil es zwei Monate sind, die betroffen sind, ent­sprechend früher.

Und dieses Paketlein kostet gemütlich 1 Milliarde Euro, darf man schätzen – 1 Milliarde Euro! (Abg. Koza: Auf wie viele Jahre? – Abg. Michael Hammer: Auf die Laufzeit aber!) Haben wir ja, macht ja nichts. Wir legen eh nur jedes Jahr 25 Milliarden Euro ins Pensionssystem hinein. Das ist das Geld der Jungen, das da verblasen wird!

Und dann regt man sich auf, speziell hier auf der linken Seite, dass die Frauen­pensionen niedriger sind. – Ja, weil die Frauen auch mit 20 Prozent weniger Beitragsmonaten in Pension gehen. Jetzt verlängern Sie diesen Zustand, indem die Frauen mit weniger Beitragsmonaten in Pension gehen. Das ist Ihr Verdienst und das Verdienst der Regierung.

Jetzt zu dem absurden Antrag des Kollegen Muchitsch: Also wenn man einen logikfreien Antrag nehmen will, dann nimmt man den von Beppo Muchitsch. Jemand, der im Jänner in Pension geht, dessen Pension zwölf Monate lang der Inflation unterlegen ist, bekommt am 1. Jänner eine volle Pensionserhöhung. Wenn man im Dezember in Pension geht, dann ist die Pension erst einen Monat lang der Inflation unterlegen. Natürlich kann man dann nicht am 1. Jänner eine volle Inflationsabgeltung bekommen, wenn die Pension ja erst einen Monat alt ist. Also wie absurd kann man denken?!


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Diese absurde Denkweise des Beppo Muchitsch aber hat der Herr Minister mit Regierungsmehrheit leider umgesetzt: Wenn Sie im Dezember 2022 in Pension gegangen sind, haben Sie am 1. Jänner 2,9 Prozent Pensionserhöhung bekommen. Sie waren leider dumm, falls Sie sich für einen Pensionsantritt am 1. Jänner 2023 entschieden haben. Da waren Sie ein bisschen blöd. Wären Sie einen Monat früher gegangen, hätten Sie jetzt nämlich mehr. Tut mir leid für Sie, das ist Ihr Pech! – So viel zu dieser Pensionspolitik der Geschenke, die da von der ÖVP gemacht wird, ein bisschen abgemildert von den Grünen, und von den Roten sowieso.

Diese Verteilpensionspolitik bestraft immer diejenigen, die mehr arbeiten, und belohnt jene, die möglichst früh in Pension gehen. Und das ist ein Fehlanreiz, von dem wir wegkommen müssen, nämlich im Sinne derer, denen wir hoffentlich in 30, 40, 50 Jahren auch noch eine vernünftige Pension gönnen. (Beifall bei den NEOS.)

Zur geblockten Altersteilzeit: Was heißt denn geblockte Altersteilzeit? – Geblockte Altersteilzeit bedeutet, Sie arbeiten zwei Jahre voll, zwei Jahre gar nicht und bekommen 75 Prozent bezahlt. Wir nehmen Geld der Arbeitslosenversicherten in die Hand, um mit diesem Modell Menschen zwei Jahre früher aus dem Arbeitsmarkt herauszukaufen. Wie gscheit ist das in Zeiten von Arbeitskräfte­mangel, die Frauen sechs Monate früher in Pension zu schicken und für die Altersteilzeit zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, um mit der geblockten Altersteilzeit gesuchte Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt herauszukaufen?! (Abg. Belakowitsch: Sei doch nicht so asozial! Wer will, kann eh bleiben!)

Jetzt hat sich die Regierung darauf verständigt, die geblockte Altersteilzeit ab 2030 auslaufen zu lassen. Alle Experten sagen seit Jahren: Schafft bitte diesen Unfug ab! Schafft diese geblockte Altersteilzeit ab! – Wenn Sie jetzt zu dem Schluss kommen, sie ist ein Unfug, dann schaffen Sie sie nicht erst ab 2030 ab, sondern mit 1.1.2024! Dann ist sie weg, außer die Vereinbarungen, die bis zu diesem Zeitpunkt schon geschlossen sind – Ende der Durchsage.


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Darauf richtet sich mein Entschließungsantrag, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der geblockten Altersteilzeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Natio­nalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit mit 01.01.2024 vorsieht.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker,  Kolleginnen und Kollegen

betreffend Abschaffung der geblockten Altersteilzeit

eingebracht im Zuge der Debatte in der 197. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern- Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1922 d.B.) - TOP 14

Ziel der Altersteilzeit ist es, ältere Beschäftigte durch eine Arbeitszeitreduktion (inkl. 50 Prozent Lohnausgleich) länger im Erwerbsleben zu halten. Dieser Zielsetzung


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entspricht derzeit jedoch nur die kontinuierliche Altersteilzeit, bei der die Erwerbs­tätigen anschließend mit einer reduzierten Wochenarbeitszeit bis zum Regel­pensionsantrittsalter arbeiten. Die geblockte Altersteilzeit unterläuft hingegen diese Zielsetzung.

Denn in der Praxis arbeiten Arbeitnehmer bei einer geblockten Altersteilzeit eine bestimmte Zeitspanne voll (Arbeitsphase) und die restliche Zeit nicht (Freizeitphase), wobei üblicherweise die Freizeitphase unmittelbar an die Arbeitsphase anschließt. Diese Freizeitphase kann bis zu 2,5 Jahre betragen. Sie stellt de facto eine vorzeitige Pensionsphase dar. Die geblockte Altersteilzeit ist also nichts anderes als eine Früh­pensionierungsmöglichkeit, die noch dazu mit Millionenbeträgen vom Arbeits­markt­service (AMS) subventioniert wird. Den Dienstgebern werden die durch den Lohn­ausgleich (inkl. Dienstgeberbeiträge) entstehenden Aufwendungen für das Brutto­arbeitsentgelt bis zur Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG zuzüglich der zusätz­lich entrichteten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialver­sicherung bei einer Blockzeitvereinbarung im Ausmaß von 50% vom AMS ersetzt. Damit subven­tioniert das AMS den Unternehmen das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen durch frühzeitige Ruhestände. Die Ausgaben für die geblockte Alters­teilzeit betrugen laut AMS 2021 rund 96 Mio. Euro (1). Gerade angesichtes des akuten Arbeitskräfte­man­gels ist der Einsatz diese Mittel widersinnig. Der Staat kauft mit dem Geld der Arbeits­losenversicherung Erwerbstätige aus dem Arbeitsleben hinaus.

Auch AMS Vorstand Johannes Kopf äußert mehrfach Kritik an der geblockten Alters­teilzeit und fordert eine Abschaffung dieser: "Aus meiner Sicht könnte man die geblockte Altersteilzeit abschaffen". Die geblockte Altersteilzeit entspreche seiner Ansicht nach einer "Frühverrentnung" und nicht "altersgerechtem Arbeiten" (2). Nach langer Zeit des anhaltenden Widerstandes sieht das inzwischen auch die Regierung so und plant deshalb die versteckte Form der Frühpension abschaffen (3), allerdings erst mit 2030, außerdem fehlt nachwievor die entsprechende Regierungs­vorlage. Warum eine sachlich richtige und von sämtlichen Experten unterstützte Maßnahme bis 2030 aufgeschoben wird, bleibt unerklärlich.


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Zu selben Ergebnis wie AMS-Chef Kopf kommt auch eine Studie des Institutes für Höhere Studien (IHS) aus dem Jahr 2017, die insbesondere die Anreizwirkung, de facto in Frühpension zu gehen, aber auch die Altersteilzeit insgesamt, deutlich kriti­siert: "Vor dem Hintergrund der geringen Erwerbstätigkeit Älterer in Österreich ist das ATZG sehr kritisch zu beurteilen. Die empirische Analyse hat eindeutig gezeigt, dass das ATZG das Arbeitsangebot (Arbeitszeitvolumen) der Älteren reduziert. Die vom ATZG ausgelösten makroökonomischen Effekte sind gering. Bezogen auf die vergleichsweise hohen Ausgaben für die Förderung der Altersteilzeit erscheint eine umfassende Reform des ATZG daher unbedingt angeraten." (4)

Zusätzlich führt die geblockte Altersteilzeit auch zu einem verzerrenden statistischen Effekt im Bereich des Pensionsantrittsalters. Obwohl in Form der geblockten Frei­zeitphase ein vorzeitiger Ruhestand vorliegt, wird dieser Zeitraum als aufrechtes Arbeitsverhältnis, nicht als Pension betrachtet. Damit stellt die Regierung das Pensi­ons­antrittsalter künstlich höher dar, als es tatsächlich ist.

Quellen:

(1) https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/10745

(2) https://www.diepresse.com/5202432/ams-chef-kopf-empfiehlt-abschaffung-der-geblockten-altersteilzeit

(3) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2174313-Ende-fuer-versteckte-Fruehpension.html

(4) https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/1835/1/2008-graf-hofer-sellner-wroblewski-winter-ebmer-evaluierung-der-arbeitsmarktpolitischen-wirkungen-des-altersteilzeitgeldes.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit mit 01.01.2024 vorsieht."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


15.56.26

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete, Zuseherinnen und Zuseher! Vielleicht zuerst zum Antrag, um den es im Tagesordnungspunkt 14 geht. Es gibt dieses Bundesverfassungsgesetz, das vorgibt, dass die Altersgrenze mit 1. Jänner 2024 zu erhöhen ist, und ja, es gibt die Möglichkeit, das in die eine oder andere Richtung auszulegen. Wir haben uns ganz bewusst für jene Aus­legung entschieden – und das sage ich dazu –, die den Frauen zugutekommt. Ich halte das für vertretbar. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben uns des Weiteren dafür entschieden, die wie wir meinen verfassungs­konforme Variante zu wählen. Wenn es eine Option gibt, verfassungskonform zu sein und im Zweifel eine Regelung zu treffen, die den Frauen zugutekommt, die sich ja in den letzten 20, 30 Jahren nun wirklich nicht über eine Bevorteilung freuen konnten, dann werden wir eben diese Variante wählen – und haben sie auch gewählt.

Zur zweiten Debatte: Also die Bandbreite zwischen dem, was Kollege Loacker fordert, und dem, was Kollege Muchitsch fordert, ist beträchtlich. (Abg. Leichtfried: Das ist aber normal! – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.) Dem einen ist es viel zu viel, dem anderen ist es viel zu wenig. Ich werde jetzt zu erläutern


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versuchen, warum wir bei der Pensionsanpassung und auch bei den Teue­rungsabgeltungen versuchen, die Balance zwischen sozialer Gerechtigkeit (Abg. Belakowitsch: Nein, nichts von sozialer Gerechtigkeit!) und Hilfe für jene zu halten, die sie brauchen, aber auch auf das Budget zu schauen.

Es ist unbestritten, dass bei Pensionserhöhungen – und darum geht es ja bei der Frage der Aliquotierungen – bei einer hohen Inflation die Aliquotierungsregelung zu Benachteiligungen führen kann. Das war exakt der Grund, warum wir das im heurigen Jahr bei der Pensionserhöhung berücksichtigt haben, zur Hälfte abge­golten haben (Abg. Belakowitsch: Hält leider nicht nachhaltig!) und zusätzlich noch im heurigen März eine Auszahlung von bis zu 400 Euro erfolgt, um die zusätzlichen Inflationskosten und auch die Heizkosten abzugelten.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass eine durchschnittliche Pensionistin und ein durch­schnittlicher Pensionist in Österreich aufgrund der Zahlungen der Regierung 1 400 Euro zusätzlich bekommt, und damit ist die Inflation weitestgehend abge­golten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir sind uns bewusst, dass im heurigen Jahr die Durchrechnung vom letzten Sommer bis zum heurigen Sommer auch eine hohe Inflationsrate ergeben wird. Wir sind uns auch bewusst, dass deshalb diese nachteiligen Effekte, die wir heuer hatten, auch entstehen werden. Wir werden uns deswegen im Rahmen der nächsten Pensionsanpassung, also der heurigen, auch da um eine Lösung bemühen.

Jetzt noch einen Satz dazu, weil auch sehr oft die Rede davon ist, wir hätten als Bundesregierung viel zu wenig auf die Teuerungsentwicklungen und die Krisensituationen reagiert: Wir haben das jetzt noch einmal zusammengetragen, und ich würde es Ihnen gerne in aller Kürze nur überblicksmäßig noch einmal vor Augen führen.

Das erste Antiteuerungspakt im Jänner 2022 hatte ein Volumen von 1,7 Milliarden Euro. Darin enthalten waren der Energiekostenausgleich, die


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300 Euro Teuerungsausgleich für die vulnerablen Gruppen, der Entfall des Ökostromförderbetrages et cetera pp.

Das zweite Antiteuerungspaket vom März 2022 hatte ein Volumen von 2,2 Milliarden Euro. Es beinhaltete die Erhöhung des kleinen und großen Pendlerpauschales, die Senkung der Elektrizitätsabgabe, Preissenkungen im öffentlichen Verkehr und anderes mehr.

Das dritte Antiteuerungspaket vom Juni 2022 hatte ein Volumen von 17,3 Mil­liarden Euro. Sie kennen es, es war umfangreichst – angefangen von der Familienbeihilfe, dem Familienbonus bis hin zum Teuerungsabsetzbetrag und Ähnlichem mehr.

Dazu kommen die Abschaffung der kalten Progression und die weiteren Ent­lastungsmaßnahmen wie die Stromkostenbreme im Dezember 2022 mit 3,8 Milliarden Euro bis 2024, der Wohn- und Heizkostenzuschuss mit rund 450 Millionen Euro, die Aufstockung beim Wohnschirm plus die Valo­risierung der Sozial- und Familienleistungen ab 1.1.2023.

Wenn Sie diese Zahlungen der Bundesregierung einem internationalen Vergleich zuführen – das haben wir gemacht –, dann zeigt sich, dass Österreich im europäischen Vergleich unter den top drei aller Mitgliedstaaten der Europä­ischen Union liegt. Nur Luxemburg hat mehr ausgegeben, nach uns kommt Italien. Wir sind da im Spitzenfeld der europäischen Staaten, was die Abgeltung der Teuerungen angeht. Das ist Geld, das bei den Menschen spürbar ankommt, und ich wage zu behaupten, wir haben die sozialpolitische Verant­wortung in dieser Situation auch wahrgenommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Einmal eine reguläre Wortmeldung vom Abge­ordneten Hammer, schau!)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 270

16.01.48

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Leichtfried, weil Sie mich schon mehrfach durch Zwischenrufe mehr oder weniger zu Zwischenrufen auffordern oder anstacheln, darf ich sagen: Wir nehmen das sehr ernst (Abg. Belakowitsch: So schaust du eh aus, so ernsthaft!); das sind die ersten regulären Sitzungen mit neuem Stil. Wir werden uns ent­sprechend mäßigen. (Abg. Leichtfried: Das ist sehr gut!) Folgen Sie diesem Beispiel!

Wir beschäftigen uns mit einer Anpassung, einer Präzisierung des Frauen­pensionsalters. Uns als ÖVP war und ist die Absicherung des Pensionssystems, vor allem was die Höhe der Pensionen betrifft, speziell auch für Frauen, immer ein großes Anliegen. Wir haben uns daher immer wieder auch im Rahmen von Reformen entsprechend für das Pensionssystem eingesetzt.

Die vorliegende, das Frauenpensionsalter betreffende Anpassung, die mit dem heurigen Jahr beginnt, wurde 1992 mit Verfassungsmehrheit beschlossen. Wenn man sich das rückblickend anschaut, erkennt man, dass man offenbar mit der SPÖ bei Gesetzen, die erst 30 Jahre später in Kraft treten, auch große Würfe machen konnte. Vielleicht bringen wir das bei anderen Materien, die schneller wirken, auch einmal zusammen. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Genau! – Abg. Wurm: Ui!)

Es ist von Vorrednern schon des Öfteren angesprochen worden, es geht um eine Veränderung des Stichtages, damit im Dezember Geborene nicht automatisch ein höheres Pensionsantrittsalter haben. Es ist auch über die Kosten gesprochen worden. – Herr Kollege Loacker, natürlich kostet das Geld, weil es betroffene Frauen auch begünstigt. Man sollte bei solchen Aussagen auch dazusagen, dass diese angesprochene Milliarde über die gesamte Laufzeit geht. Es wird immer suggeriert, das würde sofort 1 Milliarde Euro kosten, das verteilt sich aber auf die gesamte Pensionslaufzeit. Das ist auch sehr viel Geld, aber man sollte es in


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das richtige Verhältnis rücken. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: So schaut Begeisterung aus!)

Es sind die Pensionsanpassungen, die Pensionserhöhungen im Zusammenhang mit der Inflation angesprochen worden. Ich glaube, wir sollten uns in der Diskus­sion – der Herr Bundesminister hat das jetzt auch sehr klar und sehr treffend ausgeführt – ganz allgemein auf das besinnen, was eigentlich gesetzlich vorgese­hen ist, betreffend den Anpassungsfaktor der Pensionen. Das wäre einmal eine gute Ausgangsbasis. Die FPÖ nennt ja wieder total überschießende Beträge.

Zum anderen sollten wir natürlich den politischen Gestaltungsbereich mitdenken, damit man auf spezielle Situationen wie die Teuerung, wie die Inflation ent­sprechend reagieren kann. Das hat man mit der letzten Pensionsanpassung, die sich auf jeden Fall sehen lassen kann, auch gemacht. Der Herr Minister hat heute hier auch zugesagt, dass man bei der nächsten Anpassung wieder die aktuellen Entwicklungen berücksichtigt.

Weil auch ein Antrag vorliegt, der den Zuverdienst in der Alterspension betrifft: Ich glaube, man ist dran, es wird gerade verhandelt, dass man die Attraktivität, länger im Erwerbsleben zu bleiben, erhöht. Man muss sich das gesamthaft anschauen. Bei der Sozialversicherung, bei den Pensionsbeiträgen wird das relativ leicht gehen. Betreffend Besteuerung muss man natürlich auch schauen, wie das bei einem normalen Arbeitnehmer geht, der sich etwas dazuverdient – da muss man auch gleichbehandeln; das muss man sich anschauen.

Die heute zu beschließende Novellierung ist sicher eine wichtige und bringt für die betroffenen Frauen erstens Sicherheit, aber auch eine entsprechende Besserstellung. Ich bitte, dem auch zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.



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16.05.29

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich weiß jetzt gar nicht, auf wen aller ich reagieren soll. Herr Bundesminister, Sie haben erwähnt, dass Luxemburg noch mehr ausgegeben hat. Ich darf alle in diesem Saal erinnern, dass Luxemburg eine Inflationsrate von 5,4 Prozent hat, wir haben gerade ein Rekordniveau von 11,1 Prozent erreicht. (Abg. Leichtfried: Ah, da schau her!)

Herrn Kollegen Loacker, der im Jahr 1990 noch jugendlich war (Abg. Leichtfried: Na ja, weiß ich nicht! Da wäre ich mir nicht so sicher!), möchte ich sagen, dass der Verfassungsgerichtshof, als er die Gleichheitswidrigkeit des unterschiedlichen Antrittsalters festgestellt hat, völlig – völlig! – ausgeblendet hat, dass Männer- und Frauenleben völlig unterschiedlich sind – von der Bezahlung, der gesell­schafts­politischen Dimension und von der ökonomischen und familiären Dimension her. (Abg. Kucharowits: Genau!)

Daher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als Erinnerung für alle, die sich hierherstellen und über das Frauenpensionsantrittsalter sprechen – wir haben nichts dagegen, dass es mit nächstem Jahr schrittweise angehoben wird, das ist ja verfassungsrechtlich abgesichert, das ist ja keine Frage –: 1991 hat Johanna Dohnal, damals Frauenministerin, mit dem ÖGB, mit der AK, hauptsächlich mit den Frauen in diesen Organisationen, mit NGOs und mit allen im Parlament vertretenen Parteien – außer der FPÖ, die war damals bedauerlicherweise nicht dabei (Abg. Belakowitsch: Wir sind auch heute nicht dabei!) – ein Gleichstel­lungspaket geschnürt, das diese sozusagen langen Übergangszeiten abgesichert hat. Jetzt schreiben wir das Jahr 2023 und wir brauchen immer noch – ich weiß nicht – 100 Jahre, bis Gleichstellung beim Lohn erreicht ist. 30 Jahre haben nicht ausgereicht, um Lohngleichheit herzustellen und den Abbau der Schlechter­stellung von Frauen zu bewerkstelligen.

Damals wurde auch eine zweijährige Berichtspflicht eingeführt: Es sollte berichtet werden, wie der Abbau der Benachteiligung von Frauen vonstatten­geht. Diese


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ist 2018 ausgelaufen. Die jetzige Ministerin hat seither nichts getan (Ruf bei der ÖVP: Das haben Sie gemacht!) – sie macht im Übrigen für Frauen auch sonst nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager. – Abg. Sieber: Nichts habt ihr zusammengebracht! – Abg. Kirchbaumer: ... so ein Blödsinn! So einen Unsinn von sich geben! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Zopf.) – Frau Kollegin Zopf, ich rede über das Frauenpensionsantrittsalter. Haben Sie diesbezüglich etwas von der Frau Ministerin gehört? Ich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Matznetter: Wir haben eine Frauenministerin?! Kann mir die jemand zeigen?)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen mitgeben, dass es außerdem so ist, dass - - (Abg. Salzmann: Das Frauenbudget war noch nie so hoch wie jetzt!) – Und wie viele Frauenmorde hat es heuer schon gegeben? Wie ist der Gewalt­schutz für Kinder und Jugendliche vonstattengegangen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sind ein bisserl blind auf einem Auge, habe ich das Gefühl – wirklich wahr! (Beifall bei der SPÖ.)

Um zum Abschluss zu kommen: Wir begrüßen, dass beim Pensionsantrittsjahr diese Präzisierung vorgenommen wurde, wir bedauern hingegen, dass unser Antrag, dass Frauen, die schon in Pension sind, von der höheren Beitragsgrund­lage profitieren können, dass man diesen Frauen einen Fuffziger im Monat draufgibt, heute abgelehnt wird – nach, ich glaube, sieben Mal vertagen. Das ist sehr bedauerlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Wieso nicht einen Schnitzelgutschein?)

16.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Hamann. – Bitte sehr.


16.09.03

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Lieber Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Ich fände es sehr schade, wenn in der allgemeinen Aufregung ein Punkt untergeht, über den ich noch ein paar Worte verlieren


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möchte, nämlich der von Kollegen Koza bereits erwähnte Bildungsbonus, der wirklich eine großartige Sache ist, auch aus bildungspolitischer Perspektive.

Arbeitslosigkeit ist für Menschen oft eine Zäsur. Da wollen sie sich neu orien­tie­ren, da denken sie darüber nach, eventuell auch den Beruf zu wechseln, eine neue Ausbildung zu machen. Dieser Bonus hilft den Menschen über diese Zeit hinweg, er wird Zigtausenden Menschen ermöglichen, sich in dieser Zeit neu zu orientieren. Das bringt dem Einzelnen neue Perspektiven und der Gesellschaft insgesamt die Fachkräfte, die wir dringend brauchen, und deswegen ist das eine großartige Sache. (Beifall bei den Grünen.)

Ich denke da speziell an Zukunftsbereiche wie die Green Jobs, deren Zahl wir ja ausbauen wollen. (Abg. Belakowitsch: Green Jobs? Ich habe geglaubt, für die Pflege braucht’s das! So kann man sich irren!) Ich denke aber auch an einen anderen Bereich, in dem wir dringend Fachkräfte brauchen, und das sind die Kinder­gärten.

Für Elementarpädagog:innen wird es in Anlehnung an das Modell, das wir schon beim Stipendium für Pflegeberufe erproben, eine noch weiter gehende För­der­maßnahme geben, nämlich dass man für die Zeit dieser Ausbildungen die Deckung der Lebenshaltungskosten bekommt. Warum ist das so super und wichtig? – Weil jede zusätzliche Elementarpädagogin in diesem Land die Arbeitsbedingun­gen in den Kindergärten weiter verbessert, weil das den Stress in den Ein­richtungen reduziert, kleinere Gruppen ermöglicht und die Qualität erhöht, die wir dort auch dringend brauchen.

Jede zusätzliche Elementarpädagogin macht auch den Familien, den Müttern und Vätern in diesem Land das Leben leichter und ermöglicht es ihnen, arbeiten zu gehen. Viele von jenen sind ja auch die Fachkräfte, die wir am Arbeitsmarkt so dringend brauchen. Das heißt, die Ausbildung von Elementarpädagog:innen ist auch gut für den Arbeitsmarkt insgesamt, zusätzlich natürlich auch für das Bildungs­wesen, für die Gesellschaft, für die Familien und für die Kommunen.


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Deswegen lautet meine große Hoffnung und mein Appell, dass möglichst viele Menschen dieses tolle Angebot annehmen, nämlich den Bildungsbonus und auch die speziellen Fördermaßnahmen für Elementarpädagog:innen. Vielleicht noch mein Appell an die Länder: Stellen Sie die Pädagog:innen dann auch zu Arbeits­be­dingungen an, die so attraktiv sind, dass diese auch im Beruf bleiben! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr.


16.11.39

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wir haben heute schon vieles über die Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer gehört. Das wurde im Jahr 1992 das erste Mal beschlossen, 2004 nochmals. Wir sind ein bisschen enttäuscht, Herr Bundesminister, weil wir gedacht hätten, dass man, wenn Sie es jetzt noch einmal reformieren und noch einmal neu überarbeiten, tatsächlich auch einmal hätte überarbeiten und überlegen können, ob man da nicht auch Kindererziehungszeiten mit hineinnimmt und mit hineinarbeitet.

Es macht nämlich schon einen Unterschied: Es gibt überhaupt keinen Grund, warum eine kinderlose Frau früher in Pension gehen sollte als ein Mann. Die Frage ist aber: Frauen, die Doppel- und Mehrfachbelastungen haben, die viel­leicht drei, vier Kinder aufgezogen haben, haben natürlich ihr ganzes Leben Doppelbelastungen. Warum hat man das beim Pensionsantrittsalter nicht berück­sichtigt? Das wäre unser Zugang gewesen und das hätten wir uns gewünscht. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sind da stur den Weg gegangen.

Das betrifft aber auch andere Bereiche: Ich habe heute auch einen Antrag dazu hier, dass es eine echte Pensionsanpassung braucht, der heute noch zur


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Abstimmung kommt. Sie stellen sich hierher, lesen irgendwelche Milliarden­beträge vor, Herr Bundesminister. Das sind zwar hohe Beträge, allein die Bürger spüren das nicht, die Pensionisten spüren das nicht! Ihre Einmalzahlungen sind etwas, was auch nicht nachhaltig ist, denn die sind bei der nächsten Pensions­erhö­hung nicht mehr dabei. Das heißt: Wenn Sie jetzt unter der Inflationsrate erhöhen, dann bleibt das einfach niedriger.

Genauso haben Sie die Änderung vorgenommen, dass jemand, der im November oder Dezember in Pension geht, im nächsten Jahr einfach keine Anpassung kriegt – aber auch die spüren die Inflation. Das heißt, da wird überall runterge­schnitten. In Zeiten einer Teuerungsexplosion, in Zeiten von Rekordinfla­tionsraten nehmen Sie den Bürgern etwas weg. Sie schneiden runter. Sie haben die Langzeitversicherung schlicht und einfach völlig ungerechtfertigt abge­schafft. Sie nehmen da weg, Sie nehmen dort weg. Hören Sie damit auf! Kommen Sie dorthin, wo die Bürger Sie brauchen, und werden Sie ein bisschen sozialer! Sie sind Sozialminister. (Beifall bei der FPÖ.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte sehr.


16.14.00

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ersten begrüße ich einmal die Regelung, die gesetzt wird: dass wir bei den Frauenpensionen eine Anpassung vornehmen, die sicherlich gegenüber dem, was es ursprünglich war, günstiger ist. Ich meine, wir haben damals, vor mehr als drei Jahrzehnten, dieses Gesetz mitgetragen. Es war sicherlich weitreichend gedacht, aber auf der anderen Seite ist es halt auch mit Herausforderungen verbunden, wenn man ein Verfassungs­gesetz beschließt, dass drei Jahrzehnte später in Kraft tritt, das muss man dazusagen. Da kommt es auch zu derartigen Problemstellungen und Herausfor­derungen. – Das ist das Erste, und ich begrüße das einmal.


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Zum Zweiten ist es mir als jemand, der zwei Jahrzehnte diesem Hohen Haus angehört, wichtig, dass man schon einmal auch die Faktenlage darlegt: Wie hat sich denn die Situation überhaupt ergeben? Warum findet die Valorisierung von Menschen, die heuer in Pension gehen, im Folgejahr nicht zur Gänze statt? (Abg. Belakowitsch: Das haben wir ja schon gehabt!) – Das waren Pakete, die nach extremen Finanz- und Wirtschaftskrisen beschlossen wurden. Es geschah 2008, es geschah 2011, dass ausgesetzt wurde, dass es, wenn man in Pension geht, überhaupt eine Anpassung im Folgejahr gibt. Diese Beschlüsse haben wir damals gemeinsam mit der Sozialdemokratie herbeigeführt. Sie waren damals notwen­dig, damit im Budget und in der Pensionsfinanzierung überhaupt eine Stabilität gewährleistet werden konnte.

Und dann hat es ein paar Tage vor der letzten Nationalratswahl den Casino­parlamentarismus gegeben (Zwischenruf des Abg. Angerer), als das zur Gänze über Bord - - (Abg. Holzleitner: Casinoparlamentarismus? Das heißt freies Spiel der Kräfte, nicht Casinoparlamentarismus!) – Nein, das war Casinoparlamentarismus. (Abg. Holzleitner: So gehen Sie mit dem Hohen Haus um? Wie lange sind Sie denn jetzt schon da? Das ist ja unfassbar!) Ihr müsst auch einmal erklären, warum ihr zuerst einem - - (Zwischenrufe bei der FPÖ sowie des Abg. Matznetter. – Ruf bei der SPÖ: Da warst du mit dabei ...! – Abg. Holzleitner: Das freie Mandat als Casino­parlamentarismus zu bezeichnen, Herr Kollege! Herr Präsident ..., was ist das für ein Umgang mit dem Hohen Haus? Was ist das für ein Umgang mit dem Hohen Haus?!) Frau Kollegin, die SPÖ hat zuerst einer Situation zugestimmt, dass ein ganzes Jahr – insgesamt bis zu 23 Monate! – nicht angepasst wurde. (Abg. Holzleitner: Sie patzen die ganze Institution an!) Dem habt ihr zugestimmt, und dann verändert ihr in einem Satz das System derart, dass es wieder ungerecht wird. (Abg. Holzleitner: Das ist beschämend für einen so langjährigen Abgeordneten! – Ruf bei der ÖVP: Zuhören! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Dass man im Dezember in Pension geht, aber im Jänner die volle Anpassung kriegt, kann man ja auch niemandem erklären.


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Deshalb haben wir die Aliquotierung in dieser Regierungskonstellation einge­führt und gesagt (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Wenn man im Jänner geht, kriegt man im darauffolgenden Jänner die volle Anpassung; wenn man in der Mitte des Jahres geht, die halbe; und wenn man halt erst im August oder im September geht, dann bekommt man je Monat um ein Zehntel weniger. (Abg. Heinisch-Hosek: Das kann man sich nicht aussuchen!) Das hat diese Koalitions­regierung beschlossen, weil es aus unserer Sicht gerechter ist.

Da es gerade eine Inflation von über 8 Prozent gibt, haben wir gesagt: Im zweiten Halbjahr wird es jedenfalls die halbe Anpassung geben, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob der Inflationswert 1, 2 oder 3 Prozent oder 8, 9 oder 10 Prozent beträgt.

Ich lege schon Wert darauf, dass hier die Faktenlage dargelegt wird, wie das in der Vergangenheit zustande gekommen ist. (Abg. Scherak: Dass die ÖVP mitge­stimmt hat!) Ihr habt Gesetze selber mitgetragen, mit denen eine total schlechte Situation eingeführt worden ist. Dann wurde sie, auch durch diese Bundesre­gierung, wesentlich verbessert – und es ist mir schon auch wichtig, das zu sagen.

Natürlich: Wenn man die ganzen Maßnahmen dazurechnet, die wir für die Pensionistinnen und Pensionisten mitbeschlossen haben, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass gerade in den untersten Einkommensbereichen die Inflation jedenfalls abgedeckt ist. – Das hat diese Koalition zustande gebracht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Muchitsch ist zu Wort gemeldet. (Abg. Heinisch-Hosek – die Hand hebend –: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte? (Abg. Heinisch-Hosek: Zur Geschäftsbehandlung!) – Zur Geschäftsbehandlung, bitte sehr.

*****



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16.17.46

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wöginger (Ruf bei der ÖVP: Klubobmann!), ich bin eigentlich sehr enttäuscht von Ihnen (Ruf bei der ÖVP: Wir von Ihnen!) und auch von Ihnen, Herr Präsident – ich darf das hier so sagen –, denn Sie klingeln, wenn eine Abgeordnete durch einen Zwischenruf versucht, das, was Herr Abgeordneter Wöginger gesagt hat, zu relativieren.

Er bezeichnet dieses Hohe Haus, in dem wir uns alle ja viele Dinge vorgenom­men haben – wir sind jetzt seriös und mäßigen uns in unseren Redebeiträgen (Widerspruch bei der ÖVP – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) –, und das freie Spiel der Kräfte als Casinoparlamentarismus. – Sie fühlen sich betroffen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen ist es jetzt so laut da drüben. (Abg. Kirchbaumer: Ach so ein Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich ersuche Sie daher um einen Ordnungsruf für Abgeordneten Wöginger. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wurm. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

16.18

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. (Abg. Michael Hammer: Reiner Populismus! Wahlzuckerl, mehr war es nicht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Eßl, Belakowitsch, Scherak und Stögmüller.) – Dürften wir wieder? Abgeordneter Muchitsch ist am Wort. Belassen wir die Aufregung wieder etwas! (Unruhe im Saal.) – Warten Sie noch ein bissel, bis sich die Sache beruhigt. Herr Abgeordneter Muchitsch, Sie sind am Wort. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)


16.19.04

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Eine tatsächliche, seriöse Berichtigung: Herr Klubobmann Wöginger hat behauptet, die Aliquotierung wurde im Zuge von Krisen mit unserer Beteiligung 2008, 2009 eingeführt.


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Ich stelle richtig: Es war 2003. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich zitiere: Die schwarz-blaue Regierung hat „unter Wolfgang Schüssel 2003 eine Wartefrist eingeführt: Die erste Pensionserhöhung wurde fortan erst im übernächsten Jahr gewährt.“ – Also 2003. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das ist ja dann wieder zurück­genommen worden! – Abg. Matznetter: Nicht aufregen ...! – Ruf bei der ÖVP: Nicht so laut ...!)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich verlege die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

16.19.5717. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3069/A der Abgeordneten Sabine Schatz, August Wöginger, Mag. Christian Ragger, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 2624/A(E) der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Heimopferrente (1925 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 17. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Scheucher-Pichler. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.20.30

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe


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Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Haus, aber auch zu Hause! Heimopferrenten­gesetz – es liegt ein Fünfparteienantrag vor, das ist wieder ein positives Zeichen des Miteinanders, und ich möchte mich bei allen bedanken, die mit dazu beigetragen haben, dass das möglich war, auch bei der Abgeordneten Sabine Schatz, die ja einen eigenen Antrag eingebracht hatte. Es zeigt, dass ein Mitei­nan­der und ein Finden eines Konsenses im Hohen Haus doch möglich ist. Das ist ein erfreulicher Aspekt, vor allem bei diesem Tagesordnungspunkt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Das Heimopferrentengesetz, die Heimopferrente ist eine symbolische – ja, es ist nur eine symbolische, denn mit Geld kann man so etwas in Wirklichkeit nicht gutmachen –, aber es ist eine wichtige, wertvolle symbolische Wiedergut­machung des Staates für körperliche, sexuelle, seelische Gewalt. Ein Gutmachen ist ja meist, wie ich schon gesagt habe, nicht möglich. Trotz Psychotherapie, trotz sozialer Begleitung, trotz psychologischer Begleitung ist eine vollständige Heilung der Betroffenen häufig nicht möglich. Sehr oft sind auch Angehörige und die Familie ein Leben lang belastet und betroffen. In den besten Fällen gelingt es, die Wunden zu heilen, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber die Narben bleiben immer.

Ich danke der Volksanwaltschaft, die sehr kompetente Arbeit leistet und die immer wieder Lücken aufzeigt, die Situationen, die, wie auch in diesem Fall, oft nur wenige Menschen betreffen, aufzeigt. Es ist aber jeder Einzelne einer zu viel. Jede einzelne Lebenssituation, jedes Einzelschicksal ist wichtig, sodass wir uns damit beschäftigen und darauf reagieren.

Mit diesem Beschluss schließen wir heute eine Lücke im Heimopferrenten­ge­setz. Demnach können in Zukunft dauerhaft arbeitsunfähige Personen, die derzeit nur deshalb keinen Anspruch auf die Rente haben, weil ihr Partner, ihre Partnerin zu viel verdient und sie deswegen Sozialhilfe nicht bekommen, die Rente auch gleich erhalten und müssen nicht bis zum Regelpensionsantritt warten. Wir schließen diese Lücke. Ausgezahlt wird die Rente auch rückwirkend.


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Zudem reagieren wir auch auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, auch das möchte ich erwähnen. Der Oberste Gerichtshof hat festgestellt, dass eine individuell vereinbarte, gerichtlich zuerkannte Entschädigung nicht ausschließt, diese Rente zu beziehen, ebenso wie das auch bei Heimopfern, für die es ja pauschalierte Leistungen gibt, möglich ist.

Da nicht alle abgeschlossenen Fälle automatisch wieder aufgerollt werden können, wird jetzt eine gesetzliche Regelung getroffen. Anspruch haben eben, wie bereits erwähnt, speziell Personen und Kinder, die in einem Heim oder in einer entsprechenden Einrichtung misshandelt, missbraucht wurden, denen Gewalt widerfahren ist.

Meine Damen und Herren, Prävention und Opferschutz können wir nicht hoch genug schätzen. Ich begrüße daher auch ganz dezidiert die Maßnahmen der Regierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Sie beinhalten weitere Präventivmaßnahmen, eine Stärkung der Ermittlungs- und Aufklärungsbefug­nisse, höhere Strafen, weitere Maßnahmen im Bereich des Opferschutzes und auch der Täterarbeit, verpflichtende Kinderschutzkonzepte an Schulen. Vereine und Institutionen sollen Unterstützung erhalten, um Schutzkonzepte zu erar­beiten, ein Gütesiegel soll kommen – auch das halte ich für wichtig und motivie­rend –, und eine österreichweite Kinderschutzkampagne wird gestartet.

Meine Damen und Herren, finanzielle Entschädigungen sind wichtig. Sie stehen vor allem auch für Anerkennung des Unrechts, und gerade das ist Opfern ganz besonders wichtig. Wir beschließen heute wichtige Verbesserungen. Was wir aber auch brauchen, ist mehr Empathie in der Gesellschaft, ein Hinhören, ein Zuhören, ein Ernstnehmen. Es gilt, Hilfeschreie, die oft lautlos sind, zu bemerken, wachsam zu sein. Das muss uns in dieser Gesellschaft meiner Ansicht nach noch besser gelingen. Ich wünsche uns, dass uns das in den nächsten Jahren doch besser gelingt als in der Vergangenheit. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und Weratschnig.)

16.25



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


16.25.20

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns aktuell auch aufgrund von aktuellen Ereignissen sehr intensiv mit dem Thema Gewalt und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. In vielen Bereichen war das lange, lange, lange, auch in der Zweiten Republik, ein Tabuthema.

Seit 2017 ist das Heimopferrentengesetz in Kraft. Betroffene, also Kinder und Jugendliche, die zwischen 1945 und 1999 von ihren Familien weggebracht werden mussten und in Heimen, bei Pflegefamilien oder in Krankenanstalten fremduntergebracht worden sind und dort nicht den erwarteten Schutz erfahren haben, sondern das Gegenteil, Gewalt und Missbrauch, erlitten haben, haben seit 1. Juli 2017 Anspruch auf eine sogenannte Heimopferrente. Diese Heim­opfer­­rente wird jährlich valorisiert und beträgt aktuell 367,50 Euro und wird in etwa an 2 000 Personen ausgezahlt.

Angesiedelt ist die Heimopferrente bei der Volksanwaltschaft, konkret bei Volksanwalt Bernhard Achitz, wo die Anträge, die einlangen, von der Renten­kommission geprüft werden. Alleine im Jahr 2022 ist nach einem Einbruch während der Coronajahre, wenn ich das so nennen darf, wieder eine erhöhte Zahl von Anträgen eingelangt: Es sind ungefähr 500, die die Volksanwaltschaft erreicht haben. Das zeigt die Notwendigkeit, die in diesem Bereich immer noch gegeben ist, auch wenn das Heimopferrentengesetz jetzt doch schon einige Jahre in Kraft ist.

Bei der Abarbeitung dieser Anträge hat sich eben gezeigt, dass es im Gesetz einige Lücken gibt, die wir mit der vorliegenden Gesetzesvorlage gemeinsam, über alle Parteien hinweg, heute schließen werden.


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Bisher haben Betroffene vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters, wenn sie arbeitsunfähig sind und auch nicht beim AMS als arbeitssuchend gemeldet sind, aber sonst alle Voraussetzungen für die Heimopferrente erfüllen und nur aus dem einen Grund keine Sozialhilfe beziehen, weil das Partner-, Partnerinneneinkommen oder Haushaltseinkommen verhindert, dass sie eine Sozialhilfe beziehen, keine Heimopferrente erhalten. Diese Ungerechtigkeit wird mit dieser Gesetzesvorlage jetzt beseitigt, diese Lücke wird geschlossen. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Auch wenn es nicht eine große Menge von Personen betrifft: Für jene, die es betrifft, ist es ganz, ganz wichtig und von uns allen ein gemeinsames solidarisches Zeichen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Der Antrag kommt aber auch einem OGH-Urteil nach. Künftig werden auch jene Fälle in den Anwendungsbereich der Heimopferrente fallen, die keine pauscha­lierte, sondern eine individuelle Entschädigungszahlung erhalten haben. Zudem wird klargestellt, dass bei Opfern künftig, wenn sie alle Voraussetzungen erfül­len, das Gewaltdelikt sozusagen nicht mehr gesondert geprüft werden muss, unab­hängig davon, ob sie eine pauschalierte oder individuelle Entschädigungszahlung bekommen haben.

Ja, das sind Vereinfachungen, die wir in Form einer gemeinsamen Gesetzeslö­sung heute beschließen werden. Ja, das wird nicht allzu viele Menschen betreffen, aber für jene, die es betrifft, die traumatische Kindheitserfahrungen gemacht haben, die diese Gewalterfahrungen, dieses Trauma oft ihr Leben lang mittragen, darunter leiden, auch entsprechend arbeitsunfähig sind, für diese Menschen werden wir heute ein gemeinsames Zeichen setzen.

Ich möchte mich explizit auch bei allen hier im Haus vertretenen Parteien bedanken, dass wir es hier sozusagen aus der Initiative heraus geschafft haben, diese Gesetzesvorlage im Interesse der Betroffenen gemeinsam auf den Weg zu bringen. – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und Grünen.)

16.29



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grebien. – Bitte.


16.29.22

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Zuseher:innen hier, aber auch zu Hause! Kollegin Schatz hat in ihrer wunderbaren Rede – ich gratuliere dazu – jetzt wirklich alles zusammengefasst, nämlich die Entstehung der Heimopfer­rente 2017 sowie die Gründe, warum diese gemacht worden ist und warum wir jetzt Kleinigkeiten ändern, die für einzelne Betroffene aber dazu führen, dass sie einen Anspruch auf die Heimopferrente haben. Ich habe aber meine Rede schon vorbereitet, daher werde ich sie auch halten.

Wie Kollegin Schatz schon richtig gesagt hat, ist die Heimopferrente 2017 für Kinder und Jugendliche, die in der Nachkriegszeit in Heimen oder bei Pflege­eltern der Jugendfürsorge untergebracht waren, eingerichtet worden. Mit einer Änderung 2018 sind dann Personen, die in Kranken-, Psychiatrie- und Heil­anstalten untergebracht waren und dort starker Gewalt ausgesetzt wurden, auch als Anspruchsberechtigte für die Heimopferrente hinzugefügt worden.

Wir reden da von Tatbeständen wie Einsperren von Bewohner:innen, körper­licher Züchtigung – genau so ist der Wortlaut, und das kommt auch aus einer sehr, sehr dunklen Zeit unserer Geschichte –, erzwungenes Wiederessen von bereits Erbrochenem, Erniedrigungen am laufenden Band. Kinder mit Behinde­rungen im Rollstuhl hat man zum Beispiel stundenlang in der Kälte stehen gelassen, man hat das als eine geeignete Methode empfunden, damit sie lernen, oder man hat Personen in eiskaltem Wasser ein Bad nehmen lassen, und es gab viele, viele weitere Grausamkeiten.

Personen mit und ohne Behinderungen, denen solch massive Gewalt zwischen dem 9. Mai 1945 und dem 31.12.1999 in den oben genannten Einrichtungen widerfahren ist, können einen Antrag auf Heimopferrente stellen.


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Jetzt haben sich durch den Bericht der Volksanwaltschaft aber Lücken gezeigt, wie Kollegin Schatz richtig gesagt hat, diese beheben wir. Ich danke auch Kollegin Schatz, sie hat das aufgegriffen, ist auf uns alle zugekommen und hat gefragt, ob das nicht auch im Sinne von uns allen ist – dem wurde sofort zugestimmt. Das ist auch nicht immer selbstverständlich, dass wir so aufeinander zukommen oder -gehen. Egal, wie viele oder wenige es betrifft, es ist not­wendig, wir haben eine Verpflichtung aus unserer Geschichte. Wir haben nicht nur die Verpflichtung – Kollegin Belakowitsch, Sie haben gesagt, es wurde viel verschwiegen –, dass wir uns daran erinnern, sondern auch die Verpflichtung, dass wir Maßnahmen setzen, dass so etwas nicht wieder passiert – das darf nicht sein –, und dass wir diesen Menschen auch glauben.

Ich danke allen Fraktionen dieses Hohen Hauses, vor allem Kollegin Schatz, der Volksanwaltschaft und dem Obersten Gerichtshof für die Klärung. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.


16.32.25

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich kann mich Kollegin Grebien anschließen: Dieses Gesetz ist ein Vorbildbeispiel dafür, wie man auch über die Parlamentsfraktionen hinweg zusammenarbeiten kann, das funktioniert sehr gut.

Ich möchte, weil viele Bürger uns ihre Anliegen vortragen, noch einmal etwas klarstellen: Wenn jemandem dieses Unrecht und Unheil in einer Einrichtung der Kirche widerfahren ist, liegt das nicht in der Verantwortung der Republik, sondern in der Verantwortung der Kirche und muss von dieser kompensiert und abgebüßt werden – und nicht von der Gemeinschaft der Steuerzahler. Wenn das staatliche Einrichtungen waren, sehr wohl, dann liegt die Verantwor­tung bei den Steuerzahlern. Das ist unangenehm und mag ungerecht


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erscheinen, aber es kann nicht jemand verantwortlich, auch finanziell verant­wortlich, gemacht werden, in dessen Bereich das nicht liegt.

Weil vorher die Frage gekommen ist, wie sich bei uns manchmal der Parlamen­tarismus so gestaltet: Ich würde jetzt natürlich nie den Ausdruck Casino­parlamentarismus verwenden, aber dass kurz vor Wahlen die Großzügigkeit überhandnimmt, davor sind natürlich auch große Fraktionen nicht gefeit. Ich erin­nere mich zum Beispiel, man wollte unbedingt eine verdoppelte Pensions­erhöhung durchbekommen, als Wahlgeschenk, und nimmt dann in Kauf, dass eine abschlagsfreie Frühpension daherkommt, denn wenn man das rote Geschenk kübelt, hätte man auch das eigene Geschenk kübeln müssen. Also da ist es einem dann egal, wie viel Geld der nächsten Generationen in der Sekunde zum Fenster hinausgehen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit zwischen den Leistungsbeziehern und den Beitragszahlern, dass wir immer auch an die denken, die in 30, 40, 50 Jahren in Pension gehen, denn: Die Menschen heute sollen es gut haben, aber die in 50 Jahren bitte auch. (Beifall bei den NEOS.)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Nein.

Ich verlege die Abstimmung wie vereinbart an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

16.34.3518. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3072/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zweck­zuschuss an die Länder für die Jahre 2022 und 2023 für die Erhöhung des Entgelts in der Pflege (Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG) geändert wird (1926 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zum 18. Tagesordnungs­punkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist wieder Abgeordneter Muchitsch. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.34.55

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei Tagesordnungspunkt 18 geht es wieder einmal um den so umstrittenen Pflegebonus, einen Pflegebonus, der nicht für alle berufstätigen Menschen in der Pflege gilt. Die ausgearbeiteten Gesetzesvorlagen der Regierung dazu sind unvollständig, schlampig und nicht nachvollziehbar. Sie sind aber vor allem diskri­minierend und ungerecht; ich werde jetzt erläutern, warum.

Zur Erinnerung: Der umstrittene Bonus wurde im Vorjahr nur an jene Pflege­kräfte ausbezahlt, die am 1. November tatsächlich beschäftigt waren. Wer zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigt war oder nach dem 1. November wieder beschäftigt wurde, hat nichts bekommen. Dann gab es das Problem, dass es von der Beschlussfassung im Plenum bis zur Auszahlung viel zu lange gedauert hat. Und die Krönung dieses Chaos war, dass der Bonus dann nicht einmal brutto für netto ausbezahlt wurde, sodass vielen nur die Hälfte davon übrig geblieben ist.

Und jetzt geht dieses Chaos im Jahr 2023 weiter. Warum? – Die Mittelausschüt­tung vom Bund an die Länder wird weiterhin nach dem Bevölkerungsschlüssel und nicht nach den tatsächlich beschäftigten Personen im Bundesland gemacht. (Abg. Gödl: Das stimmt nicht!) Das ist eine Ungleichverteilung beziehungsweise wurde es den Soziallandesrätinnen und -landesräten so zugesagt.

Weiters wird wieder nicht ein einheitlicher Betrag für alle Pflegekräfte festge­legt, sondern ein Betrag bis zu 2 460 Euro. Das ermöglicht den Ländern wieder, den Bonus in unterschiedlicher Höhe auszuzahlen, und das ist nicht gerecht. Das ist nicht das, was sich diese Menschen verdient haben, nämlich österreichweit,


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vom Bodensee bis zum Neusiedler See, einen einheitlichen Bonus zu erhalten. Das ist auch nicht gemacht worden. Neben dem ganzen Pflegedilemma geht also auch dieses Dilemma in der Finanzierung weiter.

Es ist immer wieder notwendig, diese Gesetzesvorlagen zu reparieren, und das kostet alle hier in diesem Raum Zeit, Nerven und löst nicht das Problem, denn es wird nicht dafür gesorgt, dass alle berufstätigen Menschen in der Pflege ihren Pflegebonus erhalten.

Was die Regierung heute lediglich noch einbringt, ist eine Klarstellung, dass der Pflegebonus auch für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer abrech­nungs­fähig ist – das ist richtig –, sofern sie überhaupt in die Regelung dieses Pflegebonus fallen. Und auch da wird es wieder Beschäftigte geben, die einen Bonus bekommen werden, und manche, die ihn wieder nicht erhalten werden.

Ich frage die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien ÖVP und Grüne wieder: Warum bekommen nicht alle berufstätigen Menschen in der Pflege ihren Pflegebonus? Warum bekommen nicht alle Menschen, die im gleichen Betrieb arbeiten, die Pflege leisten, die im gleichen Raum arbeiten, am gleichen Menschen arbeiten, warum bekommen nicht all diese Menschen diesen Bonus? (Beifall bei der SPÖ.) Warum bekommt die Operationsassistentin diesen Bonus nicht? Und: Warum bekommt die klassische Operationsschwester diesen Bonus, die weniger am Körper arbeitet als die OP-Assistentin? Diese Menschen fragen sich: Warum ist das so?

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vor allem Sozialsprecherinnen und Sozial­sprecher, Gesundheitssprecherinnen und Gesundheitssprecher! Ihr bekommt ja auch alle diese Mails von den Betroffenen – ob das jetzt die Beschäftigten vom Psychologischen Dienst in Tulln sind, ob das die Sozialarbeiterinnen und Sozial­arbeiter der Emmausgemeinschaft Sankt Pölten sind oder ob das die Be­schäftig­ten vom Krankenhaus in Klosterneuburg sind –, ihr habt ja alle diese Mails, in denen euch die Leute fragen: Warum bekommen wir das nicht? Warum sind wir weniger wert als andere Kolleginnen und Kollegen im gleichen


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Betrieb? – Und Sie versäumen es heute wieder einmal, das zu reparieren. Sie tun es nicht.

Eines sei Ihnen sicher: Die Betroffenen, die diesbezüglich von Ihnen nicht unterstützt werden, die da nichts bekommen, werden Ihnen das nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.


16.39.14

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen und Monitoren! Unser Ziel war und ist immer ein sehr klares: Wir wollen eine dauerhafte – und die Betonung liegt auf dauerhafte – Gehalts­erhöhung für die Menschen in der Pflege, für die Pflegerinnen und Pfleger. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das EEZG, also das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz, ermöglicht den Zuschuss an die Länder, damit eben die Länder wiederum das Geld an die betroffene Berufsgruppe weitergeben können; in dem Fall ist es die Pflege.

Wir reden da von 570 Millionen Euro, die in die Gehälter fließen. 570 Millionen Euro, die als Vorschuss für die Jahre 2022 und 2023 vom Bund an die Länder zur Verfügung gestellt werden.

Uns ist bewusst, dass es ein Pilotversuch, eine Art Pilotwagnis war, weil eben diese Vorgangsweise bis jetzt nicht erprobt war. Von Anfang an war klar, dass dieses Gesetz höchstwahrscheinlich Anpassungen brauchen wird, und das ist jetzt eben der Fall. Wir passen das EEZG an, weil, Kollege Muchitsch, die derzeitige Verteilung der Mittel nach Bevölkerungsschlüssel nicht den Beschäf­tigten in den einzelnen Bundesländern entspricht. Deswegen passen wir es jetzt auch an.


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Grundsätzlich zu dieser gesamten Pflegethematik: Ich verstehe es wirklich nicht, seit drei Jahren bin ich im Nationalrat, seit drei Jahren – wahrscheinlich war es davor auch so – höre ich von allen Seiten das Gleiche: Der Pflege geht es schlecht, den Menschen in der Pflege geht es nicht gut, die Pflege braucht unsere Unterstützung, die Pflege ist ausgebrannt, es braucht eine Reform, es braucht Verbesserungen.

Nach langen Verhandlungen stellen wir dann im Mai 2022 die größte Pflege­reform der letzten Jahrzehnte vor – 20 konkrete Maßnahmen, die wir nicht nur angekündigt haben, die zum Teil jetzt schon beschlossen sind, die zum Teil in Umsetzung sind – und es wird alles schlechtgeredet. Mir ist klar, dass wir trotz hoher Summen nach jahrelangem Nichtstun natürlich nicht im ersten Schritt alle Menschen in der Pflege erreichen werden, aber ein Großteil, ein sehr großer Teil, wird von dieser Pflegereform erreicht und spürt die Verbesserungen.

Pflegerinnen und Pfleger bekommen mehr Geld, dauerhafte und pensionswirksame Gehaltserhöhungen statt Einmalzahlungen – und die SPÖ ist dagegen. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, was da nicht stimmt. Erschwerniszulage für demenzkranke Menschen – eine Riesenentlastung für Betroffene, für pflegende Angehörige –, der Angehörigenbonus, ein wirklich herzeigbares, super Ausbil­dungspaket, ein Pflegestipendium von monatlich 1 400 Euro, all das sind Maßnah­men, die nachhaltig sind, die längerfristig sind, die Verbesserungen schaffen – und man redet es schlecht. Ich lasse mir diese Reform nicht schlechtreden!

Es ist eine gute Reform (Zwischenruf des Abg. Kucher), und ich bin froh, dass wir es gemeinsam geschafft haben, Verbesserungen für die Menschen in der Pflege zu erreichen. Wir sind noch lange nicht fertig, wir werden natürlich weiter­machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.43



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.


16.43.20

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Im Juli haben wir diesen sogenannten Pflegebonus hier beschlossen. Seither langen unzählige Mails ein, dass genau dieser Bonus an der Lebensrealität der Pflegekräfte vorbeigeht.

Es wurde auf Berufsgruppen und auf verschiedene Anstellungsverhältnisse vergessen oder sie wurden absichtlich ausgelassen, und diesen Bonus gibt es nur für zwei Jahre. Eine relativ teure Schönheitsaktion, hätte ich einmal gesagt. Langfristig bringt das für unser Gesundheitssystem leider nichts. Dement­sprechend hat das Gesetz unserer Meinung nach einen Konzeptionsfehler.

Versprochen wurde ein Monatsgehalt mehr für jede Pflegekraft, aber die Bundesländer haben unterschiedliche Höhen festgelegt, teilweise funktioniert es mit Leiharbeitern, teilweise nicht. Jetzt wollen wir das richten. Die Frage ist nur: Was ändert das? Das Budget bleibt gleich und die Bundesländer in den Krankenhäusern greifen auf Leihpersonal zurück, haben oft schlechtere Arbeit­neh­merbedingungen et cetera. Ein Monatsgehalt mehr pro Pflegekraft wird sich auf Dauer nicht ausgehen und es ändert auch nichts daran, dass Kran­kenhäuser und Pflegeheime als Arbeitgeber einfach nicht mehr attraktiv sind. Genau das ist das Kernproblem.

Wir haben 45 verschiedene Kollektivverträge in der Pflege. Wir haben einen Wettkampf um Arbeitskräfte zwischen den Bundesländern, wir haben Pflege­personal, das über Leiharbeitsfirmen arbeitet. Das ist gut für das Personal, weil es sich die Arbeitsbedingungen aussuchen kann, aber erstens erschwert es uns den Überblick, zweitens reduziert es die Personalkosten der Kranken­häuser und verfälscht so die Informationen über die stattfindende Pflege.


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Warum kann man das bitte nicht ordentlich machen? Und dann heißt es: Oh, die Bundesländer sind für die Pflege zuständig, da kann man nichts tun!

Wenn ich richtig informiert bin, wird der Finanzausgleich gerade verhandelt. Wie wäre es, wenn man da für die Bundesländer die Aufgabe stellen würde, die Pflegekräfte ordentlich anzustellen, ein gleich gutes Niveau bei der Bezahlung herzustellen und gute Arbeitsbedingungen zu garantieren? Dann könnten wir langfristig und zielorientiert an einer Lösung arbeiten und es würde keine Diskussionen mehr darüber geben, wer welchen Bonus kriegt oder nicht kriegt – wir würden die Pflegekräfte ernst nehmen und nicht zu Bittstellern für Geld­geschenke machen.

Schön wäre es, wenn Sie Interesse an einer Reform und Weiterentwicklung zeigen könnten, Sie hätten dann auch unsere Unterstützung. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


16.46.31

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn es eine Berufsgruppe gibt, die in den vergangenen Jahren besonders belastet war, dann sind das wohl die Pflegekräfte in diesem Land, die schon vor Corona oft schwierige Arbeitsbedingungen gehabt haben und die durch die hohe Belastung im Gesundheitswesen, aber auch durch das Maßnahmenregime der Bundes­regierung besonders belastet wurden und leider Gottes bis heute durch die Covid-Maßnahmen noch belastet sind.

Dass es der aktuelle Bundesminister angegangen ist, zumindest eine Pflege­reform zu versuchen, rechne ich persönlich ihm hoch an. Dabei wäre es aber gut gewesen, wenn er auf die Expertise der anderen Parlamentsparteien mehr


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Rücksicht genommen hätte, denn dann hätte man sich das ganze Drama, das sich um diesen sogenannten Pflegebonus abspielt, sparen können.

Was ist passiert? – Kollegin Ribo hat es gesagt: Im Mai vergangenen Jahres, mehr als ein Jahr, nachdem man noch geglaubt hatte, mit Klatschen und Standing Ovations könne man die Pflege angemessen entlohnen oder für ihre Belastun­gen entschädigen, ist die Bundesregierung aufgetreten und hat eine Pflege­reform mit 20 Punkten angekündigt. Von diesen 20 Punkten ist, so wie Kollegin Ribo gesagt hat, ein kleiner Teil tatsächlich umgesetzt (Abg. Ribo: Nein, nein!), ein kleiner Teil noch immer in Ankündigung (Abg. Gödl: Das ist überhaupt nicht wahr!) und manches noch gar nicht richtig angegangen und noch gar nicht bei den Pflegekräften angekommen.

Das, was umgesetzt hätte werden sollen, ist mit Fehlern umgesetzt worden. Man hat bei dieser Pflegeprämie anfänglich bestimmte Berufe nicht berücksichtigt. Gut, dann hat man nachgebessert, wir sind wieder zusammengekommen, wir haben eine Novelle beschlossen, damit der Bezugskreis ausgeweitet wird. Dann ist man draufgekommen, dass Leihpersonal übersehen worden ist. Wir haben da die aktuelle Novelle vorliegen, in der das Leihpersonal berücksichtigt wird, aber es sind, Herr Bundesminister, noch immer etliche Fehler drinnen, die auch hier im Hohen Haus schon mehrfach kritisiert worden sind, die noch immer nicht korrigiert sind.

Es gibt noch immer das Problem, dass es keine einheitliche Auszahlungshöhe für alle Betroffenen gibt. Es ist noch immer nicht korrigiert, dass diese 2 000 Euro, die versprochen worden sind, auch tatsächlich netto bei den Pflege­kräften ankommen, und es ist keine Finanzierung über 2023 hinaus für diesen sogenannten Pflegebonus gesichert.

Herr Bundesminister, wenn wir es mit der Pflegereform ernst meinen, wenn wir den Beschäftigten in diesem Bereich eine Perspektive geben wollen und diesen Bereich für Menschen, die sich überlegen, in welchem Bereich sie eine Beschäftigung aufnehmen, attraktiv machen wollen, dann brauchen wir


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stabile, sichere Rahmenbedingungen, dann reicht eine Ankündigungspolitik nicht aus. Wir müssen uns zusammensetzen, uns vorher überlegen, wie die Gesetze und die Zuschüsse vielleicht ausschauen, damit das, was jetzt gerade passiert – ein monate-, um nicht fast zu sagen: jahrelanges Dahinmurksen –, nicht mehr passiert, sondern Nägel mit Köpfen gemacht werden und den Beschäftigten in diesem Bereich eine echte Perspektive geboten wird. (Beifall des Abg. Zanger.)

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeprämie muss auch in Kärnten und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert eine Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten, die folgende arbeits- und sozialpolitische Forderungen im Bereich der Pflege unmittelbar umsetzt:

- Eine Novelle des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetzes – EEZG, damit eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung der 2.000 Euro an Pflegeprämie für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege rückwirkend für das Jahr 2020 erfolgen kann.

- Die gesetzliche Verankerung der Abgaben- und Steuerfreiheit für Pflege­prämien für 2023 und die Folgejahre


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- Diese Abgaben- und Steuerfreiheit hat für alle Bundesländer zu gelten, und sich auch auf Zusatzprämien der Länder bzw. Gemeinden und Pflegeheimträger zu erstrecken“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

16.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

betreffend „Pflegeprämie muss auch in Kärnten und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“

eingebracht im Zuge der Verhandlung über die Debatte zu TOP 18) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3072/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2022 und 2023 für die Erhöhung des Entgelts in der Pflege (Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG) geändert wird (1926 d.B.) in der 197. Sitzung des Nationalrats am 1. Februar 2023

Zur Pflegeprämie/zum Pflegebonus ist im Bundesland Kärnten, regiert von einer rot-schwarzen Koalition des Stillstandes und fortgesetztem Sozialabbau für die eigenen Bevölkerung, eine heftige Diskussion entbrannt:

„Pflegeprämie wird doch versteuert

Mehr als 10.000 Personen sind in Kärnten im Pflegebereich tätig, sie sollen nun 1.200 Euro Netto als Prämie des Bundes erhalten. Die Gewerkschaftsvertreter sagten am Dienstag, sie würden sich durch die Landesregierung gut vertreten fühlen, aber


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nicht durch den Bund. Dieser habe ursprünglich 2.000 Euro in Aussicht gestellt, und zwar Brutto für Netto.

Silvia Igumnov ist die Sprecherin der Gewerkschaft für die Pflegeberufe. Sie erinnert daran, dass diese Prämie erkämpft wurde: „Wir haben ja am 12. Mai, am Tag der Pflege, Demonstrationen in ganz Österreich gehabt. An diesem Tag hat der Gesundheitsminister (Johannes Rauch, Grüne; Anm.) den Kolleginnen versprochen, einen Monatsgehalt zu bekommen. Und das was jetzt am Tisch liegt – ich kann nur sagen, was wir so gehört haben – das ist bei Weitem nicht das, was versprochen worden ist und das ist sehr schade.“

„Haben das Land am Laufen gehalten“

Hier müsse der Bund Geld zur Verfügung stellen, sagte Igumnov: „Denn hier geht es um Wertschätzung für Menschen, die in dieser sehr, sehr schwierigen Zeit ihr Bestes gegeben haben, für die man geklatscht hat und die einfach das Land am Laufen gehalten haben.“

Über neue Kampfmaßnahmen will die Gewerkschaft heute noch nicht sprechen. Es werde verhandelt, möglichweise könne auch noch ein größerer Personenkreis von der Pflegeprämie profitieren. Die Gewerkschaft hofft hier auf gute Nachrichten für Beschäftigte im Bereich der Behindertenbetreuung.

Land schießt 18 Millionen Euro vor

Das Land Kärnten wird für den Bonus dem Bund 18 Millionen Euro vorstrecken. Im Laufe des ersten Quartals 2023 sollen die Länder die Summe vom Bund refundiert bekommen. Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) sagte nach der Regierungssitzung, es werden in Kärnten rund 11.200 Pflegemitarbeiter die Zuzahlung erhalten. Es handelt sich, bundesweit abgestimmt, um Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege; Angehörige der Pflegefachassistenz; Angehörige der Pflegeassistenz; Diplom-Sozialbetreuer; Fach-Sozialbetreuer; Heimhelfer. Teilzeitpersonal bekommt die Prämie aliquot ausgezahlt.


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Laut Prettner hätten die Referenten dafür gekämpft, dass der Pflegebonus steuerfrei gestellt wird. Leider erfolglos, die vom Bund finanzierte Pflegezulage von 2.000 Euro für das Jahr 2022 wird voll besteuert. (….)“

https://kaernten.orf.at/stories/3183273/

Die FPÖ hat diesen Schildbürgerstreich als einzige Oppositionspartei angeprangert

„FPÖ – Angerer/Ragger: „Pflegeprämie muss auch in Kärnten 2.000 Euro netto betragen!“

Land Kärnten will Pflegekräften 800 Euro weniger auszahlen

Pflegekräfte in ganz Österreich sollten im Dezember 2.000 Euro als „Entgelt­erhö­hungszweckzuschuss“ erhalten. In Kärnten sind es aber nach Abzügen nur noch 1.200 Euro. Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Christian Ragger reagierte empört. „Die personell ausgedünnten Pflegekräfte leisten in ganz Österreich Unglaub­liches, um den Pflegekollaps zu verhindern und unsere Liebsten rund um die Uhr zu versorgen. Sie verdienen damit unsere ganze Anerkennung. Jede Pflegerin und jeder Pfleger muss die 2.000 Euro auf die Hand erhalten, alles andere wäre eine Farce und Augenauswischerei!“, sagte Ragger zur Pflegeprämie, die nun nicht - wie versprochen - halten soll.

„Die 2.000 Euro müssen ‚brutto für netto‘ an die Menschen ausgezahlt werden. Es geht nicht an, dass nun das Land sich die vom Bund zur Verfügung zum Teil einbehält. Da hat der grüne Gesundheitsminister Rauch seine Hausaufgaben nicht gemacht, wenn er sich vorher nicht von den Ländern die Zusicherung einholt, den Beitrag zur Gänze auszubezahlen“, erklärte FPÖ-Landesparteiobmann NAbg. Erwin Angerer. Das betreffende Gesetz hält Ragger für einen „Murks“. „Das verpfuschte Entgelterhö­hungs-Zweckzuschussgesetz gibt unzureichende Bestimmungen her, wie das Land mit Prämienauszahlung letztendlich umgehen soll. Wäre es zudem als Teuerungsausgleich angelegt gewesen, würden dazu keine Abgaben anfallen. Es handeln nun also die Bundesländer selbstständig, und Kärnten muss da mitziehen, um das für die Menschen in Ordnung zu bringen“, forderte Ragger.


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„Das kann nun also dadurch erfolgen, dass Länder wie Kärnten beim Bund, also beim Finanzministerium und bei der Sozialversicherung beziehungsweise beim Sozial­minister, eine abgabenfreie Auszahlung erwirken oder eben die Länder mittels einer Landesprämie auf 2.000 Euro aufstocken. Was es aber in keinem Fall geben kann, ist, dass Pflegekräfte, die in ganz Österreich harte Arbeit leisten, unterschiedliche Prämien bekommen. Die Kärntner Landesregierung muss also umgehend handeln“, betonte Angerer, der auf teuerungsbezogene Mehreinnahmen von 222 Millionen Euro verwies, die man zuvor den Menschen aus der Tasche gezogen hatte.“

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20221122_OTS0111/fpoe-angererragger-pflegepraemie-muss-auch-in-kaernten-2000-euro-netto-betragen

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert eine Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten, die folgende arbeits- und sozialpolitische Forderungen im Bereich der Pflege unmittelbar umsetzt:

-Eine Novelle des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG, damit eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung der 2.000 Euro an Pflegeprämie für alle Mitarbeite­rin­nen und Mitarbeiter in der Pflege rückwirkend für das Jahr 2022 erfolgen kann.

-Die gesetzliche Verankerung der Abgaben- und Steuerfreiheit für Pflegeprämien für 2023 und die Folgejahre

-Diese Abgaben- und Steuerfreiheit hat für alle Bundesländer zu gelten, und sich auch auf Zusatzprämien der Länder bzw. Gemeinden und Pflegeheimträger zu erstrecken“

*****



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Das Wort steht beim Herrn Bundesminister. – Bitte sehr.


16.50.53

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht noch einmal zur Entstehungsgeschichte dieser Zahlungen: Es wird ja mit Recht auch von diesem Hohen Haus seit Jahren eingemahnt, dass im Bereich der Pflege endlich etwas passieren muss, namentlich: dass Reformen auf den Weg gebracht werden müssen und vor allem mehr Geld ins System kommen muss.

Die Forderungen gingen berechtigterweise von einer Attraktivierung der Aus­bil­dung über mehr Pflegepersonal, die Abgeltung von Mehrleistungen bis zur besonderen Berücksichtigung bei schweren Pflegefällen wie Demenzerkrankun­gen und Ähnlichem mehr. Dann sind wir mit den Bundesländern übereinge­kom­men – bei, das muss man auch dazusagen, natürlich weitgehender Zuständigkeit der Bundesländer; überhaupt hat man als Bundesminister im Bereich der Pflege, wie soll ich das nennen, in etwa 10 Prozent Zuständigkeit, aber 100 Prozent der Verantwortung; das ist das Wesen des Föderalismus, aber darüber kann man sich nicht beschweren und beklagen, das ist die österreichische Verfassung –, jedenfalls war dann gesichert, dass den Bundesländern und damit den Trägern in der Pflege das Geld zur Verfügung gestellt wird.

Es war von vornherein ausgemacht und klar: Das muss ein Gehaltsbestandteil sein, nicht nur eine Bonuszahlung, sondern ein regulärer Gehaltsbestandteil. Es wurde auch vonseiten der Sozialpartnerschaft und der Kollektivvertragspartner eingefordert, dass das auch in die Kollektivverträge eingepflegt werden muss. – So war es geplant.

Dann hat sich in der Umsetzung gezeigt, sowohl bei den Bundesländern als auch bei den Kollektivvertragspartnern, dass aufgrund der Vielfalt von Trägern und


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auch Kollektivverträgen das für das Jahr 2022 nicht möglich sein wird, und deshalb ist es – da ist das Wort Bonus dann zutreffend – zur Auszahlung einer Bonuszahlung im Dezember gekommen. Für das heurige Jahr haben sich die Bundesländer jedenfalls darauf verständigt, die Auszahlung zu vereinheitlichen und es als Gehaltsbestandteil zu verankern, so wie es gedacht war.

Es ist inzwischen auch geklärt, dass die Auszahlung entlang der Vollzeitäqui­valente stattfindet, nicht entlang der Schätzungen, die zuvor abgeliefert worden sind, nach Bevölkerungsschlüssel, weil das nicht zusammengepasst hat. Insofern, Herr Abgeordneter Muchitsch, stimmt das nicht, das ist korrigiert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Prinz.)

Es ist eigentlich auch auf einer Konferenz der Soziallandesrätinnen und Sozial­landesräte im September 2022, die dort einstimmig für sich beschlossen haben, das österreichweit einheitlich auszuzahlen, das Einvernehmen mit den Bun­desländern hergestellt worden. Das war deren Beschluss, den ich sehr begrüßt habe. Dass dann einzelne Bundesländer, wie etwa Tirol, in Vorlage gegangen sind und entgegen dieser Abmachung und Beschlussfassung anders ausbezahlt haben und einen eigenen Betrag festgelegt haben, hat im Kreis der anderen Bundesländer nicht nur für Freude gesorgt, war aber dann halt so. Damit ist sozusagen dem eigenen Beschluss nicht Folge geleistet worden. Das haben wir dann wieder versucht einzufangen, zu korrigieren, und die Bundesländer haben sich jetzt dazu committet, das 2023 einheitlich zu machen. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Kritikpunkt war: Na ja, das gibt es jetzt für zwei Jahre, und was ist dann? – Ich darf Sie daran erinnern, dass andere Bundesfördermittel, Anschub­finanzierungen für Bundesländer, auch schon diesen Weg gegangen sind, beispielsweise beim Ausbau der Kinderbetreuung, was dann natürlich zur Folge gehabt hat, dass die Bundesländer im eigenen Wirkungsbereich auch die Geldmittel in die Hand genommen haben. Ja, natürlich ist es so, dass das im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen, die jetzt stattfinden, Thema ist und es sowohl das Ziel der Bundesländer als auch meines ist, die Verankerung über den


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Finanzausgleich dauerhaft im System sicherzustellen, weil es das Geld auf jeden Fall brauchen wird.

Was stimmt und worauf Abgeordnete Fiedler zu Recht hingewiesen hat, ist, dass der Finanzausgleich natürlich eine Möglichkeit darstellt, mit den Bundesländern gemeinsam auch über Harmonisierungen im Bereich der Pflege nicht nur zu reden, sondern dafür auch Rahmenbedingungen zu schaffen, weil es nicht sein kann, dass die Bundesländer zueinander in Konkurrenz treten, sich wechselseitig die Beschäftigten abwerben – das führt unter dem Strich zu gar nichts.

Da sind die Bemühungen jetzt im Gange. Es hat ein erstes Treffen dazu stattgefunden, mit allen Bundesländern, auch mit dem Städtebund und dem Gemeindebund, die sich dazu committet haben, sich im Zuge der Finanz­ausgleichsverhandlungen dieser Thematik jedenfalls anzunehmen und parallel dazu, zum Finanzausgleich, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass dem Rechnung getragen wird.

Abschließend von meiner Seite: Nein, wir sind, was die Reform der Pflege angeht, sicher nicht am Ende angelangt. Wir haben da ein Thema, auch betref­fend Personalbeschaffung, um das wir uns intensiv kümmern müssen. Das war ein erster Schritt. Wir werden da dranbleiben, das ist für mich jedenfalls nicht abgeschlossen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte.


16.56.15

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Plenum! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auch auf der Galerie! Wir sind im Jahr eins der größten Pflegereform der letzten 30 Jahre. Wir haben im Jahr 2022


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tatsächlich weitreichende Beschlüsse gefasst, die jetzt zu wirken beginnen – die einen kurzfristig, die anderen natürlich längerfristig.

Wir haben uns auch darauf verständigt, dass wir drei große Kapitel in Angriff nehmen: zum einen die Unterstützung der pflegenden Angehörigen, zum Zweiten den Bereich der Pflegeausbildung und zum Dritten die Unterstützung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für jene, die in der Pflege arbeiten.

Lassen Sie mich kurz reflektieren: Was waren die Meilensteine dieser Pflegereform? – Beispielsweise für die pflegenden Angehörigen: drei Monate Anspruch auf Pflegekarenz; der Zuschlag für die Betreuung von Personen mit Demenz – dieser Stundenzuschlag wurde von 25 auf 45 Euro erhöht, eine deutliche Verbesserung –, und dann auch der Angehörigenbonus, den wir beschlossen haben, der auch mit 1. Juli dieses Jahres wirksam werden wird. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Im Bereich der Ausbildung für die Pflege haben wir ganz klar gesagt: Ja, wir brauchen eine Offensive im Bereich der Ausbildung, damit der Beruf, der Einstieg in den Beruf attraktiver wird! – Was haben wir gemacht? – Wir haben einen Ausbildungsbeitrag in der Höhe von 600 Euro pro Monat eingeführt, und zwar für jene, die in der Erstausbildung sind. In Summe macht das für den Bund 225 Millionen Euro aus. Meine Damen und Herren, das ist doch eine schöne Summe, die wir direkt in die Pflegeausbildung investieren. (Beifall der Abg. Hamann.)

Wir haben uns darauf verständigt, die Schulversuche zu den Pflegeassistenz­berufen ins Regelschulwesen zu überführen – auch eine wichtige Maß­nahme.

Wir haben die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte eingeleitet. Heute bringen wir einen weiteren Antrag dazu ein, damit die Möglichkeit, dass Pflegekräfte aus Drittstaaten zuwandern und bei uns arbeiten können, attraktiver wird.


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Mit 1. Jänner startete das Pflegestipendium in der Höhe von 1 400 Euro für jeden, der in den Pflegeberuf umsteigen möchte; auch in diesem Fall gibt es eine klare Unterstützung.

Die Pflegelehre ist ebenfalls in Vorbereitung und wird als neue Ausbildungs­schiene im Herbst gestartet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen sowie Bravoruf des Abg. Kucher.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Auch der Bereich, in dem es um Ver­besserungen für jene geht, die in der Pflege arbeiten, sei in Erinnerung gerufen: Wir haben beschlossen, zusätzlich zu den fünf Urlaubswochen für alle, die älter als 43 Jahre sind, eine Entlastungswoche einzuführen. Auch das ist bereits gesetzlich beschlossen. Wir haben beschlossen, dass jene, die – zum Beispiel in den Pflegewohnheimen – in der Nacht Dienst verrichten müssen, einen zusätzlichen Zeitausgleich von 2 Stunden erhalten; und wir haben schlussendlich hier das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz beschlossen, das wir heute konkretisieren, bei dem wir ein paar kleine Änderungen vornehmen.

Meine Damen und Herren! Der recht sperrige Begriff Zweckzuschussgesetz soll ja aussagen, dass wir mit diesem Gesetz eigentlich einen Teil mitfinanzieren, für den der Bund gar keine Verantwortung trägt – die Dienstverhältnisse liegen im Aufgabenbereich der Länder.

Wir haben uns darauf verständigt, dass wir für das vorige Jahr und für das heurige Jahr 570 Millionen Euro in die Hand nehmen, denn wir wissen, dass über 120 000 Vollzeitäquivalente – also die Arbeitszeit in Vollzeit zusammengerech­net – in Pflegeberufen arbeiten, und wir wollten ganz klar sagen, dass die, die in Pflegeberufen arbeiten, die im GuKG abgebildet sind, eine Gehaltserhöhung bekommen sollten.

Meine Damen und Herren, gerade auch von der SPÖ, aber ebenso von den Freiheitlichen, hier (einen Ausdruck in die Höhe haltend) ist der Antrag zu diesem Zweckzuschussgesetz, den wir am 15. Juni eingebracht haben – das war der


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Basisantrag. Es wurde mit keiner Silbe jemals versprochen, dass es sich um eine Einmalzahlung handelt, es wurde mit keiner Silbe jemals versprochen, dass es sich um eine Nettozahlung handelt; es war immer klargelegt und es wurde immer ausgeführt, dass die Intention ist, die Pflegegehälter auf Dauer zu erhöhen und dass der Bund mit 570 Millionen Euro für zwei Jahre in Vorlage tritt, damit die Länder das umsetzen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Meine geschätzten Damen und Herren, das war das Ziel, das ist das Ziel, und daran halten wir auch fest.

Wir konkretisieren das jetzt auch – und es ist auch schön, wie der Herr Minister gesagt hat, dass es eine prinzipielle Einigung unter den Ländern gibt, dass es gleiche Auszahlungen in allen Ländern geben wird; das sind ganz klare Maßnah­men der Bundesregierung, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Das lassen wir uns sicher nicht schlechtreden – und speziell in Richtung SPÖ: Von Ihnen sind sehr viele Fakenews gestreut worden, um der Regierung, die sehr aktiv ist, diesen Erfolg, nämlich eine erfolgreiche Pflegereform auf den Weg zu bringen, einfach nicht zuzubilligen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Meine geschätzten Damen und Herren, wir werden immer noch weitere Reform­schritte bringen müssen – wir arbeiten auch weiterhin daran –, aber der erste große Wurf, 20 Maßnahmen anzugehen und 1 Milliarde Euro in die Hand zu nehmen, der ist gelungen. Wir werden das auch in Zukunft weiter fortsetzen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir würden jetzt in den Abstimmungsvorgang eintreten. Wird mir Zustimmung signalisiert, dass wir das auch tun können? – Dann gehe ich so vor.


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17.02.16Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 13 bis 18


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen erlassen wird und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korrup­tions­bekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Vertragsbediens­tetengesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1921 der Beilagen.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung des Hinweisgeberschutzgesetzes“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­ge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz und weitere Gesetze geändert werden, in 1922 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, 2 und 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich ersuche jene Mitglieder, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichts.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der geblockten Altersteilzeit“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


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Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1923 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist die Mehrheit, und damit ist dieser Bericht mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Das ist gleichfalls ein Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, nämlich seinen Bericht 1924 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1925 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit ist auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit abge­sichert.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1926 der Beilagen.

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeprämie muss auch in Kärnten und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.07.42 19. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau – Reihe BUND 2022/30 (III-776/1802 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Energiewirtschaftliche Maßnahmen gegen Energiearmut – Reihe BUND 2020/23 (III-157/1803 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency – Reihe BUND 2021/40 (III-479/1804 d.B.)


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22. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Windpark Pretul GmbH – Reihe BUND 2020/27 (III-166/1810 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den nächsten Tagesordnungs­punkten, nämlich den Tagesordnungspunkten 19 bis 22, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße die Präsidentin des Rechnungshofes sehr herzlich hier im Hohen Haus.

Es liegt mir eine erste Wortmeldung vor, nämlich jene des Herrn Abgeordneten Andreas Kühberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.08.41

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreiche­rinnen und Österreicher! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Der Rechnungshof überprüfte die Förderungen für den Fernwärme- und Fern­kälte­leitungsbau – das alles ist im Klimaministerium im Gesetz für Wärme- und Kälteleitungsausbau geregelt, und dafür als Abwicklungsstelle zuständig ist die Awista GmbH.

Der Rechnungshof hat diese Stelle überprüft, und zwar die Jahre 2010 bis 2020. Das wichtigste bei der Überprüfung, und das liest man auch im 100-seitigen Bericht, war vor allem die strategische Ausrichtung dieser Stelle, aber auch die Bereitstellung der Fördermittel sowie darüber hinaus deren Einsatz, und welche Umweltauswirkungen – davon gibt es vor allem positive – es gibt. Er hat aber auch die Awista selbst überprüft – dort vor allem die Verwaltung.


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In diesen zehn Jahren sind 269 Anträge eingegangen. 100 davon sind positiv erledigt worden, mit einem Gesamtvolumen von 135 Millionen Euro. Wenn man sich das ausrechnet, stellt man fest: Es sind noch immer 169 Anträge übrig, dafür gibt es noch einen Topf von 105 Millionen Euro.

Der Rechnungshof hat auch festgestellt, dass es bei diesen Auszahlungen, vor allem bei den Bewilligungen, zu Brüchen gekommen ist, das heißt, dass in einigen Jahren zu wenige Gelder vom Klimaministerium zur Awista geflossen sind, und die Auswirkung war dann natürlich, dass man all diese 269 Anträge nicht hat bearbeiten können. Zum Beispiel ist auch kritisiert worden, dass in den Jahren 2016 und 2017 nur ein Projekt gefördert wurde.

Wir alle wissen, wie wichtig Fernwärme oder Nahwärme sind, denn in Österreich wird ein Drittel der Wohnungen, aber auch die Industrie mit Fernwärme aus Fern- oder Nahwärme versorgt. Wenn man sich das genau anschaut, stellt man fest, dass 50 Prozent aus erneuerbarer Energie kommen – das ist schon sehr positiv, natürlich gibt es Luft nach oben – und 50 Prozent aus fossiler Energie.

Schauen wir uns das aber im Bericht an! Da weist der Rechnungshof auch darauf hin, dass im städtischen Bereich noch immer zwei Drittel der Fern- und Nah­wärme aus fossilen Energieträgern kommen. Da ist sehr viel Luft nach oben. In diesem Zusammenhang bin ich stolzer Vertreter des ländlichen Raumes, weil wir da unsere Aufgaben eigentlich schon gemacht haben.

Zu den Empfehlungen: Man hat es aus meinem Bericht herausgehört, dass genau ein solcher grüner Übergang geschafft werden soll. Diesen brauchen wir auch für unsere CO2-, für die Klimaziele. Wir wissen, fossile Energie ist endlich, Bio­masse aber erneuert sich immer. Da haben wir eine Wertschöpfung und das können wir sozusagen aus unserem Kreislauf nehmen.

Ich möchte kurz darauf eingehen, dass wir es in meiner Heimatgemeinde Mautern 2012, als der Gaspreis noch sehr niedrig war, geschafft haben, ein Biomassewerk aufzubauen, von dem wir heute sehr profitieren; zum einen


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durch den Preis, zum anderen im Hinblick auf den Klimaschutz. Wenn man bedenkt, dass wir uns im Jahr 140 000 Liter Heizöl ersparen, dann ist das schon ein guter Beitrag.

Aber wir hören nicht auf, wir haben wieder eine Umfrage, eine Erhebung gemacht, und mein großes Ziel ist – ich bin ja auch Bürgermeister dort –, dass wir jetzt noch ein weiteres Biomasseheizwerk bauen, weil es einfach wichtig ist, weil das Holz aus dem Kreislauf, aus den Wäldern in der Umgebung, von den Bäuerinnen und Bauern kommt, und das ist ganz, ganz wichtig für uns. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich sage, das ist wichtig, meine ich letztendlich: Es ist wichtig für die Umwelt, dass wir diese Belastungen reduzieren, aber auch, dass wir schauen, dass wir Versorgungssicherheit, Wertschöpfung vor der Haustüre haben. Da müssen wir unbedingt darauf schauen, dass wir das für uns und für unsere Kinder für die Zukunft richtig gestalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Rössler.)

17.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ruth Becher. – Bitte.


17.13.23

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich kurz mit dem Bericht über die Förderung des Fernwärmeausbaus beschäf­tigen. Wir befinden uns ja inmitten einer Energiekrise, und da ist die Fernwärme natürlich ein großer und wichtiger Faktor. Ein Drittel aller Haushalte – es wurde ja schon erwähnt – ist bereits an die Fernwärme angeschlossen.

Es ist eine gute Sache, dass noch 2017 von der SPÖ-geführten Regierung die Erarbeitung und Umsetzung einer österreichischen Wärmestrategie beschlossen wurde, und es ist sehr bedauerlich und eigentlich auch ein Versagen der


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Folgeregierungen, dass diese Strategie bis heute nicht vorliegt. (Abg. Lukas Hammer– den Kopf schüttelnd –: Pffff!) Der Rechnungshof kritisiert das Fehlen dieser Strategie auch sehr scharf. Wer sich mit Klima- und Umweltschutz beschäftigt, kann so eine Planlosigkeit eigentlich nicht verantworten.

Im Bericht über Fernwärme- und Fernkälteausbau gibt der Rechnungshof sehr wichtige Hinweise, wie es besser gehen kann. Der Überprüfungszeitraum sind die Jahre – es wurde schon gesagt – 2010 bis 2020. Zum Bewertungsmaßstab: Da bezieht sich der Rechnungshof auf das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 2005 um 48 Prozent, also um fast die Hälfte, zu reduzieren.

Die Awista schloss in diesem Zeitraum 100 Förderungsverträge ab, 169 Förde­rungsverträge befinden sich noch auf der Warteliste und 50 Millionen Euro sind zurzeit noch nicht abgerufen. Das heißt, es muss also eine Optimierung der Förderabwicklung geben. Der Rechnungshof empfiehlt auch klare Förderkrite­rien vonseiten des Ministeriums, eine bessere Effizienz und eine bessere Dokumentation bei der Förderabwicklung.

Mein Fazit dazu ist, dass es immer bedauerlich ist, wenn Fördermittel nicht abgerufen werden. Es erinnert mich auch an die Bundesregierung beim Thema thermische Sanierung und Ausbau von Ölkesseln. Da sind auch Mittel in der Dimension von einer halben Milliarde Euro budgetiert gewesen, ohne einen Plan, wie das umgesetzt wird, welche Fachleute das bewältigen können, zur Verfügung stehen, und wo das Material herkommt.

Früher hat man viele Pläne, aber wenig Geld gehabt. Heute wirft die Politik mit viel Geld um sich, ohne aber einen wirklichen Plan zu haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte.



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17.16.35

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich beschäftige mich mit einem Bericht, der ohnehin sehr brisant ist beziehungsweise Brisanz erlangt hat, und zwar mit jenem betreffend Energiewirtschaftliche Maßnahmen gegen Energiearmut. Was ist Energiearmut? – Das ist im Prinzip „die Nicht–Leistbarkeit einer ausreichen­den Energieversorgung mit Wärme und Strom“.

Der Rechnungshof hat im Wesentlichen festgestellt, dass eine Gesamt­strategie fehlt. „[...] zur Vermeidung und Verringerung von Energiearmut wären vermehrt nachhaltige Lösungen, insbesondere solche für die Finanzierung von Wohn­raumsanierungen sowie für die Leistbarkeit von saniertem Wohnraum, zu entwickeln.“

Rund 9,2 Prozent, so sagte uns die Frau Präsidentin, ich glaube, im November, im Ausschuss, leiden in Österreich unter Energiearmut, und die Versorgungs­unter­nehmen tun ja alles dafür, dass sich diese Zahl nicht nach unten bewegt. Der Verbund hat vor Kurzem eine Aussendung an seine Kunden gemacht, dass er die Preise mit 1. März deftig erhöht. Der Abnahmepreis verdoppelt sich sozusagen, und das unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Preise vor einem Jahr bereits erhöht wurden; das heißt, in Wahrheit zahlt der Kunde heute das Vier­fache dessen, was er vor einem Jahr gezahlt hat. Das ist eine Steigerung um fast 300 Prozent – das ist einfach nur irre, kann man da sagen. Interessant ist dann schon auch, dass er die Preise – wir reden ja immer von nachhaltigen Foto­voltaik­anlagen – zwar auch bei Fotovoltaikstrom erhöht, aber niemals um jenen Pro­zentsatz, den er bei der Abnahme verlangt. Da steigert er nur um rund 63 Prozent.

Ähnlich gelagert sind die Fälle bei landeseigenen Energieunternehmen: Überall gibt es saftige Erhöhungen.

Das ist aber nicht das Einzige, was der Rechnungshof erhebt. So ist vor Kurzem – wir haben ihn noch nicht besprochen – der Einkommensbericht eingelangt. Man


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höre und staune – das wissen wir eh schon seit vielen Jahren –: Die Bestver­diener sind die Arbeitnehmer der Energiewirtschaft, die im Schnitt 61 000 Euro brutto im Jahr verdienen. Zum Vergleich: Die zweitbestbezahlte Branche, die Bauwirtschaft, liegt bei 35 000 Euro brutto Durchschnittseinkommen pro Jahr. – Es sei den Mitarbeitern vergönnt, die tun auch nichts anderes als hackln und ich will auch keine Neiddebatte entfachen, aber es ist ein Faktum. Das hat der Rechnungshof klipp und klar festgestellt.

Schauen wir uns jetzt auch jenen Bericht an, der vor zwei Jahren erschienen ist, nämlich über Managergehälter. Da fallen einem dann die Augen heraus, denn ein Vorstand des Verbunds – und vier davon gibt es – verdiente zum damaligen Zeitpunkt pro Jahr brutto 1 060 000 Euro.

Man sieht da wirklich sehr schön, wie sich die Manager mit jenem Geld die Taschen vollstopfen, das die ärmsten unserer Bürger ebenso bezahlen müssen wie jene, denen es vielleicht ein bissel besser geht. In Summe ist das aber ein unerträglicher Zustand! (Beifall bei der FPÖ.)

17.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.


17.20.29

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Es ist schön, zwei Präsidentinnen begrüßen zu dürfen, das sollte man öfters tun. Gut, dass es eine Rechnungshofpräsidentin und eine Nationalratspräsidentin gibt. Liebe Kolle­ginnen und Kollegen, ich möchte zum Bericht des Rechnungshofes über die Förderungen für den Fernwärmeausbau sprechen. Der Berichtszeitraum ist ja 2010 bis 2020. Frau Kollegin Becher, das ist also eine Zeit, in der Sie schon hier und die SPÖ auch in der Regierung waren, vor dem grünen Regierungseintritt vor drei Jahren. Der Bericht, den der Rechnungshof da zeichnet, deckt sich eigentlich auch mit der Analyse, die wir damals vor drei Jahren vorgenommen haben: zu wenig Geld, zu ineffiziente Förderstrukturen, zu wenig Strategie


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insgesamt im Wärmebereich und auch zu wenig Bewegung in Richtung Dekarbonisierung. Die Maßnahmen, die wir seitdem getroffen haben, decken sich im Prinzip – eigentlich genau – mit dem, was der Rechnungshof empfohlen hat.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen:

Erstens, zu unregelmäßig und zu wenige Mittel: Wir haben es gehört, es gab teilweise wirklich nur sozusagen symbolische Beträge für den Fernwärme­ausbau. Das haben wir in dieser Koalition – gemeinsam – fundamental geändert. Jetzt stehen für den Ausbau von Wärmenetzen sowie für erneuerbare Wärme­quellen bis zum Jahr 2026, also für einen mehrjährigen Zeitraum, 372 Millionen Euro zur Verfügung, und das ist auch – das ist wichtig! – im Budget abgebildet.

Der zweite wichtige Teil, den der Rechnungshof zu Recht kritisiert hat, bezieht sich auf fehlende Dekarbonisierungspläne und eine fehlende Bewegung in Richtung Dekarbonisierung. Auch das sind wir angegangen. Wer jetzt eine Förderung erhalten will, muss entweder schon 80 Prozent Erneuerbare in der Fernwärme oder einen verbindlichen Dekarbonisierungsplan haben.

Der dritte Kritikpunkt des Rechnungshofes war, dass die Abwicklung intrans­parent und ineffizient war. Auch das sind wir letztes Jahr mit dem Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes angegangen. Sie wissen, die Avista wickelt das jetzt nicht mehr ab. Der Fernwärmeförderung kommt eine zentrale Rolle im Umweltförderungsgesetz zu. Da gibt es eine Kommission, in der auch Vertre­ter:innen des Parlaments sitzen. Somit gibt es auch mehr Transparenz.

Frau Kollegin Becher von der SPÖ, weil Sie die fehlende Wärmestrategie ange­sprochen haben: Das ist schon ein bisschen ein Witz! Es gibt eine Wärme­strategie. Das ist halt kein geschlossenes Strategiepapier, sondern eine neue Institution, ein Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern, weil ja der Wärmebereich sehr stark in der Verantwortung der Länder liegt. Es gab über 100 Sitzungen von acht Arbeitsgruppen, regelmäßige Koordinierungsgruppen,


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von denen dann die Ergebnisse festgehalten wurden. Da ist auch die Stadt Wien dabei und die Expert:innen des Landes Wien leisten hervorragende Arbeit.

Das wesentliche Ergebnis dieser Wärmestrategie war die Vorlage des Erneuer­bare-Wärme-Gesetzes, das wir gerade jetzt hier im Hohen Haus verhandeln. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz – Sie wissen es – ist das Gesetz, das den gesetz­lichen Rahmen dafür legen soll, dass wir bis 2040 komplett aus fossilen Energien im Wärmebereich aussteigen werden. Es ist also eigentlich eines der wichtigsten Klimaschutzgesetze dieser Republik in den letzten Jahrzehnten.

Ich danke dem Rechnungshof und dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für den Bericht. Ich glaube, wir haben die Empfehlungen bereits jetzt ziemlich gut umgesetzt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte sehr.


17.24.24

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes, recht herzlich willkommen hier auch zum ersten Mal im neuen Haus! Es ist ja das erste Mal, dass wir hier über Rechnungs­hofberichte debattieren. Ich glaube, das ist durchaus auch ein wichtiges Zeichen: Die Demokratie kehrt ins Hohe Haus zurück – zu einem Zeitpunkt, an dem wir uns darüber Gedanken machen sollten, wie wir das Vertrauen in die Politik, in uns als Politiker und Politikerinnen, aber auch das Vertrauen in die Institutionen zurückkriegen, das durch die diversen Skandale der letzten Jahre beschädigt und sehr oft auch rücksichtslos ein Stück weit getreten wurde.

Über die letzten Jahre war aber der Rechnungshof in seiner Rolle durchaus eine Konstante, nämlich insofern als er als Institution über alle Grenzen hinweg – auch im Rechnungshofausschuss – geschätzt wurde. Er kann insofern durchaus


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auch, glaube ich, ein Vorbild dafür sein, wie wir mit unseren Institutionen umge­hen können. Es liegt einerseits an uns, wie wir damit umgehen, aber natürlich auch an der Arbeit des Rechnungshofes, der sich sehr viele Gedanken macht und fachlich gut aufbereitete Berichte vorlegt, die sehr klar aufzeigen, wo der Staat effizienter werden kann, wo wir mit Steuermitteln effizienter umgehen können. Das ist einer der Gründe, warum der Verdruss in der Bevölkerung auch gegen­über der Politik extrem groß ist. Das hat nicht zuletzt die Landtagswahl in Nieder­­österreich gezeigt. Dementsprechend ist der Rechnungshof durchaus eine sehr vertrauensbildende und auch demokratiepolitisch wichtige Institution. Das zu betonen ist, glaube ich, zum Zeitpunkt der Rückkehr ins neue Haus auch wichtig.

Wir haben vor diesem Plenum beziehungsweise schon im letzten Jahr diverse Rechnungshofausschüsse gehabt, die Vorlagen werden aber leider erst heute behandelt. Es waren aber durchaus wichtige Debatten, die wir geführt haben, insbesondere zum Thema – das schon von drei, vier Kollegen angesprochen wurde – Erneuerbarenausbau, Wärme- und Kälteleitungsausbau. Die Fernwärme und die Fernkälte sind ein Thema, das der Rechnungshof sehr intensiv behandelt hat und bei dem wir durchaus Aufgaben für die Regierungsparteien mitbekom­men haben.

Das Thema Strategie ist angesprochen worden, das ist nach wie vor mäßig gelöst. Herr Kollege Hammer, weil Sie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz ange­sprochen haben: Das ist ja das Paradebeispiel dafür, dass sehr viel angekündigt wird – und damit machen wir genau das nicht, was wir aber machen sollten, nämlich das Vertrauen in die Politik zu stärken – und dann nichts kommt. Sie haben das angekündigt, ja, es liegt eine Gesetzesvorlage hier im Haus, aber sie liegt, und es geht nichts weiter. Das ist genau das Problem, das wir momentan haben. (Abg. Lukas Hammer: Wir verhandeln halt nicht mit euch!)

Was wir momentan in der Politik haben, ist, dass die Regierungsparteien zu wenig tun, dass sie zuschauen, wie hier angekündigt wird, und eben nichts umsetzen. (Abg. Lukas Hammer: Das ist billiger Populismus!) Gerade von den Grünen hätte man sich da sehr viel mehr erwartet, Herr Kollege. Man hätte sich


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sehr viel mehr erwartet, aber Sie liefern einfach nicht. (Abg. Lukas Hammer: Wir hackeln!) – Sie hackeln, Herr Kollege? (Abg. Lukas Hammer: Wir hackeln!) – Wo hackeln Sie? (Abg. Lukas Hammer: Wir haben verhandelt! Hast du so was schon mal gemacht, verhandelt? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Diese Regierung hackelt genau gar nicht. Die Einzigen, die arbeiten, die Einzigen, die etwas machen, sind die Medienarbeiter und Medienarbeiterinnen bei Ihnen in den Klubs (Abg. Lukas Hammer: Du hast in deinem Leben noch nie verhandelt!), die die Regierungsvorlagen ankündigen. (Beifall bei den NEOS.) Es passiert nichts in dieser Republik. Es passiert nichts! (Abg. Lukas Hammer: Du machst Pressekonfe­renzen, aber du verhandelst nicht!)

Gerade der Erneuerbarenausbau stockt. Auch das sehen wir seit Jahren. (Abg. Lukas Hammer: So ein Blödsinn!) Gerade in Zeiten wie diesen, in denen es aufgrund der Energiekrise notwendig wäre, etwas zu tun, schauen Sie zu. Das sollte ein Ende haben. Wir müssen raus aus diesem Stillstand und insbe­sondere auch raus aus dieser Regierung. (Beifall bei den NEOS. – Rufe bei den Grünen: Sehr populistisch! – Abg. Brandstätter: Er ist nie populistisch, er ist immer sachlich, der Hoyos! Er ist immer sachlich!)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte sehr.


17.28.02

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Es ist eh schon gesagt worden: In diesem Themenblock behandeln wir vier Rechnungshofberichte, die nicht mehr ganz neu und frisch sind, zu den Themen Energie, Fernwärme, Windpark, Österreichische Energie­agentur. Ich greife da jenen Rechnungshofbericht betreffend „Energiewirtschaft­liche Maßnahmen gegen Energiearmut“ heraus.

Geprüft wurden die Jahre 2013 bis 2018. Das belegt, dass der Bericht, wie ich gesagt habe, nicht mehr ganz taufrisch ist. Geprüft wurden die gesetzten


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Maßnahmen gegen Energiearmut bei Strom und Gas des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus sowie exemplarisch die Städte Graz, Wels und Wien, also auch deren Energieunternehmen, Wiener Netze, Wien Energie und so weiter.

Energiearmut – Herr Kollege Zanger hat das eh schon gesagt – wird als Nicht­leistbarkeit einer ausreichenden Energieversorgung mit Wärme und Strom definiert. Von Energiearmut sind – das ist eigentlich logisch – jene Haushalte betroffen, die über ein niedriges Einkommen verfügen, deren Energieausgaben einen hohen Anteil am verfügbaren Einkommen ausmachen und deren Wohnungen über eine schlechte Energieeffizienz verfügen. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 ist Energiearmut vermehrt ein Thema und es ist gut, dass der Rechnungshof das beobachtet und natürlich auch immer wieder überprüft. Es hat natürlich gerade in diesen Zeiten an Dramatik zugenommen.

Der Rechnungshof stellt auch fest, dass im Jahr 2015 – also vor sieben Jahren – 14,5 Prozent der Haushalte armutsgefährdet waren und von diesen armuts­gefährdeten Haushalten aber nur 3,1 Prozent – jeder Einzelne ist natürlich einer zu viel – von Energiearmut betroffen waren. Die Gründe dafür ortet der Rechnungshof in einer geringen Energieeffizienz der Wohngebäude – schlechte Bausubstanz, Dämmung, Isolierung – oder einer veralteten Ausstattung bei den Heizungen, beim Boiler und so weiter. Er fordert daher eine umfassende Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohnungen einkommens­schwacher Haushalte.

Der Rechnungshof fordert also eine Verbesserung der Wohnsituation für weit mehr als von Energiearmut Betroffene; dies ist weit über den sozialen Aspekt hinausgehend, natürlich auch im Sinne des Klimawandels, richtig und gut.

Jeder Fall von Energiearmut ist einer zu viel. Österreich liegt aber mit 2 Prozent im EU-Vergleich – und das soll auch gesagt werden – relativ gut. Die Bevölkerungen der Länder wie Bulgarien mit 37 Prozent, Litauen, Griechenland,


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Zypern und Portugal zwischen 20 und 29 Prozent haben da wesentlich größere Probleme.

Die Empfehlungen des Rechnungshofes gehen natürlich in Richtung Verbes­serung, Frau Präsidentin. Ob die geforderte Gesamtstrategie, Frau Becher, die Sie hier so kritisieren, dass diese fehlt, ob ein zusätzliches Papier oder die Festlegung der Messparameter oder die Evaluierung der Betroffenen, ob das in der Praxis im täglichen Leben der Haushalte hilft, ist zu hinterfragen.

Die von dieser Regierung vorgeschlagenen – und da gebe ich Herrn Kollegen Hammer schon sehr recht – und auch hier beschlossenen Maßnahmen und Hilfen tun dies sicher. Sie helfen direkt den Haushalten: Stromkostenbremse, Klimabonus, Familienbonus, Abschaffung der kalten Progression und gerade eben die Aufstockung des Wohnschirms auf Energiekosten, den Herr Sozial­minister Rauch jetzt mit Caritas, Diakonie und so weiter gemacht hat. All diese Entlastungen helfen bei der Abfederung der gestiegenen Energiekosten. Ich glaube, dass wir hier sehr viel zustande gebracht haben. Auch die Länder bemü­hen sich nach Kräften, ihren betroffenen Bürgern mit Heizkostenzuschüssen eine warme Stube zu ermöglichen.

Der Rechnungshofbericht beschreibt also eine Situation, die sich durch die Maß­nahmen, die diese Bundesregierung oder die Landesregierungen vorgeschlagen und die das Parlament oder die jeweiligen Landtage beschlossen haben, längst massiv verbessert hat.

Gut, Frau Präsidentin, dass die Spezialisten des Rechnungshofes von Zeit zu Zeit dieses Thema anschauen und durch eine Prüfung auch die Istsituation beleuchten. Aber grundsätzlich, Frau Präsidentin, darf ich schon noch einmal festhalten: Der Rechnungshof wird ständig auch von uns gelobt. Er ist ein Organ des Parlaments, ein Hilfsorgan des Parlaments, das muss schon auch klargestellt werden – ein wertvolles Hilfsorgan, weil wir immer wieder Informationen bekommen, weil er uns in der Kontrolltätigkeit der Regierung, aber auch der


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Umstände in diesem Lande immer wieder mit fachmännischem Rat zur Seite steht. Aber er ist nicht unfehlbar.

Ich darf Ihnen sagen: Sie haben gerade eine Prüfung im Wirtschaftsbund Vor­arlberg in dieser Sache mit der „Vorarlberger Wirtschaft“ durchgeführt. (Heiterkeit des Abg. Lukas Hammer.)  Dort ist das Ergebnis des Berichts für den Rechnungshof vernichtend: Von zwölf Punkten wurden zehn Punkte vom UPTS eingestellt. Ein Punkt ist eine offene Rechtsfrage, ein zweiter ist mit falschen Zahlen belegt.

Also bei allem Lob für den Rechnungshof und bei allem Dank für die super Arbeit: Unfehlbar ist auch der Rechnungshof nicht.

Ich darf noch im Auftrag meiner Kollegin Maria Smodics-Neumann die Welt­meister und die Medaillengewinner der Worldskills 2022 hier bei uns im Parlament begrüßen. Sie sind die Zukunft unseres Landes. Machen Sie weiter so! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Lukas Hammer: Am Schluss das bringen, da müs­sen wir alle applaudieren!)

17.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


17.33.25

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Ich tue mich etwas schwer nach der Rede des Kollegen Hörl, der Kollegen Zanger nachfolgend jetzt ausführlich die Rolle des Kommentators eingenommen hat und schön sozusagen Definitionen vorgelesen hat, was Energiearmut ist, zu sprechen.

Aber, Herr Kollege Hörl, wir sitzen ja hier nicht herinnen, damit wir beschreiben, dass es Energiearmut gibt, sondern wir sollten auch etwas tun. Das wäre eine


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Aufgabe, gerade wenn man einer Regierungspartei angehört. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Was schon entlarvend war – ich habe da ganz genau zugehört –, war, dass Sie Kollegin Becher kritisieren, die zu Recht gesagt hat, es fehlt in Österreich eine Gesamtstrategie im Bereich der Energiepolitik (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl), und Sie sagen, eine Gesamtstrategie und ein Papier dazu werden uns auch nicht weiterbringen.

Herr Kollege Hörl, wenn man nichts tut, werden wir den Menschen im Bereich der Energiearmut nicht weiterhelfen können. Wenn es keine Strategie gibt, dann werden wir auch nichts machen können, aber nichts tun und keine Strategie haben, ist ja noch schlimmer, Herr Kollege Hörl. Es wäre doch Zeit, dass die Bundesregierung tätig wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das muss ich ganz klar in Richtung Kollege Hammer sagen: Was die Frau Präsi­dentin mit ihrem Team an Kritik, an Anregungen für die Umwelt- und Klima­politik in Österreich macht, das soll ja nicht nur ein Papier sein, sondern das wäre eine Anregung für Sie, dass Sie das sozusagen auch aufgreifen und irgendwann einmal umsetzen. (Abg. Lukas Hammer: Das war in eurer Regierungszeit, nicht in unserer!) – Sie haben jetzt lange genug Zeit gehabt, Herr Kollege Hammer.

Ich möchte nur ein paar Beispiele herausgreifen, damit wir das ein bisschen in die Lebensrealität bringen. Sie führen eine CO2-Steuer ein, weil Sie sagen, sonst spüren die Menschen nicht, dass wir im Klimaschutz etwas machen müssen.

Ich kann Ihnen ganz genau sagen, die Pensionistin, die heute noch ein Ölheizung hat, wäre morgen bereit, umzurüsten, wenn sie das Geld dafür hätte und es die Förderungen gäbe. Aber nichts zu tun und die Pensionistin dann auch noch mit einer Steuer zu bestrafen, sie im Stich zu lassen! Die ist selber verzweifelt genug. Die weiß ganz genau, dass sie zu viel zahlt, die möchte keine Ölheizung haben. Die Leute wollen keine Gasheizung haben, die hätten gerne billigere Alternati­ven, aber es gibt keine günstigen Alternativen.


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Die Verkäuferin würde vielleicht auch lieber mit dem Tesla zur Arbeit fahren und sich das leisten können. Aber das ist so ein bisschen ein Punkt: Die Grünen predigen die heile Welt, aber ihr vergesst, dass es auch Menschen geben muss, die in der Lage sein müssen, das umzusetzen.

Die Freiheitlichen kennen den Klimawandel ohnehin nicht, die sagen, das gibt es gar nicht, das ist alles kein Problem. In Wahrheit sind die Grünen nicht weit davon entfernt, denn das Ganze zu predigen und die Menschen nicht mitzuneh­men, das ist leider keine gute Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nur daran erinnern, Kollegin Herr ist da sehr, sehr engagiert. Viel­leicht als Erinnerung, Kollege Hammer: Seit 700 Tagen, seit mehr als 700 Tagen versprecht ihr in Österreich ein Klimaschutzgesetz. Seit 700 Tagen gibt es da Stillstand. Man kann noch so sehr die Regierung grün anfärben, wenn konkret nichts herauskommt, es kein Klimaschutzgesetz gibt und die ältere Dame mit der Ölheizung verzweifelt ist – ich kann gerne die Telefonnummer weitergeben, vielleicht können Sie ja auch konkret etwas tun (Abg. Lukas Hammer: Ja, gerne!) –, dann wäre es wirklich sinnvoll, dass Sie endlich in die Gänge kommen, die Menschen mitnehmen und nicht jene Menschen, die es sich nicht leisten kön­nen, doppelt und dreifach bestrafen. Die sind verzweifelt genug. Es wäre wirklich Zeit, dass ihr in die Gänge kommt – idealerweise, Kollege Hörl, auch nur mit einem Plan. Da werden Sie vielleicht mitarbeiten, dass wir einen Plan haben und auch etwas tun, dann kommen wir auch weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.


17.36.44

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Schönen herzlichen Dank, Frau Präsi­dentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Jetzt ist die aufgeregte Rede des Kollegen Kucher zu Ende. Es stimmt jetzt natürlich schon, dass vom Berichtszeitraum 2010 bis 2020 schon sieben Jahre (in Richtung


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SPÖ) in eurer Verantwortung waren. Da hatte man eine Abwicklungsagentur um Steuergeld ins Leben gerufen, die alles gemacht hat und auch gekostet hat, aber eines hat sie nicht gemacht: etwas abgewickelt oder zumindest so abgewickelt, dass auch Zufriedenheit vorgeherrscht hätte. Da verstehe ich die Aufregung des Kollegen Kucher natürlich schon sehr gut, um von dem abzulenken.

Man muss sich ehrlich gesagt – nicht wie Kollege Hörl so halb-halb – beim Rechnungshof, bei der Präsidentin und ihren Mitarbeitern bedanken. Der Rech­nungshof leistet sehr gute Arbeit. Man hat es auch wieder bei diesem Bericht betreffend Fernwärme- und Fernkälteausbau gesehen, dass der Rechnungshof dezidiert sagt, da mangelt es, da gibt es Schwachstellen, da gehört etwas geändert und da gehört daran gearbeitet. Das sollte man auch so zur Kenntnis nehmen und jetzt nicht gleich mit den westlichen Bundesländern – das, was Kollege Hörl gerne tut – kommen und sagen, aber da kann man den Rechnungs­hof kritisieren, da war das Ergebnis für ihn vernichtend.

Ich glaube, dass der Rechnungshof absolut ein Hilfsorgan für uns ist. Ich glaube, dass er parteiübergreifend auch sehr von allen Abgeordneten geschätzt wird. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

Wie gesagt: Die Aufgeregtheit des Kollegen Kucher verstehe ich sehr wohl, weil das natürlich, muss man schon sagen, sieben Jahre in SPÖ-Verantwortung war, und da eine Agentur abgewickelt hat, die anscheinend nichts abgewickelt hat. Also ich verstehe schon die Aufregung, die Kollege Kucher da an den Tag legt.

Die Kärntner Landtagswahlen rücken auch immer näher, aber das muss man halt schon klar sagen – da muss man sich schon an der Nase nehmen –: Wenn man hier herauskommt, Kollege Kucher, dann muss man auch den Berichtszeitraum beachten. Da muss ich schon sagen, sieben Jahre wart ihr da in der Regierung und in Verantwortung, und da ist halt leider Gottes nichts passiert.


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In diesem Sinne: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, an Sie und Ihre Mitarbeiter für den sehr, sehr guten Bericht und dafür, dass Sie wieder einmal aufgezeigt haben, wo da Steuergeld verprasst und verschwendet wird. (Abg. Hörl: Hallo! Hallo!) – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


17.39.25

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir disku­tieren hier mehrere Rechnungshofberichte, unter anderem auch einen zum Thema Energiearmut, der ja schon etwas älter ist, aus dem Jahr 2020, aber aus dem wir trotzdem einiges mitnehmen können.

Was wir daraus wissen, ist, dass wir uns schon immer schwer getan haben, nämlich auch schon vor der Krise, Energiearmut effektiv zu bekämpfen.

Ein Hauptgrund dafür – das sagt auch der Rechnungshofbericht – ist, dass es damals und auch heute keine einheitliche Definition von Energiearmut gab und gibt. Und weil die Definition von Energiearmut schon vor der Krise gefehlt hat, tun wir uns jetzt in der Krise auch so schwer mit treffsicheren Hilfen. Mit dem Stromkostenzuschuss beispielsweise subventionieren wir den Verbrauch, aber nicht die Energieeinsparung, und das ist auch eine Folge dessen, was der Rechnungshof 2020 kritisiert hat.

Fast alle Studien zum Thema Energiearmut zeigen, dass es erstens effektiver und zweitens nachhaltiger ist, Geräte zu tauschen, Fenster zu tauschen, neue Heizsysteme zu installieren und all das zu subventionieren, als mit der Gießkanne Geld zu verteilen, wie Sie es eben jetzt tun.

Ganz grundsätzlich müssen wir sagen, dass wir, um Energiearmut zu bekämpfen, im Bereich der Sanierungen besser werden müssen, dass wir im Bereich der


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Sanierungen viel besser werden müssen, insbesondere in Gemeindewohnungen, also insbesondere dort, wo einkommensschwache Personen leben. Wir sind noch weit davon entfernt, das Sanierungsziel von 3 Prozent jährlich zu erreichen, und auch da werden zu wenige Anstrengungen vonseiten der Bundesregierung unternommen.

Wir müssen vor allem sehen, dass der größte Hebel für niedrige Energiekosten der Ausbau von erneuerbaren Energien ist. Wir alle wissen, erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien, sie bieten Freiheit von Russland, Freiheit von Despoten, Frei­heit von Putin und insofern auch Freiheit für das Geldbörserl von Öster­reiche­rinnen und Österreichern. (Beifall bei den NEOS.)

Ich kann die Aufregung des Kollegen Kucher, die er hier in seiner Rede zum Ausdruck gebracht hat, verstehen und möchte jetzt schon auch insbesondere in Richtung der Grünen sagen: Wenn wir hier wissen, dass wir Erneuerbare ausbauen müssen, wenn wir diesen Konsens haben, dann müssen Sie sich auch endlich dazu bekennen, dass das Priorität hat. Das hat Priorität, und zwar kompromisslos, denn es sind immer Sie – Sie und Ihre Freundinnen und Freunde (Zwischenrufe der Abgeordneten Rössler und Weratschnig) –, die den konkreten Ausbau von Erneuerbaren blockieren. Wenn ein Gänseblümchen vom Aus­sterben bedroht ist, dann blockieren Sie den Ausbau von Erneuerbaren, der so dringend notwendig wäre. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) – Da klatscht sogar der Koalitionspartner, also wird schon etwas dran sein.

Abschließend kann ich nur das unterstreichen, was Kollege Kucher gesagt hat, und ich habe mir jetzt vorgenommen, zu wiederholen –Kollegin Blimlinger macht das ja auch, sie wiederholt hier immer wieder eine Botschaft, die ich für nicht ganz so relevant halte wie diese –, dass es seit mittlerweile 761 Tagen kein Klima­schutzgesetz gibt, keine gültigen Klimaziele in Gesetzesrang. – Das ist eine Schande für die Regierung und insbesondere eine Schande für die Grünen! (Bei­fall bei den NEOS.)

17.42



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 328

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.

Herr Abgeordneter Kurt Egger? – Er ist nicht im Saal.

Frau Präsidentin, dann haben Sie das Wort. – Bitte, Frau Präsidentin Kraker.


17.43.09

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist für mich wirklich sehr schön, dass ich heute erstmals hier in diesem neu gestalteten National­ratssitzungssaal vor Ihnen, vor dem Plenum des Nationalrates, sprechen kann.

Es wurde jetzt in der Debatte öfters erwähnt, dass der Rechnungshof ein Hilfs­organ des Nationalrates ist. Der Rechnungshof ist meines Erachtens ein Organ des Nationalrates und ein unabhängiges Organ des Nationalrates. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Amesbauer.)

Auf der heutigen Tagesordnung stehen 20 Berichte des Rechnungshofes, die wir Ihnen vorgelegt haben. Da sammelt sich einiges im Laufe der Zeit an. Manche Berichte sind älter, aber manche sind auch erst im Herbst des letzten Jahres vorgelegt worden. Wie die Tagesordnung gestaltet wird, liegt bei Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, und dementsprechend kommen die Berichte dann, wenn Zeit ist, auch in den Nationalrat.

Die ersten vier Berichte, die wir heute auf der Tagesordnung haben, beschäf­ti­gen sich mit Energiethemen, mit Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau, mit Maßnahmen gegen die Energiearmut, mit der Österreichischen Energieagentur und der Ökostromförderung am Beispiel der Windpark Pretul GmbH. Dann kommen noch weitere Blöcke mit Berichten über Lebensmittelverschwendung et cetera, und dann auch mit Bildungsthemen und Themen, die die Universitäten betreffen.


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Das heißt also, der Rechnungshof arbeitet intensiv, um Ihnen Gebarungsberichte und damit Prüfungsergebnisse vorzulegen. Der Rechnungshof nimmt all seine Aufgaben sehr ernsthaft wahr, auch die Sonderaufgaben im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz, die wir nicht dem Parlament, sondern dem Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat vorlegen. Da gibt es Entscheidungen, die wir dann für unsere weitere Tätigkeit entsprechend analysieren, aber in wichtigen Grundsatzfragen haben wir auch schon in der Vergangenheit immer wieder Recht bekommen.

Ich komme nun zum Bericht betreffend Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau. In Österreich entfallen 27 Prozent des Energieverbrauchs auf den Wärmesektor, das heißt, auf das Raumklima und auf das Warmwasser, und dieser Bereich wird von fossilen Energieträgern dominiert. Deshalb befasst sich der Bericht mit den Investitionsförderungen für den Ausbau im Bereich von Fernwärme- und Fernkälteleitungen.

Und da haben wir geprüft: Ab 2009 gab es die Abwicklungsstelle der Awista, mittlerweile werden die Förderungen nach dem Umweltförderungsgesetz abgewickelt.

Es wurde schon betont, der Wärmesektor ist eine Querschnittmaterie. Es geht grundsätzlich um die Zuständigkeit der Länder, aber der Bund hat auch eine Zuständigkeit, und zwar mittelbare und unmittelbare Zuständigkeiten. Er kann im Wege des Finanzausgleichs oder durch den Abschluss von Artikel- 15a-Vereinbarungen beeinflussen.

Fast ein Drittel der österreichischen Haushalte wird mit Nah- und Fernwärme versorgt. Diese ist im Vergleich zu Einzelheizungen energieeffizienter und umweltfreundlicher. Eine große Bedeutung haben die Städte. Da ist es natürlich schwieriger, und die Frage ist offen, wie da der Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme gelingen kann. Da braucht es Rahmenbedingungen und Rahmen­vorgaben für den grünen Übergang.


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Einzubeziehen wäre auch, dass die Ziele für die Nah- und Fernwärmeanschlüsse im städtischen Bereich auch tatsächlich erreicht werden können und dass der hohe Anteil an erdgasbetriebenen Heizungen in den Städten reduziert werden kann.

Wenn wir vom Erneuerbare-Wärme-Gesetz sprechen, so hat der Rechnungshof dazu eine Stellungnahme abgegeben, etwa zu den Umsetzungsfristen, zu den Umsetzungsplänen und zur sozial verträglichen Abfederung des Umstiegs auf erneuerbare Heizungssysteme. – Das haben wir positiv beurteilt.

Wir haben aber auch kritisch darauf hingewiesen, dass es eine übergeordnete Strategie seit 2017 nicht gibt. Die Koordination zwischen den Gebietskörper­schaften, zwischen den Ministerien bei Zielvorgaben, bei Maßnahmen und beim Förderbedarf ist wichtig, wie in vielen Bereichen, die eine Querschnittmaterie sind. Das ist notwendig, denn da braucht es Planungssicherheit, und deswegen brauchen wir die Erlassung von näheren Regelungen.

Angesprochen wurde die lange Warteliste von 169 Förderanträgen mit einem Fördervolumen von 102 Millionen Euro. Das Problem war, dass die Abwicklung im Ministerium zu lange gedauert hat.

Was die Umwelt- und die Investitionseffekte betrifft, so sind die Förderungen kostengünstiger als der Preis von CO2-Zertifikaten. Deshalb hoffen wir auch, dass die Förderungen bei denen ankommen, die sie brauchen.

Energiearmut: Dieser Bericht ist dem Hohen Haus zugegebenermaßen schon vor längerer Zeit vorgelegt worden, aber er wurde nicht beraten. Das Thema Energiearmut war aber schon damals ein wichtiges Thema und ist in Zeiten der Teuerung noch viel wichtiger, weil die Tendenz steigend ist. Es gibt eine Korrelation zwischen geringen Einkommen und hohen Energiekosten – auch das haben wir dargestellt.

Sie haben schon gesagt, was Energiearmut ist, nämlich die Nichtleistbarkeit einer ausreichenden Energieversorgung mit Wärme. Das ist eine spezielle Ausprägung


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von Armut. Wir haben auch den Kreislauf der Energiearmut dargestellt, die Zusammenhänge zwischen Haushaltseinkommen, Energiekosten und Energie­effizienz: Hohe Energiekosten reduzieren das Haushaltseinkommen. Ein niedriges Einkommen verunmöglicht aber Investitionen zur Steigerung der Effizienz, und der hohe Energieverbrauch verursacht wiederum hohe Ener­giekosten. Oft liegt es nicht am Nutzerverhalten, sondern an der Wohnraum­situation, dass man nicht genügend Energie sparen kann.

Wichtig ist, dass Zielgruppen klar definiert werden. Es gibt energierechtliche Vorgaben. Es gibt Maßnahmen des Bundes und der Energieversorger. Da gibt es Akuthilfen, präventive Maßnahmen und eben die Effizienzverbesserungen. Die Bundesregierung hat auch große Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen im Bereich der hohen Energiekosten gemacht.

Wichtig ist immer, dass die Maßnahmen gut konzipiert und zielgerichtet sind. Wir zeigen auf, dass es unterschiedliche Verantwortungen gibt und die Finanzierung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Energiewende für einkommensschwache Haushalte schwierig ist.

Die Energieagentur ist ein Verein, der öffentlich beherrscht ist, bei dem natürlich auch viele Gebietskörperschaften Mitglied sind. Da haben wir Empfehlungen zur Transparenz und zur Corporate Governance gemacht. Es geht um das Kräfte­gleichgewicht zwischen den Organen, es geht um die Behebung von Defiziten in den Statuten. Wenn es ein Verein bleibt, ist uns wichtig, dass die Transparenz­verpflichtungen eingehalten werden, dass der Corporate Governance Kodex angewendet wird und dass die Jahresabschlüsse veröffentlicht werden. Und wir haben ein Überwachungs- und Aufsichtsorgan angeregt, und dass diese Stan­dards auch freiwillig eingehalten werden.

Ich habe auch gesagt, dass wir uns das Projekt Windpark Pretul GmbH ange­schaut haben. Da haben wir die Auswirkungen der Einspeistarife für Ökostrom auf die Wirtschaftlichkeit einer konkreten Investition geprüft. Die Prüfung hat gezeigt, dass Investitionen in erneuerbare Energien eine Verzinsung von über


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11 Prozent erreichen können. Das ist deutlich höher, als angenommen wurde, und das hat Konsequenzen für das Fördersystem. Wir haben dem Klima­schutzministerium empfohlen, bei der Neuausrichtung des Fördersystems zum Ausbau der erneuerbaren Energie die Erkenntnisse unserer Überprüfung beim Windpark Pretul zu berücksichtigen. Dadurch soll die Fördereffizienz noch weiter erhöht werden.

Das Ministerium hat die Empfehlungen beim Gesetzentwurf teilweise umge­setzt, aber das Problem der Überförderung im Bereich erneuerbarer Energien ist noch nicht vollständig beseitigt, und das wollten wir mit dem Projekt aufzei­gen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Rechnungshofausschusses.

17.52.2823. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19 (III-319/1801 d.B.)


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24. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategie, Planung, Finan­zierung; Follow-up-Überprüfung und COVID-19-Auswirkungen – Reihe BUND 2021/33 (III-430/1805 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße – Reihe BUND 2019/27 (III-42/1806 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/6 (III-569/1807 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend AustriaTech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH – Reihe BUND 2019/42 (III-57/1808 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verkehrsauskunft Österreich VAO GmbH – Reihe BUND 2020/25 (III-162/1809 d.B.)


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29. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel – Reihe BUND 2020/29 (III-169/1811 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/45 (III-204/1812 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr AG; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/6 (III-233/1813 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur der ÖBB – Reihe BUND 2021/38 (III-472/1814 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 23 bis 32 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner gemeldet ist Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


17.52.59

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rech­nungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat das Thema Lebensmittelverschwendung in Österreich geprüft, analysiert


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und viele Empfehlungen dazu ausgesprochen. Das Thema der Lebensmittel­verschwendung ist aktuell eine riesige Herausforderung. Einerseits leiden wir unter der Teuerung, andererseits unter weniger Ressourcen. Daher ist es, so glaube ich, unser Auftrag und unsere Hausaufgabe, dass wir uns insgesamt dieses Themas annehmen.

Tagtäglich landen in Österreich Tausende Tonnen Lebensmittel im Abfall, jähr­lich 790 000 Tonnen, drei Hauptbereiche davon sind: Haushalte mit 207 000 Ton­nen, Außer-Haus-Verpflegung mit 175 000 Tonnen und der Handel mit 120 000 Ton­nen. Mit 790 000 Tonnen Lebensmittel könnte man ganz Kärnten ein Jahr lang versorgen! Das sollte uns bewusst machen, dass das riesige Mengen sind, aber auch riesige Möglichkeiten, auch Möglichkeiten für die Haushalte, sich etwas zu ersparen.

Die Herausforderung für den Rechnungshof war, die Umsetzung der Agenda 2030 zu prüfen. Die Prüfung hat von Jänner bis Mai 2020 stattgefunden. Die Agenda ist international und auf die UNO-Mitgliedstaaten herunterzubrechen. Es geht darum, dass wir den Abfall pro Kopf bis 2030 um die Hälfte reduzieren.

Was sind die Gründe für die Lebensmittelverschwendung? – Einerseits hat Österreich eine große Dichte an Lebensmittelmärkten und Diskontern und damit einen sehr scharfen Wettbewerb, was zu Billig- und Lockangeboten, aber auch zu Hamsterkäufen und vielem anderen mehr führt.

Ein weiterer Grund ist, dass es insgesamt zu wenig Information und Kenntnisse über Lebensmittel gibt. Es wird gekauft, aber es wird oft nicht überlegt, woher Lebensmittel stammen, wie sie angebaut und gepflegt werden und wie sie geerntet werden. Daher brauchen wir mehr Kenntnisse und ein neues Bewusst­sein im Umgang mit Lebensmitteln. Es sollte dabei also auch die Bildung eine Rolle spielen.

Fakt ist: Der Rechnungshof hat auch festgestellt, dass es in Österreich wenig Überblick über die Datenlage betreffend die Lebensmittelverschwendung gibt.


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Es wurde festgestellt, dass von 2016 bis 2019 die Daten nur relativ wenig und unregelmäßig geprüft oder erfasst wurden.

Wir brauchen eine klare Strategie. Der Rechnungshof hat uns mitgegeben, dass wir da Maßnahmen auf allen Ebenen, Aktionspläne und Aktionsprogramme wie Lebensmittel sind kostbar brauchen. Wir müssen aber auch alle Ebenen von der Landwirtschaft über die Verarbeitung über den Handel über die Abfallwirt­schaft bis hin zum Teller miteinbeziehen. Wichtig ist, dass wir alle diese Ziele ansteuern, dass wir alle unsere Wege und Möglichkeiten im Handel, in der Außer-Haus-Verpflegung und im privaten Konsum ausschöpfen.

Abschließend: Was können wir gemeinsam tun, um die Lebensmittelverschwen­dung in den Griff zu bekommen, den Lebensmittelverbrauch zu verbessern und zu optimieren? Das ist ein klarer Auftrag. Einerseits sind wir alle aufgefordert, bewusster einzukaufen. Weniger ist oft mehr. Wir kaufen sehr oft zu viel ein. Wir sollten beim Lebensmitteleinkauf auch das Thema Klima berücksichtigen. Wir reden immer vom Klimawandel und von Klimazielen, aber wir könnten auch in diesem Bereich einen großen Beitrag dazu leisten. Wir sollten regional und direkt hochwertige Lebensmittel einkaufen, die auch für unsere Gesundheit förderlich sind.

Es ist auch wichtig, dass wir fair einkaufen und jeder seine Wertschöpfung und seinen Anteil an den Lebensmitteln erhalten kann. In diesem Sinne ein gemeinsamer Auftrag an uns alle, was das Thema Lebensmittelverschwendung betrifft: Gehen wir bewusster mit Lebensmitteln um, kaufen wir heimisch! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.



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17.57.21

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich werde mich der Reduzierung der Lebensmittel­ver­schwendung widmen. Wir haben dazu einen sehr aussagekräftigen Bericht des Rechnungshofes vorliegen. Es geht um den Prüfzeitraum 2016 bis 2019. Darin steht, dass pro Jahr 800 000 Tonnen Lebensmittel im Müll landen.

Mittlerweile gibt es eine ganz aktuelle Schätzung der Boku, die besagt, dass 1 Million Tonnen Lebensmittel im Müll verschwinden – 1 Million! Das ist eine gewaltige Menge und soll nicht nur uns alle dazu aufrufen, da individuell anzusetzen und gut zu überlegen, wie viel wir wirklich einkaufen, wie viel man auch verbrauchen kann, sodass nichts verdirbt. Das bedeutet: 521 Tonnen Lebensmittel, die noch genießbar sind, werden pro Jahr entsorgt. An der Spitze stehen Gebäck und Brot gefolgt von Obst und Gemüse. Und selbst bei Fleisch und Fisch sind es 11 Prozent. Das ist zu viel; da gilt es wirklich anzuset­zen, um das zu reduzieren.

Man hat auch untersucht, warum so viel weggeworfen wird. Einer der Gründe: Zeitmangel bei der Zubereitung, zu wenige Ideen beim Kochen und Ähnliches. Man sollte also wirklich sein individuelles Einkaufsverhalten überdenken.

Die Regierung hat einen Aktionsplan ausgearbeitet. Es ist zwar gut, dass es ihn gibt, aber ich muss festhalten, dass die Schritte zu zögerlich sind. Es sind zu wenige konkrete Maßnahmen drinnen, und es wird zu sehr auf Freiwilligkeit gesetzt. Das ist zu wenig! Das ist insofern zu wenig, als wir alle sehr gefordert sind, eines der SDGs, der Sustainable Development Goals einzuhalten: Halbie­rung der Lebensmittelverschwendung bis 2030. Wenn das weiter so ansteigt, dass man so viel wegwirft, dann wird sich das nicht ausgehen. Das sagt auch der Rechnungshof.


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Wie kann man aber erreichen, dass man wirklich vermeidet, Lebensmittel wegzuwerfen? Mein Vorredner hat schon ein Problem angesprochen, das uns da stets begleitet, nämlich die Datenlage.

Es gibt zu wenige brauchbare, verwertbare Daten entlang der Lebensmittel­produktion und des Verbrauchs, die greifbar sind und Vergleiche zulassen. Da gilt es – und das ist auch eine dezidierte Empfehlung des Rechnungshofes –, qualitative und quantitative Messgrößen zu definieren, damit klar ist, wovon wir sprechen, und damit wir auch vom Gleichen sprechen.

Unsere Fraktion hat sich entschieden, einen eindeutigen Antrag einzubringen, und ich ersuche Sie wirklich um breite Zustimmung, sodass auch dokumentiert wird, dass wir gemeinsam daran arbeiten wollen, die Verschwendung von hochwertigen Lebensmitteln zu vermeiden. Der Aspekt, dass man gerade in den letzten Monaten gesehen hat, dass Sozialmärkte mit zu wenigen Lebens­mitteln ausgestattet sind, ist dabei besonders wichtig. Dazu hat es im Dezember dankenswerterweise ein Gespräch mit allen Beteiligten – Vertretern von Sozialmärkten, Produzenten und NGOs – gegeben, um diese Probleme zu besprechen. Das betrifft nicht nur die Zurverfügungstellung von Lebens­mitteln, sondern auch die Lagerung. Da geht es um logistische Fragen, da geht es auch um Haftungsfragen, die Kühlung et cetera. Da muss aber ein bisschen Bewegung in die Sache kommen.

Ich darf abschließend unseren Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„‚Die Bundesregierung wird aufgefordert,


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- nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrich­tun­gen vorzulegen, das jedenfalls auch die Frage der nötigen Infrastruktur (Lager, Kühlhäuser, etc.) sowie die Bedürfnisse der Sozialeinrichtungen berücksich­tigt;

- ein Verbot, Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden, für den weiteren Verbrauch ungenießbar zu machen, zu erarbeiten;

- in Übereinstimmung mit der auf europäischer Ebene weiterentwickelten Metho­dik Daten-Lücken zu schließen – derzeit gibt es etwa kaum verfügbare Informationen darüber, wie viele Lebensmittelabfälle im Lebensmittelgroßhandel anfallen.

- Konzepte zu erarbeiten, mit denen Lebensmittel früher Sozialmärkten zur Verfügung gestellt werden, um sie vor dem Abfall zu retten.‘“

*****

Ich ersuche Sie um durchgängige Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Mag.a Karin Greiner, Genossinnen und Genossen

betreffend Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 340

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 23 Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verringerung der Lebensmit­tel­verschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19 (III-319/1801 d.B.)

Weltweit gehen jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verloren oder werden weggeworfen, das entspricht rund einem Drittel der für die menschliche Ernährung erzeugten Lebensmittel. Lebensmittelverschwendung ist dabei nach Angaben der Welternährungsorganisation nach den USA und China der drittgrößte Klimasünder und weltweit für 3,6 Gigatonnen CO2 Emissionen verant­wortlich, was in etwa den weltweiten Emissionen aus dem Straßenverkehr entspricht. Innerhalb der EU sind es 170 Millionen Tonnen CO2, die im Zuge der Erzeugung und Beseitigung von Lebensmittelabfällen ausgestoßen werden. Allein in der EU werden schätzungsweise 57 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr verschwendet, etwa 127 kg pro Person. In Österreich fallen jährlich mehr als eine Million Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an. Davon ent­fallen etwa 50% an Privathaushalte. Auf europäischer Ebene gibt es Anstren­gungen im Rahmen der Maßnahmen zur Verbesserung der Kreislaufwirtschaft zuerst die Datenbasis über das Ausmaß der Lebensmittelabfälle zu verbessern und in Richtung verpflichtender Zielvorgaben für die Reduktion von Lebensmittelabfällen zu kommen. In den UN Sustainable Development Goals heißt es hinsichtlich der Verringerung von Lebensmittelabfällen unmissverständlich: „Bis 2030 die weltweite Nahrungsmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren und die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließlich Nachernteverlusten verringern.“ In mehreren europäischen Ländern (u.a. Frankreich, Italien und Tschechien) gibt es in unterschiedlicher Ausformung gesetzliche Verpflichtungen für Lebensmittelhändler, die die Verschwendung von Lebensmitteln begrenzen sollen. In Frankreich sind etwa Lebensmitteleinzelhändler mit einer Verkaufsfläche größer als 400 m2 verpflichtet übrige Lebensmittel zu spenden. Hierzu haben sie Vereinbarungen mit karitativen Einrichtungen zu treffen. In Tradition der bisherigen Umwelt­minis­ter*innen setzt auch BM Gewessler lieber auf freiwillige Maßnahmen, statt klare


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gesetzliche Vorgaben zu machen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert,

•          nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen vorzulegen, das jedenfalls auch die Frage der nötigen Infrastruktur (Lager, Kühl­häu­ser, etc.) sowie die Bedürfnisse der Sozialeinrichtungen berücksichtigt;

•          ein Verbot, Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden, für den weiteren Verbrauch ungenießbar zu machen, zu erarbeiten;

•          in Übereinstimmung mit der auf europäischer Ebene weiterentwickelten Methodik Daten-Lücken zu schließen - derzeit gibt es etwa kaum verfügbare Informationen darüber, wie viele Lebensmittelabfälle im Lebensmittelgroßhandel anfallen.

•          Konzepte zu erarbeiten, mit denen Lebensmittel früher Sozialmärkten zur Verfügung gestellt werden, um sie vor dem Abfall zu retten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


18.02.10

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich habe mich auch des Themas


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Lebensmittelverschwendung verschrieben. Nun haben wir eh schon genug gehört, aber ich will nur vor Augen führen, wie es wirklich ist, wie schnell man selbst in diese Schiene der Lebensmittelverschwendung geraten kann. Ist nicht jeder von uns schon einmal hungrig einkaufen gegangen und hat mehr gekauft, als er am Zettel stehen gehabt hat, oder hat die Chance: Nimm drei, zahl zwei! genützt? – Unterm Strich kommt dann heraus, dass man einen großen Anteil der Lebensmittelverschwendung auch sich selbst zuzu­schreiben hat. Der Großteil landet dann wirklich in den Mülltonnen; das wird dann in den Kühlschrank und in den Kasten geräumt und bleibt dort für Tage, Wochen, ja, Monate liegen, bis es entweder ranzig ist oder das Mindest­halt­barkeitsdatum abgelaufen ist. Man kann dann nichts mehr damit anfangen und schon ist man bezüglich der Lebensmittelverschwendung in diesem Kreislauf gefangen.

Der Rechnungshofbericht hat anhand von Zahlen und Fakten, die er erhoben hat, ganz klar und deutlich hervorgehoben, dass private Haushalte am meisten Lebensmittel verschwenden. Da können wir uns, glaube ich, alle selbst an der Nase nehmen und – ohne großen Aufwand und ohne ein System dazu auszuarbeiten – dazu beitragen, die Verschwendung zu minimieren und zu verh­indern.

In diesem Sinn möchte ich noch festhalten: Es geht wirklich vielen viel schlechter als uns. Wir können aber auch etwas beitragen: Beenden wir die Lebensmittel­ver­schwendung in diesem großen Ausmaß!

Die Datenlage ist halt auch sehr dürftig, wenn diese aus verschiedenen Jahren erhoben wird – aus der Landwirtschaft, glaube ich, aus 2012 und aus 2017 –, das kann man nicht wirklich gut vergleichen. Sie haben in Ihrem Bericht eh angeführt, dass da evaluiert werden muss und man auf eine gemein­same Datenlage kommen muss, damit man das auch wirklich zielstrebig nachverfolgen kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.04



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.


18.04.27

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Damen und Herren! Das Thema Lebensmittelverschwendung ist natürlich zu ernst, als dass eine oder zwei Parteien sagen können: Wir haben die Weisheit mit dem Löffel gefressen. Natürlich müssen wir da etwas Gemeinsames erreichen.

Lebensmittel sind kostbar und es ist sinnlos, Lebensmittel wegzuschmeißen. Wir müssen vermeiden, dass Lebensmittel – sie sind unsere Nahrung, unser Essen – vernichtet werden. Wir gehen hoffentlich alle mit offenen Augen und Ohren durch die Straßen. Was man heutzutage mitbekommt, ist, dass die Obdachlosen auf den Straßen wirklich Hunger haben. Ich verstehe persönlich auch nicht, dass es in den Supermärkten und in den Bäckereien kurz vor Ladenschluss immer noch die schwarzen Säcke gibt. Dann heißt es, die Lebensmittel werden ausge­bucht. Auch wenn man fragt, ob man kurz vor Ladenschluss Nahrungsmittel günstiger bekommen kann, ist es oft schwierig. Es gibt bestimmte Filialen in den U-Bahn-Stationen, bei denen man weiß, die Lebensmittel werden nicht mehr verkauft, aber es ist trotzdem nicht möglich, sie zu bekommen.

Zu den Daten: In Österreich werden 1,2 Millionen Tonnen an Lebensmitteln ent­sorgt. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man: Wegschmeißen von Lebensmitteln ist – weltweit betrachtet – der drittgrößte Emittent. Obwohl uns dieses Thema alle berührt und es uns betroffen macht, haben wir noch keine Lösung. Was wir aber haben, ist ein Aktionsplan gegen Lebensmittel­verschwen­dung, und in diesem Aktionsplan sind genaue Strategien vorgesehen. Es wird derzeit geprüft: Wie schaut es mit dem Haltbarkeitsdatum aus? Ein Mindesthalt­barkeitsdatum ist ja schließlich nur eine Richtlinie. Wie schaut es mit Haftungs­bestimmungen aus, dass karitative Organisationen leichter etwas übernehmen


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können? Auch der Bundesabfallplan, der bereits in Kraft getreten ist, ist nicht zu vergessen.

Wenn ich mir diesen Entschließer anschaue, der von Kollegin Greiner einge­bracht wurde, dann möchte ich zwei Dinge dazu sagen. Das eine ist: Wir haben ihn gerade eben bekommen; das Zweite: Es sind ein paar gute Punkte darin, von denen viele bereits in Federführung der interministeriellen Koordina­tionsstelle von Kollegin Gewessler eingearbeitet werden, aber wir schauen uns das gern weiterführend an.

Nun zum Schluss: Es kommt in Wirklichkeit auf unser aller Handeln an. Wenn wir hergehen und uns immer nur die schönsten Äpfel kaufen, wenn wir nicht manchmal auch Dinge teilen, dann wird es nicht funktionieren. Diesen Punschkrapfen (einen Punschkrapfen in die Höhe haltend) – er ist schon ein bisschen in Mitleidenschaft gezogen – teile ich nachher mit einer Kollegin oder schenke ihn ihr. Ein Punschkrapfen ist in Wirklichkeit die personifizierte – mein Papa würde sagen – Mischkulanz aus altem Kuchen; und er ist köstlich. Die Dinge müssen nicht immer neu und schön sein. Wir sollten (einen Apfel aus der Jackentasche nehmend und in die Höhe haltend) häufiger die Äpfel aus der Ortschaft essen, auch wenn es nicht unbedingt die schönsten sind, weil sie besser schmecken. Und eines noch (einen zweiten Apfel aus der Jackentasche nehmend): Lebensmittelverschwendung können wir dann vermeiden, wenn wir mehr teilen und weniger verschwenden. (Die Rednerin bricht einen der Äpfel in zwei Hälften.)

In diesem Sinn: Teilen wir unsere Äpfel, teilen wir unsere Nahrungsmittel, setzen wir uns auf allen Ebenen für dieses Thema ein und gehen mit gutem Beispiel voran! (Beifall bei den Grünen.)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, wenn Sie Ihre Sachen vom Rednerpult wieder mitnehmen, dann kann ich Frau Abgeordneter Katharina Werner das Wort erteilen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Waren Sie noch nicht fertig? (Abg. Werner: Mahlzeit! – Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Fischer geht zurück zum Redner:innenpult und holt den noch dort liegenden Punschkrapfen, den Apfel sowie ihre Unterlagen.)

Nun gelangt Frau Abgeordnete Katharina Werner zu Wort. – Bitte.


18.08.48

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin! Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht, aber zuerst einmal die schlechte: Wir haben schon gehört, dass die Zahlen zur Lebensmittelver­schwendung zwischen 790 790 Tonnen und 1,2 Millionen Tonnen variieren. Ein Hinweis oder eine Forderung des Berichtes war ja eine regelmäßige gute Daten­erhebung. Die fehlt bis heute und wir würden sie uns wünschen.

Gehen wir nun von 900 000 Tonnen aus! Damit wir diese riesige Zahl ein bisschen greifbar machen: Würden wir diese Lebensmittel in Lkws packen und diese hintereinanderstellen, dann hätten wir einen Stau von Wien bis nach Zürich. Um so viel Essbares geht es dabei. Ein Fünftel dieser Lebensmittelver­schwendung passiert außer Haus, das heißt, in Restaurants und Hotels, aber auch in Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen und beim Bundesheer, sie liegt also im Grunde in unserer Verantwortung.

Wir werfen dort Steuergeld weg. 15 Prozent passieren in der Verarbeitung, das heißt, bei dieser Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Handel, weil die Gurke halt nicht gerade genug oder der Wecken nicht schön genug ist.

Es gab vier zentrale Empfehlungen. Die Datenerhebung fehlt. Die Koordinie­rungsstelle wurde zwar eingerichtet, aber sie hat in zwei Jahren nur viermal getagt. Vor allem ist sie eine Blackbox. Wir wissen nicht wirklich, was dort passiert. Darum haben wir nachgefragt.

Das Wirtschaftsministerium bietet eben keine Hilfe für die Restaurants. Das Landwirtschaftsministerium sagt: Ich bin sowieso überhaupt nicht dafür zustän­dig, was in der Produktion passiert, das ist mir wurscht. Das Klimaministerium


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sagt: Seitens des Ministeriums werden seit 2012 jährlich rund 100 000 Euro für Projekte im Bereich Lebensmittelabfälle ausgegeben.

Im Klimaministerium kann man 400 000 Euro für Pressekonferenzen ausgeben, aber nur 100 000 Euro für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung? (Zwischenruf des Abg. Brandstätter.) Wo sind denn da die Grünen in der Regie­rung? – Man hat nicht einmal an sich selbst den Anspruch, dass man, wenn man schon 2012 100 000 Euro ausgegeben hat, das in zehn Jahren vielleicht einmal anhebt. Das war die schlechte Nachricht.

Jetzt zur guten Nachricht: Gott sei Dank gibt es die Zivilgesellschaft. Die hat mittlerweile begriffen, dass dieser Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung einfach ganz wichtig und zentral ist. Da möchte ich auch einmal Danke an die vielen Start-ups sagen, die sich da engagieren, egal ob es jetzt Unverschwendet, Too Good To Go, Brösl oder die Tafeln sind. Allen ein Danke für dieses Engagement! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Können wir als Politik uns jetzt aus der Verantwortung stehlen? – Nein, wir müssen das trotzdem angehen, denn wir haben eigentlich die großen Hebel. Darum werden wir dem Antrag der SPÖ auch zustimmen.

Ich finde es komisch, dass man hier nicht mitgeht, wenn man in Frankreich die Ergebnisse hat, dass diese Gesetze eigentlich gut sind und bei den Spenden zu einer 20-prozentigen Steigerung an die Tafeln führen.

Somit die Aufforderung insbesondere in Richtung Klimaministerium: Kommen wir ins Tun! Machen statt reden! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.12


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte.



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18.12.25

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Frau Rech­nungs­hofpräsidentin! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Der Rechnungs­hofbericht betreffend die Lebensmittelverschwendung wurde natürlich von allen Parteien im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die Verschwendung von Lebensmitteln ist natürlich zu vermeiden. Man muss sowohl zur Verschwendung auf Ebene der Landwirtschaft als auch zur Ver­schwendung in der Produktion, zur Verschwendung im Handel und gleichzeitig auch zur Verschwendung, die bei den Verbrauchern passiert, schon sagen: Lebensmittel sind kostbar! Unsere Bauern arbeiten 365 Tage im Jahr und produzieren höchste Qualität. Die Früchte dieser Arbeit zu verschwenden kann keiner gutheißen.

Wir verschwenden aber auch wertvolle Ressourcen. Während wir hier über die Lebensmittelverschwendung diskutieren – da ist die Diskussion, die wir hier führen, doch ein bisschen scheinheilig –, importieren wir aus der Ukraine und aus aller Herren Länder tonnenweise Lebensmittel nach Österreich, in die EU. Da denkt man sich dann schon: Na ja, und gleichzeitig diskutieren wir über die Lebensmittelverschwendung. (Abg. Brandstätter: Aber wir exportieren auch, oder?)

Dazu muss man aber auch sagen: Wir importieren Lebensmittel – gut, über die Qualität lässt sich streiten – und gleichzeitig diskutieren wir hier darüber, dass wir unseren Bauern neue Rahmenbedingungen, neue Richtlinien auferlegen, die weitaus strenger sind als jene beim Importierten.

Wenn man sich dann die Lüge, den Schmäh oder das Märchen anhört, das die ÖVP uns stets von der Überproduktion erzählt, dann muss ich sagen: Gerade bei der Butter wird nur eine Eigenversorgung von 80 Prozent erreicht, und gleich­zeitig wird Palmöl importiert. – Das ist sicher gescheit. Der Regenwald brennt.


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Wir haben heute schon über das Volksbegehren zu den Lebendtiertransporten gesprochen. Da hat Kollege Hechenberger – ich weiß nicht, ich glaube, er ist momentan nicht da – das Mercosur-Abkommen angesprochen. Dort hat er eine Lanze gebrochen und die SPÖ aufgefordert, sich dagegen auszusprechen.

Ich darf Herrn Hechenberger und der ÖVP ausrichten: Von der Leyen, die Kommissionspräsidentin der EU, ist EVP-Abgeordnete, gehört also eurer Fraktion an. Der Landwirtschaftsminister ist ein ÖVPler, der Außenminister ist ein ÖVPler, der Kanzler ist ein ÖVPler. Ihr könnt das machen, ihr könnt dort ein Veto einlegen und das Mercosur-Abkommen verhindern!

Wir Freiheitliche haben da eine klare Linie: Wir sagen Nein zum Mercosur-Abkommen. Deswegen möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen, auch um die Lebensmittelverschwendung in Österreich einzudämmen und natürlich auch um zu verhindern, dass Billigwaren nach Österreich kommen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich klar für einen Verhandlungsstopp im Zusammenhang mit dem Mercosur-Abkommen auszusprechen und, statt weiter zu verhandeln, einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhin­dern.“

*****

Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 197. Sitzung des Nationalrats am 1. Februar 2023 über den Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19 (III-319/1801 d.B.) - TOP 23

Nach Ansicht des Rechnungshofes wird im Jahr 2030 mangels valider Ausgangsdaten eine Evaluierung der angestrebten Halbierung der Lebensmittelverschwendung nicht möglich sein. Er empfiehlt daher „Daten zu den vermeidbaren Lebensmittelabfällen entlang der gesamten Lebensmittelkette zu erheben“, da bereits heute „die Beurtei­lung der Zielerreichung Österreichs hinsichtlich der verringerten Lebensmittelverschwen­dung“ nicht sichergestellt ist.1 Obwohl dadurch eine zusätzliche Verlagerung von Lebensmittelabfällen entlang der Lieferkette droht, treibt die EU-Kommissions­präsi­dentin Ursula von der Leyen, ihres Zeichens Teil der Europäischen Volkspartei (EVP), in welcher auch die ÖVP Vollmitglied ist, die Verhandlungen über den Abschluss des Mercosur-Abkommens aktuell stark voran.2 Während von den österreichischen Bauern strengste Standards einzuhalten sind, verhandelt die EU seit 1999 erfolglos mit dem Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) über ein umfang­reiches Assoziierungsabkommen, welches die heimischen Standards zu unterlaufen droht. Am 28. Juni 2019 wurde verkündet, eine politische Einigung über den Abkom­menstext erzielt zu haben.

Zwar gilt es im Allgemeinen festzuhalten, dass Freihandel an sich für Österreich und seine Unternehmen als Exportnation sehr wichtig ist. Freihandelsabkommen dürfen allerdings nicht zu einer Absenkung von nationalen Lebensmittel- und Sozial­stan­dards führen oder gar auf Kosten von Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung


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gehen. Insbesondere gilt es transparente Verhandlungen sicherzustellen, damit eine breite öffentliche Diskussion über Freihandelsabkommen wie jenem zwischen der EU und Mercosur stattfinden kann. Weiters muss für jeden Abbau von Handels­hemm­nissen ein Gebot der Fairness gelten, d.h. die hohen europäischen und vor allem österreichischen Qualitätsstandards bei Lebensmitteln müssen unbedingt erhalten bleiben, da in vielen Bereichen, etwa bei Bio-Eigenmarken, die Standards der heimischen Lebensmittelhändler bereits heute höher sind als vom österreichischen Gesetz gefordert. Dieses hohe Niveau und die Top-Qualität unserer heimischen – österreichischen und oftmals regionalen – Produkte dürfen unter keinen Umständen konterkariert werden.

Ein unregulierter Freihandel mit Südamerika droht den europäischen Markt mit 100.000 Tonnen an Rindfleisch und weiteren Agrarrohstoffen überschwemmen. Das wäre zweifelsohne eine Gefahr für unsere kleinstrukturierte österreichische Rinder-Landwirtschaft. Die Standards im Tier- und Pflanzenschutz, unter denen Südamerika aktuell produziert, sind hierfür noch nicht ausreichend. Allein in Brasilien sind mehr als 500 Pestizide genehmigt – darunter sind 150, die in der EU verboten sind. Hinzu kommt: Wenn ein Pestizid in Brasilien einmal registriert ist, verfällt die Lizenz nie und ist auch keinen periodischen Neubewertungen – wie in der EU verpflichtend – unterworfen. Angesichts der Waldbrände in Brasilien wäre es auch fragwürdig, ein Abkommen abzuschließen, das etwa die Abholzung von Regenwald zur Produktion von Wirtschaftsgütern aktiv fördert.

Ein diesbezüglicher Antrag der FPÖ mit der unzweideutigen Formulierung „Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich klar gegen das Mercosur-Abkommen auszusprechen und auf Europäischer Ebene alle Maß­nahmen zu ergreifen, um einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern“3 wurde dennoch von der türkis-grünen Regierungsmehrheit im Nationalrat am 24.02.2021 abgelehnt.

Statt einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern, einigten sich ÖVP und Grüne auf einen eigenen Antrag, mit dem klaren Bekenntnis weiterverhandeln zu


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wollen: „Die Bundesregierung wird ersucht, sich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form auszusprechen“.4

Ein Antrag im EU-Parlament, die Referenz zu Mercosur im Jahresbericht zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu löschen sowie sich gegen die Ratifizierung von Mercosur auszusprechen, wurde zuletzt ebenso ganz knapp – mit 297 Pro-Stimmen und 303 Gegenstimmen – abgelehnt. Ausschlaggebend war das Abstimmungsverhalten der ÖVP-Fraktion. Während die ÖVP-Abgeordneten des Bauernbundes für den Abänderungsantrag stimmten, lehnten diesen jene ÖVP-Abgeordneten, die dem Wirtschaftsflügel zuzuordnen sind, ab. Dem Bauernbund gelang es einmal mehr nicht, sich gegen Wirtschaftsbund und ÖAAB in dieser wichtigen Frage durchzusetzen. Vier Stimmen hätten den Unterschied gemacht und die Löschung des Mercosur-Satzes wäre mehrheitlich angenommen worden. Die ÖVP-Stimmen von Mag. Lukas Mandl (ÖAAB NÖ), Mag. Christian Sagartz BA (ÖAAB Burgenland), MMag. Barbara Thaler (Wirtschaftsbund Tirol) und Dr. Angelika Winzig (Wirtschaftsbund OÖ) gaben den Ausschlag für die Ablehnung.5

Während der Bauernbund sich in Brüssel inzwischen bereits ob seiner fehlenden Durchsetzungsfähigkeit verzweifelt, um „himmlische Hilfe“ bemüht,6 übt sich in Wien der ÖVP-Abgeordnete Josef Hechenberger in Realitätsverweigerung, wenn er in seiner Rede am 1. Februar 2023 sagt: „Unsere Position ist ganz klar, wir sind gegen den Abschluss des Mercosur-Abkommens.“ 7 Nicht nur das: Statt endlich bei seinen eigenen ÖVP-Parteifreunden – von Bundeskanzler Nehammer abwärts – für eine Ablehnung des Mercosur-Abkommens zu werben und klar Stellung zu beziehen, empfiehlt er der SPÖ, sich beim deutschen SPD-Bundeskanzler Scholz gegen Mercosur einzusetzen.

Im Sinne unserer heimischen Landwirtschaft ist es nunmehr das Gebot der Stunde, diesem neuen Verhandlungsauftrag der Regierungsparteien ÖVP und Grüne eine klare Absage zu erteilen. Für die Abgeordneten des ÖVP-Bauernbundes, wird die Abstimmung zur Gewissensfrage.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich klar für einen Verhandlungsstopp im Zusammenhang mit dem Mercosur-Abkommen auszusprechen und, statt weiter zu verhandeln, einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern.“

1 Bericht des Rechnungshofes betreffend Verringerung der Lebensmittel­verschwen­dung, Reihe BUND 2021/19, https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/III/319/imfname_978505.pdf, 18, 58.

2 https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/eu-kommission-will-mercosur-verhandlungen-wieder-voran-treiben-13289811.html

3 https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/214/fnameorig_778926.html.

4 https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/I/638/fnameorig_884444.html.

5 https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/oevpler-wieder-fuer-mercosur-12456460.html.

6 Kampf gegen Bauernsterben mit „himmlischer Hilfe“, https://www.krone.at/2890442.

7 197. Sitzung des Nationalrates, XXVII. Gesetzgebungsperiode, Aufzeichnung vom 01.02.2023, https://intranet.parlament.gv.at/aktuelles/mediathek/XXVII/NRSITZ/197?selectedtab=INFOS.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.


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Herr Abgeordneter, ich habe es nicht gehört, aber es hat offensichtlich den Ein­druck gegeben, dass Sie den Ausdruck „Lüge“ verwendet haben. Ich schaue mir das im Protokoll noch einmal an. Ich habe es auch nicht gehört, schaue es mir aber noch an. Auch das Wort „scheinheilig“, das ich gehört habe, ist an sich keine Ausdrucksweise, die wir hier bei Reden verwenden. Ich habe aber jetzt ganz bewusst davon abgesehen, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen. Ich wollte aber nichtsdestotrotz darauf hinweisen und Sie darauf aufmerksam machen, Herr Abgeordneter.

Nun gelangt Abgeordneter Clemens Stammler zu Wort. – Bitte.


18.17.36

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne)|: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir haben eine starke Lobby für Gentechnik, für neue Gentechnik. Wir haben eine Lobby für Pestizide. Wir haben eine Lobby für synthetischen Dünger. Wir haben neuerdings eine Lobby für weniger Biodiver­sitäts­fläche auf landwirtschaftlichem Boden. Alle haben dasselbe Argument, nämlich die Versorgungssicherheit.

Mit der SPÖ gibt es jetzt eine Lobby für das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel aufgrund der Teuerung. Es gibt aber wenig Druck und Lobby gegen die Lebensmittelverschwendung.

Wir werfen ein Drittel der Lebensmittel weg, das in den weiteren zwei Dritteln eingepreist wird. Da ist das größte Potenzial einzusparen – auch in den Kühl­schränken unserer Haushalte. Da brauchen wir eine laute Lobby, viel Aktionis­mus und eine laute Stimme. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Frau Rechnungshofpräsidentin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kraker.



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18.18.45

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte nur noch kurz einige Worte zu den Berichten sagen, die in diesem Block debattiert werden. Dabei möchte ich auch auf die Lebensmittelverschwendung eingehen.

Es freut mich sehr, dass der Bericht von allen Fraktionen aufgegriffen wird und dass wir auch einen Beitrag dazu leisten konnten, dass man hier Maßnahmen setzt.

Warum hat der Rechnungshof das geprüft? – Der Rechnungshof hat das unter anderem deshalb geprüft, weil es sich dabei um ein Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen handelt, die Agenda 2030. Das sind 17 Entwicklungsziele, die durch 169 Unterziele präzisiert werden.

Konkret geht es da um das Unterziel 12.3 für nachhaltigen Konsum und Pro­duktion.  Die Zielsetzung, die dort steht, ist, dass die Lebensmittelverschwen­dung auf Einzelhandels- und Verbraucherebene bis 2030 halbiert werden soll, wenn man die gesamte Produktions- und Lieferkette betrachtet.

Da haben wir dann die Prüfung gemacht, nicht nur, um Bewusstsein zu schaffen, sondern wir haben versucht, Fakten darzustellen. Da geht es natürlich darum, dass man, wenn man ein Halbierungsziel messen will, valide Daten haben muss, um die Halbierung hinterher feststellen zu können.

Was ist Lebensmittelverschwendung? – Es geht um Lebensmittelabfälle, die vermeidbar sind. Die Volumina wurden ja schon genannt.

Ich möchte aber auf noch einen Punkt eingehen. Es freut mich, wenn Empfeh­lungen aufgegriffen wurden. Das Klimaministerium hat ja auch schon gesagt, dass es diese umsetzen will, dass eine Koordinierungsstelle geschaffen wird und dass es auch entsprechende Initiativen gibt.


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Was ich aber auch noch sagen will, ist: Auf der Tagesordnung stehen hier noch andere Berichte, aus denen Empfehlungen aufgegriffen wurden. Das sind zum Beispiel Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur der ÖBB. Da haben wir festgestellt, dass es bei der ÖBB-Infrastruktur im Zusammenhang mit dem Rechnungsabschluss eine Verbindlichkeit von über 1 Milliarde Euro gegenüber dem Bund gibt. Das resultierte aus zu hohen Zuschüssen und nicht vollständig umgesetzten Investitionsvorhaben. Da verzichtete man auf eine Gegenverrechnung.

Wir haben dem Klimaministerium und dem Finanzministerium empfohlen, die Rückzahlung der aushaftenden 1,15 Milliarden Euro bei der ÖBB-Infrastruktur einzufordern. Anfang 2020 einigten sich dann die Ministerien auf die Rück­führung der Überzahlungen, verteilt auf drei Jahre, 2021 bis 2023. Zudem wurde zugesagt, dass es jetzt für diese Investitionen jährlich einen Verwendungsnach­weis geben soll, um allfällige Über- und Unterdeckungen aufgrund der Zuschüsse in Zukunft zu vermeiden.

Daneben gibt es noch andere Berichte. Ich will Sie jetzt nicht damit strapazieren, aber ich persönlich halte zum Beispiel auch den Bericht zum Nationalpark Neusiedler See für einen Bericht, der betroffen macht, weil es um die Renaturie­rung der Salzlacken geht und um die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, die gesetzt werden müssen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Rechnungshofpräsidentin.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig zu Wort. – Bitte.


18.22.23

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Präsidentinnen! Werte Abgeordnete! Der Rechnungshof prüft auch in einem Follow-up die Verkehrsinfrastruktur, die Strategie, die Planung, die damit in


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Verbindung steht. Es gab zwölf Empfehlungen, davon wurden fünf Empfehlun­gen umgesetzt. Empfohlen wurde auch, die Verkehrsprognose Österreich 2040 plus zu evaluieren, weiter auszubauen und zu erneuern, klar zu priorisie­ren, was zukünftige Infrastrukturprojekte betrifft, und aufbauend wurde auch das Projekt Asfinag Zielnetz 2030 plus empfohlen.

Ich glaube, die Zielsetzungen sind eindeutig und klar. Ein Jahr später gab es ja dann auch den Bundesmobilitätsmasterplan, eine sehr wichtige Maßnahme, mit der klar Ziele definiert wurden.

Chancen der Transformation im Verkehr zu nutzen, Klimaziele zu erreichen: Das ist eine Überlebensfrage, die zu beantworten ist. Dabei ist auch in notwendige Maßnahmen zu investieren und Geld zu sparen, mehr Komfort zu gewinnen, flexibler und leistungsfähiger Verkehr auf allen Wegen bereitzustellen.

Inhaltlich, glaube ich, ist dabei ganz wichtig – und das entspricht auch den Zielen des Rechnungshofes –, klar zu priorisieren, zu evaluieren – politisch, historisch gewachsene Strukturen sind zu evaluieren – und vor allem auch nachvollziehbar eine Ausbaustrategie in Österreich aufzubauen. Inhaltlich gehört natürlich dazu – im Bundesmobilitätsmasterplan ist das auch festgelegt –, aktive Mobilität zu ver­doppeln, den öffentlichen Verkehr deutlich über 40 Prozent zu schieben, was den Modal Split betrifft, und den Individualverkehr mit der Digitalisierung und der Dekarbonisierung deutlich zu reduzieren, um ihn unter 50 Prozent zu bringen.

Abschließend ist, glaube ich, der Appell ganz wichtig und auch im Sinne des Rechnungshofes, nachvollziehbar zu arbeiten und vor allem verkehrs­über­greifende und bundesländerübergreifende Verkehrsnetze zu schaffen und dahin gehend mit den Gemeinden und mit den Bundesländern gemeinsam an einem Tisch daran zu arbeiten, die Verkehre fit für die Zukunft zu machen. Klimafitte Verkehre: Das ist die Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

18.24



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 357

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


18.24.57

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir bleiben noch ein bisschen beim Verkehr. In dem Konvolut der Rechnungshofberichte gibt es auch einen wichtigen Rechnungshofbericht zur Analyse der S 10, der Mühlviertler Schnellstraße.

Eine ganz kurze Erklärung: Das ist eine vierspurige Schnellstraße, die von Unter­weißenbach (Abg. Stöger: Unterweitersdorf!) – Unterweitersdorf, nicht -weißenbach; das ist woanders – bis Freistadt hinaufführt und hoffentlich bis zur Staatsgrenze bei Wullowitz verlaufen wird.

Das ist wohl nur ein kleines Thema bei den Rechnungshofberichten, aber es ist umso wichtiger, dass sich der Rechnungshof sehr wohl auch diese Themen anschaut, denn da geht extrem viel Geld hinein. In solchen Straßenbauprojekten versiegt immens viel Geld. Die Kosten für diese 22 Kilometer Schnellstraße betragen rund 671 Millionen Euro.

Es geht aber nicht nur um die Kosten, sondern es gab immer wieder Probleme beim Bau dieses Schnellstraßenabschnittes, auf die wir Grüne auch schon seit Jahren immer wieder hingewiesen haben, so zum Beispiel das Nadelöhr dort, wo die S 10 und die A 7 aufeinandertreffen, genau in diesem Bereich von Unter­weitersdorf. Genau dort – jeder Pendler kennt das – gibt es jeden Tag in der Früh und am Abend einen Stau. Da steht man sehr lange im Stau, da gibt es einen Kreisverkehr, das ist ein riesengroßes Problem. Kollege Stöger kann das sicherlich auch bestätigen.

Das hätten wir schon vor 20 Jahren sagen können, aber seit 20 Jahren sagen wir Grüne auch, dass wir nicht nur Geld in die Schnellstraßen investieren dürfen, sondern besonders auch in den öffentlichen Verkehr investieren sollen, genauer


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gesagt in die Summerauer Bahn, die ökologische Alternative, die die Region, das obere Mühlviertel, quasi mit Linz verbindet. Das ist jahrelang nicht geschehen.

Unabhängig vom Bereich Autobahn haben wir Grüne und unsere Verkehrs­minis­terin auch entsprechend Geld in diese Bahn gesteckt. Wir werden 70 Millionen Euro bis 2027 in die Attraktivierung, in die Summerauer Bahn investieren. Das ist die Zukunft, denn genau in diese Attraktivierung, wie auch in die Regiotram, muss jetzt investiert werden, und es ist gut, dass das auch so geschieht.

Ich bin froh darüber, Frau Rechnungshofpräsidentin, dass wir weiterhin auf diese Projekte schauen, denn es muss zweckmäßig und sinnvoll investiert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


18.27.40

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Nach den spannenden Themen bisher möchte ich auf die Prüfung des Nationalparks Neusiedler See zu sprechen kommen.

Die Rechnungshofprüfungen verbindet man sehr oft mit Aufgabenerfüllung und wirtschaftlicher Gebarung. Da geht es aber erfreulicherweise sehr stark um ein ökologisches Thema, nämlich um den Schutz und das konkrete Gefähr­dungspotenzial im Nationalpark Neusiedler See.

Geprüft wurden im Jahr 2019 die Nationalparkgesellschaft betreffend die Aufgabenerfüllung und auch das Land Burgenland bezüglich der Frage, ob es seine aufsichtsbehördliche Pflicht wahrgenommen hat. Da geht es ganz konkret um den Schutz und die Absicherung des Nationalparks Neusiedler See hinsichtlich des Wasservorkommens.


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Der Neusiedler See ist der zweitälteste Nationalpark und verfügt über eine ganz einzigartige ökologische Qualität. Er unterscheidet sich maßgeblich von den anderen fünf Nationalparks in Österreich, von denen drei sehr stark alpines Gebiet und zwei Auengebiete sind. Gerade der Neusiedler See mit seinen Salzlacken ist etwas ganz Besonderes: ein Mosaik aus vielfältigen Lebensräumen, mit der Kulturlandschaft in Wechselwirkung, aber auch das Mosaik der Salzlacken mit den Uferzonen des Sees. Es gibt also eine ganz besondere Eigen­art dieser Landschaft. Nicht umsonst steht sie unter nationalem Schutz, ist Natura-2000-Schutzgebiet und Unesco-Welterbe. Sie ist auch nach der Ramsar­konvention ein besonders wertvolles und geschütztes Feuchtgebiet.

Genau dort droht das Austrocknen der Salzlacken, eines ganz besonderen ökologischen Lebensraums für viele, viele Vogelarten. Es sind über 300 Vogel­arten in diesem Gebiet festgestellt worden. Die Prüfung hat ergeben, dass der Wasserhaushalt schwer aus dem Gleichgewicht ist, nicht nur durch großräumige Entnahmen, Ableitung, sondern auch durch mehr als 5 000 Feldbrunnen, aus denen 21 Millionen Kubikmeter Wasser für die Bewässerung entnommen wer­den.

Da ist der Klimawandel angekommen. Wir erkennen bereits, dass der Wasser­haushalt durch die geänderten Niederschlagsereignisse schwer aus dem Gleichgewicht ist, und es droht tatsächlich das Austrocknen dieser einzigartigen Salzlacken. Es sind nur noch 30 von ehemals 130 überhaupt vorhanden, und auch die sind in einem schlechten Zustand. Es wäre ein trauriger, trostloser Anblick, wenn man sich vorstellt, dass diese wunderbare Vogelwelt und alles, was damit zusammenhängt, für immer verloren wäre.

Da gibt auch eine Verantwortung, und daher ist die Prüfung so wichtig, um anzuregen, was es braucht: zuerst ein Management des Nationalparks, aber auch einen Grundwasserbewirtschaftungsplan des Burgenlandes. Das ist auf den Weg gekommen – danke, dass diese Prüfung der Anstoß dafür war, dass das auch tatsächlich umgesetzt worden ist. Ich bin sehr froh darüber, dass bei so wichti-


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gen Themen wie dem Schutz und der dauerhaften Erhaltung des National­parks, der ja auch die wirtschaftliche Grundlage für die Tourismusregion ist – eine der Säulen des Tourismus im Burgenland –, der Bericht einen wichtigen Anstoß gegeben hat. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Salzmann und Smolle.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich wieder an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Rechnungshofausschusses.

18.31.2433. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungs­hofes betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten – Reihe BUND 2021/20 (III-322/1876 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten – Reihe BUND 2022/19 (III-668/1877 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesschullandheim Radstadt – Reihe BUND 2019/21 (III-36/1878 d.B.)


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36. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark – Reihe BUND 2021/37 (III-459/1879 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nebenbeschäftigungen der Universitätsprofessorinnen und ‑professoren; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/16 (III-644/1880 d.B.)

38. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend WasserCluster Lunz – Biologische Station GmbH des Bundes – Reihe BUND 2022/9 (III-602/1881 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 bis 38 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann zu Wort. – Bitte.


18.31.47

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Plenarsaal, aber auch liebe Damen und Herren daheim, wenn Sie dieser Sendung noch folgen! (Abg. Brandstätter: Na sicher!) Die Überprüfung durch den Rech­nungshof ist, wie Sie in der Debatte schon gesehen haben, eine sehr breite, was das Fachliche anbelangt, und wir sind auch sehr froh, dass der Rechnungshof die


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gezielte Einsetzung und die Verwendung dieser finanziellen Mittel auch immer wieder kontrolliert.

Im Rechnungshofbericht, der uns derzeit vorliegt, geht es um die sprachliche Frühförderung. Meine Damen und Herren, die sprachliche Frühförderung ist ein wesentlicher Beitrag für den Bildungserfolg unserer Kinder. Ich denke, da sind wir uns wirklich einig. – Frau Präsidentin, Ihre Mitarbeiter haben in diesem vorliegenden Rechnungshofbericht die sprachliche Frühförderung überprüft, einerseits was die 15a-Vereinbarung für die sprachliche Frühförderung der Jahre 2015/16 bis 2017/18 anlangt, und andererseits was eine zweite 15a-Vereinbarung anlangt, nämlich die Vereinbarung zur Elementarpädagogik aus den Jahren 2018/19 bis 2021/22.

Die Überprüfung wurde exemplarisch in den Ländern Niederösterreich und Oberösterreich durchgeführt, aber auch in den Städten Schwechat und Wels und beim Österreichischen Integrationsfonds.

Die Kompetenzverteilung, was die Kindergartenpädagogik anlangt, ist ja eine gemischte: Einerseits sind die Länder für die Gesetzgebung und die Vollziehung zuständig, andererseits haben wir von der Bundesseite her aber für die Aus­bildung der Elementarpädagoginnen und -pädagogen zu sorgen.

Der Bund kann – und das tun wir vonseiten des Bundes – in der 15a-Ver­einbarung die Mittel für diese sprachliche Frühförderung so ausschütten, dass wir diese auch steuern und forcieren. 2015/16 bis 2018 waren es insgesamt 60 Millionen Euro, die für diese sprachliche Frühförderung aufgewendet wurden. In den Jahren 2018/19 bis 2021/22 waren es 68 Millionen Euro.

Zum Ergebnis, das der Rechnungshofbericht gezeigt hat, lässt sich unter anderem sagen, dass diese Vereinbarung für die sprachliche Frühförderung keine gezielten klaren Vorgaben enthielt. Die Sprachstandsfeststellung, die für die Kinder ab drei Jahren gefordert worden ist, wurde in der Vorgabe für die Elemen-


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tarpädagogik zwar gefordert, aber das galt nur für geeignete Bildungseinrich­tungen. Das Nächste war, dass eine Rückforderung von Mitteln, die vielleicht nicht zweckdienlich verwendet worden sind, auch nicht vorgesehen war. Des Weiteren hat der Bericht gezeigt, dass aus den Unterlagen, die dann in die einzelnen Ressorts zurückgekommen sind, nicht klar ersichtlich war, in welchem Bereich zum Beispiel auch zusätzliches Personal durch diese zusätzlichen Mittel eingestellt wurde.

Das heißt jetzt nicht, dass wir davon ausgehen, dass die Länder die Mittel nicht zweckgerichtet verwendet haben, aber es geht auch darum, dass wir von­seiten des Bundes für die Mittel, die wir einsetzen, auch valide Daten bekom­men, um zu schauen, wie diese Mittel wirksam werden.

Zur Ausbildung der Elementarpädagog:innen lassen Sie mich auch als Pädagogin noch etwas sagen: Die Lehrpläne wurden mittlerweile überarbeitet. Es ist so, dass bei diesem Lehrgang für die sprachliche Frühförderung seit dem Jahr 2014 leider nur 46 Absolventinnen und Absolventen gezählt wurden, das sind nur knapp 2,5 Prozent. Jetzt ist aber dieses Pflichtfach der sprachlichen Frühförde­rung auch in den Lehrplänen implementiert.

Die Empfehlungen des Rechnungshofes, die dieser Bericht zeigt, sind die verpflich­tende Sprachstandsfeststellung, die Weiterentwicklung der frühen sprachlichen Förderung, aber auch das Einholen von wirksamen Daten, um das wirklich zu kontrollieren.

Wir haben vieles bereits umgesetzt. Ich darf abschließend als Salzburgerin auch ganz stolz sagen: Salzburg geht auch in diesem Bereich wieder einmal stark voran. Mit 1. April dieses Jahres werden wir den Halbtagskindergarten beitrags­frei machen. Wir entlasten somit die Familien, denn die frühe sprachliche Förderung und überhaupt die frühe Förderung unserer Kinder sind ein wesent­licher Beitrag für den Bildungserfolg unserer Kinder. Jeder Euro, den wir in die Bildung unserer Kinder investieren, ist ein gut investierter Euro in die Zukunft


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unseres Landes. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann. – Abg. Brandstätter: Mit den Wahlen hat das nichts zu tun, oder?)

18.36

18.36.54*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, ich habe jetzt das Stenographische Protokoll erhalten. Sie haben – ich zitiere jetzt den Ausdruck – sehr wohl so formuliert: „Wenn man sich dann die Lüge, den Schmäh oder das Märchen“ et cetera, das sie uns erzählen - - – Deshalb erteile ich Ihnen für den Ausdruck der Lüge einen Ordnungsruf.

***** 18.37.16


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Karin Greiner zu Wort. – Bitte.


18.37.23

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Geschätzte Präsidentinnen! Liebe Kollegin Salzmann, ich stimme Ihnen in einigen Punkten zu, weil wir uns im Prinzip schon einig sind, dass Frühförderung respektive Bildung bei Kindern wichtig ist und dass es da viel Qualifikation unter dem Personal braucht.

Jetzt wäre es halt schön, wenn die Kindergartenmilliarde zur Verfügung stünde, dass man sie auch dort, wo man sie braucht, so einsetzen kann, und nicht erstreckt auf fünf Jahre, sondern dass wir sie jetzt einsetzen könnten – das wäre eine wesentliche Forderung. Es ist bedauerlich, dass es nicht so ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Bericht: Es ist mittlerweile eigentlich ein Standardsatz, bei allen Themen, bei allen Berichten: Die Datenlage ist prekär und unzureichend. In diesem Fall wurden Sprachstandsfeststellungen nicht flächendeckend durchgeführt. Das ist sehr schade, weil man dann natürlich auch mit den Zweckzuschüssen nicht so zielgerichtet, wie das wünschenswert wäre, agieren kann, was aber genau im Bereich der sprachlichen Frühförderung vonnöten wäre.


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Sie haben gesagt, 40 Personen haben diese Ausbildung begonnen und absolviert. Ich glaube, da wäre ein Ansatz, erstens die Wertschätzung diesen Pädagog:innen gegenüber deutlich zu erhöhen – persönlicher Art, finanzieller Art – und vor allem die Kriterien in der Ausbildung bundeseinheitlich zu regeln. Damit hätte man sehr viel auf einmal erledigt. Wir haben den Herrn Bundes­minister im Ausschuss auch gebeten, doch bitte in Fahrt zu kommen, was diese Vorgabe der einheitlichen Ausbildungskriterien betrifft. Das wäre bitter, bitter notwendig, und dann hätten wir gleich auch die Wertschätzung und die Anerken­nung erhöht, und zwar nicht nur unter den Pädagog:innen, sondern auch in der Bevölkerung, und vor allem hätten die Kinder etwas davon. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper und Künsberg Sarre.)

Bis jetzt ist es auch so, dass durch diese mangelnden Sprachstandsfeststellungen die Zweckzuschüsse nicht wirklich geleitet werden können. Es gibt keine Sanktionen. Das heißt, wenn da Sprachstandsfeststellungen unzureichend, wie auch immer, erfolgen, dann passiert nichts, die bekommen dann nicht weniger Geld. Das muss man verbinden, und das moniert auch der Rechnungs­hof.

Es muss klar gesagt werden, was Sache ist nach diesen Sprachstands­fest­stellungen, die für alle infrage kommenden Kinder flächendeckend passieren müssen, und dem entsprechend müssen natürlich die Zweckzuschüsse angepasst werden. Dann hat das Ganze auch einen Sinn. Dann würde das System auch funktionieren, und die Kinder und die Familien hätten etwas von der Sprachstandsförderung, vor allem von höher qualifiziertem Personal.

Ich darf abschließend unterstreichen – weil das wirklich ein Herzensanliegen unserer Fraktion ist –, was der Rechnungshof wirklich ganz deutlich ausge­sprochen hat: Es bedarf einer sofortigen Vorgabe des Bundes von einheitlichen Ausbildungskriterien, dann hätten wir, wie gesagt, viele Probleme, viele Unklarheiten, viele Unzulänglichkeiten gelöst und könnten ein entsprechendes Angebot für die so wichtige Sprachförderung vorlegen. Wir alle wissen,


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was es bedeutet, wenn in diesem frühen Kindesalter Sprachförderung zu kurz kommt.

Das wäre wirklich ein Appell an den Herrn Minister: Bitte schaffen Sie aufgrund Ihrer Funktion diese einheitliche Vorgabe, damit wäre viel gelöst und wir alle hätten vor allem in Zukunft etwas davon!

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für den Bericht. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


18.41.05

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsi­dentin! Geschätzte Zuseher und Zuseherinnen! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Der Rechnungshof überprüfte das barrierefreie Arbeiten der Studierenden an den Universitäten der Boku in Wien und an der TU Graz in den Jahren 2015 bis 2020.

Was das Arbeiten angeht, lässt sich durch den Bericht des Rechnungshofes ein schlechtes Bild zeichnen, denn die Universitäten beschäftigen deutlich weniger Menschen mit Behinderung, als gemäß Behinderteneinstellungsgesetz ver­pflichtend vorgegeben wäre. Laut Behinderteneinstellungsgesetz ist nämlich für je 25 Bedienstete mindestens ein begünstigter Behinderter einzustellen oder eine Ausgleichstaxe zu leisten. Für die beiden überprüften Universitäten heißt das, die Boku Wien muss 1,63 Millionen Euro und die TU Graz 2,02 Millionen Euro zahlen. Das sind wirklich enorme Summen, weshalb der Rechnungshof auch empfiehlt, der Beschäftigungspflicht stärker nachzukommen, denn damit kann man derart hohe Zahlungen in Zukunft vermeiden.

Meine persönliche Empfehlung wäre daher auch die Schaffung von individu­alisierten Arbeitsplätzen für Menschen mit einer Behinderung. Im Bereich der


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Landesverteidigung funktioniert das nämlich sehr gut, denn da wird der Arbeitsplatz spezifisch auf die jeweilige Person zugeschnitten.

Auch im Bereich des Studierens ortet der Rechnungshof Verbesserungsbedarf. Im Jahr 2019 gab es österreichweit 39 100 Studierende mit studien­erschwer­enden Beeinträchtigungen. Studienerschwerende Beeinträchtigung heißt jedoch nicht Behinderung, sondern beispielsweise fallen sogar auch psychische Beeinträchtigungen oder Allergien oder Probleme mit den Atemwegen darunter. Die beiden Universitäten sollten daher künftig Strategien entwickeln, um den Bekanntheitsgrad der Unterstützungsstellen für Studierende mit Behinderung zu erhöhen.

Bildungsminister Polaschek meinte bereits im Ausschuss, dass er die Empfeh­lungen des Rechnungshofes umsetzen werde. Ich bin sehr gespannt, wie er das bewältigen möchte, denn das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat laut Beantwortung meiner Anfrage, Stand 13. Oktober 2022, selbst um 1 203 Angestellte mit Behinderung zu wenig und erfüllt somit grundsätzlich die Einstellungspflicht nicht. Ausgleichstaxe muss das Bildungs­ministerium aber dennoch nicht leisten, da der Bund als eine Einheit zählt und die anderen Ministerien teilweise die Quote übertreffen.

Ich hoffe auf eine baldige Verbesserung zum Wohle der Menschen, die es im täglichen Leben nicht so leicht haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


18.44.15

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Frau Präsidentin und (in Richtung Rechnungshofpräsidentin Kraker) Frau Präsidentin – ich sage das so gern! Ein paar Anmerkungen zum Thema Sprachförderung im Kindergarten: Ich kann da gleich an meine Vorrednerinnen anschließen und deswegen gleich zu den Lehren


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springen, die wir aus dieser sehr wichtigen Analyse ziehen müssen; drei hätte ich da für mich herausgelesen.

Erstens: Wir müssen definitiv genauer hinschauen, ob die Mittel, die wir ein­set­zen, auch wirken. Es wird das Paradox geschildert: Kindergärten sehen oft kaum Förderbedarf in Deutsch, die Schulen, wenn die Kinder dann in die erste Klasse kommen, messen oft viel Deutschförderbedarf. Dazu passt auch die Beobach­tung aus Wien, dass Kinder, die im ersten Schuljahr als außerordentlich eingestuft werden, oft zwei Jahre lang im Kindergarten waren. Das darf nicht so bleiben, das können wir definitiv besser machen.

Zweiter Punkt: Es gibt in den Artikel-15a-Vereinbarungen offenbar zu wenig Vorgaben, wie Mittel verwendet werden sollen. Sie führen im Bericht das Beispiel Niederösterreich an, wo offenbar Mittel, die für die Sprachförderung zweck­gewidmet sind, im Regelbetrieb quasi aufgehen und diesen quersubventio­nieren. Auch das darf nicht so bleiben.

Dritter Punkt: Mit dem Vergleich Oberösterreich/Niederösterreich legt Ihr Team ja recht anschaulich dar, dass das jedes Bundesland ein bisschen anders macht, dass das jedes Bundesland so macht, wie es das will. Wichtig wäre daher, die Frage zu stellen: Was ist sinnvoll in der Elementarpädagogik? Wie setzt man Mittel gut ein? Was wirkt? Dafür braucht es auch im Kindergarten bundesweit einheitliche Standards, mehr Vorgaben und auch mehr Daten für effiziente Vergleiche. Das kann ich nur zehnmal unterstreichen.

Ich freue mich, in diesem Kampf um mehr Qualität, mehr Professionalität und gute einheitliche Rahmenbedingungen in der Elementarpädagogik den Rech­nungshof an unserer Seite zu wissen. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.



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18.46.19

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, der Rechnungshof hat sehr viele Berichte über den Bildungs- und Wissen­schaftsbereich vorgelegt – vielen herzlichen Dank an Sie, Frau Präsidentin, und an Ihr Team. Sie geben damit immer sehr, sehr wertvolle Hintergrundinfor­mationen und sehr wertvollen Input, was wir dann in diversen Anfragen und Anträgen auch weiterverwenden können.

Ich möchte auch etwas zur sprachlichen Frühförderung in den Kindergärten sagen. Da behandelt der Rechnungshof eigentlich einen Bereich oder ein Thema, das gar kein großes Thema sein sollte – wenn im Kindergarten kindgerechte Rahmenbedingungen herrschen würden.

Kinder lernen doch eine Sprache, indem sie mit Bezugspersonen im Austausch sind, indem sie eine Beziehung zu Menschen, zu Kindern und auch zu Erwach­senen, aufbauen können, indem sie viel Zuwendung von verschie­denen Bezugspersonen bekommen, also über Bindung und Beziehung. Im Kindergarten ist diese Möglichkeit nicht ausreichend gegeben, weil wir in Österreich einfach nach wie vor zu große Gruppen und zu wenig qualifiziertes Personal haben.

Die Sprachförderung ist dann am effektivsten – und das wissen wir ja auch aus verschiedenen Studien und Erhebungen –, wenn sie nicht als Zusatzaktivität quasi draufgestückelt oder drangestückelt wird, sondern wenn sie einfach in den Alltag integriert wird, sodass den Kindern gar nicht auffällt, dass sie da jetzt eine neue Sprache lernen oder eine Sprache besser lernen. Das gilt im Übrigen sowohl für den Kindergarten als auch für die Schule. Das Problem ist, dass der Bildungsminister die Sprachförderung betreffend kein wirkliches Ziel definiert. Das hat auch der Rechnungshof festgestellt.

In Österreich gibt es neun Sprachförderkonzepte. Man muss sich das einmal vorstellen: In unserem kleinen Österreich hat jedes Bundesland ein eigenes


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Sprachförderkonzept im Kindergarten. Okay, diese Konzepte gibt es nun einmal. Werden sie evaluiert? – Nein, sie werden nicht evaluiert. Also es sind offen­sichtlich alle neun Sprachförderkonzepte gleich gut; davon geht man beziehungs­weise die Regierung einmal aus. Wird wenigstens sichergestellt, dass das Geld vom Bund für zusätzliche Maßnahmen im Rahmen der Artikel-15a-Vereinbarungen wirklich für Neues oder für zusätzliche Maßnahmen verwendet wird? – Nein, auch das nicht, haben wir schon von den Vorrednerinnen gehört. Führt die Sprachförderung im Kindergarten eigentlich zum gewünschten Erfolg? – Auch das wissen wir nicht.

Wenn nämlich die Kinder in die Schule kommen und den fragwürdigen Mika-D-Test machen müssen, den anscheinend auch die Grünen als Regierungsfraktion leider nicht abschaffen wollen, dann ist es nach wie vor immer so, dass dieser Mika-D-Test mehr Kinder als mangelhaft Deutsch sprechend hervorbringt, als im Kindergarten überhaupt Kinder von der Sprachförderung erfasst wurden. Die Anzahl dieser Kinder in der Schule ist laut Mika-D-Testergebnis also deutlich höher als jene in den Kindergärten.

Da muss man doch irgendetwas tun! Die Regierung, vor allem die ÖVP, hat gefunden, jedes Bundesland ist sehr eigen, hat seine Eigenheiten und Besonder­heiten. Ja, aber gerade bei der Sprachförderung, wenn wir sie ernst nehmen, sollte in Österreich eine gleiche Ebene und eine gleiche Qualität gelten. (Beifall bei den NEOS.)

18.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Frau Rechnungshofpräsidentin zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.49.53

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich noch kurz auf eben­diese skizzierten Berichte eingehen: Ich komme zunächst zum Bericht


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betreffend „Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten“. Das ist ein Gebiets­körperschaften übergreifendes Thema von großer bildungspolitischer Relevanz.

Es gab bis 2018 15a-Vereinbarungen betreffend die frühe sprachliche Förderung in Kindergärten, jetzt heißt sie Vereinbarung Elementarpädagogik. Der Bund gibt den Ländern Zweckzuschüsse, die diese für Personal und Qualitätsver­besse­run­gen einsetzen sollen. Zielsetzung ist, dass die Kinder im Kindergarten Deutsch lernen, damit sie eine bessere Ausgangsposition für ihren späteren Bildungsweg haben.

In den Vereinbarungen finden sich aber auch andere Punkte, wie zum Beispiel das verpflichtende Kindergartenjahr. Es geht um die Weiterentwicklung von Kindergärten zu Bildungseinrichtungen. Für den Rechnungshof ist es sehr, sehr wichtig, dass der Zweckzuschuss bedarfsgerecht auf die Länder verteilt wird und dass die Mittel je nach Bedarf ankommen.

Wir haben aber auch festgestellt, dass auch Kinder mit Erstsprache Deutsch Förderbedarf haben. Die Sprachförderkonzepte, das wurde schon angesprochen, sind länderweise unterschiedlich. In Niederösterreich gibt es das Prinzip der interkulturellen Pädagogik. Da wird alltagsintegriert die Mehrsprachigkeit der Kinder gefördert und es gibt auch interkulturelle Mitarbeiter.

In Oberösterreich gab es das Konzept der alltagsintegrierten Sprachförderung. Da werden Kleingruppen gebildet, in denen Sprachförderung betrieben wird. Oberösterreich hat Hotspotkriterien entwickelt und in Niederösterreich kamen alle Landeskindergärten in den Genuss der Fördermittel. Der Rechnungshof meint, dass man Best-Practice-Beispiele für eine gezielte Sprachförderung herausarbeiten und entwickeln sollte: Was hat den besten Effekt? Natürlich sind auch interkulturelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig, weil die sich den Kindern ja auch verständlich machen können.


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Wichtig sind auch bundesweit einheitliche Vorgaben. Ich glaube, sobald das Wort Bildung vorkommt, ist es wichtig, bundesweit einheitliche Ziele festzulegen.

Darüber hinaus ist dieses Nahtstellenmanagement, das Übergangsmanagement zwischen Kindergarten und Volksschule, wichtig. Es gibt da die Sprachstands­feststellungen und das Messinstrument zur Kompetenzanalyse – Deutsch. Aus meiner Sicht braucht es ein gemeinsames Verständnis zwischen Kindergarten­pädagoginnen, ‑pädagogen und Volksschulpädagoginnen, ‑pädagogen. Man muss zusammenarbeiten, um die sprachliche Lage und Situation der Kinder, den Förderbedarf auch entsprechend einzustufen.

Defizite haben wir auch bei den Abrechnungen festgestellt. Die Konzepte und Abrechnungen waren auf Bundesebene zu prüfen, das Nichterreichen der Zielsetzungen hatte keine Konsequenzen. Es gibt einen großen Spielraum bei der Vergabe der Zweckzuschüsse. Es steht auch gerade der Finanzausgleich zur Debatte: Dieser kann genutzt werden, um hier Regelungen zu treffen. Ein Kindergartenjahr ist ja verpflichtend. Im Finanzausgleich könnte das zum Beispiel abgegolten werden, und die 15a-Vereinbarung könnte gezielt auf sprachliche Förderung abstellen.

Der zweite Bericht, den ich hier erwähnen möchte, ist jener betreffend „Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten“. Geprüft haben wir an der Boku Wien und der TU Graz die Umsetzung der Behindertenrechts­kon­vention der Vereinten Nationen und des Nationalen Aktionsplans Behinderung. Wichtig ist – das wurde uns gesagt –, dass im neuen Aktionsplan auch der tertiäre Sektor eingebunden wird, dass auch die Universitäten im Nationalen Aktionsplan vorkommen.

Die Behinderteneinstellungspflicht wurde verfehlt, keine der 22 öffentlichen Universitäten erfüllte die Beschäftigungspflicht von Behinderten zur Gänze. Dafür waren Ausgleichszahlungen in Höhe von 5,33 Millionen Euro zu leisten.


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Von allen Universitäten erfüllte die Universität Graz die Vorgaben am ehesten, die Boku Wien erreichte 42 Prozent, die TU Graz 28 Prozent.

Wichtig ist auch die soziale Lage dieser Studierenden. Wir haben festgestellt, dass die Zuschläge zur Studienbeihilfe in der Studienbeihilfenverordnung seit mehr als 15 Jahren unverändert geblieben sind. Es geht um die soziale Lage von Studierenden mit Behinderung. Die Eignung des Katalogs der anspruchs­berechtigenden Behinderungen sollte entsprechend evaluiert werden. Wir haben eine Anpassung dahin gehend empfohlen.

Wir haben natürlich auch das Angebot der Universitäten für Studierende mit Behinderung untersucht. Da geht es darum, dass auf den Webseiten das Informationsangebot barrierefrei zur Verfügung steht, sodass es auch entsprechend genutzt werden kann. Es geht auch um die Frage abweichender Prüfungs­methoden.

Positiv haben wir gesehen, dass die Universitäten sich in ihren eigenen Strate­gien sehr wohl zur Unterstützung und Förderung von Menschen mit Behinderung bekennen. Es gibt aber noch offene Punkte. Ein Hebel sind die Leistungsvereinbarungen, die das Ministerium zu beschließen hat. Da sollte es die Erfüllung der Behindertenbeschäftigungspflicht zumindest thema­tisieren, damit die Situation besser wird. Es geht dabei auch um die gesells­chaftliche Vorbildwirkung.

Wir haben darüber hinaus eine Follow-up-Überprüfung betreffend „Nebenbe­schäftigungen der Universitätsprofessorinnen und -professoren“ gemacht. Da geht es um Möglichkeiten zur Schaffung von mehr Transparenz. Wir haben damit eine Diskussionsgrundlage geschaffen, nun sollte das Bildungsministerium eine Initiative zu einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung schaffen.

Als Beispiel für Transparenz in diesem Bereich haben wir das System der Universität Zürich genannt, auf deren Website seit 2017 bestimmte Nebenbe­schäftigungen der Professorinnen und Professoren veröffentlicht werden.


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Diese Empfehlung hat das Bildungsministerium teilweise umgesetzt, indem es das Thema mit den Universitäten Innsbruck und Wien diskutiert hat und ein Projekt zur Einführung eines Systems plant, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Auftraggeber ihrer Forschungsprojekte offenlegen. Eine gesetzliche Neuregelung wurde bis jetzt noch nicht umgesetzt, es gab darüber noch keine Entscheidung, deshalb bleibt unsere Empfehlung aufrecht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sowie des Abg. Zanger.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.


18.57.10

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, aber natürlich auch Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause! Apropos zu Hause: Ich möchte heute besonders Familie Ecker begrüßen, die uns gerade live zuschaut!

Ich darf auf den Bericht „Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten“ in Österreich eingehen, auf den die Präsidentin und auch schon einige Vorred­nerinnen und Vorredner eingegangen sind. In den Jahren 2015 bis 2020 wurden explizit die Boku Wien und die TU Graz beleuchtet. In diesem Zeitraum waren österreichweit 31 900 Studierende mit Beeinträchtigung an unseren Univer­sitä­ten inskribiert, an der Boku Wien 1 200 und an der TU Graz 1 600. Da haben wir natürlich noch Luft nach oben. Gerade die Universitäten haben da natürlich auch eine große Vorbildwirkung, der sie auch gerecht werden müssen.

Betreffend Beschäftigte mit Behinderung an den Universitäten – das haben wir auch schon gehört – wurden von keiner Universität alle Ziele erfüllt, auch


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nicht von der Boku Wien und der TU Graz, was für diese in Summe Strafzahlun­gen in Höhe von 3,6 Millionen Euro mit sich gebracht hat; insgesamt waren sie um einiges höher.

Der Herr Minister hat uns im Ausschuss versichert, dass er sich dieses Themas, wie auch schon zuvor als Rektor der Uni Graz, an der das Ziel ja nahezu erreicht wurde, explizit annehmen möchte, weil natürlich eine Universität eine besondere Vorbildwirkung hat. Es sollen dort die Beschäftigtenzahlen von Menschen mit Beeinträchtigungen erhöht werden, die Universitäten sollen mit gutem Beispiel vorangehen.

Ich darf mich beim Rechnungshof für den Bericht, die gute Aufbereitung und die Maßnahmen, die empfohlen wurden, bedanken.

Ich will noch eine Empfehlung herausgreifen: Gelder sollen nicht für Strafzah­lungen ausgegeben werden, sondern lieber für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Die Universitäten sollten sich gerade in Personalfragen intensiver untereinander austauschen. Manche schaffen es besser als andere. Es sollen auch explizit die empfohlenen Maßnahmen ergriffen werden, es soll mehr Unterstützung für die Studierenden geben. Sogar wir im Parlament haben das schon debattiert und beschlossen, dass gerade in diesem Bereich mehr unter­stützt werden soll. Viele der Maßnahmen sind also bereits auf dem Weg.

Ganz aktuell: Als wir diesen Bericht im Ausschuss diskutiert haben, hat auch die TU Graz noch einmal einen eigenen Maßnahmenkatalog herausgebracht, in dem sie explizit sowohl für die Studierenden ein Angebot schaffen als auch als Arbeitgeberin besonders attraktiv sein will. Sie sieht Maßnahmen wie eigene Jobinserate vor und möchte explizit Zugang zur Zielgruppe finden et cetera, also das auch angehen.

Da sieht man, wie wertvoll die Arbeit des Rechnungshofes ist, wie wertvoll die Debatte bei uns im Ausschuss und auch heute hier im Nationalrat ist, denn die


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Dinge werden sozusagen auch angegangen und es wird versucht, sie auch schrittweise zu verbessern.

Ich glaube, gerade dieser Bereich, wenn es um das barrierefreie Studieren und Arbeiten an den Universitäten geht, muss uns allen gemeinsam ein großes Anliegen sein. Ich freue mich, dass wir uns da in die richtige Richtung bewegen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.00


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher gelangt jetzt zu Wort. – Bitte.


 19.00.58

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eigentlich nahtlos an das anschließen, was meine Kollegin vorhin schon erwähnt hat. Ich glaube, die Universitäten haben wirklich und auch zu Recht eine Vorbildrolle, vor allem wenn es darum geht, Menschen mit Behinderung anzu­stellen und ihnen den Stellenwert, der ihnen gebührt, zu geben – da muss man mehr tun.

Die Strafzahlungen von über 5 Millionen Euro sind so, glaube ich, nicht notwen­dig. Das Geld ist vor allem aufgrund der angespannten Situation in der Bildung in pädagogischen Maßnahmen definitiv besser aufgehoben. Deswegen wollen wir seitens unserer Fraktion auch explizit noch einmal betonen, dass da schnellstens Maßnahmen gesetzt werden müssen. Der Minister hat uns diese versprochen. Ver­sprechen ist gut, es zu machen noch viel besser. Deswegen werden wir darauf genau achten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Uns ist auch noch wichtig, zu betonen, dass über 10 Prozent der Studierenden in irgendeiner Art und Weise eine Beeinträchtigung – von sehr leicht bis sehr schwer – haben. Das heißt, das ist definitiv keine kleine Gruppe. Da geht es um eine sehr, sehr große Zahl von Studierenden.


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Eine Anmerkung ist sehr wichtig und richtig, nämlich dass in bestehenden Gleichbehandlungsgremien auch die Menschen mit Behinderung ganz stark miteinbezogen werden sollen. Das heißt, Maßnahmen sollen in bestehenden Gleichbehandlungsgremien in Unis auch unter diesen Aspekten diskutiert werden. Das ist ein richtiger Ansatz, denn Gleichbehandlung soll vor allem auch Menschen mit Beeinträchtigung miteinbeziehen. Das ist sehr stark in unserem Sinne. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Frau Präsidentin! Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie jetzt noch einmal erwähnt haben, dass die Studienbeihilfe für Studierende mit Beeinträchtigung seit sehr, sehr langer Zeit nicht angepasst wurde. Ich glaube, wenn es für den Herrn Minister um eine Priorisierung der Maßnahmen geht, dann wäre da auch gerade in Zeiten der Teuerung eine Sofortmaßnahme ange­bracht, da die 160 Euro, die bezahlt werden, doch sehr, sehr mager erscheinen. Ich glaube, die Betroffenen haben sich definitiv mehr verdient. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Ganz zum Schluss: Geschätzte Frau Kollegin Hamann, Sie haben zu Recht angemerkt, es braucht schnell einheitliche Bedingungen im elementarpädagogi­schen Bereich. Sie sind zuständig, Sie haben uns dabei an Ihrer Seite. Dem­entsprechend können wir sofort loslegen. Die Sozialdemokratie hat nichts dagegen.

Frau Präsidentin, vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit! Man merkt die steirische Gründlichkeit und den steirischen Fleiß. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

19.03


Präsidentin Doris Bures: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.



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19.04.04

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Plenum! Damen und Herren, die auf der Galerie, via Livestream oder vor den TV-Geräten zusehen! Ich darf mich auch sehr herzlich für die Rech­nungshofberichte aus dem Gesamtbereich Bildung, Wissenschaft, Forschung sehr herzlich bedanken, weil sie doch immer sehr genau zeigen, wo Lücken sind.

Zum Thema barrierefreies Arbeiten und Studieren in Österreich ist schon sehr viel gesagt worden. Zwei Punkte sind mir wichtig: Wenn man sich die Verteilung anschaut, so erkennt man, dass sie auf den Universitäten insbesondere beim sogenannten nicht wissenschaftlichen Personal etwas besser als beim wissen­schaft­lichen und künstlerischen Personal ist – immer noch nicht gut, aber besser.

Darum ist es aus meiner Sicht ganz zentral, dass man Studierende mit Beein­träch­tigung, mit Behinderung mehr und deutlich fördert, um sie dann auch in mögliche wissenschaftliche, künstlerische Karrieren in den Universitäten in allen Bereichen, sei es Forschung, sei es Kunst, zu bringen. Da muss man also ganz zentral ansetzen, und deshalb müssen Studierende mit Beeinträchtigung – und das sind immerhin 12,2 Prozent der Studierenden – wirklich massiv gefördert werden.

Wir werden uns sehr dafür einsetzen und sind auch schon in Gesprächen, die Verordnung über die Gewährung von Studienbeihilfe an behinderte Studierende zu verändern und die Beihilfen zu erhöhen, denn da ist aus unserer Sicht drin­gender Bedarf gegeben.

Womit ich aber nicht übereinstimme, ist, dass der Bereich den Arbeitskreisen für Gleichbehandlungsfragen überantwortet wird, denn es ist eigentlich eine Kern­aufgabe des Betriebsrates und der Personalvertretung. Es gibt durchaus Bedenken, den Arbeitskreisen alles sozusagen einzupacken; deswegen würde ich sehr


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gerne an die Behindertenvertrauensleute in den Betriebsräten appellieren, sich dieser Fragen anzunehmen.

Noch ganz am Schluss eine Bemerkung zur Nebenbeschäftigung der Univer­si­tätsprofessoren – die Frau Präsidentin hat es schon angesprochen –: Es geht mir da nicht nur um Forschungsprojekte, sondern auch um Gutachten. Wie der Follow-up-Bericht gezeigt hat, gibt es diesbezüglich an den Universitäten nicht wirklich – wie soll ich sagen? – gute Umsetzungen. Es wäre ganz im Sinne der Studierenden und der Verfügbarkeit von Lehrenden für Studierende – aus meiner Sicht, das habe ich als Rektorin immer schon betrieben – wirklich wichtig, dass es da zu einer klaren Regelung kommt.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

19.07


Präsidentin Doris Bures: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.


19.07.17

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Lassen Sie mich als ausgebildete Pädagogin auf einen wesent­lichen Teil des vorliegenden Berichtes betreffend den Bildungsbereich eingehen: Der Rechnungshof überprüfte von Juni bis September 2020 die Besetzung der Pflichtschulleitungen in meinem Heimatbundesland, der Steiermark. Prüfungsziel war unter anderem die Bewerbungssituation an den Pflichtschulen.

Dazu möchte ich festhalten, dass das Land Steiermark bereits im Jahr 2013 ein Objektivierungsverfahren für die Bestellung von Schulleitungen einführte. Mit der Bildungsreform 2017 erfolgte dann österreichweit eine grundlegende


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Reform der Schulleiterbesetzung. Der Rechnungshof hat aufgezeigt, dass es in den Schuljahren 2015/16 bis 2019/20 in der Steiermark insgesamt 273 Pflichtschulleitungsbesetzungsverfahren gab. Dabei gab es durchschnittlich leider nur zwischen 1,3 und 1,7 Bewerberinnen und Bewerber pro ausge­schriebene Stelle.

Man kann also sagen, dass der Kandidatenpool für potenzielle Schulleitungen eindeutig zu klein ist. Wir müssen daher Kolleginnen und Kollegen nicht nur motivieren, Verantwortung in der Schulleitung zu übernehmen, sondern auch ständig an der Verbesserung der Rahmenbedingungen arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Wenn man die Situation verbessern will – das Ziel muss da sein, dass sich mehr Pädagoginnen und Pädagogen für diesen verantwortungsvollen, aber sehr schönen Beruf der Schulleitung interessieren –, dann müssen wir auch in Zukunft an mehreren Schrauben drehen. Wir wissen, dass die Administration und Verwaltung einen erheblichen Teil des Arbeitsaufwandes einer Schulleiterin, eines Schulleiters ausmacht. Aus diesem Grund war es vollkommen richtig und wichtig, für unsere Pflichtschulen die Möglichkeit der administrativen Assistenz ins Leben zu rufen und zu etablieren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Rahmenbedingungen für diese administrative Unterstützung wurden vom Bund auf Schiene gebracht, die Gelder sind vorhanden und müssen abgeholt werden.

Zugleich, das muss auch gesagt werden, handelt es sich da um einen Bottom-up-Prozess. Das bedeutet, in den Bildungsregionen muss dieser Prozess in einer guten Kooperation zwischen Bildungsinstitutionen und Gemeinden als Schul­erhalter aufgesetzt werden. Ich bin sehr stolz darauf, dass uns dieser Prozess in der Südoststeiermark sehr gut gelungen ist. Die zuständige Abteilungsleiterin der Bildungsdirektion hat diesen Prozess gekonnt und kompetent aufgesetzt, mit dem Erfolg, dass beinahe alle Pflichtschulen in meiner Region eine administrative Unterstützung haben.


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Der Rechnungshof empfiehlt weiters, entsprechende Personalentwicklungs­maßnahmen zu ergreifen, um in den Schulleiterbestellungsverfahren auf einen größeren Kandidatenpool zurückgreifen zu können. Um geeignete Kolleginnen und Kollegen für diese Funktion gut motivieren zu können, ist aus meiner Sicht die Aufwertung der Schulleitung unumgänglich, sowohl monetär als auch hinsichtlich der Wertschätzung, denn der Wert entsteht durch die Wertschät­zung. Deswegen ist es wichtig, dass man dieser wunderbaren Funktion der Schulleitung einen entsprechenden Stellenwert einräumt. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Schule steht und fällt mit der Schulleitung, dieser kommt also eine zen­trale Rolle zu. Wir müssen die Schulautonomie weiterhin stärken, den Schulleitungen mehr Vertrauen entgegenbringen. Sie sind es, die am besten wissen, was am eigenen Schulstandort erforderlich ist. Wir können darauf vertrauen, dass sie ihre Aufgabe mit viel Engagement und Kompetenz erfüllen.

Ich bedanke mich ganz herzlich für den großartigen Einsatz der Schulleiterinnen und Schulleiter. Wir hier arbeiten hingegen ständig daran, die Rahmenbedin­gun­gen für ihren Einsatz zu verbessern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


19.11.58

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist spät, ich weiß, wir sind nach zwei Tagen im Plenarsaal auch schon ein bissel müde, und ich bin schon der vorletzte Redner. Nichtsdestotrotz: Bevor wir heute Feierabend machen, würde ich noch gerne über ein Thema reden, das immer, zu jeder Tages- und Abendzeit, wichtig ist, und das ist die Bildung.

In zwei Berichten hat sich der Rechnungshof nämlich die Prozesse bei der Besetzung der Leitungen an über 500 steirischen Pflichtschulen von 2015 bis


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2020 angeschaut. Wie soll ich es zusammenfassen? – Das Ergebnis ist eigentlich sehr besorgniserregend: von mangelnden Qualifikationen über eine besonders niedrige Bewerbungsrate bis hin zu Lücken in der Nachvollziehbarkeit und zu intransparenten Vorteilen für Wunschkandidaten durch sogenannte Betrauun­gen. Vor allem Letzteres ärgert mich dann schon, denn solche Betrauungen, wenn die scheidenden Schulleitungen - -


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich würde Sie ersuchen, den allgemeinen Lärmpegel ein wenig zu senken und das Ohr ein wenig dem Redner zu leihen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­ruf des Abg. Kucher.)


Abgeordneter David Stögmüller (fortsetzend): Bitte? (Ruf bei der SPÖ: ... pole­misch!) Es geht um diese Betrauungen. Das ärgert mich wahnsinnig, wenn die scheidende Schulleitung einen Wunschkandidaten, eine Wunschkandidatin interimistisch mit dem Amt der Leitung betraut, bevor die Bewerbung ausge­schrieben wird. Das ist eindeutig problematisch.

Meine Damen und Herren, ich will nicht von parteilichen Postenbesetzungen reden – das haben wir im Untersuchungsausschuss sehr oft gesehen, das ist es nicht; ich will es auch nicht verharmlosen, denn da geht es wirklich um partei­politische Besetzungen –, auch der Rechnungshof hat keine Beweise für eine direkte Einflussnahme aus Parteigründen gefunden. Diesen Betrauungen liegen aber keine objektiven Auswahlkriterien zugrunde, sie verschaffen den Kandi­daten aber einen großen Vorteil in der Bewerbung, und das hat zumindest in der Steiermark System. Jetzt hat der Kollege schon die Steiermark so hervorge­hoben, vielleicht hat auch das dort System.

Laut Rechnungshof gingen bei mehr als der Hälfte aller Besetzungen von 2015 bis 2018 solche Betrauungen voraus. In knapp 60 Prozent dieser Fälle fanden sich beim Bewerbungsprozess in weiterer Folge dann keine weiteren Bewerber:innen. Das System ist klar: Dem Wunschkandidaten ohne große


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Begründung das Amt anvertrauen, bis der Vorsprung dann so groß ist, dass sich quasi eine Bewerbung für die Konkurrenten einfach nicht mehr rentiert.

Das Problem ist aber noch größer und noch struktureller: Mehr als die Hälfte der Schulleiter:innen ist älter als 56 Jahre, ein Fünftel ist älter als 60 Jahre, steht also kurz vor der Pensionierung. Wenn man dann noch bedenkt, dass es im Prüfungszeitraum, nämlich zwischen 2015 und 2020, durchschnittlich zwischen 1,3 und 1,7 Bewerbungen pro Stelle gab und dass Neubesetzungen aufgrund von Pensionierungen durchschnittlich 396 Tage dauerten, merkt man langsam das Ausmaß des Problems, vor dem unser Bildungssystem steht.

Es geht um unsere Pflichtschulen, die unsere nächsten Generationen auf die herausfordernde, unsichere und immer komplexere Welt von morgen vorbereiten sollen. Wir können uns das einfach nicht mehr leisten, mit unserer Zukunft, mit dieser nächsten Generation zu spielen. (Beifall bei den Grünen.)

Da herrscht dringender Handlungsbedarf, denn wir werden das Problem erst richtig zu spüren bekommen, wenn es zu spät ist. Der Rechnungshof empfiehlt eine Überarbeitung des Bewerbungsprozesses, eine Steigerung der Transparenz im Betrauungsverfahren und dass geeignetes Lehrpersonal proaktiv zur Bewerbung für Leitungsstellen motiviert wird.

Das Problem ist aber größer, daher brauchen wir auch größere Lösungen. (Ruf bei der FPÖ: Wir brauchen Neuwahlen!) Wir müssen den Lehrberuf wieder attraktiver machen und das Leiten von Pflichtschulen nicht zur Pflicht werden lassen, sondern verdeutlichen, wie wichtig, wie essenziell, wie lebens­notwendig das Ausbilden der kommenden Generation wirklich ist. Ich glaube, es ist notwendig, das auch zu zeigen.

Ich möchte abschließend noch eines sagen: Wir haben jetzt diesen Fall des Kollegen Waldhäusl aus dem Niederösterreichischen Landtag. Ich möchte zu diesem Thema hier auch noch sagen: Ich finde es beschämend, wenn Österreicherinnen und Österreicher, wenn Schülerinnen und Schüler derartig


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schlechtgestellt werden, denn es sind sehr wohl alle Österreicherinnen und Österreicher willkommen. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir da ein klares Zeichen setzen. Solche Aussagen – so eine rassistische Positionierung – haben da nichts zu suchen.

Ich bin sehr froh, dass es hier – außer mit der FPÖ – einen breiten Schulter­schluss gibt, denn solche Meinungen sind nur eine Einzelmeinung und nicht die überwiegende Meinung in Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

19.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. –Bitte.


19.16.52

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Meine Kollegin Künsberg hat ja zum Tagesordnungspunkt 33, zum Thema sprachliche Frühförderung und dazu, wie wichtig Integration für die Gesellschaft ist, schon etwas gesagt. Sie hat auch gesagt, was wir dabei in Österreich zu kritisieren haben.

Ich möchte aber an Kollegen Stögmüller anschließend schon auch noch etwas zu einem ganz aktuellen Anlass sagen. Ich möchte das vielleicht noch kurz ausführen, weil nicht alle mitbekommen haben, was ein bestimmter FPÖ-Politiker von sich gegeben hat.

Es war eine Diskussion auf dem Sender Puls 4, in der eine junge Schülerin den Mut gefasst hat (Zwischenruf des Abg. Reifenberger), dem Politiker Waldhäusl von der FPÖ eine Frage zu stellen. Zusammengefasst hat sie gesagt, sie kommt aus einer Schulklasse, in der fast alle Schülerinnen und Schüler einen Migrationshin­tergrund haben. Sie sagt ihm, wenn das, was er in der Sendung zum Besten gegeben hat, schon alles umgesetzt wäre, dann hätte sie nicht die Matura machen


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können (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), dann hätten fast alle ihre Mitschüle­rinnen und Mitschüler nicht ins Gymnasium gehen können.

Sie nimmt sich diesen Mut und fragt Waldhäusl, was er denn dazu sagt. Der FPÖ-Politiker sitzt ganz ruhig und antwortet der Schülerin – wissen Sie, was? –: Ja, Sie haben recht. Wenn die Grenzen schon lange geschlossen worden wären, „dann wäre Wien noch Wien“.

Er sagt damit dieser Schülerin und ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, dass sie nicht Teil dieser Gesellschaft sind. Das ist widerlich! Das ist widerlich und hat in Österreich keinen Platz! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Wir können über Integration diskutieren. Man kann der Meinung sein, dass schärfere oder weniger schärfere Asylgesetze notwendig sind. Man kann der Meinung sein, dass Integration vielleicht fehlgeleitet ist oder gut funktioniert. Das sind alles Meinungen, die in einer Gesellschaft akzeptabel sind, aber Menschen abzusprechen, dass sie Teil dieser Gesellschaft sind, das ist nicht in Ordnung.

Deswegen bin ich der Meinung, dass Gottfried Waldhäusl abgeschoben werden sollte: Er sollte abgeschoben werden aus der Politik, er hat darin keinen Platz. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.19


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

19.19.21Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 19 bis 38


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Abstimmungen, auch zu den verlegten Abstimmungen.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau, III-776 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Energiewirtschaftliche Maßnahmen gegen Energiearmut, III-157 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen. – Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Energieagentur, III-479 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes betreffend Windpark Pretul GmbH, III-166 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Verringerung der Lebensmittel­ver­schwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030, III-319 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 387

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Auch dieser hat nicht die Mehrheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategie, Planung, Finanzierung; Follow-up-Überprüfung und COVID-19 Auswirkungen, III-430 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße, III-42 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße; Follow-up-Überprüfung, III-569 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Rechnungshofaus­schus­ses, den Bericht betreffend AustriaTech-Gesellschaft des Bundes für tech­nologiepolitische Maßnahmen GmbH, III-57 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Verkehrsauskunft Österreich VAO GmbH, III-162 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Das ist eine einstimmige Kenntnisnahme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel, III-169 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung, III-204 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig so zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personen­verkehr AG; Follow-up-Überprüfung, III-233 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der


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Schieneninfrastruktur der ÖBB, III-472 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten, III-322 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme des Berichts? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten, III-668 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diesen Bericht? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Rechnungshofaus­schus­ses, den Bericht betreffend Bundesschullandheim Radstadt, III-36 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Der Bericht ist ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark, III-459 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Rechnungshofausschus­ses, den Bericht betreffend Nebenbeschäftigungen der Universitätsprofes­sorinnen und ‑professoren; Follow-up-Überprüfung, III-644 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den Bericht betreffend WasserCluster Lunz – Biologische Station GmbH, III-602 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft. Ich bin erschöpft. (Heiterkeit.)

19.26.35Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen aber noch zu weiteren Abstimmungen.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E) eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen.

Wer spricht sich für diesen Fristsetzungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Scherak, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 453/A eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Scherak, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 66/A(E) ebenfalls eine Frist bis 1. April 2023 zu setzen.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

19.27.32Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3145/A(E) bis 3161/A(E) eingebracht worden sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 197. Sitzung des Nationalrats vom 1. Februar 2023 / Seite 391

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen betreffen wird, berufe ich für 19.28 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.28.02Schluss der Sitzung: 19.28 Uhr

 

 

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