Plenarsitzung
des Nationalrates
247. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Freitag, 15. Dezember 2023
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Nationalratssaal
Stenographisches Protokoll
247. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Freitag, 15. Dezember 2023
Dauer der Sitzung
Freitag, 15. Dezember 2023: 9.05 – 18.55 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 3558/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG)
2. Punkt: Bericht über den Antrag 3090/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz)
3. Punkt: Bericht über den Antrag 3431/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp jetzt
4. Punkt: Bericht über den Antrag 3562/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen
5. Punkt: Bericht über den Antrag 3432/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp statt ÖVP-Klientelpolitik für Vermieter
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023)
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossenschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023)
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz erlassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023)
9. Punkt: Bericht über den Antrag 3195/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Gesellschaftsform: Notwendige Reformen für unkompliziertes Gründen!
10. Punkt: Bericht über den Antrag 3754/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023)
11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Personenstandsgesetz 2013 geändert wird
12. Punkt: Bericht über den Antrag 3755/A(E) der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG)
14. Punkt: Bericht über den Antrag 3778/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011) geändert und ein Bundesgesetz über den Vollzug des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM-Vollzugsgesetz 2023 – CBAM-VG 2023) erlassen wird
15. Punkt: Bundesgesetz über die erneuerbare Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWG)
16. Punkt: Bericht über den Antrag 3742/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2024 und 2025 zur Beibehaltung der Förderung für den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen (Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz – HeUZG)
17. Punkt: Bericht über den Antrag 3741/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz 2012 geändert werden
18. Punkt: Bericht über den Antrag 3776/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) geändert wird
19. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2024-2029
20. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung von Zweckzuschüssen des Bundes an die Gemeinde Graz für die Finanzierung von Straßenbahnvorhaben in Graz
21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird
22. Punkt: Bericht über den Antrag 336/A der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird
23. Punkt: Bericht über den Antrag 3660/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird
24. Punkt: Bericht über den Antrag 3731/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško
25. Punkt: Bericht gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend
Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder (COFAG-Untersuchungsausschuss)
26. Punkt: Bericht gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden („ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ........................................................................................................... 29
Ordnungsruf ............................................................................................................... 179
Geschäftsbehandlung
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ............................................................................................................................... 69
Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................ 156, 180
Unterbrechung der Sitzung ............................................................................. 157, 181
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ............................................................................................. 374
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .......................... 377
Fragestunde (25.)
Justiz ............................................................................................................................. 30
Mag. Michaela Steinacker (321/M); Henrike Brandstötter, Mag. Meri Disoski, Mag. Selma Yildirim
Mag. Selma Yildirim (308/M); Mag. Johanna Jachs, Mag. Philipp Schrangl
Mag. Georg Bürstmayr (325/M); Mag. Muna Duzdar, Ing. Mag. Volker Reifenberger
Dr. Johannes Margreiter (317/M); MMMag. Gertraud Salzmann
Mag. Corinna Scharzenberger (322/M)
Mag. Christian Drobits (309/M); Mag. (FH) Kurt Egger
Christian Lausch (314/M); Mag. Ruth Becher, Carina Reiter
Mag. Agnes Sirkka Prammer (326/M); Mag. Yannick Shetty
Mario Lindner (310/M); Barbara Neßler
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ................................................................................................. 29
Rechnungshof
Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung im Zusammenhang mit dem Antrag 3812/A betreffend Gebarungsüberprüfung ............................................. 377
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3558/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (2398 d.B.) ............................................................................................................................... 70
2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3090/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz) (2399 d.B.) ........................................................................................................................................ 70
3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3431/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp jetzt (2400 d.B.) .................................................................................................................... 70
4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3562/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen (2401 d.B.) ................... 70
5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3432/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp statt ÖVP-Klientelpolitik für Vermieter (2402 d.B.) ........................................................ 71
Redner:innen:
Mag. Ruth Becher .................................................................................................... .... 71
Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................ .... 80
Mag. Philipp Schrangl .............................................................................................. .... 83
Johann Singer ........................................................................................................... .... 86
Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... .... 88
Josef Muchitsch ....................................................................................................... .... 90
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................. .... 92
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ...................................................................................... .... 96
Andreas Ottenschläger ............................................................................................ .... 97
Maximilian Lercher .................................................................................................. .... 99
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“ – Ablehnung ........................................................................................................... 73, 101
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“ – Ablehnung ...... 94, 102
Annahme des Gesetzentwurfes in 2398 d.B. ........................................................ 101
Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2399, 2400, 2401 und 2402 d.B. 102
6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023) (2340 d.B.) ............................................................................................................................. 102
Redner:innen:
Mag. Harald Stefan .................................................................................................. .. 103
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................. .. 107
Sabine Schatz ........................................................................................................... .. 109
Mag. Michaela Steinacker ....................................................................................... .. 112
Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... .. 118
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................ .. 120
Mag. Johanna Jachs ................................................................................................ .. 123
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... .. 125
Dr. Susanne Fürst ..................................................................................................... .. 129
Annahme des Gesetzentwurfes in 2340 d.B. ........................................................ 132
7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2228 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossenschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023) (2341 d.B.) .................................................. 134
Redner:innen:
Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. .. 135
Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................. .. 136
Mag. Philipp Schrangl .............................................................................................. .. 137
Mag. Johanna Jachs ................................................................................................ .. 138
Annahme des Gesetzentwurfes in 2341 d.B. ........................................................ 139
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2320 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz erlassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023) (2342 d.B.) ....................................................................................... 140
9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3195/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Neue Gesellschaftsform: Notwendige Reformen für unkompliziertes Gründen! (2343 d.B.) .................... 140
Redner:innen:
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................. .. 140
Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................. .. 142
Mag. Harald Stefan .................................................................................................. .. 144
Bettina Zopf ............................................................................................................. .. 147
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................ .. 148
Henrike Brandstötter ............................................................................................... .. 151
Dr. Christian Stocker ............................................................................................... .. 153
Mag. Ruth Becher .................................................................................................... .. 154
Annahme des Gesetzentwurfes in 2342 d.B. (namentliche Abstimmung) ........ 156
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 158
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2343 d.B. ............................................. 160
Gemeinsame Beratung über
10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3754/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023) (2345 d.B.) ...... 160
11. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Personenstandsgesetz 2013 geändert wird (2354 d.B.) ................ 160
12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3755/A(E) der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden (2346 d.B.) ............................................................................................................................. 160
Redner:innen:
Dr. Harald Troch ...................................................................................................... .. 161
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................... .. 162
Mag. Harald Stefan .................................................................................................. .. 166
Mag. Michaela Steinacker ....................................................................................... .. 168
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................ .. 171
Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................... .. 172
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... .. 175
Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... .. 177
Mario Lindner ........................................................................................................... .. 179
Annahme des Gesetzentwurfes in 2345 d.B. (namentliche Abstimmung) ........ 180
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 182
Annahme des Gesetzentwurfes in 2354 d.B. ........................................................ 184
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2346 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden“ (357/E) ............................................................................................................................. 184
13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2344 d.B.) ........................................ 185
Redner:innen:
Mag. Harald Stefan .................................................................................................. .. 185
Katharina Kucharowits ........................................................................................... .. 187
Dr. Nikolaus Scherak, MA ....................................................................................... .. 191
Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................. .. 194
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................ .. 199
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................... .. 201
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“ – Ablehnung 189, 241
Annahme des Gesetzentwurfes in 2344 d.B. ........................................................ 240
14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3778/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011) geändert und ein Bundesgesetz über den Vollzug des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM-Vollzugsgesetz 2023 – CBAM-VG 2023) erlassen wird (2349 d.B.) ................................. 206
Redner:innen:
MMag. Michaela Schmidt ....................................................................................... .. 206
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................... .. 208
MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. .. 210
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 213
Peter Haubner .......................................................................................................... .. 216
Annahme des Gesetzentwurfes in 2349 d.B. ........................................................ 217
Gemeinsame Beratung über
15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2268 d.B.): Bundesgesetz über die erneuerbare Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWG) (2351 d.B.) ........... 217
16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3742/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2024 und 2025 zur Beibehaltung der Förderung für den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen (Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz – HeUZG) (2350 d.B.) ..................... 218
Redner:innen:
MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 218
Lukas Hammer .................................................................................................. 220, 238
Maximilian Linder .................................................................................................... .. 222
Alois Schroll .............................................................................................................. .. 224
Tanja Graf ................................................................................................................. .. 226
Michael Bernhard .................................................................................................... .. 228
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 230
Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ .. 234
Johann Höfinger ...................................................................................................... .. 236
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2351 und 2350 d.B. ........................... 239
17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3741/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz 2012 geändert werden (2352 d.B.) ........................................... 241
Redner:innen:
Michael Bernhard .................................................................................................... .. 241
Lukas Hammer ......................................................................................................... .. 243
Alois Schroll .............................................................................................................. .. 250
MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. .. 252
Tanja Graf ................................................................................................................. .. 254
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 256
Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. .. 259
Annahme des Gesetzentwurfes in 2352 d.B. ........................................................ 261
18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3776/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) geändert wird (2353 d.B.) ............................................................. 262
Redner:innen:
Rainer Wimmer ........................................................................................................ .. 263
Lukas Hammer ......................................................................................................... .. 265
MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. .. 266
Christoph Stark ................................................................................................. 268, 275
Mag. Gerald Loacker ............................................................................................... .. 273
Annahme des Gesetzentwurfes in 2353 d.B. ........................................................ 277
Gemeinsame Beratung über
19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2024-2029 (III-1049/2334 d.B.) .......................................................... 278
20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2304 d.B.): Bundesgesetz über die Gewährung von Zweckzuschüssen des Bundes an die Gemeinde Graz für die Finanzierung von Straßenbahnvorhaben in Graz (2336 d.B.) ................. 278
Redner:innen:
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ...................................................................................... .. 278
Hermann Weratschnig, MBA MSc .......................................................................... .. 280
Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... .. 282
Maximilian Lercher .................................................................................................. .. 283
MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................ .. 285
Andreas Ottenschläger ............................................................................................ .. 287
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 289
Lukas Brandweiner .................................................................................................. .. 294
Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................ .. 295
Franz Leonhard Eßl .................................................................................................. .. 297
Ing. Josef Hechenberger .......................................................................................... .. 298
Alois Stöger, diplômé ............................................................................................... .. 299
Kenntnisnahme des Berichtes III-1049 d.B. .......................................................... 301
Annahme des Gesetzentwurfes in 2336 d.B. ........................................................ 301
21. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2308 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (2335 d.B.) .. 301
Redner:innen:
Hermann Weratschnig, MBA MSc .......................................................................... .. 302
Dietmar Keck ........................................................................................................... .. 303
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 304
Rebecca Kirchbaumer .............................................................................................. .. 305
Annahme des Gesetzentwurfes in 2335 d.B. ........................................................ 306
22. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 336/A der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2337 d.B.) ............................. 306
Redner:innen:
Alois Stöger, diplômé ............................................................................................... .. 307
Hermann Weratschnig, MBA MSc .......................................................................... .. 308
Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... .. 309
Irene Neumann-Hartberger .................................................................................... .. 311
Lukas Hammer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 313
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2337 d.B. ............................................. 314
23. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3660/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2383 d.B.) ....................................... 314
Redner:innen:
MMag. Michaela Schmidt ....................................................................................... .. 314
Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ .. 316
Walter Rauch ........................................................................................................... .. 318
Michael Bernhard .................................................................................................... .. 323
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. .. 325
Mario Lindner ........................................................................................................... .. 326
Mag. Ernst Gödl ....................................................................................................... .. 328
Franz Hörl ................................................................................................................. .. 330
Nikolaus Prinz .......................................................................................................... .. 332
Lukas Hammer ......................................................................................................... .. 332
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................... .. 334
Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Klimabonus für Asylwerber“ – Ablehnung ................... 320, 335
Annahme des Gesetzentwurfes in 2383 d.B. ........................................................ 335
24. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3731/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško (2384 d.B.) 336
Redner:innen:
Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. .. 336
Robert Laimer ........................................................................................................... .. 338
Joachim Schnabel .................................................................................................... .. 339
Michael Bernhard .................................................................................................... .. 342
Mag. Karin Greiner .................................................................................................. .. 343
Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................... .. 344
Mag. Peter Weidinger .............................................................................................. .. 346
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2384 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško“ (356/E) ............................................................................ 347
25. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder (COFAG-Untersuchungsausschuss) (6/US / 2403 d.B.) 348
Redner:innen:
Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................ .. 348
Kai Jan Krainer ......................................................................................................... .. 351
Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... .. 354
David Stögmüller ..................................................................................................... .. 356
Dr. Nikolaus Scherak, MA ....................................................................................... .. 358
Einsetzung des COFAG-Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 6 GOG mit 15. Dezember 2023 ............................................................................................................................ 348
26. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden („ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“) (8/US / 2404 d.B.) ..................................................... 361
Redner:innen:
Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 362
Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................... 363
Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... .. 366
Mag. Meri Disoski .................................................................................................... .. 367
Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ........................................... 370
Michael Bernhard ....................................................................................................... 371
Einsetzung des ROT-BLAUER-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 9 GOG mit 15. Dezember 2023 ................................................................................. 361
Eingebracht wurden
Anträge der Abgeordneten
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderpensionen – Zehn Jahre nach der Mini-Reform von Rot-Schwarz-Grün 2014 (3807/A)(E)
Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zutritt zu Bundesbetreuungseinrichtungen für NGOs (3808/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Gleichbehandlung von Milch und pflanzlichen Milchersatzgetränken (3809/A)(E)
Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (3810/A)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderpensionen – Zehn Jahre nach der Mini-Reform von Rot-Schwarz-Grün 2014 (3811/A)(E)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Illegale Parteienfinanzierung: Bevorzugte Leistungen aus den Bundesministerien an ÖVP und Grüne (3812/A)
Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsreformmaßnahmen-Finanzierungsgesetz geändert wird (3813/A)
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Führung der Bezeichnung „akademische Sozialarbeiterin“ oder „akademischer Sozialarbeiter“ sowie der Bezeichnung „akademische Sozialpädagogin“ oder „akademischer Sozialpädagoge“ sowie der Bezeichnung „Diplom-Sozialpädagogin“ oder „Diplom-Sozialpädagoge“ (Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2023 – SozBezG 2023) (3814/A)
August Wöginger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (3815/A)
Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz geändert wird (3816/A)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Gleichbehandlung von Milch und pflanzlichen Milchersatzgetränken (3817/A)(E)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tourismuskasse nach dem Vorbild der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (3818/A)(E)
Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Glückspiels mit „Lootboxen“ (3819/A)(E)
Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Glückspiels mit „Lootboxen“ (3820/A)(E)
Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (3821/A)
Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (3822/A)
Anfragen der Abgeordneten
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Spesen und Repräsentationsaufgaben der Bundesregierung (17154/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 2. Quartal 2023 (17155/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17156/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17157/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17158/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17159/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17160/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17161/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17162/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17163/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17164/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17165/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17166/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17167/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2023 (17168/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten der Kabinette im Bundeskanzleramt im 4. Quartal 2023 (17169/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17170/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17171/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17172/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17173/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17174/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17175/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17176/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17177/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17178/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17179/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17180/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17181/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17182/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17183/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17184/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17185/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17186/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17187/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17188/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17189/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17190/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17191/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (17192/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schleppende Ermittlungen zum Ärztekammerskandal (17193/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausschreitungen bei rechtsextremer Kundgebung (17194/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen wegen Ausschreitungen bei rechtsextremer Kundgebung (17195/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17196/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17197/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17198/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17199/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17200/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17201/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17202/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17203/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17204/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17205/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17206/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17207/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17208/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2023 (17209/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17210/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17211/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2023 (17212/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Extremismusprävention in Bildungseinrichtungen (17213/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Extremismusprävention in Bildungseinrichtungen (17214/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kommt das IGM-Verbot noch in dieser Legislaturperiode?“ (17215/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Solidarität mit der russischen LGBTIQ+ Community (17216/J)
Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die seit mittlerweile zwei Jahren durch die Regierung angekündigte so bezeichnete „Tierschutzgesetz-Novelle 2“ (17217/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Stand der Novellierung des KSE (17218/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Keine österreichischen Waffen in den Händen von Terroristen“ (17219/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Keine österreichischen Waffen in den Händen von Terroristen“ (17220/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend „Keine österreichischen Waffen in den Händen von Terroristen“ (17221/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „KI-Pilotschulen“ (17222/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „KI-Pilotschulen“ (17223/J)
Anfragebeantwortung
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen (16034/AB zu 16612/J)
Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zur 247. Sitzung des Nationalrates, die hiermit eröffnet ist, begrüßen.
Ich begrüße herzlich die Damen und Herren auf der Galerie, die Journalistik und vor allem auch die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten.
Die Amtlichen Protokolle der 243. und der 244. Sitzung vom 13. Dezember sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Dr. Reinhold Lopatka, Petra Bayr, MA MLS, Julia Elisabeth Herr, Klaus Köchl, Michael Seemayer, Petra Tanzler, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Herbert Kickl, Mag. Christian Ragger, Wolfgang Zanger, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Heike Grebien, Bedrana Ribo, MA, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Fiona Fiedler, BEd und Mag. Julia Seidl.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. wird durch Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab vertreten.
Ferner darf ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt geben:
Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm vertreten.
*****
Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr und darüber hinaus von ORF III bis 19.15 Uhr übertragen wird; anschließend wird die Sitzung in der TVthek übertragen. Auch private Sender übertragen unsere Sitzung.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur Fragestunde.
Ich darf Frau Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. recht herzlich bei uns begrüßen.
Für die Beantwortung der Anfragen sind 2 Minuten vorgesehen, für die der Zusatzfragen 1 Minute. Ich werde immer ein kurzes Zeichen geben, wenn die Zeit überschritten ist.
Die Fragesteller wissen, wo sie die Frage stellen.
Justiz
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir treten in die Befragung ein, und die 1. Anfrage stellt Frau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker. Ich bitte sie zum Rednerpult. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Ich darf die heutige Fragestunde mit dem so wichtigen Thema
Gewaltschutz und Gewaltprävention einleiten (Unruhe im Saal – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen müssen.
Deswegen bin ich sehr froh, dass sich mit dem Ministerratsvortrag vom Dezember nunmehr alle beteiligten Ministerien zusammengefunden haben und zwei Pilotprojekte zu Gewaltambulanzen in einer Süd- und einer Ostregion installieren wollen. Ich denke, diese Gewaltambulanzen sind unbedingt notwendige Mittel, damit wir Straftäter effektiv verfolgen können. Wir haben leider oftmals sehen müssen, dass die Verurteilung von Gewalttätern deswegen nicht passieren konnte, weil ein Mangel an Beweisen vorlag – daher sind diese Einrichtungen ebenso unbedingt notwendig.
Es ist uns klar, dass die Sicherung von Spuren nicht nur von entscheidender Bedeutung ist, sondern es natürlich auch für die Betroffenen – meistens Frauen und Kinder – eine enorme Anforderung darstellt, sich dort hinzubegeben und diese Beweise sichern zu lassen.
Frau Bundesministerin, ich darf Ihnen daher die Frage stellen:
„Welche Leistungen sollen von den angekündigten Gewaltambulanzen konkret erbracht werden?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Gewaltambulanzen – Sie, Frau Abgeordnete, haben es angesprochen – können ein wesentlicher Beitrag zum Durchbrechen der Gewaltspirale sein. Von Gewalt Betroffene sollen dort die Möglichkeit bekommen, sich kostenlos, niederschwellig und verfahrensunabhängig untersuchen zu lassen – Spuren können also schon unabhängig von einem Verfahren festgemacht werden.
Der Katalog an Leistungen, die die Gewaltambulanzen zu erbringen haben, ist natürlich sehr umfassend: In erster Linie geht es um eine fach- und opfergerechte forensische Untersuchung, es geht um Spurensicherung, um Dokumentation von Gewalt. Ich betone noch einmal: Das ist verfahrensunabhängig, denn bisher hat man, wenn kein Verfahren gelaufen ist, kleinere Verletzungen nicht gerichtsfest machen können, und im Spital wurde man weggeschickt, denn wegen eines blauen Flecks geht man nicht ins Spital – und genau deswegen besteht eben diese Lücke. Ich bin sehr froh, dass da vier Ministerien an einem Strang gezogen haben und wir jetzt die Gewaltambulanzen auf den Weg bringen können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Bundesministerin, vielleicht können Sie uns noch Auskunft darüber geben, in welchem Zeitraum nach den Pilotprojekten dann eine Ausweitung vorgesehen ist. Es erscheint mir auch besonders wichtig, dass die Bevölkerung einfach darüber informiert ist, dass es diese Möglichkeit gibt.
Gibt es dazu Überlegungen, wie diese Information an die Bevölkerung gebracht werden soll?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die erste Phase startet im Osten und im Süden, das ist in Wien, in Niederösterreich, im Burgenland, in der Steiermark und in Kärnten. Es ist vorgesehen, dass es zusätzlich zu den fixen Einrichtungen auch mobile Teams gibt, damit die Menschen überall erreicht werden können. Es muss möglich sein, mit den mobilen Teams überall dorthin zu fahren, wo Gewalt stattfindet.
Die zweite Phase der Pilotierung startet Anfang nächsten Jahres. Da geht es um den Westen. Es werden schon nächsten Monat Gespräche mit Innsbruck und
gleich auch mit Salzburg geführt, damit wir da auch möglichst rasch vorwärtskommen.
Der Plan ist also, das Ende nächsten Jahres wirklich flächendeckend ausgerollt zu haben.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Guten Morgen, Frau Minister! Es gibt ja in Österreich kaum Gerichtsmediziner – leider. Jetzt sollen vorhandene Ambulanzen in einzelnen Krankenhäusern als Pilotprojekt zu Gewaltambulanzen ausgebaut werden. Wir begrüßen das sehr, nichtsdestotrotz stellt sich die Frage: Wie kommen wir zu mehr Personal, zu mehr Gerichtsmedizinerinnen und Gerichtsmedizinern?
Deshalb meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie gemeinsam mit anderen Ministerien, damit für diese Ambulanzen genügend Personal rekrutiert werden kann und auch die bisherigen Aufgaben uneingeschränkt erledigt werden können?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das ist eine wichtige Frage, die Sie stellen, denn ja, es fehlt uns an Gerichtsmedizinerinnen und Gerichtsmedizinern. Wir waren in Wien, was die Gerichtsmedizin betrifft, einmal führend, jetzt sind wir das nicht mehr. Gerade dieses Projekt ist nun aber eine Chance, tatsächlich die Gerichtsmedizinerinnen und Gerichtsmediziner zu schulen und da auch einen Bedarf einzumelden.
Ja, mir ist durchaus bewusst, dass es dauern wird, bis Gerichtsmediziner:innen – unter Anführungszeichen – „am Markt“ sind. Deswegen werden entsprechend geschulte Allgemeinmediziner vorerst einmal die Arbeit übernehmen.
Das Ziel ist aber, dass in einer Gewaltambulanz Gerichtsmediziner:innen arbeiten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Kollegin Steinacker hat es einleitend angesprochen: Gewalt gegen Frauen, gegen Mädchen ist ein Thema, das uns hier im Hohen Haus begleitet und das ja tatsächlich für jede dritte Frau, für jedes dritte Mädchen im Alltag auch Realität, schmerzvolle Realität ist.
Die Einführung von Gewaltambulanzen ist ein großer, großer Meilenstein, der von Gewaltschutzexpert:innen lange gefordert worden ist. Ich finde es sehr gut und sehr positiv, dass wir das jetzt mit einer Einigung der vier Ressorts umsetzen können.
In Ihrem eigenen Haus ist ja im Gewaltschutz, in der Gewaltprävention tatsächlich noch sehr viel mehr passiert. Können Sie uns vielleicht noch kursorisch die wichtigsten anderen Maßnahmen hervorheben und herausstreichen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Gewalt gegen Frauen und Gewalt im sozialen Nahraum war tatsächlich einer meiner Schwerpunkte im Justizministerium in dieser Legislaturperiode. Wir haben mehrere Maßnahmen gesetzt, um da entgegenzuwirken, weil wir – wie ich immer schon gesagt habe – an ganz, ganz vielen Schrauben drehen müssen, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.
Wir haben mit einer ganz großen Frauenmordstudie gestartet und gemeinsam mit dem Innenministerium und auch dem Frauenministerium mit Blick auf die letzten zehn Jahre analysiert: Was führt denn letzten Endes zu einem Femizid?
Wenn man nämlich diese Indikatoren herausgreift, dann kann man ja für die Staatsanwaltschaften und für die Gerichte, aber in erster Linie für die Ermittlungsbehörden auch eine gute Datenlage zur Verfügung stellen, damit sie Risikofaktoren möglichst rasch feststellen können.
Das andere: Abseits dieser Frauenmordstudie haben wir einen Erlass herausgegeben, in dem es darum geht, dass die Staatsanwaltschaft auch Beweise sammelt, dass die kontradiktorischen Einvernahmen stattfinden und natürlich die Teilnahme an Fallkonferenzen forciert wird.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Ministerin, als ich diesen Antrag zur Installierung und Umsetzung von Gewaltambulanzen vor etwa zwei Jahren eingebracht habe, habe ich mich bereits an das steiermärkische, also das Grazer Modell der Gewaltambulanzen angelehnt, weil dort bereits ein Pilotprojekt – man muss eigentlich sagen, ein dauerhaftes Projekt, nicht einmal ein Pilotprojekt – existiert, das gut ist.
Die Kritik ist ja, dass es das sonst nirgends in Österreich gibt, und Sie sagen jetzt, Sie wollen noch einmal eine Modellregion im Süden und Osten von Österreich machen. Warum können Sie etwas, das bereits gut funktioniert, nicht gleich flächendeckend ausrollen? Warum sparen Sie den Westen aus? (Abg. Fürlinger: Das ist eine Fragestunde und keine ...! – Weitere Rufe bei der ÖVP: ... Fragestunde!)
Wir haben in diesem Jahr bereits 26 Femizide zu beklagen, und es gab 41 Mordversuche. Es müsste höchste Priorität haben. Daher noch einmal konkret: Wann bitte wird das vor allem in den Bundesländern, in denen es das nicht gibt, und vor allem sieben Tage in der Woche, 24 Stunden pro Tag – das ist ja das Konzept – ausgerollt werden?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielen Dank für die Gelegenheit zu dieser wichtigen Klarstellung. Die Gewaltambulanzen, die wir einrichten, bauen ja auf schon bestehenden Strukturen auf.
Sie haben Graz erwähnt. Graz hatte ja schon bisher eine sehr fortschrittliche Struktur. Es war eine sehr engagierte Leiterin, die mit aller Kraft eine Gewaltambulanz aufgebaut hat. Was es für die effiziente Strafverfolgung und die Erhöhung der Verurteilungsquote aber braucht, ist, dass ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen, damit die Gewaltambulanz auch 24 Stunden pro Tag, sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr verfügbar ist. Das heißt, wir haben gemeinsam mit der dortigen Leiterin einen Anforderungskatalog dafür, was eine Gewaltambulanz braucht, erarbeitet, und diese Gewaltambulanz wird jetzt weiter verstärkt und gerade umgebaut, damit sie das dann auch erfüllt.
In Wien passiert genau das Gleiche, und jetzt führen wir auch mit Innsbruck und Salzburg die ersten Gespräche. Das heißt, wir arbeiten mit Nachdruck daran, dass das Ganze auch in Innsbruck und Salzburg nächstes Jahr flächendeckend ausgerollt werden kann.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage wird von Abgeordneter Yildirim gestellt, es ist ihre Hauptfrage. – Bitte sehr. (Abg. Yildirim: Ja, sehr gerne!)
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Ministerin, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler beziehungsweise die ÖVP fordert ja immer wieder ein Zitierverbot. Wir wissen ja, dass das Zitieren ein Beschuldigtenrecht ist, und von der österreichischen Gesetzgebung ist ja bereits im Mediengesetz geregelt, dass beim Zitieren aus Gerichtsakten die Pflicht zu einer strengen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse der Gesellschaft und den Persönlichkeitsrechten der einzelnen Betroffenen besteht.
Wie stehen Sie dazu, wenn die Verfassungsministerin beziehungsweise die ÖVP das jetzt ändern will und sich damit über verfassungsgerichtliche Judikatur –
eigentlich etwas, das höchstgerichtlich bestätigt wurde – hinwegsetzen, also Beschuldigtenrechte einschränken will? Wie ist Ihr Zugang dazu? (Abg. Fürlinger: Das ist eine Fragestunde! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das gibt’s ja nicht!)
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 308/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie stehen Sie als zuständige Bundesministerin gegenüber dem von der ÖVP geforderten Zitierverbot, welches die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten deutlich erschweren würde?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Diskussion um einen Straftatbestand wie in Deutschland kommt immer wieder auf, aber aus gutem Grund wird die Diskussion immer wieder verworfen.
Warum ist das der Fall? – Es gibt in Deutschland zwar diese Norm, sie erfüllt aber nicht den Schutzzweck – darüber habe ich mich mit sehr vielen Expertinnen und Experten, auch mit dem Justizminister dort ausgetauscht.
Der Schutzzweck der Norm in Deutschland wird nicht erreicht, weil nur wortgetreue Wiedergabe vom Tatbestand erfasst ist. Das heißt, sinngemäße Wiedergabe ist erlaubt, und wenn man nach Deutschland blickt, findet man auch dort öffentliche Erörterung von Sachverhalten aus Ermittlungsverfahren oder laufenden Verfahren.
Das heißt, dieses Verbot würde nur eines zum Ziel haben, nämlich die Pressefreiheit und die Verteidigungsrechte einzuschränken. Letzten Endes sind das Grundprinzipien unserer Demokratie, auch die Verteidigungsrechte. Es ist ein Beschuldigtenrecht, dass man Akteneinsicht hat und dass man aus diesen Akten auch zitieren darf, um sich öffentlich gegen den Staat zur Wehr zu setzen.
Der ehemalige Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages hat deswegen ja auch gesagt, die Einführung dieses Verbotes würde uns ins letzte Jahrhundert katapultieren.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Wir haben ja hier 75 Jahre Europäische Menschenrechtskonvention feiern dürfen, und wir haben die EMRK in Österreich auch in Verfassungsrang gehoben.
Jetzt noch einmal nachgehakt: Die ÖVP zielt ja darauf ab, den Investigativjournalismus irgendwie einzuschränken. Werden Sie als Justizministerin dem entgegentreten, damit die Medienfreiheit auf keinen Fall eine Einschränkung erfährt?
Sie haben Deutschland erwähnt. Deutschland wird auch kritisiert, weil es gegen die EMRK verstößt, das ist ja eine sehr umstrittene Bestimmung.
Können wir uns darauf verlassen, dass Sie mit der ÖVP diesen Weg nicht beschreiten werden? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Fragestunde, das gibt’s ja nicht!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe immer wieder betont, dass mir die Pressefreiheit in diesem Zusammenhang wichtig ist und dass ich ein solches Verbot in meiner Amtsperiode ausschließe.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Jachs. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Schönen guten Morgen! Kollegin Yildirim von der SPÖ hat in der Fragestunde gerade wieder eindrucksvoll bewiesen, worum es der SPÖ wirklich geht, nämlich um schnelle Überschriften und Schlagzeilen, und sie vergisst dabei immer auf die Menschen – denn auch in
Verfahren stehen Menschen dahinter. Auch bei clamorosen Fällen stehen Menschen hinter den Beschuldigten. Sie haben von der Stärkung der Beschuldigtenrechte gesprochen, und genau das ist das zentrale Anliegen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir erleben nämlich leider immer wieder, dass Aktenbestandteile bereits im Ermittlungsverfahren in den Medien landen, und das ist natürlich ein Eingriff in die Beschuldigtenrechte. Die Beschuldigten haben auch ein Recht auf Datenschutz und haben auch ein Recht darauf, dass die Unschuldsvermutung wirklich hochgehalten wird.
Frau Ministerin, wir können viel über mediale Vorverurteilung diskutieren, aber ich würde Sie bitten, uns kurz darzulegen, was Sie abseits eines Zitierverbots vielleicht unternehmen, um dieser medialen Vorverurteilung entgegenzuwirken. (Beifall der Abgeordneten Eßl und Salzmann.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielen Dank auch für diese wichtige Frage, denn die mediale Vorverurteilung ist tatsächlich problematisch.
Es hat vor Jahren einmal eine Änderung im Strafprozessrecht gegeben, nämlich dass man die Anfangsverdachtsprüfung von der Ermittlungstätigkeit trennt, damit genau das nicht stattfindet. Und was findet heute statt? – Bei Anfangsverdachtsprüfung wird schon vorverurteilt; wenn Ermittlungen aufgenommen wurden, gibt es weitere Vorverurteilungen, dann schreiben die Medien, man ist ja schon verurteilt, nur weil Ermittlungshandlungen stattfinden; und wenn es dann zur Anklage kommt, ist es sowieso medial schon vorbei.
Insofern finde ich es schon wichtig, dass man die Unschuldsvermutung sehr ernst nimmt, auch medial ernst nimmt, und natürlich kann man sich überlegen, ob diese Trennung von Anfangsverdachtsprüfung und Ermittlungsverfahren auch wirklich Sinn macht, weil es, wie wir in den letzten Jahren beobachten, ja immer wieder einen Peak in der Berichterstattung gibt. Meines Erachtens ist
dieser Zusatz, es gelte die Unschuldsvermutung, in diesem Zusammenhang einfach nicht ausreichend.
Was die Staatsanwaltschaften und was die Aktenteile der Staatsanwaltschaften betrifft, so kann ich sagen: Wir haben es letztes Jahr geschafft, dass alle Staatsanwaltschaften voll digitalisiert sind, das heißt, der voll digitale Akt ist auf alle Staatsanwaltschaften ausgerollt, und wenn etwas aus den Akten rausgehen sollte, ist es innerhalb der Justiz nachvollziehbar, wo.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Schrangl. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Auch ich interessiere mich für die Beschuldigtenrechte, die für die Freiheitliche Partei sehr wichtig sind. Sie haben jetzt öfters erwähnt, wie wichtig die Beschuldigtenrechte sind, und Sie verhandeln ja betreffend Beschuldigtenrechte auch schon länger mit der ÖVP, insbesondere mit der Europa- und Verfassungsministerin, Stichwort auch: Chats, die etwas veröffentlichen, was nichts mit der inkriminierten Handlung zu tun hat.
Daher interessiert mich jetzt schon: Woran scheitern die Verhandlungen über den Schutz der Beschuldigten, die schon vor einer Verhandlung von Medien und Journalisten vorverurteilt werden und dadurch oft sozial und gesellschaftlich geächtet werden, was nicht selten, in letzter Zeit viel zu oft auch zu einem wirtschaftlichen und finanziellen Ruin führt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Verhandlungen scheitern gar nicht, ganz im Gegenteil, wir kommen eigentlich sehr zügig voran. Denken Sie an den Verteidigerkostenersatz! Es war ein Wunsch der letzten zehn, 20 Jahre, dass wir im Verteidigerkostenersatz wirklich etwas tun, nämlich drastisch etwas tun, und ich freue mich wirklich, dass es uns in dieser Legislaturperiode gelungen ist, 70 Millionen Euro für den Verteidigerkostenersatz zur Verfügung zu stellen.
Das bedeutet, dass wir nicht nur Freisprüche beachten werden, dass nicht nur Freigesprochene einen Ersatz bekommen, sondern wir werden auch vorsehen, dass es bei Einstellungen von Ermittlungsverfahren einen Beitrag zu den Verteidigerkosten gibt.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Stefan. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Wir haben in den Jahren 2020 bis 2022, 2023 massive Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte aufgrund der sogenannten Coronamaßnahmen gehabt, und es hat sich sehr schnell gezeigt, dass diese völlig überschießend waren und dabei Maßnahmen gesetzt wurden, die dann von Verwaltungsgerichtshöfen, vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Trotzdem sind aber die Strafen bestehen geblieben.
Daher meine Frage, die ich an Sie richte:
„Sehen Sie es aus rechtsstaatlicher Sicht geboten, den durch die teilweise nachgewiesen gesetz- bzw. verfassungswidrigen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, die im Nationalrat von ÖVP, Grünen, SPÖ und Teilen der NEOS durchgewunken wurden, gesundheitlich, finanziell, gesellschaftlich, wirtschaftlich und sozial geschädigten Bürgern Wiedergutmachung zu leisten?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich kann ja nur für den Justizbereich sprechen. Im Zuständigkeitsbereich der Justiz gab es keine Coronagesetze, die als verfassungswidrig aufgehoben worden sind. Zuständig für die Prüfung der Verfassungskonformität im Anlassfall ist natürlich der Verfassungsgerichtshof, der im Rahmen der Normenkontrolle die Verfassungskonformität prüft und auch entscheidet, wie weiter vorzugehen ist.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Als Justizministerin werden Sie dazu ja auf jeden Fall eine Meinung haben, und es ist, glaube ich, auch ganz wesentlich, was Sie dazu sagen. Sie haben sich in der Coronazeit meines Wissens sehr wenig zu Wort gemeldet und haben da niemals eingemahnt, dass man auch darauf Rücksicht nehmen müsste, dass die Grund- und Freiheitsrechte in möglichst geringem Ausmaß eingeschränkt werden.
Daher, denke ich, wäre es schon Ihre Aufgabe, da einen Vorstoß zu machen, nicht nur hinsichtlich von Gesetzen, die in Ihrem Bereich aufgehoben wurden, sondern auch als Justizminister darauf zu schauen, dass die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird, weil ja der Bürger, der darauf vertraut, dass der Staat im Rahmen der Gesetze tätig wird, das Vertrauen in die Justiz und damit in den Staat verlieren könnte.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie haben es erwähnt: Gerade der Justizbereich ist ein sehr grundrechtssensibler Bereich. Deswegen haben wir bei allen Maßnahmen, die im Justizbereich getroffen wurden, auch geschaut, dass wir die Verhältnismäßigkeit wahren. Dass diese im Justizbereich gewahrt wurde, wurde letzten Endes vom Verfassungsgerichtshof auch bestätigt.
Ich kann als Justizministerin keine anderen Ministerien anweisen, das eine oder andere zu tun oder wie sie ihre Legistik zu formulieren haben. Die Gesetzmäßigkeit prüft, wie Sie wissen, der Verfassungsdienst, und dann, wenn etwas beschlossen wurde, ist der Verfassungsgerichtshof am Zug.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Unabhängigkeit der Justiz gilt als tragende Säule aller modernen Demokratien. Sie gerät trotzdem selbst in Europa immer wieder unter Druck.
„Wie haben Sie als Justizministerin die Unabhängigkeit der Justiz strukturell abgesichert?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Justiz ist eine tragende Säule unserer offenen und liberalen Demokratie, und sie ist essenziell für das Funktionieren eines Rechtsstaates. Man kann das Funktionieren des Rechtsstaates nur dann sicherstellen, wenn die Justiz auch ausreichend Ressourcen zur Verfügung hat, sprich, wenn ausreichend Personal da ist. Die Justiz braucht Personal, sowohl bei den Staatsanwaltschaften als auch bei den Gerichten als auch beim Supportpersonal.
In den letzten vier Jahren ist es uns gelungen, deswegen 650 Planstellen mehr für die Justiz zu bekommen. Diese fließen in die Staatsanwaltschaften, in die Gerichtsbarkeit, sie fließen in das Supportpersonal, und – was mir wichtig ist, gerade wenn es darum geht, Verfahren zu beschleunigen – wir haben zwei neue Berufsgruppen in der Justiz geschaffen: Das sind die Verfahrensmanager, diese managen große Verfahren, und ich glaube, dass das entscheidend ist.
Natürlich gibt es dann auch weitere umfangreiche strukturelle Maßnahmen, die wir getroffen haben.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Daran anknüpfend, und um das noch etwas zu präzisieren: Welche Maßnahmen haben Sie im Bereich des Justizbudgets dafür getroffen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Beim Justizbudget haben wir in den letzten vier Jahren eine 50-prozentige Steigerung erreicht, das bedeutet für die Justiz 800 Millionen Euro mehr. Weil ich vorhin von den zwei Gruppen gesprochen habe: Das eine sind eben die Verfahrensmanager und das andere sind juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Gericht, weil es ja letzten Endes auch darum geht, dass es, wenn große Verfahren geführt werden müssen, immer sinnvoll ist, wenn man auch juristische Unterstützung hat.
Ich glaube, im Großen und Ganzen ist uns diese Trendwende gelungen, denn wie Sie wissen, hat ja mein Amtsvorgänger immer wieder vom „stillen Tod“ der Justiz gesprochen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Duzdar. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Ich möchte nochmals zum Thema Unabhängigkeit der Justiz nachhaken. Es ist ja nicht nur in Nachbarländern so, dass die Justiz unter Druck steht – wie zum Beispiel in Ungarn, wo etwa der Verfassungsgerichtshof beschränkt wird –, sondern auch in Österreich erleben wir, dass die Justiz immer wieder Angriffen ausgesetzt ist. Ich erwähne nur die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die auch immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt ist.
Daher möchte ich nochmals nachhaken. Sie haben zwar heute gesagt, dass Sie in stärkerem Ausmaß Ressourcen zur Verfügung stellen, mir geht es aber wirklich darum: Wie kann man die Unabhängigkeit der Justiz auch strukturell mit anderen Maßnahmen sicherstellen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die wichtigsten Maßnahmen, wie Sie auch erwähnt haben, sind natürlich jene im Bereich der Ressourcen und des Personals – und dann gibt es die strukturellen Maßnahmen.
Wir haben einerseits umfangreiche strukturelle Maßnahmen gesetzt, wie zum Beispiel auch die innere Gewaltenteilung im Justizministerium – es gibt eine Sektion für Einzelstrafsachen, die nur nach innen arbeitet, und eine Sektion für Straflegistik, die auch mit Stakeholdern spricht und mit Abgeordneten redet, weil Legistik zu erarbeiten ist. Somit haben wir quasi den Zustand von vor 2009 wiederhergestellt, der sich meines Erachtens auch bewährt hat.
Andererseits haben wir uns gemeinsam mit Expert:innen angeschaut, welche weiteren Compliancemaßnahmen man setzen muss, um da auch Regelungen zu schaffen. Zum Beispiel wurde explizit geregelt, dass das Versenden von Aktenteilen über Messengerdienste verboten ist. Das haben wir geregelt, und bei jedem Verstoß droht ein Disziplinarverfahren. Außerdem wurde ein justizinternes Hinweisgeber:innensystem eingerichtet. Das ist ein Teil eines ressortweiten Compliancemanagementsystems, und ich glaube, dass das im Sinne einer strukturellen Absicherung richtig ist.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Reifenberger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie haben der Staatsanwaltschaft Wien die Weisung erteilt, gegen die Enthaftung der Klimakleberin Anja Windl keine Beschwerde einzulegen. Sollten Sie persönlich – oder als Grünpolitikerin – Sympathien für Frau Windl hegen, ist Ihnen das natürlich unbenommen. Persönliche Befindlichkeiten in Ihr hoheitliches Handeln als Justizministerin einfließen zu lassen ist aber etwas anderes. Das geht nicht. Das ist unangemessen, unangebracht und schadet auch dem Ansehen der Justiz massiv. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie exkulpieren damit durch die Hintertür auch klimaterroristische Aktionen. Die Optik ist jedenfalls verheerend.
Sie widersprechen sich aber auch selbst, Frau Bundesminister. Im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft sprechen Sie immer davon, wie wichtig die Weisungsfreiheit sei. (Abg. Lukas Hammer: Frage stellen!) Mit Verlaub, so zu argumentieren, aber völlig anders zu handeln, das geht sich nicht aus. Solche Einflussnahmen als Wahrnehmung der Fachaufsicht und Qualitätskontrolle durch die Fachabteilung vom Tisch zu wischen, das geht sich auch nicht aus, Frau Bundesminister.
Daher folgende Zusatzfrage: Steht die Weisung, die U-Haft der Klimaterroristin Anja Windl aufzuheben, nicht in krassem Widerspruch zu Ihrer Intention, eine weisungsunabhängige Bundesstaatsanwaltschaft einzurichten? (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Man muss von dem, was Sie gesagt haben, einiges zurechtrücken. Wir haben in der Justiz ein Dreiinstanzensystem: die Staatsanwaltschaft, die Oberstaatsanwaltschaft und eine Fachabteilung im Ministerium, die Fachsektion, die sich in dritter Instanz damit beschäftigt. Es gibt sogar eine vierte Instanz, den Weisungsrat.
In diesem Fall hat das Landesgericht entschieden, dass eine Haft nicht verhältnismäßig ist, und hat gelindere Mittel angeordnet. Das heißt, die Haft ist ja nicht vom Tisch. Es gibt gelindere Mittel.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat geplant, dagegen eine Beschwerde zu erheben. Dann ging es ins Ministerium, die Fachabteilung im Ministerium hat auch die für die Legistik zuständige Strafrechtssektion eingebunden und sie sind zu dem Schluss gekommen, dass das gelindere Mittel ausreichend ist und eine Beschwerde gegen das Landesgericht in diesem Zusammenhang nicht erfolgsversprechend wäre. (Abg. Gerstl: Wir haben ja ein Gericht!)
Daher wurde die Weisung erteilt, und ich wurde dann darüber informiert.
Stellen Sie sich vor, ich hätte in diese Weisung eingegriffen und hätte gesagt: Nein, weil politischer Druck zu erwarten ist, bitte diese Weisung streichen. – Das wäre politische Einflussnahme. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gödl: Das ist eine Sauerei! – Ruf bei der ÖVP: Wirklich!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Bundesministerin! Die Frage meines Vorredners hat genau das Dilemma des bestehenden Weisungsrechtes und der bestehenden Weisungskette an der Spitze der Staatsanwaltschaften aufgezeigt. Wir wissen, dass dieses System überholt ist, dass dieses System nicht mehr in den Begriff der Rechtsstaatlichkeit des 21. Jahrhunderts passt. Daher haben Sie ja auch die Arbeitsgruppe beauftragt, mit dem Ergebnis, dass eine Generalstaatsanwaltschaft eingerichtet werden soll. Die Frage, Frau Bundesministerin, ist: Wie ist der Umsetzungsstand bei der Schaffung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 317/M, hat folgenden Wortlaut:
„Was ist der Stand der Umsetzung eines Generalstaatsanwalts?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie haben genau das Thema angesprochen, das auch ich immer wieder anspreche. Wie Sie ja an dem letzten Beispiel erkennen konnten, ist es ja wirklich so, dass eine dritte Instanz immer verpolitisiert ist, auch wenn sie komplett im eigenen Wirkungsbereich Entscheidungen trifft. Sie entscheidet einmal in die eine und einmal in die andere
Richtung; und es gibt ja auch Weisungen aus dem Ministerium, die in eine andere Richtung gehen.
Es wird aber immer verpolitisiert. Genau deswegen finde ich es so entscheidend, dass es in dieser quasi dritten Instanz eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft gibt. Ich halte es auch für wichtig, dass diese Bundesstaatsanwaltschaft nicht aus einer einzigen Person besteht, weil auch eine Person verpolitisiert werden kann, weil auf sie Einfluss genommen oder Druck ausgeübt werden kann. Daher ist es wichtig, dass an der Spitze ein Gremium steht. Drei Personen, die sich diese Aufgabe aufteilen, sind viel weniger angreifbar.
Ja, diesen Bericht der Expert:innengruppe gibt es, und ich werde bis zum Schluss meiner Amtsperiode alles daransetzen, dass wir das umsetzen können. Wir führen diesbezüglich auch Gespräche, aber wie Sie wissen, spießt es sich ja in vielen – oder: in einigen – entscheidenden Fragen. Nichtsdestotrotz darf man die Hoffnung nie aufgeben, vielleicht gelingt uns das ja gemeinsam.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Bundesministerin, inwieweit ist in diesem System, das die Arbeitsgruppe erarbeitet hat und das Sie umsetzen wollen, die Einbindung des Parlaments angedacht?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das ist auch eine wichtige Frage, weil ich das immer wieder klargestellt habe. Ich weiß, dass der Expert:innenentwurf eine andere Herangehensweise hat, als das hier dem Parlament – aber auch mir – wichtig ist. Ich finde, jede Institution braucht demokratische Kontrolle. Das bedeutet auch, dass das Parlament jedenfalls auf die eine oder andere Art und Weise zu involvieren ist – sei es bei der Bestellung, sei es dadurch, dass die parlamentarischen Kontrollrechte, wie das Fragerecht, natürlich erhalten bleiben, oder auch dadurch, dass der
Vorsitzende der Generalstaatsanwaltschaft dem Parlament Rede und Antwort steht.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Salzmann. – Bitte.
Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Ich möchte gerne das Thema, das Kollege Margreiter angesprochen hat, aufgreifen. Im Zusammenhang mit der Schaffung eines General- oder Bundesstaatsanwaltes werden ja auch immer wieder Reformen hinsichtlich der Rechte von Beschuldigten diskutiert und thematisiert. Frau Ministerin, ich würde gerne von Ihnen wissen: Welche Maßnahmen haben Sie zur Stärkung der Rechte der Beschuldigten im Strafverfahren geplant?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Im Rahmen des Ministerratsvortrags wurde damals beschlossen, dass wir uns der Generalstaatsanwaltschaft – also einer unabhängigen Weisungsspitze – nähern und uns dabei auch die Beschuldigtenrechte ansehen. Es gibt Entwürfe und Vorarbeiten in unserer Legistiksektion, die viele, viele kleine Maßnahmen erarbeitet hat, bei denen es darum geht, wie man Beschuldigtenrechte stärken könnte.
Zwei Dinge habe ich heute schon genannt. Das eine ist die drastische Erhöhung des Verteidigerkostenersatzes, das andere ist die Überlegung, sich vielleicht von der Anfangsverdachtsprüfung im Ermittlungsverfahren zu verabschieden und dies effizienter zu gestalten und zu straffen.
Das Dritte ist ein Bereich, in dem ich auch schon etwas umgesetzt habe, weil man dafür nicht immer eine gesetzliche Grundlage braucht: dafür zu sorgen, dass Verfahren schneller laufen. Wir haben leider in der Vergangenheit immer wieder gesehen, dass Richterinnen und Richter mit sehr umfassenden Aktenteilen alleine gelassen werden, daher gibt es nun auch juristische Mitarbeiter:innen und Verfahrensmanager:innen, damit wir in umfassenden Großverfahren auf der
Seite der Richter:innen mehr Personal zur Verfügung haben und alles schnell läuft. – Danke.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Scharzenberger. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Ich würde gerne von Ihnen wissen:
„Wie hat sich die Anzahl der Planstellen im Bereich der Justiz entwickelt?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie bereits erwähnt haben wir im Jahr 2024 135 neue Planstellen bekommen. Ich glaube, das ist wichtig.
Ein Großteil davon ist in die Gerichtsbarkeit geflossen. Wir haben in den letzten Jahren in den Staatsanwaltschaften Personal aufgestockt, ich halte es aber für wichtig, dass man die gesamte Kette durchdenkt, gerade auch im Sinne der Verfahrensbeschleunigung. Daher gibt es jetzt mehr Personal bei den Richterinnen und Richtern, Verfahrensmanager und juristische Mitarbeiter:innen. Insgesamt hat es in dieser Legislaturperiode 645 neue Planstellen gegeben, das ist ein Plus von insgesamt 5,4 Prozent. Ich glaube, das ist gewaltig für die Justiz, wir machen damit einen großen Schritt nach vorne.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Bundesministerin, wenn es schon so viele Planstellen gibt, warum gibt es dennoch so eine lange Verfahrensdauer, insbesondere bei Verfahren, in die clamorose Personen involviert sind?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Genau das war der Grund, warum wir in den letzten Jahren erstens bei den Staatsanwaltschaften angesetzt haben, um dort sowohl im Supportbereich, im Expert:innenbereich als auch bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, dass damit viel gelungen ist. Man sieht auch die Ergebnisse – Verfahren werden schneller abgewickelt –, wenn man zum Beispiel die jetzige Situation mit jener vor einigen Jahren vergleicht.
Das Gleiche bei den Gerichten: Da hat es ein Pilotprojekt mit Verfahrensmanager:innen am Landesgericht für Strafsachen Wien gegeben. Das hat sich bewährt und das werden wir auch ausrollen. Diese Personalmaßnahmen greifen leider immer ein bisschen verspätet, weil man zwar die Planstellen kriegt, dann aber dafür Personal bekommen muss. Deswegen starten wir auch eine große Recruitingkampagne, damit Personal für die Justiz begeistert werden kann.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Drobits. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Als Datenschutzsprecher meiner Fraktion ist mir natürlich aufgefallen, dass es in den letzten Wochen und Monaten auf europäischer Ebene einige Entscheidungen zu relevanten Themen, gerade im Bereich personenbezogene Daten und Gesundheitsdaten, gegeben hat. Deshalb meine Frage:
„Welche Verhandlungen führen Sie bzw. Ihr Ressort aktuell auf europäischer Ebene zum Thema Datenschutz?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Datenschutz ist ein sehr komplexes Thema, da gibt es einiges, das auf europäischer Ebene verhandelt
wird. Das eine ist die Verordnung zur Festlegung zusätzlicher Verfahrensregeln für die Durchsetzung der Verordnung – da geht es um die DSGVO-Verfahrensverordnung.
Die Zusammenarbeit der Datenschutzaufsichtsbehörden in grenzüberschreitenden Verfahren wird durch unterschiedliche Rechtsvorschriften beeinträchtigt. Da geht es darum, dass man diesbezüglich eine gute Lösung findet.
Dann gibt es den Standpunkt und die Feststellungen des Rates zur Anwendung der DSGVO in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Die Europäische Kommission muss ja bis 2024 eine Bewertung und Überprüfung der DSGVO vorlegen, und der Standpunkt und die Festlegungen des Rates sind auch Österreich ein Anliegen, unsere Standpunkte sind auch in die Überprüfung eingeflossen.
Es gibt natürlich auch Angemessenheitsbeschlüsse zum Datenschutzniveau in Drittstaaten, auch da bringen wir uns regelmäßig ein.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage?
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Ja, bitte.
Sie haben den Rechtsschutz und die Datenschutz-Grundverordnung, die fünf Jahre alt ist, angesprochen.
Meine Frage: Die Datenschutzbehörde, die wichtig für den Rechtsschutz ist, ist seit Ende September mangels Leitung – zumindest mangels offizieller Leitung – nicht vollständig besetzt. Gibt es inzwischen eine Leitung? Wird es vor Weihnachten eine Leitung geben oder wird es auch im Jänner noch keine Leitung geben?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Derzeit wird die Datenschutzbehörde vom Stellvertreter der ehemaligen Leiterin Dr.in Andrea Jelinek,
die mit 1. Oktober in den Ruhestand getreten ist, geführt. Das ist Dr. Matthias Schmidl.
Es hat sowohl für die Leitung als auch für die Stellvertretung eine Ausschreibung gegeben. Die Funktionen laufen ja mit Ende des Jahres aus, sie sind alle fünf Jahre neu zu bestellen. Es gab Hearings, wir haben den Erstgereihten im Ministerrat vorgeschlagen. Das liegt derzeit in der politischen Koordinierung, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis Ende des Jahres einen einstimmigen Ministerratsbeschluss haben.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Egger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Anschließend an Kollegen Drobits darf ich auf der europäischen Ebene bleiben. Bei welchen aktuellen EU-Vorhaben in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegen Ihre Prioritäten?
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die EU-Vorhaben sind mannigfaltig. Es ist tatsächlich eine sehr große Herausforderung für das Haus, sich in all diesen Vorhaben, die den Justizbereich betreffen, einzubringen, deswegen muss man priorisieren, wie Sie richtig angesprochen haben.
Das eine ist natürlich die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Da gibt es jetzt auch einen Vorschlag vom Parlament, die Trilogverhandlungen werden gerade geführt. Ich setze mich in vielen Gesprächen mit meinen Amtskolleg:innen mit diesem Thema auseinander, damit wir da schnell vorankommen und eine europaweite Lösung zur Gewalt gegen Frauen und zu häuslicher Gewalt haben.
Das andere ist das Lieferkettengesetz. Ich kann verkünden, dass es offensichtlich eine Trilogeinigung gibt, sie wird uns in den nächsten Tagen zugestellt. Wir werden sie genau prüfen und dann wird das in die formale Beschlussfassung gehen.
Das Recht auf Reparatur ist auch ein großes Thema im Rahmen des European Green Deals, mit dem Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Da geht es darum, dass das Recht von Verbraucherinnen und Verbrauchern gestärkt wird, dass man Produkte einfacher und zu fairen Preisen reparieren lassen können soll. Ich sehe diese Initiative positiv und bringe mich auch in den Gesprächen dazu ein.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Lausch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Viele Probleme in Österreichs Haftanstalten sind hausgemachte Probleme, sie fußen einerseits auf dem eklatanten Personalmangel, den Sie nicht in den Griff bekommen, andererseits auf medizinischen Ausführungen in öffentliche Spitäler, über deren Notwendigkeit man oft diskutieren kann, in deren Zusammenhang wir in den letzten Wochen oft tagelang unrühmlich in den Medien aufgeschlagen sind.
Da wäre es natürlich wichtig, dass man einerseits einmal ein Zeichen setzt und andererseits auch wieder, wie es früher war, die Sicherheitsmaßnahmen bei solchen medizinischen Ausführungen erhöht beziehungsweise auch schaut, ob sie notwendig sind, ob irgendjemand die Verantwortung dafür übernimmt.
In diesem Zusammenhang stelle ich Ihnen folgende Frage:
„Welche Maßnahmen werden von Ihnen gesetzt, um die durch Personalmangel und medizinisch nicht notwendige Ausführungen massiv belasteten Justizwachebeamten zu unterstützen, um damit auch zu verhindern, dass Häftlinge immer häufiger flüchten können?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: In dieser einen Frage stecken ja mehrere Fragen. Ich versuche, sie schnell zu beantworten, denn ich habe nur 2 Minuten. Ausführungen zu einer externen Gesundheitseinrichtung erfolgen ja immer nur bei medizinischer Notwendigkeit. Wir haben aber versucht, durch Rekrutierung weiteren ärztlichen Personals, durch Stärkung des chefärztlichen Dienstes und durch Zurverfügungstellung von Telemedizin diese Eskorten zu verringern. Das ist uns tatsächlich, wie man sieht, wenn man sich die Zahlen anschaut, gelungen.
Nichtsdestotrotz, Sie haben es richtig gesagt, hat es diese Entweichungen gegeben, es gab auch Nachahmungstäter, deswegen hat eine Sicherheitskonferenz mit Vertreter:innen aller Justizanstalten stattgefunden und es wurden Vorschriften, Maßnahmen, die bereits jetzt bestehen, erörtert, damit man weiß, was auch jetzt schon möglich ist, was auch jetzt schon angewendet werden kann – und das ist nicht wenig.
Trotzdem haben wir dann aber eine Maßnahme gesetzt, und zwar dass man die Fesselungsart – wenn eine gelindere Art der Fesselung oder keine Fesselung vorgesehen ist – begründen muss. Das soll zumindest für eine Zeitlang so bleiben, damit man Nachahmungstäter hintanhält.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Geschätzte Frau Bundesministerin! Es sind einerseits der Personalmangel, andererseits auch der Überbelag in Österreichs Justizanstalten, die zu massiven Belastungen führen. Ich habe gestern eine Anfragebeantwortung von Ihnen zurückbekommen, in der es um die Strafverbüßung, um Rückführungen in das Heimatland geht.
Da ist, wenn man bedenkt, dass über 60 Prozent nicht österreichische Staatsbürger in Österreichs Justizanstalten enden, Handlungsbedarf gegeben, Sie handeln aber nicht. Es ist eklatant auffällig, dass Sie in Staaten außerhalb der EU,
sogenannte Drittstaaten, 2023 nur folgende Rückführungen durchgeführt haben: eine nach Bosnien, eine in den Kosovo, eine nach Nordmazedonien, neun nach Serbien und eine in die Türkei. Anfang 2023 haben Sie ein Abkommen mit Marokko geschlossen. Auffällig ist, dass bis dato – und jetzt haben wir schon Ende des Jahres – kein einziger Marokkaner in sein Heimatland, nach Marokko, zurückgeführt wurde.
Darum stellt sich die Frage: Was bringen solche bilateralen Abkommen, wenn Sie keine Rückführungen zustande bekommen?
Da hätte ich folgende Zusatzfrage: Was werden Sie 2024 – neues Jahr, neues Glück – unternehmen, damit mehr Rückführungsabkommen mit Drittstaaten, vor allem in Nordafrika, abgeschlossen werden und diese zukünftig auch funktionieren, damit die überfüllten Justizanstalten weniger Insassen haben und somit die Strafvollzugsbediensteten entlastet werden?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es ist natürlich ein wichtiges Thema, das Sie ansprechen. Ja, wir haben uns vorgenommen, Haft in der Heimat zu forcieren, weil das einerseits die Haftanstalten entlastet und andererseits auch für die Resozialisierung besser ist. Seit 2019 ist die Anzahl der Überstellungen erheblich gestiegen, nachdem die Justizanstalten zu einem Monitoring der infrage kommenden Insassinnen und Insassen verpflichtet worden waren.
Eines haben Sie ja schon gesagt: Es liegt sehr oft an den Heimatländern, den Vollzug zu übernehmen. Ich bin auch sehr froh, dass es uns gelungen ist, dieses Abkommen mit Marokko zu unterzeichnen, das war höchste Zeit, denn es wäre notwendig, dass man da Überstellungen vornimmt.
Wir haben auch viele andere Maßnahmen getroffen. In Serbien zum Beispiel haben wir einen Justizattaché, der sich auch darum bemüht, dass die Haftbedingungen in Serbien verbessert werden, damit wir besser überstellen können.
Wir haben weitere legistische Verbesserungen vor, insbesondere soll § 133a Strafvollzugsgesetz reformiert werden – auch das würde uns manche Dinge erleichtern.
Natürlich muss man auf internationaler Ebene, auf der wir immer wieder, sowohl in der EU als auch im Europarat, darüber sprechen, die Haftbedingungen in den Ländern verbessern, damit man rascher überstellen kann, und natürlich auch die Länder dazu verpflichten, zu übernehmen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Becher. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Ministerin, mich interessiert vor allem der Jugendstrafvollzug. Da möchte ich gerne wissen, welche Kosten durch die Übersiedlung des Jugendstrafvollzugs von Gerasdorf nach Wien Simmering entstehen, wo dafür die Justizanstalt Münnichplatz geschaffen werden soll.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Im Budget wurde tatsächlich ein Posten für den Umbau für den Jugendvollzug vorgesehen. Es sind – ich hoffe, ich habe die Zahl richtig im Kopf – 2,5 Millionen Euro, und mit den Umbauarbeiten wurde begonnen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Reiter. – Bitte.
Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Aufgrund der Ausbrüche von Häftlingen, als Antwort darauf, hat es ja unter anderem in 21 Gefängnissen Razzien gegeben. Prinzipiell sind die österreichischen Gefängnisse im internationalen Vergleich sicher, aber ich würde trotzdem gerne von Ihnen wissen, welche Maßnahmen Sie gesetzt haben, um Ausbrüche von Häftlingen wie die zuletzt erfolgten in Zukunft zu verhindern – und dies bei allen Arten der Flucht, also Ausbruch, Entweichung und auch Nichtrückkehr.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wir haben das natürlich beobachtet und gesehen, dass es einige Nachahmungstäter gab, deswegen wurde eine Sicherheitskonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern aller Justizanstalten einberufen, in der noch einmal die bereits bestehenden Vorschriften und Maßnahmen erörtert wurden, damit sie auch eingehalten werden. Für den Fall, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die betroffene Person erhöht werden müssen, haben wir noch einmal erörtert, welche Möglichkeiten da bestehen.
Nichtsdestotrotz haben wir, um Nachahmungstäter tatsächlich hintanzuhalten, auch die Fesselungsart geändert, und zwar insofern, als es, wenn es zu gar keiner Fesselung kommen soll, begründet werden sollte, um noch einmal auf Nummer sicher zu gehen. Diese Vorschrift wird natürlich nach einer gewissen Zeit auch evaluiert, aber wie wir in den letzten Wochen gesehen haben, scheint das zu greifen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Bundesministerin, wir haben heute in verschiedenen Fragen und Antworten schon sehr oft vom Rechtsstaat und davon, wie wichtig die rechtsstaatlichen Prinzipien sind, gehört. Problematisch ist aber, und an seine Grenzen kommt der Rechtsstaat immer dann, wenn das Unrecht im Gesetz steht. Bis in die frühen Nullerjahre wurden gleichgeschlechtliche Personen in Österreich aufgrund ihrer Sexualität strafrechtlich verfolgt und auch verurteilt, das ist tatsächlich staatliches Unrecht. Daher ist meine Frage: Mit welchen Maßnahmen haben Sie zur Rehabilitierung dieser Personen, die aufgrund dieses unrechtmäßigen Gesetzes verurteilt wurden, beigetragen?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 326/M, hat folgenden Wortlaut:
„Bis in die frühen Nullerjahre wurden gleichgeschlechtliche Personen in Österreich aufgrund ihrer Sexualität strafrechtlich verfolgt und auch verurteilt. Mit welchen Maßnahmen haben Sie zur Rehabilitierung dieser zu Unrecht verurteilten Personen beigetragen?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe mich 2021 als Justizministerin im Namen der Justiz für dieses Unrecht entschuldigt, und nun – ich freue mich wirklich, dass das gelungen ist – haben wir auch die Möglichkeit von Entschädigungszahlungen– nämlich mit entsprechendem Budget und einer entsprechenden gesetzlichen Regelung – und auch die Rehabilitierung vorgesehen. Natürlich kann die Entschädigung das Unrecht nie wiedergutmachen, aber gerade Rehabilitierung ist für sehr viele auch ein symbolischer Akt: dass man kein vorverurteilter Sexualverbrecher ist, sondern dass das Unrecht war – und dass man das als solches auch festhält.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Zusatzfrage?– Bitte.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Auch in meiner Wahrnehmung ist die Rehabilitierung das wesentlich Wichtigere, aber trotzdem ist auch die Zahlung eines Entschädigungsbetrages eine doch über die Symbolwirkung hinausgehende Geste des Staates: dass man sagt, man möchte dieses Unrecht auch wiedergutmachen. Gibt es irgendwelche Vorstellungen, in welcher Höhe diese Entschädigungszahlungen vorgesehen sind?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Personengruppen, die Sie genannt haben, haben auch Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Wenn man das nach der Höhe aufgliedert: 3 000 Euro stehen je aufgehobenes Urteil zu, zusätzlich soll es für jedes angefangene aufgrund der Verurteilung erlittene Jahr Freiheitsentziehung jeweils 1 500 Euro geben, für jedes eingeleitete Ermittlungsverfahren 500 Euro, und darüber hinaus erhält man, sollte es besondere Benachteiligungen wegen wirtschaftlicher, beruflicher oder gesundheitlicher Folgen geben, 1 500 Euro. Insgesamt stehen 10 Millionen Euro zur Verfügung.
Nichtsdestotrotz möchte ich auch festhalten, dass mir absolut bewusst ist, dass diese Beträge nie das Unrecht aufwiegen können und dass auch diese Entschädigung wesentlichen symbolischen Charakter hat.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Wegen Homosexualität ins Gefängnis zu müssen gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an – an dieser Stelle auch ein explizites Danke an Sie, dass Sie für die Entschädigung der homosexuellen Strafrechtsopfer gesorgt haben.
Von Homosexualität geheilt zu werden gehört in Österreich leider zur Realität – natürlich nicht die erfolgreiche Heilung, denn wir alle wissen, dass die sexuelle Orientierung nicht umpolbar ist. Trotz der Schäden, die dadurch verursacht werden, sind Umpolung und sogenannte Konversionstherapien in Österreich weiterhin legal.
Frau Bundesministerin, seit vier Jahren warten wir auf ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien. Frau Ministerin Zadić, ich bitte Sie, jetzt nicht mit der Ausrede zu antworten, dass die ÖVP schuld sei oder die Kirche schuld sei oder irgendjemand anderer schuld sei. 2019 gab es hier im Parlament einen einstimmigen Entschließungsantrag für ein solches Verbot von Konversionstherapien, 2021 einen zweiten an Sie gerichteten Antrag, 2022
haben Sie es für den Sommer dieses Jahres versprochen, 2023 ist wieder nichts passiert. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)
Deswegen ist meine konkrete Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Wann legen Sie dem Parlament endlich eine Vorlage für ein Verbot von Konversionstherapien vor?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie Sie auch medial vernommen haben, gibt es ja die Entwürfe schon. Ich habe das in mehreren parlamentarischen Anfragen auch so beantwortet. Es gibt den Entwurf zum Verbot der Konversionstherapie. Was mir dabei wichtig ist, ist, dass das nicht nur Homosexuelle betrifft, sondern dass das jede Geschlechtsentwicklung betrifft (Beifall des Abg. Lindner) und dass man nicht die LGBTIQ-Gruppe spaltet, sondern dass man alle mitumfasst. Ich habe gesagt, ich werde in diesem Bereich keine Scheinlösungen und keine Kompromisslösungen akzeptieren, weil wir die LGBTIQ-Community nicht spalten dürfen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Frage der Novellierung des Kindschaftsrechts ist eine Frage, die ja ÖVP und Grüne auch im Regierungsprogramm verankert haben – in dem Wissen, dass moderne Familien mit dem verkrusteten Kindschaftsrecht, wie es heute besteht, massive Probleme haben. Ihr Haus hat deswegen vor drei Jahren einen partizipativen Prozess eingeleitet, in den viele NGOs eingebunden waren: Frauenorganisationen, Väterorganisationen, NGOs im Bereich Kinderschutz und Gewaltprävention.
Seit einem Jahr ist in diesem Prozess nichts mehr passiert, es gab auch einen offenen Brief von Ihrer Seite. Daher interessiert uns natürlich, wie dieses Reformvorhaben insgesamt derzeit vorankommt.
Meine konkrete Frage:
„Seit 2019 läuft der Reformprozess zur Novelle des Kindschaftsrechts, im Juni befand sich das Reformpaket jedenfalls in der Fachprüfung durch das Familienministerium. Wurde Ihr Haus bereits über den Abschluss und das Ergebnis dieser Prüfung informiert?“
(Bundesministerin Zadić: Entschuldigung, was für eine Prüfung war das noch einmal?)
Wurde Ihr Haus bereits über den Abschluss und das Ergebnis der Prüfung informiert, die das Familienministerium bezüglich der Novellierung des Kindschaftsrechts ausgearbeitet hat?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Im Justizministerium wurde in einem partizipativen Prozess ein umfassender Entwurf erarbeitet, der sich derzeit in der politischen Koordinierung befindet. Es ist wirklich ein sehr umfassender Entwurf, der viele Bereiche betrifft: Kindschaftsrecht, Unterhaltsrecht, es geht um die Beschleunigung von Unterhalts- und Pflegschaftsverfahren – also viele Punkte, hinsichtlich derer ich der Meinung bin, dass es wichtig ist, dass wir da weitermachen, weil wir ja sehen, was in der Praxis passiert, nämlich dass die Verfahren zu lange dauern und die Leidtragenden in der Regel die Kinder sind. Deswegen sieht dieser Entwurf auch vor, dass man die Kinder in den Mittelpunkt stellt und auf das Kindeswohl abstellt.
Die Verhandlungen, die Gespräche dazu laufen, aber wie lange das dauern wird, weiß ich nicht. Die konkrete Studie aus dem Familienministerium ist mir nicht bekannt, aber vielleicht kann ich dem einmal nachgehen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Ministerin, die Frage war ja: Es gab eine Fachprüfung im Familienministerium, und diese Fachprüfung sollte ja der Regierungskoordination zumindest bekannt sein.
Ich komme aber zur Zusatzfrage, denn die ist mir noch wesentlich wichtiger: Dass alles ein bisschen kompliziert ist, ist gerade beim Kindschaftsrecht unbestritten, dennoch ist es ein zentrales Reformvorhaben, welches, solange es nicht umgesetzt ist, zu einem deutlichen Nachteil für Familien, für getrennt lebende Familien, und vor allem für Alleinerziehende führt.
Meine ganz konkrete Frage ist: Wann werden Sie einen konkreten Ministerialentwurf aus Ihrem Haus zuleiten? Wann werden Sie einen konkreten Novellierungsvorschlag vorstellen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Frage, wann man mit einem Ministerialentwurf rausgeht, ist immer auch die Frage, ob es eine politische Einigung, eine koordinierte politische Einigung gibt, damit man dann einen einstimmigen Ministerratsbeschluss fassen kann. Aus jetziger Sicht gibt es eine solche noch nicht. Vielleicht schaffen wir es, einzelne Teilbereiche zu regeln und da eine Möglichkeit zu schaffen. Aber nichtsdestotrotz: Ich stehe auch mit diesen Stakeholder:innen in Kontakt und werde auch weiterhin den Kontakt suchen, damit man da eng eingebunden ist.
Die konkrete Frage des Wann kann ich Ihnen aber nicht beantworten. Das hängt schlicht davon ab, wann wir eine politische Einigung erzielen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Fürlinger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Wir hatten in letzter Zeit einige Verfahren in der Justiz, bei denen es nach langen Ermittlungsverfahren und aufwendigen Prozessverfahren zu Freisprüchen kam, und die Zeitungen haben dann getitelt: Freigesprochen und ruiniert! Sie werden wissen, worauf ich anspiele: Es ist der Verteidigungskostenersatz, der der österreichischen Rechtsanwaltschaft immer schon ein großes Anliegen war. Ich weiß nun – wir haben das ja gemeinsam beim Budget beschlossen –, dass dafür budgetär Vorsorge getroffen ist.
Können Sie uns ein bisschen etwas über den Stand des Verfahrens, der Gespräche sagen: Wann wird es so weit sein, wann werden wir einen Verteidigerkostenersatz haben und wie wird er inhaltlich aussehen?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 323/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welcher Zeitrahmen ist für die Umsetzung des Verteidigerkostenersatzes geplant?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wir stehen in Gesprächen mit der österreichischen Rechtsanwaltskammer, weil es einfach wichtig ist, dass wir gemeinsam eine gute Regelung erzielen, die auch fair ist – und dafür braucht man die Rechtsanwaltskammer.
Ja, Sie haben es bereits erwähnt: Wir haben das Budget in diesem Bereich verdreißigfacht, das heißt, wir haben 70 Millionen Euro, die uns zur Verfügung stehen, und die gilt es jetzt gerecht aufzuteilen, einerseits im Bereich Freisprüche, andererseits im Bereich Ermittlungsverfahren.
Ich möchte schon, dass eine Begutachtung im ersten Quartal, also Anfang des Jahres 2024, erfolgt. Es hat bereits ein sehr gutes Gespräch mit dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag gegeben, und ich glaube, dass wir einer guten Lösung sehr nahe sind und das auch bald fertig koordiniert sein wird.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? (Abg. Fürlinger: Keine Zusatzfrage!)
Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Lindner. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich werde jetzt nicht inhaltlich einleiten, weil Sie die Thematik sehr gut kennen, aber ich möchte noch einmal konkret nachfragen:
„Wann genau werden die fertigen Gesetzesvorlagen zum Konversionstherapieverbot und Schutz intergeschlechtlicher Kinder endlich dem Parlament zur Beschlussfassung übermittelt werden?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Was das IGM-Verbot betrifft, nämlich den Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, bei dem es um Maßnahmen und medizinische Eingriffe bei Minderjährigen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung geht: Auch dieser Gesetzentwurf ist fertig und wird mit dem Koalitionspartner diskutiert. Das heißt, es geht auch in diesem Bereich wieder darum, dass eine Einigung auf politischer Ebene erzielt wird, bevor wir den Entwurf nach einem einstimmigen Beschluss im Ministerrat dem Parlament zuführen können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Ich probiere es noch einmal genau. Sie haben es vorhin auch gesagt: Wir wissen ja aus parlamentarischen Anfragen –
davon sind ja sehr viele von mir selbst gekommen –, dass es diese zwei fertigen Gesetzentwürfe gibt. Jetzt hat man medial ein bisschen den Eindruck, dass die ÖVP anscheinend die Zustimmung zu diesen beiden Gesetzentwürfen liefert.
Haben Sie irgendeinen Grund zur Annahme, dass die Gesetzesvorlagen zum Konversionstherapieverbot und zum IGM-Verbot dem Parlament noch in dieser Legislaturperiode zur Beschlussfassung übermittelt werden können?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich bin an sich ein positiver Mensch und bin immer hoffnungsvoll, dass uns das gelingt. Wie man in den vergangenen Jahren gesehen hat, ist uns ja vieles in dieser Legislaturperiode geglückt, was man vorher vielleicht nicht für möglich gehalten hat. Insofern bin ich hoffnungsvoll und denke, glaube, hoffe, dass es uns gelingen wird. (Beifall bei den Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage: Abgeordnete Neßler. – Bitte.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Familien müssen rechtlich gleichgestellt werden, egal ob die Eltern verschieden- oder gleichgeschlechtlich sind. Das schafft Rechtssicherheit für die Familien und sichert das Wohl des Kindes ab. Wir brauchen, glaube ich, eine moderne Familienpolitik, im Rahmen derer die Vielfalt der Familien in unseren Gesetzen abgebildet ist.
Daher meine Frage: Wie stärken Sie die Rechte von Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Der Verfassungsgerichtshof hat ja eine zentrale Norm des Abstammungsrechts aufgehoben, die in erster
Linie regelt, wer zweiter Elternteil eines Kindes ist. Das wurde deswegen aufgehoben, weil, wenn es ein lesbisches Paar betrifft, die Ehefrau, die nicht schwanger ist, nur dann Elternteil werden konnte, wenn eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung vorgenommen wurde. Das hat der Verfassungsgerichtshof aufgehoben, und wir haben auch eine Einigung erzielt, wirklich umfassend zu regeln, dass natürlich unabhängig davon, mit wem man zusammen ist, beide Eltern auch rechtlich Elternteile sind.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte sehr.
Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Ministerin! Dankenswerterweise hat ja unser Finanzminister budgetäre Mittel für das Justizministerium zur Verfügung gestellt.
Meine Frage an Sie:
„Welche baulichen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen von Justizanstalten sind vorgesehen?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Gerade die Bauprojekte im Bereich der Justizanstalten sind mir wichtig, weil es auch darum geht, einen zukunftssicheren, modernen und humanen Strafvollzug zu gewährleisten und gleichzeitig – und das darf man nicht unterschätzen, Abgeordneter Lausch weiß, wovon ich spreche – die Arbeitsbedingungen der Bediensteten zu verbessern.
Deswegen haben wir umfassende Umbaumaßnahmen vorgenommen. Einerseits geht es um die Justizanstalt Josefstadt: Es war höchst an der Zeit, dass da etwas vorangeht. Wir haben das Go vom Finanzministerium bekommen, die Kostenschätzung liegt bei 156 Millionen Euro, Baubeginn Oktober 2023, die geplante
Fertigstellung wäre 2033. Andererseits ist die Justizanstalt Klagenfurt betroffen: Da geht es um einen Neubau, um eine vollkommen neue Justizanstalt. Auch da läuft eine Abstimmung mit dem BMF und es kann losgehen. Zur Justizanstalt Graz-Karlau: Da geht es um eine Generalsanierung. Auch die Justizanstalten Sonnberg, Stein und Münnichplatz werden saniert, umgebaut und verbessert.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Eine kleine Zusatzfrage, und zwar: Sie haben die baulichen Maßnahmen angesprochen. Sind auch Mittel vorgesehen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die baulichen Maßnahmen an sich verbessern ja auch schon die Arbeitsbedingungen. Ich habe jetzt doch sehr viele Justizanstalten besucht und man merkt einfach: Dort, wo die baulichen Maßnahmen nicht stimmen, wo die Struktur veraltet ist, ist das Klima ein anderes. Das heißt, darauf wird natürlich der Fokus gelegt: dass die Bediensteten, die in den Justizanstalten arbeiten, die tagtäglich de facto eingesperrt sind, gute Bedingungen, gute Arbeitsbedingungen vorfinden – und dafür setzen wir uns tagtäglich ein. – Danke.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären.
Ich bedanke mich sehr herzlich bei der Frau Justizministerin. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 17154/J bis 17223/J
2. Anfragebeantwortungen: 16034/AB
*****
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 5, 8 und 9, 10 bis 12, 15 und 16 sowie 19 und 20 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Redezeitbeschränkung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich die Redezeiten wie folgt ergeben: für die ÖVP 127 Minuten, für die SPÖ 88 Minuten, für die FPÖ 72 Minuten, für die Grünen 65 Minuten sowie für die NEOS 52 Minuten.
Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten. Die Debattenredezeit wird auf 5 Minuten beschränkt.
Ich darf die Damen und Herren, die mit diesen Redezeiten einverstanden sind, um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Dieser Vorschlag ist nun einstimmig angenommen.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3558/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (2398 d.B.)
2. Punkt
Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3090/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz) (2399 d.B.)
3. Punkt
Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3431/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp jetzt (2400 d.B.)
4. Punkt
Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3562/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen (2401 d.B.)
5. Punkt
Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 3432/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietenstopp statt ÖVP-Klientelpolitik für Vermieter (2402 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 5, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. Bei ihr steht das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz: Wenn zwei das Gleiche tun, so ist das lange nicht dasselbe. Das Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz ist bereits das dritte Gesetz dieser Art, über das im Hohen Haus abgestimmt wird.
Lassen Sie mich bitte kurz einen Vergleich zum ersten und zweiten Gesetz ziehen, das ich selbst vorlegen konnte – der Vergleich macht sicher: Das erste MILG wurde 2008 beschlossen, die Inflationsrate lag damals bei 3,22 Prozent. Beim zweiten MILG, 2016, drohte ein Anstieg der Inflation um bis zu 3 Prozent. Das heißt, wenn die Wohnkosten um ein paar Prozent zu steigen drohten, haben sich SPÖ-geführte Regierungen auch getraut, einzugreifen.
Was leistet dieses neue MILG, das von ÖVP und Grünen ausverhandelt wurde und heute vorgelegt wird? – Es kommt, nachdem die Mieten in den beiden letzten Jahren völlig entglitten sind! Im Bereich der freien Mieten gab es beispielsweise einen Anstieg von 23 Prozent und im Bereich des Mietrechtes betrug der Anstieg 24 Prozent. ÖVP und Grüne schließen ein MILG sozusagen im Nachhinein ab, nachdem die Mieten um rund ein Viertel gestiegen sind. Ich kann nur sagen: Operation gelungen, aber der Patient ist tot.
Laut Statistik Austria können sich 1,4 Millionen Menschen in Österreich das Wohnen fast nicht mehr leisten. Das ist der Unterschied: Wenn die Teuerung beim Wohnen der allgemeinen Teuerung davongaloppiert, dann greift die SPÖ in den Markt ein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Ist das, weil Wiener Wohnen so teuer ist, oder warum können sie sich das nicht leisten? – Zwischenruf des Abg. Lercher.)
Türkis-Grün wird erst tätig, wenn es zu spät ist, und lässt rund 25 Prozent Mietensteigerung zu, um dann eine Mogelpackung vorzulegen.
Wieso ist es eine Mogelpackung? – Es ist Tatsache, dass die Richtwertmieten nächstes Jahr nach dem alten, geltenden Gesetz sowieso nicht angehoben werden. Was dieses MILG bringt, das sind sogar Verschlechterungen, denn nach der nächsten Nationalratswahl werden die Richtwertmieten durch dieses Gesetz jedes Jahr angehoben. Der sogenannte Deckel von 5 Prozent Erhöhung bekommt nach der nächsten Wahl Löcher und dann darf wieder höher als um 5 Prozent angehoben werden. Das ist wirklich eine Mogelpackung. (Beifall bei der SPÖ.)
Bei den Kategoriemieten soll die Erhöhung nächstes Jahr zwar ausgesetzt werden, aber danach werden die Mieten plötzlich doch wieder erhöht werden müssen. Teilweise sind sie bis jetzt jahrelang nicht erhöht worden. Wenn Sie wissen wollen, wie man das macht, dann schauen Sie auf Wien. In dem Bereich, in dem es die Stadt Wien beeinflussen kann, wurden die Mieten gar nicht erhöht. (Abg. Ottenschläger: Jetzt erst, aber die letzten Jahre genauso!) Bei den freien Mieten, die gesetzlich nicht gedeckelt sind, worunter die Menschen am allermeisten leiden, macht die Bundesregierung aber gar nichts.
Das MILG ist eine Mogelpackung mit einem Haufen Verschlechterungen. Das Gift dieser Reform beginnt erst 2027 zu wirken. Das braucht einen völligen Richtungswechsel.
Daher bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform enthalten“.
Insbesondere geht es um die Rücknahme der Indexierungen der Richtwerte, um das Einfrieren sämtlicher Mieten, darum, dass ab 2026 die Indexierung nicht mehr nach dem VPI erfolgt, sondern mit maximal 2 Prozent gedeckelt ist, um die Einführung eines einheitlichen, transparenten neuen Mietrechtes, um die Wiedereinführung der WBIB, um die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, um die Zurverfügungstellung einer Wohnbaumilliarde, das verfassungsrechtliche Absichern der Widmungskategorie sozialer Wohnbau, um die verfassungsmäßige Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung einer Leerstandsabgabe und um die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes.
*****
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
10.17
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abg. Mag. Ruth Becher
Genossinnen und Genossen
betreffend Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen
eingebracht am 15. Dezember 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 1,
Bericht des Ausschusses für Bauen und Wohnen über den Antrag 3558/A der Abg. August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden
(3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (2398 d. B.)
Im Juli 2023 lag die Inflation bei 7,1%. Im August stieg sie wieder auf 7,4% an. Nach 5,4% im Oktober bleibt sie auch im November bei 5,4% (laut Schnellschätzung). Die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen führen also weiterhin nicht dazu, dass die Inflationsrate auf ein akzeptables Niveau absinkt. Österreich liegt damit in Westeuropa immer noch auf dem beschämenden letzten Platz bei der Inflationsentwicklung.
Der von der SPÖ bereits im Jänner 2023 geforderte Mietenstopp hätte dazu geführt, dass sich die Inflationsrate abgeschwächt hätte. Stattdessen legte die Regierung am 30. August dem Nationalrat einen sogenannten Mietendeckel vor, der eine Begrenzung des Anstiegs bei den regulierten Mieten in den nächsten drei Jahren von 5% pro Jahr vorsieht. Die rund 450.000 Wohnungen im freien, nicht preisregulierten Mietsektor werden von der Regierung überhaupt nicht berücksichtigt. Hier handelt sich aber um die teuersten Wohnungen, die durch die automatischen Teuerungsklauseln in ihren Mietverträgen in den letzten eineinhalb Jahren um bis zu 25% teurer geworden sind. Der von der Regierung vorgelegte Mietendeckel garantiert den Vermietern daher weiterhin überhohe Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter. Der schließlich von den Regierungsfraktionen im Bautenausschuss am 12. Dezember 2023 noch eingebrachte Abänderungsantrag verändert beim Regierungs-Mietpreisdeckel lediglich den Entfall der zuerst vorgesehenen Verfassungsbestimmungen und setzt die nächste Indexierung der Kategoriemieten (die im Frühjahr 2024 erfolgt wäre) bis 1. April 2025 aus.
Die Richtwertmieten sind im April 2022 um 5,6% gestiegen, im April 2023 erhöhten sie sich um 8,6%, weil die Regierung die Anträge der SPÖ auf ein Aussetzen der Erhöhung mehrmals abgelehnt hatte.
Die Kategoriemieten stiegen in den letzten 15 Monaten um fast 24%, die letzte Erhöhung erfolgte im Juli 2023 um 5,5%.
Rund 2 Mio. Haushalte leben in Österreich in einer Mietwohnung. Jeder 5. Euro (also rund 20%) der Haushaltausgaben wird für die Wohnungsmiete aufgewendet. Haushalte mit kleineren Einkommen geben sogar 30 bis 40% ihres Einkommens für die Miete aus. Viele Menschen kommen durch die anhaltend hohe Inflation in eine prekäre finanzielle Situation, die durch das Nicht-Handeln der Regierung weiter verschärft wurde.
Die Mieterhöhungen treiben damit auch die Inflation weiter kräftig nach oben, das ist nicht nur ein Schaden für die betroffenen Mieter, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Immer mehr Experten und Expertinnen, wie etwa WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, forderten daher in den letzten Monaten eine Mietpreisbremse und einen Ausstieg aus der Indexierungsautomatik. Es braucht aber insgesamt ein neues System. Ein System mit klaren Mietobergrenzen sowie einen neuen Index für die Mietpreisentwicklung, wie etwa die Orientierung am EZB-Leitzinssatz mit einer Deckelung von 2% p.a.
Dass es auch anders geht, beweisen andere EU-Staaten (Spanien, Portugal und Frankreich) oder Nachbarländer wie die Schweiz. Sie alle haben in den Markt eingegriffen und Mieterhöhungen gestoppt oder ausgesetzt. Die drei sozialdemokratisch regierten Bundesländer Burgenland, Kärnten und Wien haben bei den Mietverhältnissen, wo sie die Möglichkeit haben (im Wesentlichen also bei den Wohnungen, wo sie selbst Vermieter sind oder über die Wohnbauförderung Gestaltungsmöglichkeit haben), Eingriffe zum Schutz der Mieter:innen vorgenommen. Das betrifft in Summe 200.000 Wohnungen.
Das Burgenland kündigte vor dem Sommer einen Wohnkostendeckel für die Entgelte in den burgenländischen Genossenschaftswohnungen an und beschloss diesen im Herbst 2023. So werden die Mieten von rund 3.000 Genossenschaftswohnungen auf dem Niveau von Dezember 2022 eingefroren und die Preissteigerungen durch die gestiegenen Zinsen bei variablen Krediten abgefangen. Die daraus entstehenden Mehrkosten von 10 Mio. Euro pro Jahr werden den Wohnbaugenossenschaften durch das Land refundiert.
In Kärnten arbeitete die Landesgruppe des Städtebundes im Frühjahr 2023 ein Modell aus, dass die Mietsteigerungen bei gemeindeeigenen Wohnungen in den nächsten zwei Jahren auf maximal 2,5% begrenzt. Nach Klagenfurt und Villach wurde die Mietpreisbremse auch in St. Veit und Wolfsberg beschlossen. Von dieser Maßnahme profitieren allein in Kärnten 20.000 Menschen in stadteigenen Wohnungen.
In Wien wurde die Mietpreisbremse im Gemeindebau im November auf den Weg gebracht. In den nächsten zwei Jahren werden die Anpassungen der indexierten Mieten (Kategorie- und Richtwertmieten) im Gemeindebau ausgesetzt. Umfasst sind davon 185.000 Gemeindewohnungen, davon profitieren 370.000 Menschen in der Bundeshauptstadt. Für die Menschen außerhalb des Gemeindebaus wird die Wohnbeihilfe neu aufgelegt. Es gibt mehr Bezugsberechtigte und höhere Förderungen.
Ein weiterer wohnpolitischer Schwerpunkt zur Entlastung der Menschen ist die gezielte Errichtung von sozialem Wohnraum. Dem stehen jedoch oft diverse Hindernisse im Weg, vor allem, weil die Ressource Boden nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und zahlreiche Interessen am Immobilienmarkt vertreten sind, die nicht zwangsläufig im Sinne der Bevölkerung, sondern viel eher zu Zwecken der Profitmaximierung agieren. Private Immobilieninvestoren können weit höhere Flächenpreise bezahlen, als der öffentliche Sektor. Eine Lösung für dieses Problem ist die Forcierung der Flächenwidmungskategorie „Sozialer Wohnbau“. Mit ihr können die noch vorhandenen Bodenressourcen zum Vorteil der gesamten Bevölkerung abgesichert und der Spekulation ein Riegel vorgeschoben werden.
Eine Flächenwidmung „sozialer Wohnbau“ wird auch von den gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften herbeigesehnt, weil die hohen Grundstückspreise nur von privaten Bauträgern bezahlt werden können. Um die gemeinnützige Wohnungswirtschaft anzukurbeln, bedarf es noch weiterer Maßnahmen, wie etwa die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung oder auch die Wiedererrichtung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB), um mit günstigen EIB-Krediten die zunehmenden Finanzierungskosten aufzufangen bzw. abzufedern.
Wie kurzsichtig ÖVP und FPÖ waren und sind, zeigt sich darin, dass die ÖVP/FPÖ-Regierung 2018 die damals bestehende Wohnbauinvestitionsbank einfach abgeschafft haben.
Nach dem Bauboom der letzten Jahre geht die Bauleistung (vor allem bei Wohnungen) nun drastisch zurück. Hohe Bau- und Grundstückskosen sowie die Zinserhöhungen der EZB reißen ein Loch in Arbeitsmarkt und Konjunkturentwicklung. Die Arbeitslosigkeit in der Baubranche ist zuletzt im November um 15,6% gestiegen – Investitionen in den sozialen Wohnbau und die thermische Sanierung von Gebäuden würden gegen die hohe Arbeitslosigkeit helfen und die Konjunktur ankurbeln und zusätzlich den Klimaschutz und leistbares Wohnen forcieren. Statt zu investieren wird in manchen Bundesländern der soziale Wohnbau fast zur Gänze eingestellt oder drastisch zurückgefahren. Im von ÖVP und FPÖ regierten Niederösterreich sind etwa für 2024 statt 3.500 nur 253 geförderte Wohnungen vorgesehen und dies, obwohl die Bevölkerung 2022 um 20.000 Einwohner gestiegen ist.
Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, die Mietpreisentwicklung und die Teuerung rücken auch das Thema Leerstand wieder in den Fokus. Die Diskussion rund um Leerstandsabgaben wird jedoch nicht erst seit der aktuellen Krise geführt – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Spekulation und die künstliche Verknappung von Wohnraum zur Profitmaximierung den Zielen der Schaffung von leistbarem Wohnraum diametral entgegenstehen. Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsübereinkommen dazu festgelegt: „Die Bundesregierung möchte das Angebot an Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren.“ Dass es gerade in diesem Bereich dringend
Reformen braucht, zeigen auch Landesgesetze zur Leerstandsabgabe in Tirol, Salzburg und der Steiermark, die mit Oktober 2022 (Steiermark) bzw. Anfang 2023 (Salzburg und Tirol) in Kraft getreten sind. All diese Bundesländer sind von ÖVP-Landeshauptmännern regiert, die bereits mehrfach Forderungen nach einer Leerstandsabgabe erhoben hatten und letztlich auf Grund der Versäumnisse des Bundes selbst aktiv geworden sind. In Wien war eine derartige Abgabe zudem bereits bis 1985 in Kraft, wurde jedoch vom VfGH aus kompetenzrechtlichen Gründen aufgehoben. Damit Landesgesetze geschaffen werden können, die tatsächlich einen Lenkungseffekt haben und leistbaren Wohnraum schaffen können, braucht es eine Änderung des entsprechenden Verfassungsartikels, der die Bundesländer ermächtigt, effizient Leerstand zu mobilisieren und damit auch unter dem Gesichtspunkt des Umwelt- und Klimaschutzes dazu beizutragen, dass vorhandener Wohnraum genutzt wird, anstatt neues „Betongold“ zu schaffen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform enthalten, insbesondere
• die Rücknahme der Indexierungen der Richtwert- und Kategoriemieten vom 1. April 2023 und 1. Juli 2023, um die Erhöhungen von 15 bis 25% wieder auf das ursprüngliche Mietpreisniveau zurückzuführen und die Inflationsrate entsprechend zu dämpfen.
• das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2025, um auch hier die entsprechenden Entlastungseffekte zu erzielen.
• ab 2026 erfolgt die Indexierung nicht mehr nach VPI, sondern richtet sich am Leitzinssatz der EZB aus, maximal jedoch 2% p.a. gedeckelt.
• die Einführung eines einheitlichen, transparenten neuen Mietrechts mit gesetzlich klar definierten Zu- und Abschlägen, unabhängig vom Baujahr des Gebäudes (Universalmietrecht), um das stark zerklüftete und unübersichtliche österreichische Mietrecht zu vereinheitlichen und Rechtssicherheit sowohl für Mieterinnen und Mieter, wie auch für Vermieterinnen und Vermieter zu erreichen.
• die Wiedereinführung der 2018 unter der Regierung Kurz-Strache liquidierten Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) zur Sicherstellung der Finanzierung des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kosten im sozialen Wohnbau, um das zuletzt stark angestiegene Zinsniveau und die dadurch gestiegenen Bau- und Wohnkosten auszugleichen
• die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, um den Bundesländern zu ermöglichen den sozialen Wohnbau zu forcieren und genug leistbaren Wohnraum zu schaffen.
• die Zurverfügungstellung einer Wohnbaumilliarde für die Länder, um den sozialen Wohnbau anzukurbeln und um den Einbruch in der Bauwirtschaft zu bekämpfen.
• die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie „sozialer Wohnbau“, um die Rechtsunsicherheit im Kompetenzbereich des Volkswohnungswesens zu bereinigen.
• verfassungsmäßige Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen, um den vorhandenen Leerstand zu mobilisieren und den bereits vorhandenen Wohnraum der Bevölkerung in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen.
• die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen (angelehnt an die erfolgreiche
Regelung in Frankreich) und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tomaselli. – Bitte. (Abg. Tomaselli –auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Und die FPÖ? – Abg. Holzleitner: Pro, contra!)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Tatsächlich haben wir pünktlich zum Jahreswechsel für die meisten österreichischen Mieterinnen und Mieter eine gute Botschaft. (Die Abgeordneten der SPÖ halten Tafeln mit den Aufschriften „Runter mit den Mietkosten“ sowie „Mietpreisstopp statt PR-Schmäh“ in die Höhe.) Sie können jetzt aufatmen, ein bisschen aufatmen, denn wir können mit dem vorliegenden Mietendeckel den horrenden Wohnkostenanstieg lindern. (Abg. Kucher: Bis auf die freien Mieten! – Zwischenruf des Abg. Scherak.) In den kommenden Jahren deckeln wir die Mieten. Zwei Jahre lang zahlen sie nicht mehr als 2,5 Prozent an Mieterhöhung. (Beifall bei den Grünen.)
Davon betroffen sind im Übrigen gar nicht so wenige: Es sind drei Viertel aller Mietwohnungen. Es sind die Richtwertwohnungen, die Kategoriewohnungen, die meisten der Genossenschaftswohnungen und auch die meisten der Gemeindebauwohnungen umfasst, und die kriegen in den kommenden Jahren eine Preisgarantie. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das bringt für 2,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher eine nachhaltige Wohnkostenentlastung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: Es gibt in der Geschichte kein Beispiel, wo das funktioniert hat!)
Wohnen muss bezahlbar sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Österreicherinnen und Österreicher beklagen sich zu Recht, dass es sich nicht mehr ausgeht, aber es geht, glaube ich, auch darum, dass wir als Politik die Menschen mit dieser Sorge nicht im Regen stehen lassen.
Der Mietendeckel reiht sich übrigens in eine lange Liste bereits beschlossener wohnpolitischer Maßnahmen ein: Denken Sie an die Abschaffung der unfairen Maklergebühr! Denken Sie an den Wohnschirm, der besonders delogierten Betroffenen hilft! (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Denken Sie an den Heiz- und Wohnkostenzuschuss!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Mietendeckel ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Sicherstellung von leistbarem Wohnen.
An die Taferlfraktion auf der linken Seite (Abg. Heinisch-Hosek: Sozialdemokratie meinen Sie, gell?): Natürlich können Sie sagen, es ist zu wenig und zu spät. – Ist okay. Wir alle hätten es uns vielleicht anders gewünscht, aber Fakt ist auch, dass Sie es dort, wo Sie Verantwortung haben, auch nicht anders gemacht haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Haben Sie zugehört vorhin?)
Kollegin Becher, Sie stehen hier heraußen und sagen: Das ist alles zu spät! – Wann hat die Wiener SPÖ die Mietpreisbremse beschlossen? – Auch nicht früher als die Bundesregierung. (Abg. Ottenschläger: Übrigens mit den NEOS!) Sie beklagen sich, dass wir das beschließen, nachdem die Wohnkostenanstiege schon passiert sind. – Was macht die Wiener SPÖ? – Ich hätte nicht vernommen, dass Sie da irgendeinen Preisanstieg freiwillig zurückgenommen haben, was Sie als Eigentümerin übrigens tun könnten. (Abg. Kucher: Ihr habt eine Million Menschen vergessen! Eine Million Menschen habt ihr vergessen!) Deshalb: sehr, sehr viel Widerspruch. (Beifall bei den Grünen.)
Was ich im Übrigen schon interessant finde, ist, dass Kollege Matznetter – er ist vorhin gerade hinausgegangen – kürzlich breitbeinig in der „ZIB 2“ gesessen ist und gesagt hat: Im Wiener Gemeindebau könnten wir, selbst wenn wir wollen
würden, gar keine Mietpreisbremse machen. – Also bitte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schallmeiner: Unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Kucher.)
Man kann sagen, was man will, aber das, was wir heute beschließen, ist der erste echte Mietendeckel von einer Bundesregierung seit Jahrzehnten. In Wien hat es überhaupt noch nie einen Mietpreisdeckel gegeben. Nein, warten Sie, da rede ich jetzt aber einen Blödsinn! Eine effektive Mitpreisbremse hat es im Gemeindebau ja gegeben, und zwar für die SPÖ-Parteilokale, die sich dort zum billigsten Tarif eingemietet haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stögmüller: Na unglaublich! – Rufe bei den Grünen: Die eigenen Leute! – Abg. Holzleitner: Wie teuer ist denn das Wohnen in Vorarlberg? Kann das die Kollegin vielleicht ...? – Abg. Stögmüller: Für unsere Leute!)
Jetzt können Sie von Ihrem warmen Abgeordnetenledersessel aus schon sagen: Das, was die Bundesregierung da macht, ist ja alles nichts! Es geht da aber um eine Wohnkostenentlastung in der Höhe bis zu einer Monatsmiete pro Jahr. Da geht es um eine Familie, die in einer Genossenschaftswohnung wohnt und sich in den nächsten drei Jahren 1 200 Euro erspart (Abg. Kucher: Ihr habt eine Million Menschen vergessen und habt es ihnen versprochen, dass es eine Regel gibt!), oder um die alleinstehende Frau in der Richtwertwohnung, die sich in den nächsten drei Jahren vielleicht 600 Euro erspart.
Mit dem Gehalt eines Abgeordneten kann man sagen: Das ist alles nichts. Ich sage Ihnen aber: Das ist wichtiges Geld für die betroffenen Menschen, das sie zum Leben brauchen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)
Wir Grüne stehen für nachhaltig leistbares Wohnen, wir kämpfen mit Nachdruck um die Wende bei der Wohnkostenteuerung. Kämpfen Sie mit uns, wenn wir sagen: Machen wir aus Immobilienhaien Fischstäble! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stögmüller: Super!)
10.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schrangl. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die Bundesregierung hat sich zu dieser Mogelpackung namens Mietpreisbremse selbst gratuliert, bei diesem spärlichen Applaus ist es aber auch geblieben. (Abg. Höfinger: Ich glaube, das hast du dir vorher schon aufgeschrieben!) Diese angebliche Mietpreisbremse, dieses Mietpreisdeckelchen ist in Wirklichkeit eine wohnpolitische Beerdigung, und zwar unter mehreren Aspekten.
Die Interessen der Mieterinnen und Mieter wurden verraten und die ÖVP hat es verpasst, die Möglichkeit privater Investitionen für neue Wohnungen einzumachen. Im Gegenteil: Die schwarz-grüne Bundesregierung hat ihre Schamlosigkeit und Inkompetenz bewiesen und der gemeinnützige Wohnbau wird weiter von ihr demoliert. Damit wird auch die Gerechtigkeit begraben.
Sie alle hier, meine Damen und Herren Vertreter der Regierungsfraktionen, wissen genau, dass diese Mietpreisbremse bloß ein politisches Placebo ist. Abgeordnete Becher hat es vorhin schon gesagt: Die großen Mietsteigerungen gab es schon. Diese Mietpreisbremse kommt zu spät, die Mieten sind eben schon überbordend gestiegen. Entscheidend wäre zum Beispiel ein Eingriff in den freien Markt gewesen, um auch die freien Mietverhältnisse miteinzubeziehen. (Abg. Scherak: Du warst auch mal liberaler, Philipp!) Entscheidend wäre auch gewesen, den gemeinnützigen Wohnbau vor jenen Attacken zu schützen, denen Sie Tür und Tor geöffnet haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist geradezu eine Perversion, dass Reiche Wohnungen zum Sozialtarif kaufen können und frei an die Menschen vermieten. Das ist die Schubumkehr im sozialen Wohnbau. Das ist unmoralisch, aber das ist die Politik der ÖVP und nunmehr anscheinend auch die Politik der
Grünen. Das ist ein Anschlag auf die Wohnsicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, ein Anschlag auf die Wohnungsgemeinnützigkeit, deren System weltweit bewundert wird. Eine Studie des Wifo hat im Mai 2023 festgestellt, dass gerade der Gemeinnützigkeitssektor sehr preisdämpfend auf den Mietwohnungsmarkt wirkt.
Man würde es fast nicht für möglich halten, welche wohnpolitischen Perversionen, geradezu Bosheiten, in den Schreibstuben des Wirtschaftsministeriums entworfen und von einem – ich muss es leider so sagen – kaltherzigen, neoliberalen Minister namens Martin Kocher umgesetzt und beibehalten werden (Abg. Scharzenberger: Geh bitte!); gegen die Warnungen der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer, des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, des SPÖ-nahen Vereins für Wohnbauförderung und fast aller politischen Parteien, nämlich der gesamten Opposition hier im Nationalrat. Sie wollen es nicht hören.
Mit dieser sogenannten Mietpreisbremse haben Sie die Abrissbirne gegen den sozialen Wohnbau noch weiter aktiviert. Für Milliardäre wie Herrn Benko – vielleicht ist er schon auch nur noch Millionär –, macht die ÖVP das Unmögliche möglich, Stichwort Öffnung eines Gerichts zu Silvester. Wohnungsgenossenschaften werden ihre in die Hunderte Millionen gehenden Einnahmeverluste aber nicht ersetzt. Damit wird die Mietpreisbremse nicht nur zur Mietpreisbremse, sondern vor allem zur Sozialwohnungsbremse.
Ihr Bundesminister schreibt in Anfragebeantwortungen zu den Folgen dieser Politik, dass halt einfach die Länder mehr Wohnbauförderung ausgeben sollen. Man sagt, im Wirtschaftsministerium sei man nur für die Legistik zuständig – stimmt! –, doch genau diese Legistik ist seit der WGG-Novelle 2022das Problem, denn mit dieser Legistik wird hemmungslos Schaden angerichtet.
Es wundert mich fast nicht mehr, dass sich der Bundesminister weder in den Ausschuss noch heute hier ins Plenum traut und seine leider von Fachkenntnissen augenscheinlich völlig unbeschwerte Staatssekretärin schickt. Man
darf sich vielleicht die theoretische Frage stellen, ob es manchen Spendern der ÖVP vielleicht sogar gefällt, wenn weniger Sozialwohnungen gebaut werden und die Mieten dadurch noch weiter steigen – nur ein vager Gedanke.
Seltsam mutet allerdings an, dass die vom Klima bewegten Grünen da mitgehen, schließlich wirken sich diese Einnahmeverluste unmittelbar negativ auf die Dekarbonisierung im Immobiliensektor aus.
Das sage nicht nur ich, davor warnt auch der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen in einer aktuellen Pressemitteilung. Den Wählern einer Partei, die einst die Frage plakatierte, wen wohl der Anstand wählen würde, kann nur noch übel werden, und die Mandatare dieser Partei sollten sich einige Fragen zum Thema Anspruch und Wirklichkeit stellen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)
Frau Abgeordnete Tomaselli, wie kann man einen Tweet – damals hieß X ja noch Twitter – mit dem Inhalt, dass die ÖVP Wohnpolitik für die Reichen macht, absetzen und dann diesen wohnpolitischen Wahnsinn mittragen und die Menschen im Regen stehen lassen? Mir ist das unerklärlich – und nicht nur mir. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Futtertröge des billigen Jakob – die Futtertröge der Macht sind es ja wohl längst nicht mehr – sind für manche wahrscheinlich zu verlockend. (Abg. Loacker: Früher war der Schrangl ja für ein liberales Mietrecht, jetzt ist er auch ein Miet-Sozi geworden!)
Diese Mietpreisbremse zeigt: Die ÖVP demoliert den sozialen Wohnbau, um manchen Immobilienzaren ein Geschenk zu machen. Damit wird der soziale Wohnbau bewusst in eine Krise gestürzt. Und die Grünen haben ihr wohnpolitisches Gewissen verkauft und die Menschen, die dort wohnen, gleich noch dazu. (Abg. Loacker: Wie kann man sich so verstellen?)
Eines noch: Wenn Frau Tomaselli gegenüber den Medien ausführt, dass die Opposition eine Schuld an diesem Murks namens Mietpreisbremse trage, dann
muss ich Ihnen leider sagen: Sie haben nicht einmal das Gespräch gesucht! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Kucher und Lercher.) Schlimmer sogar: Sie haben jeden Verbesserungsantrag im Bautenausschuss, der von der SPÖ oder auch von uns oder den NEOS gekommen ist, vom Tisch gewischt und ignoriert. (Abg. Zarits: Da klatschen sogar die Sozialisten, so schlecht ist das! Kucher klatscht!) Dabei wäre zumindest ein FPÖ-Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen auf dem Tisch gelegen. (Abg. Kucher – in Richtung Abg. Zarits –: Schon der Vorname ist nicht der schlechteste!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Diese Mietpreisbremse ist nicht weniger als ein von der Regierung verfasster Misstrauensantrag und ein gigantischer Verrat an den Menschen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Kucher. – Abg. Stögmüller: Das ist aber auch sehr magerer Applaus!)
10.28
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte. (Abg. Hörl: Jetzt müsst ihr zuhören, Freiheitliche!)
Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie diese Debatte via Bildschirm verfolgen! Ich möchte einmal ganz klar festhalten, dass die ÖVP hinter der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft steht und dass wir das in vielen Novellen zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bewiesen haben. Außerdem weise ich die Stellungnahmen zu unserem Bundesminister und unserer Staatssekretärin als völlig deplatziert zurück! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Tomaselli.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Kosten fürs Wohnen belasten die Menschen und beeinflussen die Inflation – keine Frage. Mit dem 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz verfolgen wir, die Regierungsparteien, drei Ziele:
Erstens: eine Entlastung der betroffenen Menschen bei Mieten. In den Jahren 2024, 2025 und 2026 sind Erhöhungen bei den Kategoriemietzinsen, bei den Richtwertmietzinsen sowie beim Grundentgelt und dem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag im gemeinnützigen Bereich mit 5 Prozent begrenzt.
Zweitens: Bei den genannten Mieten wird es künftig nicht so wie bisher eine jährliche Anpassung geben, damit schaffen wir mehr Rechtssicherheit und Planbarkeit bei den Betroffenen.
Und drittens: Ab dem Jahr 2027 wird die Berechnungsmethode der Indexanpassung modifiziert. Die Valorisierung berechnet sich auf Grundlage der Durchschnittsinflation der letzten drei Jahre. Der Anteil, der 5 Prozent übersteigt, wird halbiert. Auch diese Regelung wird zu einer Glättung der aufgrund der Valorisierungsbestimmungen vorgesehenen Anpassung und damit auch zu mehr Planbarkeit führen.
All diese Maßnahmen betreffen rund 1,3 Millionen Mietwohnungen und rund 3 Millionen Mieterinnen und Mieter in Österreich.
Ich darf erinnern, auch Experten wie Christoph Badelt oder Gabriel Felbermayr vom Wifo begrüßen diese Mietzinsbegrenzung und auch das Faktum, dass Mieterinnen und Mietern damit die Unsicherheit genommen wird und Preise kalkulierbarer werden. Auch rechnen sie mit einem Rückgang der Inflation.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon mehrfach den Vorwurf gehört, dass diese Maßnahmen zu spät kommen und nur zu einer bescheidenen Entlastung führen. Unser Ziel ist und war es, eine ausgewogene Politik für Mieter und Vermieter zu machen. Warum? – Weil wir Vermieter brauchen, die Wohnraum bedarfsgerecht zur Verfügung stellen, und dieser für die Mieter natürlich erschwinglich sein muss, denn eines ist uns wohl allen klar: Wenn nicht genügend Wohnraum vorhanden ist, führt diese Situation zur Preistreiberei
(Beifall des Abg. Loacker) – eine Situation, die wir wohl alle nicht haben wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)
Mit diesen Regelungen schaffen wir Entlastung. Im Hinblick auf die Gehalts- und Lohnerhöhungen und die Pensionsanpassung, die vielfach über 8 Prozent gelegen sind, ist das 3. MILG sicherlich ausgewogen und bringt wie gesagt für die Menschen mehr Planbarkeit und mehr Rechtssicherheit.
In diesem Zusammenhang freue ich mich auch über 300 Millionen Euro für Wohnen und Sanieren, die im Finanzausgleich vereinbart wurden.
Zusammenfassend, sehr geehrte Damen und Herren: Diese Valorisierungsgrenze ist als sachlich begründbar anzusehen und die Interessen der Vermieter und der Mieter und Mieterinnen wurden in einen verhältnismäßigen Ausgleich gebracht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich verstehe nicht, dass SPÖ und FPÖ, die immer wieder den Mietpreisdeckel gefordert haben, jetzt, wo wir ihn beschließen wollen, nicht mitstimmen. Schade! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir können ja einige Punkte aus der bisherigen Debatte wohl außer Streit stellen, nämlich dass Wohnen ein sehr zentrales Bedürfnis ist, vor allem leistbares Wohnen. Die Frage, bei der sich jetzt die Meinungen auseinanderbewegen, ist: Wie erreichen wir leistbares Wohnen? Wie erreichen wir es, dass die Haushalte in Österreich nicht
übermäßig mit den Wohnkosten in einer Weise belastet werden, dass sie sie nicht mehr stemmen können?
Da hat sich die Regierung für einen Weg entschieden, der eigentlich der billigste, der einfachste, aber der am wenigsten effiziente ist: Man geht einfach her und greift in bestehende Verträge ein. Diese Mietverträge wurden alle sehenden Auges von den Mietern und Vermietern geschlossen, und wie es halt bei Dauerschuldverhältnissen ist, wo ein Leistungsaustausch über einen längeren Zeitraum stattfindet, muss man danach trachten, dass man die monetäre Gegenleistung für das, was man erbringt, wertsichert. Und dazu gibt es eben diese Wertsicherungsparameter wie den Verbraucherpreisindex.
Wenn jetzt der Gesetzgeber hergeht und in diese Verträge so eingreift, dass er einfach den Vermietern mit einem Federstrich praktisch die Einnahmen streicht, so kommt das einer Art Enteignung gleich, die in das Vermögen der Vermieter in einer unzulässigen Weise eingreift. (Beifall bei den NEOS.) Das wäre jetzt noch am wenigsten das Problem, wenn nicht die Vermieter, speziell im gemeinnützigen Bereich, vor großen Aufgaben stehen würden. Es geht darum, den Gebäudebestand in Österreich energetisch zu ertüchtigen. Da muss sehr viel Geld investiert werden.
Als Beispiel, wie verhunzt diese Regelung ist, die wir jetzt beschließen sollen, will ich die Größenordnung aufzeigen, wie sehr die gemeinnützige Bauwirtschaft davon betroffen ist, trägt sie doch ganz große Verantwortung für den Bereich des leistbaren Wohnens. Das ist genau der Adressat, der auch vom verfassungsgesetzlichen Hintergrund her der richtige wäre, um leistbares Wohnen sicherzustellen, und dieser Aufgabe kommen die gemeinnützigen Bauvereinigungen auch nach. Sie haben dafür ja auch die Steuerprivilegien, die Investments in den gemeinnützigen Wohnbau günstiger machen.
Diese Regelung, die jetzt mitbeschlossen werden soll, zur Deckelung des EVB, des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags – das ist das, was die Mieter im gemeinnützigen Bereich bezahlen müssen, um den Gebäudebestand erhalten zu
können –, kostet die gemeinnützige Wohnwirtschaft allein 2024 110 Millionen Euro an Mindereinnahmen, 2025 voraussichtlich 70 Millionen Euro und 2026 noch einmal 120 Millionen Euro. Wenn man das jetzt in Verbindung mit der darlehensfinanzierten Sanierung bringt, dann zeigt sich ein Minderinvestitionsvolumen für die energetische Ertüchtigung des Gebäudebestandes in der Höhe von circa 1 Milliarde Euro. Es ist fahrlässig, so etwas in Zeiten der Herausforderungen des Klimawandels zu tun. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Ich verstehe nicht, warum nicht zumindest dieser Punkt aus dem Gesetz herausgenommen wird.
Wir werden diesem Gesetz jedenfalls nicht zustimmen, weil es das Wohnproblem, das Wohnkostenproblem nicht treffsicher löst. Es fährt wieder über alle drüber. Man muss ja auch daran erinnern, dass nicht nur die Ausgaben steigen. Die Beamten kriegen 9,15 Prozent mehr, in anderen Branchen haben wir auch Lohnabschlüsse von rund 8 Prozent. Es ist ja nicht so, dass die Menschen auf dieser Wohnkostensteigerung allein sitzen bleiben. Daher ist diese Lösung ungerecht und nicht treffsicher. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
10.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Beginn einmal etwas klarstellen: Bei aller Wertschätzung, Herr Abgeordneter Singer, was uns unterscheidet, ist Folgendes: Ihr macht einen Mietpreisdeckel, wir als SPÖ fordern einen Mietpreisstopp. Und zwischen Stopp und Deckel ist ein Riesenunterschied. – Das nur einmal zur Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Was uns auch unterscheidet: In Wien gibt es einen Mietpreisstopp – stopp heißt nicht weiter –, und die Regierungsparteien machen einen Mietpreisdeckel. Das ist der Unterschied zu Wien. (Beifall bei der SPÖ.) Ihr habt groß angekündigt, alle Mieten hineinzunehmen – Wien hat nicht angekündigt, Wien hat es einfach umgesetzt. Und das unterscheidet uns. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Fakt ist, die Mieten sind gestiegen. Ihr könnt hernehmen, welche Miete ihr wollt: Ob das eine Richtwertmiete ist, ob das eine freie Miete ist, die Mieten sind in den letzten 18 Monaten um 15 bis 25 Prozent gestiegen (Abg. Tomaselli: Exakt wie im Wiener Gemeindebau!) – und ihr habt nichts getan! Die SPÖ hat im Dezember 2022 aufgrund dieser Wahnsinnsteuerung ein Modell für einen Mietpreisstopp vorgelegt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Es hat ein Jahr gedauert, bis ihr jetzt irgendetwas gemacht habt – und das unterscheidet uns.
Schauen wir uns jetzt genau an, was die Regierungsparteien machen (Ruf bei der ÖVP: Da klatschen nicht mal die Eigenen!): Sie machen einen Mietpreisdeckel, einen Schmähdeckel (Zwischenrufe bei der ÖVP), weil die Inflation ja trotzdem sinken wird. (Rufe bei der ÖVP: Babler-Marxismus!) Sie machen das bei jenen Vermietern, die jetzt schon niedrige Mieten haben. Und was macht ihr nicht? – Bei den Vermietern, die hohe Mieten haben, wird nichts gemacht! Das heißt, private Vermieter und Immobilieninvestoren haben keine Gewinneinbußen zu befürchten. Das heißt, dort geht das Geschäft mit den Mieten ganz eindeutig weiter. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Was mir schon ein bissl wehtut – Kollege Margreiter hat das angeschnitten –: Möge der Mietpreisdeckel euer Modell sein – die Menschen draußen sollen es selbst beurteilen (Ruf bei der ÖVP: Ja, das werden sie auch!) –, aber dass man den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nicht ausgenommen hat, ist in einer Zeit, in der wir von Klimawandel, von Klimaschutz reden, in der wir davon reden (Abg. Michael Hammer: Seit wann ist euch das wichtig?!), dass wir die Wohnsituation verbessern wollen, in der die Bauwirtschaft wirklich große
Einbußen zu erwarten hat – für 2024 –, fahrlässig, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist fahrlässig. Warum? – Weil der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag das Geld der Mieterinnen und Mieter ist, das ist ihr Eigenkapital. Dieser Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag ist das Eigenkapital der Mieterinnen und Mieter, das dazu hergenommen wird, um ihren Wohnraum, ihr Wohnhaus zu sanieren und zu verbessern, damit man wenig Energieverbrauch hat, damit man weniger Betriebskosten hat. Das nicht auszunehmen war ein Riesenfehler. Abgesehen davon ist dieser EV-Beitrag gemeinnützig zu verwenden.
Das unterscheidet uns wirklich gewaltig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich halte fest: Unser Modell, das wir bereits vor einem Jahr vorgelegt haben, ist das wirkliche Modell. Das wäre ein Modell gewesen, das für alle Mieterinnen und Mieter in diesem Land eine Entlastung gebracht hätte: Mietpreisstopp anstatt Mietpreisdeckel! (Beifall bei der SPÖ.)
10.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! 1,4 Millionen Menschen können sich laut Statistik Austria in diesem Land das Wohnen nicht leisten. (Abg. Michael Hammer: Depressive Grundstimmung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Lassen Sie es mich anhand von einem ganz konkreten Beispiel darlegen (Abg. Gerstl: Wiener Gemeindebau!): Mehr als 300 Frauen allein in Innsbruck – das ist eine vorsichtige Schätzung – können sich das Leben nicht leisten. Sie beenden Gewaltbeziehungen und ziehen mit ihren Kindern aus. Sie sind dann bei ihren Eltern in Zweizimmerwohnungen und schlafen auf dem Sofa, weil sie sich das Wohnen nicht mehr leisten können. Junge Menschen können zum
Studieren nicht mehr ausziehen, weil sie sich das Wohnen nicht mehr leisten können.
Ich sage Ihnen eines: Mit der höchsten Inflation ganz Westeuropas haben wir es im privaten Markt mit Mietpreissteigerungen von 20 bis 25 Prozent zu tun. (Abg. Tomaselli: Wie im Wiener Gemeindebau!) Das bedeutet für eine einfache Dreizimmerwohnung (Abg. Bogner-Strauß: In welchem Zeitraum? Mathematisch korrekt darstellen!) – das ist kein Luxus, meine sehr geehrten Damen und Herren – 1 700 Euro im Monat. Wer soll sich das leisten können? Wer soll sich das leisten können? (Beifall bei der SPÖ.)
Genau da hätten Sie etwas tun müssen – da hätten Sie auch unsere Unterstützung, etwas zu tun –, das tun Sie aber nicht. Sie greifen in den Bereich ein beziehungsweise zeigen Sie dort Muskel, wo es aufgrund der Gemeinnützigkeit eh unbefristete Mietverhältnisse gibt, nicht Mietpreise von 17 Euro wie am Privatmarkt, sondern von 2 Euro oder maximal 7 Euro, wenn das ein Neubau im gemeinnützigen Bereich ist. Da lassen Sie die Muskeln spielen und führen einen angeblichen Deckel ein, der sich nicht auswirken wird. Die Leute werden es nicht spüren. Eine Mogelpackung ist es und eine Augenauswischerei ist es.
Wir würden Ihnen mit einem Antrag helfen, diesbezüglich noch zu korrigieren, und zwar stelle ich folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert den eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Begrenzung
der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Wohnungsmarkt (Neubau) vorsieht.“
*****
Machen Sie das Wohnen in diesem Land wieder leistbar, dafür sind Sie gewählt! (Beifall bei der SPÖ.)
10.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abg. Mag. Selma Yildirim, Mag. Ruth Becher
Genossinnen und Genossen
betreffend Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt
eingebracht am 15. Dezember 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Ausschusses für Bauen und Wohnen über den Antrag 3558/A der Abg. August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden
(3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (2398 d. B.)
Der nun von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzesantrag zum 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz sieht eine Mietpreisbremse bzw. eine Deckelung der Indexierung bei 5% in den kommenden 3 Jahren vor. Davon umfasst sind die gesetzlich regulierten Richtwert- und Kategoriemieten sowie jene WGG-Entgeltsbestandteile, die einer Indexierung unterworfen sind.
Vergessen hat die Regierung die rund 450.000 Mietverhältnisse im sogenannten freien Wohnungsmarkt. Das sind jene Wohnungen, die allgemein als Neubau
bezeichnet werden und keinerlei Preisregulierung unterliegen, die also voll den Marktverhältnissen unterliegen und der Immobilienwirtschaft in den letzten Jahren horrende Gewinne verschafft haben. Hier werden die teuersten Mieten eingehoben und die meisten Mietverträge sind mit einer Wertsicherungsklausel ausgestattet. Diese Wertsicherungsklausel beträgt bei den meisten Wohnungsmietverträgen 5% - also wie bei den Kategoriemieten. Es gibt aber auch Mietverträge mit einer 3% oder 2%-Schwelle.
Wird diese Schwelle überschritten steigt die Miete. In den letzten Monaten lagen die Steigerungen in diesem Bereich bei 20 bis 25%. Diese Wohnungen wurden also innerhalb kurzer Zeit um ein Viertel teurer, obwohl sie bereits grundsätzlich zu den teuersten Mietwohnungen zählen.
Von September bis Dezember dieses Jahres wurde von Regierungsmitgliedern oder Abgeordneten der Regierungsfraktionen mehrmals angekündigt auch in diesem Bereich die betroffenen rund 900.000 Menschen zu entlasten und auch in diesem Mietsegment einen Mietpreisdeckel einzuführen. In den letzten Tagen wurde von den Regierungsfraktionen sogar unrichtigerweise behauptet, die SPÖ hätte durch ihre Ablehnung einer verfassungsrechtlichen Verankerung verhindert, dass die Mieten im nicht preisregulierten Wohnmarkt einer Mietpreisdeckelung unterworfen würden. Die SPÖ hätte aber gar nicht die Möglichkeit gehabt, so einen Vorschlag abzulehnen, da die Regierungsfraktionen niemals einen Entwurf für eine Deckelung oder sonstige Begrenzung der Mieten im unregulierten (sog freien) Sektor vorgelegt haben.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert den eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und dem Nationalrat eine
Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Begrenzung der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Wohnungsmarkt (Neubau) vorsieht.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte sehr.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich möchte wieder ein bissl Ruhe und Sachlichkeit in die Debatte reinbringen (Zwischenrufe bei der SPÖ), denn Wohnpolitik ist viel zu wichtig, um es irgendwie polemisch oder sonst unsachlich abzuarbeiten. (Abg. Strasser: Der ist gut!)
Wohnpolitik hat nämlich mehrere berechtigte Interessen zu berücksichtigen: Auf der einen Seite darf es einmal die Mieter – die Nutzer, die Bewohner – nicht arm machen und auf der anderen Seite brauchen wir Investitionsanreize für die Vermieter. Sie haben mit diesem Gesetz überhaupt nichts erreicht. (Beifall bei der FPÖ.)
In dieser Situation mit hoher Inflation, steigenden Zinsen lassen Sie Österreich im Regen stehen. Wir Freiheitliche hätten ein entsprechendes Konzept vorgelegt (Abg. Michael Hammer: Das habt ihr aber gut verheimlicht!), auf der einen Seite Entlastung für die Mieter, auch im freien Bereich, und dafür als Ausgleich steuerliche Anreize für Vermieter und zusätzlich noch mehr Geld für die Länder, um ihnen Fördermittel in die Hand zu geben.
Nichts davon setzen Sie um. Der Finanzausgleich, der gestern von Ihnen beschlossen wurde, ist nicht mehr als bestenfalls ein warmer Händedruck. Was ist die Konsequenz davon? – Es gibt eine Mietpreisbremse, die den Namen
nicht verdient; es wurde heute schon das Wort „Mogelpackung“ verwendet. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie hat keinen Verlustersatz, das heißt, es wird die Neubauleistung, es wird die Sanierungsrate weiter zurückgehen und wir werden das genauso auf dem Arbeitsmarkt spüren. Es gibt de facto auch eine Sozialwohnungsbremse, also im niedrigsten Bereich. Wir wissen ganz genau, dass der Bereich der sozialen Wohnungen, der genossenschaftliche Bereich das Auffangnetz im Sozialbereich ist. Sie lassen das knallhart im Regen stehen – nicht nur im Regen stehen, sondern Sie kürzen diese Gelder auch noch. Was sollen sich denn die Wohnbaugenossenschaften, die gemeinnützigen Gesellschaften denken? Anreiz schaut anders aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Weil ich von der ÖVP immer höre: Ja, die europäischen Beispiele! – Wie schaut denn das aus? Sind Frankreich, Spanien oder die Schweiz Ihre Beispiele? – Mitnichten. Dort hätten Sie genügend Beispiele, wie Sie es machen können.
Meine Damen und Herren, die ÖVP schafft es nicht, ihre Klientel – die Errichter, die Bauträger – zu schützen, und die Grünen fahren zwar ein kommunistisches System, schaffen es aber nicht, die Mieter zu schützen. Wir hätten die besseren Konzepte, aber die wollen Sie nicht hören. Sie ergehen sich in Populismus, und das ist schändlich. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Wir schützen alle! Da musst du selber lachen! Der Vokaki macht das schon!)
10.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Deimek von der FPÖ hatte ja angekündigt, eine ruhige Rede zu halten, frei von Populismus – am Ende haben
wir dann doch wieder Populistisches gehört. (Zwischenruf des Abg. Lausch. – Abg. Deimek: Fakten!)
Wir lesen es ja auch in den Anträgen, die von FPÖ-Seite, aber auch von SPÖ-Seite in den Bautenausschuss eingebracht werden. Man kann zweifelsohne feststellen, dass wir in vielen Bereichen ein weiteres Mal eine rot-blaue oder – wollen wir es vielleicht umgekehrt titulieren? – blau-rote Populismusachse hier im Parlament erkennen können. (Abg. Schrangl: Habt ihr schon Angst?) Wenn Sie fordern, wir sollen am besten keinerlei Wertsicherung mehr machen und rückwirkend vielleicht auch noch Mieten zurückbezahlen (Abg. Schrangl: Stimmt nicht!): Na, was heißt denn das? – Schauen Sie sich doch an, wie die Wohnqualität in anderen Staaten ist!
Schauen Sie einmal in die Vergangenheit, wie das in der Planwirtschaft in der ehemaligen DDR oder in Kuba funktioniert hat! Haben die eine super Wohnqualität? – Nein. Es gibt in Österreich eine sehr ordentliche Wohnqualität, weil wir immer darauf schauen, dass wir einen entsprechend fairen Ausgleich zwischen Mieter und Vermieter zustande bringen, und das tun wir auch jetzt mit diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. – Zwischenruf des Abg. Schrangl.)
Wissen Sie, den Österreicherinnen und Österreichern ist das auch wichtig, dass sie eine ordentliche Wohnqualität haben – übrigens auch im Gemeindebau. Die Stadt Wien weiß schon, warum sie da sehr vorsichtig war, nämlich weil sie auch vor der Herausforderung steht, zu investieren, um die Qualität zu sichern, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Das muss auch der private Bereich, deswegen ist es eben wichtig, dass wir hier eine ordentliche Politik für Mieter machen, und das tun wir auch mit dieser Vorlage, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. – Abg. Schrangl: Steuerabschreibungen für Investitionen, das wäre die ordentliche Politik! Dann habe ich einen Lenkungseffekt, sonst ist die Lenkung nur ...!)
Ein Letztes noch – ich möchte schon noch den Fokus auf etwas richten, das uns in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist –: Wir schaffen es jetzt nach einer Übergangsregelung, sozusagen in Vorsorge für etwaige Zeiten, in denen es wieder höhere Inflationsraten gibt – ich hoffe, wir werden das eine Zeit lang nicht mehr erleben müssen, aber falls es wieder eintritt –, dass wir es mit einem Automatismus, mit einer pragmatischen Lösung zustande bringen, einen Ausgleich zwischen Vermieter und Mieter zu schaffen, indem man sich gewisse Dinge dann auch teilt, wie es im Gesetz vorgesehen ist. Das ist eine sinnvolle Lösung, die zukunftsgerichtet ist, um für solche Zeiten gleich eine Planbarkeit für beide Seiten zu haben. (Abg. Matznetter: Nein! Betongoldschützer!) Das ist uns wichtig und deswegen ist es eine gute Vorlage. Vielleicht können Sie es sich kurzfristig doch noch überlegen und dem zustimmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
10.51
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte.
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Frau Ministerin! (Abg. Michael Hammer: Der Max wird die Geheimwaffe, die heimliche! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, für die ÖVP ist immer alles lustig, nur für die Leute da draußen schon lange nicht mehr. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Geschätzter Kollege Ottenschläger, wissen Sie, warum wir eine gute Wohnqualität in Österreich haben? – Weil die Sozialdemokratie mit ihren Städten und Gemeinden über Jahrzehnte den sozialen Wohnbau vorangetrieben hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir diskutieren heute ausschließlich über Gemeindewohnungen und gemeinnützigen Wohnbau, weil es die Sozialdemokratie in diesem Land gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Na geh! – Abg. Steinacker: Aber geh, bitte!)
Der Punkt ist, geschätzte Kollegin Tomaselli, wenn immer gerne über Wien geredet wird: Reden Sie doch einmal über Vorarlberg! Reden Sie doch einmal über die Preissegmente in Vorarlberg – hochpreisig bis zum Gehtnichtmehr –, bevor Sie auf andere Bundesländer blicken! Das ist nämlich die schwarz-grüne Verantwortung und Politik, die Sie betreiben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Du würdest viel zahlen, wenn du nach Vorarlberg dürftest!)
Wir hier sind Bundesgesetzgeber und wenn wir alle wollen, können wir heute einen Mietpreisstopp für alle Wohnungen, auch für den freien Markt, beschließen. (Beifall bei der SPÖ.) Eine Million Menschen habt ihr vergessen! Eine Million Menschen habt ihr mit diesem Gesetz vergessen!
Fakt ist, es ist – das gebe ich zu – ein Schritt nach vorne, aber in letzter Konsequenz sind es vier Schritte zurück, weil Kategorie-, Richtwert-, Genossenschaftsmieten alle systematisch schlechtergestellt werden. Ihr entzieht in Wahrheit jenen, die wir brauchen, um sozialen Wohnraum zu schaffen, das Geld. Ihr macht eine Schlechterstellung von jenen, die wir als Partnerinnen und Partner im Kampf gegen die Teuerung brauchen würden – und das ist Fakt, geschätzte Kollegin Tomaselli. Das willst du nicht hören und nicht sehen, aber das wird heute beschlossen. Die 2,5 Prozent, von denen du immer redest – das ist nett –, stehen nirgends drinnen.
Wir wissen eines, nämlich dass wir nichts mehr von dem, was ihr uns sagt, glauben, weil das in diesem Land meistens nie passiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen werden wir nicht zustimmen. Dies nicht aus populistischen Gründen (Abg. Wöginger: Nein, gar nicht!), sondern wir werden nicht zustimmen, weil die 5-Prozent-Schwelle zu hoch ist (Abg. Wöginger: Dividieren wäre nicht so schwer!), weil wir einen wirklichen Mietpreisstopp brauchen, weil wir einen Systemwechsel bei der Indexierungsautomatik brauchen, weil wir die Einführung einer Wohnbauinvestitionsbank dringend brauchen würden (Abg. Michael Hammer: Mehrwertsteuer ist auch weg!) und weil keine Reform des Mietrechts angedacht ist.
Wir sind bereit, darüber zu reden, wir sind bereit, darüber zu verhandeln. Wir sind auch bereit, da mitzustimmen, aber nicht bei einer Mogelpackung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Alles über einen Kamm, keinen Markt mehr zulassen, alles ...!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das scheint nicht der Fall zu sein.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend 3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz samt Titel und Eingang in 2398 der Beilagen.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“.
Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Minderheit.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 2399 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer das tut, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 2400 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist das gleiche Stimmverhalten wie bei Tagesordnungspunkt 3.
Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 2401 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer tut das? – Das ist – jetzt mit den Stimmen der FPÖ zusätzlich – mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 2402 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer das tut, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das
Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023) (2340 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen jetzt zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich darf mich bei der Frau Staatssekretärin herzlich bedanken und begrüße nochmals die Frau Justizminister.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stefan. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen gerade über die Änderung im Verbotsgesetz, und da stelle ich ganz klar voran: Wir Freiheitliche lehnen den Nationalsozialismus, nationalsozialistische Wiederbetätigung in jeglicher Form genauso wie Judenhass jedweder Prägung auf das Schärfste ab. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Auch in den Buden? Auch bei den Schlagenden? Auch bei den Identitären?)
Mit dieser Regierungsvorlage erreicht die Bundesregierung ihr erklärtes Ziel, nämlich die Bekämpfung des Judenhasses, jedoch nicht, weil sie damit an dessen Wurzeln komplett vorbeiarbeitet.
Ja, ich verwende bewusst den Begriff Judenhass und nicht Antisemitismus, weil meine jüdischen Freunde mich gebeten haben, diesen Begriff zu verwenden und eben nicht den anderen, der aber auch immer wieder von Regierungsseite verwendet wird. Meine jüdischen Freunde haben mich auch immer wieder darauf hingewiesen, dass sie sich nicht vor irgendwelchen dämlichen Neonazis fürchten, sondern vor radikalisierten muslimischen Jugendlichen, die in Österreich ihr Unwesen treiben. (Beifall bei der FPÖ.)
Offenbar wissen viele Menschen nicht, was sich in Österreich, was sich in Wien abspielt, wie viele Juden überfallen und belästigt werden und was sich auch an Universitäten abspielt, beispielsweise unter dem Deckmantel einer gewissen politischen linken Einstellung hier in Österreich.
In der Seitenstettengasse wurde die Israelfahne von offensichtlich Muslimen herabgerissen, und am 2. November 2020 war es auch ein muslimischer Attentäter, der im Judenviertel herumgeschossen und Menschen ermordet hat.
Anlass dieses Gesetzes waren unter anderem die Coronademonstrationen, weil man behauptet hat, dass da Antisemitismus Fuß gefasst hätte. In Wirklichkeit war das eine völlige Fehleinschätzung, denn das, was da zur Schau gestellt wurde, war in Wirklichkeit Regierungskritik und es war sicherlich keine Verharmlosung oder gar Verherrlichung des Nationalsozialismus. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Das ist Geschichtsklitterung!) Das war manchmal sicherlich eine ungeschickte und überzogene Art der Präsentation, das würde ich zugestehen (Abg. Schallmeiner: Das ist nicht ungeschickt, das ist einfach geschichtsvergessen!), aber Tatsache ist, dass das nicht deren Anliegen war.
Ich will da nur kurz auf etwas hinweisen: Es waren bei allen Coronademonstrationen in Wien Gruppen mit Israelfahnen dabei. Ich habe die einmal angesprochen und gefragt, was sie da machen. Da haben sie gesagt: Wir sind Doppelstaatsbürger, aber wir wollen auch darauf hinweisen, dass auch gerade in Israel die Coronamaßnahmen völlig überschießend sind! – Diese Gruppen wurden aber niemals angefeindet, sie hatten kein Problem, dort mitzugehen, sie haben sich dort auch nicht gefürchtet.
Wie wäre es aber, wenn eine solche Gruppe derzeit an einer österreichischen Universität auftreten würde oder an einer Fridays-for-Future-Demonstration mit der Israelfahne mitgehen würde? – Die hätten ein Problem, und das ist in Wirklichkeit der Zustand, von dem wir reden, und daher: Verdrehen Sie die Dinge nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt konkret zu diesem Gesetz, das wie gesagt meines Erachtens in Wirklichkeit an den Ursachen vorbeigeht: Ein Punkt, den wir da kritisieren, ist, dass es bei jeder Verurteilung nach dem Verbotsgesetz zu einem automatischen Amtsverlust kommt. Dazu muss man sagen, es gibt bisher eine Regelung, dass man bei einer Verurteilung über ein bestimmtes Ausmaß hinaus – bei jeder Art von Verurteilung – sein Amt verliert. Nach dem, was hier vorliegt, könnte man weiterhin wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, Reisen für terroristische Zwecke, Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten, wie etwa jene der Hamas, oder der Preisgabe von Staatsgeheimnissen verurteilt werden. Das sind alles Verurteilungen, die, wenn sie unter einer bestimmten Höhe bleiben, ermöglichen würden, dass man heutzutage Beamter bleibt. Bei einer Verurteilung – und wenn es nur zu einer Woche ist – nach dem Verbotsgesetz verliert man das Amt. (Abg. Kassegger: Überschießend!)
Das ist eine Ungleichbehandlung, die auch verfassungsrechtlich bedenklich ist und auch als solche angesprochen wurde. Wir machen allerdings heute ein Verfassungsgesetz, damit der Verfassungsgerichtshof das nicht aufheben kann – das ist einfach rechtsstaatlich nicht sinnvoll. Jetzt wird eingewendet werden: Wir wollen halt keine Nazis als Beamte!, aber das wollen wir auch nicht, und ich will auch niemanden als Beamten oder vielleicht als Lehrer haben, der die Hamas gutheißt oder der sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige oder Kinder macht und denen lebenslang Schaden zufügt. Auch das will ich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Dann wird vielleicht auch eingewendet werden, dass es jetzt ja auch die Diversion im Verbotsgesetz gibt. – Ja, das stimmt, aber es kann auch viele Gründe geben, dass eine Diversion nicht zustande kommt, die nicht im Bereich des Täters liegen – und dann verliert er wieder automatisch sein Amt. Das ist einfach nicht richtig, rechtsstaatlich problematisch, und man sollte sich auch überlegen, ob wir da nicht eine bestimmte Gruppe von Menschen, die ohne Zweifel fehlgeleitet sind und die etwas vertreten, was wir total ablehnen, nicht
zu wichtig machen, denen nicht das Gefühl geben, sie sind ein großes Problem für die Gesellschaft, und die sich dann wichtiger vorkommen und wir sie in Wahrheit unnötig aufwerten. (Beifall bei der FPÖ.)
Der zweite Punkt, den wir kritisieren, ist, dass in dieser Gesetzesnovelle die Möglichkeit eingeführt wird, Dinge zu entziehen, einzuziehen, die als NS-Devotionalien bezeichnet werden – ein nicht sehr passender Ausdruck, denn der kommt eigentlich aus der Religion und hat etwas mit Verherrlichung zu tun –, ohne dass es im Zusammenhang mit der konkreten, mit Strafe bedrohten Handlung steht. Das ist etwas völlig Unpassendes, denn im Strafrecht gibt es keine Beweislastumkehr. Das ist etwas, was den Grundsätzen des Strafrechts und damit der Rechtsstaatlichkeit völlig zuwiderläuft. Da wird das gemacht. Das bedeutet, dass sich derjenige, bei dem etwas vorgefunden wird, was da eben als solches bezeichnet wird, dann quasi freibeweisen muss und beweisen muss, dass er das niemals für eine Straftat – vielleicht irgendwann einmal – verwenden werde. (Abg. Deimek: Das ist wie in der DDR!)
Das bedeutet, dass zum Beispiel ein Familienfoto, ein Hochzeitsfoto, auf dem die Großeltern aus der Zeit des Nationalsozialismus gezeigt werden und der Großvater vielleicht eine Soldatenuniform anhat, möglicherweise eingezogen werden kann. Das ist einfach überschießend. Es geht natürlich auch in den Bereich jener Menschen, die Sammler sind oder wissenschaftlich arbeiten: Die müssen sich dann alle freibeweisen. Auch das wurde in den Stellungnahmen aus der Justiz massiv kritisiert, weil es rechtsstaatlich und grundrechtlich bedenklich ist, weil es eben dieses Grundrecht auf Eigentum gibt. (Abg. Deimek: Die Staatsanwälte sind so was von grantig über die Ideologie ...! Es wird zwei Jahre dauern, bis ...!) Deshalb muss jeder Entzug wirklich eindeutig geregelt sein, und das ist hier sehr schwammig gemacht. Es ist auch die da vorhandene Beweislastumkehr wahrscheinlich nur deshalb nicht vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben, weil wir hier ein Verfassungsgesetz beschließen werden. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Zusammenfassend: Es liegt ein rechtsstaatlich bedenklicher Gesetzentwurf vor, der die wahren Gefahren der Gegenwart ignoriert, somit keinen Beitrag zur Bekämpfung des Judenhasses leistet und daher von uns Freiheitlichen abgelehnt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
11.05
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerinnen! Mir ist es heute eine besondere Freude, dass wir das Verbotsgesetz novellieren, und ich werde Ihnen auch sagen, warum das so ist: Ich darf Ihnen kurz aus „Neues Österreich“, das ja bereits 1945 relativ bald erschienen ist, vom 28. Juni 1945 zitieren, wie der damalige Staatssekretär für Justiz Dr. Josef Gerö, mein Großvater, zu diesem Gesetz Stellung genommen hat.
„Neues Österreich“ fragt: „Da ist vor allem die Frage: Warum Kriegsverbrechergesetz?“ – so hat es damals geheißen, gemeint ist das Verbotsgesetz – „Warum nicht unser altes Strafgesetzbuch, das ja gleichfalls die angemessene Sühne für alle Naziverbrechen vorsieht, angefangen von Mord und Totschlag bis herunter zum Diebstahl und Betrug. Diese und verschiedene andere Fragen haben wir dem Schöpfer des Gesetzes, dem Staatssekretär für Justiz, Dr. Josef Gerö, vorgelegt. Er antwortet:
‚Das österreichische Strafgesetz rechnet mit Menschen, aber nicht mit Nationalsozialisten. Es bestraft den ‚bösen Vorsatz‘, der Menschen zu Verbrechen treibt. Die nazistischen Untaten jedoch verraten eine solche Bestialität, daß man ihnen mit den bisher geltenden Strafparagraphen nicht gerecht werden kann. Durch diese Bestialität ist das neue Gesetz erzwungen worden.‘
Wir bitten den Staatssekretär um Beispiele solcher Missetaten, die im alten Strafgesetz nicht die angemessene Sühne finden. Dr. Gerö erwidert:
‚Es sind Fälle vorgekommen, daß auf Befehl deutscher Kommandeure ganze Dörfer niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht wurden, bloß deshalb, weil ein einziger Partisan sich innerhalb der Dorfgemeinde verborgen hielt. Hier wäre nach dem alten Gesetz bloß das Delikt der Brandstiftung und der boshaften Sachbeschädigung gegeben. Nicht selten hat sich auch der Fall ereignet, daß Menschen gezwungen wurden, ihren eigenen Kot zu essen. Wenn aus einer solchen Unmenschlichkeit keine weitere Schädigung entstanden ist, würden ja bloß die Schutzbestimmungen für die körperliche Sicherheit gelten, es wäre eine einfache Übertretung mit geringfügigem Strafsatz. Klar, daß die bisherige Gesetzgebung dem Wesen solcher Straftaten nicht gerecht wird; an derartige Bestialitäten hat der Gesetzgeber nicht gedacht.‘“
Der Gesetzgeber hat jetzt, mit der Novelle des Verbotsgesetzes der Situation Rechnung getragen, dass in den letzten Jahren rechtsextreme Gewalt, aber auch die Zahl rechtsextremer Situationen, seien sie antisemitisch, aber auch durch andere Gruppen hervorgerufen, die sich nationalsozialistischem Vokabular bedienen, zugenommen haben. Wir wissen, dass das natürlich auch in der FPÖ der Fall ist, wenn hier immer wieder vom Volkskanzler die Rede ist. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Es muss einmal gesagt werden, das ist Nazijargon, das ist absoluter Nazijargon, und den gilt es wahrlich mit diesem Verbotsgesetz zu verhindern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr Kollege Stefan, es gibt kein Grundrecht auf ein Foto, auf dem ein SSler drauf ist. Es ist einfach vollkommen lächerlich (Abg. Hafenecker: Ich habe noch nichts Dümmeres gehört als das, was Sie gerade gesagt haben! – Zwischenruf des Abg. Deimek), das mit Grundrechten zu verbinden, das ist eine Verkehrung der Situation. (Abg. Stefan: Natürlich gibt es da ein Grundrecht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Kurz zusammengefasst: Es geht um die Ausweitung einer inländischen Gerichtsbarkeit, es geht genau um diese NS-Materialien, egal ob jetzt Devotionalien oder Materialien, die auf den Flohmärkten verkauft werden. Es geht nicht darum, dass so ein Foto im Familienbesitz ist – soll so es sein –, sondern es geht um die Verbreitung und es geht darum, dass solche Dinge nicht in den Handel kommen. Es soll kein Geschäft mit Nazigeschichten gemacht werden. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
Wenn wir vom Verbotsgesetz reden, müssen wir auch immer vom Symbole-Gesetz und vom Abzeichengesetz reden, die damit einhergehen, weil darin ganz klar geregelt ist, dass es genau um diese Symbole geht. (Abg. Hafenecker: ... Foto seines Vaters ...!) Es wird strengere Strafen geben, und selbstverständlich muss es einen Amtsverlust geben. Die Republik Österreich kann nicht dulden, dass in ihren Reihen Menschen sind, die wegen dem Verbotsgesetz bestraft wurden, das ist unmöglich, undenkbar und das widerspricht auch keinem Grundrecht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Steinacker.)
Ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Wir haben den Krieg verloren! (Abg. Kassegger: Was heißt wir? – Abg. Deimek: Das war dumm und ungebildet und ignorant in Ihrer Dummheit ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – In diesem Sinne: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.09
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte sehr.
Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Verbotsgesetz, das 1992 das letzte Mal novelliert wurde, hat tatsächlich schon große Lücken aufgewiesen, deswegen ist auch der Reformbedarf mittlerweile schon so groß gewesen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist im Wesentlichen zum einen ein Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die im Justizministerium angesiedelt wurde, wo sich Expert:innen und unterschiedliche Akteur:innen ganz intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Es haben zum anderen aber auch die vielen Stellungnahmen, die in der Begutachtungsphase eingebracht wurden, noch einmal zu wesentlichen Verbesserungen gegenüber dem Ministerialentwurf beigetragen. Fälle, wie eben jenen eines Bundesheeroffiziers in SS-Uniform, der nach dem Verbotsgesetz verurteilt und nicht entlassen wurde, wird es künftig nicht mehr geben. Wer nach dem Verbotsgesetz verurteilt ist, hat im öffentlichen Dienst keinen Platz; deswegen ist es gut, dass es nun zu einem sofortigen Amtsentzug kommt. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Auch vorgesehen ist, dass Holocaustleugnung künftig schon strafbar ist, wenn sie in einer Öffentlichkeit von mindestens zehn Personen stattfindet. Aktuell gilt eine Öffentlichkeit von 30 Personen. Ich sage auch dazu: Ja, wir hätten da eigentlich auch die Version bevorzugt, die im ersten aus dem Ministerium geleakten Entwurf vorgesehen war, in dem die Öffentlichkeitsgrenze noch weiter herabgesetzt wurde, denn für uns ist ganz klar: Holocaustleugnung hat auch am Stammtisch keinen Platz und darf nicht geduldet werden. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Eine weitere wesentliche Verbesserung ist, dass Verbotsgesetzdelikte jetzt auch strafbar sind, wenn sie im Ausland von einem Täter/einer Täterin, der/die Österreicher:in ist, durchgeführt werden und wenn das vor einer breiten Öffentlichkeit passiert. Also zum Beispiel Fälle wie jener eines österreichischen Rechtsextremisten, der bei einer Konferenz in Teheran ganz offensichtlich den Holocaust geleugnet hat, sind künftig strafbar, und das ist auch gut so. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was wir von Anfang an sehr kritisch gesehen haben, war die Ausweitung der Diversion auf Erwachsene; das haben wir auch immer wieder gesagt. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass jetzt noch im Ausschuss festgehalten
wurde, dass es erstens Diversionsprogramme gibt, die vertraglich abgesichert, die finanziell abgesichert sind und die mehr sind als nur ein Gedenkstättenbesuch in Mauthausen. Das kann ein Teil sein, aber es braucht eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Diversion für Erwachsene darf nicht dazu führen, dass das Verbotsgesetz bagatellisiert wird. Es muss ganz klar feststehen: Wenn bei einer Person eine verfestigte Ideologie festgestellt werden kann, darf es zu keiner diversionellen Entscheidung kommen! Darauf müssen wir ganz genau schauen, deswegen ist es auch wichtig, dass es jetzt jährlich Berichte dazu geben wird.
Was für uns auch noch wichtig ist: dass die Verwaltungsstrafgesetze nach der Begutachtungsfrist jetzt auch angeglichen werden. Das heißt, das Abzeichengesetz, das Symbole-Gesetz und das EGVG weisen jetzt auch einen gleichen, entsprechend höheren Rahmen auf, und – ganz, ganz wichtig! – bei Wiederholungstaten wird dieser Strafrahmen sogar noch hinaufgesetzt. Das ist auch eine wichtige Maßnahme, die mit dieser Gesetzesvorlage nun umgesetzt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Im Gesamten ist mit dieser Verbotsgesetz-Novelle ein wichtiger Schritt gelungen. Ich möchte mich sehr herzlich bei Ihnen, Frau Ministerin, für den konstruktiven Austausch, den wir zu dieser Gesetzesvorlage geführt haben, bedanken. Ich möchte mich aber auch – auch wenn es lange gedauert hat, bis Sie uns als Oppositionspartei an einen Tisch geholt haben – bei den Kolleginnen – da brauche ich nicht zu gendern – Steinacker, Blimlinger und Prammer für den echt guten Austausch, die Zusammenarbeit und für die jetzt vorliegende Gesetzesvorlage bedanken. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)
11.14
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.
11.14
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren, die Sie uns heute zuschauen! Never again! Never again Holocaust! Never again Antisemitismus! Never again Terrorangriff der Hamas auf Israel! (Abg. Hafenecker: Amtssprache Deutsch! – Abg. Lukas Hammer: Falscher Zeitpunkt!) Kämpfen wir gemeinsam gegen Antisemitismus und gegen Radikalisierung – das ist leider auch in Österreich dringend nötig.
Wir beschließen heute eine ganz, ganz wichtige Novelle zum Verbotsgesetz – etwas, worauf wir uns schon im Regierungsprogramm verständigt haben –, und diese Regelungen, die wir jetzt treffen, sind auch Teil der Antisemitismusstrategie, und das im Sinne einer Null-, Zerotoleranzpolitik gegen Antisemitismus und Radikalismus.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, Symbole sind sehr, sehr starke Zeichen, Symbole sind verkürzte Botschaften, und deswegen müssen wir, wenn wir gegen Antisemitismus sind, wenn wir gegen Radikalisierung sind, zukünftig darauf schauen, dass dann, wenn Symbole nicht nur gegen Antisemitismus, sondern auch der Gruppierungen Hamas, Islamischer Staat, Graue Wölfe, PKK, Hisbollah oder Identitäre zur Schau gestellt werden, auch entsprechende Strafen möglich sind. Wir erhöhen diese Strafen, und das ist notwendig, denn das sind alles keine Bagatelldelikte im Verwaltungsstrafrecht. Das sollen kräftige Strafen sein.
Im Verbotsgesetz streichen wir das Tatbestandsmerkmal „gröblich“. Das war eine intensive Diskussion zu dem Thema. Wir sind der Meinung, es ist notwendig, denn damit entfällt die rechtlich schwer fassbare Anforderung an die Intensität des Verharmlosens und damit können die Gerichte auch klarer urteilen.
Zu dem Thema – angesprochen von Kollegen Stefan – betreffend Verlust des Amtes für Beamte und Vertragsbedienstete: Herr Kollege Stefan, das sind
Diener des Staates, und als Diener des Staates (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!) haben Beamte und Vertragsbedienstete (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!) kein Recht (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!), sie sollen nicht und können nicht - - (Abg. Stefan: Darf ich sexuelle Übergriffe machen! Darf ich die Hamas unterstützen! – Nein!) – Sie dürfen nicht (Abg. Stefan: Eben! Als Beamter schon!), es ist gesetzlich verboten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stefan: Als Beamter darf ich das dann! Als Beamter darf ich das, als Beamter darf ich das weiterhin! – Abg. Lukas Hammer: Das ist eine Verharmlosung des Nationalsozialismus! – Abg. Stefan: Nein! Nein, ganz sicher nicht!) – Um Gottes willen, tun Sie es nicht, Herr Kollege! Ich werde Ihnen da sicher keinen Freibrief dazu geben. Es gibt aber ganz sicher auch keinen Freibrief, um Antisemitismus weiter zu pflegen. Nein! Der Amtsverlust ist ein notwendiges Mittel, denn wir wollen keine Staatsdiener haben, die da eine Toleranz haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist auch wichtig, dass wir eine Neuerung in zwei Tatbeständen schaffen. Wir teilen sowohl bei der Wiederbetätigung als auch bei der Leugnung das Delikt in ein Grunddelikt und eine schärfere Qualifikation auf, eben um eine Diversion zu ermöglichen – eine Diversion zum Beispiel für Ersttäter oder auch dann, wenn die Situation vielleicht nicht ganz klare Regelungen oder Aussagen zulässt. Wir wollen diese Diversion ermöglichen, und das ist keine Bagatellisierung, denn ein Ersttäter soll zukünftig, wenn er eine Diversion bekommt, ein umfassendes Verständnis für die Schwere der Tat erlangen, ein klares Unrechtsbewusstsein entwickeln, er soll an weiteren Handlungen in Richtung Radikalisierung und Antisemitismus gehindert werden, und es soll eine Resozialisierung in die Gesellschaft ermöglicht werden.
Ich bringe zusätzlich jetzt noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Steinacker, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen zum Verbotsgesetz ein. Im Wesentlichen betrifft dieser Abänderungsantrag die Einführung eines neuen Straftatbestandes, es wird eine Strafrechtslücke geschlossen.
Sie wissen, wenn Sie sich in dieser Gesetzeslage ein bisschen auskennen, dass das Herabwürdigen einer Fahne bisher nur strafbar war, wenn sie an einem amtlichen Gebäude in Österreich angebracht war. – Wir kennen die Entwicklungen in der letzten Zeit. Ein Herabwürdigen – Kollege Stefan hat das auch angesprochen – durch Herunterreißen der israelischen Fahne vom Stadttempel wäre nicht strafbar gewesen. Im Lichte dessen werden wir das Herabwürdigen einer Fahne oder eines Hoheitszeichens dann strafbar machen, wenn es auf gehässige Weise passiert, gehässig zum Beispiel durch Verbrennen, Zerreißen, Herunterreißen. Wir haben auch klargestellt, dass künstlerische Aktionen nicht umfasst sind.
Meine Damen und Herren, vor allem liebe Kolleginnen! Bedanken möchte ich mich insbesondere bei Kollegin Schatz, die mit ihrem profunden Wissen und mit einer echten Empathie dieses Gesetz mit uns diskutiert hat, und bei meinen Kolleginnen von den Grünen sowieso. Ich glaube, wir haben eine tragbare, gute Lösung gefunden. Danke auch dafür, dass wir das in Verfassungsrang heben können. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
11.19
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes-Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Justizausschusses 2340 d.B. über die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023)
Antrag
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023) wird wie folgt geändert:
1. In Art. 1 lautet die Z 9:
„9. Vor § 29 wird folgender § 28 samt Überschrift eingefügt:
„Inkrafttretensbestimmungen zu Novellen ab der Verbotsgesetz-Novelle 2023
§ 28. Der Titel, die Überschriften von § 3c, § 3i und § 3j sowie § 3a, § 3b, § 3e, § 3f, § 3g, § 3h, § 3k, § 3l, § 3m, § 3n und § 3o samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft.““
2. Art. 2 lautet:
Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008
Das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008, in der Fassung des Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes – 2. BRBG, BGBl. I Nr. 61/2018, wird wie folgt geändert:
1. In Art. III Abs. 1 wird nach der Z 3 folgende Z 3a eingefügt:
„3a. auf eine Art, dass die Tat einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird, in gehässiger Weise eine Fahne oder ein Hoheitszeichen der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer, eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung tätlich herabwürdigt, oder“
2. Art. III Abs. 1 Z 4 lautet:
„4. sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3g des Verbotsgesetzes 1947, BGBl. Nr. 13/1947, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023, bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, auf eine Weise verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht, die etwa geeignet ist, die Verantwortung der Nationalsozialisten und ihrer Verbündeten zu relativieren oder auf andere zu übertragen, das Ausmaß des nationalsozialistischen Völkermords oder anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit erheblich zu schmälern oder den Holocaust positiv darzustellen, oder sonst nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet,“
3. Der Schlussteil des Art. III Abs. 1 lautet:
„begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, in den Fällen der Z 2, 3a und 4 für das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, in den Fällen der Z 1 und 2 mit einer Geldstrafe von bis zu 218 Euro, in den Fällen der Z 3 und 3a mit einer Geldstrafe von bis zu 1 090 Euro und im Fall der Z 4 mit einer Geldstrafe von bis zu 10 000 Euro zu bestrafen. Wer bereits einmal rechtskräftig nach Z 4 bestraft wurde, ist mit einer Geldstrafe von bis zu 20 000 Euro oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Im Fall der Z 4 ist der Versuch strafbar und können Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, für verfallen erklärt werden.“
4. Dem Art. III wird folgender Abs. 6 angefügt:
„(6) Die Behörden haben rechtskräftige Straferkenntnisse nach Abs. 1 Z 4 den Sicherheitsbehörden für Zwecke der Sicherheitspolizei zu übermitteln, soweit diese deren Inhalt zur Erfüllung ihrer gesetzmäßigen Aufgaben benötigen.“
5. Dem Art. V wird folgender Abs. 9 angefügt:
„(9) Art. III Abs. 1 und 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“
Begründung
Zu Z 1:
Es handelt sich um die Behebung eines Redaktionsversehens.
Zu Z 2:
Durch den neuen Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3a EGVG sollen gewisse Strafbarkeitslücken geschlossen werden:
– Die Herabwürdigung der Fahne der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer ist gemäß § 248 Abs. 2 des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974, nur dann (gerichtlich) strafbar, wenn diese aus einem öffentlichen Anlass oder bei einer allgemein zugänglichen Veranstaltung gezeigt wird, die Herabwürdigung eines Hoheitszeichens nur dann, wenn es von einer österreichischen Behörde angebracht worden ist.
– Die Herabwürdigung einer Fahne oder eines Hoheitszeichens eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung ist gemäß § 317 StGB nur dann (gerichtlich) strafbar, wenn sie (bzw. es) von einer inländischen Behörde oder von einer Vertretung des fremden Staates oder der zwischenstaatlichen Einrichtung nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen angebracht worden ist.
Strafbar soll nach diesem Auffangtatbestand – ebenso wie nach den §§ 248 Abs. 2 und 317 StGB – (nur) sein, wer eine Fahne oder ein Hoheitszeichen in gehässiger Weise tätlich herabwürdigt. Eine gehässige Weise liegt vor, „wenn die Tat aus Hass geschieht oder wenn sie so begangen wird, als würde sie von Hass diktiert. Bloße geschmacklose Verunglimpfung genügt daher nicht.“ (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 248 Rz. 2 [Stand 10.3.2022, rdb.at]). Dies soll eine
Einschränkung der Strafbarkeit bewirken (vgl. mutatis mutandis Tipold in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 317 Rz. 4 [Stand 20.1.2021, rdb.at]). Kunst und Gehässigkeit schließen einander jedenfalls aus (vgl. Tipold, aaO, Rz. 8). Die wie immer geartete Herabwürdigung einer Hymne ist nicht tatbildlich. Unmutsäußerungen wie etwa das bloße Zeigen einer durchgestrichenen Fahne als Zeichen der Meinungsbekundung ohne zusätzliche Tathandlungen werden nicht tatbildlich sein, sehr wohl aber zum Beispiel die Verächtlichmachung durch das Verbrennen, das Zerreißen oder das Herunterreißen.
§ 22 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991, wonach eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, soll unberührt bleiben.
Die den Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG betreffenden Regelungen sollen aus der Regierungsvorlage inhaltlich unverändert übernommen werden.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert, verteilt und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerinnen! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es wäre eigentlich sehr schön, bräuchte unsere Gesellschaft ein Verbotsgesetz nicht.
Leider sehen wir seit dem 7. Oktober 2023, seit der Antisemitismus weltweit aus seinen Löchern hervorkriecht, mehr denn je, dass es wichtig ist, dass wir auch legistisch klare Staudämme gegen diesen extrem bedrohlichen Virus für unsere Gesellschaft aufziehen. Ich sage: Eine Gesellschaft, die vom Antisemitismus
befallen ist, ist todgeweiht. Wir müssen daher alle Anstrengungen unternehmen, um diesem Phänomen beizukommen. Dabei ist es völlig wurscht, es spielt keine Rolle, ob das ein Antisemitismus ist, der durch Islamisten importiert ist, ob das der autochthone Antisemitismus ist, der immer noch viel zu weit verbreitet ist, oder ob das die Rechtsextremen von Ewiggestrig sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte hier ausdrücklich Frau Bundesministerin Edtstadler dafür danken, dass sie sich dieses Themas in einer sehr engagierten Form annimmt. (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Ich danke dafür, dass auch im Regierungsprogramm die Evaluierung und die Novelle des Verbotsgesetzes, die wir heute hier beschließen, bereits im Zusammenhang als eine Maßnahme, um des Antisemitismus Herr zu werden, um den Antisemitismus endgültig auszumerzen, enthalten ist. Dazu muss man auch das Verbotsgesetz anschauen.
Wir halten die Maßnahmen und die geplanten Änderungen für richtig, für notwendig. Die einzelnen Punkte wurden bereits thematisiert und es wurde erklärt, worum es geht. Letztlich geht es darum, dass die Holocaustleugnung, die vom Verbotsgesetz namentlich umfasst wird, natürlich der Dreh- und Angelpunkt jeder antisemitischen Tätigkeit ist. Daher ist es wichtig, diese streng unter Strafe zu stellen und daher ist es auch wichtig, dass wir im öffentlichen Dienst niemanden beschäftigen, der diesbezüglich nicht wirklich über jeden Verdacht erhaben ist.
Wir stimmen daher dieser Novelle des Verbotsgesetzes natürlich zu. Wir verbinden das mit der Hoffnung, dass es uns – im Verein mit vielen anderen Maßnahmen, mit der Strategie gegen Antisemitismus, den wir ja aus dem Antisemitismusbericht der alljährlich erscheint, ablesen können – doch gelingen wird, dass dereinst einmal unsere Gesellschaft so weit sein wird, dass wir vielleicht kein Verbotsgesetz mehr brauchen.
Derzeit ist es aber noch nicht so weit. Derzeit müssen wir wachsam sein und müssen mit aller Konsequenz dem Antisemitismus entgegentreten. Das
Verbotsgesetz ist ein Mittel dazu. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
11.22
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das Verbotsgesetz gehört seit mehr als 75 Jahren zum österreichischen Rechtsbestand. Die letzte inhaltlich bedeutsame Novelle – und das hat Frau Abgeordnete Schatz schon erwähnt – fand vor mehr als 30 Jahren statt. Das bedeutet, dass es höchste Zeit ist, dass wir das Verbotsgesetz novellieren.
Die aktuelle Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Verbotsgesetz zu reformieren und es wurde in einer Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, mit Praktikerinnen und Praktikern und Wissenschaftler:innen analysiert und evaluiert. Auf den Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe aufbauend wurde ein Ministerialentwurf vorbereitet. Ich muss sagen: Als wir angefangen haben, uns damit zu beschäftigen, haben wir nicht damit gerechnet, dass das Thema Antisemitismus wieder so eine traurige und besorgniserregende Aktualität bekommen wird.
Seit dem 7. Oktober 2023, den terroristischen Gräueltaten der Hamas gegenüber der israelischen Zivilbevölkerung, verzeichnen wir in Österreich, so wie in Europa, einen erschreckenden Anstieg an antisemitischen Übergriffen und verharmlosenden Aussagen über die nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Wer heute in soziale Netzwerke schaut, muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Tatorte von Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, aber auch die Gutheißung von Terrorismus oder Verhetzung, in den digitalen Raum verlagert und dort
vervielfacht haben. Antisemitische, rechtsextreme, rassistische Straftaten werden immer häufiger im Internet begangen. Fakenews, Desinformationen werden online gezielt eingesetzt, um auch unsere Demokratie zu schwächen. Genau dem müssen wir entschlossen entgegentreten. Das ist unsere historische Pflicht! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jachs.)
Abgeordnete Blimlinger hat ja auch – auf ihren Großvater referenzierend – gesagt: Das Verbotsgesetz entstand damals unter dem Eindruck der begangenen Gräueltaten des Nationalsozialismus. Niemals dürfen wir diese Schrecken des Nationalsozialismus vergessen. Nie wieder dürfen wir zulassen, dass bei Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus weggeschaut wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Jachs und Greiner.)
Genau aus diesem Grund ist es wichtig, das Verbotsgesetz auf die Höhe der Zeit zu bringen. Deswegen haben wir auch die inländische Gerichtsbarkeit ausgeweitet, nämlich auf Verhaltensweisen, die im Ausland gesetzt werden. Das gilt sowohl für Organisationsdelikte als auch für Äußerungsdelikte nach dem Verbotsgesetz. Ein österreichischer Holocaustleugner ist in Zukunft strafbar, wenn er die Tat im Ausland begeht und sie geeignet ist, den öffentlichen Frieden in Österreich zu verletzen, zum Beispiel also wenn der Täter die Leugnung im Internet in Österreich abrufbar macht.
Des Weiteren haben wir eine Qualifikation geschaffen. In allen Delikten des Verbotsgesetzes gibt es jetzt ein Grunddelikt und bei besonderer Gefährlichkeit gibt es eine Qualifikation, nach der eine wesentlich höhere Strafe droht. Das ermöglicht bei den Äußerungsdelikten, die minder schwer wiegen, und bei entsprechender Einsicht des Täters, dass in Zukunft bei Erwachsenen eine Diversion möglich ist. Ich möchte hier an dieser Stelle noch einmal auch öffentlich festhalten, dass eine Diversion – das haben wir auch in den Erläuterungen festgehalten – selbstverständlich nicht möglich ist, wenn beim Betroffenen eine verfestigte Ideologie gegeben ist. Eine Diversion ist nur möglich, wenn es ein minder schwerer Fall ist und wenn es eine entsprechende Einsicht des Täters gibt.
Ja, ich kann Ihnen versprechen – und das haben wir auch in den Erläuterungen festgehalten –: Wir werden spezielle Präventionsprogramme entwickeln. Es reicht nicht aus, einfach nach Mauthausen und wieder zurück zu fahren. Das ist schlicht und ergreifend nicht ausreichend. Es braucht spezielle Präventionsprogramme und es wird eine entsprechende Finanzierung dafür geben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Wir haben bei der Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes das bisherige Tatbestandsmerkmal „gröblich“ gestrichen. Das „gröblich“ haben wir deswegen gestrichen, weil es in der Vergangenheit ganz schwierige Abgrenzungsfragen gegeben hat, weil wir sicherstellen wollen, dass eine Teilleugnung unter den Straftatbestand fällt, weil wir sicherstellen wollen, dass man sich nicht so herauswinden kann, und weil es uns wichtig ist, dass jede Art von Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes erfasst ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Wir haben hier auch die Publizitätsschwelle von 30 auf zehn Personen gesenkt. Das heißt, früher musste man vor 30 Personen den nationalsozialistischen Völkermord leugnen, jetzt ist eine geringere Anzahl dafür ausreichend.
Nachdem es heute mehrfach in Frage gestellt wurde: Ja, eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz führt bei einem Beamten, aber auch bei einem Vertragsbediensteten, zum Verlust des Amtes oder zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses, denn wir können es in einem Staat nicht dulden, dass Beamte oder Vertragsbedienstete hier arbeiten, die nach dem Verbotsgesetz verurteilt wurden. Das geht schlicht und ergreifend nicht. (Beifall bei den Grünen.)
Überall dort, meine Damen und Herren, wo das Verbotsgesetz nicht greift, haben wir Verwaltungsstrafen drastisch erhöht. Eine Strafdrohung bei einmaliger Begehung von 10 000 Euro und im Wiederholungsfall von 20 000 Euro ist schon eine deutliche Anhebung im Vergleich zum Status quo.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch bei allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe bedanken, die sich wirklich sehr eingebracht haben. Insbesondere gilt mein Dank Abteilungsleiter Fritz Zeder mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in die Arbeitsgruppe eingebracht haben, und allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe, weil es wirklich gelungen ist, eine sehr gute Lösung für die Reform des Verbotsgesetzes zu erarbeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ein besonderer Dank geht auch an meine Regierungskollegin Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Danke dir, dass du dich immer konstruktiv in diese Gespräche eingebracht hast und dass es uns, basierend auf dem Entwurf der Arbeitsgruppe, gelungen ist, so schnell ein rasches Reformpaket auf den Weg zu bringen. Danke dir herzlich für deinen Einsatz in diesem Bereich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Schließlich möchte ich auch den Abgeordneten danken, der Ausschussvorsitzenden Michaela Steinacker, den Abgeordneten Prammer und Blimlinger sowie der Abgeordneten Schatz für die konstruktive Zusammenarbeit und für die Möglichkeit, das tatsächlich als Verfassungsmaterie zu beschließen. Danke der Sozialdemokratie, dass es möglich ist, in den konstruktiven Gesprächen eine Zweidrittelmehrheit für dieses wichtige Vorhaben zu bekommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
11.30
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Johanna Jachs. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzte Novelle des Verbotsgesetzes ist circa so alt wie ich. Auch wenn man es dem Gesetzestext auf den ersten Blick vielleicht
nicht ansieht, hat es doch auch schon einige Jahre auf dem Buckel. Wir können es alle miteinander nicht abstreiten, dass sich unsere Welt in den letzten knapp 30 Jahren einfach ordentlich verändert hat.
Wir haben aber eine besondere historische Verantwortung, und diese Verantwortung nimmt gerade im Jahr 2023 nicht ab, mit all den schrecklichen Vorfällen in Israel, mit dem steigenden Antisemitismus in Europa, aber eben auch bei uns in Österreich. Deshalb hat sich die Regierung zum Ziel gesetzt, entschieden gegen Antisemitismus vorzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es gibt den Nationalen Aktionsplan mit vielen Schritten, und die Novelle des Verbotsgesetzes ist jetzt ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Ziel ist es, das Gesetz einfach effizienter zu gestalten. Wir wollen Extremismus jeglicher Art – das ist mir wirklich ganz wichtig zu betonen: jeglicher Art! – die Identifikationssymbole als Standbein nehmen, damit sich Extremismus in unserer Gesellschaft nicht noch weiter ausbreiten kann.
In Zukunft sind also jegliche Verharmlosung und jegliches Relativieren des Nationalsozialismus strafbar, das Tragen von Abzeichen der NSDAP ist strafbar und auch das Tragen von Symbolen der Hamas ist dementsprechend empfindlich strafbar. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Lieber Kollege Harald Stefan, du weißt, ich schätze dich wirklich sehr. Ich möchte noch ein kurzes Wort zu deiner Kritik bezüglich der Einziehung von Devotionalien sagen: Ihr braucht, glaube ich, keine Angst zu haben, dass jetzt alle Fotos von Großeltern, Großvätern eingezogen werden, falls diese vorhanden sind (Abg. Schallmeiner: Liederbücher vielleicht!), sondern bloße Erinnerungsstücke sind ja eben gerade keine Devotionalien – ich glaube, das siehst du genauso –, mit denen der Nationalsozialismus oder die Gräueltaten verherrlicht werden können. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich glaube, da gibt es eine ganz klare
Abgrenzung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das hat Kollegin Blimlinger aber anders erklärt!)
Die Tatbestände laut dem Verbotsgesetz sind jetzt besser in Grunddelikt und Qualifikation differenziert. Das ist auch deswegen so wichtig, weil der Strafrahmen bei den Grunddelikten gesenkt wird. Das heißt, wir ermöglichen die Diversion. Das haben ja schon viele Kolleg:innen vor mir und die Ministerin gerade erklärt. Das ist auch für mich wirklich im Zentrum dieser Reform.
Es geht darum – wir haben das in der Praxis an den Gerichten öfter erlebt –, dass gerade Jugendliche oder junge Erwachsene oftmals leider gar nicht wissen, dass sie eine Straftat begehen oder dass ihnen das Unrecht der Tat gar nicht so bewusst ist. Ich glaube, da ist es wirklich viel, viel effektiver, wenn wir die Diversion ermöglichen, wenn sie von Expertinnen und Experten an die Hand genommen werden, in speziellen Programmen begleitet werden. Das wird sicher zielführender sein, als sie vielleicht strafgerichtlich zu verurteilen und eine Verurteilung dann vielleicht eine weitere Radikalisierung nach sich ziehen könnte.
Alles in allem ist diese Novelle ein wichtiger Schritt. Wir kommen unserer Verantwortung nach und wir sorgen dafür, dass wir Extremismus hoffentlich weiterhin den Boden unter den Füßen wegziehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.34
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Justizministerin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier oder vor den Bildschirmen, wo auch immer und auf welche Art auch immer Sie uns
zuschauen! Hohes Haus! Wir erleben zutiefst bedrückende Zeiten. Seit dem barbarischen, terroristischen Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung scheinen alle Dämme zu brechen. Wir sehen einen weltweiten Anstieg an antisemitischen Vorfällen und wir sehen auch in Österreich einen enormen Anstieg an antisemitischen Vorfällen, allein zwischen dem 7. und dem 19. Oktober 76 Vorfälle, die von der IKG-Meldestelle registriert wurden. Das ist eine Steigerung von 300 Prozent.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin entsetzt, ich bin erschüttert und ich bin auch traurig, dass all die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, und all die Erfolge, die wir geschafft haben, mit diesem Vorfall weggewischt zu sein scheinen. Wir sehen das Zerstören von israelischen Flaggen, Brandanschläge auf den jüdischen Teil des Friedhofes. Wir haben immer wieder das Beschmieren von Häusern und Wohnungen und anderen öffentlichen Bereichen gesehen, das Markieren mit Davidsternen.
Es geht so weit, dass gestern eine vermeintlich behördliche Sperre dieser wirklich wichtigen Gedenkstätte der Namensmauern gemacht worden ist. Man versucht, auch das zu verunglimpfen. (Abg. Hafenecker: Fragen Sie einmal die Uni von der Frau Blimlinger!) Oder denken Sie daran, dass auf der Angewandten verharmlost worden ist (Abg. Hafenecker: Die Frau Blimlinger!), versucht worden ist, zurückzunehmen, was am 7. Oktober passiert ist, und jüdische Studentinnen und Studenten des Ortes verwiesen worden sind.
All das, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, mitten in Österreich im Jahr 2023. Ich hätte das nicht für möglich gehalten und ich sage Ihnen: Antisemitismus hat in Österreich keinen Platz! Wir werden weiter dagegen ankämpfen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Täten wir das nicht, dann frage ich mich: Wo soll das hinführen, wenn plötzlich die Demokratie, der Rechtsstaat untergraben wird, die Meinungsäußerungsfreiheit ganz öffentlich niedergemacht wird und ausgelöscht werden soll? Das
erinnert uns an die dunkelsten Kapitel in diesem Lande, und das werden wir nicht zulassen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass genau heute die Änderung des Verbotsgesetzes von Ihnen beschlossen werden soll und das hoffentlich auch mit einer großen Mehrheit getan wird.
Abgeordneter Margreiter hat bereits ausgeführt: Diese Änderung, diese Reform des Verbotsgesetzes ist auch von Anfang an in die Nationale Strategie gegen Antisemitismus eingebettet gewesen. Wir haben von den 38 Maßnahmen damit bereits 26 zur Gänze umgesetzt und wir werden da auch weitergehen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Es braucht jetzt die volle Härte des Rechtsstaates. Es braucht klare Gesetze, es braucht strenge Strafen, um dieses Niemals-wieder genau jetzt auch tatsächlich vorfinden zu können und auch das umzusetzen, was wir immer gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Justizministerin und viele Abgeordnete haben schon darauf hingewiesen, was sich ändert. Wir bringen mit diesem Gesetz auch das Verbotsgesetz auf die Höhe des 21. Jahrhunderts. Die Schaffung der Möglichkeit von Diversion ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Schritt, um zunächst einmal die Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen zu versuchen. Ich bin bei Abgeordneter Schatz und bin mit ihr einer Meinung: Ein Gedenkstättenbesuch allein wird nicht ausreichen. Wenn diese Versuche aber nicht fruchten, dann braucht es die volle Härte des Rechtsstaates und auch strenge Strafen. Dann, Herr Abgeordneter Stefan, haben auch Menschen, die wegen dem Verbotsgesetz verurteilt worden sind, im öffentlichen Dienst nichts verloren, denn wer tatsächlich verurteilt wird, kann nicht mehr als Vertreter des offiziellen Österreichs tätig sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Kinderschänder aber schon!)
Wir gehen auch konsequent in der Erhöhung der Strafen in den Verwaltungsgesetzen vor. Wir erhöhen auf Strafen bis 10 000 und im Wiederholungsfall bis 20 000 Euro. Ich bin auch für das Einbringen des Abänderungsantrages der Abgeordneten Steinacker sehr dankbar, denn damit schließen wir eine Lücke, die
bestanden hat. Erinnern Sie sich: Wir alle haben mit Entsetzen gesehen, als vor der Synagoge, dem Stadttempel in Wien, unter Jubel und Beifall die israelische Fahne heruntergerissen worden ist und das Ganze ins Netz gestellt worden ist. Wir hatten aber das Problem, dass wir keine Möglichkeit hatten, strafrechtlich dagegen vorzugehen, weil es kein Amtsgebäude war, weil es nicht eine behördlich aufgehängte Fahne war.
Jetzt schließen wir mit dem EGVG und dem Abänderungsantrag diese Lücke. Der Bundeskanzler hat Ende Oktober mich und den Innenminister damit beauftragt, das umzusetzen. Ich möchte mich an dieser Stelle wirklich dafür bedanken, dass das so rasch gegangen ist. Es sind alle schon angesprochen worden, die da mitgewirkt haben.
Zukünftig wird es auch strafbar sein, wenn man eine Fahne verbrennt, zerreißt, herunterreißt, selbst dann, wenn es keine Sachbeschädigung ist, weil die Fahne nicht zerstört worden ist oder weil man sie selbst gekauft hat, auch dann, wenn sie auf einem Gebäude wie einer Synagoge hängt. Da gibt es Strafen bis 1 090 Euro im EGVG. Danke, dass wir diese Lücke hiermit schließen.
Ich sage Ihnen aber auch, die strengsten Gesetze helfen nichts, wenn wir nicht als Gesellschaft gemeinsam gegen jede Form des Antisemitismus vorgehen. Jeder von Ihnen ist aufgerufen, aufzustehen, wenn so etwas wahrgenommen wird, sich einzumischen, Zivilcourage zu beweisen. Gehen wir da tatsächlich konsequent vor! Lassen wir das nicht stehen! Wir sind eine Nation, die in Frieden leben will, und wir können nur gemeinsam dafür sorgen, dass das in Zukunft auch für alle möglich sein wird.
Ich sage Ihnen auch, wenn Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft unter Druck sind, dann sind wir als Demokratie, als freier Rechtsstaat unter Druck, denn es hört dort nicht auf. Wir haben das in der Geschichte gesehen. Daher auch von meiner Seite die Bitte und der Aufruf: Stellen wir gemeinsam sicher, dass Österreich ein Land des Friedens bleibt, dass in Österreich Jüdinnen und
Juden frei leben können und dass wir als freie Gesellschaft weiterhin gut und in Frieden leben können! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.41
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Da sind sie wieder, die Schwüre und Beteuerungen: Never again! Zero Tolerance! Es ist unerträglich, was seit dem 7. Oktober passiert! Wehret den Anfängen! Erschütterung wird mit bebender Stimme gezeigt.
Was aber nicht dazugesagt wird, ist: Was passiert wirklich, jetzt, parallel zu unserer Diskussion? – Universität für angewandte Kunst, nicht weit weg von hier, eine Free-Palestine-Kundgebung: Eine Rednerin sagt : Fakt ist, es hat keinen Angriff auf Israel am 7. Oktober gegeben! Die sagen das, ohne dass eingeschritten wird, beziehungsweise sind die Menschen, die einschreiten wollten, dann angegriffen worden.
Das findet statt, das ist Realität, und hier heißt es von der Regierungsbank und von den Rednern der anderen Parteien: Never again! Es gibt so viel Onlinehass! – Nein, es gibt realen Hass auf unseren Straßen.
Was Sie auch nicht dazusagen – Frau Ministerin Edtstadler hat es erwähnt –: Dieses Gesetz, diese Novelle – auf der Höhe der Zeit? – nein, ganz im Gegenteil! – hilft zum Beispiel gegen diesen Vorfall auf der Angewandten gar nichts. (Abg. Disoski: Stimmen Sie dem Verbotsgesetz einfach zu!) Die Rednerin, die das gesagt hat, so sie eine Beamtin ist, wird wahrscheinlich nicht zu mehr als einem Jahr verurteilt. Das heißt, die bleibt im Staatsdienst. Hat sie zu Hause
Devotionalien – ich weiß nicht, einen Hamas-Führer oder wie die heißen –, kann sie die behalten.
Es geht ja nur um NS-Devotionalien, was immer die sind. (Abg. Disoski: „was immer die sind“?!) Man kann auch eine Büste von Pol Pot, Mao oder von Leopold II. zu Hause haben. Hunderttausende Tote im Kongo, Millionen Tote in China, in Kambodscha: Das ist ganz egal, das kann man alles haben. Dieses Gesetz, diese Novelle, die angeblich auf der Höhe der Zeit ist, ändert daran nicht das Geringste, weil man die Realität auf unseren Straßen, die Realität in der Gesellschaft nicht wahrhaben will.
Was macht eine Regierung, die Österreich zunehmend in einen fürchterlichen Zustand gebracht hat, die, wie wir wissen, mit Grundrechten auf Kriegsfuß steht – das haben wir in den letzten Jahren bewiesen –, die keine Lösungsansätze für die innenpolitischen Schwierigkeiten hat, die zum Großteil selbst verschuldet worden sind, aber auch nicht für die außenpolitischen Anforderungen, eine Regierung, die von linksradikalen NGOs vor sich hergetrieben wird (Abg. Disoski: Also Entschuldigung! Geht’s noch?), die der Bevölkerung, vor allen Dingen den arbeitenden Menschen, täglich das Leben schwer macht und Leute gefährdet, die in künstlichen Staus stehen müssen? (Beifall bei der FPÖ.) Es gibt von einer Regierungspartei den Segen dafür, und die zweite Regierungspartei sieht hilflos zu. Es werden ja inzwischen von der Justizministerin auch Weisungen gegeben, dass genau diese Leute nicht bestraft werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ah, nicht?
Es ist eine Regierung, der vor allen Dingen die desaströsen Folgen der völlig ungehemmten Einwanderung aus fremden Kulturkreisen nun um die Ohren fliegen. Den Deckel kann man nicht mehr draufhalten. Das jetzt an der Angewandten ist nur ein kleines Beispiel, aber wir erleben bei uns, in Deutschland, in ganz Europa, was es heißt: offener Antisemitismus, offene Antihaltung gegen Christen, offen gegen unsere westliche Gesellschaft.
Da kann man noch so sehr von bedingungsloser Solidarität mit Israel, von Staatsräson und so weiter reden. Es sind jetzt Leute auf den Straßen, die das Existenzrecht Israels leugnen, die sagen können: Free Palestine! From the River to the Sea! Wir wissen alle, was das bedeutet.
Das heißt, Sie stehen der islamischen Radikalisierung und Unterwanderung unserer Gesellschaft völlig hilflos gegenüber. Was macht man dann? Was macht eine Regierung? – Sie lenkt ab. In diese Kategorie fällt genau dieses Gesetz. Es geht nichts mehr weiter in der Regierung, man kann sich auf nichts mehr einigen, es wird alles schlechter. Dann lenkt man ab und präsentiert hier einen großen Wurf. (Beifall bei der FPÖ.)
Eine Nebelgranate: Ein imaginärer Feind, die Geschichte, die Vergangenheit werden unlauter benutzt, um unsere Zukunft mit Zensur, mit Meinungs- und Gesinnungsdelikten zu vergiften.
Man will einfach diejenigen kriminalisieren, in Schwierigkeiten bringen, die genau die Schwierigkeiten, die wir jetzt haben, ansprechen. Man geht gegen Vereine vor, die illegale Einwanderung ablehnen, gegen Islamisierung sind und sich für die österreichische und europäische Identität starkmachen. (Abg. Lukas Hammer: Was für eine Überraschung! Ihr stimmt für das Verbotsgesetz! – Abg. Schallmeiner: Was für eine Überraschung! – Abg. Lukas Hammer: Eine Partei, die von einem SS-Offizier gegründet wurde!) Auf die geht man los. Dabei wollen Sie das ja angeblich auch – mit Aktionismus, aber strikt ohne Gewalt. (Ruf bei den Grünen: Ihr seid so mutig! – Abg. Matznetter: Sind das die Liederbuchvereine ...?)
Diese Novelle geht auch von der Extremismusdefinition ab. Wir könnten uns alle darauf einigen. Keiner von uns will Extremisten im Staatsdienst oder sonst wo. Die gehören bestraft. (Rufe bei den Grünen: Ach so? – Abg. Disoski: Warum seid ihr dann dagegen? Wieso stimmt ihr dann dem Verbotsgesetz nicht zu, wenn ihr das nicht wollt?) Wir brauchen aber eine Definition. Die gibt es, die hat es jahrzehntelang gegeben, und mit der könnten wir alle weit friedlicher zusammenleben (Abg.
Disoski: Ja! Dann stimmt doch zu!), denn Extremismus ist Bejahung von Gewaltanwendung zur Durchsetzung der politischen Ziele und Ersetzung unserer Verfassung und Rechtsordnung durch eine andere Ordnung, einen anderen Text.
Wir haben solche Extremisten in unserem Land, ja. (Abg. Stögmüller: Ja! Die sind in Ihren eigenen Reihen!) Wir haben welche, die unsere Verfassung durch den Koran ersetzen wollen. Wir haben welche, die einem anderen Land das Existenzrecht verweigern. (Abg. Stögmüller: Sie können sich doch nicht von Ihrem Klub distanzieren!) Wir haben welche, die sogar sagen, wer sich nicht in allen Facetten der Klimareligion anschließt, gehört ins Gefängnis geworfen. Ja, wir haben Extremisten, die aber von diesem Gesetz nicht umfasst werden, sondern die weiter ihre verfassungsfeindlichen Theorien verbreiten können.
Daher: Das Gesetz trägt zur Lösung nichts bei. Es ist eine Anmaßung, es trägt nichts zu einem friedlicheren Leben bei. (Abg. Matznetter: Wer waren ... die Gründer ...? – Abg. Tomaselli: F in FPÖ steht für Frieden, gell?) Das ist sehr, sehr schade, weil uns die Probleme, die wir derzeit nur als kleine Geste bei der Angewandten sehen, über den Kopf wachsen. Wir müssten eigentlich alle zusammenhelfen, um diese zu bewältigen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lukas Hammer: Sie können nicht einmal ein Foto von Ihrem Parteigründer in Uniform aufhängen!)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort. – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2340 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Michaela Steinacker, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Nikolaus Scherak vor.
Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Da der vorliegende Gesetzentwurf ein Bundesverfassungsgesetz enthält sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sich darauf bezieht, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend eine Änderung des Art. 1 Z 9 eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Titel und Eingang eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich auch um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 2 Z 1.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bzw. Abänderungsantrag betreffend eine Änderung der Ziffern 2 bis 4 sowie eine Einfügung der neuen Ziffer 5 in Artikel 2 eingebracht.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit und mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2228 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossenschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023) (2341 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Muna Duzdar. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Eingangs möchte ich im Namen des Kollegen Drobits die 4. Klasse der Handelsakademie Mattersburg aus dem Burgenland recht herzlich begrüßen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)
Wir sind jetzt bei einem Punkt, in dem es ums Wirtschaftsrecht geht – eine im Vergleich zu dem, was wir vorhin beschlossen haben, doch etwas trockenere Materie. Im Grunde genommen beschließen wir hier ein Bundesgesetz, das eine Digitalisierungsrichtlinie umsetzt, nämlich im Hinblick auf den disqualifizierten Geschäftsführer.
Es geht darum, dass wir dazu EU-Vorgaben haben, die strenger sind als das, was jetzt in unserem österreichischen GmbH-Gesetz steht. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass ein Geschäftsführer, der kriminell wird, der betrügerische Handlungen setzt, nicht weiterhin als Geschäftsführer in einem Unternehmen tätig sein darf.
Natürlich sind wir als Sozialdemokratie froh über derartig strenge Vorgaben. Dennoch werden wir bei der Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht nicht mitgehen, weil wir der Meinung sind, dass die Art und Weise, wie hier diese Richtlinie in unser nationales Recht umgesetzt wird, viel zu lasch und nicht streng genug ist.
Das ist etwas, das ich bereits im Ausschuss angesprochen habe. Österreich geht hier einen Weg, der dem Geschäftsführer dennoch die Möglichkeit einräumt, monatelang weiterhin als Geschäftsführer tätig zu sein und anderen zu schaden. Zum Vergleich: Beispielsweise in Deutschland ist es so, dass ein disqualifizierter Geschäftsführer sofort ex lege abberufen werden kann.
Mit unserer Ansicht folgen wir auch dem Obersten Gerichtshof. Dieser hat nämlich gemeint, dass die Art und Weise, wie hier die Umsetzung erfolgt ist, viel
zu weitläufig ist, am eigentlichen Ziel vorbeigeht und im Grunde schon fast richtlinienwidrig ist; denn es besteht die Gefahr, dass ein Geschäftsführer, Mehrheits- oder Alleingesellschafter, noch monatelang im Grundbuch eingetragen bleibt.
Nun haben Sie, Frau Ministerin, immer damit argumentiert, dass, wenn man den ex lege und sofort abberuft, die Rechtssicherheit ein bisschen beeinträchtigt wäre. Andererseits muss man die Frage stellen, von welcher Rechtssicherheit da die Rede sein kann, wenn ein krimineller Geschäftsführer weiterhin Schaden anrichten und andere Personen gefährden kann.
Daher halten wir zwar die EU-Vorgabe prinzipiell für richtig, werden aber bei der Umsetzung nicht mitgehen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
11.55
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier und vor den Bildschirmen! Worum geht es? Die meisten kennen Al Capone. Er wurde im Strafverfahren nach seinem Beruf gefragt und hat gesagt: Ich bin im Wäschereibusiness. – Ja, war er auch, und er wurde dann auch letztendlich wegen Steuerbetrugs beziehungsweise Geldwäsche verurteilt. Das war damals ein Thema und ist nach wie vor ein Thema, auch im heutigen Österreich, auch in der EU, auch weltweit.
Wir wollen sichergehen, dass Menschen, die wegen Betrugs, Geldwäsche oder wegen anderer krimineller Tätigkeiten verurteilt wurden, nicht als Geschäftsführer tätig sein dürfen, dass ihnen diese Geschäftsführer- und auch Vorstandstätigkeit entzogen wird. Damit setzen wir eine EU-Richtlinie um,
die aus unserer Sicht absolut nötig und dringlich ist. Ich bitte daher wirklich um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jachs.)
11.57
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Philipp Schrangl zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir erkennen das hehre Ziel dieses Gesetzes, möchten aber etwas zu bedenken geben – und stimmen deswegen auch nicht zu –: Die Europäische Union beziehungsweise alle ihre Mitgliedsländer können darüber entscheiden, wer bei uns in Österreich nicht als Geschäftsführer eingetragen wird.
Ich weiß nicht, ob Sie die volle Tragweite dieses Gesetzes verstanden haben, und verstehe nicht, wie Sie das so einfach durchwinken können. Es gibt nämlich keinen abschließenden taxativen Katalog dazu, wann jemand nicht als Geschäftsführer eingesetzt werden kann. Das heißt, es muss nicht unbedingt Geldwäsche, Korruption, Veruntreuung oder Untreue sein. Es könnte zum Beispiel auch sein, dass es in irgendeinem Land verboten ist, als Geschäftsführer eingesetzt zu werden, weil man irgendwelchen politischen Tätigkeiten nachgegangen ist.
Es könnte zum Beispiel auch – und darüber sollten sich vor allem die Grünen im Klaren sein – irgendein Land sagen, homosexuelle Geschäftsführer wollen wir nicht haben, und dann könnten wir einen solchen auch in Österreich nicht eintragen. (Abg. Götze: Das stimmt nicht!) Darüber sollten Sie einmal nachdenken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
11.58
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Johanna Jachs. – Bitte.
11.58
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an der Zeit, dass wir klare, verantwortungsbewusste Schritte im Gesellschaftsrecht gehen, und das machen wir heute. Wir haben auf der heutigen Tagesordnung ja mehrere Gesetzesänderungen im Gesellschaftsrecht, die wir heute beschließen werden, hoffentlich mit Ihrer Zustimmung.
Jetzt geht es konkret um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, um einen ganz speziellen Punkt, nämlich um den Punkt des disqualifizierten Geschäftsführers, der disqualifizierten Geschäftsführerin. Das klingt ein bisschen sperrig. Was heißt das jetzt konkret? – Das bedeutet, dass wir ein EU-weites System zum Informationsaustausch einführen wollen; und ich finde, das ist unserem digitalen Zeitalter durchaus angemessen und auch angebracht.
Wir wollen einfach ungeeigneten Personen den Zugang zu Gesellschaften verwehren. Wann sind Personen ungeeignet? – Immer dann, wenn sie schwere Wirtschaftsdelikte begehen – wie zum Beispiel Untreue, Geldwäsche, organisierte Schwarzarbeit und so weiter, also dann, wenn sie zu einer Haftstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt werden.
Die Disqualifikation soll dann bei der Gründung der Gesellschaft, also bei der Eintragung ins Firmenbuch, geprüft werden. Aber auch für die Personen, die bereits als Geschäftsführer oder als Vorstandsmitglied eingetragen sind und sich später disqualifizieren, gelten dieselben Rechtsfolgen. Und die Rechtsfolgen sind eben jene, dass sie für drei Jahre von diesen Tätigkeiten ausgeschlossen werden sollen. Das entspricht auch unserem Gedanken der zweiten Chance, dass sie eben auch wieder eingegliedert und resozialisiert werden können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht spricht relativ wenig gegen die Umsetzung der Richtlinie. Ich teile die Kritikpunkte der Opposition aus rechtlicher Sicht nicht. Ich möchte die Gelegenheit dazu nutzen, Sie zu ersuchen, dass Sie vielleicht noch einmal kurz in sich gehen. Es sind ja noch ein paar
Redner auf der Rednerliste. (Abg. Amesbauer: Da ist niemand mehr!) Vielleicht können Sie doch noch zustimmen.
Da die Redner:innen vor mir jetzt doch kurz und knackig gesprochen haben und ich jetzt doch noch Zeit habe, ein bisschen auszuholen, erlauben Sie mir vielleicht noch ein paar Worte zum Jahresende, weil es ja die letzte Sitzung vor Weihnachten ist. Wir haben in diesem Jahr unzählige Sitzungen erlebt, viele lange Diskussionen, hitzige Diskussionen. Wir haben über eine halbe Million Besucherinnen und Besucher im Hohen Haus gehabt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ich habe beinahe wöchentlich mehrere Gruppen durch das Haus geführt und dabei ganz, ganz oft gehört, dass unsere Debatten und unsere Debattenkultur, also wie wir manchmal miteinander reden, nicht dem Wählerwillen entsprechen – formulieren wir es einmal so.
Darum wünsche ich mir speziell für das nächste Jahr – ein Superwahljahr, in dem wir alle um die Gunst der Wählerinnen und Wähler werben werden – eines: Lassen wir uns nicht dazu verleiten, dass wir die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler durch Polemik und Populismus auf uns lenken, sondern versuchen wir, das nächste Wahljahr zu einem Wettbewerb der besten politischen Ideen für Österreich zu machen! (Abg. Amesbauer: Da habts schon verloren!) – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsidentin Doris Bures: Ja, man hatte jetzt nur kurz Zeit zu überlegen, denn Wortmeldung dazu liegt mir keine mehr vor. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir jetzt gleich zur Abstimmung.
Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2228 der Beilagen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2320 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz erlassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023) (2342 d.B.)
9. Punkt
Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3195/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Gesellschaftsform: Notwendige Reformen für unkompliziertes Gründen! (2343 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zu den Punkten 8 und 9 unserer heutigen Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Justizministerin! Ich werde meinen Redebeitrag zur Flexiblen Kapitalgesellschaft halten, und zwar geht es da konkret um das österreichische
Firmenbuch. Es ist jetzt eine Zeit lang her, dass wir im Studium gelernt haben: Das österreichische Firmenbuch ist ein öffentliches Verzeichnis, und die Dokumente, die dort drinnen sind, sind notariell geprüft, und jeder Interessierte kann sich dann davon ein Bild machen, wenn man sich einen Auszug holt.
Nun soll mit diesem neuen Gesetz die sogenannte Anwaltsurkunde für Kapitalerhöhungen und Anteilsabtretungen von Flexiblen Kapitalgesellschaften neu ermöglicht werden. Das Ganze geschieht immer mit der Argumentation: Wir machen es jetzt den Start-ups einfacher, es soll jetzt flexibler sein, und so weiter. Allerdings gibt es da natürlich sehr große Bedenken.
Nun möchte ich schon klarstellen: Ich stehe hier nicht als eine, die für irgendeine Berufsgruppe lobbyiert, aber die Berufsgruppe der Notare und Notarinnen hat schon einen Wert, weil wir es gewohnt sind, dass die Beurkundung sehr unparteiisch erfolgen muss und die gesetzlichen Vorgaben da sehr viel strenger sind.
Was jetzt durch dieses neue Gesetz betreffend die Anwaltsurkunde zusätzlich ermöglicht wird und weshalb wir nicht zustimmen werden, Frau Ministerin, um da Missverständnissen vorzubeugen, ist, dass auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte diese Urkunde erstellen können, Eintragungen im Firmenbuch vornehmen können. Das irritiert mich auch nicht wirklich. Was mich wirklich stört, ist, dass dann EU-weit und EWR-weit alle Anwältinnen und Anwälte in diesem Verzeichnis, im österreichischen Firmenbuch, Eintragungen vornehmen können. Da denke ich an Malta, da denke ich an Zypern und an Liechtenstein. Die Berichte hinsichtlich Geldwäschegefahr, die dadurch erhöht werden kann, beunruhigen uns doch sehr, und das hat schon etwas für sich. Daher werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen.
Als ich gehört habe, weswegen da jetzt eine namentliche Abstimmung verlangt wird, musste ich schmunzeln. Ich sage es hier in aller Deutlichkeit, Frau Ministerin: Ich begrüße ausdrücklich die gänzlich in weiblicher Form gehaltene
Formulierung des Gesetzes. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Steinacker: Nein, die begrüßen wir nicht!)
Hätten Sie das Gesetz sicherer formuliert, hätten Sie auch unsere Unterstützung bekommen. Wir werden diesem Gesetz aus den besagten Gründen nicht zustimmen. Und ich muss wirklich schmunzeln, wenn die FPÖ sich daran stößt, dass in diesem Gesetz die weibliche Form verwendet wird. Ich habe es einmal nachgezählt: Es stehen Geschäftsführerinnen drinnen, Gesellschafterinnen und Gründungsgesellschafterinnen. Dass Sie sich an den Worten stoßen, das irritiert uns ein bisschen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Aber auf jeden Fall: Unsere Zustimmung haben Sie aus anderen Gründen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
12.07
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Und noch einmal: Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte einen kurzen Rückblick machen: In diesem Haus wurde vor rund 120 Jahren ähnlich wie heute diskutiert, und zwar damals über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde Gesellschaft mit besonderer Hinterlist genannt. Auch die Absenkung des Stammkapitals wurde damals intensiv diskutiert, die Möglichkeit der Einsicht in die Bücher und Geschäftsurkunden, und es wurde zusammengefasst: Jedem schwebt bei dieser Gesellschaft eigentlich etwas anderes vor, jeder sieht sie in einer anderen Dimension, und das durchaus kritisch. Und genau das erleben wir hier heute auch, und gleichzeitig wissen wir, dass die GesmbH, die dann 1906 tatsächlich beschlossen worden ist, also fast 120 Jahre alt ist, eine äußerst bewährte Rechtsform, Gesellschaftsform ist, auch international absolut anerkannt ist und sich wirklich in vielfacher Hinsicht sehr bewährt hat.
Seither ist aber viel passiert. Wir sind internationaler geworden, digitaler geworden, es gibt andere Rechtsformen in vielen anderen Ländern, die für bestimmte Gründungssituationen passender sind. Auch eine Mitarbeiter:innenbeteiligung ist in anderen Ländern leichter möglich. Da hat es also Handlungsbedarf gegeben, der auch massiv an uns herangetragen worden ist. Daher Danke, Frau Ministerin. In Ihrem Haus hat es seit über drei Jahren eine Arbeitsgruppe gegeben, die sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat, mit verschiedensten Stakeholder:innen, also Betroffenen, natürlich auch mit Rechtsexpert:innen, Wissenschafter:innen und so weiter gesprochen hat, und jetzt liegt der Entwurf vor, den wir heute hier hoffentlich beschließen werden.
Was liegt vor? – Es ist eine Rechtsform, die es ermöglicht, Unternehmenswertanteile auszugeben. Das ist etwas, was wir gestern schon diskutiert und auch beschlossen haben, nämlich bestimmte Steuervorteile in diesem Zusammenhang. Ganz grundsätzlich geht es aber darum, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden sollen. Aus meiner Sicht ist das heutzutage absolut wünschenswert. Das wünschen sich auch viele Mitarbeiter:innen. Natürlich bleiben ihre kollektivvertraglichen und sonstigen Rechte völlig unbenommen, aber zusätzlich kann ein Gründer oder ein Eigentümer, eine Eigentümerin eines Unternehmens sagen: Ich will, dass du Anteile hast. Hast du Lust, welche zu haben?
Damit ist dieser Mitarbeiter auch am Erfolg des Unternehmens – zum Beispiel am Bilanzgewinn, zum Beispiel auch am Liquidationserlös – beteiligt, und er kann diese Anteile auch verkaufen. Aus meiner Sicht ist das also etwas sehr Wünschenswertes und ist Teil dieser Flexiblen Kapitalgesellschaft, von der wir hier jetzt sprechen.
Weiters geht es auch darum, dass wir das Stammkapital grundsätzlich auf 10 000 Euro senken. Damit sind wir im internationalen Schnitt, sage ich einmal, und erleichtern damit das Gründen – beziehungsweise: Man kann auch sagen,
dass wir damit die Gründungsprivilegierung, die es ja bereits gab, ins Dauerrecht übernehmen.
Zusammengefasst: Es gibt gute, wichtige Verbesserungen und gleichzeitig Rechtssicherheit, weil diese neue Flexible Kapitalgesellschaft ein Hybrid, kann man sagen, ist aus der GesmbH, auf der sie aufbaut, und der Aktiengesellschaft, also die besten Teile aus beiden Elementen übernimmt. Insofern bin ich sicher, dass wir weiterhin Rechtssicherheit haben werden, auch in Bezug auf das Firmenbuch – ich nehme an, die Frau Ministerin wird auf dieses Thema noch eingehen. Ich bitte wirklich um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.11
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es wurde jetzt gerade ausgeführt: Dieses Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, dass Mitarbeiter bei ihren Beteiligungen steuerlich begünstigt werden, und zwar insbesondere dann – es geht immer um diese Start-up-Szene –, wenn eine Gesellschaft bedeutend an Wert gewinnt und veräußert wird. Bis jetzt war es so, dass, wenn man da einen Mitarbeiter beteiligt hat, dieser dann steuerlich nicht begünstigt gewesen wäre, sondern er hätte voll Einkommensteuer gezahlt. Das soll damit umgesetzt werden, aber dafür hätte man keine eigene Gesellschaftsform gründen müssen: das hätte man eben – und hat man ja auch – im Steuerrecht lösen können.
Jetzt hat man hier diese neue Gesellschaft. Thema war, dass eben die Start-ups eine neue Möglichkeit bekommen sollen. Leichter wird es nicht, das kann man Ihnen gleich sagen, also dieses Gesetz ist extrem komplex. Das Gründen
wird nicht leichter. Dieses Thema – ich nehme an, die NEOS werden darauf eingehen – ist jedenfalls nicht umgesetzt.
Das Stammkapital wird bei GmbHs allgemein auf 10 000 Euro herabgesetzt, darüber gab es schon jahrelang eine Diskussion. Zwischendurch wurde das schon einmal gemacht, dann wurde es ein Jahr später wieder hinaufgesetzt, weil man festgestellt hat, dass das keine gute Idee war – jetzt wird es wieder hinuntergesetzt.
Ich finde es sehr schlecht, dass wir hier ein bisschen locker damit umgehen, und wir waren damals auch international eine ziemliche Lachnummer, als das innerhalb von zwei, drei Jahren hin und her geändert wurde. Ich habe schon damals im Justizausschuss angekündigt, dass es eine Vielzahl an Kapitalherabsetzungen geben wird, wenn das erforderliche Stammkapital auf 10 000 Euro gesenkt wird, und das für den Staat einen Entfall an Steuern von etwa 80 Millionen Euro bringen wird. Das wird jetzt auch wieder passieren, aber Sie nehmen das in Kauf – Geld ist sowieso abgeschafft. Wie gesagt, damals hat man dann reagiert und hat diese Gründungsbewilligung eingeführt und das Stammkapital wieder auf 35 000 Euro erhöht.
Ein anderer Punkt, der auch schon angesprochen wurde, ist: Es wird jetzt auch eine neue Form einer Urkunde eingeführt – gleichfalls ohne jede Not. Das ist aus meiner Sicht unverständlich. Ich weiß, ich bin Notar – jetzt wird mir sicher vorgeworfen, dass ich klarerweise für meinen Berufsstand spreche –, aber es gibt da klare Trennungen zwischen den Berufen, wofür sie stehen, und es war bis jetzt ganz klar, dass man Übertragungen von derartigen Geschäftsanteilen in Form eines Notariatsaktes macht, weil es damit auch für die anderen Teilnehmer der Wirtschaft und auch im Firmenbuch die Sicherheit gibt, dass die Eintragungen, die dort erfolgen, richtig sind – das war ein ganz wesentlicher Punkt.
Jetzt haben wir dann diese Anwaltsurkunde, und – es wurde schon gesagt – das bedeutet auch, dass diese Urkunden dann auch europäische Anwälte machen
können, also zypriotische, maltesische, rumänische – wie auch immer. Wir haben ein großes Thema mit Geldwäsche und all diesen Problemen, wie Unterlaufen der Sanktionen. Es gibt gerade einen Fall, bei dem ein liechtensteinischer Anwalt, der sich in dem Fall aber als Notar in Liechtenstein hat eintragen lassen, jetzt für einen russischen Oligarchen versucht, im Firmenbuch etwas einzutragen. Wir öffnen hier also etwas, und das ist nicht gut.
Letztendlich – es wurde schon angesprochen – ist dieses Gesetz in rein weiblicher Form errichtet. Ich halte das und wir halten das für ein eigenartiges Experiment, und Gesetze sind nicht dazu da, Experimente zu machen, sondern sie sollen im Idealfall verständlich sein, und zwar für viele, viele Jahre verständlich und klar sein. (Abg. Matznetter: Aber rein männlich war auch ein Experiment zur Jahrhundertwende!)
Wie wir wissen, gab es in den letzten Jahren beim Gendern viele verschiedene Varianten: Einmal gab es das große I, dann war, glaube ich, das I wieder klein, dann gab es ein Sternderl, dann gab es einen Unterstrich, jetzt gibt es den Doppelpunkt – ich weiß nicht, was die nächste Mode sein wird. (Zwischenruf der Abg. Götze.) Also wenn man das jetzt in Gesetze aufnimmt, dann wird man sich in wenigen Monaten gar nicht mehr auskennen, was überhaupt gültig ist. Wenn man jetzt Texte liest, die vor drei, vier Jahren gemacht wurden, weiß man auch nicht mehr, wie das zu lesen ist: Ach so, ja, stimmt, das Sternderl steht dafür. – Es ist also ein Experiment.
Jetzt verstehe ich schon, dass man auf linker Seite dieses ideologische Experiment umsetzen will. Man will damit die Gesellschaft transformieren. Die Mehrheit der Bevölkerung will das nicht, das ist eindeutig (Beifall bei der FPÖ), und ich finde es daher nicht richtig, dass wir dem Vorschub leisten.
Darüber hinaus gibt es auch noch viele Argumente dagegen – die betreffen die Barrierefreiheit, es ist weniger gut verständlich, und so weiter –, also wir halten es für einen falschen Weg, hier ein derartiges Experiment zu machen, und
es ist traurig, dass sich die ÖVP als Mehrheitsbeschaffer für dieses gesellschaftspolitische Experiment hergibt. Es ist also kein Wunder, dass sich die konservativen Wähler von Ihnen abwenden. (Beifall bei der FPÖ.)
12.16
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.
Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! (Ruf bei der FPÖ: Drei Kinder, bitte!) Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Der Vorredner hat es schon angesprochen: Es geht hier um ein Gesetz in weiblicher Form. Es gab auch in unserer Fraktion Diskussionen, und die Formulierung entspricht unserer Meinung nach nicht den Richtlinien, wie ein Gesetz aufgebaut sein sollte. Letztendlich nehmen wir die Formulierung aber in Kauf, weil es am Ende des Tages um den Inhalt geht, und der ist gut.
Nun zum Inhalt: Da mein Zahlenvergleich letztens so gut angekommen ist, starte ich wieder mit einigen Zahlen. (Abg. Tomaselli: Bitte nicht! Bitte nicht!) Um aktuell eine GmbH gründen zu können, muss man 35 000 Euro in die Hand nehmen und diese einlegen. (Abg. Schrangl: Siebzehneinhalb reichen!) Ab dem kommenden Jahr sind es nur mehr 10 000 Euro, und davon braucht man auch nur 5 000 Euro sofort – das sind 25 000 Euro weniger, die man zur Gründung braucht.
Mit der Flexiblen Kapitalgesellschaft, kurz Flexco genannt, schaffen wir eine neue, moderne Gesellschaftsform, und es ist mir als Arbeitnehmervertreterin auch besonders wichtig, dass die Mitarbeiterbeteiligung schon ab 1 Euro möglich ist. Auch die Anteile können flexibler aufgeteilt werden, das ermöglicht auch eine flexiblere Beteiligung von Investoren. Verfahrenswege werden vereinfacht.
Mit diesem Gesetz machen wir es Unternehmensgründern leichter. Unser Ziel ist es, mehr Menschen dazu zu bewegen, unternehmerisch tätig zu sein und die Mitarbeiterbeteiligung einfacher zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Mit der weiblichen Form helfen wir aber keiner einzigen Unternehmerin und keiner Mitarbeiterin, jedoch mit dem Inhalt dieses Gesetzes tun wir das. Die Unternehmensgründung wird dadurch einfacher, moderner und international attraktiv. (Beifall bei der ÖVP.)
12.18
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Loacker: Normal wartet man ja eine Fraktionsrunde ab, nicht?!)
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist mir wirklich eine besondere Freude, dass wir heute die Flexible Kapitalgesellschaft – hoffentlich – beschließen. Was mit der Debatte um die Austrian Limited begann und zu sehr, sehr vielen Stakeholder- und Stakeholderinnengesprächen geführt hat, endet heute mit der Präsentation der Flexiblen Kapitalgesellschaft.
Ich halte dieses Vorhaben für wichtig: Ich halte es für wichtig für die vielen, vielen Gründer:innen und die vielen Ideen, die es in diesem Land gibt, um es ihnen einfacher zu machen, in Österreich ein Unternehmen zu gründen, und nicht vielleicht auswandern zu müssen, um woanders ihr Glück zu finden.
Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass wir eine neue Rechtsform schaffen wollen, damit wir es innovativen Start-ups und Gründer:innen in der Frühphase erleichtern und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wir haben uns im Regierungsprogramm auch darauf verständigt, dass wir das
Mindeststammkapital auf 10 000 Euro herabsetzen beziehungsweise das, was bei der Gründungsprivilegierung schon gegolten hat, in Dauerrecht überführen.
Zum Mindeststammkapital von 10 000 Euro: Ich glaube, das ist wichtig und richtig, weil es sich in der Vergangenheit bewährt hat, deswegen haben wir das jetzt fortgeführt und in Dauerrecht überführt. Für die Gründung der Flexiblen Kapitalgesellschaft und generell der GmbH werden 10 000 Euro ausreichen.
Was die neue Rechtsform der Flexiblen Kapitalgesellschaft betrifft, möchte ich sagen, dass die englische Bezeichnung Flexible Company ausdrücklich zulässig ist, damit tatsächlich Unternehmerinnen und Unternehmer nach Österreich kommen und auch auf Englisch gründen können.
Die Flexible Kapitalgesellschaft ist eine Hybridform zwischen GmbH und der Aktiengesellschaft. Sie baut grundsätzlich auf den Strukturen des GmbH-Rechts auf, bietet aber flexiblere Möglichkeiten, die bisher nur einer Aktiengesellschaft vorbehalten waren. So kann eine Flexible Kapitalgesellschaft beispielsweise eine besondere Klasse von stimmrechtslosen Anteilen, den sogenannten Unternehmenswertanteilen, ausgeben, die sich vor allem für die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eignen.
Warum halte ich das für wichtig? – Ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine Regelung schaffen, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt werden können. Bisher wurden sie auch beteiligt, aber das ist in einem meines Erachtens etwas rechtsfreieren Raum geschehen. Es ist daher wichtig, dass wir diese Möglichkeit geregelt haben, dass man weiß, welche Gesetze darauf angewendet werden können, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch stärker am Erfolg des Unternehmens beteiligt sind. Das ist besonders für Junggründerinnen und Junggründer in diesem Bereich sehr wichtig.
Wir haben eine weitere Flexibilisierung eingeführt, das ist die Flexibilisierung bei der Anteilsübertragung. Da fahren wir die strengen Formerfordernisse eines Notariatsakts zurück – bitte beachten: nur bei der Anteilsübertragung! –, und
das ist wichtig, damit wir diese Übertragung von Anteilen tatsächlich etwas erleichtern und flexibler gestalten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich ist ein Land der Erfinderinnen und der Erfinder, es ist ein Land der Innovationen. Ermöglichen wir es doch, dass österreichische Start-ups auch in Österreich gründen und in Österreich erfolgreich bleiben! Mit dieser Flexiblen Kapitalgesellschaft schaffen wir niederschwellige Rahmenbedingungen für die Umsetzung der besten Ideen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der jetzt von Abgeordnetem Harald Stefan angesprochen wurde: die weibliche Form. – Herr Abgeordneter, es geht dabei nicht um das Gendern, es geht darum, dass das Gesetz in rein weiblicher Form geschrieben wurde; es wurde bewusst eben nicht gegendert. (Abg. Hafenecker: Was machen Sie mit all den anderen Geschlechtern?) Ich erinnere nur daran, dass in dieser Legislaturperiode sehr wohl auch Gesetze beschlossen wurden, die in rein männlicher Form geschrieben wurden. Da hat es diese Aufregung nicht gegeben – die Aufregung gibt es, weil es in weiblicher Form geschrieben wurde. (Abg. Hafenecker: Sie diskriminieren 60 andere Geschlechter!) Und genau das soll es auch aufzeigen, diese Doppelmoral soll dadurch auch aufgezeigt werden. Daher halte ich es für wichtig, dass das Gesetz in weiblicher Form formuliert wurde, damit man tatsächlich auf diese Ungleichbehandlung aufmerksam macht und Gesellschafterinnen, Mitgründerinnen, Geschäftsführerinnen mit diesem Gesetz auch sichtbarer macht, denn es gibt Frauen in der Wirtschaft. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Ich hoffe daher sehr, dass dieser Gesetzesvorschlag auf breite Zustimmung stoßen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)
12.24
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter zu Wort. – Bitte sehr.
12.24
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, erlauben Sie mir nur, ganz am Anfang zu sagen: Der Usance des Hauses entspricht es schon, dass zuerst einmal eine Fraktionsrunde stattfindet.
Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Brandstötter, ich habe die Frau Bundesministerin darauf aufmerksam gemacht, dass wir gestern eine Geschäftsordnungsdebatte darüber hatten, dass es während der Plenardebatte bei den Abgeordneten auf keine guten Rückmeldungen stößt, wenn sich die Ministerin ganz zum Schluss zu Wort meldet. Sie hat das eigentlich vorgehabt; die Redner, die jetzt noch kommen, haben sich nachträglich gemeldet. (Abg. Michael Hammer: Ihr müsst euch entscheiden, was ihr wollt!)
Wenn Sie das als Kritik formulieren wollen, dann muss ich Ihnen sagen, dass ich die Frau Ministerin darauf hingewiesen habe: Wenn sie das Fraktionsrad nimmt, dann ist sie letzte Rednerin, und gestern hatten wir eine Geschäftsordnungsdebatte, in der es darum ging, dass das von den Abgeordneten nicht gerne gesehen wird, wenn sich Minister als Letzte melden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hafenecker.) Es kam erst danach zu den Nachmeldungen, die Intention der Ministerin war an sich etwas, was auch Ihrer Intention entspricht. (Abg. Hafenecker: Heute führen Sie wieder einen guten Vorsitz!)
Abgeordnete Henrike Brandstötter (fortsetzend): Es war keine Kritik, es war ein Feedback. Wenn es Nachnominierungen gibt, kann man ja auch trotzdem das Rad noch einmal ändern.
Ich komme zum eigentlichen Tagesordnungspunkt. Vorweg: Ich verstehe durchaus die Intention, warum man das Gesetz in rein weiblicher Form geschrieben hat, aber ich finde es natürlich schade, dass das bei so einem unambitionierten Gesetz passiert ist. Man hätte das bei einem richtig ambitionierten Gesetz machen können, das dann auch wirklich Gründerinnen anspricht, Unternehmerinnen anspricht, das wäre ein gutes Signal gewesen.
Jetzt ist es ein gutes Signal für die Notarinnen in Österreich, nicht für die Gründerinnen.
Die Start-up-Szene in Österreich hat es nicht leicht, und die Politik weiß auch seit Jahren ganz genau, welche Reformen eigentlich notwendig wären: mehr Möglichkeiten beispielsweise, rein digital zu gründen, ohne unnötige Notariatspflichten zu gründen, auf Englisch zu gründen; Mitarbeiterbeteiligungen nach internationalem Vorbild und keine Minimalkompromisse, wie sie jetzt vorliegen – wir stehen in einem Wettbewerb um Mitarbeiter:innen –; die Rahmenbedingungen für das Risikokapital deutlich zu verbessern und nicht eine Lösung für Banken zu machen; die Rot-Weiß-Rot-Karte so weit zu reformieren, dass sie innerhalb einer Woche ausgestellt werden kann. – Das wären echte Reformen gewesen, das wäre wirklich wichtig gewesen. (Beifall bei den NEOS.)
All diese Vorschläge stehen jedes Jahr im Start-up-Monitor und sind auch dort nachzulesen: Das sind die Empfehlungen von Expert:innen, das sind die Wünsche aus der Szene von den Gründer:innen, da werden Best-Practice-Beispiele, auch internationale Best-Practice-Beispiele genannt. Das hat man aber irgendwie jedes Jahr ignoriert, und jetzt wird ein Start-up-Paket vorgelegt, das auch wieder Enttäuschungen birgt.
Da ja bald Weihnachten ist, erinnert mich das ein bisschen daran, dass man ja oft Wünsche hat. Stellen Sie sich vor: Jemand äußert immer Wünsche, jedes Jahr aufs Neue hat er diesen einen Wunsch und jedes Jahr aufs Neue wird dieser Wunsch konsequent ignoriert, bis sich dann eines Tages der Onkel einschaltet – wir könnten ihn Martin nennen, Onkel Martin, wie unser Wirtschaftsminister –, der sagt: Stimmt, das geht so nicht weiter, ich möchte diesen Wunsch jetzt unterstützen! Er fordert weitgehende Lockerungen der Formvorschriften auf Urkunden, er fordert eine vereinfachte Gründung, auch auf Englisch, er fordert eine Senkung des Mindeststammkapitals. All das hat er gefordert – übrigens auch langjährige NEOS-Forderungen. Auch bei der Mitarbeiter:innenbeteiligung hat sich unser Onkel Martin wirklich für mehr Ambitionen eingesetzt.
Das Wirtschaftsministerium hat unter anderen – und das ist wirklich eine Besonderheit – in der Begutachtungsphase ebenfalls Stellungnahmen eingebracht. Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass die Regierung eine Idee vorlegt und dann das Ministerium, das eigentlich damit befasst sein sollte, sagt: Hm, das ist vielleicht doch nicht die allerbeste Idee, wir haben da Änderungsvorschläge! Die wurden dann übrigens ebenfalls ignoriert, das ist besonders eigenartig. Das heißt also, dass unser Onkel Martin in dieser Bundesregierung dann doch nicht so viel Gewicht hat.
Was wir jetzt am Tisch haben, ist kein Geschenk, obwohl es die Bundesregierung voller Stolz als Geschenk verkauft. Das Traurige an dieser Geschichte ist, dass die Modernisierung von Rahmenbedingungen ja gar kein Geschenk sein sollte. Es ist die Aufgabe unserer Bundesregierung, die besten Rahmenbedingungen für einen attraktiven Wirtschaftsstandort zu schaffen. Das ist leider mit diesem Paket nicht gelungen, und deshalb werden wir auch nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)
12.30
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Christian Stocker zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätztes Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Frage, die sich da offensichtlich stellt, ist die: Form oder Inhalt? Es ist natürlich jedem unbenommen, in welcher Form er ein Gesetz vorschlägt und wie er es hier in den parlamentarischen Prozess einbringt, und wer sich mit der Form eines Gesetzes ein Denkmal setzen will, kann das natürlich tun. Allerdings ist für uns die Form, und zwar die äußere Form der Formulierung, wenn wir uns den Inhalt ansehen, das, was wir nicht über den Inhalt stellen wollen. Wir nehmen mit Interesse zur Kenntnis, dass gerade die grüne Partei aufs Gendern verzichtet. (Abg. Loacker: Wenn ich so altmodisch wäre, wäre mir
auch ...!) Wir werden andere Gelegenheiten finden, bei denen wir das auch noch tun können.
Was aber den Inhalt anbelangt, ist es so, dass mit dieser neuen Gesellschaft, die jetzt möglich wird, das Gesellschaftsrecht auf eine moderne Ebene gehoben wird. Es wird den Wünschen der Start-up-Szene Rechnung getragen. Letztlich geht es auch um die Kombination dieser neuen Gesellschaftsform mit der steuerlichen Begünstigung von Unternehmenswertanteilen, nämlich der Mitarbeiterbeteiligung. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Ergebnis geht es also darum, dass mit dieser Mischform einer GmbH und Elementen einer Aktiengesellschaft eine Gesellschaftsform gefunden wurde, mit der eine Gründung leichter stattfinden kann, Bürokratie und Formalismen abgebaut werden, eine Mitarbeiterbeteiligung auch in einer neuen Art und Weise möglich wird.
Abschließend sage ich: Auch die Herabsetzung des Stammkapitals der GmbH auf 10 000 Euro halte ich für eine richtige Entscheidung, weil es letztlich darum geht, den Wirtschaftsstandort zu stärken, Unternehmungsgründungen zu erleichtern. Neugründungen sind für die Zukunft der Wirtschaft und damit für den Wohlstand in diesem Land nicht nur notwendig, sondern werden von uns ausdrücklich begrüßt. (Beifall bei der ÖVP.)
12.32
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ruth Becher zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Flexi-KG sollen die Vorteile der GesmbH und der AG zusammengefasst werden, und es gibt doch einige Aspekte, die ich nochmals hervorheben möchte.
Vorgesehen ist, dass internationale Investoren via Videokonferenz zum Notariatsakt kommen. Außerdem sollen zukünftig Anwälte im EU-Ausland Urkunden aufsetzen können. Das ist damit im Zusammenhang zu sehen, dass die Gründung so einer Flexi-KG mit einem Kapitalbedarf von nur 5 000 Euro möglich sein soll, und da wird aus Sicht der SPÖ die notwendige Sicherheit zugunsten der Flexibilität aufgegeben.
Noch wichtiger ist aber, dass diese neue Gesellschaftsform etwas vermissen lässt, nämlich das Wichtigste, was eine Firma des 21. Jahrhunderts auszeichnen sollte: die Transparenz. Wenig darüber zu wissen, was wer wo macht, und gleichzeitig einen de facto nicht vorhandenen Haftungsstock zu haben, das ist eine aus unserer Sicht sehr brisante Mischung. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese neue Gesellschaftsform leistet in der vorgesehenen Form nichts für den Wirtschaftsstandort Österreich. Der Beschluss kommt noch dazu zu einem völligen Unzeitpunkt, denn während hier im Hohen Haus wenig über die Turbulenzen der österreichischen Signa Holding gesprochen wird, sieht das im Rest Europas ganz anders aus: Da wird viel über Signa, die österreichischen Banken und mögliche Folgen in dieser Sache für unseren Finanzmarkt gesprochen. Diese Gesetzesvorlage ist das falsche Signal zur falschen Zeit und bekommt daher nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
Abschließend möchte ich im Namen meiner Kollegen Kollross und Lercher noch die Mitarbeiter und Funktionäre der Wohnbaugenossenschaft Gebös sehr herzlich auf der Galerie begrüßen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 samt Titel und Eingang in 2320 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung auch durchzuführen. Daher gehe ich auch so vor.
Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich, wie Sie wissen, in Ihren Laden.
Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen werden.
Wer für den vorliegenden Gesetzentwurf ist, soll den Stimmzettel mit „Ja“, wer dagegen stimmen will, den „Nein“-Stimmzettel in die Urne werfen. Ich ersuche Sie, darauf zu achten, dass es sich nur um einen Stimmzettel handelt.
Danke, Frau Abgeordnete Michaela Steinacker, dass Sie mit der Verlesung der Namen beginnen. Herr Abgeordneter Hermann Gahr wird dann fortsetzen.
*****
(Über Namensaufruf durch die Schriftführer:innen Steinacker und Gahr werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)
*****
Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist nun beendet.
Ich ersuche darum, unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vorzunehmen. Ich werde die Sitzung zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrechen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 12.42 Uhr unterbrochen und um 12.48 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.
Abgegebene Stimmen: 148; davon „Ja“-Stimmen: 73, „Nein“-Stimmen: 65.
*****
(Abweichend von der Bekanntgabe des Stimmverhaltens durch Präsidentin Bures lautet das tatsächliche Abstimmungsergebnis wie folgt: abgegebene Stimmen: 148; davon „Ja“-Stimmen: 83, „Nein“-Stimmen: 65.)
(Siehe Korrektur durch Präsidentin Bures S. 165.)
*****
Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.
Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.
Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:
Baumgartner, Berlakovich Nikolaus, Blimlinger, Bogner-Strauß, Böker, Brandweiner, Bürstmayr;
Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski;
El-Nagashi, Eßl;
Fischer, Fürlinger;
Gahr, Gerstl, Götze, Graf Tanja, Großbauer, Grünberg;
Hammer Lukas, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Himmelbauer, Hintner, Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Holzner, Hörl;
Jachs, Jeitler-Cincelli;
Kaufmann, Kirchbaumer, Kopf, Koza;
Lindinger, Litschauer;
Marchetti, Melchior, Minnich;
Neßler, Neumann-Hartberger, Niss Maria Theresia;
Obernosterer, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger;
Pfurtscheller, Pöttinger, Prammer, Prinz;
Rausch-Amon Bettina, Reimon, Reiter, Rössler;
Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Scheucher-Pichler, Schnabel, Schwarz Jakob, Sieber Norbert, Singer Johann, Smodics-Neumann, Smolle, Sobotka, Stark, Steinacker, Stocker, Stögmüller, Strasser;
Tanda, Totter;
Voglauer;
Weber, Weidinger, Weratschnig, Wöginger;
Zarits Christoph, Zopf, Zorba.
Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:
Becher, Belakowitsch Dagmar, Bernhard, Brandstätter Helmut, Brandstötter Henrike, Brückl, Bures;
Deimek, Drobits, Duzdar;
Ecker Rosa, Einwallner, Erasim;
Feichtinger, Fürst;
Graf Martin, Greiner Karin;
Hafenecker, Hauser, Heinisch-Hosek, Herbert Werner, Holzleitner;
Kainz, Kaniak, Kassegger, Keck, Köllner, Kollross, Krainer Kai Jan, Krisper, Kucharowits, Kucher Philip, Kuntzl;
Laimer, Lausch, Leichtfried, Lercher, Linder Maximilian, Lindner Mario, Loacker;
Margreiter, Matznetter, Muchitsch;
Nussbaum;
Oxonitsch;
Rauch Walter, Reifenberger, Ries Christian;
Schatz, Scherak, Schmidt Michaela, Schmiedlechner Peter, Schrangl, Schroll, Shetty, Silvan, Spalt, Stefan, Stöger Alois;
Troch;
Werner, Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wurm;
Yildirim.
*****
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 2343 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3754/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023) (2345 d.B.)
11. Punkt
Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Personenstandsgesetz 2013 geändert wird (2354 d.B.)
12. Punkt
Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3755/A(E) der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden (2346 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es bei diesem Entschließungsantrag? – Ich darf vorab erwähnen, dass 2015 das Fortpflanzungsmedizingesetz beschlossen wurde. In der Tat ist es eine gesellschaftliche Erfahrung: Es ist modernes Denken, zu wissen, dass im Bereich der Fortpflanzung die Natur allein nicht alles regelt, aber die Medizin mitunter einem Ehepaar beziehungsweise Menschen in einer Partnerschaft, in der es zumindest in einem Fall um Fruchtbarkeit geht, zu einer glücklichen Elternschaft verhelfen kann.
Es geht um menschliches Leben, das aus der Spende einer Eizelle oder von Samenzellen entsteht. Grundsätzlich steht die SPÖ einer solchen Elternschaft natürlich positiv gegenüber, egal ob es um heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche Paare geht. Die Frage ist natürlich, wie Kinder mitunter von ihren biologischen Eltern – nicht den erziehenden Eltern – erfahren, und darauf gibt dieser Entschließungsantrag keine Antworten.
Dieser Entschließungsantrag gibt auch überhaupt keine Antworten auf Fragen betreffend den Datenschutz. Für eine entsprechende Anzahl von biologischen Spendern ist es mitunter auch wichtig, dass Anonymität, zumindest aber der Datenschutz gewährleistet ist. Nach drei Jahren Regierungszusammenarbeit legt die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen nun einen zweieinhalbzeiligen Entschließungsantrag vor. Das ist uns zu wenig.
Man muss diese heikle Frage, vor allem was den Datenschutz betrifft, konkret diskutieren (Beifall bei der SPÖ), daher fordert die SPÖ ganz einfach:
Legen Sie ein konkretes Gesetz vor, damit wir diese heiklen Punkte betreffend Elternschaft, Datenschutz und Rechte der Kinder konkret diskutieren können! Bitte erarbeiten Sie das und beschäftigen Sie danach das Parlament!
Wenn ich daran denke, was alles vertagt wird – der Mietenstopp und viele andere Gesetze – und sehe, dass hier etwas völlig Unreifes in den Nationalrat kommt, sage ich: Bitte nicht so viel vertagen und nicht völlig unausgereifte Gesetzesideen vorlegen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.53
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Tag ist ein besonderer. Wenn ich gefragt werde, warum ich mich politisch engagiere, dann sage ich immer: Ich setze mich aus Überzeugung gegen Intoleranz und gegen Ungerechtigkeit ein, und das möchte ich mit allen Mitteln machen, die mir zur Verfügung stehen.
So ein Tag wie heute zeigt mir, dass sich das auszahlt. Wir haben heute das Verbotsgesetz geändert, und jetzt schaffen wir einen ganz wichtigen Schritt, um allen Kindern, die in einer Ehe oder einer Partnerschaft geboren werden, von Geburt an zwei Elternteile zu geben – vollkommen unabhängig davon, welches Geschlecht die Eltern haben, und vollkommen unabhängig davon, auf welche Art und Weise diese Kinder gezeugt wurden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)
Ich freue mich wirklich sehr, dass wir dieses Gesetz heute so beschließen können. Ich muss aber noch einmal kurz unterbrechen und einen Abänderungsantrag einbringen, mit dem wir formale Ergänzungen machen. Ich lese ihn vor, weil er so kurz ist, dass er vorgelesen werden kann:
Abänderungsantrag
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:
1. In Z 4 wird in § 148 Abs. 3a die Wortfolge „mit der Mutter verheiratet oder in eingetragener Partnerschaft verbunden ist und“ durch die Wortfolge „als Ehegatte oder eingetragener Partner“ ersetzt.
2. In Z 9 entfällt in § 1503 Abs. 23 die Z 3 und die Z 4 und 5 enthalten die Ziffernbezeichnungen „3.“ und „4.“
*****
Wie gesagt, es handelt sich nur um formale Ergänzungen.
Das ist ein Gesetz, bei dem man sich fragt, ob wir es wirklich brauchen. Die traurige Antwort ist: Ja, wir brauchen es wirklich! Bisher war es nicht so, dass es, damit Kinder als eheliche Kinder gelten, vollkommen egal war, ob die Ehe, in die sie hineingeboren werden, zwischen einem Mann und einer Frau oder zwischen zwei Frauen besteht. Ich finde, das sollte in Zeiten wie diesen eigentlich selbstverständlich sein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)
Ich freue mich wie gesagt sehr, dass wir es jetzt geschafft haben, das als Selbstverständlichkeit zu verankern. Alle Kinder haben das Recht auf zwei Elternteile. Alle Kinder haben das Recht, gleich behandelt zu werden. Es ist vollkommen gleichgültig, wie die Eltern zusammenleben, in welcher Form die Eltern zusammenleben und mit wem die Eltern zusammenleben. Eltern sind Eltern: Eltern sind die Personen, die Kinder lieben, die ihre Kinder gemeinsam aufziehen und ihnen einen guten Start ins Leben geben wollen. Das haben
wir jetzt gesetzlich so festgehalten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bogner-Strauß und Steinacker.)
Ich bedanke mich sehr bei meiner Verhandlungspartnerin Frau Mag. Michaela Steinacker dafür, dass wir dieses Thema auf eine so gute Art und Weise lösen konnten. Wir haben nämlich die Kinder ins Zentrum gestellt; wir konnten voneinander differierende Zugänge hintanstellen und so gemeinsam die beste Lösung finden, die diese Sache erfordert hat.
Ich weiß, und ich kann das ja auch bestätigen, dass es in vielen Dingen für uns beide nicht immer ganz einfach war, zu schauen, dass wir auf einen guten Weg kommen, aber ich denke, wir haben da gemeinsam ein wirklich sehr gutes Gesetz geschaffen. – Vielen, vielen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.57
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Michaela Steinacker, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Justizausschusses über den Antrag 3754/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023) (2345 d.B.)
Antrag
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:
1. In Z 4 wird in § 148 Abs. 3a die Wortfolge „mit der Mutter verheiratet oder in eingetragener Partnerschaft verbunden ist und“ durch die Wortfolge „als Ehegatte oder eingetragener Partner“ ersetzt.
2. In Z 9 entfällt in § 1503 Abs. 23 die Z 3 und die Z 4 und 5 enthalten die Ziffernbezeichnungen „3.“ und „4.“
Begründung:
Zu Z 1 (§ 148 Abs. 3a ABGB):
Durch die Änderung soll klarstellend der Fall geregelt werden, dass die Zustimmung des Ehegatten oder eingetragenen Partners bei aufrechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft erteilt wurde, aber die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bei Geburt aufgelöst war (insbesondere durch Tod, Scheidung oder Auflösung). In diesem Fall soll die zustimmende Person als Vater oder anderer Elternteil festgestellt werden. Diese Regelung entspricht insofern der Rechtslage nach dem FMedG (vgl. § 2 Abs. 1 FMedG in Verbindung mit § 148 Abs. 3 ABGB).
Zu Z 2 (§ 1503 Abs. 23 ABGB):
Es erfolgt eine Anpassung im Übergangsrecht. Auch in bei Inkrafttreten bereits anhängigen Abstammungsverfahren soll die neue Rechtslage anzuwenden sein; daher soll die bisherige Z 3 entfallen.
Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte das noch während meiner Vorsitzführung korrigieren: Das Abstimmungsergebnis zu Tagesordnungspunkt 8 – die dritte Lesung des Gesetzentwurfes betreffend –, das ich von den Schriftführer:innen bekommen und auch verlesen habe, ist fehlerhaft gewesen.
Es ändert nichts am Abstimmungsergebnis, der Gesetzesantrag ist angenommen (Beifall bei Abgeordneten der Grünen), ich möchte Ihnen aber noch einmal das
korrekte Ergebnis sagen: Abgegeben wurden 148 Stimmen, davon „Ja“-Stimmen: 83 – nicht 73, wie vorhin erwähnt – und „Nein“-Stimmen: 65 – nur um das für das Protokoll korrekt festzuhalten. (siehe auch S. 157) (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei den Grünen: Da hat wieder die Excel-Tabelle der SPÖ zugeschlagen!)
Präsidentin Doris Bures: Ich erteile als nächstem Redner Herrn Abgeordneten Harald Stefan das Wort und übergebe den Vorsitz. – Bitte. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben von den Vorrednern schon gehört, worum es geht. Ich versuche, das jetzt klarzumachen – ich versuche es –: Es geht um die gesetzliche Fiktion, dass der Samen, der zur Zeugung eines Kindes führt, bei gleichgeschlechtlichen weiblichen Partnern bei der nicht medizinischen Fortpflanzung von der Partnerin stammt (Abg. El-Nagashi: Es geht um die Gleichbehandlung!) und sie daher der andere Elternteil ist. Jetzt schauen alle ein bisschen verwundert, aber das ist laut Gesetzentwurf tatsächlich so.
Es ist schon gesagt worden, die Natur regelt nicht alles; ja, offenbar regelt die Natur da nicht alles. Da merkt man schon, dass man da - - (Abg. El-Nagashi: Es geht um die Gleichbehandlung mit der medizinisch unterstützten Fortpflanzung!) – Es geht um die nicht medizinische Fortpflanzung und es geht um die Gleichbehandlung. (Abg. Stögmüller: Ja, genau, Sie sind gegen Gleichbehandlung!) Jetzt reden wir über Gleichbehandlung (Abg. Prammer: Ja, genau, richtig!) von medizinisch induzierter Fortpflanzung und nicht medizinisch unterstützter Fortpflanzung.
Das will ich Ihnen ganz kurz erklären, weil ich glaube, dass da tatsächlich ein Fehler passiert ist – obendrein, abgesehen von der gesellschaftspolitischen Problematik –: Wenn man bei einer – unter Anführungszeichen – „künstlichen Befruchtung“, also einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung – das heißt, ein Paar, entweder gleichgeschlechtlich oder verschiedengeschlechtlich, kann auf natürlichem Weg aus irgendeinem Grund kein Kind bekommen, und dann gibt es die Möglichkeit, dass man sich medizinische Unterstützung holt –, einen fremden Samen verwendet – bei weiblichen gleichgeschlechtlichen Paaren muss das natürlich so sein, bei verschiedengeschlechtlichen könnte es ja auch anders sein –, dann braucht man derzeit für die Zustimmung einen Notariatsakt, weil es eine gewisse Warnfunktion gibt, damit der Zustimmende darauf hingewiesen wird, welche Konsequenz das hat – nämlich dass er jetzt der Vater oder der andere Elternteil wird. (Abg. El-Nagashi: Nein, der Notariatsakt besteht zwischen den Paaren, es gibt keinen Notariatsakt mit dem Spender!) – Doch, tut mir leid!
Die Zustimmungserklärung muss also gegeben werden. Bei dieser Zustimmungserklärung – ich mache es oft genug, Sie brauchen es mir wirklich nicht zu erklären, danke (Beifall bei der FPÖ) – werden die Partner und vor allem derjenige, der die Zustimmung gibt, darauf hingewiesen, dass sie nachher alle Konsequenzen haben: unterhaltsrechtlich, namensrechtlich, erbrechtlich und so weiter. Es hat große Konsequenzen, Vater oder anderer Elternteil zu werden.
Bei der nicht medizinisch unterstützten Fortpflanzung – das heißt, wenn sich ein gleichgeschlechtliches weibliches Paar dazu entschließt, den Samen von jemandem anderen, aber nicht mit medizinischer Unterstützung, zu holen; ich weiß nicht genau, wie das funktioniert, aber das kann man sich ja in etwa vorstellen (Abg. Wurm: Das kann ... erklären! – Heiterkeit des Abg. Lukas Hammer) – genügt die reine Zustimmung dazu, dafür braucht man keinen Notariatsakt. Das finde ich wirklich problematisch, weil die Konsequenz ja die gleiche ist. (Abg. Shetty: ... Notariatsakt machen!)
Das heißt, der andere Elternteil erteilt dann eine bloße Zustimmung, die ja schwer nachweisbar ist: War das jetzt mündlich, hast du gesagt, das passt, bist
du einverstanden oder nicht? – Das ist eine Ungleichbehandlung, die auch verfassungsrechtlich problematisch ist (Abg. Prammer: Haben Sie einen Notariatsakt gemacht, bevor Sie Vater geworden sind?), weil man dann ja nachher darüber streiten kann: Gab es jetzt diese Zustimmung oder nicht, wurde die Zustimmung widerrufen?, mit all diesen Konsequenzen.
Ich denke, das ist einfach ein Fehler, der da passiert ist. Auch die Universität Graz etwa hat das ganz massiv kritisiert. Wahrscheinlich ist es auch verfassungsrechtlich bedenklich, aber vielleicht können Sie das noch reparieren.
Insgesamt sieht man aber, wo man sich hinbewegt hat: Man hat mit den gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaften begonnen, dann kam die gleichgeschlechtliche Ehe, dann kamen Adoption, künstliche Befruchtung und so weiter. Man sieht halt, dass man sich in ein Feld hineinbegeben hat, das höchst kompliziert und aus unserer Sicht auch gesellschaftspolitisch höchst problematisch ist. Auch da ist die ÖVP wieder dabei und daher unglaubwürdig, wenn es darum geht, gesellschaftspolitisch konservative Positionen zu vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)
13.03
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir setzen ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes um, weil die Rechtsfolgen von Nichtstun für uns jedenfalls unzumutbar gewesen wären. Frauen, die in einer lesbischen Ehe oder eingetragenen Partnerschaft leben und nicht medizinisch unterstützt schwanger werden und ein Kind bekommen, nicht mit zu umfassen hat der Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt.
Er hat uns Teile aus dem ABGB rausgestrichen. Wenn wir heute da keine Regelungen mit diesem Gesetzentwurf schaffen würden, würde für alle Menschen in Österreich, die Kinder bekommen, die automatische Vaterschaft des anderen Elternteils wegfallen. Der Schutzgedanke der sozialen Familie in Ehe und eingetragener Partnerschaft für das geborene Kind würde wegfallen. Bei unseren Überlegungen stand, wie Agnes Sirkka Prammer es angesprochen hat, das Kindeswohl im Mittelpunkt – das Kind, das in eine Partnerschaft, in eine Ehe hineingeboren wird. Wenn wir das nicht regeln würden, würde es zahlreiche rechtliche Probleme im Hinblick auf Obsorge, Unterhalt, Erbrecht, Staatsbürgerschaftsrecht und Sozialversicherungsrecht geben.
Wir haben einen Weg gewählt, heiß umfehdet, heftig diskutiert. Es war nicht einfach, weil unser Zugang ursprünglich schon war, für die Kinder aus Schwangerschaften in lesbischen Ehen oder eingetragenen Partnerschaften möglichst ähnliche Regelungen wie im Fortpflanzungsmedizingesetz zu treffen, mit einem Notariatsakt, und alle diese abstammungsrechtlichen Regelungen ganz gleichrangig abzubilden.
Das Problem war: In den Diskussionen und den Verfahren bei den Familiengerichten hat sich gezeigt, dass es nicht so streng geregelt sein kann, wie lesbische Partnerinnen zu einem Kind kommen. Man kann halt nicht verbieten, dass man sich einen Samen wo auch immer besorgt, es gibt Möglichkeiten im Internet, wir haben über Heiminsemination in Form von Becherspenden diskutiert – wenn man jemanden fragt, der einem den Samen zur Verfügung stellt.
In dem Abwägen, was wichtiger ist, den biologischen Vater zu kennen oder auch diese soziale Partnerschaft anzuerkennen und dem Kind den rechtlichen Rahmen zu geben, mit seinen zwei Elternteilen in einem geordneten Verhältnis aufzuwachsen, haben wir uns dafür entschieden, nicht diese ganz strenge Form zu wählen, sondern die Form einer vertraglichen Vereinbarung, die jedenfalls ermöglichen soll, dass möglichst viele Kinder – egal auf welchem Weg eine lesbische
Mutter zur Mutter wird – von den guten Rechtsfolgen, die diese Partnerschaft hat, mit umfasst sind.
Das war der Grund, weshalb wir das Thema des Notariatsaktes und die Notariatsform in den erläuternden Bemerkungen als das, was wir als Gesetzgeber empfehlen, hineingeschrieben haben. Wir empfehlen allen aufgrund der Drittwirkung, die es natürlich auch für den samenspendenden Mann haben kann, dass die lesbischen Partnerinnen eine Vereinbarung schließen, die nachweist, wie sie ihre Regelung haben wollen, um auch die Rechtsfolgen bezüglich Obsorge, Unterhalt, Erbrecht und so weiter auszulösen.
Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie wir im Sinne des Kindeswohls Artikel 7 der Kinderrechtskonvention und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die ja dieses Recht des Kindes auf Wissen über seine Abstammung schützen, hereinholen können.
Es ist uns in der Kürze der Zeit – leider hat uns der Verfassungsgerichtshof nur eine kurze Zeit zur Umsetzung gegeben – nicht gelungen, gleichzeitig das Register über Samen- und Eizellspenden nicht nur für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung, sondern auch für die nicht medizinisch unterstützte Fortpflanzung auf den Weg zu bringen.
Wir haben unseren Entschließungsantrag in dem Bewusstsein eingebracht, dass es ganz wichtig ist, ein Recht darauf zu haben, den biologischen Vater zu kennen, wenn das Kind das Interesse hat und es ihm die Eltern nicht sagen. Wir wollen, dass möglichst viele Partnerinnen, die in lesbischen Beziehungen Kinder bekommen, dem Kind auch die Kenntnis des biologischen Vaters weitergeben. Daher werden wir im Frühjahr einen Entwurf vorlegen, mit dem ein Register über Samen- und Eizellspenden aufgelegt wird, in dem es selbstverständlich auch für das, was wir jetzt regeln, eine Eintragungsmöglichkeit geben wird, nämlich wenn die Fortpflanzung nicht nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz geschieht.
Meine Damen und Herren, Agnes und ich und alle Beteiligten – auch die Frau Bundesminister, alle, die wir dieses Thema im Justizausschuss diskutiert haben – sind uns der Wichtigkeit des Abstammungsrechts im österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch bewusst. Wir sind uns dessen bewusst, wie notwendig es ist, Regelungen zu treffen, damit die Kinder nicht auf der Strecke bleiben.
Wir sind uns auch dessen bewusst – deswegen haben wir diese Gesetzesnovelle mit Achtsamkeit vorgelegt –, dass es im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes eine Umsetzungsnotwendigkeit gegeben hat. Glauben Sie uns, wir haben viel diskutiert, wir haben es uns nicht leicht gemacht. Ich hoffe, dass es im Sinne der Notwendigkeit, dass wir in Österreich keinen ungeregelten Zustand betreffend Abstammung haben, heute auch eine breite Zustimmung dazu gibt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.09
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wie bereits von den Abgeordneten erörtert, hat der Verfassungsgerichtshof die zentrale Norm des Abstammungsrechts, nämlich 144 ABGB, mit 1. Jänner 2024 aufgehoben. Diese Bestimmung regelt in erster Linie, wer rechtlich zweiter Elternteil des Kindes ist; erster Elternteil ist und bleibt die Mutter, die das Kind geboren hat. Gerade in diesem Bereich ist es für alle Beteiligten, aber vor allem für das Kind – das wurde ja schon mehrfach betont – essenziell, Klarheit darüber zu haben, wer zweiter Elternteil ist, wer für das Kind die Obsorge übernimmt und wer Unterhalt leistet. Von den erbrechtlichen Konsequenzen
und den Auswirkungen auf die Staatsbürgerschaft möchte ich gar nicht reden – welche Konsequenzen es hätte, wenn wir keine Regelung getroffen hätten!
Es wurde schon viel darüber berichtet, wie die vorgeschlagene Regelung aussieht. Ich halte es für in der heutigen Zeit sehr wichtig und essenziell, dass wir es geschafft haben, dass gleichgeschlechtliche Ehen und verschiedengeschlechtliche Ehen im Abstammungsrecht nun endlich gleichgestellt sind. Es wird automatisch jene Person anderer Elternteil, die zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter in Ehe oder eingetragener Partnerschaft lebt. Elternteil ist außerdem jene Person, die das Kind anerkannt hat, und zwar jeweils völlig unabhängig vom Geschlecht und unabhängig davon, wie das Kind gezeugt wurde, das heißt, egal ob das Kind durch eine medizinisch unterstützte oder nicht durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt wurde. Gleichgeschlechtliche Paare können Kinder nun also unter denselben Bedingungen anerkennen, wie es heterosexuelle Paare schon bisher konnten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)
Wir schaffen auch die notwendigen Rahmenbedingungen und eine rechtlich abgesicherte Form für die ohnehin schon stattfindende private Samenspende. Es ist doch richtig und gut, dass wir eine rechtlich abgesicherte Form haben.
All diese Punkte zeigen, dass wir mit der Reform für stabile Abstammungsverhältnisse sorgen und so die Rechtssicherheit, die soziale Familie und das Kindeswohl stärken. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hörl: Spärlicher Applaus!)
13.12
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Gudrun Kugler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ganz kurz zu
meinen Vorrednern: Herr Kollege Troch, heute geht es nicht um die medizinisch unterstützte Fortpflanzung – das haben wir hier im Hohen Haus im Jahre 2015 diskutiert und beschlossen –, sondern um die nicht medizinisch unterstützte Fortpflanzung. (Abg. Shetty: Also Sie haben sicher nicht mitbeschlossen, Frau Kollegin! – Abg. Troch hält ein Schriftstück in die Höhe.)
Frau Kollegin Prammer, wir reden heute nicht über das Thema Kinder erziehen, sondern Kinder zeugen. Deswegen möchte ich darauf hinweisen, dass die Bundesregierung im Rahmen des Verfahrens, das zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs im Juni 2022 geführt hat, eine Stellungnahme abgegeben hat. Darin heißt es nämlich – Achtung, ich zitiere –: „Eine Vermutung, dass das Kind von der Ehegattin oder Partnerin der Mutter abstammt, kann [...] nicht aufgestellt werden“. Die Bundesregierung sieht in dieser – Zitat – „Wirklichkeit“ einen wesentlichen „Unterschied, der eine unterschiedliche Regelung sachlich rechtfertigt und in diesem Sinn keine Diskriminierung [...] darstellt.“
Das war die Haltung der Bundesregierung. Dieser ist der VfGH aber nicht gefolgt. Das war für manche schwer zu verstehen, nämlich insbesondere für die, die im Biologieunterricht ganz genau aufgepasst haben (Zwischenruf des Abg. Matznetter – Abg. Shetty: ... dafür, den Biologieunterricht zu ersetzen! ... wohl etwas anderes!), denn bei zwei Frauen gibt es in der Fortpflanzung immer einen Dritten: Es gibt einen Dritten, einen Samenspender (Zwischenruf des Abg. Matznetter), einen biologischen Vater, ob man möchte oder nicht. Und: Ein Kind hat das Recht auf Kenntnis seiner Herkunft, ob man möchte oder nicht. Das sind Menschenrechte.
Wo ist das geregelt? – Zum Beispiel in Artikel 8 EMRK oder in Artikeln 7 und 8 der Kinderrechtskonvention. Artikel 7 besagt: Das Kind hat „soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden“; Artikel 8 behandelt das Recht des Kindes auf Identität.
Wir tun, was der Verfassungsgerichtshof von uns verlangt, und beschließen heute eine Neuregelung des Abstammungsrechts.
Der Gesetzentwurf, der uns vorliegt, ist ein Verhandlungskompromiss. Die Notariatserklärung wurde mehrfach angesprochen: Wir hätten das gerne gemacht, denn ohne den Notariatsakt bleibt unser Gesetz hinter der Schutzintention des Fortpflanzungsmedizingesetzes, das im Jahr 2015 – nach vielen Monaten (Abg. Schallmeiner: Ja, viele Monate!), auch unter Einbeziehung der Öffentlichkeit – hier beschlossen wurde.
Wir haben Standards festgelegt, die wir jetzt aufweichen, denn die Formlosigkeit der Vereinbarung stellt nicht sicher, dass volle Aufklärung vorherrscht – falls ich Herrn Kollegen Troch richtig verstanden habe, hat er das auch angesprochen. Es gibt keine Aufklärung über die Rechtsfolgen, es fehlt die bewusste Zustimmung, es fehlt eine Obergrenze, wie oft Samen gespendet werden darf, die wir im FMedG vorsehen, und – meines Erachtens das wichtigste Thema – der Samenspender selber muss nicht zwingend angegeben werden, wodurch das Informationsrecht des Kindes nicht gesichert ist.
Ich halte das für problematisch, weil wir wissen, wie wichtig es für den Menschen ist, seine Abstammung zu kennen. Nicht von ungefähr ist es so, dass die DNA-Tests im angelsächsischen Raum boomen. Die Leute bestellen diese im Internet (Abg. Yildirim: Ob das seriös ist, ist eine andere Frage!), sie wollen wissen: Woher komme ich?
Die Bundesregierung hat in der Stellungnahme an den VfGH betreffend das Erkenntnis vom Juni 2022 gesagt, „die Möglichkeit anonymer Samenspenden über das Internet oder im Ausland unter Umgehung der Vorschriften des FMedG [...] ist [...] aus Sicht des Gesetzgebers nicht gewünscht“. – So, ich lasse das so stehen.
Positiv ist, dass wir in unserem Gesetz am Begriff Vater festhalten; das machen nicht alle Länder. (Abg. Belakowitsch: Das ist selbstverständlich, nicht positiv!) Positiv ist, dass wir einen Allparteienkonsens haben, am Verbot der Leihmutterschaft festzuhalten; auch das gehört in diesen Themenkomplex hinein. (Abg.
Disoski: Das kommt da überhaupt nicht rein! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)
Positiv ist außerdem – wie meine Kollegin Steinacker schon ausgeführt hat –, dass wir ein Samen- und Eizellspenderegister (Abg. Disoski: Das stimmt nicht, Gudrun!) beim Gesundheitsminister beauftragt haben (Abg. Disoski: Das stimmt nicht!) und im Frühjahr hoffentlich ein Ergebnis dazu bekommen. Die betroffenen Kinder können dann ab 14 in Erfahrung bringen, wer die leiblichen Eltern sind – das ist ein Menschenrecht, wie schon gesagt (Abg. Disoski: Stimmt nicht!) –, und ich hoffe, dass es selbstverständlich ist, dass jene Samenspenden, die wir heute regulieren, dann auch in diesem Register eingetragen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Der Applaus ist ein bisschen verkrampft!)
13.17
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mich dazu zu Wort gemeldet, weil zu dem, was da teilweise gesagt wurde, schon noch zwei, drei Sachen zu kommentieren sind.
Ganz kurz zu Ihnen, Frau Kollegin Kugler, weil Sie jetzt gesagt haben: Wir haben damals das Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz beschlossen. – Nein, Sie waren da 2015 nicht dabei. (Ruf bei der ÖVP: Na sicher! – Abg. Kugler: Ich persönlich?) 2015 – darf ich Sie noch einmal erinnern, Frau Kollegin Kugler? – haben Sie – Zitat – gesagt, dass die Ehe für alle, die Öffnung der Ehe der erste Schritt in Richtung Polygamie und Geschwisterehe ist. – Das war damals Ihr Gedankengut. (Beifall bei NEOS und Grünen.)
Das war damals Ihr Gedankengut, daran würde ich Sie schon gerne noch einmal erinnern. Na ja, im Jahr 2023 ist es nicht mehr so sexy, solche Sachen zu sagen, aber damals war das Ihre Meinung und diese haben Sie damals vertreten. (Abg. Stögmüller – in Richtung Abg. Kugler –: Das ist eh noch immer Ihre Meinung!)
Ein zweiter Kommentar noch zu Kollegen Stefan, der das jetzt für FPÖ-Verhältnisse mit feiner Klinge umschrieben hat, warum die FPÖ als einzige Partei nicht mitstimmt. Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, mitzustimmen, weil es darum geht, einen verfassungskonformen Zustand herzustellen. Herr Kollege Stefan hat sehr elegant umschrieben, worum es der FPÖ eigentlich geht, nämlich den Kulturkampf gegen alles, was nicht in Ihr Weltbild passt, zu verlängern; und Ihr Weltbild ist relativ eng, nämlich: Vater, Mutter, Kind (Abg. Belakowitsch: Richtig!), der Vater geht arbeiten (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), die Mutter bleibt am Herd, und alles, was da nicht reinpasst, ist schlecht. – Darum geht es Ihnen eigentlich. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Kucher.)
Worum es aber uns allen anderen hier, die wir heute diese Gesetzesänderung beschließen, geht, ist, das zu erfüllen, was der Verfassungsgerichtshof uns als Gesetzgeber aufgetragen hat, nämlich das entsprechend den Erkenntnissen von 2014 und von 2017 – die Öffnung des Adoptionsrechtes 2014, die Öffnung der Ehe als Grundrecht für alle gleichgeschlechtlichen Paare 2017 – auch in allen anderen Gesetzen, zum Beispiel im Personenstandsgesetz, zu ändern.
Darum geht es und um nichts mehr. Sie wollen aber mehr daraus machen. Das ist vielleicht abschließend auch eine gute Gelegenheit, darauf hinzuweisen, worum es der FPÖ eigentlich geht: Es geht um etwas Grundsätzlicheres. Die FPÖ ist nämlich nicht irgendeine Protestpartei; und ich verstehe, warum sehr viele Zuseherinnen und Zuseher, sehr viele Wählerinnen und Wähler das Gefühl haben, sie müssen Protest äußern: weil sie von der Performance dieser Politik frustriert sind. Das verstehe ich.
Die FPÖ ist aber nicht irgendeine Protestpartei, bei der man einfach einmal einen Protest deponiert, sondern das ist eine Partei, die Österreich grundlegend ändern will. (Abg. Amesbauer: Ja! – Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.) Dazu gehört beispielsweise, die Ehe für alle rückgängig zu machen, das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare abzuschaffen – ich verstehe nicht, warum Sie da klatschen (Abg. Amesbauer: Sicher wollen wir Österreich grundlegend ändern! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, die Frauen mit einer Herdpflicht, wie Sie sie in Salzburg eingeführt haben, zurück an den Herd zu verbannen. Das wollen Sie.
Sie wollen Österreich auf den Kopf stellen, es dann vielleicht noch aus der Europäischen Union führen, darum geht es Ihnen. Sie wollen ein ganz anderes Österreich, und das sollten die Menschen, die Sie wählen, auch wissen. (Abg. Kassegger: Jetzt geht aber die Fantasie mit Ihnen durch, Herr Kollege! Sie haben eine blühende Fantasie! – Beifall bei NEOS und Grünen. – Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ –: Das war euer bester Redner!)
13.20
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ja, Herr Kollege Shetty, Sie haben vollkommen recht: Vater, Mutter, Kind entspricht unserem Weltbild. (Ruf bei den Grünen: ... aus der Steinzeit! – Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage Ihnen noch etwas: Wir sind damit nicht allein. Wir repräsentieren damit 90 Prozent oder mehr als 90 Prozent der Bürger in diesem Land. (Ruf bei der SPÖ: Nein, das tun Sie nicht! – Abg. Shetty: Sie repräsentieren damit nicht einmal Ihren Parlamentsklub! – Rufe bei SPÖ und Grünen: Paralleluniversum! Was für eine Träumerei!) Diese leben nämlich genau in einem solchen System. Mütter, Väter, Kinder: Das sind Familien. (Abg. Stögmüller: Schau einmal in deinem Klub nach, ob
da alle ...!) Das sind auch diejenigen, die dieses Land, die diesen Staat weiterbringen, das ist eine ganz normale Sache. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie von Herdprämie sprechen, weil Mütter sich entscheiden (Abg. Shetty: Das ist keine Herdprämie, es ist eine Herdpflicht, was Sie in Salzburg verändert haben!), länger bei ihren Kleinstkindern zu bleiben, dann zeigt das ja nur, dass Sie überhaupt keine Ahnung von den Lebensrealitäten der Familien haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Wissen Sie, Mütter wollen bei ihren Kindern bleiben. Mütter sind nämlich keine Gebärmaschinen und Kinder sind keine Gegenstände, die man hin- und herschiebt, je nachdem, wie es einem passt. (Abg. Prammer: Ich liebe Leute, die mir sagen, was ich will!) Es hat schon alles seine Berechtigung. Es gibt eine Evolution, es gibt eine Biologie und die werden Sie mit Ihrer linken Gesellschaftsideologie auch nicht aushebeln. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Bitte! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)
Man muss nicht alles, was sich bewährt hat und was das Natürlichste auf der Welt ist, ändern. Nur weil es irgendwelche Gerichtsurteile gibt (Abg. Shetty: Es geht um ein Gerichtsurteil vom Verfassungsgerichtshof! Darum geht es Ihnen eigentlich! Den würden Sie am liebsten auch aushebeln, den Verfassungsgerichtshof!) und weil man glaubt, man sei jetzt besonders modern, ändert sich die Gesellschaft nicht, deswegen ändert sich auch die Biologie nicht.
Ich wiederhole es noch einmal: Wir stehen zu Vater, Mutter, Kind. (Oh-Rufe bei SPÖ und Grünen. – Abg. Prammer: Nimmt euch eh keiner! – Abg. Scherak: Was sagt denn die Frau Weidel dazu eigentlich?) Wir sind davon nicht nur überzeugt, sondern es ist auch einfach eine biologische Tatsache, dass es ein Männchen und ein Weibchen braucht, um ein Kind zu zeugen, das wissen wir alle. Genau in diesem System leben wir und in diesem System leben die Österreicher, und das ist gut so. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)
13.22
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Dieses Menschen-gegeneinander-Ausspielen – ich sage es jetzt genau so, auch wenn ich einen Ordnungsruf bekomme –: Es kotzt mich an! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS sowie der Abg. Bogner-Strauß.) Es ist nur schäbig, es ist nur widerlich und es ist einer Partei im österreichischen Parlament nicht würdig.
Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich muss Ihnen für diese Aussage natürlich einen Ordnungsruf erteilen.
*****
Bitte schön, fahren Sie fort.
Abgeordneter Mario Lindner (fortsetzend): Den nehme ich wirklich gerne, Herr Präsident. (Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ich habe es hier herinnen schon einmal gesagt: Die LGBTIQ-Community in Österreich besteht aus mehr als 900 000 Menschen – das ist mehr als Vorarlberg Einwohner:innen hat, auch mehr als Tirol, Salzburg, Kärnten oder das Burgenland – und diese 900 000 Menschen, die sind Familie. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS. – Rufe bei der SPÖ: Juhu!)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Heinisch-Hosek: Was ist mit der ÖVP?)
Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das erkenne ich nicht.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 in 2345 der Beilagen.
Hierzu haben die Abgeordneten Mag.a Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Mag.a Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 4 und 9 eingebracht.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Ich gehe daher so vor.
Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die
Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.
Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.
Ich ersuche jene Abgeordneten, die in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sehr sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.
Ich bitte nunmehr den Herrn Schriftführer, Abgeordneten Schallmeiner, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Kucharowits wird ihn später dabei ablösen. – Bitte schön.
*****
(Über Namensaufruf durch die Schriftführer:innen Schallmeiner und Kucharowits werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Stimmabgabe ist beendet.
Es werden nunmehr die Bediensteten des Hauses unter Aufsicht der Schriftführung die Stimmenzählung vornehmen.
Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13.30 Uhr unterbrochen und um 13.37 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.
Abgegebene Stimmen: 154; davon „Ja“-Stimmen: 129, „Nein“-Stimmen: 25.
Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.
Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.
Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:
Baumgartner, Becher, Berlakovich Nikolaus, Bernhard, Blimlinger, Bogner-Strauß, Böker, Brandstätter Helmut, Brandweiner, Bürstmayr;
Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski, Drobits, Duzdar;
Einwallner, El-Nagashi, Erasim, Eßl;
Feichtinger, Fischer;
Gahr, Gerstl, Gödl, Götze, Graf Tanja, Greiner Karin, Großbauer, Grünberg;
Hamann Sibylle, Hammer Lukas, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Heinisch-Hosek, Himmelbauer, Hintner, Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Holzleitner, Holzner, Hörl, Hoyos-Trauttmansdorff;
Jachs, Jeitler-Cincelli;
Kaufmann, Keck, Kirchbaumer, Köllner, Kollross, Kopf, Koza, Krainer Kai Jan, Krisper, Kucharowits, Kucher Philip, Kugler Gudrun, Kuntzl;
Laimer, Leichtfried, Lercher, Lindinger, Lindner Mario, Litschauer, Loacker;
Marchetti, Margreiter, Matznetter, Melchior, Minnich, Muchitsch;
Neßler, Neumann-Hartberger, Niss Maria Theresia, Nussbaum;
Obernosterer, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger, Oxonitsch;
Pfurtscheller, Pöttinger, Prammer, Prinz;
Rausch-Amon Bettina, Reimon, Reiter, Rössler;
Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Schatz, Scherak, Scheucher-Pichler, Schmidt Michaela, Schmuckenschlager, Schnabel, Schroll, Schwarz Jakob, Shetty, Sieber Norbert, Silvan, Singer Johann, Smodics-Neumann, Smolle, Sobotka, Stark, Steinacker, Stocker, Stöger Alois, Stögmüller, Strasser;
Tanda, Taschner, Tomaselli, Totter, Troch;
Voglauer;
Weber, Weidinger, Weratschnig, Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wöginger;
Yildirim;
Zarits Christoph, Zopf, Zorba.
Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:
Amesbauer;
Belakowitsch Dagmar, Brückl;
Deimek;
Ecker Rosa;
Fürst;
Graf Martin;
Hauser, Herbert Werner, Hofer;
Kainz, Kaniak, Kassegger;
Lausch, Linder Maximilian;
Rauch Walter, Reifenberger, Ries Christian;
Schmiedlechner Peter, Schnedlitz, Schrangl, Spalt, Stefan, Steger Petra;
Wurm.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2354 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: die dem Ausschussbericht 2346 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- und Eizellspenden“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (357/E)
13. Punkt
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2344 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hier um die Umsetzung einer Richtlinie, nämlich des Digital Services Acts. Das heißt also, die Europäische Union schreibt uns vor, wie wir mit Fakenews und Hass im Netz umzugehen haben beziehungsweise wie das zu regeln ist.
Wir haben damals schon die innerstaatlich vorgenommene Regelung scharf kritisiert und darauf hingewiesen, dass diese wahrscheinlich demnächst sowieso wieder aufgehoben werden muss, weil die Europäische Union hierüber eine Regelung trifft – und genau so ist es gekommen. Jetzt haben wir die europäische Regelung, aber sie besagt immer wieder das Gleiche: Da werden diese Schlagworte, diese Kampfbegriffe – Hass im Netz und Fakenews – verwendet,
die in Wahrheit in erster Linie dazu dienen, die Meinungsfreiheit einzuschränken. (Beifall bei der FPÖ.)
Wie werden Fakenews geprüft? – Fakenews werden von Faktencheckern geprüft, das heißt, anhand der vorhandenen Informationen werden die Informationen geprüft, und wenn diese nicht übereinstimmen, dann sind sie problematisch.
Ähnlich hat man das auch mit Galileo Galilei gemacht. Damals wurde auch mit den vorhandenen Fakten geprüft, was er gesagt hat, und das hat nicht gepasst. (Abg. Rössler: Das ist ein bissl ein Unterschied, glaube ich!) Ihm ist also das passiert, was eben Leuten passiert, die angebliche Fakenews verbreiten; genauso ist es heute. – Das ist das Thema Fakenews.
Hass im Netz kennen wir auch. Hass wird plötzlich zu einem juristischen Begriff, obwohl er das an sich gar nicht ist – so wird es da gemacht. Künftig wird es dann ein Red-Flag-System geben. Das heißt also, Algorithmen – oder wer auch immer sich dazu berufen fühlt – setzen eine rote Flagge bei einer Nachricht, bei der sie davon ausgehen, das ist Hass oder es sind Fakenews. Was machen dann große Internetkonzerne? – Na ja, die werden das im Zweifelsfall natürlich löschen. Das ist ja ein Geschäftsmodell, die wollen ein Geschäft machen. Das sind ja keine Institutionen oder so, denen es um Moral, Sitte oder sonst etwas geht. Die wollen ein Geschäft machen, und wenn das Geschäft ein Problem hat, dann wird man halt im Zweifelsfall vorauseilend löschen.
Damit kann man eben gewisse Informationen, gewisse Inhalte aus dem Internet entfernen, sofern die Algorithmen entsprechend eingestellt werden – höchst problematisch, ganz schlimm, wir kennen das von dieser Cancel Culture. Es existiert halt dann eine gewisse Meinung oder eine gewisse Ansicht nicht mehr, und das ist eine negative Entwicklung, die jetzt von der Europäischen Union fortgesetzt wird.
Die Europäische Union ist insgesamt, auch was die ganze Überwachung und so weiter betrifft, auf einem ganz schlechten Trip. Das gehört massiv geändert. Vielleicht schaffen wir das, indem wir bei den nächsten Europawahlen echt ein Zeichen setzen, nicht nur in Österreich, sondern europaweit, damit wir diese Tendenz brechen können. (Beifall bei der FPÖ.)
13.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hass im Netz ist kein Einzelfall oder auch – unter Anführungszeichen – kein „besonderes“ Phänomen, sondern es ist traurige Realität, nämlich vor allem für uns Frauen. Wir erleben Sexismus, wir erleben Degradierung, wir erleben tiefste Drohungen und Bedrohungen, und da rede ich noch überhaupt nicht von Deepfakes, die aufgrund von KI mittlerweile ja sehr, sehr flächendeckend möglich sind, Stichwort pornografische Darstellungen von Frauen im Netz.
Zara – Sie wissen, die Beratungsstelle für Zivilcourage und Antirassismusarbeit – berichtet, dass seit Eröffnung der Beratungsstelle gegen Hass im Netz, nämlich im September 2017, bis August diesen Jahres 11 514 Onlinehassmeldungen eingegangen sind – 11 514! Auf österreichischer Ebene haben wir vor drei Jahren mit einem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz reagiert. Das war wichtig und richtig.
Parallel dazu gab es aber das Kommunikationsplattformen-Gesetz, für das wir uns als sozialdemokratische Fraktion damals schon nicht ausgesprochen haben, weil wir der Meinung waren, das schafft den Balanceakt zwischen Meinungsfreiheit und sozusagen Riegelvorschieben nicht. Außerdem hat man eigentlich den Internetgiganten und -konzernen die Entscheidungsmacht übertragen. Da
waren wir damals dagegen. Der EuGH hat einige Teile dieses Kommunikationsplattformen-Gesetzes gekippt – gut so.
Auf EU-Ebene – das haben wir damals auch schon diskutiert – wurde parallel dazu bereits am Digital Services Act gearbeitet, an einer Verordnung, die Konzernen ganz klar Spielregeln aufzeigt, die Konzerne ganz klar in die Schranken weist und sie auch zum Handeln verpflichtet. Das ist gut so.
Illegale und schädliche Aktivitäten im Internet, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, und vor allem die Verbreitung von Desinformation müssen dringend verhindert werden, das geht gar nicht anders. Für uns als Nutzerinnen oder Nutzer muss auch gewährleistet sein, dass es eben nicht wurscht ist, was im Internet passiert, weil das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Da braucht es ganz klare Schranken und Regulierungen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir glauben, dass das mit dem DSA wirklich gelingt und dass damit ein Rahmen gelungen ist, um die Rechtsdurchsetzung auch wirklich zu schaffen. Es ist im Übrigen auch ganz, ganz wichtig und im Sinne unserer Demokratie, wenn man weiß, welche Macht Konzerne diesbezüglich haben.
In Österreich wird es eine Anlaufstelle geben, nämlich die KommAustria, eine Behörde, an die man sich wenden kann, die das, wenn man in irgendeiner Form vom DSA betroffen ist, entsprechend koordiniert und die dann auch andere Behörden einschaltet. So ist der Plan und so ist auch offen gesprochen unsere Forderung, nämlich auch mit weiteren Expertinnen und Experten zu kooperieren. Es gibt viele in diesem Feld, ich nenne nur Zara, Epicenter Works oder auch die Internet-Ombudsstelle, die man da auch ganz klar miteinbinden sollte. Das ist unser Appell an dieser Stelle.
Kurz gefasst: Der Gesetzentwurf zum DSA ist ganz klar zu unterstützen, wir stimmen zu. Aber: Um den DSA dann auch in der Praxis wirklich umfassend leben zu können und ihn auch zum Leben zu erwecken, braucht es die ausreichende Finanzierung der sogenannten Trusted Flaggers – die gibt es
nämlich nicht – und auch der außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ergänzend zur RTR. Deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Unterstützung von Trusted Flaggern und außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ein eigenes Förderprogramm zu installieren, damit die in Frage kommenden Einrichtungen ihre wichtigen im Digital Services Act vorgesehenen Aufgaben auch vollumfassend wahrnehmen können.“
*****
Wir bitten um breite Zustimmung, damit das Internet ein lebenswerter Raum wird. (Beifall bei der SPÖ.)
13.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Selma Yildirim, Katharina Kucharowits,
Genossinnen und Genossen
betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das
Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2344 d.B.) (TOP 13)
Der Digital Services Act (Verordnung (EU) Nr. 2022/2065 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste)) reguliert Online-Vermittler und -Plattformen wie Marktplätze, soziale Netzwerke, Plattformen zum Teilen von Inhalten, App-Stores und Online-Reise- und Unterkunftsplattformen. Das Hauptziel ist es dabei, illegale und schädliche Aktivitäten im Internet und die Verbreitung von Desinformation zu verhindern. Die Verordnung soll die Sicherheit der Nutzer:innen gewährleisten, die Grundrechte schützen und ein faires und offenes Umfeld für Online-Plattformen schaffen. Der DSA beinhaltet im Wesentlichen Haftung(sausschlüsse) der Anbieter von Vermittlungsdiensten, Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld, Sanktionsvorschriften und ein Beschwerderecht von Nutzer:innen.
Um den DSA in der Praxis zum Leben zu erwecken, sind vertrauenswürdige Hinweisgeber – so genannte trusted flagger – vorgesehen. Personen sollen sich an unterschiedliche Einrichtungen wenden können, wenn sie der Auffassung sind, rechtswidrige Inhalte entdeckt zu haben. Durch den Status als "vertrauenswürdige Hinweisgeber" sollen Meldungen dieser Einrichtungen über rechtswidrige Inhalte von Vermittlungsdiensten vorrangig bearbeitet werden. Auch bei den außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ist vorgesehen, dass die KommAustria – neben der gesetzlich vorgesehenen Schlichtungsstelle RTR GmbH – noch andere außergerichtliche Streitbeilegungsstelle(n) auf Antrag für einen (verlängerbaren) Zeitraum von höchstens fünf Jahre zulässt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Personen, die etwa von der Entfernung von Informationen oder der Schließung eines Nutzerkontos betroffen sind, hätten so die Möglichkeit, aus einer Palette von zertifizierten außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen auszuwählen.
Organisationen, die in Österreich als Trusted Flagger oder außergerichtliche Streitbeilegungsstellen in Frage kommen, haben jedoch oftmals eines gemeinsam: fehlende finanzielle Mittel. Das Scannen des Internets nach rechtswidrigen Inhalten durch sachkundige Personen und Verarbeiten von Hinweisen von Nutzer:innen ist nur mit großem finanziellen Aufwand zu bewerkstelligen. Um den DSA mit Leben zu erwecken und das Internet wirklich zu einem lebenswerteren Ort zu machen, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Unterstützung von Trusted Flaggern und außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ein eigenes Förderprogramm zu installieren, damit die in Frage kommenden Einrichtungen ihre wichtigen im Digital Services Act vorgesehenen Aufgaben auch vollumfassend wahrnehmen können.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Nikolaus Scherak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Das wird jetzt zu einer sehr peinlichen Geschichte für Sie und das ganze Anliegen.
Wir erinnern uns, dass das Kommunikationsplattformen-Gesetz vor ein paar Jahren beschlossen wurde. Wir als NEOS haben damals schon davor gewarnt, dass das Kommunikationsplattformen-Gesetz nicht die notwendige Balance, von der Frau Kollegin Kucharowits schon gesprochen hat,
zwischen Meinungsfreiheit und Schutz der Persönlichkeitsrechte hat. Sie haben es trotzdem gemacht.
Wir haben auch davor gewarnt, dass es höchstwahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass der DSA kommen wird, gar nicht notwendig ist, dass man das jetzt macht, weil es eine gemeinsame europäische Regelung geben wird, die sinnvoller ist als ein nationaler Alleingang. Als wir dann einmal nachgefragt haben, wie schlagkräftig dieses Gesetz ist, wurde uns bei einer Anfragebeantwortung von Bundesministerin Edtstadler gesagt, dass keine einzige Strafe gegen eine Kommunikationsplattform verhängt wurde.
Zu guter Letzt – Frau Kollegin Kucharowits hat es angesprochen – hat der EuGH gesagt, das Kommunikationsplattformen-Gesetz war europarechtswidrig, es hätte so nie beschlossen werden dürfen.
Da muss man sich einmal die Frage stellen, wie viele Ressourcen in ein Gesetz eingeflossen sind, das es nie hätte geben müssen, das es nie hätte geben dürfen, und was für ein Schaden dann am Schluss in Wirklichkeit auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern entstanden ist, weil Sie einfach Ressourcen eingesetzt haben, im Wissen, dass es das Gesetz nicht braucht, weil es ein europäisches geben wird, und im Wissen, dass es in der Regel höchstwahrscheinlich europarechtswidrig sein wird. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Kucharowits.)
Jetzt wird es eigentlich noch skurriler: Es gibt seit Oktober 2022 den DSA, und Sie haben es offensichtlich nicht geschafft, in einer gewissen Schnelligkeit ein DSA-Begleitgesetz für Österreich zu formulieren. Der Gesetzentwurf kam im Oktober 2023 in Begutachtung, Begutachtungsfrist drei Wochen. Ich wiederhole das von hier vorne sehr oft: Es gibt eine Empfehlung des Bundeskanzleramtes, mindestens vier Wochen Begutachtung zu machen.
Als die Grünen eine selbstbewusste Parlamentspartei waren, haben sie jedes Mal zu Recht darauf hingewiesen, und seitdem sie in der Regierung sind, ist es ihnen
vollkommen powidl. Es war ihnen während Corona powidl und es ist ihnen immer noch vollkommen egal, was die grundsätzlichen Usancen und Regeln im Parlamentarismus und in der Demokratie sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Dann haben Sie innerhalb von zehn Tagen alle Stellungnahmen eingearbeitet oder versucht, das irgendwie einzuarbeiten. Da braucht man sich dementsprechend nicht zu wundern, dass das legistisch ein bissl holprig ist. Es wird aber noch besser: Wir kriegen heute in der Früh um 9.32 Uhr einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Steinacker, Prammer per Mail zugeschickt, und wir kriegen heute um 12.26 Uhr zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Steinacker, Prammer zugeschickt, einer zwei Seiten lang und der andere sechs Seiten lang.
Ich habe versucht, herauszufinden, welcher dieser Abänderungsanträge überhaupt eingebracht wird, weil man mir erklärt hat: Na, einen bringen wir jetzt doch nicht ein, wir bringen vielleicht einen anderen ein! – Bis zu dem Zeitpunkt, als ich hier nach vorne gegangen bin, wusste ich nicht, welcher Abänderungsantrag jetzt eingebracht wird.
Sie können dieses Parlament doch nicht für dumm verkaufen! Sie wollen jetzt drei Redner nach mir über einen Gesetzentwurf abstimmen, bei dem wir jetzt noch nicht einmal wissen, was für ein Abänderungsantrag eingebracht wird. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Frau Bundesministerin, Sie tun mit Ihrem Aktionismus weder der Sache etwas Gutes, noch tun Sie dem Parlamentarismus etwas Gutes. Die Grünen, die früher einmal für lebendigen, selbstbewussten Parlamentarismus waren, schaufeln dem Parlament das Grab, wenn sie weiterhin so herumwurschteln. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Loacker: Immer nur um die Schlagzeile in den Zeitungsberichten ...! – Abg. Martin Graf: Das ist, wenn man Hass in den Augen hat, da passiert einem so was!)
13.49
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Man kann es so wie die NEOS sehen, man kann es aber auch anders sehen.
Diese Bundesregierung hat im Dezember 2020 ein Gesetz beschlossen, mit dem man sich zum Ziel gesetzt hat, Hass im Netz zu bekämpfen, um betroffenen Personen, um Nutzerinnen und Nutzern ein Rüstzeug in die Hand zu geben, damit sie sich wehren können, damit sie melden können, dass Inhalte, die rechtswidrig sind, die tatsächlich Straftatbestandteile betreffen, auch gelöscht werden. Das haben wir im Dezember 2020 umgesetzt und es ist mit Jänner 2021 in Kraft getreten. Wir haben somit auch einen Teil des Weges für den Digital Services Act bereitet, so wie wir ihn heute diskutieren und zu dem wir heute auch ein Begleitgesetz beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir können stolz darauf sein, dass wir das getan haben, denn wir haben mit diesem Gesetz zum einen das Thema Hass im Netz adressiert. Wir nehmen nicht einfach zur Kenntnis, dass im Netz beleidigt wird, dass jemand bloßgestellt wird, dass verhetzt wird oder Ähnliches. Wenn es offline verboten ist, muss es auch online verboten sein – das ist unsere Zielsetzung.
Wir haben mit diesem Gesetz zum anderen auch noch weitere Rahmenbedingungen geschaffen. Wir haben dafür gesorgt, dass die großen Internetkonzerne Ansprechpartner in Österreich stellen müssen, damit wir überhaupt jemandes habhaft werden, damit wir das adressieren können.
Es geht auch darum, dass Verfahren beschleunigt werden. Wenn betroffene Personen, meistens Frauen, von irgendwelchen Bloßstellungen, von Beleidigungen oder Ähnlichem betroffen sind, dann darf sich das Verfahren nicht
ewig hinziehen, sondern es muss schnell behandelt werden. Wir haben auch eine psychosoziale Prozessbegleitung geschaffen, weil das für die betroffenen Personen natürlich sehr, sehr belastend ist.
Wir begrüßen natürlich die Initiative – das haben wir damals, 2020, auch schon gesagt –, europaweit eine Lösung zu finden – ein gemeinsames Gesetz, das nicht in jedem Mitgliedstaat anders ausschaut, sondern durch das alle Mitgliedsländer eine gemeinsame Regelung haben, wenn es um die Bekämpfung von Hass im Netz geht. Das wird durch den Digital Services Act geregelt, aber auch noch viele andere Bereiche.
Ich komme aus dem Datenschutzbereich heraus und gehe zu den Transparenzregeln: dass man beispielsweise bei gezielter Werbung, also bei personenbezogener Werbung, darüber aufgeklärt wird, warum man bestimmte Werbungen überhaupt zugeschaltet bekommt.
Auch das Thema Overblocking wird adressiert, aber auch das Thema Dark Patterns: Wir kennen das beispielsweise von Cookie-Bannern, bei denen auf jeder Internetseite, die man besucht, ein großer Banner angezeigt wird: Stimme zu, dass die Cookies gesetzt werden!, und es meistens so ist, dass der Akzeptierenbutton rot, grün oder ganz groß ist. Man muss irgendwo suchen, um überhaupt ablehnen zu können, falls man das überhaupt finden kann. – Das wird auch im DSA geregelt und adressiert, und das sind in der heutigen Zeit ganz wesentliche, wichtige Bestimmungen.
Mit dem Begleitgesetz regeln wir auch national, dass es eine Koordinierungsstelle gibt. Ein Koordinator für digitale Dienste, die KommAustria, hat dies auch in der Vergangenheit mit großem Know-how aufgezeigt, und sie ist die richtige Stelle, um die davon betroffenen Firmen, die Plattformen zu regulieren und zu beaufsichtigen.
Es wird aber auch für die Nutzerinnen und Nutzer eine Streitbeilegungsstelle geben, die bei der RTR GmbH, Fachbereich Medien angesiedelt wird. Wenn man
einer großen Plattform etwas einmeldet und die dem vielleicht nicht nachkommt oder der eigene Account gesperrt wird, dann muss es auch eine außergerichtliche Stelle geben, an die das adressiert wird; und damit man sich an jemanden wenden kann.
Insgesamt: Der DSA ist ein lang verhandeltes Werk, das man vielleicht da oder dort auch kritisieren kann, das aber in der heutigen Zeit mit den heutigen Herausforderungen – Desinformation, Destabilisierungstendenzen, Krieg, Terrorgefahr – eine notwendige Antwort ist. (Beifall bei der ÖVP.)
So weit zu meiner Rede – die Frage war, welche Abänderungsanträge noch eingebracht werden. Ich darf noch einen Abänderungsantrag einbringen:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Justizausschusses 2344 der Beilagen, DSA-Begleitgesetz.
Ich darf zitieren:
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:
1. In Art. 2 Z 13 lautet die Novellierungsanordnung:
„Nach § 35 Abs. 1c werden folgende Abs. 1d bis 1f eingefügt:“
2. In Art. 2 Z 13 wird in § 35 Abs. 1d erster Satz die Wortfolge „Aufgaben nach § 2 Abs. 2“ durch die Wortfolge „Aufgaben nach § 2 Abs. 2 und 4“ ersetzt.
3. In Art. 2 Z 13 entfällt das Anführungszeichen am Ende des § 35 Abs. 1e; nach § 35 Abs. 1e wird folgender Abs. 1f samt schließendem Anführungszeichen angefügt:
„(1f) Zur Finanzierung des in Erfüllung der Aufgaben nach § 2 Abs. 2 Z 4 entstehenden Aufwandes der KommAustria und des diesbezüglich in Erfüllung der Aufgaben als Geschäftsstelle entstehenden Aufwandes der RTR-GmbH sind die gemäß Abs. 1 aus dem Bundeshaushalt gewährten Mittel um den Betrag von 582 000 Euro zu erhöhen. Dieser Erhöhungsbetrag ist nach Maßgabe des Abs. 1 beginnend mit dem Jahr 2025 zu valorisieren.““
4. In Art. 2 Z 16 wird in § 39 Abs. 1 Z 2 der Ausdruck „28d“ durch den Ausdruck „§ 28d“ ersetzt.
5. In Art. 2 Z 17 lautet § 44 Abs. 35 Z 2:
„2. § 35 Abs. 1, 1d, 1e, 1f und 5, § 35a sowie § 46 zweiter Satz mit 2. Jänner 2024 und“
*****
Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)
13.55
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Justizausschusses 2344 d.B. über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz
und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:
1. In Art. 2 Z 13 lautet die Novellierungsanordnung:
»Nach § 35 Abs. 1c werden folgende Abs. 1d bis 1f eingefügt:«
2. In Art. 2 Z 13 wird in § 35 Abs. 1d erster Satz die Wortfolge »Aufgaben nach § 2 Abs. 2« durch die Wortfolge »Aufgaben nach § 2 Abs. 2 und 4« ersetzt.
3. In Art. 2 Z 13 entfällt das Anführungszeichen am Ende des § 35 Abs. 1e; nach § 35 Abs. 1e wird folgender Abs. 1f samt schließendem Anführungszeichen angefügt:
»(1f) Zur Finanzierung des in Erfüllung der Aufgaben nach § 2 Abs. 2 Z 4 entstehenden Aufwandes der KommAustria und des diesbezüglich in Erfüllung der Aufgaben als Geschäftsstelle entstehenden Aufwandes der RTR-GmbH sind die gemäß Abs. 1 aus dem Bundeshaushalt gewährten Mittel um den Betrag von 582 000 Euro zu erhöhen. Dieser Erhöhungsbetrag ist nach Maßgabe des Abs. 1 beginnend mit dem Jahr 2025 zu valorisieren.“«
4. In Art. 2 Z 16 wird in § 39 Abs. 1 Z 2 der Ausdruck »28d« durch den Ausdruck »§ 28d« ersetzt.
5. In Art. 2 Z 17 lautet § 44 Abs. 35 Z 2:
»2. § 35 Abs. 1, 1d, 1e, 1f und 5, § 35a sowie § 46 zweiter Satz mit 2. Jänner 2024 und«
Begründung
Zu Z 1 und 3 (Art. 2 Z 13 [§ 35 Abs. 1d bis 1f KOG]) sowie 5 (Art. 2 Z 17 [§ 44 Abs. 35 Z 2 KOG]):
Die Anfügung eines § 35 Abs. 1f soll sicherstellen, dass die bereits mit dem Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2023 (2012 der Beilagen) beschlossenen Mittel für den administrativen Aufwand für die Vollziehung des QJF G in der Höhe von 582 000 Euro transparent (nach dem Muster des KDD G) ausgewiesen werden.
Zur Anfügung eines weiteren Absatzes bedarf es einer Anpassung der Novellierungsanordnung; zudem ist die Inkrafttretensbestimmung zu ergänzen.
Zu Z 2 (Art. 2 Z 13 [§ 35 Abs. 1d KOG]):
Die Änderung in § 35 Abs. 1d dient der Klarstellung, dass die in der WFA ausgewiesenen Finanzmittel für die außergerichtliche Streitbeilegungsstelle von der RTR-GmbH auch tatsächlich für diese eigenständige Aufgabe verwendet werden können.
Zu Z 4 (Art. 2 Z 16 [§ 39 Abs. 1 Z 2 KOG]):
Die Änderung dient der Bereinigung eines Redaktionsversehens.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Damit ich mich nicht als Letzte zur Debatte melde, habe ich mich als Vorletzte gemeldet und möchte ganz kurz zum Digital Services Act ausführen.
Der Digital Services Act ist direkt anwendbar, er schafft nämlich einen unmittelbar anwendbaren Rechtsrahmen, mit dem die Bedingungen für die Erbringung
von Ermittlungsdiensten im gesamten Binnenmarkt harmonisiert werden sollen. Natürlich braucht es dafür Begleitregelungen, und ja, auch damals haben wir gesagt, wenn die Begleitregelung da ist, dann muss das Kommunikationsplattformen-Gesetz angepasst werden.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal erwähnen, dass der Europäische Gerichtshof kein einziges Gesetz, das wir im Justizministerium im Rahmen des Hass-im-Netz-Paketes erarbeitet haben, das nach wie vor gültig ist und gültig bleibt, aufgehoben hat.
Zusätzlich haben wir – und das halte ich schon für wesentlich, wenn es um die Bekämpfung von Hass im Netz und Gewalt im Netz geht – noch eine Rechtsgrundlage in diesem Begleitgesetz geschaffen, und die Rechtsgrundlage ist für einen immateriellen Schadenersatz bei Hasspostings – das ist neu.
Damit können Opfer von Hass im Netz auch außerhalb des Medienrechts von demjenigen, der das Hassposting ins Netz gestellt hat, Schadenersatz erlangen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist eine Lücke, die wir mit diesem Begleitgesetz auch schließen.
Vieles wurde schon zum Begleitgesetz an sich gesagt. Das wurde ja nicht nur von meinem Ressort, sondern gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt, dem Verfassungsdienst erarbeitet, denn wir schaffen eine neue Behörde, die KommAustria, die auch für die Vollziehung der Bestimmungen zuständig sein soll.
In diesem Zusammenhang: Es ist der letzte Tagesordnungspunkt von mir, mehr ist zum Begleitgesetz von meiner Seite nicht zu sagen, aber ich möchte mir trotzdem noch eine Sache herausnehmen: Sie haben jetzt den halben Tag mit mir verbracht, mussten mit mir Vorlieb nehmen, und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Danke für die spannenden Beiträge, für die sehr emotional geführten Debatten; danke auch dafür, dass Sie gesellschaftspolitischen Veränderungen heute so
viel Raum gegeben haben! Es ist für uns auf der Regierungsbank immer sehr wichtig, das eine oder andere zu hören und für die nächste Gesetzeserarbeitung mitzunehmen.
Insofern – es ist der letzte Tagesordnungspunkt für mich für heute –: Ich wünsche Ihnen allen schöne Weihnachten, einen guten Rutsch, frohe Feiertage, und ich freue mich auf das nächste Jahr mit Ihnen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Kucharowits und Yildirim.)
13.58
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde gleich zu Beginn meiner Rede diesen schon zitierten Abänderungsantrag einbringen.
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag.a Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:
1. In Art. 4 Z 3 lautet die Novellierungsanordnung: „Dem § 1503 wird folgender Abs. 24 angefügt:“
2. In Art. 4 Z 3 erhält der Normtext die Absatznummerierung „(24)“.
3. In Art. 8 erhält die Novellierungsanordnung Z 4 (betreffend § 137 Abs 3.) die Ziffernbezeichnung „14.“.
4. In Art. 8 Z 20 wird vor dem Wort „ersetzt“ die Wendung „und die Zahl „2023“ durch die Zahl „2026““ eingefügt.
5. In Art. 8 Z 21 wird die Wendung „,§ 252 Abs. 1 und 2a und § 514 Abs. 46“ durch die Wendung „und § 252 Abs. 1 und 2a“ ersetzt und folgender Satz angefügt: „§ 514 Abs. 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/202x, tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“
*****
So, jetzt ist meine Redezeit fast aufgebraucht. Ich möchte Ihnen aber trotzdem noch etwas Wichtiges sagen: Wir haben ein Hass-im-Netz-Bekämpfungspaket beschlossen, und dazu gehörte nicht nur ein Hass-im-Netz-Bekämpfungs Gesetz, sondern auch die digitale Variante, das Kommunikationsplattformen-Gesetz. Es war mit der Europäischen Kommission vereinbart, abgestimmt und ausgemacht, dass das Kommunikationsplattformen-Gesetz kommen wird, obwohl der Digital Services Act schon in Vorbereitung ist.
Der Inhalt des Kommunikationsplattformen-Gesetzes wurde mit dem Inhalt des Digital Services Acts, der in Planung war, abgestimmt, und die Europäische Kommission war davon informiert, dass wir das machen und dass wir damit vorangehen. Ich denke, das war eine richtige Lösung, denn wir wollten wie gesagt dieses Paket als Paketlösung beschließen, um gegen Hass im Netz gut vorgehen zu können. By the way: Hass ist niemals eine Meinung. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)
Wichtig – und das möchte ich schon noch kurz anmerken – ist, dass man davon auch Gebrauch macht. Das Hass-im-Netz-Bekämpfungspaket enthält viele gute Instrumente, mit denen sich Betroffene von Hass im Netz zur Wehr setzen können. Bitte informieren Sie sich! Gehen Sie, wenn Sie betroffen sind, zu NGOs; klicken Sie auch zum Beispiel auf die Homepage des Justizministeriums! Es gibt Möglichkeiten, wie man sich einfach, schnell und kostengünstig gegen Hass im Netz zur Wehr setzen kann. Machen Sie davon Gebrauch, denn Hass im
Netz darf nicht durchgehen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Steinacker und Kucharowits.)
14.01
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agens Sirkka Prammer,
Kolleginnen und Kollegen
Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2344 d.B.)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:
1. In Art. 4 Z 3 lautet die Novellierungsanordnung: „Dem § 1503 wird folgender Abs. 24 angefügt:“
2. In Art. 4 Z 3 erhält der Normtext die Absatznummerierung „(24)“.
3. In Art. 8 erhält die Novellierungsanordnung Z 4 (betreffend § 137 Abs 3.) die Ziffernbezeichnung „14.“.
4. In Art. 8 Z 20 wird vor dem Wort „ersetzt“ die Wendung „und die Zahl „2023“ durch die Zahl „2026““ eingefügt.
5. In Art. 8 Z 21 wird die Wendung „,§ 252 Abs. 1 und 2a und § 514 Abs. 46“ durch die Wendung „und § 252 Abs. 1 und 2a“ ersetzt und folgender Satz angefügt: „§ 514 Abs. 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/202x, tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“
Begründung
Zu Z 1 und 2 (Art. 4, Änderung des ABGB):
Bei der Änderung in Artikel 4 handelt es sich um eine redaktionelle Korrektur, die auf Grund vorgeschlagener Novellierungen durch das AbAG 2023 (3754/A) erforderlich wurden.
Zu Z 3 (Art. 8, Änderung der StPO):
Es handelt sich um die Beseitigung eines redaktionellen Versehens.
Zu Z 4 und 5 (Art. 8, Änderung der StPO):
Die mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz – HiNBG, BGBl. I Nr. 148/2020, eingeführten Sonderregelungen für den Kostenersatz in Privatanklageverfahren bei typischen „Hass im Netz-Delikten“ treten mit 31. Dezember 2023 wieder außer Kraft. Hintergrund ihrer bloß befristeten Einführung war die Ermöglichung einer Evaluierung der Bestimmungen, bei der ihre Akzeptanz und praktische Anwendung erhoben werden sollte.
Allerdings zeigte sich im Zuge der durch das Bundesministerium für Justiz durchgeführten Evaluierung der Bestimmungen, dass der vorgesehene Evaluierungszeitraum von drei Jahren nicht ausreichend war, um aussagekräftige Rückmeldungen aus der Praxis (Gerichte, Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Opferschutzeinrichtungen) zu erhalten.
So konnten folgende statistische Daten für die Jahre 2021 und 2022 erhoben werden:
– In den Jahren 2021 und 2022 wurden insgesamt 599 Verfahren auf Grund von Privatanklagen wegen §§ 111, 113 und 115 StGB geführt (2021: 228, 2022: 371).
– Insgesamt wurden 116 Anträge nach § 71 StPO eingebracht (2021: 74; 2022: 42).
– In fünf Fällen wurde nach einem Antrag nach § 71 StPO eine Privatanklage eingebracht.
Aufgrund der bislang relativ geringen Anwendungszahlen wird vorgeschlagen, die befristete Geltung um drei Jahre zu verlängern, um die Auswirkung der genannten Sonderregelungen für den Kostenersatz im Rahmen einer neuerlichen Evaluierung effektiv überprüfen zu können.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Da kurzfristig eingebrachte Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträge vorliegen und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung bis nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 bis 16 und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.
14. Punkt
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3778/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011) geändert und ein Bundesgesetz über den Vollzug des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM-Vollzugsgesetz 2023 – CBAM-VG 2023) erlassen wird (2349 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen jetzt zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.
Ich begrüße die Frau Bundesminister sehr herzlich bei uns im Haus und bitte nun Frau MMag. Michaela Schmidt an das Rednerpult. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich zum Inhalt des Gesetzentwurfes komme, muss ich auf die unerträgliche Art und Weise hinweisen, wie er zustande gekommen ist. Wir erinnern uns, am 24.11., in der letzten Plenarsitzung, wurde kurz vor Sitzungsende ein Initiativantrag mit 66 Seiten mit umfassenden Änderungen zum Emissionszertifikategesetz und zur Erlassung eines gänzlich neuen Grenzausgleichsregimes – ein hochkomplexes Thema – eingebracht. Zugewiesen wurde dieser Antrag übrigens dem Wirtschaftsausschuss, obwohl für diese Thematik eigentlich der Umweltausschuss zuständig ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Vorgehensweise hat nun zur Folge, dass weder eine Folgenabschätzung vorliegt noch eine ordentliche Begutachtung stattgefunden hat. Damit nimmt man nun gerade den Unternehmen, die von den umfangreichen Vorgaben betroffen sind, die Chance, sich auf diese Änderungen auch vorzubereiten.
Durch diese Vorgehensweise ist geradezu vorprogrammiert, dass es bei der Umsetzung wieder zu Problemen kommen wird – Chaos mit Ansage also, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Wir können und werden diesem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen.
Ich nutze aber trotzdem die Gelegenheit, um noch einmal darzulegen, warum wir als SPÖ grundsätzlich ein Problem damit haben, wenn Heizen und Tanken in den Emissionshandel aufgenommen werden: In diesen Bereichen werden die Händler die CO2-Kosten direkt an die Kunden weitergeben. (Abg. Kassegger: Genau, richtig!) Die gewünschte Lenkungswirkung, weg von der fossilen hin zur erneuerbaren Energie, kann aber in vielen Fällen einfach nicht funktionieren, nicht bei Pendlerinnen und Pendlern, die einfach keinen Zugang zum öffentlichen Verkehr haben, nicht bei Mieterinnen und Mietern, die über ihr Heizsystem nicht selbst entscheiden können, aber die erhöhten Kosten werden tragen müssen, und schon gar nicht bei Fernwärmekundinnen und ‑kunden, die auch nicht eigenständig darüber entscheiden können, wie hoch der Gasanteil ihres Energieversogers ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die Maßnahmen dort ansetzen, wo die Investitionsentscheidungen auch tatsächlich fallen, also nicht bei diesen Haushalten, sondern bei Energieunternehmern und den Vermieterinnen (Beifall bei der SPÖ), denn nur dann werden wir die ambitionierten CO2-Einsparungen, die wir als SPÖ ja natürlich genauso als notwendig erachten, auch realisieren können.
Im Übrigen: Wenn man will, dass die fossile Energieerzeugung deutlich teurer ist als die erneuerbare Energieerzeugung, dann müsste man sich als Regierung endlich darum kümmern, dass die erneuerbare Energie auch günstig bleibt und deren Preis nicht mit den fossilen Energiepreisen mit steigt (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer), sonst kann der Lenkungseffekt nämlich nicht einmal in der Theorie funktionieren. Auch da hat die Regierung aber in den letzten beiden Jahren leider keine wirklichen Schritte gesetzt (Abg. Lukas Hammer: Das ist aber ein schlechtes Briefing!), und wir haben ehrlicherweise auch
wenig Hoffnung, dass sich das in den nächsten neun Monaten noch ändern wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.06
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Dr. Jakob Schwarz. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde gleich auf die Ausführungen der Vorrednerin replizieren (Abg. Silvan: Es hat alles gestimmt!), aber ich möchte davor nur sagen, dass der Hintergrund der CO2-Bepreisungen typischerweise ist, dass es sich einfach auszahlt, klimafreundliche Entscheidungen zu treffen.
Viele davon können wir treffen. Ich denke da zum Beispiel an Entscheidungen im täglichen Leben: Muss man ein kaputtes Elektrogerät reparieren lassen oder kauft man ein neues? (Abg. Silvan: Mieterfeindliche Lösungen!) Das ist eine Frage, die den Klimaschutz betrifft. Es gibt Fragen, wie: Fahre ich mit dem Zug oder mit dem Auto auf Urlaub?, und viele andere, bei deren Beantwortung man sich momentan sehr stark zwischen dem Geldtaschl und dem Klimaschutz entscheiden muss. (Abg. Silvan: Kann man sich einen Urlaub leisten?!) Das soll so nicht sein; man soll nicht der Depp sein, wenn man sich für den Klimaschutz entscheidet und klimafreundliche Entscheidungen trifft. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Genau dort setzen CO2-Bepreisungen an. Das macht auch die österreichische CO2-Bepreisung so. Es ist auch weitgehend wissenschaftlicher Konsens, dass es in der Klimapolitik für den Klimaschutz auf jeden Fall eine CO2-Bepreisung braucht. Es braucht auch andere Maßnahmen. Es ist ja auch nicht so, dass die österreichische Bundesregierung oder die EU-Kommission nicht auch andere Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur, im Bereich der Regulatorik, im Bereich
der Förderungen setzt, aber jedenfalls braucht es eben auch eine CO2-Bepreisung.
Eine Umfrage, sozusagen die wichtigste Erhebung, die es in diesem Zusammenhang gibt, unter über 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Klimaökonominnen und -ökonomen, hat gezeigt, dass 490 davon meinen, die CO2-Preise müssen steigen. Wenn Ihr Parteivorsitzender jetzt vorschlägt, dass man die CO2-Bepreisung aussetzen soll, dann widerspricht das erstens diesem wissenschaftlichen Konsens, zweitens Ihren Lippenbekenntnissen zum Klimaschutz. Da steckt meistens nicht viel dahinter, denn man findet immer irgendeinen Grund, warum genau die eine Klimaschutzmaßnahme dann doch lieber nicht sein soll. Drittens widerspricht es auch der Linie des deutschen Bundeskanzlers, eines Sozialdemokraten: Die deutsche Bundesregierung hebt die CO2-Bepreisung auf das österreichische Niveau an – und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Insbesondere widersprechen Ihre Anträge, beispielsweise einer, den Sie gestern eingebracht haben, einem wichtigen und zentralen Element und einer Voraussetzung von erfolgreichen CO2-Bepreisungen, nämlich der Planbarkeit. Wenn man eine Investitionsentscheidung trifft, dann muss man sich auch darauf verlassen können, dass dem dann so ist, dass die CO2-Emissionen teurer werden, denn sonst hat man sich ja wieder für das Falsche entschieden und ist danach wieder der Depp – und das soll eben nicht so sein.
Umso erfreulicher ist es, dass jetzt auch, was die österreichische CO2-Bepreisung betrifft, Pflöcke eingeschlagen werden, wie es denn nach 2026 weitergeht, denn wir haben das nur bis dahin fixiert. In dieser Vorlage sind jetzt eben die ersten Umsetzungen in Bezug auf den europäischen Emissionshandel Nummer zwei vorgesehen, dass also auch die Gebäude, der Verkehr, auch das Gewerbe, das noch nicht in der ersten Phase ist, und die Landwirtschaft – damit wird die SPÖ ja auch leben können – in diesen europäischen Emissionshandel aufgenommen werden.
Das ist gut, weil es besser ist, es gibt eine europäische als nur eine rein österreichische Lösung, denn bei Letzterer gibt es oft ökonomisch sinnlose Ausgleichshandlungen wie beispielsweise Tanktourismus – und so etwas ist nicht mehr notwendig, wenn es eine europäische Lösung gibt. Die ist deshalb sehr zu begrüßen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
Das Zweite, das wir in diesem Zusammenhang beschließen, ist eben dieser Carbon Border Adjustment Mechanism, bei dem es darum geht, dass man sozusagen Klimazölle auf Produkte aus dem Ausland, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen, einhebt, damit es ein Level-Playing-Field für die europäische Industrie, der wir viel abverlangen, die hohe CO2-Emmissionskosten hat – und das ist auch gut so, wir wollen ja die Klimaziele erreichen –, gibt. Die europäische Industrie schafft damit auch Standortvorteile für die Zukunft, aber man muss sie jetzt davor schützen, dass sie aus Ländern, in denen es diese Kriterien nicht gibt, unfaire Konkurrenz erhält. Dafür sorgen diese Klimazölle. Auch das ist gut und deshalb hoffe ich, dass beide Maßnahmen heute eine breite Zustimmung erfahren. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
14.10
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ich möchte gleich Kollegen Schwarz von den Grünen zitieren, der in seiner Einstiegsstellungnahme (Abg. Weratschnig: Das war eine gute Rede!) gesagt hat, die CO2-Preise müssen steigen. Jetzt kann ich die Klammer weglassen und es bleibt: Die Preise müssen steigen. – Die Preise werden steigen. Das ist offenbar Ihre Strategie: Die Preise müssen steigen. Die Leidtragenden sind die Menschen, ist die Bevölkerung, die sich dann genau mit diesen steigenden Preisen konkret auseinanderzusetzen hat. (Abg. Weratschnig: Die Menschen erwarten ein gutes Leben!)
Die Grundlage dafür – und da bin ich beim Zweiten – ist ja insoweit ein massiv europäisches Thema, als diese –teilweise irren – Dinge auf europäischer Ebene von Frau von der Leyen erfunden und dann auf europäischer Ebene beschlossen werden. Warum sage ich das? – Weil selbstverständlich außer der Freiheitlichen Partei im Namen der ID-Fraktion sämtliche hier vertretenen Parteien mit ihren europäischen Fraktionen diesen Dingen zugestimmt haben. Was wir heute hier in diesem Tagesordnungspunkt machen, ist letztlich nur eine Umsetzung dessen, was auf europäischer Ebene hinsichtlich des Zertifikatehandels und des Carbon Border Adjustment Mechanism beschlossen wurde. Wir hoppeln das ja im Wesentlichen nur nach.
Das Problem liegt aber auf der europäischen Ebene, wo solche Dinge beschlossen werden, wo Sie alle – außer die Freiheitliche Partei – mitstimmen. Warum sage ich das? – Weil im Juni eine Wahl zum Europäischen Parlament stattfindet und die Leute wissen müssen, dass dort sehr viele wichtige Dinge und sehr viele Grauslichkeiten – aus unserer Sicht, tolle Dinge aus Sicht der Grünen – beschlossen werden. Wenn man diese Dinge nicht so haben will, dann ist das Europäische Parlament beziehungsweise die Kommission im Rahmen des Trilogs mit dem Rat die Adresse und gar nicht mehr das österreichische Parlament, der Nationalrat.
Die EU-Wahl im Juni ist also eine ganz, ganz wichtige Wahl, insbesondere um diesen Green Deal abzuwenden – Fit for 55 –, der in Wahrheit zu Preisexplosionen führt, indem er de facto mit diesem Zertifikatehandel eine Steuer auf Luft, sage ich einmal, erfindet. Das ist ein Milliardengeschäft für bestimmte Leute, die mit diesem Zertifikatehandel Geld verdienen, eine Milliardenbelastung für den Schwächsten in der Nahrungskette, und das sind, meine Damen und Herren, Sie als Endkunden, die das letztlich alles bezahlen müssen. Da helfen auch irgendwelche Förderungen und Unterstützungen und Zuschüsse in Milliardenhöhe, über die wir heute noch in weiteren Tagesordnungspunkten reden werden, nichts.
Warum nicht? – Weil das auch Sie selbst bezahlen. Das bezahlt ja nicht Finanzminister Brunner und auch nicht Frau Ministerin Gewessler, sondern all diese Milliarden, die da ausgeschüttet werden, zahlen Sie selber. Das ist also ein großes Karussellspiel (Beifall bei der FPÖ), bei dem Geld in der Gegend, in einer Kreislaufwirtschaft – aber nicht, wie wir sie wollen – im Kreis geschickt wird. Am Ende zahlen die Unternehmen und die Haushalte das mit erheblichen Streuverlusten, weil das Ganze natürlich von einem vollkommen unproduktiven Bürokratiewahnsinn begleitet ist. Wir haben ja in Europa schon das massive Problem, dass die Produktivität unserer Industrie leidet, der – und jetzt zitiere ich wieder Kollegen Schwarz von den Grünen – wir viel abverlangen, und dass wir hohe Kosten tragen müssen.
Dann kommt noch so ein Beisatz: Ja, aber das wird ihr helfen, um dann effizienter und besser zu werden! – Den zweiten Halbsatz glaube ich Ihnen nicht. Was ich sehe, sind enorme Kosten, die Sie der Industrie abverlangen – und zwar nicht nur der Industrie, sondern in weiterer Folge kommt ja auch die Ausdehnung der Steuer auf Luft, auf den Straßenverkehr und auf den Gebäudesektor.
Parallel wird das, was erlaubt werden soll, immer weniger. Sie sagen: Bei der Menge an CO2 haben wir einen ambitionierten Pfad! – In Wahrheit haben Sie aber einen ambitionierten Pfad auf der Jagd nach der Klimaneutralität und meinen, diesem Ziel ist alles unterzuordnen. Wir Freiheitliche sehen das anders: Dem ist nicht alles unterzuordnen.
Alles unterzuordnen ist dem Wohlergehen unserer Bevölkerung. Alles unterzuordnen ist dem Ziel, dass unsere Bevölkerung, unsere Leute Arbeitsplätze haben, an denen sie gut verdienen, bei denen ihnen mehr Netto vom Brutto übrig bleibt, mit denen sie in der Lage sind, ihr Leben selbst zu gestalten, mit denen sie in der Lage sind, ein kleines, bescheidenes, aber feines Vermögen aufzubauen. Dem ordnen wir alles unter. Das, was Sie machen, ist all diesen Zielen vollkommen abträglich. Insoweit lehnen wir diesen Antrag hier selbstverständlich ab. (Beifall bei der FPÖ.)
14.15
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Bei diesem Gesetz, bei diesen Gesetzen geht es vor allem um eines: Es geht vor allem darum, wie wir uns gemeinsam in ganz Europa auf den Weg machen, damit dieser Kontinent, dieser Lebensraum für viele Hunderte Millionen Menschen auch 2040, 2050 noch ein lebenswerter Raum ist. Den Klimaschutz brauchen wir nämlich genau dafür, auch wenn eine Fraktion in diesem Haus die Augen davor verschließen will. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben dazu verschiedene Instrumente. Wir haben verschiedene Instrumente, mit denen man den Klimaschutz weiterbringen kann, und wir nutzen diese kombiniert – und zwar gut kombiniert – so, dass wir den Umbau klimaschutztechnisch sinnvoll machen, dass wir ihn wirtschaftlich nachhaltig machen und dass wir ihn sozial verträglich machen. Das zeigt auch dieses Gesetzespaket hier.
Wir haben zwei Emissionshandelssysteme: Emissionshandelssystem eins, also ETS1, und ETS2. Wir sind – das war eines der Dinge, die Dr. Kassegger zu Recht berichtet hat – hier in der Umsetzung europäischer Gesetzgebung. Wir setzen ein unionsrechtliches Paket, nämlich das Fit-for-55-Paket, in Österreich um. Ich beginne mit dem Emissionshandelssystem eins, mit dem ETS1. Das ist das Paket, das die Industrie regelt. Wir machen mit diesem Paket das Reduktionserfordernis bei den CO2-Emissionen stärker. Bisher waren es minus 43 Prozent bis 2030, jetzt sind es minus 62 Prozent bis 2030. Wir nehmen den Luftverkehr endlich gescheit in die Pflicht – die Gratiszuteilungen für den Luftverkehr fallen aus –, und wir bringen mit diesem Gesetzentwurf die Industrie in ganz Europa annähernd auf den Zielpfad, den wir uns auch in Österreich
vorgenommen haben, nämlich dass sich die Industrie kurz nach 2040 in ganz Europa der Klimaneutralität annähert. Das sind gute Neuigkeiten für den Standort, für die Industrie auf diesem Kontinent. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Smolle und Wöginger.)
Wir machen das aber gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll, weil natürlich die, die sich für die Klimaneutralität einsetzen, die diese Bemühungen unternehmen, die nach vorne denken, die in die Zukunft investieren, den Vorteil haben sollen und nicht die, die weiterhin ungehindert verschmutzen. Deswegen kommt zeitgleich mit der Einführung oder mit der Neuregelung im Emissionshandelsgesetz eins in diesem Paket auch die Umsetzung der EU-Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsystems, des Carbon Border Adjustment Mechanism.
Da geht es genau darum, dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen in Drittländer entgegenzuwirken. Das heißt, wenn in die Europäische Union importiert wird, dann bekommen diese Importe einen CO2-Preis. Damit haben die, die klimafreundlich wirtschaften, den Vorteil – und damit sorgen wir auch dafür –, dass wir den Markt in Europa für Klimaschutz weltweit einsetzen, weil es natürlich auch ein Anreiz für nicht europäische Industriebetriebe ist, die Emissionen im Herstellungsprozess zu senken. Das heißt: Es ist klimapolitisch ambitioniert, ja, aber wirtschaftspolitisch abgesichert, damit wir den Standort gut in die Zukunft entwickeln. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Singer und Wöginger.)
Der zweite Teil des Gesetzespakets betrifft den Emissionshandel zwei. Da geht es um fossile Brennstoffeinsätze im Verkehrsbereich, in Gebäuden, in der sonstigen Industrie. Das heißt, ab 2027 gibt es europaweit, wie gesagt, auf dem ganzen Kontinent ein Emissionshandelssystem.
Ich war jetzt ein bisschen überrascht in dieser Debatte, weil: Ich habe parallel dazu die Aussendung der Europäischen Sozialdemokratie gesucht, die sich hocherfreut darüber zeigt, dass dank des unermüdlichen Einsatzes und der
unermüdlichen Bemühungen der sozialdemokratischen Fraktion das Europaparlament den Emissionshandel beschließt. – Also ich hoffe, dass die europäischen Kolleginnen und Kollegen diesbezüglich vielleicht noch ansteckend wirken können, wir setzen nämlich hier das um, was eben im Europäischen Parlament bereits beschlossen wird.
Mit diesem Bundesgesetz betreffend das Emissionszertifikategesetz werden wir die österreichische Emissionsbepreisung, also die österreichische CO2-Bepreisung, dann auch in das europäische System überführen. Wir haben damit auch alle Emissionen in Österreich in dieses europäische System überführt. Das sind laut Analyse rund 80 Prozent der CO2-Emissionen. Das heißt, es ist wirklich ein sehr wirkungsvoller und guter Hebel für den Klimaschutz.
Auch da gilt aber wieder: Wie setzen wir das in Österreich um? – Sozial gerecht, nämlich mit einem Klimabonus, der insbesondere die Haushalte mit niedrigem Einkommen deutlich überkompensiert und damit wirklich auch ein Beitrag und ein europaweit beachteter Beitrag ist, wie man Klimaschutz sozial gerecht machen kann. (Beifall bei den Grünen.)
Ich darf Sie darauf hinweisen und mit diesem Satz auch um Ihre Unterstützung bitten: Wir haben auf europäischer Ebene die Umsetzungsrichtlinien für diese Emissionshandelssysteme sehr, sehr, sehr eng gesetzt. Die revidierte Richtlinie tritt nämlich mit 1.1.2024 in Kraft. Aus diesem Grund gibt es für Wirtschaftstreibende auch bereits gewisse Pflichten – Berichterstattungspflichten, Emissionsüberwachungspflichten – im Vorfeld des Inkrafttretens. Deswegen war es wichtig, rechtliche Klarheit für den Vollzug dieser Emissionshandelssysteme und Planbarkeit für die Wirtschaftstreibenden zu schaffen, und daher ist diese Umsetzung jetzt hier national sehr eng getaktet.
Ich darf Sie dennoch um Ihre Zustimmung zu diesem sehr gewichtigen Klimaschutzpaket bitten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.22
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Minister hat das jetzt eh in den Eckpunkten bereits ausgeführt. Frau Kollegin Schmidt, ich darf sagen, ich schätze Sie persönlich und auch Ihre Kompetenz sehr, es ist jetzt nur ein bisschen eigenartig, wenn man auf europäischer Ebene etwas zustimmt und dann den Vollzug im nationalen Parlament nicht unterstützt (Abg. Schroll: ... und Niederösterreich! Genau dasselbe!), aber ich glaube, das müssen Sie sich innerhalb Ihrer Fraktion ausmachen. Wir sind in dieser Beziehung aufeinander abgestimmt, also von dem her ist es, glaube ich, eine Sache, die Sie in Ihrem Bereich regeln sollten. (Beifall bei der ÖVP.)
Es geht in diesem Bereich auch sehr stark um Planungssicherheit, und es geht natürlich auch darum, dass wir einen fairen internationalen Wettbewerb haben. Da ist für Europa auch ganz wichtig, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Es ist eine etwas sperrige Materie, auch zum Erklären, aber es geht einfach darum, dass wir mit diesen Gesetzen diesen fairen Wettbewerb weltweit dahin gehend absichern, dass Europa wettbewerbsfähig bleibt. Das ist die Grundvoraussetzung dafür.
Was Kollege Kassegger gesagt hat – was uns ja verbindet –, ist das, was wir alle gleich wollen: einen Standort, der einerseits wettbewerbsfähig ist, aber natürlich auch einen, der umweltfreundlich ist. Das lässt sich gut miteinander verbinden, weil unsere Unternehmen ja sehr viel in den Umweltschutz, in Klimaneutralität et cetera investieren. Sie sind also sehr, sehr innovativ.
Ich denke, der Gesetzentwurf ist jetzt ein Rahmen, dass man sagen kann: Okay, man weiß, wie es weitergeht! Es ist auch insgesamt zum Beispiel mit dem CBAM-Vollzugsgesetz für die Berichtspflichtigen Rechtssicherheit insbesondere
in Bezug auf die Verfahrensabläufe, die zuständigen Gerichte gegeben. Damit wird eben der Rechtsschutz sichergestellt.
Ich glaube, das ist sehr wichtig für unsere Unternehmen, nämlich einerseits Planungssicherheit und andererseits Rechtssicherheit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2349 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2268 d.B.): Bundesgesetz über die erneuerbare Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWG) (2351 d.B.)
16. Punkt
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3742/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2024 und 2025 zur Beibehaltung der Förderung für den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen (Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz – HeUZG) (2350 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Wir verhandeln jetzt die zweite Gesetzesmaterie in diesem großen Paket. Wir haben noch weitere zwei zu beschließen, die man im Wesentlichen unter Green Deal, Fit for 55, europäische Klimapolitik statt Wirtschafts- und Standortpolitik – das ist unseres Erachtens etwas anderes – subsumieren kann.
Es geht um das sogenannte Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das grundsätzlich einmal auch von der Einstellung getragen ist, dass Fossiles, alles, was fossil ist, abgrundtief böse ist und zu vermeiden ist und einzustellen ist. Wir sehen das eben nicht in dieser apodiktischen Art und Weise und insbesondere auch nicht so, wie es die Grünen gerne hätten – am besten übermorgen –, weil wir wissen, dass das nicht funktionieren kann, auch mit den Mengen nicht.
Dann kommt es zu solchen Absurditäten, dass man wie jetzt im konkreten Fall entsprechend dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz Anlagen, die noch eine lange Restnutzungsdauer haben, ein Wirtschaftsgut, das Wärme liefert, das noch jahrelang funktioniert, mit aller Gewalt ausbauen will beziehungsweise ab sofort
verbieten will, dass Anlagen, die auch nur theoretisch geeignet wären, mit fossilen Brennstoffen betrieben zu werden, auch verboten werden sollen. Vollkommen überschießend! (Abg. Kopf: Das stimmt ja gar nicht! Das stimmt überhaupt nicht! Bei der Wahrheit bleiben!)
Die gute Nachricht ist, dass das, was Frau Bundesminister Gewessler im ursprünglichen Entwurf vorgehabt hat, aus Sicht der Freiheitlichen Partei noch viel, viel schlimmer gewesen wäre. Da muss man doch auch einmal sagen, das ist vermutlich ein Verdienst der ÖVP, da noch Schlimmeres verhindert zu haben. (Abg. Taschner: Richtig!) Das heißt aber nicht, dass das, was jetzt präsentiert wird, der Weisheit letzter Schluss beziehungsweise gut ist, nämlich wieder das Vernichten, Zerstören von nutzbaren Anlagen, von Vermögen und gleichzeitiges Kompensieren, wenn man sich jetzt anschaut, mit welchen Milliardenbeträgen der Umstieg, der sogenannte freiwillige Umstieg auf andere Heizungssysteme gefördert wird, die wir uns im Übrigen auch selbst bezahlen – das hat mit freier Marktwirtschaft ja schon überhaupt nichts zu tun, sondern ist eine weitere Komponente dieser sozialistischen klimagetriebenen Planwirtschaft, die wir Freiheitliche nicht mittragen können. (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt muss ich aber, nachdem ich die ÖVP gelobt habe, die ÖVP auch wieder kritisieren: Es hat ja erst die Conference of the Parties 28, also die Weltklimakonferenz, in Doha stattgefunden, zu der 80 000 der Teilnehmer, die die Welt retten wollen, die das Klima der Welt retten wollen, mit dem Flugzeug angereist sind. Man hat eine schöne Konferenz abgehalten, hat sich dort ewig gestritten, und dann ist eine Schlusserklärung erfolgt, die wieder zeigt, dass Europa, von der Leyen und die EU in ihrer Jagd nach dem bösen CO2 alleine unterwegs sind und die restliche Welt das eben nicht so sieht.
Aber was wollte ich ansprechen? – Ich wollte ansprechen – und da ist jetzt nicht einmal Frau Bundesminister Gewessler in der Pflicht – und spreche sie auch an, nämlich die Unterfertigung einer Resolution, die besagt: Ausstieg aus allen klimaschädlichen Subventionen. Zumindest darauf hat man sich geeinigt. Und
wer hat das für die Republik Österreich unterschrieben? – Nicht Frau Bundesminister Gewessler, sondern Herr Bundesfinanzminister Magnus Brunner, ÖVP. Er hat sich da verpflichtet, der Herr Finanzminister. Was heißt denn das, zu Ende gedacht? Der Ausstieg aus allen klimaschädlichen Subventionen? (Ruf bei der ÖVP: So weit können Sie nicht denken!) Das heißt natürlich: Ausstieg aus der Pendlerpauschale, Streichung der Pendlerpauschale (Abg. Wöginger: Nein! Hab’ ich eh gesagt, dass es das nicht gibt!); das heißt natürlich Abschaffung der steuerlichen Begünstigung des Diesels, also noch höhere Steuern; das bedeutet natürlich wieder zusätzliche Belastungen für all jene (Abg. Wöginger: Theater!), die es sich eben nicht leisten können, nach Doha zu jetten und die Welt zu retten (Beifall bei der FPÖ), sondern die halt leider in der Früh zur Arbeit fahren müssen – und die belasten Sie zusätzlich. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Hörl: Märchenstunde!)
14.30
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist keine einfache Rede für mich, heute schlagen sozusagen zwei Herzen in meiner Brust. Das eine ist sehr freudig und sehr aufgeregt, denn wir beschließen ein unglaublich tolles Paket, das es so noch nie gegeben hat, nirgendwo auf der Welt und schon gar nicht in Österreich: Wir beschließen heute ein Einbauverbot für Öl- und Gasheizungen im Neubau. Nie wieder wird in Österreich ein Haus mit einer fossilen Heizung neu gebaut. Das ist eine gute Nachricht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir beschließen zusätzlich – und haben schon beschlossen – ein gigantisches Förderpaket, und mit einem Zuschussgesetz stellen wir heute auch sicher, dass
die Bundesländer ihre Förderungen nicht zurückfahren. Wir haben ein Förderpaket, durch das Menschen, die aus fossilen Heizungssystemen aussteigen wollen, um sich zum Beispiel eine Wärmepumpe zu kaufen, 75 Prozent der neuen Heizungsanlage gefördert bekommen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Das sind je nach Heizungstyp 15 000 bis 23 000 Euro, die man an Förderung bekommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Da Klimaschutz immer sozial gerecht umgesetzt werden muss, gibt es bis zu 100 Prozent Förderung (Abg. Martin Graf: Die heizen dann mit Atomstrom!) für alle Menschen mit einem geringen Einkommen – und auch das gibt es auf der ganzen Welt nirgendwo. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger. – Abg. Martin Graf: Dafür heizen dann alle mit Atomstrom!)
Damit ist der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen für alle Menschen in Österreich leistbar, und damit läuten wir auch das Ende einer Epoche ein: das Ende einer Epoche, in der wir, um unsere Wohnungen zu heizen, den ganzen Planeten mit aufheizen, und das Ende einer Epoche, in der wir in Geiselhaft von Putin und von Ölscheichs sind und mit unserer Heizungsrechnung menschenverachtende Systeme und Kriege mitfinanzieren. Genau das ist ja das, was die FPÖ, die nicht zwischen Doha und Dubai unterscheiden kann, will: dass wir in dieser Geiselhaft von Wladimir Putin bleiben und dass wir mit unserer Gasrechnung weiterhin seinen Krieg finanzieren. (Abg. Martin Graf: Die Gewessler kauft doch dort ein, nicht wir!) Und diese Epoche geht jetzt zu Ende. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Martin Graf: Wir sind nicht in der Regierung! Ihr kaufts dort ein!)
Bei aller Freude über dieses tolle Paket schlägt in meiner Brust aber auch noch ein anderes Herz, das etwas abgekämpft und nicht ganz so freudig ist, weil wir drei Jahre lang für ein Gesetz gekämpft haben, das noch viel weiter gegangen wäre, ein Gesetz, mit dem wir die 1,4 Millionen fossilen Heizungssysteme mit einem verbindlichen Ablaufdatum versehen hätten. Ich muss aber leider sagen: Nicht alle am Verhandlungstisch hatten genug Mut und genug Kraft, das mit uns durchzuziehen (Zwischenrufe bei der ÖVP); vielleicht hatten einige doch die
Lockrufe der Gaslobby im Ohr und haben auch deren Märchen geglaubt. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)
Am Ende des Tages überwiegt heute aber die Freude – die Freude, dass wir ein großartiges Paket haben. Es überwiegt auch die Gewissheit, dass wir für weitere Schritte andere parlamentarische Mehrheiten brauchen; aber es überwiegt vor allem die Zuversicht, dass in Österreich nie wieder ein Haus mit einer Ölheizung, mit einer Gasheizung gebaut werden wird, dass wir ein Förderprogramm haben, durch das es eine rationale Entscheidung ist und es sich für jeden einzelnen Menschen lohnt, umzusteigen und weg aus dieser fossilen Geiselhaft zu kommen.
Ich werbe sehr für den Beschluss heute und bedanke mich für die Zusammenarbeit, für die Mitarbeit, vor allem auch bei Ihrem Haus, Frau Bundesministerin. Es waren sehr intensive drei Jahre, in denen wir an diesem Gesetz, an diesem gesamten Paket gearbeitet haben. Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Martin Graf: Neun Monate noch, dann ist’s vorbei!)
14.35
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Zuhörerinnen, geschätzte Zuhörer! (Abg. Hörl: Einen Staatssekretär haben wir auch noch!) – Herr Staatssekretär! – Ich war der Meinung, er ist schon in Innsbruck wahlkämpfen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Zum Thema Erneuerbare-Wärme-Gesetz: Grundsätzlich – wir haben es im Ausschuss erlebt, es gab heute schon die Kritik an den Regierungsparteien – ist es so, dass wir von der Opposition es immer wieder erleben, dass wir im letzten
Augenblick Anträge bekommen, Abänderungsanträge bekommen. (Abg. Stögmüller: Wir arbeiten 24 Stunden!) Wenn ich an den letzten Ausschuss denke: Um halb eins in der Früh wird ein Antrag mit 60 Seiten geschickt, der am selben Tag im Ausschuss behandelt werden soll. Ich glaube, das zeigt, dass genau die Grünen diesen hochgeschätzten Parlamentarismus verlassen und mit Füßen treten. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei den Grünen: Ja, ja! Genau! – Abg. Voglauer: Max, das kannst du besser!)
Eines – wenn Kollege Hammer hier steht und sich so über das neue Gesetz freut und andererseits dem alten Entwurf des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes nachtrauert –: Ich glaube, die ÖVP ist dank des Protestes in Deutschland in die Knie gegangen, sie hat nachzudenken angefangen darüber (Abg. Lukas Hammer: Das glaube ich auch, ja! – Zwischenruf des Abg. Höfinger), dass man Politik nicht über die Köpfe der Bürger hinweg machen kann, dass man schauen muss, ob das für die Bürger leistbar ist – aber das ist den Grünen komplett wurscht. (Beifall bei der FPÖ.)
Verpflichtend Wärmepumpen einzuführen, damit fossile Heizungen wegkommen, die noch funktionieren, aber kein Mensch weiß, wo der Strom dazu herkommt – man ist auf einmal draufgekommen, dass das nur mit Atomstrom möglich ist. Wenn das die Alternative ist, dann danke schön, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin froh, dass bei der ÖVP noch ein letzter Funke vorhanden war, man gesagt hat: Wir ziehen die Handbremse an und wir lassen uns das nicht bieten! (Abg. Martin Graf: Was zahlt euch die Atomindustrie? Was kriegts denn? – Zwischenrufe der Abgeordneten Schallmeiner und Stögmüller.)
Ein weiterer Punkt, der für uns schockierend ist, ist, dass mit wirklich überbordenden Förderungen funktionierende Anlagen ausgetauscht werden, Geldanreize gegeben werden, dass man funktionierende Anlagen tauscht, dass man Geld rausschmeißt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Im gleichen Atemzug
haben wir gestern den Finanzausgleich diskutiert, und es war von allen Bürgermeistern und Gemeindevertretern, die hier herinnen sitzen, ein Einziger, der noch in der Lage war, zu sagen, wir gleichen unser Budget noch aus. – Wir sind nicht mehr in der Lage, die Pflichtaufgaben zu erfüllen, und auf der anderen Seite schmeißen wir Geld hinaus, um bestehende Anlagen zu tauschen. Ich glaube, das kann es nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir Freiheitliche glauben, dass es ganz wichtig ist, zu schauen, dass man beim Klima die Grenzen einhält. Es kann aber nicht sein, dass auch da das Motto gilt: Koste es, was es wolle!, dass wir Geld rausschmeißen, dass wir sagen: Egal, was es ist, wir wollen politische Ziele umsetzen, egal, was es kostet! Das wird mit uns Freiheitlichen nicht möglich sein. (Beifall bei der FPÖ.)
14.38
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ihr habt soeben selber gesehen und gehört, wie Kollege Lukas Hammer gesagt hat: Die Bundesregierung hat sich selbst dazu entschlossen, anstelle eines ambitionierten Erneuerbare-Wärme-Gesetzes lediglich das absolute Minimum umzusetzen – drei Jahre wurde diskutiert. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner. –Abg. Lukas Hammer: Weil du nicht zugestimmt hast, lieber Alois! Weil du nicht zugestimmt hast!)
Man hat es gehört: Das Einbauverbot von Gasheizungen im Neubau hätten wir auch schon vor eineinhalb Jahren beschließen können, da hat sich aber die Regierung leider Gottes über unseren Antrag nicht drübergetraut. (Abg. Lukas Hammer: Ihr habt es verhindert!) Über das Scheitern eines ambitionierten EWGs haben wir heute im Plenum beziehungsweise auch in den Ausschüssen schon oft diskutiert, ich glaube, die Positionen sind weit mehr als nur
bekannt. (Abg. Schallmeiner: Wir wissen, dass ihr euch nicht getraut habt, ein gescheites ...!)
Eine umfassende gesetzliche Grundlage, wie wir vom fossilen Heizsystem wegkommen und dabei die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem auch der Mieterinnen und Mieter sicherstellen, wäre sicher sinnvoller gewesen.
Als Sie, Frau Bundesministerin, die abgespeckte Variante präsentiert haben, war noch völlig unklar, wie die zusätzlichen Fördermittel verwendet werden sollen. Darüber haben wir ja in der Zwischenzeit Klarheit hergestellt.
In sehr intensiven Gesprächen mit dem Klimaschutzministerium, bei dem ich mich auch wirklich bedanken möchte, wurde dafür gesorgt, dass gerade die einkommensschwachen Haushalte in Mehrparteienhäusern erstmals ein ordentliches Förderangebot bekommen.
Es sieht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, so aus, dass dort, wo jene Menschen wohnen, die ohnehin jeden Euro ein paarmal umdrehen müssen und schauen müssen, was sie sich damit leisten können – die auch die Sorge haben und sich wahrscheinlich nicht Gedanken machen, wie sie in Zukunft klimafreundlich heizen –, sichergestellt wird, dass diese Menschen das Heizsystem und die Gebäudesanierung bis zu 100 Prozent gefördert bekommen.
Das ist echt ein Meilenstein, wie es du, Kollege, angesprochen hast, in der Gestaltung einer sozialen, gerechten und vor allem klimafreundlichen Förderlandschaft. (Beifall bei der SPÖ.)
Mit einer vernünftigen Förderung für den kommunalen und sozialen Wohnbau wird auch sichergestellt, dass wir vom Klein-Klein wegkommen und endlich auch wirklich einmal etwas Großes passiert und bewegt wird. Die finanziellen Aspekte sind dadurch gut abgedeckt, aber Geld ist bekanntlich ja nicht alles.
Für die Akzeptanz ist es auch notwendig, dass sich die Wohnsituation für die Bürgerinnen und Bürger nach dem Heizungstausch wesentlich verbessern soll. Dafür müssen unter anderem noch die rechtlichen Lücken im Wohnrecht geschlossen werden. Ich kann daher wirklich nur an die Regierungsparteien appellieren, das so schnell wie möglich zu machen, um auch die Akzeptanz der Mieterinnen und Mieter zu gewinnen.
Weil sichergestellt ist, dass die Fördergelder auch sinnvoll eingesetzt werden, und weil das Verbot von Gasheizungen im Neubau schon lange überfällig ist und war, werden wir diesem Gesetz heute zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Lieber Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher hier im Haus beziehungsweise auch vor dem Bildschirm! Bevor ich auf das Thema eingehe, möchte ich schon noch etwas korrigieren, Herr Kollege Kassegger: Unser Klubobmann August Wöginger hat klipp und klar klargestellt, dass es die Pendlerpauschale weiterhin geben wird. (Abg. Martin Graf: Ja, ja!) Wir haben genug Pendler, und das wird auch aufrechtbleiben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Aber das muss ja nicht so bleiben!)
Nun zum Thema dieser zwei Gesetzesmaterien, die wir behandeln, die ja miteinander zusammenhängen, zum einen das Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Da muss ich Kollegen Kassegger auch korrigieren: Wir beschließen hier heute beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz nur, dass wir im Neubau keine fossile Heizung mehr einbauen werden. Das ist das Einzige, was wir mit diesem Gesetz beschließen werden – und nicht, Heizungen herauszureißen. Das ist eben die Handschrift der ÖVP, dass wir beschlossen haben, Sie nicht zu zwingen,
dass Sie eine Heizung herausreißen, sondern wir bauen hier auf Anreize und Freiwilligkeit und werden das auch unterstützen.
Was das Wesentliche ist – Kollege Linder hat es gesagt –: Wir haben der Bevölkerung zugehört. Wir haben zugehört, wir haben nach Deutschland geschaut, wir haben genau zugehört, was die Bevölkerung möchte. Die möchte keine Verbote haben, die möchte auch kein finanzielles Überborden haben. Deswegen sind wir auch einen anderen Weg gegangen. Wir haben uns entschieden, einen Weg mit drei Säulen zu gehen.
Das eine ist, dass wir sagen, im Neubau wird jetzt nichts an fossilen Heizungen eingebaut. Gehen wir wieder zur Bevölkerung: Ich bin davon überzeugt, dass niemand, der heute einen Neubau, ein neues Haus baut, eine fossile Heizung einbaut. Davon gehen wir einmal aus.
Das Zweite ist, dass wir eben auf die Förderung und auf die Anreize setzen. Wir haben schon gehört, es werden bis zu 75 Prozent der Kosten für die Heizung, wenn man freiwillig eine fossile Heizung auf eine erneuerbare tauscht, gefördert. Für einkommensschwache Haushalte werden 100 Prozent gefördert.
Jetzt bin ich wirklich ganz erstaunt über deine Aussage, Herr Kollege Alois Schroll – dein Wunsch war ja, auch ein gewisses Fördervolumen zu haben –, dass du jetzt hergehst und eigentlich sagst, dass du das alte Gesetz besser gefunden hast, in dem wir darauf bestanden hätten, dass die Menschen ihre Heizung herausreißen. (Abg. Schroll: Das habe ich nicht gesagt!) Wir von der ÖVP bestehen nicht darauf.
Kollege Lukas Hammer, das hat doch mit Mut nichts zu tun. Das hat damit zu tun, dass die ÖVP sich gegen Verbote ausspricht. Wir werden den Menschen nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Wir werden sie begleiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lukas Hammer: Mit Handschlagqualität, Frau Kollegin!)
Die dritte Säule ist eben das vorliegende Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz, womit wir die Länder anreizen, dass sie ihre bestehenden Förderungen
aufrechterhalten beziehungsweise auch erhöhen. Das ist die dritte Säule. Mit diesen drei Säulen gemeinsam sehen wir den Weg der ÖVP, den wir mit der Bevölkerung gehen, weil wir eben genau zugehört haben, als richtigen Weg für diesen Umstieg.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, meine Damen und Herren, eine heizungstechnisch unbeschwerte, gemütliche und wohlige Zeit während der Feiertage mit der Heizung Ihrer Wahl. (Beifall bei der ÖVP.)
14.45
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja mehrere Jahre über das Erneuerbare-Wärme-Gesetz diskutiert, und die Geschichte des Gesetzes ist insofern schon spannend, weil es ja sehr lange keine konkreten Vorschläge gab, auf die sich beide Parteien in der Regierung einigen konnten. Dann gab es einen konkreten Entwurf, der ja auch schon durchaus angekündigt wurde, der dann aber im Nationalrat nicht vorgelegt worden ist. (Abg. Lukas Hammer: Doch!)
Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, was der richtige Weg wäre. Ich und auch wir als Fraktion glauben, wenn man sich schon diesem mutigen Ziel verschreibt, bis 2040 klimaneutral zu sein, muss man auch die Gesetze danach ausrichten, dass man diese Klimaneutralität 2040 erreicht. Da wäre der ursprüngliche Gesetzentwurf, in dem man sagte, es gibt ein klares Ablaufdatum für fossile Energie zur Heizung von Häusern und Wohnungen, natürlich konsequenter. Die Frage, wie man dorthin kommt, muss man richtig ausgestalten, aber das können wir ja heute nicht, weil kein solches Gesetz vorliegt.
Wir werden jedenfalls diese Lightvariante des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes unterstützen, weil wir der Meinung sind, es ist besser als der Status quo. Es ist sinnvoller, jetzt zu beginnen, im Neubau keine fossile Energie mehr einzusetzen, damit wir das Problem nicht größer machen und es sich somit über die Zeit auch in irgendeiner geeigneten Form lösen lässt.
Spannender ist allerdings das Zuschussgesetz für den Heizungswechsel. Da haben wir auch einiges an Kritik im Ausschuss angebracht, da gibt es schon einige Themen. Auf der einen Seite beschließen wir, wir wollen mehr Freiwilligkeit, und auf der anderen Seite sagen wir, wir müssen jetzt alles über den Bund lösen. Wir haben über das Budgetbegleitgesetz – mit Stimmen von ÖVP und Grünen damals beschlossen – bereits 1 Milliarde Euro für den Heizungstausch vorgesehen. 1 Milliarde Euro, das sind 1 000 Millionen Euro als Anreiz, um wirklich aus der fossilen Energie bei der Heizung herauszukommen.
Dann hat man aber anscheinend kalkuliert, dass die Förderungen auf Landesebene bleiben, und ist im Nachhinein draufgekommen, dass diese Ankündigung von 75 Prozent der Förderung für den Heizungswechsel nicht klappen wird, weil ja die Länder ihre Förderungen zurückfahren können und dann das veranschlagte Budget auf Bundesebene nicht ausreicht.
Jetzt liegt ein zusätzliches Gesetz mit insgesamt 100 Millionen Euro vor, mit dem wir die Bundesländer weiter dafür bezahlen, dass sie Förderungen, die sie in der Vergangenheit ausgeschüttet haben, auch in Zukunft ausschütten werden. Das ist insofern verrückt, weil es schon einen Schulterschluss zwischen Bund und Ländern geben sollte, gemeinsam den Heizungstausch zu forcieren.
Wesentlich ist aber noch ein zweiter Punkt. Jetzt nehmen wir diese 1 Milliarde Euro aus dem Budgetbegleitgesetz plus die 100 Millionen Euro, die jetzt vorliegen. Dann fragte meine Kollegin Karin Doppelbauer im Ausschuss: Gibt es eine Kosten-Nutzen-Analyse? Warum gerade 75 Prozent? Warum machen wir nicht 60 oder 70 oder 65 Prozent? Wo ist der Effekt beim Mitteleinsatz?
Da gab es dann als Antwort den Vergleich mit Deutschland, wobei man wissen muss, in Deutschland ist die Sockelförderung 30 Prozent, und man kommt dann unter bestimmten Parametern mit einer Einzelfallprüfung, die es in Österreich so auch nicht gibt, auf bis zu 70 Prozent.
Das bedeutet, wir nehmen jetzt 1 Milliarde Euro plus 100 Millionen Euro, um die Heizungssysteme zu wechseln, ohne zu wissen, ob der Betrag der richtige ist, ob wir damit das Ziel gut erreichen oder nicht. Das ist aus unserer Sicht wirklich eine Zielverfehlung, wie man mit Steuergeld richtig umgeht. Wenn wir so viel Geld in die Hand nehmen, dann sollten wir uns auch sicher sein, dass wir die Ziele erreichen. Da können wir als NEOS nicht mit. Es geht immer darum, Steuermittel so einzusetzen, dass es auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären ist. Das sehen wir da nicht und daher geben wir auch nicht unsere Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
14.49
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme erhält Frau Bundesministerin Leonore Gewessler das Wort. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich weiß, es liegen bereits zwei Sitzungstage hinter Ihnen, und wir haben heute noch eine sehr volle Tagesordnung. Ich möchte aber zu diesem Tagesordnungspunkt doch auch Stellung nehmen, weil – Abgeordneter Hammer hat es schon beschrieben – es ein langer und sehr intensiver Weg hierher war.
Ich möchte es auch deswegen machen, weil ich eben gerade von der COP in Dubai – nicht in „Doha“ – komme, wo sich nicht nur die Europäische Union, sondern die ganze Welt dazu verpflichtet hat: Ja, wir bewegen uns weg von den fossilen Energien, weil wir wissen, das nicht zu tun wäre das Teuerste, was uns bevorstehen könnte, weil die Klimakrise Schäden Ende nie macht! Daher ist
dieses Gesetz ein weiterer wichtiger Schritt auf diesem Weg, den die ganze Welt mit uns geht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich beginne mit einem Danke an die ganz, ganz vielen Menschen im BMK, in den anderen Ministerien, vor allem auch in den Verwaltungen der Länder, die sich in den letzten Jahren mit viel Engagement, viel Akribie, mit Genauigkeit, mit viel Herz und Hirn an das Großprojekt Wärmewende gemacht haben. Wir haben nachgezählt: Wir haben zwischen politischen Steuerungsgremien und fachlichen operativen Runden insgesamt mehr als 130 Koordinierungssitzungen zwischen Bund und Bundesländern gehabt, um diese Wärmewende auf den Weg zu bringen, und ich möchte heute hier anlässlich dieses Tagesordnungspunkts ein großes Danke an alle sagen, die da wirklich intensiv mitgearbeitet haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie wissen es – die Geschichte ist ja schon erzählt worden –: Wir haben am 2. November 2022 eine Regierungsvorlage in den Nationalrat eingebracht. Es sind dann intensive Verhandlungen hier im Haus mit vielen Runden, mit vielen Paketen und so weiter bis zu einer Zweidrittelmehrheit passiert.
Ich habe es im Ausschuss schon erzählt, ich erzähle es gerne hier auch noch: Ich kann mich noch sehr lebhaft an den Anruf an die Energiesprecher erinnern. Kollege Schroll ist jetzt gerade nicht im Saal. (Die Rednerin erkennt Abg. Schroll in der ersten Sitzreihe.) – Entschuldige! Ich habe Kollegen Schroll auf seinem normalen Sitzplatz gesucht. (Abg. Silvan: Das Gute ist oft so nah!) Ich kann mich also noch an Kollegen Schroll erinnern, daran, dass wir gesagt haben: Schau, ein großartiges Paket! Jetzt wäre es zu beschließen! – Es war halt nicht so, es ist halt nicht beschlossen worden. (Abg. Schroll: War nicht sozial!) Deshalb brauche ich hier auch nicht weiter über vergossene Milch zu reden, sondern muss mir überlegen: Wie tun wir weiter?
Seit diesem Zeitpunkt Mitte März sind verschiedene Dinge passiert. Wir haben in Österreich dann kurz überhaupt nicht mehr über Zweidrittelmehrheiten gesprochen, es gibt die Inflation, die in Österreich die Menschen belastet, die die
Stimmung im Land verändert, und es gibt vor allem in Deutschland eine wirkliche Lügenkampagne gegen das Heizungsgesetz. Wir haben gesehen, dass die Kampagne in Deutschland dazu geführt hat, dass der Klimaschutz Schaden nimmt.
In dieser Situation gehört dazu, dass man dasselbe Ziel verfolgt, aber eben mit anderen Mitteln. Wir sehen auch, wenn wir die Debatte verfolgen – nicht unbedingt die Debatte hier im Saal –, welche Propaganda gegen Wärmepumpen gemacht wird, sodass wir in einer Debatte zum Klimaschutz nicht mehr über die besten Lösungen diskutieren – die besten Lösungen sind ja die Erneuerbarenheizungssysteme –, sondern aus dem Klimaschutz eine Fahnenfrage machen und die bessere Lösung in einem Kulturkampf auf der Strecke bleibt.
Deswegen liegt jetzt hier ein Paket vor, hinter dem ich vollinhaltlich stehe, weil ich in den letzten vier Jahren eines gelernt habe: Das Ziel nicht aus den Augen verlieren, aber mit den Mitteln umsetzen, mit denen es gerade passt. Da muss man manchmal einen Plan ändern, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Deswegen haben wir das EWG auf den Kopf gestellt, und deswegen steht es jetzt auf zwei Säulen, und zwar auf zwei Grundpfeilern. Einerseits schafft es Klarheit im Neubau, und andererseits hat es einen starken Fokus auf Unterstützung. Es ist vollkommen klar: Wer ein neues Gebäude errichtet, der:die soll das nicht mehr mit einer fossilen Heizung machen. Dort soll man auch keine Gasheizung mehr einbauen, weil uns das für Jahrzehnte abhängig macht, schlecht fürs Klima ist, sehr, sehr teuer ist, wie man spätestens im letzten Jahr sehr deutlich gemerkt hat. Dem setzen wir jetzt ein Ende. Egal ob Öl, Kohle oder Gas: keine fossilen Heizungen mehr im Neubau! Dann kann niemand mehr aus der fossilen Lobby irgendeiner Familie ein zukunftsvergessendes Heizsystem einreden. Diese Klarheit schaffen wir mit diesem Gesetz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die zweite Seite ist der starke Fokus auf die bestehenden Gebäude. Da haben wir in der Umweltförderungskommission diese Woche einstimmig den Beschluss gefasst, die Förderhöhen anzuheben. Das freut mich sehr. Wir unterstützen also alle Menschen, die auf Klimaschutz umsteigen und sich eine neue Heizung einbauen, so gut, wie es geht, im Durchschnitt mit drei Vierteln der Kosten. Der Heizungstausch wird einfach, er lohnt sich, er ist gescheit. Meine Expertinnen und Experten sagen mir, dass wir so in den kommenden Jahren sogar höhere Tauschraten erreichen werden als mit dem ursprünglichen Entwurf. Auch das ist gut. Je schneller wir aus den fossilen Heizsystemen draußen sind, desto besser fürs Klima, desto besser fürs Geldbörsl der Menschen in unserem Land und desto besser für unsere Energieversorgungssicherheit.
Jetzt zum Punkt, den Abgeordneter Michi Bernhard gerade angesprochen hat: Wir werden den zu erwartenden Boom bei den Förderungen für Gebäudesanierungen und Heizungsumstellungen auch in den Förderbudgets der Länder merken. Wir erwarten ja, dass das alles zusammen höher wird, weil wir mehr Förderungen auszahlen werden, auch in der Anzahl, nicht nur in der Förderintensität. Da bedanke ich mich auch für den Initiativantrag zum Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz. So unterstützen wir die Länder sowohl bei der Aufrechterhaltung der Förderung bei einer zunehmenden Zahl an Förderanträgen als auch dabei, die einschlägigen Förderungen beizubehalten, damit wir im Sinne des Umweltförderungsgesetzes das auch weiter unterstützen können.
Ich möchte noch eines dazusagen: Für das Inkrafttreten des Gesetzes, das Sie heute hier beschließen – wie ich hoffe, aber den Redebeiträgen entnehme ich: mit einer breiten Mehrheit –, für das Inkrafttreten des Einbauverbots im Neubau ist eine Notifizierung auf europäischer Ebene notwendig. Das heißt, das muss der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden. Der Gesetzentwurf ist natürlich schon seit Längerem bei der Europäischen Kommission. Es liegt uns aber noch keine Freigabe, keine Zusage vor. Die allerspäteste
Frist für diese Zusage seitens der Kommission ist der 5.2. Also spätestens dann kann das Gesetz auch im Bundesrat beschlossen werden.
Die neuen Fördersätze gelten aber selbstverständlich ab 1.1.2024. Also an alle Menschen, die uns zuschauen und die gerade überlegen, ob es wirklich gescheit wäre, ihre Heizung zu tauschen: Es ist wirklich gescheit, Ihre Heizung von einem fossilen auf ein erneuerbares System zu tauschen. Informieren Sie sich! Fragen Sie bei Ihrem Installateurbetrieb! Ab 1.1.2024 gibt es eine wirklich, wirklich attraktive Förderung für Sie alle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Damit komme ich zum Schluss: Es war ein langer Weg hierher, aber ich bin überzeugt davon, dass das Paket, das jetzt hier zur Beschlussfassung liegt, ein gutes ist. Der Heizungstausch war noch nie so attraktiv wie jetzt. Mit dem Erneuerbare-Wärme-Paket wird der Umstieg auf die klimafreundliche Heizung die logische Entscheidung und im Neubau einfach die gesetzlich klare Entscheidung. Wir machen unser Problem nicht größer, als es ist, sondern wir leisten einen deutlichen Beitrag zum Ausstieg aus den fossilen Energien. Deswegen bitte ich gerade in der Woche der Klimakonferenz um breite Unterstützung für beide Gesetzesmaterien, die heute hier auf dem Tisch liegen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.58
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Also, Frau Bundesminister, so uneitel müssen Sie gar nicht sein, wenn Sie vom deutschen Heizungsgesetz sprechen: Das ist wirklich schlecht gewesen, und unseres ist umso besser. Dazu können wir uns ja nur gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Worum geht es letztendlich im Erneuerbare-Wärme-Gesetz? – Zentrale Frage ist doch: Wie können wir bei den großen Emittenten aufgrund der Hauswärme, der Energie, die wir brauchen, um unsere Häuser zu beheizen – ein ganz großer Teil unserer CO2-Emissionen –, die Menge senken? – Das geht nur dann, wenn wir unsere Heizungssysteme entsprechend verändern.
Jetzt wird ein enormes Investitionsprogramm aufgesetzt, mit dem wir drei Effekte erzielen können. Effekt Nummer eins ist natürlich die CO2-Reduktion. Das ist unser großes Ziel. Dem kommen wir auch mit Riesenschritten näher.
Der zweite Effekt: In wirtschaftlich angespannten Zeiten werden wir es zustande bringen, dass wir damit auch einen enormen Investitionsschub in der Bauwirtschaft, in der Installationswirtschaft, im Kesselbau, bei dem Österreich Vorreiter ist, haben. Das ist ein wirklich wichtiger wirtschaftlicher Impuls.
Der dritte Effekt ist natürlich die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Ich darf Ihnen das hier anhand eines Vergleichs auch näherbringen. (Der Redner zeigt ein Balkendiagramm mit der Überschrift „Energieträger im Vergleich in Cent/kWh“.)
Wenn wir uns die Heizkosten im Verhältnis Cent zu Kilowattstunde anschauen, dann sehen wir, ganz oben beginnt es mit dem Strom, dann geht es über die Fossilen bis zum Erdgas runter, und unten sehen wir die biogenen Heizmöglichkeiten mit Pellets, Brennholz oder Waldhackgut, die um einiges günstiger sind. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Das heißt, langfristig sparen sich die Bürger dadurch etwas. Darum ist es kein verlorenes Geld aus dem Budget, sondern es ist ein Riesenerfolg, nämlich einerseits für die Wirtschaft und andererseits für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn der eine oder andere nun Angst hat, dass, wenn wir so viel Holz verheizen, am Ende des Tages kein Wald in Österreich mehr überbleibt, kann ich auch das absolut entkräften. Wir brauchen da keine Angst zu haben. Die Heizsysteme sind effizient wie nie zuvor, schadstoffarm wie nie zuvor, und vor
allem: In den letzten 50 Jahren sind in Österreich 250 000 Hektar Wald zugewachsen. Das ist fünf Mal die Fläche von Wien oder einmal die Fläche Vorarlbergs, was wir in den vergangenen 50 Jahren an Waldzuwachs hatten. Und nach wie vor entnehmen wir aus unseren Wäldern weniger Holz, als nachwächst. Es ist also eine absolut positive Tendenz, und ich finde, dieser Weg ist absolut unterstützenswert. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn wir das Thema Klimawandel ernst nehmen, dann müssen wir auch die CO2-Frage ernst nehmen, und dafür müssen wir Schritt für Schritt setzen. Diese Regierung handelt, denn sie hat kein Interesse daran, dass unsere Bürger am Ende des Tages mit den schweren Auswirkungen des Klimawandels zurückbleiben, die sie auch wieder treffen.
Darum verstehe ich es nicht, dass die Freiheitliche Partei hier nicht auf der Seite der Österreicherinnen und Österreicher ist, wenn es darum geht, mehr volkswirtschaftliche Leistung zu generieren. Sie haben ja nur ein Interesse: Ratlosigkeit überzulassen – der böse Klimawandel, wir können nichts tun, Ratlosigkeit –, denn Ratlosigkeit fördert in der Politik eines: den Ruf nach einem Erlöser. Dieser Erlöser wird aber in der Politik nicht zu finden sein. (Abg. Deimek: Wer war ... Dubai ...?) Das ist das Positive bei uns Christen: Wir dürfen uns zu Weihnachten auf den Erlöser freuen, und dazu lade ich Sie recht herzlich ein. (Beifall bei der ÖVP.)
15.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Höfinger. – Bitte.
Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit vielen Jahren wird das Thema Umbau unserer Energieversorgung diskutiert, seit drei Jahren wird in diesem Haus intensiv verhandelt – zwischen den Fraktionen
mit verschiedenen Zugängen, mit verschiedenen Visionen –, und heute haben wir eben ein Ergebnis.
Ja, es ist durchaus legitim und im Sinne der Sache, dass wir alle bei diesem Thema manchmal einen Schritt zurück gemacht haben, um uns eben gemeinsam zu finden. Das erwartet man von uns, und das ist auch heute geschehen.
Völlig unverständlich für mich ist die Haltung der Freiheitlichen. Die zwei Redner, die heute hier heraußen gestanden sind, haben genau nichts gesagt und nichts geliefert, was an Inhalt notwendig wäre.
Eure Scheuklappenpolitik, wenn es um die Umweltfragen geht, eure Scheuklappenpolitik, wenn es um die Verantwortung für die Zukunft geht, die ist bezeichnend, und ihr habt in diesem Sinne eine Null-Umwelt-und-Zukunftspolitik in eurem Programm, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP.)
Von uns, diesem Haus, und von der Regierung wird verlangt, dass wir Lösungen für die Menschen umsetzen. Wir haben uns mit diesem Papier, das heute beschlossen wird, in diesem gemeinsamen Kontext gefunden, und das ist es, was wir nach außen spiegeln müssen: Dass wir bereit sind, aufeinander zuzugehen und ein gemeinsames Paket zu definieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)
15.04
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf auf unserer Galerie Herrn Albert Frick, den Präsidenten des Landtages des Fürstentums Liechtenstein, recht herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen hier im österreichischen Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächster gelangt Abgeordneter Hammer zu Wort. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Lukas!)
15.04
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Noch zwei Nachsätze in Richtung FPÖ: Ich verstehe eure Haltung überhaupt nicht mehr. (Ruf bei der FPÖ: Das glaube ich!) Mit diesem Paket bewirken wir, dass sich alle Menschen den Ausstieg aus russischem Gas zu Hause leisten können (Ruf bei der FPÖ: „Leisten können“?! Das zahlen wir doch selber, das zahlen sich die doch selber, das kommt ja nicht vom Himmel, die Milliarde!) und ihre Wohnungen in Zukunft mit österreichischen Wärmepumpen mit in Österreich produziertem sauberem Strom heizen können. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Linder: Sie verheizen das Geld ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Mehr Mut, mehr Mut für Österreich, lieber Kollege Kassegger!
Und in Richtung SPÖ: Wir haben das Gesetz mehr als drei Monate verhandelt. Wir hatten im März ein sehr gutes, austariertes Paket gemeinsam vorgelegt, nämlich mit einem sehr, sehr großen sozial differenzierten Förderpaket. Ihr habt eure Zustimmung im März verweigert. (Abg. Schroll: Zu Recht! Unsozial gewesen!) Wenn du das nächste Mal einem Paket nachweinst und fragst: Warum ist das nicht beschlossen worden?, dann würde ich empfehlen, dass du im entscheidenden Moment die Zustimmung nicht verweigerst und die Gesetze nicht blockierst. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Er hat es ja bereits gehabt. (Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend Erneuerbare-Wärme-Gesetz samt Titel und Eingang in 2351 der Beilagen.
Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Ausdrücklich stelle ich noch einmal die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls das gleiche Quorum.
Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz samt Titel und Eingang in 2350 der Beilagen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer erteilt auch in dritter Lesung die Zustimmung? – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend DSA-Begleitgesetz in 2309 der Beilagen.
Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Himmelbauer, Prammer, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Steinacker, Prammer, Kolleginnen und Kollegen vor.
Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Himmelbauer, Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Die Abgeordneten Steinacker, Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 4 und 8 eingebracht.
Wer dafür ist, wird ebenfalls um ein Zeichen gebeten. – Das ist das gleiche Stimmverhalten, daher mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.
Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer auch in dritter Lesung zustimmt, wird wiederum um ein Zeichen gebeten. – Das ist das gleiche Stimmverhalten: mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“.
Wer dem die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3741/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz 2012 geändert werden (2352 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren heute über die Novellierung von zwei Gesetzen, der wir aus mehreren Gründen nicht zustimmen können, und ich möchte das auch gerne erläutern.
Das eine ist, dass es vonseiten der Regierungsfraktionen das Bestreben gibt, dass wir die Förderung bei Investitionen in Wasserkraft, Windkraft und Biomasse ausweiten. Bisher wurde gefördert: 45 Prozent der umweltrelevanten
Investitionen, und jetzt wird alles an Investitionen im gleichen Ausmaß gefördert, nämlich 45 Prozent der Gesamtinvestition.
Man nimmt hier als Begründung, dass es jetzt auf europäischer Ebene eine Richtlinie gibt, in der die Förderungsfähigkeit der Gesamtinvestition enthalten ist. Aber förderungsfähig bedeutet ja nicht, dass man fördern muss. Bisher haben wir 45 Prozent der umweltrelevanten Investitionen gefördert. In Zukunft sollen es 45 Prozent insgesamt sein.
Jetzt muss man aber wissen, dass diese Investitionen ja in Bereiche gehen, die sich durchaus auch wirtschaftlich tragen. Wasserkraft, Windkraft, Biomasse haben ja durchaus auch eine Wirtschaftlichkeit, wenn das Ganze ordentlich geplant ist. Wir erweitern also nun staatliche Subventionen in Bereiche, die sich von alleine rechnen, nur weil man es kann, nicht weil man es muss, weder aus wirtschaftlichen noch aus politischen oder juristischen Gründen.
Der zweite Punkt, warum wir bei diesem Tagesordnungspunkt sehr kritisch sind – Frau Ministerin, Sie werden diesen Punkt wahrscheinlich ein bisschen besser nachvollziehen können –: In den ursprünglichen Entwürfen war vorgesehen, dass endlich auch die Tarife der Fernwärme direkt an die E-Control gemeldet werden müssen, und nicht an das BMK. Das hätten wir sehr gut gefunden, denn alle anderen Tarife werden an die E-Control gemeldet. Auf Intervention der SPÖ und damit sie bei anderen Bereichen zustimmt, hat man diese Regelung wieder gekippt. Das heißt, Konsumentinnen und Konsumenten können weiterhin nicht die Fernwärmetarife und die Bestandteile der Fernwärmetarife entsprechend auf der Webseite der E-Control nachverfolgen. (Abg. Lukas Hammer: Das ist nicht korrekt! Das steht im Gesetz drinnen!)
Uns als NEOS ist tatsächlich wichtig, dass wir auf der einen Seite, und wir können es wirklich nicht oft genug betonen, Steuermittel so einsetzen, dass sie sinnvoll eingesetzt sind. Jeder Euro an Ausgaben, den wir beschließen, wird davor über Steuern und Abgaben irgendwo eingenommen. Wir werden nie von
der hohen Abgabenlast runterkommen, wenn wir weiter so fördern, wie es die Regierungsparteien derzeit vorschlagen. Daher wollen wir dort, wo es wirtschaftliche Szenarien gibt, die sich selbst tragen, die Fördersummen nicht erhöhen und lehnen das ab. Und das andere – Herr Kollege Hammer hat es schon reingerufen –: Dort, wo wir mehr Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten haben können, wollen wir die auch erreichen. Und wenn die Regierungsfraktionen da zurückzucken, weil die SPÖ weiter der Intransparenz frönen will, dann werden wir auch da nicht zustimmen.
Zu beidem erfolgt daher von unserer Seite eine klare Ablehnung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
15.12
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte. (Abg. Schroll – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Lukas Hammer –: Reiß dich zusammen!)
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den vorliegenden Novellen machen wir im Prinzip drei Dinge. Das erste ist: Wir verbessern das erfolgreichste Gesetz für die Förderung von Ökostrom, nämlich das EAG. Das zweite ist: Wir reduzieren die Stromrechnungen von Haushalten. Und das dritte ist: Wir verbessern die Transparenz bei der Fernwärme.
Weil wir jetzt Ende 2023 haben: Dieses Jahr war das erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Erneuerbaren in Österreich. Wir haben 163 000 Förderanträge reinbekommen und gefördert, ausreichend für 2 800 Megawatt. Nur damit man eine Vorstellung davon bekommt: Heuer wurde eine Solarstromleistung gefördert, die ausreicht, um 800 000 Haushalte mit Strom zu versorgen, und das ist großartig. (Beifall bei den Grünen.)
Wir schaffen mit diesen Novellen weitere Verbesserungen für die Erneuerbaren. Was wir schon öfters besprochen haben: Weil dank eines Rekordbudgets von 600 Millionen Euro so viele Förderanträge eingegangen sind, werden die privaten kleinen Anlagen nunmehr von der Umsatzsteuer befreit. Mit dieser Novelle stellen wir sicher, dass es zu keiner Doppelförderung kommen kann. Und bei den verbleibenden Investitionszuschüssen für die Fotovoltaik können jetzt Förderanträge auch dann eingereicht werden, wenn mit den Arbeiten schon begonnen wurde. Das ist eine erhebliche Erleichterung für die Betriebe. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben verhandelt und, so glaube ich, gut verhandelt. Deswegen bringe ich auch den Abänderungsantrag der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3741/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz 2012 geändert werden, 2352 der Beilagen, ein.
Der Antrag wurde verteilt; aufgrund der Länge muss ich ihn nicht vorlesen.
Worum geht es vor allem? – Es geht um die Transparenz bei der Fernwärme. Das wurde ja ausgeschrieben. Das macht die Energieagentur, und die wird das hervorragend machen. Wir sind aber bei Strom und bei Gas gewöhnt, dass mit dem Tarifkalkulator auf der Webseite der E-Control Konsumentinnen und Konsumenten über die Energiepreise informiert werden, und wir stellen jetzt mit dieser Gesetzesnovelle sicher, dass auf der Seite der E-Control jetzt zusätzlich zu Strom und Gas auch die Fernwärmepreise aufscheinen, damit auch das vergleichbar ist.
Das Wichtigste zum Schluss: Wir streichen auch für das gesamte nächste Jahr den Erneuerbaren-Förderbeitrag und die -Förderpauschale, und so sparen
sich alle Haushalte in Österreich im Schnitt 110 Euro. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
15.15
Der Antrag hat folgenden Wortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,
Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3741/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz 2012 geändert werden (2352 d.B.) – TOP 17
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der oben zitierte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts 2352 d.B. wird wie folgt geändert:
Artikel 1 (Änderung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes) wird wie folgt geändert:
1. Nach der Z 8 wird folgende Z 8a eingefügt:
„8a. Dem § 55 wird folgender Abs. 10 angefügt:
„(10) Sofern für die zu fördernde Maßnahme der ermäßigte Umsatzsteuersatz gemäß § 28 Abs. 62 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl. Nr. 663/1994, anzuwenden ist bzw. angewandt wurde, ist die Gewährung eines Investitionszuschusses ausgeschlossen.““
2. Z 22 lautet:
„22. § 72 Abs. 5 lautet:
„(5) Der Anspruch auf eine Befreiung gemäß Abs. 1 erlischt bei Wegfall von auch nur einer der Voraussetzungen für die Kostenbefreiung. Die ORF-Beitrags Service GmbH hat diesen Zeitpunkt den betroffenen Personen sowie dem Netzbetreiber mitzuteilen. Zu Unrecht erlangte Vermögensvorteile sind von der ORF-Beitrags Service GmbH zurückzufordern und, sofern es Vermögensvorteile aus dem Erneuerbaren-Förderbeitrag und der Erneuerbaren-Förderpauschale sind, an die Ökostromabwicklungsstelle abzuführen. Zu Unrecht erlangte Vermögensvorteile aus dem Grüngas-Förderbeitrag sind von der ORF-Beitrags Service GmbH an die EAG-Förderabwicklungsstelle abzuführen.““
3. Z 31 lautet:
„31. § 89 lautet:
„(1) Abgeber im Sinne des § 2 Z 3 des Heiz- und Kältekostenabrechnungsgesetzes (HeizKG), BGBl. Nr. 827/1992, die faktisch an mehr als 20 Endverbraucherinnen oder Endverbraucher Wärme und/oder Kälte unmittelbar oder im Wege von Dritten abgeben, sind verpflichtet, die gegenüber Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen für die Lieferung von Wärme und/oder Kälte zur Anwendung kommenden Tarife einschließlich allfällig diesen zugrundeliegenden behördlichen Preisregelungen nach dem Preisgesetz 1992, BGBl. Nr. 145/1992, zumindest einmal jährlich sowie zusätzlich bei einer Tarifänderung, an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu melden. Die jährliche Meldung hat bis spätestens 1. März eines jeden Kalenderjahres zu erfolgen; Tarifänderungen sind unverzüglich durch Meldung zu aktualisieren. Dabei sind die in den Tarifen enthaltenen Preiskomponenten (Arbeitspreis, Grundpreis und Messpreis), einmalige Gebühren für den Anschluss oder die Montage, für die Abschaltung und Wiederinbetriebnahme, Kosten der Verbrauchserfassung und der Erstellung von Abrechnungen sowie Mahnspesen getrennt sowie das Gemeindegebiet, in dem der jeweilige Tarif zur Anwendung kommt, darzustellen. Zur Anwendung kommende Preisgleitklauseln und darin bezogene Indizes sind ebenso getrennt auszuweisen. Zudem haben Abgeber, die als Betreiber von Fernwärme- oder Fernkälteanlagen eine Aufschlüsselung gemäß § 88
Abs. 1 zu erstellen haben, diese in die Meldung aufzunehmen. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie stellt die nach diesem Absatz eingelangten Meldungen der Regulierungsbehörde zur Verfügung.
(2) Die Datenerhebung und Datenübertragung hat in einem gängigen elektronischen Format zu erfolgen, welches durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie festgelegt wird. Die Daten und Informationen, die zur Überprüfung der Meldung gemäß Abs. 1 erforderlich sind, sind von den Abgebern gemäß Abs. 1 der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf Verlangen innerhalb von 14 Tagen für den Zweck der Überprüfung der übermittelten Informationen zur Verfügung zu stellen. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben kann sich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eines Dritten bedienen. Die Ergebnisse der Überprüfung sind der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft zu übermitteln. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat beginnend ab 2026 und danach längstens alle zwei Jahre eine Evaluierung dieser Bestimmungen im Hinblick auf die verfolgten Zielsetzungen durchzuführen.
(3) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat die Informationen gemäß Abs. 1 getrennt für jeden Abgeber im Sinne des § 2 Z 3 HeizKG auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Sie kann sich bei der Erfüllung dieser Aufgaben eines Dritten bedienen. Zudem hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die Regulierungsbehörde zur Veröffentlichung auf deren Internetseite anzuweisen. Die Informationen sind einmal jährlich sowie bei bekanntgegebener Änderung nach Abs. 1 zu aktualisieren.““
4. Nach der Z 31 wird folgende Z 31a eingefügt:
„31a. In § 102 wird nach Z 2 folgende Z 2a eingefügt:
„2a. hinsichtlich § 6 Abs. 4 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, dem Bundesminister für Finanzen sowie dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft;““
5. Z 32 lautet:
„32. (Verfassungsbestimmung) Dem § 103 wird folgender Abs. 9 angefügt:
„(9) Für das Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 gilt Folgendes:
1. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
2. Die Überschrift zu § 6 samt Eintrag im Inhaltsverzeichnis, § 6 Abs. 1a und 4, § 44 Abs. 2, § 44f Abs. 2, § 55 Abs. 2 und 10, § 56 Abs. 12, § 56a Abs. 3, § 57 Abs. 6, § 57a Abs. 6, § 59 Abs. 2, § 60 Abs. 4, § 61 Abs. 4 und 5, § 62 Abs. 6, § 71 Abs. 1 Z 7 und 8 und Abs. 2 Z 2, § 73 Abs. 1, § 74 Abs. 4, § 75 Abs. 1, § 89 sowie § 102 Z 2a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
3. § 72 Abs. 1, 2 und 6 sowie § 72a Abs. 2 in der Fassung des Art. 1 Z 17, 19, 23 und 26 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.
4. § 72 Abs. 3, 4 und 5 in der Fassung des Art. 1 Z 21 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft.
5. § 72 Abs. 1, 2, 5 und 6 sowie § 72a Abs. 1 und 2 in der Fassung des Art. 1 Z 18, 20, 22, 24, 25 und 27 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit 1. Jänner 2026 in Kraft.““
Begründung
Zu Artikel 1 (Änderung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes):
Zu Z 1 (§ 55 Abs. 10):
Am 17. Oktober 2023 wurden von der Bundesregierung diverse Maßnahmen zur Konjunkturstärkung vorgestellt. Unter anderem wurde angekündigt, dass ab 1. Jänner 2024 der Kauf und die Installation von Photovoltaikanlagen mit einer Engpassleistung bis 35 kWpeak von der Umsatzsteuer befreit werden sollen. Diese Maßnahme soll für kleine Photovoltaikanlagen die bisherige Bundesförderung ersetzen und bürokratische Hürden beseitigen.
In diesem Sinne sieht Art. 10 der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2024 einen befristeten Umsatzsteuersatz von 0% für Lieferungen, Erwerbe und Einfuhren von Photovoltaikmodulen an bzw. durch den Betreiber einer Photovoltaikanlage sowie für die Installation von Photovoltaikmodulen vor, sofern die Engpassleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 35 kWpeak beträgt und die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von bestimmten Gebäuden, wie zB Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, betrieben wird.
Alle Anlagen, die sohin dem ermäßigten Steuersatz von 0% gemäß § 28 Abs. 62 UStG 1994 unterliegen, sollen daher zukünftig keinen Investitionszuschuss gemäß § 56 EAG mehr erhalten. Anlagen, die dem ermäßigten Steuersatz hingegen nicht unterliegen (zB Anlagen über 35 kWpeak oder Anlagen, die auf reinen Geschäftsgebäuden betrieben werden) sollen auch zukünftig mittels EAG-Investitionszuschuss gefördert werden können.
Förderanträge auf Gewährung eines Investitionszuschusses für Photovoltaikanlagen und Speicher, die dem ermäßigten Steuersatz gemäß dem UStG 1994 unterliegen, sind daher von der EAG-Förderabwicklungsstelle zukünftig abzuweisen bzw. – wenn sich erst im Zuge der Endabrechnung ergibt, dass für die zu fördernde Maßnahme der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung gelangte – ist der Fördervertrag aufzulösen.
Zu Z 2 (§ 72 Abs. 5):
Es handelt sich um eine bloß legistische, redaktionelle Anpassung, indem die Novellierungsanordnung zur Klarstellung, wie § 72 Abs. 5 ab 1. Jänner 2026 gelten soll, neu gefasst wird.
Zu Z 3 (§ 89):
Die Zuständigkeit zur Datenerhebung, -erfassung usw. nach diesen Bestimmungen soll bei der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie verbleiben. Aktuell ist die Austrian Energy Agency mit der Durchführung dieser Leistungen betraut.
Zudem sollen der Regulierungsbehörde die Daten zur Verfügung gestellt werden, wobei damit keine Haftung der für die Vollständigkeit und Richtigkeit der übermittelten Daten verbunden ist.
Zu Z 4 (§ 102 Z 2a):
Es handelt sich um eine bloße legistische Ergänzung; die in § 6 Abs. 4 vorgesehene Verordnungsermächtigung ist in der Vollzugsbestimmung ergänzend aufzunehmen.
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schroll. – Bitte.
Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Zuseher:innen und Zuhörer:innen! Ich möchte vielleicht noch ganz kurz zu den Tagesordnungspunkten 15, 16 replizieren, weil Kollege Lukas Hammer gesagt hat, wir hätten nicht zugestimmt. In einer Demokratie ist es so: Wenn ihr ein Gesetz vorlegt und ihr braucht eine Zweidrittelmehrheit und es geht sich für die Sozialdemokratinnen und -demokraten nicht aus, weil in dem Gesetz drin-
gestanden wäre, dass die Mieterinnen und die Mieter letztendlich die Umbaukosten hätten zahlen müssen, dann wird es das mit der sozialdemokratischen Fraktion nicht geben. (Abg. Lukas Hammer: Nein!) – Das nur als Replik zu diesen Tagesordnungspunkten. (Beifall bei der SPÖ.)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende fünfte Novelle des EAG sowie des Ökostromgesetzes ist abermals ein Beispiel für die Art und Weise, wie diese türkis-grüne Regierung Politik macht. Immer wenn sie Ende November, Anfang Dezember in den Kalender hineinschauen und sehen, dass jetzt noch ein paar Tage bis zum Jahresende sind, dann kommen sie darauf: Ui, da wäre noch etwas zu ändern, denn sonst haben wir ein kleines Problem! – Laut dem bestehenden EAG ist es so, dass ab dem 1.1.2024 die Erneuerbaren-Förderpauschale und der Erneuerbaren-Förderbeitrag von den Stromnetzbetreibern von Ihnen, geschätzte Österreicherinnen und Österreicher, einzufordern wäre.
In den vergangenen Jahren ist das aber nicht geschehen. Es war durch die Energiepreisschocks so viel Geld im System, dass man das nicht eingehoben hat – Gott sei Dank! Das wurde damals bei den EAG-Verhandlungen und beim Beschluss am 7. Juli 2021 auch von uns eingefordert und auch mitbeschlossen, dass diese ausgesetzt worden sind.
Und da kommt jetzt das zweite Musterbeispiel für das Vorgehen dieser Regierung zutage: Wir hatten einige Zeit sehr viel Geld im System, weil die Marktpreise für Strom extrem angestiegen waren. Es war aber schon vor über einem Jahr klar, dass sich das natürlich auch ändert, wenn der Strompreis wieder zurückgeht.
Jetzt stelle ich die Frage an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Glaubt ihr, hat die Bundesregierung da reagiert? – Ich kann euch helfen: Natürlich nicht! Weil man das Ergebnis dieses Nichthandelns aber nicht den Stromkundinnen und Stromkunden umhängen und damit die Inflation weiter befeuern will, wird
der Mittelbedarf der Ökostromförderung im kommenden Jahr aus dem Budget gedeckt.
Jetzt, 15 Tage vor Jahresende, lässt sich dieser Fehler der Regierung nicht mehr korrigieren. Mit diesem Antrag heute wird das auch mehr oder weniger festgestellt. Wir werden diesem Gesetz heute zustimmen, nicht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, weil wir dieser Regierung für ihre Versäumnisse die Absolution erteilen wollen, nein, weil wir die Bürgerinnen und Bürger schützen wollen und von diesen mit den Stromrechnungen nicht mehr eingehoben werden soll. (Beifall bei der SPÖ.)
Ein Thema möchte ich noch gesondert ansprechen, geschätzte Frau Bundesministerin: Wir haben bei einer der zahlreichen Novellen des EAG eine Frist für die Umsetzung der Verordnung zu ökosozialen Förderkriterien gesetzt. Mit diesen Kriterien soll sichergestellt werden, dass die Arbeitsverhältnisse in der Ökostrombranche auch ordentliche Arbeitsverhältnisse sind und dass bei den Förderkriterien zumindest auf europäische Wertschöpfung, besser noch: einheimische, eingegangen wird. Diese Frist ist bereits im Juni 2023 abgelaufen. Frau Bundesministerin, ich fordere Sie auf, uns umgehend eine entsprechende Verordnung vorzulegen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
15.18
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Feststellung nachholen, dass der Antrag der Abgeordneten Hammer und Graf ordnungsgemäß eingebracht wurde, ausreichend unterstützt war und deshalb auch mit in Verhandlung steht.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Im vorliegenden Tagesordnungspunkt geht es um zwei Änderungen, zwei Gesetze, nämlich das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Ökostromgesetz. Gleich vorweg, und das wird jetzt den einen oder anderen vielleicht verwundern: Die Freiheitliche
Partei wird diesen beiden Gesetzesänderungen zustimmen, wobei wir bei dem einen oder anderen, ich werde noch darauf eingehen, nicht hundertprozentig davon überzeugt sind, dass nicht eine Überförderung vorliegt.
Dem Grunde nach sind wir überall dabei, wo es – ich zitiere Kollegen Hammer von den Grünen – um eine Verringerung der Stromkosten für die Haushalte und für die Endkunden geht, und das ist hier mit dem Aussetzen der Erneuerbaren-Förderpauschale sowie des -Förderbeitrags für das Jahr 2024 der Fall, und wir sind überall dabei, wo es um eine Steigerung der Transparenz im Energiemarkt geht – Stichwort: Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde, was den Strommarkt betrifft. Offensichtlich haben da Verhandlungen zwischen der SPÖ und der Bundesregierung zum Thema E-Control-Zugang stattgefunden, sozusagen Kontrolle dessen, was den Bereich der Fernwärme, die ja in Wien eine erhebliche Rolle spielt, betrifft. Ich will da jetzt gar nicht ins Detail gehen – offensichtlich hat man sich da geeinigt, und der Grad der Transparenz scheint auch der Regierung ein ausreichender zu sein.
Womit wir vielleicht ein bisschen ein Problem haben, ist die Steigerung der Investitionsförderungen für PV-Anlagen von 30 auf 45 Prozent, aber das ist der einzige Bereich, von dem wir glauben, dass es möglicherweise eine Überförderung gibt. Wir haben ja gestern auch die Umsatzsteuerbefreiung für Fotovoltaik beschlossen, aber gleichzeitig ist das wirkliche Problem, auf das Sie jetzt in der Gesetzesänderung auch eingehen, jenes, dass teilweise die Berechtigten gar nicht zu ihren Förderungen gekommen sind, weil das zum Beispiel schon vor Beginn der Arbeiten hätte eingereicht werden sollen. Das ist jetzt saniert worden, und das ist gut so.
Das heißt, in Summe können wir diesen beiden Gesetzesänderungen, sowohl dem EAG als auch dem Ökostromgesetz, zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
15.21
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Graf. – Bitte.
15.21
Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich darf, bevor ich auf den Tagesordnungspunkt eingehe, noch einmal zu Kollegen Schroll kommen, weil er doch das eine oder andere zum Vorgespräch noch einmal angebracht hat.
Ich darf daran erinnern – das an die liebe SPÖ –: Ihr wart diejenigen, die beim Budget in der dritten Lesung das Budget mit der Förderung von 75 Prozent abgelehnt habt. Das heißt, ihr seid eigentlich diejenigen, die es nicht unterstützen, dass die Haushalte sozusagen eine Förderung bekommen, weil ihr in der dritten Lesung gegen das Budget gestimmt habt. Daher seid ihr auch nicht im Interesse der Bürger unterwegs – das bitte will ich einmal kurz festhalten, gell? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schroll: Weil das Budget ist nur das, genau! Das Budget heißt 120 Milliarden Euro! – Zwischenruf des Abg. Köllner.)
Nun zum Tagesordnungspunkt und damit zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz: Es wurde schon einiges gesagt, ich darf trotzdem noch erwähnen, dass es um Formulierungsänderungen geht, weil wir im EAG eine Formulierung für von der GIS Befreite haben. Jetzt kommt es dazu, dass wir umformulieren, weil es ein ORF-Beitragsgesetz gibt – das wird nun in dieser Formulierung angepasst.
Das Zweite, das wir machen, ist eine technische Anpassung – das ist gerade auch für mich in Salzburg ein wesentliches Thema – betreffend Windkraftanlagen über 1 000 Meter. Da ist es so, dass die Bauzeiten im Winter und im Sommer natürlich sehr divergieren, daher werden wir da eine Fristverlängerung auf weitere zwölf Monate machen. Wir haben in Salzburg auch vor, Windräder zu bauen – das hat unser Landeshauptmann auch schon mitgeteilt –, daher sind wir auch sehr dankbar, wenn wir diesbezüglich eine Fristverlängerung bekommen.
Es wird nun auch eine Verordnungsermächtigung für die Ministerin – in Kooperation mit weiteren Ressorts – betreffend die Nachhaltigkeitskriterien beim Wasserstoff geben. Wasserstoff ist ein Zukunftsthema, daher ist es
auch wichtig, da Nachhaltigkeitskriterien festzulegen, die für uns Gültigkeit haben.
Die zwei wesentlichen Punkte wurden schon einmal erwähnt, aber ich möchte sie für Sie, meinen Damen und Herren, trotzdem noch einmal erwähnen. Die erste wesentliche Änderung ist die Transparenz bei der Fernwärme. Die Energieagentur wird jetzt die Daten einsammeln, wird die Daten auswerten und diese auch der E-Control zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen. Sie als Konsument – weil Sie ja die E-Control kennen und der E-Control auch vertrauen – haben dort nun einen weiteren Button zur Fernwärme – das ist wichtig und richtig. Somit können Sie auch Preise innerhalb der Bundesländer und innerhalb von Österreich vergleichen, das ist ein wichtiger Schritt.
Der zweite Schritt – den finde ich überaus wichtig, weil wir damit die Inflation und auch die Teuerung wieder einschränken – ist, dass wir das Aussetzen der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags 2024 beibehalten, die Belastung auf null setzen. Wir haben das die letzten zwei Jahre gemacht, wir machen das 2024 auch wieder.
Ja, es ist Steuergeld, das wir dafür verwenden, aber die Mittelverwendung dafür ist korrekt, weil wir das Geld eins zu eins den Bürgern geben – und jeder hat ein Zuhause, eine Wohnung, es gibt aber auch Betriebe, die davon profitieren –, also jeder wird etwas von dieser Befreiung haben, und das ist wichtig und richtig. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schwarz und Zorba.)
Sie werden daher in Zukunft, damit Sie das auch selbst nachverfolgen können, auf Ihrer Stromrechnung beim Button Ökostrompauschale oder -förderbeitrag eine Null haben, und daher danke ich allen, die da zustimmen, dass sie dazu beitragen, dass man sagen kann: Der Bürger hat eine Nullrechnung bei diesem Button.
Wichtig für mich ist noch etwas Wesentliches – wir haben es auch gehört, Lukas Hammer hat es gesagt –: Wir haben dieses Jahr so viel wie möglich an Fotovoltaik und Erneuerbaren ausgebaut – das ist auch ein wichtiger Schritt –, daher ist es auch wichtig – das muss man auch immer wieder erwähnen –, das Netz auszubauen.
Wir brauchen den Netzausbau, denn wir haben sehr viele Betreiber von Fotovoltaikanlagen, die jetzt leider nicht mit der vollen Leistung ins Netz können. Da bitte ich noch einmal um eure Unterstützung und auch um den Zusammenhalt beziehungsweise Zusammenschluss. Wir werden die 27 Terawattstunden, die wir uns im EAG vorgenommen haben, nicht ins Netz bekommen, wenn wir da keinen Schulterschluss haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
15.25
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gewessler. – Bitte sehr.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es geht um zwei Novellen – die des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes und die des Ökostromgesetzes –, die Entlastungsmaßnahmen bringen, die preisstabilisierende Maßnahmen bringen, die eine Anpassung des Fördersystems an die Umsatzsteuerbefreiung bei der Fotovoltaik bringen und die mehr Transparenz bringen. Dies ist also ein wirklich umfangreiches Paket, und ich freue mich sehr, wenn ich in den Ausführungen der Fraktionen hier auch eine umfangreiche Zustimmung bereits erahnen kann.
Ganz kurz zu den einzelnen Punkten – kommen wir zum zentralen Punkt am Anfang und damit zur Aussetzung der Erneuerbaren-Förderpauschale und des Erneuerbaren-Förderbeitrages 2024 –: Abgeordneter Hammer hat es vorhin
erwähnt: 110 Euro spart sich damit ein Haushalt pro Jahr, aber wir unterstützen auch Unternehmen – abhängig von Netzebene und Verbrauch – mit dieser Aussetzung der Pauschale und des Beitrages. Gerade in Zeiten schwieriger Konjunktur soll auch das erwähnt werden.
Wir leisten damit auch einen Beitrag zur Dämpfung der Inflation im Jahr 2024, aber da wir die Beiträge – Kollege Schroll hat es ja vorhin auch schon erwähnt – bereits zwei Jahre ausgesetzt hatten, ermöglichen wir mit dieser Novelle jetzt, Bundesmittel 2024 sozusagen in das EAG-Förderregime einzufüllen, damit wir den Ausbau weiterhin sicherstellen können, denn darum geht es am Ende: Dieses Gesetz ist das Gesetz zum Weg: 100 Prozent erneuerbarer Strom 2030. – Das ist das Ziel, das wollen wir erreichen, das stellen wir mit dieser Novelle auch trotz der Aussetzung der Beiträge sicher.
Die zweite Maßnahme in diesem Zusammenhang ist eine preisstabilisierende Maßnahme, und auch die möchte ich hier noch erwähnen. Wir haben in den letzten Monaten große Unterschiede auf den Strommärkten gehabt zwischen dem, was die Oemag als Abwicklungsstelle beim Verkauf von Ökostrom, den sie abnimmt, am Strommarkt für den nächsten Tag erzielen kann, und dem, was Einspeiser von der Oemag erhalten. Das ist ein Vermarktungsrisiko für die Oemag, und dieses Risiko minimieren wir mit dieser Novelle. Wir reduzieren damit auch den Förderbedarf und stellen damit sicher, dass wir einen effizienten Mitteleinsatz haben – und wir stellen mit dieser Anpassung auch sicher, dass wir keine negativen Preise für Einspeiser von Ökostrom haben, wenn sie an besonders erzeugungsstarken Tagen einspeisen.
Der dritte Punkt ist die Anpassung des Fördersystems an den PV-Nullsteuersatz. Kollege Hammer hat es vorhin erwähnt: Das Jahr 2023 war ein absolutes Rekordjahr für die Fotovoltaik. Wir haben allein im ersten Fördercall 2023 100 000 Anträge für Fotovoltaikanlagen gehabt. Wenn man auf das letzte Jahr zurückblickt, sieht man, dass das alles in Österreich nie zuvor gesehene
Zahlen sind – und zwar bei Weitem nicht! Wir haben da wirklich einen Quantensprung gemacht, und dieser Sprung in den Antragszahlen hat aber natürlich auch das Fördersystem an seine Grenzen gebracht.
Deswegen haben wir im Budgetbegleitgesetz 2024 eine Aussetzung der Umsatzsteuer für Fotovoltaik bis 35 kW Peak beschlossen – eben nach dem Motto: durch null Steuer, null Bürokratie ergeben sich deutliche Erleichterungen, da für diese PV-Anlagen zukünftig keine Förderantragstellung mehr notwendig ist. Durch den vorliegenden Abänderungsantrag wird aber auch sichergestellt, dass es einerseits zu keinen Doppelförderungen kommt und dass andererseits auch niemand um eine Art der Förderung umfällt. Wir führen also ein System gut in das nächste über, aber wie gesagt null Steuer, null Bürokratie, das gilt ab nächstem Jahr für die Fotovoltaik für die Privaten, und das ist wirklich eine große Erleichterung für alle Antragsteller:innen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Steinacker und Wöginger.)
Zur Preistransparenz bei der Fernwärme ist schon einiges gesagt worden; ich möchte auch sagen, wie wichtig das ist. Wir machen Klarstellungen, die dafür sorgen werden, dass die Fernwärmeunternehmen ihre Tarifänderungen rascher einmelden, also unverzüglich einzumelden haben, dass die Daten auch auf der Website der E-Control zu finden sind, dass mit der zusätzlichen Angabe des Gemeindegebiets auch eine Zuordnung erfolgen kann, welcher Tarif zur Anwendung kommt, und auch, wie hoch der eingesetzte Anteil erneuerbarer Energieträger oder von Abwärme ist – auch das ist ein wichtiger Schritt und ein Service für die Fernwärmekunden und -kundinnen, das wir damit verbessern.
Dann möchte ich auch noch kurz auf die sowohl von Axel Kassegger als auch von Michael Bernhard eingebrachte Frage zur Erhöhung der Förderung eingehen: Wir heben mit dieser Änderung die maximale Förderintensität für die Investitionszuschüsse nur für innovative PV-Anlagen an. Für alle anderen, das heißt Wasser, Wind et cetera, bleibt es bei 30 Prozent maximaler Förderintensität, es geht also wirklich nur um die innovativen Anlagen. Denken Sie an aufwendige gebäudeintegrierte Anlagen oder woran an Zukunftsmusik auch
immer man bei der Fotovoltaik noch denken kann, da ermöglichen wir die Anhebung auf 45 Prozent, überall sonst bleibt es wie gesagt bei 30 Prozent. Das ist ein überschaubarer, aber wichtiger Teil. Wir werden einfach alles an Fotovoltaik, was wir nutzen können, brauchen, und da sind innovative Anlagen ein wichtiger Teil.
Übrigens ein Danke in diesem Zusammenhang: Dinge wie diese beziehungsweise auch die Möglichkeit, bei den Einreichkriterien davon abzugehen, dass nur vor Beginn der Arbeiten beantragt werden kann – das hat auch Axel Kassegger erwähnt –, was die Antragsmodalitäten deutlich erleichtert, das ist etwas, was uns die EU ermöglicht hat. Das ist aufgrund einer neuen Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung möglich – ein Danke also an die Europäische Union, die es jetzt möglich macht, dass wir Erleichterungen bei den Fördermodalitäten schaffen können.
Insofern: Es ist eine umfassende Novelle, viel drin, viel an Verbesserung, viel an Erleichterung, ein Mehr an Transparenz. – Herzlichen Dank an alle, die dieser Novelle ihre Unterstützung geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
15.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte sehr.
Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ganz kurz zu Kollegen Schroll: Sie müssten eigentlich wissen, dass Heizungen dem Vermieter gehören und dass diese Kosten nicht einfach den Mietern umgehängt werden können. Das ist auch nicht im Entwurf des EWG gestanden, dass die Mieter das dann zahlen, also sollten Sie das auch nicht verbreiten. Sie haben damals die Zweidrittelmehrheit verhindert, das haben Sie auch soeben zugegeben, und Sie sollten dem jetzt auch nicht mehr nachweinen. (Beifall bei den Grünen.)
Zum EAG: Vor einem Vierteljahrhundert habe ich mich schon damit beschäftigt, wie man Windkraftanlagen entwickelt und errichtet. Damals wurde uns noch erklärt, das geht alles nicht; heute wissen wir zum Glück, dass alles ganz anders ist. Die Herausforderungen sind trotzdem da.
Ich freue mich, dass wir mit der Änderung dieses Gesetzes erstens einmal mehr Transparenz im Bereich der Fernwärme schaffen. Die E-Control wird in Zukunft mehr Daten haben. Ich denke, das ist auch wegen etwas, über das wir sehr viel diskutieren, ganz wichtig: Sektorkopplung. Wenn wir Sektorkopplung betreiben wollen, dann ist es wichtig, dass man aus den verschiedenen Bereichen auch die Verbrauchsdaten und andere Kennzahlen kennt. Das muss natürlich bei der E-Control zusammenlaufen, denn wie sonst sollen wir die Planung in Zukunft aufsetzen. (Abg. Schroll: ... aber ein wenig eine Themenverfehlung!)
Wir haben außerdem noch eine andere Änderung drin, und zwar: Die Inbetriebnahme von Windkraftstandorten im alpinen Bereich darf in Zukunft auch ein bisschen länger dauern. Das ist auch notwendig, denn dort dauern die Bauarbeiten aufgrund der Witterungsverhältnisse halt auch manchmal länger, das muss angepasst werden. Ich bin sehr froh, dass wir da immer wieder Lösungen finden und das EAG, das uns jetzt wirklich sehr, sehr viel weiterbringt, auch immer wieder ganz stark verbessern.
Was mich freut, ist, dass wir jetzt im EAG auch die Möglichkeit geschaffen haben, mit Bundesmitteln zusätzlich einzugreifen, um preisdämpfend zu wirken. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Maßnahme. Wir haben ja nicht nur die Förderpauschale und den Erneuerbaren-Förderbeitrag heuer und für nächstes Jahr ausgesetzt, wir haben heuer auch bei den Netzkosten eingegriffen. Das wird ja auch sehr oft vergessen: Die Steigerungen der Netzkosten wurden heuer abgefangen; mit vielen Hunderten Millionen Euro wurden da die Stromkunden entlastet. Das sollte man bitte auch nicht vergessen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schroll: Drum ist es so billig für die Leute!)
Zu den innovativen PV-Anlagen: Ich bin sehr froh, dass wir da jetzt den Fördersatz auf 45 Prozent erhöhen. Gebäudeintegration ist schon genannt worden. Was aber, glaube ich, auch sehr wichtig ist: Wir sprechen davon, Flächen zu nutzen, unter anderem auch Parkflächen, die durchaus eine Herausforderung sind. Ich weiß das aus der Gemeinde: Die Errichtung solcher Anlagen ist schon kostenintensiver, auch technisch herausfordernder, damit wir die Parkflächen nutzen können. Dass diese Flächen doppelt genutzt werden, wollen wir aber alle, und damit wir das umsetzen, braucht es auch diesen höheren Fördersatz. Der ist, glaube ich, sehr, sehr willkommen, damit genau diese Flächen in Zukunft noch besser genutzt werden (Abg. Schroll: Da horchen nicht einmal mehr die eigenen Leute zu!) und wir die Ökostromproduktion noch rascher ausbauen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2352 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Hammer, Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatz- und Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Da der vorliegende Entwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Ich stelle ausdrücklich die erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit, und auch die verfassungsmäßige Zweidrittelmehrheit ist damit gegeben.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. (Abg. Schroll: Das ist wie Weihnachten, Frau Ministerin!)
Ich stelle auch dafür ausdrücklich die Zweidrittelmehrheit fest. – Danke schön.
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3776/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) geändert wird (2353 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte sehr.
Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Diese eigenartige Vorgangsweise, die wir ja letzte Woche im Wirtschaftsausschuss erlebt haben, findet heute ihre Fortsetzung. Wenn wir uns erinnern: In dieser Sitzung des Wirtschaftsausschusses wurde ein Antrag ohne Inhalt eingebracht, es war dann so, dass ein Abänderungsantrag dazugeschossen wurde. Schon am Dienstag gab es eine Presseaussendung, dass die Strompreisbremse umgesetzt wird, und heute um 13.45 Uhr haben wir den Abänderungsantrag bekommen. (Abg. Loacker: Um 14.13 Uhr noch einmal!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht die Art von Demokratie, die wir uns vorstellen. Das ist eine Verhöhnung dieses Hauses, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist absolut nicht in Ordnung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Nun weiß ich natürlich, dass die ÖVP immer ganz besonders drauf und dran ist, zu tarnen, zu täuschen und ein bisschen zu tricksen – darin ist die ÖVP ja wirklich Weltmeister. Mich wundert es aber bei den Grünen, dass sie sich da miteinbeziehen lassen und es auch durchgehen lassen, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da gibt es einige Beispiele. Weil es gar nicht so lange her ist: Untersuchungsausschüsse sollen in Zukunft öffentlich sein. – Der Generalsekretär stellt sich hin und sagt: Das ist super, das machen wir!, aber in den Ausschüssen und dort, wo die Diskussion stattfindet, passiert genau das Gegenteil. – Kolleginnen und Kollegen, solange die ÖVP das mitbestimmen kann, werden Untersuchungsausschüsse niemals öffentlich sein. (Zwischenruf der Abg. Scharzenberger.) Das heißt, den Menschen wird Sand in die Augen gestreut
Wir haben es, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute auch schon beim Mietpreisdeckel miterlebt, der heute pro forma beschlossen wurde.
Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, Sie haben die Inflation in den letzten zwei Jahren durchrauschen lassen. Wir haben jetzt Erhöhungen von Mieten bis zu 25 Prozent, und jetzt seid ihr auf einmal draufgekommen: Jetzt müssen wir da ganz oben schnell einen Deckel einziehen! (Abg. Lukas Hammer: Zur Sache!) – Kolleginnen und Kollegen, das ist keine ordentliche Politik, das ist nicht redlich, wie Sie hier Politik verstehen! (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt zur Strompreisbremse: Was ist mit den Menschen, die mit Wärmepumpen heizen, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Diese 2 900 Kilowattstunden sind ja nach zwei Monaten verpufft. – Was ist mit Menschen, die mit Gas heizen, die das gar nicht beeinflussen können? Was ist mit Menschen, die mit Öl heizen, Kolleginnen und Kollegen?
Wir haben immer darauf hingewiesen: Lasst die Energieversorger da nicht außen vor! Die machen Gewinne bis zum Umfallen. Die machen Rewach, dass sie die Taschen gar nicht voll kriegen! (Abg. Loacker: Nur die Wien Energie nicht!) Der Verbund zum Beispiel macht heuer einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro und hat eine Dividendenausschüttung durchgeführt, die 1,25 Milliarden Euro ausmacht, das heißt plus 243 Prozent – plus 250 Prozent, Kolleginnen und Kollegen! Und die Menschen draußen können sich nichts mehr leisten, können sich das Heizen nicht mehr leisten.
Darum, meine sehr geschätzten Damen und Herren – der ÖVP vor allen Dingen –, tun Sie nur so weiter, streuen Sie den Menschen weiter Sand in die Augen, schmettern Sie weiterhin die Menschen an! Sie werden die Rechnung dafür präsentiert bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.
15.41
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Letztes Jahr haben wir etwas erlebt, das wir eigentlich noch nie erlebt haben: Strompreise, die auf den Strommarktbörsen ins schier Unendliche geklettert sind, aufgrund eines extrem hohen Gaspreises. Die Wien Energie kann ein Lied davon singen. Das war für alle unglaublich herausfordernd und es war vor allem für die Konsumentinnen und Konsumenten extrem herausfordernd.
Da wir den europäischen Preisbildungsmechanismus nicht außer Kraft setzen konnten, wie sowohl FPÖ als auch SPÖ in einem Anfall von Populismus gefordert haben (Zwischenruf des Abg. Deimek) – da wären nämlich relativ schnell die Lichter ausgegangen –, haben wir gehandelt.
Wir haben die Stromkostenbremse eingeführt, und mit dieser Stromkostenbremse haben wir eine Art Energiegrundsicherung für den Strom geschaffen, mit der jeder Haushalt einen Grundbedarf von 2 900 Kilowattstunden an Strom bekommt, und zwar zu einem staatlich gestützten, leistbaren Preis von 10 Cent. Wenn man jetzt auf den Tarifkalkulator der E-Control schaut, dann sieht man, die Preise sind bei ungefähr 30 Cent. Die Stromkostenbremse bewirkt, dass diese 30 Cent nicht als 30 Cent zu bezahlen sind, sondern als 10 Cent. 20 Cent wird durch die Stromkostenbremse ersetzt oder abgedämpft. (Abg. Linder: Das Geld der Österreicher!)
Ich kann es einfach nicht mehr hören, dass die Bundesregierung nicht gehandelt hätte. Da, wo wir handeln konnten, haben wir gehandelt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Im Gegensatz – und das muss ich immer wieder wiederholen, wenn Sie von Preisbremsen sprechen –: In Wien hätte der Landeshauptmann die Möglichkeit gehabt, mittels Preisgesetz in die Fernwärmepreise einzugreifen, wie das der grüne Landesrat in Oberösterreich, Stefan Kaineder, gemacht hat. Was haben Sie gemacht? – Nichts! (Beifall bei den Grünen.)
Da hätten Sie handeln können – Sie haben nicht gehandelt. Wir haben handeln können – wir haben gehandelt. (Abg. Schroll: Ja! Drum ist alles so gut!) Und wir werden jetzt diese Stromkostenbremse für das gesamte nächste Jahr verlängern, das heißt, auch für nächstes Jahr gibt es für alle Haushalte einen Grundbedarf an Strom zu einem leistbaren, günstigen Preis. – Danke schön, und bitte um Zustimmung! (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
15.44
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Kollege Hammer von den Grünen, Ihre Rechnung ist halt nicht ganz zu Ende gedacht (Abg. Lausch: Nie!), wenn Sie jetzt so erfreut sind, dass bei einem Strompreis von 30 Cent pro Kilowattstunde die österreichischen Bürger, die Haushalte und Unternehmen nur 10 Cent zahlen müssten und die 20 Cent ihnen, ich weiß nicht von wem – vom Weihnachtsmann oder von wem auch immer –, geschenkt würden. Das stimmt ja nicht! Die 20 Cent müssen ja auch aus Steuergeldern finanziert werden und werden de facto wieder von diesen selbst bezahlt. Das ist ja eine Voodoomathematik, die Sie hier machen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Im Übrigen sind Sie eben nicht in der Lage, die Ursachen dieser Preissteigerungen in den Griff zu bekommen. (Abg. Lukas Hammer: Okay, was sind die Ursachen? Bitte!) Das ist Systembekämpfung, die wir in vielen Bereichen Ihrer Klimapolitik sehen: dass Sie den Leuten das Geld wegnehmen und dann mit erheblichen Streuverlusten wieder verteilen; wobei diese Streuverluste jetzt kurioserweise Milliardengewinne in Gesellschaften sind, denn diese werden in Wirklichkeit durch dieses Modell gefördert. Im Übrigen wird immer behauptet, das sei inflationsdämpfend – das entzieht sich meiner Logik. Also tendenziell, würde ich sagen, ist das - - (Abg. Lukas Hammer: Sagt die Statistik Austria! Aber wer ist
schon die Statistik Austria?) – Ja, aber die Statistik Austria ist auch nicht Gott, oder? (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Also das lasse ich mir nicht nehmen. Selbst Sachen, die die Statistik Austria, das Wifo, das IPCC oder sonst wer sagt – die hohe Wissenschaft –, ich lasse mir nicht nehmen (Abg. Lukas Hammer: Auf Telegram steht die Wahrheit! – Heiterkeit des Abg. Schallmeiner), auch diese Sachen auf Grundlage meiner Einschätzungen zu hinterfragen und zu analysieren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.)
Frau Kollegin, wir können dann zur Wissenschaft - - (Abg. Jeitler-Cincelli: Wissenschaftsfeindlichkeit ist das! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wissenschaftsfeindlichkeit. Die Wissenschaft. – Ja, Ihre Definition von Wissenschaft ist ja, dass es nur eine Wissenschaft und die eine Meinung gibt. Das ist ja genau das Gegenteil von Wissenschaft, aber wir können gerne einmal bei einem Kaffee darüber reden. (Beifall bei der FPÖ.)
Jedenfalls werden wir dem Ganzen nicht zustimmen, weil es zu Fehlallokationen führt, weil es zu keiner Ersparnis für die Haushaltskunden und Unternehmen, die sich das letztlich selber zahlen, kommt, weil es zu Milliardengewinnen bei Unternehmen führt, die im Übrigen zu einem hohen Anteil wiederum im Eigentum der öffentlichen Hand sind. Der Profiteur ist in diesem Fall – beim Verbund – der Herr Finanzminister.
Zu den Landesenergieversorgern verweise ich abermals auf den Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde. Da gibt es also einige Sachen, bei denen wir Luft nach oben haben, so würde ich es einmal sagen, in der Bewegung in Richtung Strommarkt, den wir de facto ja nicht haben; sondern wir haben eine Oligopolstruktur mit dominanten Landesenergieversorgern, die dann die Kunden sozusagen schikanieren, diskriminieren et cetera. Das ist alles in diesem Bericht zu lesen. Da ist noch viel zu tun, das ist kein taugliches Instrument, um die Probleme hier zu lösen. Deswegen werden wir dem Gesetz nicht zustimmen.
Lassen Sie mich bitte mit einer Begrüßung schließen (Zwischenruf des Abg. Hörl), und zwar begrüße ich aus dem Heimatort unseres Abgeordneten und Kollegen
Maximilian Linder, Bürgermeister des schönen Afritz am See, sehr herzlich den Männergesangsverein unter der Leitung des Obmanns Ingolf Kaiser. Herzlich willkommen! (Beifall bei FPÖ, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
15.47
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stark. – Bitte.
Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Wimmer, wenn Sie heute hier stehen und sagen, die Regierung würde oder wir würden den Menschen Sand in die Augen streuen, dann haben Sie beim Ausspruch dieses Satzes in beiden Händen Sand, den Sie gleich unter das Volk gebracht haben. Wenn hier etwas getan wird, dann helfen wir den Menschen in einer Zeit, in der sie Hilfe brauchen, und das nicht erst jetzt, sondern auch schon mit dem ersten Stromkostenzuschuss, den wir hier beschlossen haben. Das war ganz akute Hilfe, die Menschen dringend gebraucht haben. – Zum einen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Zum Zweiten: Kollege Kassegger, ja, natürlich, wenn wir hier Dinge beschließen – aber das wissen Sie besser als alle anderen –, kommt das immer aus Steuergeld. Wir haben noch keinen Weihnachtsmann gefunden, der Geld druckt, also auch Maßnahmen, die Sie fordern, werden mit Steuergeld finanziert – womit sonst?! (Abg. Kassegger: Da hätte ich gerne mehr Problembewusstsein!) Ich verstehe diese Aufregung nicht, wenn es um Dinge geht, die inhaltlich passen. Dann kommen immer so komische Wahrheiten ans Tageslicht, die Sie sich selbst gezimmert haben.
Fakt ist: Wir haben die Strompreisbremse eingeführt, um den Menschen in dieser schwierigen Zeit zu helfen. – Das ist das eine; das andere ist: Das war unbürokratisch, erfolgte ohne Antrag. Es wurde schnell, rasch und eben
unbürokratisch geholfen, genau die Dinge, die Menschen in dieser Zeit gebraucht haben.
Und: Jetzt geht es darum, weiterhin inflationsdämpfend zu agieren und den Menschen auch in den kommenden Monaten zu helfen, von denen wir erwarten, dass der Strompreis noch volatil bleibt, aber in einer Form hoch bleibt, durch die die Menschen belastet werden.
Darum wollen wir die Strompreisbremse verlängern, so wie es auch die Regierung angekündigt hat, und zwar bis Ende 2024, wollen da aber ein Maß an Flexibilität einbauen, damit man auch auf veränderte Märkte, auf veränderte Preise reagieren kann. Es ist eine Notwendigkeit, das in kein starres System zu gießen, sondern eben in ein flexibles.
Darum darf ich, sehr geehrte Damen und Herren, noch einen gesamtändernden Abänderungsantrag – er wurde bereits verteilt – der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3776/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden geändert wird, einbringen.
Im Wesentlichen geht es darum, dass der Stromkostenzuschuss begünstigten Personen für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2024, den begünstigten Personen gemäß § 4 Abs. 2 für den Zeitraum von 1. Juni 2023 bis 30. Juni 2025 für ein jährliches Grundkontingent gewährt wird.
„Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 2 Z 2 und 3 festgelegten Parameter“, wie gesagt, „angepasst werden.
Dem § 8 wird folgender Abs. 3 angefügt:
Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 1 und 2 festgelegten Parameter angepasst werden.“
Und: Der Begriff „Jänner 2025“ wird durch den Ausdruck „Juli 2025“ in § 12 ersetzt, ebenso in § 14.
Ich bitte im Sinne der Menschen in unserem Land um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)
15.51
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Gesamtändernder Abänderungsantrag
der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,
Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 3776/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) geändert wird (2353 d.B.)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs zitierte Antrag (3776/A) lautet wie folgt:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Stromkostenzuschussgesetz (SKZG), BGBl. I Nr. 156/2022, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 15/2023, wird wie folgt geändert:
1. § 5 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Der Stromkostenzuschuss wird den begünstigten Personen gemäß § 4 Abs. 1 für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2024, den begünstigten Personen gemäß § 4 Abs. 2 für den Zeitraum von 1. Juni 2023 bis 30. Juni 2025 für ein jährliches Grundkontingent gewährt."
2. Dem § 6 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 2 Z 2 und 3 festgelegten Parameter angepasst werden.“
3. In § 8 Abs. 1 wird der Ausdruck „30. Juni 2024“ durch den Ausdruck „31. Dezember 2024“ ersetzt.
4. Dem § 8 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 1 und 2 festgelegten Parameter angepasst werden.
5. In § 12 erster Satz wird der Ausdruck „Jänner 2025“ durch den Ausdruck „Juli 2025“ ersetzt.
6. In § 14 wird der Ausdruck „30. Juni 2025“ durch den Ausdruck „31. Dezember 2025“ ersetzt.“
Begründung
Allgemein
Angesichts der hohen Energiepreise, die ein maßgeblicher Treiber für die historisch hohen Inflationsraten in den Jahren 2022 und 2023 waren, wurden
Haushaltskundinnen und Haushaltskunden durch einen Stromkostenzuschuss auf den gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarten Energiepreis finanziell entlastet.
Zur Erhöhung der sozialen Treffsicherheit haben einkommensschwache Haushalte im Sinne des § 72 des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), BGBl. I Nr. 150/2021, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 233/2022, einen zusätzlichen Netzkostenzuschuss auf die zu zahlenden Systemnutzungsentgelte erhalten.
Zu Z 1, Z 3 und Z 5 und 6 (§ 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 12 und 14):
Um den inflationsdämpfenden Effekt angesichts anhaltender überdurchschnittlicher Inflationsraten fortzuführen, werden der Stromkostenzuschuss, der Stromkostenergänzungszuschuss und der Netzkostenzuschuss um 6 Monate verlängert.
Zu Z 2 (§ 6 Abs. 3):
Der Stromkostenergänzungszuschuss soll bei Bedarf durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen sowohl im Hinblick auf die festgelegten Zeiträume als auch die gesetzlich festgelegten Höhen angepasst werden können, mit der Maßgabe, dass sichergestellt ist, dass Haushalte finanziell entlastet werden und zugleich ein entsprechender Anreiz zu Einsparungen bestehen bleibt.
Zu Z 4 (§ 8 Abs. 3):
Der Netzkostenzuschuss soll bei Bedarf durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen sowohl im Hinblick auf den festgelegten Zeitraum, die gesetzlich festgelegte Höhe als auch die festgelegte Begrenzung angepasst werden können, mit der Maßgabe, dass sichergestellt ist, dass Haushalte finanziell entlastet werden und zugleich ein entsprechender Anreiz zu Einsparungen bestehen bleibt.
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte. (Abg. Lukas Hammer: Jetzt kommt Lob!)
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der Abänderungsantrag zu TOP 18 ist noch nicht verteilt, halte ich fest. Dieser Sektor (in Richtung NEOS weisend) hat jedenfalls noch keinen Abänderungsantrag zu TOP 18. (Abg. Stögmüller: Ein Abänderungsantrag muss nicht verteilt werden!)
Der vorletzte Redner bringt einen Abänderungsantrag ein, den Sie uns um 14.13 Uhr zugestellt haben. Das hat mit Parlamentarismus wirklich überhaupt nichts mehr zu tun. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.) Man kann dazu wirklich nur Dinge sagen, für die man einen Ordnungsruf bekommt. Himmel v- - noch einmal!
Es ist auch so unehrlich! Wir haben den Ausschuss am 7. Dezember gehabt, und ich habe gesagt: Wenn ich das richtig lese, dann dient diese Trägerrakete dazu, die Strompreisbremse zu verlängern. – Und diese - - (mehrmals mit je einem Zeigefinger in Richtung ÖVP und Grüne weisend, anschließend zweimal mit der Hand auf das Redner:innenpult schlagend und mit lauter Stimme fortsetzend) Partie hat sich geweigert, das zuzugeben, von dem sie schon gewusst hat, dass sie es macht! Anstand: null Komma null! Null Komma null! Himmel noch einmal! (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und jetzt inhaltlich zu dem, was Sie uns um 14.13 Uhr, geschätzte Damen und Herren, gemailt haben: ein Antrag, der so lang ist, dass er nämlich verteilt werden müsste – er ist noch nicht verteilt –, geschäftsordnungskonform verteilt werden müsste, weil er zu lang ist, um ihn hier vorlesen zu lassen.
So, jetzt verlängern Sie diese Strompreisbremse um ein halbes Jahr, und jetzt können Sie sich überlegen: Sie wäre am 30.6.2024 ausgelaufen, jetzt wird sie bis
31.12.2024 verlängert. Warum bis 31.12.2024? Weil die Strompreise mit Jahresende sinken, im Winter? – Wohl nicht. Die Antwort ist eine ganz andere: Der Wahltermin fällt in dieses halbe Jahr hinein! Oh, Überraschung! Mei, mit billigem Populismus können Sie es gut, Frau Gewessler, das haben wir schon oft gesehen. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Es geht immer nur um die Zeitungsüberschrift, um den Inhalt geht es bei Ihnen nie – nie! –, und Kollege Kassegger hat schon geschildert, in welche Richtung das geht. Also: Damit Sie, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, einen Strompreis von 10 Cent pro Kilowattstunde haben, sponsert die Gemeinschaft der Steuerzahler von 10 Cent aufwärts bis 40 Cent.
Wenn Sie jetzt Energieversorger sind, was tun Sie dann? – Na, Sie heben den Preis an (Abg. Kassegger: Logisch!), weil es dem Kunden ja wurscht ist. Da wäre ja eigentlich der Vorstand so einer Energie-AG – der Kelag, der Tiwag, der Illwerke vkw, der Wien Energie – nicht ganz bei Trost, wenn er den Strompreis unten ließe. Er würde ja Geld liegen lassen, das ihm die Ministerin sponsert. Also hebt er den Preis an – ganz einfach. Er wäre ja sonst deppert.
Damit setzt man natürlich auch den Wettbewerb außer Kraft, denn es ist wurscht, ob man Kunde bei der Kelag, bei der Tiwag oder bei der EVN ist, man zahlt immer 10 Cent. Wettbewerb außer Kraft gesetzt! (Beifall bei den NEOS.)
Eigentlich geben die Grünen ja vor, wir sollten Energie sparen, aber: Welchen Sparanreiz hat man, wenn Sie den Preis dritteln oder vierteln? Dann ist es ja wurscht, es bleibt ja billig. Man merkt ja gar nicht, dass in Europa eigentlich eine Energieknappheit besteht. (Beifall bei den NEOS.)
Und wo geht das Geld hin? – Kollege Kassegger hat es schon richtig gesagt: Die Gemeinschaft der Steuerzahler sponsert sich den Strompreis selbst. Jetzt kommt dieses Geld in die verschiedenen Energieversorger und wird dann an die
Bundesländer ausgeschüttet, und die Landesfürsten haben Geld zu verteilen. Oh, wie schön!
Gestern war Landtagssitzung in Vorarlberg, und worüber hat der Landtag diskutiert? – Über die Frage: Was machen wir mit den Gewinnen, die die Illwerke vkw ausschütten? – Also wir verteilen Geld des Steuerzahlers via Stromversorger an die Bundesländer hinunter (Beifall bei den NEOS), damit die Landefürsten mehr Trachtenjanker und Feuerwehrleitern sponsern können. So schaut’s aus! (Abg. Lercher: Geh, hör auf! Nicht immer auf die Feuerwehr!)
Es ist ja auch die Megagießkanne, denn diese Strompreisbremse bekommen die Reichen auch. Die bekomme ich auch, und weil ich in Vorarlberg gewählt bin und beruflich oft in Wien bin, habe ich zwei Wohnungen: Ich bekomme für zwei Wohnungen die Strompreisbremse! Die reichen Leute mit Ferienhaus am Attersee bekommen auch für das Ferienhaus die Strompreisbremse! – Das haben Sie veranlasst: Umverteilung von unten nach oben! (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)
Wie super das alles funktioniert, sieht man an den Schlagzeilen der letzten Wochen. Energieversorgung Niederösterreich, EVN: Gewinn verdoppelt. Illwerke vkw: Rekordgewinn. Tiwag: 85 Prozent mehr Gewinn als im Vorjahr. Kelag: im ersten Halbjahr 2023 den Gewinn verdoppelt. – Super! Ich hoffe, Sie bekommen schöne Dankschreiben, schöne Weihnachtsgeschenke und schöne Weihnachtskarten. (Beifall bei NEOS und FPÖ. – Bravoruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
15.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.
Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Von der Polemik wieder zurück zur Sachlichkeit: Ich muss mich entschuldigen, ich habe einen Satz in meinem
Abänderungsantrag zu erwähnen, zu zitieren vergessen. Die Abänderungsanträge sind allen per Mail zugegangen, aber der Ordnung halber darf ich das noch einmal wiederholen – es tut mir leid (Abg. Meinl-Reisinger: Per Mail zugegangen! Ich mein’, Entschuldigung, was ist denn da ... „der Ordnung halber“?!) –:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Das Stromkostenzuschussgesetz [...] zuletzt geändert durch das Bundesgesetz [...] wird wie folgt geändert:
§ 5 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Der Stromkostenzuschuss wird den begünstigten Personen gemäß § 4 Abs. 1 für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2024, den begünstigten Personen gemäß § 4 Abs. 2 für den Zeitraum von 1. Juni 2023 bis 30. Juni 2025 für ein jährliches Grundkontingent gewährt.“ (Abg. Krainer: Ich versteh’ nichts! – Abg. Meinl-Reisinger: Ist das jetzt ein Witz? – Abg. Michael Hammer: Die verstehen sowieso nichts! – Abg. Meinl-Reisinger: Ist das jetzt ein Witz? Ich mein’, das ist eine Verhöhnung!)
Für den Ton im Haus müssen Sie sich bitte an den Techniker wenden. (Abg. Krainer: ... deutlich! Bei der mündlichen Verhandlung müssen Sie deutlich sprechen, sonst gilt’s nicht!)
Dem § 6 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 2 Z 2 und 3 festgelegten Parameter angepasst werden.“
In § 8 – das war der fehlende – Abs. 1 wird der Ausdruck „30. Juni 2024“ durch den Ausdruck „31. Dezember 2024“ ersetzt.
Dem § 8 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) Durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen können die in Abs. 1 und 2 festgelegten Parameter angepasst werden.
In § 12 erster Satz wird der Ausdruck „Jänner 2025" durch den Ausdruck „Juli 2025“ ersetzt.
In § 14 wird der Ausdruck „30. Juni 2025“ durch den Ausdruck „31. Dezember 2025“ ersetzt.
*****
Ich bitte um Kenntnisnahme. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2353 der Beilagen.
Hiezu liegt ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Hammer, Graf, Kolleginnen und Kollegen vor.
Ich werde daher sogleich über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages abstimmen lassen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2353 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Hammer, Graf, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen.
Wer hierfür ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer das auch in dritter Lesung tut, wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist auch die Mehrheit, mit Mehrheit angenommen.
Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2024-2029 (III-1049/2334 d.B.)
20. Punkt
Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2304 d.B.): Bundesgesetz über die Gewährung von Zweckzuschüssen des Bundes an die Gemeinde Graz für die Finanzierung von Straßenbahnvorhaben in Graz (2336 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 19 und 20, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir kommen zu einem neuen Thema – es wird aber nicht besser, es herrscht Husch und Pfusch in allen Lebenslagen –, und zwar zum Thema ÖBB-Rahmenplan. Frau Bundesministerin, normalerweise würde man ja schauen, was die ÖBB – als der große Infrastrukturerrichter und -betreiber – vorhaben, und dann würde man schauen, was der Finanzminister an Mitteln hat. Das würde man dann zusammenführen. Bei Ihnen ist es umgekehrt: Der Finanzminister sagt, was er ausschütten möchte, und Sie
schauen dann, was Sie damit bei der ÖBB ideologisch umsetzen können. So stellen wir uns Verkehrspolitik nicht vor. (Beifall bei der FPÖ.)
Fangen wir mit den großen Bauvorhaben, beispielsweise dem Brennerbasistunnel, an: 50 Prozent gehören Österreich. Wir wissen, davon zahlt einen Anteil das Land Tirol, ein Anteil wird von der EU gefördert. In Ihrem Plan findet sich ein Posten mit 50 Prozent. Zahlt das die Republik? Wie ist das wirklich? Verzichten Sie auf die Förderungen? Muss das Land Tirol nichts mehr zahlen? – Unsauber nennt das ein Buchhalter. Bei Ihnen ist das kommunistische Buchhaltung (Heiterkeit bei den Grünen), das kennen wir seit DDR-Zeiten, das ist ein bisschen eigenwillig.
Vonseiten der Grünen sagen vielleicht noch die Religionslehrer und Politologen etwas dazu: Genau von denen wünsche ich mir, dass sie Sachpolitik machen.
Beim Brennerbasistunnel gibt es noch einige weitere Ungereimtheiten. Dass der Zulauf auf der österreichischen Seite halbwegs in der Zeit ist, kriegen wir hin. Wie ist das in Deutschland? Kriegen die das auch hin? Wie schaut es mit der deutschen Bahninfrastruktur südlich des Mains aus? Wir wissen ja, dass bei der DB alles, was nicht Strecken wie Berlin–Hamburg und so weiter betrifft, eine Problemzone ist. Wir wissen, dass die Verbindungen Rosenheim–München oder Salzburg–Kufstein extrem schlecht sind, ignoriert werden. Was erzählen Sie uns zu dem Thema? – Ja, dass der ICE 4 vielleicht nach Österreich kommt. Das zeigt genau das Problem, das Sie mit Ihrem Ressort haben: Sie wissen nicht, dass der in den geplanten Bahnhöfen gar nicht stehen bleiben kann, weil er nicht die den Bahnsteigkanten entsprechende Höhe hat, Sie wissen nichts von der Länge der Bahnsteige. Das ist die Bahnpolitik der Frau Bundesministerin Gewessler! (Beifall bei der FPÖ.)
Noch ein bisschen etwas zum Nahverkehr – nächster Tagesordnungspunkt –: Wir wissen, dass Sie ihn ausbauen und verbessern wollen. Rund um Graz oder in Graz funktioniert das – bei einer kommunistischen Bürgermeisterin und einem entsprechenden Verkehrslandesrat ist ja das kein Problem für Sie. Wie
schaut denn das in Linz aus? – Wir haben eine Einigung in Linz – blauer Verkehrslandesrat, roter Bürgermeister (Abg. Schallmeiner: Die 798.!) –, aber ist das schon beschlossen? (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gewessler.) – Perfekt, dann brauchen wir es nur noch umzusetzen. Ihren Ankündigungen kann man ja, so wie all Ihren Presseaussendungen, sonst nicht glauben.
Ich hoffe, dass sich demnächst etwas im Themenbereich Verkehrspolitik, Eisenbahnpolitik ändert, wahrscheinlich wird es aber erst nach den Wahlen sein. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker: Rücktritt jetzt! Rücktritt sofort!)
16.03
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.
Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Komfort und einen guten Preis – das erwarten sich die Bahnkunden von einem funktionierenden Bahnverkehr. Dazu braucht es eine gescheite Infrastruktur mit so wenigen Barrieren wie möglich, ein gut geschultes, kompetentes und freundliches Personal, und flexible, veränderungsbereite Systeme. Daran gilt es ständig zu arbeiten, das macht diese Regierung.
Dazu braucht sie aber auch einen Plan: Der ÖBB-Rahmenplan ist ein mit 21,15 Milliarden Euro dotiertes Instrument, das diesen Ansprüchen entspricht. Dazu gehören auch Themen wie der Umbau von Eisenbahnkreuzungen. Das ist ein ganz wichtiges Thema, das hier auch immer wieder zur Sprache kommt. Da muss ich aber dazusagen, dass der Unterstützungsanteil für die Gemeinden höher sein könnte. Er liegt derzeit bei 50 Prozent. Der Etappenplan, die Herstellung von Barrierefreiheit im Bereich Rollmaterial und auf den Bahnhöfen, ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Bereich, wie auch der Ausbau von Bahnhöfen, Stichwort Park-and-Ride-Anlagen.
Wir investieren in Österreich im Vergleich pro Kopf dreimal mehr in die Bahn als die Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein Erfolg, der in den letzten Jahren eingeleitet wurde. Der Rahmenplan garantiert dafür. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Die Bahn ist für alle da. Die Bahn ist die Hauptschlagader des Regional- und Lokalverkehrs. Was gehört für die Menschen zu einem funktionierenden Bahnverkehr, was wünschen sie sich? Das sind die Punkte, an denen wir arbeiten müssen, an denen wir bereits arbeiten: der persönliche Kontakt, Ansprechpersonen, Kulanz bei Ausfällen, Verspätungen und Leistungsstörungen, eine bessere und rechtzeitige Info über Baustellen und Ausfälle. Wir wissen, dass, wenn viel gebaut wird, es viele Baustellen gibt. Da braucht es auch Anstrengungen vonseiten der ÖBB, eine effiziente Projektabwicklung, eine flexiblere Ausgestaltung in der Abwicklung mit den Gemeinden und mit allen Partnern.
Der ÖBB-Rahmenplan ist sozusagen eine Erfolgsgeschichte.
Zwei Sätze zum Thema Grazer Stadtbahnen: Die Öffimilliarde kommt an, sie wirkt und sie wird gebraucht. Es wurde heute schon erwähnt, es gibt Projekte in Innsbruck, es gibt gute Projekte in Linz, und jetzt kommt das dritte Paket für Graz. Das ist ein Erfolgspaket, laut Prognose wird es durch den Ausbau, durch eine Investition von 76 Millionen Euro, von denen der Bund die Hälfte übernimmt, 20 000 bis 40 000 Fahrgäste mehr geben. Das Paket umfasst zweigleisige Strecken, einen Lückenschluss, einen Neubau und vor allem viel Kapazität und Komfort für den Bahnkunden.
An dieser Stelle ein Danke an alle Verantwortungsträger, ein Danke an die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner und ein Danke an die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr. Ich glaube, der direkte Austausch mit der Stadt Graz hat dazu geführt, dass hier, Frau Ministerin, ein weiterer Erfolg auf die Schiene gebracht wurde mit dem Zuschusspaket, Zuschussgesetz für die Grazer Stadtbahnen.
Ich danke und hoffe auf eine breite Zustimmung. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Ottenschläger und Smolle.)
16.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Alle Jahre wieder erleben wir sie, die Milliardenshow im Zusammenhang mit dem ÖBB-Rahmenplan, der ja immer ein Jahr fortgeschrieben wird. Jedes Jahr kommt die Jubelmeldung: Es gibt wieder eine Milliarde – oder noch mehr – mehr!, und das soll suggerieren, dass alles eitel Wonne ist, was die Bahninfrastruktur in Österreich betrifft.
Dem steht halt eine Realität gegenüber, Frau Bundesministerin, die mit diesen euphorischen Ansagen und mit dieser Milliardenshow einfach nicht mithalten kann. Ich selber bin seit fast fünf Jahren regelmäßiger Bahnbenützer auf der Strecke Wien–Innsbruck und könnte sehr viele Geschichten erzählen: davon, wie oft man von den ÖBB darüber verständigt wird, dass ein Schienenersatzverkehr eingerichtet werden muss, weil es eine Weichenstörung oder eine Betriebsstörung gibt. Das alles sind Dinge, die das Bahnfahren nur sehr wenig attraktiv machen. Da rede ich noch gar nicht davon, dass das rollende Material, das ja nicht den Rahmenplan betrifft, auch zu wenig ist, dass oft viel zu wenig Platz zur Verfügung steht, dass Bahnkund:innen abgewiesen werden müssen.
Ich würde mir also wünschen, dass wir, wenn wir über den ÖBB-Rahmenplan reden, nicht nur von Milliardensteigerungen reden, sondern von ganz konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Wo wurde die Bahninfrastruktur wirklich verbessert? Wo gab es Steigerungen? Wo ist wirklich ein Umstiegseffekt vom Privat-Pkw oder von mir aus auch vom Inlandsflug auf die Bahn erfolgt? Gibt es da nachvollziehbare Zahlen, belastbares Zahlenmaterial?
Da kommt noch dazu, dass natürlich die Vergabe der Verkehrsdienstleistungen auch nicht dazu angetan ist, einen Qualitätsschub herbeizuführen. Man kann feststellen, seit auf der Weststrecke ein privater Betreiber fährt, hat das auch auf die ÖBB gewirkt.
Da wurde der Railjet eingeführt, da wurde die Qualität verbessert, aber jetzt scheint man wieder im alten Fahrwasser zu sein. Die Vergaben erfolgen nur auf dem Wege der Direktvergabe, obwohl seitens der EU diesbezüglich jetzt andere Auslegungsrichtlinien für die entsprechende Verordnung erlassen worden sind, welche die Direktvergabe von Verkehrsdienstleistungen eigentlich stark einschränken. Es wäre im Sinne der Kosteneinsparung einerseits und der Qualitätssteigerung andererseits sehr wünschenswert, dass auch im Bereich der Bahndienstleistungen mehr Wettbewerb erfolgen würde.
Wir werden dem Rahmenplan diesmal nicht die Zustimmung erteilen, weil wir einfach zu wenig Umsetzungsqualität sehen. Es wird nur mit Milliarden herumgeworfen, ohne dass eine konkrete Maßnahme, welche das Bahnfahren für die breite Bevölkerung wirklich attraktiver macht, ersichtlich ist. – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Weratschnig: Na geh! Na bitte!)
16.11
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte.
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss aus gesamtsteirischer Sicht ganz ehrlich sagen: Wenn man sich den Rahmenplan und das Zweckzuschussgesetz für Graz ansieht, dann sieht man, dass diese natürlich zu begrüßen sind, weil Milliarden Euro in wichtige Infrastrukturprojekte fließen. Ich glaube, bei aller Kritik, die es ja gibt – auch zu Recht, auch das man muss betonen –, ist es ein wichtiger Schritt, vor allem für die Entwicklung meines Heimatbundeslandes.
Wo aber viel Licht ist, gibt es auch Schatten. Ich möchte speziell auf die Obersteiermark hinweisen, geschätzte Frau Ministerin. Mir ist klar: Da gibt es Landesaufgaben, die im Vorfeld zu erledigen sind, da gibt es regionale Aufgaben, die im Vorfeld zu erledigen sind, aber bei all den Milliarden, die Sie da verschieben, ist es wichtig, in diesem Transformationsprozess auch den ländlichen Raum mitzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn wir von Privatbahnen, Landesbahnen sprechen – im Konkreten von der Lavanttalbahn und von der Murtalbahn –: Diese Projekte sind bei Weitem nicht so integriert, wie wir uns das vorstellen. Dort braucht es am Ende des Tages Bundesgeld und auch eine Planung, die über den Rahmenplan hinausgeht. Wenn der Kollege von der „Öffimilliarde“ spricht, dann hoffe ich, dass die nicht nur in Ballungszentren wie Graz ankommt, sondern auch in der Obersteiermark und in anderen Regionen. Dort sind auch Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und ich glaube, der Transformationsprozess darf nicht bei den Ballungszentren enden. (Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen hat Kollege Stöger, glaube ich, mit seinem Bundesverkehrszielgesetz recht, mit dem er die Anbindung aller Bezirkshauptstädte in Österreich in einem gewissen Takt fordert und den Ausbauplan dementsprechend akkordieren will. Das wäre auch regionale Gerechtigkeit für Menschen, die nicht immer mit den großen Milliardenbeträgen gesegnet sind.
Es würde auch gut passen, wenn eine grüne Regierung darauf fokussieren würde – dort würden wir sie brauchen. Im Übrigen sind ja auch viele Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP dabei, diese Forderungen zu unterstützen. Ich halte es für gescheit, dass wir das auch überparteilich vorantreiben.
Ganz konkret brauchen wir, glaube ich, mehr Tempo bei der Pyhrn-Schober-Achse. Es geht vor allem darum, dass auch die Obersteiermark mit Direktzügen im hochrangigen Schienennetz drinnen ist. Es würde uns, glaube ich, auch guttun, wenn wir die Bahnsteigverlängerung in Zeltweg ins Auge fassen würden.
Auch wenn das anscheinend ein umstrittenes Thema ist – regional ist es sehr wichtig.
Ich bitte darum, dass Sie da nachschärfen und vor allem auch den regionalen Kontext mitnehmen, denn wir brauchen die Unterstützung des Bundes. Ich denke, das Geld ist dort hervorragend aufgehoben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
16.13
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte.
Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Frau Ministerin! Liebe Menschen hier im Saal und zu Hause! Wer mich kennt, weiß, dass ich eine ganz große Öffiliebe habe und dass ich auch glaube, dass jede Investition in den öffentlichen Verkehr eine Investition in die Zukunft ist. Einige Projekte im Rahmenplan stehen ja außer Streit, aber sehr häufig ist nicht klar, warum irgendwo investiert wird und in andere Bereiche nicht. Es erscheint oft sehr willkürlich.
Ich möchte ein konkretes Beispiel nennen. Garsten ist ein Ort, der 6 700 Einwohner hat. Das Bekannteste dort ist wahrscheinlich die Strafvollzugsanstalt, ein ehemaliges Benediktinerkloster, aus dem jedes Jahr wieder ein paar Häftlinge auszubrechen versuchen. Dort wurden im letzten Jahr 19 Millionen Euro in einen Bahnhof investiert. Das Ergebnis ist ein langer Schlurf von Lärmschutzwänden, eine Park-and-Ride-Anlage, die nicht begrünt ist, und eine Sitzgelegenheit mit weniger als zehn Plätzen ohne Beschattung. Das einzig Positive dabei ist, dass die Bahnsteige angehoben wurden, sodass der Bahnhof zumindest barrierefrei ist.
Auf der anderen Seite der Eisenbahnbrücke, also ein paar Hundert Meter weiter, auf der anderen Seite der Enns, ist Steyr, eine Statutarstadt mit 38 000 Einwohnern und großen Betrieben wie BMW, SKF, Steyr Automotive und GFM.
Und weil es jahreszeitlich gerade passt, für alle, die es nicht wissen: In Steyr ist auch das Christkind zu Hause.
Wenn Sie dort auf Bahnsteig zwei ankommen und die Toilette im Zug defekt war (Abg. Hafenecker: Weil ... draufsitzt vielleicht!), dann wünsche ich Ihnen wirklich, das Sie eine gute Blase haben, weil die nächste öffentliche, kostenfrei zugängliche Toilette einen Viertelkilometer weit entfernt ist.
Ich wünsche Ihnen auch, dass Sie keine Räder, keinen Kinderwagen, kein schweres Gepäck mithaben, und vor allem, dass Sie nicht gehbehindert sind, weil zum wiederholten Mal und jetzt schon seit über einem Monat – ich habe es heute wieder gecheckt, es ist noch immer so – der Aufzug kaputt ist. Wenn Sie als gehbehinderter Mensch diesen Bahnhof benutzen und zum Taxistand oder zu den lokalen Bussen kommen wollen, dann müssen Sie das sehr einfallsreich machen und über eine Straße gehen und auf jeden Fall Ihre körperliche Unversehrtheit gefährden.
Morgens, wenn man sich einen Kaffee kaufen will, geht das nicht. Die Schüler und Schülerinnen – und es sind doch über 1 000, die jeden Morgen nach Steyr kommen – können sich keine Jause kaufen. Auch die FPÖ muss ich enttäuschen: Tschick und Red Bull gibt es dort auch nicht.
Räder kann man auch nicht abstellen – also das wäre so die grüne Fraktion. Herr Ralph Schallmeiner, der grüne Kollege, hat gerade vorhin gesagt, Steyr ist der hässlichste Bahnhof Österreichs. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Ja, er hat recht, und er ist nicht allein mit dieser Meinung: Auch eine Untersuchung des Verkehrsclub Österreich hat das in diesem Jahr wieder ergeben. Guess what: Im Rahmenplan 2024–2029 sind 0 Euro für diesen Bahnhof vorgesehen.
Was mich wirklich erzürnt, ist aber, dass, wenn wir im Ausschuss über die Barrierefreiheit sprechen, von den ÖBB als einziger Kommentar kommt: Ja, der Aufzug ist halt ab und zu kaputt! – Auch als wir über die Petition betreffend „Barrierefreier Zugang zu den Bahnsteigen am Bahnhof Ernsthofen“ gesprochen
haben – Anmerkung: Es ist dieselbe Strecke, nur ein anderes Bundesland –, kam halt auch nur lapidar, ja, man muss sich mit dem Land Niederösterreich unterhalten. – Wir brauchen uns bei dieser Haltung wirklich nicht zu wundern, wenn wir bei der Staatenprüfung bezüglich der UN-Behindertenrechtskonvention ein vernichtendes Urteil erhalten.
Was ich mir jetzt vom Christkind wünsche, ist ein Sinneswandel bei den ÖBB (Abg. Belakowitsch: Dann schreib’s bitte auf einen Zettel ...!) – denn ich glaube, von Ihnen aus (in Richtung Bundesministerin Gewessler) gäbe es ja sogar großes Interesse, etwas zu tun –: zum einen, was den Bahnhof Steyr betrifft, aber vor allem, was die Haltung zur Barrierefreiheit betrifft. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)
16.18
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren den ÖBB-Rahmenplan – wie wir vernehmen, ja mit vielen konkreten Projekten. Manche werden kritischer gesehen, manche werden sehr gelobt, das ist nun einmal so.
Lieber Kollege Margreiter von den NEOS, sehr richtig: Es geht um wirklich viel, viel Steuergeld, das wir in den Ausbau der Bahninfrastruktur investieren dürfen, in den nächsten Jahren – es wurde ja schon erwähnt – über 21 Milliarden Euro. Das bedeutet also durchschnittlich 3,5 Milliarden Euro pro Jahr, die investiert werden – wirklich viel Geld, das muss man sagen. Was das betrifft, sind wir in Europa an der Spitze.
Ja, es stimmt, es gibt da und dort natürlich auch trotz dieser Investitionen Probleme, die wir gar nicht schönreden wollen, aber insgesamt, über die letzten
Jahre hinweg – ich stehe auch nicht an, das zu sagen –, waren es sozialdemokratische Verkehrsminister und auch ein freiheitlicher Verkehrsminister, die diesen Rahmenplan, der eben schon eine längere Historie hat, ins Leben gerufen beziehungsweise fortgesetzt haben, aus gutem Grund:
Dadurch ist eben gewährleistet, dass wir Planbarkeit haben, die bei solchen großen Investitionen einfach wichtig ist, und dass wir dafür Sorge tragen, dass wir wichtige Verkehrsprojekte für Österreich, aber auch für Europa insgesamt durchführen können. Das dürfen wir an dieser Stelle nicht vergessen, das möchte ich schon auch in Richtung der NEOS noch einmal unterstreichen, dass wir ja zum Beispiel mit den großen Bauvorhaben wie dem Brennerbasistunnel, dem Koralmtunnel oder auch dem Semmeringbasistunnel auch europäische Netze verbinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das sind transnationale Netze, die wir da ertüchtigen beziehungsweise ausbauen wollen und müssen.
Es werden Bahnhöfe restauriert, saniert – anscheinend einmal besser, einmal schlechter. Das kann man durchaus auch auf kommunaler Ebene oder auf Landesebene diskutieren. Da wird ja auch mitgeredet. Was ich aber schon unterstreichen möchte – und, Herr Kollege Margreiter, da vorhin davon gesprochen wurde, was denn die Effekte sind, wo denn der Umstieg von beispielsweise dem Auto oder vielleicht sogar dem Flugzeug auf die Bahn erfolgt –, ist Folgendes: Wenn man sich als ganz konkretes Beispiel die Weststrecke ansieht, Wien–Linz–Salzburg oder retour: Ich kenne Leute, Geschäftsleute, die vor 15 Jahren vielleicht sogar geflogen sind, wenn sie einen Tag in Wien waren, und heute gibt es Pendler, die zwischen Wien und Linz täglich hin- und herfahren, weil das gut ausgebaut wurde und weil die Fahrzeiten massiv verkürzt wurden. Das ist also ein Paradebeispiel dafür, dass es sinnvoll ist, in dieses System Bahn zu investieren.
Abschließend möchte ich noch sagen: Ich bin ja mit Kollegen Lercher nicht immer einer Meinung, aber in diesem Fall möchte ich seine Forderung in der Frage der Pyhrn-Schober-Achse deutlich unterstützen. (Anhaltendes Nicken der Abgeordneten Lercher und Lindner.) Da ist wirklich mehr Tempo gefragt. Das ist eine ganz entscheidende Achse, die wir in Österreich noch ausbauen müssen, und die, glaube ich, sollte eine sehr, sehr hohe Priorität haben. Einerseits für die jeweiligen Regionen, aber auch da wiederum für die Wirtschaftsräume, und andererseits auch weitergedacht für Mitteleuropa ist das eine ganz wichtige Strecke, die wir ertüchtigen müssen, die wir ausbauen müssen, weil das eine Achse ist, die ehrlicherweise bis jetzt noch nicht so ist, wie wir uns das vorstellen. Da brauchen wir wirklich mehr Tempo. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: Das ist die Achse ... Slowenien! Die gehören erst einmal ... auf Fernverkehrsniveau gebracht!)
16.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bundesministerin Gewessler. – Bitte.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in dieser Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel im Klimaschutz. Im Verkehrsbereich brauchen wir deswegen auch eine besonders ehrgeizige Umsetzung. 2040 Klimaneutralität heißt, wir brauchen gerade im Verkehrsbereich, der das Sorgenkind ist, konkretes Handeln, konkretes Tun, und genau das setzen wir unter anderem mit diesem wirklichen Rekordrahmenplan um, der Ihnen heute hier zur Diskussion vorliegt.
Wir investieren mit diesem Rahmenplan Rekordsummen in den öffentlichen Verkehr. Wir sichern diese Investitionen in die Bahn als Rückgrat der öffentlichen Mobilität auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ab, und das sind
wirklich gute Neuigkeiten für unser Land – und zwar für Stadt wie Land. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was passiert mit diesem Steuergeld? – Der Rahmenplan 2024 bis 2029 sieht insgesamt ein Investitionsvolumen von rund 21,15 Milliarden Euro innerhalb dieser Rahmenplanperiode vor. Das sind in Summe, wenn Sie sich den Rahmenplan anschauen, 200 Zeilen, die voller ganz konkreter Projekte stehen, die den öffentlichen Verkehr in unserem Land besser machen. (Abg. Deimek: Das sagt gar nichts, sinnvoll müssen sie sein, sonst ist es vergebene Liebesmüh!) Ziel ist es ja, mehr Güter, mehr Personen auf die Bahn zu bringen. Dazu brauchen wir vor allem auch mehr Kapazitäten und bessere Auslastung auch auf bereits bestehenden Strecken. (Abg. Belakowitsch: Worthülsen!) Deswegen machen wir mit den Investitionen neue Bahnhöfe, moderne Zugstrecken, schnellere Verbindungen und wirklich ein Upgrade für den öffentlichen Verkehr in unserem Land, und es ist wirklich ein Meilenstein, ein weiterer Meilenstein im Bahnbau in Österreich für eine ambitionierte Verkehrswende. (Abg. Deimek: Sie sagt immer dasselbe!)
Sie haben zu diesem Rahmenplan ein paar Fragen gestellt, und auf die würde ich auch gerne eingehen: Einerseits war die Frage, wie sich Erfolg in diesem Rahmenplan misst. Es war Abgeordneter Margreiter, der diese Frage gestellt hat, und er ist lange genug in der Verkehrspolitik und weiß: Damit Verlagerung funktioniert, damit man Personen und Güter auf die Bahn kriegt, müssen zumindest drei Dinge zusammenspielen: Es muss die Infrastruktur passen – moderne Züge, moderne Strecken –, es muss das Angebot passen – das heißt, der Zug muss dann fahren, wenn ihn die Menschen brauchen – und es muss der Preis passen.
In all diese drei Säulen investiert diese Bundesregierung massiv mit dem Rahmenplan und mit der Privatbahnförderung – das als Antwort zum Beispiel auf die Ausführungen des Abgeordneten Lercher. Wir investieren in die Infrastruktur, mit jedem Fahrplanwechsel und mit jedem Verkehrsdienstevertrag
in mehr Angebot auf den bestehenden Strecken und mit dem Klimaticket in ein unschlagbar günstiges Angebot für den öffentlichen Verkehr.
Wir sehen, dass das wirkt: Sie sehen das in jedem Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht, wenn es um die Zahlen geht und darum, dass Österreich das Bahnland Nummer eins in der EU ist, und Sie sehen es in einer Evaluierung des Klimatickets, im Rahmen derer die Menschen angeben: Ja, ich fahre jetzt Strecken mit der Bahn, die ich vorher mit dem Auto gemacht hätte! Wir sehen, dass sich diese Investitionen auszahlen, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Die zweite Frage war von Abgeordnetem Deimek. Es hat mich jetzt ein bisschen verwundert, weil sich die Methodik des Rahmenplans nicht verändert hat. Der Herr ehemalige Verkehrsminister Norbert Hofer hat genau nach derselben Logik Rahmenpläne gemacht wie der Herr ehemalige Verkehrsminister Alois Stöger, der auch hier im Saal sitzt. Rahmenpläne sind immer eine Bruttokostendarstellung der gesamten Projektkosten, und daneben gibt es die Finanzierungsseite. Also um die Antworten auf Ihre Fragen nachlesen zu können: Die Zuschussverträge finden sich auf der Finanzierungsseite. Das hat sich in den letzten Jahren und Rahmenplänen nicht geändert.
Die Rahmenpläne sind übrigens ein System, um das uns wirklich ganz viele Bahnen beneiden, insbesondere die Deutsche Bahn, weil wir natürlich sehen, das liefert Planbarkeit – Planbarkeit für Investitionen, aber auch Planbarkeit für Baustellen, die trotz all der Schwierigkeiten, wenn man Großbaustellen im Netz hat, dafür sorgt, dass man diese besser aufeinander abstimmen kann. Also ich glaube, die deutschen Kollegen und Kolleginnen bei der DB würden sich alle Finger abschlecken, wenn sie auch dort ein solches Planungsinstrument hätten – insofern herzlichen Dank an alle, die daran gearbeitet haben, dass wir unsere Infrastrukturplanung auf soliden Beinen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zu den Projekten in diesem Rahmenplan: Über Barrierefreiheit haben wir intensiv auch im Ausschuss diskutiert. Barrierefreiheit ist darin ein ganz zentrales und wichtiges Thema. Da wird österreichweit nach einer Prioritätenreihung investiert, also zuerst in die Bahnhöfe, die das höchste Fahrgastaufkommen haben, um eben den größtmöglichen Nutzen zu stiften. Wir investieren auch in die regionalen Bahnen, weil – da bin ich voll dabei – alle Menschen in diesem Land an dieser Klima- und Mobilitätswende teilhaben können sollen.
Wir investieren mit diesem Rahmenplan auch in Zukunftstechnologien. Die ÖBB investieren in Erneuerbare, um den eigenen Bahnstrom auch zunehmend selbst produzieren zu können. Wir investieren in die Digitalisierung, für mehr Kapazität auf den Strecken, und wir investieren natürlich auch in Jahrhundertprojekte, wie Semmeringbasistunnel, Koralmtunnel, Brennerbasistunnel. Wenn ich an die Neuordnung denke, die mit Koralmtunnel und Semmeringbasistunnel gerade auch für die Obersteiermark möglich ist, dann muss ich sagen, das zeigt, welches Potenzial da drinsteckt, weil dadurch eine bessere Anbindung an Graz, eine bessere Anbindung an Wien möglich wird. Das zeigt auch dieser Rahmenplan. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es sind in diesem Rahmenplan natürlich viele große Projekte fortgeschrieben, ich möchte aber auch ein paar neue Projekte erwähnen. Insgesamt sind es Neuinvestitionen von rund 1,5 Milliarden Euro: Der viergleisige Ausbau der Strecke Köstendorf–Salzburg auf der Weststrecke, der zweigleisige Ausbau von Werndorf–Spielfeld – eine langjährige Forderung auch aus der Steiermark –, der zweigleisige Ausbau des Abschnitts Nettingsdorf–Rohr–Bad Hall, der Ausbau der Regionalbahn Herzogenburg–St. Pölten oder das Regionalbahnprojekt Attraktivierung der Ossiachersee-Bahn, all diese Vorhaben und auch all die, die schon in Arbeit, in Planung, in Bau sind, dienen dazu, die Schiene in Österreich weiter zu stärken und tatsächlich am Weg zu mehr Verlagerung auf die Bahn voranzukommen.
Weil wir das natürlich auch weitermachen wollen, arbeiten wir gerade am sogenannten Zielnetz 2040, im Zuge dessen alle Themen, die noch anstehen und bei denen wir noch Handlungsbedarf haben, aufgrund eines österreichweiten, vergleichbaren Planungssystems weitergeschrieben werden. Ich freue mich schon sehr auf die Debatte mit Ihnen zu diesem Thema, weil sich da noch zeigt, wohin das Bahnnetz in Zukunft geht. Auch das wird im Jahr 2024 zu diskutieren sein.
Ich möchte an dieser Stelle als Ministerin, aber auch als Steirerin noch herzlich um die Zustimmung zum Zweckzuschussgesetz für Graz ersuchen, das heute am Tisch liegt. Wir ermöglichen mit diesem Zweckzuschussgesetz das dritte Mal eine Mitfinanzierung für regionale Projekte. Das dritte Mal deswegen: Wir haben für die Planung der Regionalstadtbahn Linz, Herr Abgeordneter Deimek, bereits eine 15a-Vereinbarung beschlossen – für die Umsetzung stehen wir bereit, sobald sich die Stadt Linz und das Land Oberösterreich geeinigt haben und fertig mit den Planungen sind (Abg. Deimek: Die haben sich schon geeinigt! Das wissen Sie!) –, und auch für die Regionalstadtbahn zwischen Innsbruck und Rum – das wurde auch schon vor rund zwei Jahren umgesetzt –, und die Grazer-Straßenbahn-Mitfinanzierung ist jetzt der dritte Teil.
Dort braucht es eine andere Rechtsform. Aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen ist es keine 15a-Vereinbarung, sondern ein Gesetz für einen Zweckzuschuss an die Stadt. Dieses ermöglicht, Straßenbahnausbauvorhaben mit einer Gesamtinvestition von 76 Millionen Euro zu 50 Prozent zu kofinanzieren, von 2023 bis 2027 sind das 38 Millionen Euro. Das sind ganz konkrete Projekte in der Stadt, die dazu führen werden, dass der S-Bahn- und der Zugausbau in diesem Ballungsraum die volle Wirkung entfalten kann, weil man die Verlagerung zustande bekommt. Das Ziel ist, dass wir einen Fahrgastzuwachs zwischen 6 und 12 Prozent zustande bekommen, das wäre ein wirklicher Sprung, und deswegen darf ich Sie um Unterstützung für dieses Vorhaben ersuchen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandweiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Endgeräten! Wir haben es gehört: Wir beschließen heute den ÖBB-Rahmenplan für die nächsten fünf Jahre. Bis 2029 sollen über 21 Milliarden Euro in das österreichische Bahnsystem investiert werden. Neben neuen Strecken und zusätzlichen Gleisen sollen Bahnhöfe und Haltestellen neu gebaut und modernisiert werden.
Als Waldviertler Abgeordneter freut es mich natürlich besonders, dass 260 Millionen Euro in die Franz-Josefs-Bahn investiert werden. Das Paket beinhaltet neben der Direktanbindung von Horn auch einen selektiven zweigleisigen Ausbau und die Modernisierung einzelner Streckenabschnitte. So werden wir nach Abschluss dieser Arbeiten im Jahr 2029 die Voraussetzungen für deutliche Fahrzeitverkürzungen von Wien nach Gmünd haben und auch eine bessere Taktung zustande bringen.
Ein zweites Projekt aus meiner Heimatregion möchte ich auch noch herausgreifen, und zwar die Modernisierung der Kamptalbahn. Durch die Investition von über 165 Millionen Euro sollen künftig 16 neue Akkuzüge mit hohen Geschwindigkeiten fahren können; auch dort wird es eine deutliche Zeitersparnis und dadurch bessere Taktungen geben.
Frau Bundesministerin, ich nutze die Gelegenheit so kurz vor Weihnachten aber auch, um noch ein paar Wünsche anzubringen und mitzugeben.
Wenn wir das Angebot in der Ostregion weiter ausbauen wollen, dann braucht es auch eine zweite Stammstrecke durch Wien – das können wir in der Diskussion dann gerne einbringen –, ansonsten werden wir irgendwann keine Kapazitäten mehr haben.
Der öffentliche Verkehr besteht aber nicht nur aus der Bahn, es fahren auch Busse, die brauchen bekannterweise die Straße – deshalb die Bitte, dass wir auch in diesem Bereich weiter investieren.
Frau Ministerin, ein Letztes: Es gibt in unserem Land natürlich auch Menschen, die nicht mit dem Bus und auch nicht mit der Bahn fahren können, die auf das Auto angewiesen sind, weil sie einfach keinen Bahnhof vor der Haustüre haben. Diese Menschen, vor allem die Pendlerinnen und Pendler, dürfen nicht die Rechnung dafür zahlen, daher möchte ich klarstellen: Die Pendlerinnen und Pendler können sich auf uns verlassen, die Pendlerpauschale bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)
16.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kaufmann. – Bitte sehr.
Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Zuseher auf der Galerie und auch zu Hause! Im Namen meines Kollegen Ernst Gödl darf ich sehr herzlich die Gruppe aus der Nachbargemeinde meiner Heimatstadt Graz begrüßen, nämlich aus Gratwein-Straßengel – herzlich willkommen bei uns im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Auch für die Kolleginnen und Kollegen in Gratwein-Straßengel wird es ein Thema sein, wie das Angebot der ÖBB ausgebaut wird, Frau Ministerin, und da dürfen wir ja nicht auf die Strecke zwischen Bruck und Graz vergessen beziehungsweise darauf, wie man dann von Graz nach Salzburg weiterkommt. Alle, die das schon einmal ausprobiert haben – auch heute –, von Graz nach Salzburg zu kommen, wissen: Da sind wir mit der Geschwindigkeit noch nicht ganz dort – Sie haben es angesprochen –, wo wir hin sollten.
Natürlich freue ich mich als Grazerin, dass wir heute erstmalig von der Bundesseite sehr, sehr viel Geld für den Straßenbahnausbau in Graz beschließen, nämlich 38 Millionen Euro. Das ist tatsächlich historisch, denn 2018 haben wir das erste Mal darüber gesprochen und auch beschlossen, dass wir in den Nahverkehr in den Städten mitinvestieren wollen; das gab es bis dahin nicht. Man muss ehrlicherweise dazusagen, der Beschluss ist sozusagen älter als die jetzige Bundesregierung und das ist auch älter als die jetzige Stadtregierung.
(In Richtung Abg. Weratschnig:) Herr Kollege, deswegen kann ich den Dank an Bürgermeisterin Elke Kahr von der KPÖ nicht ganz teilen, denn das hat damals Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP und nicht die kommunistische Bürgermeisterin ausverhandelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Wichtig wird sein – Sie haben es angesprochen, Frau Ministerin –, dass das Geld direkt vor Ort bei den Straßenbahnen ankommt und infolgedessen auch die Taktverdichtung und die Entflechtung der Innenstadt möglich ist. Dort wird man gut hinschauen müssen, denn die Politik, die im Moment betrieben wird – sowohl im öffentlichen Verkehr, da sind unsere ältesten Straßenbahnen noch modern, als auch darüber hinaus –, ist so, dass die kommunistische Politik derzeit alles macht, um die Innenstadt komplett zu blockieren. Da werden wir noch viel zu tun haben, damit die Wirtschaftstreibenden dann noch in der Stadt sind, denn wenn dieses Geld versickert, brauchen wir keine Innenstadtentflechtung mehr.
Ich glaube, insofern muss man auch auf die Remise – sprich, die Schlafstätte der Straßenbahnen – schauen, die ausgebaut werden soll. Wenn dort jetzt Projekte 60 Millionen Euro mehr, als ursprünglich geplant worden ist, kosten, dann werden unsere 38 Millionen Euro, die wir heute beschließen, dort verpuffen. Ich glaube, dass es in unserem Interesse und auch im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – nicht nur in Graz, sondern österreichweit – ist, dass es wirklich dort ankommt und daraus mehr Straßenbahnen und mehr ÖV für die Bürgerinnen und Bürger in Graz und darüber hinaus resultieren.
Ich bin davon überzeugt, dass wir das gemeinsam schaffen werden, damit am Ende des Tages der ÖV auch in Graz gut ausgebaut ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)
16.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Rahmenplan der Österreichischen Bundesbahnen ist das bundesseitige Planungs- und Finanzierungsinstrument für Investitionen in das Netz der ÖBB-Infrastruktur AG. Damit wird im Rahmenplan geregelt, wie viel in den nächsten Jahren in die Bahn investiert werden soll. Wir reden da von einigen, ja, vielleicht sogar von vielen Milliarden Euro. Die Redezeit ist allerdings begrenzt und ich kann nicht alle Projekte aufzählen, daher beschränke ich mich auf zwei Projekte im Bundesland Salzburg.
Erster Punkt: Ganz wichtig ist für mich das Projekt Leogang–Maishofen–Saalbach, für welches die Fertigstellung und die Inbetriebnahme für 2024 geplant ist. Warum ist das für mich wichtig? – In Saalbach findet die alpine Ski-WM 2025 statt und wir werden mit dieser Investition, mit dieser Verbesserung der Infrastruktur dazu beitragen, dass es eine gute, eine reibungslose Abwicklung gibt. Das wird eine tolle WM in Saalbach 2025 werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Der zweite Punkt ist die Strecke Golling–Sulzau–Pass Lueg. Da geht es um mehr Sicherheit, es geht um die Verbesserung der Linienführung, es sind 18 Millionen Euro für 2024 vorgesehen – allerdings im Rahmenplan nicht sofort und nicht so leicht zu finden.
Auf meine Frage, wo diese 18 Millionen Euro im Rahmenplan zu finden sind, hat der Experte der Österreichischen Bundesbahnen, Mag. Hammerschmid, im
Ausschuss geantwortet: Auf Seite 12 unter „Netzerfordernisse“. – Das möchte ich auch gerne im Protokoll so festgehalten haben.
Von den dort vorgesehenen 51,2 Millionen Euro sind 18 Millionen Euro für das Projekt Pass Lueg bereitgestellt, und damit kann ich dem Rahmenplan auch guten Gewissens zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
16.40
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Ich habe versucht, diesen Rahmenplan auf unser Bundesland Tirol herunterzurechnen. Immerhin, Frau Bundesminister, 3,8 Milliarden Euro – das ist ungefähr das Landesbudget Tirols – werden in den nächsten fünf Jahren in den Ausbau der Schiene investiert und dafür wirklich ein Danke.
Ich möchte in meiner Rede bewusst drei Bitten äußern. Die erste Bitte ist: Unlängst war der Bürgermeister der Gemeinde Münster bei mir. Thomas Mai ist ein sehr engagierter junger Bürgermeister, und die Gemeinde Münster hat sich die letzten Jahre sehr toll entwickelt, sie hat ein tolles Sozialzentrum. Es ist aber so, dass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Wahl des Arbeitsplatzes immer mehr ausschlaggebend ist, wie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist. Die Gemeinde Münster kämpft schon sehr lange um eine Bahnhaltestelle. Diese ist jetzt im Rahmenplan drinnen, und da wäre wirklich meine Bitte, möglichst schnell ins Tun zu kommen, denn: Je früher diese Haltestelle realisiert wird, desto besser ist es für die Münsterer.
Die zweite Bitte: Mit der Nordzulaufstrecke Knoten Radfeld bis Schaftenau, denke ich, schließen wir das Thema Brennerbasistunnel ab. Wichtig ist, dass wir
weiterhin gemeinsam alles versuchen, dass auch Deutschland da endlich in die Gänge kommt.
Die dritte Bitte betrifft ein Thema, das momentan bei uns sehr aufschlägt, nämlich die Inanspruchnahme von Grund für die ökologischen Ausgleichsflächen. Da würde ich Sie wirklich bitten, Frau Bundesminister, dass wir auf Augenhöhe in Verhandlungen eintreten und versuchen, die Flächen zusammenzubringen. Derzeit ist es nämlich so, dass auf die Grundbesitzerinnen und Grundbesitzer sehr viel Druck ausgeübt wird: Entweder sie verkaufen oder sie werden enteignet. Wenn wir uns da mit den Betroffenen in einem Dialog befänden, davon bin ich überzeugt, würden wir das gleiche Ergebnis ohne Druck und ohne Krampf zusammenbringen. Sie haben ja als Ministerin die Möglichkeit dazu, letztendlich können Sie als Chefin ja auch Entscheidungen vorgeben. Das wäre wirklich eine große Bitte meinerseits, dass wir mehr auf Augenhöhe mit den Grundbesitzerinnen und Grundbesitzern reden, um dieses Ergebnis gemeinsam zusammenzubringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
16.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. – Bitte.
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist super, dass es einen Rahmenplan gibt, und ich glaube, dass es richtig ist, dass Österreich eine Planungssicherheit entwickelt hat. Das haben wir als Sozialdemokratie begonnen – danke dafür, dass Sie das fortsetzen.
Ich habe bei diesem Rahmenplan ein bisschen die Sorge, dass die Frage des Güterverkehrs eine untergeordnete Rolle hat, und das tut uns weh. Wenn man nämlich das erreichen will, was die Bundesregierung sagt, nämlich die Transformation von der Straße auf die Schiene, dann müssen wir im Güterverkehr
etwas tun. Uns ist es ganz wichtig, dass jedes Produkt, das in Europa 500 Kilometer transportiert wird, 80 Prozent der Verkehrsleistung auf der Schiene erlebt. Deshalb muss man den Ausbau entsprechend vorantreiben. (Beifall bei der SPÖ.) Dazu brauchen wir eine Investition in den Einzelwagenverkehr, das ist wichtig.
Frau Bundesministerin! Die Nordanbindung in Linz finde ich in dem Rahmenplan leider nicht. Diesbezüglich muss man etwas tun.
Ich glaube auch, dass es ganz wichtig ist, auf der Mühlkreisbahn etwas zu tun, damit die Schoberachse nach Tschechien weiterentwickelt wird, das ist notwendig. Das könnte auch eine europäische Strecke sein. Da muss man jedenfalls etwas tun. (Beifall bei der SPÖ.)
Frau Bundesministerin, in Salzburg brauchen wir die Tunnelkette Pass Lueg. Dieses Projekt ist im Rahmenplan nicht gut abgebildet, das hätte ich stärker da drinnen sehen wollen.
Und jetzt lasse ich mich ein bisschen aus: Mir wäre es wichtig, dass man auch im städtischen Raum in Vorarlberg etwas macht. Der Ausbau in Bregenz mit der Unterführung wäre, glaube ich, städtebaulich, infrastrukturell etwas ganz Gescheites. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, einen Satz noch: Wenn man sich anschaut, wie es den Tirolern und den Vorarlbergern mit dem Deutschen Eck geht, dann wird einem klar, da brauchen wir etwas, und ich traue mir zu sagen, Österreich muss die Führung auf der Strecke in Deutschland übernehmen. Wir sollten als Österreicher einen Staatsvertrag machen, damit wir es zustande bringen, dass die Bregenzer, die Innsbrucker oder die Vorarlberger und die Tiroler auch eine gute Anbindung an das übrige Österreich haben. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht einer der Herren Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Verkehrsausschusses, den Bericht der Bundesministerin betreffend ÖBB-Rahmenplan 2024–2029 in III-1049 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer das tut, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung von Zweckzuschüssen des Bundes an die Gemeinde Graz für die Finanzierung von Straßenbahnvorhaben in Graz samt Titel und Eingang in 2304 der Beilagen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich, das kundzutun. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich danke schön.
Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2308 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (2335 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 21.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.
Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei der Novelle zum Kraftfahrliniengesetz geht es um eine wichtige Gesetzesänderung für die Gemeinden betreffend den regionalen Busverkehr. Es geht um eine Verwaltungsvereinfachung bei Haltestellengenehmigungen für nicht kommerzielle Verkehrsdienste.
Man stelle sich vor, bis dato ist es so, dass bei Neuvergaben, bei Veränderungen bei den Verkehrsdiensten jeweils auch die Haltestellen neu genehmigt werden müssen. Das bedeutet, diese Haltestellenbündel müssen in den Gemeinden alle neu verhandelt werden.
Die Änderung im Gesetz stellt jetzt sicher, dass bei der Übertragung gemeinwirtschaftlicher Kraftfahrlinienkonzessionen die Haltestellenbündel ohne gesonderte Genehmigung mit übergeben werden können. Das ist eine Erleichterung für die in Österreich fast 240 Busunternehmen im Linienverkehr, und das ist vor allem auch eine Erleichterung für die Behörden und für die Gemeinden.
Natürlich ist die Sicherheit der Fahrgäste gegeben, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es sind die Meldepflichten und natürlich auch die Kontrollrechte der Behörde gewährleistet. Das betrifft vor allem die Themen Aufstandsflächen, Barrierefreiheit, ausreichende Beleuchtung bei Haltestellen. Es geht darum, zu schauen: Sind die notwendigen Abstände gewährleistet, sind die Aufstandsflächen entsprechend abgesichert? Ich glaube, das ist ganz wichtig. Die Qualität bleibt mit dieser Novelle erhalten. Es sollte dadurch auch in den Gemeinden zu Verbesserungen kommen, aber auf jeden Fall kommt es zu einer wesentlichen
Verwaltungsvereinfachung. – In diesem Sinne bitte ich um eine breite Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meiner Stimme geschuldet werde ich mich sehr kurz halten.
Kollege Weratschnig hat es schon gesagt: Es kommt zu einer sehr weitgehenden Vereinfachung in Bezug auf die Festsetzung sowie die Verlegung von Haltestellen. Wenn man jetzt eine Festsetzung oder eine Verlegung von Haltestellen machen will, braucht man für eine mündliche Verhandlung den Unternehmer, den Straßenbaulastträger, die Straßenaufsichtsbehörde, die Bezirksverwaltungsbehörde, die Landespolizeidirektion, die Gemeinden, in denen diese Haltestellen sind. Hat es dann einen Konzessionsübertrag auf einen neuen Konzessionsnehmer gegeben, hat man das Ganze wieder von vorne machen müssen. Das wird jetzt mit dieser Novelle beseitigt, diesen Vorgang haben wir vereinfacht.
Im Zuge der Novellierung werden des Weiteren auch die Ressortbezeichnungen aktualisiert, die Vorbestellungsarten bei den Anrufsammeltaxis erweitert und die Betriebszeiten flexibilisiert sowie Veränderungen bei den Meldepflichten der Unternehmen vorgenommen.
Das heißt, es ist ein Gesetz, dem wir zustimmen werden. Wie gesagt: Meiner Stimme geschuldet höre ich jetzt auf. (Beifall bei der SPÖ.)
16.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.
16.49
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Auch ich mache es ganz, ganz kurz, ich möchte es nur bebildern. Kleine Erinnerung: vielleicht ein kleines Gesetz, aber große Wirkung. Was wir ermöglichen, ist, dass bei einer Neuausschreibung von Verkehrsdienstleistungen im Busbereich die Genehmigung der Haltestelle auf den neuen Konzessionsinhaber oder die neue Konzessionsinhaberin übergehen kann.
Um das nur mit einer Zahl zu bebildern: Niederösterreich hat 16 000 Haltestellen, und die müssten bei jeder Neuvergabe einer Verkehrsdienstleistung neu genehmigt werden, auch wenn sich sonst nichts ändert. Das heißt also, es ist wirklich eine große Verwaltungsvereinfachung, auch eine langjährige Forderung aus den Bundesländern, dass wir das jetzt machen. Wir machen das natürlich ohne Kompromisse bei der Sicherheit, deswegen ist das auch mit expliziten Kontrollrechten und vielem mehr verbunden.
Wir erleichtern parallel dazu auch noch zwei andere Dinge, nämlich die Mitbenützungsgenehmigungen von Bushaltestellen. Auch da sagen wir, wenn derselbe Besteller den Hauptbenützer und den Mitbenützer bestellt hat, dann weiß dieser – in diesem Fall das Bundesland –, was er tut, oder weiß der Ausschreiber, was er tut. Damit kann auch die Mitbenützung vereinfacht werden. Es gibt auch eine Verbesserung für den Bereich des Mikro-ÖV: Durch Erweiterung der möglichen Vorbestellungsarten und Flexibilisierung bei den Betriebszeiten wird auch das Anbieten von Anrufsammeltaxis erleichtert und aufgewertet.
Wie gesagt, manchmal sind es auch kleine Schritte, die eine große Wirkung vor allem auch bei der Verwaltungsvereinfachung im öffentlichen Verkehr haben können, deswegen herzlichen Dank auch hier für Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.51
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte.
Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier bei uns auf der Galerie und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Gestern war ein historischer Tag, da wir die Buslenkerinnen und Buslenker auf die Mangelberufsliste bekommen haben, da wir dieses Gesetz umsetzen konnten. Das ist ein wichtiger Schritt, um den öffentlichen Verkehr auszubauen, dass die Linien auch besetzt werden können, weil wir auf dem heimischen Markt leider Gottes nicht mehr genügend Fachkräfte finden. Das ist einmal sehr, sehr positiv und noch einmal zu erwähnen.
In weiterer Folge ist das, so wie es auch die Frau Bundesminister und meine Vorredner gerade erläutert haben, ein weiterer wichtiger Schritt, weil es um eine Entbürokratisierung geht. Das ist ja eigentlich ein Wahnsinn: dass, wenn man Linien ausschreibt – denn die sind ja ausschreibungspflichtig – und dann ein Unternehmen diese Ausschreibung gewinnt und diese Buslinie, diesen Schülertransport, diesen Skiverkehr oder auch andere Linien fährt, dann jede einzelne Haltestelle wieder von der Bezirkshauptmannschaft bewilligt werden muss. Das ist ja fast schon ein Schildbürgerstreich.
Dafür bedanke ich mich recht herzlich. Wir haben das ja vor Jahren schon angestoßen – es hat etwas länger gedauert, dass wir das jetzt geschafft haben. Die Branche bedankt sich für diese großen, großen Schritte in diese Richtung, einerseits eben, dass wir das mit der Mangelberufsliste geschafft haben, und andererseits, dass wir jetzt auch diese Entbürokratisierung schaffen. Das ist ein wichtiger Schritt.
Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, Ihnen allen heute ein schönes bevorstehendes Weihnachtsfest zu wünschen, eine noch verbleibende schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Wenn ich mir zu
Weihnachten etwas von meinen Kolleginnen und Kollegen wünschen darf (Zwischenrufe bei den NEOS), dann etwas mehr Respekt, einen respektvolleren Umgang miteinander, dass wir uns vielleicht draußen in den Gängen ab und zu auch einmal grüßen und nicht mehr aneinander vorbeigehen, als würden wir uns nicht kennen. – Vielen Dank, alles Gute und eine gute Zeit! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Loacker.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist dazu nun niemand mehr. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2308 der Beilagen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Wer auch in dritter Lesung dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Auch das ist einstimmig.
Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 336/A der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2337 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 22.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verkehrspolitik hat ja einen Lenkungseffekt und sollte ihn auch haben. Das wäre wichtig und das wäre im Bereich des Güterverkehrs ganz wichtig.
Was wollte ich mit diesem Antrag eigentlich? – Wir wollten, dass es keine Umgehungsverkehre in Österreich gibt, also dass man den Schwerverkehr nicht auf der Bundesstraße hat, sondern dass dieser Schwerverkehr auch auf den Autobahnen stattfindet. Leider, leider gibt es Ausweichstrecken. Ich hätte mit unserem Antrag den Landeshauptleuten gerne erlaubt, eine Ausweichstrecke zum Mautgebiet zu erklären. Das tut ein Landeshauptmann nicht aus Jux und Tollerei, sondern das macht der Landeshauptmann nur dann, wenn er von der Bevölkerung seines Landes erfährt, dass es da eine Ausweichstrecke gibt. Das hätten wir gerne gemacht.
Unser Antrag geht auch in diese Richtung, dass wir die Maut insbesondere im Güterverkehr massiv erweitern. Ich sage es noch einmal: Wir wollten im Bundesverkehrszielegesetz klar festlegen, dass ein Produkt, das in Europa 500 Kilometer transportiert wird, eigentlich 80 Prozent der Verkehrsleistung, also 400 Kilometer, auf der Schiene transportiert werden muss. Damit das passiert, müsste man den Straßenverkehr ein Stück auch verteuern, und diese Mauten für Umgehungsstrecken wären ein Beitrag dazu. Ich kann Ihnen sagen, auf der B 131 findet Umgehungsverkehr statt, und wir wissen von vielen anderen Umgehungsstrecken. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Leider lehnt ihr es ab. – Schade. (Beifall bei der SPÖ.)
16.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.
16.57
Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! An und für sich ist die Position der österreichischen Grünen natürlich, gerade was den Lkw-Verkehr betrifft, eine flächendeckende Lkw-Maut. Da sind wir, glaube ich, völlig derselben Meinung. (Abg. Einwallner: Da kannst jetzt zustimmen! Da hättest jetzt eigentlich zustimmen können!) Das ist nicht Teil des Regierungsübereinkommens, da gab es auch keine Einigung in den Verhandlungen. Das ist einmal so, glaube ich, ganz klar. Trotzdem bin ich da auch (in Richtung Abg. Stöger) deiner Meinung, das wäre ein interessanter und wichtiger Ansatz.
Was aus unserer Sicht der falsche Ansatz wäre: einen Fleckerlteppich von Landesmauten zu haben. Wenn man diese Verordnungsermächtigung den Landeshauptleuten geben würde, wie im Antrag vorgeschlagen, dann würde das ja dazu führen, dass man ganz unterschiedliche Landesmauten mit unterschiedlichen Höhen hat. (Abg. Stöger: Das haben wir nicht gesagt!) Ich warne auch davor, dass es bei diesen Landesmauten dann ja auch wieder um Umgehungsverkehr gehen könnte, nämlich indem es zu diesen Strecken, die unter Landesmaut stehen, dann Ausweichrouten – vielleicht sogar durch Gemeinden, auf Gemeindestraßen, auf untergeordnete Straßen – gibt.
Diese Dose aufzumachen ist, glaube ich, also nicht ungefährlich. Das muss man sich sehr gut anschauen, ob dieses Ziel, das Herr Abgeordneter Stöger da definiert, dem auch entspricht. Ich bin da sehr kritisch, wir sind da sehr kritisch. Noch dazu: Bei dieser Vorlage – wie es derzeit beantragt wird – wäre es auch verfassungsrechtlich sehr kritisch zu sehen, dass in einem Bundesstraßen-Mautgesetz der Landeshauptmann in mittelbarer Bundesverwaltung ermächtigt wird, eigene Verordnungen zu erlassen.
Darüber hinaus muss ich auch betreffend Mautausweichverkehr im hochrangigen Straßensystem sagen: In § 13 Abs. 1b gibt es ja auch Mautbefreiungen. Da gibt es einen engmaschigen Leitfaden, der dazu führen kann, dass es auch
Mautbefreiungen geben kann, wo sie sachlich gerechtfertigt sind, um zu verhindern, dass auf Bundes- und Landesstraßen abgefahren wird.
In diesem Sinne werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister, ich freue mich, dass Sie von Ihrem Trip in die Wüste wieder gut zurückgekehrt sind! Ich hoffe, Sie haben sich dort keinen Sonnenbrand geholt und haben auch ein bisschen die Seele baumeln lassen können. (Abg. Schmuckenschlager: Das sagt das Taliban-Reisebüro!)
Eines aber haben Sie gemacht, Frau Bundesminister, und das ist wirklich ärgerlich: Sie haben, ohne dass Sie jemand damit beauftragt hat, 30 Millionen Euro an Steuergeldern in die Wüste geschickt; genau das ist es, was Sie gemacht haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte jetzt schon von Ihnen wissen: Wie rechtfertigen Sie das? Keine konkreten Maßnahmen – wie rechtfertigen Sie diese 30 Millionen Euro? Dies vor dem Hintergrund (Abg. Lukas Hammer: Zur Sache oder irgendwas?), dass Sie mit Ihren schwarzen Kollegen, mit Ihren schwarzen Erfüllungsgehilfen ein Defizit von 24 Milliarden Euro gebaut haben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Wir wissen jetzt schon nicht, wie wir Ihre Schulden dann irgendwann einmal zurückzahlen sollen, und Sie fahren mit den Spendierhosen an in die Wüste und verteilen das Geld, als gäbe es kein Morgen. Frau Bundesminister, das ist wirklich schäbig, das ist charakterlos! Überlegen Sie sich selbst, was das für ein Bild bei den Menschen, die für Ihre Sachen dann bezahlen müssen, bei den
Steuerzahlern erzeugt. Ich finde das absolut unangebracht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Rössler.)
Zum aktuellen Tagesordnungspunkt – auch dieser ist interessant –: Wir wissen ja seit Längerem, dass Sie vor allem ein Ziel haben, Frau Bundesminister: den Autofahrer in jeder Art und Weise zu bekämpfen. Das ist etwas, was Sie die ganze Zeit machen, Frau Bundesminister. Sie machen dann halt noch so Geschichten wie eine NoVA-Erhöhung – hochinteressant (Beifall des Abg. Lukas Hammer) –, dann machen Sie eine Geschichte wie eine CO2-Steuer – hochinteressant –, und dann wundern Sie sich, warum die Inflation ansteigt. Das machen Sie doch gemeinsam mit den Schwarzen, die da drüben sitzen und die damit nichts zu tun haben wollen.
Frau Bundesminister, wissen Sie, jetzt muss ich Sie einmal in Schutz nehmen, weil Sie nämlich der ÖVP ins offene Messer gelaufen sind. Wenn man jetzt nämlich hört, dass das Pendlerpauschale und auch das Dieselprivileg abgeschafft werden sollen (Abg. Hörl: Was erzählst schon wieder für einen Schmäh?), dann war es die ÖVP und ihr Minister Brunner, der das unterschrieben hat. (Abg. Schmuckenschlager: Das hat er nicht unterschrieben! Da muss man lesen können!) Haben Sie das der Wirtschaftskammer schon erklärt, was Sie da gerade machen? Haben Sie das schon erklärt? – Das glaube ich nicht. Da wird also auch noch einiges darüber zu diskutieren sein. (Abg. Wöginger: Das stimmt einfach nicht!)
All das sind die Inflationstreiber. Wir haben 5 Prozent Inflation, wir befinden uns diesbezüglich im europäischen Spitzenfeld, und genau diese Maßnahmen treiben das an.
Nun zum Antrag des Herrn Kollegen Stöger, zum Bundesstraßen-Mautgesetz: Auch das ist falsch gedacht, Herr Kollege Stöger, denn Sie wollen damit wieder irgendwelchen Verkehr in irgendeiner Art und Weise kanalisieren, und am Ende des Tages wollen auch Sie abzocken, und auch das in einer Phase, in der wir wie gesagt eh schon nicht mehr wissen, wie wir uns das tägliche Leben
leisten sollen, und in der die Bürger ohnehin unter der Last, die ihnen von den Grünen und von der ÖVP aufgebürdet wird, nur mehr stöhnen. Das ist also auch interessant, dass Sie nicht verstehen, dass Sie genau das Gegenteil von dem bewirken wollen, was dann unter Umständen dabei herauskommt.
Das Schlimme daran ist, Herr Kollege Stöger: Wer soll denn das bezahlen? Die Unternehmer? Die Frächter werden dann die Maut bezahlen, die Sie da beantragen. Und jetzt dürfen Sie dreimal raten, Herr Kollege Stöger, wer dann schlussendlich dieses Geld umgeschlagen bekommt – natürlich der Konsument. Was heißt das dann wieder? – Natürlich wieder einmal ein Anheizen der Inflation.
Herr Kollege Stöger, ich glaube, bei dem Antrag haben Sie ein bisschen Pech beim Nachdenken gehabt, um das nett zu formulieren. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jede Sitzung, in der ich diese Regierung hier sitzen sehe, ist für mich eine Qual, weil ich weiß, dass es den Österreichern nach jeder Sitzung hier ein Stück schlechter geht und dass das Leben noch schwieriger zu bestreiten sein wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ribo und Rössler.) Deswegen zähle ich die Tage, zähle ich die Monate. Ich freue mich auf den Neuwahltermin und sage Ihnen eines: Mit einem Volkskanzler Herbert Kickl wird mit diesem Blödsinn aufgeräumt. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ. – Abg. Hörl: Das nächste Mal überfällt er eine Bank und nicht das BVT!)
17.03
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger. – Bitte.
Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Kollege Hafenecker, Sie haben einen Großteil Ihrer Redezeit wieder dafür verwendet, Polemik und Kritik ohne Lösungsvorschläge
zu bringen, aber das ist halt typisch FPÖ. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
In diesem Antrag geht es um den Umgehungsverkehr, der auf Mautstrecken entsteht und den man verhindern will. Für bestimmte Streckenabschnitte, also Strecken des niederrangigen Straßennetzes, soll eine Mautpflicht festgelegt werden. Umgesetzt soll das Ganze durch eine Verordnung werden, die den Landeshauptleuten dazu die Möglichkeit gibt.
In Bezug auf die Absicht des Antrages ist Ihnen vielleicht recht zu geben: Es ist wichtig, Regionen und Gemeinden vor Verkehrslawinen, die aufgrund von Mautflucht entstehen, zu schützen, und ja, es ist frustrierend, wenn man auf kürzesten Strecken mit Verzögerungen rechnen muss, weil Ortsgebiete durch Autoaufkommen blockiert werden, und ja, auf Freilandstraßenabschnitten müssen Umwelt und auch Wildtiere nicht zusätzlich durch Fernverkehr, der eigentlich auf Autobahnen und Schnellstraßen sein sollte, belastet werden.
Der gegenständliche von Ihnen eingebrachte Antrag trägt dem jedoch nicht ganz Rechnung. Der Vorschlag, und das haben wir auch gehört, ist nicht nur kompetenzrechtlich bedenklich und deshalb nicht umsetzbar, er ist auch praktisch schwierig umzusetzen, denn: Wie differenziert man Mautflüchtige von Ortsansässigen? Oder müssen dann auch jene, zum Beispiel ältere Menschen, die sonst keine Autobahnvignette benötigen, auf diesen Strecken bezahlen?
Um der generellen Problematik der Mautflucht entgegenzuwirken, haben wir durch die Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes bereits am Anfang dieser Legislaturperiode eine deutliche Entlastung für extrem stark von Mautfluchtverkehr betroffene Regionen geschaffen. Einerseits wurden durch eine Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes bestimmte Abschnitte von der Vignettenpflicht gänzlich ausgenommen, andererseits wurde ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, solche Abschnitte auch durch Verordnung von der Mautpflicht auszunehmen. Untätigkeit in diesem Bereich ist uns nicht vorzuwerfen. Es wurde
ein Reduzieren von Lärm- und Schadstoffbelastungen in Regionen, in den Gemeinden unterstützt, aber vor allem die Bevölkerung entlastet und nicht zusätzlich belastet. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir bekennen uns zu einem klimafreundlichen Verkehrsmodell. Der nachhaltige Ausbau des Verkehrssystems ist ein Ziel, und zu dessen Erreichung haben wir durch zahlreiche Maßnahmen in dieser Legislaturperiode bereits beigetragen.
Es muss leistbar bleiben, individuell zu entscheiden, welches Verkehrsmittel gewählt wird, und in einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept müssen auch die Bedürfnisse derjenigen berücksichtigt werden, die tagtäglich auf Pkws angewiesen sind.
In diesem Sinne nochmals zurück zum Antrag: Durch die Einhebung von Mautgebühren generell kann größtmögliche Sicherheit und Qualität auf Autobahnen und Schnellstraßen gewährleistet werden. Primäres Ziel ist es, dass diejenigen, die diese Infrastruktur benutzen, auch davon profitieren, und nicht, wie es durch die Umsetzung Ihres Vorschlages der Fall wäre, dass zusätzlich auch niederrangige Straßennetze belastet werden. Deshalb werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
17.07
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Lukas Hammer zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Kollege Hafenecker hat vorhin behauptet, dass Ministerin Gewessler die Pendlerpauschale abschaffen will. Das ist nicht richtig. (Abg. Hafenecker: Der Brunner war’s!)
Ich berichtige tatsächlich: Wir Grüne wollen die Pendlerpauschale ökologisieren und für alle Menschen in diesem Land sozial gerechter machen. Das steht im Regierungsprogramm und das hat die Frau Ministerin in der „ZIB 2“ diese Woche auch noch einmal bestätigt. – Danke schön. Schön bei der Wahrheit bleiben!
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stefan: Habeck spricht!)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 2337 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3660/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2383 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 23. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Frau Abgeordnete Michaela Schmidt, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wie wir wissen, hat die Auszahlung des Klimabonus viele skurrile Facetten offengelegt, die wir hier im Parlament auch immer wieder
kritisiert haben. Der Rechnungshof hat heute einen Bericht dazu veröffentlicht und zahlreiche Lücken bei der Datengrundlage aufgezeigt.
Der Rechnungshof kritisiert, dass vor allem das Innenministerium keine Schritte setzte, um die Lücken zu schließen – er spricht von gravierenden Problemen.
Die regionale Ausgestaltung des Klimabonus treibt ebenso skurrile Blüten, und auch das haben wir als SPÖ immer wieder aufgezeigt und kritisiert. Bezeichnend ist, dass mittlerweile sogar ÖVP-Vertreter diese regionalen Absurditäten bemängeln. Man hätte auch einfach in den letzten zwei Jahren auf uns hören können und den Klimabonus sozial statt regional staffeln können. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum jetzigen Zeitpunkt ist übrigens noch offen, wie hoch der Klimabonus im kommenden Jahr ausfallen wird. Die Höhe ist ja von der Höhe der CO2-Steuer abhängig, die erst heute mit 45 Euro pro Tonne festgelegt wurde. Wir fordern weiterhin, dass diese CO2-Steuer bis zum Ende der Energiekrise ausgesetzt wird (Beifall bei der SPÖ), denn die Energiepreise sind immer noch zu hoch. Es braucht derzeit schlicht keine weiteren preistreibenden Effekte durch die CO2-Steuer.
Nur als Beispiel: In Salzburg sind die Strompreise von 7 auf 27 Cent gestiegen, die Gaspreise von 5 auf 10 Cent. (Abg. Gödl: Dafür gibt es den Klimabonus! Plus und Minus rechnen, Frau Schmidt!) Da braucht es wohl wirklich keine zusätzliche Steuer mehr.
Gestern wurde uns hier im Plenum vorgeworfen, dass sich die SPÖ zu sehr um die bloße Inflationsrate, um den VPI, sorge. Gleichzeitig haben sich die Regierungsparteien auch noch selbst gelobt, denn man habe ja mit Einmalzahlungen ohnehin dafür gesorgt, dass die Menschen sich trotz der hohen Inflationsrate das Leben weiter leisten könnten. Zum einen ist das angesichts der Lebenssituation der Österreicherinnen und Österreicher einfach nur zynisch, und zum anderen ist es ein ökonomischer Trugschluss. Genau die hohe Inflationsrate
führt ja dazu, dass sich die Inflationsspirale immer weiter dreht, dass Mieten, Versicherungsgebühren, Löhne und Preise immer weiter steigen und damit schlussendlich auch die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen gefährden. Energiepreise sind der Schlüssel für eine niedrige Inflation. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher gilt: Wenn wir wollen, dass die Energiepreise der Fossilen höher als die Energiepreise der Erneuerbaren sind, dann sorgen wir doch einfach dafür, dass sich die Energiepreise an den Herstellungskosten orientieren! Dann würden nämlich nicht nur die Energiepreise der Erneuerbaren, sondern es würde auch die Inflationsrate langfristig sinken.
Abschließend noch eine Info für Herrn Kollegen Schwarz : Die Zuständigkeit für die Regulierung der Fernwärmepreise liegt laut Preisgesetz § 4 beim Wirtschaftsminister. Sie wurde in einigen wenigen Fällen von ihm an die Bundesländer delegiert (Abg. Lukas Hammer: Zum Beispiel welches Bundesland? Welche Bundesländer?), aber für die überwiegende Mehrheit, zum Beispiel in Salzburg, liegt die Zuständigkeit für die Fernwärmepreise beim Bund und eben nicht bei den Bundesländern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.12
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte.
Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Das ist ein gutes Beispiel, Frau Kollegin, für Umweltpolitik und Klimapolitik nach dem Modell: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! – Das kommt wahrscheinlich in der Hitparade der Bablerforderungen gleich nach den wasserdichten Wurstsemmeln. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)
Geschätzte Damen und Herren, wir als Bundesregierung haben mit der ökosozialen Steuerreform einiges auf den Weg gebracht, um auf der einen Seite CO2 einzusparen, auf der anderen Seite aber auch einen sozialen Ausgleich zu haben. Genau darauf zielt der Klimabonus ab, nämlich den Menschen die Mehrbelastungen zu erleichtern, aber gleichzeitig den Weg in die Richtung hin zu umweltfreundlichem Verhalten, umweltfreundlichem Leben zu lenken, damit wir ein intaktes Klima weitergeben können.
Jetzt haben wir gesehen, dass es beim Klimabonus die eine oder andere Unschärfe gibt, darum gibt es heute auch diesen Antrag, mit dem wir mehr in Richtung des Systems weg von den Schecks, stärker hin zu den Banküberweisungen gehen wollen, damit wir genau das, was der Rechnungshof kritisiert, auch entsprechend angehen können. Wir sagen: Noch stärkere Kontrolle, noch besseres Management der Daten, um die Auszahlung perfekt darstellen zu können. Das Erfolgsmodell des Klimabonus und unserer Klimapolitik können Sie damit aber wirklich nicht schlechtreden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)
Es zwingen mich aber auch die Aussagen der Freiheitlichen Partei rund um die Pendlerpauschale dazu, dass ich sage: Wir haben auf der einen Seite massive Herausforderungen – vor allem beim vorigen Tagesordnungspunkt ÖBB-Rahmenplan haben wir ja gesehen, wie erfolgreich die Initiativen im öffentlichen Verkehr sind; wir haben Mehraufwendungen, mehr Personen zu transportieren, und müssen dem auch infrastrukturell begegnen –, auf der anderen Seite haben wir – vor allem im ländlichen Raum – sehr stark den Individualverkehr, und deswegen werden wir auch sehr intensiv am Pendlerpauschale draufbleiben.
Das ist hier schon öfter gesagt worden, aber das bedeutet: Immer wenn es heißt: Das Pendlerpauschale kommt weg!, sind das Fakenews. (Abg. Hörl: Fakenews!) Damit kennen Sie von der FPÖ sich aber wirklich gut aus, denn wenn Volksvertreter, die hier hereingewählt sind, nicht einmal 10 Prozent der Nettozeit herinnen sind, dann sind sie auch Fakevolksvertreter, und das können Sie Ihrem
Fakevolkskanzler, Fakekanzler Kickl gerne ausrichten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
17.14
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.
Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesminister! Ja, Herr Fakeumweltsprecher der ÖVP, wenn man Sie so nennen möchte als Bauernvertreter, der in diesem Haus auch sehr, sehr viel blockiert – wenn es nach den Grünen geht, da sind wir ja Gott sei Dank unterschiedlicher Meinung. Sich mit weißen Federn zu waschen, oder wie auch immer, ohne nass zu werden, ist auch im Hühnerstall sehr, sehr schwer – in Ihrem zumindest. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich beginne gleich mit einem Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Klimabonus für Asylwerber“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den Klimabonus für Asylwerber und insbesondere Personen in der Grundversorgung als zusätzlichen Pull-Faktor abschafft.“
*****
(Beifall bei der FPÖ.)
Die Begründung ist ganz einfach: weil es sachlich nicht darlegbar ist. Warum sollen Asylwerber einen Klimabonus bekommen? Sie sind in der Grundversorgung. Sie haben im Endeffekt keinen rechtlichen Anspruch. Sie zahlen keinen Strom, sie zahlen keine Treibstoffkosten, haben keine zusätzlichen Kosten, zahlen keine Sozialversicherung, zahlen keine Krankenversicherung und, und, und. Hier ist also dieser Klimabonus in dieser Art und Weise nicht gerechtfertigt.
Ergänzend: Wir haben ja auch den Klimabonus für Häfenbrüder – für Personen, die in einer Justizanstalt untergebracht sind – abgeschafft, weil sie keine Mehrkosten haben, also zählt das aus unserer Sicht auch für Asylwerber.
Ein weiterer Punkt noch: Die Pendlerpauschale muss man ansprechen. Sich hier so scheinheilig – Entschuldigung, das nehme ich zurück, das gibt ja normalerweise einen Ordnungsruf, Frau Präsident –, sich hier also so pseudomäßig zu verhalten und eine Diskussion vom Zaun zu brechen, eine klimaschädliche Subvention abschaffen zu wollen, nämlich die Pendlerpauschale (Abg. Hörl: Jetzt fängt er wieder an!), und sich dann auf der anderen Seite hinzustellen und zu glauben, das wird in dieser Form nicht passieren - - Ich glaube, ihr werdet merken, dass der Druck in euren Reihen immer aus dieser Reichshälfte oder von diesem Sektor kommt, vor allem immer dann, wenn ihr sehr, sehr viele Probleme interner Art habt.
Ich sage hier also ganz klar: Mit uns wird es keine Abschaffung der Pendlerpauschale geben. Da können Sie noch so viele Maßnahmen setzen, eines wird Ihnen nicht gelingen, nämlich die nächste Wahl zu gewinnen. (Beifall bei der FPÖ.)
17.17
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Rauch
und weiterer Abgeordneter
betreffend Abschaffung des Klimabonus für Asylwerber
eingebracht in der 247. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zum Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3660/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2383 d.B.) (TOP 23).
Auch 2024 soll der gestaffelte Klimabonus wiederum an illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten in der Grundversorgung ausbezahlt werden. Die Verhöhnung der Österreicher, die unter der Rekordteuerung leiden, wird von der Bundesregierung von ÖVP und Grünen auf die Spitze getrieben. Während vordergründig eine restriktive Asylpolitik inszeniert wird, schafft man einen europaweit einzigartigen Pull-Faktor der eine Schubumkehr in der Asyl- und Einwanderungspolitik verunmöglicht.
Häftlinge hingegen wurden erst auf Druck der FPÖ1 mit einer Novelle des Klimabonusgesetztes von der Geldleistung mit folgender Begründung ausgeschlossen:
Des Weiteren werden durch die Anpassung Personen die sich im jeweiligen Anspruchsjahr für mehr als 183 Tage in Haft befinden, vom Bezug des regionalen Klimabonus ausgeschlossen. Dies ist sachlich insofern gerechtfertigt, als für diese Personen angenommen werden kann, dass sie keiner bzw. nur einem Teil der Belastung durch die CO2-Bepreisung, für welche der regionale Klimabonus ja Kompensation leisten soll, ausgesetzt sind. Sohin werden Strafgefangene Personen gleichgestellt, die keine mehr als 183 Tage andauernde Hauptwohnsitzmeldung im Inland vorweisen können.2
Im Rahmen der Grundversorgung erhalten Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen in ebenfalls Leistungen, welche auf die Deckung der täglichen Grundbedürfnisse ausgerichtet sind. Die Grundversorgung umfasst:
• Unterbringung in geeigneten Unterkünften unter Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit
• Versorgung mit angemessener Verpflegung
• Gewährung eines monatlichen Taschengeldes für Personen in organisierten Unterkünften und für unbegleitete minderjährige Fremde, ausgenommen bei individueller Unterbringung gemäß Art. 9 Z 2
• Durchführung einer medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall bei der Erstaufnahme nach den Vorgaben der gesundheitsbehördlichen Aufsicht
• Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge
• Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung
• Maßnahmen für pflegebedürftige Personen
• Information, Beratung und soziale Betreuung der Fremden durch geeignetes Personal unter Einbeziehung von Dolmetschern zu deren Orientierung in Österreich und zur freiwilligen Rückkehr
• Übernahme von Transportkosten bei Überstellungen und behördlichen Ladungen
• Übernahme der für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten und Bereitstellung des Schulbedarfs für Schüler
• Maßnahmen zur Strukturierung des Tagesablaufes im Bedarfsfall
• Gewährung von Sach- oder Geldleistungen zur Erlangung der notwendigen Bekleidung
• Kostenübernahme eines ortsüblichen Begräbnisses oder eines Rückführungsbetrages in derselben Höhe und
• Gewährung von Rückkehrberatung, von Reisekosten sowie einer einmaligen Überbrückungshilfe bei freiwilliger Rückkehr in das Herkunftsland in besonderen Fällen.
Es gibt keinerlei sachliche Rechtfertigung dafür Nicht-Österreichern in der Grundversorgung, die keinen Strom, keinen Treibstoff, keine Lebensmittel, nichts für Kleidung, keine Heizung, keine Krankenversicherung, keine Sozialversicherung und keine Steuern zahlen müssen, einen Klimabonus zu schenken. Diese Personen werden über die Grundversorgung vom Steuerzahler vollumfänglich alimentiert.
Vor diesem Hintergrund ist die Auszahlung des Klimabonus für Personen in der Grundversorgung als zusätzlicher Pull-Faktor abzuschaffen. Dies ist sachlich in gleicher Weise wie die Häftlinge betreffend gerechtfertigt, zumal auch für diese Personen angenommen werden kann, dass sie keiner bzw. nur einem Teil der Belastung durch die CO2-Bepreisung, für welche der Klimabonus ja Kompensation leisten soll, ausgesetzt sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den Klimabonus für Asylwerber und insbesondere Personen in der Grundversorgung als zusätzlichen Pull-Faktor abschafft.“
1 Vgl. Antrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimabonus für verurteilte Straftäter inklusive Antragsservice abschaffen, https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3254.
2 Vgl. Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird, https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/2071.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Klimabonus ist gerade das Thema, ganz konkret geht es um eine Möglichkeit, dass das BMK auf die Daten des BKA zugreifen kann, wo öffentlich Bedienstete auch ihr Einkommen herbekommen. Das Ziel ist, dass mehr Überweisungen statt Postsendungen erfolgen.
Jetzt muss man sagen: Wir als NEOS haben den Klimabonus an sich kritisch gesehen, wir sehen ihn noch immer kritisch – ich werde auch noch ein paar Worte dazu sagen –, wenn man aber schon ein Instrument wählt, dann sollte man es so gut wie möglich umsetzen, und daher unterstützen wir diesen konkreten Antrag. Das haben wir auch im Umweltausschuss so gesagt.
Zum Klimabonus an sich kann ich Ihnen die Kritik aber nicht ersparen, Frau Ministerin. Sie wissen, dass das Konstrukt, dass man den Bürgerinnen und
Bürgern zuerst viel Geld – in etwa 1,5 Milliarden Euro – über die CO2-Steuer entnimmt (Abg. Schnabel: Bepreisung!) und es dann aber wiederum, nachdem man die Kosten in der Verwaltung hat entstehen lassen, zurückverteilt und dann auch nach Geografie und sonstigen Elementen umverteilt, aus unserer Sicht nicht der sinnvollste Umgang mit Steuermitteln ist.
Wir sprechen davon, dass wir wirklich hohe Aufwände haben. Gerade der Rechnungshof hat heute kritisiert, dass es zu einer ganz hohen Belastung auch bei der Österreichischen Post gekommen ist, dass zusätzliches Sicherheitspersonal angestellt werden musste, zusätzliche Prozesse gemacht werden mussten, dass 285 000 Menschen, die ausländischer Abstammung sind, aber in Österreich leben, denen man einen Klimabonus hätte auszahlen wollen, nicht aufgefunden werden konnten. Das funktioniert nicht so, wie wir es brauchen.
Es wäre wesentlich zielführender, man hätte eine CO2-Steuer, die einen Anreiz gibt, auch tatsächlich aus den fossilen Energien herauszugehen, und man würde Abgaben und Steuern senken. Ich weiß, das widerspricht dem Prinzip, das Sie von grüner Seite verfolgen: einer Umverteilung der Belastung, bei der die CO2-Steuer tatsächlich ganz stark vom Mittelstand und von denjenigen, die Steuern bezahlen, finanziert wird und das dann quasi nach unten verteilt wird. Klimapolitik ist aber keine Umverteilungspolitik – diese hat im Sozialministerium stattzufinden. Es ist nicht so, dass Sie als Klimaministerin alle Probleme in der Republik lösen müssen.
Ich bitte Sie und wir als NEOS, als Fraktion, bitten Sie: Fokussieren Sie darauf, die Treibhausgasemissionen runterzubekommen, und nicht darauf, neue komplexe bürokratische Konstrukte zu erstellen, die wir dann über Jahre haben und für die wir alle viel Steuergeld verbrennen. Das brauchen wir nicht, und deswegen bleibt unsere grundsätzliche Kritik am Klimabonus. Wir bitten Sie aber, es zumindest deutlich besser zu machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)
17.20
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte ganz kurz auf die hier vorgeschlagene Änderung im Klimabonusgesetz eingehen, weil mein Ressort laufend daran arbeitet, die Abwicklung des Klimabonus möglichst reibungslos zu gestalten.
Aus Sicht der Anspruchsberechtigten ist natürlich eine direkte Überweisung auf das Konto der allereinfachste Weg, um den Klimabonus zu erhalten. Bereits jetzt erfolgt das für den allergrößten Teil der Anspruchsberechtigten, also rund 7,5 Millionen Menschen haben die Auszahlung per Überweisung erhalten. Das, was Österreich jetzt schafft, ist übrigens etwas, das unser Nachbarland Deutschland nicht schafft. Ich bin derzeit sehr viel in Deutschland unterwegs, um zu erklären, wie wir das gerade machen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
Etwas mehr als eine Million Menschen erhält Gutscheine, weil wir entweder keine aktuellen Kontodaten haben, weil sie kein Konto haben und aus weiteren Gründen – ich kürze jetzt die Diskussion ab –, aber wir wollen natürlich die Zahl der Gutscheine weiter senken, weil die Überweisung eben die sinnvollste und auch die günstigere Variante ist. Deswegen wollen wir mit dieser Ergänzung zum Klimabonusgesetz die Datengrundlage noch einmal erweitern und die Überweisungsquote noch einmal steigern.
Ganz konkret geht es darum, die Kontodaten der Bundesbesoldung abzufragen und sie für die Auszahlung des Klimabonus zu nutzen. Das betrifft Daten zum Personal des Bundes und zu Beamten, Beamtinnen im Ruhestand. Eine genaue Einschätzung dafür, wie viel zusätzliche Daten das sind – weil ich das im Ausschuss auch gefragt wurde –, lässt sich derzeit noch nicht sagen, weil
die Überschneidung mit den Daten aus der Pensionsversicherungsanstalt, die uns ja schon das BMF zur Verfügung stellt, jetzt nicht vorab berechnet werden kann. Wir wollen jedenfalls jede einzelne Möglichkeit nutzen, um die Abwicklung für die Empfängerinnen und Empfänger noch besser und einfacher zu machen.
Ich freue mich sehr, dass der Rechnungshof heute bestätigt hat, dass wir das extrem kosteneffizient machen. Beim Klimabonus betragen die Abwicklungskosten 0,64 Prozent im Vergleich zur Transferzahlung. Der Energiekostenausgleich war dreimal so aufwendig in der Auszahlung, also insofern freue ich mich sehr, dass wir da heute ein gutes Zeugnis ausgestellt bekommen haben. Natürlich arbeiten wir aber an jedem weiteren Optimierungspotenzial, und ich darf Sie ersuchen, mit Ihrer Zustimmung zu dieser Novelle das auch zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.23
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimabonus gehört sicher zu den skurrilen Episoden der österreichischen Klimapolitik. Pannen bei der Umsetzung, lange Wartezeiten, Auszahlungen an Verstorbene – die Medien hatten in den letzten Jahren wirklich ihren Spaß mit diesem Projekt. Erst heute hat der Rechnungshof die Regierung für die Serie an Pleiten, Pech und Pannen beim Klimabonus kritisiert. Knapp 300 000 Personen haben den Bonus 2022 zum Beispiel gar nicht erhalten, weil ihr Aufenthaltsstatus unbekannt war, 1 000 andere haben ihn per Gutschein statt aufs Konto bekommen und wussten nicht, warum.
Der Rechnungshof kritisiert sogar den enormen Aufwand, der die gesamte Post AG fast an ihre Grenzen gebracht hat. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen, mehr Personal und ausufernde Schulungen sind notwendig geworden. Auf diesem Weg sage ich auch ein großes Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post für ihre leider vermeidbare Mehrarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Zusammengefasst: Wir alle hätten uns wirklich viele skurrile Schlagzeilen und wütende Bürger:innen ersparen können, wenn der Klimabonus schon im Vorhinein besser geplant und durchdacht gewesen wäre. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, aber auch handwerkliche Verbesserungen ändern nichts an unserer grundsätzlichen Kritik. Die regionale Staffelung des Klimabonus ergibt keinen Sinn, sie ist und bleibt unsozial. (Abg. Lukas Hammer: Nein, nein! – Abg. Schnabel: Das ist übersozial! Der Klimabonus ist übersozial!)
Jetzt rede ich noch nicht einmal darüber, dass die CO2-Steuer angesichts der aktuellen Teuerung insgesamt ausgesetzt gehört – das wäre dringend notwendig –, sondern es geht mir ganz konkret darum, dass die Region, aus der man kommt, nicht die Grundlage dafür sein kann, wie viel man von der CO2-Bepreisung zurückbekommt. Ja, mein Wohnort sagt in manchen Fällen etwas über meine Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel aus, aber er sagt rein gar nichts über meine Heizform oder andere wichtige Kriterien aus. (Abg. Schwarz: Soll er auch nicht, weil du sollst ja umstellen von einer Ölheizung ...! Sollen wir dir die Ölheizung zahlen oder was?)
Statt dieser ungerechtfertigten Unterscheidung würden andere Möglichkeiten deutlich mehr Sinn machen, vor allem eine soziale Staffelung des Klimabonus hätte einen wirklich umverteilenden Effekt. Sie würde gerade jene Gruppen, die am meisten unter den wirtschaftlichen Ungleichheiten unserer Gesellschaft leiden, unterstützen und gleichzeitig einen wirksamen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise leisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Klima- und Umweltpolitik ist immer eine soziale Frage. Statt einer Umweltpolitik mit dem erhobenen Zeigefinger brauchen wir wirksame soziale Maßnahmen, die die Bevölkerung mitnehmen und einbinden. Der aktuelle Klimabonus mit seinen regionalen Diskriminierungen tut das nicht, und deshalb werden wir diesem Gesetz auch nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
17.26
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zu Hause! Die ökosoziale Steuerreform ist neben vielen anderen Reformen sicher eines der ganz großen Erfolgsprojekte dieser Bundesregierung. Ich erinnere an die gestrigen Diskussionen zur Gesundheitsreform und zur Pflegereform. Die ökosoziale Steuerreform hat schon eine ganz große Wirkung.
Nehmen wir einmal das Wort ökosozial her und zerlegen wir es im Lichte dessen, was wir jetzt gerade diskutieren. Eine ökologische Maßnahme ist die Bepreisung von CO2: Wir werden also im nächsten Jahr 45 Euro pro Tonne verlangen. Da sind wir übrigens in guter Gesellschaft, denn diese Bepreisung gibt es bereits in vielen europäischen Ländern – mit unterschiedlichen Preishöhen. Unsere Nachbarländer Schweiz und Liechtenstein berechnen pro Tonne 125 Euro. Der ökologische Teil ist also die Bepreisung und der soziale Teil von ökosozial ist eben der Klimabonus.
Ich kann überhaupt nicht verstehen, lieber Herr Kollege Mario Lindner und liebe Kollegin Schmidt, dass Sie hier die soziale Komponente derartig kritisieren und runterreden. (Abg. Lindner: Na, wir brauchenʼs!) Sie sollten die Unterlagen des Budgetdienstes lesen! (Beifall des Abg. Lukas Hammer.) Der Budgetdienst des
Parlaments hat ausdrücklich festgehalten, dass der Klimabonus eine soziale Wirkung hat, eine soziale Entfaltung hat, und zwar genau auf jene Einkommensdezile, die im unteren Segment angesiedelt sind. Das ist eindeutig und wurde nachgerechnet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
So soll es auch sein, meinen Damen und Herren, denn wir schaffen die Klimawende nur, wenn sie sozial verträglich und auch ökonomisch vertretbar ist. Vor allem muss sie sozial verträglich sein. Dazu gehört im Sinne Österreichs ganz gewiss auch, dass wir regional differenzieren, denn wir wollen nicht nur Großstädte, sondern wir wollen pulsierende Regionen, wir wollen lebendige Dörfer, wir wollen Menschen, die dort wohnen können. Diese haben dort natürlich unter dem Aspekt einer CO2-Bepreisung höhere Aufwendungen, weil natürlich viele Einrichtungen – Spitäler, Krankenhäuser, Ärzte, Sportanlagen und dergleichen – in der Fläche nicht überall gleich vorhanden sind, sondern weitere Wege zu gehen, zu fahren sind. Das sind höhere Aufwendungen, und deswegen machen wir diese regionale Differenzierung auch als einen sozialen Ausgleich – und wir stehen dazu. Wir wollen diese Regionen stärken, und das soll sich in unserer Steuerreform, in der ökosozialen Steuerreform abbilden. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu den Klimaklebern, da wir jetzt schon beim Punkt sozial sind: Das, was die Klimakleber in Österreich aufführen, ist alles andere als sozial. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hörl: Warum klatscht du nicht! – Abg. Lukas Hammer: Magst du Polka tanzen mit mir, oder was?) Es ist im größten Ausmaße unsozial und asozial, nämlich derartig asozial, wenn die Menschen – völlig unbedarft –, die auf dem Weg zur Arbeit sind, die auf dem Weg zur Schule sind, bei denen vielleicht gerade ein Krankentransport ansteht, völlig mutwillig behindert werden. Es darf bei uns hier im Parlament und auch in der Bundesregierung überhaupt kein Verständnis dafür geben, dass das irgendwie kleingeredet wird.
Ich habe kein Verständnis – Frau Bundesministerin, das richtet sich auch an Ihre Adresse und an die Adresse von manchen hier im Haus (Abg. Lindner – in Richtung Grüne –: Der schimpft euch!) – dafür, dass manche hier Spalier stehen, wenn die Klimakleber auf der Straße picken. Das geht nicht, das ist eine unsoziale, asoziale Maßnahme, und die gehört mit aller Härte des Gesetzes bestraft. Es gibt auch kein Verständnis dafür, dass manche nicht nur Spalier stehen, sondern die Frau Justizminister eventuell sogar die Welle dazu macht und vielleicht das eine oder andere Verfahren beeinflusst. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Heftiger Widerspruch bei den Grünen.)
Das geht nicht, das geht so nicht. Das ist asozial, das ist unsozial, und das müssen wir mit aller Vehemenz bekämpfen, wenn wir glaubwürdige, sozial gerechte Klimapolitik machen wollen. Dafür haben wir die ökosoziale Steuerreform und dafür setzen wir auch diese Maßnahmen – so, wie es sich gebietet: hier im Parlament beschlossen und nicht von sich irgendwo auf die Straße Klebenden erzwungen. Ich bitte um diese gemeinsame Vorgangsweise. (Beifall bei der ÖVP.)
17.30
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte.
Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Also ich hätte es nicht besser sagen können, was die Klimakleber betrifft. – Danke, Herr Kollege, die Einleitung war hervorragend. (Beifall bei der ÖVP.) Eine Großstadt lahmzulegen, indem man sich auf der Straße festbetoniert, ist auch Schädigung des öffentlichen Eigentums. (Abg. Krainer: Es gibt auch Leute, die betonieren sich in Funktionen ein!)
Aber noch etwas: Sie (in Richtung SPÖ) kritisieren jetzt vor Weihnachten dieses Mammutprojekt. Herr Kollege Bernhard sagt, ein Steuernachlass wäre besser. Vielleicht hat er recht, sozialer aber wird wohl das sein, denn mit diesem
System erreicht man auch Menschen, die keine Steuern bezahlen. (Ruf bei der SPÖ: Es gibt niemanden, der keine Steuern zahlt!) Also wird das wohl sozialer sein; Kollege Gödl hat es Ihnen ja eben gesagt.
Frau Bundesminister, es ist ein Mammutprojekt, ich gratuliere Ihnen eigentlich zur Durchführung. (Abg. Krainer: Es gibt schon Leute, die keine Steuern zahlen!) 8,5 Millionen Menschen sind berechtigt, 7,5 Millionen Euro sind ausbezahlt und Abwicklungskosten von nur 0,64 Prozent in Relation zu den Transferzahlungen.
Es ist ganz klar – der Rechnungshof zeigt es ja auch auf –, dass wir natürlich schauen müssen, dass wir das Ganze noch etwas verbessern, und wir haben es verbessert, auch für die Wiener. Herr Matznetter ist heute nicht hier, aber ich kann mich erinnern, welchen Wirbel er geschlagen hat, weil zum Beispiel in Wien die Bewohner einer Straßenseite mehr Geld bekommen haben als jene auf der anderen Straßenseite. Jetzt bekommen auch die Flächenbezirke, die da heißen: Liesing, Donaustadt, Floridsdorf, Döbling, mehr.
Es ist eigentlich auch ganz logisch, dass man jetzt versucht, die Auszahlung noch mehr über Banküberweisungen laufen zu lassen, weil man dann auch die Daten verwenden kann und weil das natürlich auch viel billiger ist.
Ich wünsche Ihnen alles Gute, Frau Bundesminister. In diesem Zusammenhang kann ich Sie eigentlich nur loben. (Heiterkeit und Beifall sowie Oh-Rufe bei der ÖVP. – Bundesministerin Gewessler überkreuzt erheitert die Arme vor der Brust.) – Frohe Weihnachten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Lindner: Keine gute Rede!)
17.32
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte sehr.
17.32
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zum Klimabonusgesetz und den vorgeschlagenen Änderungen: Ich glaube, es ist insgesamt sehr sinnvoll und wertvoll, dass die Datenbasis verbessert wird, dass damit die Abwicklung verbessert wird. Man darf ja auch durchaus aus den Erfahrungen des ersten Jahres lernen.
Die Rechnungshofberichte kann man so und so sehen. Grundsätzlich attestiert der Rechnungshof eine gute Abwicklung, trotzdem heißt es, darüber nachzudenken, wie es weitergehen kann.
Zum Klimaschutz insgesamt muss man, glaube ich, festhalten: Unabhängig davon, auf welcher Seite man steht, letztlich werden wir die Bevölkerung dazu brauchen, ohne Bevölkerung wird es nicht gehen. Daher sind Maßnahmen so zu setzen, dass die Leute sie verstehen, dass sie mitgehen können. Die Blockierungen auf den Straßen beispielsweise helfen dem Verständnis für den Klimaschutz in der Breite nicht, damit erreicht man eher das Gegenteil.
Ich glaube, dass da und dort ein bisschen mehr Maß sinnvoll wäre. Und natürlich ist es auch wichtig, dass die Politik klar Flagge bekennt, wie man vernünftig vorgeht – jedenfalls nicht mit Demonstrationen. (Beifall bei der ÖVP.)
17.33
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Oje, da müssen wir uns auch noch einmal melden!)
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Klimabonus: Deutschland hat einen CO2-Preis, der im nächsten Jahr genauso hoch sein wird wie der CO2-Preis in Österreich. Was hat Deutschland nicht? – Eine Rückverteilung der Einnahmen.
Deutschland diskutiert das, sie nennen es Klimageld oder Bürger:innengeld – wir haben eine Rückverteilung der CO2-Einnahmen, und darum beneidet uns Deutschland! Warum hat Deutschland sie nicht? (Abg. Schmuckenschlager: Weil sie einen roten Kanzler haben!) An den Ausführungen des Kollegen Bernhard konnte man das erkennen: weil die Liberalen nicht dafür sind! Und Deutschland hat einen liberalen Finanzminister (Abg. Schmuckenschlager: Roter Kanzler!), deswegen gibt es in Deutschland keine Rückverteilung des CO2-Preises. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Kollege Gödl hat es ausgeführt, wir haben uns darauf verständigt: Wenn wir einen CO2-Preis einführen, der mit der Zeit ansteigt, dann wollen wir ihn rückverteilen, dann wollen wir das sozial gerecht machen, und deswegen wird der gesamte CO2-Preis als Sockel rückverteilt.
Und an die Adresse der SPÖ: Ich verstehe euch nicht, und ich glaube, ihr habt das System nicht verstanden. (Beifall bei den Grünen.) Es werden die gesamten Einnahmen rückverteilt, und der Regionalbonus ist zusätzliches Geld. Wenn ihr euch die Analyse des Budgetdienstes anschaut, dann werdet ihr sehen: Die untersten Einkommensschichten profitieren unterm Strich. (Abg. Schroll: Das war ja nicht die Kritik!) 60 Millionen Euro bleiben dem untersten Einkommenszehntel übrig. Sie bekommen wesentlich mehr über den Klimabonus, als sie CO2-Preis zahlen. Das ist sozial gerechte Klimapolitik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist ja einerseits auch eine Umverteilung von oben nach unten. Die Unternehmen – und das könnte man sozusagen von deren Seite auch kritisieren, sie tun es nicht; ich verstehe (in Richtung SPÖ) euch nicht, warum ihr das sozusagen nicht als positiv anseht (Ruf bei der SPÖ: Weil es ein Inflationstreiber ist!) – zahlen einen CO2-Preis, ausgezahlt wird der Klimabonus aber nur an Haushalte.
(In Richtung SPÖ:) Ihr wollt – und die FPÖ will das sowieso – den CO2-Preis streichen. Dann müsst ihr den Leuten auch sagen, was dann mit dem Klimabonus
passiert – der wird dann nämlich auch gestrichen. (Abg. Kassegger: Ja, richtig! Und wir ersparen uns, das Geld im Kreis herumzuschicken! Wir haben schon genug Umverteilung!)
Das heißt, 90 Prozent der untersten Einkommensbezieher bekommen dann keinen Klimabonus, die obersten 10 Prozent – das sind die Einzigen, die mehr CO2-Preis zahlen, weil sie einen höheren CO2-Fußabdruck haben – sind diejenigen, die sich dann freuen, wenn der CO2-Preis abgeschafft wird, aber das ist genau die Klientel, für die die FPÖ Politik macht. Bei der SPÖ wundert es mich, und es wundert mich auch, dass ihr mit Anträgen zur Abschaffung des CO2-Preises einfach schamlos sozusagen das letzte Mäntelchen an Klimaschutz abgestreift habt. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)
17.36
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Es ist jetzt eine Debatte wieder aufgeflammt, von der ich eigentlich dachte, sie wäre schon vorbei und wir wären durch mit dem Thema. Ich denke, Sie wissen – wir reden seit Jahren davon –: Einmischung in die unabhängige Justiz seitens der Politik hat keinen Platz! (Abg. Stögmüller: Das kennt die ÖVP nicht! Die tut das gerne, einmischen!) Und Nichteinmischung bedeutet, dass man Entscheidungen der Justiz stehen lässt, wie sie fallen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gödl: Wo ist der Weisungsbericht?)
Es gibt Behörden, die zuständig sind, Weisungen zu erteilen, und die wurden auch erteilt. Wenn man da eingreift, dann ist das Einmischung (Abg. Gödl: Wo ist der Weisungsbericht?), und das geht nicht mit uns! Das wird nicht gemacht, und
die Frau Justizministerin hat das auch nicht gemacht. Das kann ich so nicht stehen lassen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gödl: Wo ist der Weisungsbericht?)
Jetzt sage ich Ihnen: Sie haben eine sehr kompetente Justizsprecherin, mit der wir sehr gut daran arbeiten, die Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft umzusetzen – und genau diese Einwendungen zeigen, wie wichtig es ist, dass wir das jetzt endlich schaffen. Also hören Sie auf, den guten Vorschlag der Expertenkommission zu blockieren, richten wir die Bundesstaatsanwaltschaft ein, dann haben wir all diese Debatten ein für alle Mal abgestellt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2383 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Klimabonus für Asylwerber“.
Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
24. Punkt
Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3731/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško (2384 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 24. – noch nicht 24. Dezember, aber 24. Punkt der heutigen Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Herr Abgeordneter Martin Litschauer, Sie haben als Erster das Wort. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Vor wenigen Tagen wurde der World Nuclear Industry Status Report für 2023 vorgestellt, und der war höchst interessant. 2022 ist die Atomstromproduktion in einem Ausmaß wie noch nie seit Fukushima zurückgegangen. Die Atomindustrie ist international auf einem Rückzugsgefecht, weil alles zusammenbricht, was sie sich aufzubauen versucht haben. Die Märchen werden immer mehr als solche erkennbar.
In England bei Hinkley Point C, das wir lange bekämpft haben, ist jetzt bekannt geworden: Der Investor aus China zahlt nicht mehr mit und zieht plötzlich seine Beteiligung am Projekt zurück. Das war übrigens früher ein Vorzeigeprojekt Frankreichs, die bleiben jetzt auf dem Ding sitzen.
Trotzdem werden dann beim Klimagipfel Märchen verbreitet wie: Wir verdoppeln die Kraftwerksleistung für AKWs um das Dreifache! – Das sind lauter Märchen, die sich nicht bewahrheiten, im Gegenteil: Der Atomstromanteil sinkt und sinkt jedes Jahr, im Jahr 2022 betrug er nur mehr 9,2 Prozent.
Trotzdem werden immer wieder neue Projekte, wie zum Beispiel in Krško, versprochen. Deswegen war es mir auch wichtig, das hier mit einem gemeinsamen Antrag – danke jetzt schon für die Unterstützung! – zu thematisieren. Da wird ein neuer Reaktorblock versprochen, obwohl uns schon jetzt klar ist, dass der nicht wirtschaftlich sein kann. Es handelt sich um einen weiteren Reaktorblock, der in einer Erdbebenzone geplant wird, obwohl wir wissen, dass es dort jetzt schon einen gibt – das ist höchst risikoreich für Österreich, das stellt für ganz Mitteleuropa eine extreme Gefährdung dar. Es ist also klar, warum wir gemeinsam ganz entschieden dagegen auftreten. Dort herrscht extreme Erdbebengefahr.
Es handelt sich um einen Reaktor, bei dem vor Kurzem eine UVP vorgenommen wurde, der vor Kurzem überprüft wurde. Das ist nur wenige Monate her. Und was ist im Herbst passiert? – Wir stellen fest, dieser Reaktor hat ein Loch! Kurz nach einer Überprüfung wird bekannt, dass der Reaktor ein Loch hat! Da stellt man sich die Frage, was denn da überhaupt überprüft wurde. Wie sicher können wir überhaupt noch sein, wenn wir von Überprüfungen sprechen, wenn der Reaktor wenige Zeit danach ein Loch aufweist, sodass er komplett geräumt werden muss, alle Brennstäbe herausgenommen werden und er komplett repariert werden muss?
Man kann dieser Technik nicht vertrauen. Unsere Forderung schon vor der UVP, diesen alten Reaktorblock abzudrehen, wäre die richtige Entscheidung für die Sicherheit von Österreich und von ganz Mitteleuropa gewesen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir hätten uns diese ganzen Überprüfungen ersparen können und hätten die Energiewende sofort mit Erneuerbaren angehen können. Das ist nämlich genau das Problem, das wir mit den alten Reaktoren und der Atomlobby haben: Sie halten die Energiewende auf, sie halten den Ausbau der Erneuerbaren auf. Das hat man auch bei der Klimakonferenz wieder gesehen.
Kohlekraftwerke werden mit einem Versprechen am Leben gehalten, das nicht eingelöst werden kann. Deswegen ist es mir ganz, ganz wichtig, dass wir hier in Österreich ganz entschieden gegen solche Projekte auftreten. Ich danke jetzt schon für die Unterstützung von allen Fraktionen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.43
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.
Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Stilllegung und der konsequente Ausbaustopp des AKW Krško sind Konsens im Nationalrat, und das ist auch gut so.
Störanfällige AKWs wie jenes in Krško, noch dazu in einem erdbebenanfälligen Gebiet und, wie erst vor Kurzem festgestellt, mit einem Loch im Reaktorbehälter, müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Da hat aber auch die EU klar zu entscheiden und zu handeln – ich sage das deutlich –, auch im Hinblick auf mögliche Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur.
Meine Damen und Herren, eine Klimakonferenz mit Austragungsort Dubai mit knapp 100 000 Teilnehmern schafft nicht gerade Vertrauen in unserer Bevölkerung. Die Interessen der milliardenschweren Öllobby werden geradezu exemplarisch präsentiert. Das Ende des Zeitalters fossiler Brennstoffe wird weitgehend beschworen, zum hundertsten Mal beschworen, allerdings ohne konsequente globale Strategie und verbindliche Nachhaltigkeit.
Daher ist es umso wichtiger, die Hausaufgaben für die Zukunft im eigenen Land zu machen, Stichwort Transformation der Industrie. Nur mit einer nachhaltigen Transformationsstrategie und einem zielgerichteten Investitionsplan in unseren Wirtschaftsstandort werden wir den nationalen Klimaschutzweg erreichen
können, wenn auch das österreichische Klimaschutzgesetz in Ihrer Amtszeit, Frau Minister, nicht mehr kommen wird. Es bleibt eine politische Narbe, eine Narbe auf alle Zeiten, die in der Grünen Partei nicht mehr zu heilen sein wird. Bedanken Sie sich dafür bei Ihrem Koalitionspartner, der ÖVP!
Beim Megathema Transformation müssen wir sowohl die Unternehmer als auch die Beschäftigten mitnehmen und begleiten. Der Mammutprozess Dekarbonisierung funktioniert weder auf Knopfdruck noch mit salbungsvollen Worten, aber auch nicht mit Untergangsrhetorik. Der Ausstieg aus fossilen Energieformen wartet auf uns. Die Uhr tickt bereits, daher muss er erklärt und nicht verklärt werden.
Wenn der Steuerzahler die Transformationen am Industriestandort Österreich begleichen soll, muss der Schutz der Arbeitsplätze genauso gewährleistet sein wie die Einbindung der Arbeitnehmer:innen über permanente Informationen an den Betriebsrat im laufenden Prozess.
Abschließend, meine Damen und Herren: Förderung mit Helikoptergeld, wie zu Covid-Zeiten von der Regierung ausgeschüttet – ich meine da auch insbesondere den Klimabonus –, lässt uns die Transformation der Industrie nicht erreichen. (Abg. Schnabel: Das war kein Helikoptergeld!) Es wäre nur neues Geld, das mitten in der Klimaerhitzung verbrannt wird. – Vielen Dank und frohes Fest! (Beifall bei der SPÖ.)
17.46
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte.
Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Als Südsteirer darf ich zum Thema Krško Stellung nehmen. Ich bin sehr, sehr, sehr froh über diesen Allparteienantrag und über diesen kommenden Allparteienbeschluss, mit dem wir uns eindeutig gegen den
Ausbau von Krško aussprechen und weiterhin die Forderung aufrechterhalten, dass dieses Kraftwerk stillgelegt wird.
Ich habe es an dieser Stelle, oder damals noch am Rednerpult im Ausweichquartier, gesagt: Am 29. Dezember 2020, also zur Weihnachtszeit, die jetzt bald wieder kommt, bin ich im Büro gesessen und die Erde hat gebebt. Wir haben das in der Südsteiermark gespürt, die Lampe hat gewackelt. Man hat festgestellt, dass ein Erdbeben in der Nähe von Zagreb mit schweren Schäden und Todesfällen stattgefunden hat – Richterskala 6,7. Genau in diesem Gebiet steht das Atomkraftwerk Krško.
Es gibt viele Versprechungen der Atomindustrie, wie sicher die Herstellung von Strom in Atomkraftwerken ist. Diese Sicherheit kann aber eben nicht zu 100 Prozent gegeben werden, maximal zu 99,9 Prozent, denn sonst würde es nicht Fukushima geben, hätte es nicht Tschernobyl gegeben, hätte es nicht Unfälle in Amerika und auch in England gegeben. Dieses Restrisiko ist einfach zu hoch, um dementsprechend von einer sicheren Stromproduktion sprechen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Geschätzte Damen und Herren, die Boku Wien hat eine Studie gemacht, was passieren würde, wenn in Krško ein Super-GAU passieren würde. Ich zeige Ihnen hier ganz kurz eine Karte von Mitteleuropa (eine Landkarte Mitteleuropas mit verschiedenfarbigen Zonen in die Höhe haltend), die sehr groß mit einer roten Fläche übersät ist. Wenn das eintreten würde, könnte ich nicht mehr in einer prosperierenden Region in der Südsteiermark leben, man könnte nicht mehr in Kärnten, im Süden Österreichs, leben. Wir würden nicht über Sauvignon Blanc, über Welschriesling, über Kernöl oder auch über guten burgenländischen Wein sprechen, sondern wir hätten nur die Diskussion über Kaliumiodidtabletten. Diese Diskussion aber möchte ich nie in meinem Leben führen, und ich möchte auch nicht, dass sie meine Kinder jemals führen müssen. Deswegen bin ich so vehement dagegen, dass dieses Kraftwerk weiter besteht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Kollege Litschauer hat schon sehr informativ ausgeführt, was die Atomlobby generell macht und wie sich die Atomstromproduktion entwickelt. Ich glaube, die Energiewende hin zu Erneuerbaren ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Markt auch dieses Problem lösen wird. Atomstrom – da sind noch gar nicht die ganzen Lifecyclekosten eingerechnet – wird bei der jetzigen Lage ungefähr bei 23 Cent in den Herstellkosten liegen. Erneuerbare Energien, ob es jetzt Wind oder Fotovoltaik ist, ob es Biomasse ist, haben durch die Skalierung, durch weitere Forschung, durch weitere Effizienzsteigerung das Potenzial, wesentlich günstiger zu sein. Deswegen wird da auch – und das ist ein sehr liberaler Ansatz – der Markt dementsprechend wirken, und die Atomstromproduktion wird auch aus wirtschaftlicher Sicht hoffentlich bald vom Kontinent verschwinden.
Was sollen wir in Richtung Slowenien tun? – Frau Minister, ich bitte Sie, auf allen Ebenen – bilateral, auf europäischer Ebene – einzuwirken – auch unser Herr Landeshauptmann Christopher Drexler macht das sehr vehement –, damit dieses Kraftwerk in der Nähe unserer Staatsgrenze verschwindet. Wir müssen den Nachbarstaat aber auch dabei unterstützen, in die erneuerbaren Energien zu gehen. Slowenien hat zum Beispiel noch keine Wasserstoffstrategie. Wir brauchen Slowenien als Partnerland für die SOL, also für die zu errichtende Wasserstoffpipeline, mit der wir über die Adriahäfen Importe von gasförmigen Erneuerbaren durchführen können.
Slowenien hat vor, die Solarstromproduktion von 370 Megawatt auf 1 650 Megawatt zu steigern. Auch da gäbe es die Möglichkeit, unserem Nachbarland mit viel, viel Innovationskraft unterstützend zu helfen.
In diesem Sinne danke ich allen Parteien für diesen Beschluss, er ist für uns in der Südsteiermark sehr, sehr wichtig. Setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass wir eine atomstromfreie Umgebung um Österreich bekommen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.51
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ebenfalls Kollegen Litschauer dankbar für das Engagement und den Vorschlag, einen gemeinsamen Antrag einzubringen.
Meine Vorredner haben schon sehr viel gesagt. Ich möchte auf zwei Punkte noch kurz eingehen. Warum ist Atomkraftwerk nicht gleich Atomkraftwerk? Wir als Österreicher und Österreicherinnen haben natürlich eine sehr klare Haltung zur Atomenergie. Es ist aber so, dass wir auch respektieren, dass andere Staaten andere Entscheidungen treffen. Es wird aber dann sehr schwierig, wenn diese Staaten Entscheidungen treffen, die unsere Bevölkerung betreffen können, und genau das ist in Krško der Fall.
Wir haben die Situation, dass dieses Atomkraftwerk 260 Kilometer südlich von Wien in einer Region, die sehr aktiv ist, was Erdbeben betrifft, steht. Das letzte Erdbeben, das es in dieser Region mit der Stärke 6,4 gegeben hat, war am 29. Dezember 2020. Das ist also noch nicht so lange her. Bereits im Jahr 2004 hat unser Umweltbundesamt ein Gutachten herausgegeben, in dem man festgestellt hat, dass die Technik und die Bauweise, mit der das geplant und gebaut worden ist, nicht für das tatsächliche Erdbebenrisiko, das es in dieser Region gibt, ausgelegt sind.
Es geht also nicht um die Frage, ob man für oder gegen Atomkraft an sich ist – da gibt es im österreichischen Nationalrat eine sehr klare Haltung –, sondern es geht um die Frage, ob unsichere Technik an unseren Staatsgrenzen im Einsatz bleiben kann.
Da sind wir als NEOS sehr klar: Das wollen wir keinesfalls. Daher gibt es von unserer Seite auch volle Unterstützung für diesen Antrag und auch die Bitte an
Sie, Frau Ministerin, dass Sie da nach allen Regeln der Kunst auftreten und nach Lösungen suchen, sodass nicht ein neuer Reaktor dazugebaut, sondern ein alter abgeschaltet wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)
17.53
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Österreich selbst steht kein Atomkraftwerk, aber viele Nachbarländer betreiben AKWs. In Mochovce beispielsweise werden gerade zwei Blöcke gebaut.
Wir sprechen heute konkret über das Kraftwerk in Krško in Slowenien, die Kollegen haben es schon angesprochen. Warum ist es so kritisch, dass dieses AKW in Betrieb ist? – Mittlerweile dauert der Betrieb von Krško 40 Jahre an. Bedauerlicherweise ist eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung vor Kurzem erfolgt.
Wir haben uns immer wieder für eine Stilllegung dieses Atomkraftwerkes ausgesprochen, leider bis dato erfolglos. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt diesen einhelligen Appell vehement vorbringen. Es ist auch kritisch – das wurde bereits angesprochen –, weil dieses Atomkraftwerk auf einer Erdbebenlinie liegt. Selbst bei sehr schwachen Erdbeben und Erdbewegungen macht sich die Bevölkerung berechtigterweise Sorgen, dass schlimmere Auswirkungen die Folge sein könnten.
Krško liegt 120 Kilometer südlich von Graz und lediglich 70 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt in Slowenien. Ich komme selbst aus Graz-Umgebung und kriege natürlich die berechtigten Sorgen der Bevölkerung mit,
und ich glaube, es ist als Signal ganz, ganz wichtig, dass wir, alle Fraktionen, diese Forderung auf den Tisch legen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zusammenfassend konkret: Wir fordern einhellig die Stilllegung des AKW in Krško und den Ausbaustopp des zweiten Blocks. Es muss stillgelegt werden. Die Bevölkerung hat sich wirklich verdient, da Sicherheit zu bekommen, und es ist unsere Aufgabe, die Situation zu bereinigen und diese Sorgen auch in diesem Antrag aufzugreifen, was passiert ist.
Der Appell richtet sich vor allem an Sie, Frau Bundesministerin, zuständig für Klimaschutz, und an den Außenminister. Wir appellieren, alle Mittel, die Ihnen zur Verfügung stehen, einzusetzen: politisch, rechtlich, diplomatisch. Das ist so wichtig, dass es auch von uns allen als eindeutiges aufforderndes Signal an die EU mitgetragen wird. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
17.55
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Berlakovich. – Bitte.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Klimakonferenz in Dubai ist mit einem Signal zu Ende gegangen, dass es einen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern geben soll. Das ist positiv, das ist wichtig. Vielen geht es natürlich zu langsam, aber natürlich haben die Staaten der Welt jetzt die Notwendigkeit, Energie zu erzeugen und Energie zu sichern. Da tut sich eben ein Wermutstropfen auf, denn natürlich sind die erneuerbaren Energien ein wichtiger Punkt, aber auch die Atomkraft ist einer. NGOs sprechen von einem Sieg der Atomlobby, weil jetzt viele Staaten sagen: Wir investieren verstärkt in die Atomkraft!
Wie sieht es denn weltweit überhaupt mit AKWs aus? – Der World Nuclear Report mit Stand von jetzt, Dezember des heurigen Jahres, sagt, es sind weltweit 212 Atomkraftwerke stillgelegt, 412 Atomkraftwerke sind aber in Betrieb, 61 sind in Bau, und immerhin bei 92 wurde der Bau abgebrochen. Das durchschnittliche Alter eines AKWs weltweit ist um die 32 Jahre.
Wie sieht die Situation in Europa aus, gerade angesichts des Energiebedarfs? – Polen, das niemals Atomkraft hatte, überlegt ernsthaft, in die Nutzung der Atomenergie einzusteigen. Man überlegt, sechs konventionelle Reaktorblöcke und unter Umständen auch einen Schwarm von Mini-AKWs zu bauen. Ungarn, Bulgarien, Slowenien planen neue Meiler, Rumänien prüft den Bau von Miniatomkraftwerken, und Schweden hat die Absicht, irgendwann zu bauen. Die Slowakei und Finnland haben konkrete Projekte, AKWs zu errichten. Man sieht, in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gibt es sehr viele Überlegungen, Atomkraftwerke zu errichten.
Die Situation in Frankreich ist natürlich eine ganz besondere. Mehr als 50 Reaktorblöcke decken dort 70 Prozent des Strombedarfs – das ist ein internationaler Spitzenwert –, und die Anlagen sind rund 38 Jahre alt. Die Hälfte davon ist heuer aufgrund von Wartungsarbeiten und Pannen stillgestanden.
Das heißt, weltweit geht zwar der Verbrauch von Atomstrom zurück, aber der Bau von vielen neuen AKWs ist geplant. Da ist China mit einem Großteil an der Spitze.
Wichtig ist aber, zu sehen, dass die Kosten von derartigen Atomkraftwerken gigantisch sind. Aktuelle Beispiele: Flamanville in Frankreich war mit 3 Milliarden Euro geplant, kostet mittlerweile 13 Milliarden Euro, das finnische Atomkraftwerk war ebenfalls mit 3 Milliarden Euro geplant, kostet jetzt 11 Milliarden Euro, und Hinkley Point, über das wir immer wieder diskutiert haben, war mit rund 21 Milliarden Euro veranschlagt, kostet mittlerweile 38 Milliarden Euro – unfassbar!
Ich darf daher abschließend sagen: Wir als Österreich müssen dagegen kämpfen.
Unser – wenn ich das so sagen darf – langjähriger Sektionschef im Umweltministerium Günter Liebel ist vor Kurzem in Pension gegangen. Viele von Ihnen kennen ihn. Er ist ein echter Experte, auch europaweit. Er hat vor Kurzem Abschied gefeiert und dabei erwähnt, dass in der Zeit, als ich Umweltminister sein durfte, Fukushima leider passiert ist und wir, Österreich, dann Stresstests für Atomkraftwerke eingefordert haben. Wenn es Atomkraftwerke schon gibt – wir sind ja nicht dafür –, sollen sie überprüft werden und soll ihr Sicherheitsstand dargestellt werden. Da hat sich gezeigt, dass viele europäische Atomkraftwerke eben nicht den Sicherheitsstandard haben, der notwendig wäre.
Das heißt, man kann schon etwas tun. Österreich kämpft dagegen an, auch die Bundesministerin, und wir werden das auch weiterhin tun. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.59
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Weidinger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Aus aktuellem Anlass darf ich Sie, Frau Bundesministerin, ersuchen, sich bitte auch die Verkehrssituation am Plöckenpass im Bezirk Hermagor anzuschauen. Aufgrund eines Hangrutsches auf der italienischen Seite ist es momentan nicht möglich, diesen Pass zu befahren. Für Hermagor, das Gailtal und für ganz Kärnten ist es aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht unabdingbar und notwendig, dass es dort wieder eine nachhaltige Verkehrslösung gibt. Daher ersuche ich Sie, im Rahmen Ihres regelmäßigen Austausches mit dem italienischen Verkehrsminister auch dieses Thema anzusprechen und bei Bedarf auch eine österreichische Unterstützung für eine Lösung in Aussicht zu stellen.
Zum AKW in Krško: Die österreichische Position ist glasklar. Wir streben eine Energiewirtschaft ohne den Einsatz von Atomstrom an. Wir vertreten die Auffassung, dass die 10 Milliarden Euro, die eine Erweiterung des Atomkraftwerkes kosten würde, besser aufgehoben wären, wenn wir die alternativen Energien ausbauen würden. Dazu hat der Energielandesrat von Kärnten, Landesrat Sebastian Schuschnig, vorgeschlagen, eine Energieallianz von Kärnten und Slowenien einzugehen, um den Ausbau von erneuerbaren Energien zu forcieren.
Energie europäisch zu denken ist das Gebot der Stunde. Inhaltlich braucht es einen Austausch zwischen Österreich und Slowenien zu den Themen gemeinsamer Netzausbau, Wasserstoff, Nutzung von Geothermie, Windkraft, PV und Speicheranlagen.
Mein Vorschlag zum gemeinsamen Anliegen, das von allen fünf Parteien mitgetragen wird – und zu dem die FPÖ sich heute hier leider nicht zu Wort gemeldet hat –, besteht darin, ein gemeinsames Arbeitsgespräch mit Ihnen, mit Vertretern der slowenischen Regierung und mit den Landesregierungen der Steiermark und von Kärnten zu führen, um auszuloten, wie ein gemeinsamer Energiewirtschaftsplan grenzüberschreitend ohne Atomstrom erstellt werden kann.
Strom aus der Steckdose hat kein Mascherl, aber wir haben die Verantwortung, dass er nachhaltig produziert wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2384 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (356/E)
Bericht des Geschäftsordnungsausschusses gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder (COFAG-Untersuchungsausschuss) (6/US / 2403 d.B)
Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 25. Punkt der Tagesordnung.
Gemäß § 33 Abs. 9 der Geschäftsordnung stelle ich ausdrücklich die Einsetzung des gegenständlichen Untersuchungsausschusses in der Fassung des Ausschussberichtes 2403 der Beilagen mit Freitag, 15. Dezember 2023, 18.04 Uhr, fest.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster ist Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich hoffe, dass die aufkeimende vorweihnachtliche Stimmung durch dieses Thema nicht nachhaltig irritiert wird.
Ich will Ihnen nicht verhehlen – und es wird wahrscheinlich anderen Kolleginnen und Kollegen hier herinnen auch so gegangen sein –, dass die Rückreise in den Wahlkreis nach Beschluss der Untersuchungsausschüsse im November von einigen Fragen begleitet war und man immer wieder gehört hat, dass die Reaktionen der Menschen draußen, außerhalb unserer Kreise, doch eher verhalten waren, um es einmal freundlich auszudrücken. Die Menschen fragen, ob es notwendig sei.
Äußerungen wie: Nicht schon wieder!, oder: Interessiert das noch irgendwen?, sind ständig gefallen. (Abg. Scherak: Du hast ja noch so super ...!) Auf die Nachfrage, meine Damen und Herren, warum denn das so sei (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Stögmüller), fiel immer wieder: Streit in der Politik, Zank, ein überschaubares Niveau in der Politik, das für das Leben der Menschen draußen nicht beispielgebend ist.
Das ist das Resümee und das Resultat von zwei Untersuchungsausschüssen, und das haben wir in dieser Form, meine Damen und Herren, bis zu einem gewissen Grad alle miteinander zu verantworten, denn das sicherste Resultat der Untersuchungsausschüsse, die wir hatten, ist ein Gesamtschaden für die gesamte Politik. (Abg. Belakowitsch: Also untersuchen wir ...!) Wer immer also geglaubt hat, er könne an dieser Stelle etwas gewinnen, hat auch mit verloren, weil wir alle im gleichen Boot sitzen (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und es nie gut ist, wenn einer das Boot, in dem alle sitzen, anbohrt und versenken möchte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe, meine Damen und Herren, aber selbstverständlich dagegengehalten, dass es das Recht des Parlaments ist, die Verwaltung zu prüfen, und dass es dieses nicht nur in Form von Anfragen, sondern eben auch in Form von Untersuchungsausschüssen ausübt, von denen wir zwei eingesetzt haben, weil wir der Meinung sind, dass auch wirklich alles geprüft werden muss, wenn man sich dazu entschließt. Es ist dies sicher eines der schärfsten Instrumente, die das Parlament hat.
Das Parlament hat selbstverständlich ein Recht darauf, die Ausgliederung der Cofag und ihre Abwicklung zu überprüfen. Persönlich, meine Damen und Herren, bin ich aufgrund der Regeln, die für die Cofag und ihre Auszahlungen gegolten haben, der Ansicht, dass alle gleich behandelt worden sind. Die Finanzbehörden waren ebenso involviert. Auf Basis dieser Regeln, die es gegeben hat, und angesichts striktester Prüfungen durch die Finanzbehörden sehe ich überhaupt keinen Grund zu der Annahme, dass irgendwelche Fehler passiert sein können.
Alle, die angesucht haben, mussten vorher bereits Steuern gezahlt haben. Wenn sie wenig Umsatz hatten, hatten sie wenig Verlust und haben wenig Verlustersatz bekommen; wenn sie viel Umsatz gehabt haben, haben sie viel Steuern bezahlt und haben viel Umsatzverlust ersetzt bekommen. Insofern, meine Damen und Herren, sind alle gleich behandelt worden.
Sollten wir im Zuge eines Untersuchungsausschusses draufkommen, dass das nicht der Fall gewesen ist, meine Damen und Herren, dann werden wir natürlich danach handeln müssen, dann werden wir auch das mit überprüfen und Handlungsanleitungen für später erstellen.
Diese Untersuchungsausschüsse, die jetzt kommen, sind aber auch eine Nagelprobe für uns als Politik insgesamt. Sie sind die Nagelprobe, ob parteipolitischer Narzissmus oder der Blick auf das Ganze gewinnt, ob verbale Rempeleien oder Respekt und ein guter Ton im Umgang miteinander das sind, was wir zusammenbringen, ob das Interesse Einzelner an Destruktivität die Konstruktivität überwiegt.
Nur wenn wir dort in konstruktiver, respektvoller Art miteinander umgehen, meine Damen und Herren, wird es eine Möglichkeit geben, die Reputation der Politik, die als Ganzes angeschlagen ist, auch insgesamt wieder herzustellen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin guter Dinge und kann für uns sagen, dass wir sicher unseren Teil dazu beitragen wollen.
In diesem Sinne der Verbindlichkeit darf ich Ihnen jetzt von dieser Stelle, weil es meine letzte Rede in diesem Jahr ist, gesegnete Weihnachten wünschen, in welcher Form auch immer Sie sie feiern. Ich wünsche Ihnen allen und Ihren Lieben ein gutes neues Jahr, Glück und Gesundheit! Abschließend meine ich, dass wir als Politik 2024 den Blick wieder nach vorne richten sollten, denn Politik, meine Damen und Herren, ist nicht Bejammern der Vergangenheit, sondern Planen der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)
18.08
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, der Blick muss in der Politik immer nach vorne gerichtet sein, aber es hilft manchmal, den Blick nach hinten zu werfen, um zu schauen, ob Fehler passiert sind und was man aus diesen Fehlern lernen kann und muss.
Wenn wir uns die Cofag ansehen: Diese wurde ja als Blackbox eingerichtet, über die das Parlament keinerlei Kontrollrechte hatte, bei der die Regierungsparteien die Kontrolle verhindert haben, und wir wissen ja, dass der Rechnungshof, Wissenschaftler, wissenschaftliche Forschungsinstitute eigentlich alle dasselbe gesagt haben, nämlich dass es da zu strukturellen Überförderungen gekommen ist, dass manche einfach zu viel Geld bekommen haben.
Wir sind uns sicher alle einig, dass Wirtschaftshilfen notwendig waren, aber doch nur, um Arbeitsplätze zu retten, doch nur, um Verluste zu minimieren, und nicht, um Gewinne zu finanzieren – geschweige denn Übergewinne oder Rekordgewinne! (Beifall bei der SPÖ.)
Das, was wir aus Firmenbüchern und aus anderen Recherchen wissen, ist, dass es viele Unternehmen gegeben hat, die Rekordgewinne gemacht haben, und das aufgrund der staatlichen Hilfen, die über die Blackbox Cofag abgelaufen sind. Wir durften dort ewig nicht hinsehen. Erst durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vor wenigen Wochen darf das Parlament dort hinsehen, und natürlich nützen wir diese Gelegenheit.
Ja, es ist wenig Zeit für diesen Untersuchungsausschuss, deswegen wird er sehr kurz sein und deswegen können wir uns auch nicht die gesamte Cofag anschauen – das wollen wir auch gar nicht. Wir interessieren uns ja nicht dafür, welche Wirtschaftshilfen das Kaffeehaus ums Eck oder der Buchhändler
bekommen hat, sondern wir wollen uns die ganz Großen – ganz wenige, aber ganz Große – ansehen, und auch da ist die Erwartungshaltung, dass die meisten total korrekt behandelt wurden und auch ganz korrekt behandelt werden wollten, aber es gibt natürlich sehr, sehr dringende Hinweise darauf, dass manche in dieser Republik gleicher behandelt wurden als andere: Stichwort Benko, Stichwort Wolf.
Natürlich müssen wir uns das ansehen, weil es doch nicht sein kann, dass es Einzelne gibt, die sich goldene Nasen verdienen, indem sie zum Beispiel auch mithilfe der Politik bei Kika/Leiner Geschäfte machen und selber Hunderte Millionen Euro verdienen, während zugleich Tausende Menschen ihren Job verlieren und wir als Menschen, die in Österreich leben, zig Millionen an Steuereinnahmen verlieren.
Das ist aber das Ergebnis von Kika/Leiner gewesen, und da gibt es nur zwei Varianten: Entweder es war nicht rechtens, was da passiert ist – dann müssen wir uns das Geld zurückholen –, oder es war alles rechtens – dann stimmt ja etwas an unseren Gesetzen nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist das In-die-Zukunft-Sehen: Lernen, und wenn unsere Gesetze nicht passen, dann müssen wir eben unsere Gesetze verbessern.
Wenn es heißt, man weiß, dass alles korrekt zugegangen ist, dann muss man sagen, wir wissen, gerade was die Cofag betrifft, dass das Gegenteil der Fall war. Die Europäische Kommission hat ja festgestellt, dass bis zu 1 Milliarde Euro von der Cofag gesetzwidrig ausbezahlt wurde. Die Mitglieder der Geschäftsführung der Cofag waren vor wenigen Tagen im Finanzausschuss und haben dort gesagt, dass sie selber von 400 Millionen Euro wissen, die gesetzwidrig ausbezahlt wurden, die sie zurückholen wollen und müssen, aber sie können es nicht.
Wieso können sie es nicht? – Weil die Regierungsparteien ÖVP und Grüne ihnen nicht die notwendige Verordnung geben, damit sie 400 Millionen Euro zurückholen können, die gesetzwidrig ausbezahlt wurden. Natürlich muss man
sich ansehen, wieso die ÖVP und die Grünen das verhindern. Das sind für jeden Haushalt 100 Euro! Sie feiern sich für 100 Euro Klimabonus pro Haushalt und lassen 100 Euro liegen, die gesetzwidrig von der Cofag ausbezahlt wurden. Das geht nicht, und natürlich ist es richtig und notwendig, sich das anzusehen! (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Schluss kommend: Ja, es hat konstruktive Gespräche gegeben. Das ist einmal ein Fortschritt im Vergleich zu dem, was wir sonst erlebt haben – nicht von der grünen Seite, denn die Grünen haben sich im Untersuchungsausschuss immer konstruktiv verhalten. Es ist sehr erfreulich, dass auch die ÖVP wieder zu einem konstruktiven Weg kommt. Ich muss aber dazusagen: Das erste Foul gab es gleich gestern wieder. (Abg. Hanger: Er kann es nicht lassen!)
Beim grundsätzlichen Beweisbeschluss wird festgelegt, welche Stellen – welche Ämter, welche Behörden, welche Firmen – liefern müssen. Wir – da war die Opposition sogar geschlossen dafür – haben gesagt, welche Firmen wir gerne hätten, und auf Betreiben der ÖVP sind da einige rausgeflogen: Die Öbag soll nicht liefern, die BIG soll nicht liefern (Abg. Hanger: Er kann es nicht lassen, diese unsachliche Argumentation!) und die ARE soll nicht liefern, und das ohne Begründung – ohne Begründung! (Abg. Hanger: Wir brauchen eine Rechtsgrundlage ...!)
Besonders absurd ist ehrlich gesagt, dass ihr auch die Abbag rausgestrichen habt – die Abbag ist die Muttergesellschaft der Cofag. Und wisst ihr, wieso das besonders absurd ist? – Weil im Erkenntnis zur Cofag – im selben Erkenntnis, in dem man sagt, dass das staatliche Verwaltung ist und es deswegen dem Untersuchungsausschussrecht unterliegt – auch die Abbag als staatliche Verwaltung anerkannt worden ist, aber ihr habt sie gestern rausgestrichen.
Das sind Fouls – das sind Fouls! –, nicht an der SPÖ, sondern das sind Fouls an der Demokratie und an der Aufklärung, und diese Fouls werden wir uns – bei
allem konstruktiven Verhalten unsererseits – nicht gefallen lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
18.15
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, ich würde hier auch lieber über etwas anderes diskutieren als über einen Untersuchungsausschuss – einen Untersuchungsausschuss, der einfach nur durch Ihr Verhalten initiiert wurde, meine sehr geehrten Kollegen von der ÖVP. Wenn Sie ordentlich wirtschaften würden und wenn Sie nicht immer nur auf Ihren eigenen Säckel schauen würden, dann würden wir uns das alles ersparen.
Das heißt also, dies ist ein Untersuchungsausschuss, von dem Kollege Fürlinger vorhin noch gesagt hat, dass er offensichtlich in der Gesellschaft nicht gut ankommt. Das muss er, glaube ich, ein bisschen korrigieren: Er kommt wahrscheinlich bei der ÖVP nicht gut an, weil diese Aufklärungsarbeit, die wir hier leisten, Sie in den Umfragen genau dorthin führt, wo Sie jetzt sind. Das wissen Sie, und genau deswegen kommt er bei Ihnen nicht gut an.
Dieser neue Untersuchungsausschuss ist natürlich die Konsequenz aus dem letzten Untersuchungsausschuss. Wir haben bereits beim letzten Mal vorgehabt, uns die Cofag genauer anzuschauen. Warum? – Weil die Cofag natürlich ein Instrument der ÖVP gewesen ist – eines von vielen –, mit dem man den schwarzen Machtmissbrauch umgesetzt hat, mit dem man natürlich auch im Sinne des tiefen Staates agiert hat und mit dem man den eigenen Personen entsprechend Vorteile verschafft hat. Genau diese Geld- und Machtmaximierungen, die Sie von der ÖVP jeden Tag zur Schau tragen, gehören natürlich aufgearbeitet und vor allem sichtbar gemacht. Es gibt eine ganze Reihe von Beispielen.
Wissen Sie, das verstehe ich an der ÖVP nicht: Man kann eh nicht mehr machen, als ständig auf irgendeiner Anklagebank zu sitzen, aber ich verstehe nicht, dass Sie bis heute nicht auf die Idee gekommen sind, einmal die Wähler und die Steuerzahler für Ihr Verhalten um Entschuldigung zu bitten, sondern so weitermachen, wie Sie es tun. – Das ist ja der eigentliche Skandal und daran zeigt sich auch die Notwendigkeit, warum wir schon wieder vor dieser Situation stehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn ich hier in den Reihen der ÖVP schon wieder sehe, wie die Köpfe geschüttelt werden, dann nenne ich Ihnen ein paar Namen:
Sebastian Kurz: Na, schauen wir uns an (Abg. Hanger: Genau! Schauen wir es uns an! Genau! Genau!), was bei diesem Prozess jetzt herauskommen wird! Das werden wir uns anschauen. Sie werden es schaffen, dass Ihr ehemaliger Säulenheiliger jedenfalls relativ bald mit einer Verurteilung umgehen muss (Abg. Hanger: Bist du das Gericht jetzt?), und Sie werden auch sehen, dass er dann im nachfolgenden Verfahren – gerade zum Beinschab-Tool – unbedingt verurteilt wird. (Abg. Hanger: Du bist das Gericht jetzt!) – Das ist das, was passieren wird! Nein, ich sage es Ihnen, Herr Kollege Hanger (Abg. Hanger: Ja?): Genau so wird das ausgehen. (Abg. Hanger: Du bist das Gericht, okay! Du bist Parlamentarier da herinnen und jetzt der Richter!)
Dann reden wir über Herrn Schmid: Herr Schmid war Ihr Motor im Finanzministerium. (Ruf bei der ÖVP: ...justiz der FPÖ!) Er war der Motor für Ihre ganzen korruptiven Vorgänge, die Sie an den Tag gelegt haben, und das ist das, was wir doch jeden Tag in der Zeitung lesen. Anhand von 350 000 Chats wird ja sichtbar, wie Sie in dieser Republik agiert haben und was Sie eigentlich die ganze Zeit getrieben haben.
Frau Karmasin war eine ÖVP-Ministerin, die auch mit sehr, sehr eigenartigen Dingen aufgefallen ist. Da haben Sie kein Wort der Entschuldigung gefunden – überhaupt nicht! Im Gegenteil: Sie haben so weitergemacht, wie Sie das immer getan haben.
Jetzt zu Ihrem Milliardenpleitier, Herrn Benko, den Herr Schmid noch als künftigen Finanzminister gesehen hat: Auch den haben Sie dort hingebracht, wo er ist. Sie haben ihn unterstützt und mit ihm haben Sie ganz, ganz eng zusammengearbeitet.
Das zeigt doch, in welchem Milieu Sie sich herumtreiben und wen Sie unterstützen, und das alles immer nur zum Schaden der Steuerzahler – das muss hier auch einmal ganz klar gesagt werden, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Coronahilfen, ich habe sie bereits erwähnt, sind natürlich auch in den Sack des Herrn Benko geflossen. Es geht jetzt nicht darum, Herrn Benko hier durch den Kakao zu ziehen (Rufe bei der ÖVP: Nein!), sondern es geht darum, einmal sichtbar zu machen, wie er sich auf Kosten der Steuerzahler bereichert hat, wie er ein an sich funktionierendes Unternehmen zerstört hat und wie er am Ende des Tages als Heuschrecke agiert hat.
Das ist die schwarze Ethik und die gilt es sichtbar zu machen. Herr Kollege Fürlinger, wenn Sie sagen, der Ruf der Politik ist ruiniert, weil es Untersuchungsausschüsse gibt (Abg. Hanger: Nein, das sind einfach diese Unterstellungen, die Sie permanent formulieren!), dann gebe ich Ihnen das zurück: Der Ruf der Politik ist wegen drei Buchstaben ruiniert: ÖVP. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stocker.)
18.19
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Sie wissen, wir Grüne haben jahrelang für den Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht gekämpft. Das betonen wir immer wieder, weil es uns einfach wichtig ist.
Deshalb möchte ich auch klarstellen, dass wir den Aufklärungsauftrag, den die österreichische Verfassung für uns vorsieht und den sie uns vorgibt, sehr ernst nehmen. Unabhängig davon, wer oder welche Partei im Fokus der Untersuchung steht, und unabhängig davon, ob wir auf der Oppositionsbank oder auf der Regierungsbank sitzen: Wir nehmen das ernst. (Beifall bei den Grünen.)
Was wir im Untersuchungsausschuss aber nicht brauchen, sind Hobbysheriffs mit rauchenden Colts. Das brauchen wir nicht. Was wir auch nicht brauchen, sind Abgeordnete, die durch Störaktionen Aufklärung verhindern – das haben wir in den letzten Untersuchungsausschüssen sehr oft gehabt –, nur weil Ihre Partei selber im Fokus der Untersuchung steht. Das brauchen wir nicht, das wollen wir nicht.
Wir Grüne stehen weder auf der einen Seite noch auf der anderen Seite, wir stehen auf der Seite der Aufklärung. Das haben wir Grüne, Nina Tomaselli und ich, auch in den letzten Untersuchungsausschüssen gezeigt, und das werden wir auch weiterhin beweisen. (Beifall bei den Grünen.)
Missstände im Gesetz müssen benannt werden. Missstände müssen aber auch behoben werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben in den vergangenen Untersuchungsausschüssen gezeigt, wie erfolgreich Untersuchungsausschüsse darin sein können, Dinge anzustoßen, die das System auch verändern können. Das sind die vielen Rücktritte gewesen, das sind aber vor allem auch die vielen wichtigen Gesetze wie die Transparenzgesetze – Parteienfinanzierungsgesetz und Medientransparenzgesetz –, zum Beispiel auch die Stärkung des Rechnungshofes oder die Strafverschärfung bei der Korruption. Das waren und sind wichtige Gesetze. Wir sind dafür, dass wir auch diesen Untersuchungsausschuss dafür nützen, notwendige Gesetzesänderungen anzustoßen. Das soll unser Auftrag sein, das muss unser Auftrag sein. (Beifall bei den Grünen.)
Es soll unser Auftrag sein, um eine Verbesserung des politischen Systems zu bewirken und, was auch ganz wichtig ist, das Vertrauen der Bevölkerung
wiederherzustellen. Das politische System hat geleidet (Ruf bei der SPÖ: Gelitten!), und wir müssen es wieder aufbauen, auch mit Gesetzesänderungen. Im besten Fall steht am Ende ein Maßnahmenpaket, das von einer großen Mehrheit getragen wird und das auch wirklich zeigt, dass es sich nicht einige wenige – einzelne reiche Leute – in dieser Republik richten können.
Das ist das, was sich die Leute zu Recht fragen: Wie hat ein Hütchenspieler wie René Benko so lange damit durchkommen können? Wie ist das gegangen? Warum wurde Wirecards Braun mit seiner Scheinfirma nicht ausgebremst, sondern am Ballhausplatz sogar noch hofiert? Was ist mit den Steuerwohlfühlprogrammen im Finanzministerium passiert? Warum gab es das? Warum passiert so etwas? (Abg. Schnedlitz: Das ist der Anstand der Grünen!) Das sind die Fragen, die die Menschen draußen interessieren, brennend interessieren. Das müssen wir lösen, da müssen wir Gesetze machen. (Beifall bei den Grünen.)
Es gibt sehr viele Fragen, wie Sie sehen, und wir sind es der Bevölkerung schuldig, Antworten zu finden, diese Löcher herauszufinden und sie zu stopfen. Wir brauchen konkrete Lösungen. Dafür werden wir Grüne in diesem Untersuchungsausschuss unermüdlich arbeiten. Kollegin Tomaselli und ich, wir freuen uns schon auf diesen Auftrag. Sie können gespannt sein. Wir werden alle unser Bestes geben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
18.23
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Ich kann nur hoffen, dass die Worte von Kollegen Fürlinger vorhin nicht nur dem anstehenden Weihnachtsfrieden geschuldet waren, sondern dass bei der ÖVP ein ernsthafter Nachdenkprozess eingesetzt hat.
Nur: Dann verstehe ich die Taten diesbezüglich nicht ganz. Wenn man einerseits davon spricht, dass man wahrnimmt, dass die Bevölkerung durch dieses Sich-gegenseitig-mit-Dreck-Bewerfen einen Schaden an der Demokratie sieht, und gleichzeitig auch sagt, dass in den Untersuchungsausschüssen nicht der parteipolitische Narzissmus vorherrschen soll, dann wundere ich mich doch, wieso man dann andererseits als Reaktion auf einen Untersuchungsausschuss gleich einen anderen einsetzt. (Abg. Scharzenberger: Nein! ...!) Das ist nichts anderes als parteipolitischer Narzissmus, und das bedeutet nichts anderes, als das Vertrauen in die Demokratie noch weiter zu beschädigen. (Beifall bei den NEOS.)
Dann auch noch zu sagen, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer nichts dafür können, dass die Förderungen des Bundes so aufgestellt waren, wie sie aufgestellt waren, und dann als ÖVP einen eigenen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der im Gegensatz zu dem von SPÖ und FPÖ nicht nur ein paar, sondern alle Unternehmerinnen und Unternehmer in die Öffentlichkeit zerrt: Das verstehe ich schlichtweg nicht. Ich hoffe aber, dass die Läuterung nachhaltig eingesetzt hat und die ÖVP in diesem Zusammenhang anders agieren wird.
Man muss sich nämlich immer überlegen: Was sind denn Untersuchungsausschüsse? – Untersuchungsausschüsse sind quasi die schärfste Waffe des Parlaments, ein Kontrollrecht, das in der Regel von der Opposition gegenüber einer Regierung ausgeübt wird. Selbstverständlich kann eine Regierungspartei wie die ÖVP auch selbst einen Untersuchungsausschuss verlangen, das ist das gute Recht einer Parlamentspartei (Abg. Hanger: Danke!), und es würde ja auch nicht so komisch anmuten, wenn man davon ausgehen könnte, dass die ÖVP ein ernsthaftes Interesse an Aufklärung, an lebendigem Parlamentarismus hätte. Das Problem ist allerdings, wenn man einen Untersuchungsausschuss nur deswegen einsetzt, weil zwei andere Parteien einen einsetzen, man es als Retourkutsche macht, dann ist das nichts anderes als die Schlammschlacht, die wir nicht mehr brauchen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Blimlinger.)
Es bringt schlichtweg nichts, wenn wir so weitermachen. Wir wissen – und auch das hat Kollege Fürlinger gesagt –, es sollte in der Politik nicht darum gehen, dass man immer nur die Vergangenheit bejammert, sondern darum, dass man in die Zukunft schaut, schaut, was in der Zukunft besser zu machen ist. Herr Kollege Stögmüller, ja, es sind, zugegebenermaßen mit Beteiligung der Grünen, in den letzten Jahren einige Gesetze passiert (Abg. Stögmüller: Ja, noch immer nicht genug!), aber Sie wissen ganz genau, dass es noch nicht genug ist.
Erst letzte Woche hat sich wieder eindrucksvoll gezeigt, wie dringend es einen Bundesstaatsanwalt braucht; denn dass sich die ÖVP in Gestalt des Generalsekretärs Stocker jetzt plötzlich über mögliche Weisungen im Justizministerium erbost, ist ein bisschen skurril, wenn man weiß, was in den letzten Jahren sonst dort vor sich gegangen ist. Wenn man das nicht will, dann macht man einfach das: Man arbeitet an der Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts, sodass es keine Weisungen mehr aus dem Justizministerium, von der Justizministerin geben kann. Machen Sie das, dann brauchen Sie sich nicht zu erbosen! Lösen Sie das Problem, arbeiten Sie daran! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
Andere Dinge habe ich erst letzte Woche angesprochen: Ich bin überzeugt davon, dass Aufklärung, parlamentarische Aufklärung, immer etwas Positives hat. Die Frage ist nur, ob es sinnvoll ist, Dinge aufzuklären, über die man schon längst Bescheid weiß. Wir wissen, dass einige Parteien in diesem Land ein Korruptionsproblem haben. Wir wissen, dass sich das über Jahrzehnte so aufgebaut hat, weil man sich ein System gerichtet hat, in dem Inseratenkorruption, in dem Freunderlwirtschaft et cetera ganz normal ist. Wenn man das ändern will, dann schaut man in die Zukunft und ändert das. Wenn man etwas aufklären will, dann schaut man sich Dinge an, bei denen es wirklich interessant wäre, sie aufzuklären, wie zum Beispiel, wieso Österreich in so enge Beziehungen zu Russland verflochten ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
Sie wissen aber genau, wieso Sie das nicht machen: weil ÖVP, FPÖ und SPÖ genau gleich drinstecken. Genau die drei Parteien, die sich über Jahrzehnte dieses System gebaut haben, sind nicht daran interessiert, die Aufklärung bei wirklich relevanten Fragen voranzubringen. Was sie wollen, ist, sich mit den immer gleichen Schlammschlachten zu beschäftigen, sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen, anstatt sinnvolle Reformen für die Zukunft zu machen. (Beifall bei den NEOS sowie Bravoruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
18.27
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Bericht des Geschäftsordnungsausschusses gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden („ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“) (8/US / 2404 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 26. Punkt der Tagesordnung.
Gemäß § 33 Abs. 9 der Geschäftsordnung stelle ich ausdrücklich die Einsetzung des gegenständlichen Untersuchungsausschusses in der Fassung des Ausschussberichtes 2404 der Beilagen mit Freitag, 15. Dezember, 18.28 Uhr fest.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.
18.28
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass die Appelle, die Kollege Fürlinger an alle Fraktionen gerichtet hat, gefruchtet haben (Ruf bei der SPÖ: Ja, bei dir nicht!), möchte sie aber wirklich aus tiefster Überzeugung bekräftigen: Wir alle gemeinsam haben daran zu arbeiten, dass die politische Kultur in diesem Haus eine bessere wird! Unsere Bereitschaft dazu möchte ich noch einmal ganz klar zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)
Ich möchte einleitend auch hervorstreichen, dass die technische Vorbereitung für diese beiden Untersuchungsausschüsse jetzt in wirklich hervorragender Weise gelungen ist. Wir haben uns sehr, sehr rasch auf einen Verfahrensrichter, sehr rasch auf einen Verfahrensanwalt geeinigt, wir haben sehr rasch einen sehr genauen Zeitplan für beide Ausschüsse definiert. Da ist man sehr rasch aufeinander zugegangen. Wir haben genaue Zeitpläne bei der Aktenlieferung und dafür, wann die Befragungen stattfinden werden, wann das Ende der Beweisaufnahme ist, wann die Berichtserstattung an den Nationalrat passieren soll. Für diese Zusammenarbeit möchte ich mich wirklich ausdrücklich bedanken. Das kann schon auch eine Grundlage dafür sein, dass wir beide Untersuchungsausschüsse seriös und ordentlich abarbeiten.
Ich muss aber ein kleines Aber anbringen – es tut mir leid, dass ich das machen muss –, denn Herr Kollege Krainer kann es nicht lassen, er spricht natürlich sofort wieder von einem Foul: Herr Kollege Krainer, es tut mir leid, ich muss das wirklich zurückweisen. Sie wissen ganz genau, dass die Öbag, die ARE, die BIG nicht vorlagepflichtig sind. Es gibt ganz einfach keine Rechtsgrundlage dafür. Das wissen Sie sogar, das hat ja auch Ihr Referent, Herr Steininger, in informellen Gesprächen deponiert, das ist klar, und wenn Sie dann von einem Foul sprechen, muss ich das zurückweisen! Das ist nicht eine Frage des politischen Willens, ob die vorlegen, sondern eine Frage der Rechtsgrundlage. Diese ist ganz einfach
nicht da. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: ... die Abbag! – Abg. Hafenecker: Mitarbeiter raushängen! – Abg. Stögmüller: Mitarbeiter raushängen ist echt ...!)
Zum Rot-blauen-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss: Es ist doch vollkommen klar, dass das Parlament neben der Legislativaufgaben auch ein Kontrollrecht hat, was die Oppositionsparteien ja immer wieder betonen. Dieses Kontrollrecht gilt aber natürlich auch für uns! Wir nehmen ganz einfach dieses Kontrollrecht in Anspruch, nicht mehr und nicht weniger. Es ist ganz klar definiert, was wir uns anschauen, was wir untersuchen wollen: Das ist die Regierungsbeteiligung der SPÖ, das ist die Regierungsbeteiligung der FPÖ – gerade die FPÖ hat sich ja durch ihre Regierungstätigkeit nicht wirklich ausgezeichnet, wie wir aus den vergangenen Jahren wissen. – Nicht mehr und nicht weniger machen wir. (Abg. Hafenecker: Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt, wo du die Rede abbrechen solltest!)
Natürlich gibt es jetzt schon sehr viele Hinweise darauf, dass es sehr viel zu untersuchen gibt, die Zeit dafür wird uns auch zu knapp werden. Wir werden da sehr fokussiert und sehr klar vorgehen – nicht mehr und nicht weniger.
Ich biete – das möchte ich abschließend noch einmal festhalten – wirklich eine sehr konstruktive, sachliche Zusammenarbeit an, muss aber leider schon dazusagen: Wenn man uns dann wieder mit unberechtigten Dingen konfrontiert, werden wir uns natürlich auch dagegenstellen. (Beifall bei der ÖVP.)
18.31
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Meinl-Reisinger – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Hanger –: If you are in a hole, stop digging!)
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Untersuchungsausschuss ist dazu da, um aufzuklären. Es ist auch unser ureigenster Auftrag hier im Parlament (Zwischenruf
des Abg. Schnabel), Kontrolltätigkeiten auszuüben und diesen nachzukommen, zu überprüfen, ob ein abgeschlossener, klar eingegrenzter Vorgang konform abgelaufen ist.
Dieses wichtigste Kontrollinstrument wollen wir auch in dieser kurzen Zeit nutzen, um diesem gemeinsamen Auftrag nachzukommen, und es gilt, Schaden von diesem Instrument klar abzuwenden. Es hilft nicht, die beiden Ausschüsse gleichsam als Schlammschlacht zu titulieren, Kontrolltätigkeiten abzuwerten oder die Verantwortung mit dem Fingerzeig auf andere einfach abzuschieben. Das reicht nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Das Kontrollinstrument muss bewahrt werden, denn die Demokratie steht unter Druck. Der Parlamentarismus steht im kommenden Jahr vor einer sehr großen Aufgabe und wird auf die Probe gestellt. Wenn wir die Kräfte, die dem Parlamentarismus eine Bühne geben, ihn bewahren und das Beste aus ihm machen wollen, gemeinsam stärken möchten, dann müssen wir diesem Kontrollauftrag auch klar, nüchtern und konstruktiv nachkommen; und das wollen wir tun, auch mit dem Blick auf unsere Verfassung, der wir verpflichtet sind – ganz klar. (Beifall bei der SPÖ.)
Sachliche Aufklärungsarbeit ist das klare Ziel – wir müssen kontrollieren, was mit öffentlichen Geldern passiert ist –, nicht das, was sich am Beispiel der FPÖ Graz zeigt: Da wurde Geld abgehoben, in Sporttaschen gegeben und dann nach Gutdünken ohne Belege einfach ausgegeben – da sind zuletzt wirklich sehr dramatische Artikel von Colette Schmidt im „Standard“ erschienen. Es wurden 1,8 Millionen Euro einfach unklar ausgegeben – 1,8 Millionen Euro! Offenbar sind auch Verstrickungen zum ehemaligen Verteidigungsminister Kunasek da, und das wollen wir auch anschauen.
Mit dem gestrigen GO-Ausschuss werden diese beiden Untersuchungsausschüsse jetzt auch offiziell eingesetzt. Für uns ist beim vorliegenden Verlangen dennoch die Verfassungsmäßigkeit infrage zu stellen, und das ist nicht nur unsere Meinung, sondern auch jene von Verfassungsjuristinnen und
Verfassungsjuristen. Wie schon zu Beginn klar gesagt, muss es um einen abgeschlossenen Vorgang gehen.
Wir haben deshalb auch einen Antrag zur gänzlichen Unzulässigkeit des Verlangens gestellt, leider ohne Mehrheit, wobei wir natürlich anerkennen, dass es das klare Recht einer Minderheit von 46 Abgeordneten in diesem Parlament ist – diese stellt die ÖVP –, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Das stellen wir nicht infrage – in Deutschland gibt es da zum Beispiel durchaus auch andere Ansichten (Abg. Steinacker: Wir sind aber noch in Österreich!) –, aber das Verlangen ist unserer Meinung nach nicht verfassungskonform.
In Art. 53 Abs. 2 B-VG ist nämlich genau das klar geregelt: „bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes“, und das schließt eben viele Tätigkeiten ein. Der Zusammenhang einzelner Themen mit diesem konkreten Vorgang muss auch klar gegeben sein.
In diesem ÖVP-Verlangen ist das nicht der Fall. Warum? – Weder ein personeller noch ein zeitlicher oder thematischer, sachlicher Zusammenhang ist zwischen FPÖ und SPÖ konkret gegeben. Der Zeitraum ist in diesem Verlangen sehr, sehr breit und ausgiebig dargestellt: von 2007 bis 2023; das heißt, wir haben die Große Koalition, Türkis-Blau und Türkis/Schwarz-Grün in diesem Verlangen mit dabei. Was aber klar ist: In keiner dieser Konstellationen von Koalitionen haben SPÖ und FPÖ miteinander regiert. (Abg. Michael Hammer: Macht ja nichts!) Da ist kein klarer Zusammenhang in diesem Verlangen. Außerdem bedeutet 2007 bis 2023 auch: ein Haufen Akten für den sehr kurzen Zeitraum, in dem dieser Untersuchungsausschuss tätig ist.
Deshalb ist für uns dieses Verlangen zwar nicht verfassungskonform, aber dennoch ist uns die sachliche und professionelle Abwicklung dieses Untersuchungsausschusses sehr, sehr wichtig. Sofern die Verfassungsmäßigkeit gegeben ist,
werden uns wir als Fraktion auch konstruktiv beteiligen, und ich erhoffe das auch von anderen Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)
18.36
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte. (Abg. Steinacker: 1 Minute! – Abg. Hanger: Hältst du jetzt die gleiche Rede noch einmal?)
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Kollegin Holzleitner, dass Sie jetzt Ihre Rede hier haben bestreiten können, ohne dass Sie ein einziges Mal den Namen Gusenbauer genannt haben, ist interessant. Ich glaube, der Herr Ex-Kanzler wird uns auch noch beschäftigen. (Zwischenruf des Abg. Schroll.)
Ich habe vorhin davon gesprochen, dass der Vertrauensverlust drei Buchstaben hat. Die drei Buchstaben lauten: ÖVP. Wie Sie sind, haben wir jetzt gerade gesehen, Herr Kollege Hanger, und ich muss Ihnen eines sagen: Sich hier ans Rednerpult zu stellen und einen Mitarbeiter der SPÖ namentlich herauszuhängen, das hat es an diesem Rednerpult noch nicht gegeben. Das ist unredlich, das sage ich Ihnen! Dafür sollten Sie sich entschuldigen. (Beifall bei FPÖ, SPÖ, Grünen und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Schrangl.)
Spannend war auch die Rede des Kollegen von den Grünen. Kollege Stögmüller sagt, er möchte aufklären und so weiter und so fort, ist da aber auch, wie soll ich sagen, in einem gewissen inneren Konflikt, denn Sie von den Grünen sind doch die Steigbügelhalter der ÖVP! Sie ermöglichen das alles, was die ÖVP macht, und am Ende des Tages zeigt Ihnen die ÖVP, was sie davon hält, denn sie bringt einen Untersuchungsausschuss ein, der schlicht und ergreifend erstens einmal verfassungswidrig ist und zweitens nur der Ablenkung dient sowie im Prinzip die Beleidigtheit der ÖVP zeigt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Prinz: Das war jetzt ein schwaches Argument!) Das ist das, was hier gerade passiert. Sie missbrauchen das wichtigste Instrument des Parlaments, meine sehr geehrten Damen und Herren
von der ÖVP! (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen. – Abg. Prinz: Redezeit, Herr Kollege! – Abg. Steinacker: Redezeit ist aus!)
Ich bin schon beim Schlusssatz: Ich finde es gut, dass Sie hier den Weg eines Minderheitsverlangens gewählt haben, Sie bereiten sich offensichtlich schon auf Ihre Zukunft in diesem Parlament vor. Das ist zumindest ein erster Schritt zur Erkenntnis. (Abg. Prinz: Die Zeit der FPÖ ist ...!)
Und noch eines sage ich Ihnen zum Abschluss: Der Untersuchungsausschuss wird zwar nicht lange dauern, aber ich sage Ihnen, mit einem Volkskanzler Herbert Kickl (Ah-Rufe bei der ÖVP) werden wir die Gerippe in Ihren Kellern freilegen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wo ist denn der ... überhaupt? Den ganzen Tag nicht gesehen!)
18.38
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hafenecker, der letzte Volkskanzler, den es gegeben hat, war ein gewisser Adolf Hitler (Abg. Belakowitsch: Da sind Sie leider fehlinformiert! Das ist ja ein völliger Blödsinn!), und ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich Gutes damit tun (Abg. Hafenecker: Alfred Gusenbauer!), darauf zu referenzieren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Da sind Sie ganz schön falsch informiert!)
Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, diese Debatte zu den beiden Untersuchungsausschüssen läuft noch keine halbe Stunde, und trotzdem haben wir schon allerlei Vorwürfe, Anschuldigungen, Schuldzuweisungen und Behauptungen gehört, die jetzt im Raum stehen. Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, das für die Zuseherinnen und Zuseher ein bisschen zu ordnen, ein bisschen zu sortieren:
„Was ist denn jetzt schon wieder passiert?“, könnte man in Anlehnung an den Bundespräsidenten fragen. Gibt es einen neuen Untersuchungsausschuss? – Die Antwort auf diese Frage haben Sie jetzt schon gehört: Nein, es gibt nicht nur einen neuen Untersuchungsausschuss, es gibt sogar zwei. Wieso gibt es die? – Weil drei Parteien hier im Hohen Haus das so möchten.
Die FPÖ, die ÖVP und die SPÖ wollen das so, und das ist auch ihr gutes Recht – ein Recht, für das wir Grüne hier im Hohen Haus gekämpft haben. Wir haben sehr hartnäckig jahrelang dafür gekämpft, dass dieses starke, das schärfste politische Kontrollinstrument, das wir hier im Parlament haben, ein Minderheitenrecht wird, und vor circa zehn Jahren haben wir das auch durchgesetzt. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte das noch einmal ausdrücklich betonen: Es ist Ihr gutes Recht, diese Ausschüsse zu initiieren, einzusetzen. Ich möchte trotzdem an alle Beteiligten dringend appellieren, dass auch wirklich der wahre Geist des Untersuchungsausschusses im Fokus stehen soll, stehen muss: Kontrolle, Transparenz und Aufklärung, all das im Sinne der Bürgerinnen und Bürger – und eben keine Schlammschlachten im Sinne der Parteipolitik, im Sinne des Parteibuches.
Vielleicht macht es nicht nur mich stutzig, dass die SPÖ und die FPÖ gemeinsam einen Untersuchungsausschuss einsetzen und der sozialdemokratische Parteichef Andreas Babler in einem Interview eine Koalition mit dem FPÖ-Parteichef Herbert Kickl explizit nicht ausgeschlossen hat. Ich frage mich da schon: Üben da zwei Parteien schon den Paarlauf?
Nicht weniger stutzig macht mich, um ehrlich zu sein, aber auch diese Wie-du-mir-so-ich-dir-Reaktion der ÖVP, die als Retourkutsche einen eigenen Ausschuss einsetzt und das auch noch wortwörtlich so kommuniziert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Ich glaube, das handlungsanleitende Motto war da offensichtlich: Wenn ich politisch angegriffen werde, dann gehe ich zum Gegenangriff über! – Es sei einmal infrage gestellt, ob das eine sehr kluge und eine unterstützenswerte Strategie ist. Ich habe eine sehr klare Meinung dazu, und die Antwort ist: Nein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Krisper.)
Kolleginnen und Kollegen von ÖVP, FPÖ und SPÖ, es ist Ihr gutes Recht, diesen Untersuchungsausschuss oder diese beiden Ausschüsse zu initiieren, aber der Zeitpunkt, zu dem das passiert – mit einem sehr knappen Abstand zu den bevorstehenden Europawahlen und Nationalratswahlen –, die bisherige mediale Kommentierung und auch die Debatte, diese kurze Debatte hier im Hohen Haus, wie sie durch die drei selbst ernannten Großparteien geführt wurde, lassen mich schon massiv daran zweifeln, ob es Ihnen ernsthaft um Aufklärung, um Kontrolle und um Transparenz geht. Ich befürchte wirklich, es geht Ihnen um etwas anderes, nämlich um die mediale Inszenierung parteipolitischer Schlammschlachten, um die parteipolitische Instrumentalisierung eines wichtigen parlamentarischen Kontrollinstruments.
Was passiert ist, ist, dass sich hier drei Parteien aufgegockelt haben – so möchte ich es fast formulieren. Die wollen einander eins auswischen. Die Bürgerinnen und Bürger reiben sich zu Recht die Augen und fragen sich: Was passiert denn da?, und sie wenden sich auch ab von dieser drohenden Schlammschlacht, die da inszeniert wird. (Abg. Hafenecker: Aber zu Ihnen wendet sich gerade keiner!)
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich verstehe das total. Wir haben ohnehin ein massives Problem mit dem Vertrauen. (Abg. Belakowitsch: Da haben Sie ja einen gewissen Anteil daran!) Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik, das bricht ein. Wenn wir uns in zwei Untersuchungsausschüssen beflegeln, dann wird das nicht besser.
Dieses erschütterte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik, und damit in uns alle, stellen wir mit seriöser Kontrollarbeit, mit völliger Transparenz und auch mit strengeren Regeln für saubere Politik wieder her. Da ist in den
vergangenen vier Jahren ja sehr vieles gelungen, da sind sehr viele Schritte gemacht worden, und zum Teil haben wir das auch überparteilich – auch das möchte ich betonen – beschlossen. Die Zeiten der undurchsichtigen Parteikassen sind beispielsweise vorbei. Die lange geforderten gläsernen Parteikassen sind Realität. Wir haben die Kontrollrechte des Rechnungshofes gestärkt, das Korruptionsstrafrecht geschärft und Lücken, die es dort gegeben hat, auch tatsächlich geschlossen. Kollege Scherak, da haben wir Grüne nicht nur mitgewirkt, sondern das haben wir durchgesetzt. (Abg. Krisper: Eine von 19 ...empfehlungen ist umgesetzt!) Saubere Umwelt, saubere Politik – dafür sind wir angetreten, und wir liefern. (Beifall bei den Grünen.)
Wir werden uns in diesem Ausschuss sehr genau ansehen, inwiefern unter blauer und auch roter Regierungsbeteiligung öffentliche Mittel für Inseratenkampagnen abgezweigt worden sind – das ist ein politischer Missstand, den wir Grüne schon seit 15 Jahren sehr stark und sehr deutlich kritisieren (Abg. Hafenecker: Schaut einmal bei der Gewessler nach! – Abg. Deimek: Die spendiert ein halbes Budget ... Organisationen!) –, wir werden sehr genau prüfen, ob Leitungspositionen in der Bundesverwaltung parteipolitisch besetzt worden sind. Kurzum, wir werden uns auch in diesem Ausschuss seriös, konzentriert, kompetent, konstruktiv an der parlamentarischen Aufklärungs- und Kontrollarbeit beteiligen, so wie wir es auch in der Vergangenheit immer gemacht haben. (Beifall bei den Grünen.)
18.44
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Rufe bei den Grünen: Oje!)
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Disoski von den Grünen, hat hier soeben behauptet, der Letzte, der sich Volkskanzler genannt hat, war Adolf Hitler. – Das ist falsch.
Ich berichtige tatsächlich: Der letzte Bundeskanzler, der ein Volkskanzler sein wollte, war Alfred Gusenbauer – er hat es wahrscheinlich bald bleiben lassen –, der vorletzte war Bruno Kreisky, und davor war es ein gewisser Herr Figl.
Wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie es bei misik.at nach. Der steht wohl nicht im Verdacht, freiheitlich zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)
18.44
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ja, leider (Unruhe im Saal) – die Kolleg:innen brauchen noch kurz, um sich zu beruhigen – ist der Anlass heute nicht so fröhlich, wie man glauben möchte. Wir werden Zeugen davon, wie die drei Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ versuchen, sich mit den Mitteln des Parlamentarismus nicht gegenseitig zu kontrollieren, sondern sich tatsächlich zu vernichten. Der Schaden, den sie damit anrichten, betrifft nicht nur ihre Parteien, sondern er betrifft das ganze Land. Er betrifft jeden einzelnen Bürger, jede einzelne Bürgerin und das Vertrauen in die Politik – und da machen wir NEOS ganz bestimmt nicht mit. (Beifall bei den NEOS.)
Wo wir natürlich schon mitmachen, ist bei Kontrolle und Transparenz. Das ist ein zentrales Anliegen, und ich möchte jetzt nicht an der Oberfläche bleiben, sondern ich habe mir das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, das von der ÖVP zuletzt erneut eingebracht worden ist, weil das letzte eben nicht zulässig gewesen wäre, sehr genau angesehen.
Was in diesem Verlangen ganz konkret gefordert wird: Es sind verschiedene Punkte, aber unter Punkt 5 ist enthalten, dass insbesondere durch die Covid-Finanzagentur des Bundes, also die Cofag, geförderte „natürliche oder
juristische Personen, die die SPÖ oder die FPÖ – etwa durch Spenden – unterstützt haben oder diesen Parteien“ in irgendeiner anderen Weise „nahestehen oder standen“, kontrolliert werden sollen.
Aus 236 000 Anträgen, von wahrscheinlich 200 000 Unternehmerinnen und Unternehmern – das entspricht in etwa der Hälfte der Menschen, die in unserem Land selbstständig sind –, wollen Sie die Daten zu denjenigen, die in irgendeiner Form mit der SPÖ oder der FPÖ in Verbindung gestanden sind, herausholen. Da geht es jetzt nicht um eine große Parteispende, sondern, wie hier steht, um eine Spende oder eine andere Form von Unterstützung – vielleicht ist es ein Blumenstrauß, vielleicht ist es eine Kandidatur auf Gemeindeebene, vielleicht ist es ein gemeinsames Foto. Sie definieren nicht die Form der Unterstützung – 236 000 Daten!
Nicht das alleine ist aber die große Sauerei. Wenn man sich dann durchliest, was da in weiterer Folge drinnen steht, dann erfährt man, wie Sie das in Verbindung setzen wollen: Sie wollen sich dann alle Informationen aus den Bereichen der Abgabenprüfung bei diesen Unternehmen anschauen – alle Informationen betreffend die 236 000 Unternehmen (Abg. Meinl-Reisinger: Unglaublich!) im Zusammenhang mit der Abgabenprüfung. Dann gehen Sie weiter und sagen: alle Informationen aus den Förderprogrammen des Bundes.
Sie wollen also jede Unternehmerin und jeden Unternehmer unter einen Generalverdacht stellen. (Abg. Meinl-Reisinger: Sanktionieren, nur weil er einer anderen Partei nahesteht!) Sie wollen in einem Superwahljahr – in dem, wie wir wissen, die politische Unintelligenz generell zunimmt, insbesondere bei der ÖVP – Zigtausende Daten sammeln. Sie wollen Steuerunterlagen, Abgabenunterlagen, Förderunterlagen, Cofagunterlagen von Zigtausenden Unternehmerinnen und Unternehmern, in der Hoffnung, dass Sie darin irgendetwas finden.
In Ihrer Abwehrschlacht – damit bei Ihnen nichts hängen bleibt –, in der Sie versuchen, den ganzen Raum mit Unrat zu fluten, wollen Sie jeden Unternehmer und jede Unternehmerin als Geisel hier hereinholen? (Beifall bei den NEOS.)
Herr Kollege Hanger, Sie haben vorhin Ihre Worte sehr wohl gewählt, aber die Worte helfen nichts, wenn die Daten, die in einem solchen Verlangen drinnen stehen, das Gegenteil sprechen. Sie haben im nächsten Jahr vor, Ihre Aktenschränke mit den Unterlagen (Ruf bei der ÖVP: Das können aber Sie auch!) von Selbstständigen in unserem Land zu füllen. Sie wollen die Möglichkeit zerstören, dass irgendwann wieder ein Unternehmer mit einem guten Gewissen Förderungen des Bundes annimmt, weil er weiß, Jahre später kann es passieren, dass er vielleicht, weil er irgendwann einmal einen Blumenstrauß bekommen hat, in einen Untersuchungsausschuss eingeladen wird. (Abg. Pfurtscheller: Das ist eure Art, zu arbeiten, nicht unsere!)
Sie wollen das Vertrauen bei einer Abgabenprüfung, die eh nicht immer unkompliziert ist, zerstören, die Bereitschaft, dass man da auch ganz konkrete Informationen hergibt, weil dann irgendwann ein ÖVP-Abgeordneter diese Unterlagen im Wahlkampf verwenden kann, um irgendjemand anderen anzupatzen.
Wir NEOS stehen sicherlich nicht in dem Verdacht, die Freiheitlichen oder die Sozialdemokraten zu schützen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, deren Unterstützer und Unterstützerinnen zu schützen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja gegen jede Gesinnungsfreiheit und freies Unternehmertum, das ist ja unglaublich!) Wir werden aber in den nächsten Monaten jeden einzelnen Schritt bekämpfen, mit dem Sie Unternehmerinnen und Unternehmer attackieren (Abg. Hanger: Jetzt hör einmal auf! Das hat ja niemand vor! – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Du hast es selber gesagt!), nur weil sie zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Finanzminister die Richtlinien der Cofag definiert hat, diese Hilfe auch in Anspruch genommen haben. (Abg. Wöginger: Mit sechs Ausschusssitzungen? ... nicht einmal 20 Leute drinnen!)
Sie ziehen in Ihre letzte Schlacht und das auf dem Rücken von Unternehmerinnen und Unternehmern, die Ihnen in der Vergangenheit leider vertraut haben. Wir NEOS werden ein Schutzschild aufbauen, damit das nicht Wirklichkeit wird. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch. – Abg. Wöginger: Völlig absurd, so etwas! – Ruf bei der ÖVP: Absurder geht es nicht mehr!)
18.50
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Damit ist die Tagesordnung erschöpft.
Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1, 6 bis 8, 10 und 11, 13 bis 18, 20 und 21 sowie 23 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten.
„Tagesordnungspunkt 1:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2398 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 6:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2340 der Beilagen – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 6/1 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung und in dritter Lesung – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.
Tagesordnungspunkt 7:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2341 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 8:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2342 der Beilagen in zweiter Lesung und in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung angenommen.
Tagesordnungspunkt 10:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2345 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 10/1 in zweiter Lesung und in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung angenommen.
Tagesordnungspunkt 11:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2354 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 13:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2344 der Beilagen unter Berücksichtigung der Abänderungsanträge Beilagen 13/2 und 13/3 in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 14:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2349 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 15:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2351 der Beilagen – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter und
dritter Lesung – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.
Tagesordnungspunkt 16:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2350 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 17:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2352 der Beilagen – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 17/1 in zweiter und dritter Lesung – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.
Tagesordnungspunkt 18:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2353 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages Beilage 18/1 in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 20:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2336 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 21:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2335 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 23:
Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2383 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.“
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Jetzt frage ich Sie, ob es Ihrerseits Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls gibt. – Das ist gut, das ist nicht der Fall.
Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.
Einlauf und Zuweisungen
Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3807/A(E) bis 3822/A eingebracht worden sind.
Präsidentin Doris Bures: Weiters gebe ich bekannt, dass in Zusammenhang mit dem Selbständigen Antrag 3812/A auf Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof betreffend „Illegale Parteienfinanzierung: Bevorzugte Leistungen aus den Bundesministerien an ÖVP und Grüne“ ein Verlangen von 20 Abgeordneten im Sinne des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wurde.
Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese Gebarungsüberprüfung auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen.
Präsidentin Doris Bures: Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 18.56 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.
Die Tagesordnung ist auf schriftlichem Wege ergangen.
Ich übergebe den Vorsitz an den Präsidenten des Nationalrates und schließe diese Sitzung. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Schluss der Sitzung: 18.55 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien
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