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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

268. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 13. Juni 2024

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

268. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                        Donnerstag, 13. Juni 2024

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Juni 2024: 9.05 – 16.26 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbil­dungspflichtgesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 4066/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 4068/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl,


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Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geän­dert wird

6. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über bewegliches Bundesvermögen

7. Punkt: 47. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023)

8. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3847/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 3848/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden

11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden


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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................... 22

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 3084/A(E) der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2024 zu setzen ................................................................................... 67

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .................................................................................................................. 67

Redner:innen:

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................. .. 229

Mag. Ernst Gödl ....................................................................................................... .. 235

Christian Oxonitsch ................................................................................................. .. 238

Werner Herbert ........................................................................................................ .. 242

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................ .. 245

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................. .. 248

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................... 250

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 2592, 2593, 2594 und 2595 d. B. gemäß § 44 (2) GOG ................................................... 67

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG               ............................................................................................................................... 68


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Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................... 228

Fragestunde (28.)

Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft .............................. 23

Dipl.-Ing. Georg Strasser (353/M); Alois Kainz

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (361/M); Bettina Zopf, Dr. Dagmar Belakowitsch

Peter Schmiedlechner (357/M)

Dipl.-Ing. Olga Voglauer (359/M)

Mag. Gerald Loacker (364/M)

Ing. Klaus Lindinger, BSc (354/M); Ing. Martin Litschauer, Petra Wimmer

Michael Seemayer (362/M); Johann Höfinger

Walter Rauch (358/M); Mag. Gerald Loacker, Ing. Johann Weber

Ulrike Maria Böker (360/M); Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (365/M)

Carina Reiter (355/M); Petra Tanzler

Julia Elisabeth Herr (363/M); Andreas Kühberger

Irene Neumann-Hartberger (356/M); Mag. Ulrike Fischer, Robert Laimer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................. 22

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................................ 64


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Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2528 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländer­beschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2589 d.B.) ...................................................................................................... 69

Redner:innen:

Josef Muchitsch ....................................................................................................... .... 69

Kira Grünberg ........................................................................................................... .... 72

Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... .... 74

Barbara Neßler ........................................................................................................ .... 77

Peter Wurm .............................................................................................................. .... 79

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler ..................................................... .... 81

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ .... 82

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................... .... 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Chance statt Chaos: Modernes Einwanderungs­gesetz“ – Ablehnung  84, 88

Annahme des Gesetzentwurfes in 2589 d.B. .......................................................... 88

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2550 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2590 d.B.) .................................................................................................................... 88

Redner:innen:

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................... 88

Tanja Graf ...................................................................................................................... 90

Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... .... 91

Mag. Markus Koza ................................................................................................... .... 93

Mag. Christian Drobits ................................................................................................. 96


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Mag. Gerald Loacker ..................................................................................................... 98

Peter Wurm .............................................................................................................. .. 100

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler ..................................................... .. 102

MMst. Mag. (FH) Maria Neumann .......................................................................... .. 103

Pia Philippa Beck ..................................................................................................... .. 104

Annahme des Gesetzentwurfes in 2590 d.B. ........................................................ 106

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitali­sie­rung über die Regierungsvorlage (2552 d.B.): Bundesgesetz zur Einrich­tung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cyber­sicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG) (2582 d.B.)        ............................................................................................................................. 107

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ...............................................................................  107, 129

Mag. Peter Weidinger .............................................................................................. .. 109

Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... .. 112

Süleyman Zorba ....................................................................................................... .. 114

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 116

Carina Reiter ............................................................................................................... 120

Christian Oxonitsch ................................................................................................. .. 123

Staatssekretärin Claudia Plakolm .......................................................................... .. 125

Mag. Dr. Rudolf Taschner ........................................................................................ .. 127

Entschließungsantrag der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Postenschacher: Cooling-Off-Phase für scheidende Kabinettsmitglieder“ – Ablehnung ................................................................  118, 132

Annahme des Gesetzentwurfes in 2582 d.B. ........................................................ 132

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitali­sie­rung über den Antrag 4066/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend


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ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert wird (2583 d.B.) ............................. 132

Redner:innen:

Joachim Schnabel .................................................................................................... .. 132

MMag. Michaela Schmidt ....................................................................................... .. 135

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ...................................................................................... .. 136

Süleyman Zorba ....................................................................................................... .. 138

Annahme des Gesetzentwurfes in 2583 d.B. ........................................................ 139

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 4068/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird (2585 d.B.) ............................................................................................................................. 139

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2529 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über bewegliches Bundesvermögen (2584 d.B.)     ............................................................................................................................. 140

Redner:innen:

Kai Jan Krainer ......................................................................................................... .. 140

Gabriel Obernosterer ............................................................................................... .. 142

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................. .. 144

MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... .. 146

Mag. Karin Greiner .................................................................................................. .. 148

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................... .. 150

Michael Bernhard .................................................................................................... .. 151

Dipl.-Ing. Georg Strasser ......................................................................................... .. 154

Dr. Christoph Matznetter ................................................................................  157, 186

Peter Schmiedlechner .............................................................................................. .. 159


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Angela Baumgartner ............................................................................................... .. 161

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................... .. 163

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................. .. 169

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................... .. 172

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ .. 176

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. .. 179

Alois Kainz ................................................................................................................ .. 183

Lukas Hammer ......................................................................................................... .. 184

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2585 und 2584 d.B. ........................... 187

7. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 47. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023) (III-1135/2578 d.B.)                       188

Redner:innen:

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 188

Rudolf Silvan ............................................................................................................... 192

Christian Lausch ...............................................................................................  195, 263

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 201

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 204

Hermann Gahr ......................................................................................................... .. 207

Sabine Schatz ........................................................................................................... .. 210

Werner Herbert ........................................................................................................ .. 213

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................ .. 216

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................. .. 219

Ing. Reinhold Einwallner .......................................................................................... .. 221

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz ........................................................................ .. 251

Volksanwältin Gabriela Schwarz ............................................................................ .. 256

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 259

Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 261


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“ – Ablehnung  198, 266

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ernennung eines EU-Kommissars für Remigration“ – Ablehnung ..........  215, 266

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wehrhafte Demokratie gegen extremistische Gewalt“ – Ablehnung .......  225, 266

Kenntnisnahme des Berichtes III-1135 d.B. .......................................................... 266

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3847/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungs­gesetz 1975 geändert wird (2592 d.B.) ................................ 267

9. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3848/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungs­gesetz geändert wird (2593 d.B.) ......................................... 267

10. Punkt: Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Informationsordnungs­gesetz, das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (2594 d.B.) .................................................................................................... 267

11. Punkt: Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshof­gesetz 1948 und das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden (2595 d.B.) ........................... 267


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Redner:innen:

Mag. Ernst Gödl ....................................................................................................... .. 268

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................... .. 271

Werner Herbert ........................................................................................................ .. 271

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................... .. 272

Annahme des Gesetzentwurfes in 2592 d.B. in zweiter Lesung ........................ 274

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2593, 2594 und 2595 d.B. ..................... 274

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. (FH) Kurt Egger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984 geändert wird (4097/A)

Mag. (FH) Kurt Egger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (4098/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert werden (4099/A)

Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bildungsdokumentationsgesetz 2020 und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden (4100/A)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über


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die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (4101/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunalinvestitionsgesetz 2025 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2024 und das Kommunalinvestitions­gesetz 2023 geändert werden (4102/A)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz vom 8. Oktober 1982, mit dem eine Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft errichtet wird, mit dem die Planung und Errichtung von Bundesstraßenteilstrecken übertragen wird und mit dem das Bundesministerien­gesetz 1973 geändert wird (ASFINAG-Gesetz), geändert wird (4103/A)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (4104/A)

Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden (4105/A)

Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024 (SozBezG 2024), BGBl. I Nr. 25/2024, wird wie folgt geändert (4106/A)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schule ohne Nachhilfe“ (4107/A)(E)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ergotherapie in Bildungs­einrichtungen“ (4108/A)(E)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pädagogische Autonomie in der Schule“ (4109/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 12

Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Verbesserung des transeuropäischen Bahnverkehrs“ (4110/A)(E)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden (4111/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 geändert wird (4112/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein MiCA-Verordnung-Vollzugsgesetz erlassen wird und das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das HinweisgeberInnenschutzgesetz geändert werden (4113/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vorsorgegesetz geändert wird (4114/A)

August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (4115/A)

Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Behinder­teneinstellungsgesetz geändert werden (4116/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 13

Dipl.-Ing. Georg Strasser, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (4117/A)

Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durch­füh­rungsgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (4118/A)

Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten (Bundes­ämtergesetz) geändert wird (4119/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungs­gesetz 1970 und das Grundsteuergesetz 1955 geändert werden (4120/A)

Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der raschen und kostengünstigen Pannenhilfe (4121/A)(E)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tourismuskasse – Jahresbeschäftigung (4122/A)(E)

Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Genossenschaftsgesetz, das Vereinsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genos­senschaftsinsolvenzgesetz, das Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, das Genossenschaftsspaltungsgesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Genossenschaftsrechts-Änderungsgesetz 2024 – GenRÄG 2024) (4123/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 14

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Disziplinar­statut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden (Berufs­rechts-Änderungsgesetz 2024 – BRÄG 2024) (4124/A)

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Finanzstraf­gesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz und das Allgemeine Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024) (4125/A)

Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (4126/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz geändert wird (4127/A)

Mag. Georg Bürstmayr, Mag. Johanna Jachs, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine multidimensionale Awarenessoffensive „Truthfluencing“ zum Schutz von Kindern- und Jugendlichen vor Radikalisierung auf TikTok (4128/A)(E)

Dr. Christian Stocker, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz 2024 erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz 2021 und das Gesund­heitstelematikgesetz 2012 geändert werden (4129/A)

Dr. Christian Stocker, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BBU-Errichtungsgesetz und das BFA-Verfahrens­gesetz geändert werden (4130/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 15

Lukas Hammer, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (4131/A)

Dr. Christian Stocker, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (4132/A)

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Artenvielfalt als Schutz der Wälder vor Hitze (4133/A)(E)

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Führerscheinklasse B111 – Motorrad mit B-Führerschein – in allen EU Nachbarstaaten Österreichs (4134/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „konkrete Umsetzung des Schulentlastungspakets“ (18782/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Will die ÖBB die Mühlkreisbahn verkaufen? (18783/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Sinkende Versorgungssicherheit und Beförderung der Zwei-Klassen-Medizin seit der Schwarz-Blauen Kassenzerschlagung“ | Folgeanfrage aufgrund Nichtbeant­wortung (18784/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung durch die Hintertür (18785/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überwachung durch die Hintertür (18786/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 16

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Landesverteidigung betreffend Entwicklungen in der Causa Mobbing in der Belgierkaserne (18787/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Endlich korrekte Vergabe von Glücksspiel-Konzessionen? (18788/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Engagement für ein europäisches Grenzmanagement (18789/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Meteorologie am Flughafen Innsbruck – Folgeanfrage (18790/J)

Mag. Michaela Steinacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden (18791/J)

Mag. Michaela Steinacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden (18792/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Obsorge für unbegleitete Minderjährige ab dem ersten Tag durch die Kinder- und Jugendhilfe (18793/J)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Obsorge für unbegleitete Minderjährige ab dem ersten Tag durch die Kinder- und Jugendhilfe (18794/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Kennzeichnungspflicht von KI-generierten Inhalten“ (18795/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 17

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auszahlung Kommunales Investitionsprogramm (KIG 2023) von Jänner bis Mai 2024 (18796/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schreiben des Österreichischen Frauenringes (18797/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Schreiben des Österreichischen Frauenringes (18798/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Schreiben des Österreichischen Frauenringes (18799/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Mögliche Hackerangriffe auf ihr Ministerium (18800/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Mögliche Hackerangriffe auf ihr Ministerium (18801/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Mögliche Hackerangriffe auf ihr Ministerium (18802/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mögliche Hackerangriffe auf ihr Ministerium (18803/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) (18804/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 18

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung von tierversuchsfreier Forschung (18805/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Behördliche Bewilligungen zu Überstellungsfahrten mit grünem Kennzeichen (18806/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Firmen des ÖVP-Abgeordneten Minnich (18807/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Förderung von tierversuchsfreier Forschung (18808/J)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz im Tourismus (18809/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Ungereimtheiten im heeresgeschichtlichen Museum (18810/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Demokratie und Wahlen schützen“ (18811/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Obsorge für unbegleitete Minderjährige ab dem ersten Tag durch die Kinder- und Jugendhilfe (18812/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18813/J)


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Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18814/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18815/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18816/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18817/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Mögliche Hackerangriffe auf Ihr Ministerium (18818/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Mögliche Hacker­angriffe auf ihr Ministerium (18819/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Im Dienst verletzte Exekutivbeamte der Landespolizeidirektion Wien (18820/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend (Automatische) steuerliche Absetzung von Spenden 2023 (18821/J)


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Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Sportinfrastruktur an Bundesschulen (18822/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Außerordentliche Schüler in Deutschförderklassen/Deutschförderkursen (18823/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausreichend Ausbildungsplätze für den Hochschullehrgang Freizeitpädagogik (18824/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Lage in der Justizanstalt Josefstadt (18825/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Förderung von Radwegen (18826/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Förderung von Radwegen (18827/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verschiffung von Abfall in Drittstaaten (18828/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verschiffung von Abfall in Drittstaaten (18829/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Verschiffung von Abfall in Drittstaaten (18830/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gerichtsmedizinische Institute in Österreich (18831/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gefährlich wenig Personal (18832/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und


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Technologie betreffend Haltestellen- und Bahnhofsinfrastruktur in der Steiermark (18833/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Decke krachte in eine Schulklasse in Bruck/Mur (18834/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Memorandum of Understanding zu Sky Shield (18835/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der neuen Website der AUVA (18836/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Mögliche Hackerangriffe auf ihr Ministerium (18837/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 22

09.05.10Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.11*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zu unserer 268. Sitzung des National­rates begrüßen, die damit eröffnet ist.

Ich grüße die Damen und Herren der Journalistik und die Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Josef Hechenberger, Johann Singer, Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda, Mag. Ruth Becher, Dietmar Keck, Klaus Köchl, Maximilian Köllner, MA, Katharina Kucharowits, Maximilian Linder, Wolfgang Zanger, Heike Grebien und Josef Schellhorn.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner wird durch Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. vertreten und Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher durch die Staatssekretärin im Bundes­ministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler.


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*****

Wie üblich überträgt ORF 2 bis 13 Uhr, ORF III bis 19.15 Uhr, anschließend wird die Sitzung kommentiert in ORF ON übertragen, und auch die privaten Sender übertragen sie.

09.06.14Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Fragestunde.

Die Fragestellung durch die Damen und Herren Abgeordneten – das ist Ihnen bekannt – erfolgt von den Redner:innenpulten aus, Fragezeit: 1 Minute, Ant­wort: bei der ersten Frage immer 2 Minuten, danach 1 Minute.

Herr Minister, ich darf Sie recht herzlich begrüßen.

Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 1. Anfrage stellt Abgeordneter Strasser. – Bitte, Herr Abgeordneter Strasser. 09.06.40


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister!

353/M

„Sie haben ein 360 Mio. Euro schweres Impulsprogramm für die Landwirtschaft präsentiert, wann ist dieses für unsere Bäuerinnen und Bauern spürbar?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! 360 Millionen Euro Impulsprogramm – Zielsetzung ist: Zukunftsinvestitionen sichern, Wettbewerbsfähigkeit steigern und natürlich den Wertverlust aufgrund der Inflation ausgleichen. Das schaffen wir, indem wir die


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Prämien im Agrarumweltprogramm und bei der Bergbauernförderung um 8 Pro­zent erhöhen, bei den Erschwernisgruppen 3 und 4 sogar um 14 Prozent erhöhen. Darüber hinaus werden die Mittel für die Investitionsförderung erhöht. Insgesamt bringt das zum Beispiel für einen Betrieb mit 20 Hektar im Berg­gebiet 700 Euro mehr im Jahr und – wenn es um Investitionen geht – bis zu 40 000 Euro mehr Unterstützung für Investitionen. Ausgezahlt wird der Betrag noch im Dezember, so wie jedes Jahr, regulär mit den GAP-Zahlungen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? (Abg. Strasser: Vielen Dank!)

Dann kommt Abgeordneter Kainz mit einer Zusatzfrage. – Bitte sehr.


Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Herr Bundesminister, auch wir unterstützen die Entlastung für die Bauern von rund 20 Cent pro Liter, jedoch wollen wir auch sicherstellen, dass davon jeder Landwirt gleichermaßen profitieren kann.

Die Novelle des Mineralölsteuergesetzes regelt nicht definitiv, wie die Abgeltung zu erfolgen hat. Dafür ist eine Verordnung zu erstellen, und zwar im Einver­nehmen der Bundesminister:innen für Finanzen, für Landwirtschaft und für Klimaschutz, die den Verbrauch je Hektar bewirtschafteter Fläche, unterteilt nach der Bewirtschaftung, festlegt, wobei die Verbrauchswerte aus dem tatsäch­lichen durchschnittlichen Verbrauch abhängig von der Bewirtschaftungs­art abzuleiten sind.

Jetzt ist meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Inwiefern können Sie sicher­stellen, dass es beim Agrardiesel zu einer gerechten Vergütung des pauscha­lierten Verbrauchs ohne neue Klimaschikanen kommt, da es für die Verordnung ein Einvernehmen mit der Bundesministerin für Klimaschutz braucht?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


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Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, das ist ganz einfach: Die Grundlage für die Werte sind Studien der Bundesanstalt für Agrar­wirtschaft und Bergbauernfragen. Diese Zahlen pro Hektar – das ist ja abhängig von der Bewirtschaftung, Grünland, Acker – liegen ja auch zugrunde, wenn es um die CO2-Steuer-Rückvergütung geht.

Sie wissen, das ist ein Teil der ökosozialen Steuerreform, der jetzt endlich auch mit dem 300-Millionen-Euro-Paket ausgezahlt wird. Das heißt, wir haben da einen Konsens, was die Daten betrifft, was die Mengen betrifft, und von dem her bin ich zuversichtlich, dass das alles gelingt, wie es gewünscht ist. Sie können darauf vertrauen: wissenschaftliche Basis, Konsens in der Vorgangsweise und bei den Werten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Feichtinger. – Bitte. 09.09.41


Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Vor Kurzem haben zwei landwirtschaftliche Organisationen, zwei Umwelt-NGOs, zwei Arbeitnehmer:innenorganisationen ein Zehnschritteprogramm für eine sozial und ökologisch gerechte, nachhaltige EU-weite Landwirtschaftspolitik präsentiert und eingemahnt, dass die Zukunft der landwirtschaftlichen Produk­tion sowie der gesamten Gesellschaft auf einer intakten Natur und sozial fairen Verhältnissen basieren muss.

Letzte Woche haben sich auch weitere Wissenschafter aus ganz Europa in einem offenen Brief an die Politik gewandt, um Bewusstsein dafür zu schaffen, wie ernst die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe und der Lebensmittel­produktion wegen zu wenig Naturschutz, zu wenig Umweltschutz und zu wenigen Maßnahmen gegen die Erderhitzung ist.

Meine Frage an Sie:


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361/M

„Zahlreiche Wissenschafter haben letzte Woche klargestellt, dass ein Nein zum Renaturierungsgesetz mittel- und langfristig ein Schaden für die Landwirtschaft ist, warum stellen Sie sich trotzdem gegen dieses wichtige Gesetz?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Ich möchte vorausschicken, dass das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, das Renaturierungsgesetz, aus der Biodiversi­tätsstrategie abgeleitet wurde. Wir haben darüber hinaus im Rahmen des Green Deals andere Strategien wie die Farm-to-Fork-Strategie mit der Gemeinsamen Agrarpolitik. Genau das ist der Unterschied: Ich muss vielfältig auf die Materie schauen. Ich muss schauen, dass die landwirtschaftliche Lebensmittelversorgung funktioniert, dass es intakte Betriebe und motivierte Bäuerinnen und Bauern gibt, dass wir die Kulturlandschaft erhalten, dass wir eine aktive Waldwirtschaft haben, die erneuerbare Ressourcen zur Verfügung stellt, dass es eine funktio­nierende Wasserwirtschaft gibt – das heißt, von meiner Seite ist ein breiterer Ansatz gefordert.

Darüber hinaus sieht man, dass das Renaturierungsgesetz nach wie vor eine historische Betrachtungsweise hat. Wir haben heute ja die Situation, dass wir aufgrund des Klimawandels in die Zukunft schauen müssen. Das heißt, es stellen sich vielfältige neue Fragen, die wir beantworten müssen.

Weiters haben wir in Österreich jetzt schon eines der umweltfreundlichsten Agrarprogramme überhaupt, wenn man das im europäischen Vergleich sieht (Beifall des Abg. Hörl), mit 27 Prozent biologisch bewirtschafteter Fläche. 80 Pro­zent der Betriebe nehmen freiwillig am Agrarumweltprogramm teil. Außerdem gibt es ja auch die einheitliche Stellungnahme der Bundesländer und die bindet die zuständige Bundesministerin dahin gehend, dass sie diesem Gesetz nicht zustimmen darf. (Beifall bei der ÖVP.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Faktum ist aber, dass es durch die durchgepeitschte Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik zu einer massiven Verschlechterung der Umwelt kommt. Ich zitiere die angesprochenen Wissenschafter noch einmal explizit: Existenzielle Erleichterung bringt das den Bauern nicht, sondern liefert sie der Gefahr aus, dass die Bodenerosion nicht gestoppt wird, sondern beschleunigt wird.

Ich darf Sie noch einmal fragen, Herr Minister: Warum gefährden Sie die Zukunft der Kinder am Land und in der Stadt und die Basis der Lebensgrundlage der Bäuerinnen und Bauern in unserem Land?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das Gegenteil ist der Fall. Die Kommission hat von sich aus eine Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgeschlagen. Diese schaut so aus, dass der Kontrollaufwand vor allem für kleinere Betriebe – also Betriebe bis zu 10 Hektar – reduziert wird.

Die konkrete Auswirkung für Österreich ist folgende: Es ist zwar vereinbart, dass die Vorschrift für 4 Prozent Bracheflächen wegfällt, allerdings ist es in Öster­reich so, dass es durch das Agrarumweltprogramm möglich ist, nun die Prämien im Agrarumweltprogramm aufzustocken. Der Effekt ist letzten Endes der, dass es keinerlei weniger Flächen für Biodiversität gibt. Das können wir darstellen.

Wir haben in Österreich einen anderen Weg gewählt, der erfolgreich ist und den wir auch weiter fortsetzen werden. Dieser findet auch die Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern.

Zuletzt noch eines: 26 Länder haben dieser Vereinfachung der Kommission zugestimmt. Ein Land hat sich enthalten. Das zeigt, dass es großen Konsens und


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große Übereinstimmung gibt, dass das eine sinnvolle Reform ist. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte.


Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Geschätzter Herr Minister! Österreich ist ja mit seiner Kritik und mit der Ablehnung der Renaturierungsverordnung unter den Mitgliedstaaten nicht allein. Wir wissen, dass da auch sehr viele Punkte dabei sind, die nicht optimal laufen.

Setzt Österreich – Sie haben es eh zuerst schon angesprochen – auch weitere Maßnahmen in Richtung des Verordnungsvorschlages für Renaturierung  und Maßnahmen zur Stärkung der Biodiversität?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Ich möchte vorausschicken: Umweltschutz, Naturschutz ist uns sehr wichtig, und wir haben bereits gesetzliche Grundlagen, die diese Entwicklung unterstützen. Ich rede von der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und von der Vogelschutzrichtlinie, von der Gemeinsamen Agrarpolitik speziell im Bereich der ländlichen Entwicklung – das Agrarumweltprogramm sei hier genannt. Ich verweise auf den Waldfonds, ein einzigartiges Instrument, das wir in Österreich haben, mit dem wir die Errichtung klimafitter Wälder zum Beispiel durch die Waldpflege unterstützen, indem wir eine eigene Maßnahme für die Stärkung der Biodiversität aufgesetzt haben.

Um das im Agrarbereich noch einmal zu konkretisieren: Wir haben in Österreich mit der neuen Reform die Größe der Biodiversitätsflächen von 150 000 auf 230 000 Hektar ausgeweitet, fast 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – wie gesagt, wir sind Weltmeister, wenn es um die biologische Bewirtschaftung geht. Naturschutz ist bei uns eine Selbstverständlichkeit; Umweltschutz,


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Naturschutz in der landwirtschaftlichen Produktion: Mit unserem ökosozialen Weg der Landwirtschaft in Österreich ist das gelebte Realität und Praxis.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Für die Zuseher daheim: Das ist Herr Minister Totschnig, unser Landwirtschaftsminister. – Man kennt Sie leider nicht. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Heiterkeit der Abg. Holzleitner. – Abg. Kühberger: Unerhört!)

Sie haben uns in der Beantwortung der Frage der Abgeordneten Feichtinger mit vielen Begründungen – unter anderem die Biodiversitätsstrategie, die intakten Betriebe, die notwendig sind – erklärt, dass sich das Renaturierungs­gesetz auf Österreich, auf die österreichische Landwirtschaft negativ auswirken würde. Nichtsdestotrotz hat die Klimaministerin bekannt gegeben, sie möchte dem zustimmen.

Daher meine Frage an Sie: Gibt es – oder ist Ihnen etwas dazu bekannt – bereits Vorgespräche mit Bundespräsident Van der Bellen, ob es im Fall der Fälle, wenn sich Bundesministerin Gewessler tatsächlich dazu entschließen sollte, für dieses Gesetz zu stimmen, eine Entlassung von Frau Bundesministerin Gewessler gibt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Die Rechtslage in Österreich ist folgendermaßen: Wenn es eine einheitliche Stellungnahme der Bundesländer gibt – in dieser Frage gibt es eine –, dann ist die Bundesministerin daran gebunden. Sie hat das auch selber gesagt.

Falls sich die Stellungnahme der Bundesländer ändert, gilt nach wie vor das Bundesministeriengesetz. Nach Rechtsauffassung des Verfassungsdienstes im


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Bundeskanzleramt ist damit auch das Einvernehmen meinerseits notwendig, und ich gehe davon aus, dass sich die Ministerin an die Rechtsordnung hält.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schmiedlechner. – Bitte. 09.16.37


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Minister, das Renaturierungs­gesetz ist ein Riesenthema für die Landwirtschaft. Sie haben ja zu Beginn dem Green Deal und diesem Renaturierungsgesetz mehr oder weniger zugestimmt; oder besser gesagt: Sie haben das abgesegnet. Jetzt, kurz vor den Wahlen, haben Sie sich dagegen ausgesprochen, haben auch versucht, das zu verhindern.

Fakt ist, dass das ein riesengroßes Enteignungsprogramm für die Landwirtschaft ist. Gleichzeitig gefährden wir mit diesem Renaturierungsgesetz die Ernährungs­souveränität – nicht nur von Österreich, sondern auch von Europa. Meine Frage wäre jetzt die – diese ist ganz einfach mit Ja oder Nein zu beantworten –:

Werden Sie jetzt nach den Wahlen - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, Sie müssen die Zeit einhalten. Herr Abgeordneter, die 1 Minute ist abgelaufen.


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): Die Frage wäre die:

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Frau Bundesminister für Umwelt, Technologie, Energie, Mobilität, wenn sie am 17. Juni dort zustimmt - - (Abg. Schwarz: Er hat eh schon keine Zeit mehr! Dreht es ab! – Ruf bei der ÖVP: Ist schon aus! – Abg. Rössler: Zum Punkt kommen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie müssen die Frage stellen, Sie sind weit über 1 Minute! Sie kennen die gesetzliche Praxis. In der Geschäftsordnung steht, dass Sie 1 Minute Zeit haben. Dann müssen Sie die Vorerklärungen kürzer machen.


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*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 357/M, hat folgenden Wortlaut:

„Werden Sie sich beim Bundeskanzler für die Entlassung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie einsetzen, wenn diese am 17. Juni 2024 im EU-Umweltrat für das Renaturierungsgesetz stimmt?“

*****

Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Schmiedlechner setzt bei ausgeschaltetem Mikrofon erneut zum Verlesen seiner Frage an. – Allgemeine Heiterkeit. – Ruf bei der FPÖ – in Richtung Präsident Sobotka –: Sie müssen aber den Ton einschalten, sonst kann er die Frage nicht stellen! – Abg. Schwarz: 1 Minute! Wer das nicht schafft ...! Gebt ihm ein Training!)


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben uns von Beginn an kritisch gegenüber diesem Gesetz geäußert und auch argumentiert. Ich habe auch in letzter Zeit klargemacht, dass wir das Gesetz in dieser Form nicht unterstützen können, weil es negative Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion hat, weil es eine Überbürokratisierung bringt, weil wir bereits zahlreiche Gesetzesgrundlagen haben, die den Naturschutz, den Umweltschutz, die Biodiversität et cetera fördern. Von meiner Seite gibt es da also eine klare Position, nämlich: keine Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP. – Bravorufe der Abgeordneten Hörl und Lindinger.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Keine.

Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Voglauer. – Bitte. 09.19.00


Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben vor Kurzem Ihre Vision 2028 plus in einer breiten Beteiligung vorgestellt. Allerdings fehlt uns dort eine quantitative Zielsetzung im Allgemeinen. Die Frage


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ist: Wie und wann werden Sie die Umsetzung beziehungsweise Zielerreichung dieser Vision 2028 plus spätestens evaluieren?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 359/M, hat folgenden Wortlaut:

„In den Zielen der Vision 2028+ gibt es keine quantitativen Zielsetzungen. Wie und wann werden Sie die Umsetzung bzw. Zielerreichung evaluieren?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Der Prozess zur Erstellung der Vision 2028 plus ist beispielhaft, den hat es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten so nicht gegeben – unter Einbeziehung aller Stakeholder, aller Fraktionen, die im Parlament vertreten sind, unter Begleitung eines wissenschaftlichen Beirates. Das Ziel war, in einem ersten Schritt Ergebnisse auszuarbeiten, die breit getragen werden, die Konsens innerhalb jener Personen sind, die sich hier beteiligt haben. Wir haben 35 Ziele und 170 Umsetzungsmaßnahmen beschlossen.

Was heißt das jetzt konkret für die Weiterführung? – Wir gehen ja dann in die Umsetzungsgruppe, aber wenn es um die Ziele geht, so möchte ich darauf verweisen, dass bereits jetzt vielfältige Möglichkeiten bestehen, Ziele quantitativ zu erheben. Ich verweise auf die Statistik Austria, auf den Grünen Bericht, auf die Anforderungen in verschiedensten gesetzlichen Grundlagen und darüber hinaus auch auf die Gemeinsame Agrarpolitik, aufgrund der wir immer wieder in Brüssel nachweisen müssen, wie sich die konkreten Indikatoren entwickeln. Das heißt, wir haben ausreichend Zahlen zur Verfügung.


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Was wir nicht tun werden, ist, dass wir einen neuen Teppich an Dokumenta­tions­pflichten über Österreich legen, weil wir ja auch aus der Diskussion, aus der Vision heraus wissen, dass die Bäuerinnen und Bauern damit die größten Probleme haben. Mehr Bürokratie, mehr Anforderungen von außen her, das wollen wir nicht unterstützen.

Wir wollen eine positive Weiterentwicklung des Sektors, motivieren, Anreize setzen – das ist unsere Zielsetzung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Gut, dass wir motiviert sind. Anhand der Daten könnten wir aber trotzdem auch schauen: Wie sollen sich diese in Zukunft entwickeln?, aber ich glaube, das kann Teil weiterer Gespräche sein.

Es gibt parallel zur Vision 2028 plus natürlich ein ganz wesentliches Anliegen, nämlich dass man sich für den Bodenschutz und für die Renaturierung einsetzt, nämlich mit dem Renaturierungsgesetz und damit, dass man dem Renaturie­rungsgesetz zustimmt, weil wir auf diese Weise genau unsere Lebensgrundlage als Bäuerinnen und Bauern erhalten – das meine ich, selbst Bäuerin, mit voller Überzeugung –, nämlich einen gesunden Boden.

Zu den Emissionsreduktionszielen hätte ich aber noch eine Frage. Die Land­wirt­schaft hat da ihren Beitrag, auch in einer konkreten Zahl ausgedrückt, zu leisten. Wie, denken Sie, wird die österreichische Forst- und Landwirtschaft ihre Ziele bis 2030 in einem Zwischenschritt angemessen erreichen können, und wie wird sich der Sektor dann bis 2040 entwickeln, vor allem auch unter der Prämisse, dass wir doch einem Renaturierungsgesetz zustimmen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Die Ziele für die Emissionsreduktion sind ja


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bereits auf europäischer Ebene beschlossen worden: EU-Klimagesetz und Fit-for-55-Paket. Also der Non-ETS-Bereich ist bereits festgelegt.

Für die Landwirtschaft muss man immer wieder einerseits bedenken, dass die Landwirtschaft für 11 Prozent der Emissionen verantwortlich ist, und anderer­seits, dass es in der Landwirtschaft, im landwirtschaftlichen Prozess einen natürlichen Kreislauf gibt, in dem Emissionen emittiert werden, aber auch Emissionen wieder gebunden werden. Konkret, in der Tierhaltung: Emissionen werden emittiert, und wenn das Gras nachwächst, werden Emissionen wieder gebunden.

Der Anspruch für uns muss der sein, und da sind wir, auch wissenschaftlich begleitet, wirklich engagiert dabei: Es geht darum, so klimafreundlich wie möglich zu produzieren.

Was heißt das konkret? – Österreich ist Weltmeister, wenn es um die Emissio­nen bei der Produktion von einem Liter Milch geht – 1 Kilogramm CO2-Äquivalente –, wenn es um Fleisch geht – 14 Kilogramm CO2-Äquivalente bei der Produktion von einem Kilo Rindfleisch. Da sind wir weit vor den anderen in Europa mit 20 Kilogramm oder Brasilien mit 80 Kilogramm.

Das heißt, unser Anliegen ist: Wir wollen Versorgungssicherheit sicherstellen, und dies mit der klimafreundlichsten Produktion. Was für uns nicht geht, ist, dass wir, um Ziele zu erreichen, Produktion reduzieren. Der Konsum bleibt stabil, das heißt, die Importe müssten erhöht werden und es würden Produkte mit einer schlechteren Klimabilanz importiert. Das würde bedeuten, die globalen Emissionen würden steigen, heimische Produktion würde geschwächt und die Abhängigkeit vergrößert werden.

Das heißt, es gilt, so effizient wie möglich klimafreundlich zu produzieren.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zeit bitte!



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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc (fortsetzend): Zum Abschluss noch: Die Emissionen in der Landwirtschaft heute entsprechen jenen aus dem Jahr 1890. Da kann man also sagen, die Landwirtschaft ist nicht für den Klimawandel verantwortlich. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte. 09.23.22


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Guten Morgen, Herr Minister! Die Wirtschaftskammer Österreich, die ja auch ÖVP-geführt ist, spricht im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen Mercosur vom „Mythos“, dass billiges Rindfleisch den heimischen Markt überfluten werde, und rechnet aus, dass die Fleischmengen, um die es da pro Kopf und Jahr geht, für jeden Österreicher 221 Gramm ausmachen würden, auf die der Zoll gesenkt würde.

364/M

„Stimmt die Angabe der WKO, wonach die Rindfleischquote im EU-Mercosur-Abkommen auf Österreich heruntergebrochen nur 221g pro Kopf im Jahr betragen würde?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das ist eine sehr interessante Rechnung, denn: Was hat man da gemacht? – Man hat gesagt: 99 000 Tonnen zusätzlich, dividiert durch 450 Millionen Menschen, die in der Union leben. Also das ist eine sehr einfache Rechnung und sagt sehr wenig darüber aus, was eine Marktöffnung tatsächlich an Implikationen mit sich bringt.

Die Europäische Kommission hat deswegen eine Studie bei der London School of Economics in Auftrag gegeben, und die hat festgestellt, dass die Importe aufgrund einer solchen Marktöffnung, einer solchen Quote um 30 Prozent bis


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64 Prozent steigen würden. Wir erwarten da vor allem Edelteile, die nach Europa hereinkommen, was zur Folge hätte – und das sagen unsere Profis am Markt –, dass die Bäuerinnen und Bauern mit Preisverlusten von 10 Prozent bis 15 Pro­zent rechnen können.

Das sind Auswirkungen, die für uns relevant sind, und an diesen orientieren wir uns – und nicht an fragwürdigen Berechnungen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Eine ähnlich fragwürdige Berechnung haben Sie in Ihrem Grünen Bericht, in dem Sie schreiben, dass jeder Österreicher im Jahr 59 Kilogramm Fleisch verzehrt.

In welchem Größenverhältnis stehen denn diese 59 Kilogramm Fleisch, die der Österreicher im Jahr verzehrt, zu den 20 Dekagramm, um die es in diesem Abkommen geht?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Verzehr ist das andere, die Produktion ist das eine. Wir sind daran interessiert, dass wir Ernährungssicherheit gewährleisten. Das heißt, wir wollen inländische Produktion erhalten, flächendeckend, auch in den Berggebieten.

Wie gesagt, man kann die inländische Produktion schon durch Wettbewerb et cetera aus dem Markt drängen, der Konsum bleibt aber stabil. Das wollen wir nicht. Ich glaube auch nicht, dass das die Konsumenten in Österreich wollen. Die wollen heimisches Qualitätsfleisch, heimische Lebensmittel – und wir garan­tie­ren, dass diese zur Verfügung stehen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Lindinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. 09.25.40



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Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, europaweit stehen die Bäuerinnen und Bauern vor großen Herausforderungen. Es ist der Klimawandel, es sind die äußeren Einflüsse, es sind die Betriebsmittelpreise, die in den letzten Jahren enorm angezogen haben.

Jetzt haben Sie zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Bäuerinnen und Bauern dahin gehend zu unterstützen – ich denke an das Impulsprogramm, ich denke nicht zuletzt an die Unterstützung mit dem Agrardieselpaket, das wir heute auch im Parlament noch diskutieren und beschließen werden.

Herr Minister, die Herausforderungen stehen aber auch für die Zukunft. Mit welchen Strategien begegnen Sie diesen enormen Herausforderungen in der Landwirtschaft?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 354/M, hat folgenden Wortlaut:

„Europaweit stehen Bäuerinnen und Bauern vor vielfältigen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel, schwankenden Preisen oder steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen, mit welcher Strategie begegnen Sie ihnen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Sie haben die Herausforderungen völlig richtig angesprochen. Wir setzen auf zwei Ebenen an.

Die erste Ebene ist die europäische Ebene, wo es mit Blick auf die nächsten Monate darum geht, dass wir eine sinnvolle, eine gute Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik ermöglichen – keine Brüche –, dass wir die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik auch sicherstellen – im nächsten


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Frühjahr beginnen wieder die Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanz­rahmen ab 2028 –, und darüber hinaus ist es unser Anliegen, dass wir die Maßnahmen des Green Deals mit Sachverstand und mit Augenmaß umsetzen, damit wir die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erhalten.

Auf nationaler Ebene geht es um Entlastung. Deswegen bin ich diesem Haus auch sehr dankbar für den Beschluss des großen Entlastungspakets – heute wird wieder ein Paket beschlossen, das die Bäuerinnen und Bauern entlastet –: Agrardieselrückvergütung, CO2 bis hin zu einem Investitionspaket, um tierwohl­freundliche Stallungen zu ermöglichen.

Zu guter Letzt, nationale Ebene – vorhin angesprochen –: Vision 2028 plus. Wir wollen den Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive für die nächsten Jahre über 2030 hinaus aufzeigen. Da haben wir ausreichend Material und Grundlagen, um zu diskutieren und mit den Bäuerinnen und Bauern in Dialog zu treten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sie haben es angesprochen, Herr Minister: Die Vision 2028 plus ist ein Zukunftsprogramm, wie wir unsere bäuerlichen Betriebe zukunftsfit halten, wie wir die Lebensmittelversorgung in Österreich sicherstellen.

Wie sehen die konkreten Umsetzungsschritte in dieser Vision 2028 plus aus?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Wir gehen bei der Strategie jetzt in die konkrete Umsetzung. Das heißt, es wird eine Umsetzungsgruppe eingerichtet, wieder partizipativ, breit aufgesetzt, unter Einbindung der Stakeholder, unter wissen­schaftlicher Begleitung. Ich nehme drei Aspekte heraus:

Das Thema Unternehmertum: Es hat sich gezeigt, dass unternehmerische Kompetenz sehr wichtig ist. Wir wollen sie auf den Höfen weiter steigern –


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durch eine bessere Beratung, durch eine Anpassung der Ausbildungsprogramme zum Beispiel.

Oder das Thema Qualitätsproduktion in Österreich: Österreich, Österreichs Bäuerinnen und Bauern profitieren am Markt, wenn sie Qualität erzeugen. Da wollen wir besser werden – unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen im Bereich Klimaschutz, Biodiversität, Artenvielfalt, Tierwohl.

Das Nächste ist – als letzter Punkt, der ebenfalls wichtig ist – Diversifizierung. Es hat sich gezeigt, dass Betriebe, die in die Direktvermarktung gehen, die in Urlaub am Bauernhof investieren und durch Urlaub am Bauernhof auch Einkommen erzielen, eine größere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie übergeben werden, und eine größere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie ein gutes, fixes Einkommen erzielen.

Hier müssen wir schauen, dass wir die Möglichkeiten ausweiten, attraktivieren, damit sich die Betriebe auch entwickeln können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Litschauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Guten Morgen, Herr Minister! Herr Abgeordneter Lindinger hat als Herausforderungen für die Bäuerinnen und Bauern zu Recht die Bekämpfung des Klimawandels und die Anpassung an diesen, die schwankenden und die niedrigen Erzeugerpreise und die Anpassung an veränderte gesellschaftliche Ansprüche genannt.

Jetzt meine Frage: Inwiefern trägt Ihrer Meinung nach die deutliche Absenkung der Umweltstandards in der GAP zur Bewältigung dieser Herausforderungen bei?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Also da muss man klar sagen, der Vorschlag für


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eine Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik kommt aus der Europäischen Kommission, einfach weil sie erkannt hat, auch aufgrund der Bauernproteste, dass mit dem Green Deal, mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik einfach unvergleichbar mehr Bürokratie auf die Bäuerinnen und Bauern zugekommen ist.

Die Schritte, die vorgeschlagen werden, bringen aus unserer Sicht keine Verminderung der Umweltambitionen, denn alleine wenn wir nach Österreich schauen – ich habe es erwähnt –: 4 Prozent verpflichtende Brache wird zwar gestrichen, gleichzeitig können wir aber die Prämien attraktivieren, um Bio­diversität zu fördern, um biologische Landwirtschaft zu fördern.

Wir können die Bioprämie, so wie es ausschaut, anpassen, anheben. Das heißt, es wird am Ende mehr Biodiversitätsflächen in Österreich geben. Wenn wir die anderen Maßnahmen anschauen: Das bedeutet eine Flexibilisierung, Anbau­diversifizierung, mehr Flexibilität. Für die kleinen Betriebe bis 10 Hektar entfallen nur die Kontrollen und Sanktionen bei der Konditionalität; das heißt, das Umweltprogramm ist davon unberührt. Ich habe da also keinerlei Sorge, dass es zu einer Reduktion der Umweltambitionen kommt. Ich bin sogar zuversichtlich, dass wir unsere Ambitionen in Österreich ausweiten können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte.


Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ein gesellschaftlicher Anspruch ist es, unser Grundwasser vor Verunreinigungen zu bewahren. Geht es nach einem Vorschlag der EU, sollen Landwirt:innen künftig noch mehr Nitrat auf den Feldern ausbringen dürfen, obwohl in Österreich schon 7 bis 8 Prozent des Grundwassers mit Nitrat verschmutzt sind. Was tun Sie, um die geplante Anhebung des Grenzwertes um zusätzliche 100 Kilogramm Nitrat zu verhindern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


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Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben das Nitrataktionsprogramm beschlossen, das weitere Verschärfungen vorsieht. Wir haben in den letzten Jahren sukzessive da die gesetzlichen Bestimmungen angepasst: Es gibt größere Pufferstreifen entlang von Gewässern; man schaut genauer hin, wo Obergrenzen überschritten werden; es werden neue Gebiete ausgewiesen, wo besonderer Wasserschutz vorgesehen wird. Wir haben also eine andere Entwicklung hier in Österreich, wenn man das mit Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden vergleicht. Seit Jahren setzen wir konsequent darauf, dass der Eintrag reduziert wird, dass die Bäuerinnen und Bauern nach­haltiger produzieren. Wir sind da in Österreich vorbildhaft unterwegs.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Seemayer. – Bitte. 09.31.30


Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Bundesminister, seit 2005, seit Inkrafttreten des Bundestierschutzgesetzes, hätten die Landwirtschafts­minister:innen Österreich zu einem Tierschutzmusterland machen können. Das Gegenteil ist passiert. Die Minister:innen haben sich regelmäßig gegen höhere Standards ausgesprochen und die niedrigen Standards weiterhin mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler errichten lassen. Der sogenannte strukturierte Vollspaltenboden ist nicht mehr der richtige Weg. Dass das genau so ist, wurde ja bewiesen: dass auch dieser zu Tierleid führt.

362/M

„Warum haben Sie es verabsäumt, Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern zu ermöglichen und rechtzeitig den Weg zu gehen, dass die österreichi­sche Landwirtschaft mit hohen Tierstandards ohne Tierleid produziert?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, vielmehr ist richtig, dass


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Österreich nachhaltig und vorausschauend Tierschutzpolitik betreibt. Ich nenne nur als Beispiel: Verbot der Käfighaltung, mehr Platz in der Tierhaltung. Wenn ich die Geflügelwirtschaft anschaue: Kein Land hat da so strenge Bestimmungen wie wir. Wir haben im Bereich der Tiertransporte Verschärfungen beschlossen, zum Beispiel hinsichtlich der Schlachtrinder: Verbot des Verbringens von Schlacht­rindern in Drittstaaten. Wir sind da also an der Spitze.

Der Animal Protection Index weist – auf Basis des Jahres 2020 – Österreich als eines jener Länder aus, das sich in der Spitzengruppe befindet, was das Tierwohl anbelangt, gemeinsam mit der Schweiz, Dänemark, den Niederlanden, Groß­britannien und Schweden. Wir sind gemeinsam mit diesen Ländern an der Spitze. Das heißt, das Gegenteil ist der Fall: Wir schauen voraus, wir tun sehr viel für das Tierwohl und sichern gleichzeitig die Produktion, die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion in Österreich.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Bei Vollspaltenböden ist das aber genau nicht der Fall, und auf die sind sie nicht eingegangen. Vor Kurzem war auch ein Artikel in der Zeitung, dass bei einer österreichischen Handelskette bereits mehr als 50 Prozent des von ihr verkauften Frischfleisches aus Haltung mit höchsten Tierschutzstandards stammt. Warum setzt man dennoch auf Vollspaltenböden? Warum setzt man das nicht früher um, was jetzt von Ihnen gewünscht wird? Die Konsumenten wollen das.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, wir haben 2022 eine Novelle des Tierschutzgesetzes beschlossen, und das betrifft auch die Vollspaltenböden: Verbot im Neu- und Umbau ab 2023. Da sind wir auch an der Spitze in Europa – das zur Korrektur.


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Wenn man den Verbrauch von Schweinefleisch im Lebensmitteleinzelhandel anschaut, dann sieht man: 2 Prozent des verkauften Fleisches ist Biofleisch, also wenn die Schweine auf Stroh gehalten werden. Mit den Tierwohlprogrammen sind wir bei 5, 6 Prozent, und der Rest ist normal, konventionell hergestelltes Schweinefleisch. Die Zahl, dass 50 Prozent aus Tierwohlhaltung kommt, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Ich werde mich gerne danach mit Ihnen darüber austauschen, woher die Zahl kommt, aber das sind die Zahlen, die uns vorliegen, die auch bestätigt sind.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.


Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Bundesminister, anschließend an die vorigen Fragen: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie eben zum Thema Tierwohl in Österreich noch gesetzt, obwohl wir wissen, dass wir ohnehin von wahnsinnig hohen Standards ausgehen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Ich habe vorhin die Novelle des Tierschutz­gesetzes 2022 angesprochen, die wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner ausgearbeitet haben. Die Eckpunkte sind zum Beispiel ein Verbot des Schredderns von Kücken ohne nachweisbaren Verwendungszweck. Wir haben den Vollspaltenboden im Um- und Neubau mit Jänner 2023 verboten.

Wir haben darüber hinaus beim Tiertransport Einschränkungen beschlossen, Verbot des Verbringens von Schlachttieren in Drittländer, Verbot der Anbinde­haltung ab 1. Jänner 2030. Und wir haben zuletzt wieder ein Tierwohlpaket beschlossen: 50 Millionen Euro mehr für Investitionen in Tierwohl. Das zeigt, wir setzen auf Tierwohl, wir wollen, dass es den Tieren gut geht, den Bäuerinnen und Bauern gut geht und dass die Konsumentinnen und Konsumenten Waren in höchster Qualität verfügbar haben. (Beifall bei der ÖVP.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Rauch. – Bitte. 09.35.26


Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die EU-wahl ist geschlagen. Jetzt steht natürlich das Mercosur-Abkommen auf der europäischen Agenda, und da geht es darum, Ihre Position auch dementsprechend klar zu beziehen. Wie wir ja wissen – und in den vorigen Fragestellungen meiner Kollegen war das ja schon ein Thema –, gibt es da seitens der ÖVP intern unterschiedliche Positionen: Bauernbund, dem Sie angehören, Wirtschaftsbund auf der anderen Seite.

Meine Frage:

358/M

„Werden Sie konkrete Schritte gegen den Abschluss des Mercosur-Abkommens – beispielsweise durch das Einleiten eines Gutachterverfahrens gem. Art. 218 Abs. 11 AEUV – setzen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter! Es gilt ja, was Mercosur betrifft, die Bindung durch dieses Haus, durch Bundesrat und Nationalrat, eine Bindung aus dem Jahr 2019. Es ist einmal grundsätzlich so, dass der Minister gebunden ist.

Zu Ihrem Vorschlag: Das Gutachterverfahren ist eine Möglichkeit, die im EU-Recht verankert ist. Wie funktioniert es? – Die Kommission, ein Mitgliedsland, oder das Parlament können den Antrag auf Prüfung eines Gutachtens durch den EuGH stellen. Das macht dann Sinn, wenn das Übereinkommen, sprich der Handelsvertrag, den EU-Verträgen widerspricht. Das muss offensichtlich sein, dann kann man diese Möglichkeit wählen. – Wir haben das jetzt nicht gesehen. Zuständig wäre in Österreich darüber hinaus das Bundeskanzleramt.


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Was tun wir konkret? – Wir haben mehrfach auf europäischer Ebene im Rahmen des Agrarministerrats das Thema angesprochen. Wir haben eine sogenannte Note eingebracht, auf die Tagesordnung gesetzt und haben mehrfach darauf hingewiesen, was die Konsequenzen sind. Wir nehmen natürlich zur Kenntnis, dass es viele Mitgliedsländer gibt, die das anders sehen. Der Hauptwiderstand in dieser Frage kommt aber nicht von Österreich, sondern von Frankreich und Deutschland. Vor allem Frankreich hat Sorge wegen dieses Abkommens, weil es die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris aus dem Jahr 2015 zu wenig im Abkommen verankert sieht, und hat deswegen auch die Verhandlungen über das Zusatzinstrument initiiert, das aktuell auf europäischer Ebene mit den Mercosur-Staaten in Verhandlung steht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Heißt das jetzt im Umkehrschluss, Sie verlassen sich auf Frankreich und beziehen keine eigene Position? Das wäre in dieser Art und Weise eigentlich ein kompletter Fehlschlag. Weil auch Kollege Loacker neben mir steht, der vorhin diese 221 Gramm Fleisch ins Rennen gebracht hat: Werden Sie sich konkret als Bundesminister dafür einsetzen, dass dieses Abkommen nicht kommt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, noch einmal, es steht im Regierungsprogramm klar die Position drinnen: keine Zustimmung unter den derzeitigen Voraussetzungen. Es gibt in diesem Haus eine klare Positionierung, welche die Bundesregierung bindet, und die besagt, dass sie da nicht zustimmen darf. Darüber hinaus habe ich angesprochen: Es gab mehrfach Initiativen meinerseits, mit denen wir uns ganz klar gegen die Umsetzung dieses Abkommens in der derzeitigen Form ausgesprochen haben. Darüber hinaus haben wir noch weitere Argumente fachlicher Art angeführt, wie gesagt auch die Frage: Wie


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könnte eventuell so ein Abkommen in der Konsequenz abgefedert werden? Das liegt alles auf dem Tisch. Das heißt, unsere Position ist völlig klar.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Minister! Es wird ja nicht nur Fleisch aus den Mercosur-Staaten importiert, sondern auch Soja. Wie viele Tonnen gentechnisch veränderter Sojaorganismen werden jedes Jahr aus den Mercosur-Staaten nach Österreich eingeführt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Die konkrete Zahl, die aktuelle, kann ich Ihnen nicht nennen. Tatsache ist, wenn es um Handelsabkommen geht: Österreich ist ein exportierendes Land, auch in der Land- und Forstwirtschaft, auch für die Landwirtschaftsproduktion ist der Export entscheidend. 23 Prozent unserer Exporte gehen in Drittstaaten. Das heißt, Handelsabkommen sind wichtig, aber sie müssen nachhaltig sein. Und das ist genau das Thema beim Mercosur-Abkommen: Es ist kein nachhaltiges Abkommen, es ist ein Freihandelsabkommen aus den Neunzigerjahren. Wir haben jetzt andere Abkommen mit Kanada, Neuseeland und Singapur abschlossen. Das sind nachhaltige Abkommen, solche können wir unterstützen, Mercosur nicht. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Weber stellt eine Zusatzfrage. – Bitte.


Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Bundesminister! Unser Wohl­stand in Österreich, welchen wir alle gemeinsam sehr schätzen, ist zu einem großen Teil auf unsere exportorientierte Volkswirtschaft zurückzuführen. Wir wissen alle, 6 von 10 Euro werden bei uns in Österreich durch Export erwirt­schaftet, und seit wir bei der EU sind, hat sich die Exportleistung vervierfacht.


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Meine Frage, Herr Bundesminister: Worin bestehen nun die Herausforderungen beim Mercosur-Abkommen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Wie gesagt, es geht um die Nachhaltigkeits­aspekte, das ist ja nicht etwas, was nur Österreich ein Anliegen ist, das ist auch ein Anliegen, das Frankreich vorbringt. Es geht um Klimaschutz, es geht um Menschenrechte; das soll zusätzlich berücksichtigt werden. – Das sehen wir nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus sind wir natürlich offen für Handelsabkommen, die fair sind, die Nachhaltigkeit gewähren. Was ist das? Damit sich da jemand etwas vorstellen kann: Wenn wir ein Abkommen mit Neuseeland abschließen, muss zum Beispiel eine Voraussetzung sein, dass die Tiere geweidet werden; das ist ein Nach­haltigkeitsaspekt. Bei einem Abkommen mit Japan – große Chance –: Die legen auch Wert auf Nachhaltigkeitskriterien, die werden wir erfüllen, die erfüllen sie auch. Das funktioniert sehr gut und eröffnet Exportchancen für Österreich.

So werden wir vorgehen: nachhaltige Handelsabkommen, die auch Fairness für die heimischen Produzenten ermöglichen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Böker. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. 09.40.48


Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Die Hochwasserproblematik beziehungsweise -katastrophensituation in unserem Land, insbesondere wenn man das tragische Ereignis gestern in der Steiermark sieht, zeigen einmal mehr, wie wichtig Klimaschutz sowie gezielte Anpassungs­maßnahmen an den bereits erfolgten Klimawandel sind. Dazu gehört aber auch ein neuer Umgang mit dem wertvollen Gut Boden, denn mehr Raum für Natur und Flussläufe sind eine elementare Voraussetzung für die Sicherung unserer Zukunft. Ein aktueller Aufruf von Greenpeace zur Einmeldung von Bodensünden


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zeigt, dass weiterhin laufend katastrophale Zubetonierereien stattfinden. Das regt die Menschen auch zu Recht auf.

360/M

„Welche Maßnahmen planen Sie zur Umsetzung der im Regierungsprogramm vereinbarten Reduktion des Flächenverbrauchs auf netto 2,5 ha/Tag bis 2030?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Frau Abgeordnete! Wie Sie völlig richtig ausfüh­ren, hat sich die Regierung darauf geeinigt, den Flächenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag zu reduzieren – die Bundesregierung. Die Zuständigkeit, was den Boden anbelangt, liegt verfassungsrechtlich beim Bund, die Themen Forst- und Wasserwirtschaft sind bei mir. Bei den Ländern aber liegt die Zuständigkeit für die Raumordnung und natürlich müssen wir diese verfassungsrechtlichen Voraussetzungen berücksichtigen. Deswegen haben wir das Thema Bodenschutz im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz erarbeitet, es wurde eine Bodenschutzstrategie ausgearbeitet, fertig gemacht. Diese wurde auch von den Ländern am 29. Februar 2024 beschlossen. Die Länder gehen auch in die Umsetzung.

Worum geht es da? – Es geht um den Schutz von landwirtschaftlichen Produk­tionsflächen; es geht um die Eindämmung der Zersiedelung; es geht um die Aktivierung von Leerstand; und es geht natürlich um Bewusstseinsbildung. Es wird parallel ein Monitoring aufgesetzt, um erstmals auch mitverfolgen zu können, wie sich der Bodenschutz entwickelt.

Unsere Experten sagen: Wenn die Maßnahmen so umgesetzt werden, wie sie da vereinbart wurden, dann ist das Erreichen des 2,5-Hektar-Zieles realistisch. Das ist wichtig, alle arbeiten daran. Es fehlt natürlich jetzt die Übereinstimmung, also dass die Regierung mit den Ländern die Zielformulierungen konkretisieren


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konnte, das fehlt leider, aber die Maßnahmen wurden akzeptiert und sie werden umgesetzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Auch beim EU-Renaturierungsgesetz geht es ganz zentral darum, der Natur weniger Flächen wegzunehmen bezie­hungsweise der Natur auch Flächen zurückzugeben, damit die Artenvielfalt, die Biodiversität nicht noch mehr zurückgeht und geschädigte Ökosysteme wieder­hergestellt werden.

Ich habe jetzt Ihren Antworten sehr aufmerksam zugehört, Sie sind für die Umwelt und den Naturschutz, der uns sehr, sehr wichtig ist. So müsste ich doch annehmen, dass Sie auch sicherlich für dieses EU-Renaturierungsgesetz sind.

Frage: Werden Sie sich angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Natur­katastrophenproblematik nicht doch noch dafür aussprechen, dass Österreich dem EU-Renaturierungsgesetz am 17. Juni zustimmt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Man muss ja berücksichtigen: Bei Renaturierung geht es um Biodiversität, aus der Biodiversitätsstrategie ableitend. Der Ansatz ein konservierender Naturschutz. Wir leben in Zeiten des Klimawandels, alles ändert sich: Auftauen des Permafrostes, die Niederschlagsgrenzen ändern sich. Wir müssen in die Zukunft blicken und das dynamisch berücksichtigen. Das machen wir im Rahmen der bestehenden Gesetze – Wasserrahmenrichtlinie, Hochwasserschutzrichtlinie –, da investieren wir. 124 Millionen Euro werden allein heuer in den Hochwasserschutz investiert; darüber hinaus in die Ökologi­sie­rung der Gewässer. Also für den ökologischen Hochwasserschutz sind 200 Millionen Euro bis 2028 im Topf.


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Das gilt es auszubauen, zu stärken. Wir sehen jetzt angesichts der Katastrophen, dass durch unsere Hochwasserschutzmaßnahmen, zum Beispiel im Burgenland, in der Steiermark, Schäden von 20 Millionen Euro verhindert werden konnten. Das heißt, der Hochwasserschutz funktioniert. Deswegen investieren wir in diese Richtung weiter.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Landwirtschaftsminister! Das Bundesministerium für Finanzen hat kürzlich den Meilenstein Verabschiedung der österreichischen quantitativen Bodenschutzstrategie aus dem österreichischen Aufbau- und Resilienzplan als erfüllt gemeldet. Jetzt haben Sie selbst gerade gesagt, die Länder haben die Zahlen nicht übernommen.

Daher auch meine Frage: Sehen Sie diesen Meilenstein als umgesetzt an, obwohl die schrittweise Reduktion der Flächeninanspruchnahme auf netto 2,5 Hektar pro Tag bis 2030, wie sie im Aufbau- und Resilienzplan explizit festgehalten wird, eben nicht festgelegt wurde?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Von diesem Aspekt weiß ich, dass er in Prüfung war. Das konkrete Ergebnis liegt mir nicht vor, aber das Ziel war natürlich, dass durch den Beschluss der Bundesländer der Bodenschutzstrategie mit all ihren Maßnahmen am 29. Februar dieser Meilenstein erfüllt ist. Konkret kann ich das jetzt nicht beantworten, da muss ich die Rückmeldungen noch abwarten, aber ich weiß, dass dieser Aspekt in Prüfung war.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Doppelbauer stellt auch die nächste Hauptanfrage. – Bitte sehr. 09.45.51



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Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Ich komme zu einem anderen Thema. Wir NEOS haben gemeinsam mit einigen Organisationen wie dem ETÖ einen bedeutenden Skandal in der öffentlichen Lebensmittel­beschaffung aufgedeckt, der insbesondere unter den Bäuerinnen und Bauern für große Unruhe sorgt. Die Bundesbeschaffung GmbH weist Lebensmittel als nachhaltig aus, die es nicht sind. In der Regierung zeigt jeder Minister auf den anderen, mit wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel der Frau Verteidigungs­ministerin, während der Landwirtschaftsminister, also Sie, Herr Minister, die Verantwortung hier einfach abstreitet.

Meine Frage:

365/M

„Welche Schritte haben Sie als Landwirtschaftsminister veranlasst, um die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen der fälschlichen Nachhaltig­keitskennzeichnung von nicht nachhaltigen Lebensmitteln bei der öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln (Greenwashing-Skandal) zu prüfen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Frau Abgeordnete! Wir haben recherchiert, was Sie damit meinen: Offensichtlich geht es da um einen Bericht in einer Tages­zeitung am 21. Mai, wo unter anderem angeführt wird, dass es anonyme Vorwürfe strafrechtlicher Art gibt. Da muss man sagen: Konkrete Informationen liegen uns als Ressort nicht vor. Zuständig ist in der Frage nachhaltige Beschaf­fung das Klimaschutzministerium. In diesem Fall wurde, wenn man den ganzen Artikel liest, gemeint, dass es hierbei um das Bundesministerium für Justiz geht. Also ich gehe davon aus, dass, wenn die Damen und Herren da etwas Straf­rechtliches vermuten, sie dort von sich aus aktiv werden.

Darüber hinaus muss man eines immer sagen: Es geht bei der nachhaltigen Beschaffung um eine Selbstverpflichtung; also von dem her sehen wir auch hier


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nicht wirklich den Grund für eine mögliche strafrechtliche Verfehlung. Ich habe das im eigenen Haus prüfen lassen, unsere Experten haben das nicht gesehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sie haben ja gerade auch die sehr hohen Geflügelstandards gelobt, die in Österreich gegeben sind. Es gibt aktuell ein Geflügellos, das wieder nicht den Kriterien der nachhaltigen Beschaf­fung standhält.

Welche Maßnahmen wollen Sie persönlich noch vor der Wahl setzen, um diese Effekte zu beenden und die öffentliche Hand rechtlich dazu verpflichten, Nabe-konforme Produkte zu beschaffen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Also das Geflügellos, von welcher Organisation das ausging, wurde jetzt nicht genannt. Das kann ich jetzt allgemein nicht sagen, weil ja jeder praktisch in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich die nachhaltige Beschaffung besorgt, das funktioniert ja nicht zentral. Jedes Ministerium hat seinen Zuständigkeitsbereich, jede Gebietskörperschaft macht das für ihren eigenen Bereich.

Was haben wir getan? – Wir haben das Forum „Österreich isst regional“ eingerichtet, um nachhaltige Beschaffung zu unterstützen. Seit 2020 haben wir schon einige Konferenzen, einige Tagungen abgehalten. Im eigenen Bereich werden wir ein Warenwirtschaftssystem einführen, um dann tatsächlich auch am Ende des Jahres nachzuweisen, wie viele regionale Produkte sind und wie hoch der Bioanteil ist.

Darüber hinaus haben wir ein Handbuch erstellt, damit die Bundesbeschaffungs­agentur die konkreten Kunden, die Gebietskörperschaften unterstützen kann, beraten kann, damit sie eben im Sinne der nachhaltigen Beschaffung einkaufen


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können. Wir sind da also wirklich sehr engagiert. Es gibt wahrscheinlich kein Ressort oder sicher kein Ressort, das so ein großes Anliegen hat, in der nachhaltigen Beschaffung weiterzukommen, das so ein Anliegen hat, dass wirklich heimische Produkte im öffentlichen Bereich eingesetzt werden.

Wir sind auch sehr froh, dass die verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Gemeinschaftsverpflegung beschlossen wurde und seit September 2023 gilt. Wir sehen da auch erste positive Effekte.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Reiter. – Bitte. 09.49.20


Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Waldfläche in Österreich wächst laut Waldinventur täglich um circa 6 Hektar und ist damit eine wichtige nachhaltige Ressource.

Meine Frage an Sie:

355/M

„Welche Anreize setzen Sie im Bereich der Holzverwendung als nachhaltigen Rohstoff zur Speicherung von Kohlenstoff mit dem Ziel der Reduktion von CO2?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Ich glaube, da muss man zuerst anführen: Wenn man einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz über den Wald leisten will, dann muss man langfristig denken.

Langfristig gesehen ist der Wald klimaneutral, das heißt, es muss so funktio­nieren, dass wir aktive Waldwirtschaft betreiben und gleichzeitig die Ressourcen


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aus dem Wald, das Holz zum Beispiel, nutzen, dass wir uns im Holzbau engagie­ren und damit CO2 binden, Kohlenstoff binden, auf die Errichtung eines klimafit­ten Waldes schauen, um einen nachhaltigen Umweltschutz zu ermöglichen.

Was tun wir? – Wir haben den Waldfonds aufgelegt, mit dem wir eine Holzinitiative gestartet haben, um den Holzbau zu fördern, konkret 1 Euro pro Kilogramm; Förderung für Bauten im öffentlichen Bereich – gemeinnütziger Wohnbau, öffentlicher Bereich. Wir unterstützen den Aufbau von Stiftungs­professuren in Universitäten, damit einfach auch das Know-how verfügbar ist. Mit Holz zu bauen erfordert andere Voraussetzungen, anderes Wissen, das unterstützen wir. Darüber hinaus werden Forschungsprojekte aufgesetzt; über 30 Projekte haben wir mittlerweile aufgesetzt, die gefördert werden. Insgesamt stehen für diesen Bereich 110 Millionen Euro im Rahmen des Waldfonds zur Verfügung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Wir haben gerade gehört, Sie investieren über 100 Millionen Euro, konkret 110 Millionen Euro, in diese Maßnahmen, wenn es um Forschung geht. Mit welchen zusätzlichen Vorteilen, neben der Kohlenstoffspeicherung, begründen Sie die Forcierung des Holzbaus?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Der Holzbau bringt mehrere Möglichkeiten. Einen wichtigen Beitrag leistet dabei die Substitution von anderen Baustoffen, von Beton, von Ziegeln. Damit wird die Herstellung von diesen Produkten ja praktisch ersetzt, was Emissionen spart.

Holz hat darüber hinaus verschiedenste gute, interessante Eigenschaften wie zum Beispiel hohe Festigkeit, gute Isolier- und Dämmeigenschaften, kalkulierbares Brandverhalten, leichte Bearbeitbarkeit; und dadurch, dass im Holzbau ja ein sehr hoher Vorfertigungsgrad erforderlich ist, ermöglicht


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dieser eine Bauzeitverkürzung von 30 bis 50 Prozent. Darüber hinaus, wenn wir in die Zukunft schauen: Auch die Rückbaubarkeit von Holzbauten ist eine andere als im Beton- und im Ziegelbau, um nur einige Vorteile des Holzbaus anzuführen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordnete Tanzler. – Bitte sehr.


Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Herr Bundesminister, es gibt ja zwei neue Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass Artenvielfalt im Wald diesen gegen Hitze resistenter macht. Werden Sie jetzt den neuen Erkenntnissen ent­sprechend die gesetzlichen Regelungen und die Förderrichtlinien dahin gehend überarbeiten? Bei der letzten Forstgesetznovelle wurde diesbezüglich ja wenig unternommen, um den Wald in Österreich klimafitter zu machen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: In der letzten Forstgesetznovelle wurde das Thema Klimawandel ja in der Zielsetzung verankert, und in dem Zusammen­hang möchte ich die Möglichkeiten anführen, die im Rahmen des Waldfonds geschaffen wurden.

Da haben wir Maßnahmen zur Waldpflege drin, die wir fördern, über 100 Millio­nen Euro werden eingesetzt. Wir haben Maßnahmen zur Wiederaufforstung von Flächen, wo aufgrund von Sturmschäden, von Borkenkäferkalamitäten eben Schadflächen entstanden sind. Das ist vorbildhaft, das unterstützt die Biodiver­sität, da können wir uns wie gesagt als Österreich, gerne mit anderen ver­gleichen, das gibt es in anderen Ländern nicht.

Es ist auch eine enorme Herausforderung bei uns. Wir haben wahnsinnig viel Schutzwald in Österreich, den wir erhalten, den wir pflegen müssen. Es gibt leider in einigen Landesteilen die Situation, dass der Schutzwald zerstört wird. Umso mehr ist es uns natürlich ein Anliegen, rasch zu helfen, und das führt dazu, um


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ein konkretes Beispiel anzuführen: Wenn wir händisch Bäume nachpflanzen – alleine in Tirol wollen wir in den nächsten zwei Jahren sechs Millionen Pflanzen setzen –, bedeutet das in der Schutzwirkung 30 Jahre frühere wiederum volle Schutzwirkung im Wald, als wenn man das einer Naturverjüngung überlassen würde. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Herr. – Bitte. 09.53.43


Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Meine Frage bezieht sich auf die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung. Diese sollte ja eigentlich schon mit nächstem Jahr auch angewendet werden. Wie weit ist Ihr Ministerium mit der Vorbereitung für die Umsetzung?

Ganz konkret, vielleicht auch für die Zuschauer:innen, geht es darum, dass wir nicht länger Holz importieren, für das beispielsweise Regenwald gerodet wurde, also doch ein sehr wichtiges Thema. Andere Länder, beispielsweise Deutschland, haben schon genaue Pläne vorgelegt, wie man da vorgehen will, wie viele Kontrollen man machen will, wie viel Personal man dazu braucht. Wie weit sind Sie in der Umsetzung?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 363/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie weit ist Ihr Ministerium mit den Vorarbeiten für die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung, die dazu führen soll, dass nicht länger Produkte importiert werden, für die beispielsweise der Regenwald gerodet wird?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Also erstens einmal ist das Anliegen der


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Entwaldungs­verordnung ja, die illegale Abholzung des Regenwaldes zu reduzie­ren, einzudämmen; man blickt da sehr stark nach Südamerika, nach Afrika, nach Asien. Die Entwaldungsverordnung ist, wie Sie richtig sagen, bereits in Kraft getreten, die Anwendung steht bevor, und das heißt, dieselben Auflagen wie für Südamerika sollen praktisch auch bei uns erfüllt werden. Das bringt eben bürokratischen Mehraufwand.

Sie haben richtig angesprochen: Entwaldungsverordnung – das ist eine Verord­nung, das heißt, sie gilt unmittelbar. Das heißt, alles im Zusammenhang mit der Registrierung der Produkte – Holz, Rindfleisch, Soja – muss die Europäische Kommission zur Verfügung stellen, die Datenbank, die Schnitt­stellen, die zur Verfügung stehen , um die Geolokalisation der Flächen einzutragen. Das ist Sache der Europäischen Kommission. Da ist man säumig – allerdings kommen da die einen oder anderen Neuigkeiten in den nächsten Wochen –, die Leitlinien fehlen, die Informationsvorgaben, die Fragen und Antworten, die FAQs für die Anwender fehlen nach wie vor; die Risikoein­stufung ist nach wie vor nicht da – man sieht drei Stufen vor.

Was Österreich bringen muss, ist die Frage der Kontrollen, also wer zuständig ist. Das sind wir in der Finalisierung der Gesetzestexte, wir werden jetzt in den nächsten Tagen mit dem Koalitionspartner in Kontakt treten.

Die wichtigen Voraussetzungen aber, damit das Ganze überhaupt funktioniert, muss die Europäische Kommission bringen, und diese sind nach wie vor nicht auf dem Tisch. Deswegen wundert mich auch das Thema Deutschland. Die rufen nämlich auch bei uns an und fragen: Wie macht ihr das, wie geht ihr mit dem Thema um?, weil es bei der Frage allen in Europa gleich geht. Deswegen haben auch 20 Länder unseren Vorstoß im Agrarministerrat unterstützt, die Anwen­dung zu verschieben. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.



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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja. Erlauben Sie mir nur diesen einen Satz: Eine Verordnung zu verschieben, in der es darum geht, dass nicht länger Regenwald gerodet wird, sodass wir hier illegal gerodetes Holz importieren, halte ich für grundlegend falsch.

Zur Frage aber: Sie haben gesagt, Österreich sei zuständig für die Kontrollen. Wie viele Kontrollen will das Bundesamt für Wald in den kommenden Jahren durchführen und wie viel Personal werden wir dafür brauchen? – Das ist nämlich schon etwas, das ab nächstem Jahr gültig sein muss. Wenn man da zusätzliches Personal braucht, muss man jetzt aktiv werden. Wie viele Kontrollen wollen Sie durchführen? Deutschland hat, denke ich, von einer Verzehnfachung der Kontrollen gesprochen, da gibt es also schon einen Plan. Vielleicht können Sie das noch ausführen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Da gibt es keinen Plan. Die Kommission hat gesagt, weil sie mit der Risikoeinstufung der Länder säumig ist – und es gibt ein dreistufiges Modell; geringes Risiko: 1 Prozent, mittleres Risiko: 3 Prozent, hohes Risiko: 9 Prozent –, müssen halt alle ein mittleres Risiko annehmen, das heißt 3 Prozent Kontrollen müssen vorgesehen werden. Das haben wir kritisiert, weil das natürlich in der Budgetierung, in der Personalplanung mehr Personal erfordern würde, als tatsächlich gebraucht wird. Wenn wir ein Land mit gerin­gem Risiko – 1 Prozent – sind, warum sollen wir Personal für 3 Prozent einstellen? Das ist genau ein Kritikpunkt, den wir vorgebracht haben.

In der Planung sind wir natürlich jetzt vorausblickend, was das bedeuten würde. Man muss aber bei den Kontrollen immer eines wissen: Die Anwendung muss mit 1. Jänner funktionieren, die Kontrollen erfolgen aber ja immer im Nach­hinein, das heißt, man hat einen gewissen Spielraum, und wir hoffen wirklich, dass die Kommission jetzt zeitgerecht das liefert, was sie liefern soll, nämlich die Risikoeinstufung für die Mitgliedsländer. (Beifall bei der ÖVP.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Kühberger. – Bitte.


Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Sie haben in der Vorbeantwortung erwähnt, dass es Länder wie Brasilien gibt, aber auch einige Länder in Europa, die unkontrolliert Entwaldung durchführen, und dass das natürlich auch unserer nachhaltigen Holzwirtschaft in Österreich schadet.

In Österreich haben wir ja eine andere Situation. Wir betreiben nachhaltige Forstwirtschaft und vor allem wächst unser Wald, jedes Jahr um zusätzliche 2 300 Hektar. Meine Frage: Sie fordern ja auf EU-Ebene eine Ausnahme für EU-Mitgliedstaaten wie Österreich, die de facto kein Entwaldungsrisiko aufweisen. Wie begründen Sie diese Forderung und welche Maßnahmen haben Sie schon gesetzt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das ist völlig richtig. Wer die Entwaldungs­verordnung im Detail studiert – das geht auch unseren Experten nicht anders –, stellt fest, das ist wahnsinnig komplex, schwer verständlich, wahnsinnig schwierig zu interpretieren.

Das ist ein weiterer Grund, den wir auf europäischer Ebene eingebracht haben: erstens die Anwendung zu verschieben, damit endlich einmal alle Vorausset­zungen seitens der Kommission auf dem Tisch sind, wenn wir die Umsetzung machen.

Darüber hinaus haben wir gefordert, dass es für Länder, in denen es de facto kein Entwaldungsrisiko gibt, eine Ausnahme gibt. Sie haben richtig angeführt: Der Wald in Österreich ist seit 1961 um über 330 000 Hektar gewachsen. Wir haben in Österreich kein Entwaldungsrisiko. Deswegen verstehen auch die Bäuerinnen und Bauern nicht, warum sie da zusätzliche Bürokratie akzeptieren


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müssen, auf sich nehmen müssen, um Rindfleisch, um Rinder zu verkaufen, um Holz zu verkaufen, um Soja zu verkaufen; und genau deswegen setzen wir uns dafür ein.

Unsere Initiative wurde wie gesagt von über 20 Mitgliedsländern unterstützt, und jetzt schauen wir uns an, ob die Kommission darauf eingehen wird. Wir warten auf eine Reaktion aus Brüssel und hoffen, dass wir im Sinne eines praxisorientierten, anwendungsorientierten Zugangs weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. 09.59.37


Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Geschätzter Herr Minister! Von der Ressource Wald zu der, wie ich denke, noch wichtigeren Ressource Wasser; ohne Wasser gibt es kein Leben.

356/M

„Wie wollen Sie die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser angesichts zunehmender Trockenheit und rückläufiger Grundwasserspiegel sicherstellen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Zur Beantwortung dieser Frage haben wir eine Studie vom Ressort ausarbeiten lassen, die Wasserschatzstudie des Land­wirtschaftsministeriums, die praktisch in die nächsten Jahrzehnte schaut, bis 2050. Diese Studie sagt: Ja, der Bedarf wird steigen, wir werden mehr Wasser brauchen, auch weil die Bevölkerung weiter wachsen wird, natürlich aber auch aufgrund des Klimawandels. Das Ergebnis der Studie ist: Wir werden aus­reichend Trinkwasser zur Verfügung haben.


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Trotzdem werden wir unsere Investitionen in die Wasserversorgung inten­sivieren. Wir haben vergangenes Jahr gemeinsam mit den Gebiets­körper­schaften, mit den Bundesländern einen sogenannten Fünfpunkteplan beschlossen. Da sind Punkte drinnen wie zum Beispiel die Aufstockung der Förderungen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft, die Anhebung des Zusagerahmens, um die Investitionstätigkeiten auszubauen, zum Bau von Verbundleitungen, von Ringleitungen, von neuen Quellfassungen, von neuen Brunnen, für Investitionen in ein Prognosemodell, damit wir frühzeitig erkennen, wann es zum Beispiel in Trockengebieten zu Wasserknappheit kommen könnte.

Wir haben auch beschlossen, dass wir in die Bewusstseinsbildung investieren. Der Trinkpass ist ein gutes Projekt, das wir an den Schulen durchführen. 13 000 Kinder und Jugendliche machen da mit.

Wir investieren auch in die Forschung, zum Beispiel wenn es um die Leckage­ortung im Leitungssystem geht, damit wir da weiterkommen – wir wollen mit künstlicher Intelligenz arbeiten.

Es gibt also eine vielfältige Anzahl an Maßnahmen, mit denen wir die Trink­wasserversorgung für die kommenden Generationen sichern wollen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Welche Maßnahmen werden mit der 2023 bereitgestellten Sondertranche von 100 Millionen Euro für die Siedlungswasserwirtschaft umgesetzt? Wie viel wurde daraus schon zugesagt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Mit diesen 100 Millionen Euro werden 800 Trink­wasserprojekte in ganz Österreich gefördert. 75 Millionen Euro beträgt der Förderbarwert, und das löst ein Investitionsvolumen von 485 Millionen Euro aus.


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Um vielleicht ein paar Beispiele aus Ihrer Region anzuführen: Im südlichen Niederösterreich, Bezirk Wiener Neustadt, in Lichtenegg werden vier Projekte damit finanziert, im Bezirk Neunkirchen, in Thomasberg ebenfalls vier Projekte. Um noch konkreter zu werden: Wir werden da unter anderem im Ortsteil Thal in Lichtenegg ein Leitungsnetz finanzieren, das wollen wir mit dem öffentlichen Wassernetz verbinden. Da ist der Wasserleitungsverband Bucklige Welt enga­giert – also um ein konkretes Beispiel zu nennen, damit die Zuseherinnen und Zuseher sich ein Bild machen können. (Abg. Neumann-Hartberger: Vielen Dank!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Schönen guten Morgen, Herr Minister! Folgende Frage: Wir können ja nicht so weitermachen, als gäbe es kein Morgen, sondern wir müssen auf unsere Wasserhaushalte schauen. Einmal gibt es Dürre, dann wieder Hochwasser, und in der Landwirtschaft ist das Thema, wie wir mit dem Wasser sorgsam haushalten können. Wir brauchen Zahlen, Daten, Fakten.

Jetzt meine Frage: Stehen Sie für einen verpflichtenden Wasserzählereinbau für Grundwasser für die landwirtschaftlichen Betriebe, um eine wirksame Maßnahme gegen die Wasserknappheit zu setzen, die uns vor allem im Osten beschäftigt? – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Frau Abgeordnete, wir schauen sehr genau auf die gesamte Problematik hin, auf alle Sektoren. Wir wissen, wie die Entwick­lun­gen stattfinden werden; wie gesagt: Wasserschatzstudie, die wir erstellt haben.

Natürlich ist es uns ein Anliegen, dass die Ressource Wasser möglichst effizient eingesetzt wird. Ein Projekt in diesem Zusammenhang wird das digitale Melde­register sein. Was ist das? – Wir werden anhand von Daten sozusagen schauen,


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genau mitverfolgen können, wie der Wasserbedarf, wie der Wasserverbrauch ausschaut. Die Arbeiten sind am Laufen. Das müssen wir machen, gemeinsam mit den Bundesländern, weil die ja auch die Voraussetzungen schaffen müssen. Digitale Daten müssen verfügbar sein. Wir müssen zum Beispiel festlegen, wie hoch der Schwellenwert ist, ab welcher Menge die Voraussetzung gegeben, es notwendig ist, dass wir zum Beispiel einen Zähler verwenden. Da sind wir mitten in den Arbeiten drinnen.

Was den Zähler in der Landwirtschaft betrifft: Wir fördern Bewässerung auch im Rahmen des Agrarumweltprogrammes. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Anlage um mindestens 15 Prozent effizienter sein muss, und zusätzlich ist dabei ein Zähler einzubauen. – So weit einmal einige Beispiele; ich könnte jetzt noch einige aufzählen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine weitere Zusatzfrage stellt Abgeordneter Laimer. – Bitte.


Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Bundesminister, wann werden Sie dafür sorgen, dass ausreichend Fördermittel für die Erneuerung der Wasserinfrastruktur bereitstehen: zeitnah, mittelfristig oder gar nicht?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, das wird bereits finanziert. Wenn ich mir alleine Wien anschaue: Dort laufen jetzt Projekte, bei denen wir Hunderttausende Euro in die Erneuerung von 4,5 Kilometer Wasserleitung investieren. Das ist Teil unserer Investition in die Siedlungswasserwirtschaft. Da werden einerseits neue Leitungen errichtet, aber gleichzeitig andererseits natürlich alte Leitungen saniert, so wie Sie das angesprochen haben. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Da schaut er jetzt, der Herr Kollege!)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären. Ich darf mich recht herzlich beim Herrn Bundesminister für die Beantwortung bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

10.05.14Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 18782/J bis 18837/J

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeits­verfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Dienstnehmer­haft­pflicht­gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversorgungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG) (2597 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeitsgesetz geändert wird (2605 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Selb­ständigen-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz und


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das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz 2024 – SVÄG 2024) (2607 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (2609 d.B.)

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein DORA-Vollzugsgesetz erlassen und das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 2018, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Pensionskassengesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Versicherungs­aufsichtsgesetz 2016, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Zahlungs­dienstegesetz 2018 geändert werden (2596 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz, das Bundesgesetz über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz geändert werden (Betrugsbekämpfungs­gesetz 2024 Teil I – BBKG 2024 Teil I) (2598 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz geändert wird (Betrugs­bekämpfungsgesetz 2024 Teil II – BBKG 2024 Teil II) (2599 d.B.)

Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI Beitragsgesetz 2024) (2600 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (2604 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­gesetz 1988, das Mindestbesteuerungsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebühren­gesetz 1957 und die Bundesabgabenordnung geändert werden (Abgabenänderungs­gesetz 2024 – AbgÄG 2024) (2610 d.B.)


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Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Qualifizierte-Einrichtungen-Gesetz erlassen wird und die Zivilprozessordnung, das Konsumentenschutzgesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle – VRUN) (2602 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Rechtspflegergesetz und das Außerstreitgesetz geändert werden (Grundbuchs-Novelle 2024 – GB-Nov 2024) (2606 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (Fahrgastrechtenovelle 2024) (2601 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2603 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (2608 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2611 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Druckgerätegesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die innerstaatlichen Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/1628 in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunreinigende Partikel und die Typgenehmigung für Verbrennungsmotoren für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte festgelegt werden (Mot-G), erlassen wird (2612 d.B.)


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Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Abgeordneter Amesbauer beantragt hat, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag des Abgeordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschie­bungen nach Afghanistan und Syrien“, 3084/A(E), eine Frist bis zum 1. Juli zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um die Punkte 8 bis 11 in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.

Bei diesen Tagesordnungspunkten handelt es sich um Berichte des Geschäfts­ordnungsausschusses über die Anträge der Abgeordneten Gödl, Leichtfried, Herbert und Prammer, Kolleginnen und Kollegen

3847/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz geändert wird, in 2592 der Beilagen,

3848/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz geändert wird, in 2593 der Beilagen, sowie

um die Berichte und Anträge des Geschäftsordnungsausschusses


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über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Informationsordnungs­gesetz, das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz geändert werden, in 2594 der Beilagen, und

über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz und das Volksanwaltschaftsgesetz geändert werden, in 2595 der Beilagen.

Ich bitte die Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte sowie für die Berichte und Anträge ihre Zustimmung geben, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 5 und 6 sowie 8 bis 11 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. (Heiterkeit bei Abgeord­neten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Belakowitsch deutet auf die in den vorderen Sitzreihen der ÖVP noch stehenden Abgeordneten. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Schon der Fall? Ich nehme an, es könnte ein Handzeichen sein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ festgesetzt, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 117, SPÖ 81, FPÖ 66, Grüne 60 sowie NEOS 48 Minuten Redezeit. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung der Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 24 Minuten und die Debattenredezeit beträgt 5 Minuten.

Wenn es zu den dargestellten Redezeiten Zustimmung gibt, dann bitte ich, ein Zeichen zu setzen. – Das ist nunmehr einstimmig; herzlichen Dank.

Dann gehen wir in die Tagesordnung ein.


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10.08.441. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2528 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2589 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf zu Punkt 1 die Frau Staatssekretärin herzlich begrüßen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Herr Abgeordneter, Sie gelangen zu Wort, bitte sehr.


10.09.15

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Morgen! Wir steigen in die Tagesordnung ein: Tagesordnungspunkt 1, bei dem wir das Ausländer­beschäftigungsgesetz, das Ausbildungspflichtgesetz, das Asylgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz behandeln. Konkret, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es um ukrainische Kriegsvertriebene, um Menschen, die jetzt die Möglichkeit haben sollen, eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus zu erhalten. Es wird über allgemeine Voraussetzungen, natürlich auch, was die Erfüllbarkeit betrifft, gesprochen und diskutiert.

Was sind die allgemeinen Voraussetzungen? – Innerhalb der letzten 24 Monate müssen diese vertriebenen Personen aus der Ukraine mindestens zwölf Monate vollversichert beschäftigt gewesen sein. Wenn das erreicht ist, können Ehe­gattinnen, Ehegatten und minderjährige Kinder ebenfalls eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten. Mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus ist ein freier Arbeitsmarkt­zugang möglich.


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Das sind die allgemeinen Voraussetzungen – so weit, so gut –, aber jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt etwas, das auch in Ihrer Gesetzes­vorlage enthalten ist, nämlich zusätzliche Voraussetzungen. Diese zusätzlichen Voraussetzungen sind für uns nicht zu akzeptieren, wir werden diesem Gesetzesvorschlag daher keine Zustimmung erteilen können.

Was sind Ihre zusätzlichen Voraussetzungen, die völlig an der Realität vorbei­gehen? Was müssen die ukrainischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger erfüllen?

Erstens müssen sie einen Rechtsanspruch auf eine Wohnung nachweisen, das heißt entweder einen Mietvertrag oder eine unentgeltliche Wohnrechts­vereinbarung. Das heißt, aus der Grundversorgung heraus ist diese Vorausset­zung nicht erfüllbar, die Personen, die ab März 2025 die Rot-Weiß-Rot-Karte plus haben wollen, müssen also wohnversorgt werden.

Zweitens müssen sie beim Erstantrag Deutschkenntnisse auf Niveau A1 erreichen, das heißt, Sie müssen auf Deutsch kommunizieren können.

Drittens – das ist das Wesentliche, das unserer Meinung nach an Ihrer Gesetzes­vorlage so unrealistisch ist – müssen sie nötige Unterhaltsmittel nachweisen. Abhängig von den Wohnkosten muss eine Familie, zum Beispiel eine Mutter mit zwei Kindern, ein Nettoeinkommen von mindestens 1 800 Euro nachweisen, und das ist weit weg von der Realität. Unabhängig davon bleibt in Ihrer Gesetzes­vorlage auch das Aufenthaltsrecht ungeklärt. Auch da gibt es also noch einige offene Fragen.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, bitte erklären Sie uns heute in Ihren Reden Ihren Entwurf! Wir haben den Menschen aus der Ukraine einen sehr großzügigen Vertriebenenstatus ermöglicht. Da waren wir uns einig: Das ist uns wichtig, wir wollten schnell helfen. Angesichts dessen, was hier aber jetzt vorliegt, nämlich eine Nachfolgeregelung, die voraussetzt, dass diese betroffenen Menschen – das sind überwiegend Frauen; 70 Prozent


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der Vertriebenen sind Frauen mit Kindern – nachweislich wohnversorgt sein müssen, dass sie Deutschkenntnisse haben müssen und dass sie eine Beschäf­tigung mit einem Monatseinkommen von mindestens 1 800 Euro netto nachweisen müssen, frage ich Sie: Wer von diesen vertriebenen Menschen aus der Ukraine soll diese Voraussetzungen erfüllen?

Was sind das für Voraussetzungen für Menschen, die jetzt einen Job gefunden haben – wie gesagt: überwiegend Frauen, überwiegend in der Gastronomie, im Tourismus, in der Reinigung, in Wäschereien? Gerade in diesen Branchen – das wissen wir – betragen die Nettoeinstiegslöhne für Hilfskräfte um die 2 000 Euro brutto, das heißt, diese Menschen haben nie eine Chance, diese 1 800 Euro netto zu erreichen.

Wissen Sie, einerseits beklagt die Wirtschaft jeden Tag einen Arbeitskräfte­mangel in Österreich – gerade in diesen Branchen –, und andererseits wollen Sie hier heute ein Gesetz beschließen, das bewirkt, dass Arbeitskräfte nicht bleiben dürfen. Da schaltet es bei uns aus, und wir fragen Sie, was diese Vorlage wirklich soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend frage ich Sie wirklich: Was machen Sie dann, im März 2025, mit diesen Menschen, die jetzt eine Beschäftigung haben und die 1 800 Euro nicht erreichen? Was machen Sie mit diesen Frauen? Was machen Sie mit diesen Kindern? Schicken Sie sie zurück in die zerstörten Häuser? Schicken Sie sie zurück in Gebiete, wo keine Infrastruktur mehr da ist, wo alles zerstört worden ist?

Deshalb unser Appell: Schaffen Sie für die Menschen Voraussetzungen, die erreichbar sind, sodass diese Menschen, die jetzt schon hier beschäftigt sind, auch in Österreich bleiben können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker: In Wien gibt es noch freie Schrebergärten! – Abg. Belakowitsch: Nein, die hat die Bayr gekauft, günstig!)

10.14



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grünberg. – Bitte.


10.14.45

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem vorliegenden Fremdenrechtspaket, das speziell auf die Situation der vor dem Krieg geflüchteten Ukrainer:innen abzielt, werden vier Gesetze verändert, das hat Kollege Muchitsch schon erläutert. Dabei handelt es sich um folgende Gesetze: das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz und auch das Ausbildungs­pflicht­gesetz.

Ich möchte in meiner Rede vor allem auf zwei Punkte eingehen, die mir besonders wichtig erscheinen. Das ist auf der einen Seite die Ausweitung auf die Rot-Weiß-Rot-Karte plus und auf der anderen Seite die Änderung im Ausbil­dungspflichtgesetz.

Zunächst zur Erklärung zu den Begrifflichkeiten, weil wahrscheinlich nicht alle Zuseherinnen und Zuseher so häufig damit zu tun haben: Was ist die Rot-Weiß-Rot-Karte? – Die Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten Drittstaatsangehörige, also alle Nicht-EU-Bürger:innen und Nicht-Schweizer:innen. Damit haben sie eine Aufenthalts- und eine Arbeitsgenehmigung. Diese Arbeitsgenehmigung ist jedoch nur auf einen bestimmten Arbeitgeber oder eine bestimmte Arbeitgeberin beschränkt und gilt meistens für zwei Jahre. Die Rot-Weiß-Rot-Karte plus hingegen erlaubt den Drittstaatsangehörigen eine Beschäftigung in ganz Österreich, auch unabhängig davon, ob sie selbstständig oder unselbstständig sind. Sie ist also nicht auf einen bestimmten Arbeitgeber oder eine bestimmte Arbeitgeberin beschränkt und ermöglicht somit einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.

Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle erhalten die vom Krieg vertriebenen Ukrainer:innen, die bereits im österreichischen Arbeitsmarkt integriert sind,


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Zugang zu dieser Rot-Weiß-Rot-Karte plus, damit sie eben in ganz Österreich arbeiten können, unabhängig davon, bei wem sie zu arbeiten angefangen haben, und sie können auch jederzeit den Arbeitsort oder den Betrieb wechseln. Somit bieten wir den Vertriebenen eine langfristigere Perspektive, aber vor allem auch den Betrieben Rechtssicherheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum Ausbildungspflichtgesetz: Die neue Regelung sieht vor, dass die Ausbildungspflicht auch für vertriebene ukrainische Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr gelten wird, um so die Lücke zwischen dem Ende der Schulpflicht und dem Arbeitsmarktzugang zu schließen. Diese Änderung ermöglicht eine schnelle und passende Einbindung der Jugendlichen in das österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem und verbessert später ihre Chancen, besser in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Bei der Erstellung ihrer Perspektiven- und Betreuungspläne, die vorgesehen ist, soll auch berücksichtigt werden, dass die Jugendlichen am Unterricht ihrer früheren ukrainischen Schulen online teilnehmen sollen.

Darüber hinaus entlastet diese Regelung auch die betreuungspflichtigen Personen, also vor allem die Mütter, die mit ihren Kindern und Jugendlichen nach Österreich geflüchtet sind. Da diese durch die Ausbildungspflicht gut aufgehoben sind, ist es den betreuungspflichtigen Personen leichter möglich, ihrer Erwerbstätigkeit frei nachzugehen. Die Änderung des Ausbildungs­pflichtgesetzes wurde auch von vielen wichtigen Organisationen wie dem UNHCR oder auch der Caritas begrüßt, weil dadurch die Bildungs- und Zukunftsperspektiven der jungen Ukrainer:innen in Österreich gefördert werden.

Abschließend möchte ich noch betonen, dass dieses Fremdenrechtspaket nicht nur den vor dem Krieg geflüchteten Ukrainer:innen hilft, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Integration und eben auch zum sozialen Zusammenhalt bei uns in Österreich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.18



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.19.01

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Jetzt ist der Arbeitsminister leider Gottes wieder nicht da. (Abg. Schnabel: Ich glaube, es ist schon wichtig, dass wir in Deutschland Verträge für Österreich aushandeln für die Wirtschaft, oder?) Gut, der hat wahrscheinlich schon das letzte halbe Jahr nach einem Job gesucht, jetzt hat er seinen Job, jetzt kommt er auch nicht mehr. Genauso sieht dann auch die Arbeitsmarktpolitik aus. (Zwischenruf des Abg. Brandweiner.)

Ich möchte einmal vorausschicken: Wir haben zurzeit 351 000 arbeitslose Menschen, aber das Einzige, das hier jetzt wieder diskutiert wird, ist die Verfestigung einer Gruppe von Personen, nämlich von Ukrainern. (Zwischenruf des Abg. Egger.)

Die Ukrainer – wir haben das damals alle einstimmig beschlossen – haben den Vertriebenenstatus, der sie auch berechtigt hat, für die Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich in den Arbeitsmarkt einzutreten. Unser Zugang wäre ja, dass man so schnell wie möglich Friedensgespräche hätte anfangen sollen. Offensichtlich stehen wir damit ja auch in Österreich alleine da. Sie alle wollen ja lieber weiter Waffen liefern. Es ist Ihnen offensichtlich wichtiger, dass der Krieg vorangeht. Man wird sehen, wie sich das auswirkt.

Eine Frage stellt sich schon: Warum ist es jetzt eigentlich plötzlich so dringend notwendig, dass die die Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen? – Es gibt diese Notwendigkeit nicht, denn bis März haben sie noch den Vertriebenenstatus, den hätte man, wenn notwendig, auch durchaus verlängern können. Unser Zugang ist da ganz ein anderer: Wir wollen einerseits Frieden und andererseits die Ukrainer heimbringen.


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Als ich der Vorrednerin zugehört habe, sind viele Dinge für mich völlig eigenartig gewesen. Ich frage mich: Wenn man jetzt jugendliche Ukrainer nach dem 15. Lebensjahr in die Ausbildungspflicht einbezieht, dann ist es für diese natür­lich wichtig, solange sie hier im Land sind, dass sie auch eine Ausbildung machen. Was das mit Betreuungspflichten zu tun hat, Frau Kollegin, das müssen Sie mir schon erklären. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo bei unseren österreichischen Jugendlichen, bei 15-Jährigen, Rücksicht genommen wird, wenn Mütter arbeiten gehen, dass diese Betreuungspflichten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie erzählen hier irgendwelche Geschichten, damit es gut klingt. Das ist halt ein bisschen zu wenig.

Dann haben Sie noch gesagt, das ist insgesamt ein ganz „wichtiger Beitrag zur Integration“. – Sehen Sie, und da haben wir einen ganz anderen Zugang. Sie schieben jetzt die Ukrainer vor und wollen in Wahrheit die Tür für Menschen aus aller Herren Länder, für Flüchtlinge aus aller Herren Länder aufmachen – darum geht es Ihnen ja in Wahrheit.

Ich habe es eingangs gesagt: Wir haben derzeit 351 000 Menschen, die arbeits­los sind. Wir haben keinen Arbeitskräftemangel. Das müssen Sie der Bevölke­rung draußen auch einmal erklären, nämlich jenen, die tatsächlich aufstehen und arbeiten gehen, ins System einzahlen oder einen Job suchen und keinen bekommen: dass Sie lieber Menschen von irgendwoher holen und als billige Arbeitskräfte anstellen. Das ist eine komplett verfehlte Politik. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Das ist jetzt ...! Das eine hat mit dem anderen genau gar nichts zu tun, und Sie wissen es auch! – Zwischenruf der Abg. Götze.) – Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen müssen.

Wissen Sie, unser Zugang ist ein ganz anderer (Abg. Pfurtscheller: Das ist aber der falsche, Frau Kollegin, der absolut falsche!): Wir hätten gerne Familienpolitik statt Migrationspolitik. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist nämlich der falsche Zugang, den Sie hier gewählt haben: Sie führen über die Familienzusammenführung Kinder und Familien aus der ganzen Welt nach Österreich. (Abg. Pfurtscheller: Wir reden


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jetzt über die Ukrainer, zum Tagesordnungspunkt!) Für die eigenen Familien haben Sie überhaupt kein Herz, für die bleibt dann gar nichts mehr über. (Beifall bei der FPÖ.) Bei den Familien aus der ganzen Welt heißt es: Koste es, was es wolle!, bei den eigenen heißt es den Gürtel enger schnallen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das ist Ihre Politik, und daher fordern wir Sie auf, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien und auch von der SPÖ: Setzen Sie sich in dieser EU dafür ein, dass es endlich einen Remigrations­kommissar gibt, denn das wird die einzige Chance sein, dass wir auf diesem Kontinent wieder in Frieden leben können! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)

Die Ereignisse der letzten Jahre, die Terroranschläge, aber auch die Ereignisse der letzten Wochen – Messerangriffe, Machetenangriffe, Gruppenvergewal­tigungen jeden Tag (Abg. Pfurtscheller: Was hat jetzt das mit den Ukrainern zu tun? Was hat das mit der Rot-Weiß-Rot-Karte für die Ukrainer zu tun? Sagen Sie es einmal! – Ruf bei den Grünen: Was hat das mit den Ukrainern zu tun?) - - Können Sie eigentlich auch zuhören oder müssen Sie nur irgendetwas reinschreien? Ich verstehe Sie ja nicht einmal. (Abg. Schwarz: Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Ihre Stimme überschlägt sich, wenn Sie so hysterisch sind – also seien Sie mir jetzt nicht böse! (Abg. Michael Hammer: „Hysterisch“ darf man nicht sagen! – Abg. Pfurtscheller: Begründen! Weil Sie Äpfel mit Birnen vergleichen, wie immer!)

Wir brauchen einen Remigrationskommissar, und Sie von der Österreichischen Volkspartei haben gerne den Zuwanderungskommissar. Das ist der Unterschied. (Beifall bei der FPÖ.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.



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10.23.50

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Staatssekretärin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Putin hat mit seinem brutalen Angriffskrieg Menschen die Heimat genommen. Er hat sie zu Vertriebenen gemacht. Rund 70 000 Menschen aus der Ukraine, großteils Frauen und Kinder, haben derzeit in Österreich einen Fluchtort gefunden. Sie sind als Flüchtlinge nach Österreich gekommen und zu Kollegen, Kolleginnen und Freund:innen geworden. Wir haben der Ukraine das Versprechen gegeben, dass wir helfen, so gut wir können, und darum haben wir den Zugang zur Krankenversicherung, zur Grundversorgung und zu Familienleistungen und einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt beschlossen.

Was tun wir jetzt? – Wir geben jetzt Menschen eine langfristige Perspektive. Ver­triebene Ukrainer:innen, die in Österreich Arbeit gefunden haben, können auf die Rot-Weiß-Rot-Karte plus umsteigen. Nach Polen sind wir so das erste EU-Land, das eine Bleibeperspektive für arbeitende Flüchtlinge aus der Ukraine schafft. (Abg. Kickl: Was machen wir denn mit denen, die dort einrücken sollen?) Außerdem, Kollege Muchitsch, beraten gerade die EU-Innenminister und ‑ministerinnen über die Verlängerung des temporären Aufenthaltsrechts bis 2026.

Rund 19 000 Ukrainer und Ukrainerinnen sind bereits auf dem Arbeitsmarkt, und mit der Aussicht, dauerhaft beziehungsweise länger in Österreich zu bleiben, werden noch sehr viele dazukommen.

Wir setzen auch – die Kollegin von der ÖVP hat es schon angesprochen – gezielt auf jugendliche Ukrainer und Ukrainerinnen, denn ab dem 1. Juli öffnen wir auch den Zugang zu Ausbildungsprogrammen, um jungen Menschen eine Chance zu geben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Jetzt zur FPÖ, weil es mich fast zerreißt, wenn Sie über die Ukraine sprechen: Frau Belakowitsch, Sie sprechen von Friedensgesprächen. Wissen Sie, wer ein Leben in Sicherheit und Frieden verhindert? – Es ist nicht die EU (Abg. Amesbauer: Die Grünen!), es ist nicht von der Leyen oder Selenskyj, wie Sie


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immer wieder propagieren, sondern es sind Ihr Freund Putin und sein Ver­brecherregime. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Abg. Kickl: Wenn es nur so einfach wäre!)

Es ist Ihr Freund Putin, dessen Propaganda Sie unaufhörlich verbreiten, dessen russlandfreundliche Anträge Sie einbringen (Abg. Kickl: Österreichfreundliche! Österreichfreundliche! Wenn es nur so einfach wäre, Frau Kollegin!), mit dessen Partei Sie einen Kooperationsvertrag haben und der in seinem Wahnsinn Schulen, Kindergärten und Wohnhäuser bombardieren lässt. Er ist es, er alleine ist es, der den Krieg am Laufen hält. Wenn Putin den Krieg beendet, dann ist der Krieg beendet. (Abg. Kickl: Hat er ja gerade angeboten! Das war ja gerade ein Verhandlungsangebot! – Abg. Kassegger: Selenskyj will aber nicht beenden, der will besiegen!) Wenn die Ukraine den Krieg beendet, dann gibt es keine Ukraine mehr, und ich möchte mich nicht fragen, wer als Nächster von Putin angegriffen wird. – So einfach ist es, und das wissen Sie selbst. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Dann sitzen in der Schweiz lauter Idioten, die jetzt diese Verhandlungen führen, oder?)

Ihrer rechtsextremen Schwesterpartei, der AfD, wurden schon engste Kontakte und Geldflüsse nachgewiesen, und wir werden auch Ihre Kontakte noch genauer beleuchten. (Abg. Amesbauer: Immer diese Rechtsextremen!) Für nichts machen Sie das ja nicht – wir kennen ja die Geldtaschenpolitik der FPÖ. Kickl und die FPÖ sind solidarisch mit Putin, wir sind solidarisch mit den Menschen aus der Ukraine (Abg. Kickl: Wir sind solidarisch mit Österreich! Mit Österreich, meine liebe Kollegin!), und das zeigt auch dieser heutige Antrag. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Was machen wir denn mit denen, die jetzt dann einrücken sollen? – Abg. Leichtfried: Geh, gebts einmal a Ruh’!)

10.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.



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10.27.27

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ja, Sie merken schon: Es geht schon in der Früh recht emotional zu, aber es ist auch durchaus sinnvoll, darüber zu diskutieren. Wir sprechen heute quasi über die Ukraine – unter Anführungs­zeichen – „am Arbeitsmarkt“. Ich glaube, Frau Kollegin Belakowitsch hat es eh klargestellt: Wir wären grundsätzlich dafür, nach jetzt bald zweieinhalb Jahren einmal echte Friedensverhandlungen zu machen, um dieses Drama zu beenden. Das sehen in Österreich offensichtlich nur wir so – das, glaube ich, ist klar.

Wir waren alle miteinander sehr, sehr großzügig, was die Ukraineflüchtlinge in Österreich betrifft. Wir haben sie aufgenommen und versorgt, ihnen auch einen Zugang zum Arbeitsmarkt gegeben, sie mit Deutschkursen unterstützt und, und, und. Wir haben auch jene unterstützt, die – sage ich einmal – nicht unbedingt bedürftig waren: Man kann sich an die SUV-Flotten aus der Ukraine und die Millionäre, die auch gekommen sind, erinnern. Da haben wir keinen Unterschied gemacht – lassen wir es einmal so stehen.

Das aber, worum es jetzt geht – auch abseits der Ukraine –, dürfte, glaube ich, auch bei der Sozialdemokratie noch nicht angekommen sein: Wir haben eine massive Veränderung am Arbeitsmarkt – eine massive! Wir haben eine sich ankündigende Wirtschaftskrise, und wir haben eine steigende Arbeitslosigkeit.

Ich habe jetzt die Zahlen von Mai noch einmal mit, kurz zur Erinnerung: Wir haben knapp 10 Prozent Steigerung, bei der Männerarbeitslosigkeit um fast 12 Prozent, und wir haben natürlich auch bei den Inländern, bei den Öster­reichern, eine Steigerung von 6 Prozent und bei den Ausländern eine Steigerung von 14 Prozent. Wir haben über 351 000 Menschen, die arbeitslos oder in Schulung sind, und diese negative Entwicklung geht weiter. Das ist vielleicht auch der Grund, warum Arbeitsminister Kocher heute schwänzt: weil er diese Erkenntnis natürlich nicht unbedingt kommentieren will. Vor allem im Bereich der offenen Stellen – das sollte zumindest die ÖVP wissen – hat sich ein


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dramatischer Rückgang ergeben, und wir haben jetzt das, was wir Ihnen immer schon prophezeit haben: Wir haben in Österreich einen sehr, sehr hohen Sockel an Arbeitslosen, die eigentlich kaum noch vermittelbar sind, die wir aber finan­zieren müssen, und die Tendenz wird eher schlechter und schlechter.

Noch eine kurze Info: Was die Arbeitslosigkeit betrifft, liegen wir in der Europä­ischen Union zurzeit auf Platz elf. Ich habe es mehrmals gesagt: Die Zeiten, in denen man entweder der Beste oder zumindest unter den ersten drei war – daran kann ich mich noch erinnern –, sind dank dieser Regierung aus ÖVP und Grünen schon lange vorbei und es geht tendenziell immer weiter nach unten. Die ganze Entwicklung am Arbeitsmarkt ist negativ. Dafür mache ich natürlich unmittelbar diese Regierung verantwortlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Idee, die hier vorliegt, ist natürlich überhaupt nicht notwendig. Man hätte die bestehende Regelung auch noch über den März 2025 hinaus verlängern können. Sie wollen aber quasi diese Rot-Weiß-Rot-Karte, die damals für echte Fach­arbeiter gedacht war, ausweiten. Ich kann mich noch erinnern, man hat hier im Haus von EDV-Spezialisten, von hoch spezialisierten Technikern gesprochen. Damals war, glaube ich, die Einkommensgrenze – nur zur Erinnerung – bei knapp 3 000 Euro netto. Das haben Sie sukzessive nach unten lizitiert.

Man sieht jetzt am Beispiel der Ukraine, dass das natürlich unsere Situation in Österreich – auch abseits der Ukraine, mit Blick auf alle Flüchtlinge, die kommen – nicht verbessern wird. Ich kann es nur wiederholen, wir sagen es Ihnen regelmäßig: Das ist die vollkommen falsche Politik. Sie ruinieren den österreichischen Arbeitsmarkt. Sie importieren Probleme: soziale Probleme, Sicherheitsprobleme, aber vor allem Probleme für den Arbeitsmarkt. Sie haben keine Idee, wie Sie das lösen können. Unsere Lösungen wollen Sie nicht haben, man wird aber weiter versuchen müssen, das klarzustellen.

Ich sage noch etwas zur Sozialdemokratie: Sie sollten wieder umkehren, Kollege Muchitsch. Ihr solltet euch wieder um die Arbeitnehmer in Österreich kümmern, damit sie Jobs kriegen, damit sie versorgt sind. Der Weg, den ihr hier beschreitet,


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geht genau in die falsche Richtung. Das werdet ihr irgendwann einmal vor den ganz vielen Arbeitslosen, die arbeiten wollen und keinen Job finden, ver­ant­worten müssen. Wir stehen für die österreichische Bevölkerung und für jene, die arbeiten wollen und einen Job suchen; denen werden wir weiterhin helfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schwarz: Wir haben ein demografisches Prob­lem! – Abg. Egger: Was habt ihr für Ideen?)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Kraus-Winkler. – Bitte sehr, Frau Staatssekretärin.


10.32.22

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Damen und Herren Zuseher! Ich darf zuerst einmal darauf hinweisen, dass Herr Bundesminister Kocher in den letzten Tagen bei der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Berlin war, dort immer noch Gespräche führt und deswegen heute nicht anwesend ist. (Abg. Kassegger: Das wird teuer! – Abg. Belakowitsch: Wie immer! Der ist ja nie da!) Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass Österreich an solchen Konferenzen teilnimmt, weil unsere Wirtschaft immer schon enge Verbindungen mit der Ukraine hatte. Es ist auch wichtig zu wissen, wie Österreich sich da einbringen kann. – Das zu dem Thema.

Zur Frage, warum es eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für die aus der Ukraine Vertriebenen braucht: Da gibt es zwei wichtige Gründe, der eine ist die Zukunfts­perspektive für diese Menschen, die ja – bis März 2025 – nicht einmal mehr zwölf Monate hier hätten. Es wäre in gewisser Weise auch unmenschlich, ihnen diese Perspektive zu nehmen. Das betrifft vor allem, wie vorhin erwähnt wurde, alleinerziehende Mütter mit Kindern, die wissen müssen, ob sie nach März 2025 noch weiter in ihrer Firma arbeiten können.


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Das Zweite ist: Die Firmen, die diese Mitarbeiter derzeit angestellt haben, sollten wissen, dass sie diese für sie mittlerweile wertvollen Mitarbeiter – über den März hinaus abgesichert – weiterhin behalten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es geht laut unseren Unterlagen um maximal 7 800 Beschäftigte, das ist also keine riesengroße Anzahl.

Was mir aber noch wichtig ist – das ist, glaube ich, uns allen sehr wichtig –: dass jeder einzelne Österreicher am österreichischen Arbeitsmarkt seinen Platz finden kann. Warum brauchen wir dennoch eine Rot-Weiß-Rot-Karte im Wett­bewerb mit allen anderen Ländern innerhalb der EU, aber auch außerhalb der EU? – Wir brauchen die Rot-Weiß-Rot-Karte, weil sie die einzige Möglichkeit ist, in jenen Bereichen, in denen es einen Mangel gibt, Fachkräfte ganzjährig zu beschäftigen. Ich glaube, das sind die zwei wesentlichen Dinge. Es geht um ganzjährig Beschäftigte und es geht um Fachkräfte in Bereichen, in denen wir einen Mangel haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

So gesehen bringt sie keinen freien Arbeitsmarktzugang, sondern es wird immer wieder aufs Neue evaluiert, ob wo ein Mangel vorhanden ist und wie wir den abdecken können. Es ist für die österreichische Wirtschaft wesentlich, ob wir in den Bereichen, in denen wir einen Mangel haben, dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaft entsprechende Arbeitskräfte anbieten können. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

10.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


10.35.09

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Es erschließt sich mir nicht, warum Fraktionen sich dagegen wenden, dass man Ukrainerinnen und Ukrainer, die schon da sind,


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die Teilnahme am Arbeitsmarkt ermöglicht. Ich kann das wirklich nicht nachvoll­ziehen. Das ist einfach diese mit der Muttermilch aufgesogene Moskautreue, glaube ich, die Sie den Ukrainern kritisch gegenüberstehen lässt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben, Frau Staatssekretärin, nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern wir haben nach wie vor einen Arbeitskräftemangel auf breiter Front. Das wissen Sie aus Ihrer Branche mehr als gut genug. (Abg. Wurm: Wo, Gerald, wo?) Wenn Sie Zimmermädchen, Abwäscher brauchen: Sie finden auch keine niedrig qualifizier­ten Kräfte für Ihre Branche. (Abg. Wurm – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Wo? – Abg. Belakowitsch: Wo?) – Ja, Kollege Wurm hält die Arbeitslosenzahlen nach oben. Er hat aber ein sehr knappes Kurzzeitgedächtnis, es hält nämlich nur für wenige Monate. Würde er zehn Jahre zurückschauen, dann würde er sehen, dass wir betreffend Arbeitslosigkeit im langfristigen Vergleich sehr gut liegen, und er würde auch die Prognosen kennen, dass schon allein aus demografischen Gründen die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren zurückgehen wird, weil ja jedes Jahr ungefähr 100 000 Menschen in Pension gehen und nur 80 000 Men­schen neu auf den Arbeitsmarkt nachrücken. (Zwischenrufe der Abgeordneten Egger und Hörl.)

Wir haben einen Arbeitskräftemangel auf breiter Front und der wird sich noch verschärfen. Daher ist ein Bürokratietier wie die Rot-Weiß-Rot-Karte mit x verschiedenen Wegen, die nur noch die Experten überblicken, und mit einem Gesetz, das wir in dieser Legislaturperiode mindestens zehnmal novelliert haben, der falsche Weg. Das muss viel einfacher gehen. Das Verfahren gehört endlich bei einer Behörde zusammengezogen.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Chance statt Chaos: Modernes Einwanderungsgesetz“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirt­schaft, wird aufgefordert, ein modernes Einwanderungsgesetz vorzulegen, das die Kompetenzen durch Etablierung eines One-Stop-Shop bereinigt und die Verfahren zur Beantragung der RWR-Karte auf maximal eine Woche verkürzt.“

*****

Die Verfahren dauern nämlich sehr lange. Bis jemand, der um die Rot-Weiß-Rot-Karte in Österreich ansucht, überhaupt eine Arbeitsbewilligung bekommt, ist er oder sie in Australien, in Kanada, in Norwegen oder in Schweden schon längst in Beschäftigung, zahlt Steuern und Beiträge – und wir haben wieder eine Arbeitskraft verloren. (Beifall bei den NEOS.)

10.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Chance statt Chaos: Modernes Einwanderungsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte in der 268. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2528 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2589 d.B.) – TOP 1

In Österreich offenbaren diverse Studien signifikante Herausforderungen in der Integrationspolitik: Tiefgehende kulturelle und soziale Gräben werden sichtbar, wenn sich unter bestimmten Gruppen von Migranten und Flüchtlingen intolerante Haltungen gegenüber Frauenrechten, Homosexualität oder Andersgläubigen zeigen. Zugleich gelingt es nicht, Personen ohne anerkannten Schutzbedarf konsequent


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rückzuführen. Andererseits werden ukrainischen Mütter, die vor Krieg und Konflikt geflohen sind, auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit durch Bürokratie gehindert und junge Asylwerber, die in Österreich eine Ausbildung absolviert haben, abgeschoben.

Diese Problematik legt nahe, dass die bestehende Migrations- und Integrationspolitik zu gravierenden Fehlentscheidungen führt und daher zu oft Personen, die sich erfolgreich in die Gesellschaft einbringen, abgeschoben werden, während andere, die Grundwerte unserer Gesellschaft ablehnen oder sogar bekämpfen, keine angemes­senen Konsequenzen erleben. Hier wird ein Umdenken erforderlich – hin zu einer professionellen und robusten Demokratie, die klare und verlässliche Rahmenbedin­gungen schafft und Menschen individuell anhand ihrer Handlungen bewertet.

Es ist an der Zeit, konstruktive und sachorientierte Politik zu etablieren. Politik, die das Potenzial von Zuwanderung und kultureller Vielfalt als Bereicherung erkennt, ist essenziell, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt zu fördern. Während eine faire sowie individuell ausgerichtete Integrationspolitik realisiert werden muss, gehören gleichzeitig Extremismen aller Art bekämpft. Österreich steht somit an einem Scheidepunkt, an dem es entscheidend ist, die Chancen der Multikulturalität zu nutzen und daraus eine Stärke zu machen, die allen Mitgliedern unserer Gesellschaft zugutekommt.

Teil einer konstruktiven und sachorientierten Integrationspolitik ist ein modernes Einwanderungsgesetz, das die Komplexität und Bürokratie reduziert. Österreich steht vor der Herausforderung, im harten internationalen Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv zu sein. Aktuell ist die Situation rund um die Rot-Weiß-Rot - Karte durch Zuständigkeiten verschiedener Behörden – der Bezirksverwaltungs­behörde, des AMS und neuerdings auch der ABA (Austrian Business Agency) als Vermittler – geprägt, was das Verfahren für Unternehmen und Arbeitskräfte unnötig erschwert. NEOS setzen sich für eine klare Kompetenzbereinigung ein, sodass nur eine einzige Behörde für die Abwicklung zuständig ist. Dadurch könnten Ver­fahren deutlich gestrafft und Fälle, statt in Monaten, innerhalb einer Woche behan­delt werden. Ein überarbeiteter Kriterienkatalog, der sich an den Bedürfnissen der


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heimischen Wirtschaft und internationalen Best-Practice-Beispielen orientiert, soll das Verfahren ebenfalls erleichtern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, ein modernes Einwanderungsgesetz vorzulegen, das die Kompetenzen durch Etablierung eines One-Stop-Shop bereinigt und die Verfahren zur Beantragung der RWR-Karte auf maximal eine Woche verkürzt."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.37.44

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Mir war es wichtig, mich als Vertreterin der ÖVP noch einzumelden, um ein paar Dinge richtigzustellen, die Frau Belakowitsch hier heraußen behauptet hat.

Die FPÖ und im Besonderen Frau Belakowitsch und einige ihrer Kollegen neigen dazu, Äpfel mit Birnen zu vergleichen und Dinge so darzustellen, als wären sie für Österreich nicht vertretbar. Genau das Gegenteil ist der Fall: In diesem Fall stimmen wir über eine sehr gescheite Regelung ab. Sie betrifft ukrainische Menschen, die wegen des Krieges – der übrigens zu 100 Prozent von Putin


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ausgegangen ist; die Ukrainer können wirklich nichts dafür, dass sie die Flucht ergreifen haben müssen – zu uns geflüchtet sind. Diese Menschen haben bei uns Arbeit gefunden und dürfen jetzt, wenn sie Facharbeiter sind und ein bestimmtes Einkommen nachweisen können, eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen.

Auch wenn Herr Kollege Wurm das nicht verstehen oder akzeptieren will: Wir haben einen Facharbeitermangel in Österreich. Gerade du als Tiroler, Herr Kollege, kannst dich ja wirklich nicht guten Gewissens hierherstellen und sagen, dass wir keine Facharbeiter brauchen. Da kennst du die Tiroler Arbeitslandschaft nicht. Ich komme aus einem Bezirk, der klassisch die geringste oder immer eine der geringsten Arbeitslosigkeitsraten in Österreich hat. Wir sind sehr froh über jeden einzelnen Facharbeiter und jede einzelne Facharbeiterin, die bei uns arbeitet und bleibt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Deswegen möchte ich noch ein sehr persönliches Beispiel von einer ukrainischen Familie anführen, die ich kenne, die in meinem Heimatort Reutte arbeitet. Die Mutter ist mit ihren drei Kindern und der Oma geflohen. Ein Kind geht noch in die Schule, die beiden Buben sind mittlerweile arbeitsfähig und haben auch Arbeit. Der eine arbeitet in einem holzverarbeitenden Betrieb, der andere in einem metallverarbeitenden Betrieb, und die Mutter ist Frisörin. Alle drei wurden mit Kusshand aufgenommen, weil es bei uns weder genug Schlosser noch genug Zimmerer noch genug Frisörinnen gibt. Warum die jetzt also nicht arbeiten sollen, bleiben sollen und bei uns in Sicherheit leben können sollen, das muss mir die FPÖ zuerst einmal erklären. Gegen so etwas zu sein, das ist schändlich. Ihr solltet euch schämen, und einer von euch sollte herausgehen, um sich zu entschul­digen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Lausch: ... Österreichbashing!)

10.40 10.40.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.


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Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2589 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dies auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Chance statt Chaos: Modernes Einwanderungsgesetz“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

10.41.402. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2550 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2590 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.


10.42.08

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Wir reden jetzt über das Arbeitslosenversicherungsgesetz. Schon im Ausschuss haben wir sehr deutlich gesagt, dass da Welten aufeinanderprallen. Ein paar Sachen sind


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durchaus okay, denen würden wir auch gerne zustimmen – zum Beispiel wenn es darum geht, die Arbeitsstiftungen zu regeln. Daher werden wir eine getrennte Abstimmung verlangen.

Es geht bei diesem Gesetz aber darum: Man kennt die Lebenswelt von Menschen im Arbeitsleben einfach nicht und auch nicht von Menschen, die arbeitslos werden – und ich möchte das richtigstellen. Frau Abgeordnete Pfurtscheller hat die Einkommenshöhen bei Frisören und so angesprochen, aber die gibt es in dieser Höhe nicht.

Das Zweite ist: Wir haben einen Minister – Frau Staatssekretärin, richten Sie ihm das aus –, der keine Sensibilität für die Problemlagen von Arbeitnehmern hat. Immer, wenn es um etwas betreffend Arbeitnehmer gegangen ist, war er auf der falschen Seite. (Abg. Tanja Graf: Das ist deine eigene Wahrnehmung!) Er ist völlig ungeeignet, an der Spitze der Nationalbank zu stehen. Dafür ist er völlig ungeeig­net (Abg. Hörl: Weil Sie sich da auskennen!), weil er nie die Mehrheit der Bevölke­rung und die Lebenswelt der Mehrheit der Bevölkerung im Auge hat.

An diesem Gesetz sieht man es wieder: Was macht man? Wir haben gestern darüber diskutiert, wie es den Menschen geht, die keinen Zugang zu digitalen Einrichtungen haben: Da wird man praktisch vor den Kopf gestoßen (Abg. Weidinger: Na, na, na, na!), da kommt man zu den Instrumenten und zu den Einrichtungen der Republik gar nicht mehr hin. (Abg. Taschner: Das ist falsch!) Da kann man nicht mehr reden, und da gibt es über die Fragen, was denn die besondere Situation, wenn man arbeitslos ist, ist und wie man eine Unterstüt­zung durch das Arbeitsmarktservice bekommen kann, keine Auseinander­setzung mehr.

Daher sagen wir: Digitalisierung hat Grenzen. Wenn ihr also § 46a so beschließen wollt, wie ihr ihn da vorschlagt, dann werden wir schlicht und einfach nicht zustimmen. Ich sage es noch einmal: Als Sozialminister habe ich massiv verhin­dert, dass man die Arbeitslosen einteilt und dass man das digital und automatisch macht, dass man also die Menschen vergisst. Was man da in den § 46a


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hineinschreibt, wird die Zustimmung der Sozialdemokratie nicht erhalten. Daher werden wir eine getrennte Abstimmung verlangen. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Weidinger: Sehr schwach!)

10.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Graf. – Bitte sehr.


10.45.08

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin! Bevor ich den Redebeitrag starte, darf ich die Besuchergruppe Seniorenbund Peuerbach mit Franz Heuer an der Spitze im Namen von Kollegen Laurenz Pöttinger herzlich bei uns im Haus begrüßen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und FPÖ.)

Nun zum Tagesordnungspunkt – Kollege Stöger hat es erwähnt –: Worum geht es jetzt eigentlich? – Wir wollen das AMS in das digitale Zeitalter mitnehmen. Ich bin vom Redebeitrag des Kollegen Stöger jetzt schon ein bisschen irritiert, weil: Was machen wir mit diesem Gesetzesvorschlag? – Wir machen nichts anderes, als dass wir sagen, dass jene, die arbeitslos sind, in Zukunft ihren Antrag digital stellen können und nicht ins AMS gehen müssen. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Sie haben natürlich die Möglichkeit, wenn sie keinen digitalen Zugang haben, meine Damen und Herren, dürfen sie auch weiterhin zum AMS gehen. Es wird niemandem verwehrt, dorthin zu gehen; man kann sich beraten lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stöger.) Es geht nur darum – und deswegen bin ich so irritiert –, dass wir der Gruppe, die im Zeitalter der Digitalisierung angekommen ist, die Möglichkeit geben, das zu machen.

Ihr Antrag würde jetzt bedeuten oder Ihr Wunsch wäre, die Menschen, die digital sind, sollen bitte nichts digital machen (Abg. Greiner: Das ist doch völlig falsch ...! Sie haben den Inhalt nicht verstanden! – Abg. Stöger: Völlig daneben! – Zwischenruf der Abg. Bayr), die sollen bitte weiterhin den analogen Weg ein­schlagen und wegen jedem Zettel zum AMS gehen. Bei aller Wertschätzung:


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Man kann jetzt nicht jener Gruppe, die digital ist, den digitalen Zugang verwehren. Das ist Ihr Wunsch, dem werden wir nicht nachkommen. (Beifall bei der ÖVP.) Es wird weiterhin beide Möglichkeiten geben, jetzt eben auch digital.

Zur Kritik, die Sie geübt haben, dass es eine digitale Signatur gibt: Ich bin mir jetzt nicht sicher, aber ich glaube, dass mehr als 90 Prozent ihren Jahresausgleich über Finanzonline machen. Es gibt diese Möglichkeit schon. (Abg. Greiner: Um diese Personengruppe geht es ja nicht! Es geht um jene, die keinen Zugang digital haben! Die ignorieren Sie komplett, und das ist ...! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Stöger und Koza.) Mit dieser Signatur kann man nun auch im AMS-E-Job-Room den Antrag stellen, und alle, die keine digitale Signatur haben, haben die Möglichkeit, dem AMS ein E-Mail oder einen Brief zu schreiben oder dort anzurufen und zu sagen: Bitte schicken Sie mir einen digitalen Code, damit ich in den AMS-E-Job-Room reinschauen kann! Um nichts anderes geht es da.

Das Einzige, was ich vielleicht noch verstehen würde, ist, wenn jemand keinen Computer zu Hause hat, weshalb ihm das vielleicht nicht möglich ist. Jedoch hat jede AMS-Stelle ein Vorhaus, wo auch Computer zur Verfügung gestellt werden. Tun wir also jetzt bitte nicht so, als wären 90 Prozent der Menschen nicht digital! Wir möchten ermöglichen, dass jene Menschen, die gerne digital arbeiten, das auch tun können. Jene Menschen sollten wir auch mitnehmen und das AMS sollte in das digitale Zeitalter gehen. Wie schon gesagt: Es kann nicht sein, dass man wegen jedem Zettel zum AMS gehen muss. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


10.48.20

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, zu Hause vor den Bildschirmgeräten! In Richtung meiner Vorrednerin: Ja, es gibt natürlich Leute,


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die können das digital erledigen. Die sollen das auch tun können. Was Sie mit diesem Gesetz jetzt wieder machen, ist aber, dass Sie die Büchse der Pandora öffnen. Das heißt, Sie fangen an, weiter zu digitalisieren – aber da geht es schon um eine besonders vulnerable Gruppe. Menschen, die arbeitslos sind, sind nicht unbedingt in der besten psychischen Verfassung. (Abg. Reiter: Das ist eine ... Unterstellung!) Das heißt, da braucht es schon auch einen Sozial­kontakt.

Ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt, aber – ich weiß schon, das ist verhallt – der Herr Bundesminister sitzt da immer nur drinnen und grinst und hat in Wahrheit ja auch alles vertagen lassen, wobei es um Bedürfnisse von Menschen gegangen ist. Er hat das alles immer vehement weggewischt. Es gab einen Antrag der SPÖ, in dem es um Künstler mit mehreren geringfügigen Beschäftigungen ging; es gab einen Antrag von uns, zu dem er einfach nichts dazu gesagt hat, weil es Minister Kocher in Wahrheit überhaupt nicht darum gegangen ist, Verbesserungen in irgendeiner Form zu erreichen, sondern einfach nur darum, alles wegzuschieben, alles zu digitalisieren, am besten mit diesen Leuten nichts zu tun zu haben. Das ist, was wir so stark kritisieren.

Ich glaube, meine Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei und auch der Grünen, die Sie dem jetzt zustimmen: Sie müssen doch einmal versuchen, sich in Menschen in einer Ausnahmesituation hineinzudenken. (Abg. Tanja Graf: Sie können ja weiterhin zum AMS gehen! Entschuldige! Das ist ja nicht verwehrt!) – Ja, ich habe es Ihnen ja gesagt, aber da haben Sie getratscht.

Was Sie machen: Sie öffnen die Büchse der Pandora. Jetzt machen Sie es noch parallel und dann fahren Sie sukzessive mit den persönlichen Kontakten runter. (Abg. Tanja Graf: Entschuldigung! Unfassbar!) Das haben Sie überall so gemacht, in allen öffentlichen Bereichen. Ich sage Ihnen: Wir stehen dazu, das öffentliche Leben muss analog erhalten bleiben! Es braucht Sozialkontakte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Tanja Graf: Das bleibt ja erhalten! – Abg. Bogner-Strauß: Wie kann man Fakten ignorieren?!)


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Sie gehen einfach den Weg, dass Sie die Menschen immer mehr rausdrängen. Es gibt immer mehr Digitalisierung, es wird alles nur noch über irgendwelche anonymisierten Computer und irgendwelche Netzwerke gemacht (Abg. Weidinger: Zur Sache! Zur Sache, Frau Kollegin! – weiterer Ruf bei der ÖVP: Schönes Wochen­ende!), und da, sage ich Ihnen, braucht es jetzt einmal eine Stopptaste.

Sie lassen es einfach laufen (Abg. Bogner-Strauß: Bei Ihnen sind viele Tasten: eine rote Taste, eine Stopptaste!), wir wollen die Zukunft aber gestalten, und zwar im Sinne der Betroffenen, die ja ohnehin in einer Zeit, in der sie arbeitslos sind, viel weniger Sozialkontakte haben, weil sie in einer Ausnahmesituation sind, weil sie vielleicht auch gar nicht die Lust haben, weil sie sich dafür genieren – das ist ja alles nicht so eine einfache Situation.

Diese Menschen sind in einer psychischen Ausnahmesituation, und Sie ver­weisen sie auf einen Computer, auf den Vorraum im AMS. (Ruf bei der ÖVP: Sie haben kein Einfühlungsvermögen! – Abg. Bürstmayr: ... wird mit dem Arbeitsmarkt­service besser? – Abg. Tanja Graf: Also Kollegin, Sie sind sowas von - -! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Sowas von daneben!)

Meine Damen und Herren! Das ist für uns der falsche Weg. Ich glaube, das analoge Leben im öffentlichen Bereich muss erhalten bleiben (Abg. Tanja Graf: Das bleibt ja auch! Es wird ja nicht weggenommen!), und da gibt es von Ihnen kein großes Bekenntnis, sondern Sie wollen es Stück für Stück für Stück zurück­drängen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Weidinger: Fakenews!)

10.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.


10.51.41

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! So, jetzt noch einmal: Worum geht es? – Es geht schlichtweg darum, dass sich Menschen,


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die arbeitslos werden, künftig Wege zum AMS ersparen können, wenn sie wollen (Abg. Tanja Graf: Ja, wenn sie wollen!), indem sie ihre Anträge digital einbringen, indem sie sich den Weg dorthin ersparen. Der Weg muss nämlich oft mehrfach stattfinden, nämlich hingehen, Formular holen, zurückkehren, Unterlagen sammeln, wieder hingehen, und dabei gibt es in Wirklichkeit auch kaum eine Beratung oder Betreuung, sondern es werden nur die Formalien erledigt.

Das können sich künftig Menschen, die das wollen, ersparen. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Es gibt viele, viele Menschen, die arbeitslos sind, aber innerhalb der ersten paar Wochen, der ersten paar Monate gleich wieder einen Job finden, und die ersparen sich künftig diese Wege. Wer das nicht will, wer das nicht kann, wer lieber aufs AMS geht, der- oder diejenige kann das weiterhin machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist im Gesetz auch ganz klar verankert. Ich zitiere aus den Erläuterungen (Abg. Stöger: Erläuterungen sind kein Gesetz!), dass keine „Verpflichtung zu einer elektronischen Antragstellung“ besteht (Abg. Stöger: Im Gesetz steht es anders!) – ja, ich lese das im Gesetz auch noch! –, dass das AMS nicht einmal prüfen darf, „ob Kundinnen oder Kunden eine elektronische Antragstellung möglich ist“. Das heißt, das muss auf jeden Fall angeboten werden.

Weiters heißt es im Gesetz – § 46 Abs. 1 –: „Personen, denen die Beantragung über das elektronische Kommunikationssystem nicht möglich ist, ist die persönliche Antragstellung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle oder ein von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice unter­stützter Zugang zum elektronischen Kommunikationssystem in jeder Geschäfts­stelle zu ermöglichen.“ – Das ist Fakt. Das ist Gesetz. Es ist analog möglich, es ist digital möglich, jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder, wie er – oder sie – kann oder will.


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Der wesentliche Hintergrund dabei ist, dass künftig AMS-Berater:innen, AMS-Mitarbeiter:innen über diese Maßnahme eben mehr Zeit, mehr Möglichkeiten haben und bekommen sollen, um Menschen, die beim AMS betreuungsinten­siver sind, die es schwerer haben, die nicht selbstständig nach ein paar Wochen schon einen Job finden, auch mehr Betreuung, Unterstützung, Beratung zukommen zu lassen. Wir wissen genau, dass die Menschen, die im AMS in der Beratung arbeiten, sehr oft vor allem mit Bürokratie, mit Administration eingedeckt sind und sich nur selten so intensiv um Menschen, die arbeitslos sind, kümmern können, wie sie sollten.

Das ist das Ziel dieser Maßnahme, dass das verstärkt möglich sein wird, weil wir nämlich genau wissen, dass natürlich dann, wenn sich AMS-Betreuer:innen, AMS-Berater:innen besonders intensiv um die entsprechenden Klient:innen kümmern können, eine Vermittlung von Jobs, die Wiederaufnahme der Arbeit viel einfacher möglich ist.

Weil auch das elektronische System angesprochen worden ist: Die Tatsache, dass man, wenn man im elektronischen System ist, wenn man das digital beantragt hat, zweimal die Woche reinschauen muss, bedeutet ja, dass das – und das ist der Unterschied – in Wirklichkeit ein Schutz vor Willkür ist. Es ist keine Willkür, weil klar festgelegt ist, in welchem Rahmen das passieren muss und dass man eben nicht ständig auf alle Zusendungen immer wieder reagieren muss.

Darum bitte ich auch um möglichst breite Zustimmung für diese Möglichkeit, sich künftig Wege zum AMS zu ersparen und diese online und digital zu erledigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Das ist ja unfassbar!)

10.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.



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10.55.39

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nun, es geht in dieser Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz um eine heikle Materie: Antrags­tellung und vor allem Vorrang der digitalen Antragstellung im AMS-Bereich.

Kollegin Graf, Sie sagen, das ist eine Kannbestimmung (Abg. Tanja Graf: Ja!), man kann das auch analog machen. Lesen Sie den zweiten Satz Ihres § 46! (Abg. Tanja Graf: Der Kollege hat es gerade vorgelesen, den ganzen Paragrafen!) Im zweiten Satz steht ganz klar drinnen, „vorrangig“ (Abg. Tanja Graf: Ja, aber nicht muss! Das ist ja kein Muss!) ist der Antrag „über das elektronische Kommunikationssystem“ einzubringen (Abg. Tanja Graf: Er muss aber nicht!) – vorrangig heißt primär, und vorrangig heißt nicht entweder oder. (Abg. Tanja Graf: Vielleicht lest ihr den Paragrafen noch einmal, bitte!) Dann müssen Sie Ihren Gesetzestext anders fassen (Abg. Tanja Graf: Lesen Sie den Paragrafen!), das ist ein Ausschluss für all jene, die digital nicht fit genug sind.

Ein Drittel der Arbeitslosen sind nachweislich nicht digital fit genug (Abg. Tanja Graf: Und die zwei Drittel sollen das andere nicht machen dürfen, oder? Also entschuldige!), da geht es um technische Mittel oder eventuell auch um sprach­liche Defizite. (Abg. Lukas Hammer: Quod erat demonstrandum!)

Frau Kollegin Graf, das Kann ist nicht richtig (Abg. Tanja Graf: Sicher!), es ist richtig, dass primär und vorrangig das elektronische Kommunikationssystem zum Einsatz kommen soll.

Das ist ein Ausschluss der analogen Welt. Sie machen das ähnlich wie auch in anderen Bereichen, bei Bundesförderungen. (Abg. Tanja Graf: Das glaubt doch kein Mensch, der lesen kann, entschuldige!) Gestern hat Ihnen Kollegin Holzleitner ganz klar und eindeutig gesagt (Abg. Tanja Graf: Jeder, der lesen kann, glaubt das nicht, was Sie da erzählen!), dass Menschen, die nicht die Möglichkeit haben, einen Zugang zum Internet zu haben, oder die nicht internetfit sind, leider von Steuermitteln ausgeschlossen werden. (Abg. Tanja Graf: Ja, genau!)


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Es geht um 4 Milliarden Euro: Sie geben jenen Menschen, die es wirklich brauchen, nicht die Möglichkeit, einen Reparaturbonus oder vielleicht auch einen Sanierungsbonus in Anspruch zu nehmen.

Ich glaube, Frau Kollegin Graf, Sie können auch Gesetzestexte lesen. (Abg. Tanja Graf: Ja! – Abg. Bogner-Strauß: Wir lesen sie aber sinnerfassend!) Das ist so.

Deshalb ist unsere Meinung, wie auch Kollege Stöger gesagt hat: Das ist sicher eine Gesetzesbestimmung, der wir als Sozialdemokraten nicht zustimmen dürfen, weil nämlich damit die Zielvorgabe für das AMS verloren geht.

Es ist keine wirkungsorientierte, effiziente und sinnvolle Vermittlung mehr möglich. Menschen, die an Krebs erkranken oder mit 58 Jahren gekündigt werden, haben nicht mehr die Möglichkeit, selbst vorzusprechen. (Ruf bei den Grünen: Das stimmt ja nicht! – Abg. Tanja Graf: Sicher haben sie die Möglichkeit! Das sind ja totale Fakenews, was Sie da erzählen!) Sie haben recht, das ist vielleicht sogar ein Schritt in die Richtung, dass es zukünftig dann verpflichtend wird.

Sie haben aber schon eingeführt, Frau Kollegin, dass derzeit zweimal in der Woche an Werktagen elektronisch nachgeschaut werden muss, ob es Vorstellungs­termine gibt und so weiter. (Abg. Tanja Graf: Das hat der Herr Kollege Koza gesagt!) Das ist eine Verpflichtung (Abg. Tanja Graf: Ja, eh!), da haben Sie recht. Diese Verpflichtung heißt aber, dass Menschen, die nicht in der Lage sind, das zu verwal­ten und anzuschauen, jetzt schon Probleme haben und Sperren bekommen. (Abg. Tanja Graf: Also das ist ja - -! Schauen Sie sich doch die Zahlen an, wie viele gesperrt werden!)

Ich kenne eine krebskranke Frau, die eine Sperre bekommen hat, weil sie diese Frist nicht einhalten konnte.

Das heißt, wir haben schon große Probleme (Abg. Tanja Graf: Ja, aber mit euch selber habt ihr Probleme!), aber die großen Probleme verursachen Sie, indem Sie weiterhin die analoge Welt ausschließen. Was hindert Sie daran, zu sagen,


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analog ist genauso möglich wie digital? (Abg. Tanja Graf: Na, sowas regt mich echt auf! Das ist ein Wahnsinn, so eine Ignoranz!)

Meine Fraktion wird jedenfalls auch diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, weil Sie wirklich in der Lage sind, Menschen auszuschließen, und da ist es bei uns ähnlich wie bei den Freiheitlichen (Abg. Tanja Graf: Ich bin ja auch dafür, dass die Gewerkschaftsbeiträge nicht mehr online passieren dürfen – holt sie analog ein bei den Leuten!): Sie wollen weiterreichende Änderungen, wir wollen kein Gesetz, das diese Menschen schlechterstellt und ausschließt. – Danke sehr für die Aufmerksamkeit. (Abg. Tanja Graf: Der Kollege Loacker wird das jetzt richtig machen!)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf alle Abgeordneten noch einmal informieren, dass Fritz Jungmayr, der die Sendung „Hohes Haus“ seit 36 Jahren kommentiert, nach 15 Jahren Chef der ORF-Sendung „Hohes Haus“ in Pension geht und nur mehr heute bis 13 Uhr berichtet.

Ich glaube, wir schenken ihm von dieser Stelle einen herzlichen Applaus und ein herzliches Dankeschön. Er wird es in seiner Kommentatorenkabine hören. (Rufe: Nein, er ist da!)  Ah, er ist da. (Allgemeiner Beifall für den auf dem Pressebalkon stehenden Fritz Jungmayr.)

Wir bedanken uns ganz herzlich für diese faire Begleitung in all diesen Jahren. – Herzlichen Dank und viel Gesundheit im neuen Lebensabschnitt!

Zu Wort gelangt Abgeordneter Loacker. – Bitte.


11.00.17

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Staatssekretärinnen! Noch einmal zurück zur Rede des Kollegen Drobits: Das ist geradezu prophetisch. Er kennt jetzt schon eine krebskranke Frau, die wegen des Gesetzes, das erst zum Beschluss ansteht, eine Sperre beim AMS bekommen


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hat. Also das gibt es ja wirklich nur im Burgenland! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt noch einmal zurück: Im Schnitt sind die Menschen in Österreich 110 Tage arbeitslos. Die meisten Betroffenen haben sehr schnell wieder einen Job. (Abg. Stöger: Das ist gut so!) Für sie ist es eine große Erleichterung, wenn das alles online geht. Das schafft auch Zeit und Luft für die Arbeitsuchenden, die mehr Betreuung und mehr Beratung brauchen. Es gibt diese Betreuung dann genau für die, für die Frau Belakowitsch jetzt ein warmes Herz entwickelt hat. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es ist ja wirklich herzzerreißend, wie sich die Freiheitlichen jetzt um die Arbeits­losen kümmern. Also da kommen mir die Tränen, und bei der SPÖ sowieso. Computer, stellen Sie sich vor, der braucht einen Computer oder ein Handy – das kann man den Menschen nicht zumuten! (Abg. Yildirim: Also den Spott könnte ... sparen!) Ich sage Ihnen, es ist die Realität. Die Menschen haben ein Handy (Abg. Stöger: ... Bankdirektor hat ...!), die haben einen Computer und nützen das gerne, und das sind nicht nur Bankdirektoren. Wenn Sie von den Leuten so wenig halten, dass Sie glauben, dass die Menschen, die bei Spar und bei Billa arbeiten, keinen Computer hätten, dann sieht man, wie weit weg Sie von der Lebensrealität der Menschen sind. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Wir haben heute ungefähr die gleich hohe Arbeitslosigkeit wie 2012. Das AMS hat ein Drittel mehr Mitarbeiter. Eigentlich müsste das dort ja viel speditiver laufen, aber weil in der Vergangenheit eben sehr wenig digitalisiert worden ist, braucht man mehr Mitarbeiter. Jetzt werden die Digitalisierungsschritte gesetzt, damit die Mitarbeiter, die da sind, Zeit haben, sich um die schwierigen Fälle zu kümmern. Lasst doch die einfachen Fälle das von zu Hause aus erledigen! Glauben Sie mir, ein Controller, der zwei Monate arbeitslos ist, ist doch froh, wenn er nicht extra zum AMS hirschen muss, wenn er das von zu Hause aus erledigen kann.


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Wenn Sie sich den E-Job-Room des AMS einmal anschauen: Sie müssen sich da nicht zweimal die Woche einloggen, sondern wenn Sie vom AMS eine Nachricht bekommen, dann bekommen Sie automatisch ein E-Mail auf Ihren Account zu Hause und werden daran erinnert, dass Sie jetzt in den E-Job-Room des AMS hineinschauen sollen. (Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Es hilft auch, wenn man sich das einmal anschaut, einfach einmal probiert, wie denn das ist, bevor man sich hier ans Rednerpult stellt. Das geht nämlich heute schon, und jetzt kommt es halt gesetzlich als Standard. Die SPÖ würde ja gerne den Menschen einen Stein zur Verfügung stellen (Abg. Tanja Graf: Ja!), in den man die Nachrichten hineinmeißelt und den man nachher ins AMS rollt. Das ist die Welt, in der Sie arbeiten. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. Abg. Matznetter: ... in Stein gemeißelt! Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.03.23

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Staatssekretärinnen! Hohes Haus! Noch kurz zum 1. Tagesordnungspunkt, bei dem Frau Kollegin Pfurtscheller von der ÖVP eine Entschuldigung von uns wollte. Ich darf da schon noch einmal darauf hinweisen, dass sie das, glaube ich, nicht ganz verstanden hat. Vielleicht waren wir akustisch nicht deutlich genug. (Abg. Bogner-Strauß: Wer hat es nicht verstanden?)

Wir waren nie gegen das Arbeiten der Ukrainer:innen in Österreich, das haben wir ja mit ermöglicht, mit erlaubt. Die können in Österreich arbeiten. Frau Pfurtscheller, das sollten Sie vielleicht noch einmal genau lesen. Wir wollen es auch nicht verhindern, dass sie arbeiten, aber das, was Sie mit der Rot-Weiß-Rot-Karte jetzt in Tagesordnungspunkt 1 beschlossen haben, das lehnen wir ab – nur kurz zur Erklärung.


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Dann kommen wir zum nächsten Punkt, er betrifft auch wieder das AMS, die Arbeitslosigkeit: Auch da, Kollege Loacker, ist das nicht ganz durchgängig, denn du hast dann ja auch gesagt, dass es jetzt schon eine digitale Welt beim AMS gibt. Also das mit den Steinen und so weiter, das ist ein schlechter Vergleich, denn auch jetzt kann man mit dem AMS schon über E-Mail und sonstige Dinge kommunizieren. Das, was jetzt kommt, ist aber in diesem Bereich halt der nächste Schritt: die Menschen zu digitalisieren, in ein System hineinzuzwingen. Das lehnen wir eben ab, wir haben es beim Bargeld und bei vielen anderen Dingen, das ist nicht notwendig.

Sie gehen da einen Weg, auf dem am Ende des Tages, ähnlich wie bei den Bankfilialen, der Zugang zum AMS nicht mehr möglich sein wird, sondern jeder nur mehr digital kommunizieren darf. Die Frage, was die AMS-Mitarbeiter:innen eigentlich machen sollen, wenn es keine persönliche Betreuung mehr gibt, stellt sich nur am Rande. Dann kann man ja überhaupt nur mehr online suchen, dann kann man das AMS eigentlich auflösen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ist das die Idee der Grünen? Wollen die Grünen das? (Zwischenruf des Abg. Koza. Ruf bei den Grünen: Der kann nicht zuhören!)

Ich meine, die ÖVP will das möglicherweise, ich weiß es nicht, aber ob die Grünen das auch wollen, weiß ich nicht. Ist das mehr oder weniger der erste Schritt zur Auflösung des AMS? Ich weiß es nicht, okay. Noch einmal: Wir halten das für den komplett falschen Weg. Wir sind für ein analoges Leben (Ruf bei den Grünen: Das weiß ich eh, dass ihr für ein analoges Leben seid!), vor allem auch in diesem Bereich. Das ist jetzt eh schon unzählige Male erklärt worden.

Ich sage es noch einmal, vor allem aufgrund der Ausgangslage: Wir haben eine stark steigende Arbeitslosigkeit, wir haben eine sich ankündigende Wirt­schafts­krise. – Das, was Sie heute vorschlagen, ist keine Erweiterung des Service, wie Sie es immer bezeichnen, sondern eigentlich der nächste Schritt dahin, aus Menschen nur mehr Nummern zu machen. Das wollen wir als Freiheitliche nicht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Bogner-Strauß: Bitte!)

11.06



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Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


11.06.15

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Ich muss mich noch einmal zu Wort melden. Erster Punkt: Ich würde gerne die Behauptung, dass Herrn Bundesminister Kocher die Menschen und die Arbeitnehmer kein Anliegen sind, aufs Schärfste zurückweisen, weil gerade er einer ist, der wirklich versucht, die Arbeitsmarktpolitik in diesem Land so zu betreiben, dass sie auf dieses Land ausgerichtet ist. (Abg. Stöger: Drei Leute übernachten ...!)

Zweitens darf ich zum Thema Digitalisierung betreffend AMS noch einmal kurz Stellung nehmen: Ich glaube, es ist mittlerweile allen klar (Abg. Leichtfried: Kocher zu verteidigen ist schon dreist!), dass es doch eine Kannbestimmung ist, weil das AMS neben den vielen analogen Angeboten, die es richtigerweise hat – und für die es richtigerweise auch viel mehr Zeit einplant, um die Qualität des Angebots zu erhalten –, für die Zukunft auch die Digitalisierungsmöglichkeit benötigt. Das AMS braucht die Entscheidungen jetzt – wenn Sie das genau gelesen haben: das Inkrafttreten ist ja erst mit Juli 2025 geplant –, damit das AMS die Zeit hat, die Digitalisierung für diesen Teil, den es jetzt durchführt, vorzubereiten und umzusetzen.

Ich bin überzeugt, dass die nächsten Generationen – X, Y, Z und Alpha –, die nur mit digitalen Systemen aufwachsen, diese Systeme auch benötigen und einfor­dern würden. Österreich darf da im Vergleich zu vielen anderen Ländern einfach nicht ins Hintertreffen geraten. Daher ist, glaube ich, dieser Vorschlag ein sehr guter Vorschlag, weil eben beides – analog und digital – möglich ist, der Weg in die digitale Zukunft aber trotzdem vorbereitet wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

11.08



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Neumann. – Bitte.


11.08.14

Abgeordnete MMst. Mag. (FH) Maria Neumann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Staatssekretärinnen! Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen und ein paar verschwörungstheoretischen Ansätzen, die hier im Saal kursieren, noch einmal widersprechen. Die Frau Staatssekretärin hat es auch noch einmal genau erläutert: Eine digitale Antragstellung ist möglich. Wenn einem das nicht möglich oder zupass ist, dann kann man das nach wie vor analog machen. (Abg. Belakowitsch: Kann man! Ruf bei der ÖVP: Ganz genau! Oder sollte man sagen: muss? Wie lächerlich ist denn das? Das ist nur mehr lächerlich!)

Vor zwei Tagen habe ich AMS-Chef Johannes Kopf getroffen und mich mit ihm unter anderem auch über dieses Thema unterhalten. Johannes Kopf hat wirklich Großartiges mit seiner Organisation vor, damit sie eben näher bei den Arbeit­suchenden ist, mit den Arbeitsuchenden gemeinsam effizienter neue Bereiche finden kann. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Er hat zum einen gesagt, dass diese ersten formalen Schritte natürlich super­einfach digital zu lösen sind, und dort, wo es beratungsintensiver wird, haben dann die Mitarbeiter auch dementsprechend aufgeschult. (Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) – Darf ich wieder? – Danke. – Da haben dann die Mitarbeiter auch dementsprechend Zeit, individuell auf den einzelnen Fall einzugehen.

Ein weiteres Asset, das Johannes Kopf genannt hat, ergibt sich aus einer Heraus­forderung auf dem Arbeitsmarkt, die sich insofern verändert hat, als zusätzlich zu den formalen Abschlüssen, die jeder Arbeitnehmer so im Laufe seines Berufs­lebens mitbringt, auch viele nicht formelle Fähigkeiten kommen; auf die kann man dann, wenn man die Zeit dafür hat und wenn man sie in den Datenbanken hinterlegt hat, auch Rücksicht nehmen, wenn es vielleicht keine bestimmte Prüfung für eine Tätigkeit gibt, die man aber im Laufe seines Berufslebens sehr wohl erlernt und damit für den neuen Arbeitgeber auch zur Verfügung hat.


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Deswegen halte ich das für eine großartige Geschichte, die da in die Wege geleitet wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch einmal: Es unterstützt auch das AMS ganz massiv (Abg. Belakowitsch: Wollen wir jetzt das AMS unterstützen oder die betroffenen Arbeitslosen?), sich mit der Zukunft mitzuentwickeln, deswegen hoffe ich auf Ihre große Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Zuerst hineinrufen und dann klatschen!)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Pia Philippa Beck zu Wort. – Bitte.


11.10.47

Abgeordnete Pia Philippa Beck (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Parlamentsgäste! Das Arbeitsmarkt­service spielt eine unangefochtene, zentrale Rolle bei der Unterstützung von Arbeitsuchenden, aber auch von potenziellen Arbeitgebern.

Natürlich: In einer Welt, die zunehmend digitaler wird, ist die Möglichkeit, diverse Anträge online zu stellen, ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft. Der vorliegende Entwurf zielt darauf ab, die Digitalisierung des Arbeitsmarktservice maßgeblich voranzutreiben. Durch die nunmehr vorrangig elektronische Abwicklung von Antragstellungen, die digitale Kommunikation zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des AMS und den Kundinnen und Kunden wird die Verwaltung zudem effizient gestaltet.

Aktuell können arbeitssuchende Personen das Arbeitslosengeld auf zwei Arten beantragen: online über das sogenannte E-AMS-Konto oder persönlich vor Ort in jeder regionalen Geschäftsstelle. Nun soll diese Antragstellung weiter digitalisiert werden, und Behördenwege sollen somit reduziert werden. Doch ist das tatsächlich kunden- oder benutzerfreundlich? Darf Fortschritt, darf Zukunft zulasten von Menschen in der Gegenwart passieren? Dürfen Menschen,


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die sich bereits sehr unsicher fühlen, durch eine digitale Welt weiter verun­sichert werden, gerade in der prekären Lage, in der sie sich befinden?

Ja, natürlich, auf der einen Seite ist der Schritt, die Digitalisierung im AMS auszubauen, ein notwendiger Schritt in Richtung Zukunft und auch nicht aufzu­halten. Niemand hier im Hohen Haus hat Angst vor Digitalisierung, aber sie muss so gestaltet sein, dass sich kein Mensch durch eine digitale Beratung in dieser ohnehin sehr sensiblen Lebensphase überfordert fühlt.

Hat es zu Beginn geheißen, die neue Regelung unterstützt beim AMS gemeldete Personen hinsichtlich der Vermeidung von Wegzeiten, aber eben nicht hinsichtlich zwingend erforderlicher Vorsprachen, so ist nun vage von einer generellen Umstellung die Rede.

Ja, es ist ein Bonus, denn dabei werden auch die AMS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter entlastet, und sie können somit mehr Zeit für nachhaltige Beratung und Vermittlung aufbringen.

Zudem müssen sich Jobsuchende quasi dazu verpflichten, ihr Onlinekonto mindestens jeden dritten Tag auf neue Eingänge zu prüfen. Auch da sehe ich Schwierigkeiten, weil es eben auch Menschen gibt, die nach wie vor keinen regelmäßigen Zugang zur digitalen Welt haben. Sollten wir nicht gerade in einer Situation, die für viele Menschen sehr herausfordernd und vor allem verun­sichernd ist, alles tun, um ihnen ein Gefühl der Stabilität und der Sicherheit zu geben, damit sie möglichst rasch wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können?

Ja, Digitalisierung bietet viele Vorteile. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die persönliche Beratung weiterhin von zentraler Bedeutung ist. Gerade bei Men­schen, die ihre Arbeit verloren haben, ist der persönliche Kontakt, die persönliche Ansprache auch weiterhin unerlässlich, denn Jobsuchende befinden sich in einer sehr komplexen Lebenssituation, die ein persönliches Gespräch und eine ganz­heitliche Betrachtung erfordern. Es ist die persönliche Beratung, die persönliche


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Ansprache, die es ermöglicht, den Menschen und seine Geschichte zu erfassen, um danach eine umfassende Unterstützung anbieten zu können, die über eine reine Arbeitsvermittlung hinausgeht. Das Persönliche ist eben ein wichtiges Asset in unserer schnelllebigen Welt, gerade wenn es um die Vermittlung in einen passenden Job geht.

Zudem ist der Prozess der Onlinebeantragung von Arbeitslosengeld für viele Menschen oft mit viel Stress und sehr vielen Unsicherheiten verbunden. Ebenso darf man neben den Vorteilen durch Digitalisierung die Gefahren nicht außer Acht lassen. Auch da sehe ich, ähnlich wie beispielsweise in den medizinischen Bereichen, die bereits digitalisiert wurden, Datenschutz als potenzielle offene Flanke des AMS.

Abschließend kann man sagen: Bei all dem Fortschritt auf dem Weg, die Welt digitaler zu machen, muss der Mensch im Vordergrund stehen. Er muss gehört werden, gerade in einer herausfordernden Situation wie der Eingliederung in die Berufswelt. Sowohl für zukünftige Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber sehe ich darin nur Vorteile. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.14 11.14.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2550 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Josef Muchitsch vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


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Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 4 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich auch um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

11.16.083. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (2552 d.B.): Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG) (2582 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Deimek. – Bitte.


11.16.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Schönen guten Morgen, liebe Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Das zur Diskussion stehende Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für


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die Cybersicherheitszertifizierung hat ja durchaus gute Ansätze. Einmal grund­sätzlich: Wir wollen vor allem für die österreichischen Firmen, für die öster­reichischen Kunden eine zertifizierte Sicherheit schaffen.

Dem Ganzen ist natürlich der sogenannte Cybersecurity Act der Europäischen Union zugrunde gelegt. Man sieht daran wieder, dass auch das, was wir hier machen, zu einem überwiegenden Teil EU-fremdbestimmt ist. Daher war es ganz gut, dass wir uns vor allem bei der EU-Wahl auf das für Österreich Wichtige konzentriert haben.

Das Gesetz soll sicherstellen, dass IKT-Produkte, -Dienstleistungen und -Prozesse, die nach einem gewissen Schema zertifiziert werden, den Sicherheitsanfor­derungen genügen, das heißt, dass die Zertifikate für österreichische Firmen, für österreichische Produkte und so weiter EU-weit gelten. – So weit, so gut.

Die Frage ist wieder: Wie setzt man das Ganze um? Es ist eine Behörde not­wendig. Die Frage ist wieder – und diese Frage stellt sich seit der Umgliederung aus dem Finanzministerium ins Bundeskanzleramt –: Warum wird eine gänzlich neue Stelle eingerichtet? Man könnte die Behörde auch dort, wo sie im exis­tierenden Beamtenstaat ist, belassen.

Das Zweite ist: Es wurden uns Kosten von circa 1,3 bis 1,4 Millionen Euro pro Jahr angegeben. Na ja, wenn man sagt, dass drei Mitarbeiter dafür notwendig sind, dann ist man bei ungefähr 270 000 Euro. Wie schaut denn das mit der restlichen Million aus? An wen wird das vergeben? Was macht der, was bekommt der und so weiter? Das waren Fragen, die wir im Ausschuss, natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gestellt haben.

Frau Staatssekretärin, Sie und die Kollegen aus der Beamtenschaft und aus dem Kabinett waren nicht in der Lage, das zu beantworten, außer mit Sätzen wie: Ja, das wird dann gemäß dem Gesetz und den Richtlinien und so weiter umgesetzt! Das ist keine Antwort. Das verstehe ich nicht – ich kann es zwar gesetzlich


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verstehen, aber das war nicht die Antwort, die wir hören wollten –, und einem Bürger können Sie so etwas auch nicht zumuten.

Welche Fremdleistungen werden um dieses Geld vergeben? Was werden diese Stellen machen? Welche Firmen sind das? Wie schaut überhaupt die Quali­tätssicherung aus? Ich meine, eine Zertifizierung ist bitte für eine Firma nicht irgendein Kinkerlitzchen, sondern etwas elementar Wichtiges. Wie schaut es mit der Datensicherheit aus? Sie kennen die Diskussion, dass Daten, die österreichi­sche Bundesministerien haben, irgendwo lagern. (Abg. Zorba: In Russland wegen euch!)

Wir führen dauernd die Diskussion: Wer schaut diese Daten dann an? Die USA, China, Russland, Japan, sonst wer? – Keine Antworten. Sie können das nicht sicherstellen, Sie können es nicht beantworten. Ich bin jetzt gespannt, ob Sie das bei diesem Tagesordnungspunkt dem Parlament und vor allem der österreichi­schen Bevölkerung und der österreichischen Wirtschaft seriös beantworten können. So lang Sie das nicht können, sage ich: Das ist die Verwaltung einer Unfähigkeit; und das ist das, was die Regierung seit fünf Jahren produziert, daher werden wir dagegenstimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.20


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Peter Weidinger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.20.35

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Zunächst: Für uns steht ganz klar im Mittelpunkt, dass das analoge und das digitale Leben nebeneinander möglich sind und dass wir die Selbstbestimmung des Menschen forcieren. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit und dafür stehen wir auch. Daher ist es für uns auch notwendig, dass wir Ängste und Sorgen ernst nehmen, aber im Gegensatz zur FPÖ, die eine Bewirtschaftung dieser Probleme betreibt, ganz klare Lösungen vorschlagen – und das machen wir mit diesem Gesetz.


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Wir schaffen hier eine Vereinheitlichung von Regelungen, damit Sie, meine Damen und Herren, Vertrauen haben können. Wenn Sie ein europäisches zertifiziertes Produkt, eine Dienstleistung im IT-Bereich oder eine Software kaufen, dann wissen Sie, dass das den höchsten Sicherheitskriterien entspricht. Das ist ein kluges Gesetz, weil es nämlich individuell angewendet wird.

Nehmen wir zum Beispiel eine Technologie im Bereich der Flugsicherheit! Da braucht man höhere Sicherheitsstandards; das wird über diese neue Behörde zertifiziert. Damit vereinheitlichen und vereinfachen wir den Zugang zum europäischen Markt. Schließlich geht es für uns, für die österreichische Wirt­schaft um die Sicherung des Sozialsystems, das Sicherstellen von Arbeitsplätzen und von innovativen Betrieben und auch darum, dass wir ein Eingangsportal zum europäischen Binnenmarkt haben. Sie wissen ganz genau, dass dieser europä­ische Binnenmarkt, wenn er verwirklicht ist, das Potenzial hat, 600 Milliarden Euro zu entfesseln, was für die österreichische Wirtschaft und für die Arbeits­plätze gut ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieses Sprungbrett ist aber auch eine Maßnahme, um unbürokratischer zu werden, weil sie Klarheit und Sicherheit für alle Betriebe schafft, nicht nur in Österreich, sondern auch für Betriebe europaweit, die sich hier in Österreich zertifizieren lassen. Wir arbeiten ganz eng und intensiv mit dem BSI zusammen. Das ist quasi die deutsche Schwesterbehörde, die über hohe Expertise verfügt. Mit diesem Schritt sind wir schnell und entschlossen, wir gehören zu den führenden Ländern in Europa – und wir schaffen damit vor allem für die Konsu­mentinnen und für die Konsumenten viel Vertrauen in den Markt, dass sie, wenn sie europäisch einkaufen, gut einkaufen.

Natürlich werden damit die Verschwörungstheorien der FPÖ, die behauptet, dass damit die Fremdbestimmung durch Brüssel forciert würde, Lügen gestraft. (Abg. Michael Hammer: Welche FPÖ? Da ist ja keiner mehr da!) Es ist ja genau das Gegenteil der Fall. (Zwischenruf der Abg. Ecker.) Die fünf Abgeordneten der FPÖ, die sich noch im Saal befinden und den Ausführungen leider nicht zuhören, können es dann im Protokoll nachlesen oder auch in der TVthek nachsehen. (Ruf


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bei der ÖVP: Tatsächliche Berichtigung!) Ihnen wird dann sicher auch die Infor­mation sehr am Herzen liegen, dass es notwendig ist, die Menschen transparent und offen zu informieren und sie auf die Reise mitzunehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Ries.)

Ich denke da an ganz viele beherzte Initiativen wie zum Beispiel von Gemeinden aus der südlichen Steiermark, die schon seit Jahren Workshops und Kurse anbieten und Menschen mit der Digitalisierung vertraut machen und sie mitneh­men. Ich habe mich so gefreut, als ich einen Artikel darüber gelesen habe, dass eine 82-jährige Japanerin, die mit 60 erst gelernt hat, mit dem Computer umzugehen, inzwischen Appentwicklerin ist. Sie ist von einem großen Konzern eingeladen worden und hat dort ihre Senioren-Apps präsentiert.

Wir leisten mit der Einrichtung dieser Behörde einen Beitrag dazu, dass diese Lebensträume auch in Österreich wahr werden können. Wir wünschen uns, dass diese Innovation, die digitalen Wege, damit es bequemer und benutzer­freund­licher wird, in Österreich für Seniorinnen und Senioren, für alle Gemeinden und für alle Menschen nutzbar werden – immer aber mit dem Augenmerk, dass Wege auch analog möglich sind.

Ich darf jetzt im Namen von Frau Abgeordneter Rebecca Kirchbaumer die Begrüßung der Neuen Mittelschule Axams nachholen. – Schön, dass ihr da seid! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und Grünen.) Es ist auch die Generation dieser jungen Menschen, die gerade zu uns allen herunterwinken, für die wir verantwortlich sind. Ihr könnt euch sicher sein: Wir arbeiten hart daran, euch, euren Eltern und den Großeltern – es sind heute auch viele aus der reifen Generation hier – Vertrauen und Hoffnung zu geben.

Wir nutzen die Chancen der Digitalisierung und gehen dabei auf die Ängste und die Sorgen ein. Das tun wir mit europäischen Sicherheitsstandards; das sind die besten, und die europäischen Sicherheitsstandards helfen uns auch, dass wir im globalen Konzert, im globalen Wettbewerb, im Umgang mit China und mit den USA eine Vorreiterrolle einnehmen, was die Sicherheit und Standards betrifft,


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und damit die Menschen mitnehmen. Unser Motto ist schließlich: Wir lassen niemanden zurück. Wir wollen, dass die Technologie und die Digitalisierung dem Menschen dient und nicht der Mensch der Digitalisierung.

Deswegen ist dieses Gesetz ein wesentliches; diese Behörde vereinfacht, entbüro­kratisiert, beschleunigt, und sie wird zentral beim Bundeskanzleramt angesiedelt. In diesem Sinne ersuche ich Sie, im Interesse der Republik und aller Menschen aller Generationen dieses wichtige Gesetz zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Oberrauner. – Bitte.


11.26.10

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! 2025 werden voraussichtlich 41 Milliarden Geräte weltweit im Internet der Dinge verbunden sein. Mit der weltweit wach­senden digitalen Infrastruktur hat die Verletzlichkeit unserer kritischen Infrastruktur in Europa und in Österreich in Bezug auf Cyberangriffe und Cyber­kriminalität zugenommen.

Durch die Schaffung einheitlicher EU-weiter Standards für IKT-Produkte, -Dienste und -Prozesse und die Einrichtung einer nationalen Behörde, welche diese zertifizieren und EU-weit untereinander koordinieren und stärken wird, gibt es folgende Effekte für Österreich: Wir stärken den gemeinsamen Cybersicher­heitsmarkt in der EU; wir verbessern die Arbeitsbedingungen für die mehr als 60 000 europäischen Cybersicherheitsunternehmen; wir erhöhen die Verlässlichkeit der innerhalb der Europäischen Union angebotenen Sicherheits­produkte und damit die Sicherheit unserer digitalen Infrastruktur. Deshalb werden wir diese vorliegende Regierungsvorlage zur notwendigen nationalen Zertifizierungsbehörde auch unterstützen und natürlich mittragen.


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Ich möchte diesen Moment aber zum Anlass nehmen, über ein paar andere Dinge, die mit diesem Bereich verbunden sind, zu sprechen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zu sagen, dass auch heute wieder nur zwei Vorlagen aus dem Forschungsausschuss ins Plenum gekommen sind. Es werden ungefähr zwischen 25 und 27 Punkte im Ausschuss beraten, und nur zwei finden den Weg ins Plenum und in die Diskussion. Mit dem einen wird eine EU-Vorgabe umgesetzt, mit dem zweiten wird einem Wunsch der Telekommunikations­branche nachgekommen. Insgesamt haben es damit in zwölf Monaten gerade einmal drei Vorlagen ins Plenum geschafft – und das ist alles. Es gab in zwölf Monaten auch nur zwei Ausschusssitzungen.

Österreichs Wohlstand fußt auf der Stärke seines Forschungs- und Technologie­standortes. Der globale Forschungs- und Innovationswettbewerb hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Die Entwicklungen bei KI in der Mikroelek­tronik, in der Lifescience und in der Weltraumtechnik schreiten immer schneller voran. Österreich hat wie Europa und die ganze Welt eine digitale Transfor­mation und eine Umstellung der Energiequellen von fossiler auf erneuerbare Energie zu meistern. (Abg. Schnabel: ... wie noch nie!) Das sind Kraftakte, die alle Bereiche unserer Gesellschaft berühren und verändern werden, wobei wir darauf achten müssen, dass dies fair, sozial gerecht und solidarisch geschieht.

Man sollte und könnte also annehmen, dass der FID-Ausschuss einer der geschäftigsten Ausschüsse dieses Parlaments ist, dass aus diesem Ausschuss regelmäßig wichtige Debatten ins Plenum getragen werden (Abg. Lindner: ... ein gutes Wort!): darüber, wohin wir mit Österreich als Technologiestandort wollen, wie unsere Strategie ausschaut, wo Österreich Schwerpunkte setzen will (Zwischenrufe bei der ÖVP), welche Technologien gefördert werden sollen und welchen Technologien Grenzen gesetzt werden müssen.

Man sollte zudem erwarten, dass auch die Regierungsparteien hier regelmäßig durch Anträge eigene Impulse setzen. Das geschieht aber nicht, stattdessen werden sämtliche Anträge der Opposition vertagt und schubladisiert. Das kann man gerne machen, aber dann muss man wenigstens mit eigenen Ideen und


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Initiativen aufwarten. Dass es noch viel zu tun gibt, hat ja wohl der jüngst vorgestellte Forschungs-, Technologie- und Innovationsmonitor des Forschungs- und Wissenschaftsrates erneut gezeigt.

Österreich kann sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Wir brauchen eine KI-Strategie, die es nicht gibt. (Zwischenruf des Abg. Zorba.) Wir brauchen einen KI-Hub, der dringend notwendig wäre. Jetzt heißt es, drei Jahre nach der KI-Strategie, die nicht besonders hervorragend war, dass es eine Vorstudie geben wird, damit wir dann wissen, was wir tun. Was für ein Tempo!

Auch bei der KI-Strategie selbst sollte im ersten Halbjahr 2024 eine Überarbeitung gemacht werden. Das ist jetzt zu Ende, und es liegt nichts vor, was wir hier im Plenum diskutieren können. Das sind alles Versäumnisse, die wir im Moment haben.

Leider habe ich zu wenig Zeit, um noch auf Geschlechtergerechtigkeit und Expert:innenmangel hinzuweisen, aber zum Abschluss möchte ich sagen: Die Themen dieses Ausschusses sind viel zu wichtig, um sie einer Regierungs­mehrheit zu überlassen, die nicht vorhat, etwas zu verändern. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Süleyman Zorba. – Bitte.


11.31.11

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Staatssekretärin! Besonders in Zeiten von geopolitischen Spannungen spüren wir, wie wichtig Cybersecurity ist.

Als Beispiel: Die hybride Kriegsführung Russlands betrifft ganz besonders unsere Cybersicherheit. Hacker legen Stadtverwaltungen und Parteizentralen lahm, erpressen Unternehmerinnen und Unternehmer, spionieren Bürgerinnen und


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Bürger aus, und die Zahl der Cyberangriffe wächst. Gerade jetzt sind liberale und demokratische Staaten stark gefährdet.

Der Europäische Rechtsakt zu Cybersicherheit, der Cybersecurity Act, sieht die Einführung eines einheitlichen europäischen Zertifizierungssystems für IKT-Produkte vor. Die EU-Agentur für Cybersicherheit, Enisa, spielt eine Schlüssel­rolle dabei, indem sie eben die technische Grundlage für diese Zertifizie­rungssysteme schafft. Mit dem heutigen Beschluss setzen wir den nationalen Rahmen dafür in Österreich um.

Warum ist es aber wichtig? – Mit dieser Zertifizierung sollen hohe Standards gewährleistet werden, die auch unsere Cybersecurity dementsprechend erhöhen. Unternehmen, die in der EU tätig sind, können jetzt ihre IKT-Produkte einmal für die gesamte EU in Österreich zertifizieren lassen. Damit werden auch Reibungs­verluste verringert und eine Fragmentierung in verschiedene nationale Zertifikate beendet. Jeder, der einmal eine oder mehrere solche Zertifizierungen durchgemacht hat, weiß, wie kompliziert, komplex und ressourcenaufwendig das sein kann. Unternehmen können davon profitieren, dass sie das nicht mehrere Male für verschiedene EU-Länder machen müssen, sondern einmal in Österreich tun, und es gilt dann EU-weit und ist EU-weit anerkannt.

Der Europäische Cybersecurity Act verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einer Benennung von nationalen Behörden, die diese Cybersicherheitszertifizierung durchführen und die Aufsicht darüber haben.

Ich verstehe nicht, warum zum Beispiel die FPÖ dagegen ist, und ich mache mir, ehrlich gesagt, auch ein bisschen Sorgen. Es wurden jetzt einige Argumente genannt, warum Sie dagegen sind, aber ich glaube, das Hauptargument, warum die FPÖ gegen dieses Gesetz ist, ist, dass man einfach unsere Cybersicherheit schwächen möchte, damit die russischen Freunde besseren Zugriff darauf haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: Nein!)


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Noch ein paar Worte zu den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ: Wir erleben seit zwei Tagen, dass ihr bei jedem Tagesordnungspunkt gegen die Digitalisierung schießt. Dann stellt man sich heraus und sagt: Es geht so wenig weiter, und wir bleiben auf der Strecke. (Abg. Greiner: Sie haben es auch nicht verstanden! Tut mir leid!) Also ganz kann ich dieser Argumentation auch nicht folgen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit dem vorliegenden Gesetz werden die nationalen Maßnahmen zur Durchfüh­rung des Cybersecurity Act erlassen und eine nationale Behörde für die Cyber­sicherheitszertifizierung beim Bundeskanzleramt eingerichtet. Damit schaffen wir einen weiteren Baustein für mehr und effizientere Cybersicherheit. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.34.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine Fraktion trägt das natürlich mit, dass die EU-Verordnung in nationales Recht umgesetzt wird und in Sachen Cybersecurity ein Schritt nach vorne gegangen wird. Gut.

Dann muss man aber auch schauen, was da passiert. Es wird nämlich eine neue Behörde geschaffen, eine weitere Metastase der Bundesverwaltung. (Abg. Deimek: Jetzt kommt gleich der Süli wieder und sagt, das ist russenfreundlich! – Abg. Zorba: Nein! Er ist ...!) Man muss wissen, dass diese Regierung in ihrer Amtszeit den öffentlichen Dienst um 4 700 Dienstposten aufgeblasen hat, und jetzt kommt noch eine Behörde dazu.

Es ist ja derzeit heikel, weil wir am Ende einer Legislaturperiode sind, und dann ist immer die Versuchung groß, dass die Minister:innen und Staatssekretär:innen ihre Mitarbeiter irgendwo im Ministerium versorgen. So konnte ich mit Anfragen


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nachweisen, dass in den letzten drei Jahren 31 Kabinettsmitarbeiter in die Verwaltung gewechselt sind, zwölf in die Verwaltung in leitender Position gewechselt sind, und 30 Kabinettsmitarbeiter waren überhaupt gleichzeitig in der Verwaltung tätig.

Daher bräuchte es eine Cooling-off-Phase. Wenn ich Mitarbeiter bei einem Minister, bei einem Staatssekretär bin, darf ich nicht fliegend in eine Position im Ministerium wechseln, sondern muss in der Zwischenzeit einmal eine Zeit lang etwas anderes machen. Sonst versorgen die Minister die Mitarbeiter, die von der eigenen Farbe sind und setzen sie in die öffentliche Funktion. (Beifall bei den NEOS.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Postenschacher: Cooling-Off-Phase für scheidende Kabinettsmitglieder“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, noch vor der Wahl eine Gesetzes­änderung vorzulegen, die sicherstellt, dass Leitungsfunktionen innerhalb des Bundesdienstes nicht als reine Versorgungsposten für ehemalige Kabinetts­mitarbeiter vergeben werden. Hierfür soll eine entsprechende Cooling-Off-Regelung im Ausschreibungsgesetz und im Stellenbesetzungsgesetz vorgesehen werden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

11.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit Postenschacher: Cooling-Off-Phase für scheidende Kabinettsmitglieder

eingebracht im Zuge der Debatte in der 268. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über das Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszerti­fizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG) (2552 d.B.) – TOP 3

Schluss mit Postenschacher: Cooling-Off-Phase für scheidende Kabinettsmitglieder

Durch das vorliegende Gesetz wird nach Auskunft im Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung am 6.6.2024 eine neue Organisationseinheit im BKA geschaffen. Auf NEOS Nachfrage, wie verhindert wird, dass neue Leitungsfunktionen als Versorgungsposten unabhängig der Qualifikation an ausscheidende Kabinetts­mitarbeiter:innen vergeben werden, wurde lediglich auf das Stellenausschreibungs­gesetz verwiesen.

Nicht selten kommt es vor, dass Mitarbeiter:innen direkt nach dem Ausscheiden aus dem Kabinett mit lukrativen und einflussreichen Jobs in der Bundesverwaltung versorgt werden. In der staatlichen Personalpolitik entsteht der Eindruck, dass oft nicht zählt was man kann, sondern wen man kennt. Aus einer unserer Anfragen geht hervor, wie viele Personen nach ihrer Zeit innerhalb von weniger als 6 Monaten mit einem neuen Posten in der Bundesverwaltung versorgt wurden. Und zwar waren dies von 2021 - 2023:

- Kabinettsmitarbeiter:innen, die in die Verwaltung wechselten: 31

- Kabinettsmitarbeiter:innen, die in die Verwaltung in leitender Position wechselten: 12

- Kabinettsmitarbeiter:innen, die gleichzeitig in der Verwaltung in leitender Position waren: 30


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In dieser Angelegenheit geht es einerseits darum, faire Bewerbungsprozesse zu ermöglich und andererseits darum, Postenschacherei zu verhindern. In der Personalpolitik sollen geeignete Qualifikationen zählen, nur so bekommen wir die besten Köpfe an diese wichtigen Stellschrauben in unserer Verwaltung und können eine gut funktionierende und effiziente Bundesverwaltung ermöglichen. Die Auswahl von Führungspersonal entscheidet maßgeblich über die Qualität und Handlungs­fähigkeit des öffentlichen Dienstes. Falsche Personalentscheidungen können dazu führen, dass die davon erfassten Bereiche über Jahre oder Jahrzehnte unterdurch­schnittliche Leistungen erbringen und in der Entwicklung somit hinterherhinken. Bei der Auswahl von Führungspersonal muss daher in jeder Ausschreibung die fachliche Qualifikation im Vordergrund stehen. Zahlreiche Enthüllungen der vergangenen Jahre zeigen aber, dass bei öffentlichen Ausschreibungen gerade dann die davor ver­einbarten Standards nicht eingehalten werden, wenn Freunde einflussreicher Politi­ker:innen dafür infrage kommen möchten. Aus einem fairen Auswahlverfahren wird da sehr schnell eine maßgeschneiderte Ausschreibung mit Show-Charakter. Nicht genehme, aber gut qualifizierte Bewerber:innen ziehen dann kurzfristig ihre Bewerbungen zurück.

Der Zeitpunkt für eine solche Gesetzesänderung ist äußerst passend, denn kurz vor der Wahl und der damit einhergehenden Auflösung des Kabinetts, können intrans­parente und unfaire Postenbesetzungen vermieden werden. Zudem werden in kommenden Jahren sehr viele Bundesbedienstete in Pension gehen, weshalb jetzt ein besonders günstiger Zeitpunkt ist, die Weichen in Richtung einer effizienten Verwaltung zu setzen.

Um also eine faire Personalpolitik zu ermöglichen und Postenschacherei in der Bundesverwaltung zu verhindern, soll eine Cooling-Off-Phase gesetzlich verankert werden, um mehr Unabhängigkeit der Bewerber:innen und Gleichberechtigung zwischen den Bewerber:innen zu ermöglichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, noch vor der Wahl eine Gesetzesänderung vorzulegen, die sicherstellt, dass Leitungsfunktionen innerhalb des Bundesdienstes nicht als reine Versorgungsposten für ehemalige Kabinettsmitarbeiter vergeben werden. Hierfür soll eine entsprechende Cooling-Off-Regelung im Ausschreibungs­gesetz und im Stellenbesetzungsgesetz vorgesehen werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Loacker, wir haben erst in der letzten Präsidialkonferenz über Entschließungsanträge und deren inhaltlichen Zusammenhang gesprochen. Es ist natürlich zu wenig, ein Wort zu erwähnen. Der Zusammenhang ist schwer erkennbar. Ich werde den Entschließungsantrag jetzt trotzdem zulassen, ich würde aber darum bitten, dass wir in der nächsten Präsidialkonferenz noch einmal darüber reden und es vielleicht dann bei der letzten Sitzung in dieser Gesetzgebungsperiode auch schaffen.

Der Entschließungsantrag ist eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nun gelangt Frau Abgeordnete Carina Reiter zu Wort. – Bitte.


11.36.52

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir debattieren heute über einen von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung. Der Hintergrund ist das Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz, und das ist die Umsetzung der EU-Verordnung zur Cybersicherheit, des Cybersecurity Act.

Es ist ein ganz wichtiger Schritt, wenn es um Sicherheitsthemen geht. Es taugt natürlich auch als Zungenbrecher, ist aber trotzdem gerade für uns auf


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nationaler Ebene eine wichtige Umsetzung. Damit wird sichergestellt, dass Produkte, Dienste und Prozesse aus der Informations- und Kommunika­tionstechnologie nach einem einheitlichen Zertifizierungsschema bewertet werden und damit auch den EU-Sicherheitsanforderungen genügen. Dabei ist auch wichtig, dass man das Vertrauen in digitale Produkte stärkt.

Wenn man dieser Debatte heute aufmerksam gelauscht hat, hat Kollegin Oberrauner von der SPÖ gerade vorhin ein bisschen einen Exkurs fernab von dem Thema, das bei diesem Tagesordnungspunkt eigentlich zu verhandeln wäre, gehalten und gemeint: Themen dieses Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung sind viel zu wichtig, um sie einer Regierung zu überlassen, die nichts vorhat. Ich würde sagen, das ist mehr als eine Themen­verfehlung, gerade wenn man der vorigen Debatte gelauscht hat. Da hatte man nämlich eher das Gefühl, dass Sie irgendwie nicht mitbekommen, dass viele Menschen im privaten, beruflichen oder behördlichen Kontext digitale Produkte und Angebote nutzen.

Natürlich ist eine digitale Barrierefreiheit wichtig, dass das also auch weiterhin zugänglich ist. Dennoch ist es einfach Alltag, dass so gut wie jeder digitale Produkte nutzt. Wenn meine Oma Ihnen zugehört hätte, wäre sie nämlich beleidigt gewesen, so wie Sie da manche Personengruppen hingestellt haben.

Man hat bei Ihnen wirklich das Gefühl, Sie wollen eigentlich wieder zurück in die Steinzeit, als würden Sie Formulare am liebsten mit Hammer und Meißel ausgefüllt sehen wollen. Das ist aber nicht die Realität. Gerade digitale Angebote bieten auch viele Vorteile. Das ist halt auch ein Fortschritt, und das können wir auch nicht außen vor lassen.

Dann zu sagen, es bewegt sich nichts, es wurde nichts getan in diesem Ausschuss, das stimmt einfach nicht. Wir haben in den letzten fünf Jahren extrem viel umgesetzt. Ich empfehle, wenn Sie ein technisches Gerät besitzen, vielleicht die Digitalisierung zu nutzen und Google anzuwerfen. Es gibt so etwas wie die FTI-


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Strategie und viele weitere Dinge, die durchaus zeigen, dass in dem Bereich sehr viel gearbeitet wurde und sehr viel geleistet wurde.

Wenn wir heute davon reden, dass viele Leute digitale Produkte nutzen, dann ist es auch sehr wichtig zu erwähnen, dass wir auch den Sicherheitsaspekt haben. Das hat eine zentrale Bedeutung. Da geht es um Schutz vor Cyberkriminalität, da geht es um finanzielle Verluste, Datendiebstahl oder Rufschädigung. Es geht um die Sicherstellung von Geschäftskontinuität, also dass man vor Betriebsunter­brechungen und wirtschaftlichen Schäden schützt. Es geht um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben – es gibt ganz viele rechtliche Anforderungen im Bereich der Datensicherheit und des Datenschutzes –, dass man diese einfach auch bei sich hat, damit die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Einheitliche Standards sorgen für Konsistenz, Effizienz und Effektivität von Cybersicherheitsmaßnahmen, erleichtern aber auch die Bewältigung komplexer Bedrohungen, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und den Aufbau von Vertrauen und Zuverlässigkeit.

Zum Thema Cybersicherheit gibt es ein bekanntes Zitat von Bruce Schneier, das ist ein US-amerikanischer Computersicherheitsexperte – ich hoffe, die FPÖ verzeiht es mir, dass ich keinen Russen zitiere –: „Security is a process, not a product“.

Was heißt das? – Die kontinuierliche und dynamische Natur von Cybersicherheit wird mit diesem Zitat unterstrichen. Und das heißt, dass man nicht nur einmal ein Produkt kauft, sondern dass man ständig systematisch einen Ansatz zur Identi­fizierung, Bewertung und Bewältigung von Risiken und Bedrohungen finden muss, wenn es um das Thema Cybersicherheit geht.

Die Einrichtung dieser nationalen Behörde, die wir jetzt vorsehen, ist ein wich­tiger erster Schritt auf nationaler Ebene, dass wir da auf einheitliche Standards in der EU kommen. Das bringt uns alle voran.


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Ich bitte darum, dass wir uns dem Fortschritt nicht verschließen und dass sich die Fraktionen, die gerade heute hier ein Loblied auf wie gesagt mit Stein und Meißel ausgefüllte Formulare gesungen haben, vielleicht doch ein bissl mit der Digitalität beschäftigen und das nicht ganz schlechtreden. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Loacker.)

11.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch. – Bitte.


11.41.41

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Vielleicht nur eine kurze Anmerkung zu meiner Vorrednerin: Wenn man sich die Initiativen gerade der Sozial­demokratie, aber durchaus auch einiger anderer Parteien anschaut – Sie haben ja gerade in der Schlussbemerkung wahrscheinlich versucht, uns wieder einmal in die Rolle zu drängen: zurück in die Steinzeit oder so (Abg. Michael Hammer: Nicht zurück, ihr seid schon dort!) –, sieht man, dass gerade das Thema Digitalisierung etwas ist, an das die Sozialdemokratie immer, extrem oft mit guten Vorschlägen herangetreten ist – abgelehnt wurden sie immer durch diese Regierung, das muss man einmal sehen. (Abg. Reiter: Wie haben Sie gerade vorher abgestimmt?) Setzen Sie es um, dann können wir weiterreden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Die SPÖ ist 130 Jahre alt, und man merkt das!)

Nichtsdestotrotz ist es einmal so, dass viele Menschen hier nicht mitkommen und es eigentlich Aufgabe dieser Regierung wäre, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie man sicherstellen kann, dass die Menschen da mitkommen. Wir schauen auf diese Menschen, die mit der Digitalisierung noch nicht zurande kommen. Wir versuchen, uns um sie zu kümmern, Sie tun nichts in diesem Bereich, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Aber es ist jetzt mehrmals dieses Thema der Cybersicherheit betont worden, immer wieder gesagt worden, wie wichtig das ist. Und ich glaube, in diesem Bereich sind wir uns alle einig, weil sich gerade da natürlich die Welt verändert,


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für viele Menschen verändert, mit vielen Problemen. Und eines der großen Probleme ist natürlich die Cybersicherheit.

Aber die Worte hier, muss ich sagen, decken sich nicht ganz mit dem, was ich vor wenigen Wochen erlebt habe, als die Parlamentsdirektion zu einer Veranstaltung zum Thema Cybersicherheit in Bezug auf Wahlen eingeladen hat – nicht zuletzt vor dem Hintergrund massiver Cyberattacken, die die CDU erst vor wenigen Tagen erleben musste, massiver Wahlbeeinflussungen durch Russland in den vergangenen zehn Jahren, immer wieder nachweisbar, verschiedenster Cyber­attacken. Ich muss sagen, ich war etwas überrascht, dass es eigentlich nur eine Fraktion gegeben hat, die an dieser Veranstaltung teilgenommen hat.

Das heißt, hier in der Öffentlichkeit wird immer wieder darüber geredet, wie wichtig einem das Thema ist, aber man bringt sich dann bei einem solch wichtigen Thema nicht mit ein, obwohl bei dieser Veranstaltung eigentlich die Spitzen des österreichischen Sicherheitsapparats da waren, die der Parla­mentsdirektor eingeladen hatte. Ich meine, es genügt nicht, salbungsvolle Worte über diesen Bereich zu sprechen, sondern man muss sich mit diesem Thema – und das sollte uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier eigentlich besonders interessieren – auch tatsächlich immer wieder auseinandersetzen. Vielleicht wird es beim nächsten Mal besser.

Zu diesem Akt selbst: Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden: Ja, es ist eine wichtige Einrichtung – ich kann mich der Kritik durchaus auch anschließen. Warum sie jetzt trotz alledem im Bundeskanzleramt sein muss, darüber kann man diskutieren, aber der wesentliche Bereich wird sein, dass die Umsetzung funktioniert, es wird sichergestellt sein müssen, dass letztendlich österreichische Qualitätsprodukte mit diesem Zertifikat auch auf dem europäischen Markt unter gewissen Rahmenbedingungen wirklich reüssieren können.

Da sind wir alle gefordert, und daher findet diese Gesetzesvorlage auch unsere Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44



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Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.44.44

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher der Nationalratssitzung! Natürlich ist es in einer immer digitaler werdenden Welt wichtig, dass wir auch auf die Sicherheit der Produkte und Dienstleistungen genau eingehen. Das ist extrem bedeutend.

Um die digitalen Technologien ausbauen zu können, braucht es als wichtige Voraussetzung natürlich Vertrauen – das Vertrauen in die Sicherheit, das ist gerade für die Nutzerin, den Nutzer wichtig. Wir verlangen das vollumfänglich, und dem wird auch stattgegeben.

Mit dem Cybersecurity Act auf europäischer Ebene wird dafür ein Rahmen geschaffen, wir setzen das quasi mit diesem nationalen Gesetz, kurz CSZG, auch um, und dadurch besteht die Möglichkeit für IT-Hersteller, für IT-Anbieter, ihre Produkte zertifizieren zu lassen. Das Ganze passiert auf freiwilliger Basis.

Die zertifizierten Produkte sind dann eben EU-weit anerkannt, und diese Zertifizierung unterstreicht die Qualität und die Sicherheit der Produkte, die auch in Österreich hergestellt werden.

In manchen Bereichen wird es jedoch auch verpflichtend sein, zum Beispiel bei den digitalen Identitäten, wie bei unserer ID Austria. Sie ist bereits jetzt die sicherste elektronische Identität im EU-Raum, sie wurde dafür auch schon ausgezeichnet – natürlich freuen wir uns über diese zusätzliche Zertifizierung im Rahmen der Cybersicherheit.

Entsprechende Stellen werden diese Zertifizierungen in Österreich dann durchführen. Sie werden für die Einhaltung der Standards sorgen, sie prüfen nach unterschiedlichsten Sicherheitsstufen, drei an der Zahl, und die höchste Sicherheitsstufe kann nur die nationale Behörde verleihen; diese nationale


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Behörde ist eben neu zu benennen. Und diese höchste Sicherheitsstufe ist dann auch für digitale Identitäten anzuwenden.

Die nationale Behörde wird aber natürlich auch die zentrale Anlaufstelle bei Fragen zu den Verfahren und auch die erste Anlaufstelle für Unternehmerinnen und Unternehmer sein.

Da die FPÖ, Sie (in Richtung Abg. Deimek), Herr Abgeordneter, hier auch einige Fragen gestellt hat, möchte ich auf diese auch kurz eingehen.

Sie haben gesagt, dass hier Geld nicht richtig eingesetzt wird. (Abg. Deimek: Ich weiß gar nicht, wie es eingesetzt wird!) – Natürlich gibt es, wie bei jedem Gesetz, auch eine Wirkungsfolgenabschätzung. Die EU geht mit dem Cybersicherheits-Act einen sehr, sehr großen Schritt, eine neue Dimension in diesem Bereich ein, und wir wollen die Kompetenzen im Bereich Cybersicherheit in Österreich bündeln.

Es war ja so, dass bereits vor Einrichtung beziehungsweise vor dem Wechsel des Digitalisierungsstaatssekretariats das Bundeskanzleramt sozusagen für die Koordinierung dieser Gesetzwerdung verantwortlich war. Die nationale Behörde muss eben eingerichtet werden und diese soll sich dann auch um die Zertifizie­rung dieser unterschiedlichsten IKT-Produkte kümmern und das übernehmen. Wie das dann europaweit abläuft, das wird in einem eigenen Durchführungsakt auf europäischer Ebene noch näher zu klären sein und näher ausformuliert.

Je riskanter und je risikobehafteter ein Produkt ist, desto mehr Auflagen muss es natürlich erfüllen, das ist für uns klar. Und die Bewertung wird dann die Behörde vornehmen. Ich glaube, man kann damit auch bei unterschiedlichen Produkten einen guten Vergleich anstellen. Denken Sie an Produkte im Flugverkehr, diese werden natürlich anders zu bewerten sein als Radios beispielsweise, die da zertifiziert werden.


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Bei Produkten, die keine großen Auswirkungen haben, bedient sich die Behörde dann auch Zertifizierungsdienstleister. Das kann der TÜV sein, das kann genauso das A-SIT sein oder eben auch andere Einrichtungen.

Und eine Sache ist auch klar: Die Behörde wird immer als Aufsicht fungieren, und all diese Einrichtungen werden auch per Bescheid als Zertifizierungsinstitut ernannt werden; sie unterwerfen sich natürlich auch den strengen Auflagen der Behörde.

Frau Abgeordnete Oberrauner, da Sie vorhin auch eine Brandrede für die Digi­talisierung gehalten haben: Ich hätte mir diese gestern beim Dringlichen Antrag gewünscht, als Ihre Partei eigentlich den Antrag zurück ins analoge Leben gestellt hat. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Da wäre diese Brandrede vielleicht auch angebracht gewesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Das muss auch erlaubt sein, dass man das sagt, oder?)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Rudolf Taschner das Wort. – Bitte.


11.48.50

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sicherheit bei den elektronischen Daten, bei der elektronischen Kommunikation ist tatsächlich ein wichtiger Punkt, obwohl das von uns im täglichen Leben eigentlich gar nicht so wahrgenommen wird.

Wenn Sie zum Beispiel beim Bankomaten Geld abheben, sind Sie natürlich in der digitalen Welt. Sie geben einen Code ein, Ihren persönlichen Pin, und Sie wollen natürlich haben, dass diesen Pin die Bank erfährt, aber Sie wollen nicht haben, dass ihn jemand anderer erfährt. Das heißt, dieser Pin muss verschlüsselt werden, damit das Ganze sicher abläuft. Die Verschlüsselung ist die Sicherheits­maßnahme.


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Diese Verschlüsselung muss so ablaufen, dass die Privacy – Privacy nennt man das –, also das Private zwischen mir und der Bank, erhalten bleibt. Da könnten Sie die Frage stellen: Kann man diese Verschlüsselung total sicher machen? – Und ich darf Ihnen die Antwort geben: Das geht!

Es gibt ein System, das so gut ist, dass Sie es mit höchster Sicherheit machen können, dass Sie es nicht knacken können. Das System heißt OTP, One-Time-Pad, aber der Jammer ist der, dass dieses System außerordentlich teuer ist. Wenn Sie das bei jeder Abhebung des Geldes anwenden würden, könnten Sie es nicht bezahlen. Nicht einmal die EU mit dem Riesenbudget, das sie hat, kann es bezahlen. Es wäre fast unendlich viel Geld, das Sie dafür verwenden müssten. Sie müssen also ein einfacheres System nehmen.

Es gibt einfachere Systeme – ich könnte Ihnen erklären, wie das funktioniert; wenn Sie wollen, können wir das bei einem Kaffee besprechen –, es heißt PGP, Pretty Good Privacy; es ist pretty good. Pretty good heißt ziemlich gut. Das heißt, es bietet ein gewisses Niveau der Sicherheit, das Sie damit haben.

Sie haben also jetzt ein bestimmtes Niveau erreicht, und dieses Niveau kann man sogar messen. Und nun gibt es eben Behörden, gibt es Fachleute, die diese Messung durchführen können, und es kommt darauf an, dass diese Messungen normiert werden, dass man dann im europäischen Rahmen weiß, dass diese Messungen wirklich gut normiert sind, dass Firmen, die Gerätschaften herstellen, wissen, dass diese Gerätschaft mit dem richtigen Niveau gut ist. Bei Bankomaten ist es vielleicht wichtig, nicht besonders wichtig, bei Verhandlungen zwischen Kriegsparteien wäre es ganz besonders wichtig, dass man eine hohe Sicherheits­stufe hat.

Also: Es gibt verschiedene Risken, und um all das feststellen zu können, Herr Kollege Deimek, braucht man natürlich auch Geld. Wenn Sie die Frage stellen, warum da so viel Geld hineininvestiert wird, kann ich es Ihnen erklären: Das ist wirklich eine hochkomplexe Angelegenheit, die man bewerkstelligen muss, und nun wird diese Behörde eingerichtet. Diese Behörde wird ziemlich außerhalb


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unserer Wahrnehmung sein – Gott sei Dank ist sie das –, weil wir uns einfach darauf verlassen können, dass diese Behörde gut arbeitet. Sie arbeitet auf europäischem Niveau; das ist auch wichtig, weil wir ja im europäischen Leben digitale Kommunikation durchführen, und es ist entscheidend, dass wir hier, wenn Sie so wollen, im Wohlstand leben können, die Digitalisierung verwenden können, so, wie wir glauben, dass es gut ist, und dass diese Behörde dafür sorgt, dass sie nicht missbräuchlich verwendet wird. Die bösen Buben schlafen nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Behörde muss dafür sorgen, dass diese Gruppe möglichst wenig Zugriff hat.

Totale Sicherheit kann es bei der Digitalisierung nicht geben. Wenn Sie totale Sicherheit haben wollen, dann bitte schön wenden Sie sich von der Digita­lisie­rung ab, gehen Sie in den Wienerwald und sprechen Sie dort analog mit jemandem! Dann haben Sie die totale Sicherheit, aber dann haben Sie nicht mehr das angenehme Leben, das die Digitalisierung bietet.

In diesem Sinne bin ich eigentlich dafür. Nutzen Sie die Digitalisierung im Bewusstsein, sie ist gefährlich, aber sie ist auch gut! (Beifall bei der ÖVP.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Deimek. – Bitte.


11.52.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Diese Debatte zeigt doch ganz klar und ist bezeichnend für die Arbeit dieser Bundesregierung der letzten fünf Jahre: Es wird den Bürgern, den Firmen, allen Beteiligten symptomatisch Sand in die Augen gestreut. Kritische Fragen, die wir stellen, die wir aber nicht für uns stellen, die wir für die Bürger stellen, die wir für die Firmen stellen, werden nicht beantwortet. Und dann heißt es von den Kollegen Weidinger und Reiter, wir sollen diesem wunderbaren und guten Gesetz zustimmen. – Ja, ich achte, dass Sie wenigstens einmal die europäischen Gesetze und Acts nachvollziehen, die Sie als Auftrag bekommen, aber wie Sie es machen, das ist ja der Punkt.


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Wenn ich heute frage: Warum wird eine gänzlich neue Stelle eingerichtet?, wenn das auch der Kollege von den NEOS fragt und es keine Antwort darauf gibt, sondern nur gesagt wird, dass es gut ist, dann haben Sie die Frage nicht nur nicht beantwortet, sondern Sie zeigen damit auch, dass Sie diese neue Stelle dazu hernehmen, um Ihre eigenen Parteigänger wieder irgendwo hineinzuschieben, und das ist unredlich! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Nächster Punkt: Ich habe Sie gefragt: Wofür ist die 1 Million Euro pro Jahr?, und die Antwort war: Die Zertifizierungen werden im Bescheidweg ausgestellt, und das ist einfach notwendig. – Das ist nicht die Frage gewesen. Wofür ist es notwen­dig? Frau Staatssekretärin, Sie haben es nicht beantwortet, Ihre Kollegen von der ÖVP haben es auch nicht beantwortet. Die Bürger sagen jetzt: Wieder einmal 1 Million! Das wird von Ihnen nicht beantwortet, aber zahlen muss es der Steuer­zahler – und das ist die angebliche Wirtschaftspartei. Und alle anderen, die Wirtschaftskammer und so weiter, stellen sich dieselben Fragen – sie werden nicht beantwortet!

Aber was dann schon kommt, ist, dass unterstellt wird, wir wären gegen diese Zertifizierungsstelle! – Na, na, na, na! Bitte, wir waren ganz klar für die Errichtung der Stelle, aber wir haben Fragen dazu. Und wenn die Fragen nicht beantwortet werden, dann unterstelle ich Ihnen – und Sie bestätigen es hier mit Ihrem Vorhaben ganz deutlich –, dass das nur wieder Geld in die eigenen Taschen ist, und das ist unredlich und unanständig! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Egger: Unerhört! Das ist ja unglaublich!)

Wenn Sie sagen, das ist unglaublich, dann geben Sie eine Antwort! Sagen Sie den Bürgern, was Sie meinen! Sagen Sie den Bürgern, wohin Sie das Geld geben, wem Sie es geben und warum Sie es geben – und kommen Sie nicht so wie Kollege Zorba, wie es angedeutet wurde, mit Russenfreunden, auch in Richtung der SPÖ, und so weiter! Das ist doch genauso unredlich.


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Sie sagen immer, wir, auch die SPÖ, wären für Formulare und Ähnliches. (Abg. Schnabel: Natürlich!) Liebe Freunde von der ÖVP, wir sind für Digitalisierung, aber natürlich auch für die analoge Anwendbarkeit für die Bürger.

Und ganz ehrlich: Ich weiß, dass ihr von der ÖVP traumatisiert seid. Ich weiß, dass ihr seit dem Kaufhaus Österreich, das von einer ungeeigneten Person umgesetzt wurde und ein Debakel war, noch immer traumatisiert seid und dass ihr Leute habt, die in diese Richtung unheimlich drängen. Weil ihr es aber nicht schafft, für Österreich etwas Ordentliches im Bereich der Digitalisierung auf die Beine zu stellen, weil ihr nicht in der Lage seid, ordentliche Gesetze und Verordnungen zu machen, weil ihr im Digitalisierungsbereich eine Pleite nach der anderen hinlegt, deswegen kommt ihr dann in die Situation, in der ihr jetzt steckt. Und dann werft ihr den anderen, uns und der SPÖ, vor, dass wir alte Formulare aus Papier wollen. (Abg. Schnabel: Natürlich!) Wie unredlich und wie unseriös ist das?! Da kannst du, lieber Freund aus der Wirtschaftskammer, noch lange reinmeckern, das ist so: Ihr habt ein Problem mit Digitalisierung und wollt es übertünchen. (Abg. Schnabel: Nein, ganz im Gegenteil!)

Wer von euch weiß denn beispielsweise wirklich, was KI ist und wie man damit umgeht? – Die wenigsten von euch! Außer Regulatorien fällt euch nichts ein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) An der Basis, bei den Gemeinden, bei den Firmen, da habt ihr nicht die Chance, das ordentlich umzusetzen. Und ich sage, das kommt nicht von ungefähr, das merken die Leute, und sie haben euch abgestraft: das erste Mal jetzt bei der EU-Wahl, bei der ihr das schlechteste Ergebnis seit 1996, seit der ersten EU-Wahl bekommen habt, und so wird es weitergehen, weil die Leute von euch einfach die Nase voll haben und weil auch die Firmen die Nase von euch voll haben! (Beifall bei der FPÖ.)

11.57 11.57.38


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 132

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Unruhe im Saal.)

Wenn wir alle ganz kurz konzentriert sein können, dann kann ich mit dem Abstimmungsvorgang beginnen.

Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2552 der Beilagen: Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Postenschacher: Cooling-Off-Phase für scheidende Kabinettsmitglieder“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

11.58.354. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 4066/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert wird (2583 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Joachim Schnabel, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


11.59.04

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Schüler:innen! Hohes Haus! Ein Satz noch zum Kollegen Deimek in der vorherigen Debatte: Ich bin ein großer Freund der Digitalisierung,


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aber in einem Bereich würde ich mir vielleicht doch die analoge Welt zurück­wünschen: Das sind die Telegram-Kanäle der FPÖ, über die Sie Ihre Verschwörungstheorien und Ihre Russlandfreundlichkeit verbreiten. Wenn es die nicht mehr gäbe und das gute analoge Gespräch im Gasthaus wieder stattfinden würde, wäre vieles besser in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Minister, die Maßnahmen für die Bekämpfung des Klima­wandels sind vielschichtig. Mal sind die Maßnahmen groß, so wie gestern mit dem Beschluss des Wasserstoffförderungsgesetzes – Herr Minister, auch dank deinem Zutun – mit 820 Millionen Euro, aber manchmal sind die Maßnahmen auch scheinbar kleiner. Eine dieser Maßnahmen ist diese Änderung des Telekommunikationsgesetzes.

In diesem Fall geht es darum, dass wir den Mobilfunkbetreibern die spezielle Möglichkeit einräumen, über eine gesetzliche Änderung Bestandsanlagen energieeffizienter zu betreiben. Konkret schaffen wir die Möglichkeit, dass von Mitternacht bis 5 Uhr früh einzelne Komponenten rückgefahren oder abgeschaltet werden können, wenn sie nicht benötigt werden. Dementsprechend kann Energie gespart werden.

Das geht aber nicht automatisch. Uns war daran gelegen, dass die Versorgungs­sicherheit gewährleistet wird. Deswegen müssen die Mobilfunkbetreiber einen Antrag bei der zuständigen Behörde, der RTR, stellen. Diese entscheidet dann von Fall zu Fall, ob das möglich ist. Dann wird freigegeben, dass es zu dieser Energieeinsparungsmaßnahme kommen kann.

Ich möchte unserer ÖVP-Digitalisierungssprecherin Eva-Maria Himmelbauer, die heute hier nicht dabei sein kann, einen besonderen Dank aussprechen, denn sie hat diese Novelle auf den Weg gebracht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zorba.) Ein besonderer Dank ergeht deswegen an sie, weil diese Novelle nicht – so wie ich eingangs gesagt habe – eine kleine Maßnahme ist, sondern in Wirklich­keit eine andere Dimension einnimmt. Sie ermöglicht schon bei nur einem Mobilfunkbetreiber eine Energieeinsparung im Ausmaß eines Jahresverbrauchs


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einer Kleinstadt. In Wirklichkeit muss man es so sagen: Die beste Emission ist die, die nicht entsteht – und mit dieser Novelle ermöglichen wir genau das. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich ist, was die mobile Telekommunikation betrifft, an der Spitze Europas. Wir haben im 4G-Bereich eine Abdeckung von 99, fast 100 Prozent und im 5G-Bereich sind wir mittlerweile auch nahezu bei dieser Prozentzahl angekommen. In den letzten Jahren haben wir als Bundesregierung auch in Bezug auf den Netzausbau im Glasfaserbereich sehr, sehr viel gemacht. Wir haben mittlerweile eine Versorgungsmöglichkeit von rund 70 Prozent mit Glasfaser erreicht. Da gibt es aber noch einiges zu tun.

Geschätzter Herr Minister, damit verbinde ich auch eine Bitte in diesem Bereich: Es läuft ja die Vorbereitung für die Förderausschreibung für die Bundesländer Kärnten, Steiermark und Burgenland und etwas darüber hinaus für den Herbst dieses Jahres. Es hat jetzt die Konsultation für die Förderlandkarte, also die Einmeldung der verschiedenen Netzbetreiber, gegeben. Wir haben diesbezüglich im vergangenen Jahr, Ende des Jahres, einen Antrag eingebracht, dass sehr genau hingesehen wird, welche Unternehmen ausbauen wollen und welche Unternehmen dies auch tun.

Wir müssen wirklich danach trachten, dass dieser Ausbau auch erfolgt und dass wir im ländlichen Raum auch zu diesem Glasfaserausbau kommen. Deswegen freue ich mich auf den Call im heurigen Jahr, weil wir in der Steiermark mit circa 90 Millionen Euro an Fördermitteln rechnen können. Vor allem uns ländlichen Abgeordneten ist es wichtig, dass wir nicht nur Smartcitys haben, sondern auch Smartvillages, denn es braucht ganz einfach ein gutes Internet, ein Highspeed­internet, für ganz Österreich, und das liegt uns ganz besonders am Herzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße Herrn Bundesminister Magnus Brunner im Hohen Haus und erteile Frau Abgeordneter Michaela Schmidt das Wort. – Bitte.



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12.03.35

Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie bereits von meinem Vorredner ausgeführt, soll das Gesetz Energieeffizienzmaßnahmen bei der Frequenznutzung im Mobilfunkbereich ermöglichen. Das bedeutet, dass es beispielsweise möglich sein soll, Funkmasten herunterregulieren zu können, wenn sie nachweislich in der Nacht wenig ausgelastet sind. Das ist natürlich energiepolitisch sinnvoll, weil damit Energie eingespart werden kann, zum Beispiel wenn ein stark frequentiertes Einkaufszentrum in der Nacht geschlossen ist oder in einem Gewerbegebiet in der Nacht weit weniger Menschen telefonieren wollen als während eines Arbeitstages.

Gleichzeitig muss aus unserer Sicht natürlich gewährleistet sein, dass die Versor­gungssicherheit darunter niemals leiden darf. Es muss gesichert sein, dass jederzeit eine Funkverbindung möglich ist. Die Unternehmen, das muss man schon sagen, haben nämlich natürlich ein Interesse daran, unter dem Vorwand von Energiesparmaßnahmen Masten abzudrehen. Es bringt ihnen ja erhebliche Kostenvorteile, insbesondere wenn der Strompreis weiterhin hoch bleibt. Im Ausschuss wurde uns von der Ministerin und den Expert:innen versichert, dass die Versorgung der Bevölkerung durch dieses Gesetz trotzdem gewährleistet bleibt, und somit können wir diesem Gesetz auch zustimmen.

Ich möchte aber meine Redezeit schon auch noch dafür nutzen, um auf ein Zukunftsthema hinzuweisen, zu dem wir leider im Ausschuss wieder keine wirkliche Information bekommen haben und unsere Anträge zur Verbesserung wieder einmal inhaltsleer vertagt worden sind, nämlich auf das Thema künstliche Intelligenz. (Abg. Loacker: ... der SPÖ-Antrag zum Vierteltelefon!)

Mit den im Jahr 2021 angekündigten 7 Millionen Euro investiert die österreichische Bundesregierung in diesen Bereich in etwa so viel wie Uganda und Mexiko. Zum Vergleich: In Schweden werden circa 500 Millionen Euro investiert, in den Niederlanden sind es 2 Milliarden Euro, und auch die deutsche Bundesregierung


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benennt in ihrer KI-Strategie als Ziel die Errichtung von 100 KI-Professuren. (Abg. Schnabel: Aber das Cluster of Excellence haben wir schon gemacht, oder?)

Die österreichische Bundesregierung hingegen will die Einrichtung von Stiftungsprofessuren prüfen – bis wann auch immer. (Abg. Schnabel: Wir haben es schon umgesetzt, das Cluster of Excellence in Linz!) Es kann natürlich sein – wir wissen es nicht –, dass in der von Staatssekretär Tursky bis Ende Mai – wir haben Juni – angekündigten KI-Strategie unsere Forderungen aus dem Entschließungsantrag ohnehin erfüllt sind, nämlich 32 Millionen Euro zusätzlich für die KI-Grundlagenforschung auszugeben und die Einrichtung von 35 Stif­tungsprofessuren vorzusehen. Wir wissen es aber leider nicht, weil auch jetzt im Juni diese Strategie noch nicht vorliegt. Angeblich liegt die Strategie – analog zur türkis-grünen Bundesregierung – in den letzten Zügen. (Heiterkeit der Abg. Holzleitner.) Ob das jetzt bedeutet, dass sie gerade im Sterben begriffen ist (Abg. Schnabel: Na hallo? Sehr pietätvoll!), oder ob sie doch noch das Licht der Welt erblickt, das müssen wir die Bundesregierung fragen, die muss das beantworten.

Abschließend versuche ich jetzt noch einmal – denn es scheint immer noch nicht angekommen zu sein – zusammenzufassen, was wir zum Thema Digitalisierung zu sagen haben: Die Digitalisierung bringt natürlich große Vorteile, und wir müssen sie vorantreiben – was die Bundesregierung viel zu wenig gemacht hat. Wir müssen aber auch schauen, dass wir dabei niemanden ausschließen und dass wir niemanden zurücklassen. Das wäre eigentlich nicht so schwer. Es ist einfach eine Frage des Respekts. (Beifall bei der SPÖ.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Deimek. – Bitte.


12.07.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! (Abg. Michael Hammer: Der Deimek muss den blauen Laden am Leben erhalten!) Herr Bundesminister! Ich bin ja froh, dass ich Sie hier sehe, denn man hätte ja schon


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erwarten können, dass im Zuge der ganzen Umgliederungen auch die Telekom jetzt unbedingt von Ihnen weg und ins Bundeskanzleramt muss, weil Sie offenbar dem Herrn Bundeskanzler in seiner Erfolgsserie im Weg stehen, durch freundliche Arbeit und so weiter – und er hat halt ein bisschen Pech mit seiner Arbeit, aber macht ja nichts. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Abg. Holzleitner. – Abg. Einwallner: Das ist wirklich Humor! – Abg. Haubner: Wie ist das jetzt zu verstehen? – Abg. Michael Hammer: Er redet vom Bundeskanzler, er redet nicht vom Vokaki!)

Den vorliegenden Antrag werden wir positiv mittragen und beschließen. Wir glauben, dass diese Energiekostenersparnis durch Frequenzabschaltungen durchaus positiv ist. Es ist eine Effizienzerhöhung. Die Grünen – und da möchte ich sagen, es waren ja nicht nur die ÖVP-Mitarbeiter, sondern es war vor allem auch Kollege Zorba, der da dabei war; den Koalitionspartner sollte die ÖVP hie und da nicht vergessen – würden es Klimaschutz nennen und nicht Effizienz. Das sehen wir also grundsätzlich positiv, und wir sehen auch positiv, dass das bei den Neuausschreibungen schon vorgesehen ist.

Erlauben Sie mir noch ein Wort zu Kollegen Schnabel, der sich da über unsere Telegram-Kanäle und so weiter aufregt, in denen er das ganze Böse sieht. Na ja, warum kann man denn nicht mehr ins Wirtshaus gehen? – Weil die Partei der ÖVP die Wirtshäuser hat zusperren lassen, weil sie die Partei des Wirtshaus­schließens ist. (Rufe bei der ÖVP: Geh bitte! Das kann ja keiner mehr hören! – Abg. Schnabel: Ach Gott!) Damit komme ich wieder zur Gesamtarbeit dieser Bundesregierung: Leistung ist das keine. Wenn Sie uns und der SPÖ wieder vorwerfen, dass wir da nur alt agieren und Formulare und sonst irgendetwas machen – na ja.

Die Rednerin vor mir hat auch die künstliche Intelligenz angesprochen. Ich habe Ihnen vorhin die Verwaltung von Unfähigkeit vorgeworfen. Mit Ihrer Position zur künstlichen Intelligenz müsste man ja fast sagen, die ÖVP ist die Regierung der Unintelligenz! (Abg. Zarits: Das sind die Gescheitesten!) Ich nehme aber an, dass Ihnen die entsprechenden Firmen noch viel dazu beibringen werden.


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Dem Einsparensantrag, wie er jetzt vorliegt, stimmen wir jedenfalls zu. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Vollständiger Applaus der Dreimannfraktion! – Abg. Deimek – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ab Oktober wird es bei euch die Hälfte!)

12.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Süleyman Zorba. – Bitte.


12.09.30

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Energie ist ein wertvolles Gut, und das dürfte auch den meisten in den vergangenen Jahren teuer bewusst geworden sein. Es ist auch wichtig, dass wir die Energie sinnvoll nutzen und deren Verbrauch optimieren, wo es geht, denn jeder kleine Schritt Richtung mehr Klimaschutz ist ein guter Schritt.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir im Bereich der Telekommunikation die Energieeffizienz fördern beziehungsweise überhaupt erlauben. Konkret geht es um die Maßnahme, dass die Frequenznutzung im Mobilfunkbereich einge­schränkt werden darf. Um es vielleicht kurz zu erklären: Man stelle sich eine kleine Gemeinde im Waldviertel vor. Um 5 Uhr in der Früh wird da nicht die gleiche Leistung benötigt wie vielleicht am Vorabend zur Rushhour, wenn alle dann auf Netflix sind.

Im ersten Moment hört sich das vielleicht wie ein kleiner Schritt an. Das Einsparungspotenzial liegt da aber in der Größenordnung einer Stadt wie zum Beispiel Wiener Neustadt. Natürlich gilt, dass dabei auch die Versorgungs­sicherheit der Bevölkerung gewahrt bleiben muss. Die Mobilfunkanbieter dürfen diese Maßnahme nicht nach Lust und Laune durchführen, sondern nur nach Genehmigung der Behörde beziehungsweise der RTR, und das sichert eben die Einhaltung der geltenden Versorgungspflichten.


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Vielleicht kurz ein paar Worte noch zur Kollegin von der SPÖ, die die KI-Strategie angesprochen hat: Sie wissen, dass wir eine KI-Strategie haben und dass sie gerade überarbeitet wird. (Abg. Voglauer: Na, die wollen eine analoge Strategie!) Zu diesem Thema mit den 7 Millionen Euro und dem Vergleich mit Uganda muss man schon dazusagen: Es gibt nicht diesen einen Budgetposten, der KI heißt, wo dann das ganze Geld ist, sondern es ist auf viele verschiedene Budgetposten aufgeteilt und es ist ein Vielfaches der 7 Millionen Euro. Wir diskutieren das schon seit drei Jahren. Ich hoffe, dass das Argument jetzt doch durchkommt.

Jeder kleine Schritt zu mehr Klimaschutz ist ein wichtiger Schritt. Danke, dass wir da Zustimmung von allen Parteien haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.11 12.11.34


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2583 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die das unterstützen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

12.12.055. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 4068/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen


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betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Ver­brauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird (2585 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2529 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über bewegliches Bundesvermögen (2584 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit sind wir bei den Tagesordnungspunkten 5 und 6, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte.


12.12.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wir kommen zu den Budgetpunkten, und es gibt schon ein paar wesentliche Sachen, die man zum Budget sagen muss, nämlich: Das Budget ist eigentlich vollkommen außer Kontrolle geraten.

Die Bundesregierung und auch der Finanzminister haben das Budget schon lange nicht mehr im Griff. Wir haben erst vor wenigen Wochen einen Blauen Brief aus Brüssel bekommen, der sagt: Ihr werdet heuer die 3 Prozent nicht einhalten! Alle Wirtschaftsforscher, OeNB, alle Wirtschaftsinstitute und der Fiskalrat sagen: nicht nur heuer nicht, sondern auch nächstes Jahr nicht und wahrscheinlich in den nächsten vier bis fünf Jahren nicht!

Was macht die Bundesregierung? Was machen ÖVP und Grüne? – Sie beschließen jetzt wieder Förderungen, die nicht gedeckt sind. Sie stellen ungedeckte Schecks aus. Es gibt keine Gegenfinanzierung. Auch der Agrardiesel ist nicht gedeckt. Das Geld gibt es nicht, das Geld wird es nicht geben, weil Sie es nicht haben. Sie


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geben Geld aus, das Sie nicht haben, und Sie denken nicht einmal darüber nach, wie Sie das finanzieren.

Ich sage Ihnen eines: Sie machen das seit fünf Jahren. Seit fünf Jahren stellen Sie ungedeckte Schecks aus, aber diese ungedeckten Schecks muss jemand bezahlen, nämlich alle, die in Österreich leben. Vor allem diejenigen, die arbeiten gehen, zahlen ja diesen ungedeckten Scheck, und zwar nicht erst in zehn Jahren, sondern ab morgen und die ganze Zeit. Das ist auch der Grund, wieso die Steuer- und Abgabenquote steigt. Das heißt, die Steuern, die in Österreich bezahlt werden, steigen. Die Steuer- und Abgabenquote steigt, Jahr für Jahr steigt sie, weil Sie ungedeckte Schecks ausstellen und Schulden machen wie noch nie.

Ich bin seit über 20 Jahren im Budgetausschuss, und da hat es viele verschie­dene Regierungen mit verschiedenen Beteiligungen gegeben, aber eine derartig nicht funktionierende Budgetpolitik, so verantwortungslos mit Geld umzugehen, wie Sie das jetzt machen, das habe ich in diesen 20 Jahren noch nicht gesehen. Da waren alle anderen besser. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden, unabhängig davon, ob eine Maßnahme sinnvoll ist oder nicht, diesen ungedeckten Schecks nicht mehr zustimmen. Das müssen Sie ganz alleine verantworten. Weil es im Budgetausschuss die Debatte darüber gab, ob die Gegenfinanzierung funktioniert oder nicht, weil die SPÖ, wenn sie Vorschläge gemacht hat, auch immer ein Gegenfinanzierungskonzept vorgelegt hat: Wissen Sie, was der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist? – Wir haben ein Gegen­finanzierungskonzept. Sie haben nämlich nicht einmal das. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lindinger: Das hat die SPÖ in den letzten 50 Jahren bewiesen: immer Schulden machen ...!)

12.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte. (Abg. Lindinger: Nicht ein einziges Mal ein ausgeglichenes Budget unter SPÖ-Führung, nicht ein einziges Mal! Und dann schön reden da


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vorne! – Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Krainer: Vier Mal! – Abg. Lindinger: Nicht ein einziges Mal! – Abg. Krainer: Vier Mal seit 1970, das ist die Zahl! Bei Ihnen nie! – Abg. Leichtfried: Jetzt hörts ihm zu! – Abg. Silvan: Ihr habts alles privatisiert!)


12.15.54

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Finanz­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Jeder, der jetzt die Worte vom Herrn Kollegen von der SPÖ, von Finanz- und Budgetsprecher Krainer, gehört hat, kann sich ja selbst ein Bild davon machen. Wir wissen, was die SPÖ von Finanzpolitik versteht. Wir wissen, was die SPÖ von Wirtschafts­politik versteht. Ich glaube, das kann man nicht kommentieren, weil da wohl die Geschichte für sich spricht (Abg. Matznetter: Die Geschichte spricht gegen euch!), welche Kompetenz ihr dort habt und wer die Kompetenz für Wirtschaft und Finanzen hat (Abg. Leichtfried: Ihr warts noch nie auf der richtigen Seite der Geschichte!), das ist nämlich die ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Krainer, etwas möchte ich Ihnen schon sagen: Wir wissen, worum es da geht. Da geht es jetzt einfach um die Stützung der Landwirtschaft, um den Agrardiesel, um 7 Cent – nicht allein auf die Stunden bezogen, wie lange der Traktor fährt, sondern flächenbezogen, leistungsbezogen. Kein Wort verlieren Sie dazu. Kennen Sie die Einkünfte der Landwirtschaft? (Zwischenrufe der Abgeordneten Erasim und Silvan.) Kennen Sie die Situation der Landwirtschaft? Ich bin bei einem kleinen Bauern aufgewachsen und ich wohne in einer Gegend mit lauter Bauern (Abg. Lindinger: Die übliche Neiddebatte!), und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Vor dem, was die Bauern leisten, habt ihr einmal den Hut zu ziehen und das zu unterstützen (Ruf bei der ÖVP: Ja!), anstatt das zu ignorieren, was wir dort machen! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bauern haben gegenüber dem Jahr 2022 einen Einkommensverlust von circa 20 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das Medianeinkommen der


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österreichischen Bevölkerung ist aber gegenüber dem Jahr 2022 im Jahr 2023 gestiegen. Und da traut ihr euch – Herr Kollege Krainer, Sie haben sich ja nicht einmal zu sagen getraut, dass Sie dagegenstimmen, sondern Sie haben den Finanzminister angegriffen (Rufe bei der ÖVP: Unerhört! Aha!) –, gegen die Unter­stützung der bäuerlichen Bevölkerung zu stimmen!

Kennt ihr die Preisentwicklung für die bäuerliche Bevölkerung? (Abg. Matznetter: Ja ... einer der wichtigsten Inflationstreiber im Lande!) Jeder von uns weiß: Bevor wir zur EU gekommen sind, hat der Bauer jeden Tag zu uns ins Gasthaus das Kännchen Milch gebracht. Wir haben damals im Jahr 2000 10 Schilling für einen Liter Milch gezahlt. Heute ist das Mineralwasser teurer als die Milch, die der Bauer produziert. (Abg. Matznetter: Und was kostet die Milch? 1,80?) Bei den 55 Cent, die der Bauer für die Milch kriegt, gönnt ihr ihm diese 7 Cent nicht!?

Wisst ihr, was die Bauern für das allgemeine Wohl, für die Zentralräume tun? Die Bauern sind verantwortlich, dass sie draußen die Landschaft erhalten. Ich bin ein Touristiker. Ohne Bauern würde es keinen Tourismus geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihr müsst ja rot werden, wenn ihr da draußen am Land auf dem Bauerngrund herumlauft und euch die Gegend anschaut. Die 7 Cent gönnt ihr den Bauern nicht – also dass ihr so tief sinkt! Ich weiß, ich kenne eure Ideologie. Marxismus, glaube ich, geht ja irgendwie in die Richtung: Tun wir alles verstaatlichen und der Staat wird es richten! – Die Bauern pflegen aber die österreichische Landschaft und schauen, dass alles sauber und in Ordnung ist, wenn ihr hinausgeht. Euer System, das ihr vertretet, wird das nicht regeln. Die Bauern sind zu unterstützen, weil sie es einfach brauchen. Wenn jedes Jahr mehr Bauern aufhören, dann hören sie nicht auf, weil man dort so viel Geld verdient, sondern deshalb, weil man beinhart dafür arbeiten muss, dass man diese Landwirtschaft erhält, dass die Söhne die Höfe der Eltern erhalten können. Und denen wollt ihr noch eine Erbschaftssteuer draufhauen?! Denen wollt ihr noch eine Vermögensteuer draufhauen?! (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir werden für Eigentum und für die Bauern kämpfen, und es ist das Mindeste, dass wir damit, was wir heute beschließen, mit diesen 7 Cent, die Bauern unterstützen! Seien wir stolz auf unsere Bauern, weil ohne Bauern unsere Heimat nicht so ausschauen würde! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


12.20.06

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich freue mich ja sehr, wenn Kollege Obernosterer hier eine Brandrede für das Einkommen der Landwirtschaft und der Bäuerinnen und Bauern in diesem Land hält. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ich glaube, die ÖVP stellt gefühlt seit dem Zweiten Weltkrieg den Landwirtschaftsminister (Zwischenrufe bei der ÖVP), mit dem Resultat, dass die Bauern von ihrem Einkom­men und von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können. Das ist das Resultat einer ÖVP-Landwirtschaftspolitik in den letzten Jahrzehnten. (Beifall bei den NEOS.)

Und dann kommt man her und sagt, diese 7 Cent seien jetzt die große Lösung. Also jetzt geben wir 75 Millionen Euro von unserem Budget aus, die wir nicht haben. Der Herr Finanzminister und diese Bundesregierung machen heuer ein Defizit von über 20 Milliarden Euro. Wir haben diese 75 Millionen nicht; die müssen irgendwann einmal gezahlt werden. Es gibt tatsächlich keine Gegenfinan­zie­rung; da hat Kollege Krainer ganz recht. Es ist also ein Wahlzuckerl (Abg. Obernosterer: Aber nicht ...! Da seid ihr dabei!), damit Sie die Bauern ein bisschen bei der Stange halten – mit 7 Cent und mit einer Einmalzahlung. Ich sage Ihnen schon ganz ehrlich: Das hilft denen gar nichts. Das, was Sie in Ihrer Landwirt­schaftspolitik nicht schaffen, ist eine strukturelle Änderung.

Ich gehe noch einen Schritt weiter. Was Sie nämlich tun könnten – und das wäre in Ihrem eigenen Hause zu tun –, das tun Sie nicht. Da komme ich jetzt wieder


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auf etwas, was wir aufgedeckt haben, und das ist die nachhaltige Beschaffung. Meine Damen und Herren! Es werden vielleicht nicht alle wissen, was die Nabe, nachhaltige Beschaffung, ist. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt – was wir sehr gut fanden –, dass man nachhaltig beschafft, heißt regional, saisonal, 25 Prozent Bioanteil bis Ende 2023. Jetzt haben wir mehrere Anfragen­serien dazu gemacht. Diese Beantwortungen sind jetzt auch zurückgekommen, wir haben sie ausgewertet.

Was kommt raus? – Der Bioanteil, der 25 Prozent sein sollte, ist bei unter 3 Prozent, und auch die eigenen Programme, wo sich die Landwirtschafts­frakt­ion, der Bauernbund, hinstellt und sagt: Wir haben Qualitätsprogramme, beim Geflügel zum Beispiel; alles in der Nabe muss GVO-frei eingekauft werden!, werden nicht eingehalten. (Abg. Lindinger: Regional ist es schon!) Also Sie kaufen auch nicht die regionalen und saisonalen Produkte von den konventionellen Bauern. (Beifall bei den NEOS.)

Da muss ich mich ehrlich gesagt hier schon als Oppositionspolitikerin hinstellen und fragen: Was macht ihr da eigentlich? Ihr kauft nicht einmal die eigenen Produkte? (Abg. Loacker: Reine Politfolklore!) Nicht einmal die Ministerien schaffen es, die Produkte, die von den Landwirten in Österreich produziert werden, zu kaufen? Es gibt im Augenblick ein Geflügellos – so heißt das –, also da wird Geflügelfleisch eingekauft. Das ist im Augenblick ausgeschrieben. Nabe-konform müsste sein: 100 Prozent GVO-frei, ein Qualitätsprogramm der österreichischen Landwirtschaft, damit eigene Produkte gekauft werden.

Was ist ausgeschrieben? – Standard! Standard heißt nicht GVO-frei, Standard bedeutet weiters, das Hendl kann auch aus Polen kommen. Das ist die Konsequenz Ihrer Landwirtschaftspolitik! Das kann man doch nicht mehr ernst nehmen! (Beifall bei den NEOS.)

Ganz ehrlich: Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn die Menschen sich ein wenig veräppelt fühlen, und die Bauern tun das auch mehr und mehr. (Abg. Scherak: Da ist der Bauernbund so ruhig plötzlich! Komisch! – Abg. Lindinger: Gar


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nicht! Wir haben gesagt, regional ist es!) Also tun Sie schlicht und einfach das, was Sie in Ihren Häusern machen können, kaufen Sie die österreichischen Produkte und unterstützen damit die österreichische Landwirtschaft wirklich – es sind 330 Millionen –, dann könnten Sie sich in der Zukunft auch Ihre Brosamen, da ein bisschen was und dort ein bisschen was, sparen! (Beifall bei den NEOS.)

Herr Finanzminister – das ist ja ein Finanz-TOP –, die Beschaffungsagentur ist Ihnen unterstellt. Die macht gerade die Ausschreibung. Also wenn Sie hier unterstützen können, dann schauen Sie bitte darauf, was die Beschaffungsagentur macht, damit da auch Nabe-konform ausgeschrieben wird.

Und ja, Sie haben ein Problem bei den Finanzen: Diese 75 Millionen Euro finden nicht unsere Unterstützung (Abg. Kühberger: Aha! Aha! Gegen die Bauern! Typisch NEOS! Nur für die Biobauern, nicht für die konventionellen!), denn das ist aus unserer Sicht zukunftsvergessen, weil wir glauben, dass hier endlich das Budget wieder auf einen Konsolidierungspfad gehört. 20 Milliarden Euro Defizit, ein Budgetpfad, der mittelfristig katastrophal ausschaut, soweit wir das im Augenblick erkennen können. So macht man keine Politik.

Herr Obernosterer, noch einmal zu Ihnen kommend zum Abschluss: Wenn Sie das als Finanzkompetenz bezeichnen, dann sollten wir das vielleicht auch noch einmal diskutieren. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kühberger: Von Mercosur sagen Sie nichts? – Abg. Doppelbauer – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Gern, jederzeit!)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hubert Fuchs. – Bitte.


12.24.37

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Wir haben bereits im Frühjahr 2022 eine temporäre Agrardieselvergütung beschlossen. Mit dem vorliegenden


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Initiativantrag soll diese Regelung rückwirkend um zweieinhalb Jahre bis 2025 verlängert werden. Darüber hinaus sieht das Nationale Emissionszertifikate­handelsgesetz eine pauschale Rückerstattung der CO2-Strafsteuer vor, und obwohl diese pauschale Rückerstattung der CO2-Strafsteuer bereits im Jahr 2022 eingeführt wurde, ist bis jetzt leider kein einziger Cent an die Land- und Forstwirte geflossen. Das dauert alles viel zu lange, Herr Finanzminister. Ich erinnere mich da an die Coronahilfen, als es auch teilweise ewig gedauert hat, und ich erinnere mich auch an den Bürokratismus, der mit diesen Coronaanträgen eingeführt wurde.

Die Vergütungsanträge sind an die AMA zu stellen, die Auszahlung erfolgt dann entweder durch das Zollamt Österreich oder auch durch die AMA, je nachdem, welche Rückerstattungsvariante man beantragt. Warum braucht es da immer derart komplizierte Regelungen, Herr Finanzminister? Warum braucht es da zwei Rückerstattungsmöglichkeiten und zwei Auszahlungsstellen? Warum kann man das nicht einheitlich regeln, wo man nur einen Antrag und eine Auszahlungsstelle hat? Und warum wird diese Agrardieselvergütung immer nur temporär einge­führt? Die Land- und Forstwirte sowie die übrigen Österreicher werden auch in Zukunft unter den hohen Spritpreisen leiden. Da kann man die Agrardiesel­vergütung gleich als Dauerrecht einführen.

Hätten wir keine CO2-Strafsteuer, dann bräuchten wir dieses ganze komplizierte und teure Regelwerk nicht. Auch das Amt für den nationalen Emissions­zertifikatehandel, wo es immerhin 65 Planstellen gibt, könnten wir damit gleich einsparen.

Es ist aber auch kein Wunder, dass die Besteuerung der Spritpreise aus dem Ruder gelaufen ist. Die ganze Bürokratie der schwarz-grünen Bundesregierung muss ja irgendjemand finanzieren. Der Dieselpreis besteht 2024 zu 48 Prozent aus Steuern und Abgaben – Mineralölsteuer, CO2-Strafsteuer, Umsatzsteuer –, beim Benzin sind es sogar 55 Prozent. In Slowenien, Kroatien und vielen anderen EU-Ländern tankt man viel günstiger. Warum kann das nicht auch in Österreich so sein? (Beifall bei der FPÖ.)


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Herr Finanzminister! Schaffen Sie endlich diese unsinnige und bürokratische CO2-Strafsteuer ab! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.


12.27.48

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zur Sache komme, begrüße ich im Namen unseres Abgeordneten Mario Lindner sehr gerne eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der polytechnischen Schule Rotten­mann aus dem Bezirk Liezen. Willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Es bleibt nicht so erfreulich, denn die Bundesregierung hat das Budget leider nicht im Griff, seit Jahren nicht, und das manifestiert sich jetzt leider mehr als deutlich. Das Defizit steigt, wir halten mit Stand April dieses Jahres bei einem Defizit von 12 Milliarden Euro, wir steuern bis Jahresende auf 20 Milliarden Euro zu. Sie erinnern sich an die letzte Plenarsitzung im Mai? – Da wurde ein 900-Millionen-Euro-Paket an Förderungen auf die Reise gebracht. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Förderungen sind gut, sind wichtig. Sie müssen ausgeschüttet werden. Das ist gut, wenn der Staat unter die Arme greift (Zwischenruf des Abg. Loacker), aber wir müssen wissen, ob das sinnvoll ist, ob das bei den Richtigen ankommt, ob die Höhe stimmt, ob das wirksam ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kühberger: Das sind Ausgleichszahlungen, keine Förderungen!)

Und vor allem, ein Punkt, der unserer Meinung nach massiv Kritik bedeutet – und das tun wir schon lange, dass wir das deutlich sagen –: Wo ist die Gegenfinanzierung? Da werden 900 Millionen Euro ausgegeben und wir wissen nicht, wo die dann wieder herkommen sollen. Sie können jetzt noch so viel zwischenrufen – diese Gegenfinanzierung fehlt, und das ist unverantwortlich! Wir sprechen bei diesen 900 Millionen Euro unter anderem auch von Land­wirtschaftsförderungen.


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Lieber Kollege Obernosterer! Wir schätzen die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern wirklich sehr (Rufe bei der ÖVP: Aber?!), aber ich glaube, auch für die Bauern ist interessant, ob die Förderungen, die ja auch sie einzahlen, wieder sinnvoll ausgegeben werden. Ja, das ist doch ein Grundrecht der Steuer­zah­ler:innen, dass sie wissen: Ist mein Steuergeld in Ihren Händen gut aufgehoben? – Ich muss sagen: Leider nein. Und es ist unsere Aufgabe, das auch aufzuzeigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte damit schließen – mein Kollege Jan Krainer hat es bereits deutlich gesagt –: Die Gegenfinanzierung hat da zu sein. Sie fehlt, und das ist Ihre (in Richtung Bundesminister Brunner) Verantwortung, das ist die Verantwortung der Bundesregierung!

Ich darf damit enden, über die Diskussion mit dem Präsidenten des Fiskalrates in unserem Budgetausschuss zu berichten. Er sagt: Gerade in Zeiten wie diesen sollten keinerlei Maßnahmen ohne Gegenfinanzierung erfolgen. Das Problem liegt in der Konsolidierung der nächsten Jahre. Einnahmen- und Ausgabenpfad müssen – müssen! – wieder besser aufeinander abgestimmt werden. Zitat weiter: Wir müssen konsolidieren. – Der Fiskalrat sagt aber nicht, durch welche Maßnahmen. Es ist auch nicht seine Aufgabe.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Gegenfinanzierung anschaulich darzu­stellen und überhaupt einmal eine vorzulegen ist die Aufgabe der Bundes­regierung und des Finanzministers, weder die Aufgabe des Fiskalrates noch die Aufgabe der Opposition. Die Bundesregierung hat diese Aufgabe leider gar nicht erfüllt, überhaupt nicht erfüllt. Sie hat Baustellen auf Kosten der nächsten Bundesregierung produziert, nach dem Motto: Hinter uns die Sintflut! – Österreich hat das nicht verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte. (Abg. Krainer: Vielleicht erfahren wir jetzt was zur Gegenfinanzierung! – Abg. Leichtfried: Vielleicht erfahren wir überhaupt einmal etwas!)



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12.31.41

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, ich verrate kein großes Geheimnis, wenn ich sage, dass die Rückver­gü­tung der ÖVP ein größeres Anliegen war als uns. Vielleicht aus anderen Gründen, als es einige von Ihnen vermuten würden, glauben wir Grünen, dass es in Zeiten von gestiegenen Produktionskosten, Energiekosten, zusätzlichen Auflagen und Ansprüchen an die Bäuerinnen und Bauern, was ökologische Fragen betrifft, und gleichzeitig eines relativ starken Drucks, was die Preis­situation bei landwirtschaftlichen Produkten betrifft, eine Unterstützung für die Landwirtschaft braucht. Ja, das glauben wir schon, und deshalb stimmen wir diesem Antrag zu.

Trotzdem wäre es uns, wenn wir das alleine entscheiden könnten, natürlich ein Anliegen, Förderungen zu beschließen, die kleineren Landwirtschaften stärker oder zumindest gleich stark wie großen Landwirtschaften zugutekommen (Abg. Greiner: Wir müssen das ... setzen!), aber gut, es war ein Wunsch des Bauern­bundes, es ist halt auch ein Kompromiss.

Was wir jedenfalls nicht gemacht hätten, ist, dass wir diese 7-Cent-Vergütung so verkaufen, als wären es 20 Cent Vergütung. Da wird nämlich einfach eine alte Maßnahme mitverkauft und so getan, als wären es 20 Cent, und da muss ich dann ausnahmsweise einmal Abgeordnetem Fuchs recht geben: Es wundert einen dann natürlich nicht, dass sich die Landwirte gefrotzelt fühlen, weil die natürlich wissen, dass das jetzt nur 7 Cent waren und nicht 20.

Was für uns als Grüne jedenfalls wesentlich war, ist, dass diese Rückvergütung keine klimaschädliche Subvention ist, sondern dass der Anreiz, Sprit zu sparen, Emissionen zu senken, bestehen bleibt, und das ist mit dieser Förderung gewährleistet, weil es eine pauschale Rückvergütung ist, die sich quasi an den Hektaren bemisst und nicht am Liter Benzin oder in dem Fall Diesel, der verbraucht worden ist.


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Es ist vollkommen egal, ob das Feld mit einem großen Spritfresser gepflügt wird, ob Ethanol getankt wurde, ob mit einem Elektrotraktor oder mit dem Ochsen gepflügt wurde, es gibt immer die gleiche Kompensation, und insofern ist die Logik sehr ähnlich wie bei CO2-Bepreisung und Klimabonus. Es gibt einen Anreiz, Emissionen einzusparen, und trotzdem soll ja dabei den Bäuerinnen und Bauern nicht die wirtschaftliche Grundlage genommen, das wirtschaftliche Überleben erschwert werden. Deshalb gibt es diese Kompensation.

Insofern finde ich das auch vertretbar. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

12.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


12.34.11

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen sowie geschätzte Zusehe­rinnen und Zuseher! Kollegin Doppelbauer hat vorhin schon ausgeführt, warum wir gegen dieses zusätzliche Dieselprivileg in der Landwirtschaft sind.

Ich möchte zwei Bereiche besonders hervorstreichen. Das eine ist: Ja, die Energiekostenexplosion war für alle Bereiche in unserer Gesellschaft eine Herausforderung. Wir haben auch für alle Bereiche Maßnahmen beschlossen und oft auch mitgetragen oder zumindest unterstützt, dass diese Maßnahmen besser werden. Das hat die Haushalte betroffen, das hat die produzierende Wirtschaft betroffen, das hat wirklich jeden Bereich betroffen, auch die Land­wirtinnen und Landwirte sind von all diesen Maßnahmen umfasst gewesen, nämlich sowohl als Privatpersonen wie auch als Betriebe.

Die Sonderrolle der Landwirtschaft hat in der Vergangenheit auch dazu geführt, dass es schon zwei eigene Pakete mit eigenen Subventionen für die Land­wirtschaft gegeben hat. Jetzt kommt eine neue Subvention. (Abg. Loacker: Die


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Pakete sind so groß, da brauchst du einen Traktor!) Und das, was die neue Subven­tion beinhaltet – das verursacht Kosten von 75 Millionen Euro –, ist, dass im Nachhinein, rückwirkend für zwei Jahre, und gleich fürs nächste Jahr dazu ein Wahlzuckerl – man muss es genau so nennen – in der Höhe von 75 Millionen Euro beschlossen werden soll, das die Grünen mittragen.

Man darf sich, und das ist der zweite Punkt, von den Grünen da nicht Sand in die Augen streuen lassen. Natürlich ist das eine klimaschädliche Subvention! Es ist eine Subvention, die meinetwegen nach den Hektaren ausgerichtet ist, die aber durch den Dieselverbrauch begründet wird. Die Glaubwürdigkeit der Grünen in der Frage des Abbaus von klimaschädlichen Subventionen ist nahe an der Nullgrenze oder vielleicht schon darunter.

Warum will ich das ein bissl hervorstreichen? – Immer wenn man in der Vergangenheit gehört hat, was die Grünen fordern, und wenn man dann sieht, was sie im Parlament beschließen, sind das zwei komplett unterschiedliche Welten. Ich habe nur ein paar Positionen herausgesucht, die ich jetzt einfach einmal mit Ihnen teilen will, um Ihnen zu zeigen, wie glaubwürdig grüne Politik ist:

Im Juni 2020 gab es das Klimavolksbegehren. Lukas Hammer, der Klimasprecher der Grünen, hat dieses Klimavolksbegehren begrüßt, hat gesagt, man solle es ernst nehmen und alle Punkte, die darin gefordert werden, umsetzen. Das Klima­volksbegehren hat ganz konkret den Abbau von klimaschädlichen Subventionen gefordert. Genau diese bauen die Grünen aber gerade aus.

Im Juli 2021 hat ein gewisser Jakob Schwarz eine Presseaussendung ausge­schickt, er begrüße die Einführung der CO2-Steuer, um Kostenwahrheit herzustellen. Das ist der gleiche Jakob Schwarz, der heute einen Antrag einbringt, um die Kostenwahrheit wiederum zu zerstören.

Im Juli 2022 wurden die durch den Klimarat, der auf Initiative der Grünen, der ÖVP und der NEOS eingesetzt worden ist, ausgearbeiteten Positionen von


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diesem einmal an die Klimaministerin und einmal informell auch an die Abgeordneten des Nationalrates übergeben. Der Klimarat, der sich sozusagen repräsentativ aus der Gesamtbevölkerung zusammengesetzt hat, hat ganz konkret den Abbau klimaschädlicher Subventionen gefordert.

Im Dezember 2022 ist eine Wifo-Studie herausgegeben worden, die eine Analyse der kontraproduktiven Subventionen beinhaltet hat, die gesagt hat: 5 Milliarden Euro geben wir in normalen Jahren für klimaschädliche Sub­ven­tionen aus, in Zeiten der Energiepreisexplosion waren es bis zu 15 Milliarden Euro.

Im Jänner 2023 kommt dann die Klimaministerin und fordert im „Standard“ den „Abbau klimaschädlicher Subventionen“.

Im Dezember 2023 sagt die gleiche Klimaministerin auf der Klimakonferenz in Dubai, dass wir sicherlich nicht finanzieren sollen, was wir bekämpfen.

In all der Zeit gab es regelmäßig, vor allem durch die jungen Menschen getragen, Klimastreiks, auf denen die grüne Basis und grüne Politikerinnen und Politiker mit ihren Schildern gestanden sind und den Abbau klimaschädlicher Subven­tio­nen gefordert haben.

All das erzählen Ihnen die Grünen jeden Tag; und wenn Sie dann ins Parlament schauen, dann sehen Sie die Anträge, in denen sie das Gegenteil von dem machen, was sie jahrelang versprechen – in Interviews, auf Klimakonferenzen, auf Parteitagen, bei Demonstrationen. Glauben Sie keinem Grünen ein ein­ziges Wort! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.



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12.38.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Jeder Euro, der in die österreichische Land- und Forstwirtschaft investiert wird, ist gut investiertes Geld.

Warum? – Wir sichern damit die Versorgung, und zwar die Produktion von Lebensmitteln, von Rohstoffen und von Energie. An dieser Stelle an meine Kolleginnen und Kollegen, an die Bäuerinnen und Bauern in ganz Österreich, ein herzliches Dankeschön. – Ihr macht alle einen tollen Job, vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sichern mit dem Geld, das wir in die österreichische Land- und Forstwirtschaft investieren, auch, dass die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Zukunft Investitionen tätigen können, und das ist notwendig, um Land- und Forstwirt­schaft auch auf dem Stand der Technik betreiben zu können. Das ist notwendig, um letztendlich auch wirtschaftlich effizient zu sein, und das ist notwendig, um den höchsten Umwelt- und Ökostandards, die in Österreich und in Europa gelten, zu entsprechen.

Jeder Euro für die Landwirtschaft ist gut investiertes Geld, weil die wirtschaft­liche Situation in den landwirtschaftlichen Betrieben verbessert wird und damit Familieneinkommen gesichert werden. Aus diesem Grund halte ich fest – noch einmal –: Jeder Euro für die Landwirtschaft ist gut investiertes Geld und eine Investition in die Sicherheit und in die Zukunft unseres Landes – vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Heute beschließen wir einen Teil dieses sogenannten Agrardieselpakets, das im Dezember 2024 zur Auszahlung kommen wird, und zwar sind das 37,5 Cent, basierend auf standardisierten, wissenschaftlich abgesicherten Werten, wie viel Liter Dieselöl man quasi auf der Fläche verbraucht. Da – das hat Kollege Schwarz schon sehr gut ausgeführt – ist auch ein Anreizmodell drinnen. Warum? – Weil jener Landwirt, der weniger Diesel verbraucht, sozusagen von dieser


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Unterstützung auch mehr hat. Das ist ein Gebot der Stunde bei diesen hohen Preisen, dass der Treibstoffverbrauch dank modernster Technologie letztendlich auch gesenkt wird. Es ist nur logisch, dass Bäuerinnen und Bauern in der Land- und in der Forstwirtschaft in Österreich so agieren. Es gelingt uns damit eine weitere Absicherung, neben den vielen Maßnahmen für die landwirtschaftlichen Betriebe, die aus dem Land- und Forstwirtschaftsministerium gekommen sind.

Wir sichern aber damit auch – bitte aufpassen, denn das Letzte, das wir aktuell in Österreich brauchen, ist eine Neiddebatte – die europäische Wettbewerbs­fähigkeit, weil auch andere Länder in der Europäischen Union auf den Agrardiesel setzen und unser Ziel in den Verhandlungen immer ist, sozusagen auf ein durchschnittliches, auf ein gerechtes Niveau zu kommen.

Ich bedanke mich wirklich herzlich bei allen, die mitgewirkt haben. Letztendlich sichern wir auch die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft in Österreich ab. Da möchte ich jetzt ein wenig ins Detail gehen, zuerst betreffend die messbaren Leistungen: Ein Bauer ernährt 117 Österreicherinnen und Österreicher. Nehmen Sie bitte diese Zahl als Beweis dafür, dass es notwendig ist, über die öster­reichische Landwirtschaft die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln sicherzu­stellen!

Zweiter Bereich – auch in Tagen wie diesen immer wieder in der Kritik; aber Minister Totschnig hat das in der Früh schon sehr gut argumentiert –: die Situation der Biodiversitätsflächen. In den letzten zwei Jahren sind die Biodiver­si­tätsflächen in der österreichischen Landwirtschaft von 150 000 Hektar auf 230 000 Hektar gestiegen. Auch für dieses Engagement geht mein Dank und meine Anerkennung an meine Kolleginnen und Kollegen.

Der dritte Bereich betrifft die Reduktion der Treibhausgase. Auch in diesem ist die Landwirtschaft Vorbild, weil die Quote seit 1990 um circa 16 Prozent zurückgegangen ist. Seit 1990 ist also eine Reduktion der Treibhausgase um 16 Prozent gelungen. Wenn man sich das im Vergleich anschaut: Im Sektor Verkehr sind die Treibhausgasemissionen um 51 Prozent gestiegen.


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Der nächste Bereich: vorbildlich bewirtschaftetes Ackerland. Es gibt ja das öster­reichische Umweltprogramm für die Landwirtschaft. Da ist zu erwähnen, dass dieses viele Anreizmodule beinhaltet, die den Humusaufbau auf den österreichi­schen Äckern und Wiesen unterstützen. Auch in diesem Bereich ist zu berichten, dass diese Maßnahmen greifen und der Humusgehalt der österreichischen Böden im Steigen begriffen ist.

Abschließend zur klimasmarten Waldbewirtschaftung: Auch da gibt es immer wieder Kritikpunkte. Die gute Nachricht ist, dass in Österreich pro Jahr lediglich 89 Prozent des Zuwachses geerntet werden. Das heißt im Umkehrschluss, der österreichische Wald wird erstens in der Fläche mehr und zweitens im Volumen mehr und ist damit auch ein Beitrag als Kohlenstoffsenker für den Klimaschutz in Österreich. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Bäuerinnen und Bauern, die in der Forstwirtschaft tätig sind. Der österreichische Wald ist zum einen ein Schutzwald, er ist zum anderen ein Erholungswald. Er sorgt auch für eine schöne Landschaft. Wenn wir im agrarischen Kontext reden, ist es wichtig zu sagen, dass wir die Landwirtschaft und ihre Leistungen hoch wertschätzen und die Forstwirtschaft in ähnlicher, in gleicher Art und Weise. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich mich bei Herrn Bundesminister Brunner für seinen Einsatz für die österreichische Land- und Forstwirtschaft bedanken, ebenso bei Minister Totschnig und im Besonderen bei Herrn Bundeskanzler Nehammer. Er war besonders damit befasst; er war ein wichtiger Spieler und hat dazu beige­tragen, dass dieses Agrardieselpaket das Licht der Welt erblicken konnte.

Abschließend noch einmal: Jeder Euro, der in die österreichische Land- und Forstwirtschaft investiert wird, ist ein guter Euro. – Vielen Dank, alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

12.45



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Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christoph Matznetter zu Wort. – Bitte. (Abg. Loacker: Da inhaltlich anzuschließen wird schwierig! – Abg. Stögmüller: Sag ein paar Mal Danke!)


12.46.03

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Glaubt ihr, dass ich auch eine Wahlrede für die Bauern halten werde? – Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Kollege Bernhard hat den Grünen schon einiges vorgehalten. (Ruf bei den NEOS: Zu Recht!) Ich verstehe auch, dass der Klimasprecher der Grünen bei dieser Diskussion nicht anwesend ist – immerhin wird sein Konterfei auf der Homepage gruene.at unter „Klimaschutz“ gezeigt.

Vielleicht sollten wir bei der Gelegenheit den grünen Kolleginnen und Kollegen sagen, dass sie einmal auf der eigenen Homepage nachschauen sollten, was unter der Überschrift – gleich oben als zweiter Punkt – „Wofür wir stehen“ steht: „Abschaffung aller umweltschädlichen Subventionen“. (Abg. Loacker: Gibt es das analog? Kannst du es mir ausdrucken? – Abg. Stögmüller – erheitert –: Ausdrucken! – Abg. Scherak: Abschreiben! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Es gibt zwei Möglichkeiten für euch: Entweder ihr bleibt nachher sitzen, wenn es zur Abstimmung über die Verlängerung des Agrardiesels kommt, oder ihr ändert die Überschrift, von „Wofür wir stehen“ auf „Wofür wir umfallen“. – Das wäre dann nämlich passend, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker. – Abg. Schwarz: Du hast ja keine Ahnung, Christoph! Das ist das Prob­lem! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es ist ja wirklich unfassbar, zu was man sich da durchringt. Aber nicht nur das, dann wird noch zu einer Argumentation geklatscht, wie sie Kollege Obernosterer gewählt hat. Er hat darüber geredet, wie arm denn die betroffenen Subven­tionsempfänger seien, weil noch immer niedrigere Preise anfallen. Komischerweise haben die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes die letzten 24 Monate jede


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Woche mehr für Lebensmittel zahlen müssen. Lebensmittel sind einer der Haupt­treiber unserer Inflation! (Abg. Schmuckenschlager: Personalkosten, Lohnkosten!) Und Sie stellen sich hierher und sagen, die wären gesunken?!

Wenn es aber so ist, dass es nicht angekommen ist, Herr Kollege, kann man schon gerne darüber reden (Abg. Schmuckenschlager: Na, weil der Hauptanteil Lohn- und Energiekosten sind!): Was steht denn zwischen der Urproduktion beim Bauern und dem Preis, der an der Kasse beim Billa oder beim Spar zu zahlen ist? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Da stehen die ganze Raiffeisen-Nahrungsmittel­industrieverarbeitung und der Großhandel. (Abg. Schmuckenschlager: Sehr viele Mitarbeiter, die Lohnerhöhungen bekommen haben!) Wenn es so ist, dass dieser Gewinn dort verschwunden ist, dann sollten Sie sich sofort auf den Weg machen, Herr Kollege, um zu schauen, dass das Geld durch höhere Einkaufs­preise bei den Bauern ankommt – aber nicht hier die Blankoschecks beim Finanzminister bestellen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schnabel.)

Die, die Steuern im Lande zahlen – das sind nicht die Pauschalierten –, haben genug gezahlt, wirklich genug gezahlt, die brauchen keine zusätzlichen unge­deckten Schecks mehr von Ihnen. (Abg. Kühberger: Da geht’s um Wettbewerbs­fähigkeit, europaweit!) Wir bekommen hier Absurditäten zu hören: Gabriel Obernosterer wettert gegen Marxismus und Planwirtschaft, während er gleich­zeitig eine Subventionierung befürwortet. (Zwischenruf des Abg. Kühberger.) Fällt Ihnen die Realsatire auf, die Sie hier veranstalten? Lassen Sie das sein!

Grüne Kolleginnen und Kollegen: Bleibt sitzen, damit ihr nicht hineinschreiben müsst: Wofür wir umfallen! Lassen wir das Thema Wahlkampfzuckerl und hören wir auf, ungedeckte Schecks zu verteilen! Damit wäre dem Land geholfen, am Ende sogar der ÖVP. – Vielen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte.



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12.49.35

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Zuseher! (Unruhe im Saal.) Habts es? – Gut. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Dem Redebeitrag des Herrn Bauernbundpräsidenten von der ÖVP kann man durchaus etwas abgewinnen. (Abg. Lindinger: ... nach Brüssel! ... Brüssel!) Er liegt da vollkommen richtig, und ich muss einmal ein ehrliches Lob aussprechen – und das mache ich selten –, und zwar ein Lob dahin gehend, dass auch die ÖVP endlich erkannt hat, dass man bei den Bauern etwas machen muss und dass dort an Schrauben gedreht werden muss (Abg. Reiter: Hast du das letzte Jahr geschlafen? – Abg. Lindinger: Genau, weil die Freiheitlichen ... alles!), dass es eine Entlastung für die Bauern braucht. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur SPÖ darf ich nur ganz kurz Folgendes sagen: Das sind keine Förderungen! Das sind keine - - (Abg. Lindinger: ..., Vollspalten, ..., überall gegen die Bauern!) Du kannst ja dann herausgehen und kannst reden. – Das sind keine Förderungen, sondern das ist eine Steuerrückvergütung. Das heißt, die Bauern zahlen zuerst die Steuer, zahlen zuerst die CO2-Steuer, zahlen die Mineralölsteuer, dann stellen sie einen Antrag und dann kriegen sie etwas zurück. (Abg. Krainer: Nein, das ist falsch!)

Zur Geschichte des Agrardiesels: 2014 - - (Abg. Krainer: Das ist einfach falsch!) Ja, das kann Ihnen gefallen oder auch nicht gefallen. – Zur Geschichte des Agrar­diesels: 2014/2015 hat die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP den Agrardiesel abge­schafft und hat damit für einen massiven Wettbewerbsnachteil für die österreichische Landwirtschaft gesorgt. Man hat das einfach so hingenommen und hat das einfach als gottgegeben gesehen, während in anderen Ländern in der EU die Bauern durchaus unterstützt worden sind. Der Wettbewerbsnachteil in Österreich wurde also nicht ausgeglichen.

Dann ist die Coronazeit gekommen, die Teuerung hat uns erfasst, und was haben die ÖVP und die Grünen – die waren dort auch dabei –, was habt ihr


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gemacht? – Ihr habt in Zeiten der Teuerung, als die Betriebsmittel gestiegen sind (Abg. Michael Hammer: Kosten für Betriebsmittel!), als sich die Leute teilweise das Essen nicht mehr haben leisten können, als die Leute sich das Heizen nicht mehr haben leisten können, weil die Energiepreise gestiegen sind, habt ihr eine CO2-Steuer eingeführt, was die ganze Teuerung noch einmal angeheizt hat. (Zwischen­ruf der Abg. Reiter. – Abg. Michael Hammer: Wieso haben sie eigentlich nicht dich als Kommissar vorgeschlagen?)

Weil es dann einfach nicht mehr gegangen ist, habt ihr 2022/2023 temporär einen Agrardiesel eingeführt, wobei man aber ehrlicherweise eines sagen muss: Das, was ihr da gemacht habt, hat mit Agrardiesel nichts zu tun. Wenn man sich das anschaut, sieht man – die Zahlen sind von der LK, von der Landwirt­schafts­kammer –: 10,5 Cent pro Liter CO2-Rückvergütung und 7 Cent Steuerrück­vergütung für den Diesel, also im wahrsten Sinne des Wortes kein Agrardiesel.

Jetzt, kurz vor den Wahlen, kommt die ÖVP daher, weil ihr die Bauern in Scharen davonrennen, und denkt sich: Jetzt müssen wir ein Wahlkampfzuckerl machen, wir führen den Agrardiesel wieder ein! (Ruf bei der ÖVP: Du bist jetzt dagegen oder was? – Ruf bei der ÖVP: Bist du gegen den Agrardiesel? – Zwischenruf der Abg. Reiter.) – Im Endeffekt ist das Ganze ein Tropfen auf den heißen Stein und wird die Bauern nicht wirklich weiterbringen. Es ist gut, dass etwas gemacht wird, aber es ist eindeutig viel zu wenig und viel zu spät. (Abg. Reiter: Hauptsache, selber keine Ideen haben!) Außerdem muss man dazu auch eines sagen: Wenn ihr es wirklich ernst meintet, dann würdet ihr es nicht zeitlich begrenzt einführen, sondern dann würdet ihr es umgänglich einführen. (Abg. Michael Hammer: Dauer­haft, nicht umgänglich!)

Im Gegensatz zu anderen Ländern – auch das ist zu kritisieren – wird bei diesem Modell des Agrardiesels beziehungsweise der Steuerrückvergütung nicht der tatsächliche Preis rückvergütet oder gibt es nicht für den tatsächlichen Verbrauch des landwirtschaftlichen Betriebes eine Steuerrückvergütung, nein, es wird mit


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veralteten Zahlen ein pauschalierter Preis errechnet, der bei Weitem mit der Praxis und mit der Realität nichts zu tun hat.

Wie immer bei der ÖVP sind das nur halbe Sachen, deswegen werdet ihr im Herbst auch die Rechnung präsentiert bekommen. (Abg. Michael Hammer: Schau ma mal! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Eines darf ich euch auch klar sagen: Wir werden dann diese CO2-Steuer abschaffen und wir werden den Bauern und den landwirtschaftlichen Betrieben die Mineralölsteuer erlassen. (Abg. Michael Hammer: Schau ma mal, dann seh’n ma scho!) Das ist eine Entlastung – und das hier ist ein Pfusch. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: ... schaumge­bremst! Schau ma mal, ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Auch die Freiheitlichen sagen nicht, wie sie es finanzieren! – Abg. Wöginger: Das haben sie bei euch gelernt!)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Angela Baumgartner zu Wort. – Bitte.


12.54.47

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf im Namen von Ernst Gödl die Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Laßnitzhöhe auf das Herzlichste hier begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Kollege Schmiedlechner, wenn man Ihre Rede hört, dann weiß man beziehungsweise hört man heraus, dass Ihr Verständnis für die Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern nicht sehr groß ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Agrardieselvergütung schaffen wir Chancen- und Wettbewerbs­gleich­heit, denn im internationalen und vor allem im europäischen Vergleich sehen wir schon, dass unsere Bäuerinnen und Bauern einen klaren Wett­bewerbsnachteil haben. Das heißt jetzt nicht, dass wir das auch machen, weil es die anderen machen, nein, sondern uns sind die Landwirtschaft und die damit verbundene


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Versorgungssicherheit im eigenen Land mit heimischen Lebensmitteln etwas wert. Es geht um Wertschätzung und es geht um ein klares Bekenntnis zu unseren Betrieben, zu unseren Bäuerinnen und Bauern.

Es braucht Rahmenbedingungen, die unsere Landwirtschaft, aber auch generell unsere Wirtschaft stärken, nachhaltig, robust und konkurrenzfähig machen.

Herr Kollege Krainer, wenn Sie von einer Gegenfinanzierung sprechen, wie stellen Sie sich die Gegenfinanzierung vor: mit Erbschaftssteuer, mit Vermögen­steuer? (Abg. Krainer: Das ist Ihre Entscheidung! Sie wollen Geld ausgeben, Sie müssen sagen, wo Sie es herholen!) Wie stellen Sie sich das vor? Sie wollen Erb­schaftssteuer und Vermögensteuer einführen (Abg. Krainer: Was ist denn das für eine Idee: Ich soll Ihre Ideen finanzieren? Das kann ja nicht Ihr Ernst sein!), und das, glaube ich, ist nicht sehr gut für unsere Land- und Forstwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bundesregierung hat mit der Abschaffung der kalten Progression, mit der ökosozialen Steuerreform und weiteren Gesetzen wichtige Schritte zur Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher gesetzt, und wir sehen: Die Inflation geht zurück, mit nachhaltiger und langfristiger Kaufkraftstärkung und Reallohnsteigerung. (Abg. Krainer: Da verdreht sogar der Finanzminister die Augen bei der Frage, ich soll sagen, wie Sie das finanzieren! Das ist ja Ihre Idee, nicht meine!) Das gibt es in anderen Ländern nicht.

Warum erwähne ich das hier noch einmal? – Weil es für die Bäuerinnen und Bauern wichtig ist, Rahmenbedingungen für die Produktion unserer Lebensmittel zu schaffen und gleichzeitig den Konsumentinnen und Konsumenten auch die Kaufkraft zu geben, sich diese österreichischen Produkte leisten zu können, wenn sie es wollen – regional aus Österreich, Lebensmittel mit AMA-Gütesiegel. Nur so können die Bäuerinnen und Bauern unverzichtbar und unersetzbar werden und darüber hinaus regionale Wertschöpfung generieren. Faire Preise für Qualitätsprodukte, das ist das Ziel. Wir, Herr Kollege Krainer, sind der Feinkostladen der Welt. (Abg. Krainer: Sie stellen ungedeckte Schecks aus!)


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Auch die Herkunftskennzeichnung ist enorm wichtig, denn die Konsumenten müssen frei entscheiden können und müssen wissen, woher die Lebensmittel kommen, woher ihr Essen kommt.

Ich wohne im Bezirk Gänserndorf, das ist im Weinviertel, ein Weinbaugebiet und vor allem ein großes Ackerbaugebiet. Wir sind die Kornkammer und wir sind das größte Gemüseanbaugebiet Österreichs (Abg. Krainer: Es kommen noch vier solche Reden! Noch vier: Lindinger, Hofinger, Schmuckenschlager und Berlakovich! – Abg. Stöger: Das ist richtig!), und ich als Bürgermeisterin kann Ihnen sagen, dass wir ohne unsere Bäuerinnen und Bauern keine so schöne Kulturlandschaft hätten und dass die Arbeit der Bauern keinesfalls selbstverständlich ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Das ist Folter!)

Meine Rede ist Folter für Sie, Herr Kollege Krainer? (Abg. Krainer: Nein! Ich habe gesagt, jetzt kommen noch vier solche Reden! Eine ist total okay, aber jetzt kommen noch vier solche! Das ist ja wie ein AMA-Werbejingle!) – Dann gehen Sie hinaus! Sie müssen mir ja nicht zuhören, Sie können gern den Raum verlassen!

Hören Sie gut zu, Herr Kollege Krainer, denn nur die produzierenden Betriebe sind langfristig überlebensfähig, und faire Rahmenbedingungen wie der Agrardiesel bilden die Basis dafür, denn unsere Bäuerinnen und Bauern leisten Großes und sichern die Versorgung mit Lebensmitteln, die eine wichtige Grundlage – ich möchte sogar sagen: die wichtigste Grundlage – für ein gutes, gesundes und auch für ein friedliches Zusammenleben sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Lindinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.59.16

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im


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Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, wir diskutieren heute eine Ände­rung im Mineralölsteuergesetz, das sogenannte Agrardieselpaket.

Worum geht es? – Es geht darum, diese angespannte Liquiditätssituation, die Finanzsituation auf den bäuerlichen Familienbetrieben auch entsprechend ernst zu nehmen und hier entgegenzuwirken, es geht um die Lebensmittelversorgung hier in Österreich, damit wir diese auch in der Zukunft bestmöglich sicherstellen können, und es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Bäuerinnen und Bauern, dass diese auch im europäischen und internationalen Vergleich wettbewerbsfähig sind.

Deshalb gibt es heute hier einen Beschluss für die Unterstützung des soge­nannten Agrardieselpakets. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Im Detail geht es dabei um eine steuerliche Vergütung – es wurde bereits ange­sprochen – von 7 Cent je Liter, eine pauschale Abgeltung. Dazu kommen noch die CO2-Preis-Rückvergütung, im Jahr 2024 in der Höhe von 13,5 Cent, und ein Bodenbewirtschaftungsbeitrag von 17 Cent je Liter Diesel. Das macht in Summe 37 Cent für das Jahr 2024.

Weil es Kollege Fuchs angesprochen hat: Ja, es wird verwaltungsvereinfacht ausbezahlt, ganz einfach mit der Dezemberauszahlung, wie auch sonst die AMA-Zahlungen zu den Betrieben kommen.

Eines möchte ich an dieser Stelle schon klarstellen: All die Zahlungen, die die Bäuerinnen und Bauern erhalten, sind keine Förderungen, keine Subventionen, sondern das sind Ausgleichszahlungen, die die Bäuerinnen und Bauern brauchen, damit der Konsument und die Konsumentin günstige Lebensmittel erhalten. Dementsprechend muss man das hier herinnen schon sagen: keine Förderung und keine Subvention. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Schwarz. – Abg. Matznetter: ... Montecuccoli, zum Beispiel!)

Ich nehme als Beispiel einen landwirtschaftlichen Betrieb mit rund 40 Hektar Grünland her – Herr Kollege Matznetter, hören Sie zu! –: Bei der Auszahlung im


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Dezember ist das eine Entlastung von rund 2 500 Euro. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Bei einem durchschnittlichen Betrieb mit 30 Hektar Acker und 10 Hektar Grünland beträgt die durchschnittliche Unterstützung, die im Dezember ausbezahlt wird, 2 500 Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da müssen wir uns einig sein: Das ist kein Betrag, mit dem man die Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebs sicherstellen kann oder ohne den man die Existenz verliert. (Abg. Matznetter: ... der Montecuccoli mit 1 000 Hektar ...!) Das ist einfach eine Unterstützung aufgrund dieser angespannten und schwierigen Situation – wir alle kennen sie, sie ist im Grünen Bericht dargestellt –, des Einkommensrückganges in der Land- und Forstwirtschaft, und genau deshalb haben wir diesen Beschluss gefasst.

Ich sage daher dem Finanzminister ein großes Dankeschön, auch ein großes Dankeschön dem Landwirtschaftsminister und auch allen Kolleginnen und Kollegen, die dem heute zustimmen, dafür, dass wir mit diesem Agrardieselpaket eine wertvolle Unterstützung für die bäuerlichen Familienbetriebe bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Punkt, der in diesem großen Paket mitbeschlossen wird, sind noch 50 Millio­nen Euro Investitionszuschuss, Sondermittel für mehr Tierwohl. Dazu darf ich ein bisschen ausholen: Wir haben zu Beginn des Jahres schon den ersten Schritt gemacht, als wir die anrechenbaren Kosten beim Investitionszuschuss in Summe von 400 000 auf 500 000 Euro für alle Betriebe in Österreich erhöht haben, weil natürlich die Kosten – Baukosten et cetera – angestiegen sind. Das war der erste Schritt.

Jetzt, in einem zweiten Schritt, gibt es ein Top-up für die Schweinebranche, weil wir in diesem Bereich sehen, dass die Investitionen de facto nicht mehr vorhanden sind, und weil wir die Befürchtung haben, dass die Investitionen im Schweine­bereich zu einem Rückgang der Eigenmittelversorgung ebendort führen. Deshalb gibt es ein Top-up von 200 000 Euro auf in Summe 700 000 Euro anrechenbare


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Kosten beim Investitionszuschuss in der Schweinebranche. Das ist gerecht­fertigt, das brauchen wir, um die Lebensmittelversorgung in Österreich sicher­zustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben schon das Tierschutzgesetz 2022 diskutiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, wir sind darum bemüht, dieses Tierschutzgesetz, das der VfGH aufgehoben hat, bestmöglich zu reparieren. Dementsprechend haben wir als Bauernbund, als Volkspartei einen annehmbaren Vorschlag gemacht, und ich verstehe nicht, warum wir gemeinsam im Tierschutzgesetz einen Investitions­schutz von 23 Jahren beschlossen haben und Minister Rauch jetzt hergeht und sagt: Diese 23 Jahre will ich weghaben!

Wie stellt man sich das denn vor? Wenn Investitionen getätigt werden, dann muss sich das auch wirtschaftlich ausgehen, dann muss sich das auch dement­sprechend amortisieren. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Im Tierhaltungs­bereich hat man einmal eine Berechnung gemacht: Ein Stall, egal ob für Rind, Schwein, Huhn oder was auch immer, ist nach etwa 20, 25 Jahren abbezahlt. Deshalb stehen wir zu 100 Prozent zu diesem Investitionsschutz von 23 Jahren.

Ich gebe euch ein Beispiel: Meine sehr geehrten Zuseherinnen und Zuseher, was wäre, wenn jetzt jeder von uns in eine Heizung investieren würde, diese ist auf 20, 25 Jahre ausgelegt, und in drei Jahren kommt das Parlament drauf, dass jeder die Heizung rausreißen und in eine neue investieren muss? Das geht sich unterm Strich nicht aus. Jeder von euch würde das auch verstehen, dass man da eine gewisse Abschreibungszeit hat, weil man Zeit braucht, um diese Investi­tionen auch abzubezahlen, denn sonst hat man überhaupt keine Planungssicherheit mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Eines möchte ich schon noch aufzeigen: Wer steht denn hier im Hohen Haus hinter den Bäuerinnen und Bauern? – Das ist der Bauernbund, das ist die Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich erkläre euch auch, warum: In den letzten Jahren haben wir Anträge eingebracht, dass wir Stalleinbrüche bestrafen wollen – mehrheitlich von allen anderen Fraktionen abgelehnt, auch von der Freiheitlichen Partei. Mit der SPÖ und mit den Freiheitlichen ist ein Beschluss für ein Glyphosatverbot gefasst worden, obwohl die Wissenschaft festgestellt hat (Abg. Belakowitsch: Die Wissenschaft, ah so! – Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner– Herr Kollege Schmiedlechner, hören Sie zu! –, dass wir dieses Produkt in einem beschränkten Ausmaß brauchen. Es sind Beschlüsse gefasst worden; die SPÖ hat dazu beigetragen, dass mit dem VfGH-Urteil die Regelung im Tierschutzgesetz zum Thema Vollspaltenböden, die wir im Hohen Haus mehrheitlich beschlossen haben, zum Teil aufgehoben wurde.

Wir haben es auch schon gehört: Erbschafts- und Vermögensteuern: Die SPÖ, Kollege Krainer immer wieder, die Grünen, die NEOS, alle liebäugeln damit. Das geht auf Kosten derjenigen, die sich vom Grund nichts kaufen können (Abg. Deimek: Ich glaub’ halt, das ist genauso falsch wie deine Aussage zum gemeinnützigen Wohnbau! Das war nämlich auch zu 100 Prozent falsch!), die mit dem Grund wirtschaften müssen, die für die Lebensmittel in diesem Land sorgen, und das geht sich mit uns nicht aus. Wir stehen dazu: keine Erbschafts- und Vermögen­steuern mit dem Bauernbund und mit uns als Volkspartei, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Deimek: ... das letzte Mal den gemeinnützigen Wohnbau und dann jetzt das! Bist ja noch jung! – Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Wir stehen dazu: Wir sichern die Produktion in Österreich, deshalb gibt es Rahmenbedingungen, deshalb gibt es verschiedene Unterstützungsmaßnahmen. Wir als Bauernbund stehen dazu, dass unsere bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich gestärkt werden müssen und dass wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass wir in Österreich produzieren können, denn wir wollen nicht, dass wir die Produktion in Österreich einstellen (Abg. Deimek: Wie steht die ÖVP zum Mercosur-Vertrag?) und dann die Produkte mit niedrigeren Standards importieren. Das ist vielleicht ein Vorschlag von den Freiheitlichen – aber nicht


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mit uns! Wir haben in Österreich höchste Standards, wir haben Lebensmittel von höchster Qualität, und dazu stehen wir. Deshalb unterstützen wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Deimek: Wie steht die ÖVP zum Mercosur-Vertrag? Und was passiert dann?)

Weil vorhin Kolleginnen und Kollegen hier gestanden sind: Kollegin Doppelbauer (Abg. Doppelbauer: Da bin ich!), du hast die nachhaltige Beschaffung ange­sprochen. Wir stehen dazu, dass wir konventionelle Bäuerinnen und Bauern und Biobäuer:innen haben, und wir brauchen beide, denn die Lebensmittelversorgung geht sich sonst nicht aus.

Zu den landeseigenen Küchen kann ich für Oberösterreich festhalten – Kollegin, du bist ja auch aus Oberösterreich –: fast 70 Prozent Regionalanteil, 25 Prozent Bioanteil. (Abg. Doppelbauer: Das Landwirtschaftsministerium hat keine Ahnung, was sie machen! Keine einzige Zahl aus dem Landwirtschaftsministerium! Das ist ja wirklich ...!) Das ist der Jahresbericht von 2023, Kollegin. Alle Bundesländer sind dahinter, dass wir das noch verbessern (Abg. Doppelbauer: Ja, dass der Bauern­bund jetzt nervös wird, ist klar, ja, aber keine Zahl vom Landwirtschaftsministerium!), wir wollen zu den 100 Prozent gehören, die regional einkaufen und damit die Landwirtschaft bei uns in Österreich unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Loacker hat herausgeschrien: Jetzt kann sich jede Bäuerin, jeder Bauer einen neuen Traktor kaufen! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn das für ein Scherz? (Abg. Doppelbauer: Geh bitte, das ist ein Blödsinn! Das hat er nicht gesagt! – Abg. Michael Hammer: Das ist ja präpotent!) Er soll es einmal probieren, er soll einen landwirtschaftlichen Betrieb pachten (Abg. Doppelbauer: Das hat er nicht gesagt! Sag einmal, was ist mit dir?) – dass die Situation oftmals keine leichte ist, wissen die Bäuerinnen und Bauern wie ich, der ich aktiver Landwirt bin –, und dann kann er auch mitreden und wird sehen, dass das oft­mals eine schwierige Situation ist.

Eines sage ich Ihnen aber auch: Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich machen das mit Leidenschaft, die stehen dazu (Abg. Doppelbauer: Ja, dann kauf


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die eigenen Produkte! Wir wäre das?), dass wir das Land bewirtschaften, dass der Tourismus in Österreich lebt, dass wir die Menschen mit Lebensmitteln ver­sorgen und dazu auch noch Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich sichern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Jawohl!)

Ein letzter Punkt noch, es sind Fakten: Österreich ist Spitzenreiter bei den Betriebsführerinnen und Betriebsführern unter 40, wir haben einen Anteil von über 23 Prozent. Im EU-Schnitt sind es fast 12 Prozent, das heißt nur die Hälfte. Jeder dritte Betriebsführer ist weiblich, sprich: 33 Prozent sind Betriebsführe­rinnen. Da sind wir auch Spitzenreiter. Das soll auch in der Zukunft so sein, das wollen wir auch unterstützen.

Eine Statistik noch: Im Nachhaltigkeitsindex ist die Landwirtschaft in Österreich Spitzenreiter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht selbst­verständlich, das heißt, die Rahmenbedingungen müssen dementsprechend gestaltet werden und die Bäuerinnen und Bauern müssen dabei mitmachen.

Wir haben außerdem das österreichische Umweltprogramm, das die Nach­haltigkeit und die Biodiversität in Österreich sichert, und dazu stehen wir. Lassen Sie die Bäuerinnen und Bauern dahin gehend auch dementsprechend arbeiten!

Ich sage nochmals und komme zum Schluss: Das Agrardieselpaket ist ein gutes Paket. Stimmen Sie diesem zu! Da werden wir sehen, wer hinter den Bäuerinnen und Bauern steht. – Danke, Herr Minister, danke an meine Kolleginnen und Kollegen, die diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Ing. Manfred Hofinger. Die eingestellte Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.10.30

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn darf ich eine Schülergruppe


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begrüßen, und zwar die Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse des Bundesrealgymnasiums Petersgasse aus Graz. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Damen und Herren, der Agrardiesel ist zurück. Nach zwölf Jahren haben wir ein neues Agrardieselpaket geschnürt. Das brauchen unsere Bäuerinnen und Bauern ganz notwendig, denn die Betriebsmittelpreise steigen sehr stark an – ob das die Preise für Energie, Dünger, Dieselöl oder das Saatgut sind –; alle Kosten steigen, aber die Produkterlöse stagnieren. Das stellt uns vor große Herausforderungen. Wir müssen schauen, dass wir die Wettbewerbs­fähigkeit unserer Landwirtschaft aufrechterhalten können – die Wettbewerbs­fähigkeit gegenüber anderen Ländern, die Wettbewerbsfähigkeit aber auch mit Blick auf die Selbstversorgung Österreichs. Der hohe Selbstversorgungsgrad ist ein ganz wichtiges Gut, das wir in Österreich durch die Landwirtschaftspolitik der ÖVP und des Bauernbundes in einem Ausmaß haben, wie es das in fast keinem anderen Land der EU gibt.

Mit 37,5 Cent pro Liter können wir die Landwirte unterstützen. Wir waren eines der wenigen Länder in der EU, in dem es keine Unterstützung beim Agrardiesel gegeben hat. Es gibt noch zwei Länder, die keine Unterstützung dahin gehend haben, daher ist die Förderung von Agrardiesel umso wichtiger. Genau deswegen hat sich der Bauernbund immer dafür starkgemacht, und jetzt haben wir es dank des Bauernbundes geschafft. (Beifall bei der ÖVP.)

Mein Vorredner hat das auch schon angesprochen: Die Selbstversorgung Österreichs ist ein ganz wichtiges Ziel.

Ich möchte noch kurz auf die Vollspaltendiskussion im Zusammenhang mit der Schweinehaltung eingehen und hier coram publico die Frage stellen: Kennt jemand wen, der momentan in der Schweinebranche investiert? – Kein Einziger, kann ich Ihnen sagen, weil alle zutiefst verunsichert sind, weil natürlich die Herstellungskosten nicht garantiert sind. Durch die hohen Auflagen, die es gibt, investiert niemand.


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Wir brauchen Planungssicherheit. Es gibt im Bereich Schweinefleisch einen Selbstversorgungsgrad von 106 Prozent. Schauen wir nach Schweden: Die haben auch einen Selbstversorgungsgrad von 100 Prozent gehabt, aber innerhalb von wenigen Jahren gelingt es aufgrund vieler Auflagen leider nicht mehr, die Selbstversorgung sicherzustellen. Die Selbstversorgungsquote liegt in Schweden momentan bei 75 Prozent. Das blüht uns auch, wenn wir so weitermachen, daher ist es umso wichtiger, dass wir klare Gesetze beschließen, um in diesem Bereich Planungssicherheit zu schaffen.

Geschätzte Damen und Herren, es ist überhaupt an der Zeit, das Pferd auch einmal von hinten aufzuzäumen und nicht immer über Belastungen in der Landwirtschaft zu sprechen, sondern davon, wie wir die Landwirtschaft unter­stützen können. Was ist der Konsument bereit zu zahlen? Wie können wir die Versorgungssicherheit durch ein hohes Produktionsniveau auch in Zukunft sicherstellen?

Wir dürfen keine Träumereien der NGOs in Gesetze gießen, die nur dazu führen, dass wir Tierleid und Billigfleisch mit minderer Qualität importieren. Das wollen wir nicht! – Dafür steht der Bauernbund, dafür steht die ÖVP. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Was ist mit eurem Koalitionspartner? – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Und weil wir es heute schon öfter gehört haben: Wer unterstützt tatsächlich die Landwirtschaft in Österreich? Welche Fraktionen sind das? – Das ist nur die ÖVP. Ich schaue zur FPÖ, zu Herrn Schmiedlechner: Sie stimmen zum Beispiel beim Glyphosatverbot mit, Sie stimmen gegen strafrechtliche Konsequenzen für Stalleinbrüche. Herr Harald Vilimsky ist ein Treiber für das Verbot von Kälber­iglus. Landesrat Waldhäusl hat ein Volksbegehren für die Einschränkung von Tiertransporten gestartet – das macht die Rinderzucht in Österreich kaputt, das muss uns bewusst sein.

Wir müssen Gesetze schaffen, um den Landwirten die Produktion zu erleichtern, und nicht, um sie zu bestrafen oder es ihnen schwerer zu machen.


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Eines sollte man wirklich sagen: In der Landwirtschaft gibt es viele Diskussionen. Es gibt aber auch besonders viele, die von draußen hineinschreien – die nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, aber genau wissen, wie Landwirtschaft funktioniert, wie wir in der Landwirtschaft zu produzieren haben. Das muss auf­hören, denn das nagt natürlich auch an den Bäuerinnen und Bauern, die sieben Tage in der Woche hart arbeiten, um unsere Tische zu decken. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist nicht die SPÖ, nicht die FPÖ, es sind nicht die Grünen oder die NEOS, die für die Landwirtschaft stehen. (Abg. Leichtfried: Es wäre die Redezeit schon um!) Der Bauernbund setzt sich für die Landwirtschaft ein. Ich möchte dahin gehend ein paar Dinge aufzählen: das Versorgungssicherheitspaket mit 110 Millionen Euro oder der Stromkostenzuschuss mit 120 Millionen Euro, um einen Ausgleich zu schaffen, und auch das Impulsprogramm mit 360 Millionen Euro. Der Bauern­bund setzt um! Mit dem Agrardieselpaket zeigen wir das wieder. In diesem Sinne: Die ÖVP ist für die Bauern, und alle anderen sind gegen die Bauern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, ehemals Landwirtschaftsminister. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.16.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Ich darf eingangs eine Delegation aus meiner Heimatgemeinde Großwarasdorf begrüßen, mit Bürgermeister Mag. Martin Karall, den Ortsvorstehern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern des Gemeindeamtes. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Da wir eine burgenländisch-kroatische Gemeinde sind: Dobro došli ovdje u Parlamentu! Lipo da ste ovdje! (Allgemeiner Beifall.)


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Wir haben eine zweite Gruppe aus dem Burgenland hier, die Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftlichen Fachschule Güssing mit Direktor Ing. Gerhard Müllner an der Spitze. – Herzlich willkommen auch an euch! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist in der laufenden Debatte viel darüber gesprochen worden, dass die Agrarpolitik in Österreich negativ ist, dass nichts funktioniert. Man muss schon die Kirche im Dorf lassen (Ruf bei den Grünen: Oder in der Stadt!), dann kann man sehen, wie es wirklich ist. Wir sind jetzt – rückblickend – 30 Jahre Mitglied der Europäischen Union. Es gab vor dem EU-Beitritt ein sehr stark reguliertes System mit einer Milchwirtschaftsordnung, einer Getreidemarktordnung, mit in Wahrheit staatlich geregelten Preisen.

Die schwierige Entscheidung der Bäuerinnen und Bauern, des Bauernbunds damals war: Sollen wir den Beitritt zur Europäischen Union unterstützen? Unterm Strich haben wir uns dazu entschieden, weil es richtig war, weil wir das teure alte System nicht mehr aufrechterhalten könnten und weil wir neue Märkte für unsere Agrarprodukte gebraucht haben.

Wir haben damals den Effekt gesehen, dass die hohen Preise für Weizen und andere landwirtschaftliche Produkte auf mehr oder weniger Weltmarktniveau gesunken sind. Das war für die Bäuerinnen und Bauern schwierig. Gleichzeitig aber haben wir die Gemeinsame Agrarpolitik – mit Direktzahlungen, Aus­gleichszahlungen, weil wir auf dem Weltmarkt nicht mithalten können – über­nommen, um den Bauern eine Perspektive zu geben.

Eine zweite wichtige Sache ist damals passiert: Wir haben das österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft eingeführt, das sogenannte Öpul. Es war die Überlegung, Bäuerinnen und Bauern zu motivieren, freiwillig Umweltschutz und Klimaschutz zu machen – und wer mehr für die Umwelt tut, bekommt eine Ökoprämie. Der Effekt ist, dass 80 Prozent der heimischen Betriebe beim Umweltprogramm mittun, bodenschonend, klimafreundlich, ökologisch und nachhaltig wirtschaften und wir einen Topwert mit Blick auf die Biolandwirtschaft haben.


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Die Europäische Union gibt jetzt als Ziel aus, dass es bis 2027 in ganz Europa 25 Prozent Biobauern geben soll – in drei Jahren. Wir haben jetzt schon 27 Prozent Biobauern, das heißt, wir übererfüllen jetzt schon die Ziele. Das ist ein Ergebnis dieses Umweltprogramms. Die Wahrheit ist, dass unsere Agrar­politik die Bauern gegen die Marktkräfte schützt.

Das Ergebnis können Sie sich anhand eines Größenvergleiches anschauen: Die heimischen landwirtschaftlichen Betriebe sind – im europäischen Durchschnitt – kleiner als die tschechischen, die doppelt so groß sind, als die deutschen, die dreimal größer sind, oder als die dänischen, die noch viel größer sind. Gegen die Kräfte des Marktes gelingt es also mit unserer Agrarpolitik, mit dem Umwelt­programm, mit den Unterstützungsmaßnahmen, auch kleineren Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive zu geben. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Unterstützung setzt sich auch mit dem jetzigen Beschluss fort, mit der Wiedereinführung des Agrardiesels.

Was ist passiert? – Im Jahr 2022 marschiert Russland in der Ukraine ein, und plötzlich explodieren die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise – das hat die Bauern gefreut –, aber gleichzeitig sind die Preise für Dünger, Treibstoffe, Betriebsmittel genauso explodiert. In der Zwischenzeit – ein Jahr später – sind die Erzeugerpreise für die Bauern runtergegangen, aber jene für Diesel, Dünger und alles sind weiterhin hoch geblieben. Jetzt geht es schlicht und einfach darum, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer bäuerlichen Betriebe erhal­ten – das ist der Sinn dieser finanziellen Unterstützung.

Der Vorwurf, dass das eine unökologische Maßnahme ist, geht ins Leere. Ja, es gibt Elektrotraktoren, es gibt gasbetriebene Traktoren. Das ist alles sehr nett anzuschauen, aber da bedarf es noch viel Forschung. Tatsache ist, wir haben nur dieselbetriebene Aggregate, Maschinen, Traktoren, und daher brauchen wir den Diesel. Daher ist das nicht eine unökologische Maßnahme, sondern in Wahrheit


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eine Unterstützung für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genauso auch die CO2-Bepreisung-Rückerstattung und genauso auch der Boden­bewirtschaftungsbeitrag: Es geht schlicht und einfach darum, dass sich unsere bäuerlichen Betriebe in dem knallharten Wettbewerb, der in Europa und weltweit herrscht, behaupten können. Das gelingt auch, weil – ich habe den Export angesprochen – wir die Chancen des Exports in der Europäischen Union genutzt haben. Wir exportieren in hoher Qualität unsere Milchprodukte, Wein sowieso – Kollege Schmuckenschlager wird dann auch dazu sprechen – und andere Produkte, österreichische Toplebensmittel, in andere Märkte. Das ist ein wichtiger Beitrag, um unsere Betriebe zu stabilisieren.

Von der SPÖ ist gekommen, dass die Bauern Geld kriegen, aber die Lebens­mittelpreise steigen. In Wahrheit ist der Anteil am Lebensmittelpreis für die Bauern gering. An einer Semmel ist der Anteil, den der Bauer bekommt, 1 Prozent, von einem Krügel Bier kriegt der Bauer 3 Cent Anteil. Das heißt, die wahren Preistreiber sind die Supermärkte und andere sowie natürlich die hohen Energiekosten und Lohnkosten. Es ist also nicht fair, den Bauern hohe Lebensmittelpreise vorzuhalten, da die Bauern daran einen geringen Anteil haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daher abschließend: Es ist schon eine Anstrengung für den Finanzminister, ein derartiges Paket mit 300 Millionen Euro aufzustellen, aber es ist gerade in einer schwierigen Zeit wichtig, den Bauern eine Unterstützung zu geben, dass wir wettbewerbsfähig bleiben, nicht unter die Räder kommen und dann Lebensmittel aus Ländern beziehen, wo nicht so viel auf Tierschutz geachtet wird, wo nicht so viel auf Umweltschutz und Klimaschutz geachtet wird.

Daher sage ich einen herzlichen Dank. Wir als Bauernbund werden uns weiterhin für die Bäuerinnen und Bauern einsetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.22.46

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Debatte rund um den Agrardiesel führen wir nur vermeintlich eine Debatte, die nur eine kleine Gruppe unserer Bevölkerung betreffen mag – die Bäuerinnen und Bauern, die wirtschaftenden Betriebe in unserem Land –, es geht aber weit darüber hinaus. Ich glaube, die lebhafte Debatte hat es ja auch sehr schön gezeigt, dass man hier sehr hart darüber diskutiert, ob man eine Maßnahme zur Reduktion von Betriebskosten in diesen Betrieben vornehmen soll. Es hat natürlich auch inner­halb der Regierung eine Diskussion darüber gegeben, aber es war wichtig, dieses Signal zu setzen und für die Betriebe eine Entlastung zu bringen.

Wieso ist das nicht nur für die einzelnen Betriebe, sondern für uns alle, für die gesamte Volkswirtschaft Österreichs und letztendlich auch für unsere Lebensmittelmärkte wichtig? – Die Lebensmittelpreise wurden vorhin schon angesprochen. Ich halte es in der Diskussion eigentlich immer für sehr schade, wenn gesagt wird, die Lebensmittel sollten immer billiger und billiger und billiger sein.

Wir müssen uns einmal ansehen, wie hoch der Anteil der Lebensmittel an den Gesamthaushaltsausgaben eigentlich ist, wie wenig wir letztendlich von unserem gesamten Einkommen für unsere Daseinsvorsorge, für die Ernährung, dafür, dass wir jeden Tag mindestens drei Speisen vorgesetzt bekommen, dass wir das auch entsprechend erhalten können, aufwenden und dass wir das Glück haben, in einem Land – in Österreich – zu leben, in dem wir das in Topqualität bekommen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte auch nicht damit anfangen, hier aufeinander zu zeigen, wer denn jetzt der große Abschöpfer bei den Lebensmittelpreisen ist. Sie werden hinter allen Lebensmitteln entsprechende Kalkulationen finden. Zum Beispiel kostet ein


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Schwein heute rund 2,25 Euro pro Kilo Notierungspreis beim Bauern, aber wenn man den Schinken gefächert in Plastik im Lebensmittelhandel kaufen will, dann fallen dazwischen halt entsprechende Arbeitsschritte von Topunternehmen, von Topmitarbeitenden an, die sich dafür einsetzen, dass wir diese tollen Lebens­mittel haben, und das sollte uns auch etwas wert sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

Wir sehen, dass wir mit der Rohstoffproduktion der Land- und Forstwirtschaft die Versorgungssicherheit im Lebensmittelsektor in Österreich schaffen, aber auch, dass wir im Energiebereich, im Wärme- und im Strombereich, große Anteile leisten und dass wir letztendlich damit auch ein enormer Motor für den gesamten österreichischen Personalmarkt und den Arbeitsmarkt sind. Es sind die Molkereien, die Schlachtereien, die Fleischereien und die Bäckereien, die diese Rohstoffe natürlich auch verarbeiten müssen, dass wir damit leben können.

Ich finde es schade, wenn dann als Reflex kommt: Ja, aber die böse Raiffeisen hat so viele Genossenschaften und zieht den Bauern das Geld aus der Tasche!, denn das Gegenteil ist der Fall. Gott sei Dank sind diese Genossenschaften noch so organisiert, dass die Bauern die Eigentümer sind und sehr wohl ent­sprechend darüber walten können, wie die Manager entscheiden.

Es ist schade, wenn dieser Reflex in jener Hälfte ausgelöst wird, die leider Gottes das mit der Gewerkschaftsbank versemmelt hat und diese an Konzerne verkaufen musste. Wenn wir mit Raiffeisen noch eine der wenigen stabilen Wirtschaften und eines der wenigen stabilen Banksysteme in Österreich haben, sollten wir das alle gemeinsam eher unterstützen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber auch zur politischen Debatte kommen. Um den Kreis ein bisschen breiter zu machen, brauchen wir das gar nicht nur für Österreich festzuhalten. Schauen wir nach Deutschland: Rot-Grün-Liberal schafft den Agrardiesel ab, macht Verschlechterungen in der Tierhaltung. Was ist der Effekt? – Betriebe sperren zu, und zwar nicht nur land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Tönnies, eine der größten Schlachtereien, sperrt zu und geht nach Spanien. Nicht ein


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Schwein weniger wird produziert, nur eben nicht mehr in Deutschland, sondern in Spanien unter anderen Haltungsformen. In Niedersachsen sperrt die Vion Food Group den größten Schweineschlachtstall Deutschlands zu. Das ist auch nicht gerade eine arbeitsplatzstarke Region.

Das heißt, wenn wir da eingreifen, greifen wir immer entsprechend weit ein. Diese kleine Möglichkeit, mit dem Agrardiesel zu einer betriebswirtschaftlichen Absicherung beizutragen, ist daher ganz, ganz wichtig.

Zum Vorwurf, es wäre klima- und umweltpolitisch nicht richtig, in diesen Bereich zu investieren: Daran erkennen wir die zu kurz gekommene Debatte um Technologie im Antrieb. Wir müssen da zum Teil auch noch mit den fossilen Treibstoffen weiterarbeiten, da wir den Bestand der Zugmaschinen noch nicht entsprechend weiterentwickelt haben – und die Weiterentwicklung wird aufgrund der betriebswirtschaftlichen Situation der Betriebe noch einige Zeit brauchen.

Was machen wir aber mit den eingesetzten fossilen Treibstoffen, die wir da verwenden? – Wenn wir es für einen Acker berechnen, kommen wir auf rund 110 Liter Treibstoff pro Jahr, womit wir, wenn wir dort Raps produzieren, 1 500 Liter Biodiesel und 2 Tonnen Eiweißfuttermittel für die gesamte Vieh­wirtschaft erzeugen können. Das bedeutet, wir haben ein Vielfaches, ein Zigfaches von dem, was wir einsetzen, herausbekommen und damit entsprechend auch etwas für die Umwelt gemacht.

Ich möchte gar nicht auf die Diskussion zur Schweinehaltung in Österreich eingehen, es ist aber klar: Wer die Schweinehaltung in Österreich verunstaltet und verunmöglicht, der verhindert die Schweineproduktion. Wer die Schweineproduktion verhindert, der wird auch dafür die Verantwortung tragen, dass es keinen Schweinsbraten mehr gibt, und er nimmt uns das Schnitzel vom Teller. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ähnlich ist es beim Pflanzenschutz: Wir sehen das am Beispiel der Kartoffel. Wir waren Exporteur bei Saatkartoffeln, wir waren Exporteur bei den Kartoffeln, heute fehlen uns aber die einen oder anderen Wirkstoffe, und damit haben wir Probleme mit dem Drahtwurm. Das führt dann letztendlich dazu, dass wir in der Produktion nachlassen und ägyptische Erdäpfel aus fragwürdiger Produktion essen dürfen. Wir müssen daher zur heimischen Land- und Forstwirtschaft stehen, zu unseren Bäuerinnen und Bauern, zu deren Leistungen. Diese Regierung macht das, und dafür sage ich Danke schön! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strasser: Hannes!)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Ing. Martin Litschauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.29.22


Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin ja selber auf einer Landwirtschaft aufgewachsen und habe mich deswegen mit dem Thema Energie in der Landwirtschaft schon intensiv beschäftigt. Ich bin froh, dass wir in der Regierung ein Paket geschnürt haben, mit dem wir zum Beispiel energieautarke Bauernhöfe fördern. Dafür stehen 50 Millionen Euro zur Verfügung, und es geht unter anderem darum, aus fossiler Energie rauszukommen.

Da muss ich gleich einmal kurz widersprechen: Es gibt natürlich andere Möglich­keiten, als mit Diesel zu fahren. Ich habe selber mitgeholfen, energie­autarke Bauernhöfe zu entwickeln. Die haben auch Solarpreise bekommen. Da kann man zum Beispiel auch mit Pflanzenöl fahren, das man selber herstellen kann, wodurch man selber unabhängig werden kann. Das hilft natürlich.

Was nicht hilft, ist, dieses Paket, das wir heute beschließen, als Agrardieselpaket zu bezeichnen, denn das ist es nicht. Wir fördern nicht den Agrardiesel, wir haben eine pauschale Förderung, und das wirft nämlich genau die Fragen bei jenen Landwirten auf, die ich unterstützt habe, die auf Pflanzenöle umgestiegen


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sind, die teilweise Elektrotraktoren und so weiter haben, die jetzt fragen: Warum kriegt der Agrardiesel Förderung und ich nicht? (Ruf bei der ÖVP: Er kriegt es ja!) – Ja, eh, genau! Und da muss ich nämlich dann hingehen und widersprechen: Entschuldigung, es ist kein Agrardieselförderprogramm, es ist ein pauschales Programm, und du mit deinem Pflanzenöltraktor bekommst die Unterstützung genauso wie mit dem Elektrotraktor und so weiter.

Und warum passiert das? – Weil wir dieses Paket hier – vor allem auch der Bauernbund – falsch bezeichnen. Es ist eben nicht ein Agrardieselprogramm (Abg. Michael Hammer: Der Arbeitstitel passt aber!), und es wäre gut, wenn wir es als das bezeichnen, was es ist: Es ist eine notwendige Unterstützung für die Landwirte – aber keine Agrardieselförderung.

Das führt leider dazu, dass Kollege Matznetter dann das Programm nicht versteht und meint, wir fallen um, weil wir eine fossile Förderung machen. (Abg. Michael Hammer: Das ist aber nicht das Einzige, was er nicht versteht!) – Genau das machen wir eben nicht! Jetzt warne ich ihn, damit er selber nicht umfällt: Dieses Programm ist ein Programm gegen die Teuerung von Lebensmitteln!

Die SPÖ hat immer gesagt: Macht etwas gegen die Teuerung, die Lebensmittel sind viel zu teuer, die müssen billiger werden! – Jetzt machen wir ein Programm, mit dem wir unter anderem dafür sorgen, dass die Teuerung der Lebensmittel eingebremst wird, und die SPÖ stellt sich hin und hat offenbar vor, hier umzufallen. Uns vorzuwerfen, umzufallen, aber selber nicht zu merken, dass man beim Programm gegen die Teuerung umfällt, das ist wirklich himmelschreiend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Matznetter: Es muss Ihnen schon sehr schlecht gehen! ...!)

Also, Herr Matznetter, aufpassen, es wäre fällig, dann aufzustehen und nicht umzufallen, denn hier geht es nämlich um die Teuerung und nicht um die Förderung von fossilen Energieträgern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


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Wir haben viele Möglichkeiten, um die Teuerung abzufangen. Die energie­autarken Bauernhöfe sind eine Möglichkeit; Windkraftausbau wäre die andere Möglichkeit, auch Fotovoltaikausbau – da könnten auch die Einkommen der Landwirte steigen –, das wollen die Freiheitlichen wieder nicht.

Ich sage es deswegen dazu: Wir haben eine Windkraftpionierprojektregion, wo mit Bürgerbeteiligung die Preise auch zurückgegeben werden, wo unsere Landwirte dann vor Ort auch die Möglichkeit haben, den günstigen Strom zu beziehen, auch für die Landwirtschaften. Das ist ganz wichtig, das haben wir gemeinsam entwickelt, auch mit Kollegen Ramharter von der ÖVP. Wir sind ganz stolz, denn diese Preise senken nämlich auch die Erzeugerpreise für die Landwirte.

Es ist also notwendig, dass diese günstige Energie dann irgendwann zurückfließt. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten – die Freiheitlichen nicht, die blockieren sowohl die Windkraft im Waldviertel als auch die Fotovoltaik im Weinviertel, die wollen keine günstige Energie für die Landwirte, beschweren sich aber dann, wenn sie nicht gut verdienen.

Jetzt komme ich dann noch zu den NEOS. Kollege Michael Bernhard ist jetzt, glaube ich, gar nicht da. Er hat uns vorhin das mit den Fossilenförderungen vorgeworfen. Ich erzähle es trotzdem: Als wir die CO2-Bepreisung eingeführt haben, war seine Fraktion – ich glaube sogar, er selber – jene, die gesagt hat, wir können das jetzt nicht beschließen, weil das gegenüber den Menschen wegen der Teuerung nicht zu verantworten ist. – Natürlich ist es das, weil wir gesagt haben – und das haben die NEOS ja immer abgelehnt –, wenn wir CO2-Bepreisung machen, dann sorgen wir auch für einen sozialen Ausgleich, und der soziale Ausgleich ist in Österreich der Klimabonus, ein Modell, das in der ganzen EU angeschaut wird (Abg. Doppelbauer: Wir brauchen aber keinen sozialen Ausgleich!) und bezüglich dessen Deutschland und Co alle auf uns neidisch sind. Wir haben die CO2-Bepreisung umgesetzt, weil wir das über den Klimabonus auch wieder rückvergüten und sozialen Ausgleich schaffen.


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Nichts anderes passiert jetzt auch in der Landwirtschaft. Wir haben eine CO2-Bepreisung eingeführt, wir haben einen Lenkungseffekt geschaffen, damit eben nicht einfach fossiler Treibstoff leichtfertig verbraucht wird. (Abg. Schroll: Hat er es noch immer nicht kapiert, dass ...!) Wir haben dafür gesorgt, dass man darauf schaut, so wenig wie möglich zu verbrauchen. Das kann man durch Umstieg, aber es gibt auch andere Möglichkeiten: pfluglos arbeiten und Co. Die Landwirt­schaft hat ja viele Möglichkeiten aufgezeigt, wie wir mit weniger Diesel aus­kommen können, und genau das wollen wir ja beanreizen.

Wenn wir dann aber im Gegenzug die Landwirtschaft wieder entlasten, damit die Teuerung abgefedert wird, dann ist das richtig, und das ist keine fossile Unter­stüt­zung, keine Subvention. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das sollte irgendwann einmal ankommen. Und bei den NEOS: Anzukündigen, CO2-Preise zu machen, sich dann nicht zu trauen, das umzusetzen, und anderen unterschieben zu wollen, dass sie fossile Subventionen machen, die gar keine sind, das ist schon ein starkes Stück. Da muss man wirklich sagen, ihr habt bei der CO2-Bepreisung laut nach A geschrien, und als es dann so weit war, war Funkstille in der Umsetzung.

Wir bleiben da dran, auch dass die fossilen Subventionen abgebaut werden, Schritt für Schritt, aber gerade in der Landwirtschaft ist jetzt etwas anderes passiert: Der Lenkungseffekt hat eingesetzt, die CO2-Bepreisung ist auf dem Pfad, und das brauchen wir auch.

Wir müssen das Schritt für Schritt denken und dem auch Schritt für Schritt näher kommen, aber eines ist fix: Der Diesel ist tatsächlich nicht billiger geworden, aber wir sorgen für einen Kostenersatz, und genau das ist der richtige Ansatz. Ich hoffe, dass wir dazu beitragen, dass wir wettbewerbsfähig sind, die Lebens­mittelpreise aber trotzdem sinken können oder niedrig bleiben können, die Einkünfte in der Landwirtschaft stimmen, weil ich glaube, auch da ist es wichtig, dass unsere Landwirte richtig verdienen können und mit uns gemeinsam die Energiewende umsetzen können.


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Ich hoffe auch, dass wir in Zukunft wesentlich mehr Fotovoltaik in Form von Agrifotovoltaik zum Beispiel auch auf den Feldern sehen, dass wir die Wind­kraft­werke nutzen. Das brauchen wir beides, damit wir nämlich dann auch den Strom erzeugen für das, was wir heute auch schon diskutiert haben, nämlich die Wasserstoffproduktion, und da gibt es einiges umzusetzen. Ich freue mich schon darauf, wenn wir in Zukunft auch den Wasserstoff von den Feldern und Wäldern ernten können, weil die Industrie das brauchen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.37.00

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich habe es nicht für möglich gehalten, was man da jetzt alles gehört hat: wie gut das alles läuft und was jeder für Ideen hat, jede Fraktion für sich. Das ist himmelschreiend, denn wenn die Probleme wirklich nicht vorhanden wären, dann hätten wir jetzt nicht so viel zu diskutieren gehabt.

Jetzt möchte ich gleich an meinen Vorredner anschließen, den Kollegen aus dem Waldviertel – ich komme auch aus dem Waldviertel –, der immer von den Wind­rädern spricht und sagt, die FPÖ verschließe sich gegen Windräder. Dem muss ich widersprechen, das ist nicht richtig. Er hat es nicht verstanden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Litschauer: Ich kann dir den Flugzettel vom Waldhäusl zeigen!)

Wir wollen keine Windkraftindustrieanlagen im Wald – aus; klar und deutlich. Dann können wir jetzt weitermachen. (Abg. Wöginger: Wieso nicht? – Abg. Kassegger: Weil wir den Wald lieber haben!) Wir haben jetzt über die nachhaltige Bewirtschaftung und die nachhaltige Beschaffung durch die Großküchen gesprochen. Da kann der Klubobmann reinschreien, was er will, das ist egal. In den Großküchen wird nicht alles nachhaltig beschafft. Das hat sich alles


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anhand von Anfragebeantwortungen ergeben. Die Anfragen habe ich gestellt und haben auch die NEOS gestellt. Das ist himmelschreiend. Wir haben in Niederösterreich einen Bioanteil von 24,4 Prozent. Weiß irgendjemand, mit wie viel Bioanteil das Militär beschafft? – 1,4 Prozent! Also daran müssen wir arbeiten.

Im öffentlichen Bereich sollte man wirklich einmal eine Vorbildwirkung leben – was das dann unseren Bauern, der Landwirtschaft und den Betrieben wiederum an Sicherheit geben würde! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Seid ihr für Bio, oder was? Seit wann? – Abg. Kainz – auf dem Weg zu seinem Sitz­platz –: 1,4 Prozent!)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.38.43

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Also diesen Kampf gegen Windräder von der FPÖ, zum Beispiel – gerade wieder vorgeführt – von Kollegen Kainz, versteht wirklich niemand mehr. (O-ja-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Kassegger: Wald abholzen und ein Windradl hinbauen, das ist Schildbürger! Wir wollen den Wald nicht abholzen, der absorbiert CO2! – Abg. Michael Hammer: Darum haben sie auch keinen Rückenwind mehr, weil sie den Wind nicht wollen!)

Sie gehen gegen jedes einzelne Windkraftprojekt in Österreich vor, gegen Windkraftprojekte in ganz Österreich, wo man dann sieht, die Leute bekommen durch die Windkraftprojekte – zum Beispiel auch in deiner Gemeinde (in Richtung Abg. Kassegger) – billigeren Strom, und wenn es dann verwirklicht wird, dann geht ihr sogar dagegen vor: Es kann ja nicht sein, dass die Leute billigeren Strom bekommen. – Das ist absurd. Mehr Mut zu Österreich, lieber Herr Kollege! (Abg. Kassegger: Wenn die Windräder so billigen Strom produzieren würden, warum tut ihr sie dann fördern ohne Ende?)


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Ich möchte aber auch zur SPÖ kommen und auch zu den NEOS, weil jetzt kritisiert wurde: Oh, da wird heute eine neue klimaschädliche Subvention geschaffen! (Abg. Lausch: 100 Tage vor der Wahl!) Kollege Litschauer hat es schon ausgeführt: Das ist keine klimaschädliche Subvention, weil es eben keine Förderung von Agrardiesel ist, sondern eine Pauschale, die sich nach Hektar bemisst. Es ist keine Agrardieselsubvention. Ich finde, man hätte es vielleicht auch anders machen können, aber es ist auch so keine klimaschädliche Subven­tion, weil: Je klimafreundlicher sich der Landwirt verhält, desto mehr bleibt ihm von dieser Pauschale.

Mit klimaschädlichen Subventionen kennt sich die Sozialdemokratie ja aus, ihr habt ja die meisten bestehenden klimaschädlichen Subventionen beschlossen. Ihr habt ja diesen Misthaufen, den wir jetzt wegräumen müssen, nach und nach angehäuft, und jetzt steht ihr da und sagt: Na furchtbar, die Grünen tun nichts gegen die klimaschädlichen Subventionen! – Das ist schon ein bisschen absurd. Wer hat denn das Dieselprivileg geschaffen? Wer hat die Pendlerpauschale, die nicht nur unökologisch, sondern auch unsozial ist, in dieser Form geschaffen? – Es waren sicher nicht wir. (Abg. Hörl: Na!) Da waren einige Fraktionen hier im Parlament beteiligt, aber eben auch ihr.

Ganz ehrlich, in den Sonntagsreden und im Allgemeinen sagt ihr, wir brauchen mehr Klimaschutz, aber jedes Mal, wenn es dann darum geht, dass wir wirklich klimaschädliche Subventionen abschaffen, wenn es darum geht, dass wir mehr Klimagerechtigkeit in unser Steuer- und Abgabensystem bringen, dann stimmt ihr dagegen, genauso wie die NEOS.

Was war denn, als wir gemeinsam den Klimabonus mit einem CO2-Preis beschlossen haben und damit CO2, das klimaschädliche CO2, zum ersten Mal einen Preis in Österreich bekommt? Wer hat dagegengestimmt? – Ihr, und ihr habt sogar Anträge eingebracht, den CO2-Preis wieder abzuschaffen. Dann erzählt ihr uns irgendetwas von kontraproduktiven Subventionen?! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Oder was war, als wir die NoVA ökologisiert haben? Wir haben die Norm­verbrauchsabgabe zu einem Klimaschutzinstrument gemacht (Abg. Matznetter: ... grünen Politik!), sodass man jedes Mal, wenn man ein Auto kauft, das ein großer Stinker mit sehr viel CO2-Verbrauch ist, mehr zahlen muss, und je klimafreund­licher ein Auto ist, desto weniger NoVA zu zahlen ist.

Wer hat dagegengestimmt? – Die SPÖ. Und ihr erzählt uns irgendetwas über die Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen?! Wir versuchen, diesen Misthaufen, den ihr mit aufgebaut habt, abzubauen, aber jedes Mal, wenn wir versuchen, diesen Misthaufen wegzuschaufeln, haut ihr die Schaufel weg und macht nicht mit. Das ist unglaubwürdig. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Wir müssen uns von der Sozialdemokratie und auch von den NEOS, die auch für das Aussetzen des CO2-Preises gestimmt haben, sicher keine Lehrstunden über klimaschädliche Subventionen anhören. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Leichtfried: Ihr braucht leider Lehrstunden, das ist das Problem!)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.42.15

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat mehrfach das Wort Misthaufen in den Mund genommen und die Opposition schuldig für das gemacht, was passiert. Ich stelle fest (Ruf bei der ÖVP: Dass es wahr ist, dass die SPÖ wie immer ...!): Abgeordneter Krainer hat euch als Erstredner gesagt, es ist ein ungedeckter Scheck (Abg. Michael Hammer: Das heißt aber genau gar nichts, wenn’s der Krainer sagt!), eine Subventioniererei, für die es keine budgetäre Deckung gibt.


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18 Redner später und von einem dröhnend schweigenden Finanzminister gibt es bis jetzt keine Antwort. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht! Das stimmt ja nicht!) Also, lieber Lukas Hammer: Wo der Misthaufen ist, ist nicht die Opposition. Den räumt ihr bei euch selber aus. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Lindinger: Sehr inhaltsreich! Wo war das Argument? – Abg. Steinacker: Mein Gott, wunderbar! Abg. Michael Hammer: Dass die keiner wählt, ist selbstverständlich!)

13.43 13.43.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das kann ich nicht erkennen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend Mineralölsteuergesetz samt Titel und Eingang in 2585 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über bewegliches Bundesvermögen samt Titel und Eingang in 2529 der Beilagen.


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Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, nein, einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nom­men.

13.44.26 7. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 47. Bericht der Volks­anwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023) (III-1135/2578 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die Damen und Herren Volksanwälte herzlich in unserer Runde begrüßen.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Volksanwalt Achitz reicht Präsident Hofer die Hand.) Ist Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais bereits - - (Abg. Diesner-Wais – bereits am Redner:innenpult stehend –: Ich bin schon da!) – Entschuldigung, jetzt war ich abgelenkt. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Bitte, Frau Abgeordnete.


13.45.11

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte, Frau Volksanwältin Gaby Schwarz und Herr Volksanwalt Bernhard Achitz! Meine Damen und Herren im Plenum! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Ich darf zu Beginn die


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Schüler:innen der HLW Feldbach mit der Professorin Schmied-Kern im Namen meiner Kollegin Agnes Totter begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ja, wenn wir heute über den Volksanwaltschaftsbericht diskutieren, so kann ich zu Beginn sagen, die Volksanwaltschaft ist der verlängerte Arm des Parlaments. Die Volksanwaltschaft hat wirklich einen niederschwelligen Zugang, die Volksanwälte und deren Mitarbeiter sind über das Telefon erreichbar, sind per Mail erreichbar, und natürlich haben sie draußen bei uns in den Regionen in allen Bezirken ihre Sprechtage.

So war Frau Volksanwältin Gaby Schwarz erst in Horn, da konnte ich dabei sein und auch sehen, wie viele Leute kommen und sich anstellen, damit sie zur Volksanwältin kommen und mit ihr direkt reden können. Natürlich ist auch der „Bürgeranwalt“ eine wichtige Fernsehsendung, die sehr beliebt ist, die hohe Einschaltquoten hat und auch dafür sorgt, dass die Volksanwaltschaft bekannt ist.

Die Volksanwaltschaft genießt großes Vertrauen und hohes Ansehen in unserer Bevölkerung. Dieses große Vertrauen in die Volksanwaltschaft wurde auch bestätigt: Im September 2023 veröffentlichten OGM/APA den Vertrauensindex, und diesmal wurde zum ersten Mal auch die Volksanwaltschaft mit abgefragt. Sie landete bei 58 Prozent, das ist der erste Platz.

Dieser Wert ist nicht selbstverständlich, sondern dieser Wert zeigt einfach, dass die Volksanwaltschaft gute Arbeit leistet. Dafür möchte ich den Volksanwälten und mit ihnen den Mitarbeitern für ihre wirklich tolle Arbeit herzlichen Dank sagen und darf natürlich ganz herzlich zum ersten Platz gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie schon angesprochen hat uns die Volks­anwaltschaft den Bericht übermittelt. Es ist ein umfassender Bericht, für den ich mich schon einmal im Vorfeld bedanken möchte. Wenn wir sehen, dass in der Volksanwaltschaft 23 000 Beschwerden eingegangen sind – das sind rund


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94 Beschwerden pro Tag –, so müssen wir sagen, das ist wirklich eine gewaltige Menge.

Wenn ich das jetzt vielleicht noch ein bisschen detailliert darstellen darf: Es sind 16 655 Beschwerden gewesen, welche die Verwaltung betroffen haben. Davon konnte die Volksanwaltschaft 5 000 Beschwerden gleich direkt erledigen, sie musste keine Behörden in Anspruch nehmen. Gut ein Drittel waren Beschwerden, für die die Volksanwaltschaft eigentlich nicht zuständig war, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich gefallen sind. Da ist die Volksanwaltschaft natürlich auch immer sehr hilfsbereit und schaut, dass den Beschwerdeführern auch weiter gehende Beratungsangebote zuteilwerden.

Ich darf noch erwähnen, dass die Anzahl der Beschwerden im Bereich der Sicherheit gestiegen ist, um 14 Prozent gestiegen. Sie ist natürlich durch den Klimabonus auch im Bereich von Klima und Energie, da es eben mit den Auszahlungen nicht so geklappt hat, um 42 Prozent gestiegen. Im Bereich der Gesundheit sind die Beschwerden weniger geworden.

Im Jahr 2023 konnten insgesamt 12 752 Prüfverfahren abgeschlossen werden. Bei einem Fünftel der Prüfverfahren wurde ein Missstand in der Verwaltung festgestellt, bei dem die Volksanwaltschaft im Dienste der Beschwerdeführer gehandelt hat.

Die Menschenrechtskontrolle ist neben der Überprüfung der Verwaltung ein wichtiger Part in der Volksanwaltschaft, den sie seit 2012 überhat. Da werden Einrichtungen kontrolliert – das sind Kontrollen, die in den Einrichtungen nicht vorangemeldet werden –, in denen die Menschen in ihrer Freiheit beschränkt sind, wie Anhaltezentren, Pflegeheime und so weiter. In Pflegeheimen wurde der Schwerpunkt diesmal auf Schmerzmanagement gelegt. Es gab 505 Kontrollen, die durchgeführt worden sind, und in 64 Prozent ist die menschenrechtliche Situation beanstandet worden. Da macht die Volksanwaltschaft natürlich immer Vorschläge, wie man das Ganze verbessern kann.


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Ich möchte noch einen weiteren Teil ansprechen. Die Volksanwaltschaft ist auch für die Überprüfung der Heimopferrenten zuständig. Da hat es ebenfalls einen Anstieg gegeben. Da sind 30 Prozent mehr Anträge eingelangt, weil jene Gehör­losen, die in Taubstummenanstalten sind, jetzt neu Zugang gefunden haben. Es ist natürlich notwendig, dies zu überprüfen, damit sie zu dem Geld kommen, das ihnen zusteht.

Ich möchte jetzt noch einige Bereiche hervorheben, die im umfangreichen Bericht drinnen sind. Eine große Baustelle ist nach wie vor der eklatante Personal­mangel im Bereich des Straf- und des Maßnahmenvollzugs. Da fehlt es einfach an Personal, egal, ob das die Justizwachebeamten oder die Sozialbetreuer:innen sind oder ob es das medizinische Personal ist. Eine Pensionierungswelle, die in den nächsten Jahren ansteht, wird die Situation dahin gehend nochmals verschärfen. Mit der heutigen Gehaltssituation bei den Ärzten und Ärztinnen in den Justizanstalten ist diese Situation auch nicht leicht verbesserbar.

Weitere Sorgen bereiten den Volksanwälten die Suizidversuche in Gefängnissen, denn im Jahr 2023 ist die Zahl der Suizidfälle gestiegen. Es kam zu 33 Suizid­versuchen und zu 13 Suiziden. Da ist auch keine Verbesserung in Sicht, denn selbst im laufenden Jahr gab es schon wieder 13 Versuche und drei Suizide.

Da hat es eine dementsprechende Arbeitsgruppe gegeben, an der die Volks­anwaltschaft mitbeteiligt war und mitgearbeitet hat. Vom Justizministerium ist schon im Sommer 2023 versprochen worden, dass es dahin gehend etwas geben wird. Daher ist es unverständlich, dass bis jetzt noch nichts eingelangt ist. Bei den Empfehlungen würde es viele Dinge geben, die rasch umsetzbar wären. Das ist in diesem Bereich wirklich notwendig.

Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen möchte, betrifft die Digitalisierung. Wir haben heute schon sehr viel über die Digitalisierung gesprochen. Digitalisierung bringt sehr viele Vorteile, kann dem einen oder anderen aber auch Probleme bringen. So hat nicht nur die ältere Generation oft Probleme mit der Digitalisierung, sondern manchmal auch die jüngere.


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So haben wir bereits im Ministerrat ein Gemeindepaket beschlossen – und das werden wir dann auch hier in diesem Hause beschließen und umsetzen. In diesem Gemeindepaket sind 120 Millionen Euro dafür da, dass die Gemeinden ihre Bürger bei der Digitalisierung unterstützen, der Bevölkerung Hilfestellung geben, wenn sie nicht die Möglichkeit hat, selbst die Anträge zu stellen, damit niemand durchfällt.

Ebenfalls gibt es Workshops, die ältere Leute besuchen, wo ihnen die Digitalisie­rung nähergebracht wird. Es gibt aber auch gegenseitige Unter­stützung von jungen und älteren Leuten. Da passiert sehr viel. Wir sehen, dass die Bevölkerung bereit ist, sich auf dieses Thema einzulassen.

Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, aber man muss jenen, die es brauchen, Hilfestellung geben, und es muss auch weiterhin eine analoge Möglichkeit geben, damit niemand durchfällt und damit niemand auf etwas verzichten muss. Wir lassen da niemanden im Stich.

In diesem Sinne möchte ich zum Abschluss noch einmal unseren Volksanwälten und deren Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit mit uns, mit dem Parla­ment, ganz, ganz herzlichen Dank sagen. Nur so können wir gemeinsam etwas weiterbringen, damit es den Bürgerinnen und Bürgern einfach besser geht und damit sie die nötige Hilfe haben, wenn sie sie brauchen. In diesem Sinne noch einmal ganz herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.56.15

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und hier auf der Galerie! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Meine Vorrednerin hat es schon


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erwähnt: Es gibt ein sehr hohes Vertrauen in die Volksanwaltschaft. Im Jahr 2023 gab es 23 124 Beschwerden. Herzliche Gratulation zum ersten Platz im Vertrauensindex! Ihr seid ja das erste Mal gewertet worden und sofort auf dem ersten Platz am Stockerl.

Seitens der sozialdemokratischen Fraktion hier im Parlament möchte ich mich bei Ihnen persönlich, aber auch bei den Beschäftigten der Volksanwaltschaft recht herzlich für Ihre Arbeit bedanken. Vielen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Knapp 20 Prozent der Beschwerden betreffen die Bereiche Gesundheit und Soziales. Vor allem Menschen mit postviralen Erkrankungen haben die Volksanwaltschaft aufgesucht und sich beschwert. Insbesondere Menschen, die an ME/CFS leiden, klagen über fehlende medizinische Versorgung und fehlende sonstige Unterstützung. Die wenigen Anlaufstellen, die es gegeben hat, waren hoffnungslos überlastet, und manche wurden trotz Überlastung in den letzten Monaten wieder geschlossen. Es gibt geschätzt 80 000 bis 100 000 Menschen, die an ME/CFS leiden.

Anträge von Menschen, die nach einem Jahr Entgeltfortzahlung Anträge auf Berufsunfähigkeitspension beziehungsweise Rehageld stellen, werden häufig von den Pensionsversicherungsträgern abgelehnt. Menschen, die bettlägerig sind, werden trotzdem von den Sozialversicherungsträgern zur Begutachtung in die jeweiligen Sozialversicherungseinrichtungen bestellt. All das sagt der Bericht der Volksanwaltschaft aus, und die Volksanwaltschaft fordert völlig zu Recht, dass die Gutachterinnen und Gutachter der Sozialversicherungsträger besser geschult werden, denn sie werten oft die von diesen Krankheiten betroffenen Menschen als Simulanten ab.

Trotz des enormen Betreuungsbedarfs bekommen die Menschen, die an postviralen Erkrankungen leiden, in den meisten Fällen nur Pflegestufe 1, aktuell mit 192 Euro monatlich. Da werden fast 100 000 Menschen ohne Gesund­heitsversorgung in die Armut getrieben. Das sind aus unserer Sicht die vergessenen


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Patientinnen und Patienten. Es ist höchste Zeit, dass der Gesundheitsminister da gegensteuert.

Weiters gab es viele Beschwerden vor allem von älteren Menschen,  die darüber klagten, dass die Impfung gegen Herpes Zoster, die das Leid dieser Menschen massiv lindern könnte, kostenpflichtig ist. Es ist aus unserer Sicht auch Zeit, dass alle empfohlenen Impfungen endlich kostenlos gewährt werden.

Wir haben gestern und heute bereits über die Digitalisierung diskutiert, und seitens der Regierungsparteien hat es ja immer wieder geheißen: Es ist alles gut, alles in Ordnung, wir lassen niemanden zurück! Da frage ich mich schon, wieso es bei der Volksanwaltschaft so viele Beschwerden von Menschen gibt, die bei diversen Ministerien um Unterstützung, um Förderungen ansuchen, von Menschen, die ohne Internetzugang sind, dass es für sie nicht möglich ist, Förderungen zu erlangen, und es erst dann, wenn die Volksanwaltschaft interveniert hat, möglich war, dass die diversen Postanschriften bekannt gegeben werden.

Zum Schluss möchte ich auf die Situation in den Kasernen zu sprechen kommen: Ich habe meinen Grundwehrdienst von 1986 bis 1987 abgeleistet, und es hat das damals schon gegeben, dass die Grundwehrdiener zusammengeholt wurden und dass ihnen mit leichtem Nachdruck private Zusatzversicherungen empfohlen wurden. Ich war sehr erstaunt, dass es nach wie vor noch Praxis ist, dass Grundwehrdiener in den ersten Wochen ihres Grundwehrdienstes zusammen­geholt werden und dass ihnen eine private Zusatzversicherung nahegelegt wird. Es ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass sich jemand zusätz­lich versichern lässt, aber es sollte genügen, wenn man in den Kasernen Folder auflegt, und man muss keinen Gruppendruck erzeugen.

In diesem Sinne danke ich nochmals für die Arbeit der Volksanwaltschaft. Noch einmal alles Gute! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.00



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.00.44

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwalt! Herr Volksanwalt! Auch ich gratuliere zum ersten Platz, gratuliere auch zu den sehr guten, umfangreichen Berichten zur Unterstützung der Abgeordneten hier im Haus – herzlichen Dank dafür! (Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Die Volksanwaltschaft hat sich in Kapitel 3 des hier verhandelten Berichtes mit dem Thema Asyl- und Fremdenrecht auseinandergesetzt und sich dazu geäußert – danke dafür! Die in diesem Zusammenhang meistdiskutierte Forderung in diesem Politfeld ist die Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Da möchte ich mich gleich bei der ÖVP und bei der SPÖ herzlich bedanken. Da sieht man, was im Parlamentarismus möglich ist: dass ein Entschließungsantrag der Opposition angenommen wird. Da kamen im Vorfeld schon sehr, sehr positive Signale. Herzlichen Dank dafür!

Das erste Signal hat der ÖVP-Innenminister Gerhard Karner gesendet. Er hat gesagt, es spreche nichts gegen Abschiebungen von Extremisten direkt nach Afghanistan und Syrien, auch wenn das wohl eine Zusammenarbeit mit dem Talibanregime bedeuten würde. (Zwischenruf des Abg. Bürstmayr.) Herzlichen Dank dafür, Herr Innenminister! Wir Freiheitliche sagen das schon seit 10. Jänner 2023 – aber es ist sehr, sehr gut, dass der Innenminister uns jetzt folgt.

Danke auch an die Sozialdemokratie! SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler hat gesagt: „Wir können nicht dulden, dass jemand Messerattentate auf Polizisten verübt oder diese Taten gutheißt. Diesen Menschen muss mit allen möglichen Konsequenzen des Rechtsstaats begegnet werden, das sind hohe Gefängnis­strafen und kann auch bis zur Ausweisung gehen. Dafür bräuchte es Rückführungs­übereinkommen – die die Regierung seit Jahren nicht zustande bringt. Ich


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erwarte mir von Bundeskanzler Nehammer, dass er hier endlich Ergebnisse erzielt. Es kann nicht sein, dass wir hier immer nur zuwarten und auf andere Länder schielen, anstatt selbst zu handeln.“ – Richtig, Herr SPÖ-Vorsitzender Babler!

SPÖ-Klubobmann Philip Kucher hat das gleich unterstützt, denn wer mordet „und Terrorismus bejubelt, ist in Wahrheit kein Schutzsuchender“. Es brauche da „ganz klare Konsequenzen des Rechtsstaats, beginnend mit hohen Haftstrafen bis hin zu Abschiebungen“, so Kucher weiter. Herzliche Gratulation an Philip Kucher – Herr Klubobmann, richtig erkannt! Ganz, ganz super, und ich freue mich auf Ihre Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag, weil auch der Bundeskanzler ausrichten lässt: „Ich teile die Haltung von @Bundeskanzler Olaf Scholz“ auf Twitter oder jetzt X „voll und ganz. Wir müssen rechtliche Möglich­keiten schaffen“ (Zwischenruf bei der SPÖ) „, um Straftäter, Gefährder und Verherrlicher von Terrrorismus abzuschieben, auch nach Afghanistan und Syrien.“ – Danke, Herr Bundeskanzler, völlig richtig erkannt. Wir sagen das schon seit 10. Jänner 2023; und es freut mich, dass wir heute den historischen Akt hier in diesem Haus begehen, unseren Entschließungsantrag mit breiter Unterstützung in die Gesetzwerdung fließen zu lassen.

Ich bringe gleich unseren Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich dafür Sorge zu tragen, dass Abschiebungen insbesondere nach Afghanistan und Syrien wieder durch­geführt werden.“


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*****

Ja, ich glaube, das ist ein wichtiger Entschließungsantrag. Ich freue mich auf die Zustimmung. Wir haben ja schon gesehen, dass die SPÖ- und ÖVP-Granden das gutheißen und es unterstützen werden, und diese Unterstützung werden die Abgeordneten hier im Hause nicht verwehren.

Jetzt noch kurz zur Justiz, für die ja Volksanwältin Schwarz zuständig ist: Liebe Frau Volksanwältin, richtig erkannt: Missstände im Straf- und Maßnahmen­vollzug existieren. Natürlich gibt es schlechte bauliche Zustände, mangelnde Barrierefreiheit und so weiter und so fort – aber es mündet alles, nämlich wenn man die Betreuung und die Therapie betrachtet, in einem eklatanten Personal­mangel, der schon über Jahrzehnte besteht und sich natürlich durch die Untätig­keit dieser Bundesregierung noch verschärft hat.

Das betrifft nicht nur die Justizwache, auch für die Betreuung findet man kein Personal, und, und, und. Man muss ja wissen, dass die Justizwache nicht nur 100 Prozent der Sicherheits-, sondern auch 70 Prozent der Betreuungstätigkeit übernimmt. Zu wenig Justizwache und zu wenig Betreuungspersonal, so heißt dieser Zustand, den Sie richtig bemängeln. Man muss auch dazusagen, dass 70 Prozent der hierzulande einsitzenden und verurteilten Straftäter natürlich eine nicht österreichische Staatsbürgerschaft haben. Das heißt, es wären zwei Drittel unserer Gefängnisse leer, wenn wir diesen Zuzug nach Österreich nicht so fördern würden oder die Bundesregierungen ihn nicht so gefördert hätten. So muss man das natürlich auch feststellen.

Jetzt gibt es nur eines – Sicherheit kostet Geld –: mehr Personal, mehr Beamte – oder man lässt weniger Straftäter ins Land. Dazwischen gibt es da nichts. Das ist jetzt der Umstand, mit dem wir zu kämpfen haben; durch die Überbelastung erklärt sich auch die hohe Krankenstandsrate bei der Justizwache. Was einen kränkt, macht einen krank, sprich was überbelastet – keine Zeit mehr für Familie, für Freizeit, für Entspannung –, das fördert Krankenstände. Sie haben auch richtig erkannt, dass dieser Personalmangel vorherrscht.


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In diesem Sinne: Herzlichen Dank an die Volksanwaltschaft für die gute Arbeit und für die Unterstützung des Parlaments – und ich freue mich schon auf die breite Zustimmung von ÖVP und SPÖ. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7, Bericht des Volksanwaltschafts­aus­schusses über den 47. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023) (III-1135/2578 d.B.), in der 268. Sitzung des Nationalrates, am 13. Juni 2024

Die Volksanwaltschaft hat sich in Kapitel 3.6.1 des in Verhandlung stehenden Berichtes mit dem Thema Asyl- und Fremdenrecht auseinandergesetzt. Eine der meistdiskutierten Forderungen in diesem Politikfeld ist die Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien.

ÖVP-Innenminister Gerhard Karner hat angekündigt, in Zukunft auch für Abschie­bungen nach Syrien und Afghanistan einzutreten:

„Es spreche nichts gegen Abschiebungen von Extremisten direkt nach Afghanistan und Syrien. Auch wenn das wohl eine Zusammenarbeit mit dem Taliban-Regime bedeuten würde.“1

„Das Innenministerium beruft sich bei seiner Einschätzung der Lage in Syrien auf den jüngsten Jahresbericht der EU-Asylagentur (EUAA): Darin heißt es, dass in der


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syrischen Hauptstadt Damaskus, wo sich derzeit an die 600.000 Binnenflüchtlinge aufhalten, "kein echtes Risiko für Zivilisten" besteht. In nahezu allen anderen Regionen und Städten des vom Krieg verwüsteten Landes sieht es allerdings anders aus.“2

SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler sagte in diesem Zusammenhang in einem Statement gegenüber der „Krone“:

„Wir können nicht dulden, dass jemand Messerattentate auf Polizisten verübt oder diese Taten gutheißt. Diesen Menschen muss mit allen möglichen Konsequenzen des Rechtsstaats begegnet werden, das sind hohe Gefängnisstrafen und kann auch bis zur Ausweisung gehen. Dafür bräuchte es Rückführungsübereinkommen – die die Regie­rung seit Jahren nicht zustande bringt. Ich erwarte mir von Bundeskanzler Nehammer, dass er hier endlich Ergebnisse erzielt. Es kann nicht sein, dass wir hier immer nur zuwarten und auf andere Länder schielen, anstatt selbst zu handeln.“3

SPÖ-Klubobmann Philip Kucher unterstützt in der ZIB2 diesen Vorstoß:

„…denn wer Mord und Terrorismus bejubelt, ist in Wahrheit kein Schutzsuchender“. Es brauche hier „ganz klare Konsequenzen des Rechtsstaats, beginnend mit hohen Haftstrafen bis hin zu Abschiebungen“, so Kucher weiter.4

Selbst der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen:

"Solche Straftäter gehören abgeschoben, auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen", sagte Scholz am Donnerstag im Bundestag. "Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren."5

Unterstützt wird dieser Vorschlag von Bundeskanzler Karl Nehammer auf seinem X-Profil:


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Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Es ist daher Zeit für einen nationalen Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg, zumal die FPÖ bereits am 10. Jänner 2023 einen entsprechenden Antrag eingebracht hat!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich dafür Sorge zu tragen, dass Abschiebungen insbesondere nach Afghanistan und Syrien wieder durchgeführt werden.“

1 https://orf.at/stories/3359904/

2 https://kurier.at/politik/inland/abschieben-syrien-faktencheck-unhcr-uno-asylsuchende-straftaeter/402869186

3 https://www.krone.at/3407330

4 https://orf.at/stories/3359904/


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5 https://kurier.at/politik/ausland/scholz-deutschland-abschiebungen-schwerstkriminelle-afghanistan-syrien-mannheim/402909384

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.06.56

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Volks­anwältin Schwarz, geschätzter Volksanwalt Achitz! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier auf der Galerie und natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ich fange auch mit einem Danke an: Danke an die Volksanwaltschaft, danke an euch zwei – der Dritte im Bunde fehlt heute leider, aber danke auch an ihn – und natürlich auch danke an das gesamte Team für euren unermüdlichen Einsatz für die Menschen in Österreich, für uns alle! Die Menschen vertrauen der Volksanwaltschaft, das haben wir heute gehört – sie erreichte den ersten Platz beim Vertrauensindex. Auch ich möchte ihr natürlich dazu gratulieren. Das ist wirklich etwas Schönes und Erfreuliches. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gahr.)

Das Beschwerdeaufkommen hat sich im Jahr 2023 auf hohem Niveau stabili­siert, es gab über 23 000 eingegangene Beschwerden. Das ist viel und es zeigt eben auch, dass die Menschen die Volksanwaltschaft aufsuchen, dass sie sie kennen, dass sie sich an sie wenden, dass die Zugänge doch sehr niederschwellig sind und dass das Angebot angenommen wird. Wir haben es auch heute schon von meiner Kollegin gehört: Es gibt die Möglichkeit von Sprechstunden in den Regionen, es gibt natürlich die Möglichkeit anzurufen, dann gibt es die Möglich­keit, Onlineformulare auszufüllen, es wird also auch dem digitalen Zeitalter Rechnung getragen. Das ist sehr erfreulich.


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Der Bericht ist ein sehr umfassender. Wir haben das im Ausschuss auch sehr ausführlich diskutiert, und viele Fragen wurden auch beantwortet. Schade ist, dass es hier jetzt nicht die Zeit gibt, dass wir über alles, was in dem Bericht angeführt wird, sprechen, weil das natürlich alles wichtige Themen sind. Des­wegen ist es auch wirklich eine Empfehlung an alle, sich diesen doch sehr umfangreichen Bericht durchzulesen, weil viele wichtige Themen darin ange­sprochen werden.

Ich möchte die Zeit nutzen, um auf zwei Themen aufmerksam zu machen: zum einen das Schmerzmanagement in Alten- und Pflegeheimen. Laut dem Bericht gab es im Jahr 2023 119 Besuche in Alten- und Pflegeheimen; 1 500 Interviews mit Bewohner:innen mit und ohne kognitive Beeinträchtigung wurden geführt. Ein paar Fakten zum Schmerzmanagement: 60 bis 80 Prozent der Bewoh­ner:in­nen leiden unter Schmerzen. Das ist natürlich nicht schön.

Wir haben auf der anderen Seite immer wieder auch das Thema der Überdosierung. Das heißt, man muss auch wirklich genau hinschauen, dass Menschen in Pflege­heimen nicht nur Schmerzmittel verabreicht werden. In mehr als 25 Prozent der Einrichtungen wird kein Schmerzmanagement angewandt. Da muss man auch genau hinschauen. Auch die Pflegeeinrichtungen müssen sich da bemühen. Ich weiß, dass sie das eh machen, aber man muss sich eben noch mehr bemühen, flächendeckend auch qualitativ hochwertige Methoden zur Schmerzmittel­therapie für die Versorgung zu schaffen – das braucht es.

Es braucht regelmäßige Screenings. Es braucht Erhebungen von schmerztypischen Verhaltensweisen und, und, und. Da gibt es im Bericht genug Empfehlungen, an die man sich anlehnen kann.

Wenn man über Schmerzmittel redet, ist mir ganz wichtig, dass man auch über die Wirkung von Schmerzmitteln spricht, denn die Wirkung auf Frauen und Männer ist nicht die gleiche. Die Nebenwirkungen bei Frauen sind doppelt so hoch. Das ist auch etwas, bei dem man einfach viel, viel genauer hinschauen muss und wofür das Bewusstsein zum Teil noch fehlt.


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Was kann man dagegen tun? – Natürlich Painnurses; das wäre die Antwort. Leider gibt es nur in der Hälfte der Einrichtungen Painnurses, also Schmerz­schwestern. Da braucht es eben nach wie vor weiterhin Schulungen für das Pflegepersonal in diesem Bereich, damit man da wirklich auch zielgenau arbeiten kann.

Ein weiteres Thema, das nicht nur mir, sondern vielen Menschen sehr wichtig ist, das auch Prüfschwerpunkt war, ist Selbstbestimmung mit Fokus auf sexuelle Selbstbestimmung. In einem eigenen Prüfschwerpunkt haben sich die Kommis­sionen der Volksanwaltschaft die Möglichkeit der sexuellen Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen näher angesehen. Dabei wurden viele, wirklich viele Mängel festgestellt.

Es gibt natürlich auch Good-Practice-Beispiele, auf die ich auch kurz eingehen werde, aber ich möchte natürlich auch auf die Mängel eingehen.

40 Prozent der Einrichtungen verfügen prinzipiell über ein sexualpädagogisches Konzept. Auf den ersten Blick denkt man sich: Ja, das ist eh gut. Von diesem Konzept weiß aber zum Teil nur das Leitungspersonal. Die Mitarbeiter:innen und die Klient:innen wissen also nichts davon, was wiederum heißt, dass das Konzept in der Praxis nicht gelebt wird. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe, auf ein paar möchte ich eingehen.

Nur in 20 Prozent der Fälle gibt es das Konzept in leichter Sprache. Das wäre eigentlich für Menschen mit Behinderung die Grundvoraussetzung, die nur in 20 Prozent der Fälle erfüllt ist.

In einem Großteil der Einrichtungen sind Übernachtungsbesuche von anderen Personen nicht erlaubt. Das heißt, die Privatsphäre ist sehr mangelhaft.

Verhütungsmittel werden in einigen Fällen ohne Wissen der Betroffenen – das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: ohne Wissen der Betroffenen! – verabreicht; im Jahr 2024!


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Sexualbegleitung in Einrichtungen ist in einigen Bundesländern zum Teil sogar verboten, weil das unter das Prostitutionsgesetz fällt. In Vorarlberg haben wir das geändert.

Bei der Staatenprüfung der UNO im Jahr 2023 äußerte sich der UNO-Fachausschuss besorgt darüber, dass es immer wieder Berichte gibt, wonach insbesondere Frauen mit Behinderung ohne ihre Einwilligung – ohne ihre Einwilligung! – sterilisiert werden. Das ist unfassbar!

In 20 Prozent der Einrichtungen erfolgt die Empfängnisverhütung nicht immer selbstbestimmt. Das heißt, da kommen auch Eltern ins Spiel, die oft die erwach­senen Kinder schützen wollen. Das Wort schützen ist da vielleicht der falsche Ausdruck, aber wir reden über Selbstbestimmung auch für Menschen mit Behin­derung, und die braucht es.

Es braucht natürlich Betreuer:innen, die sexualpädagogisch geschult sind. Das gibt es leider auch nur in der Hälfte der Einrichtungen.

Zu guter Letzt, um zum Good-Practice-Beispiel zu kommen: Als Good Practice wird eine Einrichtung geschildert, die Eltern-Kind-Zimmer anbietet. In den meisten Einrichtungen wird jedoch darauf verwiesen, dass werdende Eltern mit Behinderung nicht begleitet werden.

Da ist also noch viel Arbeit vor uns. – Danke nochmals für eure Arbeit, für diesen Bericht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.14.56

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache


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ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Die Volksanwaltschaft übernimmt eine wichtige Kontrollfunktion in diesem Land. Das sehen wir an dem Bericht, das sehen wir aber auch an vielen Einzelfällen, bei denen sich die Volksanwaltschaft für Verbesserungen einsetzt, und damit auch bei den einzelnen Personen, die direkt von dieser Vertretung für die Bevölkerung profitieren.

Auch wir NEOS können uns somit dem breiten Dank an die Volksanwaltschaft anschließen und können auch nur betonen, wie tatsächlich sehr parteiunab­hängig Sie sich mit Ihrer Arbeit für die Bevölkerung einsetzen. – Dafür ein großes Danke, auch für die Arbeit des Teams im Hintergrund.

Damit man diese Arbeit aber auch ernsthaft würdigen kann, muss man sich mit den aufgezeigten Problemen genauer auseinandersetzen. Da geben uns die Berichte auch einen guten Einblick in die Fehler, die im öffentlichen Bereich gemacht werden, und einen Einblick in die Lösungsansätze, die es dazu bräuchte und die sich die Betroffenen auch wünschen.

So gesehen ist der heurige Bericht für mich besonders schön, weil er gleich mehrere Herzensthemen angreift. Die aktuelle Prüfung zur Situation in Alten- und Pflegeheimen zeigt nämlich etwas auf, was ich schon sehr oft versucht habe, hier klarzumachen.

Bei der Pflegereform reicht es nicht, mit Geld auf Probleme zu werfen, sondern wir müssen wirklich zu den Patienten und zu den Mitarbeitern hingehen, uns deren Themen anschauen und gut hinhören, denn es gibt in diesem Bereich ganz klare Handlungsanweisungen, dass und wie die Arbeitsbedingungen in der Pflege geändert werden müssen.

Es braucht eine nachhaltige Personaloffensive, damit Pflegekräfte mehr Zeit für Fachkompetenz und mehr Zeit am Menschen haben – die menschliche Komponente fehlt ganz massiv. Wir brauchen auch mehr einheitliche Entlastung: Digitalisierung, bessere Betreuungsschlüssel und – wie man am Schwerpunkt des Schmerzmanagements sieht – auch über verschiedene Träger hinweg.


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Für die Mitarbeiter ist es nämlich bei einem Jobwechsel ein Witz, dass sie eine Spezialisierung nicht mehr nutzen können. Auch für Patienten ist es unver­ständlich, warum es einmal eine Schmerztherapie gibt und beim anderen Mal nicht.

Wir brauchen überall in Österreich gute Arbeitsbedingungen in der Pflege und vor allem eine gute Pflege, die Gesundheit mit abdeckt und es Menschen möglichst lange ermöglicht, zu Hause zu bleiben und ein selbstständiges Leben zu führen.

Ich möchte mich aber noch kurz oder vielleicht etwas länger zu weiteren Inhalten des Berichts äußern, zum einen zur psychischen Versorgung – ein wichtiger Punkt –, zur Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch zur selbstbestimmten Sexualität von Menschen mit Behinderungen.

Kollegin Ribo hat gerade zuvor gesagt, es gibt Konzepte. Ich glaube, das Haupt­problem liegt darin, dass Menschen mit Behinderungen nicht zugestanden wird, dass sie auch Sex haben wollen und können. Auch sie brauchen wie wir alle Zärtlichkeiten, und auch Menschen mit Behinderungen sind soziale Wesen, über die niemand bestimmen darf – außer sie selbst. Das gilt auch für die sexuelle Gesundheit. Gesundheit ist auch sexuelle Gesundheit, und das gilt für alle Bereiche.

Zu diesem Punkt möchte ich auch noch sagen: Ich habe letzte Woche wieder versucht, die Überarbeitung der Begriffe in unseren Gesetzen als Antrag einzubringen. Kollegin Diesner-Wais, Sie haben das Wort taubstumm verwen­det. Es sind gehörlose Menschen, die sehr wohl eine Sprache haben. Es wäre wichtig, dass das auch bei uns herinnen ankommt, denn nur dann können wir das auch draußen und inklusiv leben. Das sei an dieser Stelle gesagt.

Alle diese Bereiche, die Kinder- und Jugendhilfe wurden in den vergangenen Jahren zu eigenen Schwerpunkten gemacht, die bis jetzt aber auch noch kaum zu Änderungen geführt haben, obwohl wir die Probleme und deren Ableitungen


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kennen. Ich würde mir wünschen, dass wir die Arbeit der Volksanwaltschaft insofern würdigen, als wir endlich an die Umsetzung dieser Empfehlungen gehen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.20.01

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Volksanwältin Schwarz! Herr Volksanwalt Achitz! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf heute im Namen des Abgeordneten Klaus Lindinger den Seniorenbund Sattledt mit Obmann Hans Buchner recht herzlich hier im Parlament begrüßen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Arbeit der Volksanwaltschaft ist wichtig, und der vorgelegte Bericht zeigt den Umfang und die Qualität der Arbeit, die die Volksanwaltschaft leistet, zeigt, was die Volksanwaltschaft tagtäglich für die Menschen leistet, niederschwellig und unkompliziert, und ich glaube, das ist das Wichtigste.

Für mich persönlich ist eines ganz wichtig: dass es Vertrauen in die Volksanwalt­schaft gibt. Das erfahren wir immer wieder, wenn es Rückmeldungen aus den Bundesländern von den Sprechstunden gibt. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man da direkt auf die Menschen zugeht.

Ich sehe es als sehr vorteilhaft oder sehr effizient, dass wir als Abgeordnete die Dinge an Sie weiterleiten können und damit die Anliegen dann auch möglichst zeitnah erledigt werden.

Großes Lob dafür, dass es immer wieder Rückmeldungen gibt, wenn man Termine vereinbart – die Menschen fühlen sich einfach gut aufgehoben, wenn sie mit der Volksanwaltschaft in Kontakt treten, und haben Vertrauen in diese Einrichtung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 208

Es wurden ja, wie heute schon erwähnt wurde, über 23 000 Beschwerden bearbeitet – das ist eine ordentliche Zahl. Und was, glaube ich, ganz wichtig ist: dass die Bearbeitung unabhängig, unkompliziert, kompetent, professionell und neutral passiert und die Menschen damit Unterstützung bekommen, denn nicht jeder kann sich heute eine Vertretung oder Rechtsvertretung leisten.

Ich darf heute hier einige Beispiele erwähnen, die in diesem Bericht, sage ich, aufgefallen sind: Klimabonus und Digitalisierung.

Seit Herbst 2022 haben sich mehr als 1 500 Personen an die Volksanwaltschaft gewandt zum Thema Klimabonus. Er war der Ausgleich für die Mehrkosten der CO2-Bepreisung, und aus Sicht der Personen, die eine Beschwerde eingebracht haben, wurde der Klimabonus zu spät ausbezahlt.

Was immer wieder erwähnt wurde: Gerade die regionale Staffelung hat da und dort zu Ärger oder auch Missmut geführt. Ich glaube, es wäre wichtig, dass man zukünftig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an der Hotline Auskunft geben, besser und intensiver schult und mit der Materie vertraut macht.

Ein weiterer Bereich ist die Digitalisierung. Wir alle wünschen uns Digitalisie­rung, wir nützen die Digitalisierung, wir zählen auf die Digitalisierung, aber es gibt auch Menschen, die mit der Digitalisierung nicht so einfach umgehen können und die das Ganze einfach nicht so beherrschen und sich da und dort benachteiligt fühlen. Es sind Menschen, die mit der Antragstellung im Internet oder auch mit der neuen ID Austria Probleme haben.

Da sollte man einfach mitbedenken, dass wir ältere Menschen intensiv unter­stützen sollten (Abg. Leichtfried: Gestern haben Sie es nicht mitbedacht! Ihr wart dagegen!) und dass man bei den Behörden nicht einfach Dinge vorgibt, sondern dass der Mensch im Mittelpunkt steht. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)


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Ich möchte mich aber auch bedanken: Immer wieder sind es auch unsere Gemeinden und die Gemeindeverwaltungen, die die Menschen dabei unter­stützen.

Also: Wir müssen bei der Digitalisierung auch die älteren Menschen mitnehmen. (Abg. Silvan: Das haben wir gestern gesagt!)

Zum Thema Internet: Tagtäglich erleben wir im Internet, dass es Betrügereien gibt. Nicht nur ältere Menschen, sondern auch jüngere Menschen sind Opfer von Internetbetrug. Da müssen wir einfach mehr Bewusstsein schaffen. Diesbezüglich müssen wir stärker präventiv wirken, dass man einfach Antworten geben kann oder dass man möglichst diesen Missbrauch vermeiden kann.

Wir haben kürzlich hier im Parlament den Rechnungshofbericht zum Bereich Justiz und zum Straf- und Maßnahmenvollzug diskutiert, es wurde heute bereits erwähnt. Ja, unsere Justiz- und Strafanstalten in Österreich sind mit über 9 000 Menschen belegt, und das führt natürlich zu Spitzen, das führt zu Über­belastungen von Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. Daher ist es, glaube ich, ganz, ganz wichtig – die Frau Justizminister hat es bei der Diskussion über den Rechnungshofbericht schon gesagt –, dass man sich bemüht, zusätzliches Personal zu rekrutieren.

Eines ist da, glaube ich aber, ganz klar: Man muss das Berufsbild in den Justiz­anstalten einfach in ein besseres Licht rücken. Bei der Polizei ist das gut gelungen. Die Polizei kann sich in letzter Zeit über viele Neuaufnahmen freuen. Bei der Justiz ist das leider nicht der Fall.

Was kann man dafür machen? – Ich glaube, wichtig ist eine leistungsgerechte Bezahlung. Wichtig ist auch, dass man die Menschen, welche die inhaftierten Menschen betreuen, besser schult, denn gerade die psychischen und physischen Belastungen haben ja leider die Suizidrate steigen lassen. Ich glaube, es ist für uns als Gesellschaft wichtig, dass wir die Menschen, die diesen Dienst machen – das, was nicht jeder kann und nicht jeder will –, dabei unterstützen. Es muss da


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dringend gegengesteuert werden: mit besserer Betreuung, mit Unterstützung und Coaching.

In diesem Sinne danke ich der Volksanwaltschaft für diesen umfassenden Bericht. Ich glaube, es sind immer wieder viele Anregungen dabei, die uns in der politischen Arbeit begleiten und die zu Verbesserungen, auch was die politische Situation betrifft, führen.

In diesem Sinne ist das Geld oder der Haushalt, der für die Volksanwaltschaft zur Verfügung steht, gut angelegt, denn es kommt zigfach zurück. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.26.12

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, Herr Kollege Gahr, dass ich kurz auf Ihren Redebeitrag repliziere.

Sie haben einen Punkt angesprochen, den wir gestern zum Thema unserer dring­lichen Debatte gemacht haben, nämlich dass wir Menschen, die mit der digitalen Transformation nicht mitkommen, auch das Recht auf ein analoges Leben ermöglichen. Das haben wir gestern thematisiert, und es war die ÖVP, die gesagt hat, das braucht es alles nicht, denn jeder hat die Möglichkeit, teilzunehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: So schaut es aus!) – Hätten Sie gestern unserem Antrag zugestimmt, hätten Sie heute das Thema nicht ansprechen müssen.

Den Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen von der Volksanwaltschaft sage ich Danke für den umfassenden Bericht und für ihre Prüftätigkeit, die sie das ganze Jahr über durchführen.


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Ich möchte – wenig überraschend – zuerst zum Thema Heimopferrente Stellung beziehen. Die Heimopferrente steht jenen Menschen zu, die zwischen Mai 1955 und Dezember 1999 als Kinder fremduntergebracht werden mussten – in Heimen, in Krankenanstalten oder auch bei Pflegefamilien – und die in dieser Fremdunterbringung Missbrauch oder Gewalt erlebt haben. Seit 2017 kann über die Volksanwaltschaft die sogenannte Heimopferrente beantragt werden.

Was wir im Bericht 2023 gesehen haben, ist, dass es wieder einen Anstieg bei der Zahl der Anträge gegeben hat. Das ist darauf zurückzuführen, dass es vor allem von Personen aus sogenannten Taubstummeneinrichtungen jetzt vermehrt zu Anträgen gekommen ist. Dem liegt auch eine spezielle Informationstätigkeit in diesem Bereich zugrunde. Dafür möchte ich Danke sagen, dass wir hier auch speziell auf diese Zielgruppe noch einmal extra zugegangen sind, weil diese Menschen ein Recht haben, entsprechend entschädigt zu werden.

Mir ist aber auch wichtig, zur präventiven Menschenrechtskontrolle und da speziell zu den Besuchen in den Pflegeheimen für die Altenpflege Stellung zu beziehen.

Wir haben es vorhin schon gehört, Kollegin Ribo hat es gesagt: Im vergangenen Jahr hat die Volksanwaltschaft im Zusammenhang mit dieser präventiven Menschenrechtskontrolle 119 Pflegeeinrichtungen unangekündigt geprüft.

Das Positive ist, dass, wenn die Volksanwaltschaft kommt, dort Mängel feststellt und Beanstandungen macht, wir es in diesen Berichten auch nachlesen können, wenn diese Mängel behoben werden.

Es ist also nicht umsonst, dass die Volksanwaltschaft dort hinkommt, sondern das wird angegriffen, wird aufgegriffen und wird umgesetzt, und das ist wichtig und dafür möchte ich auch einmal Danke sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei diesen Besuchen hat die Volksanwaltschaft aber natürlich auch großen Reformbedarf in der Pflege festgestellt. No na net, wir kennen diese Probleme alle. Wir wissen um den großen Mangel an Pflegekräften. Wir wissen, dass


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teilweise Betten oder sogar ganze Abteilungen geschlossen sind, weil wir aufgrund des Mangels an Pflegekräften diese Betten gar nicht belegen können.

Da ist Reformbedarf gegeben. Die Volksanwaltschaft stellt das auch mit der notwendigen Expertise fest. Aber wir alle wissen das. Wenn wir die Pflegeheime in unseren Regionen besuchen, wenn wir uns die Zeit nehmen, mit Pflegekräften zu sprechen, dann wissen wir, dass wir da dringend handeln müssen, und die demografische Entwicklung zeigt uns, dass dieser Handlungsbedarf enorm und riesengroß ist.

Wir als Sozialdemokratie wollen uns diesem Thema auch widmen. Wir haben einen Plan, wie wir die Arbeitsbedingungen für die Menschen in der Pflege entsprechend verbessern, wie wir dafür sorgen können, dass sich mehr Menschen für einen Beruf in der Pflege entscheiden.

Wir wollen dort ansetzen und sagen auch, analog zur Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten müssen auch Pflegekräfte in der Ausbildung entsprechend entlohnt werden: 2 300 Euro brutto in der Ausbildung, 14 Mal im Jahr. Ganz klar ist: Die Pflegeausbildung darf nichts kosten, sie muss kostenlos und von Studiengebühren befreit sein. Nur so ist es möglich, dass man sich auch am zweiten Bildungsweg dafür entscheiden kann – aus rein ökonomischen Gründen –, eine Pflegeausbildung zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen auch, dass wir gerade bei den Arbeitsbedingungen an vielen Stell­schrauben drehen müssen. Es herrschen Arbeitsbedingungen in diesem Job, die die Menschen physisch, gesundheitlich schädigen, und viele können den Job logischerweise dann auch nicht bis zur Pension ausüben. Da müssen wir ansetzen, dem müssen wir entgegenwirken.

Sehr geehrte Damen und Herren, die prekäre Pflegesituation betrifft uns alle. Wenn wir ermöglichen wollen, dass jede Person, die einen Bedarf hat und eine Pflegestelle braucht, diese auch bekommt, dann müssen wir auch entsprechend


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handeln. Mir ist es ganz wichtig zu sagen: Jene Menschen, die sich für einen Job in der Pflege entscheiden, machen das aus Überzeugung, die tun das, weil sie diesen Job gerne machen wollen. Nehmen wir diese Pflegekräfte ernst, schrauben wir bei den Arbeitsbedingungen, schrauben wir beim Gehalt, setzen wir da an, damit wir die Leute langfristig und nachhaltig in der Pflege halten! Klatschen alleine wird da nicht ausreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.31.27

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich eingangs im Namen meiner Fraktion bei Ihnen, geschätzte Volksanwälte, für diesen sehr ausführlichen, sehr umfangreichen, aber wie gewohnt auch sehr kritischen Bericht bedanken, weil er doch einige wichtige Umstände der heimischen Verwaltung aufzeigt und darüber hinaus auch vieles ableiten lässt, was einfach notwendig ist und uns eigentlich als Auftrag für die Zukunft mitgegeben wird.

Da bin ich bei einem zentralen Thema, das wir immer schon sehr kritisch gesehen haben, nämlich beim Bereich Asyl- und Fremdenrecht, der unter dem Punkt 3.6.1 in diesem Bericht zur Verwaltung sehr ausführlich und mitunter auch sehr kritisch gesehen wird. Es ist dort von Ihnen vermerkt, dass es einmal mehr einen deutlichen Beschwerdeanstieg im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts gegeben hat und damit natürlich auch ein enormer Verwaltungsaufwand verbunden war, insbesondere wenn wir uns den Personal-, aber auch den Kostenaufwand anschauen, der mit der Administration verbunden ist. Aber nicht nur der unmit­telbare Verwaltungs- und Kostenaufwand ist hier ein wesentlicher Faktor, sondern auch die daraus entstehenden Folgekosten, seien es jetzt Kosten für Rechtsmittelverfahren, seien es Kosten, die durch die Bundesbetreuung


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entstehen, seien es Kosten für Abschiebungen, die einen wesentlichen Kosten­aufwand verursachen, oder seien es auch Kosten für die Unterbringung von verurteilten Fremden.

Ich darf daran erinnern, ein Drittel aller Häftlingsinsassen in Österreich sind Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft. Auch da setzt sich dieser erhöhte Kosten- und Personalaufwand einmal mehr fort. Das Gebot der Stunde ist daher für uns, für meine Fraktion, dass es eine dringende Minimierung der Flüchtlingsströme geben muss, um diese Kosten, die wir alle tragen, zu vermin­dern, einzuschränken und zurückzuführen. Es geht dabei aber nicht nur um die Flüchtlingsströme nach Österreich, sondern um die Flüchtlingsströme insgesamt, in die gesamte EU. Ich darf daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ernennung eines EU-Kommissars für Remigration“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, einen Kommissar für Remigration zu installieren.“

*****

Ich darf Sie einladen, diesen Antrag breit zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Herbert, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ernennung eines EU-Kommissars für Remigration

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7, Bericht des Volksanwaltschafts­aus­schusses über den 47. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023) (III-1135/2578 d.B.), in der 268. Sitzung des Nationalrates, am 13. Juni 2024

Im aktuellen Bericht der Volksanwaltschaft betrafen zum wiederholten Male zahl­reiche Beschwerden die Themengebiete Asyl sowie das Niederlassungs- und Fremdenpolizeirecht. In diesem Bereich wurden insgesamt 2.064 Fälle verzeichnet, eine deutliche Steigerung zum letzten Jahr. Ein Themenkomplex, der bei den Österreicherinnen und Österreichern zunehmend Besorgnis hervorruft.

Die im Bericht der Volksanwaltschaft erwähnte unkontrollierte Migration ist jedoch nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten EU ein gravierendes Problem, weshalb es notwendig ist, eine umfassende und koordinierte Lösung auch auf EU-Ebene zu finden.

Die bisherige Politik der Europäischen Kommission hat im Kampf gegen die illegale Masseneinwanderung vollkommen versagt. Das Asylrecht, wie es derzeit besteht, gewährt jedem, der die EU-Außengrenzen erreicht, ein Verfahren in einem EU-Mitgliedsstaat. Dies führt zwangsläufig zum Missbrauch des Asylsystems und zu unkontrollierter Zuwanderung.

Ein neu geschaffener EU-Kommissar für Remigration würde sich gezielt mit der Bekämpfung dieser illegalen Migration befassen und sicherstellen, dass Rückführungen effizient und konsequent umgesetzt werden. Dieser Kommissar muss das zentrale Problem des Versagens der EU bei den Rückführungen von illegal in der Union Auf­hältigen angehen, welches auch schon der EU-Rechnungshof kritisiert hat. Zur Erinnerung: Vier von fünf Personen, die die Aufforderung erhalten, die EU zu verlassen,


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tun dies nicht und bleiben einfach, obwohl sie kein Recht dazu haben. Durch die Überwachung und die gezielte Kontrolle der EU-Außengrenzen würden die Sicherheit der Mitgliedstaaten erhöht und unkontrollierte Einreisen verhindert werden.

Die Rückführung illegaler Migranten würde neben der Senkung der Kriminalität auch die Sozialsysteme der EU-Mitgliedstaaten entlasten. Diese wirtschaftliche Entlastung führt dazu, dass Millionenbeträge in den europäischen Staaten bleiben –Geld, das man dringend für die eigenen Landsleute benötigt.

Ziel ist es, die bestehenden Defizite in der Migrationspolitik zu beheben, die Grenzsicherheit zu stärken, die Remigration zu beschleunigen und die wirtschaftlichen und sozialen Belastungen durch illegale Migration zu reduzieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, einen Kommissar für Remigration zu installieren.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.34.57

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs darf ich besonders die Fachmittelschule Burggasse aus Wien herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS.)


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Ich möchte in meiner Rede zur wirklich hervorragenden und wichtigen Arbeit der Volksanwaltschaft auf einen besonderen Teil eingehen, über den heute fast noch gar nicht gesprochen worden ist, nämlich die Volksanwaltschaft als Nationaler Präventionsmechanismus.

Im Rahmen der sogenannten präventiven Menschenrechtskontrolle haben die Kommissionen der Volksanwaltschaft über 500 Kontrollen durchgeführt – die meisten, soviel ich weiß, unangemeldet –: in Krankenanstalten, in Alten- und Pflegeheimen, in Psychiatrien, in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren und Polizeiinspektionen. Beobachtet wurden auch rund 25 größere Polizeieinsätze.

Warum ist das so wichtig? – Die Republik Österreich hat sich schon vor Jahrzehnten dazu verpflichtet, zur Verhütung der Folter präventive Kontrollen durchzuführen. Jetzt werden Sie fragen: Folter? Folter gibt es doch bei uns in Österreich nicht! – Nun, es gibt eine ganz wesentliche Bestimmung der Europäischen Menschenrechtskonvention – von vielen wird sie für die wichtigste gehalten –, das ist der Artikel 3 der Europäischen Menschenrechts­konvention, der da lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

Wenn wir uns das ein bisschen genauer ansehen, sehen wir, dass in dieser Bestimmung ganz verschiedene Dinge behandelt werden: Das geht von Folter – wir wissen oder wir können uns ungefähr vorstellen, was das heißt, nämlich ein wirklich schlimmes Verbrechen – bis zu: jemanden einer erniedrigenden Behandlung unterwerfen. Warum wird das in der gleichen Bestimmung genannt? – Das habe ich vom großen Heinz Patzelt, der lange Jahre Amnesty International Österreich geleitet hat, gelernt. Der hat mir einmal gesagt: Du musst einem Menschen erst Stück für Stück seine Würde runterreißen, bevor du ihn foltern kannst.

Und deshalb ist es so wichtig, dass in unserem Land niemand, und schon gar nicht in staatlich geführten oder staatlich kontrollierten Einrichtungen, wirklich niemand erniedrigend behandelt wird, weil die Erniedrigung der erste Schritt zur


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Entwürdigung ist. Im zweiten Schritt beginnt die unmenschliche Behandlung. Und dann im dritten Schritt ist es möglich – dann passiert das aber auch, wenn wir die ersten beiden Schritte zulassen, das wissen wir aus zahlreichen Studien und aus der Geschichte –, dann beginnt Folter.

Deshalb bin ich den Kommissionen der Volksanwaltschaft und dem bei der Volksanwaltschaft ehrenamtlich tätigen Menschenrechtsbeirat und der Volksanwaltschaft selbst so dankbar für dieses dichte Netz an Kontrollbesuchen, bei denen vielfach Mängel festgestellt worden sind, die erniedrigende Behand­lung, vielleicht teilweise auch schon unmenschliche Behandlung betreffen, weil es so wichtig ist, das frühzeitig abzustellen, damit es in Österreich keine Folter gibt. Folter ist nämlich das Entsetzlichste, was ein Staat tun kann, und das Entsetzlichste, was ein Staat zulassen kann. Die darf es bei uns nicht geben! (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin sehr froh und gerade aus diesem Grund sehr froh, dass wir in Österreich einen deutlich besser dotierten und deutlich besser ausgeprägten und ausge­statteten Präventionsmechanismus dafür haben als in der zehnmal größeren Bundesrepublik Deutschland, in der diese Aufgabe von einer Bundesstelle mit zwei ehrenamtlichen Menschen und einer Landeskommission mit – ich habe es mir rausgesucht – acht ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen wird.

In Österreich werden Sie sagen: Das ist zehnmal kleiner. Wozu braucht die Volksanwaltschaft sieben Kommissionen und einen Menschenrechtsbeirat und den ganzen Apparat der Volksanwaltschaft dazu? – Nun, weil wir in Hunderten Fällen solche Mängel festgestellt haben, frühzeitig festgestellt haben, und damit dazu beitragen, dass sie nicht noch schlimmer werden, und damit dazu beitragen, dass nicht nur abstrakt gesehen die Menschenrechte in Österreich gewahrt werden, sondern ganz konkret Menschen, die sich selbst nicht helfen können, in ihrer Würde geholfen wird und in der Bewahrung ihrer Würde geholfen wird.


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Wenn Sie das einmal gemacht haben – und ich war zwölf Jahre in so einem Kommissionssystem tätig, ich weiß, wovon ich spreche –, dann wissen Sie, wie immens wichtig das für diese Menschen ist. Danke daher an die Volksanwalt­schaft nicht nur für ihre Berichte, sondern vor allem auch für die Arbeit ihrer Kommissionen. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMag.a Dr.in Agnes Totter. – Bitte schön.


14.41.37

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Geschätzter Herr Volksanwalt! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Zuallererst möchte ich im Namen meiner Kollegin Rebecca Kirchbaumer die Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Völs aus Tirol ganz herzlich begrüßen. Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abge­ordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Amesbauer und Shetty.)

Meine Damen und Herren, die im Jahr 1977 eingerichtete Volksanwaltschaft ist für die Bevölkerung eine wichtige Anlaufstelle bei Problemen mit Behörden. Sie ist auch ein wichtiges Hilfsorgan des Parlaments zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Nun hat die Volksanwaltschaft ihren Leistungsbericht 2023 vorgelegt, und die Bilanz kann sich auf jeden Fall sehen lassen.

Im Jahr 2023 kontaktierten über 23 000 Personen die Volksanwaltschaft mit einem Anliegen und baten um Unterstützung. Die Volksanwaltschaft leitete daraufhin 11 380 Prüfverfahren ein. Auf den Bereich Bildung entfielen davon 109 Geschäftsfälle, 41 auf das Dienstrecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH wurden Lehrergehälter zum Teil zu niedrig bemessen, vor allem in der Stadt Wien funktionierte die diesbezügliche Korrektur zu langsam. 50 Fälle betrafen den Schulunterricht. Die Volksanwaltschaft erreichen immer wieder Beschwerden von Eltern, deren Kinder sonderpädagogischen Förderbedarf


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haben, sie möchten, dass ihre Kinder länger als für die gesetzlich vorgegebene Mindestzahl an Schuljahren in Pflichtschulen unterrichtet werden.

Die Volksanwaltschaft kritisiert weiters in Wien die Praxis, Anträge für einen verlängerten Schulbesuch im freiwilligen elften und zwölften Schuljahr nur unter der Bedingung zu genehmigen, dass noch genügend Restplätze vorhanden sind. Das scheint in allen anderen Bundesländern aber zu funktionieren; Wien ist da anders.

Weiters waren als Nachwirkungen der Covid-19-Schutzmaßnahmen vermehrt Probleme mit dem häuslichen Unterricht zu beobachten. Und wir wissen alle, dass die Zeit der Coronakrise für Pädagoginnen und Pädagogen eine sehr herausfordernde Zeit war. Sie haben in der Pandemie aber Großartiges geleistet und haben während dieser Zeit auch eine hohe Flexibilität gezeigt, denn entgegen den Behauptungen mancher Oppositionspolitiker waren die Schulen immer offen für jene, die einen Unterricht vor Ort gebraucht haben, während für andere der Unterricht online stattgefunden hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle nochmals an alle Pädagoginnen und Pädagogen sowie Schulleitungen für diese hohe Flexibilität und den großen Einsatz!

Ich freue mich ganz besonders, dass es uns gelungen ist, die Finanzierung der administrativen Unterstützung, der administrativen Assistenz an den Pflichtschulen über den Finanzausgleich nachhaltig abzusichern. Aus meiner Sicht war das eine absolut dringend notwendige Maßnahme. Es ist klar, dass noch weitere Maßnahmen zur Entlastung der Pädagoginnen und Pädagogen erforderlich sind, denn Schulleiterinnen und Schulleiter müssen für die Gestaltung und Weiterentwicklung der Schule Zeit haben, und Lehrerinnen und Lehrer müssen für ihre Kernaufgabe, nämlich für den Unterricht und für die Arbeit mit den Kindern, auch Zeit haben.


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Meine Damen und Herren, welch hohes Ansehen die Volksanwaltschaft in der Bevölkerung genießt, zeigt der Wert im OGM/APA-Vertrauensindex. Die Volksanwaltschaft landet bei dieser Umfrage mit einem Plus von rund 58 Prozent auf Platz eins. Das ist der beste Wert in der Republik, noch vor der Polizei mit einem Plus von 56 Prozent. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielen Dank für die konsequente, gute Arbeit und herzliche Gratulation zum Topwert im Vertrauensindex! (Beifall bei der ÖVP.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.46.38

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Ja, ich darf mich auch dem schon mehrmals in der Debatte zum Ausdruck gebrachten Dank an die Volksanwalt­schaft anschließen. Ich bin seit Beginn meiner Tätigkeit im Nationalrat, seit 2017, Mitglied im Volksanwaltschaftsausschuss und habe nicht nur die Arbeit im Ausschuss schätzen gelernt, sondern vor allem die Arbeit der Volksanwälte sehr, sehr schätzen gelernt. Man spürt auch, wenn man die Berichte debattiert, wie gut die Volksanwaltschaft angenommen ist. Sie ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Republik und eine wichtige Institution, wie jedes Ranking zeigt, für unsere Bevölkerung.

Es ist heute wahrscheinlich – nicht wahrscheinlich, sondern sicher – der letzte Volksanwaltschaftsbericht, zu dem ich hier sprechen kann, und ich möchte mich wirklich darauf konzentrieren, dass ich Ihnen danke, aber vor allem auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Volksanwaltschaft, die ein enormes Arbeitspensum im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in Österreich leisten. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 222

Wir haben im Ausschuss die Möglichkeit gehabt, wieder die komplette Palette und Vielfalt von Themen zu debattieren. Ich habe mich auf den Bereich Sicherheit konzentriert, weil es auch sonst mein Hauptthema hier im Haus ist, und man sieht im Bereich Sicherheit, dass die Anzahl der Beschwerden gestiegen ist, dass das aber natürlich auch mit ein Effekt davon ist, dass wir sowohl bei der Polizei als auch bei der Justiz von einem sehr starken Personalmangel und einer Unterbesetzung in vielen Bereichen geprägt sind, und das führt dann in weiterer Folge auch zu Problemen und Herausforderungen. Darum ist es wichtig, dass man da in Zukunft auch wirklich aktiv wird.

Bedauerlicherweise – und das ist auch ein zentraler Punkt gewesen – hat man die Anregungen und die Empfehlungen der Volksanwaltschaft nicht wahr­genommen, sondern ignoriert, als es um die Installierung dieser unabhängigen Beschwerdestelle bei Missbrauchsfällen im Rahmen von Polizeieinsätzen gegangen ist. Sie wurde weder im Vorfeld eingebunden noch dann im Rahmen der Stellungnahme, in der die Volksanwaltschaft sehr viele Punkte durchaus kritisiert hat und eigentlich angeregt hat, sie im Gesetzwerdungsprozess noch zu ändern – das wurde leider von dieser Bundesregierung ignoriert. Jetzt ist nur zu hoffen, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert, dass wir da dann wirklich eine Qualitätssteigerung haben, denn ich nehme an, dass sich nach wie vor auch viele Menschen an sie wenden werden, wenn es solche Probleme gibt.

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich aber noch zu einem weiteren Punkt, und zwar zum Entschließungsantrag, den Kollege Lausch eingebracht hat, betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“. Meine Damen und Herren, man sieht schon wieder ein bisschen, wenn man nur in die Reihen der FPÖ schaut, wie die Seriosität ist, wie sehr sie dieses Thema wirklich interessiert. Es ist wieder einmal alles halb leer. Was dieser Antrag wirklich ist, ist wieder ein politisches Spielchen – ein taktisches Spielchen, das Sie hier treiben. Das ist eigentlich das Unseriöse. Das ist die unseriöse FPÖ-Politik, wie sie immer und immer wieder bei diesem Thema gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Warum?)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 223

Sie stehen nicht für Lösungen. Sie stehen für politische Spielchen, Sie stehen für Verunsicherung und Sie missbrauchen ein ganz wichtiges Thema hier herinnen – und das ist eigentlich das Traurige, was zu unterstreichen ist. Eines ist nämlich sicherlich nicht der Fall: Mit Polemik und mit so durchsichtigen Anträgen wie jenem, den Sie hier heute vorgelegt haben, löst man dieses Problem auf keinen Fall. Es braucht da eine inhaltlich starke Positionierung, und die muss gemacht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was habt denn ihr schon gemacht? Was habt ihr den Leuten schon alles versprochen? – Ihr habt versprochen, die Mittelmeerroute zu schließen: Nichts ist passiert. (Abg. Amesbauer – in Richtung ÖVP weisend –: Das waren die! Das war der Kurz!) Ihr habt versprochen, mit einem Innenminister Kickl wird alles besser, aber: Nichts ist passiert in der Amtszeit von Innenminister Kickl, außer dass in Traiskirchen ein Türschild gewechselt wurde und dass er Pferde bestellt hat, die 2,3 Millionen Euro Steuergeld gekostet haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Das sind ja Peanuts!)

2,3 Millionen Euro verbrannt, Steuergeld verbrannt, und nichts ist passiert. In der Asylpolitik ist nichts passiert, in der Migrationspolitik ist nichts passiert – das ist die Bilanz von Innenminister Kickl.

Meine Damen und Herren, so kann man Politik machen. Nur, wenn man so wie die FPÖ Politik macht, dann führt es zu keinen Lösungen. Es ist wie so oft bei diesem Thema: Die FPÖ ist nicht an Lösungen interessiert, die FPÖ ist eigentlich ein Teil des Problems und nicht ein Teil der Lösung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Was ist deine Lösung?)

Meine Damen und Herren, weil uns dieses Thema wichtig ist und weil es notwendig ist, dass es da auch eine Klarstellung gibt, bringe ich einen Entschließungsantrag ein. Ich muss mich jetzt schon entschuldigen, ein komplexes Thema passt halt nicht in einen Einzeiler, wie es die FPÖ glaubt (Beifall bei der SPÖ), sondern es wird jetzt beim Entschließungstext ein bisschen länger, weil es ein Entschließungs­text ist, der die entsprechende Qualität mitbringt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 224

Daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wehr­hafte Demokratie gegen extremistische Gewalt“

Der Nationalrat wolle beschließen – und ich werde den Text jetzt vorlesen –:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend auf die prekäre Personal­situation bei der Polizei zu reagieren und dem Nationalrat ein Maßnahmenpaket zuzuleiten, das mindestens 4.000 zusätzliche Polizist:innen garantiert.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert sicherzustellen, dass Personen, die terroristische und sonstige schwere Straftaten begehen, sich daran beteiligen oder diese öffentlich gutheißen und damit zeigen, dass sie unsere offene Gesellschaftsordnung, deren Ziel die Sicherheit und die freie Entfaltung jeder und jedes Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft ist, zerstören wollen, harte Konsequenzen unseres Rechtsstaats tragen müssen.

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, zu prüfen, ob im Strafgesetz­buch Lücken bezüglich terroristischer, extremistischer oder religiös motivierter Gewalttaten bestehen und wie diese effizient und effektiv geschlossen werden können.

Ausländische Gefährder und Straftäter, von denen nach wie vor Gefahr für unseren Rechtsstaat und die öffentliche Ordnung und Sicherheit von Menschen ausgeht, sollen nach Verbüßung ihrer Haftstrafe unter Wahrung rechtsstaat­licher Grundsätze abgeschoben werden.

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht zuzuleiten, der alle Aktivitäten der Republik betreffend den Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen betreffend


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 225

die Rückführung bzw. Rücknahme ausreisepflichtiger Personen in das Herkunfts­land darstellt und die einzelnen seit 2017 bis heute abgeschlossenen Rück­führungsabkommen inhaltlich anführt.

Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, dem Nationalrat über die Ergebnisse ihrer Prüfung bis längstens 1. September 2024 einen Bericht zuzuleiten, der die Prüfungsergebnisse und allfällige legistische Entwürfe beinhalten soll.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend tätig zu werden und konkrete Schritte zum Abschluss weiterer Rückführungsabkommen zu setzen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, so geht verantwortungsvolle Politik. Ein komplexes Problem kann man nicht mit einem Husch-Pfusch-Entschließungsantrag, wie es die FPÖ gerne machen würde, lösen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Julia Herr, Ing. Reinhold Einwallner, Genossinnen und Genossen

betreffend wehrhafte Demokratie gegen extremistische Gewalt

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 Bericht des Volksanwaltschafts­ausschusses über den 47. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2023) (III-1135/2578 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 226

Der Bericht der Volksanwaltschaft über die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung 2023 beschäftigt sich intensiv mit Problemen des Fremden- und Asylwesens, der öffentlichen Sicherheit sowie Themenstellungen der Justiz und des Strafvollzuges.

Jede Woche eine neue Nachricht über einen politischen Gewaltanschlag auf Anders­gesinnte: Zuerst das Attentat von einem Rechtsextremen auf den slowakischen Regierungschef. Zuletzt das Attentat von einem religiösen islamistischen Fanatiker in Mannheim. Auch die rechtsextreme Prügelattacke auf den SPD-Politiker Matthias Ecke, der Mord an der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox durch einen Rechts­extremen, der Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke durch Neonazis und der Terroranschlag in Wien 2020 zeigen uns, dass wir entschlossene Maßnahmen gegen politische Extremisten setzen müssen. Ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen der EU wäre wünschenswert.

Ob politische Extremisten oder religiöse Fanatiker: Je extremer, desto gewaltbereiter. Wer die Meinung anderer nicht akzeptiert und sie mit Gewalt verstummen lassen will, ist eine Gefahr für die Demokratie. Diese Gefahr gehört gebannt. Eine Demokratie wird Demokratiefeinde nicht dulden. Auch die Direktion Staatsschutz und Nachrichten­dienst (DSN) nennt den Rechtsextremismus und den islamistischen Extremismus als die größten Gefahren für die österreichische Sicherheit. Hier hat der Rechtsstaat klar und hart durchzugreifen.

Sicherheit ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. In Österreich gibt es allerdings gerade im Bereich der Polizei mittlerweile eine prekäre Personalsituation. Der dienstbare Personalstand der Polizist:innen in Österreich ist, wie parlamen­tarische Anfragen der SPÖ aufgezeigt haben, von 2020 bis 2023 um 4.000 Personen auf rund 24.600 Beamt:innen gesunken. Dies hat die von ÖVP und Grünen geführte Bundesregierung zu verantworten.

Das Regierungsübereinkommen von ÖVP und Grünen kündigte unter anderem den Abschluss weiterer Rückübernahmeabkommen an. Ebenso vorgesehen war die konsequente Abschiebung von Drittstaatsangehörigen, denen der Schutzstatus aberkannt wurde. Die bestehenden Lücken im Umgang mit gefährlichen Personen


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im derzeitigen Rechtssystem sollten geschlossen werden. Diese Ankündigungen wurden faktisch nicht umgesetzt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend auf die prekäre Personalsituation bei der Polizei zu reagieren und dem Nationalrat ein Maßnahmenpaket zuzuleiten, das mindestens 4.000 zusätzliche Polizist:innen garantiert.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert sicherzustellen, dass Personen, die terroristische und sonstige schwere Straftaten begehen, sich daran beteiligen oder diese öffentlich gutheißen und damit zeigen, dass sie unsere offene Gesellschafts­ordnung, deren Ziel die Sicherheit und die freie Entfaltung jeder und jedes Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft ist, zerstören wollen, harte Konsequenzen unseres Rechtsstaats tragen müssen.

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, zu prüfen, ob im Strafgesetzbuch Lücken bezüglich terroristischer, extremistischer oder religiös motivierter Gewalttaten bestehen und wie diese effizient und effektiv geschlossen werden können.

Ausländische Gefährder und Straftäter, von denen nach wie vor Gefahr für unseren Rechtsstaat und die öffentliche Ordnung und Sicherheit von Menschen ausgeht, sollen nach Verbüßung ihrer Haftstrafe unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze abgeschoben werden.

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht zuzuleiten, der alle Aktivitäten der Republik betreffend den Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen betreffend die Rückführung bzw. Rücknahme ausreisepflichtiger Personen in das Herkunftsland


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darstellt und die einzelnen seit 2017 bis heute abgeschlossenen Rückführungs­abkommen inhaltlich anführt.

Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, dem Nationalrat über die Ergebnisse ihrer Prüfung bis längstens 1. September 2024 einen Bericht zuzuleiten, der die Prüfungsergebnisse und allfällige legistische Entwürfe beinhalten soll.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend tätig zu werden und konkrete Schritte zum Abschluss weiterer Rückführungsabkommen zu setzen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Herr Volksanwalt, ich müsste Sie um 15 Uhr unterbrechen. (Volksanwalt Achitz schüttelt den Kopf.) – Das heißt, wir warten dann? (Volksanwalt Achitz nickt.)

Gut, dann unterbreche ich die Sitzung bis 15 Uhr.

14.55.09*****

(Die Sitzung wird um 14.55 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

15.00.11Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (den Vorsitz übernehmend): Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

Wir kommen zur Durchführung der kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Abgeordneten Amesbauer, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag


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der Abgeordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durch­führung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“, 3084/A(E), eine Frist bis zum 1. Juli zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag durchgeführt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass der Erstredner 10 Minuten Redezeit hat, alle anderen Redner 5 Minuten. Die Stellungnahme eines Regierungs­mit­glieds sollte ebenfalls nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. Er hat das Wort. – Bitte sehr.


15.01.10

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher, die diese Debatte vor den Fernsehbildschirmen verfolgen! Ja, wir sprechen heute im Rahmen dieser Kurzdebatte wieder über dieses Thema. Das heißt, wir stellen einen Fristsetzungsantrag zu unserem Antrag, der ja schon seit 2022 im Parla­ment liegt und von der ÖVP und den Grünen immer wieder vertagt wird. Zur Erklä­rung: Vertagung heißt Schubladisierung, Nichtbehandlung, Verschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.

Wir halten diese Debatte bewusst jetzt ab. Wir haben auch beim vorigen Tages­ordnungspunkt, der unterbrochen wurde, einen Antrag eingebracht – Kollege Lausch hat genau dieses Thema behandelt –, und jetzt schauen wir einmal, wie Sie dann abstimmen werden. Wenn Sie noch unentschlossen sind, warum auch immer, geben wir Ihnen jetzt noch ein Monat Zeit, zu überlegen, in sich zu gehen und diesem Antrag dann auch zuzustimmen.

Kollege Einwallner von der SPÖ, was du da gesagt hast, verstehe ich überhaupt nicht: Unser Antrag ist zu simpel, zu einfach. Was steht denn in unserem Antrag


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drinnen? Wie lautet denn der Antragstext? – Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, „Abschiebungen insbesondere nach Afghanistan und Syrien“ durch­zuführen. – So, das ist einmal der Hintergrund. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich die Wortmeldungen nur der letzten Tage anhört, von der SPÖ – zu der komme ich gleich –, aber vor allem auch von der ÖVP, die ja die Haupt­verantwortung für diese Misere trägt, die wir im Zuwanderungsbereich und im Bereich des Islamismus haben, ist festzustellen: Gerade wieder hat der Bundeskanzler in einem „Heute“-Interview gesagt: Es bleibt kein Stein auf dem anderen im Asylwesen! Er krempelt alles um, er arbeitet schon daran. Die Bundes­regierung arbeitet schon die ganze Zeit daran, dass sie Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ermöglicht. (Zwischenruf des Abg. Stocker.) – Kollege Stocker, dann sorgen Sie in Ihrer Fraktion dafür, dass hier auch zugestimmt wird! Dann haben Ihr Herr Kanzler und Ihr Herr Innenminister auch auf europäischer Ebene den Rückhalt des Parlaments. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie das wieder nicht machen, dann erkennen die Bürger in diesem Land, dass Sie es einfach nicht wollen, dass das nur große Sprüche sind.

Es hat erst das tragische Mordattentat in Mannheim gebraucht, dass der Bundeskanzler einmal auf Twitter den großen Helden gespielt hat, in die Tasten getippt hat und geschrieben hat: Wir müssen natürlich auch nach Afghanistan und Syrien abschieben! Dann frage ich mich aber: Wieso braucht es dazu so eine schreckliche Tat? – Dieser Antrag von uns liegt seit 2022 hier im Haus und Sie haben das immer wieder kategorisch abgelehnt.

Sie sind ja anscheinend auch an Ihren Koalitionspartner gefesselt. Das Witzige ist: Einen Tag, bevor der Herr Kanzler das getwittert hat, hat Ihre Fraktion dem Antrag wiederum im Innenausschuss nicht zugestimmt – und am nächsten Tag so ein Tweet. (Ruf bei der FPÖ: Unfassbar!) Wir brauchen in diesem Land einen Kanzler, der nicht nur auf Twitter in die Tasten haut und markige Sprüche von sich gibt und knallharte Asylansagen macht, indem er – wie jetzt wieder – sagt: Na, es bleibt kein Stein auf dem anderen!


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Wissen Sie was? – Wir brauchen gar keine knallharten Asylansagen, wir brauchen eine knallharte, glaubwürdige und restriktive Asylpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das erwarten sich die Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines ist ja auch klar – wenn das in diesem Land mit dieser Massenzuwanderung so weitergeht, und ich will das jetzt nicht wiederholen, ich habe Ihnen ja gestern schon das Zahlenmaterial geliefert und Sie kennen es ja auch aus den Statistiken, aus den Asylstatistiken, was wir hereinholen –: dass wir in einer Periode 240 000 Menschen, illegale Einwanderer hier ins Land lassen; 240 000 unter dieser schwarz-grünen Bundesregierung!

Was holen wir uns denn ins Land? – Die ganzen Verbrechen, die passieren, die Islamisierung. Die Islamisierung ist ja an Zahlen abzulesen: Wenn 35 Prozent der Volksschulkinder in Wien dem islamischen Glauben angehören und nur noch 21 Prozent dem katholischen, dann sieht man ja, dass sich etwas in diesem Land verändert.

Man braucht ja kein Prophet zu sein – das sind ja Fakten, das ist ja jetzt keine freiheitliche Erfindung, das sind die traurigen Fakten –, um zu wissen, dass diese Massenzuwanderung zur Islamisierung führt und dass diese Islamisierung zwangsläufig zur Terrorgefahr führt.

Wir haben ja nicht von ungefähr seit Monaten die zweithöchste Terrorwarnstufe in Österreich. Wir haben seit Monaten die Terrorwarnstufe vier von fünf! Weil Sie immer sagen, man muss differenzieren: Ich bringe Ihnen einmal eine kleine Differenzierung: Natürlich ist nicht jeder Moslem ein Islamist, aber jeder Islamist ist ein Moslem. Auf das werden wir uns wohl einigen. Und wir können diese Gefahr nur - - (Abg. Bürstmayr räuspert sich.) – Da können Sie sich räuspern, wie Sie wollen, Herr Bürstmayr, ich bin schon gespannt auf Ihre Ausführungen. (Abg. Bürstmayr: Das könnte man ja über eure ... auch sagen!) Wir können diese Gefahr


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nur dann bannen, wenn wir einen Asylstopp ausrufen und für massenhafte Abschie­bungen sorgen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Bürstmayr: Das darf ja wohl nicht wahr sein!)

Herr Bürstmayr, der da gerade reinruft, das ist auch ganz interessant, um auch zu zeigen, wen die ÖVP in die Regierung geholt hat, wen die ÖVP an die Macht gelassen hat und von wem sich die ÖVP jetzt auch darin behindern lässt, Maßnah­men zu setzen, trotz dieses großspurig angekündigten koalitionsfreien Raums in Asylfragen, der ja nur ein Marketinggag von der ÖVP war, so wie fast alles, was von Ihnen kommt.

Im letzten Innenausschuss sagte Herr Kollege Bürstmayr: Das ist ja ein Wahn­sinn, ihr wollt nach Afghanistan abschieben?! Da sind in einem Fußballstadium 120 Menschen ausgepeitscht worden! – Ja, tragisch (Abg. Bürstmayr: Gar nicht tragisch! Folter!), aber eines sage ich Ihnen auch, Herr Bürstmayr: Das Schutz­interesse und das Schutzbedürfnis der österreichischen Bevölkerung stehen in diesem Falle über dem angeblichen Schutzbedürfnis der Leute, die zu uns kommen, in der sozialen Hängematte liegen und unsere Sicherheit bedrohen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty: ...Taliban!)

Das Nächste, was Kollege Bürstmayr dann von sich gegeben hat, war: Er hat gesagt, die FPÖ sind diejenigen, die wollen, dass wir als erstes westliches Land die Taliban-Regierung anerkennen. – So ungefähr haben Sie das gesagt. (Abg. Schwarz: Ihr seid ...!) Aber jetzt sage ich Ihnen auch eines: Keiner hat eine Freude mit dieser Taliban-Regierung, die dort aufgrund des geopolitischen Versagens vor allem der US-Amerikaner in dieser Region das Sagen hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber wenn wir das wollen – und das muss ja auch die ÖVP kapieren, wenn sie sagt, sie will jetzt nach Afghanistan abschieben (Abg. Michael Hammer: Fliegt noch mal owi!) –, dann wird man mit denen, die dort die Machthaber sind, reden müssen und Rückführungsabkommen abschließen müssen. Mit wem denn sonst? Da muss man ein bissl pragmatisch sein. (Abg. Schwarz: Rechts musst du sein!)


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Kollege Kucher, das hast ja du auch gesagt, und jetzt nickst du sogar. Du hast ja gesagt, wir müssen da etwas tun, zumindest betreffend schwere Straftäter. Was Syrien betrifft, wäre das ohne Probleme sofort möglich. Da brauchen wir auf die EU nicht groß zu warten. Wir könnten als österreichische Bundesregierung hergehen, oder ihr als österreichische Bundesregierung, wir als Parlament, und den Großraum Damaskus zum sicheren Herkunftsland erklären. Und das kann man machen. Sie brauchen nur zu googeln, Herr Bürstmayr, Sie werden sehen, in Damaskus kann man in relativ guten Hotels Urlaub machen. Es gibt Reiseagen­turen, die Reisen anbieten. Wir wissen ja auch, dass Syrer von Europa heim­fahren und dann wieder herkommen und wieder Sozialleistungen beziehen. Wenn man dort Urlaub machen kann, kann man die Leute dorthin auch wieder rückführen, und natürlich auch nach Afghanistan. – Das ist das eine. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen haben es sich verdient, dass Sie endlich aufhören, hier Sprüche zu klopfen. Vor allem die SPÖ: Das ist ja wirklich fantastisch; wenn man jetzt wieder die Worte Ihrer Landesparteivorsitzenden hört, ob das Doskozil ist oder ob das Dornauer ist, ob das die Bürgermeister sind. Hören Sie einmal auf die Bürgermeister in der Obersteiermark, Knittelfeld und so weiter, wo Sie auch dramatische Verluste am Sonntag bei der EU-Wahl verzeichnet haben! Hören Sie auf diese Kommunalpolitiker, die die Sorgen kennen und die direkt in den Brennpunkten wohnen!

Die Brennpunkte gibt es nicht nur in Wien, in Favoriten, die Brennpunkte gibt es auch in der Obersteiermark. In meinem Bezirk Bruck an der Mur gibt es Bombendrohungen von Islamisten gegen Schulen. Das muss man ernst nehmen! In Graz gibt es eine Muslimbruderschaft, die hochaktiv ist, die vom Ausland finanziert wird, die radikalisiert. Hören Sie auf Ihre eigene Basis und klopfen Sie nicht nur Sprüche, sondern finden Sie eine klare Linie im Asylbereich! Sagen Sie entweder Ja oder Nein! Halb schwanger gibt es nicht in dieser Frage, meine Damen und Herren.


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Abschließend – meine Redezeit neigt sich dem Ende zu –: Liebe Österreiche­rinnen und Österreicher, Sie sehen, dass von der Österreichischen Volkspartei nur Ankündigungen kommen, dass nur Sprüche geklopft werden (Ruf bei der ÖVP: ... Halbwahrheiten ...!) und irgendwelche großen Worte auf Twitter abgeson­dert werden. (Abg. Prinz: Der größte Sprücheklopfer ist grad am Rednerpult!)

Und bei der SPÖ sehen Sie Widersprüche. Da sehen Sie Herrn Kucher, der nach dem dramatischen Wahlergebnis ausrückt und sagt, jetzt müssen wir auch diese Abschiebungen vornehmen. Dann passiert aber nichts und dann rudert der linkslinke Marxist Babler zurück, dann rudert die Parteijugend zurück, dann wird relativiert.

Die Einzigen, die in der Asylpolitik glaubwürdig sind, die die Sicherheit und auch die Unversehrtheit der eigenen Bevölkerung schützen, die unsere christliche Kultur noch aufrechterhalten und gegen diesen Islamismuswahn und diese Terror­gefahr vorgehen, sind die Freiheitlichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines können wir versprechen, meine Damen und Herren: Wenn wir das Vertrauen der Wähler in diesem Ausmaß gewinnen werden – und dafür werden wir jeden Tag laufen –, dass wir eine freiheitlich geführte Bundesregierung mit einem Volkskanzler Herbert Kickl an der Spitze haben (Zwischenrufe der Abgeordneten Egger und Reiter), dann herrscht Sicherheit in Österreich und dann weht im Asylbereich ein anderer Wind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Bleibt nur der Volkskassierer über! – Abg. Obernosterer – in Richtung Abg. Amesbauer –: Du warst aber auch schon einmal besser!)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die folgenden Redner 5 Minuten Redezeit haben.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte.



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15.11.24

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Heute in der Früh, als ich das erste Mal die Nach­richten durchblätterte, habe ich am I-Phone eine Nachricht aus Deutschland, von der „Welt“, mit der Überschrift: „Abschiebungen nach Afghanistan? Österreich erhöht den Druck“ gelesen: „Die EU-Innenminister suchen bei ihrem Treffen in Brüssel nach einem gemeinsamen Weg, Straftäter nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Vor allem Österreich macht Druck. Innenminister Karner hält den Weg für ,nicht einfach, aber notwendig‘.“ – Das ist eine Meldung von heute in der Früh, meine geschätzten Damen und Herren (Abg. Kickl: Der stimmt ihr einfach zu!), die einmal mehr belegt: Innenminister Karner weilt genau um diese Zeit jetzt, während wir hier debattieren, in Brüssel (Abg. Kickl: Luxemburg!), um genau dieses Thema an der richtigen Stelle zu behandeln, zu platzieren, die Dinge voranzutreiben. – Wir handeln, Sie reden! Wir handeln, Sie reden! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren, Österreich war in den letzten Jahren Schrittmacher einer schärferen und strengen Asylpolitik. (Abg. Amesbauer: Wirklich? – Abg. Kickl: Das sieht man! Da möchte ich eine lasche gar nicht kennen­lernen! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Den Migrations- und Asylpakt auf EU-Ebene würde es ohne den Druck aus Österreich nicht geben, und es wird einige Umstellungen geben und geben müssen. (Abg. Erasim: Stimmt! Am schlimmsten war die Asylpolitik zwischen 2017 und 2019 unter Innen­minister Kickl! Ja! Mit Pferdekutschen ...!) Das kommt, das ist so.

Das ist so; es braucht Änderungen, da gebe ich ja meinem Vorredner in manchen Bereichen recht. (Abg. Amesbauer: Das Parlament! Das Parlament! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber – aber, Herr Kollege Amesbauer! – die Sache ist in einem Rechtsstaat eben nicht so einfach. (Abg. Michael Hammer – in Richtung FPÖ –: Mit dem seid ihr ja auf Kriegsfuß, mit dem Rechtsstaat!) Und ich habe mir extra, weil ich gehofft habe, dass der ehemalige Innenminister, Herr Kickl, ihr


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Klubobmann, in der ersten Reihe sitzt, die Statistik – nur aus dem Jahr 2018! – herausgeholt.

Wie war es damals mit den Anerkennungen von Asylanträgen Richtung Afghanen und Richtung Syrer? Wie war es? – 4 979 positive Asylbescheide wurden auch von Innenminister Kickl ausgestellt. (Abg. Amesbauer: Wie waren die Asylantrags­zahlen?) Das mache ich ihm gar nicht zum Vorwurf, sondern es beweist, dass man auf einer rechtsstaatlichen Ebene eben auch Dinge zu vollziehen hat, es aber unsere Aufgabe ist (Abg. Kickl: Und was war los, als ich gesagt habe, wir verschärfen das?), den Rechtsstaat so weiter zu verbessern, dass es eine gute Lösung gibt. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Michael Hammer – in Richtung Abg. Kickl –: Türschildln hast du geändert, sonst nichts! – Abg. Kickl: Die ÖVP ... zu feig dazu!)

Daher die ganz klare Forderung auch von uns: Der, der hier Straftaten verwirk­licht, ein Asylberechtigter, der hier Straftaten verwirklicht, hat sein Schutzrecht verwirkt und soll auch konsequent abgeschoben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen – auch in Richtung SPÖ – finde ich es auch besonders wichtig und bemerkenswert, dass der deutsche Kanzler – das ist ja nicht irgendwer, der deutsche Bundeskanzler von der SPD – letzte Woche gesagt hat: Ja, er sieht es auch; dafür brauche es eine Änderung der europäischen Regeln, damit wir diese Menschen abschieben können. (Abg. Kickl: Aber erst seitdem er 14 Prozent hat!) Und genau das passiert derzeit in Brüssel, dass unser Innenminister dort in Verhandlungen steht.

Und übrigens: Das letzte Jahr, 2023, war ein Jahr der Abschiebungen. Nur damit die Bürgerinnen und Bürger, die hier zuhören, es auch wissen: Österreich hat konsequent abgeschoben. Im Vorjahr haben über 12 000, fast 13 000 Menschen (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen) Österreich verlassen, verlassen müssen (Abg.


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Kickl: Slowaken nach Bratislava, Polen nach Warschau! Das sind eure Abschiebun­gen!), davon die Hälfte, etwa 6 000, mit staatlichem Zwang. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Und von diesen 6 000, die mit staatlichem Zwang abgeschoben wurden, meine geschätzten Damen und Herren, waren über 2 600 Straftäter. Der Fokus der Abschiebungen liegt naturgemäß auf jenen, die durch Straftaten ihr Asylrecht verwirkt haben. (Abg. Lausch: Aber keine Syrer und Afghanen!) Da ist Österreich konsequent. Da gehen wir konsequent vor (Abg. Kickl: Ja, Slowaken, Polen!), und das ist auch ein Verdienst unseres Innenministers. (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns auch die Zahlen von heute an, schauen wir uns die Zahlen von heuer an: Von Jänner bis April wurden bereits 4 300 Menschen abgeschoben beziehungsweise ausgewiesen (Abg. Belakowitsch: Wohin denn? Wohin? – Zwischen­ruf des Abg. Lausch), das sind um 6 Prozent mehr als im Vorjahr (Abg. Belakowitsch: Sagen S’ einmal, wohin! – Abg. Lausch: Sagen Sie ... dazu! – Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ –: Hören Sie bitte zu!), und umgekehrt hat gestern - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, Sie können sich hier alle als Redner zu Wort melden! (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie fordern von allen ein, dass sie Sie auch anhören, Herr Kollege Amesbauer und Ihre Kollegen (Abg. Amesbauer: Ich hab’ ja gar nichts gesagt! – Heiterkeit bei der FPÖ), dann hören Sie auch den anderen Rednern zu!


Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (fortsetzend): Innenminister Karner hat es gestern auch in der Aktuellen Stunde dargelegt: Während es zum Beispiel vor zwei Jahren an der burgenländischen Grenze von Jänner bis Mai noch 12 300 Aufgriffe gab, waren es heuer nur mehr 280. Also das, was wir Asylbremse nennen, wirkt. Die Asylbremse unseres Bundesministers, unseres Bundeskanzlers wirkt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Nein, das ist die Unwahrheit!)

Und, meine geschätzten Damen und Herren, dieser Kampf gegen die illegale Migration wird auch international wahrgenommen. (Abg. Reifenberger: Aber im


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Inland nimmt’s keiner wahr!) Erst vor einigen Tagen titelte ein deutsches Medium: „Warum Österreich im Kampf gegen illegale Migration erfolgreicher ist als Deutschland“ (einen Ausdruck des genannten Artikels in die Höhe haltend); oder zum Beispiel stand in der „Bild“-Zeitung (Abg. Belakowitsch: Wow, super!), die zugegebenermaßen immer sehr pointiert formuliert (Abg. Michael Hammer – in Richtung FPÖ –: Die hat eh euer Niveau!): „Ösi-Plan zur Migration umsetzen!“ (einen Ausdruck des genannten Artikels in die Höhe haltend), „Deutsche Innenpolitiker fordern: Österreichs Plan [...] umsetzen!“ – Das ist der Beweis: Österreich ist aktiv. Es ist völlig klar, dass wir im Bereich der illegalen Migration weitere Schritte setzen müssen (Abg. Kickl: Da geht noch viel mehr!), und deswegen handeln wir.

Sie, Herr Innenminister Kickl - -, Herr Klubobmann (Heiterkeit bei der FPÖ) und ehemaliger Innenminister Kickl (Abg. Belakowitsch: Das war jetzt ein Freud’scher!), reden; wir handeln und wir versuchen, Lösungen zu finden, weil es völlig klar ist (Abg. Kickl: Der Wöginger wollte, dass die Menschenrechtskonvention überarbeitet wird ...!), dass wir im Bereich der Migration auf EU-Ebene und auf österreichi­scher Ebene auch einige neue Regelungen finden müssen.

Daher: Die Asylbremse wirkt, meine geschätzten Damen und Herren. (Abg. Belakowitsch: Und das merken die Leute jeden Tag!) Wir handeln, und Sie reden nur! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: ... Pferde statt Polizisten!)

15.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte.


15.17.09

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Bringen wir zunächst noch einmal auf den Punkt, worüber wir diskutieren: Über einen Sachverhalt, über einen Antrag, der aus einem Satz besteht, wobei jeder in diesem Saal weiß – und ich behaupte, auch die Österreicherinnen und Österreicher wissen es –, dass wir über ein komplexes Problem diskutieren. (Abg. Kickl: Stärken Sie dem Kanzler den Rücken!)


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Dass wir über eine komplexe Herausforderung diskutieren, weiß jeder. Aber wie üblich geht die FPÖ den Weg: Schreiben wir einfach irgendetwas hin – es ist uns ja eh völlig egal, wir haben auch kein Interesse, eine Lösung zu finden – und tun so, als würden wir die Lösung ganz einfach finden. (Abg. Michael Hammer: Genau so ist es!) Das ist der Punkt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ja, natürlich kann man sagen: Das ist wirklich alles sehr simpel und einfach. (Abg. Kickl: Aber das ist nicht so schwer, dass das ein Auftrag ist, der da formuliert wird! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Das ist das Schöne: Der Herr Ex-Innenminister Kickl sagt: Das ist ja alles ganz einfach! Er war Innenminister, und hat er es ganz einfach gelöst? – Nichts hat er gelöst! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Sie sind letztendlich ein Mitverursacher für dieses Problem, vor dem wir jetzt stehen, sehr geehrter Herr Kickl! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Sie haben sich um Pferde gekümmert, nicht um Polizist:in­nen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie haben Frauenschutzprogramme gekürzt und nicht ausgebaut. Sie haben letztendlich Gewaltschutzprävention abgebaut und nicht aufgebaut. Sie sind eines der Übel dieser Situation, vor der wir stehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Hätten Sie sich darum gekümmert – und das ist Gott sei Dank ja schon wieder eine Zeit lang her, dass sie Innenminister waren (Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen) –, dass wir tat­sächlich neue Polizistinnen und Polizisten aufnehmen, dann hätten wir sie jetzt mittlerweile auf der Straße. Nein, wir haben jetzt ein Problem: Es fehlen 4 000 Polizistinnen und Polizisten in diesem Land (Abg. Kickl: Das liegt aber nicht an uns!), und dafür sind Sie mitverantwortlich, weil Sie in diesem Bereich nichts getan haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Ihr seid wirklich am Sand! Nicht einmal da eine Linie!)


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Um es einmal ganz klar zu sagen: Es ist für uns selbstverständlich, dass jemand, der in Österreich ein Verbrechen begeht, mit dem Rechtsstaat und mit allen Konsequenzen unseres Rechtsstaats, mit allen Bestrafungen et cetera zu rech­nen hat. Das ist keine Diskussion, das können Sie noch hundertmal behaupten, dass es da etwas anderes gibt.

Es ist für uns völlig klar, dass jemand, der hier ein schweres Verbrechen begeht, seinen Schutztitel verliert. Das ist nicht neu, sondern das ist letztendlich geltendes Recht (Abg. Kickl: Und was folgt daraus?) und es ist der entscheidende Punkt. Da sind wir uns bis jetzt durchaus weitgehend einig. Und was folgt daraus? – Das, was uns unterscheidet: Wir bekennen uns zu diesem österreichi­schen Rechtsstaat, wir bekennen uns auch zu internationalen Verpflichtungen, internationalen Verträgen, die wir gemeinsam alle hier ratifiziert haben. (Abg. Kickl: Haben wir nicht!)

Das ist der Unterschied: Sie pfeifen drauf. Für uns ist der Rechtsstaat ein hohes Gut. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Haben wir nicht! – Abg. Kassegger: Das sagt einer als Ausrede, wenn er nichts verändern will!)

Ich glaube ja, Sie haben schlicht und ergreifend im Jahr 2024 ein Bild aus dem Jahre 1788 vor Augen: zwölf Schiffe, die Straftäter über das Meer schippern und nach Australien bringen – aus den Augen, aus den Sinn, und zurückschwimmen können sie nicht.

Sie müssen aber zur Kenntnis nehmen: Die Erde ist eine kleinere geworden, die Erde ist komplexer geworden, und damit haben wir zu arbeiten und nicht mit diesen vereinfachten Botschaften (Abg. Kickl: Und was heißt das jetzt für die Opfer?), meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Kickl: Er kommt nicht auf den Punkt! Wollt ihr jetzt abschieben oder nicht? – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Wenn es der Rechts­staat zulässt, Herr Kickl, ist es ganz klar. Lesen Sie unseren Antrag! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


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Sie sind ja jetzt erst gekommen, Sie haben wahrscheinlich nicht einmal mitgekriegt, dass es einen Antrag gibt, in dem ganz wesentliche Bereiche enthalten sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Wir haben im ganzen Haus Fernsehen ...!) – Sie haben es ja nicht einmal mitgekriegt, Sie waren den ganzen Tag nicht da! Jetzt tauchen Sie kurz auf, um dazwischenzurufen (Abg. Kickl: Wir haben im ganzen Haus Bildschirme! – Abg. Wurm: Wir haben im ganzen Haus Fernseher!), und ich bin überzeugt, in 5 Minuten sind Sie auch wieder weg. (Abg. Kickl: Und wegen Ihnen bleibe ich nicht da, da können Sie sicher sein!) – Na genau, wegen mir brauchen Sie eh nicht hierzubleiben – es kommen noch viele andere –, aber stellen Sie sich einmal der Debatte! (Abg. Michael Hammer: Wegen uns auch nicht!)

Sie hätten auch gerne sprechen können, aber das wollten Sie ja anscheinend auch nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bürstmayr. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte noch etwas sagen, damit man ein wenig mitbekommt, wie sich der Diskurs verschiebt, und jetzt rede ich noch gar nicht von diesem abstrusen Migrationskommissar oder was immer man da jetzt in irgendeiner Regierung haben will. Bleiben wir bei diesem Thema, über das wir heute diskutieren: Es war diese FPÖ, die noch vor einigen Jahren einen Antrag eingebracht hat – Peter Westenthaler war das –, in dem sie zumindest noch Begriffe wie Rechtsstaat, Genfer Flüchtlingskonvention und Menschenrechte in den Mund genommen hat. (Abg. Michael Hammer: Er gehörert in die ... außer er zerstört den ORF!)

Wenn wir uns jetzt den aktuellen Antrag anschauen, sehen wird, das sind alles Botschaften, die für die FPÖ nicht mehr zählen, und das muss man auch einmal ganz klar sagen: Sie bekennen sich nicht mehr zu wesentlichen Grundsäulen unserer Demokratie, und das ist ein Übel, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Was ist mit den Menschenrechten der Opfer? – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Es wird daher von uns keine Zustimmung zu diesem Antrag geben, denn für uns sind Menschenrechte nach wie vor Rechte, die für alle gelten (Abg. Kickl: Für die


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Toten halt nimmer!), für Opfer, für Österreicherinnen und Österreicher, für alle. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Schnedlitz. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Noch einmal – und damit schließe ich –: Uns zu unterstellen, wir würden da in irgendeiner Form Nachsicht üben, können Sie weder mit dem Antrag noch mit unseren konkreten Ansätzen argumentieren. Für uns ist jedoch der Rechts­staat ein wesentliches Gut. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Geh mit offenen Augen durch die Straßen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Das nehmt ihr ja selber nicht ernst, wenn ihr den Herbert schickt!)


15.22.26

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Was da von ÖVP und SPÖ geboten wird, ist ja abenteuerlich, ist ja abstrus! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, die beiden Verhindererparteien, die an der derzeitigen überbordenden Asylsituation in Österreich schuld sind, stellen sich hierher, reden die Probleme klein und geben uns und unserem Obmann Kickl die Schuld – das kann es ja wohl nicht sein! (Abg. Leichtfried: Na das ist es aber! – Heiterkeit der Abg. Erasim. – Ruf bei der SPÖ: Wir finden das auch ungeheuerlich, dass es so ist!)

Kollege Gödl, Sie sagen, der Innenminister verhandle in der EU für neue Prob­lemlösungen und eine Asylbremse: Na, wo war denn die Asylbremse in den letzten viereinhalb Jahren? Wo war sie denn? (Abg. Gödl: Burgenländische Grenze, Kollege! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Gödl: Rede mit deinen Kollegen! – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Ihr Bundeskanzler und der Innenminister sind munter geworden, weil wir und unser Klubobmann Initiativen gesetzt haben, so schaut es aus! (Beifall bei der FPÖ.)


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Ihre Innenminister der EU waren 2015 verantwortlich, als alle Schleusen aufgegangen sind, so schaut es aus! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was die EU-Statistik zu Abschiebungen angeht: Ich habe da eine aktuelle Anfrage des Kollegen Ries betreffend Abschiebungen im Jahr 2023, beantwortet durch den Innenminister. Da wurden 3 489 Personen abgeschoben, 247 davon in Länder außerhalb der EU. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) So schaut die Realität aus. (Abg. Lausch: Wahnsinn! – Ruf bei der ÖVP: Wie viel waren’s beim Kickl? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) So schaut Ihre Statistik in Wirklichkeit aus, und dann wundern Sie sich, warum Sie bei der letzten Wahl eine fürchterliche Gnackwatschn gekriegt haben!

Bei den Kollegen von der SPÖ ist es ja auch nicht wirklich besser: Kollege Oxonitsch stellt sich hierher und versucht, unseren Klubobmann für seine Tätigkeit als Innenminister anzuschütten. (Abg. Reiter: Er hat es nicht versucht, er hat es geschafft!)

Zum einen wirft man ihm vor, dass er einen Rucksack an Asylanträgen von seinem Vorgänger mitgenommen hat, den man ihm – und das sage ich jetzt einmal bewusst so salopp – hinterlassen hat, um ihn schlecht dastehen zu lassen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Ja, so schaut es aus! (Abg. Leichtfried: Na geh! Was sagt denn der Herr Präsident dazu?) Er hat sich während seiner Amtszeit redlich bemüht, das abzuarbeiten – was wirklich notwendig war. (Abg. Leichtfried: Wer war denn der Vorgänger?! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Dann höre ich, dass man ihm auch noch die Schuld daran gibt, dass 4 000 Polizis­tinnen und Polizisten fehlen: Hallo?! (Abg. Leichtfried: Hallo!) Innenminister Kickl war der erfolgreichste Innenminister (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) in der Rekru­tierung von Personal, so schaut es aus! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Bimaz! – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


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Er hat während seiner kurzen Amtszeit 40 Prozent mehr Personal rekrutiert als sein Vorgänger und um 60 Prozent mehr, als es aktuell an Rekrutierungen gibt. Das ist die Realität, und da nutzen Ihnen alle fadenscheinige Argumente und die Halbwahrheiten, die Sie hier am Rednerpult leider ungesühnterweise verbreiten dürfen, auch nicht wirklich etwas! (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Oxonitsch.)

Eines ist auch noch klar, wenn wir schon bei der Polizei sind: Das mit den Pferden ist auch so eine alte Mär der SPÖ. (Abg. Greiner: Na, waren es Esel oder was? – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) In 21 von insgesamt 27 EU-Staaten gibt es eine berittene Polizei, so schaut es aus! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Die berittene Polizei ist mittlerweile ein anerkanntes polizeitechnisches Einsatz­mittel. (Abg. Leichtfried: Das sollte man ins nächste Regierungsprogramm rein­schreiben! – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Das ist nichts Besonderes, mit dem wir etwas Böses hätten machen wollen, sondern das ist bei der Polizei in der EU Usus – in Ihrer EU, die Sie so sehr schätzen. (Abg. Matznetter: Die Kickl-Pferde ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Vielleicht noch ein Wort zu den Polizisten: Ja, unsere Polizisten sind neben der allgemeinen Bevölkerung auch die wirklichen Verlierer dieses Asylpolitik­desasters. Die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen – aber auch mit Unterstüt­zung der SPÖ, denn ihr wart ja auch überall dabei, wenn man schnell eine Mehrheit gebraucht hatte – trägt da die Verantwortung, denn es sind auch die Gesundheit und die Unversehrtheit unserer Polizisten – sie müssen mitunter sogar Mordversuche in Kauf nehmen –, die sie aufs Spiel setzt. Sie ist schuld an dieser überbordenden Asyllage, denn diese Angriffe kommen zum überwiegenden Teil von Zuwanderern.

Denken wir an die letzten Attacken gegen Polizisten, bei denen diese entweder selber angegriffen wurden oder sich wehren und Schüsse abgeben mussten. Zuletzt ist irgendein psychisch Beeinträchtigter, der davor mit einer Axt seiner


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Frau den Schädel gespalten hat, auch noch auf die Polizisten losgegangen: Das war auch kein Hiesiger, also kommen Sie mir nicht so! Unsere Polizisten und unsere Bevölkerung müssen das aushalten, was Sie da in den letzten Jahren (Ruf bei der FPÖ: So ist es!) mit Ihrer untätigen und unfähigen Asylpolitik verbrochen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Da nutzen Ihnen alle Argumente nicht: Gehen Sie in sich und schauen Sie, dass wir möglichst bald Neuwahlen haben, damit wir mit einem Volkskanzler Kickl das einigermaßen wieder in Ordnung bringen können. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zarits: Einigermaßen?! – Abg. Leichtfried: Das heißt Volkskassierer, nicht -kanzler! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Loacker: Man sollte nicht alles glauben, was man ...! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

15.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.


15.27.32

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ich möchte jetzt einmal den – wahrscheinlich vergeb­lichen – Versuch unternehmen, das ernst zu nehmen, was Sie hier fordern. (Abg. Leichtfried: Na, das ist vergeblich!) Sie fordern die Bundesregierung auf, Abschie­bungen insbesondere nach Afghanistan durchzuführen. Haben wir das richtig verstanden? (Abg. Amesbauer: Und Syrien!) – Gut. (Abg. Belakowitsch: Hast super verstanden!)

Erstens: Es gibt Menschen, auch solche aus Afghanistan, die ich auch zum Teufel wünschen würde. Ich habe in meiner Tätigkeit als Anwalt schon einiges gesehen (Zwischenrufe der Abgeordneten Herbert und Lausch), und einiges davon war wirklich unschön.

Der Reflex, dass man solche Menschen möglichst weit wegschicken möchte, verstoßen und verbannen möchte, ist menschheitsgeschichtlich uralt und in uns


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allen immer noch drinnen. Wie aber Kollege Oxonitsch richtig gesagt hat: So, wie das die Briten mit Australien gemacht haben, geht das halt heute nicht mehr! Selbst wenn Sie Menschen nach Afghanistan abschieben, könnte es sein – und ich komme noch darauf zurück –, dass sie innerhalb weniger Monate wieder in Europa sind, weil das heute so schnell geht. (Abg. Kickl: ... als Ausrede, darum lassen wir sie gleich da! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gahr.)

Sprechen wir aber einmal von Abschiebungen! Sie wissen, dass Abschiebungen ein Abschiebeabkommen voraussetzen und das in aller Regel mit Geld verbun­den ist: Ein europäisches Land zahlt, ein anderes Land nimmt seine Bürger:innen zurück – so funktioniert das in dieser Welt, ob es uns gefällt oder nicht.

Nun, es ist nicht nur so, dass niemand – kein einziger Staat der Welt – das Regime der Taliban anerkannt hat, es ist auch so, dass sogar der Innenminister jenes Landes, Siradschuddin Haqqani, für mehrere verheerende Terroranschläge verantwortlich ist und weltweit als Terrorist angesehen wird. Die Vereinigten Staaten haben ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar für seine Ergreifung ausge­setzt – und dem wollen Sie jetzt österreichisches Geld dafür geben, dass er Afghanen zurücknimmt? (Abg. Kickl: Und bei der WHO gibt es auch eine lustige Gestalt von der ...!)

Darf ich Sie daran erinnern, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, dass nach § 278d Strafgesetzbuch Terrorismusfinanzierung unter Strafe steht? (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Krisper.)

Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie mit diesem Antrag dieses Parlament auffor­dern, die Bundesregierung aufzufordern - - (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Sie, Herr Kickl, lachen darüber (Abg. Kickl: Ja, ich lache über Ihre ..., über die lache ich! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), dass Sie von diesem Parlament verlangen, die Bundesregierung zu einer strafbaren Handlung aufzufordern! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) So schaut es nämlich aus mit Ihrer Rechtstreue! (Beifall


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bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Die Islamisten halten sich die Bäuche vor Lachen, wenn Sie solche ... erzählen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Man hat dem Redner vorhin zugehört.

Ich sage es jetzt noch einmal – ich darf kurz etwas sagen; ich habe auch die Zeit unterbrochen –: Ich würde Sie wirklich bitten, den Redner ausreden zu lassen und nicht permanent hineinzurufen.


Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (fortsetzend): Jetzt reden wir kurz weiter über Islamisten. Was glauben Sie eigentlich, was in Afghanistan, einem Land, das derzeit von einer islamistischen Terrorgruppe regiert wird – von einer islamis­tischen Terrorgruppe! –, mit Menschen passiert, die Sie – und zwar, wenn ich Sie richtig verstanden habe, möglichst sofort, ohne ihnen groß den Prozess zu machen, ohne sie in Österreich groß zu bestrafen, ohne sie, wenn sie für schuldig befunden werden, für zehn bis 20 Jahre einzusperren; nein, sofort abschieben wollen Sie sie – sofort abschieben, nachdem diese einen islamistischen Terror­anschlag in Deutschland, in Österreich oder sonst wo begangen haben? – Die werden dort womöglich mit Handschlag und mit einem Festakt begrüßt. (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch.)

Sie wollen also, dass Menschen, die in Europa schwere Straftaten begangen haben, nicht nur keinen Strafprozess bekommen, nicht nur nicht bestraft werden – ja, dazu grinst er, der Herr Kickl –, sondern dass sie mehr oder weniger sofort in Freiheit gesetzt werden. (Abg. Kickl: Natürlich!) Was ist denn das bitte für ein Umgang mit Straftätern? (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner. – Abg. Kickl: Haben Sie mit denen schon verhandelt? Woher wissen Sie das?) Das ist ja völlig absurd!

So ist es leider immer, meine Damen und Herren, wenn man einmal versucht, sich mit Vorschlägen dieser Freiheitlichen Partei ernsthaft auseinanderzusetzen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wenn man nur ein zweites Mal drüber­schaut, kommt man drauf (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), das ist


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von hinten bis vorne absurd. Ich kann wirklich nur meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass eine solche Truppe wie Sie auch in näherer Zukunft nicht – und möglichst nie wieder (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – die Regierung dieser Republik, unseres schönen Landes (Abg. Kickl: Ich glaube, das gilt für Ihre Truppe, für Ihr Häufchen, für Ihr versprengtes!), mitbeeinflussen kann. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.33.10

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte einmal vom Grundsätzlichen wieder zum Konkreten kommen.

Das Grundsätzliche: Uns NEOS geht es um Sicherheit und um Einhaltung des Rechtsstaates, darum, dass die Regeln eingehalten werden – das aber von allen Seiten. Das bedeutet bei dem Thema konkret, dass klar ist: Wenn jemand einen Asylantrag stellt, dann wird geklärt, ob er Schutz braucht. Wenn ja, dann darf er bleiben, braucht er keinen Schutz, dann hat er zu gehen und das Herkunftsland hat ihn zurückzunehmen. (Ruf bei der FPÖ: Richtig!)

Hier kommt schon mein erster Kritikpunkt, nämlich gegenüber allen Innen­minister:innen der letzten Jahre, inklusive Innenminister Kickl: Es wurde unterlassen, die relevanten Herkunftsländer dazu zu bringen, die rechtskräftig negativ beschiedenen Asylwerber zurückzunehmen. Da wurde viel zu wenig Engagement gezeigt – positiv: über Visa zu arbeiten, negativ: über Androhung von Konsequenzen. Der Hebel wäre viel größer, wenn sich die EU-Länder zusammentun würden, sich gemeinsam für eine europäische Lösung einsetzen würden und mit den Herkunftsländern in ernsthafte Gespräche gehen würden.


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Wo war da Ihr (in Richtung Abg. Kickl) Engagement als Innenminister und – das in Richtung ÖVP – das Engagement Ihrer Innenminister:innen?

Das wäre viel effektiver gewesen, als mit undurchsetzbaren PR-Aktionen permanent die Bürgerinnen und Bürger da an der Nase herumzuführen, und es hätte zugleich auch faktisch irreguläre Migration reduziert.

Der Rechtsstaat sieht aber noch etwas vor: Wenn jetzt Straftaten begangen werden, dann gibt es Konsequenzen: Es gibt ein Urteil, es gibt eine lange Haft zum Schutz von uns allen, und bei schweren Straftaten kann der Status betreffend Schutz aberkannt werden – und das passiert auch. Was hier wiederum irritiert, ist, dass ich weder aus Ihrer Zeit als Innenminister weiß, Herr Kickl, noch vom derzeitigen Innenminister der ÖVP eine Antwort bekomme, wie viele dieser Personen, denen der Status betreffend Schutz aberkannt wurde, auch in ihr Herkunftsland – wo das rechtlich möglich ist – zurückgeschickt wurden. (Abg. Kickl: Ich kann mich an Ihre gute Unterstützung erinnern bei all den Themen! Außer demonstrieren haben Ihre Leute gar nichts zusammengebracht! – Abg. Leichtfried: Du kannst dich gerne melden!) Das wird nicht beantwortet, und das irritiert.

Statt zu handeln wird wieder einmal geredet, und manche Partei ist per Hören­sagen sogar so verantwortungslos, einen Deal mit den Taliban zu fordern. Österreich hat keine Auslandsvertretung in Afghanistan, pflegt seit der Macht­übernahme der Taliban keine diplomatischen Beziehungen mit diesem Land (Ruf bei der FPÖ: Der Kanzler fordert das ja auch!), aus gutem Grund, wie Kollege Bürstmayr schon ausgeführt hat. Das Regime der Taliban ist ein Regime der Gewalt und des Terrors, und eine Zusammenarbeit mit einem derartigen Regime würde dessen Anerkennung implizieren. (Abg. Lausch: ... Innenminister!) Dieser Vorschlag ist einfach unfassbar. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie des Abg. Lindner.)

Dass die FPÖ nicht davor zurückschreckt, wundert mich ja nicht, denn da gibt es keine Schmerzgrenze in der Zusammenarbeit mit oder im Einsetzen für


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despotische Regime – Stichwort Russland. Dass die ÖVP hier hinterherhüpft, das ist auch für mich unfassbar. (Abg. Reifenberger: Wieder 1 Prozent weniger!)

Ich hoffe, dass Außenminister Schallenberg mittlerweile die Taliban an ihren Taten gemessen und gesehen hat, was wiederum von seiner Seite zu tun wäre, nämlich sich dafür einzusetzen, dass sich die Lage in derartigen Ländern verbessert, dass man sich hier in Europa geeint dafür einsetzt und damit unsere Werte verteidigt, Demokratie und Menschenrechte hochhält (Zwischenruf des Abg. Lausch), statt diese Werte wieder einmal bei jeder möglichen Gelegenheit im Wahlkampf über Bord zu werfen.

Lassen Sie beide Ihre unredlichen Versprechen, arbeiten Sie endlich konkret im Rahmen unserer Gesetze! Das wurde schon viel zu viel von Ihnen als Innen­minister, Herr Kickl, und von den ÖVP-Innenminister:innen unterlassen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Lindner. – Abg. Gödl: Wir arbeiten ... Gesetze, Frau Krisper!)

15.36 15.36.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für innere Angelegenheit zur Berichterstattung über den Antrag des Abgeordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“ eine Frist bis zum 1. Juli zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

15.37.19Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 7 der Tagesordnung wieder auf.


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Zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Mag. Achitz. Er ist schon hier. – Bitte sehr, Herr Volksanwalt.


15.37.51

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir freuen uns sehr über das vorhin geäußerte Lob für die Arbeit der Volksanwaltschaft; wir werden das selbstverständlich unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergeben.

Wir freuen uns auch über eine grundsätzlich sehr gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung und mit der Politik. Es ist durchaus so, dass viele Anregungen beziehungsweise Empfehlungen der Volksanwaltschaft sowohl auf Verwaltungs­ebene als auch auf politischer Ebene aufgegriffen werden und dass man ernsthaft versucht, die Probleme, die wir aufgezeigt haben, im Interesse der Leute, die sich bei uns beschwert haben, zu lösen.

Ich sage das deshalb vorab, weil ich mich in meinem weiteren Redebeitrag auf jene Bereiche konzentrieren werde, in denen noch Handlungsbedarf besteht und eine Lösung offensichtlich nicht so schnell und einfach zu finden war. Ich appelliere an Sie als gesetzgebendes Organ, dort, wo es möglich ist, mithilfe von Gesetzesänderungen die Situation für die Betroffenen zu verbessern.

Zuerst möchte ich mich dem Thema postvirale Erkrankungen widmen – es wurde heute schon angesprochen. Die Zahl von Menschen, die unter Long Covid, Post Covid, ME/CFS oder ähnlichen Erkrankungen leiden, steigt leider, und die Versorgungslage in Österreich ist gelinde gesagt verbesserungs­bedürftig. Vor allem seit entsprechende Post-Covid-Ambulanzen geschlossen wurden, haben die Menschen eigentlich kaum Anlaufstationen. Sie suchen sich Privatärzte, sie finden im öffentlichen System niemanden, der ihre Krankheit richtig diagnostiziert, geschweige denn behandeln kann.


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Da braucht es viel Aufklärung für Medizinerinnen und Mediziner und ein Schaffen von neuen Anlaufstellen für die Betroffenen. Das ist eine langwierige Erkrankung. Sehr oft verlieren Betroffene ihren Arbeitsplatz, dann braucht es eine soziale Absicherung.

Die naheliegende Form der Absicherung, da man nicht arbeitsfähig ist, ist, dass man bei der Pensionsversicherung einen Antrag auf Rehageld stellt. Auch dort berichtet man uns über viele Probleme, die bei dieser Antragstellung auftreten. Es werden bettlägerige Leute, bei denen jegliche Aufregung, jegliche Bewegung, das Außer-Haus-Gehen schon zu einer Verschlimmerung der Situation führt, aufgefordert, mehrere Gutachter aufzusuchen und dabei teils lange Wegstrecken in Kauf zu nehmen. Das ist einfach unzumutbar. Das führt zu keiner Verbes­serung, sondern zu einer Verschlechterung der Krankheit.

Wenn Rehageld gewährt werden sollte, dann ist es in der Regel so, dass damit kein Betreuungsplan verbunden ist, sondern dass man nur die Zeit abwartet, für die das Rehageld genehmigt wurde, und dann neuerlich eine Begutachtung durchführt. Es wäre hoch an der Zeit, dass man mit einem vernünftigen Case­management die Leute durchs medizinische System leitet und versucht, wenigstens ihre gesundheitliche Situation zu verbessern.

Das dritte Problem, das bei derartigen Erkrankungen auftritt, ist die Zuerken­nung von Pflegegeld. Auch da gibt es große Probleme mit den Gutachtern, und wenn, dann wird bestenfalls Pflegestufe 1 zuerkannt. Da bräuchte es eine Änderung der Einstufungsverordnung. – So weit zum Themenbereich ME/CFS.

Zum AMS kann man sagen, es wurden einige Dinge, die die Volksanwaltschaft aufgezeigt hat, aufgegriffen, beispielsweise wurde die dauernde Arbeitsunfähig­keit für junge Menschen etwas hintangehalten. Vor dem 25. Lebensjahr wird jetzt niemand mehr für dauernd arbeitsunfähig erklärt. Das ist durchaus ein Fortschritt, das hat die Volksanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Sonder­bericht „Lohn statt Taschengeld!“ auch verlangt.


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Es ist aber ein anderes Problem aufgetaucht, das noch keiner Lösung zugeführt wurde, und zwar haben sich Frauen an uns gewandt, die leider im Notstands­hilfebezug sind, weil sie schon längere Zeit keine Arbeit finden. Wenn diese Frauen Witwen sind, dann wird die Witwenpension auf die Notstandshilfe angerechnet, obwohl Sie hier beschlossen haben, dass Partnereinkommen nicht mehr auf die Notstandshilfe anzurechnen sind.

Das heißt: Lebt eine Frau noch mit ihrem Partner zusammen, ist es ganz egal, wie viel der verdient, sie bekommt Notstandshilfe. Ist ihr Partner leider verstorben, war unterhaltspflichtig und sie bekommt als Unterhaltsleistung eine Witwenpen­sion, dann wird diese vollständig auf die Notstandshilfe angerechnet. Es gibt noch einen Fall dazwischen: Wenn die Frau geschieden ist und vom Ex-Partner Unterhalt bezieht, wird dieser Unterhalt so weit angerechnet, als er die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt.

Das heißt, wir haben dreimal wirtschaftlich dieselbe Situation: Eine Frau bezieht Notstandshilfe und ist von der Unterhaltsleistung eines Partners, Ex-Partners oder verstorbenen Partners abhängig. Leben sie noch zusammen, werden die Unterhaltsleistungen nicht auf die Notstandshilfe angerechnet; sind sie geschieden und bezieht sie Unterhalt, werden die Unterhaltsleistungen zum Teil auf die Notstandshilfe angerechnet; ist sie verwitwet und bezieht eine Witwenpension, wird die Witwenpension vollständig auf die Notstandshilfe angerechnet. Ich weiß nicht, ob das so gewollt war, als man den Grundsatzbeschluss gefasst hat, dass Partnereinkommen nicht mehr auf die Notstandshilfe anzurechnen sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Schwarz.)

Im Bereich der Familienpolitik wurden ebenfalls etliche Kritikpunkte der Volks­anwaltschaft aufgegriffen. So hat man jetzt erst in den letzten Tagen die sogenannte Wochengeldfalle geschlossen und für den Fall, dass Geburten rasch hintereinander erfolgen, ein finanzielles Problem für die Mütter behoben. Man hat auch eine Härtefallregelung für das einkommensabhängige Karenzgeld gefunden und insofern die Situation verbessert.


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Nach wie vor aus unserer Sicht untragbar ist die Situation in jenen Fällen, in denen die Familien Kinderbetreuungsgeld beantragen und der erwerbstätige Partner im Ausland arbeitet. Da dauert es oft jahrelang, bis die betroffenen Familien zum Kinderbetreuungsgeld kommen, weil ihnen vom Familienminis­terium Hürden in den Weg gelegt werden, die praktisch nicht zu überspringen sind. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Man muss mehrfach beweisen, dass in dem Land, in dem der Partner arbeitet, kein Anspruch besteht, und erst dann kann man in Österreich das Kinderbetreuungsgeld bekommen.

Das widerspricht sowohl der OGH-Judikatur als auch internationalem Recht. Eigentlich müsste Österreich mit der Kinderbetreuungsgeldleistung in Vorlage treten, was auch logisch ist, denn die Jungfamilien brauchen ja dann das Geld, wenn die Kinder klein sind und ein Partner gerade nicht arbeiten kann. In den Beschwerdefällen, die bei uns landen – es ist inzwischen eine dreistellige Zahl –, ist es sehr oft so, dass das Kinderbetreuungsgeld erst dann bezahlt wird, wenn die Kinder in die Schule kommen.

Ein weiterer Bereich, der uns massiv beschäftigt, ist das Thema Impfungen. Es gibt einen österreichischen Impfplan. Aus dem ist ersichtlich, wann aus medizi­nischer Sicht welche Impfungen empfohlen werden – so weit, so gut. Im Kindesalter werden diese Impfungen auch gratis zur Verfügung gestellt, darüber hinaus in vielen Fällen nicht. Auffrischungsimpfungen, die viele von uns machen sollten, sind kostenpflichtig.

Entzündet hat sich die ganze Diskussion an der Impfung gegen Herpes Zoster, der sogenannten Gürtelrose. Die ist empfohlen für Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Wenn man sich impfen lassen will, kostet das insgesamt 500 Euro, das sind zwei Teilimpfungen zu einem enorm hohen Preis. Das schreckt natürlich viele ab und führt jegliches Lippenbekenntnis, wie: Prävention ist besser als Krankheitsbehandlung, ad absurdum.

Zu unserer präventiven Menschenrechtskontrolle wurde schon sehr viel gesagt. Wir haben Schwerpunkte im Bereich Schmerzprävention in den Alters- und


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Pflegeheimen gesetzt und dort Verbesserungsbedarf aufgezeigt, wir haben in den Behinderteneinrichtungen einen Schwerpunkt auf sexuelle Selbstbestimmt­heit gesetzt. Auch da gibt es großen Verbesserungsbedarf. Ich hoffe, dass diese Berichte auf fruchtbaren Boden fallen.

Ein Problem im Bereich der Heimopferrenten möchte ich noch gesondert heraus­arbeiten. Es wurde auch schon gesagt, dass sich inzwischen sehr viele gehörlose Menschen an uns wenden, die in sogenannten Taubstummenanstalten im Internat waren und dort schwer misshandelt wurden. Diese Menschen beantragen bei uns die Heimopferrente. Dazu müssen sie zu einem Clearing, das mit Gebärdendolmetscher und einer Psychologin durchgeführt wird. Das funktioniert bei uns alles schon recht gut. In der Regel wird diese Heimopferrente zuge­sprochen.

Darüber hinaus leisten die Träger der Einrichtungen, in denen sie misshandelt wurden, auf freiwilliger Basis eine Entschädigungszahlung, so wie das in vielen Kinderheimen auch der Fall war. Das heißt, Menschen, die gehörlos sind und in der Taubstummenanstalt in Salzburg waren, werden zusätzlich zur Heimopfer­rente noch vom Land Salzburg entschädigt. Das funktioniert auch in Graz, das funktioniert auch in Klagenfurt, das funktioniert aber nicht, wenn man in Speising oder in Kaltenleutgeben war. Warum? – Weil der Träger dieser beiden Einrichtungen der Bund war und der Bund beschlossen hat, keine Entschädi­gungszahlungen mehr zu leisten.

Wir sind im Moment in Gesprächen mit dem Bildungsministerium, das zu ändern. Sollte es da legistische Unterstützung brauchen, ersuche ich Sie dringend, diese rasch zu gewähren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Volksanwältin Schwarz. – Bitte sehr.



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15.49.33

Volksanwältin Gabriela Schwarz: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Es freut mich, dass auf der Galerie gerade auch so viele junge Menschen zu Gast sind, denn ich denke, dass die Volksanwaltschaft bei vielen noch nicht die Bekanntheit hat, die sie definitiv auch in jungen Altersgruppen verdienen würde. Deshalb freut uns natürlich der hohe Rang im Vertrauensindex sehr.

Zugleich haben wir aber auch die Verpflichtung, unseren Aufgaben auch in Zukunft vollinhaltlich nachzukommen.

Sie haben heute schon sehr viele wichtige Dinge angesprochen, sehr viele Dinge, die uns, unserem Team, den Kommissionen bei den unterschiedlichen Besuchen in den Einrichtungen aufgefallen sind, und wir bemerken sehr unterschiedliche Reaktionen aus den verschiedenen Ministerien.

In meinen Geschäftsbereich fallen ja die Justizanstalten, der Maßnahmenvollzug und der Strafvollzug. Durch den Wahrnehmungsbericht Jugend in Haft, den wir im September 2022 veröffentlicht haben, ist es uns gelungen, etwas, sage ich jetzt einmal, Schwung oder etwas mehr Tempo in die Sache zu bringen. Fakt ist, dass aufgrund dieses Wahrnehmungsberichts Arbeitsgruppen eingerichtet wurden, die sich mit der Übersiedlung der Jugendlichen von Gerasdorf in die Josefstadt, einer Zwischenstation, und letztendlich zum Münnichplatz beschäf­tigt haben. Wir sind allerdings enttäuscht, dass dieser Prozess länger dauern wird als es vom Justizministerium angekündigt wurde. Das wird nicht schon jetzt, im Juli 2024, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich später, frühestens im Herbst 2024, erfolgen.

Was ist der Hintergrund? – Der Hintergrund ist, dass wir glauben, dass Jugend­liche – das oberste Ziel sollte immer die Resozialisierung sein – nicht nur professionell betreut werden, das heißt, die Möglichkeit zur Ausbildung haben, sondern auch die Möglichkeit haben, Besuch von ihrem unmittelbaren Umfeld,


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ihrer Familie, Freunden et cetera zu erhalten. Das war in Gerasdorf definitiv äußerst schwierig. Wir erwarten uns da eine Verbesserung der Situation.

Das ändert allerdings nichts an dem schon mehrfach angesprochenen Personal­mangel in der Justizwache, aber auch des Fachpersonals, sprich bei Thera­peutinnen, Therapeuten, Sozialarbeiter:innen. Eines bedingt das andere, denn: Worum geht es? – Es geht um die Überbelastung der unterschiedlichen Berufsgruppen und das führt selbstverständlich auch zu Drucksituationen zwischen dem Personal und den Insassinnen und Insassen, aber auch unter denjenigen, die dort untergebracht sind.

Deshalb ist unser momentaner Schwerpunkt in der Kommission das Thema Gewalt in Haft. Suizid in Haft beschäftigt uns immer noch über die Maßen. Wir haben ja mehrmals davor gewarnt, dass die Zahlen nicht – wie vom Justiz­ministerium angekündigt – sinken würden, sondern ganz im Gegenteil: sie sind definitiv gestiegen. Zur Illustration: 2023 gab es insgesamt 47 Vorfälle, davon waren 14 Suizide. 2024 gibt es bereits 20 Vorfälle; vier Todesfälle sind zu verzeichnen.

Es wäre dringend notwendig, die Betreuung mit Blick auf Suizidalität ins Auge zu fassen und dementsprechend zu handhaben. Es gab dazu eine Arbeitsgruppe, der Bericht dieser hat allerdings 16 Monate auf sich warten lassen. Aufgrund dieses Berichts gab es 48 Empfehlungen an das Justizministerium. Mit großem Bedauern stelle ich fest, dass von diesen 48 Empfehlungen so gut wie noch keine umgesetzt worden ist. Ich hoffe, dass sich das dementsprechend bessern wird.

In meinen Bereich fällt auch das Thema internationale Zusammenarbeit. Ich möchte da ein paar Dinge herausgreifen. Wir haben ein Projekt mit Unitar geplant, bei dem es um SDGs geht, ein Thema, das auch Sie im Hohen Haus immer wieder beschäftigt. Wir versuchen regelmäßig, uns mit dem High Commissioner Volker Türk abzustimmen. Es ist wirklich von Vorteil, dass die


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UNHCR durch den High Commissioner einen Österreicher an der Spitze hat, das vereinfacht unsere Arbeit sehr und informiert uns auf kurzem Wege.

Verbessert hat sich die Situation mit den Visaanträgen. Wir haben ja den dringen­den Appell an das Außenministerium gerichtet, die Situation gerade in der Botschaft in Teheran zu verbessern und für schwierige und sensible Themen nicht mehr eine Agentur zu verwenden, sondern das selbst durchzuführen. Das ist mittlerweile erfolgt, und das verbuche ich als einen wirklichen Erfolg der Volksanwaltschaft. Auch aus Ihren Reihen gab es immer wieder den Vorstoß, dass sich diese Dinge ändern müssen.

Im Finanzministerium haben wir es immer wieder – auch bei Sprechtagen, die wir sehr, sehr gerne machen und die uns durch ganz Österreich führen – mit dem folgenden Thema zu tun: dass man viele Dinge nur mehr online machen kann, aber man keinen persönlichen Referenten oder keine persönliche Referentin mehr hat, und dass aufgrund dieser Tatsache die Menschen, die das gewohnt waren, durchaus Schwierigkeiten haben.

Ich möchte dazusagen: Wir halten nicht nur unsere Sprechtage ab – die geplant sind und auf der Website der Volksanwaltschaft zu finden sind –, sondern wir werden überall angesprochen und geben selbstverständlich auch gerne Auskunft. Heute in der Früh ist es mir passiert, dass mich jemand gefragt hat: Wieso muss ich immer noch Termine beim Finanzamt anfordern? – Also auch das passiert uns. Die Sprechtage – das ist auch an Sie gerichtet, falls Sie sich einmal an uns wenden wollen – finden sich alle bei uns auf der Homepage. Sie erreichen uns auch telefonisch und per Mail.

Wir freuen uns auf eine weiterhin sehr, sehr gute Zusammenarbeit, nicht nur mit dem Parlament, sondern selbstverständlich mit allen, die mit der öffentlichen Verwaltung zu tun haben, und hoffen, dass wir relativ wenig Beschwerden in diese Richtung bekommen und relativ viele Dinge möglichst rasch gelöst werden können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)

15.55



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 259

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


15.55.37

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Auch ich möchte mich, wiewohl das meine Vorrednerinnen und -redner schon gemacht haben, sehr herzlich bei der Volksanwaltschaft bedanken, insbesondere auch bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Bericht ist im Übrigen großartig, also gilt mein spezieller Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Arbeit. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Wir haben auch schon gehört, wie viele Fälle und so weiter es gegeben hat, ich will jetzt nicht alles wiederholen. Lassen Sie mich nur eine kurze Bemerkung machen: In zweieinhalb Wochen – 1. Juli 1977 – gibt es das 47-jährige Jubiläum. Wie so oft in Österreich hat man, nachdem man ja jahrelang, um nicht zu sagen jahrzehntelang, darüber debattiert hat, ob man so etwas wie eine Volksanwalt­schaft überhaupt braucht, diese zunächst nur befristet eingerichtet, nämlich bis Juni 1983. Man hat damals mit rund 1 000 Fällen gerechnet. Das waren dann – wie das oft so ist – gleich einmal mehr. Bei vielen Gesetzen nimmt man eine Zahl an, die sich dann in kürzester Zeit wahnsinnig steigert. Man hat dann 1981 beschlossen: Na ja, wir lassen sie und schaffen sie nicht wieder ab!, und das ist wirklich eine gute Entscheidung gewesen.

Ich möchte auf drei Punkte kurz eingehen, nämlich auf die Frage der Kommuni­kation und auch sozusagen der Transformation der Arbeit der Volksanwalt­schaft.

Es gibt eine Ringvorlesung, die mit der Medizinischen Universität gemacht wird. Ich denke, es gibt auch weitere Möglichkeiten, um vor allen Dingen mit Studie­renden, aber auch anderen Interessierten innerhalb der Volksanwaltschaft, aber auch in Kooperation mit Universitäten, Fachhochschulen oder auch Schulen,


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solche Formate zu entwickeln. Ich weiß, das ist natürlich auch eine Personal- und Zeitfrage, aber ich glaube, es ist sehr wichtig, der österreichischen Bevölkerung nahezubringen, dass die Verwaltung kontrolliert wird, dass die Verwaltung nicht irgendwie etwas ist, wo die Beamten, Beamtinnen machen können, was sie wollen, sondern dass das natürlich gesetzlichen Normen unterliegt und dass es die Volksanwaltschaft ist, die immer ein prüfendes und wirklich gutes Auge darauf hat, dass der Bürger, die Bürgerin vom Staat gut behandelt wird. Solche Formate sind also gut.

Es gab auch gemeinsam mit dem Frauennetzwerk Medien und Journalistinnen eine Veranstaltung zum Thema Hass im Netz. Es gibt also auch durchaus immer wieder Veranstaltungen zu aktuellen Themen, und ich glaube, es ist sehr wichtig, unterschiedliche Stakeholder und -holderinnen einzubinden und diese Arbeit eben auch über unterschiedliche Formate – seien es Diskussionen, Vorlesungen, andere Podien – zu transformieren.

Zum Schluss noch ein Hinweis, weil das Thema der letzten zwei Tage ja digital/analog war: Die Anbringen übers Digitalformular gehen leicht zurück und das ist natürlich auch immer damit zu erklären, dass es eine großartige Arbeit vor Ort gibt. Es gibt die Sprechtage, es gibt in allen Bundesländern vor Ort Zugangsmöglichkeiten. Das heißt, es stellt sich auch immer die Frage: Was steht zur Verfügung? Dabei geht es natürlich nicht um die Frage, ob es jetzt ein Recht auf analoges Leben gibt – es gibt überhaupt kein Recht auf Leben, weder analog noch digital –, aber wenn, dann geht es natürlich immer darum, dass das soge­nannte Analoge personalintensiv ist und sehr von guter Kommunikation getragen wird. Im Falle der Volksanwaltschaft ist es so, dass es eine sehr gute Kommuni­kationsstruktur gibt, auch für die Anbringen der Bürger und Bürgerin­nen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Geiseln, die von der Terrororganisation Hamas immer noch festgehalten werden, endlich freigelassen werden sollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.00



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 261

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Drobits. – Bitte sehr.


16.00.16

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf eingangs im Namen meiner Kollegin Petra Oberrauner eine Gruppe aus Weißen­stein in Kärnten begrüßen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)

Nun auf den Bericht der Volksanwaltschaft eingehend: Danke für die kompakte Aufarbeitung der Beschwerdepraxis und auch für das Aufzeigen des Verbesse­rungsbedarfs. Es soll eine Sensibilisierung für uns alle sein. Meine Fraktion nimmt vor allem den Bereich Pflege und Soziales sehr stark auf. Wir sehen, dass es erhebliche Mängel im Bereich der rechtlichen Gestaltung der Regeln in der Pflege gibt.

Wenn Herr Volksanwalt Achitz im Ausschuss sagt, wir haben einen Fleckerl­teppich, wir sind unkoordiniert und haben Koordinierungsbedarf, so kann meine Fraktion das bestätigen. Wir fordern auch schon lange, dass eine Koordinierung erfolgt. Wir verlangen schon lange verbindliche Standards, um angemessene Pflege zu gewährleisten – das wird auch beschrieben. Wir fordern auch koordi­nierte Entlohnungsschemata und vor allem auch einen realistischen Personal­schlüssel. – Der ist nämlich oftmals unrealistisch.

Seitens der Volksanwaltschaft wurde auch in der Pflege aufgezeigt, dass die sechste Urlaubswoche nicht immer dort angekommen ist, wo sie ankommen soll – Härtefälle waren nicht erfasst –, und das Gleiche gilt für den Pflegebonus und auch für die Pflegeausbildungsprämie. Wir sagen deshalb auch bereits seit längerer Zeit, dass wir eine umfassendere Reform der Pflege brauchen – das bestätigt dieser Bericht der Volksanwaltschaft eigentlich.


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Ein zweiter Bereich, der mir wichtig ist, ist das Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit, dass wir die Würde im Alter verlangen, die auch gewährleistet sein muss, und andererseits der Tatsache, dass die demografische Entwicklung aufzeigt, dass zukünftig die Attraktivierung der Pflegeberufe notwendig sein wird. Da gibt es einen Punkt, der da sehr stark hineinspielt und den wir auch aufzeigen wollen: Es geht um das Gemeinwohl und um die Gemeinnützigkeit.

Wir haben gestern einen Antrag eingebracht, mit dem wir fordern, die Pflege muss gemeinnützig sein. Wir wollen nämlich nicht, dass private Investoren in einem kritischen Infrastrukturbereich, bei sozialen Dienstleistungen, zukünftig ein Geschäft machen. Es passiert derzeit schon, dass Private im Sinne einer Kommerzialisierung auf Gelder zugreifen, die eigentlich in der Pflege landen müssen. Man behauptet, ein Viertel der Gelder geht verloren, wenn es um die Errichtung und auch das Betreiben sozialer Dienstleistungseinrichtungen geht.

Was heißt das? – Das sind einfach Privatinvestoren, Finanzhaie, die versuchen, Profit aus dem zu machen (Abg. Haubner: Finanzhaie!), dass sie Steuerbegüns­tigungen oder andere Schlupflöcher suchen. Dahin gehend haben wir bereits gestern einen Entschließungsantrag eingebracht, denn wir wollen eine Stärkung der Gemeinnützigkeit, wir wollen gleichzeitig aber auch, dass diese Schlupflöcher für diese sogenannten privaten Investoren verloren gehen. Wir wollen im End­effekt auch, dass eine Aufsicht kommt, so wie es sie auch im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus gibt. Auch da decken sich also unsere Vorstellungen. Wir sind dankbar, dass das aufgezeigt wird. Wir übernehmen das, und wir sehen gerade im Bereich der Pflege und im Sozialbereich einen unbedingten Verbes­serungsbedarf. Deshalb sind wir dankbar und sagen nochmals, auch das wollen wir aufnehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Punkt noch: Sie haben heute gesagt, Herr Volksanwalt, dass die Notstands­hilfebezieher – besonders Frauen – benachteiligt werden und schlechter gestellt sind, wenn es darum geht, dass das Partnereinkommen seit 2018 nicht mehr, die


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Witwenbeihilfe hingegen schon angerechnet wird. Das ist eine Schlechter­stellung, das sehen wir auch nicht ein und daher sind wir auch dagegen. Wir ersuchen deshalb um Prüfung dieser Situation. – Danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.


16.04.24

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Kollege Einwallner hat mich noch einmal dazu bewogen, mich hier zu Wort zu melden und den Entschließungsantrag noch einmal zu erklären.

Es ist schon der Gipfel der Dreistigkeit, die Freiheitliche Partei als unseriös und populistisch in diesem Zusammenhang zu bezeichnen. (Anhaltende Heiterkeit und Oh-Rufe bei SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Leichtfried: Ah geh! – Abg. Scherak: Aber sonst schon?!) Wenn man nur Originalzitate wiedergibt - - (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Danke, Herr Präsident, spät, aber doch. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ihr müsst euch nur eines angewöhnen: Ihr müsst draußen die Wahrheit sagen und dann hier herinnen, in diesem Haus, so abstimmen, wie ihr es draußen kundtut. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Erasim: Entspann dich, Christian! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Die Leute wollen sich nicht von euch die Unwahrheit ins Gesicht sagen lassen. Das haben wir euch mit diesem Antrag vorgehalten. Wir haben nur wiedergegeben, was euch euer SPÖ-Vorsitzender in der „Kronen Zeitung“ gesagt hat. (Abg. Lindner: Zur Sache, Herr Präsident!) Er sagt: „Es kann nicht sein, dass wir [...] immer nur zuwarten und auf andere Länder schielen, anstatt selbst zu handeln.“ Handelt und stimmt unserem Entschließungsantrag zu! (Abg. Lindner: Zur Sache!) Das fordern wir von euch. (Abg. Lukas Hammer: Atmen! – Unruhe im Saal.)


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Das Problem seid ihr, weil ihr draußen den Leuten Sand in die Augen streut, die Unwahrheit sagt und hier herinnen dann ganz anders abstimmt. Das Ergebnis habt ihr aber vor wenigen Tagen bei der EU-Wahl gesehen: Man glaubt euch das nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Jetzt zur ÖVP (Zwischenrufe bei der ÖVP), der sogenannten, selbsternannten, schon lange nicht mehr Sicherheitspartei (Abg. Strasser: Lausch, leise! – Abg. Steinacker: Lauschi, wir lauschen dir eh!): Da sagt Kollege Oxonitsch von der SPÖ (Abg. Haubner: Der ist ja nicht bei uns! – Abg. Leichtfried: Was geht es die ÖVP an, was Oxonitsch sagt? Der hat ja mit der ÖVP nichts zu tun!), Innenminister Kickl hätte mehr Polizisten aufnehmen sollen. – Ich komme gleich dazu, das läuft gleich zur ÖVP über. – Wir hätten gar nicht so viele Polizisten aufnehmen können, wie Ihr Bürgermeister in Wien illegale Straftäter nach Wien reinlässt. (Abg. Koza: Volksanwaltschaft! – Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Schauen sie doch nach Favoriten! (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man dann als ÖVP, als Innenminister – oder man kann schon fast sagen: Unsicherheitsminister – auf die Idee kommen, dass man mit Ende Juli in Wien Favoriten die Polizeiinspektion am Keplerplatz – Hotspot der kriminellen Messer­attacken – zusperrt. (Abg. Michael Hammer: Stimmt ja net! Macht er ja net!) Das muss einem einmal einfallen!

Das muss einem einmal einfallen, dass man – Ende Juli – die Polizeiinspektion vom Keplerplatz in die Columbusgasse verlegt. (Abg. Steinacker: Ah, zusperren und verlegen sind aber schon zwei Paar Schuhe!) – Ja, aber das ist ja weit weg vom kriminellen Hotspot. Was hat denn das für einen Sinn? (Abg. Lindner: Ruf zur Sache!) Genau dort, am Keplerplatz, wäre sie wichtig. (Abg. Erasim – erheitert –: Warst du überhaupt schon einmal dort, Christian? Ich seh’ dich immer nur in Retz Wein trinken!) Ihr Innenminister verlegt diese Station und macht Favoriten für die Bevölkerung noch viel unsicherer. Das muss einem einfach einmal einfallen, wenn man sieht, wie es in Favoriten zugeht.


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Natürlich: Der Wiener Bürgermeister hat alle hereingewunken, jetzt hat man das Problem. Jetzt handelt ihr beziehungsweise euer Innenminister – ihr seid in Verantwortung – und sperrt die Polizeiinspektion Keplerplatz zu, verlegt sie ans andere Ende. Genau dort, wo die Kriminalität vorherrscht, ist dann keine oder weniger Polizei – das müsst ihr euch also schon ankreiden lassen. Das muss einem in Zeiten wie diesen, in denen man in Favoriten schon nicht mehr weiß, wie man der Gewalt aus dem Weg gehen kann, erst einmal einfallen.

In diesem Sinne kann ich also nur sagen (in Richtung SPÖ): Stimmt so ab, wie ihr es draußen den Leuten zu erzählen versucht! Stimmt dann auch so ab und dem Antrag zu, es würde euch gut stehen! (In Richtung ÖVP:) Und ihr redet mit dem Innenminister, denn vielleicht kann man in Richtung Keplerplatz, Favoriten etwas machen, vielleicht kann man Favoriten sicherer machen und nicht wie der Bun­desminister: unsicherer. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Erasim: Ganz schön überhebliche Töne für eine Partei, die sich schon dreimal aufgelöst hat! Die vierte Auflösung kommt sicher auch bei euch! Ja! – Abg. Lausch – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ihr müsst nicht verzweifeln, ihr müsst nur ehrlich bleiben!)

16.08 16.08.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist - - (Abg. Leichtfried – in Richtung des sich zum Präsidium begebenden Abg. Prinz –: Also das ist jetzt zu spät, das Wort geschlossen ist ausgesprochen! – Abg. Steinacker: Hat er nicht gesagt, er hat nur gesagt, es ist niemand mehr gemeldet! Dann war aus! – Abg. Belakowitsch: Er hat gesagt, die Debatte ist geschlossen! – Ruf bei der ÖVP: Hat er nicht gesagt! – Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Steinacker: Er hat gesagt: „Zu Wort ist niemand mehr gemel­det“! – Abg. Belakowitsch: Die Debatte ist geschlossen! – Abg. Steinacker: Nein, hat er nicht gesagt! – Abg. Strasser: Er war mitten in der Formel!)  Keine Aufregung, ruhig Blut. (Allgemeine Heiterkeit.) Da ich die Debatte geschlossen habe, ist keine Wortmeldung mehr möglich.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort, Frau Abgeordnete Kirchbaumer? – Auch nicht.


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Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschafts­aus­schusses, den vorliegenden Bericht III-1135 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Leichtfried: Wolltet ihr nicht ein bissl demütig in die nächste Wahl gehen?) – Herr Abgeordneter Leichtfried, bleiben Sie vielleicht auch ruhig. (Abg. Leichtfried: Jawohl!)

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“. – Das ist die Minderheit, abge­lehnt. (Abg. Matznetter: Kollege Kickl ist nicht einmal da! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich würde Sie um etwas Ruhe ersuchen, bitte. (Abg. Erasim: Wahrschein­lich steht der Kollege Kickl nicht hinter diesem Antrag, da braucht er nicht mitzu­stimmen, weil er weiß, es ist strafrechtlich relevant!) – Darf ich Sie bitten, Frau Abgeordnete, wir sind eh gleich soweit.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ernennung eines EU-Kommissars für Remigration“.

Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wehrhafte Demokratie gegen extremistische Gewalt“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist auch die Minderheit, abgelehnt.


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16.10.138. Punkt

Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3847/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2592 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3848/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Jörg Leichtfried, Werner Herbert, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (2593 d.B.)

10. Punkt

Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das Datenschutz­gesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichts­hofgesetz 1985 geändert werden (2594 d.B.)

11. Punkt

Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Volksanwalt­schaftsgesetz 1982 geändert werden (2595 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.



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16.11.24

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich darf eingangs im Namen meines Kollegen Herrn Dr. Saxinger die Firma Almirall und Hautärzte hier oben auf der Galerie begrüßen. Herzlich willkommen im Parlament! Danke für Ihr Interesse. (Allgemeiner Beifall.)

Mit der Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union wurde vor einigen Jahren das Grundrecht auf Datenschutz auf eine neue Basis gestellt. Viele von uns waren damals schon Mitglied im Hohen Haus, im Nationalrat. Wir mussten ja damals viele, viele Gesetze anpassen, um diese Verordnung in Österreich umzusetzen.

Der Rechtscharakter einer Verordnung auf europäischer Ebene ist ja der, dass die Anwendbarkeit in den Mitgliedstaaten unmittelbar vorgesehen ist. Trotzdem war dann in vielen Mitgliedsländern lange Zeit nicht klar, ob diese Datenschutz-Grundverordnung auch auf die Organe der Gesetzgebung anzuwenden ist, vor allem unter dem Aspekt der gebotenen Gewaltenteilung.

Explizit in Österreich stellte sich sehr bald die definitive Frage, wie damit umzu­gehen ist, weil eine Auskunftsperson aus dem BVT-U-Ausschuss seinerzeit eine Beschwerde gegen ein Protokoll erhoben hat, in dem ihr Name abgedruckt war und veröffentlicht wurde, und sie sich daher an die Datenschutzbehörde wandte. Diese hat gesagt, sie sei da nicht zuständig, weil sie eine Verwaltungs­behörde sei und die Gesetzgebung nicht kontrollieren könne.

So landete der Fall nach Durchlaufen der Instanzen beim Europäischen Gerichts­hof. Dieser hat dann eigentlich sehr eindeutig entschieden: Die DSGVO ist auch bei parlamentarischen Tätigkeiten anzuwenden. Wenn ein Mitgliedstaat nur eine Datenschutzbehörde hat, dann ist eben diese dafür zuständig, und zwar unge­achtet des Gewaltenteilungsgrundsatzes.


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Also entstand für uns als Gesetzgeber seit damals Handlungsbedarf. Damit taten sich natürlich einige Fragen in einem besonderen Spannungsfeld auf: Daten­schutz, Kontrolle durch das Parlament und auch Fragen der Immunität.

Die Lösung, die sich aus diesem EuGH-Urteil ergibt, liegt nun hier im Plenum. Es sind jetzt vier Tagesordnungspunkte, in denen wir Gesetze ändern. Ich denke, wir haben eine gute Lösung gefunden, um eine rechts- und verfassungskonforme Ausgestaltung der DSGVO im Zusammenhang mit unserer parlamentarischen Tätigkeit zu gewährleisten.

Was sind die Eckpunkte? – Erstens: Die parlamentarische Arbeit, also unsere Arbeit als gewählte, unabhängige Parlamentarierinnen und Parlamentarier, soll nicht beeinträchtigt werden. Damit also Abgeordnete weiterhin ungehindert recherchieren können, etwa parlamentarische Anfragen einbringen können, wird in der Novelle zum Informationsordnungsgesetz eine Beschränkung der Betrof­fenenrechte ausdrücklich, und zwar im Einklang mit den Vorgaben der DSGVO, vorgesehen. Es werden also auch Auskunftsrechte, Löschungsrechte und Berichtigungsrechte damit eingeschränkt, denn sonst wäre es ja nicht möglich, dass Mitglieder des Parlaments, etwa aufgrund von Hinweisen von Bürgerinnen und Bürgern, ihrer Kontrollverpflichtung nachkommen könnten. Die sachliche Immunität gilt weiterhin. Demnach werden parlamentarische Materialien nicht gelöscht. Wie schon bisher allerdings kann ein Betroffener beantragen, dass die Veröffentlichung eines parlamentarischen Gegenstandes, zum Beispiel einer Anfrage, in der ein Klarname vorkommt, unterbunden wird.

Weiters richten wir mit dem Gesetz eine neue Aufsichtsbehörde ein. Damit ist eine klare Trennung im Lichte des Prinzips der Gewaltenteilung gegeben. Ab 2025 soll es also eine eigene Datenschutzbehörde für den Gesetzgebungs­bereich geben, und zwar das Parlamentarische Datenschutzkomitee.

Wir legen in unseren Regelungen auch fest, dass das Komitee aus mindestens drei und maximal sechs Mitgliedern bestehen soll und vom Nationalrat auf Vorschlag des Hauptausschusses für fünf Jahre bestellt wird. Beim Vorsitz ist ein


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jährlicher Wechsel unter den Mitgliedern vorgesehen. Berufungsinstanz ist klarerweise das Bundesverwaltungsgericht, die Revisionsmöglichkeit führt zum VwGH. Ein eigenes Budget soll die Unabhängigkeit dieser eigenen Behörde garantieren.

Zusätzlich zu erwähnen ist: Von diesen neuen Regimes sind natürlich auch die Volksanwaltschaft und der Rechnungshof als Organe des Parlaments umfasst, und die Landtage in den neun Bundesländern können sich ebenfalls dieser Behörde unterstellen und würden damit keine eigene Behörde auf Landesebene einrichten müssen.

Zu guter Letzt: Wie sieht es mit der datenschutzrechtlichen Verantwortung aus? – Nach außen tritt der Nationalrat beziehungsweise auch der Bundesrat – aber die müssen das ja separat beschließen – einheitlich als Verantwortungs­träger in Bezug auf den Datenschutz auf, also als ein Organ. Freilich vertritt der Nationalratspräsident den Nationalrat, wenn es darum geht, Interessen von Betroffenen gegenüber Kontroll- und Transparenzinteressen zu gewichten. Selbstverständlich werden bei diesen Entscheidungen die Klubs in Form spezieller Datenschutzbeauftragter einbezogen werden.

Ich denke, wir haben gemeinsam einen guten, praktikablen Vorschlag erarbeiten können. Es ist eine sehr komplizierte Materie. Ich möchte ausdrücklich allen in der Parlamentsdirektion und in unseren Klubs danken, die sich mit diesem Thema jetzt über mehr als zwei Jahre befasst haben und dieses Ergebnis, das wir heute zur Beschlussfassung haben, erarbeitet haben.

Es ist auch schön, dass der heutige Tag insofern sehr versöhnlich ausklingen wird, als es sich um einen einstimmigen Beschluss handeln wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der nächste Steirer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter Leichtfried, ich erteile Ihnen das Wort.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 271

16.17.51

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Gödl hat jetzt in aller epischen Breite dargestellt, worum es geht, ich kann mich da nur vollinhaltlich anschließen. Das stimmt so, und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Nun kann ich mich relativ kurz halten.

Ich möchte vielleicht ganz kurz ergänzend zu Ihnen, Herr Kollege, anmerken, dass wir mit diesem Beschluss in der Lage sind, trotz der ganzen datenschutz­rechtlichen Umstände, die uns betreffen, unsere Kontrollfunktionen weiter voll auszufüllen. Das ist wesentlich, und es ist gut gelungen.

So bleibt mir nur mehr, mich bei Ihnen allen für die große Einstimmigkeit in dieser Frage, für die guten Verhandlungen, bei der Parlamentsdirektion für die großartige Unterstützung zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es war wirklich ein sehr, sehr kompliziertes Gesetzesvorhaben, das mit einigen Tücken und Schwierigkeiten behaftet war. Am Ende ist aber alles gut gelungen. Nochmals herzlichen Dank. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Herbert. – Bitte sehr.


16.19.24

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen meiner beiden Vorredner brauche ich inhaltlich, glaube ich, nicht mehr allzu viel zu sagen, mich nicht sehr zu verbrei­tern.

Ich denke, es ist uns mit den vorliegenden Gesetzentwürfen oder Beschlüssen gelungen, da eine gute Balance zu finden, einerseits, um die datenschutz­rechtlichen Vorgaben auch in Hinsicht auf die Entscheidungen, die da im Vorfeld


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seitens der Höchstgerichte gefallen sind, zu erfüllen, andererseits aber auch, um den parlamentarischen Ablauf mit all den Rechten der Abgeordneten, den Interpellationsrechten, aber auch den Ablauf hier im Hohen Haus auch im Umgang mit der Bevölkerung so zu wahren, dass wir uns auf der einen Seite gesetzes­konform bewegen, aber auf der anderen Seite auch unsere Pflichten im Rahmen des Parlamentarismus wahrnehmen können.

In diesem Sinne darf ich mich dem Dank anschließen, dem Dank an die Klubs für diese gemeinsame gute Lösungsfindung in dieser Sache; an die Referenten; an die Parlamentsdirektion, die mit den unzähligen Anträgen, Abänderungen, Zurückziehungen, Neueinbringungen wirklich viel Arbeit gehabt hat. Schluss­endlich zählt aber der Erfolg, wie ich meine, und der gebührt uns allen.

So gesehen: noch einmal herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit in dieser Sache. Ich freue mich, dass wir zumindest in dieser Sache gezeigt haben: Ja, es sind auch gute gemeinsame Lösungen in diesem Haus möglich. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist als letzte Rednerin Frau Abgeordnete Sirkka Prammer. – Bitte schön.


16.21.07

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Danke den Vorrednern für die bisherigen Erklärungen, die ich jetzt nicht mehr wiederholen muss. Es ist natürlich eine sehr wichtige Materie, denn der Daten­schutz gilt auch im Parlament, was wir jetzt schwarz auf weiß durch das Gerichts­urteil des Europäischen Gerichtshofes festgestellt haben.

Trotzdem ist es nicht einfach gewesen. Auch wenn wir hier jetzt einen einstim­migen Beschluss fassen werden, ist es nicht einfach gewesen, zu dieser Lösung zu kommen. Das ist aus meiner Sicht eine sehr, sehr gute Art, wie wir gearbeitet haben, nämlich wirklich in der Sache gearbeitet haben. Wir haben uns auch


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immer wieder an unterschiedlichen Standpunkten gerieben, sind aber doch zu einer gemeinsamen Lösung gekommen, die jetzt von allen mitgetragen werden kann. Ich denke, das muss schon auch einmal gesagt werden, vor allem den­jenigen, die den Parlamentarismus immer als unnötig, als Streiterei und ein Gegeneinander darstellen. Das ist es nämlich nicht.

Natürlich stoßen unterschiedliche Standpunkte, unterschiedliche Meinungen aufeinander, aber wir schaffen es dann trotzdem, gemeinsam eine Lösung zu finden, die für uns alle tragbar ist und mit der wir alle sehr, sehr gut auskommen können.

Gerade im Datenschutzbereich ist es sehr, sehr gut gelungen, ich glaube auch, dass mit der Einrichtung des Parlamentarischen Datenschutzkomitees ein guter Schritt gelungen ist. Nicht, weil wir die Datenschutzbehörde nicht haben wollen, sondern weil wir uns alle einig sind, dass es hier im parlamentarischen Betrieb besondere Gegebenheiten gibt, auf die man eben bei der Prüfung von daten­schutz­rechtlichen Beschwerden Rücksicht nehmen muss.

Ich freue mich, dass wir das hier gemeinsam so hinbekommen haben. Danke auch von meiner Seite an alle, die daran mitgearbeitet haben, in den Klubs und vor allem aber auch in der Parlamentsdirektion. Ich freue mich auf das Beschließen der langen parlamentarischen Tage mit einem einstimmigen Beschluss. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.23 16.23.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 274

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2592 der Beilagen.

Da es sich bei diesem vorliegenden Gesetzentwurf um eine Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. – Das ist dementsprechend gegeben.

Ich nehme Ihre Zustimmung schon an. – Das ist damit einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2593 der Beilagen.

Gleicher Sachverhalt wie beim vorigen Beschluss.

Ich stelle wieder die verfassungsmäßig vorgesehene Anzahl der Abgeordneten fest.

Wer ist dafür? – Das ist wieder einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das


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Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz und das Verwaltungs­gerichtshofgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2594 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Informationsordnungs­gesetzes sowie Verfassungsbestimmungen enthält, darf ich wiederum im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erfor­derliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Mitglieder feststellen. – Die ist gegeben.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz und das Volksanwaltschaftsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2595 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um Zustimmung ersuchen. – Auch das ist einstimmig.

Und in dritter Lesung: Darf ich noch einmal bitten? – Gleiches Stimmverhalten, es ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.25.49Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 4097/A bis 4134/A(E) eingebracht worden sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll268. Sitzung, 268. Sitzung des Nationalrats vom 13. Juni 2024 / Seite 276

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilun­gen und Zuweisungen enthält, berufe ich für 16.26 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.26.12Schluss der Sitzung: 16.26 Uhr

 

 

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