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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

213. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 24. Mai 2023

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

213. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                              Mittwoch, 24. Mai 2023

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. Mai 2023: 9.05 – 19.40 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundes-Energieeffizienzgesetz 2023 erlas­sen wird und das Energie-Control-Gesetz geändert wird (Energieeffizienz-Reformgesetz 2023 – EEff-RefG 2023)

3. Punkt: Antrag der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (3374/A)

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien – Reihe BUND 2021/12

5. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien – Reihe BUND 2022/27


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 2

6. Punkt: Bericht über den Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2022/44

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend FACULTAS DOM Buchhandels GmbH – Reihe BUND 2022/22

8. Punkt: Bericht über den Antrag 3365/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend So­fortige Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzung im Sudan

9. Punkt: Bericht über den Antrag 3366/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage in Tunesien

10. Punkt: Dritte Lesung: Bericht über den Antrag 3231/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 ge­ändert wird

11. Punkt: Dritte Lesung: Bericht über den Antrag 3229/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz geändert wird

12. Punkt: Dritte Lesung: Bericht über den Antrag 3232/A der Abgeordneten 
Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes
Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend 
ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

13. Punkt: Dritte Lesung: Bericht über den Antrag 3230/A der Abgeord­neten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp
Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 3

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klubfinanzierungs­gesetz 1985 geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     35

Ordnungsruf ............................................................................................................  224

Geschäftsbehandlung

Ersuchen des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger um Sitzungsunterbrechung ..........................................................................................     38

Unterbrechung der Sitzung ............................................................. 38, 277, 278

Wortmeldung des Abgeordneten August Wöginger betreffend Missachtung des Parlaments ........................................................................................................     44

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 13835/AB gemäß § 92 Abs. 1 GOG ....................................................  147

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 GOG ......................  248

Redner:innen:

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  250

Staatssekretär Florian Tursky, MBA MSc ..............................................................  253

Mag. Andreas Hanger ..............................................................................................  255

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  258

Christian Ries ...........................................................................................................  261

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  263

Dr. Stephanie Krisper ..............................................................................................  265


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 4

Antrag des Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter auf Nichtkenntnis­nahme der Anfragebeantwortung 13835/AB – Ablehnung ............  260, 267

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................  147

Antrag des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried im Sinne des § 18 Abs. 3 GOG auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Ablehnung     248, 249

Hinweis des Abgeordneten August Wöginger auf Anwesenheit des Staats­sekretärs im Bundesministerium für Finanzen ...................................................  249

Verlangen des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2 die Zahl der Für- und Gegenstimmen bekannt zu geben ..................................  273

Wortmeldungen betreffend Verhalten während eines Abstimmungsvorganges:

August Wöginger ....................................................................................  274, 276

Mag. Jörg Leichtfried ..............................................................................  274, 277

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................  275

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................  275

Anordnung einer namentlichen Abstimmung durch Präsident Mag. Wolfgang Sobotka .....................................................................................................................  276

Aktuelle Stunde (47.)

Thema: „Preisstopp – Steuerstopp – Sanktionsstopp! Wann setzt die Re­gierung endlich echte Maßnahmen gegen die Kostenlawine?“ ......................     36

Redner:innen:

Dr. Dagmar Belakowitsch ...........................................................................  36, 38

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc .....................................................................     45

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................     52


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 5

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................     54

Peter Wurm ..............................................................................................................     57

Barbara Neßler ........................................................................................................     60

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................     63

Christoph Zarits .......................................................................................................     66

Kai Jan Krainer .........................................................................................................     69

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................     72

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................     75

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................     78

Pia Philippa Strache ................................................................................................     81

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (48.)

Thema: „Auf in die Vereinigten Staaten von Europa. Europa jetzt Entschei­dungs-, Zukunfts-, und vor allem Verteidigungsfähig machen!“ .....................     85

Redner:innen:

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ..........................................................................     85

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................     91

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................     94

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................     98

Petra Steger .............................................................................................................  101

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  104

MEP Claudia Gamon, MSc (WU) .............................................................................  108

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  111

MEP Theresa Bielowski, BA MA .............................................................................  115

MEP Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG .................................................................  118

MEP Thomas Waitz .................................................................................................  121

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................  124

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ..........................................................  127

MEP Mag. Lukas Mandl ...........................................................................................  131

Robert Laimer ..........................................................................................................  133

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  136


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 6

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  139

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  142

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     35

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  145

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (1794 d.B.) „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“ (2032 d.B.) ...................  148

Redner:innen:

Peter Haubner ..........................................................................................................  148

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  150

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................  160

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  163

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................  165

Angela Baumgartner ...............................................................................................  170

MMag. DDr. Hubert Fuchs (tatsächliche Berichtigung) ......................................  168

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................  169

Peter Wurm ..............................................................................................................  180

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  187

Franz Leonhard Eßl ..................................................................................................  189

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  190

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................  192

Gabriel Obernosterer ...............................................................................................  195

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  197


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Bargeldversorgung und der An­nahmepflicht von Bargeld“ – Ablehnung ...........................................  157, 199

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Regierung muss endlich Blockade­haltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“ – Ablehnung ...  172, 200

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zum Schutz des Bargeldes und der unein­geschränkten Bargeldzahlung – Nein zum Masterplan der Bargeldab­schaffung in Österreich und der EU“ – Ablehnung ..........................  184, 200

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2032 d.B. ..........................................  199

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1929 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundes-Energieeffizienzgesetz 2023 erlassen wird und das
Energie-Control-Gesetz geändert wird (Energieeffizienz-Reformge­setz 2023 – EEff-RefG 2023) (2036 d.B.) ........................................................... 
200

Redner:innen:

Alois Schroll ..............................................................................................................  200

Tanja Graf ................................................................................................................  212

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  215

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) ................................................  219

Lukas Hammer .........................................................................................................  219

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  222

Alois Schroll (tatsächliche Berichtigung) ..............................................................  225

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  226

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  231

Walter Rauch ...........................................................................................................  238

Christoph Stark ........................................................................................................  241


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 8

Maximilian Linder ..............................  246, Fehler! Textmarke nicht definiert.

Johann Höfinger ......................................................................................................  269

Klaus Köchl ...............................................................................................................  270

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regierung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“ – Ablehnung ......................  204, 281

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz vorlegen“ – Ablehnung ...............................  229, 281

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 GOG hinsichtlich des Gesetzentwurfes in 2036 d.B. in zweiter Lesung/dritte Lesung ent­fällt (namentliche Abstimmung) ............................................................................  273

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...........................  279

3. Punkt: Antrag der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (3374/A) ..............  281

Redner:innen:

Andreas Kollross ......................................................................................................  282

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................  287

Walter Rauch ...........................................................................................................  290

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................  292

Michael Bernhard ....................................................................................................  295

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  297

Joachim Schnabel ....................................................................................................  300

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  303

MMag. Katharina Werner, Bakk. ...........................................................................  305

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..............................................................................  306


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 9

Peter Wurm ..............................................................................................................  309

Clemens Stammler ...................................................................................................  311

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwen­dung von Lebensmitteln im Handel!“ – Ablehnung ..........................  285, 314

Annahme des im Antrag 3374/A enthaltenen Gesetzentwurfes ....................  313

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien – Reihe BUND 2021/12 (III-276/2043 d.B.) ....................  314

5. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Dienstrechtliche und technische Um­setzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien –
Reihe BUND 2022/27 (III-739/2044 d.B.) ......................................................... 
314

Redner:innen:

Johann Singer ...........................................................................................................  314

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  317

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  320

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  322

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................  323

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................  326

Andreas Kühberger ..................................................................................................  331

Philip Kucher ............................................................................................................  333

Christian Lausch ......................................................................................................  336

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ........................................  338

Michael Seemayer ...................................................................................................  338

Andreas Kollross ......................................................................................................  340


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „transparente, zweckmäßige und sparsame Postenvergabe“ – Ablehnung ..............................................................  319, 342

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weg mit den neuen Generalsekretären in den Bundesministerien – Wiederherstellung des Rechtszustan­des von 2017“ – Ablehnung ................................................................  325, 342

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-276 und III-739 d.B. ..........................  341

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbe­richt 2022 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2022/44 (III-828/2042 d.B.)    342

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend FACULTAS DOM Buchhandels GmbH – Reihe BUND 2022/22 (III-691/2045 d.B.) ....................................................................  342

Redner:innen:

Hermann Gahr .........................................................................................................  343

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  345

Christian Lausch ......................................................................................................  346

David Stögmüller .....................................................................................................  348

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  350

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................  352

Hans Stefan Hintner ................................................................................................  357

Maria Großbauer .....................................................................................................  359

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-828 und III-691 d.B. ..........................  361

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 11

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 3365/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortige Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzung im Sudan (2034 d.B.) ...........................  361

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 3366/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage in Tunesien (2035 d.B.) ..............................................................................................  361

Redner:innen:

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  362

Nico Marchetti .........................................................................................................  366

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................  368

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  374

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  376

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  380

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  383

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  384

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  387

Alexander Melchior .................................................................................................  389

Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dauerhafter Waffenstillstand und Waffenembargo Sudan“ – Ablehnung ................................................  364, 391

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2034 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „sofortige Einstellung der bewaffneten Aus­einandersetzung im Sudan“ (323/E) .....................................................................  391

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2035 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die aktuelle Lage in Tunesien“ (324/E) .................  392

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 12

10. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3231/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl,
Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2020 d.B.) ............................................................................................................... 
392

11. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3229/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl,
Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz geändert wird (2021 d.B.) ...................................................................................................... 
392

12. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3232/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl,
Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2022 d.B.) ............................................................................................................... 
392

13. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3230/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl,
Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klubfinanzierungsgesetz 1985 geändert wird (2023 d.B.) ...............................................................................................................  393

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 2020, 2021, 2022 und 2023 d.B. in dritter Lesung ..........................................................................................................  393


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 13

Eingebracht wurden

Petitionen ................................................................................................................  146

Petition betreffend „höhere Mittel für Länder und Gemeinden aus dem Finanzausgleich, um den Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem 1. Lebensjahr umsetzen zu können“ (Ordnungsnummer 121) (überreicht von den Abgeordneten Petra Wimmer und Andreas Kollross)

Petition betreffend „Schluss! mit weiteren Einschränkungen der Verpa­ckung, der Bezeichnung oder anderer Angaben von Fisch-, Fleisch- und Milchalternativprodukten“ (Ordnungsnummer 122) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer und Mag. Faika El-Nagashi)

Bürgerinitiative .......................................................................................................  146

Bürgerinitiative betreffend „Aufnahme der SanitäterInnen/Notfallsani-täterInnen der Rettungsorganisationen in das NSchG analog der Ausnahmebestimmung für Feuerwehren!“ (Ordnungsnummer 58)

Regierungsvorlage .................................................................................................  145

2046: Bundesgesetz, mit dem ein Barrierefreiheitsgesetz erlassen sowie das Sozialministeriumservicegesetz geändert wird

Berichte ...................................................................................................................  146

III-947: Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen über die Tätigkeit im Jahr 2022; BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege, und Konsumentenschutz

III-948: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis April 2023;
BM f. Arbeit und Wirtschaft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 14

III-949: Bericht gem. § 2 Abs. 2 FEG über die Vollziehung der Bestim­mungen des Flughafenentgeltegesetzes im Jahr 2022; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbau von Hürden im Zuge von Kinderbetreuungsgeldanträgen (3375/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweiten Bildungs­weg für Pflegekräfte auch finanziell absichern (3376/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweiten Bildungs­weg für Pflegekräfte auch finanziell absichern (3377/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolventen der Pflegelehre (3378/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolventen der Pflegelehre (3379/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend MTD-Gesetz-
Novelle 2023 (3380/A)(E)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von sogenannten „Balkon-PV-Anlagen“ durch vollständige Umsatz­steuerbefreiung (3381/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (3382/A)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Immunität der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (3383/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Startup-Paket endlich abliefern statt leere Versprechen und Scheinmaßnahmen (3384/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 15

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung ei­ner integrierten, länderübergreifenden Infrastrukturplanung (3385/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Endlich Er­neuerbaren Beschleunigungsgesetz vorlegen (3386/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung des internationalen Zentrums für die Verfolgung von Verbrechen der Aggres­sion gegen die Ukraine (ICPA) (3387/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung des internationalen Zentrums für die Verfolgung von Verbrechen der Aggres­sion gegen die Ukraine (ICPA) (3388/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Betriebsübergabe erleich­tern: Endlich Maßnahmenpaket vorlegen! (3389/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Endlich echte Ent­politisierung des ORF (3390/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Corona-Aufarbei­tung: Wo bleiben die Frauen? (3391/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integration ab Tag 1 für Asylwerber:innen – Chancen bieten, Leistung fördern (3392/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ORF-Landesabgabe endlich abschaffen (3393/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderrechte-Monitoring (3394/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Misshandlungsvorwürfe gegen Polizist:innen im Innenministerium! (3395/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 16

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleiches Recht für alle statt Sonderpflanz Post-Betriebsverfassungsgesetz (3396/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Mitteleffizienz bei Bildungskarenz (3397/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfs­orientierte Deutschförderung und altersgerechte Sprachstandsfeststel­lung (3398/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen Zwangsheirat (3399/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung Schulen autochthoner Volksgruppen (3400/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begleitende Maß­nahmen für die aus dem Maßnahmenvollzug zu Entlassenden (3401/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes-Raum­ordnungsrahmengesetz schaffen (3402/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexibili­sierung von Netzentgelten und Tarifstrukturen (3403/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften (3404/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Damit sich Sparen wieder lohnt: KESt-Befreiung für die kleinen Sparer (3405/A)(E)

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Genehmi­gungen im Zusammenhang mit Sanktionsmaßnahmen in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens geändert wird (3406/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 17

Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der digitalen Souveränität durch flexibleren und vermehrten Einsatz von
Open-Source-Produkten (3407/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Folgeanfrage: Familienbeihilfe für Geflüchtete aus der Ukraine (15004/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Folgeanfrage: Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld für Geflüchtete aus der Ukraine (15005/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage: Kinderbetreuungsgeld für Geflüchtete aus der Ukraine (15006/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wirtschaftsspionage, elektronische und sonstige Spionage durch China, Russland – et alors? (15007/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Wirtschaftsspionage, elektronische und sonstige Spionage durch China, Russland – et alors? (15008/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gewerbeberechtigungen von Drittstaatsangehö­rigen (15009/J)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausbau der Höheren tech­nischen Lehranstalten (Folgeanfrage) (15010/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 18

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Auszahlung Kommunales Investitionsprogramm (KIG) 2023 (15011/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Afrikareise des Bundeskanzlers und Erstellung einer Afrikastrategie (15012/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Österreich liest. Treff­punkt Bibliothek (15013/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend SS-Symbol und Werbung für Neonazi-Band auf Autofenster (15014/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Mutterschutz in Operationssälen (15015/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Evaluierung der
Fair-Pay-Pilotphase (15016/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Anmelde- und Absolvent:innen-Zahlen der Elementarpädagogik-Ausbildungen (15017/J)

Andreas Kühberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wölfe und Bären
in Zoos und Tierparks (15018/J)

Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Inneres betreffend Szenen von Polizeigewalt in Wien Simmering 7. Mai 2023 (15019/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausmaß der Bereicherung während der Kassenfusionen (15020/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 19

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betref­fend Liegenschaftsverkäufe durch die Bundesforste AG: Wie verhindert der Landwirtschaftsminister den Ausverkauf der Republik? (15021/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie betreffend Österreichische Beteiligung am südlichen Wasserstoffkorridor (15022/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausgabe digitaler
Endgeräte (15023/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Künstliche Intelligenz
in Bildung und Wissenschaft (15024/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Geplante Verschlechterung bei den Kündigungsfristen
für Arbeiter:innen (15025/J)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Schwimmunterricht und Schwimmkurse in Österreich (15026/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Großeinsatz gegen die rechtsextreme Szene im Mai 2023 (15027/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Großeinsatz gegen die rechtsextreme Szene im Mai 2023 (15028/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 20

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Folgeanfrage: Auszahlung Kommunales Investitionsprogramm
(KIG) 2020 (15029/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Wie viele Sender braucht ein privatisierter ORF, damit Interviews mit ÖVP-Politiker:innen ungekürzt und
zur Zufriedenheit der ÖVP gesendet werden können? (15030/J)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schwimmunterricht und Schwimmkurse in Österreich (15031/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Externe medizinische Behandlung von Häftlingen (15032/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug (15033/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Impfstoffüberwachungs-App (15034/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Impfstoffüberwa­chungs-App (15035/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Impfstoffüberwachungs-App (15036/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Impf­stoffüberwachungs-App (15037/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Chaos um die GECKO (15038/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 21

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Honig­ersatzprodukte (15039/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Honigersatz­produkte (15040/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend 3.000 € futsch? Wirt zahlte 9 Jahre lang doppelte GIS (15041/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Käfigeier zu Ostern (15042/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend 81 % der Österreicher lehnen
das Gendern ab (15043/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend 657 Lehrerstellen in Ober­österreich nicht besetzt (15044/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausbildung für Gebärdensprach-Dolmetscher (15045/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Regionalexpress sollte auch in Langenwang stehen bleiben! (15046/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 22

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ausstehender Prozess gegen Andre Heller (15047/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Todesopfer auf S4 – Ermittlungen gegen BM Gewessler (15048/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Covid-19-Impfstoff – Ermittlungen und „Klagen“ auf EU- und na­tionaler Ebene (15049/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Atypische Beschäftigung nimmt am ös­terreichischen Arbeitsmarkt zu (15050/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Messerattacke in der Straßenbahn Margaretengürtel (15051/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Messerattacke-Wiener U4-Station Margaretengürtel (15052/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Langzeitbeschäftigungslose Personen
Jänner bis April 2023 (15053/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Langzeitarbeitslose Personen Jänner bis
April 2023 (15054/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Energie beschert den Wiener Stadtwerken hohe Gewinne (15055/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 23

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VAV Wohnbarometer: Hohe Energiepreise – der Spardruck wird größer (15056/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Drag-Queens
bei grünen Ministern (15057/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Drag-Queens bei grünen Ministern (15058/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zugänge und Abgänge Arbeitslosigkeit
Jänner bis April 2023 (15059/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend AUA: EDV verwei­gert Bordkarte, Airline Entschädigung (15060/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Offenkundige Zahlungsunfähigkeit und Anzahl der Fälle seit dem
1. Jänner 2023 (15061/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zeitspanne der Langzeitarbeitslosigkeit
Jänner bis April 2023 (15062/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: UNIQA – Klausel zum Unterjährigkeitszuschlag ist unzulässig (15063/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zeitspanne der Langzeitbeschäftigungs­losigkeit Jänner bis April 2023 (15064/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 24

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse (15065/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Genderzwang
im Fördervertrag zwischen BMSGPK und VKI (15066/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Energiebezugsvertrag der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) (15067/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Energiebezugsvertrag des BMSGPK (15068/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Folgeanfrage zu 12582/AB betref­fend Sperre von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe 2020 bis 2022 (15069/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Besetzung Präsident:in Bundesverwaltungsgericht (15070/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Besetzung Leitung Bundeswettbewerbsbehörde (15071/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entlassungen aus dem Maßnahmenvollzug (15072/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Grundlagen für
die telemedizinische Versorgung (15073/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozial­versicherung: Offenlegung der Gebarungsvorschaurechnungen (05/2023) (15074/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 25

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wechsel des Kärntner LVT-Leiters Tauschitz ins BMI und der wun­dersame Weg der „Fachexpert:innen“ (15075/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage: Unterbringung von Asylwerber:innen
in Spielfeld (15076/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Käfigeier zu Ostern (15077/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geschäfte der Republik mit Abu Dhabi: Rückverkauf
von OMV Borealis-Anteilen an Adnoc? (15078/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Unterlassen des Innenministeriums rund um „Fein­deslisten“ und Anschlagsplan auf das Volksstimme-Fest durch einen Neonazi (15079/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafprozess im Zusammenhang mit dem geplanten An­schlag
auf das Volksstimme-Fest (15080/J)

*****

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend Kosten für Auslandsreisen – follow-up (74/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausmaß


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 26

der persönlichen Bereicherung während der Kassenfusionen
(14993/J) (Zu 14993/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (14035/AB zu 14529/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf
die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kolle­gen (14036/AB zu 14513/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14037/AB zu 14524/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen
(14038/AB zu 14528/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (14039/AB zu 14523/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14040/AB zu 14527/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14041/AB zu 14530/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (14042/AB zu 14539/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14043/AB zu 14525/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 27

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14044/AB zu 14531/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14045/AB zu 14522/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14046/AB zu 14521/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14047/AB zu 14532/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14048/AB zu 14533/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen
(14049/AB zu 14546/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kollegin-nen und Kollegen (14050/AB zu 14538/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14051/AB zu 14526/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (14052/AB zu 14535/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (14053/AB zu 14544/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14054/AB zu 14536/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 28

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen
(14055/AB zu 14541/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen
(14056/AB zu 14542/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14057/AB zu 14537/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (14058/AB zu 14543/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (14059/AB zu 14545/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Ames­bauer, BAKolleginnen und Kollegen (14060/AB zu 14540/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolle­ginnen und Kollegen (14061/AB zu 14786/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (14062/AB zu 14534/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (14063/AB zu 14549/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14064/AB zu 14552/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 29

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (14065/AB zu 14742/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14066/AB zu 14547/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14067/AB zu 14548/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (14068/AB zu 14550/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (14069/AB zu 14551/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (14070/AB zu 14555/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolle­ginnen und Kollegen (14071/AB zu 14559/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kolle­gen (14072/AB zu 14563/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kolle­gen (14073/AB zu 14556/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die An­frage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen (14074/AB zu 14554/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14075/AB zu 14558/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 30

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14076/AB zu 14557/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und
Kollegen (14077/AB zu 14598/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (14078/AB zu 14567/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (14079/AB zu 14553/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und
Kollegen (14080/AB zu 14595/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (14081/AB zu 14659/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (14082/AB zu 14564/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (14083/AB zu 14603/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (14084/AB zu 14562/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14085/AB zu 14560/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 31

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und
Kollegen (14086/AB zu 14601/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und
Kollegen (14087/AB zu 14594/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14088/AB zu 14561/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (14089/AB zu 14566/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abge­ordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (14090/AB zu 14596/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14091/AB zu 14606/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stepha­nie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14092/AB zu 14571/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14093/AB zu 14573/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14094/AB zu 14585/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (14095/AB zu 14565/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14096/AB zu 14582/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 32

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14097/AB zu 14576/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (14098/AB zu 14604/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen
(14099/AB zu 14586/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (14100/AB zu 14715/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (14101/AB zu 14680/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kol­leginnen und Kollegen (14102/AB zu 14751/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (14103/AB zu 14614/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirt­schaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen
und Kollegen (14104/AB zu 14588/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (14105/AB zu 14599/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 33

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14106/AB zu 14593/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (14107/AB zu 14589/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (14108/AB zu 14591/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und
Kollegen (14109/AB zu 14581/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14110/AB zu 14583/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (14111/AB zu 14569/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14112/AB zu 14578/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (14113/AB zu 14570/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14114/AB zu 14574/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (14115/AB zu 14587/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 34

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (14116/AB zu 14592/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (14117/AB zu 14600/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf
die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14118/AB zu 14577/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kol­leginnen und Kollegen (14119/AB zu 14580/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (14120/AB zu 14611/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (14121/AB zu 14597/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kol­leginnen und Kollegen (14122/AB zu 14584/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (14123/AB zu 14579/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (14124/AB zu 14602/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (14125/AB zu 14622/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (68/ABPR zu 67/JPR)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 35

09.05.05Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Norbert Hofer.

09.05.06*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf Sie recht herzlich zur 213. Sitzung des National­rates begrüßen, die ich hiermit für eröffnet erklären darf.

Ich grüße den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler und die Frau Staats­sekretärin. Mein Gruß gilt weiters den Journalistinnen und Journalisten
und unseren Besucher:innen auf der Galerie, aber natürlich auch den Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen.

Die Amtlichen Protokolle der 211. und der 212. Sitzung vom 12. Mai 2023 sind aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Martina Kaufmann, MMSc BA, Dr. Reinhold Lopatka, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Petra Bayr, MA MLS,
Cornelia Ecker, Julia Elisabeth Herr, Alois Kainz, Herbert Kickl, Mag. Philipp Schrangl, Dr. Elisabeth Götze und Dr. Nikolaus Scherak, MA.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Bundeskanzleramt hat mitgeteilt, dass heute die Mitglieder der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgendermaßen vertreten werden:

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher bis Mittag durch Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration


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und Medien MMag. Dr. Susanne Raab durch Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek.

*****

Weiters darf ich darauf hinweisen, dass im Couloir eine Ausstellung zu Ziel 13 der SDGs – Maßnahmen zum Klimaschutz – ausgerichtet wurde.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird, dann von ORF III bis 19.15 Uhr und anschließend in der TVthek.

09.06.44Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Preisstopp – Steuerstopp – Sanktionsstopp! Wann setzt die Regierung endlich echte Maßnahmen gegen die Kostenlawine?“

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. Sie weiß, ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte sehr.


09.07.02

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe
geplagte Steuerzahler vor den Fernsehgeräten oder auch hier auf der Galerie! Herr Bundeskanzler, schön dass Sie sich die Zeit genommen haben, heute hierherzukommen! Das ist auch nicht immer selbstverständlich. Es wäre für Sie aber vielleicht ganz gut, wenn Sie manchmal zur Bevölkerung rausgehen
würden, dann würden Sie nämlich merken (Abg. Leichtfried: Wir hören nichts!), warum es so dringend notwendig ist, auch heute wieder eine Debatte
über das Thema Nummer eins in dieser Republik zu führen (Abg. Leichtfried: Herr Präsident! Man hört nichts!), nämlich über diese massive Inflation - -



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! Es ist akustisch unverständlich. (Rufe bei der SPÖ: Der Ton ist nicht in Ordnung!) Können Sie von der Tech­nik bitte schauen, dass man das hinten versteht? (Abg. Leichtfried: Man versteht es vorne auch nicht! – Ruf bei den Grünen: Weil die Aussagen unverständlich
sind! – Abg. Belakowitsch: Das geht aber nicht auf meine Redezeit!)
 – Ja, die Rede­zeit wird gestoppt; ich setze sie noch einmal zurück. (Abg. Obernosterer –
in Richtung Abg. Belakowitsch –: Wie der Präsident auf Sie schaut!)


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Geht es jetzt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Passt es jetzt? – Danke!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! (Rufe: Nein!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es funktioniert nicht! Es war schon bei mir schlecht. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS. – Abg. Leicht­fried: Vielleicht können wir unterbrechen? Also wenn es sogar beim Präsi­denten schlecht ist, müssen wir unterbrechen! – Ruf bei den Grünen: ... drehen die Mikrofone zurück! – Abg. Michael Hammer: Könnten wir gleich eine Verschwö­rungstheorie bauen!) Könnte man die Einstellung vielleicht einmal gleich lassen? – Probieren Sie es noch einmal!


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Geht es jetzt? (Abg. Leichtfried: Nein!) Einen schönen guten Morgen! Hört man mich? – Immer noch nicht. Das ist das Blackout im Parlament. (Abg. Leichtfried: Es ist schon ein
schöner guter Morgen!) 
– Na ja. (Abg. Leichtfried: Aber man versteht es nicht! – Abg. Kassegger: Herr Präsident! Zur Geschäftsordnung! – Abg. Leichtfried: Können
wir unterbrechen? – Abg. Krainer: Das gehört renoviert! Müssen wir da
jetzt renovieren?)

9.08



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeord­neter Kassegger. – Bitte.

*****


09.08.46

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche Sie, die Sitzung zu unterbrechen und die Tonanlage in Ordnung zu bringen, bitte.

9.08

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung, bis die Technik funktioniert. (Abg. Kassegger: Danke!)

09.08.59*****

(Die Sitzung wird um 9.08 Uhr unterbrochen und um 9.11 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

09.11.40Fortsetzung der Aktuellen Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und Frau Abgeordneter Belakowitsch das Wort erteilen. – Bitte.

Ich hoffe, dass die Technik funktioniert.


9.11.51

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Ich hoffe, man hört mich jetzt. (Rufe: Ja! – Beifall bei der FPÖ.) Herr Präsident, vielleicht sollte man das
morgen gleich in der Früh ausprobieren, denn wir haben morgen einen interna­tionalen Gast hier im Parlament. Es wäre eher unangenehm und peinlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 39

vor der Präsidentin des EU-Parlaments, würde das Mikrofon nicht funktionie­ren – das vielleicht gleich im Hinterkopf behalten!

Herr Bundeskanzler, wir reden heute zum wiederholten Mal über das Thema Teuerung, und zwar weil Sie als Bundeskanzler ja offensichtlich nicht willens sind, dieses Thema zur Chefsache zu erklären. Die Regierung wurschtelt weiter, als gäbe es kein Morgen. Die geprüften und geplagten Steuerzah­ler daheim merken das tatsächlich jeden Tag, wenn sie einkaufen gehen, an der Supermarktkassa, an der Tankstelle oder wenn sie ihre Strom- und Gas­abrechnungen bekommen. Das ist die Folge dieser Politik, die Sie zu verantwor­ten haben, Herr Bundeskanzler!

Was haben Sie noch zurückgelassen? – Sie haben ein ruiniertes Gesundheits­system, ein ruiniertes Pflegesystem zurückgelassen. All das sind Folgen der Politik der letzten dreieinhalb Jahre, deren Teil Sie waren, und Sie sind im­merhin seit zwei Jahren Bundeskanzler dieser Republik.

Man darf auch nicht vergessen – und das ist ganz in Ihrem Verantwortungs­bereich gewesen –: Österreich ist ein Asylmagnet geworden. Auch das sind Kosten, die explodiert sind. Sie haben Analphabeten und keine Arbeitskräfte ins Land geholt. Wir haben einen Fachkräftemangel, aber Sie holen Analphabeten ins Land. Auch dafür sind Sie verantwortlich, Herr Bundeskanzler!

Warum gibt es diese enorme Inflation bei uns, die höchste Inflation in der Euro­zone, Herr Bundeskanzler? Das fällt ja nicht vom Himmel. Das ist nicht einfach etwas, das schicksalhaft hinzunehmen ist, das hat schon auch Ursachen, und hinsichtlich dieser Ursachen, meine Damen und Herren, sind Sie alle
hier herinnen von der Einheitspartei, die sich aus den Regierungsparteien, der SPÖ – die Sozialisten grundeln momentan ohnehin irgendwo zwischen
Marx und Murks herum und können sich nicht entscheiden, in welche Richtung sie gehen wollen – und den NEOS zusammensetzt, ganz, ganz still.


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Die Ursache war nämlich die Lockdownpolitik. Sie haben das Land von einem Lockdown in den anderen geführt. Sie haben die Wirtschaft runterge­schraubt, die Wirtschaftsleistung kaputt gemacht. Das haben Sie in diesem Land gemacht. Das haben Sie den Österreicherinnen und Österreichern angetan,
Herr Bundeskanzler, gemeinsam mit Ihren Regierungsmitgliedern. Die Bürgerin­nen und Bürger konnten überhaupt nichts mehr machen. Und dann wun­dern Sie sich, dass die Energiepreise in die Höhe gegangen sind.

Herr Präsident, meine Zeit (auf die Uhr am Redner:innenpult deutend) läuft ir­gendwie nicht. – Danke schön. (Abg. Kassegger: Du hast erst 30 Sekun­den gesprochen! 30 Sekunden!) Nur zur Sicherheit für die Bürger:innen daheim, weil er mich sonst irgendwann mitten im Satz abdreht, und das wäre ja auch unangenehm, meine Damen und Herren.

Da ist die Kaufkraft jedenfalls hinuntergefahren worden.

Das Zweite, das Sie dann gemacht haben: Sie haben das Land in einen Wirt­schaftskrieg hineingeführt, Herr Bundeskanzler, natürlich alternativlos,
genauso wie Sie es bei Corona gesagt haben, alles alternativlos. Sie haben sich hierhergestellt: Wir werden sehen, Russland wird unter diesen Sanktionen leiden! – Nein. Wir wissen, wer heute unter diesen Sanktionen leidet:
Die österreichische Bevölkerung leidet unter diesen Sanktionen, während die russische Wirtschaftsleistung steigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was haben Sie noch gemacht? – Sie haben eine grüne Inflation über das Land drübergefegt, indem sie Kohle und Gas verteufelt haben und glauben, Sie können jetzt mit irgendwelchen falsch verstandenen Erneuerbare-Energie-Re­formen plötzlich sauberen Strom produzieren. Sie wissen, dass es nicht
geht. Schauen Sie sich das doch an! Natürlich sind wir nach wie vor von fossilen Energieträgern abhängig.

Das ist falsch verstandene Energiepolitik, die Sie da betreiben. Das geht eben nicht von heute auf morgen. Das kann nur dann funktionieren, wenn es


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nicht zulasten der Bevölkerung geht, und auch da haben Sie die Verantwortung, Herr Bundeskanzler. Sie haben nichts dagegen gemacht.

Heute stellen Sie sich bei der Coronapolitik hierher und sagen, Sie waren es nicht, Sie sind zu expertenhörig gewesen, Sie waren eh alle nicht dabei.
Es war die SPÖ nicht dabei, es waren die NEOS nicht dabei, es waren die Grü­nen – da weiß man es nicht genau – vielleicht nicht dabei. Genau das
Gleiche werden Sie irgendwann hier herinnen sagen müssen: Bei den Sanktionen werden Sie dann auch sagen, Sie waren eh nicht dabei und Sie haben eigent­lich eh nur auf die Experten gehört. Genauso bei der grünen Inflation,
bei der grünen Energie: Auch da werden Sie sich irgendwann einmal hierhin­stellen und sagen, eigentlich waren Sie gar nicht dabei.

Das ist das Problem: dass Sie, wenn Sie Ihre Fehler machen, immer erst Jahre später draufkommen, dass Sie nicht dabei waren – und das ist ein Fehler,
den Sie da machen, Herr Bundeskanzler. Sie merken gar nicht, was Sie dem Land antun und wie es in dem Land ausschaut, weil Sie nicht mehr zur Bevölke­rung rausgehen, weil Sie nicht mehr das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bür­gern suchen. Sie trauen sich gar nicht, das Gespräch zu führen, weil Sie
dann nämlich erkennen würden, dass die Armut im Mittelstand angekommen ist und dass man diese Armut mit Arbeit nicht bekämpfen kann. Wissen Sie eigentlich, wie viele Bürgerinnen und Bürger kein Einkommen zum Auskommen haben? Die gehen 40 Stunden arbeiten und können sich ihr Leben trotzdem kaum noch leisten. Sie müssen jeden Euro fünfmal umdrehen und wis­sen trotzdem nicht, wie sie ihren Kindern noch die Schuljause oder die Schul­hefte bezahlen sollen.

Da muss man aber die SPÖ auch gleich mit ins Boot holen, denn da, wo die SPÖ, wo die Sozialisten regieren, sieht man – in Wien beispielsweise wurde vor zwei Tagen das Essensgeld in den Kindergärten und Horten für alle Kinder ange­hoben (Zwischenruf des Abg. Loacker–: Da, wo die SPÖ das Sagen hat, gibt es für alle Familien Zusatzbelastungen – neben den Mieterhöhungen, die man in Wien hätte aussetzen können, neben der Verdoppelung der Eintrittspreise


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in den Wiener Schwimmbädern. Überall ist die SPÖ dabei. Die tut also nur so, als könnte sie es. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sie haben bewiesen, liebe
SPÖ: Sie können es auch nicht! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihr Arbeitsminister, Herr Bundeskanzler, hat vor eineinhalb Jahren hier herinnen gesagt, wir müssen ja akzeptieren, dass wir alle etwas ärmer werden. Na
dann schauen wir uns an, wer denn ärmer geworden ist: Sind Sie (in Richtung Bundeskanzler Nehammer) ärmer geworden? – Nein. Der Arbeitsminister? – Nein. Die Handelsriesen?
 – Nein. Die Energiekonzerne? – Nein. Die alle sind nicht ärmer geworden, und jetzt gehen Sie her und glauben, Sie können der Bevölkerung wieder Sand in die Augen streuen, indem Sie sagen: Ja, die Überge­winne holen wir uns jetzt auch noch ins Finanzministerium!, obwohl Sie ja
schon die massiven Mehrwertsteuermehreinnahmen im Finanzministerium bun­kern und horten.

Herr Bundeskanzler, es sind schwarze und rote Manager bei diesen Energiekon­zernen, und die müssten Sie in die Pflicht nehmen, damit die Preise sinken.
Die Preise müssen endlich runter – und nicht auch noch die Überge­winne abschöpfen und irgendwo im allgemeinen Budget versickern lassen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch der falsche Ansatz, den Sie da haben. Da kennt sich ja wieder niemand aus. Deswegen haben sich die Leute ja immer noch nichts erspart. Dann gehen Sie her und sagen gönnerhaft: Na, das kriegen irgendwelche Gemein­den, wenn sie die Gemeindegebühren nicht erhöhen! – Herr Bundeskanzler, die Gemeindegebühren kann man auch so einfrieren, da müssen Sie nicht die Übergewinne hernehmen. Hören Sie endlich auf, irgendetwas hin- und herzu­jonglieren und den Leuten einzureden, Sie seien tätig! Die Bürger spüren
es ja ohnehin, dass da nichts weitergeht.

Das Einzige, das Sie machen, ist: Sie sind groß und wichtig in der EU. Sie glauben, dort müssen Sie jetzt die westlichen Werte verteidigen. Irgendwo in der
Ukraine verteidigen Sie dann die europäischen, westlichen Werte und lassen


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tatsächlich die Leute im eigenen Land mit ihren Sorgen, mit ihren Proble­men und mit ihren Existenzängsten alleine. Die Leute haben inzwi­schen Existenzängste. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) – Sie können rein­schreien, Frau Kollegin, denn Sie haben es schon einmal gesagt: Sie sind davon überzeugt, die ganze Teuerung ist nur von der Opposition herbeigeredet. Das ist auch ein Zugang. Man kann auch den Kopf in den Sand stecken
und eben nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern reden. (Beifall bei der FPÖ.)

Was, Herr Bundeskanzler, aber eigentlich wirklich schon vor Monaten hätte passieren müssen – spätestens gestern; machen Sie es heute endlich! –:
runter mit der Mehrwertsteuer, weg mit der Mehrwertsteuer, ein Aussetzen bei den Grundnahrungsmitteln.

Wenn Sie glauben, dass Sie damit irgendwelche internationalen Produzenten fördern, Herr Bundeskanzler, dann machen Sie es bei heimischen Lebens­mitteln, bei Lebensmitteln, die tatsächlich in Österreich produziert worden sind! Damit schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Grundnahrungsmittel
sind billiger, und den Bauern bleibt auch noch mehr im Geldbörsl, Herr Bundeskanzler. Das ist ein wichtiger Ansatz. (Zwischenruf des Abg. Eßl. – Abg. Loacker: Den Bauern ...!)

Weg mit Ihren neuen Steuern! Es ist ja so: In dieser Inflation kommen Sie mit einer CO2-Abgabe daher – die wollen Sie jetzt auch noch verdoppeln,
hat Frau Gewessler gesagt –, bis hin zu einer neuen ORF-Haushaltsabgabe – zusätzliche Belastungen für einen Haushalt. Auch da: Weg damit! Aus­setzen! Weg! Ersatzloses Streichen! Braucht kein Mensch! (Beifall bei der FPÖ.)

Aussetzen der Mineralölsteuer, Halbieren der Mehrwertsteuer auf all die Energiepreise! Alle Energiekonzerne – ich habe es schon gesagt – sind in roter und schwarzer Hand. Die müssen Sie sich zur Brust nehmen, die müssen
die Preise jetzt endlich einfrieren. Deckel drauf auf die Energiepreise, Herr Bun­deskanzler! Das sind Maßnahmen, die die Inflation drücken würden.


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Und das sind auch Maßnahmen, die andere Länder in Europa gesetzt haben. Das sind dann die Länder, die mindestens ein Drittel weniger bis hin zur Hälfte der Inflation von Österreich haben. Es kommt nämlich nicht von ungefähr und es fällt nicht vom Himmel, dass es Österreich ist, das die höchste Inflation überhaupt in der Eurozone hat. Das sind die nicht gesetzten Maßnahmen; das ist von Ihnen politisch gewollt, weil Sie genau wissen, die Mehreinnahmen
aus der Mehrwertsteuer sprudeln dem Finanzminister ins Finanzministerium hi­nein. Sie können damit die Coronalöcher stopfen, die Sie aufgerissen haben. Über 50 Milliarden Euro sind da für völlig sinnlose Maßnahmen rausgeflossen.

Daher sage ich Ihnen jetzt in meinem Schlusssatz – ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident –: Weg mit dieser grünen Inflation und Schluss mit diesen sinnlosen Russlandsanktionen, Herr Bundeskanzler! Kommen Sie endlich ins Handeln für die eigene Bevölkerung, für die eigenen Bürger, Herr Bundes­kanzler! Die brauchen es ganz, ganz dringend! (Beifall bei der FPÖ.)

9.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.

*****


9.22.13

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent, ich schlage vor, dass wir in der nächsten Präsidialkonferenz auch darüber reden, dass ein Klub – und es geht ja der Stärke der Fraktion nach im Rad – eine Aktuelle Stunde verlangt und da Klubobmann Kickl aufscheint ,
dass er diese Aktuelle Stunde nach unserer Geschäftsordnung verlangt hat, aber dann selber nicht anwesend ist. Er ist entschuldigt, zum 23. Mal in dieser Legislaturperiode (Ah-Rufe bei der ÖVP) – da sind die Zuweisungssitzungen nicht eingerechnet –; zum 23. Mal ist Herr Klubobmann Kickl bei einer regulären Sitzung entschuldigt. Er fehlt dann bei seiner eigenen Aktuellen Stunde (Zwischenruf des Abg. Deimek), zu der er das Verlangen gestellt hat. Das ist eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 45

Missachtung des Parlaments, das werden wir diskutieren müssen. (Beifall
bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

9.23

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundes­kanzler. – Bitte sehr.


9.23.18

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben erst vor Kurzem hier im Hohen Haus das tatsächlich wichtige Thema Teuerung und Inflation diskutiert, die Argumente dazu ausgetauscht. Es ist eigentlich erst wenig Zeit vergangen, das heißt, die Argumente ähneln einander ein wenig, auch jene, die ich jetzt gerade gehört habe – sie werden aber nicht dadurch
wahrer, dass man sie ständig wiederholt. (Rufe bei der FPÖ: Ja! – Abg. Wurm: 10 Prozent!)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, gleich zu Beginn: Österreich hat nicht die höchste Inflation innerhalb der Eurozone. (Abg. Loacker: Mama, die anderen haben auch ...!) Das ist inhaltlich falsch, und es ist auch ein Stück weit ein Zeichen
dafür, dass es sich immer wieder lohnt, doch Zahlen, Daten, Fakten in einer Dis­kussion und in einer Frage zu checken, die tatsächlich sehr emotional sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass Inflation und Teuerung die Menschen sehr belasten, auch die Wirtschaft, die Bäuerinnen und Bauern, die Pensionistin­nen und Pensionisten, die Familien. Und ja, es ist Aufgabe der politisch Verantwortlichen, Maßnahmen dagegen zu setzen und zu handeln. Auch da lohnt sich einfach ein Faktencheck – keine Behauptung des Bundeskanz­lers, sondern der Statistik Austria. All das, was ich Ihnen jetzt sage, ist nachzulesen – weil ich glaube, dass es wichtig ist, in einer emotionalen Frage


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 46

eben auch die Wirklichkeit darzustellen, um dann daraus wieder die nächsten Ableitungen zu treffen. (Abg. Kassegger: Jetzt bin ich gespannt!)

Ein messbares Thema ist, dass wir die Kaufkraft in Österreich nicht gesenkt, sondern gestärkt haben. Sie haben vorhin gesagt, es gibt weniger Kauf­kraft in Österreich. – Das ist nicht wahr. (Abg. Belakowitsch: Das habe ich noch nicht einmal gesagt! Sie haben nicht einmal zugehört!) Es ist bei der Statistik
Austria nachzulesen: Die Kaufkraft ist um 3,1 Prozent gestiegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was bedeutet der Begriff Kaufkraft an sich? – Das ist ein technischer
Begriff (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen), er heißt nichts anderes, als dass die Menschen ausreichend Einkommen zur Verfügung haben, um eben auch eine schwierige Situation wie die Teue­rung zu bestehen. Und die - - (Abg. Schnedlitz: Wiederholen Sie das noch einmal für die Zuseher zu Hause, die sich nichts mehr leisten können!) – Ich habe gerade
einen Zwischenruf des Generalsekretärs der FPÖ bekommen, der die Statistik Austria in Zweifel zieht und sagt, die Zahlen seien falsch. (Abg. Belako­witsch: Das hat er nicht gesagt! Ich glaube, Sie brauchen einen Ohrenarzt!) Man kann es gerne nachlesen, es nützt einfach, sich damit auseinanderzusetzen. (Abg. Schnedlitz: Wiederholen Sie das noch einmal für die Zuseher zu Hause!) Was
Sie verwechseln, Herr Generalsekretär von der Freiheitlichen Partei, ist, dass das eine das Faktische ist, das andere ist das Erlebte. (Abg. Kassegger: Das stimmt
ja nicht!)
Und die erlebte Teuerung ist überall sichtbar und spürbar.

Die Frage ist – und der wollen wir uns heute inhaltlich stellen –: Können die Menschen dennoch ihr Leben bestreiten? Das ist unsere wichtigste
Aufgabe, genauso wie unsere wichtige Aufgabe in der Politik folgende ist: Schaffen wir Rahmenbedingungen dafür, dass Wirtschaften möglich ist! Wir hat­ten die letzten zwei Jahre trotz Pandemie und trotz Kriegs in der Ukraine
ein Wirtschaftswachstum von 10 Prozent, wenn man beide Jahre zusammenzählt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir hatten ein höheres


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Wirtschaftswachstum als die Bundesrepublik Deutschland. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Woran kann man auch das wieder messen? Auch das sind keine Bundeskanzler­zahlen, sondern sie sind einfach nur nachzulesen. – Die freiheitliche Fraktion
ist hier sehr aufgeregt und schreit immer wieder heraus (Abg. Belakowitsch: Gar nicht aufgeregt!), aber das ist aus meiner Sicht eigentlich gar nicht notwen­dig, denn wir sind in einer schwierigen Phase, und es lohnt sich einfach in einer Demokratie (Abg. Schnedlitz: War das jetzt ... oder Psychopharmaka?! –
Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen),
den Argumenten auch zuzuhören, sie auszutauschen, anstatt die Menschen dadurch zu verunsichern, dass
man den Streit prolongiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bleiben wir aber dabei, auch da wieder der Faktencheck: Wir haben uns in Ös­terreich vorgenommen, diese Bundesregierung hat sich vorgenommen,
die Kaufkraft und die Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort zu stärken. Es gibt 200 000 offene Stellen. Die größte Angst war, dass wir das Thema Arbeits­losigkeit als Bedrohung bekommen; das wurde vermieden. Ganz im
Gegenteil, wir, die Wirtschaft, die Industrie, die Unternehmerinnen und Unter­nehmer bis hin zu den Kleinstbetrieben, suchen händeringend nach Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern.

Und ja, weil das heute auch angesprochen worden ist – auch da können Sie Zahlen, Daten, Fakten checken –: Es ist tatsächlich wertvoll und sinnvoll, alles zu unternehmen, um in den Arbeitsprozess zu kommen, denn der Arbeitsprozess schützt auf jeden Fall besser vor Armut, als wenn man nicht arbeiten geht.
(Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Belakowitsch hat aber auch ein Themenfeld angesprochen, das wir sehr ernst nehmen, nämlich dort, wo Betroffenheitslagen sind,
trotz eines engmaschigen sozialen Netzes, das es in Österreich gibt – ja, darauf können wir in dieser Republik tatsächlich stolz sein. Es gibt aber Maschen,
die zu groß sind: in schwierigen Situationen, bei Alleinerzieher:innen,


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eben gedrückt durch Teuerung und Inflation. Da müssen wir helfen und müssen auch etwas tun, und das haben wir getan, indem wir das Paket gegen Kin­derarmut beschlossen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist eine wichtige Maßnahme – eine Maßnahme, die unmittelbare finanzielle Hilfe darstellt. Auch da lohnt es sich wieder, einfach nur hinzuschauen, was passiert: Das sind 60 Euro im Monat mehr für Kinder. Ich sage auch gleich dazu, es ist jetzt auch die Verantwortung der Eltern dieser Kinder, darauf
zu achten, dass dieses Geld auch entsprechend eingesetzt wird und tatsächlich auch den Kindern zugutekommt. (Abg. Hafenecker: Ja, für die CO2-Steuer
zum Beispiel! ...! Ist ja mit den Grünen beschlossen worden! – Abg. Erasim: Machen Sie eine gescheite Politik!)

Dieses Thema ist aus meiner Sicht ganz wesentlich. Die Eigenverantwortung ist immer ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Demokratie.
Es ist eben wichtig, beide Parameter zu nennen. Es muss auf der einen Seite dort geholfen werden, wo Hilfe notwendig ist, und auf der anderen Seite müssen
wir auch weiterhin alles daran setzen, Arbeit zu entlasten, und auch daran, dass sich mehr zu arbeiten lohnt, und vor allem daran, dass sich länger zu arbei­ten, über das Pensionsantrittsalter hinaus, lohnt. Auch das sind Ziele von mir als Bundeskanzler, die weiter verfolgt werden müssen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Teuerung ist tatsächlich ein strukturelles Thema. Es ist etwas passiert, angesichts dessen wir in der Bundesregierung gemeinsam beschlossen haben, da nicht länger zuzusehen. Letztes Jahr war es tatsächlich so, dass die Strom­preise sich völlig verrückt entwickelt haben, dass für die Megawatt­stunde 500 Euro und mehr verlangt worden sind. Sie können sich alle noch erinnern, welche Verwerfungen das sogar in Österreich mit sich gebracht hat – denken wir an das Thema Wien Energie. Das war also eine bedrohliche
Situation in der Frage der Energieversorgungssicherheit.


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Faktum ist aber jetzt genauso, dass nun – Monate später – die Lage eine völlig andere ist. Die Strompreise sind am Großhandelsplatz zurückgegangen,
und zwar deutlich zurückgegangen, und die Produzenten geben das nicht an die Kundinnen und Kunden weiter – ganz egal ob an die Haushalte, an die Wirtschaft oder an landwirtschaftliche Betriebe. (Abg. Wurm: So wie die Tiwag!) Wir haben zwei verschiedene Maßnahmen gesetzt, um dem
entgegenzuwirken:

Zum einen ist das eine Maßnahme für Mehrpersonenhaushalte, die jetzt schon länger gilt, nämlich die Stromkostenbremse. Die Stromkostenbremse soll
dazu führen, dass die Menschen nicht durch zu hohe Energiepreise belastet sind. Das hat auch gegriffen und funktioniert. Einzelne Bundesländer haben
sogar noch zusätzliche Leistungen dazugelegt, damit die Haushalte tatsächlich unterstützt werden.

Das entlastet aber zum Beispiel die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht. In diesem Zusammenhang ist jetzt die nächste Maßnahme, die wir als Bundesregierung setzen, zu sehen. Wir erhöhen die Übergewinnbesteuerung drastisch, genau mit dem Ziel, den Energiekonzernen eines klarzumachen:
Wir nehmen nicht zur Kenntnis, dass Gewinne privatisiert und Risiken verstaat­licht werden! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: ... schlagen sie
aber drauf, die Steuer!)

Wir werden im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher und der Menschen, die in Österreich leben, jetzt so handeln, dass, wenn die Konzerne nicht bereit sind, die Preissenkungen weiterzugeben, diese Übergewinn­steuer voll wirkt.

Ja, Inflation und Teuerung sind strukturelle Themen, das ist auch von der Abgeordneten angesprochen worden, da geht es eben auch um systemische Er­höhungen wie Gebührenerhöhungen, die stattfinden. Genau deshalb
müssen wir auch bei den Gebührenerhöhungen einen Stopp einziehen. Der Bund macht das, aber er hat damit noch keinen Einfluss auf die Gemeinde­gebühren. (Abg. Leichtfried: Mit der CO2-Steuer?!)


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Die Gemeinden führen die Gebührenerhöhungen nicht einfach aus Jux und Tollerei durch, sondern weil Wasser, Kanal und andere Infrastruktur­einrichtungen tatsächlich auch kostendeckend geführt werden müssen. Gleichzeitig ist jede Erhöhung aber auch toxisch für das Thema Steigen der Inflationsrate. Das heißt: Wir machen den Gemeinden das Angebot,
mit den Einnahmen aus dieser Übergewinnsteuer zu arbeiten, um die Gebühren nicht zu erhöhen, und dadurch nicht inflationstreibend zu wirken.
(Abg. Hafenecker: In zwei Jahren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kampf gegen die Inflation und die Teuerung ist einer, der ein Stück weit auch sichtbar macht, was es heißt, verantwortungsvoll politisch zu handeln. Es ist kein Thema, das sich für polemi­sche Diskussionen eignet. Warum nicht? – Weil einfache Lösungen bei komplexen Herausforderungen nicht greifen. Das wissen alle, die hier im Raum sind und sich redlich mit der Thematik auseinandersetzen. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)

Ich sage auch dazu: Es macht auch wenig Sinn, die Menschen in einer Zeit, in der sie schon mehr als verunsichert sind, weiter zu verunsichern. Frau Abgeord­nete Belakowitsch, es ist nicht das erste Mal, dass wir uns inhaltlich mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Ich ersuche die freiheitliche Fraktion hier in diesem Hohen Haus dringend, den Men­schen nicht immer vorzumachen, dass es unerheblich ist, Ursache und Wir­kung voneinander zu unterscheiden. (Abg. Wurm: Die Ursachen haben wir schon erklärt! Abg. Belakowitsch: Ich hab’ Ihnen ja die Ursachen eh erklärt!) Auch
heute wurden wieder die Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs (Abg. Belakowitsch: Die sind die Ursache, ja! – Abg. Wurm: Hast ja selber gesagt!)
in der Ukraine als Kostentreiber und als Verursacher von Inflation und Teuerung angeführt. (Abg. Wurm: Ja! – Abg. Belakowitsch: Ja, Kostentreiber! Nicht Ver­ursacher, aber Treiber!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, es ist aufgrund der Dauer des Krieges leider auch schon in den Hintergrund getreten, aber es lohnt sich,


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sich die Tatsachen anzusehen: Gas wurde niemals sanktioniert. Gas wurde als Druckmittel eingesetzt, auch vonseiten der Russischen Föderation, auch gegenüber Österreich (Abg. Belakowitsch: Herr Bundeskanzler, das ist sogar Ihrer nicht würdig!), nämlich als Gazprom im letzten Jahr einige Monate entgegen
der Zusagen statt 100 Prozent nur 30 Prozent geliefert hat. Ziel war es,
uns dahin gehend unter Druck zu setzen, dass wir nicht in der Lage sind, die Speicher in Österreich zu füllen. All das hat keine Bedeutung erlangt, weil wir in der Lage waren, zu diversifizieren, das heißt, anderes Gas zu beschaffen.
Die Speicher sind gefüllt. Auch wenn es heute keine große Sorge mehr ist, weil der Zustand in den Gasspeichern ein anderer ist, darf ich jetzt und heute
sagen: Unsere Gasspeicher sind jetzt schon zu 75 Prozent gefüllt. Das heißt, auch für den nächsten Winter wird bereits vorgesorgt. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)

Eines, glaube ich, muss unser gemeinsames Ziel sein, hier im Hohen Haus und darüber hinaus: Wir alle wollen das Gleiche, nämlich dass der Krieg aufhört,
dass das Leid in der Ukraine beendet wird. (Abg. Hafenecker: Deswegen liefern wir Waffen! Super!) Auch das ist aus meiner Sicht kein wirklich gut geeignetes
Thema, um zu polemisieren. (Abg. Belakowitsch: Das war Corona ja auch nicht! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die Menschen sind tatsächlich in großer
Not, sie sehen das an den Zehntausenden Vertriebenen, auch an jenen, die Ös­terreich aufgenommen hat. Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung – und Österreich leistet da global gesehen einen erheblichen Anteil, wir sind unter den top drei bei der Unterstützung, bei der humanitären Hilfe –, der Ukraine in
dieser schweren Zeit beizustehen.

Und noch einmal für die Kolleginnen und Kollegen von der freiheitlichen Fraktion: Wenn ein Land ein anderes überfällt, die Grenze mit Kampfpanzern und Soldaten überschreitet, dann ist das eine Invasion. Dann gibt es
einen Aggressor und ein Opfer. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, und dann gibt es eine Neutralität!) An diesen Tatsachen sollte man nicht rütteln, denn das wäre


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eine Verdrehung der Tatsachen und würde den Kriegstreibern nutzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Es geht aber auch grundsätzlich um das Thema redliche Politik. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, mit meinem Schlusswort möchte ich Sie zu gemeinsamem Handeln und Vorgehen einladen. Es gibt viele Gesetze, die aus gutem Grund in unserer Verfassung als sogenannte Zweidrittelmaterien vorgesehen sind. Das heißt, diese Gesetzesvorlagen erlangen erst Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger, wenn zwei Drittel der Abgeordneten zustim­men. Blockaden in dieser Frage bedeuten, dass wichtige Gesetzesmaterien gar nicht erst zum Tragen kommen.

Ich als Bundeskanzler und als Vertreter der Exekutive ersuche Sie in aller Demut vor der Legislative dringend, Ihre politische Verantwortung wahrzunehmen
und wichtige Gesetzesvorhaben nicht aus parteitaktischen Gründen
zu blockieren – zum Wohle unseres Landes. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. Die Redezeit beträgt ab nun 5 Minuten. – Bitte.


09.37.22

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherin­nen und Zuseher, die diese Sitzung verfolgen! Diese Aktuelle Stunde findet statt, weil Herbert Kickl sie unter dem Titel „Preisstopp – Steuerstopp – Sank­tionsstopp!“ verlangt hat. Wir reden zum wiederholten Male über diese Themen, und zum wiederholten Male ist Herbert Kickl auch bei seiner eigenen Aktuel­len Stunde nicht anwesend. Diese Republik braucht einen Kickl-Stopp, denn es vermissen ihn nicht alle in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der Grünen sowie des Abg. Lindner.)

Sehen wir uns diese Stopptaste, die die FPÖ verlangt, näher an, und beginnen wir beim Sanktionsstopp: Acht Anträge hat die FPÖ – die Putinversteher


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in dieser Republik – in diesem Haus für die Russische Föderation gestellt. (Abg. Wurm: Oh! Jetzt wird es tief! – Abg. Deimek: Was macht die ÖVP, außer ver­tagen?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) 280 Presseaussendungen haben Sie gemacht, damit dieser Sanktionsstopp eintritt. Sie haben ja ein Vorbild in
einem Nachbarland von uns, in Ungarn. Ihr Parteiobmann, Herr Herbert Kickl, hat ja gesagt: „Machen wir’s dem Orbán nach [...]!“ – Viel Vergnügen!
Machen Sie es Orbán nach! Ungarn ist ein „Hort der nationalen Selbstbestim­mung“, wurde gesagt (Abg. Hafenecker: Der Nehammer ...!), und: Orbán
ist ein „Macher“ an der Staatsspitze. (Abg. Belakowitsch: Die haben auch keine 108 000 Asylanträge gehabt letztes Jahr!)

Dann schauen wir uns einmal an, was er an der Staatsspitze gemacht hat, ihr Vorbild, dem Sie ja nacheifern: Er hält sich aus den EU-Sanktionen heraus, so wie Sie das ja wünschen. (Ruf bei der FPÖ: Es geht aber schon um Teuerung!) Er blockiert die Hilfe für die Ukraine, so wie Sie das auch wollen, weil Ihnen die Menschen egal sind, hier und in der Ukraine (Beifall bei ÖVP und Grünen), und er schließt Gaslieferverträge mit Russland – das wollen Sie offensichtlich
auch –, das heißt, die Abhängigkeit wird weiter verlängert. (Ruf bei der FPÖ: Wir haben Verträge, falls Sie das nicht wissen! – Abg. Belakowitsch: Das weiß
er eh!)
Das ist Ihr Vorbild bei der Stopptaste, die Sie für diese Republik verlangen.

Sehen Sie sich einmal an, welche Ergebnisse diese Politik mit sich bringt: Seit 2022 leidet Ungarn unter einer Rezession. Die Inflationsrate liegt trotz –
oder eigentlich wegen – einer Preisbremse, die Sie ja so vehement verlangen, bei 24 Prozent. Bei Lebensmitteln beträgt sie 46 Prozent. Das ist Ihr Vorbild,
und wenn Sie das für Österreich wollen, dann sollen die Menschen auch wissen, wo sie mit Ihnen landen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wen trifft das eigentlich? – Das trifft in Ungarn die Ärmsten. Sie können es im Internet und in der Presse nachlesen: Dort werden Fleischabfälle für Kin­der zubereitet. Man kann auch nachlesen, dass das ein Mittel ist, damit die Kin­der nicht verhungern. – Das ist kein Vorbild für diese Republik, und das ist
kein Weg, den wir gehen wollen. Sie können sich Ihre Vorbilder nehmen, wo Sie


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wollen, für uns sind sie keine. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der
Abg. Meinl-Reisinger.)

Jetzt kommen wir nach Österreich: Sehen wir uns einmal an – weil Sie sich so Sorgen machen: Steuerstopp und Preisstopp –: Wo waren Sie eigentlich
nicht dabei, als es um die Menschen in diesem Land gegangen ist? (Abg. Belako­witsch: Bei der Impfung!) – Sie waren bei den 300 Euro für die Mindest­pensionisten nicht dabei. Sie waren bei den 180 Euro zusätzliche Familienbei­hilfe nicht dabei. Sie waren auch nicht bei der Erhöhung des Kindermehrbetrages dabei (Abg. Wurm: Kollege Stocker, ... im Sozialausschuss ...!), auch nicht bei der Verlängerung des Wohnschirms, nicht beim Vorziehen des Familienbonus – 2 000 Euro für jedes Kind. Und Steuerstopp: Sie waren auch nicht für die Ver­schiebung der CO2-Steuer. (Abg. Belakowitsch: Was? Die war ja nicht auf
der Agenda! – Weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das heißt, wenn man Sie an Ihren Taten misst, dann sieht man, dass das alles leeres Gerede ist, vom Parteiobmann bis zum letzten Abgeordneten in Ihren Reihen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Ihnen geht es nicht um die Menschen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lausch und Deimek.) Herbert Kickl geht es
auch nicht um die Menschen. Ihnen geht es um die Stimme der Menschen (Abg. Belakowitsch: Und Ihnen?), und das muss man hier einmal laut ausspre­chen. Der einzige Mensch, den Herbert Kickl sieht, wenn es ihm um etwas geht, ist jener, den er im Spiegel sieht. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Krisper. – Abg. Hörl: Jetzt weiß er, was ein blaues Wunder ist!)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leicht­fried. – Bitte.


9.42.06

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kollegen Wöginger und Stocker haben sich gefragt, wo


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Herr Kickl ist. Ich kann da vielleicht helfen, denn ich sehe zwei Möglichkei­ten, warum er nicht da ist: Entweder interessiert ihn das Thema Teuerung nicht, oder es gibt kein Wording aus Moskau. Diese zwei Möglichkeiten hätte ich gesehen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Amesbauer: Ein Schen­kelklopfer! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben der FPÖ alternative Fakten vorgeworfen. Ich muss ehrlich sagen: Ich widerspreche Ihnen oft, aber da kann ich Ihnen gar nicht
allzu sehr widersprechen. Nur, diese Situation muss natürlich schon für
alle gelten. (Abg. Wurm: Nur fest zusammenhalten, wird schon! – Abg. Belakowitsch: Wird schon!) Wenn man sich auf die Statistik Austria bezieht, dann muss
man schon auch eines sagen, Herr Bundeskanzler: Faktum ist auch, dass wir in der Coronazeit vom Wirtschaftswachstum her die Schlechtesten in Europa waren und dass wir jetzt bei der Inflation die Schlechtesten in Westeuropa sind. Das sind auch Fakten, die Sie zur Kenntnis nehmen müssten und für die Sie
auch die Verantwortung tragen, Herr Bundeskanzler.

Können Sie sich an das Jahr 2021 erinnern? – Wahrscheinlich nicht so sehr, weil Sie es lieber verdrängen würden. (Abg. Belakowitsch: Sie auch wahrscheinlich!)
Im Jahr 2021 haben wir begonnen, vor dieser Teuerung zu warnen. Wir waren die Einzigen, die vor dieser Teuerung gewarnt haben. (Abg. Meinl-Reisinger:
Na geh, geh, geh! Jörg! – Abg. Wurm: Träumer! Ihr seid ja immer zu spät! – Abg. Bela­kowitsch: Ihr wart überall dabei!)
Wir waren die Einzigen, die darauf hinge­wiesen haben, dass das zu einem riesigen Problem werden könnte. (Abg. Meinl-Reisinger: Im Gegenteil! – Abg. Belakowitsch: Machts was gegen die Teuerung
in Wien!)
Und was haben Teile der Bundesregierung gemacht? – Sie haben uns als Teuerungshysteriker bezeichnet.

Wenn man jetzt das Wort Hysteriker deuten möchte – Kollege Taschner kann das sicher besser als ich, aber ich versuche es auch –, so ist es: irrational, übertrieben – solcher Zustand, solche Handlungen. Und wenn man über das Wort hysterisch redet, dann waren das mehr Ihre Maßnahmen, als Sie er­kannt haben, was für ein Problem da vor uns liegt: Milliarden um Milliarden für


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Einmalzahlungen ausgegeben, die nicht gewirkt haben; Milliarden ausge­geben für Überförderungen von Unternehmen; Milliarden nicht einkassiert von Unternehmen, die von dieser Krise massiv und ungerechterweise betroffen waren und profitiert haben.

Das war Ihre Politik, Herr Bundeskanzler. Da darf man sich nicht wundern, dass es den Menschen in Österreich jetzt so schlecht geht, wie es ihnen geht. Das ist etwas, das Sie zu verantworten haben. Sie haben zu spät das Falsche ge­tan, und unser Land ist in eine wirtschafts- und sozialpolitische Katastro­phe geschlittert. (Abg. Deimek: Jetzt ist der Stocker ruhig!) 1,5 Millionen Menschen können die Wohn- und Energiekosten nur mehr teilweise zahlen. Eine halbe Million Menschen kann ihre Mieten nicht mehr zahlen. (Abg. Hafenecker: Vor allem in Wien!) Einer Million Menschen fehlt das Geld für eine
warme Mahlzeit. (Ruf bei der ÖVP: Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Alles, was Ihnen dazu einfällt, ist, dass Sie wieder jene unterstützen, die es nicht brauchen, und auf der anderen Seite jene belasten, die eh schon genug da­runter leiden. Wie können Sie erklären, jetzt noch einmal die CO2-Steuer zu er­höhen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler? Wie kann man das erklären?
(Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben die Zweidrittelmehrheit angesprochen. Ich sage Ihnen jetzt etwas: Wir haben jahrelang Vorschläge gemacht, wie man die Teuerung wirklich bekämpfen könnte. Wir haben, glaube ich, inzwischen schon 34 Anträge dazu gestellt. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben jeden Vorschlag der Sozialdemokratie blockiert. Sie haben das Einfrieren der Mieten blockiert, Sie haben die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungs­mittel blockiert, Sie haben den Energiepreisdeckel blockiert. Sie haben das Recht der Menschen auf ein anständiges Leben in Österreich blockiert. Das ist
das, was vorzuwerfen ist, und nichts anderes! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass die Menschen in Österreich jetzt jeden Euro zweimal umdrehen müssen, dass sie sich am Ende des Monats zwischen Essen und Heizen entschei-


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den müssen, dafür sind Sie, dafür ist diese Bundesregierung, dafür ist die parla­mentarische Mehrheit dieser Bundesregierung verantwortlich. Ich fordere Sie auf: Zeigen Sie einmal staatspolitische Verantwortung und beenden Sie Ihre Blockade gegen die Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

9.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


9.46.54

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Herr Bundeskanzler, jetzt zu den Zahlen, Daten, Fakten – ich habe etwas von der Statistik Austria mit, ich
habe den Bericht des Wifo mit; wir können uns gerne über die Tatsachen unter­halten –: Die Inflation in Österreich beträgt aktuell rund 10 Prozent. Wie
Sie wissen, liegt der EU-Durchschnitt bei 7 Prozent. – Das einmal zu den Fakten.

Ursache und Wirkung: Herr Bundeskanzler, auch da haben wir von den Freiheitlichen über Jahre ganz klar erzählt, dass es drei oder vier hauptsächliche Ursachen gibt – diese sind auch international zu sehen, da gebe ich Ihnen
recht –: die Russlandsanktionen, vollkommen klar; dann natürlich auch die fal­sche Geldpolitik der EZB; dann die Coronakosten von 100 Milliarden Euro;
und natürlich dieser ganze Ökowahnsinn, von den Grünen angezettelt,
der die Bürger jetzt halt ganz massiv trifft. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Das trifft, da gebe ich Ihnen schon recht, viele Staaten in ganz Europa, weil
ja die ganze Europäische Union diesen Wahnsinn mitträgt und die Inflation im Prinzip in ganz Europa hoch ist. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Nur, den Unterschied zwischen im Durchschnitt 7 Prozent in den europäischen Staaten – früher haben wir uns in Österreich einmal an der Spitze orien­tiert – und 10 Prozent, Herr Bundeskanzler, müssen Sie – auch mit Ihrer Regie­rung – schon auf Ihre Kappe nehmen; das ist ja ganz eindeutig. Die Zahlen lügen nicht, wie Sie sagen: 10 Prozent Österreich, 7 Prozent EU-Durchschnitt.


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Ich habe auch die aktuellen Zahlen betreffend die Inflation im April in Österreich mit. Gas: 70 Prozent Preissteigerung im Vergleich zum April im Vorjahr, Fernheizung, Fernwärme: 97 Prozent Steigerung. – So, die Fakten sind vollkom­men klar – die Sozialdemokratie in Wien wird sich angesprochen fühlen –,
das sind auch in Österreich die hauptsächlichen Preistreiber.

Jetzt vielleicht noch einmal zu dem, was Sie in Österreich machen könnten, denn in Europa, Herr Bundeskanzler, haben Sie es einfach versäumt, vernünftige Politik zu machen – aber Sie machen es eben leider auch nicht in Österreich –; es gibt ganz, ganz viele Dinge – wir haben Ihnen diesbezüglich schon unzählige Anträge vorgelegt; Sie wissen das –: Mehrwertsteuer auf Grundnah­rungsmittel – wir waren die Ersten, die das gefordert haben; vollkommen
klar –, dann auch die Banken dementsprechend einmal zur Räson zu bringen – die österreichischen Banken haben im Übrigen letztes Jahr 4 Milliar­den Euro mehr Zinseinnahmen gehabt. – Diese Liste kann man verlängern.

Es gibt natürlich den ganzen Energiebereich – Frau Kollegin Belakowitsch hat es erklärt. Noch einmal: Wenn ein ÖVP-Arbeiterkammerpräsident Zangerl
die ÖVP-Tiwag in Tirol klagen muss, dann ist das eigentlich nur mehr eine Show. Eine Show ist das! Dasselbe spielt sich natürlich in Wien bei der Sozialde­mokratie ab. Das sind natürlich Rote und Schwarze, die da in der Verantwortung sind. Man tut so, als ob man für die Menschen irgendwie kämpft, aber in Wahrheit passiert an den Schalthebeln genau gar nichts.

Zum Kaufkraftvergleich, den Sie, Herr Bundeskanzler, gebracht haben: Das müssen Sie einmal draußen, irgendwo im Supermarkt an der Kassa, den Menschen erklären, dass sie jetzt quasi eine größere Kaufkraft haben. Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie das machen. Die Realität ist eine voll­kommen andere. Natürlich geht es den Menschen in Österreich schlecht, da­rüber brauchen wir nicht zu diskutieren, aber die Verantwortung hat grundsätzlich diese schwarz-grüne Bundesregierung – leider Gottes halt auch unter Mithilfe der Sozialdemokraten und der NEOS, die die letzten Jahre


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bei allen Fehlentscheidungen immer dabei waren, sowohl in Österreich als auch in Brüssel. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: ... bitte, bitte!)

Dann vielleicht auch noch einmal zur Erinnerung – weil Sie es ja in den Mund genommen haben, Herr Kollege Stocker – betreffend die CO2-Steuer: Wir waren die Einzigen, die diese CO2-Steuer ablehnen – also nicht erhöhen oder sonst etwas, wir lehnen sie grundsätzlich ab! In der derzeitigen Situation ist eine CO2-Steuer ja der vollkommene Wahnsinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist aber im Grunde genommen ja auch genau das Problem. Ich habe das von Prof. Felbermayr auch mit, Herr Bundeskanzler, Sie oder Ihre Mitarbeiter
werden es vermutlich haben (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Die Maßnah­men, die vorgeschlagen werden, sind zusammengefasst: eine vernünftige
Politik, Wettbewerb, Kosten runter, Mehrwertsteuer senken. – Das steht ja alles da drinnen, Herr Bundeskanzler, aber Sie machen es nicht. Sie reden zwar darüber, aber Sie machen es nicht. Die Belastungswelle steigt und steigt, und die Maßnahmen kommen bei den Bürgern nicht an. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Unser Auftrag als Freiheitliche ist vollkommen klar. Wir sehen auch nicht mehr die Zukunft dieser Regierung. Das heißt, es wird einen Bundeskanzler Her­bert Kickl brauchen, es wird eine Freiheitliche Partei brauchen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) – Ah, darauf habe
ich jetzt gewartet, auf die Reaktion der Einheitspartei dieser vier. Die Realität ist vollkommen klar. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Sie, diese vier Par­teien, haben Österreich wirklich, wirklich abgewirtschaftet. Das ist die bittere Wahrheit – eine bittere Wahrheit, aber es ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Wie lange redet der denn noch?! Abg. Voglauer: Rede­zeit! Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Sie, diese vier Parteien, werden Österreich in keine gute Zukunft mehr führen können. (Abg. Meinl-Reisinger: Ihr habt uns herabgewirtschaftet, ihr habt uns in Krisen gestürzt!) Das wird nur mit den Freiheitlichen und einem


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Bundeskanzler Herbert Kickl gehen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

9.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.


9.52.39

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kollegen, Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherin­nen! Die Rede der FPÖ war wie erwartet haarsträubend, und ich frage mich ehrlich, warum diese Partei noch das Wort Freiheit in ihrem Namen trägt, wenn sie in Wirklichkeit nur mehr eine Putin-Filiale in Österreich ist (Zwi­schenruf des Abg. Hafenecker), die bekanntlich wenig von Freiheit hält. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Europafeindlichkeit, Russlandhörigkeit, Populismus in Reinform (Zwischenrufe bei der FPÖ) – Kollege Stocker hat schon angesprochen, wo die FPÖ überall nicht mitgestimmt hat (Zwischenruf des Abg. Deimek) –: Sie leisten somit null Bei­trag für unser Land, für die Gesellschaft oder für unsere europäischen Grundwerte. Im Gegenteil, Sie agieren verantwortungslos und zum Schaden von (das S wie ein Sch aussprechend) Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Hafenecker: Österreich heißt das auf Deutsch!)

Aber warum macht die FPÖ das? Warum agiert die FPÖ gegen die eigene Bevölkerung? Warum gibt sich die FPÖ freiwillig als PR-Werkzeug für Russland her? – Ich sage Ihnen, warum, auch wenn Sie es nicht hören wollen: weil sie am Gängelband des Kriegstreibers Putin hängen. – Mich würde schon inter­essieren, was Sie sich Ihre Russlandpolitik kosten lassen. Sie haben Ihre Verträge mit Russland und halten sie nach wie vor unter Verschluss. Ich frage mich schon, was Sie da zu verbergen haben. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Vier Parteien in diesem Haus schaffen es, zwischen Täter und Opfer ganz klar zu unterscheiden, und Klubobmann Kickl spricht in einem Interview davon,
dass man auch versuchen muss, Russland zu verstehen. Man muss versuchen, Russland zu verstehen! Ernsthaft?! (Abg. Belakowitsch: Ja, das ist ja jetzt
nicht überraschend! 
Abg. Amesbauer: Sie verstehen gar nichts!  Abg. Belako­witsch: Was verstehen Sie überhaupt? Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ich verstehe es nicht, wenn ein Kriegsverbrecher ein Land überfällt. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Vergewaltigung als Kriegswaffe eingesetzt
wird. Ich habe kein Verständnis dafür, dass Tausende Kinder aus der Ukraine verschleppt werden. (Abg. Amesbauer: Das ist nicht unser Krieg!) Und ich
möchte mir gar nicht ausmalen, was für ein elendig grausiges Gefühl es sein muss, wenn ich weiß, dass man mein Kind verschleppt. (Abg. Amesbauer:
Mir kommen die Tränen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Ich weiß weder, wie es ihm geht, noch, was ihm passiert. Dafür haben wir sicher kein Verständnis. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. Abg. Amesbauer: Sie haben ja gar keine Kinder!)

Während Sie also natürlich ganz ohne Hintergedanken die einfache Lösung, nämlich das Ende der Sanktionen und somit den Kniefall vor Putin, propagieren, tun wir alles, um die Bevölkerung so gut wie möglich durch diese Krise zu bringen. (Abg. Belakowitsch: ... alles ist zu wenig, Frau Kollegin, das alles ist zu we­nig!) Sie verunsichern, wir hingegen sichern ab, und zwar jene, die von der Teuerung am stärksten betroffen sind. (Abg. Hafenecker: Im Rahmen Ihrer Möglichkeiten ...! Abg. Belakowitsch: Was tut ihr eigentlich? CO2-Steuer, Windräder ...!)

Darum haben wir nach intensiven Verhandlungen ein zielgerichtetes Paket mit 500 Millionen Euro für Kinder aus finanziell schlechtergestellten Familien aufgestellt (Abg. Belakowitsch: Die Kinder sollten Ihnen jetzt leidtun!), das von vie­len Experten und Expertinnen sehr gelobt wurde. Damit geben wir Kin­dern, Familien, Alleinerziehenden die notwendige finanzielle Sicherheit, die sie in schwierigen Zeiten brauchen, und das nicht ein Mal, sondern Monat für


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Monat. Wir beginnen mit Juli und das geht bis Ende 2024, so lange, bis wir ge­meinsam aus dieser Teuerung wieder herauskommen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und ja, mir wäre es auch lieber, wir müssten nicht über das Thema Kinderarmut sprechen, müssten uns nicht damit auseinandersetzen (Abg. Belakowitsch: Machen Sie was dagegen, Frau Kollegin!), aber das müssen wir (Abg. Wurm: Wegen der Freiheitlichen, oder?!), weil auch in Ihrer Regierungsperiode einfach nichts gegen Kinderarmut getan wurde. (Abg. Hafenecker: Wir waren nicht einmal im Parlament!) Dieses Thema hat Sie schon damals nicht interessiert (Abg. Belakowitsch: Woher wollen Sie denn das wissen?), genauso wenig wie Sie die Kin­der in der Ukraine, die vom Krieg belastet sind, interessieren.

Uns ist es aber nicht egal, wenn 10 000 Kinder in (das S wie ein Sch aussprechend) Österreich nicht mit auf Schulausflug gehen können (Abg. Hafenecker: Öster­reich heißt das, Österreich!), uns ist es nicht egal, wenn 43 000 Kinder Freunde und Freundinnen nicht zu sich nach Hause einladen können, und uns ist nicht
egal, dass 20 000 Kinder in Österreich wichtige Anlässe wie den eige­nen Geburtstag nicht feiern können. Das ist uns nicht egal!

Der Unterschied im Vergleich zur FPÖ ist, einfach gesagt: Sie lösen keine Krisen, Sie lösen Krisen aus. Und das Einzige, bei dem Ihre Partei immer stabil war, ist, wenn es um den Sozialabbau gegangen ist, wenn es um Korruption gegangen ist oder wenn es um Rassismus geht. Das ist Ihre Konstante in der Politik.
(Beifall bei den Grünen.)

Wenn es aber um richtige Arbeit geht, wie wir gemeinsam die Gesellschaft in eine bessere Zukunft bringen können (Abg. Amesbauer: Gemeinsam mit
euch machen wir gar nichts!),
dann ist Ihre einzige Antwort darauf: Ausgrenzung, Spaltung, Hetze. Das ist die einzige Sprache, die Sie sprechen (Abg.
Amesbauer: Es gibt keine Gemeinsamkeit mit euch!),
das ist das Klavier, auf dem Sie spielen, und das ist einfach nur grindig. – Danke. (Beifall bei den Grünen


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und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Amesbauer: Wir wollen nichts mit euch zu tun haben!)

9.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loa­cker. – Bitte.


9.57.37

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Klubobmann Kickl hat uns diese
Aktuelle Stunde mit dem Titel „Preisstopp – Steuerstopp – Sanktionsstopp“ ein­gebrockt. Klubobmann Kickl hat geahnt, dass seine Partei da eine etwas schräge Performance an den Tag legen wird, und ist lieber gleich zu Hause ge­blieben. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von
ÖVP und Grünen. 
Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Den roten Faden in der Argumentation, falls es ihn gibt, konnte ich nicht finden, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer. Wenn Sie erfolgreicher waren,
lade ich Sie ein, mir zu mailen, worum es da gegangen sein sollte. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner.)

Ich picke ein Element heraus, das ich gefunden habe, das einen Sinn ergibt: Ja, die Stromerzeuger und die Netzbetreiber in Österreich stopfen sich die
Taschen voll, nutzen die Marktsituation aus – es gibt nämlich ein Stromkartell in Österreich –, und diese Stromerzeuger und Netzbetreiber stehen im We­sentlichen im Eigentum der Bundesländer. Die Landeshauptleute stopfen sich mit den Gewinnen dieser Unternehmen ihr Landesbudget voll. Da hat
natürlich die Bundesregierung einen Job, und zwar einzugreifen, und den nimmt sie nicht wahr. (Beifall bei den NEOS. Abg. Wöginger: Tun wir eh! ... Tun wir eh!)

Wenn es in Österreich eine Inflation gibt, die höher als in anderen europäischen Ländern ist (Zwischenruf des Abg. Wurm), dann liegt es unter anderem daran,
dass die Bundesregierung teilweise den Wünschen von FPÖ und SPÖ gefolgt ist


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und enorm viele Milliarden ausgeschüttet hat; nicht so viel, wie die Freiheit­liche Partei wollte, aber 47 Milliarden Euro wurden an Hilfen ausgeschüttet. Und natürlich, wenn Sie das Geld so hinauspumpen und davon nur ganz wenig zielgerichtet an die Bedürftigen, dann erzeugen Sie Inflation, weil Sie
einen Nachfrageschub produzieren. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das hat die Regierung geschafft. (Beifall bei den NEOS. Abg. Wöginger: Kaufkraft erhalten!)

Ich habe es in der letzten Sitzung gesagt, und ich wiederhole es noch einmal: Einer, der in den Siebzigerjahren das Problem von Angebot und Nach­frage verstanden hatte, war Bruno Kreisky. Der hat während des Ölpreisschocks verstanden: Ups, wir müssen jetzt die Nachfrage reduzieren, wenn wir die Inflation bekämpfen wollen! – Und dazu hat meine Fraktion einen Vorschlag vor­gelegt.

Wie kann man die Nachfrage reduzieren? Die Bürgerinnen und Bürger werden von der Republik abgezockt. Wenn sie ein paar Euro – für die nächste Autoreparatur, für die Reparatur der kaputten Waschmaschine, für einen neuen Fernseher – auf ihrem Sparbuch zur Seite legen, dann bekommen sie einen
sehr niedrigen Zins, und von diesem bisschen kassiert der Finanzminister noch Kapitalertragsteuer. (Abg. Wöginger: Es gibt den Reparaturbonus!) – Der Re­paraturbonus ist auch wieder so eine Bürokratiemaschine, die diese Regierung erfunden hat, Klubobmann Wöginger. (Abg. Meinl-Reisinger: Genau! Zuerst
ziehe ich es aus der linken Tasche raus ...! – Abg. Voglauer: Also bitte, wie viel hast du reparieren lassen?)
Es ist ja ganz großartig, wo man überall Zettel einreichen
kann. Nehmen Sie den Leuten nichts weg, dann muss man ihnen nichts zurück­geben! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Brandstätter: So ist es! Bravo! –
Abg. Meinl-Reisinger: Bravo!)

Sie ziehen den Leuten das Geld aus der Tasche, geben dann den Gutsherrn und sagen: Du kriegst eh einen Reparaturgutschein! – So nett. (Heiterkeit bei
den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)
Lassen Sie den Leuten ihr Geld, dass sie sich sauer erarbeitet haben (Beifall bei den NEOS – Abg. Wöginger:


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Wir haben die Steuern gesenkt, hallo?!), dann legen die Bürgerin und der Bürger auch gerne ein paar Euro zur Seite! Wenn wir Geld zur Seite legen und
nicht ausgeben, reduzieren wir die Nachfrage, und das wirkt inflationsdämpfend. (Abg. Wöginger: Die Banken zahlen keine Zinsen, das ist es!) Das sollte man
sich noch einmal überlegen. Wissen Sie, 40 Prozent der Grünwähler
haben Wertpapiere – 40 Prozent! (Ruf bei der FPÖ: Sicher mehr!) Bei der ÖVP sind es nicht so viele, aber gut, das ist auch ein bisschen ein verbeamte­ter Haufen da drüben. (Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo!)

Diesen Leuten, die etwas für ihre Altersvorsorge in Wertpapieren anlegen, weil die Umlagepension für ein Altern in Wohlstand nicht mehr reichen wird, nehmen Sie noch einmal Geld weg. (Abg. Stöger: Aber die Wertpapiere gar nicht!) Sie müssen nämlich, wenn sie ihre Wertpapiere, ihre Anleihen, ihre Fonds verkaufen, auf die nominelle Steigerung noch KESt zahlen. Das gehört weg, und die Behaltefrist gehört wieder eingeführt. (Abg. Wöginger: Das hat der Brun­ner schon lange gesagt!) Sie behandeln die Sparer wie Zocker an der Bör­se, und das ist falsch. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn jemand mit dem Anlagehorizont Altersvorsorge Geld anlegt, dann sollte der Staat ihm nicht noch Kapitalertragsteuer aufgrund der positiven Entwicklung dieser Wertpapiere abziehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

So, und die Freiheitliche Partei schleicht sich immer um die eigenen Schmutzig­keiten herum – ich muss aufpassen, dass ich mir da keinen Ordnungsruf einhandle. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Man müsste einmal genauer unter die Lupe nehmen, was die FPÖ-Landespartei Steiermark unter dem früheren Nationalratsabgeordneten und heutigen Klubobmann Kunasek aufführt. Der wurde vom Landtag ausgeliefert, weil es einen Verdacht der Untreue und
des Betruges in Millionenhöhe gibt. Die Freiheitliche Partei Steiermark versinkt im Korruptionssumpf (Abg. Kassegger: Das ist deiner unwürdig, Gerald! Es
gilt die Unschuldsvermutung! – Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn!),
und hier in Wien wird laut gehupt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ


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und Grünen. – Abg. Kassegger: Das ist deiner unwürdig! – Weitere Zwischenrufe
bei der FPÖ.)

Man sollte sich einmal genauer anschauen, wie die Freiheitlichen mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, wenn sie die Finger daran kriegen: nämlich schmutzig. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grü­nen. – Abg. Wöginger: Die ist in die Hose gegangen, die Aktuelle Stunde! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

10.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zarits. – Bitte.


10.02.56

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und hier auf der Ga­lerie! Ich bin schon sehr verwundert, Herr Kollege Loacker, dass Men­schen, die immer alles besser wissen, dort, wo sie Verantwortung tragen – näm­lich in Wien –, nichts besser machen. Ich würde mir eine gewisse Aktion
von den NEOS in Wien wünschen (Abg. Meinl-Reisinger: Die gibt’s ...! – Abg. Bela­kowitsch: Die erhöhen den Eintritt in die Schwimmbäder!), aber die NEOS sind ja so transparent, dass sie nicht einmal ihre eigenen Mitglieder sehen, meine ge­schätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Was braucht es in dieser Situation? – Es braucht in dieser Situation Maßnahmen, die zielgerichtet eingesetzt werden. Es braucht auch Maßnahmen, die punk­tuell gesetzt werden, und es braucht natürlich auch Maßnahmen, die strukturell gesetzt werden. Was es auf keinen Fall braucht – das hat die Diskussion,
die Debatte heute gezeigt –, sind Sozialismus und Populismus. Sozialismus und Populismus – das hat die Vergangenheit gezeigt – lösen keine Probleme,
sondern sie sind Teil des Problems. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber das habt ihr gemacht die letzten Jahre: Sozialismus pur!)


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Wir haben in den Krisen der vergangenen Monate und Jahre, vor allem der letzten Wochen, viele Maßnahmen gesetzt, mit dem Ziel, rasch und un­bürokratisch zu helfen. Ich erinnere an viele Maßnahmen, bei denen die Frei­heitliche Partei nicht dabei war, vor allem auch Klubobmann Kickl nicht –
es ist mir eh lieber, weil manche Menschen nur durch ihre Abwesenheit zu er­tragen sind. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Beispielsweise garantiert die Strompreisbremse bis 2 900 Kilowattstunden je­dem Haushalt 500 Euro. Sozial gestaffelte Pensionserhöhungen machen,
vor allem für die Ausgleichszulagenbezieher, bis zu 10,2 Prozent aus. Das ist et­was, das in der Geschichte der Zweiten Republik noch nicht geschafft
wurde. Wir haben die Absetzbeträge erhöht, meine geschätzten Damen und Herren, und wir haben im sozialen Bereich vor allem eines geschafft –
das trägt auch die Handschrift der Volkspartei –: Wir haben die Familien- und Sozialleistungen – die Familienbeihilfe, die Studienbeihilfe, die Schulbei­hilfe – valorisiert, meine geschätzten Damen und Herren. Das ist ein Meilenstein in der Geschichte der Sozialpolitik. Das haben wir gemeinsam mit unserem Regierungspartner geschafft. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Wir haben strukturelle Maßnahmen gesetzt, wir haben die Steuerreform durch­gesetzt, wir haben die Steuertarifstufen gesenkt: von 25 auf 20, von 35
auf 30 und von 42 auf 40 Prozent. Wir haben den Familienbonus Plus von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind und Jahr erhöht, und wir haben vor allem auch
eines geschafft – auch das ist ein Meilenstein in der Steuerpolitik; er trägt die Handschrift unseres Klubobmannes, unseres ÖAAB-Bundesobmannes –:
Wir haben die kalten Progression endlich abgeschafft. Das bringt den Menschen mehr Netto vom Brutto. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Grünen. – Abg. Belakowitsch: Die merken das schon alle! Die wissen schon nicht mehr, was sie machen sollen mit dem vielen Geld!)

Die Menschen haben jetzt mehr Geld zum Leben, meine geschätzten Damen und Herren. Auch für die Land- und Forstwirtschaft wurden Pakete geschnürt,


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natürlich auch für die Wirtschaft – wir dürfen keine Bevölkerungsgruppe auslas­sen, wir müssen in dieser Krise alle mitnehmen. Wir sind sozial gerecht und
auch treffsicher. Wir müssen die Kaufkraft stärken, und das haben wir geschafft. Der Vergleich mit anderen Ländern macht uns sicher. Betreffend Kaufkraft
sind wir im Vergleich zu anderen Ländern sehr, sehr gut unterwegs. Die Menschen können konsumieren, und sie können Einkäufe tätigen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt setzen wir weitere Maßnahmen: Ich spreche das Familienpaket an, meine geschätzten Damen und Herren. Vor allem für jene Familien, die kleine Einkommen haben, für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher gibt es 60 Euro pro Kind mehr, und das bis Ende 2024 – das sind 1 080 Euro mehr bis Ende 2024. Das Schulstartgeld von bisher 120 Euro wird auf 150 Euro erhöht und zweimal im Jahr ausbezahlt.

Vom Herrn Bundeskanzler wurde angesprochen, dass die Bundesabgaben einge­froren werden. Dafür bin ich ihm sehr, sehr dankbar. Es gibt da keine Er­höhungen, und das würde ich mir auch von manchen Bundesländern wünschen. Auf der einen Seite gehen der Landeshauptmann von Wien Michael Ludwig
und unser Landeshauptmann Hans Peter Doskozil getrennt, aber wenn es darum geht, den Menschen die Abgaben zu erhöhen, den Menschen das Geld aus
der Tasche zu nehmen, gehen Sie wieder Hand in Hand, da heißt es dann wieder Feindschaft statt Freundschaft.

Eines muss ich Ihnen schon sagen, meine geschätzten Damen und Herren, vor allem mit Blick auf die SPÖ Wien: Wenn man die Preise für das Essen im Kindergarten in einer Zeit wie dieser erhöht, ist das wirklich erbärmlich. Das hat mit Sozialdemokratie nichts mehr zu tun. Den Sozialdemokraten – oder
besser: den Sozialisten – im Burgenland muss ich sagen: Wenn Sie Eigentum be­steuern, ist das Kommunismus. Das hat auch nichts mehr mit Sozialismus
zu tun, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine geschätzten Damen und Herren, wir tun alles, um den Menschen in dieser Krise zur Seite zu stehen, um die Menschen zu entlasten, um jenen Men­schen Rückhalt zu geben, die Unterstützung brauchen – Menschen mit kleinen Einkommen, Alleinerzieherinnen und Alleinerziehern. Meine geschätzten
Damen und Herren, die Menschen in Österreich können sich auf diese Bundes­regierung und auf Kanzler Karl Nehammer verlassen. (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Leichtfried: Das war jetzt der Sozialismusexperte vom Dienst! – Abg. Michael Hammer: Das ist der Babler!)

10.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.


10.08.27

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Wir sind beim Thema Teuerung: Der Bundeskanzler und auch die ÖVP-Redner haben aufgezählt, wie viele Maßnahmen diese Bundesregierung beschlossen hat, um die Teuerung
zu bekämpfen, um sie abzufedern. Das ist ja alles richtig, es hat wirklich
ganz, ganz viele Maßnahmen gegeben, die auch wahnsinnig viel Geld gekostet haben. Der Finanzminister, der jetzt nicht da ist, weiß überhaupt nicht, wie
er ein Budget aufstellen soll. Namhafte Wirtschaftsexperten sagen, sie wollten nicht der Nachfolger des jetzigen Finanzministers sein, denn das Budgetloch,
das Sie hinterlassen, wird das Größte in der Geschichte des Landes sein.
(Abg. Wöginger: Das hat aber die Roten noch nie interessiert, zumindest die letzten 50 Jahre nicht!)

Entscheidend ist aber, was das für eine Auswirkung auf die Realität gehabt hat. Dass viele Maßnahmen gesetzt wurden und viel Geld ausgeben wurde:
Okay! Was aber ist die tatsächliche Wirkung davon gewesen? Das Erste ist: Un­garn oder die baltischen Staaten haben eine höhere Inflation als wir, aber
von allen westeuropäischen Staaten haben wir die höchste Inflation. Das sind Fakten, die Sie nicht wegschieben können. Wir können uns nicht
mit einem baltischen Staat vergleichen, sondern wir werden uns wohl mit den


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westeuropäischen Staaten vergleichen, und da ist das Ergebnis Ihrer
Politik ganz schlecht, weil: Wir haben die höchste Inflation in Westeuropa. Das sind Fakten, die kann man nicht wegreden.

Schauen wir uns den Energiebereich an, schauen wir uns an, was im Energie­bereich passiert ist! Sie haben unsere Vorschläge, dass man in den Markt eingreift, damit die Preise gar nicht so stark steigen, vom Tisch gewischt; darauf haben wir gesagt, dann muss man zumindest die Übergewinne abschöpfen.
Sie haben gesagt, Sie machen das, und haben ein Gesetz beschlossen, zu dem wir gesagt haben, das wird nicht wirken – jetzt geben Sie es selber zu.

Was ist passiert? – Die Stromkonzerne oder die Energiekonzerne in Österreich haben Rekordgewinne (Abg. Voglauer: Wer schöpft die ab?), alle, ob das die
OMV ist, der Verbund oder wer auch immer, Rekordgewinne! (Abg. Voglauer: Wer schöpft die ab?) Und die Kunden zahlen diese Rechnung. (Abg. Wögin­ger: In Wien! Da wird abgezockt ohne Ende! Wien Energie! Schau dir das einmal an!)

Was machen die Stromkonzerne mit dem Geld? Was machen die? – Sie
schütten es als Dividende an ihre Aktionäre aus. Die Politik, die Sie gemacht ha­ben, führt dazu, dass die Aktionäre das höchste Einkommen ihres Lebens haben – und die Kunden die höchste Rechnung. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist doch das Ergebnis Ihrer Politik. (Abg. Wöginger: Das kannst du deinem Parteiobmann
in Wien erzählen! Geh ins Rathaus und erzähl das da drinnen!)

Und jetzt sagen Sie: Jetzt machen wir eine echte Übergewinnsteuer! – Das glaubt Ihnen doch niemand mehr. Das Geld ist schon weg, das ist schon bei den Aktionären. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schmidhofer: Das musst du dem Lud­wig sagen!) Das ist das Ergebnis Ihrer Politik: Die Aktionäre haben das Geld, und die Kunden haben es bezahlt. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. (Beifall bei
der SPÖ. – Abg. Wöginger: Falscher Ort! Geh ins Rathaus!)

Schauen wir uns den Bereich Wohnen an (Abg. Wöginger: Ja, genau! Gemeinde­wohnungen!): Was ist das Ergebnis von dem, was Sie machen? – Die Mie­ten steigen auf Rekordniveau, wieder um 9 Prozent erhöht. (Abg. Wöginger: Du


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redest von Wien! Schon wieder Wien!)  Sie kommen immer mit Wien. Ich
weiß, Sie haben gesagt, ihnen sind die Leute in der Stadt egal, denn das betrifft nur die Städte, und es ist Ihnen wurscht, dass die in den Städten mehr
Miete zahlen. Das war Ihre Politik! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Reden wir über Wien! Was hat Wien gemacht? Wien hätte es sich einfach machen können, ganz einfach, hätte sagen können: Die Nichterhöhung der Mie­ten im Gemeindebau kostet uns 50 Millionen Euro. (Abg. Wöginger: Ein Wahnsinn!) Wir sind nur zuständig für den Gemeindebau (Abg. Wöginger: Seid ihr überhaupt für etwas zuständig?), wir nehmen 50 Millionen Euro in die Hand,
und die Mieten im Gemeindebau steigen nicht. – Was hat die Stadt
Wien gemacht? – Die Stadt Wien hat gesagt: Uns sind alle Menschen in Wien wichtig, egal ob sie im Gemeindebau leben oder außerhalb des Gemeinde­baus! (Beifall bei der SPÖ), und hat viermal so viel Geld, 200 Millionen Euro, in die Hand genommen, um jene – egal ob sie im Gemeindebau leben oder in einem Zinshaus oder in irgendeiner anderen Wohnung –, die Probleme haben, ihre Miete zu zahlen, zu unterstützen. Der SPÖ sind die Menschen außer­halb des Gemeindebaus genauso wichtig wie die, die im Gemeindebau leben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Aus Bundesgeldern! Der Bund hat be­zahlt, nicht Sie!)

Das ist der Unterschied zwischen der Sozialdemokratie und der Österreichischen Volkspartei: Ihnen sind die Aktionäre wichtig, nicht die Kunden, nicht die Menschen in diesem Land! (Abg. Wöginger: Ja, ja! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ein letztes Wort zur Kinderarmut: Gut, dass es endlich ein Paket gibt, aber was sind die Fakten in Österreich? Sie haben in Ihr Regierungsprogramm hi­neingeschrieben, Sie wollen die Kinderarmut in Österreich halbieren, um 50 Pro­zent senken. Was sagen die Fakten? – Sie ist um 50 Prozent gestiegen,
seit Sie in der Regierung sind! Sie haben 40 Milliarden Euro für Hilfen ausgege­ben, aber Sie haben auf die Kinder vergessen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg.


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Wöginger: Blödsinn! – Abg. Heinisch-Hosek: Unfassbar!) Weil Volkshilfe und an­dere Organisationen und auch die SPÖ darauf aufmerksam gemacht ha­ben, machen Sie jetzt Gott sei Dank ein Paket. Sie haben auf die Kinder verges­sen! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ihr erhöht das Essen
in Wien!)

10.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte. (Abg. Wöginger: Ihr erhöht das Essen für die Kinder in Wien! – Abg. Michael Hammer: Sozialistische Konkursmasse ist der Herr Krainer!)


10.13.52

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Aus Respekt vor der ehemals staatstragenden Partei SPÖ werde ich mich
heute nicht zur SPÖ äußern, und schon gar nicht zu Ihren Redebeiträgen, die sind nämlich unterirdisch gewesen, in beiden Fällen.

Ich möchte aber hier die Möglichkeit nutzen, mich mit der ÖVP auseinanderzu­setzen, und auch einen Wunsch äußern: Herr Bundeskanzler, bitte kom­men Sie öfter ins Parlament und sprechen Sie öfter darüber, dass die Kaufkraft gesteigert worden ist, und sprechen Sie bitte auch öfter über internatio­nale Zahlen! (Abg. Schmuckenschlager: Vielleicht ist der Herr Kickl auch einmal da! Die Wahrscheinlichkeit steigt!)

Herr Bundeskanzler, die OECD ist eine Organisation, die Ihnen sicher nicht fremd ist, und sie steht auch nicht im Verdacht, mit der FPÖ zu koope­rieren, aber wenn ich mir das Haushaltseinkommen des vierten Quartals im europäischen Schnitt anschaue, dann ist der europäische Schnitt plus 0,6 Prozent. Und wissen Sie, wo Österreich rangiert, Herr Bundeskanzler? – Bei minus 9,6 Prozent. Wir sind absolut hinten, was den europäischen
Vergleich betrifft; das sind die Fakten, die Sie gerne gehabt hätten. (Beifall bei
der FPÖ.)


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Da ich mir Ihre Rede vorhin angehört habe, Herr Bundeskanzler, muss ich Ihnen schon sagen, es ist zynisch, davon zu sprechen, dass man die Kaufkraft
gestärkt hat. Ich weiß nicht, ob Sie selbst noch einkaufen gehen, ich mache das doch mit meiner Familie, und ich kann mich schon ganz genau erinnern
(Abg. Wöginger: Am Würstelstand!), was voriges Jahr um die Zeit - - Würstelstand ist auch sehr gut! Wir fördern die Gastronomie, auch die regionalen kleinen Betriebe – im Gegensatz zu Ihnen. (Abg. Wöginger: Auch beim Lockdown, den ihr selber gefordert habt!) – Wir gehen auch einkaufen, und ich weiß, was im Vergleich zum letzten Jahr jetzt im Einkaufswagerl drinnen ist, Herr Bundeskanz­ler, und da brauche ich keine Preiskommission, da brauche ich keine Exper­ten, da brauche ich nur meinen Hausverstand und muss nur schauen, was drin­nen ist. Die ÖVP hat längst vergessen, wie das funktioniert, Sie sind voll­kommen abgehoben.

Ihre Rede heute, Herr Bundeskanzler, hat mich an Marie-Antoinette erinnert, die gesagt hat: Es gibt kein Brot mehr, dann sollen sie halt Kuchen essen! – Das ist die Mentalität, die die ÖVP jetzt an den Tag legt, und ich finde es wirklich zynisch, was Sie hier sagen. Sehen Sie doch der Realität ins Auge (Beifall bei der FPÖ) und sehen Sie auch, dass sich die Menschen das Leben nicht mehr leisten können!

Dann stellt sich Kollege Stocker her und erklärt uns, dass die FPÖ dagegen ge­wesen wäre, die CO2-Steuer zu verschieben. (Abg. Deimek: Der ist eh nicht mehr da!) – Kollege Stocker ist eh nicht mehr da. (Abg. Wöginger: Kickl ist auch nicht da!) Das stimmt, Herr Kollege Stocker – vielleicht richten Sie es ihm aus –, wir wollten sie nicht verschieben, wir haben sie gar nicht bestellt. Inmitten einer Teuerung herzugehen und eine vollkommen sinnlose
CO2-Steuer einzuführen und daneben dann noch einen Klimabonus für Häfen­brüder und Asylanten auszuschütten – das ist Ihre Politik?! Das ist doch
zynisch, dass es ärger nicht mehr geht, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neßler spricht mit Abg. Disoski.)


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Und dann kommt noch Frau Kollegin Neßler heraus und sagt – Kollegin Neßler, Sie sind gerade angesprochen! –, dass man den Krieg beenden muss, dass
man da irgendetwas tun muss, und so weiter und so fort. – Die Grünen, ehemals Pazifisten, sind mittlerweile die größten Waffenlieferanten in der Europäi­schen Union geworden, das muss Ihnen doch einmal klar sein. (Beifall
bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Ich bin gespannt, wie Sie das vor Ih­ren Fundis rechtfertigen werden, was Sie gerade machen: Sie sind die
größten Kriegstreiber überhaupt geworden, das ist Faktum.

Ja, wir sind gegen Vergewaltigungen, Missbrauch, Übergriffe – alles, was irgend­wie mit Kriegen zu tun hat, dagegen sind wir –, aber genau deswegen sollten
wir nicht Waffen liefern, sondern genau deswegen sollten wir Sorge dafür tragen, dass über einen Frieden verhandelt wird, Frau Kollegin Neßler! Das ist der Punkt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Welche Waffen denn? –
Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wissen Sie, Frau Kollegin Neßler, weil Sie jetzt so ungläubig den Kopf schütteln, ich sage Ihnen eines: Kindesmissbrauch ist das Schlimmste, das man sich vorstellen kann. Und da stelle ich mir schon die Frage, warum Sie und Ihre Ge­nossen von der Grünen-Plus-Partei – oder wie auch immer Sie heißen –
den Fall Teichtmeister so zuschütten, wie Sie es gerade machen. (Beifall bei
der FPÖ.)

Reden wir doch über Kindesmissbrauch, reden wir darüber! Und da frage ich auch die ÖVP, wenn es um Kindesmissbrauch geht: Warum ist noch immer einer der Säulenheiligen der ÖVP ein gewisser Hermann Nitsch, der Kindesmord­fantasien niedergeschrieben hat? Man kann ja gar nicht schlimmer agieren, als es Hermann Nitsch damals gemacht hat. Warum macht die ÖVP diesem Herrn noch die Mauer? Warum hängen diese Bilder noch immer in Ihren Regie­rungsbüros? Das ist die Frage, wenn wir schon über Kindesmissbrauch reden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das sind erratische Aneinan­derreihungen von Schlagworten!)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen eines: Sie sind alle gemeinsam in eine Sackgasse hineingefahren, aus der Sie nicht mehr herauskommen. Ich bitte Sie um eines, Herr Bundeskanzler – speziell an Sie adressiert –: Sie können es nicht, das haben Sie unter Beweis gestellt.
Die Grünen sind dabei, die Republik trotz ihrer Minderheit an die Wand zu fahren. (Abg. Disoski: Wir räumen auf, was ihr hinterlassen habt! So schaut es aus!) Der ganze Klimawahnsinn, der jetzt ausbricht, wird den Menschen schluss­endlich die Existenz rauben. Deswegen meine Bitte an Sie, Herr Bundeskanzler: Treten Sie zurück, machen Sie den Weg frei für Neuwahlen – die Republik
hat das verdient! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schmidhofer: Hafenecker: viel geredet, nichts gesagt!)

10.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte sehr. (Abg. Deimek: Erzählen Sie uns was von Kärnten!)


10.18.37

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovana Visoka Hiša! Drage dame in gospodje! (Abg. Amesbauer: Was? – Abg. Hafenecker: Sagt die Frau Generalsekretärin!)
Die Elite der FPÖ, die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ, die Funktionär:innen der FPÖ stellen sich hier heraus und erzählen uns eine Unwahrheit nach
der anderen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: Haben Sie wieder nicht aufgepasst? Wo leben Sie, Frau Kollegin?)

Sie erzählen sie uns immer wieder, sie wiederholen sie, einmal mit Schenkelklop­fer, einmal mit Rufzeichen, einmal laut und einmal leise. Nur: Diese Unwahr­heiten werden nicht wahr. Egal, wie oft Sie sie wiederholen, sie werden
nicht wahr. Ihre anekdotischen Evidenzen, die Sie heute hier dargelegt haben, werden nicht wahr und sie werden auch nicht zu Fakten. (Abg. Kaniak:
Wir haben keine Inflation!)


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Es gibt wirklich Schwierigkeiten, mit denen sich Menschen in ihrem alltäglichen Leben auseinandersetzen müssen, aber in all diesen Situationen hilft es
nicht, wenn Sie hetzen, wenn Sie schreien, wenn Sie spalten, wenn Sie Ihren Hass verbreiten. (Abg. Wurm: Es hat keiner geschrien, Frau Kollegin! Das
waren ganz ruhige Fakten!)

Da muss man sich schon fragen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, was habt denn ihr erlebt, dass ihr so viel Hass in euch tragt? Was ist denn
mit euch passiert? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiter­keit des Abg. Hafenecker.)

Was ist denn mit euch passiert, dass ihr nicht in der Lage seid, eine einzige – ei­ne! (Ruf bei der FPÖ: Jetzt haben wir schon die SPÖ auch ...!) – gute Lösung
für dieses Land vorzuschlagen (Abg. Hafenecker: Also die Grünen waren ja ohne Generalsekretär schon schlecht!), durch die nicht irgendjemand draufzahlt,
mit der wir ein gemeinsames Österreich bauen? Wieso bringt ihr das nicht zu­sammen? Es geht nur um eine – ich wäre schon mit einer Lösung zufrie­den. (Abg. Hafenecker: Warum hassen Sie Ihre Landesgruppe?)

Wissen Sie, Sie schreien: Stopp, stopp, stopp!, egal wo, es muss gar nicht hier im Nationalrat sein, überall. Also Ihr erstes Rezept ist immer: Stopp! (Abg. Hafen­ecker: ... die Grünen auch ...! – Abg. Belakowitsch: Ja, stoppt die Grünen! Sie haben recht! – Abg. Wurm: Stoppt die Grünen!) Das heißt Stillstand, das heißt Rück­schritt, das heißt altes Denken (Abg. Belakowitsch: Nein, das heißt Fort­schritt! Stoppt die Grünen!), in einer Zeit, in der wir uns, in der sich Österreich, in der sich Europa und die gesamte Welt so rasant verändern – da wollen Sie Rückschritt. Da bringen Sie es nicht zusammen, einmal eine gute Zukunft zu bauen. (Abg. Hafenecker: Speed kills! Das hat die ÖVP immer gesagt!) Sie kön­nen das einfach nicht, Sie können es nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Überprüfen wir das! – Heute wurde schon von anderen überprüft, wie es in dieser Gesetzgebungsperiode war. Ich sage Ihnen eines, liebe Menschen, die heute zuhören: Erinnern Sie sich an die Zeit, als diese Partei in


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Verantwortung war! Was hat sie denn getan? (Zwischenruf des Abg. Wurm.) – Es gab irre Ministerinnen, die gesagt haben, Menschen können pro Monat locker von 150 Euro leben. (Abg. Belakowitsch: Da hat es auch keine Inflation von 10 Prozent gegeben!) Sicherlich, hat sie dazu gesagt. – Frau Belakowitsch, passen Sie auf, was Sie sagen: 150 Euro reichen niemals aus. (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: Dann gab es ganz gescheite Leute, die in einer gemeinsamen Regierung gemeint haben, man reduziert jetzt einmal die Familienbeihilfe, weil eben nicht alle gleich sind; sie dürfen alle gleich viel leisten, aber sie krie­gen nicht dieselbe Familienbeihilfe – auch unter Ihrer Verantwortung. (Abg. Bela­kowitsch: Sie haben auch nicht die gleichen Kosten! – Abg. Hafenecker: Mit Ihrem Koalitionspartner, nicht?)

Dann gab es eine Hochzeit: Es gab eine Hochzeit Ihrer Ministerin und einen tollen Kniefall. Wissen Sie, vor wem? – Vor Wladimir Putin. (Rufe bei den Grünen: Ui, ui, ui!) Beschenkt wurde diese Ministerin mit einem wahnsinnsteuren
Collier, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

So funktioniert Ihre Politik, wenn Sie Verantwortung übernehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meanwhile in Österreich aber passiert eine Veränderung, und das ist eine Zeit, in der es Menschen wirklich nicht gut geht, in der wir Sorgen haben (Abg. Belakowitsch: Weil Sie in der Regierung sind! Deswegen!), in der wir uns darum sor­gen, wie es unseren Kindern gehen wird, wie es unseren Enkeln gehen
wird, wie wir sie trotz der Sorgen und Ängste letztendlich in eine gute Zukunft führen – absolut.

Diese Partei aber, die Grünen, und diese Bundesregierung (Abg. Wurm: Sind su­per!), wir sehen unsere Arbeit nicht darin, immer zu sagen, dass wir alles
richtig gemacht haben. (Abg. Belakowitsch: Haben das Land in die Krise geführt!) Wir kämpfen aber jeden Tag darum, dass etwas gelingt und etwas besser
wird. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wenn sich Menschen ohnmächtig füh­len, wenn Menschen nicht wissen, wie sie wieder auf die Füße kommen


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(Abg. Hafenecker: Jeden Tag ...!), dann brauchen sie Zuversicht, Halt, sie brauchen jemanden, der Richtung gibt und letztendlich auch gute Lösungen präsentiert. (Abg. Belakowitsch: Da sind Sie leider nicht die Geeigneten!)

Deshalb sitzen wir ja im Parlament: damit wir Lösungen diskutieren. Man kann jederzeit Lösungen verbessern, aber sich einfach nur hinzustellen und: Stopp!, zu schreien, nichts zu tun, laut zu sein, zu schreien, zu hetzen und zu spalten ist keine Lösung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meanwhile in Österreich verändert sich etwas. Die Menschen in Österreich sind nämlich klasse. Wir leben davon, dass wir füreinander und miteinander arbei­ten. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wir erleben, wie Menschen in der Technologie, im Fortschritt und in der Wissenschaft unser Land verändern (Abg. Belakowitsch: Wir wollen das Land gar nicht verändern!), wie wir energie­unabhängig werden, wie wir auch zufriedene Menschen haben, die sagen: Toll, endlich kann ich als Pensionistin mit einem günstigen Klimaticket durch Österreich fahren, und ich spare mir Geld! (Abg. Belakowitsch: Ja, eh!) Das sind Realitäten, die wir immer wieder kennenlernen.

Hetzen Sie nicht herum, hören Sie auf zu spalten! Das hilft niemandem, und das ist nicht gesund – nicht für Sie und nicht für uns. (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Treten Sie zurück! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Hafenecker: War das schön, als die Grünen nicht
im Parlament waren! – Zwischenrufe bei den Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Seidl. – Bitte.


10.23.54

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen


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und Zuseher! Ich muss jetzt ein paar Ergänzungen zu meinen Vorred­ner:innen machen.

Eine Sache, die mir besonders wichtig ist: Herr Krainer, ich weiß schon, dass für die SPÖ das Wort Aktionär ein brutaler Trigger ist und man dort sofort los­rennt und sagt, dass das alles unfair ist. Die Aktionäre der Landesenergieversor­ger:innen sind die Bundesländer. Damit spülen die sich ihr eigenes Geld in
die Tasche. Also es ist nicht so, wie es dargestellt wird: als wären es irgendwel­che Fremde, die dieses Geld kassieren. Es tut mir leid: Die Landeshauptleu­te freuen sich sehr über dieses Mehr an Geld, das ihnen in die Kassen hineinge­spült wird.

Eine zweite Sache –Herr Zarits hat es vorhin auch gesagt –: Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Beihilfen, Förderungen, Förderungen, Förderungen, Förderungen. – Genau das ist das Thema. Lassen Sie den Menschen doch bitte einfach das Geld in der Tasche, anstatt es ihnen anschließend über Förderungen wieder zurückzugeben! (Beifall bei den NEOS.)

Ich finde es sehr interessant, dass man in den letzten Wochen einen neuen Schuldigen für die hohe Inflation gefunden hat. Insbesondere ist da die Gastronomie genannt worden. Auf dieses Thema möchte ich kurz eingehen, weil ich es schon für interessant halte, dass die Bundesregierung nicht in die Gänge kommt und dann draufkommt, dass die Gastronomie schuld ist. (Zwi­schenruf des Abg. Höfinger.)

Wenn Sie selbst ein Restaurant haben – ich weiß nicht, viele hier herinnen werden keines haben, aber wenn Sie eines hätten –, vor diesen Heraus­forderungen der letzten Monate stehen – gestiegene Mieten, gestiegene Löhne, gestiegene Energiepreise et cetera (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höfin­ger) – und dann noch draufkommen, dass Sie zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben und nicht so viele Öffnungstage haben können, wie
Sie brauchen, und den Umsatz in kürzerer Zeit erledigen müssen: Was tun Sie? –


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Sie setzen sich hin, fangen an, zu rechnen, und kommen drauf: Es geht
sich so einfach nicht aus. Also werden die Preise erhöht.

Für mich ist das ziemlich logisch, aber man kann natürlich sagen: Sie sind schuld. – Das sehe ich nicht so, und ich finde das bedenklich, weil man sich schon überlegen muss: Was hat die Bundesregierung bisher gemacht? –
Sie hat kräftig an der Inflationsspirale gedreht, indem sie ganz viel Gießkannen­geld ausgeschüttet hat – aus meiner Sicht ein bisschen wie ein Trittbrett­fahrer. Warum? – Weil die Inflation ja auch sehr viel Geld in das Budget des Bundes spült. Deswegen kann man da schon ein gewisses Interesse daran haben, dass die Inflation nicht sinkt. Das halte ich Ihnen vor. (Abg. Schmuckenschla­ger: So ein Schwachsinn! ... volkswirtschaftliche ...!)

Viel wichtiger ist aber die Frage: Was haben Sie nicht gemacht? – Sie haben nicht auf der Einnahmenseite gespart, Sie schauen nicht, dass Sie Ihre Einnahmenseite im Griff haben. Ganz im Gegenteil: Sie profitieren.

Sie sind nicht in der Lage, die Lohnnebenkosten so deutlich zu senken, dass bei den Menschen spürbar mehr übrig bleibt: 0,1 Prozent – oha, das ist ja ganz viel! – Das ist das, was die Bundesregierung verkauft. Es muss mehr Netto übrig bleiben, und zwar von weniger Brutto. Nehmen Sie den Leuten einfach weniger weg, damit sie mehr Geld zum Leben haben!

Zu Lohnnebenkosten, Kammerumlage 2 eine Sache: Die Wirtschaftskammern sitzen auf einem Haufen Geld. Die Inflation und höhere Löhne spülen über die Kammerumlage 2 noch mehr Geld in die Wirtschaftskammern. Jetzt könnte man ja auch auf die Idee kommen und sagen: Okay, wir senken diese Kammerumlage und geben den Leuten das Geld, also nehmen es ihnen gar nicht erst weg! – Passiert ist nichts. (Beifall bei den NEOS.)

Die aufgebauten Reserven der Wirtschaftskammer in schlechten Zeiten zu ver­wenden, um den Arbeitnehmer:innen diese Kosten nicht aufzubürden: Das könnte man machen, hat man aber nicht gemacht. Passiert ist also nichts –


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wobei nichts jetzt auch nicht ganz stimmt: Die Wirtschaftskammer ist gestern draufgekommen, dass eine vegane Kochlehre vielleicht nicht so toll ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist die Maßnahme, die sie setzt: nämlich den Beruf des Kochs noch unattraktiver zu machen, als er aktuell schon ist, und wei­tere Hürden einzuführen.

Lohnnebenkostensenkung für Überstunden: Das machen wir nicht. Ein besonders attraktives Klima für Arbeitnehmer:innen, damit sie in unser Land kommen: Das machen wir nicht. Ausreichend Kinderbetreuungsplätze, damit man endlich mehr als 10 Stunden, vielleicht mehr als 20 Stunden arbeiten kann: Das ist nicht möglich. Die Bundesregierung: Das machen wir nicht.

Insgesamt muss ich sagen: Es wäre schon sehr sinnvoll, wenn man endlich in die Gänge kommen und unseren Standort mit diesen Maßnahmen nicht nur aktuell, sondern langfristig absichern würde. Kommen Sie bitte endlich in die Gänge! (Beifall bei den NEOS.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Strache. – Bitte sehr.


10.29.05

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es wird immer schwieriger, vor Menschen, die nichts mit Politik zu tun haben, die abseits der Politik stehen, noch wirklich gute Argumente zu finden, warum sie ihr Ver­trauen in die Politik und die politischen Akteure nicht verlieren sollten – ein Ar­gument zu finden, damit sie sagen: Da gibt es noch Vertrauen, da kann man noch Vertrauen haben. – Die Menschen sind mehr als verzweifelt, und Bes­serung ist dank der marginalen Maßnahmen nicht in Sicht.

Natürlich kann man in gewisser Weise den Ansatz verstehen, zu sagen: Man lässt den Markt alles selbst regeln und verhindert den staatlichen Eingriff


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so  lange wie möglich!, aber in den letzten Monaten sind die Preise stetig ge­stiegen, und daher kann man nicht weiterhin derart passiv agieren.

Ich sehe nicht, dass die momentanen Lösungsansätze auch da ansetzen, wo sie tatsächlich ansetzen müssten, ob diese Weichenstellungen ein Weg sind, den Menschen in diesem Land zu helfen, oder ob erneut die Bevölkerung nicht gehört und nicht verstanden wird. Aber ja, ich glaube auch, dass die Bun­desregierung vom Zuhören und vom Verstehen wirklich keine Ahnung mehr hat.

Die letzten Jahre, die Krisenjahre, haben den Österreicherinnen und Österreichern vieles abverlangt. Seit mehr als drei Jahren leben wir gefühlt in einer Art Dauerkrise, und die Menschen sind zu Recht mehr als verbittert und verärgert: weil man nicht mehr den Eindruck hat, es wird Politik im Sinne des Gemeinwohls gemacht, sondern es geht lediglich um die Profilierung einzelner politischer Akteure.

Viele Menschen müssen aufgrund der Teuerungen ihr gesamtes Leben umstel­len, Familien, Alleinerziehende, aber auch zahlreiche Pensionisten müssen
seit Monaten Verzicht üben und eine unheimliche Anspannung aushalten, wobei sie von den Regierungsparteien tatsächlich im Stich gelassen werden –
soziale Kälte, die jetzt real geworden ist, denn Hunderte Menschen haben lieber gefroren, als zu heizen. Lösungsvorschläge werden liegen gelassen, nur
weil sie von Oppositionsparteien kommen.

Liebe Regierung, während Sie hier im Parlament gerne so tun, als wären Sie im Olymp und nicht im Parlament, warten im Land Hunderttausende Öster­reicher verzweifelt darauf, dass ihre Hilferufe endlich gehört werden. Man darf zu Recht die Frage stellen – wenn man den Blick in die Nachbarländer schweifen lässt, sieht man, dass die Schweiz, Frankreich und selbst Spanien, sie alle die Krise besser meistern –, warum das in Österreich so passiert ist,
und vor allem, was passiert ist. Es ist wenig passiert (Abg. Höfinger: ... genau!); Einmalzahlungen, die vor allem medial nett zu verkaufen sind, aber
eben nur einmal helfen, nur einmal unterstützen können. (Weitere Zwischenrufe


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bei der ÖVP.) Wirklich, ganz im Ernst: Das ist so weit weg, sogar die Spanier
sind vor uns. Ist es nicht so? Nein? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Familien, alleinerziehende Mütter, Väter, Pensionisten und Pensionistinnen, aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer, liebe ÖVP, die beispielsweise
ihre gestiegenen Energiekosten nicht mehr an den Endverbraucher weitergeben können und möchten: Sie alle haben sich mehr erwartet und mehr verdient
als erneut Zynismus oder ein Handeln erst auf Nachdruck mit lapidaren Einmal­zahlungen, nur damit kein übler medialer Beigeschmack bleibt. Aber ich
sage Ihnen etwas: Dieser Beigeschmack ist schon längst da! Eine kaschierende Schlagzeile hilft da wenig, auch keiner Partei, die gerne die nächsten
Wahlen gewinnen möchte beziehungsweise die dabei ist, das zu tun. Da braucht es auch keinen Pseudogipfel, wie es ihn vor zwei Wochen gegeben hat,
bei dem es abermals nur um Inszenierung gegangen ist.

Die Not der Menschen ist nach wie vor spürbar, sie ist greifbar, man muss halt nur hinschauen oder den Willen haben, hinzuschauen – jeden Tag, für so
viele Menschen in diesem Land, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen, nicht gehört fühlen, Hunderttausende Österreicher, die um ihr Überleben kämpfen, als kleine Unternehmer kurz vor der Pleite stehen, die als Kleinverdie­ner oder alleinerziehende Mütter vergessen wurden und nicht mehr genü­gend Geld zum Überleben haben. Es gibt Zigtausende Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, die unter psychischen Schäden nach den Lock­downs leiden; finanzielle Sorgen sind da ein zusätzlicher psychischer Druck, der kaum auszuhalten ist. Und ja, es ist nachvollziehbar, dass die Betroffenen
kein Verständnis, und zwar absolut kein Verständnis haben, wenn jetzt nicht et­was passiert, Maßnahmen ergriffen werden, aufgegriffen werden.

Das Wichtigste muss wieder in den Vordergrund: die Sorgen der Menschen zu verstehen, sie zu hören und ernst zu nehmen. Die Teuerungen sind seit Monaten ein Thema und die Auswirkungen wenig überraschend. Lösungen wie Mindestlohn, ein Preisdeckel, all das liegt auf dem Tisch. Wir brau­chen in diesen schwierigen Zeiten eben keine Profilierungsversuche mehr. Die


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Menschen in diesem Land sind längst zu Bittstellern geworden, und das dürfen sie einfach nicht sein! Sie müssen Hilfe bekommen, Lösungen müssen aufgezeigt werden. Es ist einfach eine Belastung für eine alleinerziehende Mutter, statt 70 Euro Energiekosten plötzlich 400 Euro zu zahlen. Es ist eine Be­lastung für 1,5 Millionen Österreicher, wenn sie ihre Miete nicht mehr zah­len können.

Und bei allem Respekt – ich hätte es vielleicht nicht erwähnt, wenn es heute nicht noch einmal aufgekommen wäre –: Vor rund drei Wochen ist der geschätzte Herr Bundeskanzler in der „ZIB 2“ gesessen und hat gesagt, Arbeit schütze vor Armut. Er hat es heute wiederholt und noch einmal gesagt. Da frage ich mich, ganz ehrlich! Das ist Zynismus pur, das ist pure Ironie, das ist blanker Hohn, wenn man das so sagt, denn die Teuerungen, eine derart hohe Inflation treffen genau die arbeitenden Menschen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), Menschen, die jeden Tag ihre Leistung bringen, für die es aber trotzdem nicht reicht, für die es sich trotzdem nicht ausgeht: Das ist
ja das Frustrierende an dieser Situation geworden. Trotzdem ist jeder Einkauf im Supermarkt teurer geworden, sind die Wohnkosten gestiegen, die Energie­kosten, und, und, und.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ja. – Es ist eine verhängnisvolle Spirale, bei der man längst hätte gegensteuern können und müssen.

Wir müssen in der Bevölkerung wieder für Vertrauen in die Politik sorgen, indem wir Maßnahmen setzen, die tatsächlich einen Effekt haben. Die Not ist
jetzt da, sie ist spürbar. Wie lange wollen Sie noch warten, liebe Regierungspar­teien, bevor Sie diese Sorgen aufgreifen, politische Maßnahmen schaffen,
die ein Leben tatsächlich wieder lebenswert machen? (Rufe bei der
ÖVP: Redezeit!)
 – Es ist der Schlusssatz, alles gut! Jetzt können Sie ans Arbeiten gehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.35



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist nun niemand mehr dazu gemel­det. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich darf die Botschafterin von Georgien und die Abgeordneten, die unser Haus besucht haben, recht herzlich in unserer Mitte begrüßen. Herzlich willkom­men! (Allgemeiner Beifall.)

10.35.37Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Auf in die Vereinigten Staaten von Europa. Europa jetzt Entscheidungs-, Zukunfts-, und vor allem Verteidigungsfähig machen!“

Ich darf dazu die Mitglieder des Europäischen Parlaments Gamon, Mandl, Mayer und Waitz recht herzlich begrüßen. Frau Bielowski sehe ich noch nicht, sie ist aber auch eingemeldet. (Abg. Leichtfried – auf die für die Mitglieder des Europäi­schen Parlaments vorgesehenen Sitzplätze auf der SPÖ-Seite zeigend –: Herr Präsident, da!) – Ah, sie sitzt nicht auf ihrem Platz. Entschuldigung, Frau Abge­ordnete, ich sah sie nicht. (Abg. Leichtfried: Sie müssen manchmal nach links schauen!) – Herr Klubobmann, ich schaue auf den Platz, für den sie eingemeldet ist, dort zu sitzen. Vielleicht kann der Klubobmann ihr helfen, den richtigen
Platz zu finden. (Ma-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Na geh bitte! Also wirklich!)

Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.


10.36.37

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitglieder des Europäischen Parlaments! Liebe Zuschauerin­nen und Zuschauer! Das Privileg in meinem Klub, mit der Erfahrung des
Alters zu sprechen, hat normalerweise Helmut Brandstätter (Abg. Leichtfried: Na eher der Loacker, oder?), aber ich möchte mir erlauben, zu sagen, dass ich


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doch auch ein gewisses Alter habe. Ich bin noch in dem Wien aufgewachsen, nach dem, kurz danach, wenn man in den Osten gefahren ist, sozusagen die Welt aufgrund eines Eisernen Vorhangs zu Ende war. Der Fall des Eisernen Vor­hangs, der Fall der Berliner Mauer, das waren politisierende, prägende Ereignisse in meiner Kindheit und Jugend, und so auch der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union.

Ich bin nicht alt genug, um Erfahrungen in einer Zeit gemacht zu haben, als die Völker Europas einander in blutigen Kriegen gegenübergestanden sind, über viele, viele Jahrhunderte. Es ist traurig, dass wir heute wieder einen bruta­len Angriffskrieg auf europäischem Boden erleben. Aber was ich sehen kann, auch mit meiner Erfahrung, ist, dass diese Überwindung dieser blutigen Kriege der europäischen Völker auch und gerade ein Effekt, ein Ergebnis dieses vereinten Europas, der Europäischen Union ist, das vor allem eines ist, und das dürfen wir nicht vergessen: ein Friedensprojekt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind jetzt allerdings an einem Wendepunkt angekommen, nicht nur, aber gerade auch wegen dieses Krieges in der Ukraine, wegen des völker­rechtswidrigen Angriffskrieges Putins auf die Ukraine. Es ist kein Wunder, dass am Majdan, in Wien, in Georgien wie auch in der Republik Moldau Tau­sende, Zigtausende Menschen auf die Straße gegangen sind und auf die Straße gehen und mit einem Selbstbewusstsein und mit Stolz sagen: Wir wollen Teil dieser Europäischen Union sein! Die moldauische Präsidentin Maia Sandu hat jetzt am Wochenende mit ebensolchem Stolz gesagt, der Platz Mol­daus sei in der Europäischen Union. Das sollte uns zu denken geben, denn das ist der Raum des Friedens, aber auch der Freiheit und des Wohlstands.

Aber der Wendepunkt ist nicht nur in sicherheitspolitischer Hinsicht. Wenn wir nicht aufpassen, dann, glaube ich, werden uns bald – wenn es nicht schon längst auch passiert – andere Regionen der Welt um die Ohren fahren und dann werden wir als Europa nicht nur geostrategisch und sicherheitspolitisch,


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sondern vor allem auch wirtschaftlich in einer Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Wenn ich mir anschaue, was in den USA passiert, welcher Fokus dort selbstverständlich auf China und jetzt auf diesem indopazifischen Raum liegt, und wenn ich Republikanern zuhöre, die sagen, Europa müsse sich selber um diese Angelegenheiten kümmern, sie kümmern sich um China, auch wenn ich mir anschaue, was gerade in Indien passiert, was in Afrika passiert, dann muss ich sagen, ich mache mir große Sorgen um die wirtschaftliche Schlagkraft und damit um die Sicherung der Freiheit, des Friedens und des Wohlstands unseres Kontinents.

Genau solch ein Wendepunkt bedeutet, dass man überdenken muss, wie wir schlagkräftiger werden, wie wir unseren Stolz und unser Selbstbewusst­sein als Europa zur Erhaltung des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands auch in Zukunft einsetzen. Und da müssen wir doch ganz klar die Fragen stellen: Sind wir in Europa aktuell handlungsfähig genug? Sind wir entscheidungs­fähig genug? Sind wir auch verteidigungsfähig genug? – Ich meine, die Antwort darauf ist völlig klar: Das sind wir nicht!

Wir werfen diese Frage aktuell auf, weil sie sehr brennend ist, denn ich erlebe eine Bundesregierung, allen voran eine ÖVP, die wahrscheinlich aus Angst vor der FPÖ wie das Kaninchen vor der Schlange in den letzten Monaten auch immer wieder aus innenpolitischen Motiven nationalistische Slogans von sich gegeben hat, anstatt sich wirklich mit den proeuropäisch gesinnten, prodemokratisch gesinnten Partnerinnen und Partnern in der Europäi­schen Union gemeinsam darauf zu verständigen, dass wir die EU handlungsfähig und entscheidungsfähig machen.

Wir haben heute in der Früh schon gehört, wie sinnlos es ist, sich gesellschafts­politisch, wirtschaftspolitisch, übrigens auch sicherheitspolitisch, ausge­rechnet etwa an Ungarn ein Beispiel zu nehmen, an Viktor Orbán, der ja mit seinen Erpressungsversuchen, was jetzt auch die Sanktionen gegenüber


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Russland angeht, immer wieder zeigt, wie schwierig es geworden ist, in einer EU, die solch eine Kakofonie aus verschiedenen Mitgliedstaaten mit sich bringt, zu Entscheidungen zu kommen, und wir wollen nicht am Gängelband Putins und auch nicht am Gängelband von Viktor Orbán sein, wenn es darum geht, Europa handlungsfähig und entscheidungsfähig zu machen.

Es gibt Bereiche in der Europäischen Union, die noch immer dem Einstimmig­keitsprinzip unterliegen (Abg. Steger: Gott sei Dank!), in denen immer noch das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Es mag vordergründig im Interesse Österreichs, eines kleinen Landes sein, zu sagen: Na ja, ich habe dort genauso Sitz und Stimme wie ein großes Land! – dieses Argument verstehe ich auch –, aber sehen Sie nicht auch, wenn wir beispielsweise eben auf geopolitische Auseinan­dersetzungen schauen, wie wenig strategiefähig wir in Europa durch diese Kako­fonie sind, wie notwendig es wäre, da jetzt entschlossen einen Schritt zu machen, wie ihn jetzt eine Reihe von Staaten macht? Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Italien, Finnland, Slowenien, Spanien, Belgien, Luxemburg,
also auch kleine Länder, haben sich zusammengetan und gesagt: Okay, ändern wir dieses Einstimmigkeitsprinzip zugunsten eines Mehrstimmigkeitsprin­zips – zugunsten einer Schlagkraft, eines Selbstbewusstseins, einer Entschei­dungsfähigkeit Europas!

Es wäre ein historischer Moment gewesen, wenn eine österreichische Bundes­regierung gesagt hätte: Jawohl, da sind wir dabei, das sind unsere Partner,
denn die wollen uns stärker machen, die sehen den Stolz, den wir in Europa ha­ben, und auch die Notwendigkeit, uns in eine gute Zukunft zu führen!
Und es sind nicht unsere Partner in Nationalismen, wie das ein Viktor Orbán macht, die am liebsten eine Festung Ungarn errichten wollen, oder
auch die Nationalisten in den eigenen Reihen hier im Haus, wie die FPÖ, die am liebsten den Öxit möchte. Das sind nicht unsere Partner in einem star­ken Europa, sondern genau die genannten Länder sind es, die Europa und Österreich weiterentwickeln wollen, anstatt Österreich und Europa kleinzuhalten.


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Zukunftsfähigkeit – ich mache mir große Sorgen um die Industrialisierung oder die Zukunft der Industrie in Europa, und ich glaube, mit mir auch sehr viele Ökonomen und Ökonominnen und auch viele Bürgerinnen und Bürger, die sehen, in welchem Spannungsverhältnis natürlich auch die notwendige ökologische Transformation zur Industrie in Europa steht. Aber auch diesbezüg­lich fahren uns die USA und China um die Ohren.

Wir diskutieren und der Kanzler macht irgendwie lustige Brumm-brumm-Auto­gipfel und in der Zwischenzeit finden technologische Revolutionen in
China statt, was die Zukunft von Batterien angeht, die dann nicht mehr von Lithium abhängig sein werden. Die USA machen gerade als Antwort
auf den europäischen Green Deal ein massives Subventionierungsprogramm für Solarenergie und erneuerbarer Energie und werden uns in diesem Be­reich um die Ohren fahren, wenn wir nicht in den nächsten Monaten ganz ent­schlossen und geschlossen und selbstbewusst die Weichen stellen,
beides zu schaffen: die ökologische Transformation, die Energiewende mit dem Green Deal, aber selbstverständlich auch eine starke Industrie. (Beifall
bei den NEOS sowie des MEP Gamon.)

Da müssen Sie als Regierung liefern und dürfen sich nicht in irgendwelchen plumpen FPÖ-tauglichen Slogans verlieren, anstatt sich da völlig klar
auf die Seite Europas und Österreichs zu stellen.

Oder schauen wir auf die Verteidigungsfähigkeit Europas: Es ist traurig, dass wir sehen müssen, dass das Konzept auch der vergangenen Jahrzehnte, dass
wir durch eine Friedensdividende – mit einer Abrüstung unserer Ausgaben für das Heer einhergehend – unseren Sozialstaat, unsere Bildungspolitik finanzieren können, angesichts neoimperialistischer Machtgelüste eines Wladi­mir Putin nicht mehr funktioniert.

Er sagt ja, was er will, man muss diesen faschistischen Diktatoren zuhören, sie sagen ja genau, was sie wollen. Es geht ja nicht nur um die Ukraine, es


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geht um das Baltikum, es geht um die Destabilisierung Europas, unserer gesam­ten offenen Gesellschaft. Deshalb müssen wir als Österreich und selbst­verständlich auch als Europa wehrhaft sein.

Noch einmal: Die USA werden nicht immer zu Hilfe eilen können, wenn es da­rum geht, selbstbewusst unsere Freiheit, unseren Frieden in Europa zu sichern und unsere europäischen Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Das müssen wir schon selber erledigen und da muss Österreich ein verläss­licher Partner werden.

Aber ich frage: Sind wir ein verlässlicher Partner, wenn Sie Scheingefechte führen, die Neutralität zur Identitätspolitik erheben, sich unter dem Vorwand der Neutralität in der EU an einer humanitären Minenräumung nicht beteiligen wollen? Dann kommen Sie aber drauf: Ha, ha, das machen wir eigentlich ohnehin unter der OSZE!, also kann ja das Argument Neutralität hier nur wirklich
völlig fadenscheinig sein.

Österreich muss ein verlässlicher und entschlossener Partner beim Aufbau eines wirklich wehrhaften und verteidigungsfähigen Europas in Richtung eines europäischen Heeres sein.

Es gibt ja den Spruch: Either you sit at the table or you are on the menu!, also entweder Sie haben einen Platz am Verhandlungstisch als verlässlicher
Partner oder Sie sind auf der Speisekarte zu finden und werden aufgefressen, so wie das ja übrigens in der Vergangenheit auch war. Für alle, die glauben, Neutralität schützt: Schauen Sie sich einmal die Aufmarschpläne des Warschauer Pakts an! Das neutrale Österreich wäre als Erstes gefallen! (Beifall bei den
NEOS sowie des MEP Gamon.)

Ich glaube, wir sind an einem Wendepunkt angekommen und es ist notwendig, eine Bundesregierung und auch eine ÖVP, eine bürgerliche Kraft der
Mitte zu haben, die weiterhin ganz entschlossen proeuropäisch ist. Ich sage Ihnen aber, ich habe große Sorge. Wenn ich sehe, wer Ihre Partner sind,


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dass auch Sie, Frau Edtstadler, oder auch der EVP-Vorsitzende Manfred Weber auf Einkaufstour unterwegs ist und sich gerne gemeinsam mit den Neo­faschisten in Italien ins Bett legen möchte, so frage ich mich ganz ehrlich: Ist das der Weg?

Wissen Sie, die Geschichte wiederholt sich wahrscheinlich nicht oder hoffentlich nicht, aber sie reimt sich, und dieser Reim, dass die Mitte, die bürgerliche
Mitte, sich mit den Neofaschisten und Nationalisten wieder zusammentut, ist kein guter Reim für eine gute Zukunft in einem selbstbewussten und
starken Europa. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des MEP Gamon.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Frau Bundesminister für EU-An­gelegenheiten Edtstadler auch bei uns begrüßen, aber zu Wort gemeldet
hat sich die Frau Staatssekretär. – Bitte.


10.47.45

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Abgeordnete des Ho­hen Hauses! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Plenarsaal und vor
den Bildschirmen! Ja, ein geeintes, sicheres und starkes Europa ist von ganz zen­traler Bedeutung, und die Europäische Union ist eine der größten Errun­genschaften unserer Zeit, insbesondere wenn wir an die Gräueltaten des Zwei­ten Weltkrieges zurückdenken. Es ist fast unvorstellbar, dass wir heute in
einem geeinten und friedlichen Europa, soweit es geht, leben können.

In meinem Heimatbezirk, im Mühlviertel, hat vor mehr als 30 Jahren Europa aufgehört. Europa war durch den Eisernen Vorhang getrennt. Für mei­ne Generation und die darauffolgenden ist die heutige Situation fast so selbst­verständlich wie das Smartphone in der Hosentasche. Wir müssen unsere
Eltern fragen, um die Zeiten noch einmal in Erinnerung zu rufen – in Erinnerung zu rufen, wie es war, als Europa nicht geeint war, als der Eiserne Vorhang
den Kontinent geteilt hat.


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Für uns ist die Europäische Union heute aber viel mehr als das Versprechen, in Frieden und in einer Gemeinschaft aufzuwachsen, die Europäische Union bedeutet auch die Freiheit, über Grenzen hinweg zu arbeiten, für jun­ge Menschen auch, zu studieren, und, ja, auch so banale und selbstverständliche Dinge zu unternehmen, wie beispielsweise über die Grenzen zu telefonieren.

Wir sind genauso selbstverständlich Europäerinnen und Europäer, wie wir Österreicherinnen und Österreicher sind, und genauso selbstverständlich wollen wir mitbestimmen und mitreden, wenn es um die Zukunft unseres Euro­pas geht, wenn Entscheidungen in Brüssel oder Straßburg getroffen werden.

Die Europäische Union soll eine Staatengemeinschaft sein, die sich um die gro­ßen Fragen kümmert, statt in kleinen Details zu reglementieren, wie bei­spielsweise wenn es um die Verschlüsse von Milchpackerln geht. Wenn es um die großen Themen geht, sind wir auf diese starke Staatengemeinschaft angewiesen, wenn es um den wirtschaftlichen Wettbewerb mit den USA oder mit China geht, wenn es um Friedenssicherung auf unserem Kontinent
geht, insbesondere in Zeiten wie diesen, oder auch um die Bekämpfung der ille­galen Migration. Genau dann hat die Europäische Union die Verantwor­tung, auch diese Probleme zu lösen. Die Europäische Union wurde im Vertrag von Maastricht auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips gegründet und soll­te auf dieser Basis auch weiterarbeiten. Einem föderalen Superstaat – den Verei­nigten Staaten von Europa, wie Sie das darstellen – kann ich absolut nichts abgewinnen und erteile ich auch persönlich eine Absage.

Es braucht Kooperation, gemeinsame Ziele und vor allem eine gemeinsame Si­cherheits- und Außenpolitik; was es nicht braucht, sind europäische Regu­lierungen in den kleinsten Bereichen. (Abg. Steger: Aber Sie stimmen allem immer zu! – Abg. Loacker: Es muss ja keinen Sinn ergeben, was jemand da vorne sagt, nicht?) Ich bin sowohl überzeugte Bundespolitikerin als auch überzeugte Kom­munalpolitikerin, und deswegen bin ich der felsenfesten Überzeugung,
dass uns genau die Subsidiarität lebensnahe Entscheidungen ermöglicht und


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auch ein Garant gegen zentralistische Tendenzen ist. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Motto der Europäischen Union ist: In Vielfalt geeint. Ein starkes Europa lebt davon, dass wir in unterschiedlichen Ländern, unterschiedlichen Kulturen, unterschiedlichen Sprachräumen miteinander leben. Die Stärke Europas ist ge­nau diese Vielfalt, und die gilt es auch zu schützen und zu respektieren.

Die Europäische Union bringt zweifelsohne unglaublich viele Vorteile mit sich. Die offenen Grenzen und der freie Handel haben zum Wohlstand in unse­rem Land und auf unserem Kontinent geführt. Unternehmen können ohne Handelshemmnisse in ganz Europa agieren und Verbraucher haben einen beinahe unbeschränkten Zugang zu einer breiten Palette von Waren und Dienstleistungen, und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen. Das hat zu vielen Arbeitsplätzen, einer extrem hohen Beschäftigung geführt, zu einem guten Wirtschaftswachstum und dem Wohlstand und Wachstum beigetragen, in dem insbesondere meine Generation aufgewachsen ist.

Besonders für junge Menschen bietet die Europäische Union unglaublich viele Vorteile – ich habe es eingangs schon kurz erwähnt –: In einem anderen
EU-Land zu studieren, zu arbeiten, ohne Visum zu reisen steht für uns auf der Tagesordnung, ist beinahe selbstverständlich. Gleichzeitig ist es eine unschätzbare Erfahrung, wenn man in anderen Ländern, anderen Kulturen Sprachen erlernen kann und natürlich auch Kontakte und Freund­schaften knüpft.

Erasmus plus ist das Erfolgsmodell insbesondere für junge Menschen, und ich bin stolz darauf, dass Erasmus plus nicht nur Studierende anspricht, sondern – das wissen die wenigsten – auch Schülerinnen und Schüler, und – ganz wichtig! – auch Lehrlingen ist es möglich, über Erasmus plus Auslandser­fahrungen zu sammeln. Ich bin der Meinung, wir müssen noch viel, viel mehr Marketing dafür betreiben und dafür deutlich stärker auch unter Lehrlin­gen die Werbetrommel rühren.


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Das alles ist ohne die Vereinigten Staaten von Europa möglich. Das alles ist als stolze Österreicherinnen und Österreicher möglich, und es ist gerade die Aufgabe auch von jungen Menschen in unserem Land, dass wir einerseits unsere österreichische Identität, unsere Kultur, unser Brauchtum, unsere Tradi­tionen hochhalten und erhalten und gleichzeitig für ein starkes Europa, in dem wir in den wichtigen Fragen zusammenarbeiten, eintreten.

Wir sind ein stolzes Österreich in einem geeinten, friedlichen Europa. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

10.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte.


10.53.23

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist traditionell immer eines der EU-kritischsten Länder gewesen, aber heute habe ich sehr, sehr gute Nach­richten, und zwar habe ich den aktuellen Imas-Report bei mir, und es
gibt eine ganz klare Trendumkehr: Mittlerweile sind drei von fünf Österreiche­rinnen und Österreichern davon überzeugt, dass die Mitgliedschaft Ös­terreichs in der EU sehr wichtig ist, und jeder Zweite ist auch sicher, dass der Beitritt zur Union mehr Vorteile als Nachteile brachte. Überhaupt nur
noch jeder Vierte ist davon überzeugt, dass unsere Mitgliedschaft mehr Nach­teile hätte.

Das ist gut so, denn kaum ein Land hat so viel von der Europäischen Union profitiert wie Österreich. Woher kam beziehungsweise kommt dann aber diese historische Skepsis der Europäischen Union gegenüber? (Abg. Meinl-Reisin­ger: Weil ... die ganze Zeit ...!) – Ich glaube, da müssen wir uns einmal ganz kritisch auch uns alle hier ansehen. Ich glaube schon, dass die Parteienlandschaft
sehr viel Verantwortung dafür trägt, und es ist nicht die alleinige Schuld der FPÖ,


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aber ich glaube schon, dass ein großer Beitrag zu dieser Europaskepsis aus
Ihren Reihen kommt. Die Wähler - - (Ruf bei den Grünen: Ihr wollt ja mit denen ko­alieren! – Abg. Steger: Und die EU hat überhaupt keinen Grund, oder?) – Bitte? Ich habe Sie nicht verstanden. (Abg. Steger: Die EU hat überhaupt keine
Schuld, dass es die Skepsis gibt?!)
Es ist leider akustisch schwer zu verstehen. Es ist hier leider oft sehr schwierig, zu reagieren, obwohl es in diesem Diskurs
schön wäre, aber es geht nicht, weil man hier heraußen wirklich kaum etwas hört.

Woher kommt diese historische Skepsis? – Ich glaube schon, dass dieser Popu­lismus, der da einfach mit den guten alten Zeiten des Schilling agiert – und:
Die Festung Österreich!, und: Wir müssen uns gegen die da oben, die mit ihren stumpfsinnigen Ideen kommen, wehren! –, sehr viel zur Unsicherheit der
Leute beträgt. Wir wissen auch, wo die Ablehnung am größten ist, das ist näm­lich in eher ungebildeten Gesellschaftskreisen so. Das ist schade und es
ist nicht notwendig, und deswegen finde ich es umso schöner, dass sich da vieles geändert hat.

Die SPÖ – da sieht man momentan, wie viele Abgeordnete noch da sind; ich weiß nicht, ich glaube zehn oder so – war jetzt traditionell sicher nie irgend­wie die totale proeuropäische oder Pro-EU-Fraktion, was vielleicht auch
der Historie oder der Vergangenheit geschuldet ist, nur was ich jetzt spannend finde, ist – die, die da sind, interessiert das Thema ohnehin, die anderen anscheinend weniger –, wie das bei Ihnen mit dieser, nennen wir es verhaltens­kreativen, Zukunftshoffnung Andreas Babler weitergeht.

Dieser war damals mit seiner niederösterreichischen SJ-Landesgruppe aktiv daran beteiligt, vehement gegen den EU-Beitritt zu mobilisieren, und in
seinem Forderungskatalog steht die Abschaffung des Bundesheeres – nicht die der Wehrpflicht, sondern die komplette Abschaffung des Bundesheeres!
Das wäre „Mut und Konsequenz in der verteidigungspolitischen Debatte“, und er sagt, das Material könne man dem Katastrophenschutz und den freiwilligen Feuerwehren zur Verfügung stellen und dann wären wir endlich wirklich neutral.


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Ich sehe das nicht als Mut und Konsequenz in der verteidigungspolitischen Debatte, ich nenne das sicherheitspolitische Verantwortungslosigkeit.
Das ist mangelnde Solidarität. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Es braucht Entschlossenheit, da bin ich ganz bei Ihnen, Frau Kollegin Meinl-Reisinger. Es braucht Entschlossenheit, um den Frieden in Europa wiederherzustellen, um ein starkes Europa zu werden. Ich glaube, wir haben mit Robert Brieger, unserem ehemaligen Generalstabschef und jetzigen
obersten Militärchef in der Leitung des obersten Militärgremiums der EU, einen Spitzenmann (Abg. Meinl-Reisinger: Glauben Sie, ist der zufrieden mit
der österreichischen Sicherheitspolitik? Ich glaube nicht!),
und ich glaube, es ist großartig, dass Österreicher auch dort mitagieren.

Ich glaube, Ihr Wunsch – im Titel der Aktuellen Europastunde ist ja von den „Vereinigten Staaten von Europa“ die Rede – ist ein hehres Ziel, es ist
eine schöne Vision, aber derzeit ist das einfach eine naive Herangehensweise, denn wir sind nicht so weit. Sie spüren überall rundherum, dass da ganz
viel Ablehnung da ist, und ich glaube, je mehr wir in so eine Richtung drängen, desto schwieriger wird es auch, die Leute mitzunehmen. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie haben auch eine Leadershipverantwortung! Sie sind in der Regierung, Entschuldigung! Das wäre - -!) Das ist genau der Punkt: das Thema Leader­ship – dazu komme ich später noch.

Was es unserer Meinung nach in der EU jetzt braucht - - (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Vielleicht haben wir einfach einen anderen Ansatz, Frau Kollegin. Aber es ist schön: Ich habe Ihnen zugehört, Sie hören mir auch zu – das ist dann gut.

Es geht um einen abrupten Übergang – „die Vereinigten Staaten von Europa“ finden sich ja im Titel der Aktuellen Europastunde –, und ein abrupter
Übergang ist sicher nicht möglich, denn er würde diese Unterschiede nicht auf­lösen, sondern er würde sie verstärken.


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Unsere Strategie ist einfach eine andere: Wir glauben, wir müssen die bestehen­den europäischen Institutionen – und zwar diejenigen, die gut funktionie­ren – weiter stärken und die anderen transformieren, und dafür braucht es – da gebe ich Ihnen völlig recht – Leadership. Es braucht politische Leadership innerhalb der EU – das ist notwendig –, und es braucht meiner Meinung nach auch ein visionäres anderes Denken. Dazu braucht es Mut, auch da bin
ich bei Ihnen. Es ist nicht alles gut, es gibt vieles, was wir da verändern müssen, aber ich glaube, der Weg muss ein anderer sein.

Damit wir Wohlstand, die Diversität, die Demokratie in Europa weiter festigen, damit das, was in Europa alles gut ist, was die Menschen auch zu Recht
als gut empfinden – unseren Wohlstand – festigen, braucht es sicher neue Ideen, neue Ziele.

Eines möchte ich jetzt schon zu diesen vermeintlichen Austrittfantasien, die ja doch immer wieder unterschwellig aus FPÖ-Kreisen kommen, sagen.
Petra Steger, wir waren letzte Woche gemeinsam in Großbritannien. Du warst nicht mehr dort, aber Nina Tomaselli und ich standen da, und dort gehen
jeden Tag Leute protestieren, weil sie unbedingt wieder in die EU zurückkom­men wollen. Die stehen jeden Tag da und mobilisieren und versuchen,
wieder ein Umdenken zu erwirken. (Abg. Steger: Und in den letzten Jahren sind ständig Leute demonstrieren gegangen, um ... Rücktritt zu wollen! Darauf
haben Sie auch nicht gehört!)

Großbritannien – wir haben uns dort viele Gespräche angehört – hat viel mehr Probleme als vorher. Die Probleme und Themen, die dort angesprochen
worden sind, die sich bei einem Brexit vermeintlich lösen würden, sind nicht ge­löst worden. Im Gegenteil: Es sind viele, viele Probleme und Herausfor­derungen für die Briten dazugekommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte!


Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (fortsetzend): Deshalb brauchen wir einen Zuspruch zur EU, und ich habe Ihnen etwas mitgebracht, und


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zwar diesen (einen Ausdruck in die Höhe haltend) Report. Ich gebe ihn jetzt (in Richtung Abg. Steger) Ihnen, Frau Kollegin, weil Herr Kickl nicht hier ist.
Eigentlich wollte ich das Herrn Kickl als erfahrenem Populisten selbst übergeben. Das ist der Zuspruch.

Das Wählerpotenzial, das Sie ja immer ausnützen wollen, wäre dann besser aus­genützt, weil wir sehen, dass mittlerweile nur noch jeder Vierte dagegen ist. Nutzen Sie also Ihr ganzes Wählerpotenzial aus und werden auch
Sie proeuropäisch! (Beifall bei der ÖVP.)

10.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.


10.59.27

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Jeitler-Cincelli, ich glaube, in einer Europastunde ist es vor allem unsere Auf­gabe als Abgeordnete, als österreichisches Parlament, darüber zu disku­tieren, was wir tun können, um die Europäische Union besser zu machen. Ich glaube, damit sollten wir uns beschäftigen. Das ist für uns Abgeord­nete eine wesentliche Aufgabe, und das möchte ich an dieser Stelle auch tun.

Wenn wir über die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union sprechen,
dann glaube ich, dass gute Schritte schon gemacht worden sind, gerade in letzter Zeit. Die Europäische Union ist gleichstellungspolitisch auf dem richtigen
Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind in den letzten Monaten wesentliche Richtlinien verhandelt und auch beschlossen worden – von sozialdemokratischen Kolleg:innen: Vizepräsi­dentin Evelyn Regner, Theresa Bielowski und vielen anderen –: Lohntransparenz zum Beispiel oder auch die Geschlechterquoten in Vorstands- und Auf­sichtsratsriegen. Europa geht da voran, die Gleichstellung der Geschlechter steht ganz oben auf der Tagesordnung. Nach hartem Tauziehen, nach harten


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Verhandlungen konnte man da tatsächlich gute Richtlinien auf den Weg bringen, und das ist wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Warum sind das so wesentliche Bausteine? – Weil gerade wir in Österreich unendlichen Aufholbedarf haben. Wir haben nach wie vor eine Lohnschere zwi­schen den Geschlechtern von rund 20 Prozent – auch bei den Pensionen: Frauen bekommen nach wie vor rund 40 Prozent weniger Pension als Männer –, und die Lohntransparenz ist da ein wichtiger Baustein, um Gehälter auch vergleichen zu können. Wir wissen, Frauen sind hoch qualifiziert und bekommen trotzdem weniger – einfach weil sie Frauen sind. (Präsidentin Bures über­nimmt den Vorsitz.)

Genauso werden mit der sogenannten Women-on-Boards-Richtlinie Frauen bestmöglich unterstützt, um die gläserne Decke leichter durchbrechen zu können. Sie sind hoch qualifiziert – auch da –, und trotzdem gibt es eine gläserne Decke, die Frauen hindert, die Frauen auch wirklich behin­dert, gleichberechtigt wie männliche Kollegen in Aufsichtsratspositionen, in Vorstandspositionen zu kommen. Österreich und vor allem die Regie­rungsparteien sind jetzt gefragt, diese Richtlinien schnellstmöglich umzusetzen, um hier auch frauenpolitisch voranzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters hat das EU-Parlament etwas wirklich Großartiges beschlossen, nämlich den Beitritt zur Istanbulkonvention. Somit müssen alle Mitgliedstaaten die Istanbulkonvention auch tatsächlich umsetzen und somit Frauen und Mäd­chen vor Gewalt schützen. Das ist wesentlich gerade in Zeiten wie jetzt, in denen wir sehen, dass es bei kriegerischen Auseinandersetzungen Frauen- und Menschenrechte, auch Kinderrechte, sind, die immer weiter zurück­gedrängt werden, die angegriffen werden, die auch tatsächlich verletzt werden. Sexuelle Gewalt wird nach wie vor als Kriegswaffe eingesetzt. Frauen und Mädchen werden vergewaltigt, sie werden gedemütigt, Kinder werden verschleppt. Deshalb ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Kriegsverbrechen, die im Zuge des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine begangen werden, bestmöglich aufgeklärt werden – das ist ganz, ganz klar.


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Genauso müssen wir innerhalb der Europäischen Union die Frauenrechte vo­rantreiben. Wir müssen den Frauen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, vertrieben worden sind und möglicherweise vergewaltigt wurden, den Schwan­gerschaftsabbruch in der Europäischen Union ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen für sie den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gewährleisten, und wir wissen, dass das nicht überall möglich ist, dass auch Polen diesbe­züglich ganz harte Regelungen getroffen, ganz harte Gesetze erlassen hat und die Frauenrechte beschneidet. Insbesondere jenen vertriebenen Frauen müssen diese Frauenrechte aber zuteilwerden. Dafür sind wir auch als Öster­reich zuständig, dass wir diese Frauenrechte in der gesamten Europäi­schen Union einfordern.

Diesen gemeinsamen Weg in der Europäischen Union können wir nur so gut ausbauen, wie wir ihn gemeinsam gehen. Viele Zukunftsfragen sind in den letzten Jahren durch die Konferenz zur Zukunft Europas beantwortet wor­den. Vieles wurde diskutiert und auch tatsächlich in Vorschläge gegossen. Einige Vorschläge liegen nach wie vor brach; ich glaube, diese Vorschläge muss man zurate ziehen und auch wirklich umsetzen. Das wäre wesentlich.

Ein Punkt, den ich zum Schluss noch erwähnen möchte: Auch der Westbalkan, die Staaten des Westbalkans sind Teil einer Europäischen Union, müssen
in der Zukunft Teil einer Europäischen Union werden. Wir dürfen die Länder des Westbalkans nicht im Stich lassen, sondern müssen ihnen klare Beitritts­perspektiven bieten.

Am Ende möchte ich noch aus der Zeitung der Demokratiewerkstatt zitieren, jener Institution im österreichischen Parlament, die politische Bildung an Schülerinnen und Schüler vermittelt. Diese Schülerinnen und Schüler gestalten immer eine Zeitung. Sie haben sich auch mit der Europäischen Union
beschäftigt, und im Zusammenhang mit dem Thema Gleichstellungspolitik kritisieren sie sehr, dass nach wie vor einige Länder keinerlei Frauen


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in das Europäische Parlament entsenden, wie beispielsweise Zypern. Diese Schülerinnen und Schüler schreiben – ich lese nur diesen kurzen Satz
noch vor –: „Wir denken, es sollten deutlich mehr weibliche Personen in poli­tischen Positionen in der Europäischen Union vorzufinden sein, da sie
manchmal bestimmte Themen besser nachvollziehen können, wie beispielsweise Gleichberechtigung am Arbeitsplatz.“

Diesen Schülerinnen und Schülern kann ich nur recht geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Stögmüller und Brandstätter.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete
Petra Steger. – Bitte.


11.05.06

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ja, werte Kollegen von den NEOS, bei aller EU-Hörigkeit und auch Österreich­vergessenheit der ÖVP (Ruf: Darum heißt sie ja ÖVP!), die ich oft genug kritisiere, muss ich sagen: Sie treiben das ja fast noch auf die Spitze. Also bei Ihren
EU-Zukunftsvisionen (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Besser als Ihre russischen Zu­kunftsvisionen!) fällt mir nur noch der Spruch des deutschen Altbundes­kanzlers Helmut Schmidt ein, der gesagt hat: „Wer“ solche „Visionen hat, sollte“ besser „zum Arzt gehen.“

Ich muss mich aber heute schon fast, muss ich sagen, bei Ihnen bedanken – bedanken für den Titel der heutigen Aktuellen Europastunde. Danke, dass Sie es wirklich für jeden offensichtlich machen (neuerlicher Zwischenruf des Abg.
Hoyos-Trauttmansdorff),
was tatsächlich Ihr oberstes Ziel ist: die Vereinigten Staaten von Europa. Am besten, Sie stellen sich noch ein paarmal hierhin
und sagen es möglichst laut und deutlich, sodass es auch wirklich jeder in Ös­terreich mitbekommt, was für eine österreich- und damit staatsfeindli­che Partei Sie in Wirklichkeit sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Brandstätter – in Richtung FPÖ –: Freunde Putins! Freunde Putins!)


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Die Vereinigten Staaten von Europa bedeuten in Wahrheit ja nichts anderes als ein Auflösen Österreichs als unabhängiger Nationalstaat. (Abg. Brandstät­ter: Freunde Putins!) Sie wollen Österreich zu einem EU-Bundesland degradie­ren – mit kaum noch Mitsprache und Kompetenzen. (Abg. Loacker: Und
ihr zu einem russischen Bundesstaat!)
Sie wollen das Parlament aushöhlen, und Sie wollen den gemeinsamen Grundgedanken und die Grundbausteine unserer Verfassung aushöhlen. Ich finde es ja lustig, dass wir immer von Ihnen als Gefahr für die Verfassung bezeichnet werden (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Weil
Sie es sind!),
während Sie gleichzeitig Österreich als souveränen Staat abschaffen wollen.

Ja wo ist eigentlich der Bundespräsident, wenn es tatsächlich um den Schutz un­serer Verfassung geht? Kelsen würde sich bei solchen Forderungen im Grab umdrehen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber eines muss ich Ihnen zugutehalten: Sie sind zwar von Ihrer rosaroten
EU-Liebesbrille vollkommen verblendet, aber zumindest sind Sie ehrlich – das muss man Ihnen lassen –, im Gegensatz zu allen anderen Parteien in
diesem Haus. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Die wollen nämlich in Wahrheit genau dasselbe, nur geben sie es nicht offen zu, weil sie ge­nau wissen, wie unbeliebt das bei den Wählern wäre – abgesehen von Karas (Zwischenruf des Abg. Loacker), aber der ist mittlerweile eh schon so weit weg von der eigenen Bevölkerung, dass er nicht einmal mehr das mitbekommt. Sie alle arbeiten still und heimlich an diesem sukzessiven Aushöhlen un­serer Verfassung – natürlich unter dem Titel der Europäischen Integration und, nicht zu vergessen, der Alternativlosigkeit. Aber was ist auch anderes von Politikern zu erwarten, deren Politik in weiten Teilen dadurch definiert ist, dass sie EU-hörig von A bis Z ist.

Ich habe es schon oft gesagt, und ich sage es auch heute wieder: Es ist für mich absolut unbegreiflich, wie sich Vertreter des Nationalrates und damit der Österreicherinnen und Österreicher dafür einsetzen können, dass Österreich


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immer weniger mitzusprechen hat. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das
ist eine absolute Schande, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Doch genau das bedeutet es, wenn Sie von der handlungsfähigeren EU spre­chen. Damit wollen Sie nichts anderes als die Abschaffung des Einstim­migkeitsprinzips (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff), des Vetorechts und damit des letzten Schutzankers Österreichs vor einem Drüberfahren Brüssels. Hallo europäische Budget- und Steuerhoheit! Das ist nämlich das Erste, was die Europäische Union einführen würde. Sie will ja nicht mehr von müh­samen Budgetverhandlungen mit den Mitgliedstaaten abhängig sein, sie will end­lich direkt in die Taschen der EU-Bürger hineingreifen können. Und dann bezeichnen Sie weniger Mitspracherecht auch noch als demokratischer! Ich gra­tuliere zu diesen argumentativen Verrenkungsübungen! Die muss man auch
erst einmal zustande bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Also: Unser Verfassung ist Ihnen egal, unsere Souveränität ist Ihnen egal, der ös­terreichische Pass ist Ihnen sowieso egal – am liebsten wäre Ihnen schon
jetzt ein europäischer Pass –, und unsere Neutralität ist Ihnen auch egal. Da sind Sie sich nur noch nicht ganz sicher, ob Sie lieber eine Nato-Mitgliedschaft
(Abg. Stögmüller: Ihr wolltet einmal zur Nato!) haben wollen oder vielleicht doch ei­ne EU-Armee. Hauptsache, die Rüstungsindustrie weiter ankurbeln, noch
mehr nach Waffen und Sanktionen schreien (Abg. Stögmüller: Wolltet ihr nicht zur Nato?) und Österreich immer tiefer in einen Krieg mit hineinziehen. Und
da sind wir ja die Einzigen (Abg. Stögmüller: Petra, wolltet ihr nicht zur Nato?), die sagen: Nein, das wollen wir nicht, mit Sicherheit nicht! (Zwischenruf des
Abg. Koza.)
Nein, wir wollen keine EU-Armee, und nein, wir wollen mit Sicherheit nicht, dass jemand in Brüssel in Zukunft entscheidet, wo österreichische Soldaten in den Krieg ziehen müssen und zum Einsatz kommen! (Abg. Stögmüller: Einmal ja, einmal nein!) Ich sage, Österreich und unsere Neutralität gehören geschützt vor so einer Politik und vor solchen Zukunftsvisionen, wie die NEOS sie haben. (Beifall bei der FPÖ.)


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Abgesehen davon muss ich die angeblichen Wirtschaftsparteien ÖVP und NEOS aber auch fragen, ob sie das wirtschaftlich wirklich komplett durchgedacht haben. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was es für wirtschaftlich stärkere, für Nettozahlerstaaten bedeuten würde, wenn es nur noch Mehr­heitsentscheidungen gibt und die Mehrheit der Mitgliedstaaten jedoch Schuldenstaaten sind? Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht? – Ich kann sagen, was rauskommen würde: Schulden, Schulden und noch mehr Schulden – und Umverteilen weg von den Österreichern in irgendwelche Pleitestaaten.

Das ist die Politik, die Sie wollen (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff), offenbar reicht Ihnen der wirtschaftliche Abstieg der letzten Jahre noch
nicht. Sie wollen noch mehr Steuergeld aus Österreich hinausverteilen. Volle Kraft voraus Richtung Abgrund – das ist Ihre Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Redezeit ist leider schon aus. Eines will ich sagen: Ja, ich gebe Ihnen recht, es ist Zeit, über die Zukunft der Europäi­schen Union zu diskutieren, aber nicht in irgendwelchen elitären EU-Blasen - -


Präsidentin Doris Bures: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Es ist Zeit, die eigene Bevölkerung endlich zu fragen, in welche Richtung sich die Europäische Union entwickeln will. Das werden Sie aber wieder nicht wollen, weil Sie genau wissen, dass dann etwas anderes rauskommt, als Sie sich wünschen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


11.10.44

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe
mich ja sehr über diese Aktuelle Europastunde gefreut: Vereinigte Staaten von


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Europa – großartiges Thema, es muss ein Ziel von uns sein, gemeinsam
an so etwas zu ziehen.

Ich bin jetzt aber leider bei einer so proeuropäischen Partei wie den NEOS schon enttäuscht; denn entweder war das eine sehr kurzsichtige innenpolitische Perspektive, die ihr da in der Aktuellen Europastunde gerade einnehmt, oder nicht so ganz ehrlich.

Wenn ihr jetzt nämlich über die Vereinigten Staaten von Europa redet, von einer europäischen Verteidigungspolitik, dann kann man das nicht nur aus einer österreichischen Perspektive mit: Wir machen eine europäische Armee und hal­ten uns da zurück!, machen. Dann muss man sich doch anschauen, was die Perspektive anderer europäischer Länder ist, die da mitmachen!

Da sitzen georgische Abgeordnete – keine EU-Mitglieder, aber Georgien ist schon 1993, vor 30 Jahren, von russischen Truppen besetzt worden, und das hat in weiten Teilen Osteuropas Angst ausgelöst. Redet doch mit Abgeordneten, mit Politiker:innen der baltischen Staaten! (Abg. Meinl-Reisinger: Hab’ ich
ja gesagt!)
Sie haben Angst, sie würden – jetzt kommt der Punkt – niemals in eine europäische Armee eintreten, einwilligen oder sonst was, wenn es nicht die
Nato ist. Redet – zum jetzigen Zeitpunkt – mit polnischen, redet mit slowaki­schen Abgeordneten! Die würden das zum jetzigen Zeitpunkt, so wie
ihr es vorschlagt, niemals machen.

Redet mit den Schweden und mit den Finnen, die jetzt erst ihre Neutralität auf­gegeben haben! Was haben die gemacht? – Nicht über euren Vorschlag gesprochen, sondern sie sind innerhalb kürzester Zeit zur Nato gegangen. Und Sie schaffen es, hier eine Rede zu halten, ohne die Nato auch nur zu er­wähnen und zu sagen, welchen Vorschlag Sie hätten! (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist doch nicht wahr! Ich hab’ ... in der „ZIB 2“, Sie wissen ...!)

Das ist doch nicht ehrlich. Das ist nicht ehrlich, so wie ihr das anlegt, nein! (Beifall bei den Grünen.) Das ist eine komplett kurzsichtige innenpolitische Debatte,


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wie wenn ihr keinen Meter über die Grenze schauen würdet und mit
keinen anderen europäischen Politiker:innen sprechen würdet. Das ist es. Eine Rede dazu zu halten, ohne die vier Buchstaben Nato auch nur zu erwäh­nen, das geht nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Ist das jetzt ein Bemühen
der Abgrenzung?)

Tatsache ist: Putin bedroht Europa mit 6 000 Atomsprengköpfen, das muss man einmal festhalten, und solange das so ist, werden sich die osteuropäischen Länder nicht aus der Nato rausbewegen. (Abg. Meinl-Reisinger: Es soll sich auch niemand aus der Nato rausbewegen! Was ist das für eine skurrile Diskussion,
Herr Kollege?)
Und wenn wir eine europäische Politik und eine europäische Ver­teidigungspolitik haben wollen, wenn wir das haben wollen (Abg. Meinl-Reisinger: Verfolgen Sie eigentlich, was ich sage?), dann müssen wir uns zuerst, lan­ge davor, dieser Bedrohung stellen und müssen einmal darüber reden, wie
wir das loswerden.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Wir legen uns auch 6 000 Atomsprengköpfe zu, um uns zu schützen, oder wir reden darüber, wie wir das russische Regime entfernen und die 6 000 Atomsprengköpfe entfernen. Das ist österreichische Verteidigungspolitik, wenn man es wirklich ernst nimmt. Dazu kein Wort
zu sagen ist wirklich extrem kurzsichtig – wirklich extrem kurzsichtig. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt nur noch vier neutrale Länder in der Europäischen Union: Zypern, Malta, Irland und Österreich. Diese vier Länder sind neutral (Abg. Meinl-Reisinger: Entschuldigung, wer führt denn die Diskussion, Herr Kollege?), und wenn Sie sich hierherstellen und jetzt, zum jetzigen Zeitpunkt, die Neutralität aufgeben wollen, bedeutet das schlicht und einfach Nato-Verteidigungspolitik. (Ruf bei den
NEOS: Das ist eine eigenartige Rede!)
Das muss man dann aber auch aussprechen. Das kann man eh wollen, aber dann muss man es aussprechen. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber was wollen denn Sie jetzt eigentlich?)


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Sie stellen sich hierher - - (Abg. Meinl-Reisinger: Sie bemühen sich, hier irgendwie einen Konflikt zu inszenieren!) – Nein! Sie stellen sich hierher und fordern
jetzt die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips – in der Sicherheitspolitik, nicht in der Außenpolitik, dafür sind wir auch, Außenpolitik muss man mit Mehr­heitsprinzip machen. Sie fordern es in der Sicherheitspolitik und zählen
zehn Länder auf, die das auch wollen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das hab’ ich - -!) – Eh! Sie sagen nur nicht dazu, dass das zehn Nato-Länder sind.

Wenn Sie jetzt das Einstimmigkeitsprinzip aufheben, jetzt, wie Sie es fordern (weitere Zwischenrufe bei den NEOS), bedeutet das: Eine absolute Mehr­heit der Nato macht die österreichische Verteidigungspolitik! Das müssen Sie dazusagen! (Abg. Meinl-Reisinger: Das macht sie ja sowieso!) Sie zählen die Länder auf und sagen kein Wort dazu. Das geht so nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: ... ja sowieso!) – Nein, Sie sind nicht ehrlich und sagen nicht, was das Resultat davon ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Engel­berg und Sieber. – Abg. Meinl-Reisinger: Was wollen denn dann Sie? Was wollen Sie denn? Weil Sie reiben sich da jetzt ...!)

Die NEOS sind die Ersten, die immer sagen, die österreichische Neutralität sei wie die Lipizzaner und die Mozartkugeln. Warum sagen sie das? – Weil
sie nichts damit anzufangen wissen, weil sie sie nicht als Werkzeug verstehen. Wir haben vier neutrale Länder in der Europäischen Union, und diese
vier neutralen Länder müssen auf eine eigenständige europäische Verteidigungspolitik hinarbeiten. Wenn wir Neutralen das nicht machen, bleibt es Nato-Politik. (Abg. Meinl-Reisinger: Das hab’ ich gesagt, Herr Kollege!
Genau das!)

Neutralitätspolitik – jetzt wird es dunkel – muss ganz aktiv sein, aktiv auch in der Solidarität gegenüber der Ukraine (Abg. Meinl-Reisinger: Bitte, das ist jetzt
Blabla, Entschuldigung!),
da muss man jetzt in die Unterstützung der Ukraine ge­hen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wasch mich, aber mach mich nicht nass!) Die
FPÖ als Putin-Partei wird das nicht machen, deswegen müssen wir das machen und uns dafür einsetzen. Darum wird es gehen müssen. Neutralitätspolitik


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darf nicht feig sein, sondern muss aktiv sein. Aktive Neutralitätspolitik brauchen wir in solchen Fragen, und dazu kommt von Ihnen kein Wort! (Beifall bei
den Grünen.)

Letztes Wort zur SPÖ: Bei euch wäre es auch ganz gut, wenn ihr die Neutralität verteidigt, wenn das auf eine aktive Weise wäre. Dass die Hälfte von euch
nicht kommt, wenn man Solidarität mit der Ukraine zeigen muss und dann am 1. Mai: Hoch die internationale Solidarität!, schreit, geht sich auch nicht
aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt die Europaparlamentarierin Claudia Ga­mon zu Wort. – Bitte.


11.15.53

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Kollege Reimon,
ich habe meiner Chefin zugehört, nicht nur weil sie meine Chefin ist, und sie hat ein bisschen etwas anderes gesagt, als Sie es jetzt hier darstellen.

Ich habe aber eigentlich gerade für heute auch zu anderen Themen etwas vor­bereitet, habe nämlich mit ein paar meiner Kolleg:innen im EU-Parlament gesprochen, wie diese denn auf Österreich und auf die österreichische EU-Poli­tik schauen und was deren Eindruck ist.

Die FPÖ dreht ja oft total durch, wenn man ausspricht, was man für die Europäi­sche Union eigentlich für eine Vision bräuchte. Aber das ist es ja auch, Poli­tik zu machen: zu sagen, in welche Richtung ein Weg gehen kann; auch zu sagen, zum Beispiel: Eine Alternative zur Nato im Sinne einer Abhängigkeit von an­deren ist es natürlich auch, eine selbstbestimmte europäische Verteidigungspoli­tik zu haben – eine selbstbestimmte europäische Verteidigungspolitik.

Das aber, was viele hier immer wieder betonen, dass wir es brauchen, ist ja: Wir sind Brückenbauer in Österreich!, und: Eine Brücke in den Osten, nach


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Russland zum Beispiel! – „The Economist“ hat das in einer der letzten Ausgaben als Brücke ins Nirgendwo bezeichnet und hat zum Beispiel auch gesagt, dass, während man in der Vergangenheit ja gerne gemeint hat, Österreich sehe sich selber als kleines Deutschland in den Alpen, besser geführt, wir statt­dessen einem anderen Land immer ähnlicher werden, nämlich Ungarn!

Und was wir uns in Ungarn anschauen können, die andere Vision, die da prä­sentiert wird, auch von der FPÖ, wo der Weg hingehen soll, ist eine Superinflation, die dort die Bevölkerung bedroht, ein wirtschaftliches Desaster, eine Kleptokratie autoritärer Eliten, die ihrer Bevölkerung die Freiheit verwehrt. – Das ist die politische Vision, die viele hier im Haus aufzeichnen, und in diese Richtung wollen wir nicht gehen! (Beifall bei den NEOS.)

Es ist eben diese egoistische, kurzsichtige, populistische Europapolitik, die viel­leicht immer wieder für gute innenpolitische Schlagzeilen sorgt, übermorgen aber ist ihre Konsequenz die totale Verwahrlosung der Politik und der Republik.

Erst diese Woche hat man sich ja auch in der Bundesregierung darüber empört, dass Frankreich aus nationalem Interesse eine Abstimmung über die
Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie verschiebt. Es ist absolut richtig, sich darüber zu empören, aber wer hat das denn erfunden? Wer hat das
denn im letzten halben Jahr praktiziert (Beifall bei den NEOS): ein österreichisches Veto zum Schengenbeitritt Rumäniens und Bulgariens, ein deutsch-öster­reichisches Veto zum Verbrennerverbot? Wo kommen wir so in Europa hin? Je­der für sich, keiner für einen, alle für keinen – ist das wirklich das Europa,
das wir wollen? Glauben wir, dass wir damit auch in der Welt erfolgreich sein können?

Man muss da schon auch der ÖVP den Spiegel vorhalten, was wir in Europa eben für ein Bild abgeben. Zum Thema Schengen zum Beispiel: Wir als Österreich, das überdurchschnittlich von der EU-Osterweiterung profitiert hat – wir sind der zweitgrößte Investor im Rumänien –, haben ohne sachliche


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Begründung den Schengenbeitritt - - (Abg. Höfinger: „Ohne sachliche Begrün­dung“? Das ist ja ein Quatsch!) – Ja, ohne sachliche Begründung haben
wir den Schengenbeitritt verwehrt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe eine rumänische Kollegin im EU-Parlament gefragt, wie sie das erlebt hat. (Abg. Schmuckenschlager: Man muss halt den Ausweis herzeigen an der Grenze ...!) Sie hat gesagt, es sei eine Demütigung – eine Demütigung
für ihre Mitbürger:innen, auch für die vielen Rumän:innen, die in Österreich leben, die hier leben, Steuern zahlen, unsere Kinder unterrichten,
unsere Eltern pflegen – eine Demütigung, so haben sie es empfunden.
(Abg. Höfinger: ... Schengen ...!)

Ein anderer Kollege hat mir geschrieben: Die Konsequenz des Vetos ist die Stärkung der extremen Rechten in Rumänien, eine antieuropäische Stimmung und eine Feindseligkeit gegenüber Investoren aus dem Ausland! – Das sind übrigens wir, die Investoren aus dem Ausland, gegenüber denen man jetzt feindselig eingestellt ist. (Abg. Schmuckenschlager: Überhaupt nicht!) – Danke, ÖVP! Danke dafür! (Beifall bei den NEOS.)

Das ist Ihre Wirtschaftspolitik: dass die österreichischen Unternehmen dann aus einem Land rausgejagt werden. (Abg. Höfinger: ... mit anderen Themen zu ver­binden, das ist ja wirklich billigst!)

Zum Verbrenner muss man nur kurz sagen: Während sich viele in der Europäi­schen Union darum bemüht haben, eine Zukunft auch für die österreichi­sche Autozulieferindustrie zu finden, damit wir nicht von den Vereinigten Staa­ten und China abgehängt werden, sieht das die ÖVP nicht. (Abg. Höfin­ger: ... die Augen zumachen!) Man blockiert wieder ohne sachliche Begründung. Die Konsequenz davon ist, dass man vielleicht in ein paar Jahren eh noch
mit Verbrennern an leeren Fabriken vorbeifahren kann, während alle anderen mit chinesischen E‑Autos unterwegs sein werden. Danke, ÖVP, für diese wirtschaftspolitische Europavision, die hier dargestellt wird! (Beifall
bei den NEOS.)


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Was wir NEOS vorschlagen, ist eben eine andere Zukunft (Abg. Höfinger: Was heißt das sicherheitspolitisch? Ein Freibrief?), eine Zukunft in einem star­ken Europa. Ein starkes Europa muss aber auch näher zusammenrücken, muss Gemeinsamkeiten finden und muss klar vorgeben, wohin die Reise geht: dass wir auch mit der europäischen Art zu leben in der Welt erfolgreich sind. Das ist Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Vielfalt, und das geht nur in einer Zukunft mit Vereinigten Staaten von Europa. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte. (Abg. Höfinger – in Richtung MEP Gamon –: Claudia, das war heute nicht gut! – MEP Gamon: Das ist mir wurscht! – Abg. Höfinger: Ich wollte es dich nur wissen lassen!)


11.21.14

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr­te Damen und Herren, die uns hier im Hohen Haus wieder einmal besuchen und die uns auch von zu Hause – oder von wo immer Sie unterwegs sind – zuhören! Ich habe auch in dieser Debatte, in der Aktuellen Europastunde, auf­merksam zugehört, viel Bekanntes gehört, viel Interessantes, vieles, dem ich beipflichten kann, aber auch manches, dem ich vielleicht widersprechen möchte oder zu dem ich gerne etwas dazustellen möchte.

Zum einen – und ich möchte meinen Eindruck einfach auch noch einmal erwähnen, weil ich es sehr schade finde und weil es mir leid tut –: Ich verstehe natürlich, dass es in der aktuellen Situation in der SPÖ andere Themen gibt, die beschäftigen und bewegen, und vielleicht ist man aufgrund von gestern heute noch nicht da. (Abg. Holzleitner: Wir haben zur Sache gesprochen! – Abg. Höfinger – in Richtung Abg. Holzleitner –: Contenance, Frau Kollegin! – Abg. Holzleitner: Nein, aber ...!) – Ich verstehe, dass da auch viel Leidenschaft


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ist, aber vielleicht, und ich komme zur Sache, liegt es auch am Thema. (Zwischen­ruf des Abg. Matznetter.) Wenn man so ein bisschen die Geschichte des Verhältnisses der SPÖ zur Europäischen Union anschaut, dann – ich möchte es nur in Erinnerung rufen – sieht man: Es war schon damals die ÖVP, die
viel mit Verve, Leidenschaft, Sachkenntnis dafür eingetreten ist, dass wir der Europäischen Union beitreten (Beifall bei der ÖVP), Vranitzky war bis zum
Schluss skeptisch (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter – Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Gschichtl!), und es ist einer weitsichtigen Frau wie Gitti Ederer zu verdanken - - Achtung, aufpassen, ich sage eh etwas Gutes (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt „aufpassen“?!): Es ist Gitti Ederer zu verdanken, dass sie dann an
der Seite von Alois Mock da verhandelt hat. (Abg. Matznetter: Nein! – Ruf bei der SPÖ: Die redet sich die Geschichte schön!)

Es ist auch jetzt so, dass ich die Entwicklungen in der SPÖ schade finde, weil die aktuelle Parteivorsitzende, deren Vorsitzführung ich im Außenpolitischen Ausschuss sehr schätze, außen- und europapolitische Sachkenntnis hat. Da gibt es auch andere Frauen in der SPÖ, die das haben; ich erwähne vielleicht
auch Petra Bayr, die in der Entwicklungszusammenarbeit einen großen Namen hat. Danach und rundherum ist es offenbar auch zappenduster (Abg. Holz­leitner: Das ist ja beleidigend!), und bei einer doch ehemals staatstragenden Partei erfüllt mich das für die Zukunft dieses Landes etwas mit Sorge. Das möchte ich hier heute anlässlich dieses Themas auch festhalten.

Auf eine andere Sache möchte ich noch eingehen. Beate Meinl-Reisinger hat zu Beginn hier gemeint, irgendwie wären die ÖVP und die FPÖ da auf einer gemeinsamen Linie, was Europa betrifft. (Zwischenruf des Abg. Shetty.) Ich kann das in so vielen Themen nicht nachvollziehen. (Abg. Holzleitner: ... Fami­lienbeihilfe ...!) Der Unterschied ist ganz deutlich. Wenn wir uns das aktuelle Thema Ukraine anschauen – und ich glaube, das ist ein wesentliches Thema, auch für Europa und auch für die Zukunft dieses Kontinents –, sehen wir, dass von Anbeginn ganz klar gewesen ist: Es gab nie einen Zweifel, dass die Österreichische Volkspartei auf der Seite der Ukraine und der freien


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Welt steht (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Deswegen seid ihr zu Putin gefahren!) und die Freunde Putins in Österreich einen anderen Weg einschlagen (Zwischen­ruf der Abg. Meinl-Reisinger – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Wer war der erste Staatschef von Europa, der mit Putin ...?), von dem man sich hier auch immer wieder überzeugen kann. Ich möchte das hier auch festhalten, damit es auch hier gesagt ist. Auch das, was Sie sagen, ist im Protokoll, und das soll auch im Protokoll stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir in der Österreichischen Volkspartei denken und handeln europäisch, so sagt es unser Grundsatzprogramm (Abg. Loacker: Was hat eigentlich der Neham­mer beim Putin erreicht?) und so ist unser Leitsatz (Abg. Matznetter: Was ist ...?) seit den Achtzigerjahren, eigentlich schon immer in der Zweiten Republik,
sodass im Europarat, später in der Europäischen Union die europäische Politik auch unsere Handschrift trägt, nicht nur in der Geschichte, sondern auch
heute, da europapolitisches Handeln für die Bundesregierung tägliches Brot ist, an vorderster Front für den Bundeskanzler und die Europaministerin – eine Funktion, die von der ÖVP ins Leben gerufen worden ist. (Abg. Koll­ross: ... eine Position der ÖVP zu Europa ...!) Ich glaube, auch diese Funktion ist ein Symbol, aber sie ist auch wichtig für uns, weil mit Karoline Edtstadler eine da ist, die in Europa Initiativen setzt und die dieses Thema auch vorantreibt. An den Taten soll man uns da auch entsprechend messen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Stellung nehmen, weil die Vereinigten Staaten von Europa hier öfters erwähnt worden sind. Meine Kollegin Carmen Jeitler-Cincelli hat das schon erwähnt: In der Analyse teile ich ja vieles, was die NEOS hier sagen. Ja, wir brauchen mehr Stärke nach außen und mehr Freiheit im Inneren, gelebte Subsidiarität in der Europäischen Union – das unterschreibe ich auch so.
Ich finde die Begrifflichkeit und die damit einhergehende Begrifflichkeit vom großen Wurf insofern irreführend und nicht passend: Es gibt viele Unter­schiede zwischen Europa und den USA. Wir wollen keine Kopie sein, sondern ein Original, an dem wir tagtäglich auch arbeiten.


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Arbeit ist vielleicht das Stichwort. Jeden Tag wird an dieser Europäischen Union gearbeitet – von der Bundesregierung, hier im Parlament, im Europaparla­ment (Abg. Kollross: Der Strasser Ernstl war da auch sehr fleißig!), die Kollegen sind heute auch da, in allen Gremien –, und ja, diese Arbeit ist nicht immer ein­fach. Die Europäische Union und Österreich haben mittlerweile eine fast 30-jäh­rige Beziehung. Ich kann zwar selbst privat nicht mit einer derart langen Beziehungserfahrung aufwarten, aber fragen Sie einmal Paare, die lang mitein­ander verheiratet sind. Diese Liebe ist manchmal auch so etwas wie
Tough Love. Liebe – oder eine Beziehung zu haben – heißt nicht immer nur, dass der Himmel voller Geigen hängt, dass man große Träume hat und die
großen Pläne schmiedet. Es heißt aber auch nicht – in Richtung FPÖ (Abg. Kris­per: Ah!) –, dass man ständig aufeinander schimpft und miteinander im
Clinch ist. Es ist eine tagtägliche Arbeit an Themen, für die wir uns da jetzt ein­setzen. So kann Beziehung gelingen. Ich glaube, so gelingt sie auch durch
das Mitwirken der ÖVP.

Lassen Sie mich da noch einmal am Ende ein Bekenntnis ablegen, weil mir das auch in einer Aktuellen Europastunde wichtig ist: Das Friedensprojekt Europa und EU ist eine Erfolgsgeschichte, die sich bewährt hat. Ich denke, seit der Erklärung von Robert Schuman – wir haben sie anlässlich des Europa­tages auch gefeiert, bei dem auch der Bundeskanzler festgehalten hat, dass Ös­terreich weiterhin eine aktive Rolle in dieser EU einnehmen wird – haben
wir einen Bruch in der Geschichte erlebt, der positiver nicht hätte sein können. Konflikte in Europa werden innerhalb dieser EU Gott sei Dank nicht mehr
durch Krieg und Blutvergießen gelöst, sondern in Verhandlungen, im Dialog, auf Basis von demokratischen Werten und Freiheiten.


Präsidentin Doris Bures (das Glockenzeichen gebend): Ihren Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (fortsetzend): Auch wenn es vielleicht
in der kurzfristigen Perspektive viel Unzulänglichkeit gibt, Unzufriedenheit, die


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wir angehen und die ein Auftrag ist, würde ich in keiner Zeit und an kei­nem anderen Ort lieber leben wollen als in Europa in den Zeiten der Europäi­schen Union. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaparlamentarierin Theresa Bielowski zu Wort. – Bitte.


11.27.26

Mitglied des Europäischen Parlaments Theresa Bielowski, BA MA (SPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Bundesministerin! Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Personen, die heute zuschauen! In einer Sache sind wir uns einig: Die Herausforderungen in Europa sind vielfältig und groß.

Die Frage, die wir uns alle hier stellen müssen, ist ja: Wann ist Europa entschei­dungs-, zukunfts- und verteidigungsfähig? – Und ich glaube, liebe Kolle­g:innen, oder besser gesagt, ich weiß, dass Europa es dann ist, wenn wir inner­halb der Europäischen Union resilient sind – resilient gegen Autokraten in und außerhalb von Europa, resilient gegen Populismus, gegen Menschenfeind­lichkeit und resilient gegen Hass und Hetze. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen auch nicht naiv sein, wenn wir unsere gemeinsamen Werte und Moralvorstellungen verteidigen, denn der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf die demokratischen Moral- und Wertvor­stellungen. Als Europäische Union stehen wir seit Beginn des völkerrechtswidri­gen Angriffskriegs an der Seite der Ukraine, und dieser hat uns als Europäi­sche Union gezeigt, dass es sehr wohl notwendig ist, dass wir unsere Außen- und Sicherheitspolitik neu denken.

Die Perspektive Österreichs als neutraler Staat ist eine besondere und ist eine wichtige, aber, liebe Kolleg:innen, wir müssen uns auch im Klaren darüber sein, dass wir moralisch und dass wir politisch auf keinen Fall neutral sind, denn das würde heißen: neutral gegenüber Vergewaltigungen als Kriegswaffe,


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neutral gegenüber Kindesentführungen, neutral gegenüber Verschleppungen, neutral gegenüber Folter und Mord an Zivilist:innen. Diese Neutralität? – Sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es keine Option ist, wegzuschauen, wenn Menschen für geopolitische Spiele vertrieben werden, wenn größenwahn­sinnige Diktatoren ermorden, zum Krieg zwingen. Es ist die solidarische Hilfe von Staaten, es ist die Gemeinschaft, die gefordert ist, um die Werte zu vertei­digen, und zwar die Werte, die uns alle einen: das menschliche Recht auf Unver­sehrtheit, auf Friede, auf Freiheit, auf Selbstbestimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist unsere Aufgabe als Politiker:innen auf allen Ebenen, nicht dem Populismus zu verfallen, nicht der Naivität zu verfallen, nicht den einfachen Lösungen zu verfallen, sondern gemeinsam für unsere demokratischen Wertvorstellungen zu kämpfen, und zwar ganz besonders dann, wenn die Zeiten schwierig
sind und wenn die Lösungen nicht mit schönen Worten, nicht mit wahlkampf­tauglichen Parolen zu erklären sind.

Mit der Unterstützung der Ukraine allein ist es in Europa noch nicht getan. Auf dem Spiel steht – das dürfen wir nicht vergessen – nichts weniger als die offene und demokratische Gesellschaft, in der wir alle leben! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Neßler.)

Unsere Demokratie und unsere Grundrechte sind die DNA der europäischen Einigung, und genau die müssen wir noch vor allen anderen Dingen als kritische Infrastruktur schützen, denn es gibt viele, die diese Idee angreifen und zerstören wollen.

Wir haben von Resilienz gesprochen. Wenn wir von Resilienz sprechen, müssen wir vor allem auch von einer Sache sprechen, nämlich von Europa als Sozial­union, denn nur wenn wir eine starke Sozialpolitik haben, nur wenn wir
ein Angebot staatlicher Infrastruktur von Daseinsvorsorge haben, nur wenn wir gute Löhne haben, nur wenn wir gute Arbeitsbedingungen haben, nur


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wenn Menschen einen angemessenen und würdigen Lebensstandard haben, dann können sie als EU-Bürger:innen von der Idee eines gemeinsamen
Europa überzeugt sein (Beifall bei der SPÖ), und nur dann, wenn die Bürger:innen davon überzeugt sind, nur dann gibt es keinen Nährboden für menschen­verachtende und autokratische Ideen. Nur dann können diese Ideen gar nicht wachsen.

EWSA-Präsident Oliver Röpke hat gesagt: „Arbeitnehmer:innen dürfen Europa nicht als Bedrohung sehen, sie müssen es als Chance sehen.“ Daher:
Reden wir über Mindestlöhne und reden wir über Arbeitsbedingungen!
(Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleg:innen! Als Europäische Union müssen wir handlungsfähiger werden. Wir müssen die aktuellen Herausforderungen bewältigen. Zwei Dinge möchte ich hierzu noch sagen. Zum einen: Wir dürfen uns nicht in Geiselhaft einzelner Mitgliedstaaten begeben, besonders nicht in steuer- und außenpolitischen Fragen. Wir müssen das Vetorecht aufheben. Wir brauchen qualifizierte Mehrheiten.

Zum anderen, und das ist mir auch ganz besonders wichtig: Wir brauchen
Sie alle, und wir brauchen auch Sie, liebe Kolleg:innen auf der Regierungsbank, denn wir müssen uns jetzt darauf einigen, dass mutige und solidarische Mitgliedstaaten gefordert sind; und ein Bekenntnis zu gemeinsamer solidarischer Politik, das nicht dann endet, wenn Partikularinteressen in Tageszei­tungen nur dann Zuspruch erhalten, wenn die Europäische Union der Sünden­bock ist. Wenn wir eine zukunftsfähige Europäische Union gewährleis­ten wollen, müssen wir die Menschen gemeinsam von dieser Idee überzeugen.


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren,
Frau Abgeordnete.



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Mitglied des Europäischen Parlaments Theresa Bielowski, BA MA (fortsetzend): Meine Vision von Europa ist eine friedliche, eine solidarische, eine mutige,
eine menschliche; und ich hoffe, auch Ihre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaparlamentarier Georg Mayer zu Wort. – Bitte.


11.33.11

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätztes Hohes Haus! Es ist schon bemerkenswert,
was ich heute hier erleben darf. Zum einen sind es die Grünen, die ihre Kriegs­treiberei jetzt noch weitertreiben können – also Michel Reimon hat ja
heute wirklich auf die Spitze getrieben, was man da noch für Aussagen tätigen kann –, zum anderen sind es die NEOS. Ich bin den NEOS nämlich sehr
dankbar für diese Europastunde heute.

Sie sagen ja auch sehr deutlich, wo für Sie die Reise hingehen soll: Die Reise soll für Sie an einen Punkt gehen, der die Aufgabe der österreichischen Neutra­lität bedeutet, der immerwährenden Neutralität, wie sie in der Bundesverfassung steht. Die Reise soll für Sie zu einem Nato-Beitritt gehen. Die Reise soll
für Sie bis zur Aufgabe der Souveränität Österreichs gehen. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Die Reise geht für Sie dorthin, wo das Ende der Republik
Österreich ausgerufen wird. Sagen Sie es doch so ehrlich! Das ist ja - - (Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte!) – Frau Kollegin! Dann lernen Sie einmal ein
bissl Staatslehre! Nichts anderes ist das. (Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte! Das ist ja lächerlich, was Sie da von sich geben! – Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Das ist Verrat an der Republik Österreich, von der Sie bezahlt werden! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Wissen Sie, was Verrat an der Republik Öster­reich ist? An Putins Rockzipfel zu hängen! Von fremden Mächten sich unter Umstän­den sogar bezahlen zu lassen!) Nichts weniger wollen Sie. Das, was Sie ehrt, Frau Kollegin, ist allerdings, dass Sie es zumindest offen sagen, denn die zwei


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anderen Parteien hier im Haus sagen das nicht so offen. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Es gibt mehr als zwei Parteien ...! – Zwischenruf des Abg. Stög­müller.) Ich nenne Sie auch gerne Nato-Beate. Mich wundert es ja, Frau Kollegin, dass Sie nicht in Camouflage hier sitzen. Das wundert mich eigentlich. Das trägt man ja jetzt so auch ganz gerne.

Ihre Nato-Partner, mit denen Sie sich dann in ein Bett legen wollen, Frau Kollegin – hören Sie zu! –, das ist etwa die deutsche Bundeswehr, die inzwischen mehr Geschlechter hat als flugtaugliche Hubschrauber. So schaut es nämlich
aus, Frau Kollegin! (Zwischenrufe des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff sowie
bei den Grünen. –
Abg. Ernst-Dziedzic: Schlechte Rede!)

Sie haben es nicht leicht, ich gestehe Ihnen das zu, Frau Kollegin! (Abg. Meinl-Reisinger: Ich bin sicher, wenn Sie sich bemühen, geht noch ein bissl was Tieferes!) Sie haben es nicht leicht, denn Ihr Eigentümer ist etwas wankelmütig. Herr Hasel­steiner ist wankelmütig, der ist ja de facto der Eigentümer Ihrer Partei,
und deswegen haben Sie es nicht leicht. Das sei Ihnen hier einmal nachgesehen. (Abg. Schwarz: Das ist nicht der Landtag! Das ist der Nationalrat!)

Ich werde Ihnen sagen, für welche EU Sie hier Ihre Großmachtfantasien entwi­ckeln: Das ist eine Union, die seit Jahren an diesem Green Disaster arbei­tet. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Das ist inzwischen deren wichtigste Entwick­lungs- und Wirtschaftspolitik, mit der sämtliche Wirtschaftszweige in Europa vernichtet werden, mit Anlauf und in vollem Wissen. (Abg. Ernst-Dziedzic: Wer schreibt Ihre Reden?)

Aufgrund eines völlig überzogenen Klimafanatismus wird Industrie in Europa vernichtet; und die Industrie schafft die Arbeitsplätze. Das sind nicht Sie, das sind nicht die Sozialisten, sondern das ist die Wirtschaft! (Abg. Leichtfried – auf die Grünen deutend –: Das sind aber keine Sozialisten!) – Ja, es sind wenige Sozialisten heute da. Deswegen ist es schwierig, da zu unterscheiden.

Das Verbot des Verbrennermotors für 2030 ist der nächste Wahnsinn,
den wir auf europäischer Ebene erleben. (Abg. Stögmüller: Es ist peinlich, Ihnen


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zuzuhören!) Diese Vorschriften des Green Disasters werden auch immer wahnwitziger und zwingen de facto die europäische Wirtschaft zur Abwanderung.

Das hat inzwischen sogar die ÖVP erkannt. Das muss man auch einmal
so deutlich sagen, denn die ÖVP hat da inzwischen ein bisschen eingelenkt, was den Green Deal betrifft. Sie hat zwar die letzten vier Jahre immer gerne
bei jedem Wahnsinn mitgestimmt, der im Europaparlament in dieser Sache be­schlossen wurde. Mittlerweile ist sie aber draufgekommen: Halt, es ist
ein Jahr vor der nächsten Europawahl! Wir müssen das ein bissl modifizieren. (Abg. Schallmeiner: Sie sind einer großen Sache auf der Spur! – Zwischenruf
des Abg. Loacker.)
 – Und jetzt hat man das ein bisschen modifiziert und gesagt, wir sind da nicht mehr ganz so dahinter, hinter diesem Green Deal.

Jetzt wollte ich kurz auf diese S&D-Fraktion eingehen. Sozialisten und Demo­kraten nennen sie sich ja. Ich nenne sie gerne Sozialisten und Korrum­pisten. (Ruf bei der SPÖ: Da sollten Sie einmal in die Steiermark - -!) Das ist heute aber etwas schwierig, und ich will mich deswegen, glaube ich, gar nicht
weiter aus dem Fenster lehnen, geschätzte Kollegen. Bitte gehen Sie da ein biss­chen in sich! (Abg. Stöger: Gehen Sie nach Ibiza!) Ihre Fraktion im Europa­parlament hat den größten Korruptionsskandal verursacht, den diese Europäi­sche Union jemals gesehen hat. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Greiner: ... Graz!)

Eine Europäische Union mit einer konservativen Präsidentin von der Leyen, die wiederum den größten Skandal in der Kommission, die Impfstoffbeschaf­fung über private SMS mit dem Pfizer-Chef, betrifft, wo die Akte nicht offenge­legt wird. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das ist nicht die Transparenz,
die wir sehen wollen. (Abg. Leichtfried: Einer von der steirischen FPÖ redet über Korruption!)

Wenn die Union glaubt, mit Windrädern und Solaranlagen den gesamten Strom­bedarf der nächsten Jahrzehnte decken zu können, irrt sie sich! Dann ist
sie im Prinzip wie die Grünen. Die Grünen glauben nämlich auch, der Strom


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kommt aus der Steckdose – dort wird er aber nicht hergestellt, liebe Grüne! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Was erleben wir? Wir erleben über die Hintertüre aufgrund dieses Green Disasters eine Wiederkehr der Atomkraft. Die französischen und italienischen Atomkraftbetreiber reiben sich schon die Hände, weil sie uns in Zukunft
wieder Strom liefern dürfen.

Eine EU-Spitze, die den Krieg in der Ukraine monatlich mit 1,5 Milliarden Euro auch noch befeuert, anstatt sich für Frieden einzusetzen: Das wollen wir
alles nicht, geschätzte Kollegen, und es sei uns gestattet! Was wir wollen, sind souveräne Staaten auf EU-Ebene, die miteinander kooperieren ...


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren. (Beifall und Danke-Rufe bei den Grünen.)


Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG (fort­setzend): ... Szenario 4 des Weißbuchs der Kommission, eine Kooperation,
wo es sinnvoll ist, und keine weitere Kompetenzabgabe an diese Europäische Union. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) – Danke schön. (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Kassegger: Bravo!)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaparlamentarier Thomas Waitz zu Wort. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Wenn von der steirischen FPÖ jemand über Korruption spricht! – Abg. Loacker: Na dort kennt er sich aus! – Abg. Lukas Hammer: Echte Expertise!)


11.38.54

Mitglied des Europäischen Parlaments Thomas Waitz (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Frau Staatssekretärin! Wir haben gehört, was FPÖ-Europapolitik ist, nämlich Anschuldigungen, blöde, populistische Slogans, Unter­stellungen, aber inhaltlich haben wir nichts gehört zur gemeinsamen Euro­päischen Union (Abg. Kassegger: Dann haben Sie nicht aufgepasst!), die Sie nämlich nicht wollen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)


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Seit Sie aber den Brexit erlebt und gesehen haben, wie ein großes, wirtschafts­starkes Land – in dem Fall die Vereinigten Staaten von Großbritannien – den wirtschaftlichen Niedergang trotz seines globalen Netzwerks nicht aufhalten kann, bleibt Ihnen der Öxit mittlerweile im Hals stecken. Sie versuchen trotz­dem, uns zu behindern, nämlich jene, die wissen, dass die Europäische Union und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ein Riesenerfolg sind – ein Riesenerfolg als Friedensprojekt in diesem Europa jener Staaten, die der Euro­päischen Union beigetreten sind: fast 80 Jahre Frieden auf einem Konti­nent, der jahrhundertelang aufgrund von Nationalisten, aufgrund von jenen, die polarisieren, die mit populistischen Slogans die Bevölkerung gegeneinan­der aufhetzen, von Kriegen beherrscht war.

Sie ist wirtschaftspolitisch und mittlerweile auch sozialpolitisch ein Erfolg. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Wir haben in ganz Europa viele Menschen aus der Armut geholt. Das ist eine enorme Leistung, und die werden Sie uns nicht ka­puttreden, ganz bestimmt nicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf
der Abg. Steger.)

Es muss uns klar sein, dass wir als kleines Land Österreich heute in einer multi­polaren Welt nicht die geringste Chance haben, unsere Interessen zu ver­treten. (Abg. Kassegger: Dann sind die Schweizer Vollidioten, nicht, und die Norwe­ger – lauter Trotteln?!) Wir haben nicht die geringste Chance, unsere Werte von Demokratie und Meinungsfreiheit aufrechtzuerhalten. Wir kön­nen das in einer multipolaren Welt mit China, Brasilien, den USA oder Russland, die große Player sind – Indien ist auch zu erwähnen –, nur als gemeinsames Europa gewährleisten. Wenn Sie das nicht begreifen, dann haben Sie
Politik nicht begriffen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: Das sagen Sie gerade der FPÖ ...!) In diesem Sinne hat Europa nur eine Chance, wenn wir auch wirtschaftlich und vor allem technologisch entsprechend die Nase vorne haben. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Wir haben teure Produktionsbedingungen in Europa, aber wir haben hervorra­gend ausgebildete Leute, wir haben hervorragende Infrastruktur. Nur


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wenn wir die Nase vorne haben, können wir in diesem globalen Wirtschafts­wettlauf bestehen. (Abg. Steger: Sie bestehen eben nicht ...!)

Auch an die NEOS: Es ist Ihr Verkehrsminister aus Deutschland gewesen, der in einem demokratiepolitisch sehr bedenklichen Move im letzten Moment die klare Entwicklung zu neuen Technologien behindert hat. (Abg. Meinl-Reisin­ger: Wir haben keinen Verkehrsminister ...!) Man muss das schon auch im größeren europapolitischen Kontext sehen. (Abg. Meinl-Reisinger: Die Grünen sind aber in Österreich schon noch in der Bundesregierung, oder, Herr Kollege?!) Ich hoffe, Sie können da einwirken und diese Leute zur Vernunft bringen. Ihre Kolleg:innen aus Deutschland behindern die Entwicklung der Europäischen Union in Richtung Forschung, Entwicklung neuer Technologien. Darüber müssen wir noch reden, sodass wir da vorankommen.

Wir müssen uns auch die Frage stellen, ob die Einstimmigkeit in jedem Bereich wirklich sinnvoll ist, zum Beispiel im Bereich der Mindestbesteuerung von Unternehmen und sehr wohlhabenden Menschen. Es ist schon schlimm genug, dass multinationale Unternehmen mit ihren Gewinnen in internationale Steueroasen, auf die Bahamas oder wohin auch immer, davongehen, aber wir müssen uns auch ansehen, dass wir auch innerhalb der Europäischen
Union Steueroasen haben. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Wenn es uns nicht ge­lingt, jene, die viel Geld verdienen, und jene, die viel Geld besitzen, zu einer fairen Steuerleistung zu verpflichten, dann wird uns dieses Geld, egal wo in der Europäischen Union, für Bildung, für Gesundheit oder Sozialleistungen, um Armut zu bekämpfen, abgehen. Daher müssen wir das Einstimmigkeitsprinzip überdenken, wenn es um Mindestbesteuerung geht, sonst wird uns auch die europäische Bevölkerung in vielen Bereichen nicht folgen. (Beifall bei den Grünen.)

Und ja, Sie haben es gesagt, auch seitens der ÖVP: Die großen Fragen unserer Zeit können wir nur gemeinsam lösen. Dann müssen wir sie aber auch gemeinsam lösen. Zu den großen Fragen der heutigen Zeit gehört nun einmal die Klimakrise. Ob das die Herren von der FPÖ sehen wollen oder nicht: Es


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ist nun einmal eine wissenschaftliche Tatsache. (Abg. Steger: So wie die Impfung?) – Ja es ist eine wissenschaftliche Tatsache. Wir haben da ein massives Problem. (Abg. Kassegger: ... jeder, der eine ... Tatsache hinterfrägt,
ist ein Aluhutträger!)
Da müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen und un­ser Bestes geben.

Ein Letztes noch zur Neutralität: Die militärische Neutralität Österreichs ist für mich in Stein gemeißelt, das ist ganz klar. Wir brauchen uns aber nicht dahinter zu verstecken und zu glauben, nur weil wir ein neutraler Staat sind, können und sollen wir die Ukraine nicht unterstützen. Wir können das in vielerlei Hinsicht tun: mit technischer Unterstützung, mit Geld können wir unter­stützen, mit Generatoren, um das Energiesystem aufrechtzuerhalten. Wir müssen in die Diplomatie investieren, und wir müssen auch in das Schaffen und in die Erhaltung des Friedens mehr investieren.

Verstecken wir uns nicht hinter der Neutralität, sondern nehmen wir unsere Rol­le als neutraler Staat im gemeinsamen Europa ein: in Richtung diplomati­sche Initiativen, in Richtung zivile Unterstützung, auch in Richtung Konfliktberei­nigung und Wiederaufbau von modernen Staatssystemen nach Konflikten! Nehmen wir diese Verantwortung wahr, und verstecken wir uns nicht hinter ei­ner falschen Vorstellung von Neutralität! – Ich danke Ihnen herzlichst. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff zu Wort. – Bitte.


11.44.14

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Frau Bundesministerin! Ich muss ehrlich sagen, ich bin über einige Redebeiträge in der heutigen Debatte hier fassungslos. Das ist teil­weise so von Unwissenheit, von Populismus geprägt, wie es kaum möglich ist, und dazu kommt eine falsche Behauptung nach der anderen.


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Es würde weit über meine 5 Minuten hinausgehen, auf jeden Redner hier einzu­gehen. Ich möchte aber schon zwei Dinge sagen. Frau Kollegin Rausch, Sie haben vorhin darüber gesprochen, wie groß der Unterschied zwischen Ihnen und der FPÖ ist, und haben das mit Putin begründet. Differenzieren sich die FPÖ und die ÖVP nur noch über Putin? Das ist die erste Frage, die man sich stel­len muss. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Der zweite Punkt ist aber: Es ist faktisch schon so, soweit ich mich erinnern kann, dass Herr Leitl in Österreich der beste Freund von Herrn Putin war, es ist faktisch schon so, dass damals Finanzminister Schelling und Bundeskanzler Kurz den Abhängigkeitsvertrag mit Gazprom unterschrieben haben (Bei­fall bei den NEOS), und es ist faktisch auch so, dass Bundeskanzler Nehammer der erste europäische Regierungschef ist, der seit Beginn des furchtbaren An­griffskriegs zu Putin gereist ist, ihm die Hand geschüttelt hat und gesagt hat, es ist alles großartig. (Abg. Schmidhofer: Nein, nein, nein, nein! Stimmt nicht! – Abg. Steinacker: ... eine Verdrehung von Tatsachen! Sicher nicht! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Also so groß ist der Unterschied zwischen der
FPÖ und der ÖVP ja anscheinend nicht.

Der Zweite, auf den ich eingehen möchte, ist Herr Abgeordneter Mayer. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Beruhigen Sie sich wieder! Ich finde, es tut mit Blick auf dieses Land weh, dass die ÖVP mittlerweile mit der FPÖ gleichzusetzen
ist. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Bemühung um Friedensge­spräche! Bemühung um Friedensgespräche! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum zweiten Mal: Herr Abgeordneter Mayer, ich finde es großartig, wenn die FPÖ jetzt hier gegen Korruption kämpft, das finde ich wirklich großartig.
Ich möchte daran erinnern, dass damals, glaube ich, Ihre Fraktion und Ihre Abge­ordneten bahnbrechend mit dabei waren, als all diese Champagnerpartys
in Brüssel stattgefunden haben, dass aber insbesondere Ihre Fraktion
in der Steiermark, wo Sie ja herkommen, jetzt gerade in einem Korruptionsskan­dal versinkt und Herr Kunasek, ehemaliger Verteidigungsminister, mitten­drin zu stecken scheint. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Kommen wir zu den wichtigen Themen gerade aus der Verteidigungsperspek­tive: Das wichtige Thema, über das wir ja eigentlich hier diskutieren soll­ten, ist: Wie bringen wir Europa weiter? Wie entwickeln wir die Europäische Union weiter, und wie schauen wir insbesondere darauf, dass wir vertei­digungspolitisch Schritte setzen?

Da sehen wir in den letzten Monaten, dass in Österreich gar nichts passiert, dass viel zu wenig passiert und dass wir uns immer wieder in dieser Diskussion zwischen Solidarität und Neutralität finden, wobei wir aber immer ganz klar sa­gen, wir stellen uns auf die Seite der Neutralität und lassen die Solidarität
weg. Das finde ich bemerkenswert.

Das isoliert uns in Europa. Es isoliert uns aus einem ganz einfachen Grund massiv in Europa: weil wir deswegen nicht ernst genommen werden. Wir werden
nur noch als Trittbrettfahrer gesehen. (Abg. Michael Hammer: Die NEOS, oder wie?) Frau Kollegin Gamon hat das schon sehr klar ausgesprochen: Wir
werden nur noch als Blockierer wahrgenommen. Wir bringen keinen Meter wei­ter, und die Dinge, die wir diskutieren, sind dann noch dazu schwammig.

Es gibt gerade die Diskussion um die Minenräumung. Die läuft, und wir hören da verschiedenste Dinge, von der Verteidigungsministerin, vom Außenminister
und vom Herrn Bundeskanzler. Am 19. Mai hat die Frau Verteidigungsministerin noch gesagt: Nein, es geht nicht! Wir können keine Minenräumung über­nehmen! Sie hat betont – in Ö1 war das –, dass das aktuell in der Ukraine nicht möglich sei, weil zwischen einer humanitären und einer militärischen
Entminung nicht unterschieden werden kann – eine spannende Ansage.

Zwei Tage später sagt dieselbe Außenministerin, nachdem Herr Schallenberg schon gesagt hat - - (Abg. Schmuckenschlager: Wer hat das ge­sagt?) – Frau Ministerin Tanner, Ihre Ministerin. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Wenig später hat Herr Schallenberg gesagt: Wir helfen gerade bei
der Entminung, und das Ganze im Rahmen der OSZE!, und dann sagt Frau


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Ministerin Tanner wiederum: „Man muss unterscheiden zwischen militärischem und humanitärem Entminen“.

Das, was zwei Tage davor nicht möglich war, geht plötzlich? Da ist plötzlich eine Unterscheidung möglich? (Beifall bei den NEOS.) Das zeigt doch, wie die
ÖVP da momentan paktiert. (Abg. Meinl-Reisinger: Kein Plan! Kein Plan! Nebelgra­naten! Keine Klarheit!) Es wird einfach nur paktiert, und es wird nicht über­legt, wie man Schritte setzen kann. Wir entscheiden zwischen Solidarität und Neutralität nur noch aufgrund von einzelnen Zurufen, aufgrund von Mei­nungsumfragen und nicht aufgrund eines größeren Bildes. Das sieht
man in dieser Debatte besser denn je.

Wir können jetzt – und das finde ich alles positiv – beim strategischen Kompass, bei den schnellen Einsatzgruppen mit dabei sein. Es ist gut, wenn wir da
dabei sind, aber wir brauchen davor einen klaren Weg, bei dem sich nicht inner­halb von drei Tagen viermal die Meinung und die Richtung ändern, weil das zeigt, was wir momentan nicht sind: ein europäischer Partner, mit dem man rechnen kann, auf den man setzen kann und mit dem man die Europäische
Union gemeinsam weiterentwickeln kann. (Beifall bei den NEOS.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Frau Ministerin, Sie haben auch 5 Minuten Redezeitbe­schränkung. Bitte.


11.49.34

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier, aber auch vor den vie­len Geräten, wo man das heute sehen kann! Vor allem aber: liebe Schülerin­nen und Schüler! Herzlich willkommen zu dieser Debatte, die eine ganz, ganz wesentliche ist!


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Ich habe mich bewusst relativ spät gemeldet, weil ich auf einiges, was hier ge­sagt worden ist, reagieren wollte. Ich widerstehe aber dem Versuch,
auf die vielen polemischen und populistischen Aussagen zu reagieren, denn die werden sich von selbst richten. Diese Debatte ist mir dafür zu ernst.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Steger: Dazu braucht es auch Argumente, nicht?!)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger, bei einigem, was Sie gesagt ha­ben, muss ich zustimmen. Wir können, glaube ich, festhalten, dass die glo­bale Weltordnung in Bewegung ist und dass Europa zwischen den USA, China, Russland, aber auch einem aufstrebenden Indien steht und die letzten drei
Jahre schlicht und ergreifend mit einem Wort zu beschreiben sind: Ausnahmezu­stand. Ich muss nicht wiederholen, wo die Herausforderungen liegen, die
nicht nur in Österreich, sondern europa- und teilweise weltweit zu finden sind.

Zu Beginn möchte ich eines auch ganz klar festhalten: Ich sehe die
Lösung all dieser Herausforderungen ganz und gar nicht in einem von Ihnen als Vereinigte Staaten von Europa bezeichneten Konstrukt. Ganz im Gegenteil:
Die Stärke der Europäischen Union liegt in der Vielfalt. Und wir haben
in der Vergangenheit bewiesen – die Geschichte hat es über Jahrzehnte und auch in der jüngeren Vergangenheit gezeigt –, dass genau diese Vielfalt und auch die Einigkeit, die wir jetzt in der Europäischen Union erleben, das Erfolgs­modell Europäische Union ausmachen und auch zukünftig ausmachen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Wir haben eine ganz klare Antwort auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gegeben und diese Antwort sehen Sie in zehn einstimmig beschlossenen Sanktionspaketen, das elfte ist in Verhandlung. Was jetzt zu tun ist, haben einige von Ihnen schon angesprochen. Ich möchte auch festhalten,
dass diese Diskussion sehr, sehr weiblich ist. Bisher haben acht Frauen und nur vier Männer gesprochen, während der Anteil an weiblichen Abgeordneten
hier im Hohen Haus ja unter 40 Prozent liegt.


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Was jetzt zu tun ist, ist, konstruktiv zu sein und man kann es mit drei Worten beschreiben. Ich möchte diese drei Worte und die damit einhergehenden Handlungen wie folgt umschreiben: Es gilt, die europäischen Werte zu verteidi­gen, unseren Wohlstand abzusichern und den Wandel, der eingetreten
ist, für die Europäische Union und für unsere Zukunft positiv weiterzuentwi­ckeln. Die Kraft der Europäischen Union liegt darin, die großen Proble­me grenzüberschreitend zu lösen. Das ist vielfach gelungen. Denken Sie an den Binnenmarkt, denken Sie an die Eurozone, an die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft: Stichwort Horizon Europe, das weltweit größte Forschungs­programm! Denken Sie an die grenzüberschreitende Kooperation der Sicherheits- und Justizbehörden! (Abg. Meinl-Reisinger: ... Mehrstimmigkeit, nicht Einstimmigkeit! Das ist eben der Unterschied!) Und ja, die gehört ausgebaut, auch da stimme ich Ihnen zu. In Zeiten wie diesen, in denen wir – womit wir im 21. Jahrhundert niemals gerechnet haben – nur wenige hundert Kilometer
von der östlichen Grenze Österreichs einen Krieg toben sehen, ist das einfach notwendig.

Es ist also noch einiges zu tun und genau jetzt ist die Zeit dafür, diese Dinge auch tatsächlich anzugehen: zum Beispiel auch im Kampf gegen die ille­gale Migration, wo wir die Ziele noch nicht erreicht haben, oder bei der Vervoll­ständigung des Binnenmarktes oder auch bei so banalen Dingen wie einem einheitlichen Schienensystem, damit nicht in jedem Land die Lok ge­wechselt werden muss. Diese Herausforderungen sind aber keine einfachen und sie sind nicht so einfach zu lösen, wie eine Partei, die auch im Hohen Haus vertreten ist, uns weismachen will. Es gibt keine einfachen Lösungen.

Und wenn wir große gemeinsame Lösungen haben wollen, dann müssen wir uns auch hinsetzen und versuchen, einander zu verstehen, um dem Motto der Europäischen Union – In Vielfalt geeint – auch zu entsprechen. Die Stärke Europas liegt genau darin und nicht in einem Einheitsbrei, der sich vielleicht in dem, was Sie hier vorschlagen – Vereinigte Staaten von Europa –, widerspiegeln könnte.


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Wir dürfen nicht naiv sein. Es ist nicht leicht, diese Antworten zu geben und man könnte auch sagen, dass wir in der Vergangenheit mehr Probleme gesammelt
als gelöst haben. Aber wenn ich eine Chance sehe, voranzukommen, dann ist es im jetzigen Moment, da Frieden, Freiheit, Wohlstand und Sicherheit keine Schlagworte mehr sind, sondern Dinge, für die wir jeden Tag eintreten müssen, um sie tatsächlich zu erreichen.

Eines möchte ich auch noch sagen: Die neuen Bedrohungen, die Sie ange­sprochen haben, zeigen sich vor allem in hybriden Bedrohungen, auch im Netz, und sie betreffen auch demokratische Prozesse. Einer dieser wichtigen demokratischen Prozesse wird nächstes Jahr im Juni stattfinden: die Wahlen zum Europäischen Parlament. Daher ist es essenziell, die Aufrechterhal­tung und Verteidigung der kritischen Infrastruktur vom Krankenhaus bis zur Telekommunikation, aber auch die Terrorprävention hochzuhalten (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) und die Menschen – von der Energie bis zu den Lebensmitteln – gut zu versorgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss: Die Europäische Union ist zweifellos ein Erfolgsmodell; sie wird aber nicht an der Geschichte gemessen, sondern an der Fähigkeit - -


Präsidentin Doris Bures: Frau Ministerin, Sie müssen bitte den Schlusssatz for­mulieren.


Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler (fortsetzend): Ich bin beim Schlusssatz. Sie wird nicht an der Geschichte gemessen, sondern an der Fähigkeit, Antworten auf die Fragen der Gegenwart zu geben und Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft zu finden. Da sind wir alle gefordert und ich bin davon überzeugt, dass uns das gemeinsam gelingen kann: für eine gute Zukunft mit einem starken Öster­reich in einer starken Europäischen Union. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP so­wie des MEP Mandl.)

11.55



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Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaparlamentarier Lukas Mandl zu Wort. – Bitte.


11.55.43

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Lukas Mandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im österreichischen Nationalrat! Liebe Regierungsmitglieder! Obwohl mich die Rede von Kollegen Hoyos ein bisschen peinlich berührt hat, worauf noch einzugehen sein wird, möchte ich zunächst den Antragstellern für diese Europastunde Respekt zollen und dafür, dass sie für das sehr, sehr wichtige, aktuelle und drin­gende Thema Europa mit mehr Entscheidungs-, Zukunfts- und vor allem Vertei­digungsfähigkeit eintreten. Das ist nämlich das Thema dieser Europastunde,
und was da steht – mehr Verteidigungs-, Zukunfts- und Entscheidungs­fähigkeit –, ist ja etwas, wofür wir alle im Namen der Österreicherinnen und Österreicher eintreten dürfen und sollten.

Für einen, der Österreich im Europaparlament vertreten darf, ist es auch etwas Besonderes, sich mit den Kolleginnen und Kollegen hier im österreichi­schen Nationalrat austauschen zu dürfen, und ich danke für die Möglichkeit. Ich habe auch aufmerksam zugehört, was die Kolleginnen und Kollegen zu diesem breiten, aber wichtigen Themenfeld geteilt haben.

Ich möchte betonen: Wir brauchen ein Europa mit mehr Stärke nach außen und mehr Freiheit nach innen. Kollegin Bettina Rausch hat das heute auch schon betont und es gehört immer wieder betont, denn es hilft uns in der Orien­tierung und dabei, daran mitzuwirken, dass Europa diese Zukunfts-, Ent­scheidungs- und Verteidigungsfähigkeit entwickelt. Für Österreich und für die Österreicherinnen und Österreicher wird das wichtig sein.

Wenn es um die Verteidigungsfähigkeit geht, haben wir seit einem guten Jahr den neuen strategischen Kompass der Europäischen Union, das ist gewis­sermaßen die Verteidigungsdoktrin, die Sicherheitsstrategie der EU. Sie macht schon deutlich, was es bedeutet, unabhängig von Einflüssen aus anderen


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Teilen der Welt zu werden. Denn was Europa stark gemacht hat, ist Kooperation nach innen, und was Europa nach außen leben muss, ist Kooperation so gut es geht. Europa findet sich in der geopolitischen Lage aber in einem Feld der Konfrontation wieder, viele Akteure suchen die Konfrontation. Dagegen müssen wir uns wappnen, nicht nur durch militärische Fähigkeiten, sondern auch durch strategische Autonomie, wie es der strategische Kompass sagt.

Da ist es völlig richtig – ich bin dankbar dafür und es weist Österreich auch als starken europäischen Akteur aus –, dass Bundeskanzler Karl Nehammer die Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie für Österreich beauftragt hat. (Abg. Krisper: Nach viel Druck!) Denn es ist jetzt die Zeit, uns auf die kom­menden Jahrzehnte, ja vielleicht auf ein Jahrhundert der Konfrontation mit er­starkenden Akteuren wie China oder Indien – viele Rednerinnen und Redner haben das heute auch gesagt – vorzubereiten, und Europa in der demo­grafischen Entwicklung mit einem nicht mehr nur Fachkräftemangel, son­dern einem Arbeitskräftemangel stark zu halten, das heißt, unsere Freiheit zu er­halten, letztlich unsere Zivilisation gegen ganz andere Modelle, gegen die Versuche der Konfrontation zu erhalten. Das bedarf einer gemeinsa­men Anstrengung, an der Österreich, glaube ich, geschlossen – auch aus dem österreichischen Nationalrat – teilnehmen kann.

Nein, die Geschlossenheit gibt es nicht zu 100 Prozent, das ist durchaus auch auf europäischer Ebene aufgefallen. Als der Präsident der sich selbst verteidi­genden Ukraine – die das aber für uns alle tut – hier im Nationalrat gesprochen hat, war dieser nicht vollständig vertreten. Aber als Angehöriger der Öster­reichischen Volkspartei dann hier hören zu müssen, was uns Kollege Hoyos un­terstellt hat, das spricht schon Bände. Ich kann von mir selbst sagen, dass ich der Erste war, der 2014 – also vor bald zehn Jahren – anlässlich des Angriffs­kriegs Russlands auf die Krim im Niederösterreichischen Landtag die Buch­staben FPÖ im geopolitischen Kontext richtig ausformuliert hat: Freunde Putins in Österreich. Das hat die FPÖ konsequent durchgehalten und wir se­hen, wohin es geführt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Holzleitner.)


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Kollege Hoyos, uns so etwas vorzuwerfen, ist weit jenseits dessen, was wir brauchen (Abg. Leichtfried: Koaliert ihr nicht mit denen?): für die neue Sicherheitsstrategie Österreichs, für die Umsetzung des strategischen Kom­passes Europas, für die Einbindung auch jener Teile Europas, die in der European Political Community vertreten sind – 43 Staaten in Summe, nur die Frei­heitsbewegung von Belarus fehlt noch, auch die gehört involviert, und die parla­mentarische Dimension fehlt.

So müssen wir zusammenhalten, so müssen wir miteinander agieren, dann ist nicht nur die Zivilisation Europas, sondern auch die Sicherheit der Öster­reicherinnen und Österreicher gesichert. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


12.00.28

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ein aufrichtiges Plädoyer für eine zukunftsfähige EU beschreibt deutlich, was es braucht und was es nicht braucht. Lassen Sie mich mit einer bitteren Feststellung beginnen: Die Menschheit ist auch im 21. Jahrhundert nicht fähig, Kriege zu verhindern, Hun­gersnöte zu überwinden und einen Ausgleich zwischen Besitzenden und Besitzlosen herzustellen.

Letzte Woche erst wurde vom renommierten Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung das aktuelle Konfliktbarometer präsentiert. Die Bilanz ist erschreckend: Gegenwärtig werden weltweit 216 bewaffnete Kon­flikte ausgetragen, von denen wiederum 21 als regelrechte Kriege gel­ten. Einer dieser schrecklichen Kriege findet auch auf unserem Kontinent statt.

Bereits vor dem brutalen Überfall auf die Ukraine durch Diktator Putin
sind Menschen in Kriegen gestorben. Alleine 2021 waren es rund 200 000 Tote. Verwundete, verstümmelte, traumatisierte und geflüchtete Menschen sind


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da nicht miteinbezogen. Angesichts dieser Zahlen braucht es ein ganzheitliches Verständnis von globalen Zusammenhängen und ein klares Verständnis für
die Sicherheitsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der Europäi­schen Union und unserer Nachbarschaft.

Wir stehen global vor enormen Herausforderungen. Eines ist klar: Die Ordnung in Europa wurde durch den russischen Angriffskrieg zerstört, da sind wir uns einig. In dieser Situation brauchen wir politischen Entscheidungswillen – getragen von möglichst breitem gesellschaftlichem Konsens, und das in allen 27 EU-Mitgliedsländern. Was wir nicht brauchen, sind unrealistische Visionen wie jene von einer EU als Vereinigte Staaten von Europa. Ange­sichts der politischen Stimmung ist das eher Wahlkampftaktik und -rhetorik als ein reales Modell. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber eine Vision!) Es ist zusätzlich polarisierend und könnte gar mit noch mehr Misstrauen der Menschen gegen­über der EU und ihren Institutionen in der Konsequenz in die falsche Rich­tung gehen. Das gilt es allerdings unter allen Umständen zu vermeiden und zu verhindern. Europa muss zusammenwachsen – und zwar, ich sage das ganz bewusst, auf Augenhöhe und auf dem gesamten Kontinent, im gesamten Europa.

Meine Damen und Herren, wir brauchen – auch im Sinne der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – geopolitisches Wissen und politischen Pragmatismus. (Abg. Meinl-Reisinger: ... bla bla!) Die Rahmenbedingungen, in denen sich die Europäische Union und somit wir alle befinden, sind nicht einfach.

Vorgestern erst wurde in „Foreign Affairs“ ein Artikel veröffentlicht, der die geopolitische Situation aus meiner Sicht auf den Punkt bringt. Erstens: Die Spannungen zwischen den USA und China werden zunehmen. Zweitens: Die USA sind nicht mehr in der Lage, zwei Kriegsschauplätze gleichzeitig zu bedienen. Drittens: Die USA sind nicht mehr willens, ihre Soldaten in Europa zu


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opfern. Viertens: Die USA haben als pazifische Macht eine klare strategi­sche Priorität. Das ist nicht Europa, das ist der Indopazifik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber das hab ich ja gesagt! Was leiten Sie daraus ab?)

Das bedeutet, wir werden selbst Verantwortung für Europa und unsere Nach­barschaft übernehmen müssen, damit unsere Töchter und Söhne der EU nicht sinnlos auf Schlachtfeldern geoopfert werden. Wir brauchen einen künftig funktionierenden Multilateralismus und keine Vereinigten Staaten, eine ehr­liche Dekolonialisierung, Konfliktprävention und Konfliktverhütung. Da hätte das neutrale Österreich viel anzubieten. (Abg. Meinl-Reisinger: Bitte ... innovativ!)
Was wir aber unmittelbar brauchen, ist die Umsetzung der Ratsbeschlüsse aus dem Vorjahr bezüglich des strategischen Kompasses, bevor Illusionen der Vereinigten Staaten von Europa diskutiert werden.

Eines ist klar: Wir Europäer werden uns nicht nur den Herausforderungen im Osten Europas, sondern vielmehr den Konflikten im südlichen Krisenbo­gen stellen müssen. (Abg. Meinl-Reisinger: ... kommen wir jetzt mit China ...! Schauen wir, dass wir USA und China ...!) Die traurige Schlussfolgerung: Das Töten wird auch im 21. Jahrhundert weitergehen, und dem müssen
wir uns im Rahmen einer aktiven, ehrlichen, aufrichtigen Neutralitätspolitik auch entgegenstellen. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, gleichzeitig muss die strategische Autonomie der EU ernsthaft entwickelt werden, damit sie ein globaler Akteur ist. (Abg. Haub­ner: Die Rede ist länger als geplant!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren.


Abgeordneter Robert Laimer (fortsetzend): Die Zukunft Europas wird heute ge­schrieben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber habe Mut ...! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

12.06



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 136

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Axel Kassegger zu Wort. – Bitte.


12.06.05

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Ja, es ist jetzt in dieser Diskussion vieles schon gesagt worden,
es sind viele Narrative benutzt worden, teilweise auch wenige Argumente be­nutzt worden. Uns wird immer vorgeworfen, wir haben keine Argumente,
wir sind Hetzer, was auch immer. Das ist die typische Vorgehensweise: Wenn man keine Argumente mehr hat, dann steckt man denjenigen in genau
diese Boxen. Ich versuche jetzt, Argumente vorzubringen. Ich denke, dass mir das gelingen wird.

Es muss doch im Interesse der Österreicher zulässig sein, bestimmte Dinge in der Europäischen Union – und deren gibt es viele – zu kritisieren, Alternativen aufzuzeigen und zu sagen: Das funktioniert ja nicht! – Frau Bundesminister, Sie können die Welt schönreden, von Vielfalt reden und die EU als Erfolgs­modell und Sonstiges bezeichnen. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Wir sagen, da gibt es viele, viele Bereiche, die eben nicht optimal laufen.

Wir reden jetzt immer von der Inflation: warum die so hoch ist. Ja selbstver­ständlich hat das auch eine wesentliche Ursache in der Europäischen Union beziehungsweise in der Europäischen Zentralbank, die über Jahre ohne Ende Geldmengen ausgeweitet hat, die über Jahre eine nichtmarktkon­forme Nullzinspolitik gemacht hat, die zu einer Schuldenpolitik geführt hat. Die­se Rucksäcke – also eine Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentral­bank, selbstverständlich unterstützt und geduldet, wie immer, von der österreichischen Bunderegierung – tragen wir jetzt. Davor stehen wir jetzt.

Jetzt sind uns im Wesentlichen die Hände gebunden. Wir können die Zinsen nicht erhöhen, weil dann unmittelbar verschiedene Staaten und auch Un­ternehmen mehr oder weniger bankrott sind. Das führt dazu, dass der Euro ab­wertet. Das führt dazu, dass, nachdem wir die ganze Produktion in den


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letzten Jahrzehnten schon nach China oder sonst wohin exportiert haben, die Importe teurer werden, und das führt zur Inflation.

Was Sie jetzt noch als Bundesregierung machen: Sie schaufeln in einer Situation, in der wir einen definitiven Nachfrage-Angebots-Überhang haben, noch
Geld ins System hinein und versuchen, uns zu erklären, dass das nicht inflations­steigernd ist. Das geht sich mit der Logik nicht aus, selbstverständlich ist
das inflationssteigernd. (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind nicht ein paar Euro, sondern das – all diese Hilfen – sind 50 Milliarden Euro: Geld ins System schütten und mit kleinen Maßnahmen dann Pfläster­chen, würde ich einmal sagen, anbringen.

Dieser Bereich, der ganze Energiebereich – sprechen wir es doch aus! –: Das, was Sie da machen, das, was Frau von der Leyen da macht, führt am Ende zu einem Niedergang der europäischen Industrie. Es ist doch klar, dass ein Grundproduktionsfaktor einer erfolgreichen Industrie und Wirtschaft güns­tige Energie ist, und da wird alles gemacht, um die Energie zu verteuern. Mögli­cherweise ist das Ziel mancher, mit diesem Vehikel gesellschaftspolitische Veränderungen herbeizuführen. Unser Ziel ist es definitiv nicht. Unser Ziel muss es sein, günstige Energie sicherzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind wir nicht günstig. Die Kilowattstunde Strom kostet in den USA 4 Cent, in China 3 Cent, bei uns 12 Cent, und jetzt erklären Sie mir nicht, dass Sie da Standortpolitik machen wollen, das geht sich nicht aus. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Sehr vernünftig!)

Genau aus diesem Grund, weil wir uns – nicht wir, die Europäische Union
mit voller Unterstützung von Ihnen, Frau Bundesminister, und der Regierung – zu Sanktionen in diesem Krieg committet haben! Wenn ich dann höre:
Die EU ist ein Friedensprojekt! – Das geht sich mit der Logik nicht aus. Bei aller Liebe und bei allem Verständnis, das geht sich nicht aus. Setzen Sie doch
endlich Maßnahmen, dass dieser Krieg, der nicht unser Krieg ist, der ein europäi­scher Krieg ist, in dem sich Europäer (Abg. Brandstätter: Putins Krieg! Hallo!


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Hallo!) – hören Sie einmal auf! – wechselseitig umbringen, im Sinne der Europäer zu einem Ende kommt! (Beifall bei der FPÖ sowie des MEP Mayer. – Abg.
Ernst-Dziedzic: Was für eine Täter-Opfer-Umkehr, Herr Kollege!)

Zu diesen Fantasien von einem europäischen Verteidigungsbündnis: Da bin ich ausnahmsweise einmal absolut auch der Meinung des Kollegen Reimon.
(Abg. Reimon: Nein!) Sprechen wir es doch aus: Wir reden von der Nato. Was re­den Sie von einem europäischen Verteidigungsbündnis? (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn wir ..., dann würde ich von der Nato reden!) Das wird so nicht stattfinden.

Ihren Ansatz finde ich auch gut – wenn, dann sollten das neutrale Staaten versuchen. Sie können doch nicht von einem Nato-Staat – der sich der Nato und damit den Amerikanern committet hat – erwarten, intensiv für ein europäi­sches Verteidigungsbündnis zu sein. Das geht sich nicht aus.

Das ganz Entscheidende zum Schluss: Worum geht es denn da wirklich? – Es geht darum, wer über unser aller Leben entscheidet. Das ist Demokratie,
demos kratein: Möglichst viele – das Staatsvolk – entscheiden über eine direkte oder eine repräsentative Demokratie. – Das, was da jetzt im europäischen Zusammenhang stattfindet, ist ja ein Verschieben aller Kompetenzen auf ganz wenige Leute, die nicht einmal gewählt sind, die keiner kennt.

Frau von der Leyen (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger) und ein paar andere treffen Entscheidungen, die unmittelbare Auswirkungen und sehr oft lei­der auch negative Auswirkungen auf jeden Einzelnen von uns haben, und tragen dafür aber keine Verantwortung. Die Ausweitung der Schuldenunion und der Green Deal sind wunderbar, 750 Milliarden € haben wir jetzt aufgenommen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Hat irgendjemand die Österreicher gefragt, ob wir das überhaupt wollen? – Nein. Das ist genau der entscheidende Punkt. Da sind wir bei dem
Punkt, die direkte Demokratie und die repräsentative Demokratie auf Ebene


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souveräner, selbstständiger Staaten zu schützen und auszubauen, denn
wir wollen selbst bestimmen - -


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (fortsetzend): Wir wollen selbst bestimmen, wie unser Leben ausschaut und uns nicht von ein paar
Leuten in Brüssel fremdbestimmen lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des MEP Mayer. Ruf bei der FPÖ: Sehr gute Rede!)

12.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.


12.11.55

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen und Kolleginnen, Zuseher und Zuseherinnen! Eines vorweg, auf den Vorredner bezogen: Es ist kein europäi­scher Krieg, es ist ein Krieg Russlands gegen einen souveränen Staat,
die Ukraine. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP sowie der Abgeord­neten Brandstätter und Meinl-Reisinger.)

Das in der Europastunde im österreichischen Parlament zu behaupten, ist ja wirklich eine Schande.

Frieden, Freiheit, Solidarität und natürlich auch die Souveränität der Mitgliedstaaten (Abg. Kassegger: Eben!) sind die Koordinaten der Europäischen Union, und das ist das, was wir in dieser Europäischen Union verteidigen.
Wieso verteidigen wir das? – Angesichts der Geschichte unseres Kontinents muss die Antwort lauten: Ein Europa der Menschenrechte, der Chancengleichheit, des Rechts und des Wohlstands für alle muss unser Ziel sein.

Nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch nach den Jahrzehnten, in denen halb Europa unter Repression und Gewalt gelitten hat,


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muss es über alle Parteigrenzen hinweg unser gemeinsames Ziel sein,
dieses solidarische, dieses freie, souveräne Europa hochzuhalten. Wer das nicht tut, kennt die Geschichte nicht oder steht auf einer ganz anderen Seite –
auf der falschen Seite der Geschichte. (Beifall bei den Grünen sowie
der Abg. Pfurtscheller.)

Es ist – wie wir gehört haben – nämlich keine Selbstverständlichkeit, dass
wir heute den Frieden und die Freiheit in diesem gemeinsamen Europa hochhal­ten und verteidigen. Es ist ja nicht nur bitter, sondern es ist auch Zeit, das
beim Namen zu nennen, was das Gegenteil davon bedeutet:

Das Gegenteil davon bedeutet, und genau das propagiert ja die FPÖ, ein Zurück vor 1968. Wieso? – Weil da die Emanzipationsbewegungen ermöglicht
haben, dass wir Frauen-, Menschen-, LGBTIQ-Rechte in Europa etablieren konnten.

Es ist ein Zurück vor 1989. Wieso? – Weil es da die sowjetische Repression gab, und Sie verteidigen genau in dieser Kontinuität weiterhin Russland und
diese autokratische Repression. (Zwischenruf des Abg. Kaniak.)

Es ist auch ein Zurück vor 1995, nämlich vor den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, weil Sie sich nämlich vor genau dieser neu gewonnenen Freiheit fürchten. Sie fürchten sich davor, dass in Europa die Menschen
nicht nur souverän, frei und selbstbestimmt leben, sondern Sie fürchten sich vor Menschenrechten. Sie fürchten sich vor LGBT-Rechten, Sie fürchten sich
vor Menschenrechten, Sie fürchten sich vor der europäischen Einigkeit. (Abg. Kassegger: Wir fürchten uns vor totalitären Tendenzen, wir fürchten uns ...!)
Sie fürchten sich so sehr, dass nur die Angst und die Hetze aus Ihnen spricht, und genau das gefährdet das gemeinsame Europa. (Beifall bei den Grünen
sowie des Abg. Brandstätter.)

Eines noch, weil eben Ihr Sprücheklopfer, Philosoph, Klubobmann heute ab­wesend ist: Hätte er sein Philosophiestudium abgeschlossen und hätte


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er vielleicht noch ein bisschen Geschichte dazu studiert, dann hätte er gewusst –und die Parteilinie vorgegeben –, dass es keinen Frieden ohne Freiheit in
Europa geben kann. Wenn ein europäischer Staat oder ein Staat, der sich nach Europa richtet, angegriffen wird, dann ist es unsere Aufgabe, solidarisch
zu sein und – wie im Fall der Ukraine – den Staat bei der Selbstverteidigung zu unterstützen. Das ist unsere europäische Aufgabe, und das hätten Sie
dann gewusst. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der
Abg. Meinl-Reisinger.)

Eines noch – weil das, was Sie als FPÖ eigentlich als Alternativen anbieten, immer verwässert wird, muss man auch das ansprechen –: Es gibt keine illiberale Demokratie, sehr verehrte Damen und Herren! Es gibt so etwas, was
Orbán sozusagen zu leben vorgibt, nicht. Es gibt nur eine Demokratie, die liberal ist, oder es gibt eine Autokratie. Es gibt nur Freiheit oder es gibt nur Repres­sion. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Es gibt nur Solidarität oder es gibt nur nationalistischen Egoismus. All das sind die zwei Koordinaten, zwischen denen wir uns hier im österreichischen Parlament in der Debatte heute bewegen. Da haben Sie einmal bewiesen, auf welcher Seite der Geschichte Sie stehen. Das ist nicht die Weltord­nung, die wir uns für Europa wünschen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines noch in dem Zusammenhang – weil es mir ganz wichtig ist, wenn
hier behauptet wird, es war früher vielleicht alles besser, oder Sie wüssten, wie es besser gehen würde –: Ich war neun Jahre alt, als wir im Radio Freies
Europa gehört haben, dass 500 Kilometer weiter die Mauer fällt. Ich kann mich an diesen Moment, an diese Hoffnung auf ein gemeinsames, von Repres­sion und Gewalt freies Europa, die wir in Osteuropa hatten, erinnern. Das, was Sie heute machen, fast 34 Jahre später, ist, diese Hoffnung mit Füßen zu treten, diese Hoffnung zu zerstören und uns alle mit Ihren Freunden in Russland, mit einem Kriegstreiber Putin einfach in die Vergangenheit zu katapultieren.


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Das lassen wir nicht zu! Diese Hoffnung auf ein freies, selbstbestimmtes Europa lebt nicht nur (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), sondern die wer­den wir weiter verteidigen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen, ÖVP und SPÖ.)

12.17


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte.


12.17.46

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kollegin Meinl-Reisinger hat auf charmante Art und Weise darauf hingewiesen, dass ich schon ein biss­chen länger auf der Welt bin. Ja, das hat natürlich auch den positiven Effekt vie­ler Erfahrungen. (Abg. Wurm: Daraus sollte man lernen!)

Da Ewa Ernst-Dziedzic jetzt gerade vom Fall der Mauer gesprochen hat: Ja, ich hatte das Glück, dass ich mit Helmut Kohl an diesem Tag als Korrespon­dent in Warschau sein durfte und Geschichte miterlebt habe. Ich hatte aber auch das Glück, vorher verfolgen und sehen zu dürfen, was Kommunismus bedeu­tet, weil ich aus kommunistischen Ländern berichtet habe.

Ich habe gesehen, was das für die Menschen bedeutet hat, aber ich habe gerade eben in Polen und in anderen Ländern diese Bewegung für Freiheit, für Selbstbestimmung, für Menschenrechte gesehen. Da gab es einen großartigen ÖVP-Politiker, nämlich Erhard Busek; das Buch „Eine Seele für Europa“ würde ich empfehlen. Er hat es zu der Zeit geschrieben, als die einen noch zu den kommunistischen Machthabern gefahren sind, er zu Václav Havel,
zu Lech Wałęsa und anderen gefahren ist und diese Vision des freien Europa schon hatte. Da tut mir so manches, was ich heute von der ÖVP zu Europa höre,
umso mehr weh, aber darauf werde ich später noch eingehen.


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Ein Jahr nach dem Fall der Mauer war ich als Korrespondent wieder bei einem großartigen Ereignis, nämlich in Paris, als die Charta von Paris von den europäischen Staats- und Regierungschefs und von Kanada und den Vereinigten Staaten verabschiedet wurde. Da hieß es – ich zitiere –: „Europa befreit sich
vom Erbe der Vergangenheit“, und: „Das Zeitalter der Konfrontation
und der Teilung Europas ist zu Ende gegangen.“

Leider wissen wir, dass manches damals zu optimistisch war, weil der Krieg des Zerfalls in Jugoslawien natürlich noch schrecklich war, aber es hat dann
wirklich viele Versuche gegeben, auch Russland einzubinden. Das wollen Sie ja auch nicht wahrhaben.

Es gab die Russland-Grundakte der Nato, es gab die Möglichkeit, dass Russland in die europäische Sicherheit einbezogen wird, aber Putin wollte das nicht,
weil er ein autoritäres Regime aufziehen wollte. Er hat gesehen, dass autoritäre Führer irgendwann einmal schrecklich enden – und Gott sei Dank gab
es ja einige, die dann entsprechend geendet haben –, und genau diese Angst hat er, und aus dieser Angst heraus hat er die Ukraine angegriffen, aus dieser
Angst heraus hat er den Krieg in Europa begonnen. (MEP Mayer: Was Sie alles wissen, Herr Kollege!)

Aber – und das ist wieder das Positive – nach diesem 24. Februar 2022 ist Europa wieder zusammengestanden und hat das gezeigt, was Robert
Schuman am 9. Mai 1950 gesagt hat, nämlich: Europa wird aus der „Solidarität der Tat“ aufgebaut. – Genau das findet jetzt in Europa statt. Auch wenn es
Ihnen nicht recht ist und auch wenn die Freunde Putins in Österreich genau das verhindern wollen, stellen wir uns in Europa gegen den Kriegstreiber,
gegen den Krieg, und wir tun das gemeinsam – das ist wunderbar.

Diese Europäische Union tut aber noch viel mehr, und Sie können gut genug Englisch, damit Sie das lesen können: „The Brussels Effect“. (Der Redner hält das genannte Buch von Anu Bradford in die Höhe.) Was diese Wissenschaft­lerin, eine Finnin, die in Amerika arbeitet, so wunderbar schreibt, klingt


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vielleicht ein bisschen übertrieben: „How the European Union Rules the World“, aber sie beschreibt ganz genau, dass viele Standards der EU – ob das im Be­reich Datenschutz ist, gerade ist Meta von der Europäischen Union verurteilt wor­den und muss zahlen; ob das im Kinderrechtsschutz ist; ob das im Frauen­schutz ist, davon hat Kollegin Holzleitner heute schon gesprochen; ob das beim Konsumentenschutz ist – heute weltweit geachtet werden müssen. Wir sind, meine Damen und Herren, in Europa viel stärker, als wir manchmal wahrha­ben wollen. Wir müssen diesen Weg nur weitergehen, und dieser Weg kann ja nur bedeuten, dass wir eine stärkere Europäische Union brauchen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Selbstverständlich gilt das auch im Bereich Sicherheit und Zusammenarbeit. Weil über die Nato gespöttelt wurde: Fahren Sie nach Amerika und reden Sie mit
den Leuten! Viele sagen: Wer weiß, wer dort einmal wieder regieren wird! Wer weiß, ob sich die um Europa kümmern werden! – Deswegen gibt es gar
keinen anderen Weg als eine gemeinsame europäische Verteidigung, als stärker werden, Selbstbewusstsein entwickeln und selbstbewusst miteinander
auftreten.

Das muss ich Ihnen schon sagen, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Wenn Frau Minister Edtstadler von „Einheitsbrei“ redet, wenn Sie da irgendwie
sagen: Na ja, das eine oder andere mit der EU funktioniert nicht!, dann muss ich darauf aufmerksam machen, dass Sie sich damit auf einmal wieder der FPÖ nähern. Das ist ja wirklich das Traurige. Da ist eine Partei – die Freunde Putins in Österreich –, die uns aus der EU rausschmeißen will, und hier gibt es Leute,
die überlegen, dass sie genau mit dieser FPÖ wieder zusammenarbeiten.

Der Bundeskanzler sagt, er möchte eine neue Sicherheitsstrategie. – Ja, ich bin auch für eine neue Sicherheitsstrategie. Da müssen wir aber dann auch
so ehrlich sein, dass wir uns als Österreich auch gemeinsam mit den anderen
EU-Staaten zusammenfinden; aber das wird mit denen auch nicht funktionieren, und deswegen: für ein stärkeres, freies, wunderbares, großartiges Europa!
Das können wir gemeinsam machen, gegen Putin, gegen die Freunde Putins in


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Österreich, wir Europäerinnen und Europäer in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lukas Hammer.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

12.23.19Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 15004/J bis 15080/J

Zurückziehung: 14993/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

74/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 14035/AB bis 14125/AB

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

68/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Barrierefreiheitsgesetz erlassen sowie das Sozialminis­teriumservicegesetz geändert wird (2046 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition betreffend "höhere Mittel für Länder und Gemeinden aus dem Finanzaus­gleich, um den Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem 1. Lebensjahr um­setzen zu können", überreicht von den Abgeordneten Petra Wimmer und Andreas Kollross (121/PET)

Petition betreffend "Schluss! mit weiteren Einschränkungen der Verpackung, der Bezeichnung oder anderer Angaben von Fisch-, Fleisch- und Milchalter­nativprodukten", überreicht von den Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer und Mag. Faika El-Nagashi (122/PET)

Bürgerinitiative betreffend "Aufnahme der SanitäterInnen/NotfallsanitäterInnen der Rettungsorganisationen in das NSchG analog der Ausnahmebestimmung für Feuerwehren!" (58/BI)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen über die Tätigkeit im Jahr 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege, und Konsumentenschutz (III-947 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis April 2023, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft (III-948 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gem. § 2 Abs. 2 FEG über die Vollziehung der Bestimmungen des Flughafenentgeltegesetzes im Jahr 2022 (III-949 d.B.)

*****


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Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte
über die Anfragebeantwortung 13835/AB


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 13835/AB der Anfrage 14234/J der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inhalte von Meinungsumfragen“ durch den Herrn Bundesminister für Finanzen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 4 und 5, 6 und 7, 8 und 9 sowie 10 bis 13 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Ich frage, ob es dagegen einen Einwand gibt. – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wur­de eine Tagesblockzeit von 6,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich fol­gende Redezeiten ergeben: ÖVP 127, SPÖ 88, FPÖ 72, Grüne 65 sowie NEOS 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dargelegten Redezeiten.


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Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

12.25.191. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (1794 d.B.) „FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG“ (2032 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte. (Abg. Wurm: Peter, rette unser Bargeld!)


12.25.51

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Saal
und vor allem zu Hause vor den Bildschirmen! Es geht um das Bargeld, das den Österreicherinnen und Österreichern so wichtig ist. Ich möchte mich
vorab einmal bei den Betreibern dieses Volksbegehrens, bei Herrn Ing. Josef Binder und seiner Mutter und bei Frau Sabine Hatzl, für ihre Initiative
zur Absicherung des Bargeldes bedanken, denn das Bargeld ist eine ganz wich­tige Errungenschaft und deshalb auch abzusichern. (Beifall bei der ÖVP
sowie der Abgeordneten Wurm, Maurer und Loacker.)

Rund 570 000 Österreicherinnen und Österreicher haben bis heute
dieses Volksbegehren unterzeichnet. Wenn man eine Umfrage heranzieht, dann weiß man, dass den Österreicherinnen und Österreichern, dass 93 Prozent unserer Bevölkerung das Bargeld ein großes Anliegen ist und dass das Bargeld auch bleiben soll. Auch wir alle von der ÖVP, vom Bundeskanzler über
den Finanzminister bis hin zu den Abgeordneten, bekennen uns ganz klar zum Bargeld und natürlich auch zur flächendeckenden Versorgung mit diesem.
(Abg. Wurm: Wann kommt das Aber?)


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Es gibt ja eigentlich nur positive Argumente, die für die Absicherung und die Bei­behaltung des Bargeldes sprechen. Wir haben das auch mit den Experten
im Finanzausschuss ausgiebig diskutiert. Auch wenn immer wieder ein Beispiel oder einige kleine Beispiele von Geldwäsche angeführt werden, ist es so: Natürlich ist eine gewisse kriminelle Energie immer wieder vorhanden, und man kann Dinge versuchen, aber wir haben sehr viele Gesetze, die dem bereits
einen Riegel vorschieben.

Wir merken auch, Bargeld ist das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel und damit auch das beliebteste. Das ist nicht nur in Österreich so, sondern es
ist in ganz Europa so.

Bargeld ist sicher, das ist auch ein wesentlicher Aspekt. Es ist keinen Hacker­angriffen und keinen Phishingattacken ausgesetzt, sondern es ist ein
sicheres Zahlungsmittel.

Noch ein ganz wesentlicher Faktor: Bargeldzahlungen sind günstig, sie sind sogar sehr günstig, wenn man sie etwa mit Kreditkartenzahlungen vergleicht,
für die wir Transaktionskosten begleichen müssen, und sie können einfach und zügig erledigt werden. (Abg. Wurm: Bis jetzt alles richtig!)

Ein ganz wesentlicher Aspekt des Bargeldes ist natürlich, dass man lernt, mit Geld umzugehen, denn das ist ja nicht jedermanns Sache. Ich glaube,
es ist besser, man gibt Kindern ein Taschengeld als eine Kreditkarte, denn mit dem Taschengeld lernen sie, mit dem Geld umzugehen. Man kann das
auch als gewisse Ausbildung fürs tägliche Leben und für den Umgang mit dem Einkommen sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bargeld ist natürlich auch ein ganz wesentlicher Faktor für die soziale Eingliede­rung. Bargeld kann ich immer verwenden, ich brauche kein Konto dafür.
Es ist gut, dass ich ein Geldtascherl habe, in dem ich Bargeld drinnen habe, denn dann kann ich nicht mehr ausgeben als das, was ich drinnen habe. Ich glau­be, es ist auch ein guter Grundsatz, nicht mehr auszugeben, als man
hat, denn das rettet einen dann auch vor der Schuldenfalle.


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Meine Damen und Herren, wir haben natürlich auch in Österreich Bargeldver­sorgungsunternehmen – das dürfen wir nicht vergessen – wie zum Bei­spiel die Münze Österreich, eine der innovativsten und effizientesten Münzprä­geanstalten der ganzen Welt. Diese ist natürlich auch ein wichtiges Aus­hängeschild für den Standort Österreich und damit auch ein verlässlicher Bar­geldversorger. Das stärkste Argument für das Bargeld – ich begrüße den Herrn Finanzminister als Hüter des Bargeldes, nämlich in dieser Beziehung – ist, dass das Bargeld persönliche Freiheit bedeutet, meine Damen und Herren
(Beifall bei der ÖVP): keine Datenlieferung nach Amerika und keine Verkaufsstu­dienunterstützung für die Kreditkartenbetreiber – es schützt also unsere Privatsphäre.

Ich komme also zum Schluss: Bargeld ist ein Garant dafür, dass wir persönliche Freiheit leben können. (Abg. Wurm: Peter, warum dann kein ...?) Zusam­menfassend gilt: Nur Bares ist Wahres! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße nun Herrn Finanzminister Magnus Brunner im Hohen Haus und erteile als nächstem Redner Herrn Abgeordneten Kai
Jan Krainer das Wort. – Bitte.


12.31.10

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, danke, Frau Präsidentin, und ich
darf mit dem Dank eigentlich gleich fortfahren, und zwar danke an die Initiatoren und an die über eine halbe Million Österreicherinnen und Österreicher,
die das Volksbegehren unterschrieben haben. Es – unter Anführungszeichen – „zwingt“ uns als Politik, uns mit einem Thema auseinanderzusetzen, auch
in die Tiefe gehend, das vielen Bürgern unter den Nägeln brennt, und das sind die Fragen: Wie komme ich zu meinem Bargeld? Wird mein Bargeld
überhaupt angenommen? Wie lange gibt es noch Bargeld? – Vielen Dank dafür.


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Es war sehr interessant. Ich glaube, wir haben fast zu wenig Zeit dafür verwendet, denn es gibt noch einige Aspekte betreffend das Bargeld, weshalb wir uns durchaus noch einmal hätten treffen können – auch noch mit
anderen Experten –, vor allem wenn es um Datenschutz geht. Es war aber trotzdem, glaube ich, für uns alle sehr interessant.

Besonders spannend habe ich gefunden, dass wir uns an und für sich, zumindest rhetorisch (Abg. Wurm: Rhetorisch – nur!), alle sehr, sehr nahe sind und es
wenige Unterschiede zwischen den Parteien gibt. Leider hat es dann nicht die Zeit und vielleicht auch nicht den Willen von allen gegeben, dass wir hier gemeinsam einen Bericht machen und auch die politischen Konsequenzen aus dieser Debatte, die wir im Ausschuss geführt haben, und aus den Exper­tengesprächen ziehen. Meines Wissens gibt es nicht einmal einen Entschlie­ßungsantrag der Regierungsparteien (Abg. Wurm: Aber unseren gibt’s,
Herr Kollege, da könnts einmal mitstimmen!),
was ehrlich gesagt ein Armutszeugnis ist und was ehrlich gesagt auch für die halbe Million Menschen, die das unterschrieben haben, nicht gut sein kann.

Was macht die Politik jetzt mit diesem Volksbegehren? – Wir haben einen Ent­schließungsantrag, den ich hiermit auch einbringen darf, nämlich betref­fend „Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“.

Es geht darin um vier wesentliche Punkte. Der erste ist: Wie komme ich überhaupt zu meinem Bargeld? – Jetzt muss man sagen, dass wir im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten, die schon ganze Landstriche haben,
in denen es gar keine Bank und nicht einmal mehr einen Bankomaten gibt, in Ös­terreich noch immer ein sehr, sehr gutes Banken- und auch Bankomatnetz haben. In Österreich gibt es aber auch erste Lücken in diesem Netz und erste Ge­meinden, in denen es gar keinen Bankomaten mehr gibt, wobei teil­weise dann die Gemeinde dafür zahlt, dass es überhaupt einen Bankomaten gibt.

Wir sehen, wie das Länder machen, in denen die Lücken schon so groß sind, dass sie diese stopfen müssen. Sie verpflichten entweder die Geschäftsbanken


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dazu, das zu machen, oder ihre jeweilige Nationalbank muss diese Aufgabe über­nehmen. Ich glaube, man darf nicht so lange warten, bis es Lücken gibt,
sondern man muss jetzt gesetzlich dafür sorgen, dass entweder die Geschäfts­banken verpflichtet werden, ein Mindestmaß an Bankomaten, wie zum
Beispiel pro Gemeinde mindestens einen, zur Verfügung zu stellen, oder dass, wenn diese das nicht schaffen, dann der Staat einspringen muss. Das ist
so: Wenn der Markt etwas nicht schafft, dann muss es der Staat machen, dann muss eben die Oesterreichische Nationalbank diese Bargeldversorgung in Österreich sicherstellen.

Deswegen – erster Teil des Entschließungsantrages – „eine wohnortnahe Ver­sorgung mit Bargeld durch Bankomaten durch die Geschäftsbanken, bzw.
soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische Nationalbank“. – Das ist der erste Punkt: die Versorgung mit Bargeld.

Der zweite Punkt, der genauso wichtig ist: Wird das Bargeld überhaupt ange­nommen? – Es gibt ein Gesetz, durch das es an und für sich eine Annah­meverpflichtung gibt. Das ist im Nationalbankgesetz, ich glaube, in § 61, gere­gelt. Wir wissen aber, dass es in der Praxis Einschränkungen gibt, die teil­weise für uns alle nachvollziehbar sind. In Wien muss zum Beispiel ein Taxifahrer aus Sicherheits-, aus logistischen Gründen und dergleichen nicht mehr als einen Fünfzigeuroschein wechseln können – das verstehen wir alle.

Es gibt in der Praxis aber auch Einschränkungen bei Sportveranstaltungen, bei Konzertveranstaltungen, bei denen man gar nicht mehr mit Bargeld zahlen
kann, sondern ausschließlich mit Karte. Da muss man einfach klären: Wird das Gesetz von der Regierung nicht vollzogen, ist es an und für sich stark ge­nug oder müssen wir diese Annahmepflicht gesetzlich verstärken, damit wir nicht in die Situation kommen, in der manche Länder sind, nämlich dass es
ganze Supermarktketten gibt, in denen man gar nicht mehr mit Bargeld zahlen kann? – Diese Frage wird von den Regierungsparteien leider hier auch nicht beantwortet, aber in unserem Entschließungsantrag schon:


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„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, dass [...] die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzes­änderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die Annahmeverpflich­tung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnah­men“ klar geregelt „werden“. – Diese Arbeit steht vor dem politischen System, das wäre der Auftrag an Sie.

Der dritte Bereich, und das ist ein wesentlicher Bereich, betrifft die Geldwäsche. Wir hatten ein Hearing mit Frau Dr. Brigitte Unger, einer Koryphäe auf ihrem Gebiet. Sie forscht seit zwei Jahrzehnten darüber, wie die Drogenmafia jedes Jahr Milliarden Euro wäscht, weil sie immer das Geld in bar ein­nimmt und dieses Geld ins Finanzsystem bringt. Wir haben eine der europaweit führenden Geldwäscheexpert:innen hier gehabt, wobei es vor allem um Drogenhandel geht, und sie hat klar gesagt: Keine Grenzen beim Bargeld, keine Einschränkungen beim Bargeld zu haben, bedeutet, wir verlieren den
Kampf gegen die Drogenmafia – nicht nur gegen diese, aber gegen diese ganz sicher. Deswegen hat sie auch klar gesagt: Wir brauchen nicht unbedingt Bargeldobergrenzen, aber wir brauchen jedenfalls Legitimationspflichten. Weil: Was nicht geht, ist, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten und hier
zwar Bargeld in die Verfassung schreiben wollen, aber in Wahrheit Schwarz- und Drogengeld in die Verfassung schreiben. (Abg. Wurm: Geh, Kollege Krainer!)
Das kann niemand von uns wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen der uns ganz wichtige Punkt, dass die „Legitimations- und Sorgfalts­pflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organi­sierte Kriminalität, zu verhindern“.

Der vierte Punkt ist der Punkt Datenschutz. Es klingt manchmal ein bisschen so durch: Wer mit Bargeld zahlt, bleibt anonym, wer bargeldlos zahlt, ist der gläserne Mensch. – Na so kann es ja auch nicht sein. Das Recht auf Datenschutz muss doch auch für all jene gelten, die bargeldlos zahlen. (Abg. Wurm: In
der Theorie!)
Da sind wir schon auch verpflichtet, die Datenschutzgesetze so zu


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klären, dass nämlich die Zahlungsdaten nicht in die USA kommen –
Facebook hat gerade eine Milliardenstrafe dafür bekommen –, und wir müssen das auch durchsetzen. Der Datenschutz muss für alle in Österreich gelten, vollkommen egal, ob man mit Bargeld oder bargeldlos zahlt.

Deswegen der vierte Punkt des Entschließungsantrages, dass der „Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein
muss“ – ein wichtiger Punkt.

Ich muss jetzt doch noch einmal zur ÖVP und zu Herrn Haubner kommen, weil er hier eine Umfrage erwähnt hat, und zu der Art und Weise, wie die
ÖVP in Wahrheit mit diesem Thema Bargeld und Umfragen umgeht. Ihr Vor­gänger (in Richtung Bundesminister Brunner), ein gewisser Mag. Blümel –
er ist Ihnen ja nicht unbekannt –, hat eine Umfrage in Auftrag gegeben: „Ein­stellung zum Bargeld. Umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen“.

Wir sehen uns diese Umfrage an: Sie zitieren heute daraus, aber Ihnen ist nicht aufgefallen, dass das eine zensurierte – und zwar eine parteipolitisch zen­surierte – Umfrage ist. Da sind Fragen und Antworten herausgenom­men worden, weil sie der ÖVP nicht passen. Die Frage, die drinnen gelassen wurde, war nämlich: „Sieht man Bargeldobergrenzen skeptisch oder be­grüßenswert?“ – Diese ist drinnen geblieben, weil 47 Prozent skeptisch sind und 35 Prozent das als begrüßenswert sehen. Die Frage, die dann gekommen ist, nämlich: Kennen Sie denn die Vorschläge der Europäischen Kommission,
eine fixe Bargeldgrenze einzuziehen? – 60 Prozent sagen Ja, 40 Prozent sagen Nein –, wird von der ÖVP zensuriert. Das dürfen wir gar nicht sehen.

Und die nächste Frage – das kann für Sie unangenehm sein (Abg. Schmidhofer – auf seine Armbanduhr weisend –: Redezeit!) –: Finden Sie Bargeldober­grenzen richtig, wenn es um Geldwäsche geht? – Dazu sagen 47 Prozent Ja und 41 Prozent Nein. Und die ÖVP zensuriert diese Information!


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Liebe Österreicherinnen und Österreicher, Sie zahlen diese Umfrage, aber die ÖVP stellt nur jene Sachen online, die ihr parteipolitisch passen. Jene Ant­worten, die Sie ihr geben, die ihr nicht passen, werden zensuriert –
von Finanzminister Blümel, aber auch von seinem Nachfolger Brunner.

Ich habe nämlich eine Anfrage an ihn gestellt und konkret gefragt, was der Inhalt dieser Fragen (ein Schriftstück in die Höhe haltend) war. Er hat uns genau dieselben zensurierten – zensurierte! – Umfrageergebnisse geschickt, wie sie Minister Blümel online gestellt hat. Sie zensurieren die Antworten der Österreicher. – Sie bezahlen das, und Sie verheimlichen die Antworten nur, weil Ihnen diese parteipolitisch nicht passen. Das wurde veröffentlicht mit
(erneut das Schriftstück in die Höhe haltend): Die Österreicher wollen keine Bar­geldobergrenzen, deswegen stimmen wir in Brüssel nicht zu! Der Minis­ter hat noch im Dezember gesagt, er ist auch gegen Bargeldobergrenzen, obwohl die Österreicher:innen dafür sind, aber die ÖVP will nicht, dass wir das wissen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) Das ist der Umgang der ÖVP mit unserem Steuergeld.

Sie haben gesagt, Sie werden transparent sein! Sie haben gesagt, Sie wer­den transparent sein (Zwischenrufe bei der ÖVP) und Sie werden mit
dem Vertuschen und mit der parteipolitischen Manipulation durch Umfragen aufhören. Sie machen aber genau dort weiter, wo Kurz und Blümel auf­gehört haben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) Danke an die Initiatoren für das Volksbegehren! Lieber Herr Minister Blümel – ah Blü­mel sage ich schon –, Herr Brunner und ÖVP: Danke für gar nichts.
(Beifall bei der SPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Krainer! Ich mache Sie darauf auf­merksam, dass – und Sie haben jetzt noch die Möglichkeit – entsprechend
der parlamentarischen Praxis ein eingebrachter Entschließungsantrag in seinem gesamten Text, nicht mit Erläuterungen dazwischen, anzuführen ist. Ich
werte ihn auch nur dann als ordnungsgemäß eingebracht, wenn Sie das so tun, wie es der parlamentarischen Praxis entspricht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)



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Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Also zum Entschließungsantrag: Ich habe ihn bereits vorgelesen (ein Schriftstück in Richtung Präsidentin Bures
haltend),
in vier Teilen.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, leider nicht. Den dritten Punkt haben Sie nicht verlesen (Abg. Haubner: Der war zensuriert! weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und die parlamentarische Praxis ist nicht, ihn in den Grundzü­gen zu erläutern und dazwischen Erklärungen abzugeben, sondern –
um das auch in einer besseren Verständlichkeit zu haben – ihn zu verlesen, so wie wir das ja kennen und Sie auch.


Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Selbstverständlich, Frau Präsidentin! Ich kann das gerne formell auch noch so einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Siche­rung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1. eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken, bzw. soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische National­bank, durch Bankomaten sichergestellt wird;

2. die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die Annah­meverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehba­ren Ausnahmen klargestellt werden;

3. zu prüfen ist, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern;


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4. Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewähr­leistet sein muss.“

*****

Ich hoffe, ich habe das dann hiermit in einem Stück vorgelesen und nicht zerstückelt und dass das passt. (Abg. Hanger: Frau Präsidentin, herzliche Gratula­tion! Das war das erste Mal, dass der Kollege Krainer einen Fehler eingestan­den hat, seit Jahren!)

Noch einmal vielen Dank an die Initiatoren! Und noch einmal Danke für gar nichts ÖVP. Hören Sie auf damit, zu zensurieren, hören Sie auf damit, parteipolitisch zu agieren! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Viel geredet, nichts gesagt! – Abg. Hanger: Man sieht, dass der Klub ohne Führung ist!)

12.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über
das Volksbegehren (1794 d.B.) "FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG" (2032 d.B.) (Top 1)

Das Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“ (1794 d. B.) wirft wich­tige Fragen auf.


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1.         Bargeldversorgung

Die Bargeldversorgung (Bankfilialdichte bzw. Bankomatdichte) ist in Österreich noch deutlich besser als in vergleichbaren Staaten. Jene Länder, die über eine unzu­reichende Bargeldversorgung verfügen, verpflichten entweder ihre Geschäftsbanken, Bargeldinfrastruktur (Bankomaten) (wieder) aufzubauen, oder ihre Notenbanken,
die Bargeldversorgung in unterversorgten Gebieten (durch Bankomaten) herzustellen. In Österreich entstehen leider auch bereits erste Lücken bei der Versorgung mit Bargeld (Bankomaten) – vor allem im ländlichen Raum. Österreich sollte rechtzeitig diese Lücken schließen und das Entstehen weiterer Lücken verhindern.

Der Nationalrat fordert eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Bankoma­ten. Dies soll durch eine Verpflichtung der Geschäftsbanken erreicht werden.
Wenn die Geschäftsbanken (Markt) dies nicht leisten können, muss die Oesterreichi­sche Nationalbank (Staat) die wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Ban­komaten sicherstellen.

2.         Annahmepflicht

In § 61 Abs. 2 Nationalbankgesetz ist die unbeschränkte Annahmeverpflichtung von Eurobanknoten gesetzlich verankert. Trotzdem gibt es in der Praxis nachvoll­ziehbare Einschränkungen dieser Annahmepflicht (z.B. aus Sicherheitsgründen im Gelegenheitsverkehr) und andererseits auch weniger nachvollziehbare Ein­schränkungen (z.B. bei Sportveranstaltungen oder Konzerten).

Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, die bestehende Annahmever­pflichtung durchzusetzen oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt wer­den kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden.

3.         Geldwäsche

Die geltenden Geldwäschebestimmungen, die erhöhte Sorgfaltspflichten und Legiti­mationspflichten vorsehen, sind auf Grund der organisierten Kriminalität im


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Bereich des Drogenhandels eingeführt worden. In der Zwischenzeit wurden sie um die Bereiche Terrorismusfinanzierung, Steuerhinterziehung etc. erweitert. Eine un­eingeschränkte Bargeldzahlung darf derartige Schutzbestimmungen nicht aushebeln.

Der Nationalrat spricht sich dafür aus, zu prüfen, welche Legitimations- und Sorg­faltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die orga­nisierte Kriminalität, zu verhindern.

4.         Datenschutz

Als Argument für uneingeschränkte Bargeldzahlung wird immer wieder auf den mangelnden Datenschutz hingewiesen.

Der Nationalrat vertritt die Auffassung, dass Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bun­desministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1.   eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken,
bzw. soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische National­bank, durch Bankomaten sichergestellt wird;

2.   die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nach­vollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden;

3.   zu prüfen ist, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern;


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4.   Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Dieser Entschließungsantrag ist jetzt geschäfts­ordnungsgemäß ordentlich eingebracht und steht daher auch mit
in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hubert Fuchs. – Bitte.


12.44.19

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher! Ein Alltag ohne Bargeld wird nirgendwo sonst auf der Welt so deutlich abgelehnt wie in Österreich. Diesen gerechtfertigten Wunsch der Bevölkerung, der sich im Volksbegehren Für uneingeschränkte Bargeldzah­lung widerspiegelt, sehen wir als konkreten Arbeitsauftrag an das Parlament.

Und nun zur ÖVP, zu Kollegen Haubner: Das ist ein Arbeitsauftrag! Die Initiatoren und Proponenten des Volksbegehrens wollen nicht nur Dankesworte hören, sondern das ist eine konkrete Aufforderung an uns Abgeordnete,
dass wir endlich in die Gänge kommen.

Das sind alles schöne Worte von der ÖVP, ich darf aber hier auch aus dem Finanzausschuss berichten: Unser Antrag für Bargeld wurde von der
ÖVP abgelehnt. Das sind reine Lippenbekenntnisse und schöne Worte der ÖVP, aber diesen schönen Worten folgen keine Taten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei den Proponenten des Volksbegeh­rens, insbesondere bei Sabine Hatzl, die uns via Livestream folgt, und bei
Josef Binder junior, der sich hier im Haus befindet (in Richtung Galerie blickend), für ihren wirklich idealistischen Einsatz recht herzlich bedanken. Mit
einem Minibudget von 1 500 Euro war es ihnen möglich, Unterschriften von fast


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531 000 Stimmberechtigten zu bekommen; das sind 8,5 Prozent der Stimmberechtigten. (Abg. Kollross: Jetzt sollte man klatschen!) – Könnten Sie durchaus, Herr Kollege.

Unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terroris­musfinanzierung wird immer wieder versucht, die Grund- und Frei­heitsrechte der Bürger einzuschränken (Abg. Maurer: Korruptionsbekämpfung ist nicht eures, gell?!), das haben wir in der Coronazeit gesehen, Frau Klubob­frau – ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen –, das haben wir in der Coronazeit gesehen, Frau Klubobfrau, als Ihnen die Grund- und Freiheitsrechte über­haupt nichts wert waren. (Beifall bei der FPÖ.)

Und Frau Klubobfrau Maurer, wir sehen das auch (Abg. Maurer: Ah, geht’s doch!? weitere Ah-Rufe bei den Grünen) – Ehre, wem Ehre gebührt! –, wir sehen das auch im Rahmen Ihrer sogenannten Klimaschutzbestrebungen, wo Sie auch unter dem Deckmantel des Klimaschutzes die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicherinnen und Österreicher mit Füßen treten.

Beim Bargeld wird immer so getan, als gäbe es in der digitalen Welt beziehungsweise in der Welt der Kryptowährungen keine Kriminellen und keine Terroristen. Niemand käme aber auf die Idee, deswegen das Internet oder Kryptowährungen abzuschaffen.

Ohne Bargeld könnte per Knopfdruck eine Zwangssteuer auf Sparguthaben ein­geführt werden, wie das damals im Jahr 2013 auf Zypern geschehen ist.

In einer Welt ohne Bargeld, in der alles, was man bargeldlos kauft oder konsu­miert, verfolgbar ist, gibt es keine Privatheit und keine Freiheit mehr,
denn die bargeldlose Bezahlung ermöglicht die totale Kontrolle der Konsumen­ten durch die EU und durch die Nationalstaaten. Das Ergebnis einer Welt
ohne Bargeld ist der finanziell entmündigte und gläserne Bürger. Der Bevormun­dung des Bürgers wären keine Grenzen mehr gesetzt. Es macht sehr wohl


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einen Unterschied, ob ein Bürger freiwillig einen digitalen Fingerabdruck hinter­lässt oder ob er mangels Bargeld gar keine andere Wahl mehr hat. Diese Wahlfreiheit muss es auch in Zukunft geben. Bargeld ist gelebter Datenschutz, Bargeld ist gelebte Freiheit.

Ein weiterer Aspekt soll nicht unerwähnt bleiben. Wie sollen Kinder ohne Bargeld den Umgang mit Geld und das Wirtschaften lernen? Geld zum Angreifen ist für Kinder sehr wichtig. Aber nicht nur für die Kinder ist Geld zum An­greifen wichtig, sondern, wie wir von den Schuldnerberatungsstellen immer wie­der hören, auch für Erwachsene im Sinne einer eigenen Ausgabenkontrolle,
einer Budgetkontrolle der eigenen Ausgaben.

Nach der aktuellen Rechtslage besteht keine wirkliche Annahmeverpflichtung von Bargeld, da müssen die entsprechenden gesetzlichen Bestimmun­gen nachgeschärft werden. Das war auch die einhellige und unwidersprochene Expertenmeinung beim Hearing im letzten Finanzausschuss. Ich frage mich schon: Wenn alle für das Bargeld sind, insbesondere die ÖVP, warum gibt es dann heute keinen entsprechenden Antrag? Sie haben diese Aussage im Finanzausschuss beklatscht, Sie haben mir nicht widersprochen.

Sie kennen diese Rechtslücke und sind trotzdem nicht gewillt, diese Lücke zu schließen. Und wenn Sie auf die Grünen zeigen, na ja, da frage ich mich
schon: Seid ihr gemeinsam in einer Koalition, wo ihr Dinge weiterbringt, oder ist es besser, wir schreiten bald zu Neuwahlen? Der Republik Österreich wäre
hier sehr gedient. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Baumgartner: Aber geh!)

Wir Freiheitliche setzen uns, im Gegensatz zu allen anderen Parteien, bereits seit Jahren für den Erhalt des Bargeldes und für die Verankerung des Rechts auf Bargeldzahlung in der Verfassung ein. Das war auch im ÖVP-FPÖ-Re­gierungsprogramm so enthalten, konnte aber nicht mehr umgesetzt werden.

Im Sinne eines modernen Verfassungsstaates und eines wirksamen Konsumen­tenschutzes dürfen weder auf österreichischer Ebene noch auf Ebene der


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Europäischen Union Maßnahmen gesetzt werden, die das Vertrauen der Bürger in die Bargeldbereitstellung und in das Recht auf Bargeldzahlung erschüt­tern könnten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nina Tomaselli.


12.51.14

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier
und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, auch wir möchten uns recht herz­lich bei allen Engagierten des Volksbegehrens bedanken. Wir finden es immer wichtig, dass es zivilgesellschaftliches Engagement gibt, wenn man seine politischen Anliegen durchsetzen möchte.

Das Volksbegehren hat das Bargeld zum Inhalt, das ist jetzt schon ausführlich von den Vorrednern erläutert worden. Jedenfalls, glaube ich, ist festzu­stellen: Obwohl tatsächlich, ganz real die digitalen Zahlungsmittel immer stärker genutzt werden, die Nutzung des Bargeldes deutlich weniger wird, insbe­sondere in den letzten Jahren, wird auch durch die einzigartigen Merkmale, die das Bargeld hat, Bargeld auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Elektronische Zahlungsmittel sind für viele durchaus praktisch, aber nicht für jeden geeignet, und kontaktlose Zahlungen werden Bargeld als Zahlungs­mittel nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Ich glaube, das ist ganz
wichtig festzustellen: Es ist kein Entweder-oder, Bargeld und digitale Zahlungs­mittel gehören zusammen, und die Freiheit, so bezahlen zu können, wie
man möchte, wird auch in Zukunft erhalten bleiben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner. – Abg. Wurm: Die ist ja nicht da, Frau Kollegin!
Elementar haben Sie es ja verstanden, worum es geht!)

Ja, Kollege Wurm schreit schon rein. Tatsächlich verstehe ich im Übrigen auch nicht die Angespanntheit der Diskussion um das Bargeld, denn viele ver­wechseln in dieser politischen Diskussion, bewusst oder unbewusst, die


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Schaffung der Bargeldobergrenze – daher kommt ja auch die Diskussion – mit der Abschaffung des Bargeldes. Und das ist selbstverständlich nicht so.
(Abg. Wurm: Die Bargeldannahme ist nicht gesetzlich geregelt!) Es geht jetzt um die Einführung von Bargeldobergrenzen, so hat es die EU-Kommission gefor­dert (Abg. Wurm: Nein, um die Absicherung der Bargeldzahlung!), und ich finde es schade, dass man in so unsicheren Zeiten wirklich so eine Verunsiche­rung der Menschen betreibt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner.)

Österreicherinnen und Österreicher – das kann man durchaus feststellen – mögen das Bargeld sehr, sehr gerne, aber wissen Sie, wer Bargeld richtig liebt? – Das sind und bleiben Kriminelle (Abg. Amesbauer: Die EU-Vizepräsidentin zum Beispiel!), und das kann uns als Politiker doch nicht einfach, mit Verlaub, egal sein.

Denken Sie zum Beispiel daran: Rekorddrogenfund kürzlich in Wien. 1 Tonne Cannabis ist damals gefunden worden. Aber was ist auch gefunden worden? – 300 000 Euro in cash. Oder: die Korruptionsvorwürfe im EU-Parla­ment vor einem halben Jahr. Ja, wie ist das Bestechungsgeld geflossen? –
In Bargeld in Plastiksäcken. Selbst Karl-Heinz Grasser hat das soge­nannte Schwiegermuttergeld mit Bargeld auf das Konto einbezahlt. Liebe FPÖ, Sie betreiben ja auch dieses Thema, und dazu kann man auch feststellen,
dass in der Sporttasche von H.-C. Strache nicht ein Stapel Kreditkarten lag, son­dern Stapel von Fünfzigeuroscheinen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben eine Expertin im Hearing gehört, eine Geldwäscheexpertin, die gesagt hat: 9 Milliarden Euro ist der Betrag, der jedes Jahr in Form von Geldwäsche durch Österreich durchgeschleust wird. Das kann nicht ignoriert werden, und ich glaube, nein, ich bin mir sicher, eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher – das haben wir vorhin auch gehört – ist bereit, eine Bargeldober­grenze mitzutragen, weil sie ganz genau wissen, dass man Kriminellen, Korrupten, Steuerhinterziehern damit einen ordentlichen Bremser verpasst.


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Nochmals: Die Freiheit, so zu bezahlen, wie man möchte, das soll auch so bleiben, aber man muss den Machenschaften der Kriminellen und Geldwäscher schon eine Grenze aufzeigen.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Da sich ja Österreich auch um den Sitz der europäischen Geldwäschebehörde bewirbt, die im Übrigen sagt, dass Bargeld immer noch das wichtigste Werkzeug für Kriminelle ist, würde es uns gut anstehen, in die Umsetzung der Bargeldobergrenze zu gehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


12.55.56

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Wie der Schelm denkt, so ist er, Kollegin Tomaselli, nicht? Diese Verbindung von Bargeld und Kriminalität hat sich im Kopf der Grünen ganz fest verwurzelt. Und jetzt wissen Sie, wie die Grünen über Sie den­ken, wenn Sie irgendwo bar zahlen: Die verbinden das mit Kriminalität.
(Abg. Disoski: Geh bitte! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Ja, so denken die. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Bargeld ist Ausdruck von Freiheit, und wenn Sie einmal die Gelegenheit gehabt haben, auf ein Konto zu schauen, dann wissen Sie: Wenn jemand alles mit
der Karte zahlt, kennen Sie diese Person in- und auswendig, ohne sie je gesehen zu haben, weil Sie genau wissen, wann diese Person einkauft, wo sie ein­kauft, welche Zeitungsabos sie hat, in welchem Sportverein sie ist, welchen Or­ganisationen sie spendet. Alles wissen Sie! Daher wird man, wenn man nicht komplett dokumentiert sein will, auch immer wieder mit Bargeld zahlen.

Im Expertenhearing hat im Übrigen Prof. Schneider von der Uni Linz gesagt: Bargeld ist zum Beispiel nicht verantwortlich dafür, dass es Pfusch und


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Schwarzgeldzahlungen gibt – dafür sind die hohen Steuern und Abgaben ver­antwortlich. Das ist das Problem. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg.
Wurm.)
Dann sollte man sich vielleicht einmal überlegen, was man tun muss, damit die Leute nicht das Gefühl haben, man muss, damit man überhaupt irgendwie einen Euro verdienen kann, am Staat vorbei arbeiten.

Und dann kommt Kollegin Tomaselli mit ihrer Obergrenze von 10 000 Euro. Das klingt jetzt fürs Erste einmal viel. Aber wenn Sie sich überlegen, wir haben gerade 10 Prozent Inflation: Wie viel sind denn die 10 000 Euro in ein paar Jah­ren noch wert und was können Sie damit kaufen? Da können Sie das, was
heute üblich ist, einen Gebrauchtwagen bar zu kaufen, dann nicht mehr machen, weil Sie das Geld in bar für so einen Kauf nicht mehr haben dürfen. Darauf
läuft es hinaus.

Also man könnte sagen, die Bargeldobergrenze ist die schleichende Bargeld­abschaffung. Mit dieser Salamitaktik kommt Abgeordnete Tomaselli
auch zu ihrem Ziel. Sie werden für kriminell gehalten, wenn Sie Bargeld ver­wenden.

Der Marktwirtschaftsexperte Jan Krainer hat dann noch gesagt, ja, es gibt
zu wenige Bankomaten, weil der Markt versagt. – Da muss man sich erinnern: Was wollten die Roten haben? Ein Verbot der Bankomatgebühren. (Abg. Schmidhofer: Hat der Haselsteiner bar bezahlt oder mit Karte?) Na gut, wenn ich mit einem Ding nichts verdienen kann, werde ich es nicht aufstellen. Es
ist halt ein Unternehmen, nicht die Caritas. Die müssen halt schauen, dass sich das irgendwie von den Kosten her deckt. Sie müssen nämlich einen Banko­maten versichern, da muss jemand hingehen, den befüllen, das alles spielt sich ja nicht von selbst ab. Sie wollten keine Bankomatgebühren, das haben wir
jetzt, aber dann gibt es halt auch weniger Bankomaten. (Beifall bei den NEOS.)

12.58


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Angela Baumgartner
zu Wort gemeldet. – Bitte.



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12.58.43

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher zu Hause und hier auf der Galerie! Ich darf im Namen meines Kol­legen Karl Schmidhofer die ÖVP-Gruppe aus dem Bezirk Murau mit der Landtagspräsidentin aus der Steiermark Manuela Khom recht herzlich begrüßen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Ja, ich möchte mich auch recht herzlich bei den Initiatoren des Volksbegehrens bedanken. Über 500 000 Menschen haben dieses Volksbegehren unter­schrieben. Das ist ein großer Erfolg und das freut mich persönlich sehr. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe 25 Jahre in einer Bank gearbeitet, 17 Jahre davon in einer kleinen Bankstelle, und ich weiß, wie wichtig den Menschen Bargeld ist, wie wichtig es ihnen ist, die Freiheit zu haben, über ihr Geld verfügen zu können, wie
wichtig es ist, Geld abzuheben oder mit Karte zu bezahlen, je nach Belieben des Konsumenten. Und Sie können mir glauben, nichts ist so privat für einen Menschen wie die Gesundheit und die eigenen Finanzen.

Bargeld ist nicht nur wichtig für die finanzielle Inklusion – besonders für Ältere und sozial schwächere Bevölkerungsgruppen –, sondern auch für die
jüngere Generation. Sie sollte den Umgang mit Bargeld erlernen und ein Gespür für den Wert und die Verantwortung im Umgang mit Geld entwickeln. Ich
durfte in meiner langjährigen Banktätigkeit – und das macht mich auch ein klein wenig stolz – viele Menschen auf dem Weg in ihre finanzielle Unabhängig­keit begleiten und beraten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Speziell an Herrn Kollegen Krainer und Herrn Kollegen Fuchs: In Österreich gibt es keine Pläne zur Einschrän­kung von Bargeld und auch auf EU-Ebene steht die Abschaffung keinesfalls zur Diskussion. Auch im Regierungsprogramm ist das Bekenntnis zum Erhalt
des Bargeldes im Rahmen der geltenden Geldwäschebestimmungen enthalten.


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Außerdem besagt das Nationalbankgesetz klar, dass auf Euro lautende Banknoten gesetzliches Zahlungsmittel sind und grundsätzlich uneingeschränkt angenommen werden müssen. Es gibt natürlich Ausnahmen für den Schutz
vor Missbrauch wie bei der Bekämpfung von Steuerbetrug, der Abwehr
von Geldwäsche oder bei der Terrorismusbekämpfung.

Wenn Sie beispielsweise in ein Geschäft gehen und Waren oder Dienstleistun­gen kaufen, kann der Händler Ihre Zahlung in bar nicht ablehnen, solange
Sie mit einem gültigen Eurogeldschein bezahlen. (Abg. Wurm: Das ist
falsch!)
Diese Annahmeverpflichtung gilt in der Regel für den alltäglichen Handel. (Abg. Wurm: Das ist falsch, Frau Kollegin! Sie sollten nicht Unwahrheiten wieder­holen!) – Das ist nicht falsch, Herr Kollege Wurm.

Was diese Annahmeverpflichtung noch gewährleistet, sind finanzielle Freiheit und Flexibilität, insbesondere für diejenigen, die keine Kreditkarten oder
digitale Zahlungsmöglichkeiten verwenden möchten oder können.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass die Verwendung von Bargeld in Österreich sehr gut abgesichert ist, keine Mängel in der Bargeldversorgung
zu erkennen sind und auch keine Pläne zur Einschränkung von Bargeld existieren. Das bedeutet Privatsphäre und finanzielle Unabhängigkeit, welche nicht nur meinen Kunden in der Bank und mir, sondern sehr, sehr vielen Menschen sehr, sehr wichtig waren und auch in Zukunft immer wichtig sein werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Ab­geordneter Fuchs zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


13.02.44

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Abgeordnete Baumgartner von der ÖVP hat behauptet, dass nach der aktuellen Rechtslage eine Annahmeverpflichtung für Bargeld besteht, und hat hier § 61
Abs. 2 Nationalbankgesetz zitiert.


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Das ist nicht richtig. Das ist ein zahnloses Gesetz. Wie wir von sämtlichen Experten im Expertenhearing gehört haben – es war auch ein Vertre­ter der OeNB im Finanzausschuss –, muss dieses Gesetz nachgeschärft werden. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Das heißt, das Ergebnis des Experten­hearings im Finanzausschuss war, dass die Bestimmung des § 61 Abs. 2 Natio­nalbankgesetz nachgeschärft werden muss, weil sie zahnlos ist. (Beifall
bei der FPÖ. – Abg. Baumgartner: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Krainer: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist eine rechtliche Be­merkung! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

13.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Krainer: Aber Herr Präsident, Sie hätten schon feststellen können, dass das keine tatsächliche war!)

Herr Abgeordneter, ich kann natürlich feststellen, wenn etwas nicht einer tatsächlichen Berichtigung entspricht. Aus meiner Sicht war das eine. Ich kann Ihnen auch sagen, dass es im Haus sehr oft zu Redebeiträgen kommt, die den Vorgaben der Geschäftsordnung nicht entsprechen.

Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.09

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Auch von meiner Seite einmal Respekt und Anerkennung an die Initiatoren dieses Volksbegehrens, weil es ja wirklich eine beachtliche Zahl von Unterstützerinnen und Unterstützern dieses Volksbegehrens gegeben hat. Mit fast 600 000 Unterzeichnungen – 570 000 –ist das schon ein ganz, ganz starkes Signal, das auch zum Ausdruck bringt, wie wichtig den Menschen in Österreich das Bargeld noch ist.

Meine Damen und Herren, natürlich haben sich in den letzten Jahren
die Zahlungsformen oder hat sich das Zahlungsverhalten verändert. Ich kann das


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auch aus meinem eigenen Betrieb berichten. Wenn ich zehn, 15 Jahre zu­rückschaue: Damals war fast die Mehrheit Bargeldzahlung. Jetzt ist es eigentlich ein geringerer Anteil an Bargeldzahlungen geworden, weil natürlich bar­geldlose Zahlungsformen zunehmen. Da werden wir die Zeit nicht zurückdrehen können. Das ist so zu akzeptieren.

Gleichzeitig ist es eben wichtig, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Bargeldzahlungen auch künftig uneingeschränkt möglich sein wer­den. Wir haben im Ausschuss schon darüber beraten – leider war die Zeit ein bisschen knapp, da ist dann neben den Expertenhearings wenig Spiel­raum für Diskussionen geblieben. Auch jetzt im Entschließungsantrag ist wieder formuliert, wo wir so die Grundlinien sehen, die auch gewährleisten, dass es uneingeschränkte Bargeldzahlung gibt.

Da braucht es, wie von Kollegen Krainer ausgeführt, eben diese wohnortnahe Versorgung mit Bankomaten, flächendeckend in Österreich. Wir wissen, dass das natürlich im urbanen Bereich kein Problem ist, aber im ländlichen Be­reich durchaus schon für Probleme sorgt. Es muss abgesichert sein, dass es die bestehenden Annahmeverpflichtungen weiterhin gibt und diese auch durchsetzbar sind.

Ja, Frau Abgeordnete Tomaselli – sie ist eh noch da –, man muss Rahmen­bedingungen schaffen, das ist das ganz Entscheidende, damit es eben zu keinem Missbrauch der organisierten Kriminalität in Bezug auf Bargeld kommt, aber – das sage ich auch dazu – es soll auch nicht jeder kriminalisiert werden, der mit Bargeld bezahlt. Das ist schon auch ein ganz wichtiger Punkt, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister, jetzt ist es ja gut, dass das Finanzministerium auch zu diesem Thema Umfragen gemacht und Studien in Auftrag gegeben hat, aber wir haben uns eigentlich gedacht, dass mit Ihnen im Finanzministerium ein biss­chen eine andere Kultur eintritt. Jetzt ist die Enttäuschung natürlich um-


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so größer darüber, dass wir erleben, dass sich in Sachen Transparenz und Dar­stellung von Studien, die in Auftrag gegeben werden, nichts ändert, dass
die Kultur im Finanzministerium offenbar nach wie vor jene ist, dass man sagt: Wir tarnen, täuschen und tricksen, wenn es um die Veröffentlichung von
Studien geht, und wir tricksen so lange, bis sie der politischen Meinung der ÖVP passen! – Das ist nicht in Ordnung, Herr Finanzminister. (Abg. Steinacker:
Das ist aber eine ordentliche Unterstellung!)
Das sollte man so nicht
machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das haben wir so von Ihnen nicht erwartet. Da ist leider ganz, ganz wenig Un­terschied zu Ihrem Vorgänger, und das stimmt sehr, sehr nachdenklich.

Wir werden heute noch die Möglichkeit haben – und ich hoffe, dass Sie dann auch dieser Debatte am Nachmittag beiwohnen –, dieses Thema noch einmal anzusprechen. Es wäre ein erster Beweis, dass es eine Kulturänderung im Finanzministerium gibt, wenn Sie hier im Parlament Rede und Antwort ste­hen, warum Sie diese Studie, die in Auftrag gegeben wurde, nicht in dieser Form und vollständig veröffentlicht haben, und warum Sie nach wie vor an die­sem Punkt festhalten und ihn bei der Anfragebeantwortung an Kollegen Krainer belegt haben. Das wäre notwendig und wichtig. (Abg. Steinacker: Das ist ein anderes Thema, nicht? Gehört alles unbedingt zum Bargeld!)

Es gäbe noch so viel Wichtiges als Finanzminister zu tun. In allererster Linie – unabhängig von Bargeld- oder Kartenzahlung oder wie auch immer – müssen wir im Land etwas gegen die Teuerung tun. Das ist der entscheidende Punkt, und da müssen wir ansetzen. Da sind Sie am allerstärksten gefordert, da ist die Regierung am allerstärksten gefordert.

Daher bringe ich auch noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Regierung muss endlich die Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz vorzulegen, das zumindest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1. Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzins­satz, maximal aber 2 % pro Jahr.

2. Sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.“ (Abg. Steinacker: Was hat das mit Bargeld zu tun?)

„3. Einsetzen einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden.“ (Abg. Stein­acker: Falscher Tagesordnungspunkt!) „Bei Nicht-Weitergabe von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen geben.“

*****

Herzlichen Dank, Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Regierung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!


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eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über
das Volksbegehren (1794 d.B.) "FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG" (2032 d.B.) (Top 1)

Die Teuerung in Österreich ist so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr – und sie steigt weiter. Die Preise explodieren. Immer mehr Menschen arbeiten immer härter
und können sich trotzdem das Leben kaum noch leisten. Die Bundesregierung hat im Kampf gegen die Teuerung völlig versagt.

Immer mehr Familien können sich aufgrund der Teuerung kein warmes Essen mehr leisten, ihre Kinder nicht mehr gut versorgen und müssen an der Supermarkt­kasse feststellen, dass sie sich mit ihrem Geld immer weniger leisten können. Es wäre die Aufgabe dieser Bundesregierung, die steigende Armut zu verhindern und die ausufernde Geldentwertung strukturell zu bekämpfen. Es geht nicht nur darum einzelnen Gruppen Almosen zukommen zu lassen, sondern die Preise strukturell zu senken. Niemand soll sich an der Supermarktkasse arm fühlen. Gerade durch den alltäglichen Umgang mit Bargeld wird das Versagen der Bundesregierung im
Kampf gegen die Teuerung für die Menschen deutlich spürbar.

Türkis-Grün hat es jedoch im gesamten letzten Jahr nicht verstanden, Maßnahmen zu setzen, um die Rekordteuerung in Österreich zu drücken. Dabei hätte es genü­gend positive Beispiele in Europa gegeben, wie man Bevölkerung und Wirtschaft in der Krise schützt und unterstützt. Länder wie Frankreich, Spanien, Deutschland oder die Schweiz haben etwa die exorbitanten Energiepreise nicht ungezügelt auf die Menschen losgelassen. Es gab entschlossene Eingriffe in den Markt. Dabei
wurde in vielen Ländern auf einen Maßnahmen-Mix gesetzt. Mehrwertsteuersen­kungen – etwa im Bereich von Gas in Deutschland – wurden mit preisregulatorischen Maßnahmen – deutscher Gas- und Energiepreisdeckel – verbunden. Auch bei
einem der Hauptpreistreiber in Österreich, nämlich den Wohnkosten, hat man in anderen Ländern entschlossen gehandelt. Die Mehrwertsteuer auf Grund­nahrungsmittel wurde in anderen Ländern Europas gesenkt. Nur in Österreich hat die Regierung zugeschaut und absolut nichts gegen den Inflationstsunami getan.


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Im Ergebnis ist Österreich heute das Land mit der höchsten Inflationsrate –9,7 % im April 2023 - in Westeuropa.

Regierung hat Warnung der SPÖ ignoriert und sich nicht an guten Beispielen orientiert

Die SPÖ hat vor dieser Inflationsentwicklung schon vor mehr als einem Jahr gewarnt und immer wieder inflationsdämpfende Maßnahmen vorgeschlagen. ÖVP und Grüne haben diese Warnungen ignoriert, die Anträge der SPÖ wurden vertagt oder abgelehnt. In Spanien lag die Inflation im April bei 3,8 %, in Frankreich
bei 6,9 % und in Deutschland bei 7,6 % - deutlich geringer als in Österreich. Ein we­sentlicher Treiber der Inflationsrate – also des Verbraucherpreisindex – sind
die Wohnkosten. Dass die gesetzlichen Mieten an den Verbraucherpreisindex ge­koppelt sind, ist angesichts der Ursachen der Teuerung und des Auseinan­derklaffens von Zinsen und Inflationsrate eine absolute Fehlkonstruktion, die als Inflationsbeschleuniger wirkt. Aus Sicht der Vermieter:innen sind Mieten ein praktisch risikoloses Kapitaleinkommen und sollten daher auch nicht anders behandelt
werden. Sparer bekommen auf der Bank kaum mehr Zinsen für ihre Einlagen, Zins­haus-Besitzer erhalten hingegen eine jährliche Rendite in der Höhe der Infla­tionsrate (dabei ist die Wertsteigerung der Immobilie noch gar nicht berücksichtigt) – und das auf Kosten von Millionen von Menschen. Andere Regierungen haben
dieses Problem längst erkannt und die Mieten vom Verbraucherpreisindex entkoppelt. In Spanien und Portugal wurden die Mieterhöhungen mit 2 % gedeckelt. In Frank­reich gibt es einen eigenen Index für Mieterhöhungen, der allerdings mit 3,5 % gede­ckelt ist. In der Schweiz dürfen die Mieten nur um höchstens 40 % der Steige­rung des Verbraucherpreisindex valorisiert werden. In Schottland wurden die Mieten temporär eingefroren. Und in Österreich? Bei uns fließen 80 % der gesamten Mieteinnahmen an das oberste Einkommenszehntel. Es ist daher kein Wunder, dass die Teuerung die ohnehin hohe Vermögensungleichheit in unserem Land
weiter dramatisch verschärft. Dass hier nicht gesetzlich gegengesteuert wurde, obwohl es ganz leicht möglich gewesen wäre, zeigt, dass die türkis-grüne Regierung


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am Ende des Tages auf der Seite der Immobilienspekulanten und nicht der Mil­lionen Österreicherinnen und Österreicher steht. Auch auf die exorbitanten Steige­rungen bei Lebensmittelpreisen wurde seitens der österreichischen Bundesre­gierung nicht reagiert, während Portugal, Spanien und Polen die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auf 0 % gesenkt haben. Während der Mikrowarenkorb für den täglichen Einkauf – also das, was jede Familie einkaufen muss und
schwer vermeiden kann – im April sogar um 13,8 Prozent stieg, liefert sich die Bundesregierung einen monatelangen Streit um die parteipolitische Besetzung der Bundeswettbewerbsbehörde - ein unwürdiges Schauspiel zu Lasten der Briefta­schen in Österreich.

Regierung mit Rekordausgaben, die keinen einzigen Preis senken

Wie schon zu Zeiten von Corona rühmt sich die Regierung damit, im internationalen Vergleich Rekordausgaben „gegen die Teuerung“ zu tätigen. Angesichts der
Corona-Bilanz eine etwas kühne Herangehensweise. Denn tatsächlich gab es wäh­rend der Corona-Pandemie Rekordausgaben, die zu Überförderungen von hun­derten Millionen Euro geführt haben, wie sogar der Rechnungshof und die OeNB fest­gestellt haben. Die Regierung hat zwar das Geld der Menschen in Österreich mit beiden Händen ausgegeben, bei der Entwicklung des BIP in den Corona-Jahren 2020 und 2021 gab es jedoch nur 3 Länder in Europa, die schlechter abgeschnitten
hatten als Österreich. Das heißt: die enormen finanziellen Hilfen haben den Zweck völlig verfehlt. Die Bundesregierung hat auf eine kurzsichtige Politik der Ein­malzahlungen gesetzt. Diese Einmalzahlungen senken keinen einzigen Preis und zu­dem wurden die Krisenkosten auch noch falsch verteilt. Auch hier lügen die
Zahlen nicht, auch wenn sie von ÖVP und Grünen gerne verschwiegen werden. Dass sich eine Regierung an Ankündigungen und nicht an tatsächlichen Verbesse­rungen messen lassen will, fällt den Menschen in Österreich nun schon zum zweiten Mal auf den Kopf. Der IWF hat ausgerechnet, dass die österreichische Regie­rung zwar im europäischen Vergleich tatsächlich sehr viel Geld unter dem Titel „Anti-Teuerung“ ausgibt, aber 3/5 des Geldes nicht zielgerichtet ankommen. Gleich-


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zeitig wurde dabei kaum ein Preis gesenkt. Viel Geld auszugeben, das weder zielge­richtet ankommt noch die Preise senkt, ist mit Sicherheit das Schlechteste aus beiden Welten. Das beste Beispiel für sinnlose Rekordausgaben ist der Energie­kostenzuschuss II, der bereits scharf vom Fiskalrat kritisiert wurde. Für viele EPUs und KMUs kommen die Hilfen wieder zu spät oder sind zu klein, weil die Regie­rung die Energiepreise nicht regulieren wollte. Bei anderen großen Unternehmen wird dieser Zuschuss zu massiven Übergewinnen führen. Dort wo sich die Preissteigerungen ohne große Schwierigkeiten weitergeben lassen, ist es nämlich sehr wahrscheinlich, dass die Energiepreissteigerungen fast 1:1 auf die Preise aufge­schlagen werden. Gleichzeitig werden die verspäteten Hilfszahlungen 1:1 in
die Gewinne der betroffenen Unternehmen fließen. Eine Regierung, die sich auch nur ein bisschen ernst nimmt, dürfte niemals zulassen, dass einzelne Unternehmen
die Energiehilfen dafür verwenden, ihre Gewinne zu steigern. Es kann eigentlich nicht sein, dass die Menschen doppelt zahlen, zuerst einen höheren Preis – etwa für Lebensmittel – und dann auch noch die Energiehilfen für Unternehmen
über ihre Steuern und Abgaben. 5 bis 8 Milliarden Euro an wertvollen Steuergeldern werden beim Energiekostenzuschuss II größtenteils sinnlos und völlig ohne
Wirkung auf die Inflation ausgegeben.

Die Bundesregierung schaut weg – Unzählige Gipfel ohne ein zählbares Ergebnis

Wer Politik für die Menschen macht, schaut genau hin, wo der Schuh drückt –
also wo die Teuerung am stärksten zuschlägt. Die größten Treiber der Teuerung sind: Energie, Lebensmittel und Wohnen. Es wäre verantwortungsvolle Politik und öko­nomisch schlüssig, sich im Sinne der Menschen zu überlegen, welche Maßnahmen ge­setzt werden müssen, um bei den größten Treibern der Teuerung den Preisauf­schwung zu stoppen bzw. zumindest zu dämpfen. Der Fiskalrat hat schon im Früh­jahr 2022 berechnet, dass rund 35 % der Menschen ihre täglichen Ausgaben
nicht (mehr) mit ihrem Einkommen bestreiten können. Der Bundesregierung wa­ren diese Warnungen schon vor dem Sommer 2022 bekannt. Hochrangige Vertre­ter:innen aus Wirtschaft und Industrie wurden im letzten Jahr nicht müde zu betonen, dass die Teuerung bei den Energiepreisen die österreichische Wirtschaft und


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unseren Standort schwächt. Die ersten Vorboten der bevorstehenden Krise hat man bereits im Herbst 2022 gesehen. Ziegelwerke mussten ihre Produktion stilllegen, Bäckereien mussten schließen, Wirtshäuser kämpften ums Überleben. Die Wettbe­werbsfähigkeit Österreichs leidet enorm. Aber nicht nur die Wirtschaft, son­dern vor allem auch die Menschen sind stark von der Teuerung betroffen. Die Sta­tistik Austria hat jüngst am 4. Mai 2023 dargelegt, welche Auswirkungen das
Nicht-Handeln der Regie
rung auf den Wohlstand in Österreich hat. Im letzten Jahr haben mehr als 1/3 der Menschen in Österreich einen realen Einkommensverlust hinnehmen müssen. 27 % der Menschen in Österreich rechnen mit Zahlungs­schwierigkeiten bei Mieten und Wohnen. 1,1 Mio. Menschen können sich nicht ein­mal Kleinigkeiten gönnen, 760.000 Wohnungen im Winter nicht warmhalten, 550.000 haben Schwierigkeiten sich eine warme Mahlzeit zu leisten. Diese Situation ist für ein Land wie Österreich unwürdig und für viele Familien längst untragbar geworden. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr hat sich unter anderem für einen Miet­preis-Stopp ausge­sprochen und Eingriffe in den Markt von der Regierung eingemahnt: „ […] die Mietpreisbremse muss überlegt werden, ich war ehrlich gesagt enttäuscht, dass sie nicht gekommen ist.“1 Die Regierung beobachtet aber nur weiter und
lässt einen Gipfel nach dem anderen ohne konkretes Ergebnis verstreichen. Den Gipfel der Ergebnislosigkeit hat die Bundesregierung in einer denkwürdigen aber für die Bevölkerung sehr traurigen zweiten Maiwoche erreicht. Nachdem ein Lebensmittelgipfel am 8. Mai 2023 ergebnislos scheiterte, hat die Regierung am
10. Mai 2023 unter großem öffentlichen Druck in einer Panikreaktion im
Rahmen einer Show-Pressekonferenz ein Nicht-Maßnahmenpaket angekündigt, das wieder keinen einzigen Preis senken wird. Weder wurden die Mieten reguliert
und dadurch billiger, noch hat man in die Lebensmittelpreise eingegriffen. Dem Wirt­schaftsminister fällt nichts Besseres ein als eine Transparenzdatenbank für Le­bensmittel anzu­kündigen. Und selbst dabei bleibt er im vagen Konjunktiv, es gibt weder einen konkreten Zeitplan, noch ist klar, was eine solche Datenbank über­haupt abbilden soll und von welchen Institutionen diese Daten erfasst werden sollen. Auch hier findet WIFO-Chef Felbermayr, dass die Regierung die Lebensmittel­konzerne stärker in die Pflicht hätte nehmen müssen: „Eine Transparenzinitiative, die


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sich auf wenige Produkte erstreckt, ist recht zahnlos. Der Staat muss ein bisschen mehr Muskeln zeigen!“2 So lange sichergestellt ist, dass diese weiter gegeben
wird, kann sich mittlerweile auch er - wie von der SPÖ vorgeschlagen – eine Mehr­wertsteuersenkung auf Lebensmittel vorstellen. Im Interview mit der Krone
vom 14. Mai 2023 plädiert auch Felbermayr dafür endlich stärker die Inflation selbst zu bekämpfen und nicht nur ihre Effekte.

Es wäre Aufgabe der österreichischen Bundesregierung, von den Besten zu lernen, verantwortungsvolle Krisenpolitik zu machen und nicht an einer fehlgeleiteten
Politik festzuhalten – nur, weil man die eigenen Fehler nicht eingestehen will. Genau das passiert aber bei dem von der Regierung neuesten vorgestellten Maßnah­menpaket für Familien. Ein weiterer Tag vergeht, ohne dass die Inflation bekämpft wird. Wieder sinkt kein einziger Preis! Die Regierung rückt aktuell jeden zwei­ten Tag aus um den selbst verursachten Totalschaden mit Pflastern behelfsmäßig zu kaschieren. Wieder einmal sollen Sonderzahlungen die Fehler der Regierungs­politik kompensieren, aber die Inflation wird damit wieder nicht an der Wurzel be­kämpft. Mit befristeten Zahlungen warden Menschen nicht nachhaltig aus der Armut geholt.

Gleichzeitig kommt von Bundesministerin Gewessler auch noch die Ankündigung, die Massen-CO2-Steuer für alle auch noch zu verdoppeln. Ein weiteres Regierungs­vorhaben, das die Inflation befeuert, statt reduziert.

Regierung muss endlich Blockadehaltung aufgeben!

Die beschleunigte Inflation ist eine sozial- und wirtschaftspolitische Katastrophe. Die Regierung muss endlich ihre Blockade gegen eine Politik, die die Inflation be­kämpft und daher Preise senkt, beenden. Im Sinne der hart arbeitenden Menschen in unserem Land muss in den nächsten Wochen und Monaten ein Politikwechsel eingeleitet werden. Daher ist es notwendig, dass die SPÖ als stärkste Oppositionspar­tei alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpft, um dahingehend Druck
auf die Regierungsparteien auszuüben. Bevölkerung und Wirtschaft brauchen drin­gend Maßnahmen, die die Teuerung tatsächlich bremsen. Nicht immer ist das


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gleichbedeutend damit, (noch) mehr Steuergeld auszugeben. Es gibt Sofort-Maßnah­men, die einfach und schnell umzusetzen wären: von einer Deckelung der Mie­ten, über scharfe Preiskontrollen durch eine schlagkräftige Anti-Teuerungskommis­sion, bis hin zu einer Übergewinnsteuer für jene Unternehmen, die etwa Energiekostenzuschüsse nicht in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergeben. Die SPÖ fordert daher zum wiederholten Male von der Bundesregierung die sofortige Vorlage eines umfassenden Inflationsdämpfungsgesetzes ein. Die­ses Gesetz sollte das Ziel verfolgen, die Inflationsrate in Österreich mindestens um zwei bis drei Prozentpunkte zu drücken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz vorzulegen, das zumin­dest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1.   Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzins­satz, maximal aber 2 % pro Jahr.

2.   Sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.

3.   Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sin­kenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Bei Nicht-Weitergabe von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energie­hilfen geben.“


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1     Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023

2     Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.09.40

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuseher! Hohes Haus! Ich will aus meinem Herzen keine Mördergrube machen. Ich bin erschüttert, wieder einmal erschüttert, wenn ich den Redebeiträgen
der Abgeordneten dieser vier Fraktionen zuhöre, und sage jetzt ganz deutlich: Es kann zwei Gründe dafür geben, der eine ist mangelnde Intelligenz und der andere ist schamlose Unehrlichkeit. (Abg. Prinz: Das sagt genau der Richtige! Ja, mangelnde Intelligenz, das sagt der Richtige!) Es gibt nur diese zwei Lösungs­ansätze, wenn ich mir das anhöre, was Sie da heute von sich geben. (Abg. Krai­ner: Ist das eine Selbstreflexion?)

Es ist jetzt schon deutlich, es haben ja – noch einmal – über 530 000 Menschen unterschrieben, und das ist auch nicht das erste Volksbegehren, es laufen
ja mehrere. Ich kann nur jeden auffordern, der das unterschrieben hat und dem dieses Thema wichtig ist, dann auch eindeutig die Konsequenz zu ziehen
und diese vier Parteien nicht zu wählen, sondern das Kreuz bei der FPÖ zu ma­chen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Abg. Zarits.) Eine andere Alterna­tive wird es nicht geben. Und wenn das passiert, dann haben wir, die FPÖ, die 40 Prozent, die wir auch brauchen werden, um bei diesem Thema endlich
einmal klar Schiff zu machen. (Abg. Schmidhofer: Und dann munter werden! Im Träumerland bist, heast!)


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Vielleicht noch einmal: Wenn man sich das angehört hat, und es war ja ein öf­fentliches Hearing der Experten, weiß man, alle fünf Experten haben alle Argumente, die für das Bargeld sprechen, wiederholt. Auch Sie von ÖVP, NEOS, Grünen und sogar der Sozialdemokratie haben eindeutig alles wiederholt, haben aufgezeigt, welche Vorteile Bargeld hat und dass eigentlich alle in Öster­reich es haben wollen. Der Minister sagt es ja auch immer.

Aber dann nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass wir in den letzten Jahren
über ein Dutzend Anträge betreffend diesen Kontrahierungszwang, den es eben nicht gibt, eingebracht haben!? Es gibt keine Annahmepflicht von Bargeld in Österreich. Wer das abstreitet, und ich wiederhole es, ist entweder intellektuell minderbemittelt und kann nicht Gesetze lesen oder schamlos unehrlich.
Das haben die Experten wiederholt, Experten der Grünen, der Sozialdemokratie, der NEOS, der ÖVP – alle Experten waren sich da ja einig.

Wir haben, glaube ich, ein Dutzend Anträge in den letzten Jahren eingebracht, und alle vier Parteien, Sozialdemokratie, Grüne, NEOS, ÖVP, stimmen im­mer dagegen. Ihr hättet heute die Chance gehabt, einen eigenen Antrag einzu­bringen. Ich muss in Richtung Sozialdemokratie auch sagen: Ihr tut mir ja
bald schon leid. Ihr schafft es nicht einmal da, als Sozialdemokratie eine klare Li­nie zu fahren, Herr Kollege Krainer. Noch einmal: Logisch, wir brauchen Bankomaten, aber ganz eindeutig zu sagen: Wir wollen Bargeld!, und unsere Anträge mit zu unterstützen, das schafft ihr nicht. Ihr tut so drumherum,
auch beim Bargeld, ein bissel so: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!

Noch einmal: Wir haben auch die Bargeldobergrenzen diskutiert, auch europaweit. Sie wissen das. Es sind in Griechenland 300 Euro, in Belgien, glaube ich, 3 000 Euro. Es gibt sie schon lange in der Hälfte der Staaten, aber das
ändert genau überhaupt nichts an der sogenannten Drogenkriminalität! Die Frau Kollegin der Grünen hat von Südamerika gesprochen. Da geht es um Dollar,
bitte schön, davon reden wir hier ja gar nicht.


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Also noch einmal: Ich bin einfach erschüttert, weil mir das wehtut, wenn ich mir das anschaue, wie sich da eine halbe Million Menschen mit ihrer Unter­schrift wirklich für etwas einsetzt, worin sich ja grundsätzlich alle einig sind, nämlich: Freiheit, selber entscheiden zu können, Sicherheit, all diese Argumente – ich könnte sie wiederholen. Bei der Nationalbank bitte schön kann man sie nachlesen, all die Argumente, die für Bargeld sprechen, für den
Erhalt, und auch, dass es eben nicht gottgegeben ist, dass Bargeld auch in fünf oder zehn Jahren noch das Zahlungsmittel ist.

Es ist klassenlos, Herr Kollege Krainer, Bargeld ist klassenlos. Ein behinderter Mensch kann damit umgehen, einer, der blind ist – das geht alles. Man
ist nicht angewiesen auf die großen Banken, man muss nicht internetaffin sein, man braucht keinen Zugang. Es ist klassenlos. Das müsste euch ja wichtig
sein, aber ihr helft seit Jahren auf europäischer Ebene, hier im Nationalrat mit,
genau das kaputtzumachen. Fahrt einmal eine gerade Linie, helft den Menschen!

Kollege Drobits weiß es: Natürlich wollen wir in den ländlichen Gemeinden auch Bankomaten haben. Wir könnten die Banken auch dazu zwingen. Die Banken
in Österreich haben letztes Jahr, 2022, 4 Milliarden Euro Mehreinnahmen
gehabt, 4 Milliarden Euro an Zinsen; 2023 sind es wahrscheinlich 10
 Milliarden Euro.
Da mache ich mir keine Sorgen. Sagt einmal klar, was ihr als Sozialdemo­kratie wollt!

Zur ÖVP: Kollege Haubner hat jetzt 6 Minuten lang über das Bargeld gespro­chen, darüber, wie super das sei. Dann kommt ein Antrag – und die ÖVP stimmt dagegen. Das nimmt euch ja keiner mehr ab. Ich bin erschüttert. Noch ein­mal: Wenn jemand ehrlich sagt, er will es abschaffen, ist das ein Argument, da kann man diskutieren. Aber das Bargeld quasi in den Himmel zu loben und
es dann nicht wirklich zu schützen!?

Magistrat Wien: Es gibt in Wien einige Magistrate, wo man nicht mit Bargeld zahlen kann. Es gibt Supermarktkassen ohne Bargeld. Das gibt es alles


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schon, haben wir ja diskutiert. (Abg. Schmuckenschlager: ... Magistratsbeamten eher in Kuverts annehmen!)

Es ist also erschütternd. Ich bin eigentlich wirklich sprachlos, weil ich dieser mehr als einer halben Million Unterschreibern nicht erklären kann, was hier im Nationalrat passiert. Es wäre ganz einfach: Wir könnten heute Gesetze betref­fend diesen Kontrahierungszwang beschließen; Herr Kollege Krainer, Sie
wissen es.

Noch einmal: Ich kann sagen, man hat das vielleicht nie genau durchgelesen, aber spätestens nach dem Expertenhearing sollte jeder intellektuell halb­wegs sattelfeste Abgeordnete wissen, dass das nicht gesetzlich abgesichert ist. Also machen wir es bitte! Geht einfach mit bei unseren Anträgen!

Ich versuche es noch einmal, abschließend, und bringe wieder einen Antrag der Freiheitlichen Partei ein (Abg. Eßl: Noch einmal! Einmal geht’s noch!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung – Nein
zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf österreichischer und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass

- die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand erhalten bleiben,

- keine Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen im Zuge der Abschaffung von Cent-Bargeldmünzen erfolgt,

- die verfassungsrechtliche Verankerung einer Beibehaltung des uneinge­schränkten Bargeldzahlungsverkehrs in Österreich und Europa erfolgt,


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- der verfassungsrechtliche Schutz des Bargeldes als Zahlungsmittel und Ver­mögensform in Österreich und Europa ohne Obergrenzen sowie

- ein verfassungsrechtlich festgelegter Kontrahierungszwang für den Waren- und Dienstleistungsverkehr im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel in der österreichischen Rechtsordnung festgelegt werden.“

*****

Ganz simpel, ganz einfach. Ich kann nur noch einmal wiederholen (Abg. Eßl: Tu’s noch einmal wiederholen!): Bitte, liebe Abgeordnete der anderen vier Parteien,
wenn ihr irgendwie Hilfestellung braucht, das noch einmal erklärt zu bekommen, von mir, dann mache ich das gerne. (Abg. Eßl: Zugabe! Einmal noch wieder­holen!) Wenn ihr weiterhin unehrlich bleiben wollt, kann ich euch nicht helfen. – Danke.
(Beifall bei der FPÖ.)

13.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ja zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung – Nein zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (1794 d.B.) "FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG" (2032 d.B.) in der 213. Sitzung des Nationalrates am 24. Mai 2023

Der Masterplan der Bargeldabschaffung schreitet in der Europäischen Union offensichtlich weiter voran. Nach der Beseitigung der 500 Euro-Geldscheine geht es


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jetzt den 1-Cent- und 2-Cent-Münzen durch die Eurokraten in Brüssel an den
Kragen. Aus der EU-Kommission heraus hört man, die Cent-Münzen seien unbeliebt. In Wahrheit soll im Zuge dieser Cent-Abschaffung auch gleich eine Aufrundung
bei Preisen und Dienstleistungen erfolgen.

Am Ende des Tages freut sich wieder der EU-Budgetkommissar in Brüssel, dessen Ein­nahmen ja auf der Grundlage von Steuereinnahmen der Mitgliedsländer beruhen. Steigen die Preise durch Aufrundung wegen Wegfall von 1-Cent- und 2-Cent-Münzen, dann erhöhen sich etwa auch Mehrwertsteuereinnahmen auf Waren und Dienstleistungen. Geht es nach Brüssel, dann sollen alle Preise auf 5-Cent-Be­träge aufgerundet werden. Das bringt in der Masse für den einfachen Mann und die einfache Frau im Volk einen ordentlichen Preisschub nach oben.

Bereits seit 2001 gab es immer wieder Vorstöße aus der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank für die Cent-Abschaffung. Kritiker der EU und ih­rer Bargeldpolitik sind sich einig: Am Ende des Tages will man alle Cent-Geldstücke abschaffen. Einerseits möchte man Konsumenten und Wirtschaft in den bar­geldlosen Zahlungsverkehr drängen, andererseits soll kein Produkt und
keine Dienstleistung mehr billiger als 1 Euro sein.

Aber nicht nur die schrittweise Abschaffung des Bargeldes, sondern auch die Ab­schaffung der Bargeldzahlung an sich ist in Österreich und der EU ein reales Bedrohungsszenario. Die Einschränkung bzw. Abschaffung der Grund- und Freiheitsrechte während des Corona-Regimes und der parallel dazu aufgerüs­tete Überwachungsstaat bedingten auch die Abkehr von Bargeldzahlungen und den Einsatz von Corona-Apps und weitestgehender Digitalisierung des Alltagslebens.

Aktuell hat eine Bürgerinitiative beherzter Idealisten ein entsprechendes Volksbe­gehren gestartet, um eine „uneingeschränkte Bargeldzahlung“ in Österreich bundesverfassungsrechtlich abzusichern.

Dieses Volksbegehren hat folgenden Wortlaut: 1


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Der Gesetzgeber möge bundesverfassungsgesetzliche Maßnahmen treffen, um die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs zu verankern. Das Bargeld ist im vollen Umfang als Zahlungsmittel und Vermögensform zu schüt­zen, ohne Obergrenzen. Nur eine Verankerung des Bargeldes in der Bundesver­fassung, gewährt die Freiheit und die Verfügbarkeit privaten Vermögens und ist als Grundrecht abzusichern.

Ergänzend dazu wäre auch ein Kontrahierungszwang für den Waren- und Dienstleistungsverkehr im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel in der österreichischen Rechtsordnung vorzusehen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf österreichischer und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass

•    die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand erhalten bleiben,

•    keine Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen im Zuge der Abschaffung von Cent-Bargeldmünzen erfolgt,

•    die verfassungsrechtliche Verankerung einer Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs in Österreich und Europa erfolgt,

•    der verfassungsrechtliche Schutz des Bargeldes als Zahlungsmittel und Vermö­gensform in Österreich und Europa ohne Obergrenzen sowie

•    ein verfassungsrechtlich festgelegter Kontrahierungszwang für den Waren-
und Dienstleistungsverkehr im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel in der österreichischen Rechtsordnung
festgelegt werden.“


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1         Volksbegehren ’FÜR UNEINGESCHRÄNKTE BARGELDZAHLUNG’ (bmi.gv .at)

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag.a Ulrike Fischer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.17.38

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Dinge, die wir im Parla­ment öffentlich, laut und oft diskutieren, sind meist nicht das Problem, es sind meist die Dinge, die wir nicht diskutieren. Bargeld ist in Österreich sehr
wichtig, 80 Prozent der Österreicher, Österreicherinnen zahlen mit Bargeld. Den Österreicherinnen und Österreichern ist es wichtig und der Politik ist Bargeld wichtig. Deswegen wird Bargeld erhalten bleiben, und das ist auch gut so.

Dieses Volksbegehren mit einer halben Million Unterschriften, die es gegeben hat, hat gezeigt, dass Bargeld erhalten bleiben soll. Natürlich soll Bargeld erhalten bleiben, aber als Konsument, als Konsumentin möchte ich
die Wahlfreiheit haben. Ich möchte als erwachsener Mensch die Möglichkeit haben, zu entscheiden: Zahle ich mit einer Karte oder zahle ich mit einer
2-Euro-Münze?

Aufgrund der Diskussion heute zeigt sich, dass uns das Thema wichtig ist und dass wir natürlich genau darauf schauen müssen. Ja, es gibt einige ausrei­ßende Beispiele von Lebensmittelversorgern, die tatsächlich ablehnen, dass man mit Bargeld bezahlt. Es gibt bereits Lokale, die sagen, man kann nicht mit Bargeld bezahlen. Und was ist uns so wichtig in der Demokratie? – Dass wir eine Wahlfreiheit haben und diese Wahlfreiheit nicht populistisch verwendet
wird, um zu sagen, wir haben diese Wahlfreiheit nicht.


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Wenn ich mir den Antrag des Kollegen Wurm anschaue, dann muss ich sagen, er ist teilweise spannend, aber teilweise geht es in eine Richtung, dass ich sage,
das ist komplett sinnlos – ja, komplett sinnlos! (Abg. Wurm: Was genau?
Was genau, Frau Kollegin? Was ist sinnlos? Was genau?)
Wenn es ein National­bankgesetz gibt, wenn es ein Scheidemünzengesetz gibt, wenn es ein bürgerliches Gesetzbuch gibt, wenn es Konsumentenschutzbestimmungen gibt: All diese Bestimmungen sorgen dafür, dass es einen einwandfreien Zah­lungsverkehr gibt, und man hat die Wahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Dingen.

Allerdings – und da bin ich schon bei Ihnen, Herr Kollege –: Es gibt vulnerable Gruppen, die diese Entscheidungsmöglichkeit nicht haben, und da müssen
wir natürlich schon genau hinschauen. Ich kann einem sechsjährigen Kind kein Eisgeld in Form einer Bankomatkarte geben (Abg. Wurm: Wir müssen nicht hinschauen, wir müssen Gesetze machen, nicht hinschauen, Frau Kollegin!), und ich kann jemandem, der schutzbefohlen ist, nicht die Möglichkeit geben,
einen größeren Betrag mit einer Kreditkarte zu bezahlen, das ist vollkommen richtig.

Es hat ein Hearing gegeben, und wir haben uns bei dem Hearing auf viele wich­tige Punkte verständigt, und diese Punkte gelten für uns alle. Aber eine Einzelmaßnahme herauszugreifen und zu sagen, das schreiben wir jetzt in die Verfassung hinein, eine Annahmeverpflichtung mit einem Kontrahierungs­zwang zu verwechseln und es in einer Art und Weise darzustellen, als wäre nur die FPÖ der Bargelderhalter, das ist schlichtweg falsch. (Abg. Wurm: Ist
aber so! Ist so!)
Wir alle sind für Bargeld. Wir alle sind für Bargeld. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Höfinger: Das ist ja so übertrie­ben! Das ist ja lächerlich! – Abg. Amesbauer: Das Volksbegehren ist „lächerlich“?!) – Genau, das Ganze ist übertrieben, aber Bargeld soll uns nach wie vor be­schäftigen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen,
bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Krainer.)

13.21



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Franz Leonhard Eßl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.21.27

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren unter diesem Ta­gesordnungspunkt das Volksbegehren Für uneingeschränkte Bargeldzahlung, das ein wirklich erfolgreiches Volksbegehren war. Mit 230 000 Eintragungen und in etwa 300 000 Unterstützungserklärungen trägt dieses Volksbegehren so­mit 530 000 Unterschriften.

Warum machen sich die Initiatoren und warum machen wir alle uns Gedanken über die weitere Verwendung von Bargeld? – Erstens: Die zunehmende Digitalisierung bringt gravierende Änderungen in der Gesellschaft mit sich. Zweitens: Der digitale Euro ist im Gespräch. Der digitale Euro sollte aller­dings nur eine Ergänzung und kein Ersatz für das Bargeld sein. Und drittens: Einige Staaten haben Obergrenzen für die Verwendung von Bargeld ein­geführt und auch die Europäische Kommission denkt über Obergrenzen nach, mit dem Hintergrund, dass Schwarzgeld unterbunden werden soll und organisierte Kriminalität behindert werden soll. Ob das wirklich so wäre, sei dahingestellt.

Frau Prof. Dr. Brigitte Unger hat als Expertin im Hearing zwar gesagt, dass die – wörtlich – „Drogenmafia“ Bargeld liebt und dass jährlich 2,5 Milliarden
Euro an Schwarzgeld weißgewaschen würden, ich bin aber überzeugt davon, meine geschätzten Damen und Herren, dass organisierte Kriminalität
nicht unterbunden wird, indem man die Verwendung von Bargeld einschränkt.

Demgegenüber gibt es eine Menge von Vorteilen, die die Verwendung von Bargeld bietet. Es bietet persönliche Freiheit und Unabhängigkeit, kann von jedem aufbewahrt und verwendet werden und ist auch – und das ist ein wesentlicher Vorteil – bei einem Stromausfall einsetzbar. Es schützt die Privat­sphäre, Datenschutz ist gegeben, es kann von jedem benutzt werden,


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ältere Menschen, sozial benachteiligte, einkommensschwache Menschen oder Menschen ohne Konto können dadurch am gesellschaftlichen Leben teil­haben. Es hilft auch, den Überblick über die Ausgaben zu haben. Und ein ganz wesentlicher Vorteil ist auch: Es lehrt Kinder den Umgang mit Geld und
stärkt das Bewusstsein für die Wertigkeit.

Für mich ist es daher keine Frage, dass auch in Zukunft die Verwendung
von Bargeld gegeben sein muss und ich dafür eintreten werde. Ob
die Verankerung in der Verfassung notwendig ist, ist aus meiner Sicht noch zu diskutieren, ich bin nämlich der Meinung, dass die Verfassung eher schon überladen ist und schon jetzt zu viele spezifische Bereiche und Anlie­gen  beinhaltet. Klar und unbestritten ist allerdings, dass wir uns das Bargeld als Zahlungsmittel auch für die Zukunft erhalten wollen und der Bürger selbst die Art der Bezahlung wählen kann – auch, wenn das die Freiheitlichen anders sehen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

13.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.25.26

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese mehr als 530 000 Personen, die das Volksbegehren Für uneingeschränkte Bargeldzahlung unterzeichnet haben, är­gern sich jetzt, glaube ich, grün und blau, im wahrsten Sinne des Wortes,
weil sie immer wieder merken, wie einige, einzelne Parteien diese Unterschriften vereinnahmen, und das ist absolut nicht in Ordnung.

Wir haben uns das als Auftrag genommen und in der letzten Sitzung des Finanz­ausschusses sehr ausführlich mit Expertinnen und Experten über das Thema gesprochen, und für uns alle ist völlig klar, dass Bargeld als Zahlungsmit­tel weiterhin allen Menschen zur Verfügung stehen muss.


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Ich weiß nicht, wie oft wir das festhalten müssen und zur Kenntnis bringen müssen: Im Fokus steht für uns alle und insbesondere für die Sozialdemokratie eine echte Wahlfreiheit. Wer bar zahlen möchte, soll das können, wer aber lieber bargeldlose Alternativen nutzt, für den soll es selbstverständlich auch die­se Möglichkeit geben.

Da ich auf der Galerie so viele junge Menschen sitzen sehe, möchte ich auch erwähnen: Ich habe vor vier, fünf Jahren interessanterweise erstmals be­merkt: Oh, die um 20, 30 Jahre Jüngeren gehen an der Kassa vorbei und zahlen mit ihrer Watch. Oder: Wie viele zahlen mittlerweile mit Handys? Ich bin inzwischen der Auffassung, dass das eine Frage der Generationen zu sein scheint. Für sehr, sehr viele Menschen in diesem Land, vor allem junge Menschen, ist das eine Selbstverständlichkeit. Aber ich komme aus einem ländlichen Bundesland, aus Tirol, und weiß natürlich, wie schlecht die Entwicklung ist, wenn in ländlichen Regionen Bankfilialen schließen,
wenn es sich praktisch nicht mehr rentiert und wenn immer weniger Banko­maten zur Verfügung stehen. Und das soll es auch nicht sein.

Da sind wir strikt dagegen, und wir haben die Verpflichtung, dort eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. – Sie, Herr Abgeordneter Wurm, lachen wieder. (Abg. Wurm: Ja, weil ihr keine Linie habt, ihr fahrt hin
und her!)
Sie waren das unter ÖVP und Blau! Schwarz-Blau hat den ländlichen Raum ja eigentlich geschwächt: Wir haben weniger Nahversorger vor Ort,
wir haben weniger Postfilialen vor Ort, das haben Sie verbrochen! (Zwischenruf des Abg. Amesbauer. – Abg. Steinacker: Die Post ist eine börsennotierte Aktien­gesellschaft ...!) Und dann stehen Sie hier und wollen uns die Welt erklären und wollen, dass noch mehr Menschen Sie wählen sollen. Wo ist Ihr Gerech­tigkeitssinn? (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Sache war absolut beeindruckend, die der Expert:innen, nämlich die heute oft zitierte Brigitte Unger, auch mich hat sie sehr beeindruckt, weil sie das bildlich dargestellt hat. Wir müssen das auseinanderhalten: Selbstverständlich wollen wir im Alltag mit Bargeld zahlen können. Es kann nicht sein, dass


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man auf einem Unicampus oder in einer Mensa ohne Bargeld nicht zahlen kann, wenn man die Karte nicht hat. (Abg. Wurm: Es ist aber so!) Diese Extrem­fälle wollen wir nicht! Ausdrücklich! (Abg. Wurm: Selma, das ist so! Was macht ihr dagegen?)

Aber sie hat auch ein anderes Beispiel genannt: dass die organisierte Kriminalität ganze Räume voller Stapel von Bargeld hat und damit sogar rechnet, dass Ratten, die das Bargeld lieben, 10 Prozent wegknabbern. Damit rechnet sie. (Abg. Loacker: Ich hoffe, die Ratten halten sich an die Quote!) Es rentiert sich! Für die organisierte Kriminalität rentiert sich Bargeld und daher braucht es diese Obergrenze. (Abg. Amesbauer: Es braucht überhaupt keine Obergrenzen!)

Herr Finanzminister, ich muss sagen, als Finanzbedienstete bin ich schon sehr, sehr enttäuscht, dass das Finanzministerium Studien mit unseren Steuer­geldern finanziert, aber diese Studien nicht vollständig veröffentlicht. Das ist auch sehr manipulativ. Ich appelliere, dass Sie diesbezüglich korrigierend eingreifen, weil wir auch wissen, Bargeld begünstigt natürlich auch Steuerhinter­ziehung. Deswegen haben wir ja die Registrierkassen, deswegen hat ja die
ÖVP mit Unterstützung auch von Ihnen die Registrierkassen eingeführt.

In diesem Sinne ein klares Ja zu Bargeld, aber auch zu einer Bargeldobergrenze (Abg. Amesbauer: In welcher Höhe?), die der organisierten Kriminalität ent­gegenhalten muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.30.01

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Bargeld ist Freiheit, und wer Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab. – So einfach
ist die Rechnung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)


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Dem Volksbegehren und seinen Initiatoren und Unterstützern kann man nur einen Dank aussprechen, weil sie dieses wichtige Thema wieder auf die parlamentarische Ebene gebracht haben. Weit mehr als eine halbe Million Men­schen, über 530 000 Personen, haben dieses Volksbegehren unterzeichnet,
und sie erwarten sich zu Recht – und sie verdienen es sich auch –, dass dieses Volksbegehren hier ordentlich abgehandelt wird, nämlich nicht nur mit Re­debeiträgen, sondern auch mit konkreten Taten.

Diese konkrete Tat kann ja nur sein – wenn angeblich ja eh alle dafür sind, wobei die Grünen und die SPÖ bei dieser Thematik ein bisschen gespalten zu sein scheinen –, dass man endlich den Anträgen der Freiheitlichen, dem Antrag, den Kollege Wurm eingebracht hat, zustimmt, nämlich – das ist das, was das Volksbegehren fordert – die uneingeschränkte Barzahlung auch verfassungs­rechtlich abzusichern und sie somit dem Zugriff auch der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Union, die ja Feinde des Bargeldzahlens sind, zu entziehen und das Bargeld zu schützen. Stimmen Sie dem zu, sonst sind all Ihre Worte unglaubwürdig und nichts wert, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Schauen wir uns die Entwicklung an, wie es in Österreich und auch in vielen anderen europäischen Ländern dem Bargeld Stück für Stück an den Kragen geht! Erinnern wir uns an die Abschaffung des Fünfhunderteuroscheins: Da hat es keine große Aufregung gegeben, weil auch damit kalkuliert wurde, dass die Menschen den Fünfhunderteuroschein ohnehin nicht inflationär verwen­den. Man hat den Fünfhunderteuroschein ja kaum verwendet, muss man ehrli­cherweise sagen, außer vielleicht bei größeren Barkäufen – klassisches Beispiel: Gebrauchtwagenkauf. Die Abschaffung des Fünfhunderteuroscheins ist aber deswegen schon sehr, sehr bedenklich gewesen, weil diese Bestre­bungen nicht auf einmal durchgehen, weil es eben diese sprichwörtliche Salami­taktik ist, Stück für Stück: zuerst der Fünfhunderteuroschein, dann gibt es Bargeldobergrenzen in vielen Ländern, die immer weiter gesenkt werden – in manchen europäischen Ländern sind das nur noch 500 Euro, haben wir


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auch gehört. Es gibt Länder wie zum Beispiel Schweden – ich war schon öfter in Schweden; erst vor einer Woche war ich mit der Cosac, mit der Konferenz
der Europaausschüsse, dort –, wo es faktisch nicht mehr möglich ist, in Geschäf­ten bar zu zahlen – es geht nicht mehr! Selbst kleinste Beträge kann man
nicht mehr bar zahlen, weil Bargeld nicht mehr angenommen wird.

Interessant ist aber schon auch die derzeitige Entwicklung in Schweden, nämlich dass seit dem vorigen Jahr, seit dem Krieg in der Ukraine und seit der Ener­giekrise, die Verwendung von Bargeld auch in Schweden wieder zugenommen hat und sogar der schwedische Zivilschutzverband die Bürger aufgerufen hat, auch Bargeld zu Hause bereitzuhalten, weil das in Krisenfällen, zum Beispiel bei einem Blackout, wenn die digitalen Systeme nicht mehr funktionieren,
die einzige Möglichkeit ist, zahlen zu können. – Das ist das eine.

Das andere ist der Schutz vor der lückenlosen Überwachung, die mit der Bar­geldabschaffung natürlich geplant ist; und das Nächste ist auch der Schutz vor der Möglichkeit, dass die Bankinstitute Negativzinsen für private Girokonten einführen können. Das könnten sie sowieso jederzeit, aber jetzt kann sich der Bürger, der Konsument wehren, indem er das Geld abhebt und physisch zu Hause deponiert – übrigens ist ja auch der digitale Euro ein Baustein in dieser Salamitaktik. Wenn man aber nur mehr und ausschließlich die Möglichkeit hat, per Überweisungen und mit Karte zu zahlen, dann hat man als Konsument klarerweise nur mehr die Optionen, sein Geld entweder am Girokonto zu lassen und damit die Strafzinsen zu zahlen, oder es auszuge­ben – sprich: in den Konsum zu stecken.

Was wir also wollen, ist ganz einfach – das ist auch das, was die Bürger wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Lassen Sie das Bargeld endlich
in Ruhe! Wir brauchen keine Obergrenze, wir brauchen überhaupt keine Regle­mentierung!

In der Europäischen Union sind jene, die das betreiben, genau die, die selbst den größten Korruptionssumpf haben, wie die sozialistische Vizepräsidentin des


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EU-Parlaments, bei der Säcke voller Geld gefunden wurden (Zwischenruf des Abg. Matznetter) – Schwarzgeld, Korruptionsgeld, über 1,5 Millionen Euro Bar­geld. (Abg. Stögmüller: Ja, eben!) Diese Sozialisten wollen den Bürgern das Bar­geld verbieten und stecken es sich selbst in die Taschen! (Neuerliche Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

Und in Richtung der Grünen, die dazwischenschreien: Wenn man die Rede der Kollegin Tomaselli gehört hat, kann man daran erkennen: Ihr seid die Fein­de des Bargelds! Das zeigt eure totalitäre Gesinnung, das zeigt euren Willen und euren Ansatz, die Menschen, die Bürger zu unterjochen. Das lassen wir als Freiheitliche Partei mit Sicherheit nicht zu. Wir wollen die Wahlfreiheit und wir wollen, dass das Recht auf uneingeschränkte Barzahlung in der österreichi­schen Bundesverfassung verankert wird, und wir werden weiterhin
dafür kämpfen.

Ein Danke sage ich den über 530 000 Menschen, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.35.19

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich will jetzt nicht weiter auf einzelne Argumente eingehen – ich glaube, die haben wir jetzt eigent­lich quer durch alle Parteien schon gehört.

Etwas hat man aber auch quer durch alle Parteien gehört – egal von welcher Fraktion: Niemand in diesem Hohen Haus, niemand von uns Abgeord­neten, soweit ich die Redebeiträge jetzt gehört habe, ist für die Abschaffung des Bargeldes. Es gibt Meinungen, dass die einen sagen: Wir müssen das so ver­ankern!, die anderen sagen: Wir müssen das so verankern.


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Wir wissen, dass wir das Gesetz ändern müssen. Wir wissen, dass wir heute schon ein Gesetz haben, dass Bargeld angenommen werden muss – mit diversen Ausnahmen – et cetera, et cetera, aber es ist so, wie es bei vielen Geset­zen ist: Nach einer gewissen Anzahl von Jahren muss es wieder einmal evaluiert werden – und das werden wir auch machen.

Ich sage eines dazu: Wir kennen die Daten dazu, und es ist gut – und ich bedanke mich da bei den Initiatoren dieses Volksbegehrens –, dass man das Thema wieder einmal aktualisiert hat. 540 000 Unterschriften wurden abgegeben; wir wissen, dass laut einer Umfrage 93 Prozent der Bevölkerung für die Beibehaltung des Bargeldes sind; wir wissen auch, dass 70 Pro­zent der Bevölkerung nicht nur mit Bargeld, sondern auch mit Bargeld bezahlt.

Was kann passieren, wenn das Bargeld wirklich in Gefahr gerät? – Da komme ich jetzt zur Eigenverantwortung. Wir wissen, wie das Leben funktioniert:
Wenn etwas nicht mehr angenommen wird, dann wird es mit der Zeit abge­schafft, und es wird von uns allen abhängen, auch in Zukunft, womit
wir zahlen: ob wir mit der Uhr oder mit dem Handy (ein Smartphone in die Höhe haltend) bei der Kassa vorbeigehen werden, ob wir eine Kreditkarte
(eine entsprechende Karte in die Höhe haltend) nehmen oder manchmal auch die Brieftasche herausnehmen und mit Bargeld (aus einer Brieftasche einen Zwanzigeuroschein herausnehmend und diesen in die Höhe haltend) bezahlen  wenn auch nicht immer. Auch ich bin einer, der eine Karte hat: Auch
ich zahle ganz gerne mit Karte, aber ich zahle auch gerne da oder dort einmal einen Kaffee oder ein Essen (den Zwanzigeuroschein neuerlich in die Höhe
haltend)
mit Bargeld.

Ich denke, es liegt in der Verantwortung jener 93 Prozent, die für die Beibehal­tung des Bargeldes sind, dass sie zwischendurch auch mit Bargeld bezah­len, denn dann wird es bei uns in Österreich keinem Bankinstitut oder sonst ir­gendjemandem einfallen, dieses Bargeld infrage zu stellen. Auch diesbe­züglich sind wie gesagt nicht nur wir Gesetzgeber hier verantwortlich, sondern


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die gesamte Bevölkerung – dann gibt es diese Diskussion nicht. (Beifall
bei der ÖVP.)

Jetzt halte ich noch einmal ganz klar den Standpunkt fest: Ich habe von keinem Abgeordneten, egal von welcher Partei, hier eine Rede gehört, die gegen
das Bargeld gerichtet war. Für die ÖVP gesprochen: Wir sind für die Beibehal­tung des Bargeldes, es gibt bei uns keine Diskussion in irgendeiner Form,
das aufzumachen. Darauf können sich die Österreicherinnen und Österreicher verlassen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Brandstötter.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.38.47

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber: Geschätzte Initiatoren des Volksbegehrens, geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Ich möchte mich dem Dank in Richtung der Initiatoren und der mehr als einer halben Million Österreicherinnen und Österreicher, die das Thema hierhergebracht haben, anschließen.

Sie haben jetzt aber in der Diskussion erlebt, dass hier verschiedene Dinge miteinander verwoben werden. Kollege Krainer hat nachgewiesen,
dass Finanzminister Gernot Blümel ganz bewusst eine Passage der Finanzminis­teriumsstudie, nämlich dass sich zur Verhinderung der Geldwäscherei die Mehrheit in Österreich Beschränkungen wünscht, einfach herauszensuriert hat – und wir haben deutliche Hinweise, dass diese Zensur im Ministerbüro erfolgt ist.

Gernot Blümel war Teil jenes Black-out-und-Türkis-in-Prozesses bei der ÖVP. Wir dachten, das Black-out ist zu Ende und es wäre alles anders. – Wir
werden uns um 15 Uhr darüber unterhalten, Herr Bundesminister, wieso Sie diese Umfrage erneut nicht in vollem Umfang schicken.


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Was steckt dahinter? – Wir kommen zu dem Disput, in dem FPÖ-Abgeordneter Wurm den anderen vorwirft, sie seien geistig minderbemittelt oder heuch­lerisch. (Ruf bei der ÖVP: Was ist mit dir?! – Abg. Totter: Wer ist hier „geistig minder­bemittelt“?) Kollege Amesbauer von der FPÖ, wie mutig kann man sein? –
Ihr Parteiobmann wurde vom eigenen Bodyguard und Chauffeur mit Sportta­schen voller Bargeld fotografiert, Abgeordneter Amesbauer stellt sich
her und weicht nach Griechenland oder sonst wohin aus. Das war Ihre Partei und Ihr jahrelanger Obmann! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten
von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Herr Amesbauer, der damalige FPÖ-Obmann wusste, dass man auch bargeldlos zahlen kann. Clash of Clans hat er bargeldlos mit der Parteikreditkarte
bezahlt. An Unkenntnis kann es also nicht gelegen haben. Er wusste, wann er was wo und wie zahlt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von
ÖVP, Grünen und NEOS.)

Dafür werden Sie keine Unterstützung bekommen. Für volle Sporttaschen, für ungeklärte Zahlungen, auch für ungeklärte Goldlager der FPÖ in Osttirol
(Abg. Hörl: Nicht versteuert! Nicht versteuert!) werden Sie nie unsere Zustimmung bekommen. Es muss jeder Verdacht geprüft werden. (Abg. Amesbauer:
Bringt mal eure Partei in Ordnung!)
Wir brauchen für große Summen Geldwäsche­bestimmungen, mit denen Geldwäsche aktiv verhindert werden kann.

Den Menschen, die unterschrieben haben, ging es um etwas anderes, nämlich darum, dass sie mit Bargeld zahlen können. (Abg. Amesbauer: Uneinge­schränkt! Uneingeschränkt steht drinnen!) Ganz offen: Unser Entschließungsantrag ist für die Menschen, nicht für die Sporttaschen-FPÖler. Sie müssen ihr Guthaben von ihrer Bank – die Bank schuldet ihnen ihr Guthaben – physisch aus­bezahlt bekommen können. Da die Bankfilialen immer kürzer geöffnet sind,
muss dort ein Automat stehen, der das Geld ausgibt. Das wollen wir erreichen, daher ist unser Antrag richtig.


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Wir fordern eine lückenlose Versorgung, eine Sicherstellung, dass es angenommen werden muss, und vor allem wollen wir, und das ist das Wichtigste in diesem Bereich, dass das Geld nicht geklaut wird. Durch die Teuerung,
die wir derzeit erleben, wird das Bargeld mit jedem Tag weniger wert. Dafür sind Sie verantwortlich, Herr Bundesminister. Beschließen Sie unsere Maßnah­men gegen die Teuerung, damit garantieren Sie nämlich, dass das Bargeld – auch jenes des Gabriel Obernosterer – in der Geldbörse nicht an Wert verliert. Handeln Sie! Beschließen Sie eine Mietpreisbremse und eine Energie­preisbremse, setzen Sie ordnungspolitische Sofortmaßnahmen und handeln Sie nicht nach dem Gießkannenprinzip
 – eine Gießkanne kauft man höchstens
im Baumarkt! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42


13.43.01

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschus­ses, seinen Bericht 2032 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Obernosterer: Alles einstimmig, schau!)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Bargeld­versorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, dieser Antrag ist abgelehnt.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regie­rung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zum Schutz des Bar­geldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung – Nein zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abge­lehnt. (Abg. Eßl: 14 blaue Stimmen! Fürs Protokoll: 14! Nur 14 Freiheitliche haben dafürgestimmt!)

13.44.282. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Re­gierungsvorlage (1929 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundes-Energieeffizienzgesetz 2023 erlassen wird und das Energie-Control-Gesetz geändert wird (Energieeffizienz-Reformgesetz 2023 – EEff-RefG 2023) (2036 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Abg. Michael Hammer: Genosse Schroll!)


13.44.53

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! In der


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von der SPÖ einberufenen Sondersitzung vorigen Freitag sprach Bundes­kanzler Nehammer wörtlich von einer aufgeregten Diskussion über die hohe In­flation. (Abg. Haubner: Das sagt die SPÖ!) Vizekanzler Werner Kogler attes­tierte schon einmal eine Teuerungshysterie.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zu diesen Attributen kann und will ich nur eines sagen: Dieses Thema regt uns von der SPÖ maßlos auf (Beifall bei der
SPÖ),
und zwar wegen eurer Handlungsunfähigkeit (Abg. Egger: Gott sei Dank seid ihr so handlungsfähig!), die dazu führt, dass sich die Menschen in Österreich
das Leben, das Heizen, das Wohnen, die Miete, die Lebensmittel und
vieles andere mehr nicht mehr leisten können. Euer Versagen, euer Nichtstun und eure Blockade bei wichtigen Maßnahmen gegen die Teuerung zwin­gen uns als SPÖ, hier im Parlament deutliche Maßnahmen zu setzen. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Die SPÖ kann nicht einmal einen Vorsitzenden wählen!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Schon seit Herbst 2021 warnen wir
von der SPÖ vor den aktuellen Entwicklungen. Damals brachte ich einen Ent­schließungsantrag betreffend „Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Österreich –jetzt!“ ein. Das war im September 2021. Seither gab es von uns eine große Anzahl weiterer Anträge, aber alle­samt wurden sie von euch abgelehnt und vertagt. Nehmt euch bei der Nase und denkt einmal darüber nach! Wir haben immer gesagt, wir setzen uns zu 100 Prozent für die Energiewende ein, aber das Problem in Sachen Teuerung wurde nicht bei der Wurzel gepackt.

Ich absolviere viele Termine in meinem Wahlkreis, in den Verwaltungsbezirken Amstetten, Scheibbs und Melk, ich bekomme tagtäglich unzählige E-Mails, in denen mir Menschen erzählen, dass sie ihr Leben lang hart gearbeitet haben und jetzt entscheiden müssen, was sie sich für das Wochenende kaufen,
oder sie erzählen, dass sie ihre Strom- und Gasrechnungen nicht bezahlen kön­nen. Geschätzte Damen und Herren, da läuft etwas falsch und das muss
heute hier besprochen werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Geschätzte Damen und Herren! Man darf sich über die Tatenlosigkeit und die Trägheit dieser Bundesregierung maßlos aufregen und empört sein. Eines
sage ich Ihnen: Vorschläge zu Möglichkeiten und Alternativen wurden von uns genug gemacht. Frau Bundesministerin, diese wurden allesamt im Aus­schuss vertagt, vertagt, vertagt. (Abg. Egger: Die sind untergegangen! Chaostage der SPÖ!) Unsere Anträge zu Maßnahmen gegen die Teuerung wurden
alle hier im Parlament abgelehnt. (Abg. Schmuckenschlager: Das
sind Ablenkungsmanöver!)

Sie verweigern nicht nur jegliche Diskussion unserer Lösungsvorschläge und beharren auf Ihrer Klientelpolitik (Abg. Wöginger: Zur Sache, bitte!) oder stel­len sich taub für die Probleme der Österreicherinnen und Österreicher
(Abg. Wöginger: Das ist kompletter Wahnsinn!), sondern Sie machen sich auch
noch lustig über die Menschen, die kaum mehr über die Runden kommen. (Abg. Stöger: Wir reden über die Wahrheit! Das ist die Sache!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Um diesem Stillstand etwas entgegen­zusetzen, hat die SPÖ in der letzten Nationalratssitzung einen Antrag eingebracht. Dieser beinhaltet ein sofortiges temporäres Aussetzen der Mehr­wertsteuer auf Lebensmittel, ein sofortiges Einfrieren aller Mieten
bis 2025 (Abg. Michael Hammer: Nieten – da habt ihr eh ein paar!), die Einsetzung einer schlagkräftigen Antiteuerungskommission und vieles mehr. (Abg.
Wöginger: Zur Sache! – Abg. Schmuckenschlager: Alles ein Ablenkungsmanöver! Zur Sache! – Abg. Hörl: Ist jetzt Märchenstunde, oder was?)
 – Geschätzter
Herr Kollege, lieber Herr Klubobmann, du brauchst nicht nervös zu werden.

Um zur Sache, zum Energieeffizienzgesetz, zu kommen: Die Chronologie seit 2018 zeigt, am 11. Dezember 2018 wurde unter österreichi­scher Ratspräsidentschaft die Energieeffizienzrichtlinie beschlossen. Ihr
aber wart bis Ende 2020 nicht fähig, diese Energieeffizienzrichtlinie umzusetzen. Wir haben mehrmals Anträge in den Ausschüssen eingebracht, um die Energieeffizienzrichtlinie umzusetzen. Diese wurden immer wieder vertagt. Man


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kann nur sagen: Ihr habt es einfach verschlafen, bis zum heutigen Tag. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Schmuckenschlager: Jetzt haben wir sie, und ihr stimmt nicht zu! – Abg. Hörl: Beleidigte Leberwürste! – Abg. Haubner: Das ist nicht sehr ergiebig!)

Jetzt brennt natürlich der Hut, jetzt gibt es ein Vertragsverletzungsverfahren und ihr könnt euch selber bei der Nase nehmen. (Ruf bei der ÖVP: Diese Ablenkung funktioniert nicht! – Abg. Wöginger: Das wird sich nicht ganz ausgehen!) Wir von der SPÖ stehen auf der Seite jener Menschen (Abg. Schmucken­schlager: Wer ist das: „Wir“?), die sich die Stromkosten, die Energiekosten und vie­les andere mehr nicht mehr leisten können, ihr hingegen verteidigt jene Konzerne, die milliardenschwere Übergewinne gemacht haben (Abg. Hörl: Belei­digte Leberwurst!), ihr verteidigt sie sogar in der Energieeffizienzrichtlinie.
(Abg. Wöginger: Kannst morgen mitstimmen!) Zahlen sollen nämlich jene Leute, die sich das Leben eh schon nicht mehr leisten können.

Geschätzte Damen und Herren! Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regierung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“
(Abg. Wöginger: „Blockadehaltung“, das passt gut!)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz vorzulegen,
das zumindest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1. Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzins­satz, maximal aber 2 % pro Jahr. (Abg. Haubner: Wo ist das Energie­effizienzgesetz? – Abg. Michael Hammer: Stichwahl!)


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2. Sofortiges, temporäres Aussetzen (Abg. Michael Hammer: Sofortige Stichwahl!) der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.

3. Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Bei Nicht-Weitergabe von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen geben.

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Von uns, seitens der sozialdemokrati­schen Fraktion, wird es, solange hier im Hohen Haus keine Antiteue­rungsmaßnahmen gegen die hohen Preise gesetzt werden und sich die Men­schen das Leben nicht mehr leisten können, keine Zustimmung zum Energieeffizienzgesetz geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Was war jetzt das Thema?)

13.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll,

Genossinnen und Genossen

betreffend Regierung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 2 zum Bericht des Ausschusses für Wirt­schaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1929 d.B.): Bundes-


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gesetz, mit dem ein Bundes-Energieeffizienzgesetz 2023 erlassen wird und das Ener­gie-Control-Gesetz geändert wird (Energieeffizienz-Reformgesetz 2023 –
EEff-RefG 2023) (2036 d.B.)

Die Teuerung in Österreich ist so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr – und sie steigt weiter. Die Preise explodieren. Immer mehr Menschen arbeiten immer härter
und können sich trotzdem das Leben kaum noch leisten. Die Bundesregierung hat im Kampf gegen die Teuerung völlig versagt.

Immer mehr Familien können sich aufgrund der Teuerung kein warmes Essen mehr leisten, konnten im Winter nicht ausreichend Heizen, ihre Kinder nicht mehr
gut versorgen und müssen an der Supermarktkasse feststellen, dass sie sich mit ihrem Geld immer weniger leisten können. Es wäre die Aufgabe dieser Bundesregierung,
die steigende Armut zu verhindern und die ausufernde Geldentwertung strukturell zu bekämpfen. Es geht nicht nur darum einzelnen Gruppen Almosen zukommen zu lassen, sondern die Preise strukturell zu senken. Niemand soll sich an der Supermarkt­kasse arm fühlen.

Gerade die hohen Energiekosten drücken mit Vehemenz auf das Haushaltsbudget der Menschen. Doch statt in die Preisbildung einzugreifen oder strukturelle Maßnah­men zu setzen, die die Kosten senken – etwa indem die Energieeffizienz ge­steigert wird – hat sich die Regierung auf unzureichende finanzielle Trostpflaster beschränkt.

Türkis-Grün hat es jedoch im gesamten letzten Jahr nicht verstanden, Maßnahmen zu setzen, um die Rekordteuerung in Österreich zu drücken. Dabei hätte es genü­gend positive Beispiele in Europa gegeben, wie man Bevölkerung und Wirtschaft in der Krise schützt und unterstützt. Länder wie Frankreich, Spanien, Deutschland
oder die Schweiz haben etwa die exorbitanten Energiepreise nicht ungezügelt auf die Menschen losgelassen. Es gab entschlossene Eingriffe in den Markt. Dabei wur­de in vielen Ländern auf einen Maßnahmen-Mix gesetzt. Mehrwertsteuersenkungen – etwa im Bereich von Gas in Deutschland – wurden mit preisregulatorischen Maßnahmen – deutscher Gas- und Energiepreisdeckel – verbunden. Auch bei einem


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der Hauptpreistreiber in Österreich, nämlich den Wohnkosten, hat man in
anderen Ländern entschlossen gehandelt. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungs­mittel wurde in anderen Ländern Europas gesenkt. Nur in Österreich hat die Regierung zugeschaut und absolut nichts gegen den Inflationstsunami getan. Im Ergebnis ist Österreich heute das Land mit der höchsten Inflationsrate –9,7 % im April 2023 - in Westeuropa.

Regierung hat Warnung der SPÖ ignoriert und sich nicht an guten Beispielen orientiert

Die SPÖ hat vor dieser Inflationsentwicklung schon vor mehr als einem Jahr gewarnt und immer wieder inflationsdämpfende Maßnahmen vorgeschlagen. ÖVP und
Grüne haben diese Warnungen ignoriert, die Anträge der SPÖ wurden vertagt oder abgelehnt. In Spanien lag die Inflation im April bei 3,8 %, in Frankreich
bei 6,9 % und in Deutschland bei 7,6 % - deutlich geringer als in Österreich. Ein wesentlicher Treiber der Inflationsrate – also des Verbraucherpreisindex –
sind die Wohnkosten. Dass die gesetzlichen Mieten an den Verbraucherpreisindex gekoppelt sind, ist angesichts der Ursachen der Teuerung und des Auseinan­derklaffens von Zinsen und Inflationsrate eine absolute Fehlkonstruktion, die als Inflationsbeschleuniger wirkt. Aus Sicht der Vermieter:innen sind Mieten ein praktisch risikoloses Kapitaleinkommen und sollten daher auch nicht anders behandelt
werden. Sparer bekommen auf der Bank kaum mehr Zinsen für ihre Einlagen, Zins­haus-Besitzer erhalten hingegen eine jährliche Rendite in der Höhe der Infla­tionsrate (dabei ist die Wertsteigerung der Immobilie noch gar nicht berücksichtigt) – und das auf Kosten von Millionen von Menschen. Andere Regierungen haben
dieses Problem längst erkannt und die Mieten vom Verbraucherpreisindex entkoppelt. In Spanien und Portugal wurden die Mieterhöhungen mit 2 % gedeckelt. In Frank­reich gibt es einen eigenen Index für Mieterhöhungen, der allerdings mit 3,5 % gede­ckelt ist. In der Schweiz dürfen die Mieten nur um höchstens 40 % der Steige­rung des Verbraucherpreisindex valorisiert werden. In Schottland wurden die Mieten temporär eingefroren. Und in Österreich? Bei uns fließen 80 % der gesamten Mieteinnahmen an das oberste Einkommenszehntel. Es ist daher kein Wunder, dass


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die Teuerung die ohnehin hohe Vermögensungleichheit in unserem Land
weiter dramatisch verschärft. Dass hier nicht gesetzlich gegengesteuert wurde, obwohl es ganz leicht möglich gewesen wäre, zeigt, dass die türkis-grüne Regierung am Ende des Tages auf der Seite der Immobilienspekulanten und nicht der
Millionen Österreicherinnen und Österreicher steht. Auch auf die exorbitanten Steigerungen bei Lebensmittelpreisen wurde seitens der österreichischen Bundesregierung nicht reagiert, während Portugal, Spanien und Polen die Mehr­wertsteuer auf Grundnahrungsmittel auf 0 % gesenkt haben. Während der Mikrowarenkorb für den täglichen Einkauf – also das, was jede Familie einkaufen muss und schwer vermeiden kann – im April sogar um 13,8 Prozent stieg,
liefert sich die Bundesregierung einen monatelangen Streit um die parteipolitische Besetzung der Bundeswettbewerbsbehörde - ein unwürdiges Schauspiel zu
Lasten der Brieftaschen in Österreich.

Regierung mit Rekordausgaben, die keinen einzigen Preis senken

Wie schon zu Zeiten von Corona rühmt sich die Regierung damit, im internationalen Vergleich Rekordausgaben „gegen die Teuerung“ zu tätigen. Angesichts der
Corona-Bilanz eine etwas kühne Herangehensweise. Denn tatsächlich gab es wäh­rend der Corona-Pandemie Rekordausgaben, die zu Überförderungen von
hunderten Millionen Euro geführt haben, wie sogar der Rechnungshof und die OeNB festgestellt haben. Die Regierung hat zwar das Geld der Menschen in Öster­reich mit beiden Händen ausgegeben, bei der Entwicklung des BIP in den Corona-Jah­ren 2020 und 2021 gab es jedoch nur 3 Länder in Europa, die schlechter abge­schnitten hatten als Österreich. Das heißt: die enormen finanziellen Hilfen haben den Zweck völlig verfehlt. Die Bundesregierung hat auf eine kurzsichtige Politik der Einmalzahlungen gesetzt. Diese Einmalzahlungen senken keinen einzigen Preis und zudem wurden die Krisenkosten auch noch falsch verteilt. Auch hier lügen die
Zahlen nicht, auch wenn sie von ÖVP und Grünen gerne verschwiegen werden. Dass sich eine Regierung an Ankündigungen und nicht an tatsächlichen Verbesse­rungen  messen lassen will, fällt den Menschen in Österreich nun schon zum zweiten


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Mal auf den Kopf. Der IWF hat ausgerechnet, dass die österreichische Regie­rung zwar im europäischen Vergleich tatsächlich sehr viel Geld unter dem Titel „Anti-Teuerung“ ausgibt, aber 3/5 des Geldes nicht zielgerichtet ankommen. Gleich­zeitig wurde dabei kaum ein Preis gesenkt. Viel Geld auszugeben, das weder zielge­richtet ankommt noch die Preise senkt, ist mit Sicherheit das Schlechteste aus beiden Welten. Das beste Beispiel für sinnlose Rekordausgaben ist der Energiekosten­zuschuss II, der bereits scharf vom Fiskalrat kritisiert wurde. Für viele EPUs
und KMUs kommen die Hilfen wieder zu spät oder sind zu klein, weil die Regierung die Energiepreise nicht regulieren wollte. Bei anderen großen Unternehmen
wird dieser Zuschuss zu massiven Übergewinnen führen. Dort wo sich die Preissteige­rungen ohne große Schwierigkeiten weitergeben lassen, ist es nämlich sehr wahrscheinlich, dass die Energiepreissteigerungen fast 1:1 auf die Preise aufge­schlagen werden. Gleichzeitig werden die verspäteten Hilfszahlungen 1:1
in die Gewinne der betroffenen Unternehmen fließen. Eine Regierung, die sich auch nur ein bisschen ernst nimmt, dürfte niemals zulassen, dass einzelne Unter­nehmen die Energiehilfen dafür verwenden, ihre Gewinne zu steigern. Es kann eigent­lich nicht sein, dass die Menschen doppelt zahlen, zuerst einen höheren Preis –
etwa für Lebensmittel – und dann auch noch die Energiehilfen für Unternehmen über ihre Steuern und Abgaben. 5 bis 8 Milliarden Euro an wertvollen Steuergeldern werden beim Energiekostenzuschuss II größtenteils sinnlos und völlig ohne Wirkung auf die Inflation ausgegeben.

Die Bundesregierung schaut weg –Unzählige Gipfel ohne ein zählbares Ergebnis

Wer Politik für die Menschen macht, schaut genau hin, wo der Schuh
drückt – also wo die Teuerung am stärksten zuschlägt. Die größten Treiber der Teuerung sind: Energie, Lebensmittel und Wohnen. Es wäre verantwor­tungsvolle Politik und ökonomisch schlüssig, sich im Sinne der Menschen zu über­legen, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, um bei den größten Treibern der Teuerung den Preisaufschwung zu stoppen bzw. zumindest zu dämpfen. Der Fiskalrat hat schon im Frühjahr 2022 berechnet, dass rund 35 % der Menschen ihre täglichen Ausgaben nicht (mehr) mit ihrem Einkommen bestreiten


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können. Der Bundesregierung waren diese Warnungen schon vor dem Sommer 2022 bekannt. Hochrangige Vertreter:innen aus Wirtschaft und Industrie wurden im letzten Jahr nicht müde zu betonen, dass die Teuerung bei den Energiepreisen die österreichische Wirtschaft und unseren Standort schwächt. Die ersten Vorboten der bevorstehenden Krise hat man bereits im Herbst 2022
gesehen. Ziegelwerke mussten ihre Produktion stilllegen, Bäckereien mussten schlie­ßen, Wirtshäuser kämpften ums Überleben. Die Wettbewerbsfähigkeit Öster­reichs leidet enorm. Aber nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem auch die Men­schen sind stark von der Teuerung betroffen. Die Statistik Austria hat jüngst
am 4. Mai 2023 dargelegt, welche Auswirkungen das Nicht-Handeln der Regierung auf den Wohlstand in Österreich hat. Im letzten Jahr haben mehr als 1/3 der Menschen in Österreich einen realen Einkommensverlust hinnehmen müssen. 27 % der Menschen in Österreich rechnen mit Zahlungsschwierigkeiten bei Mieten
und Wohnen. 1,1 Mio. Menschen können sich nicht einmal Kleinigkeiten gönnen, 760.000 Wohnungen im Winter nicht warmhalten, 550.000 haben Schwie­rigkeiten sich eine warme Mahlzeit zu leisten. Diese Situation ist für ein Land wie Österreich unwürdig und für viele Familien längst untragbar geworden.
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr hat sich unter anderem für einen Mietpreis-Stopp ausgesprochen und Eingriffe in den Markt von der Regierung eingemahnt:
„ […] die Mietpreisbremse muss überlegt werden, ich war ehrlich gesagt enttäuscht, dass sie nicht gekommen ist.“1 Die Regierung beobachtet aber nur weiter
und lässt einen Gipfel nach dem anderen ohne konkretes Ergebnis verstreichen. Den Gipfel der Ergebnislosigkeit hat die Bundesregierung in einer denkwürdigen
aber für die Bevölkerung sehr traurigen zweiten Maiwoche erreicht. Nachdem ein Le­bensmittelgipfel am 8. Mai 2023 ergebnislos scheiterte, hat die Regierung
am 10. Mai 2023 unter großem öffentlichen Druck in einer Panikreaktion im Rahmen einer Show-Pressekonferenz ein Nicht-Maßnahmenpaket angekündigt, das
wieder keinen einzigen Preis senken wird. Weder wurden die Mieten reguliert und da­durch billiger, noch hat man in die Lebensmittelpreise eingegriffen. Dem Wirtschaftsminister fällt nichts Besseres ein als eine Transparenzdatenbank für Le­bensmittel anzukündigen. Und selbst dabei bleibt er im vagen Konjunktiv,


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es gibt weder einen konkreten Zeitplan, noch ist klar, was eine solche Datenbank überhaupt abbilden soll und von welchen Institutionen diese Daten erfasst
werden sollen. Auch hier findet WIFO-Chef Felbermayr, dass die Regierung die Le­bensmittelkonzerne stärker in die Pflicht hätte nehmen müssen: „Eine Trans­parenzinitiative, die sich auf wenige Produkte erstreckt, ist recht zahnlos. Der Staat muss ein bisschen mehr Muskeln zeigen!“2 So lange sichergestellt ist, dass die­se weiter gegeben wird, kann sich mittlerweile auch er - wie von der SPÖ vorgeschla­gen – eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel vorstellen. Im Interview
mit der Krone vom 14. Mai 2023 plädiert auch Felbermayr dafür endlich stärker die Inflation selbst zu bekämpfen und nicht nur ihre Effekte.

Es wäre Aufgabe der österreichischen Bundesregierung, von den Besten zu lernen, verantwortungsvolle Krisenpolitik zu machen und nicht an einer fehlgeleiteten
Politik festzuhalten – nur, weil man die eigenen Fehler nicht eingestehen will. Genau das passiert aber bei dem von der Regierung neuesten vorgestellten Maßnah­menpaket für Familien. Ein weiterer Tag vergeht, ohne dass die Inflation bekämpft wird. Wieder sinkt kein einziger Preis! Die Regierung rückt aktuell jeden
zweiten Tag aus um den selbst verursachten Totalschaden mit Pflastern behelfs­mäßig zu kaschieren. Wieder einmal sollen Sonderzahlungen die Fehler
der Regierungspolitik kompensieren, aber die Inflation wird damit wieder nicht an der Wurzel bekämpft. Mit befristeten Zahlungen wurden Menschen nicht nachhal­tig aus der Armut geholt.

Gleichzeitig kommt von Bundesministerin Gewessler auch noch die Ankündigung, die Massen-CO2-Steuer für alle auch noch zu verdoppeln. Ein weiteres Regierungs­vorhaben, das die Inflation befeuert, statt reduziert.

Regierung muss endlich Blockadehaltung aufgeben!

Die beschleunigte Inflation ist eine sozial- und wirtschaftspolitische Katastrophe. Die Regierung muss endlich ihre Blockade gegen eine Politik, die die Inflation be­kämpft und daher Preise senkt, beenden. Im Sinne der hart arbeitenden Menschen in unserem Land muss in den nächsten Wochen und Monaten ein Politikwechsel


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eingeleitet werden. Daher ist es notwendig, dass die SPÖ als stärkste Oppositionspar­tei alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpft, um dahingehend Druck
auf die Regierungsparteien auszuüben. Bevölkerung und Wirtschaft brauchen drin­gend Maßnahmen, die die Teuerung tatsächlich bremsen. Nicht immer ist
das gleichbedeutend damit, (noch) mehr Steuergeld auszugeben. Es gibt Sofort-Maßnahmen, die einfach und schnell umzusetzen wären: von einer
Deckelung der Mieten, über scharfe Preiskontrollen durch eine schlagkräftige Anti-Teuerungskommission, bis hin zu einer Übergewinnsteuer für jene Unterneh­men, die etwa Energiekostenzuschüsse nicht in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergeben. Die SPÖ fordert daher zum wiederholten Male von
der Bundesregierung die sofortige Vorlage eines umfassenden Inflationsdämpfungs­gesetzes ein. Dieses Gesetz sollte das Ziel verfolgen, die Inflationsrate in Öster­reich mindestens um zwei bis drei Prozentpunkte zu drücken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz vorzulegen, das zu­mindest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1.   Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzins­satz, maximal aber 2 % pro Jahr.

2.   Sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täg­lichen Bedarfs.

3.   Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sin­kenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Bei Nicht-Weitergabe


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von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinken­den Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen geben.“

1     Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023

2     Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Ich darf Frau Bundesministerin Gewessler sehr herzlich begrüßen. – Ich habe Sie nicht gesehen. Die Bundesverfassung – eine Ausgabe der Bundesverfas­sung – stand zwischen uns.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.51.37

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause und auch hier bei uns im Haus! Als Energiesprecherin ist mir eines ganz wichtig: dass
wir über das Energieeffizienzgesetz hier auch richtig sprechen, darüber, was es bedeutet, was es für ein Ziel hat, was in Umsetzung ist und was wir damit wollen. Ich glaube, das ist auch für die Damen und Herren, die uns zusehen, eine wichtige Information.

Worum geht es dabei eigentlich? – Es geht darum: Wir haben ein Energie­effizienzgesetz gehabt, das vor zwei Jahren sozusagen ausgelaufen ist. Warum ist es ausgelaufen? – Es hat eine neue europäische Richtlinie gegeben.
Und ja, wir haben zwei Jahre Zeit gehabt, aber was ist in den letzten zwei Jahren passiert? – Wir haben eine Pandemie gehabt, wir haben einen Krieg in
Europa, und wir mussten uns um Dinge kümmern, die wir so nicht abgesehen haben. Und ich glaube, meine Damen und Herren, es war wichtiger, uns


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darum zu kümmern, dass unsere Gasspeicher voll sind, damit niemand im Winter frieren muss.

Unsere Pakete für die Pandemie waren für die Haushalte, für die Betriebe – wichtige Pakete, die wir beschlossen haben. Das, meine Damen und
Herren, haben wir in den letzten zwei Jahren gemacht – und eines muss ich schon sagen: Wir müssen nicht immer die Musterschüler von Europa
sein. (Beifall des Abg. Haubner.) Wir haben Zeit. Wir haben jetzt das Gesetz hier. Wir haben es im Februar hereinbekommen. Wir haben auch seit Februar
mit der SPÖ verhandelt, wir haben gute Gespräche geführt, wir haben auch die Hand gereicht, und wir haben ein sehr gutes Paket präsentiert.

Und jetzt folgt die große Enttäuschung – die große Enttäuschung liegt bei mir persönlich –, dass die SPÖ ein Paket ablehnt, in dem wir, und das muss
man schon sagen, zu den 190 Millionen Euro, die wir für Sanierungen investie­ren – für Maßnahmen, durch die wir, wie wir genau wissen, Energie
einsparen und die Energieeffizienz erhöhen, indem wir Häuser sanieren –, zusätzliche 105 Millionen Euro bis 2030 für die Verhinderung von Energiearmut angeboten haben, um den Menschen unter die Arme zu greifen. (Beifall bei
ÖVP und Grünen.)

Jetzt steht die SPÖ hier und sagt, wir haben kein soziales Paket angeboten. Ich bin wirklich erstaunt, das muss ich echt sagen. 105 Millionen Euro für Sie,
meine Damen und Herren (Abg. Schroll: Vom Steuerzahler!), die zu Hause wirklich unter der Energiearmut leiden – die SPÖ hat es abgelehnt. (Abg. Schroll:
Genau! Weil es sich die Leute selber zahlen müssen!)
Das ist, glaube ich, der we­sentliche Punkt bei dieser Tatsache. Wir haben schon ein Vertragsver­letzungsverfahren, das ist klar, aber dass die staatstragende SPÖ – wie Sie sich immer nennen –, die selbst in einer Regierung war, hier eine Klage mit unterstützt und ein Paket mit 105 Millionen Euro für Maßnahmen gegen Ener­giearmut ablehnt, das entzieht sich wirklich meiner Vernunft. Ich weiß
nicht, was da los ist. (Abg. Hörl: Der Doskozil muss her!) Ich verstehe es einfach nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Auch was das Argument betrifft, das hier immer gebracht wird, dass die Ener­gieversorger Milliarden verdienen: Da hat die Bundesregierung schon
reagiert. Wir haben eine Übergewinnsteuer eingeführt, und die wird auch zweckgebunden. Das hat unser Kanzler heute gesagt, und ich darf in
dieser Debatte, was die Energieversorger betrifft, schon auch eine Sache einmal klar ansprechen: Wir reden immer von Abschöpfungen und dergleichen.
Wir müssen die Investitionen der Energieversorger in der Wahrnehmung der SPÖ sozusagen reduzieren. Eines aber sage ich schon: Die Energiever­sorger brauchen Investitionen, um den Netzausbau zu betreiben, meine Damen und Herren! Netzausbau ist wichtig.

Warum ist dieser wichtig und warum ist die Investition wichtig? – Wenn die keine Investitionen in den Netzausbau machen, werden wir die Kosten
dieses Netzausbaus wieder auf unserer Rechnung haben, und das sollten wir vermeiden. Deswegen ist es auch wichtig, dass ein gewisses Ausmaß
an Gewinnen vorhanden ist (Abg. Stöger: Entschuldigung, die Netzkosten zahlen wir eh! Das ist kein Problem! Es geht um den Produktionspreis! Entschuldigung,
die Netzkosten zahlt die Bevölkerung mit der Netzgebühr! Da braucht es keine Ge­winne! Wir zahlen die Netzgebühr! Die Bevölkerung zahlt sie!),
damit wir
sozusagen den Netzausbau forcieren können, denn jeder Häuslbauer, der jetzt einen Beitrag zum Klimaschutz leistet und eine Fotovoltaikanlage baut,
möchte mit seiner Fotovoltaik auch ins Netz, und das gehört auch unterstützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist – an die SPÖ gerichtet und besonders an Herrn Leichtfried, weil er mich gerade persönlich angesprochen hat –: Wir haben ein Paket mit 190 Millionen Euro für Investitionen, für Sanierungen – jedes Haus gehört saniert, damit spart man Energie – und 105 Millionen Euro bis 2030 für die Ver­hinderung von Energiearmut geschnürt, und wir haben uns Ziele gesetzt,
die sportlich, aber machbar sind, und die setzen wir als Bund für die Länder mit. Da verstehe ich jetzt wirklich nicht, warum Sie dagegen sind – aber es
ist Ihre Entscheidung. Sie tragen Mitverantwortung für die Klage. Ich glaube, die


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Klage ist Ihnen wichtiger als die Verhinderung von Energiearmut. –
Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun MMMag. Dr. Axel Kasseg­ger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.56.37

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ich möchte ein bisschen wei­ter ausholen und den Zusehern einmal grundsätzlich erklären, worum es
da geht, denn Kollege Schroll hat zu 90 Prozent eigentlich nicht zum Tagesord­nungspunkt und zur Sache gesprochen. (Abg. Leichtfried: Aber was Geschei­tes hat er schon gesagt!) – Kollege Leichtfried merkt an: Aber etwas Gescheites hat er schon gesagt. – Das überlasse ich jetzt der Beurteilung der Fern­sehzuseher. (Abg. Leichtfried: Die sehen das auch so!)

Also es geht um das Energieeffizienz-Reformgesetz – Kollegin Graf hat es eh schon erklärt –, und es hat auch ein bisschen einen Zusammenhang mit
dem, was wir heute Vormittag zum Thema Europäische Union, Zentralstaat et cetera besprochen haben, insoweit als es natürlich auch um die Frage
geht: Wer hat die Kompetenzen, entsprechende Materien zu regeln, zu bestim­men, mit unmittelbarer oder mittelbarer Auswirkung auf alle Einwohner
Europas, also 450 Millionen Leute?

Wir vonseiten der Freiheitlichen Partei haben einen kritischen Zugang, was eben diese Kompetenzabwanderung in Richtung Brüssel betrifft, und eine solche findet grundsätzlich auch im Energiebereich statt. Wenn man sich erinnert: Die Europäische Gemeinschaft war ja ursprünglich die Europäische Gemein­schaft für Kohle und Stahl, mit ganz, ganz anderen Zielen, nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg der europäischen Wirtschaft zu helfen, sie durch Zurverfügungstellung möglichst günstiger Energie aus Kohle zu unterstützen, um die Stahlproduktion et cetera sicherzustellen. Von diesen Zielen sind wir


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jetzt meilenweit weg. Die Ziele der Europäischen Union, der Kommissionspräsi­dentin von der Leyen, sind ja ganz, ganz andere im Rahmen ihres
Green Deal, den sie sozusagen ganz Europa verordnet.

Warum sage ich das? – Weil diese Energieeffizienzrichtlinie, die es da gibt, europäisches Recht ist und wir jetzt sozusagen die Option haben,
diese umzusetzen. – Wir haben eigentlich nicht die Option, diese nicht um­zusetzen, denn, es ist schon angesprochen worden, wenn wir sie nicht umsetzen, müssen wir Strafe zahlen. – Die wesentlichen Punkte aber werden auf europäischer Ebene bestimmt, und ich bin der Meinung, dass die europäische Energiepolitik dem Grunde nach auf einem Holzweg ist und falsche Priori­täten setzt (Beifall bei der FPÖ), dass sie ideologiegetrieben ist und sozusagen das Ziel verfolgt, die Welt vor dem Untergang zu retten. (Abg. Weratschnig: Das ist kein schlechtes Ziel!)

Ich komme dann auch auf die österreichische Komponente zu sprechen, da be­treiben wir ja wieder Gold Plating. Wir haben die Trias der Ziele, nämlich Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren (Abg. Weratschnig: Das ist ein gutes Ziel!), dann Senkung der Treibhausgasemissionen (Abg. Weratschnig: Ein gutes
Ziel!)
um x Prozent, wobei – nur zur Verdeutlichung zwei, drei Zahlen – im ur­sprünglichen Paket aus dem Jahre 2010 das Ziel eine Senkung um 20 Pro­zent im Vergleich zum Referenzjahr war. Das ist jetzt in diesem Paket, auf das hier Bezug genommen wird, nämlich im sogenannten Clean-Energy-Package
aus dem Jahre 2018, auf 40 Prozent erhöht worden, und Ursula von der Leyen hat es noch einmal erhöht, und zwar auf 55 Prozent.

Da findet also ein erhebliches Lizitieren statt, von einem Kontinent, der global 9 Prozent der Treibhausemmissionen verursacht (Abg. Weratschnig:
Genau!) –
nur einmal zur Verdeutlichung.

Wir haben also das Energieeffizienz-Reformgesetz, das wir aufgrund dieser Richtlinie umsetzen müssen, und da sind Strafzahlungen fällig, wenn
wir das nicht machen – das ist richtig. Die SPÖ stimmt dem nicht zu, aus


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 217

welchen Gründen auch immer. Wir stimmen dem auch nicht zu, und
zwar auch aus inhaltlichen Gründen, aufgrund der grundsätzlichen Systematik, die uns nicht gefällt. Inhaltlich, wie gesagt, ist uns Freiheitliche (Abg.
Leichtfried: Uns Freiheitlichen!)
das Festlegen auf stark aus einer Ideologie ent­springenden Klimazielen zuwider. Da bin ich jetzt bei der Klimaneutrali­tät 2040. De facto ist es das Ziel der Bundesregierung – und das ist ja ein be­sonderes Ziel der Grünen; ich glaube nicht, dass das für die ÖVP ein be­sonders wichtiges Ziel ist, aber sie macht halt leider wie bei so vielen Dingen im Klimabereich mit den Grünen notgedrungen mit –, dass wir überhaupt kein Treibhausgas mehr emittieren, also null.

Das hat global null Effekt. Wie wollen wir das machen? – Indem wir, dem Grunde nach, weniger Energie verbrauchen. Wie soll das gehen? – Es wird eh nicht gehen! Ich habe hier eine Statistik oder eine Grafik des Wifo (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Das sind vollkommen überschießende Ziele, bezüglich
derer wir jetzt schon um 24 Prozent daneben liegen. Und diese Ziele stehen ex­plizit im Gesetz drinnen! Um Klimaneutralität zu erreichen, ist das (noch einmal auf die Grafik deutend) ein Beitrag; das wollen Sie unbedingt erreichen. Weiters soll das Ganze in Bundeskompetenz sein, und dem ist alles unterzuordnen.

Das ist für uns Freiheitliche vollkommen überschießend, zu eindimensional und entspricht nicht einer vernünftigen Energiepolitik nach einem energiepoli­tischen Dreieck, nämlich: sehr wohl Umstieg auf Erneuerbare, aber bitte nicht die Versorgungssicherheit – da sind wir im Bereich grundsätzliche Versor­gung und Netzstabilität –, die Wirtschaftlichkeit und die Leistbarkeit vergessen! „Koste es, was es wolle“: 190 Millionen Euro werden da wieder in die Hand genommen. (Ruf bei den Grünen: Bingo!) Herr Finanzminister Brunner war im Übrigen nicht begeistert von diesen 190 Millionen Euro, weil er das zu
zahlen hat – nicht er, sondern die Steuerzahler, das muss man ja auch immer da­zusagen.


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Wir sind bei den Energiepreisen global einfach nicht konkurrenzfähig. Das heißt, mit uns Freiheitlichen wird die Verfolgung dieser überschießenden
Ziele nicht passieren, der Gesetzentwurf wird nicht unsere Zustimmung erhalten.

Wir wollen eine vernünftige Energiepolitik. Wir Freiheitliche sind überall dabei, wo es eine Unterstützung der Haushalte und der Industrie gibt. Da sage
ich jetzt nur: Stichwort Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz, das jetzt Gott sei Dank – und das ist ganz, ganz dringend für die Industrie (Abg. Schroll:
Geh! ... lange nicht da!) –
offensichtlich am 1. Juni auf der Tagesordnung steht.

Wir sind dabei, wenn es darum geht, die Meritorder abzuschaffen. Wir sind da­bei, wenn es darum geht, dieses selbstschädigende Sanktionsregime ab­zuschaffen. Wir sind grundsätzlich bei allem dabei, was hilft, die Energie günsti­ger und billiger zu machen. Ich habe es am Vormittag schon gesagt: Wir
haben im Vergleich etwa zu den USA oder China vierfache Kosten, da brauchen wir also nicht über Standortpolitik oder Ähnliches weiterzureden. Das
kann man nicht kompensieren, und es findet jetzt auch bereits eine Abwande­rung der Industrie statt, entweder nach Amerika oder nach China.

Wir sind selbstverständlich auch bei allen Maßnahmen dabei, die Österreich und Europa autarker machen, was die Energieversorgung betrifft. Wir sind
nicht bei überzogenen Klimazielen dabei – also ein sehr, sehr klarer Standpunkt der Freiheitlichen Partei, der für mich auch ziemlich logisch ist. Wenn
viel Ideologie ins Spiel kommt, dann ist die Logik wahrscheinlich nicht besonders gefragt, unsere Standpunkte aber fußen auf Logik (Abg. Leichtfried: Das
wäre ein guter Schluss gewesen!),
auf Ursache-Wirkung-Zusammenhängen. (Abg. Stöger: Das ist neu!)

Wir nehmen für uns in Anspruch, die Dinge auch zu Ende zu denken, und in die­sem Fall muss man die Dinge zu Ende denken, nämlich: Was bedeutet das
für die Versorgungssicherheit? Was bedeutet das für die Attraktivität des Wirt­schaftsstandortes Europa? Was bedeutet das für die Arbeitsplätze? Was bedeutet das für den Wohlstand im globalen Konnex?


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Dieses Zuendedenken ist leider bei unserer derzeitigen Bundesregierung nicht in dem Ausmaß gegeben – ich sage es einmal so –, wie es eigentlich da sein
sollte. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Litschauer: Es fehlt an der Logik, Autarkie auszuru­fen und die Windräder in Kärnten zu bekämpfen!)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Ab­geordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.04.34

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Graf hat in ihrer Rede behauptet, dass die Energieversorgungsunternehmen Gewinne brauchen, um den Aus­bau der Energienetze zu finanzieren. – Das ist unrichtig.

Der richtige Sachverhalt lautet: Der Netzausbau wird von den Netzgebühren finanziert. Die Netzgebühren zahlen die Haushalte. Wenn Sie mir das nicht glauben, schauen Sie Ihre Energierechnung an! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: Sensationeller Auftritt! – Abg. Schroll: Ja, aber rich­tig! – Ruf: Nicht ganz! Einen Teil der Netzgebühren zahlen wir, ... Steuertopf! – Abg. Leichtfried: Ihr seid ja nur neidig!)

14.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.05.20

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allerspätestens seit dem Krieg in der Ukraine reden wir über die ganz wichtige Frage, wie wir so schnell wie mög­lich von russischem Gas unabhängig werden können, aber auch insgesamt von Erdöl- und Erdgaslieferungen aus Ländern, die despotisch und autokratisch regiert werden, wie wir unser Betriebssystem von zerstörerischen und teuren fossilen auf heimische erneuerbare Energien umstellen können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 220

Es geht darum, dass wir uns aus unserer Abhängigkeit von Despoten befreien und dass wir wichtige Schritte auf dem Weg zum Klimaschutz machen.
(Beifall bei den Grünen.) Und heute können wir einen ganz wichtigen Schritt machen. Heute können wir das Energieeffizienz-Reformgesetz be­schließen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist ein Gesetz, mit dem wir den sparsamen Umgang mit Energie verfassungs­rechtlich festlegen können, indem wir, in diesem Gesetz, Ziele für den Bund, aber auch für jedes einzelne Bundesland festlegen; ein Gesetz, mit dem wir viele Menschen und Betriebe in unserem Land dabei unterstützen,
sich aus der fossilen Abhängigkeit zu befreien und sich auch von den teuren Energiekosten zu befreien; ein Gesetz, mit dem wir Menschen, die sich
die Energiekosten nicht leisten können, besser helfen können, zum Beispiel mit der Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Bekämpfung der Energiear­mut; ein Gesetz, an dem wir über drei Jahre lang gearbeitet haben. (Abg. Schroll – erheitert –: Es ist schon 2020 ausgelaufen!) – Wir könnten es heute beschlie­ßen, Kollege Schroll (Abg. Schroll: Ja, könnten!), wenn es die notwendige Verfas­sungsmehrheit in diesem Haus bekommt. Aber ihr – und du hast es heute
noch einmal bekräftigt –, die SPÖ, habt angekündigt, hier in diesem Parlament überhaupt keinem Gesetzentwurf mehr zuzustimmen, egal wie sinnvoll,
egal wie dringend es sein sollte. (Abg. Schroll: Solange ihr nichts macht! – Abg. Stö­ger: Zuhören!)

Kollege Schroll, deine Rede war einfach eine glatte Themenverfehlung. Wir reden heute über die Energiewende, wir reden heute über das Energieeffizienz-Reformgesetz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es heute nicht zu beschließen, wäre ein massiver Rückschritt für die Energie­wende, ein Rückschlag für unseren Freiheitskampf, für unseren Unab­hängigkeitskampf raus aus der Abhängigkeit von teuren Importen, denn das kann nur gelingen, wenn wir endlich aufhören, so verschwenderisch mit Energie umzugehen. – Ich verstehe überhaupt nicht, Kollege Kassegger von der FPÖ, wie


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man generell gegen Energieeffizienz und Energiesparen sein kann. Ich ver­stehe es nicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger: Bin ich nicht,
aber ich brauche nicht so ein Gesetzesmonster!)

In dem Gesetz, das wir heute beschließen würden, geht es nicht nur ums Energiesparen. Wenn wir das nicht beschließen, würde es sehr wahrscheinlich auch zu Strafzahlungen führen, da die EU-Kommission schon angekündigt
hat, dass es ein Vertragsverletzungsverfahren geben wird. (Abg. Schroll: 2020 ist es ausgelaufen! Drei Jahre habt ihr Zeit gehabt, drei Jahre!) – Na ja, super, dann stimmt ihr nicht zu. Von euch, liebe Kollegen von der FPÖ, bin ich nichts anderes gewöhnt (Abg. Schroll: Ja, drei Jahre zu spät! – Abg. Wöginger: Brauchst nur mitstimmen!), ihr habt bis jetzt gegen jeden Gesetzentwurf gestimmt, der uns un­abhängiger von russischem Gas machen würde.

Liebe Kolleg:innen der SPÖ: Wenn wir dieses Gesetz gemeinsam beschließen, machen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Energiewende, wir helfen Menschen, die von Energiearmut betroffen sind und wir vermeiden Strafzahlun­gen in Millionenhöhe.

Wenn ihr heute gegen diesen Gesetzentwurf stimmt, wenn ihr gegen das Energieeffizienz-Reformgesetz stimmt, dann habt ihr den letzten Rest an Glaubwürdigkeit in Sachen Klimaschutz endgültig verloren! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Oj! – Abg. Stöger: Na geh! – Abg.
Schroll: Das muss uns der Grüne sagen!)

Wenn ihr gegen diesen Gesetzentwurf stimmt, dann tauscht ihr Klimaschutz und Energieunabhängigkeit gegen eure parteitaktischen Spielchen. Es ist unver­antwortlich und inakzeptabel, das Schauspiel, dass ihr hier - - (In Richtung eines Abgeordneten der SPÖ:) Du brauchst gar nicht zur FPÖ zu schauen! Von
der FPÖ bin ich nichts anderes gewöhnt (Zwischenruf des Abg. Shetty), aber dass ihr euch hinstellt und sagt: Ja, wir sind eh zu 100 Prozent von der Energie­wende überzeugt!, und dann einfach, vollkommen unabhängig davon, was in die­sem Gesetz drinsteht (Zwischenruf bei der SPÖ), dagegenstimmt, euch dann


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jeden Verhandlungen verwehrt und einfach Nein sagt (Zwischenruf des Abg. Kassegger), weil ihr euch in Trotzhaltung befindet und einfach lieber laut
brüllt, als an Lösungen mitzuarbeiten (Abg. Leichtfried: Wer brüllt denn? Der Ein­zige, der brüllt, steht gerade da draußen!), an Lösungen für die Menschen, für dieses Land und für die Energiewende, das ist schlicht unverantwortlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich kann nur jeden Einzelnen von euch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, jeden einzelnen Mandatar auffordern: Stimmt für diesen Gesetzent­wurf, widersetzt euch eurem Klubzwang! Stimmen wir gemeinsam für das Ener­gieeffizienz-Reformgesetz und machen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit und Energiewende! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Ganz schlechte Rede! – Abg. Leichtfried: Dass ich mit dem Kollegen Kassegger einmal einer Meinung bin! Ganz schlechte Rede! – Zwischenruf des Abg. Kassegger. – Abg. Leichtfried:
Warst das nicht du?)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.10.21

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Ich möchte einmal auf die letzten zweieinhalb Jahre zurückkommen, und zwar auf
das Thema Logik und auf das Thema Inhalt und Ideologie.

Seit zweieinhalb Jahren versuchen wir, ein Gesetz zu machen – was bis jetzt noch nicht funktioniert hat, das noch nicht vorgelegt wurde –, und jetzt plötzlich haben Sie es eilig, weil Strafzahlungen drohen. Ich möchte sagen: Das ist nicht nur die Schuld der Ministerin. Herr Wöginger hat ja gesagt, es gibt wichti­gere Gesetze, die vorher gemacht werden müssen, als die Umweltgesetze. – Das ist das Erste.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 223

Die Logik der SPÖ ist, dass die Verpflichtung der Händler und Lieferanten zum Mitzahlen umgesetzt wird und dass man nicht so jovial sagt: 105 Millio­nen Euro haben wir für die Leute! – Da muss man dazusagen: die sie sich mit ihren Steuergeldern selber zahlen! Das ist unsere Logik nicht, und das
hat auch mit unserer Ideologie zu tun, und darauf sind wir stolz. Da braucht Herr Kassegger gar nicht so blöd daherreden, das muss ich ganz ehrlich sa­gen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: Das ist Ideologie: ein Schnitzelgutschein!)

Das Zweite, Herr Hammer, weil Sie sagen, wir wären unglaubwürdig und
so weiter und so fort: Wir werden niemals auf Druck (Ruf: Blöd daherreden!) einer Situation zustimmen, die für die Menschen nichts bringt. Die Armut, die Energiearmut, ist nicht abgeschafft, wir tun für die Menschen gar nichts. (Abg. Lukas Hammer: Ja, ihr tut für die Menschen gar nichts, das stimmt!) Die Kon­zerne haben Gewinne in Milliardenhöhe, und auch da wird nicht eingegriffen. Das ist auch nicht grün, und das ist keine Chancengleichheit und keine Verteilungsgerechtigkeit für die Bevölkerung. (Ruf bei der ÖVP: ... Konzerne! – Abg. Leichtfried: Ja, vielleicht ist es doch grün!)

Ich möchte etwas ansprechen, das ein ganz großes Problem ist: Es hat eine Fi­nanzierung für den Ölkesseltausch gegeben, die über den Bund, über das Ökostromgesetz, über die Technologieförderung, finanziert wurde. Das hat sehr gut funktioniert: 99 Gemeinden in Kärnten haben bis 2022 teilgenom­men. Plötzlich wird vom Bund das Geld zurückgefahren. Die Menschen, die schon ausgetauscht haben und sich darauf verlassen haben, dass sie
eine Förderung kriegen, kriegen keine mehr und die anderen beantragen keine mehr, weil sie sagen: Ich werde ja nicht so blöd sein und mir das selber
zahlen! – Was ist das für ein Ergebnis? – Gar keines.

Es gibt eine von allen Landesenergiereferenten und -referentinnen einstimmig beschlossene Anfrage an die Ministerin, diese Gelder wieder zur Verfü­gung zu stellen, damit diese Energiewende auch stattfinden kann.
Deshalb möchte ich mich auch an die Ministerin wenden, die wirklich Ver­ständnis für logische Anforderungen hat: Wenn die Menschen diese


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 224

Förderungen nicht bekommen, dann werden wir das nicht mehr umsetzen kön­nen. Da das ein österreichisches Problem ist, wäre das ein Ansatz, etwas weiterzubringen und etwas zu tun.

Ich möchte wirklich noch einmal auch zu dem, was Kollegin Graf gesagt hat – das Paket, das ihr da geschnürt habt, würden wir ablehnen –, Stellung
nehmen: Nein, wir lehnen das Paket nicht ab. Wir lehnen die Art und Weise ab, wie Sie Ihre Vorschläge machen. (Abg. Voglauer: Freilich lehnt ihr das ab! –
Abg. Maurer: Und deswegen ... 7 Millionen Steuergeld ... nur weil Sie die Art ableh­nen!)
Im letzten Augenblick, nicht für die Bevölkerung, nur für die
Familie - - (Zwischenruf der Abg. Voglauer.) – Sie können so laut schreien,
wie Sie wollen, Frau Voglauer, es wird nicht wichtiger und richtiger.
(Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen brauchen jetzt Unterstützung, und es ist ein Hohn, zu sagen: Wir geben euch 105 Millionen Euro und lassen die Händlerverpflichtung und
auch die Konzerne wieder aus! (Abg. Voglauer: Wer ist denn jetzt gegen ...?!) Das muss paritätisch gezahlt werden, die Bevölkerung hat sich das verdient!
Ihr Grünen braucht nicht immer so zu tun, als wärt ihr für die Bevölkerung: Ihr tut genau nichts. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abge­ordneten Voglauer und Weratschnig.)

14.13

14.13.53*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es wird Sie nicht überraschen, dass ich für die Formulierung: da braucht der Herr Abgeord­nete „gar nicht so blöd daherreden“ einen Ordnungsruf zu erteilen habe. (Abg. Voglauer: Danke schön!)

*****

Zu einer tatsächlichen Berichtigung nun bitte Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte schön. (Abg. Weratschnig: Berichtige bitte deine Kollegin!)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 225

14.14.11

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Abgeordneter Kollege Lukas Hammer hat in seiner Rede behauptet, dass sich die SPÖ jeglichen Verhandlungen ver­wehrt. Das ist unrichtig. (Widerspruch bei den Grünen.)

Der richtige Sachverhalt lautet, geschätzte Kolleginnen und Kollegen (Abg. Lukas Hammer: Ihr habt gesagt ... in jedem Gesetz!): Das Energieeffizienzgesetz ist
mit 31. Dezember 2020 ersatzlos ausgelaufen und wir von der SPÖ wurden am 13. März 2023 – 2023! –, zwei Jahre und drei Monate später, zu ersten Verhandlungen eingeladen. Ich habe damals darauf hingewiesen: Lieferanten- und Händlerverpflichtung muss im Gesetz drinnen stehen. Wir sind
am 25. April eingeladen worden, haben diese Einladung angenommen und sind am 10. Mai zur dritten Verhandlung eingeladen worden. Nur: Unseren Forderungen wurde nicht stattgegeben. (Abg. Weratschnig: Also doch ...!) Es ist aber unwahr, dass wir uns nicht an den Verhandlungstisch setzen. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Ja, ja! – Abg. Lukas Hammer: Herr Präsident, das war so weit weg von einer tatsächlichen Berichtigung!)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Dipl.-Ing. Karin Doppel­bauer. (Abg. Voglauer: Das war keine tatsächliche Berichtigung!) – Ja,
wissen Sie, Frau Abgeordnete – und das ist auch so interessant, weil ja vorhin auch Kollege Kai Jan Krainer kritisiert hat, dass eine Formulierung des
Herrn Staatssekretärs außer Dienst keine solche Berichtigung gewesen wäre –, ich kann nur festhalten: Ich bin jetzt seit fast zehn Jahren mit einer
kurzen Unterbrechung Dritter Präsident und ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben, wenn es darum geht, was eine tatsächliche Berichtigung ist und
was nicht. (Abg. Schmuckenschlager: Sie sollen aber, wenn Sie es eh wissen ... urtei­len! – Ruf: Ja genau!)

Bitte, Frau Abgeordnete Doppelbauer.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 226

14.15.43

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich glaube, die Vorreden haben das Stimmungsbild in diesem Hohen Haus sehr gut gezeigt: warum hier tatsächlich nichts weitergeht, warum wir vor allem die so, so wichtigen Energiegesetze
hier nicht auf den Boden bringen.

Ich fasse es kurz zusammen: Wir haben eine Bundesregierung – eine Vorred­nerin hat heute schon über Beziehungen gesprochen und dass die nach mehreren Jahren durchaus kompliziert werden können; in dieser Regierung, glaube ich, sind sie wirklich zerbrochen. Es gibt in dieser Bundesregie­rung offenbar keine gute Zusammenarbeit mehr, was die so wichtigen Energie­gesetze betrifft.

Dann haben wir eine FPÖ, die sagt: Bei den Gesetzesmaterien können wir nicht mitgehen. Sie sagen, Sie sind unideologisch, Sie wollen das vernunftge­recht entscheiden. – Es ist nichts ideologischer als das, was im Augenblick von der FPÖ kommt, nämlich: dass Sie weiterhin Gas aus Russland nach Öster­reich bringen wollen. Dieses Thema ist durch, Kollege Kassegger, das geht sich nicht mehr aus, also da müssen Sie sich auch bewegen. (Abg. Kassegger:
Da muss man schon zuhören, was ich sage! – Abg. Deimek: Das kommt spätestens dann, wenn die ersten Leute ...!)

Dann haben wir hier in diesem Haus eine SPÖ, die sich echauffiert und sagt: Wir würden eh gerne, aber irgendwie können wir nicht! – Ich möchte schon
einmal daran erinnern, dass wir es sogar 2019 im Wahlkampf geschafft haben, Energiethemen, die ja so wichtig und grundlegend sind, unideologisch
und über Parteigrenzen hinweg gemeinsam zu beschließen. Warum? – Weil Energie die Basis unserer Wirtschaft ist und weil Energie die Basis des Wohlstands in Österreich ist. Ich appelliere hier wirklich an alle, an alle, die in diesem Haus sitzen, an Ihre Vernunft, sich hier endlich hinzusetzen,
dieses Parteihickhack zu lassen und zu Lösungen zu kommen. (Beifall bei den


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NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des
Abg. Deimek.)

Ja, wir als NEOS hätten uns auch gewünscht, dass man im Energieeffizienz­gesetz, das jetzt tatsächlich seit drei Jahren irgendwo herumliegt, noch
einen Schritt weitergeht und vielleicht noch zwei, drei stärkere Ziele hinein­bringt – Sektionsziele sind uns abgegangen, das haben wir im Ausschuss
auch schon besprochen. Tatsächlich gibt es aber einen Gesetzentwurf, der sehr viel besser ist als gar nichts, und ja, wir haben von der EU jetzt schon ein Vertragsverletzungsverfahren am Hals, weil da nichts weitergeht. Deswegen werden wir NEOS als konstruktive Mitte auch mitstimmen, weil wir es
natürlich ganz, ganz wichtig finden, dass da endlich etwas passiert. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

Als konstruktive Mitte ist es uns aber auch sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass uns einfach noch ganz viel abgeht. Jetzt haben wir von der Ener­giesprecherin der ÖVP, von Kollegin Graf, die ich übrigens sehr schätze, gehört: Wir hatten ja die letzten drei Jahre anderes zu tun. – Ja, aber wir befinden
uns aufgrund des Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine seit eineinhalb Jahren in dieser Energiekrise, und das heißt, es gibt eigentlich nichts Wichtigeres,
als jetzt Energiegesetze auf den Boden zu bringen. Ich erinnere noch einmal: Wir brauchen ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, wir brauchen ein Grüngasgesetz.
Alle diese Themen liegen brach, und sollten die heuer nicht mehr ver­handelt werden, dann sind wir im nächsten Wahlkampf, und dann passiert gar nichts mehr. Auch da appelliere ich an die Vernunft aller Anwesenden in diesem Haus. (Beifall bei den NEOS.)

Ich freue mich über die Bestätigung, aber es muss da leider auch von dieser Seite (in Richtung ÖVP) und von dieser Seite (in Richtung Grüne) noch ein bisschen
mehr Applaus kommen, damit wir hier wirklich auch etwas zusammenbringen. Noch einmal möchte ich daran erinnern: Unideologisch zu agieren heißt, hier tatsächlich gemeinsam die Gesetze auf den Boden zu bringen, weil es ansonsten der Wirtschaft in diesem Land wirklich nicht mehr gut gehen wird; und


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ja, die Industrie wandert ab, und sie wandert im Augenblick Richtung USA ab, weil dort massiv Geld in die Hand genommen wird und dort Dinge auch umgesetzt werden können. (Beifall bei den NEOS.)

Deswegen ganz ehrlich: Entscheidungs- und Arbeitsverweigerung in diesen so, so wichtigen Punkten ist grob fahrlässig. Unsere Unternehmen brauchen Zuverlässigkeit und Planungssicherheit. Letztlich untergraben Sie das gesamte Investitionsklima in Österreich. So viel Geld können Sie über Förderungen
gar nicht hinaushauen, dass sich das noch einmal ausgeht.

Deswegen möchte ich meine Ausführungen mit einem Entschließungsantrag abschließen. Es gibt noch ein anderes Gesetz, das wir ganz, ganz drin­gend brauchen würden, und daran möchte ich die Bundesregierung erinnern.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz vorlegen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, noch vor dem 15. Juli 2023 einen Entwurf für das geplante Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz vorzulegen, welcher unter anderem folgende Maßnah­men umfasst:

- Die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle bei Verfahren für die Genehmigung und Errichtung von Anlagen (One-Stop-Shop) um Verfahren zu verkürzen
und vereinfachen und eine durchgehende Verfahrensbegleitung zu ermöglichen.

- Die Schaffung einer effektiven, koordinierten überregionalen Energieraumplanung.

- Verstärkte Transparenz bei Anschlussdauern und deren Kosten.


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- Verbindliche Ausbauziele für alle Bundesländer.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Endlich Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz vorlegen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 213. Sitzung des Nationalrats über Energie­effizienz-Reformgesetz 2023 (EEff-RefG 2023) (2036 d.B.) – TOP 2

Im Januar 2023 hat Vizekanzler Kogler angekündigt, dass die Regierung aufgrund der andauernden Energiekrise, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie neue europäische Vorgaben, ein Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz schaffen wird. Dieses soll neben Verfahrensbeschleunigungen, politische und regulative Hindernisse für den Ausbau der Erneuerbaren beseitigen und die Importab­hängigkeit von fossilen Energieträgern in Österreich minimieren. Seither laufen im BMK sowie regierungsintern intensive Verhandlungen welche allerdings bisher an Partikularinteressen scheitern.

Diese monatelange Verzögerung ist hinsichtlich der Relevanz für den Wirtschafts­standort und die Erreichung der Klimaziele inakzeptabel. Das Gesetz muss
noch vor der Sommerpause vorliegen, um realistischerweise noch dieses Jahr noch in Kraft treten zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 230

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, noch vor
dem 15. Juli 2023 einen Entwurf für das geplante Erneuerbaren Beschleunigungsge­setz vorzulegen, welcher unter anderem folgende Maßnahmen umfasst:

•    Die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle bei Verfahren für die Genehmigung und Errichtung von Anlagen (One-Stop-Shop) um Verfahren zu verkürzen und vereinfachen und eine durchgehende Verfahrensbegleitung zu ermöglichen.

•    Die Schaffung einer effektiven, koordinierten überregionalen Energieraum­planung.

•    Verstärkte Transparenz bei Anschlussdauern und deren Kosten.

•    Verbindliche Ausbauziele für alle Bundesländer."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.

Bevor ich die Frau Bundesministerin um ihren Beitrag bitte, darf ich noch etwas sagen, weil vorhin noch ein Zwischenruf aus dem Sektor der ÖVP zur tat­sächlichen Berichtigung gekommen ist, so in Richtung: Wenn der Präsident es ohnehin weiß, warum tut er dann nichts dagegen?

Sie kennen die Geschäftsordnung. Man kann in der Regel erst danach feststellen, ob eine tatsächliche Berichtigung tatsächlich eine war oder eine Wortmel­dung. Würde die Geschäftsordnung vorsehen, dass die Redezeit im Zuge einer solchen Berichtigung der Fraktion angerechnet wird, wenn es tatsächlich
keine wäre, dann hätte man bessere Instrumente in der Hand. Ich kann daher nur die Klubs bitten, bei den Klubsitzungen wieder darauf aufmerksam
zu machen, die Geschäftsordnung zu verinnerlichen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 231

Zu Wort gelangt nunmehr Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.21.48

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Abgeordnete! Werte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Wir diskutieren heute einen enorm wichtigen Gesetzesvorschlag für
unser Land, das Energieeffizienz-Reformgesetz. Das Energieeffizienz-Reformge­setz reiht sich ein in eine Reihe von Energiegesetzen, worauf Abgeord­nete Doppelbauer gerade in ihrem konstruktiven, wenn ich mir das zu bemerken erlauben darf, sehr konstruktiven Beitrag zu dieser Debatte hingewiesen
hat. Deswegen möchte ich auch kurz auf den Inhalt des Entschlie­ßungsantrages eingehen, bevor ich auf das Energieeffizienz-Reformgesetz zu sprechen komme.

Es ist völlig klar: In Zeiten einer globalen Energiekrise spielt die Energiegesetzge­bung eine fundamental wichtige Rolle. Die Energiegesetzgebung ist nicht
nur für die Menschen in unserem Land, für die Wirtschaft in unserem Land und für die Sicherheit in unserem Land wichtig. Es geht darum, ob wir ener­gieunabhängig sind oder weiterhin von einem fossilen Despoten abhängig. Des­halb ist eine Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien das
Gebot der Stunde.

Deswegen freut es mich jedes Mal wieder, wenn ich darüber reden darf, dass es uns gelungen ist, in diesem Haus eine Beschleunigung der Umweltverträg­lichkeitsprüfung zustande zu bringen. Die wird im Bereich der UVP-Verfahren ei­nen wirklichen Genehmigungsturbo für den Ausbau der erneuerbaren Ener­gien bringen. Deswegen freut mich auch, dass sich diese Bundesregierung in ei­nem Ministerratsvortrag im Jänner dieses Jahres zur Schaffung eines Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes bekannt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Das ist ein ambitioniertes und komplexes Projekt. In Zeiten einer Energiekrise ist es, und davon bin ich wirklich überzeugt, höchste Zeit, dass wir einen Ge­nehmigungsturbo für die breite Masse an Erneuerbarenprojekten ohne UVP-Pflicht zünden, dass wir statt mehrerer Bescheide von verschiedenen Be­hörden für alle Vorhaben der Energiewende einen One-Stop-Shop einrichten, dass wir PV-Anlagen auf bereits versiegelten Flächen überhaupt bewilli­gungsfrei stellen.

In Zeiten der Energiekrise ist es einfach nicht mehr zumutbar und nicht mehr praktikabel, dass sich jede einzelne Projektwerberin, jeder einzelne Pro­jektwerber durch neun Landesbauordnungen, durch neun Elektrizitätsgesetze, durch neun Naturschutzgesetze und so weiter und so fort kämpft. Wir müssen auch in dem Bereich durch bundesweit einheitliche Regeln für Genehmi­gungsfreistellungen, Anzeigeverfahren und vereinfachte Verfahren weiter­kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr, sehr wichtig ist mir in dem Zusammenhang die Energieraumplanung. Die Stärkung der vorgelagerten Energieraumplanung soll die Genehmi­gungsverfahren gemäß einem konkreten Gesetz entlasten und weiter beschleu­nigen. Das Orts- und das Landschaftsbild alleine sollen Erneuerbaren­projekte nicht mehr behindern können. Auch die Bundesländer, die jetzt schon Windenergie haben, haben ein wunderschönes Landschaftsbild. Auch Niederösterreich hat ein schönes Landschaftsbild, auch das Burgenland hat ein schönes Landschaftsbild, auch die Steiermark hat ein schönes Landschafts­bild. Es geht also, den Ausbau der erneuerbaren Energien mit der Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes zu vereinbaren.

All das, all diese Vorhaben erfordern eine gute legistische Vorarbeit, und letzt­endlich – und damit schlage ich eine Brücke zum Energieeffizienz-Reform­gesetz – brauchen wir auch für dieses Vorhaben eine Zweidrittelmehrheit für darin enthaltene Verfassungsbestimmungen in diesem Haus.


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Womit wir beim Energieeffizienz-Reformgesetz wären: Wir diskutieren mit die­sem Vorschlag ein Gesetz, das unseren Energiesparplan für Österreich festlegen wird. Warum ist Energiesparen so wichtig? – Ich darf vielleicht daran erinnern, weil das in einem der Debattenbeiträge infrage gestellt wor­den ist, dass Energiesparen Klima schützen heißt. Energiesparen bedeutet mehr Unabhängigkeit für unser Land und heißt vor allem auch Geld sparen für und mit den Menschen in unserem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Wir alle können uns noch sehr gut daran erinnern, was wir letztes Jahr um diese Zeit in diesem Haus diskutiert haben, vor welchen Herausforderungen
wir gestanden sind: Wladimir Putin, der in einem abscheulichen Krieg Energie als Waffe einsetzt und damit die Preise in die Höhe treibt. Das ist für die
Menschen in unserem Land eine große Herausforderung. Wir haben aber im letzten Jahr gezeigt, dass wir dem etwas entgegensetzen können.
Und wir haben dem auch etwas entgegengesetzt, und zwar auf drei Ebenen:

Wir haben eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen beschlossen, und ich darf vielleicht an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern: Es gab Direktzahlungen, es gab Steuersenkungen wie bei der Elektrizitätsabgabe und der Erdgasabgabe. Wir haben den Klimabonus mit einem Antiteuerungs­bonus aufgestockt: 500 Euro für jeden, für jede Einzelne in diesem Land. Wir haben einen Teuerungsausgleich beschlossen, einen Energiekosten­ausgleich beschlossen. Die Erneuerbarenpauschale, der Erneuerbarenförder­beitrag wurde ausgesetzt, der Pendlereuro und die Pendlerpauschale
wurden erhöht, Unternehmen wurden mit diversen Zahlungen unterstützt. Wir haben eine Sonderfamilienbeihilfe und ein Kinderarmutspaket beschlos­sen, und, und, und. (Beifall bei den Grünen.)

Eine zweite Säule: Es ist uns gelungen, gut über diesen Winter zu kommen. Der Erneuerbarenausbau in diesem Land, also der Ausstieg aus den fossilen
und der Einstieg in die erneuerbaren Energien, befindet sich auf einem absoluten Rekordniveau. Wir haben noch nie so viel Fotovoltaik dazugebaut wie im
letzten Jahr, und wir sind auf bestem Kurs, diesen Rekord dieses Jahr wieder zu


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brechen. Es wurden in den letzten drei Jahren mehr Fotovoltaikanlagen
errichtet als in den 20 Jahren davor zusammen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Dritte ist – und dafür danke ich wirklich jedem und jeder einzelnen Person in diesem Land, die da mitgeholfen hat –, Gas zu sparen. Wir haben Ener­gie gespart; je weniger Energie wir verbrauchen, desto weniger leicht sind wir damit auch erpressbar. Beim Gassparen haben wir im letzten Jahr mehr
als der EU-Durchschnitt zusammengebracht. Wir haben im letzten Jahr 20 Pro­zent weniger Gas verbraucht als im Vergleich dazu in der Fünfjahres­periode davor. Dafür danke ich wirklich jedem und jeder Einzelnen, die dazu einen Beitrag geleistet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

Das Energiesparen bleibt wichtig, um unsere Unabhängigkeit zu stärken. Das Energiesparen bleibt wichtig für den Klimaschutz. Das Energiesparen
braucht jedoch einen vorhersehbaren, passenden Rahmen in einem guten Ge­setz, damit es nachhaltig gut funktioniert. Genau deshalb liegt Ihnen die­ses Gesetz heute vor, und genau deshalb wollte ich noch einmal erklären, worum es in diesem Gesetz geht und was die zentralen Punkte dabei sind. Es ist
genau dieser Rahmen, den das Energiesparen braucht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte erstens auf den Inhalt eingehen, der heute bereits angespro­chen worden ist. Wir geben uns ein ambitioniertes Ziel. Ja, wir setzen EU-Recht um, denn wir haben eine Verpflichtung dazu, EU-Recht umzusetzen.

Wir geben uns ein ambitioniertes, aber auch umsetzbares Ziel für den Endener­gieverbrauch und die zu erreichenden Energieeinsparungen, und wir orien­tieren uns dabei an der EU-Energieeffizienz-Richtlinie, und zwar auch schon an der neuen Fassung, die bereits von Rat und Parlament beschlossen wurde,
also in Kürze in Kraft tritt, und schaffen damit für alle Unternehmen in diesem Land Klarheit und Rechtssicherheit auf dem Weg zur Energieeffizienz.


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Energieeffizienz klingt ja immer so abstrakt. Worüber sprechen wir da? – Wir sprechen darüber, dass dieses Gesetz die ganz konkrete Grundlage da­für ist, dass Gebäude renoviert werden, dass die Wirtschaft effizienter wird, dass Menschen unterstützt werden, sich aus hohen Energiekosten hinauszuin­vestieren. Natürlich ist das eine gemeinsame Verpflichtung! Natürlich ist es eine Verpflichtung, die nicht nur den Bund betrifft. Deswegen sieht dieses Ge­setz ganz klare Einsparziele für die Länder vor, weil eben alle für das gemeinsame Ziel der Republik Verantwortung übernehmen müssen, vor allem wenn viele der Kompetenzen im Bundesländerbereich liegen.

Diese Aufteilung der Zielverpflichtung, dieses Mithineinnehmen der Bundesländer, dieses Schultern einer gemeinsamen Aufgabe aller Beteiligten, das geht nur mit Zweidrittelmehrheit. Das geht nur mit Zweidrittelmehr­heit, werte Abgeordnete! (Abg. Schroll: Dann müsst ihr euch bemühen!)

Zweitens: Was ist die zweite große Säule in diesem Paket? – Wir unterlegen die Einsparziele mit einem konkreten Budget für Investitionen in Energieeffi­zienz. Wir haben in diesem Haus bereits die Novelle des Umweltförderungsge­setzes beschlossen und zusätzliche Maßnahmen bis 2030 mit zusätzli­chen budgetären Mitteln gesichert. Damit setzen wir ein konkretes Budget für konkrete Programme um. Worum geht es da? – Da geht es um die Reno­vierung von Gebäuden, um die Renovierung von Krankenhäusern, von Pflege­heimen, um moderne und effiziente Produktionsanlagen, aber auch da
haben wir ganz bewusst im Sinne dieser Debatte einen besonderen Schwer­punkt auf die Unterstützung von energiearmen Haushalten gelegt und
wollen und werden das auch weiter tun.

Wichtig ist zu sehen, dass wir mit diesem Budget, mit diesem Energieeffizienz­gesetz und mit dem, was dazugehört, nicht nur Unterstützung für die
Menschen in unserem Land schaffen, sondern auch Wertschöpfung und Be­schäftigung auslösen. Gerade von Energieeffizienzmaßnahmen – da
schaue ich zum Abgeordneten Muchitsch – profitieren der Elektriker, die Elektri­kerin, die regionalen Unternehmen, die Installateure, Installateurinnen,


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Spengler, Bauunternehmen, Lagerhäuser, Bauhäuser, you name it. Mit diesem Gesetz schaffen wir Wertschöpfung und Beschäftigung in diesem Land.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der dritte Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Der Vorschlag legt einen be­sonderen Schwerpunkt auf armutsbetroffene Haushalte mit hohen Energiekosten, energiearme Haushalte. Das sind Menschen mit geringem Einkommen, aber sehr hohen Energiekosten. Warum ist das so? –
Weil sie oft alte Elektrogeräte verwenden, weil neue nicht leistbar sind, weil sie in schlecht isolierten Gebäuden wohnen und vieles mehr.

Wir haben als Bundesregierung in diesem Bereich schon viel gemacht. Es gibt erstmals in Österreich eine Umweltförderung, die eine soziale Brille auf­hat. Wer wenig verdient, bekommt bei der Umstellung von Öl oder Gas bis zu 100 Prozent der Kosten zum Beispiel einer neuen Wärmepumpe geför­dert. 100 Prozent, das hatten wir in diesem Land noch nie, bei keiner einzigen Förderung. Diese Bundesregierung hat es gemacht, mit Blick auf
energiearme Haushalte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit den Sozialorganisationen ein neues Programm aufgesetzt. Das ist gerade gestartet. Warum mit den Sozialorganisationen? – Weil die den
besten Zugang zu den Menschen haben, die es wirklich brauchen. Dieses neue Programm lässt armutsbetroffenen Haushalten einerseits eine Energie­sparberatung zukommen, und andererseits – auch das ist ein völliges Novum, das hat es in diesem Land noch nie gegeben – ermöglicht es, kostenfrei stromfressende Geräte wie alte Kühlschränke zu tauschen. Wenn man sich die Investition nicht leisten kann, unterstützen wir mit Budget, um das stem­men zu können, ganz zielgerichtet dort, wo es am dringendsten gebraucht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus dem Sozialministerium wurden der Wohnschirm und der Energieschirm aufgestockt. Der ermöglicht Stundungen bei Energierechnungen und verhindert ganz konkret Delogierungen von Familien, die in Zahlungsrückstand geraten


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sind. Ein großes Danke an dieser Stelle auch an Sozialminister Johannes Rauch, der das auf den Weg gebracht hat!

Was fehlt jetzt noch, und was liefert dieses Gesetz? – Was fehlt, sind verbes­serte Strukturen; verbesserte Strukturen, um Maßnahmen gegen die Energiearmut besser koordinieren zu können, nämlich zwischen den Ministerien, den Bundesländern, den Energieunternehmen, die eigene Programme
haben, und den sozialen Einrichtungen. Deswegen sieht dieser Vorschlag die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Energiearmut vor. Das ist ein
Ergebnis der Verhandlungen der letzten Wochen: eine Koordinierungsstelle für Energiearmut, eine Koordinierungsstelle, die Leute zusammenbringt, die Verfahren vereinfacht, die jene Menschen energiewirtschaftlich und sozialar­beiterisch schulen soll, die armutsbetroffene Menschen beraten, damit
diese ganz konkrete Hilfestellungen geben können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, das ist ein umfassendes Gesetz. Es ist ein großes Gesetz. Es ist ein Gesetz, das viele Themen aufgreift, das
wichtige Verbesserungen umsetzt und aus diesem Grund für viele Punkte auch eine Verfassungsmehrheit braucht. Dieses Gesetz ist auch die Umsetzung
einer wichtigen EU-Richtlinie zur Energieeffizienz, bei der wir jetzt Handlungsbe­darf haben, weil Österreich mittlerweile eine hohe Vertragsstrafe der
EU-Kommission droht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Deswegen mein Appell an alle Abgeordneten, an jeden und jede einzelne Abgeordnete in diesem Parlament: Politik heißt, Verantwortung für
die Menschen in unserem Land zu übernehmen. Politik heißt, Entscheidungen zu treffen und dabei an die Zukunft zu denken. Sie stimmen heute darüber ab,
jeder und jede Einzelne von Ihnen. Sie stimmen heute darüber ab, ob
wir mit diesem Gesetz Schaden von der Republik abwenden (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), Sie stimmen heute darüber ab, ob wir mit diesem Ge­setz das Klima schützen und die Zukunft der Menschen in Österreich sichern. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)


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Ich möchte deswegen noch einmal an Sie appellieren, an jede und jeden Ab­geordneten: Denken Sie bei Ihrem Abstimmungsverhalten an die Ös­terreicherinnen und Österreicher und daran, was für dieses Land gut ist! (Abg. Leichtfried: Genau das werden wir machen!) Lassen Sie sich bei dieser Entscheidung nicht von Parteitaktik, nicht von einzementierten Positionen leiten, sondern von der Verantwortung für dieses schöne Land und für alle Men­schen, die in diesem Land leben! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Eine schlechte Rede!)


14.38.05

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kollege Leichtfried, ich muss Ihnen recht geben: Das war eine sehr, sehr schlechte Rede, denn im Endeffekt war sie nur ideologisch ge­trieben, und sonst von nichts gekennzeichnet. (Abg. Pfurtscheller: Aber eure sind immer völlig, völlig - -!) Und warum? Sie sagen hier ganz locker-flockig,
20 Prozent an Energie wurden eingespart, an Gas. – Ja, das stimmt; aber schau­en wir uns die Insolvenzen bei den Unternehmen in den letzten Monaten
an, wie die nach oben geschraubt wurden (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), und dann die Vorschläge, die Sie gebracht haben: 19 Grad in den Woh­nungen, in den Büros sind ausreichend – das haben Sie Gott sei Dank relativ schnell zurückgenommen –, oder wenn man einen Kochtopf mit Wasser aufstellt, den Deckel draufgeben. (Ruf bei den Grünen: Hilft!) Also das sagt einem ja normalerweise der Hausverstand. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)
Also so sehen wir Umwelt-, Energiepolitik in diesem Bereich.

Dann gehen Sie noch her und sagen, die Windkraft muss auf den Almen auf den Bergen ausgebaut werden. (Abg. Hörl: Ja!) – Kollege Hörl kommt gerade
daher, der seine Windkraft irgendwo in Tirol bauen möchte, im Zillertal. Was ist


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das im Endeffekt? – Wir zementieren, wir blockieren die Almen. Wir beto­nieren und versiegeln unsere Landschaft (Abg. Voglauer: Da seid ihr ... dabei!), und Sie sagen, das ist alles wurscht. Sie sagen konkret, das ist alles wurscht.
(Abg. Tomaselli: Aber Parkplätze sind schon okay?!) Worum geht es im Endef­fekt? – Um eine rein ideologisch getriebene Umwelt- und Klimaschutzpolitik, die wir so nicht mittragen, ganz klipp und klar. (Beifall bei der FPÖ. – Abg.
Hörl: ... besser laufen kann!)

Hier geht es um Umweltschutz und Naturschutz, das ist ein wesentlicher Faktor. Frau Bundesminister, die Gasverträge, die Sie erwähnt haben: Ihr Koali­tionspartner, der vorige Bundeskanzler – der vorvorvorige! – hat den Gasvertrag mit Putin oder mit der Gazprom bis 2040 verlängert. Haben Sie das schon
einmal mit Ihrem eigenen Koalitionspartner analysiert? Das wäre interessant.

Dann sind Sie auch noch hergegangen, was ja auch spannend ist, und wollten in Mellach das Kohlekraftwerk in letzter Konsequenz umbauen. Also wenn
man schon alles auf den Tisch legt, dann muss man alles darlegen, und das wären die konkreten Dinge.

Dann geht man auch noch her – da muss ich zu den Grünen nach Graz schauen; Sie kommen ja aus der Steiermark – und lehnt das Murkraftwerk in Graz
ab. Also Wasserkraft will man nicht, das Gas will man nicht. Im Endeffekt muss die Energie irgendwo herkommen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wir
brauchen diese Energie für unseren Wirtschaftsstandort auf der einen Seite (Abg. Leichtfried: Das hat der Hörl erkannt!), und auf der anderen Seite
brauchen wir auch die Energie in allen Bereichen – also es muss ein Mix aus allen Bereichen sein –, um natürlich auch die Haushalte dementsprechend
mit Energie zu versorgen, die auch leistbar ist. Das ist das Entscheidende. (Beifall bei der FPÖ.)

Sich einzig und allein mit dieser Kompetenzverschiebung auf die EU auszureden ist unseres Erachtens relativ hanebüchen, denn da gibt es schon nationale Möglichkeiten, energieeffizient zu agieren und zu handeln.


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Zum Green Deal, den wir ja auch auf dem Tableau haben: Allein in der Taxono­mie der EU die Atomkraft als grün zu bezeichnen ist ja auch schon nicht
nur sehr bedenklich, sondern man sieht auch, in welche Richtung es geht. (Abg. Lukas Hammer: Walter, du hast dir nicht einmal die Inhaltsangabe von dem
Gesetz angeschaut, oder? Du redest irgendetwas daher!)

Da geht es ganz klipp und klar – Herr Kollege Hammer, das ist perfekt – um eine Verschiebung der Kompetenzen. (Abg. Lukas Hammer: Zur Sache!) – Genau,
das ist zur Sache. Im Endeffekt geht es genau darum: Die Bürger können sich die Energie nicht mehr leisten, und Sie wollen ihnen noch zusätzliche Maßnah­men aufbürden. Das ist das Hauptproblem, das Sie von den Grünen da haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, Sie haben auch den Netzausbau angesprochen. – Ja, der Netzausbau hinkt. Der Netzausbau hinkt extrem, und viele private Kun­den können nicht einmal mehr mit ihren PV-Anlagen ins Netz einspeisen, weil das das Netz nicht hergibt. Daher hinkt auch der Ausbau der erneu­erbaren Energie, vor allem im PV-Bereich, also bei den Fotovoltaikanlagen.

Also es gibt zwar Flächen, die die großen Konzerne konsumieren und 1, 2, 10 Hektar ausbauen – das stimmt –, aber der private Kunde, der
private Haushalt hat meistens das Problem, dass er sich nicht ans Netz an­schließen kann und nicht autonom wird. Darum geht es auch im Endeffekt, weil die Energieversorger ja zwischen ÖVP und SPÖ aufgeteilt sind und kon­kret die beiden Regierungsparteien mit ihren Vorständen in den Energieversorgungskonzernen die Marschrichtung vorgeben. Das ist das Hauptproblem, das wir in Österreich haben, und deswegen sagen wir auch zu diesem Energieeffizienz-Reformgesetz in dieser Art und Weise Nein.
(Beifall bei der FPÖ.)

14.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Christoph Stark. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 241

14.43.06

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher der heutigen Plenarsitzung! Wir sind bei einem sehr spannenden Teil angelangt, bei einem Punkt, der für Österreich entscheidend ist, bei
einem Punkt, der für die Energiewirtschaft, aber auch für den Klimaschutz und das gesamte Energieaufkommen unseres Landes entscheidend ist. Wir
sind beim Energieeffizienz-Reformgesetz, das eine Weichenstellung bedeuten würde. Ich betone an dieser Stelle noch den Konjunktiv, betrachte die
ganze Geschichte aber zuerst von einer anderen Seite, um die Situation vielleicht etwas zu entspannen.

In meiner Heimatstadt, in Gleisdorf, einer kleinen oststeirischen Stadt (Abg. Leichtfried: Na, so klein ist sie eh nicht! Schon mittelgroß!), gab es vor rund einem halben Jahr eine Abstimmung zum Thema Straßenbeleuchtung, einen Bürgerbeteiligungsprozess, um die Menschen bei der Entscheidung mit ins Boot zu nehmen: Sparen wir Energie zu Zeiten, zu denen wir sie nicht unbe­dingt brauchen? Damals gab es erfreulicherweise eine sehr hohe Beteiligung bei diesem Bürgerbeteiligungsprozess, und eine wirklich klare Mehrheit sprach
sich für das Abschalten der Straßenbeleuchtung ab 22 Uhr aus. Momentan eva­luieren wir gerade diese Entscheidung, weil es uns auch wichtig
ist, nachzufragen, zu reflektieren, um die Menschen wieder mitzunehmen.

Was heißt das aber im Wesentlichen? – Die Menschen sind in dem Bewusstsein, dass Energie ein wertvolles Gut ist und dass wir nur mit weniger Energie­verbrauch die Ziele, die wir uns alle setzen sollten, erreichen können, bereit, auf Energie zu verzichten.

Das bedeutet, meine geschätzten Damen und Herren: Nach wie vor ist die beste Energie jene, die wir produktiv und nachhaltig für die Menschen und die Gesellschaft einsetzen. Das ist noch immer die beste Energie (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), aber die zweitbeste Energie ist jene, die
wir gar nicht verbrauchen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Das ist


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die zweitbeste Energie, nämlich die, bei der man in vollem Bewusstsein entscheidet, man verzichtet auf Energie, die persönlich keine Einschränkung bringt, die halt nice to have gewesen wäre, die man aber nicht verbraucht.

Das bedeutet, wir würden mit diesem Gesetz dort ansetzen, wo wir den Men­schen klarmachen: Wir müssen den Energieverbrauch der Welt, den Energieverbrauch unseres Staates, der Regionen einfach senken, um die Ziele, die wir uns setzen, auch zu erreichen. Das Ziel ist unter anderem natür­lich auch die Förderung von energieeffizienten Technologien und, den Übergang zu einer nachhaltigen und energieeffizienten, ressourcenschonenden
Wirtschaft zu erreichen.

Dieser Prozess, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein exorbitant wichtiger, aber auch ein exorbitant komplexer, denn Wirtschaftssysteme, Unternehmen,
die produzieren müssen, hin zu erneuerbarer Energie, zu Energieeinsparungen zu bringen, ist ja nicht nur ein Sparprozess, sondern auch ein Diskussionspro­zess, und es ist natürlich auch ein wirtschaftsgetriebener Prozess, bei dem es um Leben oder Nichtleben geht. Da kann der Gesetzgeber nicht drüberfahren
und sagen: Macht das, und ihr geht unter! Also da muss die Wirtschaft mitge­nommen werden, und das ist natürlich eine komplexe Herausforderung.

Das zweite Ziel ist, die Haushalte, und insbesondere die einkommensschwachen und energiearmen Haushalte, bei der Reduktion des Energieverbrauchs zu unterstützen, um bis 2040 diesen Beitrag zur nationalen Klimaneutralität zu leisten. Meine Damen und Herren, das möchte ich noch einmal unter­streichen: Es geht darum, in einer sozialen Verantwortung Menschen zu un­terstützen, die sich bei der Energieaufbringung schwertun, die sich
bei der Finanzierung ihres Energiehaushaltes schwertun. Die wollen wir aktiv unterstützen.

Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, liebe Kolleginnen und Kollegen, an dem ich mir wirklich ein bisschen schwertue. Wir wissen alle, dieses Gesetz
braucht eine Zweidrittelmehrheit. Jetzt erwarte ich mir von der FPÖ ja nicht


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wirklich Zustimmung, weil die Glaubwürdigkeit einer Partei, deren Klub­obmann zum 27. Mal entschuldigt ist, auch wenn es um seine eigene Aktuelle Stunde geht, ziemlich extrem angekratzt ist. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Auch wird eine Partei, für die der Klimawandel nicht wirklich statt­findet, aus diesen Beweggründen so einem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Also von der FPÖ erwarte ich mir ja ohnedies keine Zustimmung.

Von der SPÖ, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte ich mir aber in diesem Punkt sehr wohl die Zustimmung erwartet. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, Ihre Ankündigung, prinzipiell dagegen zu sein, ist einige Wochen alt, die lag noch weit vor dieser heutigen Abstimmung. Es wäre noch Zeit zur Um­kehr gewesen, aber Sie junktimieren Dinge, die nicht zusammengehören, Sie junk­timieren Dinge, die miteinander nichts zu tun haben, Sie junktimieren
Dinge, die diesem Gesetz, die dieser Entwicklung schaden. Das bedeutet, Sie schaden Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)

Heute hier nicht mitzustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, das ist Arbeitsverweigerung mit Anlauf, die Sie zum Schaden von Österreich betreiben. Ich hoffe, Sie können sich morgen in den Spiegel schauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Es mag sein, dass ein neuer SPÖ-Vorsitz die Dinge dann anders sieht. (Abg. Schroll: Ihr hängt den Leuten noch mehr Energiekosten um! Noch mehr Ener­giekosten sollen sie zahlen, die Leute! Noch mehr sollen sie zahlen, ja genau!) Ich hoffe, dass Sie heute noch umkehren. Wenn das heute nicht passiert,
hoffe ich, dass eine neue SPÖ-Führung es tut. (Abg. Hörl: 32-Stunden-Woche für die SPÖ! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schroll.) Das ist meine wirklich
innige Hoffnung, denn es geht nicht um parteipolitische Interessen, sondern um energiepolitische Interessen, und du, lieber Alois Schroll, ein ausgewie­sener Energieexperte, verweigerst dich heute wider besseres Wissen dieser Ab­stimmung: Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
(Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Schroll: Für Soziales! – Abg. Michael Hammer: Dafür darf er in der ersten Reihe sitzen!)


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Ich appelliere noch einmal an die SPÖ, bei diesem wirklich wichtigen Gesetzes­vorschlag, der für uns in Bezug auf das gesamte Energieaufkommen von essenzieller Bedeutung ist, mitzustimmen. Ich appelliere an euch: Stimmt mit! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Loacker.)

Vielleicht noch ein Satz zu den Netzen, weil das hier – auch von dir, Kollege Wal­ter Rauch – wieder angesprochen wurde: Dass die Netze zwischen ÖVP
und SPÖ aufgeteilt werden, ist eine Mär, die ihr gerne pflegt. In Wirklichkeit sind es Aktiengesellschaften, die am Markt bestehen müssen und die einen Versorgungsauftrag haben, der wiederum vom Regulator kontrolliert wird. (Abg. Rauch: Und wer ist Eigentümer? Wer ist der Eigentümer?)

Und die Menschen beklagen zu Recht – (in Richtung Abg. Rauch) ich verstehe dich von hier nicht –, dass die Einspeisung von PV-Anlagen dort und
da nicht möglich ist. Warum ist sie nicht möglich? – Weil die Netze bis zum Jahr 2022 darauf ausgelegt waren, was das Netz vertragen musste,
und bis dahin hatten wir in der Regel einen Erzeuger da und die Verbraucher dort. Heute haben wir einen Erzeuger da, dann weitere Erzeuger, Er­zeuger, Erzeuger, Erzeuger, Erzeuger und irgendwann einen Verbraucher, der wiederum auch erzeugt. Das heißt, die Netze sind ganz anderen Belas­tungen ausgesetzt als noch vor zwei Jahren (Abg. Rauch: Ja eh! Aber heißt das jetzt, dass wir die Ziele nicht erreichen?) und niemand kann erwarten, dass Netzbetreiber auf einen Schnipper hin die Netze so ausbauen, dass sie alle diese Anforderungen erfüllen.

Geschätzte Damen und Herren, was jetzt gebraucht wird, sind zwei Dinge: zum einen der Entschluss der Netzbetreiber, diesen Ausbau mit aller Kraft zu forcieren, und zum anderen Kapital. Dieses Kapital müssten wir sonst zu bekann­ten Zinsen am Markt aufnehmen, was in weiterer Folge wiederum den Kun­dinnen und Kunden schadet.

Das bedeutet: Ich bin dagegen, dass Betriebe Übergewinne machen. Dass Netz­betreiber aber Gewinne machen, die sie dann in den Netzausbau inves­tieren – zugunsten der Menschen in unserem Land, zugunsten der erneuerbaren


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Energie, zugunsten des PV-Ausbaus und, und, und –, das sollten wir bitte
alle unterstützen. Und lassen wir dabei doch bitte die Polemik darüber, wem was gehört, weg, die hat doch keinen Platz! Wir sind gefordert, dafür zu sorgen,
dass die Netzbetreiber, auch die Landesgesellschaften, die Netze aus­bauen, sodass wir die Klimaziele schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie
des Abg. Loacker.)

Geschätzte Damen und Herren, ich komme noch einmal zum Energieeffizienz-Reformgesetz zurück. Lassen Sie mich noch kurz replizieren: Dieses Ge­setz fördert innovative und energieeffiziente Technologien, was auch der wirt­schaftlichen Entwicklung einen Schub geben kann. Ich hoffe (in Richtung
Abg. Krainer, der sich zu Abg. Heinisch-Hosek begeben hat und mit dieser spricht),
die SPÖ berät sich gerade darüber, ob sie vielleicht doch zustimmen will.

Und noch einmal: Das Gesetz berücksichtigt energiearme Haushalte mit über 150 Millionen Euro Förderung, die diese Haushalte in den nächsten Jahren dringend brauchen, um ihr Dasein zu sichern.

Wir alle können das heute hier beschließen. Es ist nicht nur die Regierung, wir alle können es. Ich bedanke mich auch bei den NEOS, die mitziehen, und
ich hoffe, dass die SPÖ auch mitzieht, sodass wir alle heute die Grundlage dafür schaffen, dass die Menschen in diesem Land die Energie, die sie brauchen,
auch bezahlen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu guter Letzt: Ja, wir folgen damit einem Auftrag der Europäischen Union, und ja, wir haben kein Interesse an einem Vertragsverletzungsverfahren,
denn eigentlich sollten wir nur ein Ziel verfolgen: das Klimaziel. Wir haben das Ziel, das Energieeffizienz-Reformgesetz zu beschließen, damit die Men­schen in unserem Lande es schaffen können, sich an den Klimazielen zu beteili­gen, und damit wir gemeinsam die Klimawende schaffen und die Energie­effizienz vorantreiben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen
sowie des Abg. Loacker.)

14.55



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maxi­milian Linder. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.55.26

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und sehr geehrte Zuhörer! Frau Minister, sie haben vorhin gesagt: Politik ist Ar­beit für die Menschen. Ich sage Ihnen jetzt: Politik ist auch Verlässlichkeit. Kolle­gin Oberrauner hat vorhin schon berichtet, dass es das Projekt Raus aus
Öl gegeben hat, und wir als Gemeinde haben erlebt, was Unzuverlässigkeit der Regierung bedeutet: Wir haben 40 000 Euro ausbezahlt und warten seit
Herbst auf das Geld, weil das Projekt von euch eingestellt wurde. Auch deshalb, auch aus diesen Gründen haben die Leute kein Vertrauen mehr in die Bun­desregierung (Ruf bei der ÖVP: Na geh!): weil man zuerst Projekte verspricht, dann aber nicht bereit ist, dazu zu stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum Energieeffizienz-Reformgesetz: Dieses Gesetz steht meiner Meinung nach unter dem Motto: viel Verwaltung und wenig Aussicht auf erfolgrei­che Umsetzung oder das Erreichen der Ziele. Grundsätzlich will man natürlich sehr viel Energie einsparen: Bis 2030 sollen insgesamt 920 Petajoule ein­gespart werden. – Das wäre durchaus positiv für die Energie, für die Luft, für die Umwelt, es ist sicherlich ein gutes Ziel. Es wäre auch hilfreich, wenn wir uns die Strafzahlungen ersparen oder sie wenigstens minimieren könnten, aber eure eigene Regierung glaubt ja nicht, dass das Gesetz umzusetzen ist.

Euer Finanzminister kritisiert den Gesetzentwurf und sagt: Es kann nicht sein, dass wir 190 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen, dass wir jährlich 190 Millionen Euro zahlen müssen, ohne nachvollziehbare Zahlen zu haben und ohne einen Beweis zu haben, dass die Ziele erreichbar sind. Er selbst sagt auch weiter, dass es für die Länder nicht nachvollziehbar ist, wie sich die Zahlun­gen für sie auswirken. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Und eines ist vielleicht auch ganz interessant: Kollegin Graf stellt sich hierher und sagt: Lasst uns endlich über das Gesetz reden, wir möchten über das Energieeffizienzgesetz ganz ehrlich und offen reden! Auch Kollege Stark sagt, dass es ganz wichtig ist, dass wir darüber reden. – Wenn ich aber
etwas wirklich besprochen haben will, dann mache ich die Kundmachungsfrist für das Gesetz nicht vom – Moment, hier steht es ganz genau – 21. De­zember 2022 bis zum 18. Jänner 2023, also über die Weihnachtstage.

Ich bin lang genug Bürgermeister. Wenn ich so was tue, dann, weil ich nicht will, dass sich jemand damit auseinandersetzt, dass sich jemand darüber Gedan­ken macht. (Abg. Schmuckenschlager: Sie machen so was?) Genau das habt ihr als Regierung aber gemacht: Ihr habt einfach über Weihnachten eine Kund­machungsfrist gesetzt, um niemandem die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Gesetz auseinanderzusetzen.

Es ist auch ganz interessant, dass sich die Rechtsanwaltskammer sehr kritisch zu dem Gesetz äußert. Sie sagt, es gebe darin viele, viele Auflagen, viel Ver­waltung und im Prinzip viele schwere Sanktionsmaßnahmen und eigentlich we­nig Output daraus.

Ganz interessant ist – das passt wieder in das Bild von diesem Gesetz –, dass in der Nacht vor der Energieausschusssitzung plötzlich noch ein Abände­rungsantrag gekommen ist. Meine geschätzten Damen und Herren, dieser Abän­derungsantrag hat es in sich, wenn man sich darüber Gedanken macht, dass das Gesetz auch wirklich helfen soll, Armut zu bekämpfen. Er verlangt, dass eine Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut eingerichtet werden soll, und das Erste, was dann drinnen steht: Die Geschäftsstelle muss jährlich 1 Million Euro bekommen, um arbeiten zu können, und das bis 2030.

Dann geht es um die Aufgaben dieser Koordinierungsstelle, die lauten: „Abgabe von Empfehlungen“, „Bereitstellung von Informationen für Haushalte“ - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, ich muss Sie leider unterbrechen. Es ist 15 Uhr, ich unterbreche die Verhandlungen.


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15.00.10Kurze Debatte: „Inhalte von Meinungsumfragen“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen jetzt zu der Debatte über eine Anfragebeantwortung gemäß der Geschäftsordnung. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident!)

Abgeordneter Leichtfried zur Geschäftsbehandlung. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

*****


15.00.32

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Bei dieser Kurzdebatte geht es darum, dass der Finanzminister, ein Bundesminister, dem Parlament bewusst eine zensierte Anfragebeantwortung übermittelt hat, obwohl die Wahrheit im Finanzministerium bekannt ist,
obwohl die Dinge klar auf der Hand liegen.

Der Herr Finanzminister hätte am Vormittag die Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen, er hat kein Wort gesagt, und jetzt weigert er sich, hierherzukommen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Es war seine Beantwortung, und es ist – bei allem Respekt für den Herrn Staatssekretär – nicht
akzeptabel, dass der Herr Staatssekretär allein hier sitzt.

Ich beantrage die Herbeischaffung des Herrn Finanzministers. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Hafenecker: Außer er ist grad in
Acapulco! – Abg. Wöginger hebt die Hand.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den Antrag zur Abstimmung brin­gen – aber vorher Abgeordneter Wöginger zur Geschäftsbehandlung. –
Bitte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)



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15.01.36

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nur zur Information: Der Herr Finanzminister
ist auf dem Weg nach Frankfurt zu einer wichtigen Tagung, und daher
kann er nicht hier sein. Er ist verfassungskonform von Staatssekretär Tursky vertreten.

Wieder einmal ein Ablenkungsmanöver, Pallawatsch. (Abg. Leichtfried: Wieder einmal Parlamentarismus, ja, ja!) Schließen Sie Ihre Reihen, Herr Kollege Leichtfried, es wäre Zeit dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

15.02


15.01.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Abstimmung.

Wer für die Herbeischaffung ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.) – Entschuldigung. Bitte, fangen wir noch einmal an.

Wer ist für die Herbeischaffung? – Das ist nach wie vor die Minderheit, abge­lehnt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Schroll: Was seids denn nervös?)

15.02.23*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten, wir kommen jetzt zu der verlangten kurzen Debatte über eine Anfragebeantwortung gemäß dem Verlangen
des Abgeordneten Krainer. (Abg. Leichtfried: Also doch nicht Acapulco – weil’s der Hafenecker gesagt hat! – Abg. Martin Graf: Besser wär’s, die Staatssekretäre ...!)
Wir kommen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 13835/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist ja bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir kommen zur Debatte.


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Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäfts­ordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erst­redner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Die Stellung­nahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen ebenfalls nicht länger dauern.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte sehr.


15.03.53

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es weiß ja in Österreich jeder, dass die ÖVP eine gewisse Erfahrung und einen gewissen Umgang mit Umfragen hat (Abg. Schmid­hofer: Wir sagen auch nicht SPÖ!), dass sie nämlich Umfragen mit parteipolitischem Inhalt von allen Österreicherinnen und Österreichern bezahlen lässt.

Sie hat Besserung gelobt, und Finanzminister Brunner hat gesagt, er wird
für Transparenz sorgen und er wird die vollständigen Umfragen auf der Home­page des Parlaments veröffentlichen – auch jene, die von seinem Vorgän­ger Blümel in Auftrag gegeben wurden. Er hat ausdrücklich gesagt: die vollstän­digen Umfrageergebnisse und die vollständigen Präsentationen. Das hat
er öffentlich gesagt: Er steht für Transparenz und für Sauberkeit und er beendet das parteipolitische Spiel mit Umfragen der ÖVP.

Was wir jetzt wissen: Ich habe das noch einmal mit einer parlamentarischen An­frage abgeklärt, weil wir eben ganz konkret zu einzelnen Studien gefragt
haben, was der Inhalt ist, und die Antwort war ein Link auf die Homepage, auf der man dieses Studienergebnis (ein Exemplar der Studie in die Höhe haltend)
sieht. Da geht es um den Umgang mit Bargeld und da gibt es ein eigenes Kapitel zu Bargeldobergrenzen.

Man weiß, dass es zur Bekämpfung von Drogenkriminalität, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und politischer Korruption – es gibt ja die Gesetze auch in


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Österreich – ab einer gewissen Bargeldhöhe sogenannte erhöhte Sorg­faltspflichten und Einschränkungen, was den direkten Bargeldverkehr betrifft, gibt; und das aus gutem Grund.

Die ÖVP lässt da abfragen, ob die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass es derartige Bestrebungen gibt, und die Meinung der Österreicherin­nen und Österreicher dazu. Und siehe da, eine Mehrheit sagt: Ja, eine Bargeldobergrenze zur Verhinderung von Geldwäsche wird befürwortet! 47 Prozent sagen, sie befürworten es. 41 Prozent finden das einen mittelmäßigen oder schlechten Vorschlag, aber 47 Prozent sagen: ein sehr guter oder guter Vorschlag!

Das ist das Ergebnis der Umfrage, die vom ÖVP-Finanzministerium in Auftrag gegeben wurde und ans Ministerium geliefert wurde. Was macht die ÖVP? – Die ÖVP will keine Obergrenze, und deswegen löscht sie diese zwei Fragen aus
der Präsentation und auch noch aus den dahinterliegenden Daten, aus der soge­nannten Kreuztabelle. Sie löschen die Fragen heraus! Sie wollen nicht, dass
die Österreicherinnen und Österreicher die Zahlen dazu kennen, wissen, dass sie für Bargeldobergrenzen sind, wenn es um Geldwäsche, wenn es um Drogen­geld geht.

Das macht die ÖVP, und wir fragen dann den Finanzminister, den neuen Finanzminister Brunner, den Herrn Transparenz: Ist das die vollständige Studie? Wir sagen: Wir hätten gern die vollständige Studie!, und er schickt uns
wieder die ÖVP-zensurierte Studie. Das macht der Finanzminister, und wenn wir ihn hier hören wollen, wenn wir wollen, dass er Rede und Antwort steht,
dann setzt er sich einmal zwei Stunden hierher und schweigt, und dann rennt er davon und schickt – bei allem Respekt – seinen Staatssekretär, der für das
Ganze gar nichts kann und gar nichts damit zu tun hat.

Das ist der Umgang von Finanzminister Brunner mit der Wahrheit. Er macht so weiter wie bisher, aus parteipolitischen Gründen Zensur zu üben, die Öffentlichkeit und auch das Parlament zu täuschen und hinters Licht zu führen,


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indem er Anfragebeantwortungen einfach nicht wahrheitsgemäß beant­wortet, sondern die Unwahrheit schickt (Abg. Michael Hammer: Sie werden trotz­dem nichts in der Partei!): eine ÖVP-Version der Wahrheit, die nichts mit
der Wahrheit zu tun hat. – Ehrlich gesagt, das ist beschämend, was Sie da ma­chen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Sie werden auch nichts
in der Partei!)

Sie brauchen nicht zu glauben, dass das die einzige Umfrage ist. Wir haben noch eine Reihe von anderen Umfragen mit parteipolitischem Inhalt gefunden,
auch in anderen Ministerien (Zwischenruf des Abg. Eßl – Abg. Schroll – in Richtung ÖVP –: Ihr seid es gewohnt!), die erst in den letzten Jahren in Auftrag gege­ben wurden, die Sie bis heute – bis heute! – im Keller versteckt haben und nicht auf den Tisch legen, weil Sie nicht wollen, dass die Öffentlichkeit erfährt,
wie Sie die Steuergelder für parteipolitische Zwecke missbrauchen. (Abg. Michael Hammer: Und was macht euer pannonischer Zampano?) Sie wollen bis heute
nicht mit dem System Kurz und Blümel brechen, sondern Sie wollen es nach wie vor decken. Das ist ein Problem! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael
Hammer: ... Doskozil-Methoden!)

Dann, Kollege Hammer, erklären Sie mir bitte (Abg. Schmidhofer: Michael Ham­mer, bitte!): Wieso sind diese zwei Fragen herausgelöscht worden? (Abg.
Michael Hammer: Ich habe keine herausgelöscht!)
Wieso sind die draußen? Finden Sie das in Ordnung, dass der ÖVP-Finanzminister da Fragen herauslöscht,
weil der Inhalt ihm politisch nicht passt? Wissen Sie, was der ÖVP-Finanzminis­ter bei der öffentlichen Präsentation dieser Studie (das Exemplar der Studie neuerlich in die Höhe haltend) gemacht hat? – Er hat die Unwahrheit gesagt. Er hat nicht das gesagt, was bei der Studie herausgekommen ist: Eine Mehrheit
ist für Bargeldobergrenzen! – Nein, er hat gesagt: Eine Mehrheit ist skeptisch bei Bargeldobergrenzen! – Er hat ganz bewusst die Unwahrheit gesagt, aus parteipolitischen Gründen und mit einer Studie, die de facto – ich weiß nicht – gefälscht, gefakt, zensuriert – Sie können es eh nennen, wie Sie wollen –
ist. (Abg. Hanger: Das stimmt ja ganz einfach nicht!)


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Das ist die Vorgangsweise der ÖVP, und die Frage ist: Wie lange wollen Sie das decken? Wie lange will Minister Brunner solche Vorgangsweisen noch
decken? – Sie machen sich mitschuldig, solange Sie das decken. (Abg. Schmid­hofer: Wie lange sucht ihr noch den Vorsitz? Sie könnten ja kandidieren, Sie
sind so gescheit! Kandidieren Sie am 3. Juni!)
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Am Vernünftigsten wäre es (Abg. Schroll – in Richtung ÖVP –: Mit der Wahrheit
könnt ihr nicht umgehen, oder? 
Abg. Schmidhofer: Schauts, dass ihr einen Vorsit­zenden zusammenbringt! Schauts im eigenen Stall!), wenn Sie selber den Finanzminister auffordern, endlich die ganzen Studien herauszurücken, diese ÖVP-Zensur zu beenden und auch den Steuergeldmissbrauch zu been­den. (Abg. Schmidhofer: In der SPÖ keine Ordnung und über die anderen wollt ihr schimpfen! Unglaublich! Schauts, dass ihr daheim eine Ordnung habt, in
der SPÖ! 
Abg. Schroll – in Richtung Abg. Schmidhofer –: Mach dir keine Sorgen, wir haben mehr Ordnung als ihr!) Dann würde Ihnen irgendjemand glauben,
dass Sie sich bessern und dass Sie mit dem System von Kurz und Blümel bre­chen. Heute kann Ihnen das keiner glauben, denn die Realität zeigt, dass
Sie weitermachen wie bisher. (Abg. Schmidhofer: Haben Sie Mut und kandidieren Sie, Herr Krainer, am 3. Juni haben Sie die Chance!) Dafür gibt es kein Ver­ständnis, weder hier im Haus, noch in der Bevölkerung. – Vielen Dank. (Beifall
bei der SPÖ.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staats­sekretär Tursky. – Ich darf Ihnen das Wort erteilen.


15.11.04

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vorweg: Eines ist, glaube ich, seit Bundesminister Magnus Brun­ner im Amt ist, ganz klar: dass Transparenz eine der wichtigen Grundsäulen seiner Arbeit ist. (Abg. Leichtfried: Und vorher war es anders? Abg. Schroll: Vorher war’s wer anderer, geh!)


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So hat er beispielsweise nach den Erkenntnissen der Internen Revision das Be­schaffungswesen komplett auf neue Beine gestellt, hat im November 2022
das BMF-Handbuch zur Beschaffung und Vergabe veröffentlicht und darin auch klargestellt, dass auf Transparenz und Antikorruption im Zuge von Beschaf­fungsmaßnahmen auf allen Ebenen des BMF höchstes Augenmerk zu legen ist.

In der schriftlichen parlamentarischen Anfrage wurde nun darauf hingewiesen, dass hinter dem Umfrageergebnis stehende Detailergebnisse nach demo­grafischen Daten auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen ver­öffentlicht wurden. Zwecks Vereinfachung der Auffindbarkeit haben wir
in der Anfragebeantwortung auch die konkreten Links benannt und entspre­chend auch die Tabellen angehängt.

Die Auswertung und die Analyse des in der Umfrage erhobenen Materials ist Teil der Leistung von Markt- und Meinungsforschungsunternehmen. Das BMF verfügt weder über die personellen (Abg. Leichtfried: Ja, genau! Was könnt ihr denn dann überhaupt?) noch über die fachlichen Ressourcen, diese Auswer­tungen vorzunehmen oder methodisch zusammenzufassen. (Abg. Leichtfried: Also keine Ressourcen im Ministerium!) Diese Tabellenbände wurden daher für
die Beantwortungen gerne bereitgestellt und der Anfragebeantwortung ange­schlossen.

Die zur Beratung herangezogenen Expertinnen und Experten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen dem politischen Handeln immer im Voraus zur Verfügung stehen. Ein weiterer Baustein dabei können aber auch Studien sein, und solche Studien haben wir auch in diesen Fällen gemacht, denn bei komplexen Fragestellungen geht es immer auch darum, evidenzbasiert auf die Dinge einzugehen und den Ergebnisse der Studien entsprechend politi­sche Handlungen zu setzen.

Ein Beispiel dafür betrifft eben auch die Einstellung der Österreicherinnen und Österreicher zum Bargeld. Wir haben in den vergangenen Stunden auch
bereits hier im Hohen Haus darüber diskutiert. Diese Studie bestätigt, dass sich


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rund 90 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher klar für den Er­halt von Bargeld aussprechen. Wir haben das damals auch als direktes Feedback der Bevölkerung gesehen, und für uns ist ganz klar, dass sich Österreich
klar zum Schutz von Bargeld bekennt.

Ich möchte dazu auch festhalten, dass das Euro-Bargeld auch in Zukunft gesetz­liches Zahlungsmittel bleibt, dies wird überhaupt nicht infrage gestellt,
weder von uns noch aktuell von der Europäischen Union. Klar ist auch, dass das Bargeld in den EU-Verträgen abgesichert ist und eine derartige Abände­rung nur einstimmig durch alle Mitgliedstaaten zu veranlassen wäre.

Eines ist daher klar: Da es die Zustimmung von uns, von Österreich, zur Abschaf­fung des Bargeldes nicht geben wird, steht das für uns in dieser Form auch
nicht zur Diskussion. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten
der ÖVP. 
Abg. Michael Hammer: Wegen dem macht der Krainer so ein Theater!)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. Ich darf darauf hinweisen, dass die Rededauer ab jetzt jeweils 5 Minuten beträgt. – Bitte sehr.


15.14.34

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kolle­ge Leichtfried – jetzt ist er gar nicht im Saal (Zwischenrufe bei der SPÖ – in Rich­tung Abg. Leichtfried, der sich neben den Sitzreihen der SPÖ befindet); Ent­schuldigung, dort ist er – , für mich ist ja dieser Antrag auf Kurzdebatte ein ganz deutliches Zeichen dafür, dass der SPÖ-Klub führungslos ist.

Ich muss Sie fragen, Herr Klubobmannstellvertreter: Haben Sie sich angeschaut, was Kollege Krainer hier behauptet? Ich sage Ihnen: Was Kollege Krainer
hier behauptet, ist ganz einfach die Unwahrheit. (Abg. Einwallner: Das stimmt nicht!) Das muss man einmal in aller Entschiedenheit festhalten. (Beifall
bei der ÖVP. 
Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Angeschaut haben Sie es sich aber


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offensichtlich nicht, und das hat ja mit seriöser Politik schon einmal gar
nichts mehr zu tun.

Was ich einleitend sagen will: Es ist schon ausgesprochen problematisch, dass wir mit diesen Anträgen, mit diesen Behauptungen der Politik insgesamt,
dem Parlamentarismus schaden. Wir sind in der Situation, dass wir den Untersu­chungsausschuss mit einem Untersuchungsgegenstand, der nicht der Ge­schäftsordnung entspricht, mit Millionen von Aktenseiten, die niemand mehr bearbeiten kann, ad absurdum führen. Die Verantwortung dafür trägt
Kollege Krainer. Weil er jetzt ganz einfach offensichtlich Entzugserscheinungen hat, bringt er diese unwahren Anträge ein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bringe ein paar Beispiele: Das beginnt schon mit dem Einleitungs­text, da spricht er davon, dass quasi die ÖVP das Beinschab-Tool erfunden hätte. (Abg. Hafenecker: Wer sonst?) Wissen Sie, was die Wahrheit ist? – Frau Bein­schab hat ganz klar ausgesagt, dass das Fälschen von Wahlumfragen eine Erfin­dung der SPÖ ist. Das ist aktenkundig. (Abg. Michael Hammer: Burgenland aber! – Abg. Hafenecker: Wer hat es verwendet?)

Es war jetzt spannend, interessant: Wenn es darum geht, dass Wahlumfragen aus dem Burgenland auf einmal gottgegeben sind, wäre schon interessant,
ob das tatsächlich stimmt. Es ist auch ganz klar, dass Ex-Bundeskanzler Kern festgehalten hat, dass die Inseratenvergabe eine Erbsünde der SPÖ ist. Interessanterweise höre ich dazu von Ihnen überhaupt nichts, das ist einmal mit aller Deutlichkeit festzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt komme ich ganz konkret zu Ihrer Behauptung, irgendwelche Fragen wurden gelöscht. Das ist ganz einfach: Man braucht nur auf die Homepage des Finanzministeriums zu gehen, sich die Umfrage herunterzuladen, und siehe
da, all die Fragen, die weg sind, sind natürlich da. Also dieser Vorwurf, dass da quasi etwas gelöscht wurde, löst sich schon mit einem Blick ins Internet
in Luft auf.


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Das Zweite ist: Wenn dann quasi auch gefordert wird, dass man die gesamten Hintergrundinformationen liefert, die im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage angefragt werden, und die dann geliefert werden, nimmt man auch das nicht zur Kenntnis. Herr Kollege Krainer, was ist das für ein Parlamen­tarismus? – Das ist in aller Deutlichkeit abzulehnen! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Michael Hammer: Er kriegt ja sonst keine Redezeit!)

Wenn ich Besucher im Haus habe, dann höre ich immer eine Botschaft: Macht doch vernünftigen Parlamentarismus, argumentiert mit Fakten und werft
nicht permanent – so wie hier Kollege Krainer – mit Behauptungen, Unwahrhei­ten, Unterstellungen um euch, nur um Stimmung zu machen! (Abg. Mi­chael Hammer: Ich glaube, sie haben eine super Stimmung gerade in ...!) Schön wäre es, wenn Sie irgendwann einmal verstehen würden, dass das niemandem hilft – Ihnen persönlich nicht, der SPÖ nicht –, und es schadet dem politischen System. Das muss man doch irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Schroll.)

In diesem Sinne darf ich wirklich auffordern, die wichtigen parlamentarischen Kontrollinstrumente – den parlamentarischen Untersuchungsausschuss,
die parlamentarische Anfrage, die Kurzdebatten, Dringliche Anfragen – ernst zu nehmen und nur dann zu machen, wenn man eine vernünftige, sachliche
Basis hat. In diesem Fall ist das jedenfalls nicht der Fall. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Mittelschule Wildschönau, die bei uns auf der Galerie zu Gast ist, recht herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen aus Tirol! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Abgeordneter Matznetter. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter, das Wort steht bei Ihnen. (Abg. Obernosterer: Bleib wenigstens du bei den Fakten!)



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15.18.34

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren, auch alle, die
uns zusehen, auch auf der Galerie! Ich möchte ausdrücklich die Gruppe aus Ke­meten im Südburgenland begrüßen. Gut, dass Sie jetzt gerade hier sind
(Ruf bei der ÖVP: Genau! Wahlempfehlung für Babler, oder was?), denn Sie als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben jene Studien bezahlt, über die wir hier diskutieren.

Leider müssen Sie miterleben, was Sie soeben miterlebt haben. (Abg. Schmid­hofer: Aber dein Gehalt zahlen sie auch!) Kollege Hanger wäre gut beraten gewesen, diesen Satirikerbutton anzustecken, den die „Tagespresse“ von ihm verlangt hat, dann hätte er sich nämlich so einen Auftritt leisten können.
(Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Die haben sich aber mit euch beschäf­tigt! Ruf bei der ÖVP: Die SPÖ ist ein Satireprojekt!)

Sie waren auch im Untersuchungsausschuss. Wir haben beide gesehen, dass Pasquali vom BMF angewiesen hat, das herauszunehmen. (Abg. Hanger:
Was hat das mit dieser Kurzdebatte zu tun?)
Das ist ja unglaublich! Sie haben das verursacht und stellen sich hierher, sagen die Unwahrheit und sonst etwas,
statt dass Sie sagen: Entschuldigung – so heißt das, Herr Kollege –, wir entschuldigen uns, wie wir mit der Republik und Ihren Kassen umgegangen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen sich vorstellen, meine Damen und Herren: Am Tag, nachdem ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin zu 15 Monaten (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Themenverfehlung!) verurteilt wurde und von der Untreue nur wegen tätiger Reue freigesprochen wurde – zur Erklärung (Abg. Hanger: Was hat das
mit der Kurzdebatte zu tun?):
Sie hat nach der medialen Berichterstattung den Betrag zurückgezahlt (Abg. Schmidhofer: Zum Thema!) –, fängt eine ÖVP,
die einen Ernst Strasser hatte, nicht an, zu sagen (Abg. Hörl: Mein Gott, Walter!): Entschuldigung, wir machen es besser! (Abg. Hanger: Was hat das mit der


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Kurzdebatte zu tun?), nein, sondern Herr Hanger stellt sich hierher und sagt: alles unwahr, was Herr Krainer sagt! (Abg. Michael Hammer: ... Charly Blecha ...!)

Es ist, wie es ist (Abg. Hanger: Was ist Inhalt der Kurzdebatte?), und Sie können es nur bereinigen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP. Ma­chen Sie klar Schiff! (Abg. Loacker: Mit ... allein bereinigen Sie auch nichts!) Raus mit allen Türkisen, weg mit dem türkisen System! (Abg. Michael Hammer: Neu­wahlen können wir auch nicht machen, ihr habt keinen Kandidaten!)

Was wollt ihr denn tun? – Das Beinschab-Tool, wie es so schön heißt, ist noch nicht verhandelt. Das hört vor dem Strafgericht nicht auf, es wird ja alles offenbar. Mit Steuergeld wurde da gezielt vorgegangen (Abg. Stocker: Silber­stein!), mit dem Geld des BMF, in enger Kooperation mit einem gewis­sen Sebastian Kurz. (Abg. Michael Hammer: Silberstein! Fussi, der ist jetzt wieder beim Dosko!) Sie fangen hier an zu mauern, anstatt dass Sie Entschuldigung sagen und wie der arme Herr Staatssekretär, der seinen Minister verteidigen muss, versuchen, zu sagen: Wir bemühen uns eh um Transparenz! (Abg. Hanger: Zur Sache! Sie reden nicht über den Inhalt der Kurzdebatte!) – Nein, Sie schi­cken Kollegen Hanger heraus, der über etwas, das evident ist, sagt, es sei die Un­wahrheit. (Ruf bei der ÖVP: Er hat’s ja auch gezeigt! Er hat’s Ihnen ja auch be­wiesen!) Was hoffen Sie, zu gewinnen? Fragen Sie einmal Frau Karmasin, wie es ihr mit solch einer Argumentation vor Gericht gegangen ist! (Abg. Hanger – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Um diese Studie geht’s! – Abg. Scharzenber­ger: Zur Sache!) Die sitzen hier, die haben alle diese Studie gezahlt, Herr Hanger, und Sie sagen, es sei die Unwahrheit? (Abg. Hanger: Kollege Krainer be­hauptet ... die Unwahrheit!)

Es ist unfassbar, was Sie sich leisten! In Wahrheit hat die „Tagespresse“ recht, er wäre mit dem Satirikerbutton zumindest in der Lage gewesen, zu erklären,
was er tut. (Abg. Michael Hammer: SPÖler gewinnt interne Abstimmung, haben sie geschrieben! – Abg. Hanger: Diese Arroganz!)


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Jetzt aber zu dieser Beantwortung: Wenn der Herr Finanzminister jenes Vorge­hen, wie es unter Gernot Blümel und seinem Kabinett (Abg. Michael Ham­mer: Kern! – Rufe bei der ÖVP: Kern!) gemacht wurde, deckt, dann können wir solch eine Beantwortung nicht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident, ich stelle daher folgenden Antrag:

Antrag gemäß § 92 Abs. 3 GOG-NR

des Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Beantwortung 13835/AB der Anfrage 14234/J der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Inhalte von Meinungs­umfragen durch den Bundesminister für Finanzen wird nicht zur Kenntnis genommen.“

*****

Jetzt zurück zum Korruptionsproblem: Sie können es doch nur lösen, indem Sie einen Schlussstrich ziehen. Befreien Sie sich von diesen diversen Mitar­beitern, die möglicherweise Sebastian Kurz dazu verführt haben, das zu tun! (Abg. Scharzenberger: Wer im Glashaus sitzt! – Weitere Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Nicht im Klub anstellen, nicht verteidigen, sondern sagen Sie: Es tut uns leid, Entschuldigung! Distanzieren Sie sich von Personen, die noch
vor dem Strafgericht stehen werden, gehen Sie einfach auf Abstand! – Das ist mein Ratschlag. (Abg. Hanger: Was hat das mit der Tagesordnung zu tun?
Sie reden von allen möglichen Dingen, nur nicht ...!)

Ich schreibe Ihnen etwas ins Stammbuch, Herr Kollege Hanger: Als die Bawag-Geschichte war (Ruf bei der ÖVP: Schauts, dass in der SPÖ alles zsamgräumt
ist! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen),
haben wir sofort alles abgestellt, die Menschen dort entfernt und dafür gesorgt, dass Ordnung ist. Nehmen


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Sie sich ein Beispiel! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stocker: Die Märchenstunde ist vorbei!)

15.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag des Abgeordneten Matznetter, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen, steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ries. – Bitte.


15.23.32

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen im Hohen Haus! Ja, es ist das verbriefte
Recht jedes Abgeordneten hier im Hause, die Bereiche der Vollziehung des Bun­des auf Herz und Nieren zu prüfen. (Abg. Hanger: Aber er soll die Wahrheit
sagen und nicht ...! – Abg. Matznetter: Wir werden es auch veröffentlichen!)
Das ist deshalb so wichtig, weil die Bevölkerung und der Steuerzahler das Recht
haben, zu wissen, was mit ihrem Steuergeld passiert.

Transparenz und Vollständigkeit sind daher das Mindeste, was wir bei Anfragen verlangen dürfen. Allzu oft müssen wir aber erleben, dass auf konkrete
Anfragen zu Vorgängen im Ministerium nur Floskeln oder heiße Tipps, wo man welche Berichte nachlesen kann, geliefert werden. Damit entspricht man
unserer Meinung nach nicht dem Anfragerecht, wie es die Geschäftsordnung vorsieht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Krainer.)

Nicht erst ein Mal haben wir beispielsweise im Innenministerium konkrete Zahlen, Daten und Fakten nachgefragt. Was haben wir bekommen? – Floskeln über Floskeln und dann noch die tiefschürfende Erkenntnis, dass ein Zah­lenwerk über die Kriminalitätsbelastung nichts aussagt. – Diese Beurteilung dür­fen Sie schon uns überlassen!

Werte Damen und Herren, das ist keine korrekte Anfragebeantwortung, das ist Zensur. Wann macht man Zensur? – Dann, wenn man etwas zu verbergen


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hat. Die Zensur von evidenten Daten eines Ministeriums werden wir nicht hin­nehmen, das sage ich in aller Deutlichkeit. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Krainer und Matznetter.)

Auch die Anfrage des Kollegen Krainer war auf die Übermittlung konkreter Daten aus einem Ministerium gerichtet, deren Ermittlung vom Finanzministerium beauftragt und bezahlt wurde und die vom Institut auch vollständig geliefert wurden. Konkret ging es da um Tabellen, Fragestellungen und die Ermittlung von Ergebnissen. Diese sind bitte schön zu liefern! Das ist kein Staatsgeheimnis,
also kommen Sie dieser Anfrage korrekt und in vollem Ausmaß nach!
(Abg. Hanger: Die wurden geliefert!) Ein Link, unter dem das Ergebnis einer Umfra­ge als Bericht nachzulesen ist, entspricht nicht dem, was angefragt wurde.
(Abg. Hanger: Doch!) – Nein! (Abg. Hanger: Es wurde geliefert!)

Abschließend sei mir noch eine Bemerkung erlaubt: Gestern empfing Ex-Ministerin Karmasin für Freunderlwirtschaft eben im Zusammenhang mit einer Umfrage ihr mildes Urteil. Wer weiß, welche dubiosen Umfragen von Ministerien noch in Auftrag gegeben worden wären, wäre das Ganze nicht im
U-Ausschuss aufgeflogen? (Abg. Scharzenberger: Gar nichts ist aufgeflogen!)

Daher sollte die Regierung insbesondere dann, wenn es um Umfragen geht, Transparenz walten lassen. Diese Transparenz sind Sie diesem Hause
und den Bürgern in diesem Lande schuldig, und zwar als Bringschuld. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Krainer.)

Werte Damen und Herren, insbesondere die Kollegen von Schwarz und Grün! Mittlerweile müssten Sie aus dem U-Ausschuss etwas gelernt haben,
nämlich: dass es nichts bringt, etwas zu vertuschen und zu verschleiern, denn so viel können Sie nicht schreddern, so viel können Sie nicht verbergen, dass
es nicht doch irgendwann ans Tageslicht kommt. Also hören Sie damit
auf! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Krainer und Bravoruf des Abg. Hafenecker.)

15.27



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Toma­selli. – Bitte.


15.27.05

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir dürfen nicht verges­sen, wieso wir das heutige Thema überhaupt diskutieren: Das liegt daran, dass wir letztes Jahr im Sommer, vor knapp einem Jahr, den Beschluss gefasst haben, alle Studien und Arbeiten transparent auf den Seiten der Ministerien zu veröffentlichen. Wir haben das gesetzlich verankert, weil das nach all den Beinschab-Erfahrungen sehr, sehr notwendig war.

Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Verankerung ist selbstverständlich, dass man, wenn man Studien veröffentlicht, diese auch vollständig veröffentlicht, weil man sich andernfalls kein vollständiges Bild machen kann.

Ich habe mir in Vorbereitung auf diese kurze Debatte auch noch einmal angeschaut, was der Herr Finanzminister eigentlich zu diesem ganzen Thema gesagt hat. Er hat nämlich noch im November 2022 hier im Hohen Haus gesagt: „Wir brauchen ab und zu Studien, wenn es Sinn macht, wenn es notwen­dig ist und wenn es uns in der Politik für die Faktenbasiertheit hilft; Studien
also nicht prinzipiell verteufeln, sondern das muss man seriös diskutieren“. – Bis dorthin kann man dem Ganzen ja noch zustimmen.

Und dann weiter: „Die Steuerzahler haben ein Recht darauf, zu erfahren, was in diesen Studien drinnen ist, und deswegen ist diese Veröffentlichung der
Studien und der Ergebnisse ganz selbstverständlich.“ – So Finanzminister Brun­ner letztes Jahr, im November 2022.

Was hier jetzt seitens der SPÖ-Fraktion aufgebracht worden ist, steht dazu, sagen wir einmal, in einem gewissen Widerspruch, und ich habe auch jetzt beim Statement des Herrn Staatssekretärs nicht vernehmen können, was die Erklärung dafür ist, dass es zu dieser Divergenz kommt. Sie haben auch nicht gesagt: Wir haben es getan!, Wir haben es nicht getan!, ich habe beides


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nicht gehört. Das einfach – Herr Hanger, wir kennen diese Strategie – als Un­wahrheit abzutun, ist, wie ich finde, auch nicht richtig.

Was im Übrigen auch nicht richtig ist – das ist auch nicht Sinn und Zweck von Studien, die eigentlich einer Wissenschaftlichkeit Genüge tun müssen –,
ist, mit Studien Politik zu machen. Wir haben im Zuge der Beinschab-Ermittlung gesehen, dass das auch in der Migrationsdebatte öfter passiert ist. Es
scheint so, als ob es mit der Bargeldzahlungsobergrenze wieder passiert ist.

Der damalige Finanzminister Blümel hat groß Pressekonferenzen gemacht.

Ich habe recherchiert: Die Studie ist offenbar auch in verkürzter Form
Medien zur Verfügung gestellt worden, und sogar noch im April 2023 hat wiederum Ihre Senior:innensprecherin Korosec in Bezug auf diese
Unique-Research-Studie gesagt, dass eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegen Bargeldobergrenzen ist. (Abg. Wurm: ... natürlich!) Das ist nicht der
Fall, wie wir heute gelernt haben.

Was auch noch zur Transparenz dazugehört, ist das Öffentlichmachen der Kos­ten. Liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die ganze Studie hat 23 320 Euro gekostet – das wissen wir übrigens auch aus einer parlamentarischen Anfrage.

Was mir zu diesem Bargeldthema vor allem noch wichtig ist – gerichtet an Sie hier (in Richtung Galerie blickend) und auch an die Zuseher:innen zu Hause –:
Bitte lassen Sie sich nicht verunsichern! Die Bargeldobergrenze von 10 000 Euro betrifft Sie mit aller Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht. Lassen Sie sich
nicht einreden, dass irgendjemand das Bargeld abschafft!

Was mir abschließend noch wichtig ist, zu sagen, ist etwas, das mir ganz oft, wenn es um Politik, um Studien und um Umfragen geht, in den Sinn kommt. Das möchte ich Ihnen schon sagen; der Finanzminister hat es auch selber gesagt:
Bei Studien geht es darum, Faktenbasiertheit herzustellen; aber Politik entlang von Umfragen, von Studien zu machen, dass man Meinungen abfragt, um Stimmungspolitik zu machen, ist sicher nicht Sinn und Zweck der Sache. Das ist


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Populismus, und dort, wo der Populismus ist, ist die Populismusfalle ganz
nah. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, den Menschen nach dem Mund zu re­den. Unser Credo ist: Eine gute Politik ist, Unpopuläres, aber Notwendi­ges populär zu machen. Das heißt auch: keine Unsicherheit schüren, notwendige Maßnahmen auch erklären. Und in diesem Fall – beim Bargeld – ist die
ganze Sache sehr, sehr klar. Wir können beide Interessen vereinen: das Interesse nach Bargeldzahlung einerseits und den Kampf gegen die Geldwäsche andererseits.

Nochmals: Die Aufgabe der Politik ist es nicht, ein bestimmtes Interesse zu vertreten. Wir sind keine Ansammlung von Lobbyisten, wir sind gewählt, um hier die Debatte zu suchen und einen Interessenausgleich zu finden. Dazu gehört
ein ehrlicher Umgang. Frisierte Umfragen gehören übrigens nicht dazu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Krainer und Matznetter.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte sehr.


15.32.29

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Ich möchte zuerst zur grundsätzlichen Fragestellung kommen, nämlich ob unter dieser Bundesregierung Anfragebeantwortungen ihren
Namen eigentlich verdienen. Ich glaube, sehr oft leider nicht.

Wir als Oppositionsparteien erhalten zu oft – gerade aus dem Innenministerium, aber auch von anderen Ministerinnen und Ministern – nicht die Antworten,
die uns nach dem Interpellationsrecht zustehen. Leider haben wir in Österreich kein Rechtsmittel dagegen, wie zum Beispiel die deutschen Kolleginnen
und Kollegen. Es wäre an der Zeit, auch uns Abgeordneten in Österreich Rechts­schutz zu geben und einen Rechtsweg zu eröffnen, zum Beispiel an den Verfassungsgerichtshof. Da mahnen wir Reformen ein!


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Zum Inhalt: In diesem Fall, den wir heute besprechen, sollten wir anscheinend nur erfahren, was für die ÖVP opportun ist. Wir kennen aber schon auch
andere Fälle, bei denen wir gar nicht hätten erfahren sollen, was die ÖVP so ab­gefragt hat, nämlich Dinge mit dem Ergebnis, dass laut Befragten Sebastian
Kurz ein Delfin und Hans Peter Doskozil ein Wildschwein ist. Das Schlimme ist aber nicht, dass die ÖVP solche Umfragen macht, sondern dass sie dafür
den Staat missbraucht: dass sie nämlich, obwohl wir in einem Land leben, das über eine der höchsten Parteienförderungen verfügt – das heißt, die ÖVP
hätte wahrlich genug Geld –, das Ministerium dafür heranzieht, um
über vermeintliche Studien diese Umfragen durch die Steuern und die Steuer­zahler, durch Sie, bezahlen zu lassen. Noch skrupelloser ist, dass diese
Studien nicht nur sehr oft nur Meinungsumfragen sind, sondern sogar frisierte oder – wie im heutigen Fall – welche, bei denen da und dort etwas abge­schnipselt wurde. Daran lässt man noch dazu ab und zu eine Parteifreundin mit­verdienen, Stichwort Karmasin.

Gott sei Dank kommt es in diesem Land langsam – und hoffentlich immer öfter, wenn so etwas ansteht – zu strafrechtlichen Konsequenzen. Wo bleiben
aber die politischen Konsequenzen?

Man hat in diesem Fall den Leiter der Öffentlichkeitsabteilung im Finanzministerium entlassen, ansonsten macht man aber weiter wie bisher. Die eigentliche Konsequenz aus den Ermittlungen unserer Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und den Erkenntnissen aus einer internen Revi­sion des Finanzministeriums hätte aber vollkommene Transparenz sein
müssen. Das ist das beste Mittel gegen Korruption.

Und ja, Frau Kollegin Tomaselli, es gab da eine Verbesserung, auch aufgrund des Drucks von uns NEOS und von der SPÖ. Seit Jänner dieses Jahres gilt für Ministerien die Pflicht zur Veröffentlichung von Umfragen, Studien – wenn es nicht wieder einmal dasselbe ist – und Gutachten. Das kann aber nur der
erste Schritt in die richtige Richtung sein. Das reicht nicht. Es braucht klagbare


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Ansprüche auf Informationen, weil staatliche Stellen der Veröffentli­chungspflicht noch immer nicht nachkommen, und wir da, wie Sie von mir auch gehört haben, sehr oft in den Anfragebeantwortungen die Antworten,
gerade wenn es heikel wird, nicht bekommen. Daher fordern wir als NEOS wei­terhin ein Informationsfreiheitsgesetz. ÖVP und Grüne: Wo bleibt das versprochene Informationsfreiheitsgesetz? (Beifall bei den NEOS
sowie des Abg. Krainer.)

15.35


15.35.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis
zu nehmen.

Wer für diesen Antrag des Abgeordneten Matznetter ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

15.36.16Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über Punkt 2 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. (Ruf bei der FPÖ: Linder!) – Linder! – Bitte.


15.36.49

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ) (fortsetzend): Herr Präsident! Jetzt werde ich es umdrehen: Ich bedanke mich herzlichst, dass Sie es endlich schaffen,
mich mit dem richtigen Namen anzureden. Herzlichen Dank dafür! Ich
bin insgesamt acht Jahre hier im Haus. Bisher haben es alle Präsidenten ge­schafft, mich Linder zu nennen, aber bei Ihnen hat es ein bisschen
länger gedauert. Danke. (Uh-Rufe bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind beim Energieeffizienz-Reformgesetz. Meine Rede wurde vorhin unterbrochen, daher vielleicht noch einmal zur Information für die Zuhörer: Die Regierung will im Zuge dieses Energieeffizienz-Reformgesetzes eine Koordinierungsstelle einrichten, die zur Bekämpfung der Energiearmut dient. Man muss sich die Aufgaben dieser Koordinationsstelle anschauen, damit man weiß, wie die Regierung die Energie­armut bekämpfen will, und sich das ein bisschen auf der Zunge zergehen
lassen: Als Erstes will sie natürlich eine Geschäftsstelle einrichten, die bis 2030 jährlich mit 1 Million Euro dotiert wird. – Na ja, bei 190 Millionen Euro
muss ja wohl 1 Million Euro übrig sein, damit man ein paar Parteigängern wieder einen Job verschaffen kann. Das ist sicher einmal korrekt im Denken der Regierungsparteien. Ich würde es anders sehen.

Die Aufgabe dieser Koordinierungsstelle ist das Abgeben von Empfehlungen und das Bereitstellen von Informationen für Haushalte. – Wir kennen diese Informationen schon: Man muss den Leuten sagen, dass sie beim Kochen einen Deckel auf den Kochtopf geben, und dafür kriegt diese Kommission
1 Million Euro.

Weiters ist natürlich ganz wichtig: „die Beauftragung und Veröffentlichung ein­schlägiger Studien oder Gutachten“ und „die Erstellung periodischer
Berichte“. Weiters muss eine Kommission mit 15 bis 20 Kommissionsteilneh­mergruppen, die in dieser Kommission mitarbeiten, eingerichtet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, mit dieser Koordinierungsstelle wird eines produziert: Verwaltung, Verwaltung, Verwal­tung und noch einmal Verwaltung! Das Geld fließt in die Strukturen und kommt nicht zu den Menschen, die es brauchen, die oft wirklich nicht mehr wissen,
wie sie die Energie bezahlen können. In dieser Zeit macht ihr Verwaltung, und bis da vielleicht einmal etwas für die Leute herauskommt, haben die


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Menschen draußen ein kaltes Essen und zum Teil kalte Wohnungen. Das ver­stehen wir nicht darunter, den Menschen zu helfen, deshalb werden
wir diesem Energieeffizienz-Reformgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfinger. – Bitte.


15.39.48

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon vorhin die Debatte sehr intensiv ver­folgt, auch die Reden mancher Oppositionssprecher, die eigentlich bei vielen Themen inhaltlich mit dabei waren, nur nicht beim Energieeffizienz-Reformgesetz.

Was sagt denn das Energieeffizienz-Reformgesetz aktuell aus? Worum geht es? Was müssen wir tun? Was ist die Ausgangssituation? – Die Ausgangssitua­tion ist, dass wir, wenn wir Energie für Österreich besorgen, den Großteil vom Ausland bekommen. Es sind zweistellige Milliardenbeträge, die wir jedes
Jahr ins Ausland schicken: in den Nahen Osten, nach Russland und so weiter. Wir können die Energieversorgung umbauen. Das ist ein Aspekt dieser Situation.

Der zweite Aspekt ist: Die wertvollste Energie ist jene, die wir nicht brauchen. Jene Energie aber, die wir brauchen, müssen wir effizient einsetzen. Das
heißt, es geht darum, die Energie, die wir brauchen – egal ob es für Wärme ist, egal ob es für den Antrieb von Maschinen, Geräten und so weiter ist –, möglichst effizient einzusetzen. Die Energie, die zum Einsatz kommt, muss mög­lichst produktiv genutzt werden, mit möglichst wenig Verlusten. Wer
kann denn da dagegen sein, wenn wir ein Energieeffizienz-Reformgesetz genau in diese Richtung machen, liebe Freunde?! Daher verstehe ich eure Aus­sagen nicht. Wir werden die Menschen mit diesem Energieeffizienz-Reformge-


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setz genau dahin begleiten, dass sie die Energie, die sie brauchen, effi­zient und produktiv einsetzen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir betreuen die Menschen, wir beraten sie, wir begleiten sie. Egal ob es im privaten Sektor oder auch in der Wirtschaft ist: Sie stehen vor großen Herausforderungen, und daher wird das auch nicht überzogen sein, denn wir wollen auch in Zukunft produzierende Wirtschaft in unserem Land
wissen. Daher vielen Dank für die Vorarbeit, vielen Dank für die guten Ge­spräche. Ich denke, jetzt haben wir ein geeignetes Paket, das wir
gemeinsam umsetzen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


15.42.00

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Heute um
14 Uhr war in der APA zu lesen: „Österreich planlos bei Abkoppelung von Russ­land-Gas“ – Österreich bezieht weit mehr als der EU-Durchschnitt.

Frau Minister, Sie sind in den letzten Monaten und Jahren auf der halben Welt klimaneutral herumgeflogen und haben uns versprochen (Abg. Reimon: Ihr
habt 30 Jahre das Gas ausgebaut!),
dass wir Russland-Gas nicht mehr in diesem Ausmaß beziehen werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie haben das
nicht zusammengebracht, und das ist ein weiteres Versagen dieser Bundesre­gierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das gleiche Versagen ist auch beim Energieeffizienz-Reformgesetz festzustellen. Mein Kollege Schroll hat am 10. März 2021 einen Antrag eingebracht, das Gesetz zu behandeln – er wurde vertagt. Am 28. September 2021 hat


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er den gleichen Antrag noch einmal eingebracht – er wurde vertagt. Und am 7. Juni wurde er wieder eingebracht – er wurde wieder vertagt.

Daher jetzt an die Adresse von den Grünen: Lieber Lukas Hammer (Abg. Lukas Hammer: Tu nicht herumreden!), wenn euch das so wichtig ist, wenn es
euch gleich wichtig wäre wie uns Sozialdemokraten, wenn euch die Menschen in diesem Land wichtig wären - - (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, da könnt ihr
schon lachen, aber das ist wirklich so! Wir setzen diese Maßnahme, einem Zwei­drittelgesetz nicht zuzustimmen, deshalb, weil ihr es verabsäumt, einen Beschluss zu fassen, dass es den Menschen in diesem Land nach diesen Teue­rungen besser geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Um das geht es uns. Und wir haben keine andere Möglichkeit, wenn wir 33 Anträge einbringen und ihr so tut, als ob euch das gar nicht interessieren würde. Es interessiert euch halt nicht, und dann geht ihr her und sagt,
die Opposition ist schuld, dass es dieses Energieeffizienz-Reformgesetz mit Zweidrittelmehrheit nicht gibt. (Abg. Lukas Hammer: Das ist Arbeitsver­weigerung!) Ihr seid mit Abstand die schwächste Regierung der Zweiten Republik! Das muss ich euch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

So etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt, zu sagen, die Opposition ist schuld! – Ihr seid unfähig, mit uns darüber zu reden. Ihr werdet aber darauf ein­gehen müssen, und wenn es notwendig ist, werden wir das Gesetz so
lange verhindern, bis ihr da so weit seid. Macht etwas mit uns! Setzt euch gegen diese ÖVP durch! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei der ÖVP ist es ja wohl klar, die will – und da sind wir jetzt bei den Sachen, die diese Bundesregierung Monat für Monat verabsäumt –, dass Energie­konzerne bestens verdienen. Milliarden verdienen die, und ihr unternehmt nichts dagegen. Wir haben Anträge dazu eingebracht.

Wir wollen haben, dass die Leute im Supermarkt etwas bekommen, das sie sich um ihr Geld leisten können. Das interessiert euch nicht; die Supermarktkon­zerne werden immer reicher. Die Grünen machen alles mit, was die ÖVP will. So


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schaut das aus! (Ruf bei der ÖVP: In welcher Welt lebst du denn?) Bei den
Mieten wollten wir was machen. – Nein, die Besitzer von Zinshäusern werden jetzt verdienen! Für die seid ihr da. Das Ergebnis davon ist auch
diese hohe Inflation. Ihr vergesst ja ganz, dass das deswegen zustande kommt.

Wir wollen, dass die Inflation runtergeht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfin­ger: Wer ist wir?) Wenn Sie, Frau Minister, einen Appell an uns richten, dann sage ich Ihnen Folgendes: Uns ist die Energiefrage sehr, sehr wichtig, uns sind
aber auch die Menschen in diesem Land wichtig, und wir haben keine andere Möglichkeit, als herzugehen und Ihnen zu sagen: Machen Sie etwas
gegen die Teuerung, dann können wir auch über die Energie reden! Es hilft uns das alles nichts, wenn die Menschen sich dann trotzdem nichts leisten
können. Das, glaube ich, ist eines der wesentlichen Dinge. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP ist ganz stumm geworden. Die ÖVP ist schon ganz stumm geworden (Abg. Höfinger: Wir sind entsetzt!), denn für Sie zählen nur mehr Ihre Kon­zerne. Ihnen ist es anscheinend wirklich egal, wie es den Menschen draußen geht. Euch ist das wirklich egal. Ihr meint, mit 60 Euro könnt ihr irgend­wie Kinderarmut bekämpfen. Ich ersuche euch wirklich eindringlich: Macht endlich etwas für die Leute! Wir brauchen das dringend. Bitte werdet
munter! (Beifall bei der SPÖ.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen. (Abg. Loacker hebt die Hand.)

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort?

Zur Geschäftsbehandlung: Abgeordneter Loacker. – Bitte.

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 273

15.46.47

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Aufgrund der Bedeutung der Abstimmung bitte ich gemäß § 66 Abs. 3 GOG um Bekanntgabe der Zahl der Für- und Widerstimmen bei der Ab­stimmung.

15.46

*****15.46.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Verlangen ist ordnungsgemäß einge­bracht, ich werde daher so vorgehen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel
und Eingang in 2036 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. Diese ist gegeben.

Ich darf nun die Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen bitten.

Ich darf die Schriftführer, und zwar die Abgeordneten Schallmeiner
und Steinacker, ersuchen herauszukommen, um die verlangte Auszählung der Stimmen vorzunehmen.

(Die Schriftführer:innen Schallmeiner und Steinacker nehmen die Stimmenzählung vor. – Abg. Köllner betritt den Saal. – Abg. Schallmeiner: Geht sich nicht
mehr aus! Nein! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Unruhe im Saal. – Die Schriftführer:innen Schallmeiner und Steinacker setzen die Stimmen­zählung fort. – Abg. Muchitsch betritt den Saal. – Rufe bei der ÖVP: Zu spät! – Abg. Wöginger: Es ist gezählt! Wenn gezählt ist, ist gezählt! – He-Rufe bei ÖVP, Grünen und NEOS. – Die Schriftführer:innen Schallmeiner und Steinacker setzen die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 274

Stimmenzählung fort. – Abg. Laimer betritt den Saal. – Ruf bei der ÖVP: Der Nächste! – He-Rufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal. – Abg. Amesbauer: Noch einmal zählen!)

Es sind abgegeben worden: Die Fürstimmen waren insgesamt 106 Stimmen (Abg. Amesbauer: Komma fünf!), und abgegebene Stimmen, da sind jetzt drei da­zugekommen - - (Widerspruch bei ÖVP, Grünen und NEOS. – Abg. Wöginger: Die zählen nicht! – Abg. Heinisch-Hosek: O ja!) – Die Geschäftsordnung sieht
das nicht vor. Solange der Auszählungsvorgang stattfindet, können die Leute zur Abstimmung hereinkommen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Es wäre auch - -

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Abgeordneter Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Laimer: Jetzt pass gut auf, was du sagst!)

*****


15.54.12

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Es ist völlig klar, dass die Abgeordneten ständig den Saal betreten
können, das ist völlig logisch, auch während des Abstimmungsvorganges. Wenn aber die Schriftführer den Sektor bereits abgezählt haben, dann ist abge­zählt, und dann kann man nicht wieder von vorne anfangen. (Beifall bei ÖVP, Grü­nen und NEOS. – Abg. Haubner: Das ist ja wie bei der SPÖ! Das ist wie bei
der SPÖ-Befragung!)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Abge­ordneter Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.54.49

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Das war jetzt eine absolut unnotwendige Wortmeldung von Kollegen Wöginger. (Ruf bei der ÖVP: Ja, ja ja!) Ich erinnere daran, wie oft ÖVP-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 275

Abgeordnete wie aufgescheucht hereingehetzt sind, wenn es um solche Ab­stimmungen gegangen ist (Zwischenrufe bei der ÖVP), und sie sind im­mer mitgezählt worden (Beifall bei der SPÖ) – bis zum Schluss mitgezählt worden. Jetzt das Ganze, weil es einmal gegen die ÖVP geht, umdrehen zu wollen
ist ein Skandal, das sage ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: ... der Parteivorstand!)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Loacker. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt
das Glockenzeichen.)


15.55.23

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich bin unverdächtig, entweder der einen oder anderen Seite
etwas zuspielen zu wollen, aber wenn der Sektor gezählt ist: Natürlich können Leute raus- und reingehen, aber dann können wir den Zählvorgang gar
nie beenden, wenn man auch nach dem Zählen noch raus- und reingehen kann. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen. – Abg. Deimek: Welcher Sektor? – Abg. Wöginger: Das hört ja nie auf! Das ist ein Kasperltheater da herinnen! – Ruf bei der SPÖ: Eine komische Wahl!)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Kollege Amesbauer. – Bitte.


15.56.11

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Werter Herr Präsident! Es ist interessant, mit welchem Trick die ÖVP
hier versucht, das demokratische Stimmergebnis von Abgeordneten zu sabotie­ren. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Wir erinnern uns an die Zeit in
der Hofburg, als die ÖVP immer ihre Leute herbeigekarrt hat, da waren wir auch im Abstimmungsvorgang. Der Abstimmungsvorgang ist dann beendet, wenn


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 276

das Ergebnis verkündet wird. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.) Wenn Klubobmann Wöginger etwas anderes behauptet, dann soll er uns
den dementsprechenden Passus der Geschäftsordnung vorlegen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das geht so nicht!)

15.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Klubobmann Wöginger hat sich zur Ge­schäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.56.46

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also bei allem Respekt: Natürlich können die Abgeordneten während des Abstimmungs­vorganges immer den Saal betreten, immer ihre Plätze einnehmen (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), aber wenn wir uns nicht einmal darauf verständigen können, dass, wenn ein Sektor von der Schriftführerin, vom Schriftführer abge­zählt ist, abgezählt ist und das Ganze nicht von vorne beginnen kann,
wenn da Abgeordnete dazukommen, dann ist es aus mit dem Parlamentarismus. Wenn abgezählt ist, ist abgezählt, und dann ist es fertig. (Ruf bei der SPÖ:
Wer hat das gesagt? – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
Die Sozialdemokratie sollte das endlich zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und
NEOS. – Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Michael Hammer: Da stimmen sie eh nicht mit und dann sabotieren sie es auch noch! – Abg. Wöginger: So wählts
ihr auch eure Parteiobleute! – Zwischenruf des Abg. Schroll. – Abg. Stocker: Das ist ja keine Mitgliederbefragung!)

15.57

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da es nicht möglich ist, ein klares Bild zu bekommen, ordne ich eine namentliche Abstimmung an. (Beifall bei SPÖ
und FPÖ. – Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 277

Abgeordneter Leichtfried hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


15.58.37

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Ich habe mich noch vor der Anordnung zu Wort gemeldet, deshalb möchte ich diesen Redebeitrag noch zu einem Ende bringen. Herr Klubobmann Wöginger und Herr Loacker haben den Begriff Sektoren verwendet. Das
gibt es vielleicht im Eishockey, aber wir sind hier im Parlament, und da wird ins­gesamt abgezählt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller:
Mei, bitte! – Abg. Haubner: Das ist schon richtig peinlich! – Ruf bei der ÖVP: Doskozil muss her! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.59

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Schriftführer Zanger bitten, heraus­zukommen.

Ich unterbreche die Sitzung, bis die Urnen da sind.

*****


15.59.56

(Die Sitzung wird um 15.59 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wieder auf­genommen.)


16.01.44*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich darf Sie ersuchen: Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in Ihren Laden. Sie kennen den Vorgang, dass „Ja“- oder „Nein“-Stimmzettel
zu verwenden sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 278

Die Abgeordneten werden namentlich aufgerufen. Ich darf Herrn Abgeordneten Zanger bitten, zu beginnen, und Herrn Abgeordneten Gahr, dann fortzu­setzen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Gahr werfen die Abgeord­neten den Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abstimmungsvorgang ist jetzt beendet.

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Auszählungsergebnisses.


16.07.32*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.07 Uhr unterbrochen und um 16.13 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


16.13.17

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf das Abstimmungsergebnis bekannt geben.

Abgegeben wurden 166 Stimmen; davon 107 „Ja“-Stimmen und 59 „Nein“-Stimmen.

Somit ist der gegenständliche Gesetzentwurf in zweiter Lesung nicht mit der er­forderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Es liegt kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor. Somit entfällt auch die dritte Lesung.
(Abg. Schallmeiner: Gratulation, SPÖ! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Proto­koll aufgenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 279

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Baumgartner, Berlakovich Nikolaus, Bernhard, Blimlinger, Brandstätter Helmut, Brandstötter Henrike, Brandweiner, Bürstmayr;

Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski, Doppelbauer;

Egger Kurt, El-Nagashi, Engelberg, Ernst-Dziedzic, Eßl;

Fiedler, Fischer, Fürlinger;

Gahr, Gerstl, Gödl, Graf Tanja, Grebien, Großbauer, Grünberg;

Hamann Sibylle, Hammer Lukas, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Himmelbauer, Hintner, Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Holzner, Hörl, Hoyos-Trauttmansdorff;

Jachs, Jeitler-Cincelli;

Kirchbaumer, Kopf, Koza, Krisper, Kugler Gudrun, Kühberger, Künsberg Sarre;

Lindinger, Litschauer, Loacker;

Marchetti, Margreiter, Maurer, Meinl-Reisinger, Melchior, Minnich;

Neßler, Neumann-Hartberger, Niss Maria Theresia;

Obernosterer, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger;

Pfurtscheller, Pöttinger, Prammer, Prinz;

Rausch Bettina, Reimon, Reiter, Ribo, Rössler;

Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Scheucher-Pichler, Schmidhofer, Schmuckenschlager, Schnabel, Schwarz, Seidl, Shetty, Sieber Norbert, Singer
Johann, Smodics-Neumann, Smolle, Sobotka, Stammler, Stark, Steinacker, Stocker, Stögmüller;

Tanda, Taschner, Tomaselli, Totter;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 280

Voglauer;

Weber, Weidinger, Weratschnig, Werner, Wöginger;

Zarits Christoph, Zopf, Zorba.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amesbauer;

Becher, Brückl, Bures;

Deimek, Drobits;

Ecker Rosa, Einwallner, Erasim;

Feichtinger, Fürst;

Graf Martin, Greiner Karin;

Hafenecker, Hauser, Heinisch-Hosek, Herbert Werner, Hofer, Holzleitner;

Kaniak, Kassegger, Keck, Köchl, Köllner, Kollross, Krainer Kai Jan, Kucharowits, Kucher Philip, Kuntzl;

Laimer, Lausch, Leichtfried, Linder Maximilian, Lindner Mario;

Matznetter, Muchitsch;

Nussbaum;

Oberrauner, Oxonitsch;

Ragger, Rauch Walter, Reifenberger, Ries Christian;

Schatz, Schmiedlechner, Schroll, Seemayer, Silvan, Spalt, Steger Petra, Stöger Alois, Strache;

Tanzler, Troch;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 281

Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wurm;

Yildirim;

Zanger Wolfgang.

*****

(Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und Grünen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten
Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regierung muss endlich Blockade­haltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben!“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt. (Zwischenruf der Abg. Voglauer.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Erneuerbaren Beschleunigungsgesetz vorlegen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist auch die Minderheit, abgelehnt.

16.14.503. Punkt

Antrag der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (3374/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Umweltausschuss eine Frist zur Berichterstattung bis zum 23. Mai 2023 gesetzt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kollross. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 282

16.15.20

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im
Haus und zu Hause! Wir erleben seit mittlerweile mehr als einem Jahr eine für viele Menschen nicht mehr vertretbare Situation, was die Lebensmittel­preise betrifft – viele Menschen stöhnen wirklich unter den enormen Kosten im Lebensmittelbereich –, und gleichzeitig finden wir eine Regierung und Regie­rungsparteien vor, die nicht bereit sind, wirkliche Maßnahmen zu setzen,
damit die Preise im Lebensmittelbereich endlich wieder sinken, sodass das Leben für viele wieder ein Stück leistbarer wird.

Kürzlich, und da hatte man geglaubt: Okay, jetzt hat es auch die Regierung er­kannt!, hat es dann so etwas wie einen Lebensmittelgipfel gegeben, der
mit viel Tamtam inszeniert worden ist. Und wenn wir jetzt ehrlich sind – das wisst ihr auch –, müssen wir sagen, er hat keine Lösung gebracht. Es gibt
keine Verbesserung in diesem Bereich, die Lebensmittel werden um keinen Cent billiger.

Jetzt kommt aber die Regierung – Entschuldigung, auf diese Idee muss man erst einmal kommen! – und meint, die Teuerung mit dem Abfallwirtschaftsge­setz bekämpfen zu können, glaubt ernsthaft, dass mit diesem Gesetz auch nur ein einziges Lebensmittel billiger wird. (Abg. Wurm: Nein! – Zwischenruf
des Abg. Litschauer.)
Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Was heißt „Nein!“? Irgendjemand schreit da „Nein!“ heraus. (Abg. Wurm: Ich sage Nein!) Ihr werdet doch zumindest euren eigenen Ministerratsvortrag ken­nen (Abg. Wurm: Ist ja nicht mein Antrag, darum sage ich ja Nein! Ist ja Schwachsinn!), das Maßnahmenpaket gegen die Teuerung, und ein Punkt ist genau dieses Gesetz, bei dem ich mich frage: Wodurch soll da auch nur
ein Lebensmittel um einen Cent billiger werden? (Abg. Wurm: Ganz genau! Gut erkannt!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 283

Was hier jetzt gerade passiert, ist nichts anderes als eine Umetikettierung der Lebensmittelverschwendung zu einem Antiteuerungspaket. Und nur,
damit ich nicht falsch verstanden werde: Natürlich ist es wichtig und natürlich ist es richtig, gegen Lebensmittelverschwendung Maßnahmen zu setzen. Wir
haben circa 800 000 bis 1 Million Tonnen Lebensmittelverschwendung im Jahr. Ja, natürlich ist es richtig, Maßnahmen dagegen zu setzen, aber selbst das Gesetz, das ihr jetzt hier vorlegt, ist gerade einmal ein Stückwerk. Es ist halbher­zig und es kommt irgendwann zum Tragen.

In dem Gesetzestext steht drinnen, die Unternehmen sollen da erstmals im vierten Quartal einmelden, ob und wie sie die Lebensmittel, die ihnen verbleiben, hergeben, was sie mit diesen Lebensmitteln machen. Und im Frühjahr des kommenden Jahres wird das dann erstmals angeschaut. Na, das wird den Öster­reicherinnen und Österreichern, das wird den Menschen, die in diesem
Land leben, momentan beim täglichen Einkauf helfen! Na, gratuliere, das ist ein Bombenantiteuerungspaket, das ihr da auf den Weg gebracht habt!

Aber selbst diese Maßnahme gegen Lebensmittelverschwendung, die ihr heute hier mit dieser Gesetzesvorlage auf den Tisch gelegt habt, ist wie schon
gesagt halbherzig. Wenn man wirklich gegen die Lebensmittelverschwendung etwas machen möchte, dann müsste man sagen, die Lebensmittelkon­zerne und all jene, die Lebensmittel verkaufen, müssen endlich damit aufhören, Lebensmittel zu vernichten. Wir bräuchten eine neue gesetzliche Grund­lage für Lebensmittel, die optisch nicht in den Handel passen, dass diese nicht einfach auf dem Acker bleiben und dort zerstört werden, sondern eben­falls verkauft werden. Und wir bräuchten endlich auch ein Modell für die ver­pflichtende Abgabe von Lebensmitteln, die eben in Supermärkten oder
wo auch immer übrig bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das macht ihr aber natürlich nicht, sondern der Inhalt dieses Gesetzes, das ihr hier auf den Tisch legt, ist ein frommer Wunsch, weil in Wirklichkeit gar
nichts passiert. Ihr agiert nach dem Motto: Macht ein bisschen etwas! – Wenn


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 284

ihr wollt, dass das passiert, dann muss man in diesem Bereich auch
eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen.

Deshalb bringe ich abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwendung von Lebensmit­teln im Handel!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, zur Vermeidung der Lebensmittelver­schwendung und zur Linderung der Teuerung bei den Lebensmitteln dem Natio­nalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der“

- ein Antidiskriminierungsgesetz bei Obst und Gemüse samt Abnahmepflicht des Handels vorsieht,

„- nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen durch den Handel,

- sowie ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs beinhaltet.“

*****

Macht bitte endlich ein sinnvolles und wirksames Gesetz gegen die Lebensmittelpreisexplosion und von mir aus auch – und dafür wäre ich ja – gegen die Lebensmittelverschwendung. Dieses Gesetz ist Stückwerk,
dieses Gesetz macht kein einziges Produkt billiger, dieses Gesetz ist wirkungslos.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 285

Es ist ein frommer und zahnloser Wunsch gegen die Teuerung, aber
auch gegen die Lebensmittelverschwendung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Litschauer: Aber das Energieeffizienzgesetz hätte Energie
billiger gemacht!)

16.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross,

Genossinnen und Genossen

betreffend Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwendung von Lebensmitteln im Handel!

eingebracht 2023 im Zuge der Debatte zum Antrag der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert
wird (3374/A) – TOP 3

Jahr für Jahr fallen in Österreich 800.000 bis eine Million Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an. Dabei handelt es sich nicht nur um Lebensmittelver­schwendung, sondern auch um den Verlust großer Mengen an Ressourcen und Ener­gie, die für die Produktion, Verarbeitung, den Transport sowie die Entsorgung
der Lebensmittel aufgewendet wurden.

Neben Bewusstseinskampagnen, die bei der Lebensmittelverschwendung in Haus­halten ansetzen, führt an ordnungspolitischen Maßnahmen für den Handel
kein Weg vorbei. Denn viele Lebensmittel werden bereits vernichtet, bevor sie über­haupt von den Konsument:innen gekauft werden können.

Eine Maßnahme, mit der mehr günstiges Angebot in die Supermärkte gebracht werden könnte, wäre daher eine gesetzliche Regelung für die verpflichtende Abnahme


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 286

von Gemüse und Obst, das nicht den übertriebenen optischen Kriterien ent­spricht. Viel aussortiertes Obst und Gemüse bleibt einfach auf den Feldern zurück oder wird anderweitig entsorgt. Hier greift ein solches Gesetz für Gemüse
und Obst, das den Handel zur Abnahme aller Produkte in vertriebsfähiger Form, Größe und Farbe verpflichtet. Normen hinsichtlich Krümmung oder Optik sind nicht länger ein Ausschlussgrund Obst und Gemüse in den Verkauf zu bringen.

Viele Lebensmittel landen aber auch im Müll, weil sie in den Supermarktregalen zurückbleiben und das Mindesthaltbarkeitsdatum überschreiten. Lebensmittel sind aber keineswegs automatisch ungenießbar, bloß, weil das Mindesthaltbarkeits­datum überschritten wurde. Nach französischem Vorbild sollen Supermärkte daher verpflichtet werden, Lebensmittel an Sozialeinrichtungen abzugeben, bevor
sie im Müll landen. Mit dieser Pflicht geht natürlich der Aufbau entsprechender Infra­struktur für Lagerung und Verteilung einher.

Diese Maßnahmen sorgen dafür, dass produzierte Lebensmittel auch wirklich in den Verkauf gelangen und nicht auf den Feldern zurückbleiben oder am Ende des
Tages von den Handelsketten in den Müll geworfen werden. Indem wir die Menge an vermeidbaren Lebensmittelabfällen senken, sorgen wir nicht nur für einen geringeren Einsatz von Ressourcen und Energie und damit für mehr Klimaschutz – wir steuern durch eine Reduktion der Verschwendung auch den immer weiter
steigenden Lebensmittelpreisen entgegen.

Als unmittelbar wirksame Maßnahme muss endlich, wie nun auch von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr befürwortet, ein temporäres Aussetzen der Mehrwert­steuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs erfolgen. Bei entsprechender Überwa­chung und Durchsetzung kann so schnell und mit geringem Aufwand geholfen werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 287

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für
Finanzen, wird aufgefordert, zur Vermeidung der Lebensmittelverschwendung und zur Linderung der Teuerung bei den Lebensmitteln dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der

•    eine Abnahmepflicht des Handels für Obst und Gemüse, das nicht den über­triebenen optischen Normen entspricht,

•    nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen
durch den Handel,

•    sowie ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs beinhaltet.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.


16.21.44

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf zuallererst den Seniorenbund aus St. Agatha im Namen des Kollegen Pöttinger recht herzlich begrüßen, und ich bin sehr froh, dass Sie dieser heutigen Debatte betref­fend die Lebensmittelverschwendung beiwohnen, denn Sie kommen aus einer Generation, bei der es noch eine Sünde war, etwas wegzuwerfen. Heute
wird in Wien mehr Brot weggeworfen, als in Graz gegessen wird. Österreichweit landet pro Jahr 1 Million Tonnen Lebensmittel im Müll. Das ist eine Zahl,
die uns eigentlich wirklich aufschrecken sollte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 288

Wenn wir über die Preise der Lebensmittel diskutieren, dann sollten wir
auch über deren Wert diskutieren und das nicht voneinander abgekoppelt be­trachten, denn mit der Geiz-ist-geil-Mentalität und der Einstellung:
Haltet den Dieb!, bei der derzeitigen Inflation wird vielleicht da oder dort die eine oder der andere draufkommen, dass wir vielleicht selbst auch an
dem einen oder anderen Preis Schuld sind, Verantwortung dafür tragen, was aber vielleicht auch gar nicht schlecht ist.

Woher kommen denn nämlich die Produkte, die bei uns im Regal stehen? – Sie kommen ursächlich einmal aus der Landwirtschaft: Acker, Wiese, Stall.
Wir haben hier Produktionsauflagen, wir haben strikteren Tierschutz als im Rest Europas, wir haben Einschränkungen beim Pflanzenschutz – momentan
ganz aktiv bei der Zuckerrübe; würden wir 5 000 Hektar, die zurückfallen, beim Zuckerpreis einkalkulieren, müsste der Preis um 10 Prozent erhöht
werden – und wir haben erhöhte Umweltstandards. Das ist uns aber wichtig, darum wird es hier im Parlament auch oft beschlossen.

Eines muss man auch ganz ehrlich sagen: Da sind Sie dabei, da fordern Sie mehr, mehr, mehr – dass das alles aber auch Kosten verursacht, das sollten wir
auch nicht außer Acht lassen. Das heißt, Lebensmittelkosten sind
auch Tierschutzkosten, Artenvielfaltskosten und Biodiversitätskosten, und mittlerweile sind Lebensmittelkosten auch Klimakosten. Erst gestern gab es ein Unwetter mit einem Schaden in Höhe von 3 Millionen Euro in der Landwirtschaft in Österreich, und das sind Kosten, die sich letztendlich niederschlagen. (Abg. Wurm: Das hat es früher nicht gegeben, oder?)

Wir leben aber auch in einer arbeitsteiligen Welt, und bei der Thematik liegt es schon so, dass wir sagen müssen, wir hätten ja eine relativ günstige Urpro­duktion. Nehmen wir folgendes Beispiel her: Eine schlachtreife Sau
hat circa 100 Kilo; momentan liegt der Notierungspreis bei 2,30 Euro. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch beträgt 88 Kilo, also ist man mit so einem
Schwein pro Kopf pro Jahr relativ schnell abgefertigt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 289

Sie können auch Rohmilch relativ günstig kaufen, nur müssen Sie sie dann selbst zur Butter stampfen – da haben wir aber eine Welt, wo wir Schlachthöfe, Molkereien, Verarbeitungsbetriebe haben, in denen wir höchste Qualität erzeu­gen, und das Gott sei Dank unter Arbeitsbedingungen, bei denen Kollek­tivverträge entsprechend eingehalten werden. Im letzten Jahr gab es Erhöhun­gen von um die 10 Prozent bei den Kollektivverträgen im Lebensmittel­bereich, und das wird sich auch niederschlagen – das muss man auch ganz ehr­lich dazusagen –, wenn wir keine prekären Beschäftigungsverhältnisse
wollen, so wie das auch die Gewerkschaft immer wieder fordert. Das heißt, Le­bensmittelkosten sind auch Lohnkosten.

Dann muss man die Lebensmittel von A nach B bringen. Das heißt, wir haben Logistik, Transport, Kühlketten, damit wir auch Frische und Qualität
erhalten können – das heißt, Lebensmittelkosten sind ganz klar
auch Energiekosten.

Wenn wir dann die Produkte im Regal haben, haben wir den Lebensmitteleinzel­handel, der in Österreich natürlich eine gewaltige Kraft hat, da es eine Oli­gopolstellung gibt. Da sind drei Große am Werk. Betrachten wir das ein bisschen genauer! Die Rewe-Gruppe hat rund 2 000 Standorte, Spar 1 500. In Öster­reich kommen auf eine Million Einwohner 440 Supermärkte, das sind um 50 Pro­zent mehr als in Deutschland. Auch diese Kosten werden sich irgendwo niederschlagen, das heißt, letztendlich zahlen wir mit den Lebensmitteln auch die Immobilienkosten dieser großen Unternehmen. Da stellt sich schon die
Frage: Ist das auch notwendig?, denn in Deutschland, wo es eine entsprechend geringere Dichte an Standorten gibt, ist auch noch niemand verhungert.

Dann gibt es Regale, die Ware ist meterweise perfekt vorbereitet, immer zu­griffsbereit, nie fehlt etwas. Alles ist da, jeden Tag sind sie vollgefüllt. Letztendlich stellt sich aber die Frage, wie viel davon wirklich umgesetzt wird. Da müssen wir diesen Anteil, der am Ende des Tages aus dem Prozess herausfällt, genauer unter die Lupe nehmen. Darum liegt ja jetzt dieser Antrag


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vor, in dem wir sagen: Lokale und Verkaufsgeschäfte über 400 Quadrat­meter müssen nun genau aufzeichnen, wie es mit der Lebens­mittelverschwendung ausschaut, denn das sind alles Kosten, die dazu beitragen, dass Lebensmittel bei uns teuer sind und dass wir letztendlich eine
enorme Lebensmittelverschwendung haben. Da ist die Frage: Was ist der Preis dafür und was sind wir bereit, dafür aufzubringen?

Wir sollten nicht permanent über den Preis diskutieren, sondern über den Wert der Lebensmittel. Ich glaube, das ist das Wesentliche. Wir müssen auch hinterfragen, was letztendlich die wesentlichen Prioritäten sind, wenn wir uns die Gesamthaushaltseinkommen ansehen, denn eines geht für mich nicht zusammen: Wir beklagen hohe Lebensmittelpreise – und was bringt es am Ende des Tages, wenn die Flieger voll sind, aber der Bauch leer ist? (Beifall bei
der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Rössler.)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte sehr.


16.27.05

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich teile ja den Ansatz, dass die Lebensmittelkosten in Österreich nicht nur
zu hoch sind, sondern über alle Maßen hoch, auch durch die Inflation, und der Ansatz, hier auch über das Abfallwirtschaftsgesetz einzuwirken, ist ein unwirksamer Versuch.

Warum? – Mein Namenskollege Bundesminister Rauch hat ja versucht, über den Lebensmittelgipfel darauf einzuwirken, über die Konzerne, über die Lebens­mittelketten, und er ist extrem gescheitert, er ist massiv gescheitert. Man merkt, im Endeffekt hat die Politik da keine Handhabe mehr, aber es braucht wirk­lich Maßnahmen und gesetzliche Regelungen, weil man da auch entsprechend eingreifen muss, beispielsweise – das war immer unser Vorschlag –
durch ein Eingreifen bei der Mehrwertsteuer, das heißt, die Mehrwertsteuer auf


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Lebensmittel zu senken oder die 10 Prozent überhaupt zu streichen.
Das wäre einmal ein konkreter Ansatz.

Kollege Schmuckenschlager hat die Filialdichte in Österreich angesprochen. Ich habe sie anders berechnet: Auf 100 000 Einwohner kommen in Österreich 60 Filialen, in Deutschland sind es 40. Diese Dichte kostet, das ist uns bewusst, aber im Endeffekt hat es die Bau- und Raumordnung ja in fast allen
Gemeinden und in allen Bezirken hergegeben, dass man in den Vorgemeinden oder Vorstädten großartig die Einkaufszentren errichtet hat – und jetzt
zahlen wir dafür, das ist natürlich das Hauptproblem –, und die Konzerne lassen sich das in dieser Art und Weise auch nicht mehr nehmen.

Der Punkt war – diese Ansicht teile ich sogar mit den Regierungsparteien –, dass die Lebensmittelverschwendung moralisch, ethisch in dieser Art und Weise
ja nicht tragbar ist. Wir reden von 2 000 Tonnen an genießbaren Lebensmitteln, die erzeugt wurden und einfach weggeworfen werden. Das ist meines
Erachtens in dieser Art und Weise nicht adäquat.

Ein weiterer Punkt, den ich auch teile, ist der Satz: Man muss nicht bis zum Ende des Tages, also bis 19 Uhr beziehungsweise bis zum Ende der Öffnungs­zeiten, volle Regale haben. Das alles sind Themen, bei denen man schon entspre­chend eingreifen könnte und bei denen man sich in der Marktwirtschaft
auch effizienter verhalten muss.

Ich bin davon überzeugt, dass da wesentlich mehr möglich wäre, wenn man mit den Konzernen konkret verhandeln würde, was in dieser Art und Weise
so nicht passiert oder da oder dort auch die Einsicht nicht gegeben ist. Diesbe­züglich wäre mit der FPÖ nicht über das Abfallwirtschaftsgesetz, aber
auf normale Art und Weise, ein guter Partner zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

16.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rössler. – Bitte.



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16.30.01

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste
auf der Galerie – schön, dass wieder viele Besucher im Haus sind – und Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Nach einer etwas
hitzigen Debatte zum Thema Energieeffizienz kommen wir nun zu einer anderen Materie des Umweltrechts, konkret zur Abfallwirtschaft.

Abfallwirtschaft ist etwas, was die Menschen eigentlich täglich berührt. Wozu brauchen wir eine gute Abfallwirtschaft? – In erster Linie um Schäden
an der Umwelt zu vermeiden, aber auch um Recycling zu verbessern. Die Wie­derverwendung, Wiederverwertung von Gütern ist die Grundlage für
eine ressourcen- und energiesparende Kreislaufwirtschaft, und das ist wieder ein wichtiger Hebel in Richtung Klimaschutz, um natürlich Umweltschäden zu vermeiden.

Weiters geht es dabei um das Thema Abfallvermeidung, und da sticht natürlich – und das ist der Gegenstand dieser relativ kleinen Novelle zum Abfallwirt­schaftsgesetz – das Thema Abfallvermeidung von Lebensmitteln ins
Auge: 800 000 bis 1 Million Tonnen – sagen wir 800 000 Tonnen – an Lebens­mitteln landen im Abfall, und der Großteil davon ist tatsächlich noch genusstauglich.

Die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 ist eines der Ziele, die wir
uns im Regierungsprogramm gesetzt haben, aber auch eines der Nach­haltigkeitsziele der Vereinten Nationen, der SDGs – Sustainable Development Goals –, und dieses Ziel zu erreichen ist gar nicht so einfach. Deshalb
gibt es bereits den Aktionsplan zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen mit mehreren Teilen.

Das eine ist, dass die Koordinierung mehrerer Fachbereiche, Ministerien bereits geregelt ist. Diese Koordinierungsstelle ist wichtig, um die Maßnahmen
zwischen Landwirtschaft und Wirtschaft abzustimmen, aber auch den Bereich


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Bildung einzubinden, wenn es etwa um die Frage geht: Wie kann ich
jungen Menschen, Familien jedes Alters vermitteln, dass Lebensmittelabfälle im Haushalt tatsächlich reduziert werden können, zum Beispiel durch
bessere Kenntnisse über das Kochen, über Verwertung von Resten und so weiter?

Es braucht also die Kooperation auf Ebene der Ministerien, es ist aber auch notwendig, den Handel zu motivieren, denn der Handel ist – neben
den Haushalten – schon auch ein wichtiger Bereich bei der Vermeidung von Abfällen, etwa durch Weitergabe von Lebensmitteln an Tafeln und So­zialmärkte. Hier gibt es eine Kooperation, und das ist tatsächlich etwas, an dem auch weitergearbeitet wird, und das ist der Gegenstand der Novelle.

Wir brauchen bessere Datengrundlagen, um das Potenzial an Lebensmitteln, die noch weitergegeben werden können, zu kennen – und darum geht es in
dieser Bestimmung, über die wir heute reden: Transparenz zur Vermeidung der Lebensmittelverschwendung, um also genusstaugliche Lebensmittel
weiter verwenden zu können. Das ist sozusagen der Inhalt des heutigen Antrages.

In diesem Antrag gibt es ein kleines Hoppala, ein redaktionelles Versehen – ein Buchstabe zu viel wurde eingefügt. Daher bringe ich zur Berichtigung die­ses redaktionellen Versehens folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Ziffer 5 wird die Bezeichnung „Kundmachtung“ durch die Bezeichnung „Kund­machung“ ersetzt.

*****


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Ein t ist also zu viel. – Diesen Antrag möchte ich hiermit einbringen.

Ich habe noch ein paar Sekunden Zeit.

Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ist ein wichtiger, großer Hebel für den Klimaschutz, und – für alle Zuseherinnen und Zuseher – wir präsentieren im Parlament seit einem Jahr an jedem Plenartag eines der 17 SDGs.

Heute ist Klimaschutz dran, und natürlich war auch da der Bezug zwischen Lebensmittelabfällen, Ernährung, Landwirtschaft und Klimaschutz zu sehen. Es ist etwas, was mich sehr freut, dass wir mit Uninetz und den Partnern die Wissenschaft ins Parlament hereinholen. Im Foyer, das zwar nicht öffentlich zugänglich ist, bietet sich für uns Abgeordnete die Möglichkeit, dass wir
uns wirklich intensiv mit diesen SDGs auseinandersetzen, und ich möchte mich an dieser Stelle wirklich ganz herzlich bedanken: einerseits bei den Part­ner:innen Uninetz, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die uns da begleiten, und andererseits auch für die großartige Unterstützung durch
die Parlamentsdirektion, die uns in der Ausstattung, aber auch in der Abwicklung sehr gut unterstützt. Es freut mich, dass wir jetzt schon ein Jahr lang
diese gute Aktion zur Vermittlung interdisziplinärer politischer Debatte fort­führen.

Abschließend – letzter Satz –: In den 4 Minuten meiner Redezeit sind wieder 6 000 Kilo Lebensmittel im Abfall gelandet. Das müssen wir ändern.
(Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler,

Kolleginnen und Kollegen


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zum Antrag 3374/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Ziffer 5 wird die Bezeichnung „Kundmachtung“ durch die Bezeichnung „Kundma­chung“ ersetzt.

Begründung

Es handelt sich um die Beseitigung eines redaktionellen Versehens.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ausreichend un­terstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


16.35.00

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Besucherinnen und Besucher des Hohen Hauses! Ja, die Frage, die wir diskutieren, ist, wie wir die Lebensmittelverschwendung bes­ser begrenzen und auch bekämpfen können, und da sind wir NEOS ganz grund­sätzlich vorne mit dabei. Es ist ein anerkanntes Problem, dass wir heute an
vielen verschiedenen Stellen Lebensmittel verschwenden, die noch die Qualität haben, dass man sie auch genießen könnte.

Der vorliegende Vorschlag vonseiten der Bundesregierung grenzt dieses Problem aber nur an einem einzigen Punkt ein, nämlich im Handel. Der Handel macht, nach dem, was wir recherchiert haben, in etwa 10 Prozent, 9 Pro­zent (Abg. Wurm: Fünf!) des Gesamtvolumens aus. (Abg. Wurm: 5 Prozent!) Der


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größte Teil entfällt auf die Haushalte, gefolgt von Gastronomie, Kantinen und vielem mehr.

Das bedeutet, es muss uns klar sein: Selbst wenn wir heute diese Novelle beschließen und sagen, wir wollen, dass es in den Supermärkten eine entsprechende Aufzeichnung gibt, damit wir beispielsweise auch Maßnahmen herausarbeiten können, durch die wir Sozialmärkte besser versorgen
können, und vieles mehr, lösen wir dieses Problem nur in einem ganz, ganz kleinen Maß. (Abg. Wurm: Bürokratischer Wahnsinn! Völlig sinnbefreit!)

Da würde ich gerne auf einen anderen Punkt eingehen, weil ja die Vorredner:innen, insbesondere Kollegin Astrid Rössler von den Grünen, hier auch groß das Bild vom Einsparen der Energie, vom Klimaschutz gezeich­net haben: Es ist ein wahnsinnig kleines Rad, an dem Sie da drehen – und das ist genau die Kritik, die wir NEOS auch immer wieder üben: Sie liefern aktuell
im Bereich des Klimaschutzes, im Bereich der Umweltpolitik, auch im Bereich der Nachhaltigkeit das Minimum von dem, was man von einer Bundesregierung erwarten kann, und nicht das, was Sie versprochen haben.

Es fehlen uns zahlreiche Gesetze, wo wir an den großen Schrauben drehen könnten – und nicht überall ist die SPÖ-Blockade schuld, denn die
SPÖ-Blockade gibt es seit wenigen Wochen, aber Sie liefern seit mehreren Jahren nicht – das ist ein zentraler Unterschied (Abg. Leichtfried: Das
ist die Regierungsblockade bei der Teuerung! Bleiben wir beim richtigen Begriff!)
 –, beispielsweise beim Klimaschutzgesetz, das wir für den Klimaschutz maßgeblich brauchen würden. Darauf warten wir bereits seit Jahren – wir be­kommen es nicht. Das Erneuerbares-Gas-Gesetz, auf das wir warten, be­kommen wir ebenfalls nicht. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, auf das wir war­ten, bekommen wir auch nicht. Die Strategie, die eigentlich vom Rech­nungshof eingefordert worden ist, zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwen­dung ist ebenfalls noch nicht ausgearbeitet.


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Diese Regierung scheint sich auf den Minimalkonsens zu verlassen und nicht darauf, dass wir wirklich die Welt zu einem besseren Ort verändern
wollen. Genau darum geht es in einer Klima- und Umweltpolitik aber auch.

Wir stimmen dieser Maßnahme zu, wir stimmen dieser Novelle zu, aber, Frau Ministerin, wenn das jetzt die nächsten eineinhalb Jahre so weitergeht,
dann werden Sie all jene Ziele, die Sie bei der letzten Wahl angekündigt haben, die Sie auch im Regierungsprogramm stehen haben – Stichwort Klima­neutralität, Stichwort Nachhaltigkeit, Stichwort Transformation –, nicht errei­chen, und das werden dann auch Sie verantworten müssen.

Daher zum Abschluss ein klarer Appell: Bitte kommen Sie in die Gänge und liefern Sie das, was Sie bereits versprochen haben! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Gewessler. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Bitte.


16.38.17

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich möchte mich auch kurz zu die­sem Tagesordnungspunkt zu Wort melden, weil das Wegwerfen von Lebensmit­teln – darüber sind wir uns einig, dazu habe ich jetzt auch keine gegentei­ligen Aussagen gehört – eine Verschwendung von Ressourcen ist, aber vor allem in Zeiten von hoher Inflation und Teuerung schlicht und ergreifend nicht hingenommen werden kann – das sagt uns der Hausverstand. Es kann nicht sein, dass Tausende Tonnen Lebensmittel – genussfähige Lebensmittel – im Müll landen, gerade in Zeiten wie diesen.

Mit der Neuregelung im Abfallwirtschaftsgesetz machen wir einen weiteren Schritt zur Schaffung von mehr Transparenz und eine klare Ansage ge­gen Lebensmittelverschwendung.


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Das ist nicht die einzige Maßnahme – selbstverständlich nicht –, denn wir beschäftigen uns mit Lebensmittelverschwendung nicht erst seit dieser Novelle (Abg. Wurm: Was genau, Frau Minister, haben Sie gemacht? Was genau?), son­dern seit vielen, vielen Jahren (Abg. Wurm: Was genau ist passiert?),
und wir haben bereits vielfach Maßnahmen gesetzt (Abg. Wurm: Welche?), um Lebensmittelabfälle zu vermeiden (Abg. Wurm: Welche, Frau Minister?),
in der Gastronomie – United against Waste ist eine solche Initiative; ich kann Ihnen gerne Näheres berichten, aber ich kann Sie auch einladen, die viel­fältigen Publikationen (Abg. Wurm: Ja, super, sagen Sie es Ihrem Kollegen Rauch
im Konsumentenschutzausschuss!),
die wir zu diesem Thema machen, anzuschauen –, auch bei den privaten Haushalten, weil wir wissen, dass gerade private Haushalte ein großes Potenzial haben – Missverständnisse betref­fend Mindesthaltbarkeitsdatum (Abg. Wurm: Bei den Eiern, ja!), die
Frage: Wie geht man mit dem Wocheneinkauf um?, et cetera –, aber eben auch im Handel.

Der Handel hat einen großen Hebel, um da gegenzusteuern. Auch hier gibt es bereits Vorarbeiten. Mit der freiwilligen Vereinbarung zur Vermeidung
von Lebensmittelabfällen zwischen dem Umweltministerium und den Unterneh­men hat die sich Menge der vom Einzelhandel weitergegebenen noch ge­nusstauglichen Lebensmittel in den letzten Jahren verdreifacht.

Diese Verdreifachung ist gut und wichtig, uns fehlt aber eine Vergleichsgröße. Was nämlich bis jetzt niemand weiß, ist, wie viel gespendet wird und wie
viel trotzdem im Müll landet, weil es dem Unternehmen zu mühsam,
zu aufwendig, zu teuer, zu ich weiß nicht was ist, die Lebensmittel zu spenden. Fakt ist, dass Tafeln – ganz wichtige Einrichtungen gerade für Menschen,
die es am dringendsten brauchen – seit Beginn der Teuerung darüber klagen, dass sie zu wenige Sachspenden bekommen. Und die Transparenz, die
wir mit dieser Novelle schaffen, die Transparenz über die jeweiligen Mengen an „Abfall“ und die jeweiligen Mengen an Sachspenden – und ich nehme
„Abfall“ unter Anführungszeichen, denn wir reden da zum allergrößten Teil über


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genusstaugliche Lebensmittel – ist wichtig, weil wir dann überprüfen
können, über welche Mengen wir sprechen, und weil Transparenz – das wissen viele von uns hier in diesem Saal, ich schaue (in Richtung NEOS) gerade in
diese Richtung – ein großer Anreiz zum Handeln ist. Deswegen ist diese Novelle wichtig und ein weiterer Baustein gegen die Lebensmittelverschwendung.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in den letzten Jahren aber auch in enger Zusammenarbeit mit den Tafeln sowie allen Akteuren und Akteurinnen, die sich im Kampf gegen
die Lebensmittelverschwendung engagieren, viel in Know-how-Aufbau inves­tiert, insbesondere im Bereich Logistik. Wir sehen es nämlich in anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich: Wenn die Tafeln, wenn die sozialen Ein­richtungen die Mengen nicht verarbeiten, weitertransportieren und in
der Logistik abwickeln können, dann entsteht ein Engpass.

Deswegen haben wir mit der freiwilligen Vereinbarung zur Weitergabe von Lebensmitteln schon Schritte gesetzt. Nun wollen wir aber zwei weitere Dinge machen, nämlich eine Drehscheibe für Lebensmittel aufbauen, eine Online­plattform, auf der Produzenten, Handel und Landwirtschaft – das ist
also umfassender gedacht – ihre Mengen anführen, damit diese dann von sozialen Einrichtungen abgeholt und verteilt werden können, also ein Plan, um die Menge an Lebensmitteln, die weitergegeben werden können, zu er­höhen; und es soll auch – damit kommen wir einem lang-, lang-, langjährigen Wunsch der Tafeln nach – die Logistik der sozialen Einrichtungen mit Förderungen verstärkt unterstützt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Die Initiative ist ein wichtiger und richtiger Schritt, und ich möchte mich ganz herzlich bei Astrid Rössler und Johannes Schmuckenschlager, die schon gesprochen haben, für den Initiativantrag bedanken.

Noch kurz zu den Details der Regelung im AWG: Wir verpflichten im Lebensmit­teleinzelhandel und im Lebensmittelgroßhandel ab einer bestimmten Größe,


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das heißt große Betriebe mit mindestens einer Verkaufsstelle über 400 Quadrat­metern (Abg. Wurm: Sind Riesenbetriebe!) oder mindestens fünf Verkaufs­stellen, die Mengen an weggeworfenen, die Mengen an gespendeten Lebensmit­teln zu melden. Kleine Greißlereien oder Lebensmittelproduzenten, die
durch Direktabsatz vertreiben, sind von der Verpflichtung nicht erfasst. Viertel­jährlich, erstmals im vierten Kalenderquartal 2023, wird erfasst und dann
auch veröffentlicht.

Diese Maßnahme zur Erhöhung der Transparenz und zur Erhöhung des Spen­denanreizes fügt sich in eine Vielzahl von Maßnahmen ein. Ich darf allen
auch das Abfallvermeidungsprogramm noch einmal ans Herz legen,
das wir kürzlich veröffentlicht haben. Da finden Sie alle Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm Lebensmittelverschwendung noch einmal aufgelistet
und zusammengefasst. Das ist ein Bereich, bei dem es um eine Umweltschutz­frage geht, bei dem es um eine Klimaschutzfrage geht, da geht es aber
vor allem auch um eine ethische, eine moralische Frage – deswegen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung dieses Antrages. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Schnabel. – Bitte schön.


16.44.24

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Eingangs darf ich im Namen des Abgeord­neten Berlakovich einen Willkommensgruß übermitteln, und zwar an die Österreichische Volkspartei, an die Ortsgruppe Schachendorf aus
dem Südburgenland, mit Bürgermeister Robert Marlovits. – Herzlichen Empfang hier im Hohen Haus und ein herzliches Grüß Gott! (Beifall bei ÖVP und
Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lebensmittelverschwendung ist in aller Munde und wir haben hier heute
schon viel darüber gesprochen. Ich möchte eingangs stellvertretend für viele, die


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in den Märkten, in den Sozialmärkten, für die betroffenen Personen da
sind, einen Dank aussprechen, nämlich an eine Person, die bei uns in der Bezirks­hauptstadt Leibnitz seit vielen Jahren ehrenamtlich mit einem Team den Vinzimarkt betreibt: Das ist die ehemalige Landtagsabgeordnete Christine Koller, die seit vielen Jahren, nämlich seit über zwei Jahrzehnten, in der Bezirks­hauptstadt Leibnitz die Menschen mit Lebensmitteln versorgt.

Sie hat mir auch eines mitgegeben: Wir müssen danach trachten, dass die Le­bensmittel nicht weggeworfen werden, sondern bei den Sozialmärkten ankommen!

Genau das machen wir mit dieser Gesetzesnovelle: Wir sorgen einerseits für Transparenz darüber, was weggeworfen und was an diese Sozialmärkte übergeben wird; andererseits geht es auch darum, aufzuzeigen, wie wichtig Lebensmittel sind.

Das Wegwerfen von Lebensmitteln – wir haben es heute hier schon mehrfach gehört – ist moralisch und auch ökologisch eigentlich eine Schande. Es ist
aber auch ein Verlust von Ressourcen – Arbeitskräften, Energie und Geld –, die eben für die Produktion dieser Lebensmittel notwendig sind. Und genauso,
wie wir es vorhin beim Energieeffizienz-Reformgesetz gesehen haben, zeichnet sich auch hier das Stimmverhalten so ab, dass wir mittlerweile bei allem,
was Umweltthemen, was Energiethemen, Klimaschutz betrifft, so etwas wie eine Chiantikoalition hier im Haus haben, weil die SPÖ gemeinsam mit der
FPÖ bei all diesen Themen, die dem Klimaschutz dienen, dagegen sind und nichts voranbringen – und das muss man schon auch aufzeigen.
(Abg. Wurm: Chiantikoalition ist gut!)

Herr Kollege von der FPÖ, da Sie hier heute Vormittag in Ihrem Redebeitrag die Debatte über die Lebensmittelverteuerung geführt haben und immer
Ungarn als Beispiel nehmen, sage ich es noch einmal (Abg. Wurm: Ich habe nicht die Ungarn ...!): Ungarn hat im Lebensmittelbereich eine Inflation von


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46 Prozent, und das ist kein Vorbild für Österreich. Wir haben zugegebenerma­ßen im Lebensmittelbereich eine hohe Inflation, aber es sind 14 Prozent
und EU-weit sind wir da an fünftletzter Stelle, also summa summarum haben wir da nach wie vor eine sehr niedrige Inflation, auch wenn sie weiterhin zu be­kämpfen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Man muss auch dazusagen: 45 Prozent aller in Österreich über den Ladentisch gehenden Lebensmittel werden in Aktionen verkauft, das ist also eine große Menge, die in Summe in der Preisgestaltung und in der Preisfindung auch nicht in einzelne Tabellen Eingang findet.

Wo haben wir einiges zu beobachten und zu tun? – Das ist im Handel, im Be­reich der Oligopolstellung. Kollege Schmuckenschlager hat das schon angesprochen: Wir haben eine sehr hohe Konzentration im Handel, wir brauchen da mehr Wettbewerb und Transparenz. Auch Bundesminister Kocher hat
einiges angekündigt, was wir jetzt bis Herbst umsetzen wollen. Ich möchte da lo­benderweise auch den Twitteranten Mario Zechner erwähnen; nicht viele werden ihn kennen, aber er kommt aus dem EDV-Sektor und hat 51 Lebensmit­tel bei den drei großen Handelsketten verglichen. Bei 51 Lebensmitteln
hat sich herausgestellt: Bis auf die zweite Nachkommastelle sind die auf den Cent gleich teuer! 51 Lebensmittel! Da braucht es also schon mehr Transparenz, und es ist eine Aufgabe, genau hinzuschauen, wie sich eben diese Preise
für den Endkunden bilden.

Deswegen ist es auch gut und wichtig, dass die Bundeswettbewerbsbehörde da im vergangenen Herbst die Arbeit aufgenommen hat, mittlerweile mit 1 500 Lieferanten Kontakt aufgenommen hat, um den Wettbewerb des österrei­chischen Handels entsprechend anzusehen. Vor allem aufgrund von Eigen­marken sind es nämlich die mittelständischen Unternehmen, die da
durch den Handel unter Druck kommen und kaum Auswahlmöglichkeit haben, wie sie ihre Produkte anbringen.


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In diesem Sinne ist es ein erster Schritt, dass wir Lebensmittelverschwendung vermeiden, aber eben nur im Handel, und ich möchte auch appellieren –
und als Kommunalpolitiker weiß ich es –: Es gibt sehr viele Fehlwürfe im Rest­müll, und das sind hauptsächlich Lebensmittel. Das gehört also auch im
privaten Sektor verhindert, und jeder soll im Lebensmitteleinkauf
sowie in der -verwendung zu Hause sorgsam umgehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte.


16.49.08

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher
und Zuseherinnen! Lebensmittel sind zum Leben da, nicht zum Verschwenden und nicht zum Vergeuden. Ein Satz dazu: Das Wort Lebensmittelverschwen­dung ist eigentlich gar nicht das richtige Wort. Eigentlich müsste man sagen, wir vergeuden Lebensmittel, denn verschwenden heißt, wir verprassen sie und haben noch irgendeinen Genuss dadurch. Lebensmittelverschwendung bedeutet in Wirklichkeit aber, wir vergeuden die Lebensmittel, wir produzieren sie und schmeißen sie weg, und das geht sich überhaupt nicht mehr aus, das müssen wir ändern! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir alle dürfen Gamechanger:innen sein, wir müssen es sogar. Wir müssen das schaffen und es führt überhaupt kein Weg daran vorbei. Wenn wir von Treibhausgasen sprechen, sprechen wir von China und den USA. Was aber kommt an dritter Stelle? – An dritter Stelle kommen die Lebensmittel,
jene Lebensmittel, die wir wegschmeißen – wir karren Tiere durch die Welt, wir beuten die Milchkühe aus, wir produzieren Brot, das nach einem Tag
schlecht ist. Es braucht eine Trendwende, und diese Trendwende muss zur Folge haben, dass die Landwirtschaft selbstbewusst sagt: Auch wenn die Gurken krumm sind, wenn die Erdäpfel schirch ausschauen und wenn die Äpfel vielleicht


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nicht alle gleich groß sind, so sind sie trotzdem etwas wert! Lebensmittel
müssen uns allen etwas wert sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen ein neues Selbstbewusstsein für unsere Produkte (Abg. Michael Hammer: Für die abnormale Gurke!), für diese durch viel Leben und Liebe entstandenen landwirtschaftlichen Produkte, die einen Preis und einen Wert haben. Dann braucht es natürlich die Konsumenten und Konsumentin­nen, die sich sagen: Bevor ich es wegschmeiße, teile ich es! Ich melde mich bei der App Too Good To Go an! Es braucht Betriebe, die mitmachen und sich Know-how holen, die auch weniger wegschmeißen wollen.

Es gibt dubiose Zahlen: Ist der Handel daran schuld, sind es die Konsumenten und Konsumentinnen, oder ist es gar die Landwirtschaft, die Ernteausfälle,
das Klima? Herr Kollege Wurm – der weiß immer alles –, manchmal habe ich das Gefühl, Sie haben die Gescheitheit mit dem Löffel gegessen. Dabei kommt
aber nicht immer etwas heraus, muss ich leider sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Heiße Luft ist zu wenig, wir produzieren bereits
zu viel CO2.

Was wir brauchen, sind Daten, Fakten und Zahlen. Wir strengen uns jetzt an und dann können wir sagen, ob sich der Handel ausreichend zusammenreißt.
Wir werden sehen, wie viel der Handel spendet, wie viel er spenden könnte und warum er vielleicht zu wenig spendet. Gibt es ein Problem mit dem Min­desthaltbarkeitsdatum? Sollten zum Beispiel Eier, Brot und Milch länger haltbar sein? Braucht es für die Tafeln und für die Sozialmärkte eine bessere
Logistik? Können sie mit 10 Millionen Euro etwas anfangen oder braucht es noch mehr?

Zum Schluss: Es kommt – wie bei allen anderen Punkten heute – auf unser aller Handeln auf allen Ebenen an. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: Die Ulli war heute gemein zu mir!)

16.52



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte.


16.52.57

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Menschen hier im Saal und auch zu Hause! Vor einem Vierteljahr bin ich an derselben Stelle gestanden und habe über dasselbe Thema gesprochen. Ich möchte nun noch einmal die Fakten in Erinnerung rufen,
über die ich schon damals gesprochen habe. Die schlechte Datenlage haben wir schon erörtert, deshalb gibt es halt so Schätzungen: 60 Prozent werden
in den privaten Haushalten verschwendet. Das sind 1 000 Euro pro Haushalt, die quasi vom Einkaufswagerl in den Mülleimer wandern.

Circa 20 Prozent der Lebensmittelvergeudung betreffen die Außer-Haus-Verpflegung, 14 Prozent die Produktion, und der Antrag, der heute hier vorliegt, betrifft den Handel mit weniger als 10 Prozent. Das heißt, die anderen 90 Prozent bekommen wir mit diesem Antrag leider nicht in den Blick. Das ist aus meiner Sicht schade, weil das ein bisschen eine Augenauswischerei ist
(Beifall des Abg. Wurm), ebenso der minimale Konsens, den es hier gegeben hat.

Ich muss auch dem Kollegen von der SPÖ recht geben: Kein einziger Laib Brot, kein einziges Kilo Karotten und kein einziger Liter Milch werden durch
diesen Antrag konkret gerettet. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Wurm.)

Was wäre zu tun? – Da repliziere ich auf die anderen Kollegen, auch jene von der ÖVP: Wir müssen uns Lösungsvorschläge, vor allem für die saisonale Überproduktion anschauen, müssen uns einigen, wie wir mit diesen Mengen umgehen können. Wir müssen es den Betrieben ermöglichen, nicht
nur die A-Ware zu verkaufen, sondern auch Ware, die eine andere Qualität hat.

Betreffend Außer-Haus-Verpflegung: Es gibt viele große Betriebe – zum Beispiel Krankenhäuser und Co –, bei denen der Steuerzahler mit seinem Geld die
Außer-Haus-Verpflegung bezahlt. Vorhin wurde United against


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Waste angesprochen. Das muss man noch viel mehr pushen, sodass wirklich mehr getan und dieses Angebot auch in Anspruch genommen wird.

Langfristig ist es in meinen Augen sehr, sehr wichtig, dass wir in die Konsu­ment:innenbildung investieren, und da müssen wir in den Schulen ansetzen (Abg. Wurm: Guter Ansatz!): uns mit Kindern und Jugendlichen über Lebensmittel
und Lebensmittelproduktion unterhalten, darüber, dass mindestens haltbar bis nicht heißt: tödlich ab, und ihnen auch beibringen, wie wir Reste, wie wir
ganze Tiere und nicht nur die Gustostückerl verwerten. Das wäre, glaube ich, das Wichtige. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Fischer und Wurm.)

In einer Zeit, in der jedes fünfte Kind in Österreich von Kinderarmut betroffen ist, ist der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung oder -vergeudung
nicht nur eine ökologische oder eine ökonomische Frage. Es ist eine moralische Verpflichtung, die wir haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fischer.)

Weil ich glaube, dass Zukunft mit Zuversicht beginnt, möchte ich jetzt noch kurz auf die Preistransparenz eingehen, bei der die Politik leider gescheitert ist.
Mir macht auch da wieder die Zivilgesellschaft ganz große Hoffnung. Ich möchte auf preisrunter.at hinweisen. Das ist ein Softwareunternehmen, das eine Preisvergleichsplattform ins Leben gerufen hat, mit der jeder in Österreich ganz einfach die Preise in den Supermärkten vergleichen kann. – Danke schön.
(Beifall bei den NEOS.)

16.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berla­kovich. – Bitte.


16.56.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die ÖVP Schachendorf wurde schon begrüßt, aber ich darf das – weil das eine burgenländisch-kroati­sche Gemeinde ist – auch noch in unserer Muttersprache tun: Ja vas najsrdacnije pozdravljam narodnu stranku iz Čajte i iz Vincjeta s nacelnikom Robertom


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Marlovits, lipo da ste ovdje i da ste nas poiskali. Dobro došli! (Allgemeiner Bei­fall. – Abg. Voglauer: Dobro došli!) – Die Volksgruppensprachen müssen
auch gelebt werden, um den Volksgruppen Chancen zu geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lebensmittel sind kostbar. Kollegin Fischer hat es vorhin angesprochen: Gerade aus bäuerlicher Sicht bemü­hen wir uns ja schon seit Jahrzehnten darum, dass Lebensmittel auch die Wert­schätzung bekommen, die sie verdienen. Ein Lebensmittel zu erzeugen ist
nicht selbstverständlich, und es ist gar nicht so sicher, dass das auch gelingt. Es gibt Dürren, es gibt Missernten, es funktioniert das oder jenes nicht. Das Bemühen der heimischen Bäuerinnen und Bauern ist es, ein hochwertiges Le­bensmittel zu erzeugen, das natürlich auch leistbar ist. Insofern steckt da
ja sehr viel mehr drinnen, auch Leidenschaft. Es begeistert, zu sehen, wie sich unsere Direktvermarkter bemühen, ein regionales Lebensmittel zu erzeu­gen, bis hin zur gewerblichen Wirtschaft, die dasselbe tut. Daher propagieren wir ja schon seit Jahren Regionalität und Saisonalität.

Durch Corona hat das noch einen Schub bekommen, weil die Gesellschaft das regionale Lebensmittel, das unmittelbar in der Nähe erzeugt wird, mehr
schätzt. Dafür danke ich. Ich danke den Konsumentinnen und Konsumenten aus­drücklich dafür, dass sie heimische, regionale Lebensmittel kaufen.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Lebensmittel hat aber jetzt eine besondere Bedeutung bekommen. Die In­flation wurde angesprochen: Weil Lebensmittel teuer sind, beginnen die Menschen mehr darüber nachzudenken, was sie sich leisten können und auch leisten wollen. Wir haben diese Diskussion schon lange geführt. Vor
Jahren wurde herausgefunden, dass die privaten Haushalte in etwa 150 000 bis 200 000 Tonnen Lebensmittel wegwerfen.

Es geht aber jetzt nicht um Schuldzuweisungen, es sind ja verschiedenste Sektoren beteiligt. Nur um sich die Menge zu veranschaulichen: Das ist in etwa eine Menge an Lebensmitteln, von denen eine halbe Million Menschen in


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Österreich ein Jahr lang leben könnte – allein von dem, was von Haushalten weggeworfen wird. Ich glaube, dass neben den gesetzlichen Auflagen
die Bewusstseinsbildung sehr wesentlich ist. Man muss den Menschen auch bewusst machen, wie sie Lebensmittel einkaufen.

In österreichischen Supermärkten gibt es immer wieder Lebensmittelaktionswa­ren wie das berühmte Plastiknetz mit zehn Semmeln, die sehr billig sind.
Das verleitet natürlich die Konsumentinnen und Konsumenten dazu, mehr zu kaufen als nötig. Oft ist es so, dass davon sieben Semmeln gegessen
und drei weggeschmissen werden. Genau darum geht es: um die Bewusstseins­bildung, dass man lieber bewusster kauft, vielleicht das Lebensmittel, das
teurer ist, aber dieses dann auch wirklich verwendet, und nicht einfach auf Vor­rat kauft. Da sind sehr wohl auch die Supermärkte in die Pflicht zu
nehmen, weil die reine Aktionsware das ja auch fördert.

„Lebensmittel sind kostbar!“ ist dadurch entstanden, dass die österreichischen Bäuerinnen im Jahr 2011 ein Nachhaltigkeitsfrühstück organisiert haben,
um darauf hinzuweisen, wie wichtig das ist. Wir haben seitens des Lebensminis­teriums, wie es damals geheißen hat, die Aktion Lebensmittel sind kost­bar! gestartet. Da ist es sehr wohl auch um die Bewusstseinsbildung gegangen, nämlich darum, Menschen zu sagen, wie man sich vielleicht beim Einkauf verhalten soll, eben nicht nur Aktionsware kaufen soll.

Wir haben aber auch andere Dinge dargestellt: wie man richtig kühlt, welches Lebensmittel auf welcher Ebene in den Kühlschrank kommen soll, um
es zu erhalten, wie man Lebensmittel richtig einfriert, um die Haltbarkeit zu verlängern, wie das mit dem Ablaufdatum ist – dass das Lebensmittel,
auch wenn das Ablaufdatum überschritten ist, nicht gleich verdorben ist – und andere Dinge. – Das ist wichtig. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es ist danach ein bisschen eingeschlafen, und ich freue mich, dass das jetzt weiterhin betrieben wird. Wir haben uns damals partnerschaftlich bemüht, die Sozialpartner reinzunehmen – das ist nicht nur ein bäuerliches Thema –:


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Der Gewerkschaftsbund war dabei, die Arbeiterkammer war dabei,
die Wirtschaftskammer, die Gemeinden, die Abfallverbände waren dabei, damit wir gemeinsam einen Erfolg erzielen.

Weltweit wird das diskutiert. Ich komme gerade aus Südafrika, dort hat die World Farmers’ Organisation getagt: Der Hunger in der Welt ist evident, und es geht darum, in von Hunger betroffenen Regionen mehr wertvolle Lebens­mittel zu erzeugen, damit die Menschen nicht in andere Regionen flüchten müs­sen und einfach Wertschätzung erfahren und ihr Leben genießen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


17.01.25

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Lebensmittelverschwendung – vielleicht kurz zur Erinne­rung noch einmal: Frau Kollegin Fischer, es ist, glaube ich, jetzt sieben oder acht Jahre her, da habe ich den ersten Antrag zu diesem Thema eingebracht.
Sie wissen es, wir haben im Konsumentenschutzausschuss mehrmals zu diesem Thema gesprochen, und es ist nicht das passiert, was versprochen wurde:
dass da wirklich ein Konzept erstellt wird.

Das, was Sie hier machen, wundert mich schon. Ich muss sagen, Frau Kollegin Werner hat als Einzige heute dazu fundiert referiert: Wir reden davon,
dass der Handel aktuell noch 5 Prozent zu dieser Lebensmittelverschwendung beiträgt. (Abg. Fischer schüttelt den Kopf.) – Bitte dann genau recherchie­ren! (Zwischenruf der Abg. Fischer.) Die ÖVP sollte es ja hoffentlich wissen. – Das heißt, man kann dem Handel in Österreich viel vorwerfen, aber in dieser Beziehung ist schon sehr viel passiert. Was Sie in der Diskussion aber auslas­sen – und das wundert mich bei der ÖVP nicht –, ist, wo die eigentlichen Verschwender sind, und die sind halt in der Landwirtschaft mit 30 Prozent des


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Anteils – von dieser 1 Million Tonnen, von denen wir in Österreich
sprechen, kommen 30 Prozent aus der Landwirtschaft, von den Bauern –, in der Gastronomie mit ungefähr 15 Prozent und der große Teil findet natürlich in
den privaten Haushalten statt, was niemand ernsthaft diskutieren will.

Da geht es nicht darum, dass die Leute fahrlässig sind, sondern – Frau Kollegin Werner von den NEOS hat es erklärt – die wissen teilweise auch gar nicht
mehr, mit Lebensmitteln umzugehen. Daran seid ihr aber mit schuld, weil man quasi auch den Kindern nahezu verboten hat, sich für das Thema zu in­teressieren – das war ja ganz gaga, Kochen war überhaupt nicht im Trend –, und jetzt fällt es uns auf den Kopf, dass die Leute nicht mehr wissen, wie sie mit Lebensmitteln umgehen sollen. Das ist die Wahrheit, das sollten wir auch einmal diskutieren.

Zu diesem Antrag, den Sie hier einbringen: Dass das für das Klima nichts bringt, haben wir, glaube ich, heute gehört; das haben Sie selber gesagt, das bringt natürlich nichts; die Lebensmittelverschwendung wird er nicht reduzieren; es bringt dieses Gesetz auch den Sozialmärkten überhaupt nichts – über­haupt nichts! Was Sie aber machen – und das wundert mich jetzt schon und das ist vor allem der Vorwurf –: Sie schreiben hinein, es trifft alle Geschäfte ab
einer Größe von 400 Quadratmetern. (Abg. Stammler: Oder fünf Filialen! – Abg. Schwarz: Oder fünf Filialen!) Wenn Sie geschrieben hätten, es trifft jetzt den Rewe-Konzern oder die Großkonzerne, hätte ich ja gesagt, okay. So aber heißt das für jeden, der ein Geschäft hat, er muss bei diesem bürokratischen Wahnsinn, den Sie da vorschreiben, mitspringen. Da muss er mitspringen. Bitte lesen! Das, was Sie ausnehmen – ich hoffe, Sie haben es selber gelesen –,
was Sie explizit ausnehmen, das steht hier hinten drinnen, sind die Bauern. Die Bauern brauchen es nicht zu machen, aber diesen Kleinen, falls es diese berühmten Greißler in Österreich überhaupt noch gibt, geben Sie wieder einen Todesstoß mehr. (Abg. Stammler: 400 Quadratmeter oder fünf Filialen!) –
Der muss das ja administrieren. Das versteht ihr Grüne nicht, weil ihr einfach


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nicht vernunftbegabt seid (Abg. Stammler: Du hast zu wenig kapiert!): Das muss einer administrieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber dass die ÖVP da mitspielt! – Wo der Wirtschaftsbund da ist, weiß ich nicht. Genau das ist aber die Art, wie ihr die Klein- und Mittelbetriebe in Öster­reich in allen Branchen generell kaputtmacht. (Abg. Fischer: Was ist denn das für ein Greißler mit 400 Quadratmetern?!) Das Ergebnis ist dann, dass es halt
eine Konzentration von vier Konzernen in Österreich gibt, und das hilft mit, das zu verstärken. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Fischer – in Richtung des sich zu
seinem Sitzplatz begebenden Abg. Wurm –: Ein Greißler mit 400 Quadratmetern?! – Abg. Wurm: Warum sind die Bauern ausgenommen? Erklär mir das! Die
Bauern, warum?)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Clemens Stamm­ler. – Bitte.


17.05.10

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Kolleginnen und Kolle­gen! Ich bin heute etwas müde, weil ich um halb fünf in der Früh meine 15 Kühe gemolken habe, genau bis halb sechs in der Früh. Wie man an der Größe erkennt, ist das eher Idealismus und weniger wirtschaftlich sinnvoll. Wo der Idealismus allerdings auch bei mir schwindet, ist, wenn ich mir Gedanken darüber mache, dass ich eigentlich fünf Kühe für die Mülltonne gemolken habe.

Die Lebensmittelverschwendung ist im Lebensmitteleinzelhandel besonders interessant, weil sie in Wahrheit viel weitreichender als angenommen ist.
Ich hole nämlich für die 15 Kühe alle zwei Monate eine Tonne Futterkarotten; das sind Rückläufer eines Lebensmitteleinzelhändlers, der sie zum Verar­beiter zurückschickt, mit der Begründung, sie seien angeblich krumm oder da sei vielleicht eine schlechte dabei. – Ich habe noch nie eine abnormale Karotte
in der Charge von einer Tonne gefunden. Die liefert er einfach zurück, weil er sie nicht verkaufen kann.


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Warum dieser Lebensmittelpreisgipfel etwas gebracht hat, und zwar eindeutig? – Die Molkereien haben im Jänner beziehungsweise Anfang Februar die Erzeugerpreise für die Landwirte massiv gesenkt. Wann ist das bei
den Konsumentinnen und Konsumenten angekommen? – Ein paar Tage nach dem Lebensmittelpreisgipfel. (Abg. Schmuckenschlager: Nein!) Das
heißt, die Botschaft wurde sehr wohl verstanden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schmuckenschlager: ... dass Preise ...!)

Diese Meldepflicht für die weggeworfenen beziehungsweise gespendeten Lebensmittel gilt übrigens für Lebensmitteleinzelhändler ab einer Filialgröße von 400 Quadratmeter oder fünf Filialen, das heißt, es betrifft nicht den klei­nen Greißler, sondern durchaus die Ketten, die drei Ketten, die wir kennen. (Abg. Wurm – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Wo steht das da drinnen? Wo,
Herr Stammler? Wo steht das drinnen?)
 – Bitte lesen, steht drinnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Ich lese es ja vor!) – Es steht drinnen, einfach lesen!
Ich glaube, du bist des Lesens mächtig.

Das macht auch insofern sehr viel Sinn, wenn man bedenkt, wie viele Möglichkeiten der Lebensmitteleinzelhandel eigentlich hat. Wenn man nämlich glaubt, dass, wenn in der Filiale eingelagert wird, das Mindesthaltbarkeits­datum in irgendeiner Form irgendwo abgespeichert wird, irrt man. Es passiert noch immer manuell, dass die Verkäuferin, der Verkäufer zu Laden­schluss durchgeht und selbst das Mindesthaltbarkeitsdatum abliest. Sie haben kein System, das ihnen das Mindesthaltbarkeitsdatum der Waren inner­halb ihres Geschäfts anzeigt.

Auch haben sie kein System des Austausches: Wenn zum Beispiel fünf Tage, bevor ein Joghurt in der Neustiftgasse abläuft, das Joghurt in der Burg­gasse ausgeht, bestellt die Burggasse dennoch von derselben Kette eine Palette neues Joghurt, obwohl es in der Neustiftgasse abläuft. Man könnte austau­schen; es gibt kein System dafür. Der Erzeugerpreis hält den Druck anscheinend nicht so hoch, dass der Lebensmitteleinzelhandel irgendeinen Bedarf sieht,
das zu ändern. (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn schon der Erzeugerpreis nichts bewirkt, dann tut das vielleicht die Öffent­lichkeit, denn auf der einen Seite im Geschäft über Wunderlinge zu fantasie­ren und Werbung damit zu machen, auf der anderen Seite aber tonnen­weise Karotten zurückzuschicken, ist ganz einfach nicht sauber. (Beifall bei den Grünen.)

17.09


17.09.30

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den im Antrag 3374/A enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu haben die Abgeordneten Schmuckenschlager, Rössler, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Schmuckenschlager, Rössler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 5 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des im Antrag 3374/A enthaltenen Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Und somit kommen wir sogleich zur dritten Lesung.


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Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwendung von Lebensmitteln im Handel!“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.11.094. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien – Reihe
BUND 2021/12 (III-276/2043 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien – Reihe BUND 2022/27 (III-739/2044 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße die Präsidentin des Rechnungshofes sehr herzlich hier bei uns im Hohen Haus. (Allgemeiner Beifall.)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Johann Singer als Erstredner das Wort. – Bitte.


17.12.03

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, die Besucherinnen und


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Besucher aus der Stadt Gleisdorf beziehungsweise aus dieser Region im Namen meines Kollegen, des Bürgermeisters Christoph Stark, begrüßen zu
dürfen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Nun zum Bericht des Rechnungshofes: Auf Verlangen der SPÖ prüfte der Rech­nungshof die Generalsekretariate der Bundesministerien zwischen Dezem­ber 2017 und Juni 2019, also sozusagen in der Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition. Eine grundsätzliche Anmerkung vorweg, aus der Geschichte heraus: Die Funktion
des Generalsekretärs gab es im Außenministerium schon seit Langem, seit 1999 hatte er auch eine Vorgesetztenfunktion. Öffentlich bekannt wurde er bei diversen Krisen als Krisenmanager und Koordinator, aber auch in der protokolla­rischen Rolle als hochrangiger Vertreter der Bundesministerin beziehungs­weise des Bundesministers.

Ab April 2020 konnte auch in den übrigen Bundesministerien die Funktion eines Generalsekretärs mit koordinierenden Aufgaben eingerichtet werden. Vor Dezember 2017 gab es insgesamt fünf Ministerien mit einer Generalsekretärin beziehungsweise einem Generalsekretär. Die damals neue ÖVP-FPÖ-Bundesregierung wertete die Funktion auf und stattete sie mit einer Vorgesetz­tenfunktion und einem Weisungsrecht gegenüber den Sektionsleitungen
und nachgeordneten Dienststellen aus.

In der Folge wurde damals in allen zwölf Ministerien die Funktion des General­sekretärs eingerichtet beziehungsweise besetzt. Mit Ende der Regierungs­periode im Juni 2019 lief auch die Funktionsperiode der damals zwölf General­sekretärinnen und Generalsekretäre aus. Die am 3. Juni 2019 neu ange­lobte Bundesregierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein betraute mit Aus­nahme der verpflichtenden Funktion eines Generalsekretärs im Außenmi­nisterium keine Generalsekretärinnen und Generalsekretäre. Von der mit 7. Jän­ner 2020 neu angelobten Bundesregierung aus ÖVP und Grünen nutzten
zwölf von 13 ressortleitenden Bundesministerinnen und Bundesministern die


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Möglichkeit, Generalsekretariate einzurichten. Im Laufe dieser Legislatur­periode, Stand jetzt, ist die Anzahl auf sieben Generalsekretärinnen und General­sekretäre reduziert worden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was waren nun die Empfehlungen des Rech­nungshofes? –Da laut Rechnungshof klare Aufgabenstellungen und Zielset­zungen fehlten, werden diese eingefordert. Darauf aufbauend sollen strategische Ziele und davon abgeleitet konkrete Einzelziele festgelegt werden. Es wird weiters angeregt, bei der Betrauung mit der Funktion als Generalsekretär quali­tätssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Gemeint sind der Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung für diese Aufgabe. In der Geschäftseintei­lung und Geschäftsordnung der Bundesministerien sollen die Aufgaben zwischen dem Generalsekretariat und dem Kabinett klar abgegrenzt werden. Weiters wird im Sinne einer sparsamen Verwaltung die Festlegung der Rahmenbedingungen für die Personalkapazitäten eines Generalsekretariats und eines Kabinetts empfohlen.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren, noch eine Klarstellung, weil die SPÖ im Rechnungshofausschuss die angeblich 51 Mitarbeiter und Mitar­beiterinnen im Kabinett der Bundesministerin für Landesverteidigung kritisierte. Tatsächlich sind im Kabinett von Bundesministerin Klaudia Tanner 43 Mit­arbeiter tätig. Dazu der Vergleich mit den Vorgängern: Bundesminister Kunasek 2019: 52 Mitarbeiter, 2018: 40 Mitarbeiter; unter Doskozil 2017: 44 Mit­arbeiter, 2016: 39 Mitarbeiter; unter Darabos 2013: 35 Mitarbeiter und 2007: 49 Mitarbeiter. – Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Zahlen zeigen,
dass die Kritik an unserer Bundesministerin Tanner völlig unbegründet ist. Ich darf der SPÖ empfehlen, sich an Daten und Fakten zu orientieren. Herzli­chen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Karin Greiner zu Wort. –Bitte. (Abg. Kucher: Jetzt kommen die Fakten!)



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17.17.22

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Besucherinnen und Besucher! Bevor ich zu den Fakten komme, darf ich
im Namen unseres Kollegen Christian Drobits sehr herzlich eine Gruppe aus Markt Sankt Martin und Neudorf begrüßen. – Willkommen im Parla­ment! (Allgemeiner Beifall.)

Die SPÖ-Fraktion hat Anfang 2019 einen Antrag auf Sonderprüfung beim Rechnungshof eingebracht. Wir wollten, dass die Generalsekretariate überprüft werden. Warum war uns das so wichtig? – Wir haben uns gefragt: Warum
wird eine weitere Führungsebene eingezogen, eine weitere Führungsebene zwi­schen den Kabinetten der Minister und den Sektionsleitungen? Das ge­schah auch noch ohne Aufnahmeverfahren und ohne Transparenz. Es war unklar, warum eine bestimmte Person dafür ausgewählt wird. Wir haben uns gefragt: Was sollen die Generalsekretäre tun? Wofür sind sie da? Was
werden ihre Aufgaben sein?

Der Rechnungshof hat zum Beispiel festgestellt, dass die Aufgaben der General­sekretärinnen und -sekretäre nirgendwo festgeschrieben waren, in keiner Geschäftsordnung. Das hat uns natürlich zum Antrag bewogen, deshalb haben wir diese Prüfung beantragt. Wir haben das vermutet und der Rechnungs­hof hat unsere Vermutungen bestätigt.

Was uns wirklich irritiert hat, war, dass man zusätzliche Führungskräfte – quasi Schattenminister – installiert hat, die man dann auch zu Ausschüssen ge­schickt hat. In den Ausschüssen haben sie aber keine Antwort geben müssen, wenn wir als Parlamentarier:innen sie etwas gefragt haben. Das ist eine Beschneidung des Interpellationsrechtes, und das können wir so nicht hinneh­men. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben uns gefragt, ob vielleicht an anderer Stelle eingespart werden wird, wenn es Generalsekretariate gibt. Zu welchem Schluss ist der Rechnungs­hof gekommen? – Der Bericht macht deutlich, dass es zu keinerlei Einsparungen


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kam, weder finanziell noch personell. Man hat einfach eine zusätzliche
Ebene eingezogen, es wurde nirgendwo sonst eingespart. Man hat quasi die gleiche Arbeit erledigt,
es wurde auch kein Mehr an Akten bearbeitet, kein Mehr an Arbeit erledigt.

Dann stellt sich berechtigterweise die Frage: Warum brauchen wir diese Gene­ralsekretariate? – Mit der Option auf Übernahme in den öffentlichen
Dienst, muss man wissen. (Abg. Kühberger: Hat der Leichtfried keinen gehabt?) Was uns auch wirklich gestört hat – das hat auch der Bericht bestätigt –:
Zwei Generalsekretäre haben ein Dienstauto inklusive Chauffeur zur Verfügung gehabt, obwohl es dafür keinen Rechtsanspruch gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, das sind viele Punkte, die wirklich hinterfra­genswert und zu kritisieren sind. Da geht es um den Einsatz von Steuer­geldern, und die haben transparent eingesetzt zu werden. Das ist unsere ent­scheidende Forderung.

Hierzu darf ich auch einen Entschließungsantrag unserer Fraktion einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „transparente, zweckmäßige und sparsame Postenvergabe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzvorschlag vorzulegen, der eine Budgetbegrenzung für Ministerbüros und General­sekretariate vorsieht.“

*****

Erlauben Sie mir noch einen Nachsatz dazu, warum es sich lohnt, diesem Antrag zuzustimmen: Während der Coronazeit haben wir erlebt, dass viele Gesetze


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vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Warum ist das eigent­lich passiert, warum war das notwendig? – Man hat in der Struktur zwischen Ministerkabinetten und Generalsekretariaten Gesetzestexte ausgearbeitet, ohne auf die Expertise in den Ministerien zurückzugreifen. Das ist eigentlich unglaublich! Die Gesetze hat man dann nicht so formuliert, dass sie super, hieb- und stichfest gewesen wären, und deshalb mussten sie aufgehoben wer­den. Die Begründung des Verfassungsgerichtshofes war: Der Gesetzestext war nicht begründet. – Also summa summarum hat es keine Verbesserung der Qualität der Arbeit gegeben, im Gegenteil: zurückgeworfene Gesetzestexte und Kostenexplosionen. Mein Kollege Philip Kucher wird darauf noch eingehen,
er wird die weiteren Fakten – wie es in den Minister:innenbüros wirk­lich ausschaut – bringen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPÖ.)

17.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Karin Greiner

betreffend transparente, zweckmäßige und sparsame Postenvergabe

eingebracht am 24. Mai 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Rech­nungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien – Reihe BUND 2021/12 (IIl-276 d. B.)

Seit Jahren steigen die Personalkosten in den Ministerien. Aus einer Anfragebeant­wortung geht hervor, dass die Personalkosten beim Kanzlerwechsel von
Christian Kern zu Sebastian Kurz stark gestiegen sind, aber auch beim Regierungs­wechsel 2019. Sogar nach dem Amtsantritt von Bundeskanzler Nehammer
sind die Kosten erneut gestiegen. Die Steigerungen können nur zu einem kleinen Teil durch die Inflation erklärt werden. Durch eine Sonderprüfung des Rechnungs­hofs auf Verlangen der SPÖ und dem daraus resultierenden Rechnungshofbericht


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„Reihe Bund 2021/12“ zu den Generalsekretariaten wurde zudem aufge­deckt, dass zusätzlich zu den steigenden Personalkosten in den Ministerien eine weitere Stelle geschaffen wurde, die hohe Kosten verursacht. Fraglich ist, warum es plötzlich notwendig ist, über so viel mehr Personal zu verfügen. Es scheint, als würden die Ministerien ohne Bedarfsanalyse und Bedacht für das Geld der Steuerzah­lerlnnen Personal aufstocken. Bundesregierungen handeln aber mit Steuergeld
und sind dazu verpflichtet, dieses transparent, zweckmäßig und sparsam einzusetzen.

Um für Transparenz, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu sorgen und damit Steuergeld zu sparen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzvorschlag vor­zulegen, der eine Budgetbegrenzung für Ministerbüros und Generalsekretariate vorsieht.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


17.21.59

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Na ja, auch etwas, das grundsätzlich sinnvoll ist, hat im­mer wieder Verbesserungspotenzial, und darum bin ich dem Rechnungshof für diesen speziellen Bericht über die Generalsekretariate sehr dankbar. Er
listet genau auf, wie man eine solche Aufgabenstellung sinnvoll ausgestalten kann. Es beginnt damit, dass es klare Aufgaben geben muss, die eine
solche Funktion auszuführen hat, und diese sollten dann auch gleichzeitig eine


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Entscheidungsgrundlage dafür sein, ob man sie in einem Ministerium braucht oder ob die Sektion ausreicht.

Genauso stellt der Rechnungshof fest, dass man natürlich auch die fachliche und persönliche Eignung der Kandidaten unter entsprechenden Rahmenbe­dingungen abprüfen muss. Die Abgrenzung zwischen Generalsekretariaten und Kabinetten ist genauso eine Idee des Rechnungshofes dazu, wie man so
eine Funktion vernünftig ausgestalten kann, und es sollten natürlich auch ent­sprechende Personalkapazitäten erarbeitet und mittels Beschluss festge­legt werden.

Der Rechnungshofbericht hebt aber auch die Schwächen in den internen Kontrollsystemen hervor, denn diese Schwachstellen ermöglichen es der Regie­rung, hinter verschlossenen Türen ohne jegliche Transparenz oder Re­chenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit Entscheidungen zu treffen. Es ist eigentlich inakzeptabel, dass Steuerzahler nicht wissen, wie ihre Gel­der verwendet werden und welche Ergebnisse damit erzielt werden. Es gehören Maßnahmen ergriffen, um diese Probleme anzugehen und dieser ineffi­zienten und intransparenten Regierungsführung ein Ende zu setzen.

Der Rechnungshof liefert uns immer wieder Ideen und Empfehlungen, wie Arbeitsabläufe verbessert und interne Kontrollsysteme gestärkt werden können. Da sehe ich echten Handlungsbedarf. Misswirtschaft und Intransparenz in
den Regierungsbüros gehören aufgezeigt. Ich bitte den Rechnungshof, auch da Einschau zu halten, denn wir müssen sicherstellen, dass im Interesse
der Bürger gearbeitet und gehandelt wird.

Bezeichnend war für mich, dass Herr Vizekanzler Kogler im Ausschuss nicht sagen konnte, wie hoch der aktuelle Gesamtpersonalstand in den Büros
der Generalsekretäre ist. Dazu muss man auch sagen, dass die Regierung in Zeiten, in denen sich die Menschen das Leben nicht mehr leisten kön­nen, mit gutem Beispiel vorangehen und etwas sparsamer wirtschaften sollte. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.24



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 322

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


17.24.58

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes, herzlich willkommen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Dieser Rech­nungshofbericht über die Generalsekretariate hat uns eines sehr deutlich vor Augen geführt: Er hat uns gezeigt, dass das, was die FPÖ in den Bier­zelten immer erzählt und den Leuten klarzumachen versucht, einfach nicht richtig ist. Es ist nicht so, dass ihr Tun ein Arbeiten für die kleinen
Leute wäre, sondern es ist ein Arbeiten für die eigenen Leute. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist ein Unterbringen der eigenen Leute im Staatsdienst, und zwar mit System. Diese Generalsekretariate sind eines der Einfallstore dafür, dass man mög­lichst viele möglichst schnell in entscheidende Positionen im Staat
bringt. (Abg. Kaniak: Zum Beispiel im Verkehrsministerium!) Es ist zum Beispiel so, dass sich Generalsekretärinnen und Generalsekretäre keinem Aufnahme­verfahren unterziehen müssen. Die kann man sich einfach aussuchen! Wenn man sie dann nach diesem alten System ausgesucht hatte, hatten sie
einen Rechtsanspruch darauf, dass sie in den Bundesdienst wechseln konnten, nämlich in ein Beamtendienstverhältnis auf Lebenszeit. Man konnte ganz
super jemanden aus eigenem Gutdünken auswählen und ihn für im­mer im Staatsdienst verankern – perfektes System, oder? –, deshalb war das auch eines der allerersten Dinge, die unter grüner Regierungsbeteiligung
wieder abgeschafft wurden. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht aber noch weiter, denn die Generalsekretärinnen und Generalsekretäre hatten auch Büros, und auch für diese Büros gab es keine Richtlinien. Da
wurde nicht festgelegt, welche Aufgabenbereiche sie zu erfüllen hatten oder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 323

wofür dort Leute angestellt werden sollten. Dort konnte man nach Gut­dünken Stellen schaffen und erweitern. Man konnte ganz gezielt Leute hinein­setzen, die man dort haben wollte – wiederum ohne Auswahlverfahren.

Es geht aber noch weiter: Die Generalsekretärinnen und Generalsekretäre muss­ten ja etwas darstellen. Erstens einmal wurden sie besoldungstechnisch
ganz hoch eingestuft, zweitens konnten sie sogar einen Dienstwagen mit Fahrer haben. Das bedeutet, sie hatten eigentlich auf mehr Anspruch als die
höchsten Beamten im Staat. Mit diesem System hat man versucht, Steuergeld dorthin zu lenken, wo man es haben wollte, man hat es dafür eingesetzt,
die eigenen Leute sehr, sehr gut und sehr gezielt dorthin zu verteilen, wo die
wichtigen Entscheidungen für diese Republik getroffen werden. So funktioniert dieses System, und das wollen wir in dieser Republik nicht mehr haben. –
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte. (Abg. Hörl: Jetzt geht’s ab!)


17.28.03

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich höre die Rede von Kollegin Prammer
und denke mir: Hm, haben die Grünen bei Regierungseintritt dafür gesorgt, dass dieser schwarz-blaue Generalsekretärsunfug abgeschafft wird? (Ruf bei
der SPÖ: Kann ich mich nicht erinnern!)
 – Haben sie nicht! Den gibt es immer noch!

Jetzt könnte man sagen: Ja, okay, sie haben nicht so viele Grüne hineingesetzt, wie die Blauen Blaue hineingesetzt haben, sie haben das nicht so wahn­sinnig ausgebaut. – Okay. Der Fehler aber ist geblieben, nämlich dass über den Sektionschefs noch eine Ebene eingezogen wurde und der Sektionschef
somit nicht mehr der höchste Mitarbeiter im Haus ist. Was ist das
für ein Signal? – Es ist ein Signal an die Mitarbeiter, dass man nur an die Spitze des Hauses kommen kann, wenn man die richtige Farbe hat, wenn man


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 324

politisch passt; und das war ein ganz schlechtes Signal, das auch die Grünen ab Regierungseintritt gesendet haben.

Deswegen gehört das alles wieder hin zur alten Rechtslage rückabgewickelt: dass ein Generalsekretär, falls es überhaupt einen gibt, den Laden koordinieren kann, aber gegenüber einem Sektionschef nicht weisungsberechtigt ist.
Sonst ist es nämlich so, dass man die Sektionschefebene ausschreiben muss, dieser sich dem Auswahlverfahren unterwerfen muss und sein Chef eine
Stelle bekommt, die nicht ausgeschrieben werden muss. Das ist nicht systemlogisch.

Ich bringe daher einen Antrag ein, der genau auf das abzielt, nämlich darauf, die alte Rechtslage wiederherzustellen :

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weg mit den neuen Generalsekretären in den Bundesministerien – Wiederherstellung des Rechtszustandes von 2017“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den Rechtszustand vor dem Inkrafttreten
der Bundesministeriengesetz-Novelle 2017 für die Generalsekretäre in den Bun­desministerien wiederherstellt.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 325

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Douglas Hoyos, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Weg mit den neuen Generalsekretären in den Bundesministerien - Wieder­herstellung des Rechtszustandes von 2017

eingebracht im Zuge der Debatte in der 213. Sitzung des Nationalrats über
den Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien – Reihe
BUND 2021/12 (III-276/2043 d.B.) – TOP 4

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat am Anfang ihrer Tätigkeit das Bundesministeriengesetz so abgeändert, dass die Ministerien standardmäßig mit Generalsekretär:innen besetzt werden, die den Sektionschefs gegenüber weisungsberechtigt sind. Diese Positionen müssen im Gegensatz zu den nachgeordneten Sektionschef-Posi­tionen auch nicht ausgeschrieben werden.

Zum einen wurde damit eine zusätzliche Personalebene in den Ministerien eingezogen, was einen ohnehin aufgeblähten Bundesdienst weiter ausgedehnt hat. Zum anderen ist seit dieser Novelle das klare Signal an die Mitarbeitenden in
den Ministerien gesetzt: "Chef kannst Du nur werden, wenn Du bei der richtigen Partei bist." Das Ende des Staatsdieners alten Verständnisses wurde so
durch eine harte Parteilogik ersetzt.

Der aktuelle RH-Bericht unterstreicht Problematik und Kosten des Gesetzes
aus 2017, das wieder beseitigt gehört. BM Brunner hat für sein Haus die Funktion des Generalsekretärs bereits beseitigt und damit das richtige Signal für die
anderen Ministerien gesetzt.

Quellen:

Beschluss des Nationalrates 2017, https://www.parlament.gv.at/dokument/
XXVI/BNR/3/fname_676801.pdf


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 326

derStandard.at, 19. Dezember 2017, https://www.derstandard.at/story/
2000070694678/bundesministeriengesetz-12-minister-und-maechtige-general­sekretaere

Rechnungshofbericht 2021, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/
home/2021_12_Generalsekretariate.pdf

Wiener Zeitung, 1. Juli 2022, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/
politik/oesterreich/2153238-Der-Schatten-im-Ministerium.html

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Re­gierungsvorlage zuzuleiten, die den Rechtszustand vor dem Inkrafttreten der Bundesministeriengesetz-Novelle 2017 für die Generalsekretäre in den Bundes­ministerien wiederherstellt."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nun hat sich Frau Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Präsidentin.


17.29.58

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In diesem Block, in dem Rechnungshofberichte beraten werden, stehen Berichte auf der Tagesordnung, die die Verwaltung des Bundes betreffen. Da geht es um zwei Themen: Es geht einerseits um die Einführung von Generalsekretären in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 327

den Bundesministerien – das betrifft den ersten Bericht. Der zweite betrifft die Umsetzung der Telearbeit in ausgewählten Ministerien.

Der Bericht über die Generalsekretariate beruht auf einer Verlangensprüfung der SPÖ. Wir haben für diese Sonderprüfung den Zeitraum von En­de 2017 bis zur Bestellung der Expertenregierung im Juni 2019 geprüft. Mit dem Regierungswechsel im Juni 2019 lief die Funktion der damals zwölf General­sekretärinnen und Generalsekretäre aus. Aktuell sind in sieben Bundes­ministerien Generalsekretäre tätig.

Wir haben bei dem Bericht gesehen, dass im Prüfzeitraum selbst in Summe 14 Männer und eine Frau mit der Funktion des Generalsekretärs bezie­hungsweise der Generalsekretärin betraut waren. Vier Generalsekretäre wurden extern aufgenommen, elf kamen aus dem Bundesdienst. Zwei der extern aufgenommenen Generalsekretäre wurden in der Folge in ein Beamtendienst­verhältnis übernommen. Das war durch einseitige Erklärung möglich.
Dieser Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis entfiel dann mit der Bundesministeriengesetznovelle 2020 wieder.

Nun zu den Generalsekretären selbst: Generalsekretäre weisen unterschiedliche Wesensmerkmale auf, zum einen jene, die ident mit denen eines Sektions­chefs sind, weil sie mit einer Weisungsbefugnis ausgestattet sind.

Im Bericht halten wir fest, dass die Aufwertung des Generalsekretärs durch die Ausstattung mit einer Vorgesetztenfunktion zu dieser internen administra­tiven Spitze eines Bundesministeriums an sich grundsätzlich geeignet wäre, um Steuerungsdefizite hintanzuhalten. Das Modell, das ja vom Außenminis­terium übernommen wurde, wurde aber nur ungenügend in andere Ressorts übertragen, sodass das Ziel, die Verwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit
zu stärken, nicht immer erreicht werden konnte.

Zweitens hat das Dienstverhältnis eines Generalsekretärs auch Wesensmerk­male der Kabinettsleitung aufgewiesen, und zwar aufgrund eines beson­deren Vertrauensverhältnisses zur Ministerin oder zum Minister.


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Der Unterschied zwischen Generalsekretär und Kabinettsleiter ist der, dass der Kabinettschef, die Kabinettschefin keine Vorgesetztenfunktion innerhalb
der Beamtenhierarchie hat, dies deshalb, weil es Aufgabe eines Kabinetts ist, die Bundesministerin oder den Bundesminister zu unterstützen und ihnen zu
dienen.

Generalsekretäre sind eine Schnittstelle zwischen der politischen Leitung eines Ministeriums und der Linienorganisation. Sie unterstehen dem jeweiligen Bundesminister, der Bundesministerin. Diese tragen die politische Verantwor­tung. Infolge einer fehlenden Aufgabenabgrenzung zwischen Kabinett
und Generalsekretariat oder infolge von ähnlich gelagerten Aufgabenstellungen oder Mehrfachverwendungen als Kabinettschef und Generalsekretär be­stand das Risiko von Doppelgleisigkeiten und weiters natürlich das Risiko einer starken Verpolitisierung der Verwaltung. Demzufolge dürfen General­sekretäre nach Auffassung des Rechnungshofes auch kein politisches Eigenleben entwickeln.

Weil der Generalsekretär damit an der Spitze der Verwaltung steht, bedarf es qualitätssichernder Maßnahmen hinsichtlich der persönlichen und fach­lichen Eignung. Deshalb wären Maßnahmen erforderlich, die die objektive Feststellung der Eignung gewährleisten.

Die Einrichtung eines Generalsekretariats ist optional möglich. Es fehlte uns aber im Bericht – das wurde hier schon gesagt – eine grundlegende Aufgaben-
und Zieldefinition für die Einrichtung der Generalsekretariate. Somit war es nicht möglich, zu evaluieren, inwiefern die Generalsekretäre zu einer effizienten
und professionellen Verwaltungsführung beigetragen haben. Es ist eben ihre Auf­gabe, Verwaltung effizient zu koordinieren und durch eine gute Steuerung
zu stärken. Speziell in den großen Ressorts mit vielen Sektionen oder auch nach wesentlichen Kompetenzverschiebungen zwischen den Ministerien kann es daher sehr wohl Argumente geben, Generalsekretariate einzurichten.


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Was den Personalstand der Generalsekretariate und der Kabinette betrifft – da gibt es ja Stäbe auf beiden Seiten –, ist im Prüfzeitraum, also vom ersten Quartal 2017 bis zum ersten Quartal 2019, ein Anstieg des Personalstands um 13 Prozent zu verzeichnen gewesen. In Summe hat im Prüfzeitraum der
gesamte Personalaufwand 50 Millionen Euro betragen.

Trotz der Einrichtung der Generalsekretariate als zusätzliche Hierarchieebene blieb die Anzahl an Beschäftigten in den Kabinetten nahezu unverändert. Deshalb haben wir im Bericht angeregt, dass es etwa durch einen Ministerrats­beschluss eine Selbstbindung geben soll, die Personalkapazitäten in den Kabinetten und den Büros der Generalsekretäre zu begrenzen, denn es geht um Sparsamkeit in Summe. Wir haben es sehr begrüßt, dass der Herr Vize­kanzler gesagt hat, dass er im Rahmen der Dienstrechtsnovelle bereit ist, einige Unzulänglichkeiten, die wir im Bericht festgestellt haben, aktiv aufzugreifen.

Zusammengefasst sagen wir, Kabinette sind Unterstützungsapparate für den je­weiligen Bundesminister, für die Bundesministerin. Generalsekretäre haben
ihre Aufgabe innerhalb der Ministerialverwaltung. Die Verwaltung funktioniert in einem System der Aufgabenverteilung und der Rollenverteilung mit einem
klaren Verhältnis der Über- und Unterordnung. Da braucht es klare Ver­waltungsstrukturen. Mehrfachverwendungen bergen Rollenkonflikte in sich, und es gibt auch noch sonstige Organisationseinheiten, die schlüssig der jeweili­gen ministerialen Ebene zuzuordnen wären.

Sehr wohl gibt es Themen, die zwischen den einzelnen Ministerien koordiniert werden müssen. Da sehen wir schon eine Aufgabe auch derartiger höchs­ter Beamter, der Generalsekretäre, nämlich sich innerhalb der Bundesverwaltung gut abzustimmen. Das betrifft die Optimierung von Verwaltungsprozessen.
Da geht es etwa um den gleichartigen Einsatz der IT und der Kommunikations­technologien, es geht um das Gebäude- und Reisekostenmanagement, es
geht um das Förderwesen oder eben um die Telearbeit – was wir im zweiten Be­richt dann auch gesehen haben –, weil das sehr unterschiedlich geregelt
ist. Das heißt, es geht um Themen, die zwischen den Verwaltungen abzustimmen


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wären. Die Verwaltung selbst müsste daran interessiert sein, dass Verwal­tungsinnovation permanent stattfindet und dass man auch zwischen den Minis­terien voneinander lernen kann.

Zum Bericht zur Telearbeit: Das haben wir als relevantes Thema im Bundes­dienst gesehen, weil Telearbeit durch die Pandemie einen großen Aufschwung erfahren hat. Da ging es um die Geräteausstattung, um die Frage, wie
man das bewältigen kann. Seither ist sie ein weit verbreitetes Phänomen im Bundesdienst. In Summe hat sich die Arbeitswelt verändert, und dementsprechend, glauben wir, müsste man auch im Bundesdienst die Entwicklungen der Nutzung der Telearbeit entsprechend beobachten sowie evaluieren.

Mit der Telearbeit können strategische Personal- und Organisationsziele verbunden sein. Das kann das Ziel sein, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, das können Ziele der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Reduktion der Teilzeitquote, der Reduktion von CO2-Emissionen, aber auf der anderen Seite auch der Optimierung der Raumnutzung sein.

Vor diesem Hintergrund haben wir dem Beamtenministerium empfohlen, in Ko­operation mit anderen Bundesministerien die zukünftigen Entwicklungen
beim Einsatz von Telearbeit in der Bundesverwaltung zu beobachten und zu ana­lysieren. Telearbeit ist auch eine große Führungsaufgabe, damit man da
eben die notwendigen Ergebnisse erbringt. Wichtig ist, auch den Einfluss von Telearbeit auf die Effektivität der Bundesverwaltung zu erheben. Als
Ergebnis dieser Analyse wäre es durchaus möglich, auch eine Grundsatzrichtlinie zur Regelung der Telearbeit im Bundesdienst zu entwickeln, weil ja die Regelungen sehr unterschiedlich sind und wir einige Best Practices gesehen ha­ben, wie etwa im Bereich des Arbeitsministeriums. – Ich danke für die Auf­merksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

17.39


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Präsidentin.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kühberger zu Wort. – Bitte.



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17.39.31

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Nationalratsprä­sidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Besonders begrüßen möchte ich aber eine große Abordnung aus meiner Heimatsgemeinde Mautern, vor allem meine Frau und meine Tochter. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf jetzt über den zweiten Punkt des Rechnungshofberichtes sprechen, der ja schon erwähnt wurde: die Telearbeit oder das Homeoffice – ich glaube, Letzteres sagt jedem mehr als das Wort Telearbeit. Die Frau Rechnungshofpräsi­dentin hat es schon angesprochen: Ausgesuchte Ministerien wurden über­prüft, zum Beispiel das Bundeskanzleramt, das Wirtschaftsministerium,
die Ministerien für Sport sowie für Wissenschaft und Bildung sind dabei, aber auch jenes für Justiz. Diese Ministerien wurden im Hinblick auf die Tele­arbeit überprüft.

Im Bericht habe ich gelesen, dass es in den Ministerien eigentlich seit 2005 mög­lich war, die Telearbeit zu nutzen, dass es aber in der Praxis sehr wenig angenommen wurde. Warum? – Weil es dazu immer eine Ausnahmegenehmi­gung gebraucht hat, und meistens gab es Ausnahmegenehmigungen aus dem Grund, dass man zu Hause Familienangehörige gepflegt hat. Was die Frau Präsidentin aber auch schon angesprochen hat: Mit der Pandemie hat das dann natürlich eine Geschwindigkeit bekommen, mit der man eigentlich nie ge­rechnet hat.

Was ist dann passiert? – Wie in den Betrieben war es auch in den Ministerien so, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter quasi von heute auf morgen Homeoffice gemacht haben. Das war natürlich eine besondere Herausforderung, denn nicht jeder hat einen Arbeitsplatz mit der erforderlichen IT-Ausstat­tung gehabt. Da geht es um Sicherheit – darauf komme ich gleich noch –, und so haben die Ministerien auch rechtzeitig geschaut, dass IT-Ausstattung für


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die Arbeitsplätze angeschafft worden ist. Von Jänner bis Juni 2021 waren
es 4,38 Millionen Euro, die die Ministerien dafür in die Hand genommen haben.

Gerade die IT-Sicherheit war ein ganz wichtiger Punkt, den der Rechnungs­hof auch geprüft hat, denn da geht es um Daten und vor allem um Datenschutz. Wir kennen es aus der Privatwirtschaft und es ist auch bei den Ministerien so, dass der Arbeitgeber für die Sicherheit der Daten zuständig ist. Weiters hat es die Empfehlung gegeben – die Frau Rechnungshofpräsidentin ist darauf
schon kurz eingegangen –, dass man auch schaut, dass man eine Leistungsbilanz hat, das heißt, dass man auf die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter im Homeoffice schaut, dass man diese auch kontrolliert und rechtzeitig reagiert, wenn es zu einem Leistungsabfall kommen sollte. Wichtig ist
aber auch: Man kann nicht alle ins Homeoffice schicken, denn es muss ja auch der Betrieb im Ministerium funktionieren. Die Verfügbarkeit muss gege­ben sein, und so ist es auch eine große Empfehlung des Rechnungshofes, dass nicht alle (Abg. Haubner: Gleichzeitig!) zu Hause arbeiten. Spannend ist
auch, dass in dem Bericht steht, dass es in der Zeit, in der Homeoffice geleistet wurde – das war von März 2020 bis Juni 2021 –, um 10 bis 30 Prozent
weniger Krankenstände gab. Das ist auch spannend.

Ich komme schon zum Schluss. Auch weil eine große Abordnung aus meiner Ge­meinde heute hier ist: Im Großen und Ganzen glaube ich, dass Homeoffice
auch ganz, ganz wichtig für den ländlichen Raum ist, weil es damit für die Jugend einfach die Chance gibt, dass man nicht in die Stadt ziehen muss, um
einen Arbeitsplatz zu haben, sondern zu Hause, in den eigenen vier Wänden ar­beiten kann. Darum war es auch wichtig, dass wir, die Regierungsparteien,
hier in diesem Haus die Breitbandmilliarde beschlossen haben. So wird meine Ge­meinde in den nächsten zwei Jahren komplett mit Breitband versorgt, und
das ist wichtig.

Ich möchte auch die Schlussworte der Frau Präsidentin nennen: Sie haben von Familienfreundlichkeit, von Attraktivität und vor allem von Flexibilität


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gesprochen. – Das ist die Zukunft für unsere Jugend, diese Arbeitswelt brauchen wir. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

17.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


17.43.47

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade jetzt wäre es so wichtig, dass die Kolleginnen und Kol­legen von der Freiheitlichen Partei hier im Saal anwesend sind. (Abg. Brückl: Wir sind eh da!) Es geht um Geldverschwendung, es geht um Postenschacher
in den ehemals freiheitlichen Ministerien, und so viele von euch fehlen. (Abg. Lausch: Das hast du eh alles schon im Ausschuss gesagt!) Gerade für euch ist dieser Bericht ja gemacht worden. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Kollege Wurm, wenn du so nett bist: Ich werde dir die Unterlagen dann mitgeben – die Frau Präsidentin hat das gerade auch ausgezeichnet referiert –, und es wäre so wichtig, dass du diese Informationen auch an die Kolle­ginnen und Kollegen im freiheitlichen Klub weitergibst, denn ihr habt es mit der Geldverschwendung und mit dem Postenschacher in eurem Bereich
schon ordentlich weit getrieben. (Abg. Wurm: Wir? Wir?) Vielleicht ist das der Grund, dass heute hier einige fehlen.

Du, Kollege Wurm, warst es nicht, aber es war zum Beispiel der damalige Innenminister namens Herbert Kickl, der ja ganz besonders fleißig war (Ruf bei der FPÖ: Der beste Innenminister aller Zeiten!), wenn es darum gegangen
ist, den eigenen Politapparat aufzublähen. Man muss sich vorstellen: 37 Mitar­beiter hat Herbert Kickl als Innenminister gebraucht (Ruf bei der FPÖ: We­niger als die Presseabteilung von Kurz, oder?), und da zähle ich den Generalsekretär noch gar nicht dazu. 37 Mitarbeiter hat er gehabt. Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Wenn du einmal nachrechen möchtest (Abg. Wurm – in


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Richtung ÖVP und Grüne weisend –: Philip, da sitzt der Gegner! Das ist der
Gegner! Philip! Da schau, das ist die Regierung, Philip!),
was glaubst du, wie viele Leute Herbert Kickl für den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ge­braucht hat? War es eine Person, waren es zwei, waren es drei, waren es vier, waren es fünf? – Sechs Leute hat Herbert Kickl für den Bereich Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit gebraucht! Er hat schon ordentlich zugelangt, wenn es darum gegangen ist, im eigenen Bereich einen blauen Politapparat aufzubauen.

Vielleicht bist du so nett, ich gebe dir dann die Unterlagen mit, und die Frau Prä­sidentin hat ja einen eigenen Bericht gemacht. Wenn wir von Geldver­schwendung reden, wäre es gerade für die FPÖ so wichtig, im Nachhinein die Fehler noch einmal ein bisschen zu durchleuchten, damit sie in Zukunft
nicht wieder passieren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Wir haben eine Besuchergruppe aus dem Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien hier. Das sind Menschen, die im Bereich der Pflege, der Gesundheits­berufe arbeiten, und gerade für sie ist es natürlich im Nachhinein blanker Hohn. Einige werden sich noch erinnern, es hat doch immer geheißen: Sparen im System, nicht bei den Menschen! Ich möchte seinen Namen nicht erwähnen, weil die ÖVP dann wieder sagt, dass ich Sebastian Kurz zu oft zitiere (Heiterkeit bei den Grünen), aber er hat immer gesagt: „Wir sparen im System, nicht bei den Menschen.“

Gerade wenn man im Gesundheitsbereich arbeitet, erinnert man sich natürlich an Ministerin Hartinger-Klein zurück. Da ist nicht viel weitergegangen,
außer wenn es um Eigenmarketing gegangen ist. Wir haben leider erlebt, dass ÖVP und FPÖ eine Regierung aufgebaut haben und einen Politapparat in Österreich geschaffen haben, den es in der Form noch nie gegeben hat. (Ruf bei der FPÖ: Doskozil! – Abg. Zarits: Doskozil im Burgenland!) Nicht nur im Be­reich der Kabinette war Kickl ganz vorne mit dabei. Bei den Menschen habt ihr ordentlich gespart, aber bei den eigenen Pressesprechern, im Polit­marketing, bei den Generalsekretären, da war das Geld abgeschafft, es war


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abgeschafft, und da habt ihr dann ordentlich Generalsekretäre reingeholt. (Neuerliche Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte nur zwei Beispiele bringen, Kollegin Greiner hat ja recherchiert: Als Generalsekretär hat es nicht gereicht, dass man ein Auto hat, denn man
kann ja nicht allein fahren, es braucht auch noch einen Chauffeur. Und es hat auch andere Dinge gegeben, die die freiheitlichen Generalsekretäre dann gebraucht haben. Da war Generalsekretär Baumann, der gesagt hat, er sei im Verteidigungsministerium in einer so wichtigen Funktion, und da sei es wichtig, dass alle ihn kennen. Also musste man in jeder Kaserne in Österreich nicht nur das Foto vom Bundespräsidenten und vom Verteidigungsmi­nister aufhängen, sondern auch das vom Generalsekretär, damit jeder weiß, wer Herr Baumann ist. Das war eine ganz, ganz wichtige freiheitliche Amtshand­lung. Da habt ihr was weitergebracht für die Soldatinnen und Soldaten.

Den anderen Generalsekretär wird man auch noch kennen, sein Name klingt schon entsprechend: Herr Goldgruber. (Abg. Lausch: Schlusssatz! Das
Licht leuchtet!)
Er ist unter Herbert Kickl Generalsekretär geworden und da ist dann eh einiges weitergegangen, nicht nur bei der berittenen Polizei.
Als Generalsekretär ist Herr Goldgruber draufgekommen, dass ihm oben das Gold fehlt, dass er ein eigenes Abzeichen braucht, weil er als neuer Generalsekretär noch höher als alle anderen steht, und natürlich hat er eine eigene Uniform gekriegt. (Abg. Lausch: Die kostet natürlich ein Vermögen, das habt ihr noch nie rausgeschmissen ...!) Das war wichtig für die Polizistinnen
und Polizisten. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) – Das war die Politik der freiheitli­chen Partei. (Abg. Lausch: Eine Uniform kostet kein Vermögen! In Kärnten vielleicht ...!)

Noch zwei Sätze abschließend, weil die ÖVP gesagt hat, ich kritisiere, dass Mi­nisterin Tanner jetzt so viele Mitarbeiter hat: Sie braucht jetzt 50 Leute in
ihrem Kabinett. (Abg. Lausch: Das ist ja unfassbar!) Ich möchte nur dazusagen: Ich bin ja durchaus fair, und wenn in der Coronakrise der Gesundheitsminister
mehr Miterbeiter hat, habe ich dafür ein gewisses Verständnis. Aber


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wenn Ministerin Raab 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, wenn Ministerin Zadić mit 21 Personen auskommt, dann weiß ich nicht, mit welcher Be­gründung Verteidigungsministerin Tanner 50 Personen braucht. (Abg. Gahr: Das stimmt nicht!)

Und abschließend, um auch die jetzige Regierung mit an Bord zu holen: Es ist leider ähnlich weitergegangen. Wir haben den teuersten Politapparat
aller Zeiten. (Ruf bei der ÖVP: Na, geh!) Noch nie in der Geschichte dieser Re­publik hat es derart viele Politsekretäre, Generalsekretäre, Pressespre­cher gegeben wie jetzt unter Schwarz-Grün. Ich sage das vor allem deswegen, weil wir heute jede Menge Menschen kennen, die sich das tägliche Leben
nicht mehr leisten können, die mit dem Geld nicht über die Runden kommen, und weil trotz der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel zu wenig weitergeht.

Deswegen möchte ich gerade an euch Grüne appellieren und euch sagen, dass ihr in diesem Bereich die Motoren seid und dass ihr schauen müsst, dass
von Tanner bis hin zu Bundeskanzler Nehammer die Kabinette nicht immer auf­geblähter werden, dass das Geld nicht in euren Politapparat fließt, son­dern in Zukunft hoffentlich verstärkt zu den Menschen, die wirklich Unterstüt­zung brauchen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.


17.49.13

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Also, Kollege Kucher, das hört sich heute
schon ein bisschen anders an als im Ausschuss. – Jetzt hat er besser recherchiert. Im Ausschuss hat er noch behauptet, das Generalsekretärkabinett Kickl hätte 61 Mitarbeiter gehabt (Abg. Kucher: Generalsekretäre, Staats-


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sekretäre!) – da warst du noch bei 61, aber da hast du natürlich die von Staats­sekretärin Edtstadler gleich mitgezählt. Jetzt sind wir bei 37 (Abg. Kucher:
Plus Generalsekretär!),
da schaut die Welt schon wieder anders aus.

Natürlich, ihr habt zuletzt von 1997 bis 2000 den Innenminister gestellt, das ist schon ein Zeiterl her. Und wir sind ja gespannt, was passiert – wir wün­schen es der Polizei und der Sicherheit in Österreich nicht –, wenn ihr wieder einmal den Innenminister stellen solltet, was ich nicht glaube, weil ihr mo­mentan ganz andere Probleme habt. Ich bin aber gespannt, wie es wäre, wenn ihr nach 23 Jahren ein Ministerium übernehmen würdet, mit wie vielen Mitarbeitern ihr auskämt.

Man kann die Generalsekretäre hart kritisieren, das kann man schon machen, aber man könnte das natürlich auch (Abg. Kucher: Aber entschuldige dich
doch einfach, Herbert! Das braucht dir ja nicht peinlich zu sein!) 
– sei nicht so auf­geregt, Kucher! – mit externen politischen Beraterzukäufen lösen. Das ist
euch ja bekannt, unter der Regierung Kern – ich sage jetzt nur Silberstein – war das ja up to date.

Was hat das eigentlich den Steuerzahler gekostet? – Stell dich da heraus und sag es! Ihr seid nicht die Sauberpartei, ihr habt die Probleme der Vergangenheit
noch nicht gelöst, löst die jetzt einmal in der Zukunft! Das ist eure Sa­che. Die Generalsekretariate sind wenigstens transparent, die kann man durch­leuchten. Aber schaffen wir sie ab! Machen wir Zukäufe externer Politbe­rater, da seid ihr ja Spitzenreiter, und dann schauen wir, was den Steuerzahler am Ende mehr kostet! (Beifall bei der FPÖ.)

Und bitte: Eine Uniform eines Generalsekretärs Goldgruber hier zu kritisieren – eine Uniform kostet vielleicht in Kärnten, vielleicht bei dir ein Vermögen,
aber sie kostet nichts. Das ist einfach nur populistischer Unfug, das ist Unsinn, was du da verzapfst. (Abg. Kucher: Sei nicht so nervös! – Zwischenruf der
Abg. Erasim.)
Das hat überhaupt nichts mehr mit Sachlichkeit zu tun. Das ist aber


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dein Stil, Sachlichkeit vermisst man bei dir. Man sieht: Du operierst im Aus­schuss mit ganz anderen Zahlen als heute. Das heißt, man sollte gleich gscheit recherchieren oder man sollte es lassen. Was du da machst, ist eigentlich
nur, dass du hier mit einem grinsenden Gesicht herauskommst und dich freust, wenn du auf die Leute hinschlagen kannst, nichts anderes. Recherchier ein­mal gscheit! Mach einmal deine Arbeit! Mach es einmal gescheit! (Abg. Greiner: Fakten! Fakten! Noch nie so teuer wie jetzt!) Dann stell dich da her und
dann kritisier! – Gut, danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.51


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun eine Meldung zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. – Herr Abgeordneter Matznetter, bitte.


17.52.01

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Abgeordneter Lausch hat eben behauptet, dass in der Ära Kern anstelle der Kosten für
die ganzen Sekretariate, für die Personen, Herr Silberstein mit Steuergeld be­zahlt worden sei. – Das ist falsch.

Ich berichtige tatsächlich: Die Kosten für Silberstein wurden ausschließlich von der Partei bezahlt (Abg. Lausch: Von Kern selber! – Zwischenrufe bei der
ÖVP),
so wie damals die Clash-of-Clans-Spiele von Strache. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: War das jetzt eine tatsächliche Berichtigung?)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michael Seemayer zu Wort. – Bitte.


17.52.47

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Es ist jetzt ein bisschen schwer, zum Thema Homeoffice zurückzukommen. Ich weiß nicht, wie viele von den Generalsekretären und Beschäftigten in den Sekretariaten im Homeoffice waren, das ist nicht Inhalt des vorliegenden Berichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 339

Vielleicht aber ein paar Anmerkungen zum Bericht über die Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Ministerien: Telearbeit, auch Homeoffice
oder mobiles Arbeiten, war bis vor der Coronapandemie eher eine Randerschei­nung, denn nur 10 Prozent der Arbeitnehmer:innen konnten das auch
nutzen. In der Coronapandemie ist Telearbeit oder Homeoffice, wie man um­gangssprachlich eher sagt, natürlich in vielen Bereichen zu einer Arbeits­form geworden, die einen durchgehenden Arbeitsablauf weitgehend hat sicher­stellen können – jedenfalls dort, wo Homeoffice auch möglich war.

Viel zu oft wird nämlich, wenn Homeoffice als die moderne und zukunftswei­sende Arbeitsform bezeichnet wird, darauf vergessen, dass der Großteil
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich Tätigkeiten ausübt, bei denen das gar nicht möglich ist. Ich denke hierbei zum Beispiel an alle Ar­beiterinnen und Arbeiter, an die Beschäftigten im Handel, im Transportwesen, im Bereich der Pflege, in der Gesundheitsvorsorge oder an die Polizistin­nen und Polizisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die allermeisten unselbstständig Erwerbstätigen können ihre Arbeit nicht von zu Hause aus verrichten. Das sind vor allem jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Österreich für die Grundversorgung zuständig sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch dort Arbeitszeitmodelle, zukunfts­weisende Arbeitszeitmodelle, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und Ar­beitsformen braucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Der vorliegende Bericht zeigt, dass es zu Beginn natürlich auch für die Ministerien eine Herausforderung war, kurzfristig auf Homeoffice umzustellen. Viele Arbeitsplätze waren dafür technisch nicht ausgerüstet. So hat auch
auf eine private IT-Ausrüstung zurückgegriffen werden müssen, was natürlich die Frage der Sicherheit in den Raum gestellt hat. Die zentralen Stellen
der Ministerien standen vor der Herausforderung, die IT-Ausstattung kurzfristig so umzustellen, dass flächendeckend sicheres Homeoffice möglich war.
Das hat natürlich einen Digitalisierungsschub mit sich gebracht, der gut war –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 340

dies auch deshalb, weil man jetzt besser darauf vorbereitet ist, falls wie­der irgendetwas dahin gehend kommen sollte, dass es notwendig ist, auf dieses System zurückzugreifen.

Auch wenn inzwischen großteils wieder Regelbetrieb herrscht, bleibt der Anteil an Homeoffice dementsprechend hoch, was natürlich Auswirkungen auf
die Mitarbeiterführung, auf das Arbeitsklima, auf die Mitarbeiterzufriedenheit, auf den Datenschutz und vieles mehr hat. Das muss auf jeden Fall beob­achtet und evaluiert werden. Es braucht klare Rahmenbedingungen für Home­office, für Telearbeit, damit diese im Regelbetrieb sinnvoll für alle Betei­ligten, aber auch im Ausnahmefall kurzfristig zielgerichtet eingesetzt werden können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Koll­ross. – Bitte.


17.56.25

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her! Ich möchte mich zu Beginn wieder einmal bei Ihnen, Frau Rechnungs­hofpräsidentin, und bei dem gesamten Team für die guten Berichte bedanken, die gerade für uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier Grundlage da­für sind, um zu überprüfen, wo wir Nachbesserungen brauchen und machen sollten.

Ich möchte ganz bewusst auf einen Bericht eingehen, der jetzt schon mehrmals erwähnt wurde, nämlich auf jenen über die Telearbeit. Ich bin der Meinung,
Ihr Bericht bringt ganz, ganz wertvolle Erkenntnisse, und wir haben diesbezüg­lich auch eine gute Aussprache – auch mit dem Vizekanzler – im Rech­nungshofausschuss gehabt. Ich glaube, wir können gemeinsam festhalten, dass wir aufgrund von Corona eine Situation gehabt haben, die es in der Form
noch nie gegeben hat und auf die zu reagieren war. Wir alle gemeinsam, die ge­samte Republik, waren auf diese Frage nicht vorbereitet, und das zeigt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 341

am Ende eben auch dieser Bericht. Deshalb muss man daraus auch die notwen­digen Schlüsse ziehen.

Ich möchte aber schon auch anmerken, dass man, wenn man über Telearbeit spricht, vor allen Dingen eines festhalten muss – auch wenn es jetzt mit
dem Bericht nur bedingt bis gar nichts zu tun hat –: Dass die Republik, dass die Verwaltung in dieser Situation funktioniert hat, ist vor allen Dingen den Beamtinnen und Beamten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den ver­schiedensten Behörden auf Bundesebene, auf Landesebene und vor al­len Dingen auch auf Gemeindeebene zu verdanken. Diese haben dafür gesorgt, dass das tägliche Leben in einer Zeit, in der wir eine Sondersituation mit Lockdowns und anderen Dingen gehabt haben, nach wie vor funktioniert hat.

Deshalb möchte ich meinen Redebeitrag auch wirklich dazu verwenden, um mich bei allen Bediensteten des Bundes, des Landes und der Gemein­den zu bedanken. Diese haben dafür gesorgt, dass trotz einer Regierung, die relativ viel Chaos angerichtet hat, letztendlich die Verwaltung und die Republik funktioniert haben. Das ist nicht das Verdienst der Regierung, sondern das ist in erster Linie das Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
auf Bundes-, Landes- und vor allen Dingen auf Gemeindeebene. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59


17.59.10

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Generalsekretariate in den Bundesministerien,
III-276 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 342

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „transparente, zweckmäßige und
sparsame Postenvergabe“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weg mit den
neuen Generalsekretären in den Bundesministerien – Wiederherstellung des Rechtszustandes von 2017“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 5: Antrag
des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes betreffend Dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in aus­gewählten Bundesministerien, III-739 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein zustimmendes
Zeichen. – Dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

18.00.516. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2022/44 (III-828/2042 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend FACULTAS DOM Buchhandels GmbH – Reihe
BUND 2022/22 (III-691/2045 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 6 und 7
der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 343

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


18.01.28

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rech­nungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rech­nungshof hat den Tätigkeitsbericht 2022 vorgelegt. Auf 130 Seiten gibt es einen umfassenden, übersichtlichen und aussagekräftigen Einblick in die Arbeit
des Rechnungshofes.

Es geht um Finanzkontrolle, es geht um Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit, man kann auch über die Berichte auf Bundesebene, Länderebene und Gemeindeebene einen Überblick bekommen. Insgesamt hat der Rechnungshof im Jahre 2022 50 Berichte zu unterschiedlichen The­matiken vorgelegt.

Es hat auch zwei Sonderprüfungen gegeben, einerseits zu den Asylbetreuungs­einrichtungen des Bundes, andererseits zu Auftragsvergaben im Bereich
der Bauleistungen von Asfinag und ÖBB. Ein Schwerpunkt im Jahr 2022 waren auch die Themen Parteiengesetz, die Parteispenden sowie Rechenschafts­berichte der Parteien.

Man darf eigentlich positiv feststellen, dass gerade was die Wirksamkeit der Empfehlungen des Rechnungshofes betrifft  es wiederum eine Steigerung
bei den Follow-up-Überprüfungen auf 87,3 Prozent und im Nachfrageverfahren auf 89,1 Prozent gegeben hat. Der Rechnungshof ist weiters auch immer
wieder sehr aktuell dabei, wenn es darum geht, Gesetzentwürfe und Verordnun­gen zu hinterfragen, und er gibt dabei Stellungnahmen ab.

Ein wesentlicher Punkt im Jahre 2022 war auch, dass der Rechnungshof sich da­für eingesetzt hat, dass wir, gerade was das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung betrifft, was den Umgang mit Compliance und Transparenz betrifft, Schwerpunkte setzen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 344

Weiters stellte aufgrund der Aktualität natürlich das Thema Covid-19 einen be­sonderen Schwerpunkt dar. Der Rechnungshof hat 22 Überprüfungen von Covid-19-Hilfsprogrammen herausgegeben, 18 dieser Prüfungen wurden bisher veröffentlicht. Positiv ist, wie ich glaube – ich habe mir da selber ein Bild gemacht –, dass es ein Mehrwertpapier gibt, um aus diesen Erfahrungen, die durch die gesamten Förderprogramme im Covid-Bereich gemacht wur­den, Lehren für die Zukunft zu ziehen und zukünftig solch große Projekte besser und effizienter abwickeln zu können.

Eine Herausforderung stellt natürlich wieder das Parteiengesetz dar. Mitte 2022 wurde ja beschlossen, dass es mit 1. Jänner 2023 mehr Möglichkeiten für
den Rechnungshof gibt, politische Parteien zu überprüfen. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass die Ressourcen, was die Überprüfungen im Bereich Parteien und Compliance, Parteien und Wahlen und Wahl­kampfkosten und sogenannte Spendenlisten betrifft, neu aufgestellt wurden.

Zukünftig haben auch wir, die Abgeordneten hier im Haus, mehr Möglichkeiten, um Prüfverlangen zu stellen. Außerdem können auch Mitglieder der Bundesregierung, der Landtage solche Sonderprüfungen beantragen. Aktuell sind einige Prüfungen offen, die werden präsentiert, in nächster Zukunft kommen die Prüfungen zu den Themen Impfstoffbeschaffung, Abwicklung von UVP-Verfahren in der Steiermark, zum Schulbetrieb in der Pandemie und
zur Vergabepraxis der Wiener Gesundheitsverwaltung.

Der Rechnungshof hat aber auch einen Schwerpunkt Richtung Zukunft: „Next Generation Austria – Überlassen wir der nächsten Generation mehr als Schulden?“ Ich glaube, das ist ein absolut wichtiger Prüfungsbereich, da sind sechs Themen im Fokus: die Auswirkungen der Staatsschulden auf die
nächsten Generationen, die Nachhaltigkeit des Pensionssystems, Infrastruktur­investitionen, Universitätsfinanzierung, Fachkräftemangel und Digitali­sierung in den Schulen. Ich glaube, das ist ganz wichtig, das sind zentrale The­men, die man unbedingt beleuchten muss.


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Danke für diesen Tätigkeitsbericht. In der Zwischenzeit ist das Team im Rechnungshof ja ein wenig aufgestockt worden, um die zusätzlichen Aufgaben bewältigen zu können. Ich glaube, dieser Bericht zeigt eindeutig, dass die
Arbeit des Rechnungshofes abgestimmt und weitreichend funktioniert. 
Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

18.06


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ruth Becher. –Bitte.


18.06.29

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin
des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der jährliche Bericht, der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes ist für das Hohe
Haus von großer Bedeutung, denn Gesetzgebung, Vollzug, Rechtsprechung kontrollieren sich gegenseitig. Um diese Kontrollfunktion auch aus­üben zu können, braucht der österreichische Nationalrat den Rechnungshof.

Der jährliche Tätigkeitsbericht gibt auch wichtige Anhaltspunkte zur Leis­tungsfähigkeit des Kontrollorgans. Er ist für 6 000 Rechtsträger prüfungszustän­dig. Er handelt auch auf Verlangen des Nationalrates, ich erinnere an kon­krete Aufträge, die natürlich auch für unsere Arbeit sehr wichtig sind, zum Bei­spiel waren das Prüfungen zu den Asylbetreuungseinrichtungen, zu Auf­tragsvergaben von Bauleistungen, sowie die Ergebnisse der zehn
Covid-19-Prüfungen.

Der Rechnungshof hat 20 Parteispenden und sieben Rechenschaftsberichte von Parteien gemäß dem Parteiengesetz veröffentlicht.

Von den 301 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind laut Rechnungshof 84 Pro­zent auch im Prüfdienst tätig.

Die Berichte enthalten Empfehlungen, die zu 80 bis 90 Prozent auch umgesetzt werden. Daran lässt sich schon ablesen, dass der Rechnungshof aus Sicht


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des Steuerzahlers auch ein sogenanntes gutes Geschäft ist, wenn ich das so sa­lopp formulieren darf.

Wir bemühen uns, angemessene, moderne Arbeitsmittel zur Verfügung zu stel­len. Die Rechnungshofpräsidentin hat berichtet, dass es zu laufenden Ver­besserungen bei den Räumlichkeiten und zuletzt im Bereich der Sicherheit ge­kommen ist, aber auch im Bereich der Digitalisierung kommt der Rech­nungshof gut voran. Dass zurzeit an weiteren Optimierungen des Workflows in Bezug auf Digitalisierung gearbeitet wird, wird von uns ebenfalls unter­stützt und hat unseren Zuspruch.

Daher bleibt mir an dieser Stelle nur, dass ich mich im Namen der Sozialdemo­kratie bei den Prüferinnen und Prüfern des Rechnungshofes herzlich für
die hervorragende Arbeit bedanke und viel Erfolg für die zukünftige Arbeit wün­sche. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Christian Lausch gelangt jetzt zu Wort. – Bitte.


18.09.08

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich kann mich da gleich meiner Vorrednerin Ruth
Becher anschließen. Ja, der Rechnungshof rechnet sich für die Steuerzahler:in­nen, für die Bürgerinnen und Bürger, er ist ein ganz wichtiges Organ für
uns Politiker, für uns Nationalräte hier im Haus.

Er leistet super Arbeit, und ich will mich da vorweg einmal bei den vielen, vielen Mitarbeitern des Rechnungshofes, die stundenlang akribisch gute Arbeit
für uns leisten, bedanken, genauso bei den Prüferinnen und Prüfern, die schon jahrelang, jahrzehntelang den Nationalrat, uns, unterstützen und dem Steuerzahler sehr, sehr viel Geld ersparen.


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Das heißt, einen Euro für den Rechnungshof mehr auszugeben, das kann immer nur ein Gewinn sein, denn mit den ganzen Prüfungen erspart man dem Steuerzahler natürlich sehr viel Steuergeld, und mit diesem sollte man ja sehr wirtschaftlich und transparent umgehen.

Was ich noch erwähnen möchte, ist: Ich freue mich schon auf den Bericht der Sonderprüfung betreffend die 4. Panzergrenadierbrigade, die unser Natio­nalratsabgeordneter außer Dienst Reinhard Eugen Bösch noch eingebracht hat; im Ausschuss haben wir ja gehört, er wird demnächst fertig werden. Auch
auf diesen sehr guten Bericht sind wir schon sehr gespannt.

Sonderberichte, Sonderprüfungen, Schwerpunktprüfungen sind sehr wichtig. Ich will mich beim Rechnungshof auch für die sehr, sehr vielen guten, sehr umfangreichen und wichtigen Berichte die Coronazeit betreffend bedanken. Wenn man sich das Ganze, die Rechnungshofberichte zum Covid-Management, anschaut, sieht man, dass das, was uns jetzt noch fehlen würde, ein Untersuchungsausschuss ist, aber leider Gottes stellen sich da alle
anderen Parteifarben gegen uns. Wir würden das fordern, wir würden das als wichtig empfinden, und wenn man die Rechnungshofberichte in diesem Zusammenhang genau liest, so gibt uns auch der Rechnungshof da natürlich recht. Wir würden diesen Untersuchungsausschuss eigentlich brauchen,
aber solange sich da diese Einheit der vier Parteien gegen uns stellt, können wir das leider Gottes nicht umsetzen. Das wäre aber noch eine wichtige Sache.

In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Prüfungen des Rechnungshofes. Den engagierten und guten Prüfern und Mitarbeiter:innen in Ihrem Haus
sei noch einmal gedankt, und ja, seien wir gespannt auf die Ergebnisse der Son­derprüfungen. Ich glaube, der Rechnungshof rechnet sich und der Rech­nungshof ist wichtig für uns hier im Parlament. – Danke schön.
(Beifall bei der FPÖ.)

18.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stögmül­ler. – Bitte. (Abg. Lindner: Der David, der David! Wir freuen uns!)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 348

18.11.55

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich rede
sehr gerne über den Rechnungshof und seinen Wert für diese Republik, denn in Zeiten wie diesen, in Zeiten, in denen sich gerade eine Ex-Ministerin und
auch andere Ex-Regierungsmitglieder vor Gericht verantworten müssen – jetzt insbesondere Frau Karmasin –, weil sie der Meinung sind, der Staatshaus­halt der Republik, finanziert durch das Steuergeld der Österreicherinnen und Ös­terreicher, sei ein Selbstbedienungsladen, in Zeiten wie diesen muss klar
sein, dass diese Republik mehr Transparenz und auch entsprechende Kontrolle braucht und nicht weniger.

Der Rechnungshof ist nicht zuletzt dank Ihrer exzellenten Leitung und auch dank Ihres exzellenten Teams, Frau Präsidentin Kraker – dieser Bericht markiert
die Hälfte Ihrer Amtszeit –, zu einem wichtigen Transparenzinstrument in dieser Republik geworden, wenn nicht sogar besonders wichtig aufgrund der
multiplen Krisen in den letzten Jahren. Darum freut es mich, dass wir in den letzten Monaten und Jahren einiges vorangebracht haben, um den Rechnungshof zu stärken und ihn als Instrument, als unser parlamentarisches Instrument auch weiterzubringen – auch zu Ihrer Unterstützung, dass Sie
mehr Kompetenzen haben, das heißt mehr Einsicht, mehr Kontrollmechanismen und dass somit auch mehr Transparenz in diesen Bereichen gegeben ist.

Allem voran stellt da natürlich die Parteienfinanzierung, das ist schon angespro­chen worden, eine Herausforderung dar, die Sie auch gemeistert haben.
Mit der Erneuerung des Parteiengesetzes hat der Rechnungshof auch deutlich mehr Handlungsspielraum gewonnen, zum Beispiel kann er auch in die Parteifinanzen Einsicht nehmen, so insbesondere auch illegale Parteispenden abfangen. Ich finde das sehr wichtig. Auch mit dem Unabhängigen
Parteien-Transparenz-Senat gewinnt die Steuerzahlerin, der Steuerzahler praktisch einen Wirtschaftsprüfer, der darauf achtet, dass in den Finanzen der Parlamentsparteien alles mit rechten Dingen und auch
korrekt zugeht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 349

Aus dem U-Ausschuss wissen wir sehr wohl auch, dass ein strenges Auge
auf Parteien, Teilorganisationen oder parteinahe Organisationen oder Vereine – also ISP und was wir da nicht alles schon im Ausschuss gehabt haben –
sehr wichtig ist und durchaus eine Berechtigung hat. Im Rechnungshofausschuss haben wir auch gehört, dass die neue Abteilung Parteien und Wahlen, die
Sie geschaffen haben, nun bereits großteils besetzt ist – das finde ich auch sehr wichtig, dass da etwas weitergeht, es ist nicht immer leicht, auch das Per­sonal dafür zu finden – und diese wichtige Arbeit nun aufnehmen kann und auch aufnehmen wird und fortführen kann.

In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen und den Kolleg:innen sehr viel Erfolg dabei. Es ist eine Herausforderung, aber ich bin mir sicher, Sie werden
diese meistern. (Beifall der Abgeordneten Disoski und Gödl.)

Von genauen Parteienfinanzkontrollen profitiert vor allem unsere Demokratie und profitieren wir alle, auch in diesem Haus, besonders aber die Steuer­zahlerin und der Steuerzahler, weil es nämlich darum geht, dass das Geld auch ordentlich verwendet wird.

Ihnen, Frau Präsidentin, gratuliere ich zu einer wirklich gelungenen ersten Halbzeit im Amt – das ist sie nämlich: Unter Ihrer Führung und in Zusammenarbeit mit Ihnen ist der Rechnungshof auch zu einem verlässlichen Organ der Korruptionsbekämpfung und der Transparenz in diesem
Haus geworden. Das sollten wir weiter ausbauen, da sollten wir überlegen, welche Maßnahmen wir noch setzen können, um auch die richtigen
Hebel zu finden, und so sollte es auch bleiben. Möge Ihre zweite Amtshälfte genauso erfolgreich verlaufen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen
sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

18.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung, 213. Sitzung des Nationalrats vom 24. Mai 2023 / Seite 350

18.15.33

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir haben das jetzt schon mehrfach gehört: Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes ist sehr zufriedenstellend.
Wir möchten uns sehr herzlich bei Ihnen bedanken, Frau Rechnungshofpräsiden­tin, aber nicht nur bei Ihnen, sondern auch insbesondere bei den Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, denen Sie ja vorstehen, und auch vor allem bei Ihnen als Institution.

Wir haben das heute schon mehrfach gehört, der Rechnungshof ist ein Organ des Nationalrates, und es ist in der alltäglichen Arbeit sehr schön zu
sehen, dass das Selbstverständnis von Ihnen, Frau Präsidentin, aber auch des Rechnungshofes, diesem Anspruch, diesem gesetzlichen Anspruch mehr
als gerecht wird, und dafür möchten wir uns sehr herzlich bei Ihnen bedanken. (Beifall bei den NEOS.) – Da kann man schon einmal klatschen.

Diesen Bericht betreffend möchte ich insbesondere zu einem Aspekt etwas sagen, etwas, was mich als Jugendsprecher auch sehr freut: dass der Prüfungsschwerpunkt für die nächsten drei Jahre unter dem Titel Next Ge­neration Austria sich insbesondere auf die Zukunftsfitness der Verwaltung und, ja, einfach des staatlichen Handels richtet. Sie fragen in diesem Prüfungs­schwerpunkt, ob wir den Jungen mehr als nur Schulden überlassen, und ich glau­be, das ist eine sehr berechtigte Frage. Ich finde das auch großartig, dass
der Rechnungshof sich diesem Prüfungsschwerpunkt widmet, weil das ja auch, wenn ich das so sagen darf, durchaus auch eine Abkehr vom traditionellen Vorgehen des Rechnungshofes ist, der sich ja grundsätzlich die Sachen eher ex post anschaut, also wenn die Dinge schon passiert sind. Sich auch anzu­schauen: Wie schaut es mit den Handlungen, die wir setzen, aus, wie zukunftsfit sind diese denn?, ist, glaube ich, wichtiger denn je.

Warum? – Weil wir hier im Nationalrat Gesetze beschließen, Entscheidungen treffen, die für die zukünftigen Generationen massive Auswirkungen


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haben – Entscheidungen treffen und häufig auch Entscheidungen nicht treffen, obwohl sie eigentlich notwendig wären. Und die Auswirkungen dieser Entscheidungen treffen sehr viele von denen, die hier sitzen und diese Entschei­dungen treffen, dann in ihrer Lebensrealität nicht mehr. Wissen Sie es,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich Sie frage, wie viele Menschen in Österreich unter 30 Jahre alt sind? – Das ist ein gutes Drittel, über 30 Prozent. Wissen Sie, wie viele der Abgeordneten hier unter 30 sind? Ich weiß nicht, ob Sie sich trauen, zu raten. – Es sind unter 3 Prozent (Abg. Ober­nosterer: Ich gehöre nicht mehr dazu!), 2,7 Prozent der Abgeordneten hier im Nationalrat sind unter 30. Sie sehen also diese massive Divergenz zwi­schen der Bevölkerung und der Repräsentation hier im Nationalrat.

Das Parlament ist im Übrigen nicht nur älter, es ist auch männlicher, es ist auch weißer, es ist auch bäuerlicher als die vielfältige österreichische Gesell­schaft, und ich finde – nicht, weil an sich die Personen, die hier vertreten sind, schlecht sind – diese Zusammensetzung, diese Nichtrepräsentation der österreichischen Bevölkerung schlecht, insbesondere im Hinblick auf den Aspekt des Alters. Wir haben ja das Problem, das hier sehr viele oder einige Sessel­kleber (Abg. Obernosterer: Na, na, na!) Entscheidungen über jene treffen, die eben die Entscheidungen dann ausbaden müssen. Wir haben ja auch unsere Art
der Klimakleber sozusagen hier im Parlament: Abgeordnete, die teilweise schon seit Jahren, Jahrzehnten in der Politik sind (Zwischenruf der Abg. Reiter), Abgeordnete, die schon länger in der Politik sind, als ich auf der Welt bin, und die hier die Entscheidungen blockieren, die für die nächste Generation notwendig wären. (Beifall bei den NEOS. Abg. Gödl: Aber sie sind alle demokra­tisch gewählt!) – Das habe ich auch nicht bestritten, dass sie demokratisch gewählt sind. (Abg. Gödl: Was für ein Demokratieverständnis hast du?) – Herr Gödl, zu Ihrem Einwurf: Ich glaube, dass sehr vielen Menschen nicht bewusst
ist, wie sich die Parteien zusammensetzen (Abg. Gödl: Anmaßend, anmaßend so etwas! Alle gewählt!), wie ihre Listen ausschauen (Abg. Gödl: Das ist wirk­lich anmaßend, eine peinliche Anmaßung! weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und ja, ich glaube – ein sehr guter Einwurf von Ihnen –, es wäre wichtig, dass


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sich mehr Menschen damit auseinandersetzen, dass sie, gerade wenn sie die ÖVP wählen, dann eben keine junge Politik bekommen, dass sie keine zukunftsgerichtete Politik bekommen. (Abg. Gödl: Das ist ein fragwürdiges Demo­kratieverständnis! Deswegen sind die NEOS in Salzburg nicht mehr vertreten,
weil sie so ein Demokratieverständnis haben! 
Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also, wir brauchen diese Zukunftsgerichtetheit, insbesondere im Klimaschutz, im Hinblick auf das Pensionssystem, auf die sozialen Sicherungssysteme –
etwas, wofür die ÖVP sehr lange gestanden ist, dass diese generationengerecht gestaltet werden; da hört man jetzt nichts mehr – und auch in anderen Fragestellungen wie die der Digitalisierung.

Deswegen finde ich es sehr gut, Frau Präsidentin, dass der Rechnungshof sich dem mehr widmet, sich anzusehen, ob die Gesetze und dann in weiterer
Folge auch die Verwaltung eben enkelfit, zukunftsfit sind und ob dieses Verspre­chen eingehalten wird, dass hier nicht nur Politik für die nächsten Wahlen gemacht wird, sondern auch für die nächste Generation, dass wir heute eben nicht nur an heute denken, sondern auch an morgen und an übermorgen.

Deswegen finde ich es sehr schön, Frau Präsidentin, dass ungefähr 30 der 80 laufenden Prüfverfahren diesem Schwerpunkt Next Generation
Austria gerecht werden, und wir freuen uns auf die weitere gute Zusammen­arbeit mit Ihnen. (Beifall bei den NEOS.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Präsidentin Kraker zu Wort gemel­det. – Bitte.


18.20.35

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Zunächst bedanke ich mich sehr herzlich für die anerkennenden Worte im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht 2022, und ich möchte auch kurz ein paar Worte über unsere Arbeit im vergangenen
Jahr hier verlieren.


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Mittlerweile ist schon fast mehr als ein Drittel von 2023 vergangen. Es hat sich schon wieder einiges weiterentwickelt. Wir haben den jährlichen Tätig­keitsbericht des Rechnungshofes Ende Dezember 2022 veröffentlicht, er gibt Aufschluss über die vielfältige Arbeit des Rechnungshofes. Der Bericht
gibt einen Überblick über die Schwerpunkte und über die Herausforderungen der Finanzkontrolle in Österreich. Wir haben auch eine Reihe von Sonder­aufgaben im Rechnungshof. Der Rechnungshof stand auch im Jahr 2022 oftmals im Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Was ist die Rolle des österreichischen Rechnungshofes? – Der Rechnungshof prüft als oberstes Kontrollorgan objektiv und unabhängig den gesamten öffentlichen Sektor, das heißt alle Gebietskörperschaften, die öffentlichen Un­ternehmen, die Sozialversicherungsträger.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist das primäre Ziel des Rechnungshofes, relevant für die Bürgerinnen und Bürger zu sein. Wir legen Wert auf den Bürgernutzen, der aus den Prüfungen erzielt wird.

Der Rechnungshof legt sämtliche Berichte dem Nationalrat beziehungsweise den Landtagen im vollen Umfang vor. Damit schafft er Transparenz über öffentli­che Vorgänge. Österreich ist da im internationalen Vergleich vorbildlich. Unsere Berichte können Wirksamkeit entfalten, insbesondere dann, wenn sie in parlamentarischen Behandlungen aufgegriffen werden.

In diesem Sinne bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen im Nationalrat ver­tretenen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit, insbesondere im Rech­nungshofausschuss und auch im Budgetausschuss, in dem der Bundes­rechnungsabschluss behandelt wird. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grü­nen und NEOS.)

Ich kann Ihnen auch versichern, dass der Rechnungshof allen Weiterentwick­lungen der parlamentarischen Behandlungen, die die Bedeutung der parlamentarischen Kontrollarbeit gegenüber den Regierungen noch mehr


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hervorheben, offen gegenübersteht. In Summe gilt es, das Interesse
an fundierter Kontrollarbeit zu steigern – nicht als Selbstzweck, sondern um Verbesserungen in allen Lebensbereichen zu erzielen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben im Jahr 2022 50 Berichte veröf­fentlicht, und diese sind, so glauben wir, auch von großer Relevanz. Man
denke etwa an den Bericht zur Reform der Sozialversicherungsträger, zu Förde­rungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau, zum Auswahlpro­zess von Aufsichtsratsmitgliedern, zu den Österreichischen Bundesforsten, zur Cybersicherheit oder zur Cofag. Die Ergebnisse des Nachfrageverfahrens beziehungsweise der Follow-up-Überprüfungen bestätigen auch die Wirksam­keit des Rechnungshofes als effektives Kontrollorgan, denn wir haben 87 Prozent Umsetzung erzielt.

Lassen Sie mich auf einige zentrale Themen für den Rechnungshof eingehen, die wir im Jahr 2022 im Tätigkeitsbericht aufgelistet haben.

Einen zentralen Schwerpunkt der Arbeit bildete der Themenkomplex Compliance, Good Governance und Antikorruption. Rund ein Drittel der Rech­nungshofberichte beleuchten die Themen Korruptionsprävention, Risiko­analyse, Einhaltung von gesetzlichen oder sonstigen Vorgaben, funktionierende interne Kontrollsysteme und das Thema der Interessenkonflikte.

Aus Sicht des Rechnungshofes bedarf es für eine wirksame Korruptionsbekämp­fung eines ganzheitlichen Ansatzes und umfassender Maßnahmen auf allen Ebenen. Ich kann festhalten, der Rechnungshof liefert und leistet einen Beitrag zu Transparenz durch die Veröffentlichung der Berichte, und Transparenz
ist eben das wirksamste Mittel gegen Korruption.

Vor fast einem Jahr hat der Rechnungshof mit der Novelle des Parteiengesetzes mehr Prüfrechte bekommen. Wir haben künftig die Möglichkeit, selbst unmittelbare Prüfungen bei politischen Parteien durchzuführen. Bei konkreten


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Anhaltspunkten oder einem begründeten Verdacht kann der Rechnungs­hof an Ort und Stelle prüfen.

Darüber hinaus werden Wahlwerbungsberichte für die Wahlen zum Nationalrat oder zum Europäischen Parlament der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen.

Vor diesem Hintergrund habe ich Anfang dieses Jahres den neuen Prüfungsbe­reich Parteien und Compliance im Rechnungshof eingerichtet. Dieser wird
die Themen Antikorruption, Good Governance und die Prüfung politischer Par­teien in seinen Fokus stellen. Grundsatz der Arbeit ist es, so wie wir es
auch immer gehandhabt haben, in diesem sensiblen Bereich gleiche Maßstäbe für alle Parteien anzulegen und, was selbstverständlich ist, ein durch­gängiges Vieraugenprinzip zu garantieren.

Der Rechnungshof will mit seiner Tätigkeit die Demokratie stärken und das Vertrauen in die Politik und in die politischen Parteien erhöhen.

Ich erlaube mir an dieser Stelle, der Abteilung Parteien und Wahlen für die Ex­pertise zu danken, die sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angeeig­net haben, und dafür, dass sie sich auch intensiv auf das nächste Jahr vorbereiten.

Einen weiteren Schwerpunkt der Rechnungshoftätigkeiten bildeten – das haben Sie durch die vielen Berichte, die wir Ihnen vorgelegt haben, bemerkt –
die Covid-19-Prüfungen. Wir haben rund 25 Prüfungen eingeleitet und dazu auch schon überwiegend Berichte veröffentlicht. Handlungsempfehlun­gen aus der Pandemie haben wir in einem sogenannten Mehrwertpapier des Rechnungshofes zusammengefasst. Das Covid-19-Mehrwertpapier ha­ben wir heuer im April veröffentlicht. Dabei geht es dem Rechnungshof nicht um Kritik der Kritik willen, sondern es geht uns darum, Verbesserungsvor­schläge in den Vordergrund zu stellen. Auch dem Rechnungshof ist bewusst, dass es schwierig ist, in der Krise rasch die richtigen Entscheidungen zu


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treffen, und dass es ganz wichtig ist, zum Wohle der Bevölkerung zu handeln. Deshalb sind diese Prüfungen des Rechnungshofes darauf ausgerichtet,
den Fokus auf Lehren für die Zukunft zu richten.

Die laufende Prüfarbeit – das wurde auch schon genannt – bezieht sich auf den Prüfschwerpunkt Next Generation Austria, auf die zukünftige Rolle des
Staates für die nächsten Generationen. Aktuell laufen im Rechnungshof rund 75 Prüfungen. Wir thematisieren auf der einen Seite das Thema nachhal­tige öffentliche Finanzen, etwa im Bereich der Pensionen oder in der Schulden­entwicklung. Es geht auf der anderen Seite um Zukunftsversprechen an
die Jugend, im Zusammenhang mit denen wir die Umsetzung von Reformen einmahnen, etwa in den Bereichen Bildung, Klima, Energie und im Be­reich Arbeitsmarkt. Und wir beurteilen die Themen Digitalisierung und Funk­tionsfähigkeit des öffentlichen Verwaltungshandelns.

Auch auf internationaler Ebene arbeitet der Rechnungshof intensiv. Ich bin die Generalsekretärin der Intosai, und es freut mich sehr, dass wir im Novem­ber die Tagung des Präsidiums hier in den Räumlichkeiten des neu renovierten Parlaments abhalten dürfen und dass wir auch eine Jubiläumsveranstal­tung zu 70 Jahren Intosai hier im Parlament abhalten dürfen. Das freut mich natürlich sehr, und es würde mich freuen, wenn Sie dann auch mit dabei
sind. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Abschließend möchte ich nochmals die Bedeutung von Kontrolle hervorheben. Kontrolle ist institutionell wichtig. Kontrolle steht immer an der Seite der Parlamente, sie arbeitet den Parlamenten zu. Rechnungshöfe stärken auf diese Weise demokratische Kontrolle.

Der Rechnungshof will mit Fakten, mit sachlicher Kritik und mit verständlichen Argumenten überzeugen. Fakten und Evidenzen sind wichtige Grundlagen
für politische Entscheidungen.


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Als Präsidentin ist es mir auch wichtig, Dinge zu ermöglichen und nicht zu ver­hindern. In diesem Sinne sollen auch unsere Empfehlungen verstanden
werden. Die Empfehlungen des Rechnungshofes zeigen auf, was zu tun wäre und was möglich wäre, um die Aufgaben im Staat besser zu erfüllen, um
Staat und Verwaltung weiterzuentwickeln. Deshalb sind unsere Berichte sehr oft auch der Ausgangspunkt für Reformen, oft geben sie aber auch ein klares
Bild über den Erfolg oder manchmal auch über Probleme bei der Umsetzung von Maßnahmen wieder.

Ich kann Ihnen versichern, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dass Ihnen der Rechnungshof jederzeit mit seiner Expertise zur Verfügung steht.
Ich appelliere an Sie: Nutzen Sie unsere Arbeit und arbeiten Sie gemeinsam mit uns an der Seite der Kontrolle! – Danke für die Aufmerksamkeit. Danke
schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Präsidentin.

Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Hans Stefan Hintner zu Wort. – Bitte.


18.29.52

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Nationalratsprä­sidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Ich darf mich den Glückwünschen anschließen und mich ebenfalls für Ihre Arbeit herzlich bedan­ken. Der Rechnungshof ist ja mittlerweile zum vierten Mal in meiner Stadt Mödling und schaut sich zurzeit die Digitalisierungsfortschritte und -erfolge der Stadtgemeinde Mödling an.

Zu Kollegen Shetty möchte ich doch sagen: Vor Ihnen steht ein weißer, katholi­scher, 59-jähriger Mann, der sein Mandat direkt über den Wahlkreis über Vorzugsstimmen bekommen hat. Manche kommen ja über Landes- und Bundes­listen hier herein – ich weiß nicht, wie Sie hier ins Hohe Haus eingezogen
sind. Auch mit 34 Jahren habe ich damals das Grundmandat hier über Vorzugs-


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stimmen erreichen können. Also eine Legitimation aufgrund demokrati­scher Prozesse haben wohl fast alle, wenn nicht alle hier in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf zur Prüfung der Facultas Dom Buchhandels GmbH, die 2001 aus der Abspaltung des Wiener Domverlags hervorging, Stellung nehmen. Die Buchhandels GmbH verfügt über Buchhandlungen in zwei Bundesländern, darüber hinaus auch über ein Fachgeschäft für Kunst und Kirche. Die
neue Konstruktion schaut so aus, dass die Hochschülerschaft der Uni Wien, die Hochschülerschaft der Meduni Wien und die Hochschülerschaft der
WU Wien 66 Prozent der Facultas Verlags- und Buchhandels AG halten, eine kirchliche Stiftung der Erzdiözese Wien 33,3 Prozent. Bemerkenswert
ist, dass der Geschäftsführer nicht direkt bei der Facultas Dom Buchhandels GmbH angestellt ist, sondern die Geschäftsführung im Rahmen der Mehrheitsgesellschaft, der Facultas AG, tätig ist. Die Abrechnung der Leistungen erfolgt zwar positiv, wie wir wissen, aber es gab bislang keine schriftlichen Verträge.

Im Ausschuss hat uns der neue Geschäftsführer gesagt, dass dieser Bereich früher durchaus gewinnbringend war, was sich allerdings nicht in dem Zeitraum widerspiegelt, zu dem die Prüfung war: eine eher schwache Ertragslage,
die Jahresfehlbeträge waren zwischen 35 000 und 155 000 Euro. Nur 2020 und 2021 gab es einen Jahresüberschuss, und der ist mit den umfangreichen
Hilfen während der Coronazeit zu erklären. Insgesamt hielt der Rechnungshof fest, dass die Inanspruchnahme gerade dieser Unterstützungsmaßnah­men nach Jahren zu einem positiven Ergebnis führte.

Positiv sieht der Rechnungshof auch, dass bereits vor Beginn der Prüfung Sa­nierungsmaßnahmen eingeleitet wurden: „Verhandlungen über Einkaufs­konditionen“, „Durchführung gemeinsamer Werbeaktionen“.

Eine endgültige Beurteilung war dem Rechnungshof nicht möglich, da durch die Ertragssituation und die Umstände von Covid-19 nicht alles aufgearbeitet


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werden konnte, was allerdings von der neuen Geschäftsführung versprochen wurde. So bleibt die Hoffnung auf Konsolidierung und auf einen zukünf­tigen geschäftlichen Erfolg. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Groß­bauer. – Bitte.


18.33.38

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes, auch von meiner Seite ein Danke an Sie für Ihre umfangreichen und immer auch sehr gut aufbereiteten Be­richte. Es ist wirklich beeindruckend, was da von Ihnen und Ihrem Team in dieser Fülle und Breite geleistet wird.

Ich möchte mich zum Rechnungshofbericht betreffend die Facultas Dom Buch­handlungs GmbH in Wien und Niederösterreich äußern. Mein Kollege
hat das eigentlich bereits im Detail ausgeführt. Was man an den Berichten auch immer erkennen kann: Sie geben einen Überblick über eine Situation,
eine Gesamtsituation, in der die Prüfung stattfindet – so auch in diesem Fall, denn man hat in Wirklichkeit auch die allgemeinen Problemfelder und Herausforderungen des Buchhandels in den letzten Jahren herauslesen können.

Am Beginn der Pandemie waren natürlich vor allem die großen Handelsriesen im Buchhandel im Vorteil, weil sie bereits bestehende Onlineshops hatten.
Das war natürlich für die kleineren Buchhandlungen eine sehr große Herausfor­derung. Sie konnten dann teilweise gut nachziehen und haben ihre Onlinevertriebskanäle ausgebaut. Auch das sieht man in diesem Bericht.

Die gestiegenen Papier- und Produktionskosten belasten den Buchhandel auch. Das war zuletzt auch auf der Leipziger Buchmesse ein großes Thema, wo Österreich als Gastland positiv Aufsehen erregt hat – das möchte ich an dieser Stelle auch anmerken.


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Man sieht aber an gewissen Zahlen auch, dass das Buch andere mediale Konkur­renz hat, starke natürlich durch Social Media, die machen es dem
Buch immer schwerer, neue, junge Lesergenerationen für sich zu begeistern.

Wir befinden uns mitten in der Digitalisierung. Wir sind umgeben von künstli­cher Intelligenz. Sie ist und wird uns allen nützlich sein, aber wie bei allen technischen Entwicklungen wird es auch da wieder an uns selbst liegen, also an uns Menschen, unseren Bildungseinrichtungen, an uns als Eltern, als Bür­gerinnen und Bürgern und auch an uns als Politik, dass wir die Fahrer sind und bleiben und nicht die Beifahrer oder vielleicht sogar die Geisterfahrer sind.

Ich möchte überhaupt betonen, dass menschliche kreative Fähigkeiten auch im Hinblick auf die sinnvolle, ethische Weiterentwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz noch mehr an Bedeutung gewinnen werden – das müssen wir ganz klar stärken und fördern –, und dazu gehört eben auch das Lesen.
Das Lesen hilft nämlich auch, den eigenen Hausverstand zu schulen.
Der Hausverstand – das sollten wir nicht vergessen – ist nicht ganz unpraktisch, wenn man vielleicht Fakenews von wirklichen Fakten unterscheiden oder zumindest danach recherchieren möchte.

Eine Studie nach Corona hat außerdem belegt, dass in Regionen, in denen es Buchhandlungen vor Ort gibt, mehr gelesen wird. Insofern ist also jede Buchhandlung und im Übrigen auch jede Bibliothek als Kreativtankstelle oder auch als analoger sozialer Raum erhaltenswert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.36


18.36.51

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde die Damen und Herren Abgeordneten ersuchen, ihre Plätze einzu­nehmen. Wir sind im Abstimmungsvorgang. – Vielen Dank.


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Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofes, III-828 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend FACULTAS DOM Buchhandlungs GmbH, III-691 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

18.37.578. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 3365/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortige Einstellung der bewaffneten Auseinander­setzung im Sudan (2034 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 3366/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Lage in Tunesien (2035 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Schallenberg im Hohen Haus und erteile Ihnen, Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, das Wort. – Bitte.



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18.38.45

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte mich in meiner Rede auf den Konflikt im Sudan beziehen. Wir wissen, seit der Eskalation des Konflikts zwischen einerseits der sudanesischen Armee und andererseits der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces,
RSF, drängen die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemein­schaft schon längst auf einen Waffenstillstand im Sudan.

Bisher wurden mehrere Vereinbarungen genau zu dieser Waffenruhe vonseiten beider Konfliktparteien nicht eingehalten. So erreichten uns auch gestern
Abend und in der Nacht immer wieder Berichte in den verschiedensten Zeitun­gen, dass diese Waffenruhe nicht eingehalten wird, und das, obwohl
die USA und Saudi-Arabien eigentlich eine siebentägige Feuerpause mit den beiden Konfliktparteien ausgehandelt hätten, um insbesondere humani­täre Hilfe zu ermöglichen.

Dass diese Waffenruhe und somit auch die humanitäre Hilfe im Sudan kaum möglich gemacht wird, hat immense Auswirkungen. Nach ungefähr einem Monat Krieg sind laut Angaben der UN rund 25 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Sudan, von humanitärer Hilfe abhängig. Medienbe­richten zufolge hat der Krieg schon über eine Million Menschen vertrieben,
in die Nachbarländer und in andere Länder außerhalb des Sudan. Nach Angaben der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, wurden in diesem Konflikt be­reits über 700 Menschen getötet und mehrere Tausend verletzt.

Im Sudan demonstriert die Bevölkerung seit Jahren für eine Demokratisierung des Landes, für Parlamentarismus, für eine gemeinsame friedvolle Zukunft.
Auch die EU sollte an dieser Stelle die zivilen Kräfte im Sudan stärker unterstüt­zen, um Frieden möglich zu machen, um eine Rückkehr zur Demokratie möglich zu machen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ
und Grünen.)


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Vor Kurzem erst wurde zum Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten ein Abkommen zwischen den beiden Konfliktparteien getroffen und abgeschlossen, denn solange es keinen Waffenstillstand gibt, ist humanitäre Hilfe immens schwierig beziehungsweise nicht möglich. Staatsbürgerinnen und Staatsbürger anderer Länder sind mittlerweile bereits beinahe alle aus dem Sudan
evakuiert worden.

Der Entschließungsantrag, der heute hier seitens der Regierungsparteien auch beschlossen wird, ist grundsätzlich zu unterstützen. Wir würden uns aber
auch von Ihnen, Herr Bundesminister – auch von der Regierung insgesamt –, eine aktivere Rolle wünschen, auch auf europäischer Ebene, weil diese Friedensbestrebungen auch wirklich dazu führen sollen, Frieden im Sudan möglich zu machen, und weil die besondere Situation, dass sich dort
zwei bewaffnete Parteien, zwei Armeen gegenüberstehen, auch hier noch einmal besonders ins Licht gerückt werden muss.

Wir müssen reflektieren, welcher Beitrag – vielleicht auch ein europäischer – dazu geführt hat, dass der RSF im Sudan so stark wurde. Auch das muss reflektiert werden, deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „dauerhafter Waffenstillstand und Waffenembargo Sudan“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, sich aktiv für einen dauerhaften Waffenstillstand und für die Verhängung eines internationalen Waffenembargos gegenüber dem Sudan und der paramilitärischen
Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) einzusetzen.


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Weiters wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten aufgefordert, sich im Rahmen der EU für eine aktivere Mitwirkung der EU am Zustandekommen eines Friedensprozesses im Sudan und eine stärkere Unterstützung der zivilen Kräfte, die eine Rückkehr zur Demokratie einfordern, einzusetzen.“

*****

Friede ist ein hohes Gut – wir müssen alle einen Beitrag leisten, dass dieser möglich gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Brandstätter.)

18.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc,

Genossinnen und Genossen

betreffend dauerhafter Waffenstillstand und Waffenembargo Sudan

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 8 - Bericht des Außenpolitischen Ausschus­ses über den Antrag 3365/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic,
Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortige Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzung im Sudan (2034 d.B.)

Seit der Eskalation des Konflikts zwischen der sudanesischen Armee und der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) drängen die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft auf einen Waffenstill­stand im Sudan. Bisher wurden mehrere Vereinbarungen für eine Waffenruhe von Seiten der beiden Konfliktparteien nicht eingehalten.


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Nunmehr haben die USA und Saudi-Arabien mit den Konfliktparteien eine siebentägige Feuerpause ausgehandelt um humanitäre Versorgung zu ermöglichen. Die getroffene Vereinbarung soll von einem von den USA, Saudi-Arabien und
der internationalen Gemeinschaft unterstützten Überwachungsmechanismus unter­stützt werden. Einzelheiten dazu wurden nicht bekannt gegeben. Allerdings
dauerten Medienberichten zufolge die Kämpfe vor dem Beginn der ab Montag,
22. Mai abends vereinbarten Waffenruhe weiter an.

Die humanitären Auswirkungen des Konflikts sind bereits nach einem Monat Krieg enorm. Derzeit brauchen nach UN-Angaben 25 Millionen Menschen und da­mit mehr als die Hälfte der Bevölkerung humanitäre Hilfe. Medienberichten zufolge hat der Konflikt, der am 15. April d. J. begann, fast 1,1 Millionen Menschen
aus dem Sudan und in die Nachbarländer vertrieben. Nach Angaben der Weltge­sundheitsorganisation wurden bisher 705 Menschen getötet und mindes­tens 5287 verletzt.

Im Sudan demonstriert die Bevölkerung seit Jahren für eine Demokratisierung des Landes. Die EU sollte die zivilen Kräfte im Sudan stärker unterstützen und
sich aktiv für eine Rückkehr zur Demokratie einsetzen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, sich aktiv für einen dauerhaften Waffenstillstand und für die Verhängung eines internationalen Waffenem­bargos gegenüber dem Sudan und der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) einzusetzen.

Weiters wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten aufgefordert, sich im Rahmen der EU für


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eine aktivere Mitwirkung der EU am Zustandekommen eines Friedensprozesses im Sudan und eine stärkere Unterstützung der zivilen Kräfte, die eine Rückkehr
zur Demokratie einfordern, einzusetzen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


18.43.17

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren in diesem
Haus aus meiner Sicht ja sehr viele sehr wesentliche Fragen. So zum Beispiel: Wie können wir illegale Migration wirksam bekämpfen? Welche wirt­schaftlichen Perspektiven können sich eröffnen, auch jetzt quasi mit dem Ukrainekrieg, welche neuen wirtschaftlichen Perspektiven? Oder
auch: Wie bekommen wir zum Beispiel grünen Wasserstoff, den wir in Zukunft brauchen werden, nach Europa? Und auf all diese Fragen finden wir auch Antworten im nördlichen Afrika. Dort liegen ganz viele Chancen, um auch ganz wesentliche Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, lösen
und bewältigen zu können. Deswegen ist es besonders wichtig, dass wir auch wirklich ernsthaft in diese Region schauen und uns den verschiedenen Herausforderungen stellen und überlegen: Wo können wir, wo kann die Europäi­sche Union wirklich eine Rolle spielen?

Jetzt komme ich zu dem Antrag betreffend Tunesien. Tunesien ist in vielerlei Hinsicht in einer schwierigen Situation: politisch – es war einer der gro­ßen Hoffnungsträger nach dem Arabischen Frühling, dass es dort einen demo­kratischen Aufbruch gibt; das hat leider so in dem Ausmaß nicht
funktioniert –, und jetzt ist es auch noch dazu gekommen, dass große finanzielle Schwierigkeiten in Tunesien alles an Entwicklung, was es dort gibt,


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wesentlich einschränken. In Wahrheit, wenn es keine Einigung mit dem IWF gibt, wonach es im Moment nicht ausschaut, kann es also wirklich sein, dass
Tunesien noch Ende dieses Halbjahres zahlungsunfähig wird.

Ich glaube, was wir in der Region definitiv nicht brauchen, ist noch eine – sagen wir einmal – Art Failed State, wie das leider andere Nachbarländer ja schon
sind, und deswegen haben wir auch diesen Antrag formuliert. Wir sind der Mei­nung, bei all den Dingen, die zu diskutieren sind, so wie kürzlich zum Bei­spiel die Festnahme des Oppositionschefs, müssen wir trotzdem in irgendeiner Form ein Interesse haben, dass Tunesien auch weiterhin eine Ordnung
hat und ein Partner in dieser Region ist. Deswegen wollen wir danach trachten, dass diese finanzielle Schwierigkeit, die da besteht, auch mit unserer Hilfe
gelöst werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist auch deswegen wichtig – und jetzt kommen wir zu der ersten Frage, die ich aufgeworfen habe –, weil Tunesien gerade leider die Nummer eins un­ter den Ablegeländern, was Flüchtlinge, illegale Migration betrifft, ist.
Über 60 Prozent der Flüchtlinge, die über die Mittelmeerroute illegal nach Europa kommen, legen in Tunesien ab. Und das ist einfach wirklich
etwas, wogegen wir etwas tun müssen. Ein Schritt war, dass auch Österreich auf Serbien eingewirkt hat, dass die Visafreiheit zu Tunesien nicht bestehen
bleibt. Das hat eine gewisse Entspannung gebracht, aber dass es Ablegeland Nummer eins ist, ist immer noch ein Fakt. Wir können nur gemeinsam,
auch mit den Verantwortungsträgern dort, eine Lösung finden, und das müssen wir auch tun.

Thema Sudan: Ich möchte zunächst einmal unserem Außenministerium und auch den Partnerländern, mit denen wir das geschafft haben, dafür danken, dass
wir es geschafft haben, in dieser wirklich heiklen Situation 50 Auslands­österreicher zu evakuieren. Ich glaube, das war keine einfache Aufgabe. Vielen Dank an unsere europäischen Partner, dass es geglückt ist, das zustande zu bringen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Was im Sudan jetzt wesentlich ist, ist, dass wir uns auch einbringen, wenn es um humanitäre Hilfe geht, dass wir es grundsätzlich auch weiterhin schaffen, die Versorgung für die Zivilbevölkerung sicherzustellen. Ich glaube, wenn
man längerfristig denkt, müssen wir auch darauf schauen, dass die zivile Infra­struktur bestehen bleibt, denn wenn die zerstört wird, haben wir dort
ein Problem auf Jahrzehnte und stehen vor einem Wiederaufbau, der sich gewaschen hat. Das heißt, wir müssen bei all den kriegerischen Handlungen, die politisch mittelfristig natürlich hoffentlich zu lösen sind, darauf schauen,
dass die Zivilbevölkerung und auch die zivile Infrastruktur geschützt werden, und wir müssen auch humanitär unterstützen, wo es geht. Das halte ich für ganz, ganz wesentlich.

Und um diesen zwei Punkten auch Ausdruck zu verleihen, dass uns als Öster­reich das sehr wichtig ist, Tunesien stabil zu halten, dort diese finanziel­len Schwierigkeiten zu lösen, das Thema der illegalen Migration zu lösen und im Sudan die humanitäre Hilfe zu gewährleisten, halte ich es für sinnvoll,
dass wir als Parlament diese Anträge heute beschließen und damit die Position Österreichs noch einmal verdeutlichen und unterstreichen. Ich glaube,
das ist die absolut richtige Positionierung in dieser Region. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.)

18.48


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Martin Graf zu Wort ge­meldet. – Bitte.


18.48.16

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen!
Wir haben hier heute zwei außenpolitische Anträge oder Anträge, die Angele­genheiten des Außenministers betreffen, in Verhandlung, die wir schon
im Ausschuss sehr eindeutig und länger diskutiert haben und die ja ein Sinnbild dessen sind, wie Österreich derzeit agiert – muss man leider Gottes sagen.


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Also es steht außer Streit, dass man grundsätzlich ein hehres Ziel verfolgt, auch die ÖVP gemeinsam mit den Grünen und gerade die Freiheitliche Partei,
die an sich überall in der Welt für mindestens Waffenstillstände eintritt – wir kriegen nur immer betreffend andere Regionen mitgeteilt, dass einen Waffenstillstand zu fordern schon nicht mehr möglich ist, wenn die beteiligten Parteien das gar nicht wollen, weil man zuerst die fragen muss. Aber
was dort gilt, gilt vielleicht da nicht. Ich konzentriere mich jetzt einmal auf Afrika.

Und dann werden Anträge formuliert, weil man sich ja auch zu Wort melden muss. Ich glaube nicht, dass das primär aus der Feder der ÖVP stammt.
Nach mir kommt Frau Kollegin Dziedzic zu Wort, ich glaube eher, dass es aus dieser Ecke stammt, dass man sich zu solchen Themen derart äußern
muss. Zum Glück liest kaum jemand in der Bevölkerung diese Anträge. Es würde wahrscheinlich auch kaum jemand verstehen, was da so gemacht wird. Das Ziel – Waffenstillstand, Unterstützung in humanitärer und anderer Hinsicht und so weiter in Afrika – wird ja auch von uns ungeteilt unterstützt.

Was aber fordern denn diese Anträge? – Nehmen wir einmal den Antrag zum Sudan her, den wir heute beschließen: Man tritt also dafür ein, dass sich
der Herr Außenminister bei der EU und bei den Vereinten Nationen für die „so­fortige Einstellung der Kämpfe im Sudan und für die Einhaltung eines nach­haltigen Waffenstillstandes“ einsetzen soll.

Herr Bundesminister, so viel Vertrauen habe ich zu Ihnen – die Abgeordneten der Regierungsparteien hier offensichtlich nicht –, dass ich daran glaube, dass Sie das ohnehin machen. Sie halten ja sogar die diplomatischen Kanäle mit Russ­land offen, ohne dass die Russen es wissen. Aber vielleicht wissen es auch in die­sem Fall die beiden Parteien nicht und deswegen werden Sie dazu aufgefor­dert. Ich hätte Ihnen zugetraut, dass Sie das auch ohne parlamentarische Auffor­derung machen, weil das letztendlich in den Genen der österreichischen
Politiker liegt – sicher auch in Ihren.


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Dann soll man – als zweiter Punkt – „im Verbund mit den EU-Partnern für den umfassenden Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur
sowie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts“ eintreten, dafür sollen Sie sich also einsetzen, „und auf einen ungehinderten humanitären Zugang
und eine Verbesserung der humanitären Lage“ hinwirken. – Ich gehe davon aus, dass Sie auch das machen. Auch das traue ich Ihnen zu, das ist ja das Ziel.
Die Frage ist immer, was man damit meint, und da stoßen wir schon
an eine Grenze.

Im dritten Punkt wird es aber noch weiter offen, weil da steht: Sie sollen „alle Bemühungen“ setzen, die „Hilfe vor Ort weiterhin aufrechtzuerhalten“ –
ich erinnere daran, dass Österreich aus dem Katastrophenfonds schon 2 Millio­nen Euro für den Sudan zur Verfügung gestellt hat –, „um die humanitäre Notlage im Sudan“, aber nicht nur dort, sondern auch „in den Nachbarländern zu mindern“. In der Erklärung steht als Grund: weil es dort eine Fluchtbewe­gung gibt. – Klar, dort ist Bürgerkrieg, ein grauslicher Bürgerkrieg, und es ist kei­ne Frage, dass man das macht.

Ich komme dann noch einmal dazu, aber vorher komme ich zum vierten Punkt, dort heißt es: Weiterhin sollen Sie sich für eine „Stabilisierung des Sudan“ einsetzen. – Okay, wir gehen davon aus, dass Sie das machen. Es wird weiter gefordert, für „einen nachhaltigen innersudanesischen politischen Pro­zess und die Etablierung demokratischer Strukturen einzutreten, sowie den Sudan mit adäquaten Instrumenten bei der Bewältigung der sozioökono­mischen Herausforderungen im Land langfristig und kontinuierlich zu unterstüt­zen.“ – Die „sozioökonomischen Herausforderungen“: das Gleiche steht
im Antrag zu Tunesien auch.

Ich glaube, da stoßen schon viele Österreicher an ihre Grenzen und fragen sich, was denn das ist. Vielleicht einmal zur Erklärung – ich versuche jetzt eine Definition –: Die Sozioökonomie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die ver­sucht, die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft, Wirtschaft, Ökonomie
und Politik zu verstehen. – Das ist einmal die eine Definition.


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Die Herausforderungen: Was genau verbirgt sich dahinter? Wir halten diese Anträge – so mehr oder weniger: man hat auch etwas getan, man hat
den Minister aufgefordert, seinen Job zu tun – für einen Nachweis der Abgeord­neten, dass man ein Zeichen setzen möchte, aber nichts dazu sagen will.
Wir sind gegen diese beiden Anträge, weil sie viel zu schwammig sind. Wir wis­sen auch nicht, wohin die Reise dann geht und was daraus abgeleitet wird, nämlich wiederum von jenen, die solche Sätze formulieren und die „sozioökono­mischen Herausforderungen“ bewältigen wollen. (Abg. Ernst-Dziedzic: Kennen Sie das Wort nicht?) Wem solche Sätze einfallen, der hat ja irgendeinen Hintergedanken.

Ich sage es noch einmal: Sie haben sich vor nicht allzu langer Zeit schon geirrt – beide Regierungsparteien inklusive der Herr Bundesminister – bei der Budgetierung, beim Schuldenerlass für den Sudan in der Größenordnung von 1,2 Milliarden Euro, an dem mitzuwirken wir freiwillig und dann auch
per Gesetz – gegen die Stimmen der Freiheitlichen Partei – beschlossen haben. Der Herr Bundesminister wird jetzt sagen: das ist eh ausgesetzt!, aber in Wirklichkeit ist die Botschaft angekommen: die Schulden werden nie zu zahlen sein und es gibt keine Gegenleistung. Wir waren dagegen.

Jetzt kann man sagen: Es sind nur 1,2 Milliarden Euro, das können sie ja eh nicht zahlen und so weiter. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass sich im Mai 2021 in Paris die internationalen Finanzorganisationen und die Industrielän­der beim Gesamtschuldenstand des Sudan von 50 Milliarden Euro auf Umschuldung und auf ein bisschen mehr als 10 Milliarden Euro Schuldenerlass geeinigt haben, liegt Österreich mit 1,2 Milliarden Euro schon relativ gut.
Da sind wir bei über 10 Prozent der Schulden. Alle anderen – die USA und wie sie alle heißen, die größeren Nationen – haben im Verhältnis nicht auf
so viel verzichtet wie wir. Da sind wir Vorreiter.

Wir haben schon damals gesagt: Sie investieren damit Geld in eine islamistische Militärdiktatur und senden die falschen Botschaften. Damals herrschte
noch kein Bürgerkrieg. Bei der großen Afrikakonferenz wurde uns gesagt: Man


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will dem Sudan wirtschaftliche Spielräume verschaffen, und Österreich hilft mit, damit das Land sich verstärkt demokratisiert. Das Ergebnis war: Man hat
durch Umschuldungen und Schuldenerlässe – in deren Köpfen ist es schon drin­nen, dass die Schulden schon erlassen sind, und bei uns ist es immer noch Gesetz, Budgetgesetz; das darf man nicht vergessen, das ist trotz unserer Forderung noch immer nicht zurückgenommen worden – ausreichend Spielräume bekommen.

Diese wirtschaftlichen Spielräume hat man offensichtlich dazu verwendet, Waffen zu kaufen. Jetzt führen sie einen Krieg mit Waffen, und die müssen ja irgendwo gekauft worden sein. Ich nehme nicht an, dass sie sich die Waf­fen und die Munition selber gebaut haben, sondern das wird schon
auch von denselben Industrienationen, die Schulden erlassen und Umschul­dungsspielräume schaffen, mitverschuldet sein, also auch von Österreich.

Da sind Sie falsch gelegen, und ich habe es Ihnen schon geweissagt: Sie helfen damit nicht dem Sudan – noch dazu, wie immer, ohne Gegenleistung –,
sondern Sie schaffen Spielräume für bewaffnete Auseinandersetzungen. Unsere Vorhersage ist jedenfalls eingetreten. Ihre, dass es zur Demokratisierung
und zum dauerhaften Frieden beiträgt, ist nicht eingetreten. Nur so
viel zum außenpolitischen Verständnis. Ihre Initiative ist, das sehe ich, geschei­tert, und ich vermisse mutiges Vorgehen sowohl gegenüber Tunesien als
auch gegenüber dem Sudan.

Bleiben wir noch beim Sudan: Was wäre zum Beispiel ein mutiges Vorgehen ge­wesen, das wir mitgetragen hätten? – Wenn Sie schreiben, dass es darum
geht, nicht nur die Notlage im Sudan, sondern auch jene in den Nachbarländern zu mindern, dann weiß ich als gelernter Österreicher, was das heißt, näm­lich die Flüchtlingssituation in den Nachbarländern zu finanzieren. Nicht im An­trag steht – um ein Beispiel zu nennen und es klar zu sagen –, dass der
Sudan sieben Nachbarländer hat: Ägypten, Libyen, Tschad, Zentralafrikanische Republik, Südsudan, Äthiopien und Eritrea. Das heißt, man will dort die
Not lindern, die aufgrund dieser Auseinandersetzung herrscht, und zwar wieder


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ohne Gegenleistung. Ich hätte mir zumindest vorgestellt, dass wir sagen:
Der Herr Bundesminister wird sich bei der EU und auch bei den Nachbarländern persönlich dafür einsetzen, dass es, wenn wir dort helfen, die Not zu lin­dern, zu Rücknahmeabkommen von Verbrechern aus diesen Ländern, die bei uns in Österreich sind, kommen muss, sonst gibt es keine Hilfe. Das ist unser Standpunkt.

Es ist ja nur eines von vielen Beispielen, wie sich Außenpolitik von der jetzigen Realität unterscheiden könnte, und ich glaube, dass wir da richtig liegen.
Mit allen Prognosen in den letzten Jahren lagen wir in diesen Bereichen richtig. Sie sagen uns nicht, was sich hinter der Bewältigung der „sozioökonomi­schen Herausforderungen“, die man unterstützen möchte, verbirgt, und solange Sie mit uns nicht Klartext reden und uns sagen, was es am Ende kosten
wird, was wir als Mindestgegenleistung bekommen – und das sind nun einmal auch Rücknahmeübereinkommen –, werden Sie in uns keine Partner
finden, schon gar nicht wenn es um eine islamistische Militärdiktatur geht. Es ist vollkommen wurscht: Der frühere Staatschef war ein vom Internationalen Strafgerichtshof ausgeschriebener Verbrecher, der durch die Welt gereist ist – alle anerkennen das –, unter anderem war er in Südafrika, und er ist nie inhaftiert worden.

Dann wurde er geputscht, und der Putschist, der Oberputschist, ein islamis­tischer Militärdiktator, der Armeechef und sein Vizearmeechef übernehmen die Macht in dem Land, und jetzt haben sie sich zerstritten.

Wir wissen, dass es dort nicht nur einen ethnischen Konflikt, sondern auch sons­tige Konflikte gibt. Dort vor Ort trägt sich – wiederum – ein handfester, veritabler Bürgerkrieg zu. Man versucht schon seit x Jahren, diesen mit solchen Anträgen zu lösen, ohne dass etwas passiert. Wir stopfen aber weiter
Geld hinein und wissen ganz genau, dass dort ganz einfach andere Parteien dahinter stehen: Auf der einen Seite kämpfen stellvertretend die
Wagner-Söldnertruppe und die Russische Föderation gemeinsam mit dem Iran –


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ja, die sind dort involviert, nämlich beim Vize, also nicht beim RSF, son­dern bei den anderen; Sie wissen es, Herr Kollege Brandstätter –, das ist die eine Seite, und bei der anderen Seite mischen Ägypten, Libyen und andere mit.

Ich glaube, dass alle Nachbarländer, die dort involviert sind, zu dem Konflikt bei­tragen und dass wir, ohne dass wir denen auch aufzeigen, wo die Grenzen unserer Unterstützung sind und was sie dafür tun müssen, keine Unterstützung mehr leisten und schon gar nicht österreichisches Steuergeld dort ver­schwenden sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

19.01


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic zu Wort. – Bitte.


19.01.54

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich bin zwar nicht mehr Dozentin, aber
ich kläre Kollegen Graf gerne auf: Sozioökonomie ist eine Wissenschaft, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Ökono­mie und auch Politik beschäftigt und versucht, das zu verstehen. Ich muss ehrlich sagen: Obwohl Sie jetzt hier am Rednerpult Ihre restliche Redezeit aufge­braucht haben, habe ich bei Ihren Ausführungen Bahnhof verstanden (Ruf bei den Grünen: Wir auch!), und ich weiß nach diesen langen Ausführungen nicht,
wofür die FPÖ eigentlich steht (Beifall bei den Grünen) – aber gut, zurück zu un­seren Anträgen.

Wir haben heute schon ausführlich über die Notwendigkeit eines starken Europas gesprochen, und dieses starke Europa zeichnet auch aus, dass wir in der globalen Weltordnung die Führung übernehmen, wenn es um Demokratie, um Grundrechte geht, wenn es um eine menschenrechtsbasierte
Außen- und Wirtschaftspolitik geht – und ja, auch um eine nachhaltige Friedenspolitik.


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Die zwei Anträge, die wir gerade diskutieren – der eine zum Sudan und der andere zu Tunesien – stehen deshalb auch unter dem Motto: Geht es Afrika gut, geht es Europa gut! – Diese Erkenntnis sollte klar sein und ist offenkundig,
aber viele, auch in Europa, sehen das bis heute nicht so beziehungsweise redu­zieren – wie mein Vorredner – die Rolle der afrikanischen Staaten eben
nur auf jene einer Quelle von Fluchtbewegungen. Sie wollen sich sozusagen nicht mit den Beziehungen auf Augenhöhe, die wir mit den afrikanischen Staaten pflegen müssen, weiter beschäftigen.

Jedenfalls ist uns sehr, sehr wichtig, dass wir hier, was vor allem den Sudan an­belangt, natürlich zum einen alles tun, damit dieser Bürgerkrieg, damit die
immer wieder beginnenden Auseinandersetzungen eben zur Ruhe kommen, und zum anderen, damit es dort tatsächlich zu einem Waffenstillstand, und
zwar einem nachhaltigen Waffenstillstand, kommt und damit dieser Konflikt
vor allem nicht auf die gesamte ohnehin stark destabilisierte Region überschwappt.

Es liegt deshalb auch im Interesse Österreichs, bei diesen Bemühungen auch der Europäischen Union tatkräftig mitzuhelfen und eben dafür Sorge zu tragen,
dass sich die Kriegsparteien aus dem Konflikt zurückziehen, die Über­gabe der Macht an eine zivile Übergangsregierung eingeleitet wird und der Sudan die Chance auf einen nachhaltigen Demokratisierungsprozess bekommt – deswegen der Antrag.

Vielleicht auch noch ein Wort zum Antrag der SPÖ, der leider sehr kurzfristig gestellt worden ist und den wir deswegen auch nicht intensiver haben diskutieren können, aber soweit ich weiß, ist bereits 1994, 2004, 2011 und 2014 sozusagen ein Sanktionsregime gegenüber dem Sudan immer wieder erneu­ert worden. Dieses ist auch weiterhin aufrecht und beinhaltet ein Waffenembar­go, wir können aber gerne darüber sprechen, inwiefern wir hier dieses Waf­fenembargo auch weiter unterstützen.


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Zu Tunesien auch nur ganz kurz. – Ja, da gebe ich meinem Vorredner von der ÖVP vollkommen recht: Wir müssen alles tun, damit auch dort die wirklich hart erkämpften Grundrechte und die demokratischen Errungenschaften
wieder mehr Wertigkeit bekommen. Wir sehen, dass das Land total destabilisiert ist, und das ist für diese Region natürlich ein Desaster, wenn man so möchte,
mit weitreichenden Folgen auch für die Europäische Union und die Situa­tion, in der wir uns befinden.

Das heißt, Europa ist bei seinen Bemühungen um eine gute Partnerschaft mit
Afrika spät dran, deswegen ist es umso wichtiger, das zeigen die beiden Anträge, dass wir diese Partnerschaft nachhaltig intensivieren und dass wir das vor
allem auf Augenhöhe machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Kirchbaumer und Pfurtscheller.)

19.06


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hel­mut Brandstätter zu Wort. – Bitte.


19.06.23

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie­be Zuseherinnen und Zuseher! Um diese Uhrzeit reden wir über Afri­ka; ich glaube, das wird auch großes Interesse hervorrufen. Jedenfalls kann ich Ihnen erzählen, dass ich im Jahr 2000 die Chance hatte, an der Haas School
der University of Berkeley einen zweimonatigen Kurs über Geopolitik
zu machen, und da gab es einen Professor – ich werde das nie vergessen –, der aufgezählt hat, wie sich die unterschiedlichen Weltregionen positiv ent­wickeln werden. Zum Schluss hat er dann gesagt: Forget Africa!, also dort gibt es gar keine Chance.

Dann haben wir heftig darüber diskutiert, und ich erinnere mich noch sehr gut, dass natürlich ein wesentlicher Punkt war, dass in der Geschichte der
Erde Afrika eigentlich sehr lange nur Objekt war, nicht Subjekt, und sich auch


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nicht als solches verstanden hat. Kollegin Brandstötter kennt sich da viel
besser aus, und ich freue mich, dass sie dann darüber reden wird – wie gesagt, sie kennt sich da besser aus –, aber das, was ich verstanden habe, ist
eben: Objekt.

Schauen Sie sich einmal diesen riesigen Kontinent an! Ich selber habe ja mit Hu­go Portisch, der dort auch an einer Journalistenhochschule unterrichtet
hat, darüber gesprochen, und er hat gesagt: Die sind genauso gescheit wie wir, nur haben sie die Chancen nicht! – Das liegt eben daran, dass Afrika in
der Geschichte immer Objekt war, ob das im Sklavenhandel mit den Vereinigten Staaten oder im Zusammenhang mit dem Kolonialismus war.

Da können wir Österreicher sagen: Da waren wir nicht so schlimm! – Ich weiß nicht, inwieweit das bekannt ist: Es gab auch einige wenige Kolonien Ös­terreichs, beispielsweise die Nikobaren, eine kleine Inselgruppe in der Nähe von Mosambik. Maria Theresia hat mit der Triestiner Handelsgesellschaft ver­sucht, dort Handel zu treiben, das ist aber nicht sehr lange gut gegangen. Natür­lich hat es aber auch Handelsinteressen Österreichs gegeben.

Zur Sowjetunion und später Russland: Da gibt es natürlich hauptsächlich Machtinteressen, aber selbstverständlich auch Wirtschaftsinteressen. Damit sind wir natürlich bei China: China interessiert sich sehr für Afrika, ja, aber rein aus wirtschaftlichen Gründen, nämlich wegen der Ausbeutung der Rohstoffe.

Wir – wir haben heute ja schon eine Europastunde gehabt – reden gerne über Europa und über unsere Werte. Wenn wir über unsere Werte reden, dann
dürfen wir Afrika eben nicht als Objekt behandeln! Dort lebt erstens eine sehr junge Gesellschaft, und zweitens stellt sich die Frage: Wie können wir ein Verhältnis mit Afrika aufbauen? Wie ist die europäische Afrikastrategie? – Diese geht mir eigentlich bis jetzt ab, und das ist mir besonders beim Thema Tune­sien aufgefallen.


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Ja, es ist gesagt worden: Der Frühling dort ist gescheitert, aber es ist ja viel schlimmer, als dass nur der Frühling gescheitert ist. Wenn Sie sich Präsident Kais Saied anschauen, dann sehen Sie, dass das inzwischen einfach so etwas
wie ein Diktator ist, und da kommt dann noch einiges dazu – auch das habe ich mir heute angesehen –: Er ist schon im Wahlkampf durch antisemitische Bemerkungen aufgefallen. Er hat gesagt, sein Land würde mit dem Zionismus im Krieg stehen. Ganz aktuell gibt es eine Wortmeldung von Rabbi Pinchas Goldschmidt, dem Präsidenten der Conference of European Rabbis, der nämlich Folgendes gesagt hat: Er hat Präsidenten Saied aufgefordert, endlich mit
seinen bösartigen antisemitischen Bemerkungen aufzuhören.

Deswegen glaube ich, dass es so nicht gehen wird: dass wir sagen, wir unterstützen Tunesien, dabei Tunesien aber wieder wie ein Objekt behandeln, indem wir sagen: Da kommen Flüchtlinge! Da, ihr kriegt Geld, und dann
bitte gebt Ruh!

Wir müssen gerade in Afrika zeigen, dass wir die Zusammenarbeit mit Präsidentinnen – solche gibt es eigentlich nicht –, mit Präsidenten, die sich als Diktatoren aufführen, in dieser Form nicht machen können, und müssen
sagen: Wenn ihr gewisse Mindeststandards erfüllt, na dann wollen wir selbstver­ständlich mit euch zusammenarbeiten.

Und weil heute schon, Herr Bundesminister, über Sie geredet wurde – ich mag das ja nicht so gerne, ich rede lieber mit Menschen –: Wir haben heute na­türlich auch über das Thema Ukraine gesprochen. Wir haben ja im Außenpoliti­schen Ausschuss eine heftige Debatte darüber gehabt, da sind aber dann
alle Anträge vertagt worden, damit wir nur ja nicht darüber reden. Ich werde es aber jetzt trotzdem tun. Es gibt sogar einen kleinen Afrikakonnex, nämlich
die Nairobikonferenz, die der bekannte und erfolgreiche österreichische Diplo­mat Wolfgang Petritsch geleitet hat, bei der die Ottawakonvention –
gegen Landminen und für den Schutz der Zivilbevölkerung – abgeschlossen wurde. Ich habe heute noch mit Wolfgang Petritsch gesprochen, und


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er hat gesagt, gerade aus seiner Erfahrung weiß er, dass Österreich und Norwe­gen im Bereich des Minensuchens, des Minenaufspürens und des Unschäd­lichmachens von Minen besonders erfolgreich sind.

Sie, Herr Bundesminister, haben ja selbst gesagt: Ja, wir tun das ohnehin im Be­reich der OSZE!, also kann das bitte ja kein Thema sein, dass es mit der Neutralität zu tun hat, sondern ist eher das, was Kollege Patterer in der „Kleinen Zeitung“ geschrieben hat. Er sagt – ich habe dieses Wort bis jetzt nicht verwendet, vielleicht ist es ein steirisches Wort –, vor allem in der ÖVP gibt es nun eine „Schweißfurcht“ – das kommt offenbar von den Schweißhänden –
vor der FPÖ, deswegen trauen sich die nichts mehr zu machen, deswegen sagen sie auch, wir sind neutral (Abg. Taschner: Also bitte!) und deswegen dürfen
wir nicht helfen.

Nein, gerade weil wir neutral sind! – Ich zitiere Kollegen Patterer, bitte, das muss ja noch erlaubt sein in diesem Haus. (Abg. Taschner: Ja, aber das ist trotzdem falsch! – Abg. Michael Hammer: Damit muss man nicht einverstanden sein!) Er ist ja doch ein hervorragender österreichischer Journalist, und er sagt eben, bei
der ÖVP gibt es die „Schweißfurcht“. – So, und das wird man ja noch sagen dür­fen. (Abg. Taschner: Aber wenn es falsch ist, ist es falsch!)

Mir macht das halt auch Sorgen – und da bin ich jetzt wieder beim großen Bild –, wenn wir jetzt von einer österreichischen Sicherheitsstrategie reden – und
das müssen wir natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das wer­den wir auch – und diese von einer „Schweißfurcht“ (Ruf bei der ÖVP: Was ist das?) getrieben ist und nicht davon, dass wir uns wirklich um uns küm­mern, darum, wie wir unsere Sicherheit auf unserem Kontinent in Europa si­chern. So werden wir da auch nicht weiterkommen.

Im Übrigen muss natürlich – und Sie haben das sicher im Haus – der aktuelle Amnesty-Bericht präsentiert werden, der aufzeigt, wie es in den Ländern weltweit so zugeht, und da sehen wir eben, dass Tunesien natürlich eines der Länder
ist, die kritisiert werden.


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Umgekehrt – und darüber gibt es auch interessante Bücher, die kann ich nur empfehlen –, wenn wir schon von Afrika reden: Auch eine wunderbare afrikanische Insel ist Mauritius, und dazu kann man nachlesen, was man machen kann, um Demokratie, aber auch Wohlstand in einem Land zu sichern. Die Antwort ist: Bildung. Sie können das nachlesen: Die haben in den Fünfzigerjah­ren mit Bildung begonnen, und zwar bei den Kleinen, den Volksschulen,
und sie sind immer besser geworden und haben heute auch Universitäten. Wäh­rend der Bildungsstandard gestiegen ist, ist die Geburtenrate natürlich deutlich zurückgegangen, auch die Beschäftigung von Frauen ist gestiegen, und die Demokratie ist heute dort, in einem afrikanischen Land, gesichert.
Es geht!

Das sind die Länder, die wir unterstützen müssen, aber dafür brauchen wir eine gemeinsame europäische Afrikastrategie. Die haben wir leider bis jetzt
nicht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

19.13


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Martin Engelberg zu Wort. – Bitte.


19.13.39

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Die beiden Krisenherde am afrikanischen Kontinent, über die wir
hier sprechen, rufen uns sehr schmerzvoll in Erinnerung, dass wir gerade diesbe­züglich noch sehr viel mehr tun müssen. Ich bin sehr froh, dass das Bun­deskanzleramt gemeinsam mit dem Außenministerium und auch den zuständigen Fachministerien jetzt auch an einer österreichischen Afrikastrategie arbei­tet. Da geht es um strategische Leitlinien, um das Öffnen unserer diplomatischen Kanäle auch nach Afrika, Auf- und Ausbau unserer bilateralen Beziehungen.

Es ist ganz wichtig, dass Österreich den afrikanischen Kontinent und die Länder als wichtige Partner auf Augenhöhe ansieht und bestrebt ist, mit dieser


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Afrikastrategie auch die sicherheitsstrategische Bedeutung von Stabilität in Afri­ka für mehr Frieden und Sicherheit zu unterstreichen. Ich glaube, dass auch ganz wichtig ist, dass da auch die Expertise der Taskforce Afrika einfließt, die im Nachgang des EU-Afrika-Forums 2018, das damals unter der Füh­rung von Österreich stattgefunden hat, gegründet wurde.

Im Rahmen der Afrikastrategie soll es auch einen Afrikabeauftragten oder eine –beauftragte geben, um im Namen der Bundesregierung unsere Aktivitäten
zu koordinieren, auch sichtbarer zu machen, ihnen mehr Gewicht zu geben. Au­ßerdem ist geplant, dass das österreichische Vertretungsnetzwerk in Afrika überprüft und gegebenenfalls erweitert wird.

Ich denke, dass uns insgesamt gerade der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Warnung sein muss, eine Warnung auch in Bezug darauf, dass nicht alle Teile der Welt – das mussten wir jetzt sehr schmerzvoll feststellen –
die Ansichten unserer westlichen Welt, unserer westlichen Wertegemeinschaft vertreten. Das haben wir, glaube ich, als Europa, als westliche Welt ge­nerell vernachlässigt. Wir haben den globalen Süden in unserer Außenpolitik nicht voll in unserem Fokus gehabt. Gerade hier könnte sich Österreich
auch im Rahmen der EU als Brückenbauer durchaus profilieren. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.) – Danke.

Ich fasse die bisherigen Eckpunkte dieser Strategie, dieses Strategieentwurfs zu­sammen: Da geht es um sechs Schwerpunkte, und gleich der erste passt
auch zu der heutigen Debatte, da geht es nämlich um Frieden und Sicherheit. Da wird ein Fokus auf einen gesamtstaatlichen Ansatz gelegt. Österreich nimmt
eine Rolle als Vermittler zur Friedensförderung wahr, es gibt Stabilitäts­partnerschaften und eben auch maßgeschneiderte Abkommen mit ausgewählten afrikanischen Partnerländern. Ganz wichtig sind wirtschaftliche Beziehungen
und Kooperationen.

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist die Kooperation bei Bildung und Wissen­schaft. Da wird immer wieder, wann auch immer ich da mit Gesprächspart­nern von afrikanischen Ländern zu tun habe, die duale Ausbildung angesprochen,


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mit der Österreich wirklich ein Vorzeigemodell und auch sozusagen ein Export­produkt hat.

Ich glaube, das Thema grüne Transformation und Klimaschutz ist ein ganz wichti­ges Thema. Afrika leidet als Kontinent insgesamt unverhältnismäßig stark
unter den Auswirkungen des Klimawandels. Derzeit haben mehr als eine halbe Milliarde Menschen in afrikanischen Ländern keinen Zugang zu Strom,
und gleichzeitig hat Afrika aber die besten Solarressourcen der Welt. Daraus ergibt sich ein großes Potenzial für Zusammenarbeit und für Investi­tionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Wasserstoff.

Letztlich haben wir auch noch die Resilienz und Krisenvorsorge, ein Bereich, in dem wir, glaube ich, mit dem Herrn Bundesminister jetzt immer wieder ganz wichtige Schritte gesetzt haben, dass wir verlässliche humanitäre Hilfe vor Ort leisten, insbesondere auch zur Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit.

Last, but not least: das Thema Migration, bei dem es darum geht, dass wir wirklich einen umfassenden, systematischen Zugang dazu finden, Perspektiven vor Ort schaffen, insbesondere in Form von Arbeitsplätzen, und auch die
richtige Balance finden zwischen dem, dass wir Menschen auch die Optionen, die Möglichkeiten für Ausbildung und Arbeit in Österreich geben und gleich­zeitig aber auch dafür sorgen, dass es eine effektive Rückführung von illegalen Migranten mit Rückübernahmevereinbarungen geben wird.

Ich denke, das sind so die wichtigsten Eckpunkte. Ich glaube, dass das auch ganz wichtig ist, und das ist eigentlich ein gesamtheitlicher Ansatz, wenn wir zum Beispiel über aktuelle Krisen wie die jetzigen sprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Oberrau­ner. – Bitte.



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19.18.48

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Tunesien, das lange Zeit die große Hoffnung des Arabischen Frühlings auf Demokratie gewesen ist, erlebt zurzeit einen Frontalangriff auf seine de­mokratischen Institutionen und den Umbau zu einem autoritären Staat. Das Par­lament wurde entmachtet, fast alle Befugnisse sind weg. Oppositions­politiker, Gewerkschafter:innen, Journalist:innen und Migrant:innen werden ver­folgt und eingesperrt. Gleichzeitig verschlechtern sich die wirtschaftlichen Lebensbedingungen für die Menschen in Tunesien zusehends.

Für Europa hätten das Ende der Demokratie und die Destabilisierung Tunesiens große negative Auswirkungen, und zwar im Hinblick auf die Migration, im Hinblick auf unsere wirtschaftlichen Interessen, im Hinblick auf unser Ziel, Euro­pas Nachbarregionen durch demokratische und wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren.

Europa muss also ohne Frage mehr tun, um demokratische Kräfte in Tunesien zu stärken und das Land wirtschaftlich zu unterstützen.

Der vorliegende Antrag wird der Situation aber nicht gerecht. ÖVP und Grüne haben leider nicht den Mut, den autokratischen Führungsstil des tunesi­schen Präsidenten und die Menschenrechtsverletzungen gegen oppositionelle Gewerkschafter, Journalist:innen und Migrant:innen im Antrag klar zu be­nennen. Damit bleibt der Antrag in der Tonlage hinter der Position der EU zu­rück, die die Situation in Tunesien mittlerweile deutlich anspricht.

Gleichzeitig fehlt dem Antrag jegliche kritische Überprüfung der eigenen und der europäischen Tunesienpolitik der vergangenen Jahre. Stattdessen beschränkt sich der Antrag zum Teil darauf, EU-Maßnahmen zu fordern, die sowieso bereits auf EU-Ebene in Vorbereitung sind.


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Insgesamt bleibt der Antrag damit weit hinter dem zurück, was eigentlich mög­lich und nötig wäre. Er scheut davor zurück, die Verletzungen von Demo­kratie und Menschenrechten in Tunesien klar anzusprechen, und es fehlen ihm Ideen und Forderungen, die über das hinausgehen, was die EU sowieso vorbereitet. Wir werden daher diesem mut- und ambitionslosen Antrag nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.


19.21.20

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die uns hier im Hohen Haus oder von zu Hause zusehen und zuhö­ren! Es ist zu dieser Stunde zum Sudan und zu Tunesien schon sehr viel ge­sagt worden – zur ernsten Lage im Sudan, wo die Chance auf Demokratie und Frieden durch die Kämpfe, durch kriegerische Auseinandersetzungen zu­mindest einmal kurzfristig zunichte gemacht wurde und wo die Bevölkerung humanitäre Hilfe und Hilfsgüter braucht, und auch zu Tunesien, wo
es auch äußerst unerfreuliche und besorgniserregende Entwicklungen gibt.

Mit den beiden Anträgen und der heutigen Diskussion richten wir einen Scheinwerfer, lenken wir unsere Aufmerksamkeit darauf und geben
diesen Ländern, den Menschen dort, eine entsprechende Öffentlichkeit. Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, wenn wir heute über zwei Länder auf
dem afrikanischen Kontinent reden können, tatsächlich den Scheinwerfer noch einmal breiter auf Afrika zu richten!

Es ist unsere Verantwortung, die Staaten Afrikas dabei zu unterstützen, Frieden und Stabilität zu finden. Afrika und Europa müssen dabei Hand in Hand
gehen. Nehmen wir nur die zwei großen globalen Themen unserer Zeit: Ich den­ke an Migration und Klimawandel, zwei Themen, die eng miteinander ver­bunden sind.


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Mitunter sind die klimatischen Bedingungen die Ursache für Migration in Afrika, auch innerhalb Afrikas. Es sind lokale Kriege, wie jetzt im Sudan. Es ist oft
die wirtschaftliche Lage, die mangelnde Lebensqualität, mangelnde Perspektiven, mangelnde Sicherheit. Und wenn wir – und das wollen wir – Menschen
vor Ort Perspektiven geben wollen, sie darin unterstützen wollen, dann muss der allgemeine Wohlstand in Afrika steigen. Dann muss es Stabilität geben.
Das ist Grundlage auch der erwähnten Afrikastrategie der Bundesregierung und auch Grundlage der Arbeit der Österreichischen Entwicklungszusammen­arbeit am afrikanischen Kontinent.

Wenn aber dieser Wohlstand in Afrika quasi so breit erreicht wird, mit dem gleichen CO2-Ausstoß, mit dem gleichen ökologischen Fußabdruck, wie
es in Europa bislang der Fall war, dann haben wir auch ein Problem; und das zeigt, glaube ich, auch die Verknüpfung dieser beiden Themen sehr gut.
Es ist also nicht nur eine sicherheitspolitische, eine ökologische Aufgabe, letztlich gebietet auch die Humanität, Menschen auf dem afrikanischen Kontinent
dabei zu unterstützen, vor Ort in ihrer Heimat ein gelungenes Leben leben zu können, Perspektiven zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns mit dem afrikanischen Kontinent beschäftigen, dann, glaube ich, sind zwei Dinge jedenfalls geboten, und das möchte ich heute hier tun:
Zum einen geht es darum, dass wir nicht verallgemeinern. Wir sprechen heute über zwei spezifische Länder, Sudan und Tunesien, die unterschiedlicher
nicht sein könnten. Afrika ist ein Kontinent mit 54 Ländern
und bis zu 2 000 Sprachen, und jedes Land ist da individuell zu behandeln.

Wenn wir über Afrika reden, sollten wir aber auch – und das ist mir wichtig, weil es in der Berichterstattung oft ganz anders geschieht – nicht nur über
Kriege und Krisen, Konflikte und Chaos sprechen, denn es gibt dort sehr viel mehr: Chancen, Zuversicht, Potenziale und Kreativität. Ich hatte im
Rahmen einer Veranstaltung die Gelegenheit, unter anderem Start-ups kennen­zulernen, die aus Österreich heraus mit afrikanischen Expats und mit
Partnern vor Ort tolle Dinge entwickeln, am agrarischen Sektor etwa. Ich nenne


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die Firma Agrobiogel, die mit der Boku gemeinsam ein biobasiertes
Hydrogel entwickelt hat, das Pflanzen vor Dürre schützt, um nur ein Beispiel zu nennen.

Es gibt da ganz viel Potenzial, und wenn man mit jungen Menschen aus afrikanischen Ländern spricht – mir ist das immer wieder beim Europäischen Forum Alpbach gelungen – oder etwa mit den Mitgliedern und den Vor­sitzenden des African Diaspora Youth Forums in Europe, dann sagen die uns: Schaut auf unsere Potenziale! Es sind junge Bevölkerungen, nicht nur im
bald drittbevölkerungsreichsten Land der Welt, in Nigeria, sondern überall, und sie sagen: Schaut auf unsere Potenziale, seid für uns Partnerinnen und
Partner in der wirtschaftlichen Entwicklung, unterstützt uns dabei, Partner­schaften aufzubauen! – Ich denke, das tun wir.

Wenn wir darauf heute hinweisen, dann werde auch ich dem Umstand gerecht, dass ich diesen jungen Menschen im Wort bin, ihnen gesagt habe, überall,
wo es gelingt und die Möglichkeit gibt, werde ich differenziert und konstruktiv über Afrika und seine Zukunft und Chancen sprechen.

Österreich soll also – und das liegt auch den beiden Anträgen zugrunde – in Zu­sammenarbeit mit den Institutionen der Europäischen Union mithelfen und mitwirken, dass sich die Lage im Sudan, in Tunesien stabilisiert und dass wir dann auch mit diesen beiden Ländern wirtschaftliche Kooperationen, auch im
Sinne unserer ökologischen und humanitären Verantwortung, intensivieren kön­nen. Das bietet Zukunftsperspektiven für beide Seiten und Stabilität, die Entwicklung möglich macht. Ich weiß, das ist im Außenministerium, bei unserem Minister und bei all den Mitwirkenden, in guten Händen. – Vielen Dank,
wenn Sie auch dazu beitragen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ernst-Dziedzic.)

19.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.



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19.26.25

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Ja, es geht um Afrika, dieses große Land, wie einige ÖVP-Politiker:innen ganz gerne attestieren. Alle Welt entdeckt ja gerade Afrika und lenkt den Fokus des geopolitischen Handelns dorthin.

Die USA haben beispielsweise jetzt eine Leader-Partnerschaft ins Leben gerufen, und das war auch dringend notwendig, nachdem der vorherige Präsident
Trump afrikanische Staaten ja noch als „shithole countries“ diffamiert hat. Das ist nicht wahnsinnig gut für die Beziehungen.

Gleichzeitig haben wir auf der anderen Seite China, das sich auch deutlicher als je zuvor positioniert: China will Energie, China will Rohstoffe, China will Märkte.

Ein weiterer Player am Spielfeld ist Russland, in wirtschaftlichen Belangen ein Zwerg, aber bei militärischen Auseinandersetzungen von großer Bedeu­tung als Waffenlieferant. Nicht zuletzt sorgte auch die Wagner-Gruppe in vielen Ländern ordentlich für Unruhe und spielt sich aber zugleich als Garant für Regierungen auf.

Dann haben wir die Europäische Union. Diese ist mit dem Global Gateway auch als Kooperationspartner vieler afrikanischer Staaten unterwegs. Der Global Gateway sieht ja umfangreiche Investitionen in Infrastrukturentwicklungen vor.

Ja, und dann hätten wir Österreich, und darum geht es ja heute auch ein bisschen. Der Bundeskanzler hat ja kürzlich Afrika, afrikanische Länder, bereist. Allerdings hat da meiner Meinung nach ein bisschen der strategische
Fokus gefehlt. Die Reise hat ihn weder in Fokusländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geführt, beispielsweise Uganda, noch in Hoffnungsländer wie Botswana, auch nicht in große Volkswirtschaften wie Nigeria.

Da frage ich mich schon, was aus dieser Reisetätigkeit für die heute auch schon mehrfach angesprochene Afrikastrategie abzulesen ist – eine Afrikastrate­gie, auf die wir ja schon sehr, sehr lange warten. Wenn es stimmt, dass gut Ding


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Weile braucht, dann dürfen wir Außergewöhnliches mit Spannung erwarten,
und ich möchte dieses Warten noch mit zwei, drei Gedanken füllen, nämlich auch der Frage: Was muss denn für eine neue Afrikastrategie berück­sichtigt werden?

Einige Vorredner haben immer noch diesen alten Blick auf afrikanische Staaten durchklingen lassen: Das sind arme Hascherl, denen man helfen muss. –
Nein, das stimmt nicht mehr. Afrikanische Staaten haben ein neues Selbstbe­wusstsein entwickelt, sie sind auch von ihrer eigenen Stärke überzeugt.
Sie können sich aussuchen, mit wem sie ihre Industrialisierung, ihre Landwirt­schaft, ihre Digitalisierung, auch den Wandel hin zu grüner Energie voranbringen wollen. Es brummt auf diesem Kontinent; ja, nicht in allen Ländern – wir
haben es heute gehört: Tunesien, Sudan, große Themen –, aber in den meisten Ländern ist ein absoluter Aufbruch zu spüren, die Bereitschaft, sich auch
weniger abhängig zu machen. Urbane Zentren strahlen aus, in einigen Jahren wird die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Städten leben. Die Produktivität steigt. Die Einkommen, zumindest der Angestellten, steigen, lokale Unternehmen investieren, Märkte werden größer. Es geht um Produktion,
es geht um Arbeit, es geht um Wertschöpfung und nicht mehr, wie viele externe Akteure glauben, um Finanzen und fossile Rohstoffe.

China hat das seit Langem erkannt und kann auch deshalb jetzt die Früchte dieser Kooperation ernten. Wir müssen diese Entwicklungen verste­hen, wir müssen sie antizipieren, wir müssen wissen, wohin Afrikas Reise geht. Das sind Anknüpfungspunkte für eine Afrikastrategie.

Noch bewegt sich die Afrikapolitik ja leider meistens auf sehr ausgetretenen Pfaden. Die Grundannahme ist immer: Afrikanische Gesellschaften
benötigen Unterstützung von außen, weil wir wissen, wie es geht. Das sehen Afrikanerinnen und Afrikaner anders. Sie wollen kooperieren, aber
sie wollen nicht länger Empfänger von Finanzen und guten Ratschlägen sein.


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Was wollen afrikanische Gesellschaften? Sie wollen industrielle Investitionen. Sie wollen Kooperationen – mit europäischen Universitäten beispielsweise. Sie wollen mit uns zusammenarbeiten, beispielsweise wenn es um den Kampf gegen die Klimakrise oder um eine Energiewende geht.

Das muss in eine neue Afrikastrategie aufgenommen werden, und ich hoffe, Herr Bundesminister, dass sie bald das Licht der Welt erblickt. – Vielen
Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.


19.31.13

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bild­schirmen! Ich bin der letzte Redner des heutigen Tages und quasi auch
der letzte Redner vor der „Zeit im Bild“. Ich bin eh nicht dafür bekannt, möglichst lang zu reden, aber ich möchte zu einem sehr, sehr wichtigen Thema sprechen.

Wir haben heute hier zwei Entschließungsanträge – einerseits zum Sudan, ande­rerseits zu Tunesien –, und ich verspreche, nicht lange zu reden, habe aber gleichzeitig eine Bitte: Es hat gestern am Abend eine interessante Reportage auf Arte zum Thema Sudan gegeben, und wenn man sich diese Reportage ange­sehen hat, dann hat man ganz deutlich gesehen, von welcher Situation man hier ausgeht.

Mittlerweile hat der Konflikt dieser zwei Parteien wirklich massive Opfer gefordert und hat vor allem auch dafür gesorgt, dass die Versorgung in dieser Region komplett darniederliegt. Es gibt rund um die Hauptstadt nur mehr
ein Krankenhaus, das die Menschen versorgen kann, und die Situation dort vor Ort ist unglaublich. Man sieht in dieser Dokumentation auch, wie Men­schen mit Schussverletzungen, Granatsplittern und so weiter dort behandelt


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werden: ohne Narkose, ohne Schmerzmittel, ohne Desinfektionsmittel.
Das ist wirklich unglaublich, und deswegen ist es aus meiner Sicht extrem wich­tig, dass wir auf solche Themen immer wieder den Fokus legen.

Kollege Graf, ich gebe dir recht: Man wird mit diesem Entschließungsantrag die Situation vor Ort nicht lösen können. Es wird auch Außenminister Schallen­berg, wie er es sonst auch immer tut, Themen, die wichtig sind, die ihm wichtig sind, in den Fokus rücken. Ich bin aber felsenfest der Meinung, dass es
auch unserem Parlament guttut, sich mit solchen Themen zu beschäftigen, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen und sich dafür einzusetzen,
dass die Situation im Sudan und in anderen Regionen verbessert wird. (Abg. Mar­tin Graf: Es geht um konkrete Dinge!) – D
ie konkreten Dinge, die du an­sprichst, sind einerseits in dem Antrag enthalten – ich bin davon überzeugt, dass du ihn gelesen hast, dass du ihn auch unterstützen könntest –, andererseits möchte ich noch auf weitere konkrete Dinge zu sprechen kommen.

Es ist in dieser Region sehr schwierig für Hilfsorganisationen, weiter tätig zu sein. Es war auch schwierig für die Österreicherinnen und Österreicher, dabei
zu sein und dort zu bleiben. An dieser Stelle: Vielen Dank an die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter des Außenamts! – Ich weiß, einige von Ihnen schauen
bei diesen Punkten immer auch zu, also: einen herzlichen Gruß an dieser Stelle, vielen Dank für die Arbeit und vielen Dank, dass auch in dieser Situation
wieder die Menschen aus dieser Krisenregion hinausbegleitet wurden, auch mithilfe von Deutschland, den Niederlanden und anderen Partnern.
(Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Entschließungsantrag betrifft Tunesien. Auch dort herrscht eine ganz schlimme Situation. Tunesien – Sie wissen das alle – ist sehr gebeutelt von
der Covid-Pandemie, aber auch was den Russland-Ukraine-Krieg angeht, ist es schwer gebeutelt. 70 Prozent der Lebensmittel in Tunesien werden impor­tiert, und hier kommt es zu einem extremen Versorgungsmangel und
zu Unsicherheit. Auch diese Region braucht unseren Fokus. Auch diese Region ist für uns als Partner wichtig. Mein Kollege Nico Marchetti hat es vorhin


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schon angesprochen: Die Migrationsströme, die aus Tunesien kommen, sind für uns in Europa eine große Herausforderung und wir müssen schauen, dass
wir mit den Partnern vor Ort Lösungen finden, damit diese Situation eingedämmt wird.

Als Schlusssatz möchte ich noch sagen: Ich teile die Einschätzung der Kollegin Brandstötter: Wir brauchen mit der Region eine wirkliche Partnerschaft
und keine Patenschaft. In diesem Sinne bin ich sehr dankbar, wenn
Sie im Außenministerium, aber auch du als Außenminister dich für diese Region starkmachst. Vielen Dank! Schönen Abend! Gute Heimreise, und
bitte schauen Sie die Dokumentation an. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

19.35


19.35.38

Präsidentin Doris Bures: Davor gibt es aber noch eine Reihe von Abstimmungen, die durchzuführen sind. (Abg. Haubner: Wir sind bereit!)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8, die dem Ausschussbericht 2034 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Sofortige Einstellung
der bewaffneten Auseinandersetzung im Sudan“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (323/E)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holz­leitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dauerhafter Waffenstillstand
und Waffenembargo Sudan“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9, die dem Ausschussbericht 2035 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die aktuelle Lage in Tunesien“.

Wer ist dafür? – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (324/E)

19.36.5210. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3231/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus
Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2020 d.B.)

11. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3229/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus
Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz geändert wird (2021 d.B.)

12. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3232/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus
Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2022 d.B.)


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13. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 3230/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus
Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klubfinanzierungsgesetz 1985 geändert wird (2023 d.B.)


19.36.53

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 10 bis 13, zu denen gleich Abstimmungen erfolgen werden.

Da die vorliegenden Gesetzentwürfe bereits in zweiter Lesung angenommen wurden, kommen wir sogleich zu den dritten Lesungen, die ich über
jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur dritten Lesung über den Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2020 der Beilagen.

Die Voraussetzungen des § 108 der Geschäftsordnung sind erfüllt.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um eine Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem erwähnten Gesetzentwurf auch
in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung zur dritten Lesung über den Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2021 der Beilagen.


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Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen, und damit stelle ich im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Wer ist für diesen Entwurf in dritter Lesung? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Dritte Lesung über den Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2022 der Beilagen.

Auch dieser Gesetzentwurf enthält Änderungen des Geschäftsordnungsge­setzes, und ich stelle im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte um Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Dritte Lesung über den Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Klubfinanzierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2023 der Beilagen.

Wer stimmt dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zu? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.39.48Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 3375/A(E) bis 3407/A(E) eingebracht worden sind.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilun­gen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.40 Uhr – das ist
gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.40.16Schluss der Sitzung: 19.40 Uhr

 

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