Plenarsitzung
des Nationalrates
219. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Mittwoch, 14. Juni 2023
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Nationalratssaal
Stenographisches Protokoll
219. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 14. Juni 2023
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 14. Juni 2023: 9.05 – 20.55 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird
2. Punkt: Bericht über den Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
3. Punkt: Bericht über den Antrag 3156/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härtefall-Regelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
4. Punkt: Bericht über den Antrag 1131/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr individuelle Freiheit beim Kinderbetreuungsgeld
5. Punkt: Bericht über den Antrag 2748/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung der Kinderbetreuungszeit
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Zweckzuschüsse an Länder und Gemeinden für die Durchführung der Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und ein Bundesgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen für das COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Psychotherapiegesetz, das Sanitätergesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert werden (COVID-19-Überführungsgesetz)
7. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden
9. Punkt: Bericht über den Antrag 3216/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Covid-19-Impfbeschaffungsverträge mit dem Pharmakonzern Pfizer
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit
dem nähere Regelungen zu einem Elektronischen Eltern-Kind-Pass
getroffen werden
(eEltern-Kind-Pass-Gesetz – EKPG), erlassen wird sowie das
Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das
Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden
(Eltern-Kind-Pass-Gesetz)
11. Punkt: Bericht über den Antrag 3029/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS
12. Punkt: Bericht über den Antrag 3217/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung im Gesundheitssystem vorantreiben
13. Punkt: Bericht über den Antrag 3429/A der Abgeordneten Kira Grünberg, Heike Grebien, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine Bundeszuwendung an den Verein Licht ins Dunkel – Verein für Menschen mit Behinderungen und sozialer Benachteiligung (Licht-ins-Dunkel-Zuwendungsgesetz – LiDZG) erlassen wird
14. Punkt: Bericht über den Antrag 3410/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Sobotka, Doris Bures, Ing. Norbert Hofer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parlamentsgebäudesanierungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Überschreitung der Höchstgrenzen des Parlamentsgebäudesanierungsgesetzes erteilt wird, erlassen wird
15. Punkt: Bericht über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird
16. Punkt: Bericht über den Antrag 3254/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimabonus für verurteilte Straftäter inklusive Antragsservice abschaffen
17. Punkt: Bericht über den Antrag 3423/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II
18. Punkt: Bericht über den 46. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2022)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ...................................................................................................... 34
Ordnungsrufe ................................................................................ 287, 305, 318
Geschäftsbehandlung
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ............................................................................................................. 79
Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle und Ralph Schallmeiner, den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2049 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem nähere Regelungen zu einem Elektronischen Eltern-Kind-Pass getroffen werden (eEltern-Kind-Pass-Gesetz – EKPG), erlassen wird sowie das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Eltern-Kind-Pass-Gesetz), 2056 d.B., gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 GOG an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Annahme ...................................................................................... 241, 241
Antrag des Abgeordneten Philip Kucher im Sinne des § 18 Abs. 3 GOG auf Anwesenheit des Bundeskanzlers – Ablehnung .................................. 260, 261
Wortmeldung des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA aufgrund der Abwesenheit des Bundeskanzlers ........................................................................ 261
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Echte-Demokratie-Volksbegehren (2074 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme .................................. 451, 451
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren Beibehaltung Sommerzeit (2075 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme .................... 451, 451
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren GIS Gebühren – Nein (2076 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme .................................. 451, 451
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Lieferkettengesetz-Volksbegehren (2077 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme .................................. 451, 451
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren Unabhängige Justiz sichern (2078 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme ..................... 451, 451
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren Nehammer muss weg (2079 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme .................................. 452, 452
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG, das Volksbegehren Bargeld-Zahlung: Obergrenze – Nein (2080 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme 452, 452
Aktuelle Stunde (49.)
Thema: „Gemeinsam Gesund: Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung“ ............................................................................................................. 35
Redner:innen:
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 35
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 41
Dr. Josef Smolle ........................................................................................................ 46
Philip Kucher ............................................................................................................ 49
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 52
Bedrana Ribo, MA .................................................................................................... 55
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .......................................................................... 58
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler .......................................................................... 61
Gabriele Heinisch-Hosek ......................................................................................... 64
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 67
Mag. Meri Disoski .................................................................................................... 70
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................... 74
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ............................................................................................ 34
Ausschüsse
Zuweisungen ........................................................................................................... 77
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jobgarantie für die von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten durch die Bundesregierung“ (3436/A)(E) ......... 255
Begründung: Julia Elisabeth Herr .......................................................................... 262
Staatssekretärin Claudia Plakolm .......................................................................... 271
Debatte:
Kai Jan Krainer ......................................................................................................... 275
Dr. Christian Stocker ............................................................................................... 277
Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... 281
Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................ 287
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................. 291
Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ............................................................... 294
Mag. Verena Nussbaum .......................................................................................... 297
Mag. Corinna Scharzenberger ................................................................................ 299
Peter Wurm .............................................................................................................. 302
Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................. 305
Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... 308
Mag. Christian Drobits ............................................................................................ 310
Mag. (FH) Kurt Egger ............................................................................................... 313
Mag. Markus Koza ................................................................................................... 315
Michael Bernhard .................................................................................................... 318
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................. 321
Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... 325
Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ 328
Dietmar Keck ........................................................................................................... 330
Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Millionärssteuer“ – Ablehnung.............................................................................. 322, 332
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 3436/A(E) ................. 332
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird (2062 d.B.) ..................................... 80
Redner:innen:
Eva Maria Holzleitner, BSc ...................................................................................... 80
Norbert Sieber .......................................................................................................... 87
Michael Bernhard .................................................................................................... 90
Rosa Ecker, MBA ...................................................................................................... 95
Petra Wimmer .......................................................................................................... 99
Sigrid Maurer, BA .................................................................................................... 101
Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ......................................................... 105
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 109
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 111
Nikolaus Prinz .......................................................................................................... 113
Christian Oxonitsch ................................................................................................. 116
Barbara Neßler ........................................................................................................ 118
Mag. Gerald Loacker ............................................................................................... 120
Maria Großbauer ..................................................................................................... 122
Mag. Markus Koza ................................................................................................... 124
Dipl.-Ing. Andrea Holzner ........................................................................................ 141
Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preise senken, Leistungen anpassen, Armut bekämpfen“ – Ablehnung ................................................... 84, 143
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen“ – Ablehnung ........................................................... 94, 143
Annahme des Gesetzentwurfes in 2062 d.B. ..................................................... 142
Gemeinsame Beratung über
2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (2063 d.B.) ................................................................................... 144
3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3156/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härtefall-Regelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (2064 d.B.) ...................................................... 144
4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1131/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Mehr individuelle Freiheit beim Kinderbetreuungsgeld (2065 d.B.) ............................................................................................... 144
5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2748/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung der Kinderbetreuungszeit (2066 d.B.) ................................................................................................ 144
Redner:innen:
Petra Wimmer .......................................................................................................... 145
Norbert Sieber .......................................................................................................... 149
Rosa Ecker, MBA ...................................................................................................... 151
Barbara Neßler ........................................................................................................ 154
Michael Bernhard .................................................................................................... 156
Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ......................................................... 158
Maximilian Köllner, MA ........................................................................................... 160
Christian Ries ........................................................................................................... 161
Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Rosa Ecker, MBA, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Reform des Kinderbetreuungsgeldes“ – Ablehnung ........................ 146, 163
Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 2063, 2065 und 2066 d.B. ....... 163
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2064 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Härtefall-Regelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“ (326/E) ................................................................. 163
Gemeinsame Beratung über
6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2048 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Zweckzuschüsse an Länder und Gemeinden für die Durchführung der Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und
ein Bundesgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen für das COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Psychotherapiegesetz, das Sanitätergesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert werden (COVID-19-Überführungsgesetz) (2054 d.B.) ...... 165
7. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (2055 d.B.) ...................................................................................................... 165
8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2053 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (2057 d.B.) .................................................... 165
9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3216/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Covid-19-Impfbeschaffungsverträge mit dem Pharmakonzern Pfizer (2058 d.B.) ........................................................................ 165
Redner:innen:
Rudolf Silvan ............................................................................................................ 166
Laurenz Pöttinger (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 173
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 173
Mag. Gerhard Kaniak ............................................................................. 176, 200
Dr. Werner Saxinger, MSc ....................................................................................... 178
Fiona Fiedler, Bed .................................................................................................... 181
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 182
Dr. Josef Smolle ...................................................................................... 184, 199
Peter Wurm .............................................................................................................. 186
Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 196
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 196
Philip Kucher ............................................................................................................ 203
Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... 205
Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesundheitsversorgungspaket“ – Ablehnung ... 168, 208
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes“ – Ablehnung ......................................................... 190, 208
Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2054, 2055 und 2057 d.B. .................. 208
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2058 d.B. .......................................... 208
Gemeinsame Beratung über
10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2049 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem nähere Regelungen zu einem Elektronischen Eltern-Kind-Pass getroffen werden (eEltern-Kind-Pass-Gesetz – EKPG), erlassen wird sowie das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Eltern-Kind-Pass-Gesetz) (2056 d.B.) ............................................................................................................... 210
11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3029/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS (2059 d.B.) ........................... 210
12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3217/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung im Gesundheitssystem vorantreiben (2060 d.B.) .............. 210
Redner:innen:
Gabriele Heinisch-Hosek ......................................................................................... 211
Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................. 213
Peter Wurm .............................................................................................................. 217
Barbara Neßler ........................................................................................................ 220
Fiona Fiedler, Bed .................................................................................................... 222
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 224
Ing. Josef Hechenberger .......................................................................................... 225
Mario Lindner ........................................................................................................... 227
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 229
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 232
Karl Schmidhofer ..................................................................................................... 235
MMag. Katharina Werner, Bakk. ........................................................................... 237
Henrike Brandstötter .............................................................................................. 239
Rückverweisung des Berichtes 2056 d.B. des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage 2049 d.B. an den Gesundheitsausschuss ........... 241
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2059 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS“ (327/E) ..................................................................................................................... 241
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2060 d.B. .......................................... 241
13. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den
Antrag 3429/A der Abgeordneten Kira Grünberg, Heike Grebien,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Bundesgesetz über eine Bundeszuwendung an den Verein Licht ins Dunkel –
Verein für Menschen mit
Behinderungen und sozialer Benachteiligung (Licht-ins-
Dunkel-Zuwendungsgesetz – LiDZG) erlassen wird
(2068 d.B.) ..................... 242
Redner:innen:
Kai Jan Krainer ......................................................................................................... 243
Kira Grünberg .......................................................................................................... 244
Maximilian Linder .................................................................................................... 247
Heike Grebien .......................................................................................................... 248
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................. 252
Christoph Stark ........................................................................................................ 253
Mag. Karin Greiner .................................................................................................. 333
Annahme des Gesetzentwurfes in 2068 d.B. ..................................................... 334
14. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3410/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Sobotka, Doris Bures, Ing. Norbert Hofer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parlamentsgebäudesanierungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Überschreitung der Höchstgrenzen des Parlamentsgebäudesanierungsgesetzes erteilt wird, erlassen wird (2067 d.B.) ...................................................................................................... 334
Annahme des Gesetzentwurfes in 2067 d.B. ..................................................... 335
Gemeinsame Beratung über
15. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d.B.) .......................................................... 335
16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3254/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimabonus für verurteilte Straftäter inklusive Antragsservice abschaffen (2072 d.B.) ............................................................................................... 335
Redner:innen:
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 336
Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 338
Walter Rauch ........................................................................................................... 342
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................... 347
Michael Bernhard .................................................................................................... 350
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. 356
Joachim Schnabel .................................................................................................... 359
Michael Bernhard (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 361
Andreas Kollross ...................................................................................................... 362
Lukas Hammer ......................................................................................................... 364
Maximilian Linder .................................................................................................... 367
Mag. Ernst Gödl ....................................................................................................... 369
Christian Lausch ...................................................................................................... 372
Franz Hörl ................................................................................................................. 375
Andreas Minnich ...................................................................................................... 379
Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Sanierungszwang und zum Verbot von Öl- und Gasheizungen“ – Ablehnung .......................................... 344, 380
Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“ – Ablehnung .............................................................................................. 353, 380
Annahme des Gesetzentwurfes in 2071 d.B. ..................................................... 380
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2072 d.B. .......................................... 380
17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3423/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II (2073 d.B.) ...... 382
Redner:innen:
Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. 382
Robert Laimer .......................................................................................................... 385
Walter Rauch ........................................................................................................... 386
Mag. Friedrich Ofenauer ......................................................................................... 387
Michael Bernhard .................................................................................................... 390
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. 391
Alois Kainz ................................................................................................................ 394
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. 396
Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................. 397
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2073 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II“ (328/E) .......................................... 399
18. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über
den 46. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis
31. Dezember 2022)
(III-846/2069 d.B.) .................................................................................................. 400
Redner:innen:
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. 400
Rudolf Silvan ............................................................................................................ 402
Werner Herbert ........................................................................................................ 404
Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................. 410
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................... 411
Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. 414
Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................ 416
Christian Lausch ...................................................................................................... 418
Bedrana Ribo, MA .................................................................................................... 420
Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... 422
Ing. Josef Hechenberger .......................................................................................... 424
Mario Lindner ........................................................................................................... 426
Volksanwältin Gabriela Schwarz ............................................................................ 428
Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz ........................................................................ 432
Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz ...................................................................... 437
Alexander Melchior ................................................................................................. 440
Ing. Reinhold Einwallner .......................................................................................... 442
MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................. 444
Mag. Bettina Rausch ............................................................................................... 446
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 448
Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Asylstopp – keine Wiederholung der Migrationskrisen 2015 und 2022“ – Ablehnung .................................................. 406, 451
Kenntnisnahme des Berichtes III-846 d.B. .......................................................... 451
Eingebracht wurden
Volksbegehren ........................................................................................................ 77
2074: Volksbegehren „ECHTE Demokratie – Volksbegehren“
2075: Volksbegehren „Beibehaltung Sommerzeit“
2076: Volksbegehren „GIS Gebühren NEIN“
2077: Volksbegehren „Lieferkettengesetz Volksbegehren“
2078: Volksbegehren „Unabhängige JUSTIZ sichern“
2079: Volksbegehren „NEHAMMER MUSS WEG“
2080: Volksbegehren „BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!“
Petition .................................................................................................................... 78
Petition betreffend „Psychotherapie als Leistung der Krankenkasse“ (Ordnungsnummer 123) (überreicht von den Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd und Mag. Yannick Shetty)
Bürgerinitiative ....................................................................................................... 78
Bürgerinitiative betreffend „die Initiative ,Mut zeigen!‘: Forderung von gesetzl. Änderungen für Personen, die einen Schwangerschaftsverlust unter 500 Gramm (sog. Fehlgeburten) erlitten haben“ (Ordnungsnummer 59)
Regierungsvorlage ................................................................................................. 78
2070: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Schutzunterkünfte und Begleitmaßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder (Frauen-Schutzunterkunfts-Vereinbarung – FSchVE)
Berichte ................................................................................................................... 78
III-951: Bericht betreffend COVID-19-Förderungen durch die Agrarmarkt Austria – Reihe BUND 2023/15; Rechnungshof
III960: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Mai 2023; BM f. Justiz
III-961: Bericht betreffend Tourismus in Österreich 2022; BM f. Arbeit und Wirtschaft
III-962: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2022; BM f. Arbeit und Wirtschaft
Anträge der Abgeordneten
Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jobgarantie für die von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten durch die Bundesregierung (3436/A)(E)
Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regierung muss endlich Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung aufgeben! (3437/A)(E)
Mag. (FH) Kurt Egger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert werden (3438/A)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachfrist Uni-Zulassung (3439/A)(E)
MMMag. Gertraud Salzmann, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung von Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit an den Schulen (3440/A)(E)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplettausstieg aus russischem Gas und ein Ende der Kriegsfinanzierung durch österreichische Gaskunden noch 2023 (3441/A)(E)
Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorgezogene Pensionsanpassung zur Abfederung der Teuerung (3442/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Working Holiday Visa für Beitrittskandidatenstaaten (3443/A)(E)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Befristete Arbeitsverhältnisse als Hürde für Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld (3444/A)(E)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entminungshilfe nach Dammsprengung (3445/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entminungshilfe nach Dammsprengung (3446/A)(E)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gebäudesanierung als Schlüssel zum Klimaschutz (3447/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minimierung russischen bilateralen Personals in Österreich (3448/A)(E)
Elisabeth
Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen
und Kollegen betreffend „Einsatz auf EU-Ebene für strengere
Herkunftskennzeichnung von Honigmischungen
aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ (3449/A)(E)
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend
„Einsatz auf EU-Ebene für strengere Herkunftskennzeichnung von
Honigmischungen
aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ (3450/A)(E)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Lernmittel gleichwertig in die Schulbuchaktion aufnehmen (3451/A)(E)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzungsberichte zu NAP Behinderung 1+2 (3452/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung des biologischen Geschlechts in Bädern (3453/A)(E)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine
weiteren Autofahrerschikanen durch die Einführung eines autofreien Tages
(3454/A)(E)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine flächendeckende Autofahrerschikane durch Beschränkung der Geschwindigkeiten im Ortsgebiet auf 30 km/h, auf Freilandstraßen auf 80 km/h und auf Autobahnen auf 100 km/h (3455/A)(E)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der ÖH (3456/A)(E)
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung
einer Studie über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der
Klimakleber-Aktionen in Österreich (3457/A)(E)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einmal WGG, immer WGG“ und Stärkung der gemeinnützigen Entgeltbildung (3458/A)(E)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forderungskatalog der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (3459/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung des biologischen Geschlechts in Bädern (3460/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – „Österreicher zuerst“! (3461/A)(E)
Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch als Pausensprache (3462/A)(E)
Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem nähere Regelungen zu einem Elektronischen Eltern-Kind-Pass getroffen werden (eEltern-Kind-Pass-Gesetz – EKPG) erlassen wird sowie das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Eltern-Kind-Pass-Gesetz) (3463/A)
Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdölbevorratungsgesetz 2012 (EBG 2012) geändert wird (3464/A)
Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert wird (3465/A)
August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Ärztegesetz 1998 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (GuKG-Novelle 2023) (3466/A)
Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (3467/A)
Andreas Minnich, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Bundeskrisenlagers für den
Gesundheitsbereich sowie über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager (Bundeskrisenlagergesetz – BKLG) (3468/A)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden (3469/A)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden (3470/A)
Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Beherbergungsformen fördern und nachhaltigen Tourismus absichern (3471/A)(E)
Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsvergabe der öffentlichen Hand an touristische Betriebe unter der Auflage der Existenz eines Betriebsrats im Betrieb gemäß dem Arbeitsverfassungsgesetz (3472/A)(E)
Dipl.-Ing. Georg Strasser, Clemens Stammler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sichtbarmachung der sozialen und psychischen Herausforderungen für österreichische Bäuerinnen und Bauern und einem Bekenntnis zur Unterstützung, u.a. durch Weiterführung und Ausbau des bäuerlichen Sorgentelefons.“ (3473/A)(E)
Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988 geändert wird (3474/A)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967) BGBI 267/1967 geändert wird (3475/A)
Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (3476/A)
Dr. Elisabeth Götze, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fort- und Weiterbildung von Selbstständigen: Evaluierung steuerlicher und sonstiger Maßnahmen zur Unterstützung und Förderung der Selbstständigen als Teil des „KMU-Berichts“ (3477/A)(E)
Tanja Graf, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021, das Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie das Familienzeitbonusgesetz geändert werden (3478/A)
Anfragen der Abgeordneten
Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Einschränkung der Meinungsfreiheit des Grünen Parlamentsklub durch Angehörige des Österreichischen Bundesheers (15201/J)
Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Versuche der Einschüchterung und der Einschränkung der Meinungsfreiheit des Grünen Parlamentsklub durch die iranische Botschaft (15202/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Sabotage des Projekts S18 durch die Ministerin (15203/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Postenkorruption bei der Bundespensionskasse? (15204/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Erstellung einer „Ghettoliste“ (15205/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erstellung einer „Ghettoliste“ (15206/J)
Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Netzwerk Kulinarik: Endlich Transparenz über Personalkosten! (15207/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Mülltrennung in Betrieben (15208/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Mülltrennung in Betrieben (15209/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend
Peer-reviewede Studie zur Übersterblichkeit in Deutschland
in den Jahren 2020 – 2022 (15210/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pandemievertrag (15211/J)
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Finanzen betreffend Beschaffung der strategischen Gasreserve
(15212/J)
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Beschaffung der strategischen Gasreserve (15213/J)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau widersprechen wissenschaftlichen Erkenntnissen der WIFO-Studie „Die preisdämpfende Wirkung des gemeinnützigen Wohnbaus in Österreich“ (15214/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Welle der Gewalt rollt durch Wien! (15215/J)
Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Postsportgelände (15216/J)
Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Inoffizielle Gesprächskanäle nach Moskau“ (15217/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fahrschulschließungen und Insolvenzen (15218/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Die energiepolitischen Irrfahrten der Bundesregierung: Wo steckt das angekündigte LNG-Schiff aus Abu Dhabi? (15219/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Erstellung einer „Ghettoliste“ (15220/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Erstellung einer „Ghettoliste“ (15221/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMEIA im 1. Quartal 2023 (15222/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMLV im 1. Quartal 2023 (15223/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMEUV im 1. Quartal 2023 (15224/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMKÖS im 1. Quartal 2023 (15225/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMF im 1. Quartal 2023 (15226/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BKA im 1. Quartal 2023 (15227/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMK im 1. Quartal 2023 (15228/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BML im 1. Quartal 2023 (15229/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMI im 1. Quartal 2023 (15230/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMFFIM im 1. Quartal 2023 (15231/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMSGPK im 1. Quartal 2023 (15232/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMJ im 1. Quartal 2023 (15233/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMBWF im 1. Quartal 2023 (15234/J)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Verwendung Bundeszuschussmittel Ausbau Kinderbetreuung 2018/19, 2019/20 und 2020/21, Tagesmütter und ‑väter und Sprachförderung (15235/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMAW im 1. Quartal 2023 (15236/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend geplanter rechtsterroristischer Anschlag auf Veranstaltung der KPÖ (15237/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend geplanter rechtsterroristischer Anschlag auf Veranstaltung der KPÖ (15238/J)
Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend negative Folgen der Auslagerung der Pathologie an der Universität Innsbruck (15239/J)
Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Längerfristiger Umgang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine“ (15240/J)
Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Teilnahme am Ethikunterricht“ (15241/J)
Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Sommerschule“ (15242/J)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Österreichs Beteiligung am Wiederaufbau der Ukraine (15243/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Überstunden im BMAW für das 1. Quartal 2023 (15244/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Überstunden im BMKÖS für das 1. Quartal 2023 (15245/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstunden im BMI für das 1. Quartal 2023 (15246/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Überstunden im BMK für das 1. Quartal 2023 (15247/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Überstunden im BKA für das 1. Quartal 2023 (15248/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Überstunden im BMEIA für das 1. Quartal 2023 (15249/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Überstunden im BMSGPK für das 1. Quartal 2023 (15250/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überstunden im BMF für das 1. Quartal 2023 (15251/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Überstunden im BMFFIM für das 1. Quartal 2023 (15252/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Überstunden im BMEUV für das 1. Quartal 2023 (15253/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden im BMJ für das 1. Quartal 2023 (15254/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Überstunden im BMBWF für das 1. Quartal 2023 (15255/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Überstunden im BML für das 1. Quartal 2023 (15256/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Überstunden im BMLV für das 1. Quartal 2023 (15257/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend OGH-Urteil: Mütterfeindliche Wochengeldfalle ist rechtswidrig (15258/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Familienbeihilfe für im Ausland wohnhafte Kinder 2022 (15259/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes aufgrund fehlender Übermittlung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen 2022 (15260/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Verlust des Anspruchs auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld bei mehr als 14-tägigem Krankengeldbezug 2022 (15261/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMI für das 1. Quartal 2023 (15262/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMLV für das 1. Quartal 2023 (15263/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMEUV für das 1. Quartal 2023 (15264/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMKÖS für das 1. Quartal 2023 (15265/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMJ für das 1. Quartal 2023 (15266/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BML für das 1. Quartal 2023 (15267/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMFFIM für das 1. Quartal 2023 (15268/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMK für das 1. Quartal 2023 (15269/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMEIA für das 1. Quartal 2023 (15270/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMBWF für das 1. Quartal 2023 (15271/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMF für das 1. Quartal 2023 (15272/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMAW für das 1. Quartal 2023 (15273/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMSGPK für das 1. Quartal 2023 (15274/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BKA für das 1. Quartal 2023 (15275/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ausfall Zugverkehr 13.04.2023 (15276/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend BFA Qualitätssicherung Referent:innen (15277/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Warum ist die Arbeitslosenversicherung in Österreich so teuer? (15278/J)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Qualifikation von Lehrkräften (15279/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Außerlandesbringung der Familie Lopez: Warum werden Fachkräfte abgeschoben? (15280/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Untätigkeit der Behörden bei Verstößen gegen Spielerschutz? (15281/J)
Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Förderungen an den Österreichischen Pennäler Ring (ÖPR) (15282/J)
Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung gegen Udo Guggenbichler (15283/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmenvollzugsreform 2022 – Nicht zu Ende gedacht? (15284/J)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend ELGA Nutzung (15285/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Pensionsanpassung 2024 für Pensionsansprüche der Bundesbeamten, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (15286/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Pensionsanpassung 2024 in der gesetzlichen Pensionsversicherung (15287/J)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (14321/AB zu 14809/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (14322/AB zu 14808/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (14323/AB zu 14811/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14324/AB zu 14812/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14325/AB zu 14813/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14326/AB zu 14815/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14327/AB zu 14814/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (14328/AB zu 14816/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (14329/AB zu 14817/J)
*****
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (69/ABPR zu 69/JPR)
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (70/ABPR zu 71/JPR)
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (71/ABPR zu 70/JPR)
Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zur 219. Sitzung des Nationalrates begrüßen. Die Sitzung ist eröffnet.
Ich begrüße die Damen und Herren auf der Galerie, die Journalisten und vor allem auch die Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen herzlich.
Ich darf gleich zu Beginn Philip Kucher, dem neuen Klubobmann der SPÖ, recht herzlich gratulieren. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja der Babler!) Ich wünsche Ihnen für diese verantwortungsvolle Tätigkeit – dann auch in der Präsidiale – alles Gute. Herzliche Gratulation! (Allgemeiner Beifall.)
Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 217. Sitzung sowie das Amtliche Protokoll der 218. Sitzung vom 1. Juni 2023 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.
Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Martina Kaufmann, MMSc BA, Maximilian Lercher, Josef Muchitsch, Rainer Wimmer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Christian Ragger und Dr.in Stephanie Krisper.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Bundeskanzleramt hat über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin
Kocher wird durch die Staatssekretärin im Bundeministerium
für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler vertreten,
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus
Brunner, LL.M. durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc.
*****
Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung wie üblich bis 13 Uhr auf ORF 2, bis 19.15 Uhr auf ORF III und dann kommentiert in der TVthek übertragen wird.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen somit gleich zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Gemeinsam Gesund: Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung“
Ich darf Herrn Bundesminister Rauch recht herzlich in unserer Mitte begrüßen.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. Er weiß, dass er zur Begründung 10 Minuten Redezeit zur Verfügung hat. – Bitte.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Vorneweg: Lieber Philip, auch von meiner Seite herzliche Gratulation zu deiner neuen Funktion! Genauso euch, liebe Julia und liebe Evi, herzliche Gratulation zu euren neuen Funktionen! Philip, ich hoffe, du bleibst uns als Gesundheitssprecher erhalten, es wäre doch schade, wenn du dieses Thema abgeben würdest. (Abg. Belakowitsch: Na, na! – Abg. Wurm: Na ja, so gut war er nicht! – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Heiterkeit des Redners. – Abg. Kickl: Es lebe die Zwangsimpfung!) Ich gratuliere auf jeden Fall! (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Ich finde es sehr schön und auch sehr passend, dass wir heute, am 14. Juni, über unser Gesundheitswesen reden. Der 14. Juni – viele von Ihnen wissen es
vielleicht – ist der Weltblutspendetag. Für diejenigen, die es nicht wissen: In Österreich wird alle 90 Sekunden eine Blutspende benötigt. Bei Notfällen, für Therapien, Behandlungen oder Operationen braucht man gespendetes Blut. Es gibt ja bekanntermaßen immer im Sommer ein Problem, da die Vorräte an Spenderblut da zur Neige gehen. Da gibt es Engpässe, und deshalb möchte ich den Beginn meiner Rede heute auch dazu nutzen, Sie alle miteinander aufzufordern, Sie darum zu bitten, Blut spenden zu gehen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.) Es hilft, es ist ein Akt der Solidarität, und das Schöne daran ist, dass es seit 31. August 2022 diskriminierungsfrei möglich ist. Auch das ist eine gute Sache. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Kucharowits und Lindner.)
Wenn wir schon von Solidarität reden, dann müssen wir natürlich auch das österreichische Gesundheitswesen, das ja ein solidarisches System sein soll und ist, thematisieren. Jeder und jede trägt etwas bei, damit jede und jeder von uns entsprechende medizinische Behandlung und medizinische Versorgung bekommt. Das Prinzip sollte an sich lauten: Die E-Card und nicht die Kreditkarte zählt. (Beifall bei den Grünen.)
Wir, so ehrlich müssen wir auch sein, bewegen uns momentan etwas weg von diesem Prinzip – „etwas“ ist vielleicht ein Euphemismus. Woran liegt das? – Schauen wir uns die aktuelle Ausgangslage an: Es gibt momentan in den Spitälern eine extrem schwierige Situation. Es lastet massiver Druck auf den Spitälern, es gehen immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Spitälern weg, weil sie eben den Druck, diesen Frust, der sich da aufbaut, nicht mehr aushalten. Das liegt daran, dass sie ständig Überstunden machen müssen, ständig für andere einspringen müssen und keine Planbarkeit, keine Work-Life-Balance mehr haben. Das wird von den Mediziner:innen, aber natürlich auch – und das ganz besonders – vom Pflegepersonal an uns herangetragen.
Ein Beispiel – gleich vorneweg: es ist aus Wien; ich möchte aber hier kein Wienbashing betreiben, ich weiß, dass diese Situation auch in den anderen
Bundesländern in ähnlicher Form vorherrscht –: In Wien sind aktuell fast 700 Stellen im medizinischen Bereich ausgeschrieben.
Letztes Jahr gab es 70 Gefährdungsanzeigen, 25 davon in einem einzigen Spital. Es gibt aktuell 800 gesperrte Betten in Wien, das entspricht in etwa einem ganzen Krankenhaus. Diese Situation herrscht, wie schon gesagt, auch in anderen Bundesländern, das ist nicht nur in Wien so, sondern auch in anderen Bundesländern. (Abg. Silvan: In Niederösterreich!)
Das ist, bitte schön, auch nur ein Aspekt der Thematik, bei der es einerseits um hausgemachte Probleme der Spitalsbetreiber, der Spitalserhalter geht. Auf diesen Aspekt weisen uns auch der ÖGKV – die Vertretung der Pflegekräfte in Österreich – und die Kurie der angestellten Ärztinnen und Ärzte in der Ärztekammer immer wieder zu Recht hin.
Was ich an dieser Stelle auch noch sagen möchte: Die Forderung der Ärztekammer nach Ambulanzgebühren lehnen wir natürlich kategorisch ab, weil das kein Problemlöser für die Situation in den Spitälern ist. Das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt. (Beifall bei den Grünen.)
Warum sind die Ambulanzen momentan derart massiv belastet? – Es liegt definitiv nicht daran, dass wir in Österreich nicht genügend Ärztinnen und Ärzte hätten: Wir haben aktuell über 48 000 Ärztinnen und Ärzte. Wir hatten noch nie so viele Medizinerinnen und Mediziner, die an sich berechtigt und befähigt wären, in Österreich zu ordinieren, aber wir haben viel zu wenige im niedergelassenen Bereich, viel zu wenige, die systemrelevant – auf Kassenkosten – arbeiten. Das ist unsere Herausforderung, das ist unser Problem.
Damit ergibt sich für die Menschen draußen eine Problemstellung: Entweder man kann es sich leisten, zu einem Wahlarzt zu gehen, wenn man dringend etwas braucht und kein kassenfinanzierter Arzt in der Nähe ist, oder man muss sich in eine Ambulanz setzen und darauf warten, dass man irgendwann drankommt. Damit wird das Spitalspersonal entsprechend belastet.
Das sind wie gesagt nur zwei Aspekte dieser Herausforderung. Es gibt natürlich deutlich mehr Herausforderungen und deutlich mehr Aspekte in dem Ganzen – aber diese zwei Punkte möchten wir dezidiert hervorheben.
Kommen wir deshalb dazu, was wir aktuell machen, kommen wir zum Ausblick, kommen wir dazu, wie wir dieses Problem lösen möchten! Das eine ist: Wir haben aktuell eine historische Chance – ich gehe davon aus, dass der Bundesminister das nachher auch noch einmal darlegen wird –, die historische Chance des Finanzausgleichs, mit dem die Finanzierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen geregelt wird. Das ist deshalb eine historische Chance, weil endlich auch die Landesgesundheitsreferent:innen, die Bundesländer, erkannt haben, dass uns nur ein Ausbau des niedergelassenen Bereichs wirklich helfen wird, den Spitälern diesen Druck langfristig zu nehmen und wieder patientenorientierte, wohnortnahe Versorgung sicherzustellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Ziele dabei sind der Ausbau und die Stärkung des niedergelassenen Bereichs – auch und speziell in ländlichen Regionen –, damit einhergehend die Verbesserung der Situation in den Ambulanzen, das Bereitstellen von mehr kassenfinanzierten Facharztstellen – auch in den ländlichen Regionen – und das patientinnen- und patientenorientierte Einsetzen der Mittel – auch beispielsweise dadurch, dass die Tagesrandzeiten und die Wochenenden entsprechend stärker bespielt werden. – Das ist das eine.
Das andere ist: Wir müssen uns ansehen, wie wir es schaffen können, den sogenannten niedergelassenen Bereich zu stärken. Seit 2017 haben wir ein wichtiges und gutes Mittel an der Hand. 2017 wurde hier im Hohen Haus das sogenannte Primärversorgungsgesetz beschlossen. Primärversorgungseinheiten sind der Zusammenschluss mehrerer Medizinerinnen und Mediziner, um wohnortnahe gute Versorgung gewährleisten zu können. Der Vorteil für die Patient:innen sind längere Öffnungszeiten. Der Vorteil für die Mediziner:innen ist auf der einen Seite das auf mehrere Schultern verteilte
wirtschaftliche Risiko und das interprofessionelle, interdisziplinäre, teamorientierte Arbeiten in diesen PVEs. Das ist natürlich wiederum auch ein Vorteil für die Patientinnen und Patienten.
Nur: Statt der damals avisierten 79 PVEs, die wir bis heute in Österreich haben sollten, haben wir bisher nur 40. Es gibt sogar Bundesländer, wo es noch keine einzige PVE gibt – maximal ist dort eine geplant. Das heißt, wir müssen uns ansehen, woran das liegt.
Dementsprechend werden wir das Primärversorgungsgesetz adaptieren, novellieren, reformieren, wenn Sie so wollen. In Zukunft braucht man nur mehr zwei – statt bisher drei – Medizinerinnen und Mediziner zur Gründung einer PVE. Auch Gynäkologinnen und Gynäkologen oder Kinder- und Jugendheilkundler können künftig eine PVE gründen. Wir ermöglichen damit auch die Gründung von eigenen, spezialisierten Kinder- und Jugendheilkundeprimärversorgungseinheiten. Es gibt in Zukunft kein Veto einer einzelnen Berufsgruppe bei der Ausschreibung dieser PVEs mehr. Damit sind in Zukunft kürzere Fristen und schnellere Ausschreibungen für PVEs möglich.
Was mir persönlich ein Herzensanliegen ist: Auch sogenanntes nichtärztliches Personal, also der gehobene Pflegebereich, MTD-Berufe, können in Zukunft an der Gründung von sogenannten Primärversorgungseinheiten mitwirken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ein Hinweis sei mir an dieser Stelle gestattet: Der letzte Aspekt, den ich gerade erwähnt habe, wurde auch von vielen jungen Medizinerinnen und Medizinern aktiv eingefordert. Sie sagen: Das ist Arbeiten auf Augenhöhe, teamorientiertes Arbeiten, interdisziplinäres, interprofessionelles Arbeiten. Das ist es, was wir wollen, so wollen wir Patientinnen- und Patientenversorgung in Österreich sicherstellen.
Damit geben wir uns aber nicht mehr zufrieden. Wir sagen nicht: Schauen wir, dass wir so die 79 PVEs bekommen, die wir 2017 projektiert haben! Stattdessen wollen wir – der Minister hat das ja vor wenigen Wochen auch
bereits angekündigt – in Summe 120 PVEs oder mehr in Österreich haben. Dafür haben wir auch entsprechende EU-Mittel aus der RRF – der Recovery and Resilience Facility der EU – zur Verfügung. 100 Millionen Euro hat die EU uns zum Ausbau der PVEs gegeben. Ein Teil davon wurde bereits verwendet, aber es ist immer noch sehr, sehr viel Geld vorhanden. Dieses Geld wollen wir natürlich nutzen, um die wohnortnahe interdisziplinäre Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ist das der Weisheit letzter Schluss? – Nein, das ist nur ein Aspekt, es gibt aber noch viele mehr. Wie gesagt, man muss die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit betrachten. Man muss den Finanzausgleich, den ich eingangs erwähnt habe, miteinbeziehen, Maßnahmen, wie wir sie am Wochenende angekündigt haben. All das zusammen wird es ermöglichen, dass wir die Versäumnisse der letzten 15, 20, 30 Jahre in Österreich endlich beseitigen können, dass wir den Reformstau beseitigen, dass wir endlich weiterkommen und ein patientinnen- und patientenorientiertes Gesundheitswesen auf den Weg bringen.
Es gibt natürlich auch noch andere Bereiche, derer wir uns annehmen werden: die psychosoziale Versorgung; wir müssen uns das Sanitätergesetz anschauen; wir müssen und werden uns die Medikamentenversorgung sowie eine Aufwertung der Pflege- und MTD-Berufe ansehen. Diese brauchen mehr Kompetenzen, sie müssen aufgewertet werden, müssen eine viel tragendere Rolle in diesem System spielen, als sie es bisher durften. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Dann macht es! Wieso macht ihr es nicht einfach? Machen, nicht fordern, Herr Kollege!)
Zum Schluss: Die heutige Situation ist nicht das Ergebnis
von wenigen Monaten oder der Arbeit der letzten Jahre, sondern eine
Verantwortung aus den letzten 15, 20, vielleicht sogar
30 Jahren – eine Verantwortung, die wir alle hier zu tragen
haben, insbesondere auch jene Parteien, die in den letzten
15, 20, 30 Jahren im Haus die Gesundheitsminister gestellt haben. Ich
würde
darum bitten, dass wir es auch so betrachten: als gemeinsame Verantwortung. Wir machen hier etwas, und ich würde Sie darum bitten: Machen wir es gemeinsam! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Bitte sehr.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Aktuelle Stunde gibt mir die Gelegenheit, auf einige Aspekte einzugehen. Unser Gesundheitssystem steht unzweifelhaft, und das ist feststellbar, vor großen Herausforderungen. Ich möchte mit einer beginnen, die ich immer wieder versuche darzulegen.
Die Situation in Österreich ist, dass wir im System sehr viele Player haben: die Bundesländer in ihrer Unterschiedlichkeit – ein föderaler Staat –, die Selbstverwaltung – die ÖGK – und selbstverständlich den Bund. Die Situation ist auch, dass wir aufgrund der Komplexität auch entlang der Finanzierungsströme im Grunde nur zwei Aggregatzustände kennen: gesund oder krank. Wir nehmen viel zu wenig darauf Bedacht, dass es die Vorsorge und die Nachsorge und die Rehabilitation braucht und dass diese gemeinsam betrachtet werden müssen. Es ist mein Bemühen, diese vier zentralen Bestandteile der Gesundheitspolitik wieder zusammenzubringen. Das fehlt bislang deutlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was heißt das nun? – Im europäischen Vergleich, auch im OECD-Schnitt, wenden wir viel Geld für unser Gesundheitswesen auf. Wir sind – das möchte ich betonen – im Vergleich der europäischen Staaten mit einer guten Gesundheitsversorgung, einer Gesundheitsversorgung von hoher Qualität ausgestattet, die jetzt aber mitunter daran leidet, dass wir beispielsweise im
niedergelassenen Bereich einfach zu wenige Ärztinnen und Ärzte mit
Kassenverträgen haben. Die Tendenz der letzten Jahre war dahin
gehend, dass die Anzahl der Wahlärztinnen und Wahlärzte deutlich
gestiegen ist und die Anzahl der Kassenärztinnen und Kassenärzte
gleich geblieben ist. Das ist ein
Problem.
Das ist vor allem für jene Menschen ein Problem, die darauf angewiesen sind, einen raschen und niederschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung zu bekommen, und die nicht in der Lage sind, an der Kasse mit der Kreditkarte zu bezahlen, sondern die Versorgungsleistung mit der E-Card haben möchten. Deshalb braucht es das Drehen an Stellschrauben, um die Voraussetzungen zu verändern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es braucht – und das ist Teil dieser Reform – eine deutliche Stärkung des niedergelassenen Bereichs, denn nur so wird es gelingen, den Zug in die Spitalsambulanzen einzubremsen. Es macht keinen Sinn, wenn Menschen aufgrund dessen, dass eine Mangelerscheinung im niedergelassenen Bereich vorhanden ist, automatisch immer sofort ins teuerste aller Systeme gehen, nämlich ins Spital und in die Spitalsambulanz. Und da die Rahmenbedingungen zu verbessern, Verträge besser zu dotieren, einen Gesamtvertrag zu haben, von dem in Österreich schon so lange gesprochen wird, das ist eine der Voraussetzungen, um in die Gänge zu kommen.
Was ich nach einem Jahr erkannt
habe – so lange bin ich ja noch nicht in diesem Job –,
ist, dass es genau zwei Möglichkeiten gibt, in Österreich derart
grundlegende Reformen in einem Gesundheitssystem zustande zu bekommen: Entweder
gibt es eine Bundesstaatsreform, in der Kompetenzen und Einnahmen-,
Ausgabenverantwortlichkeiten neu geregelt werden – die sehe ich
ehrlich gesagt nicht am Horizont (Abg. Meinl-Reisinger: Warum?) –,
oder es gibt den Finanzausgleich. (Abg. Meinl-Reisinger: Warum?) –
Warum ich sie nicht sehe? (Abg. Meinl-Reisinger: Man kann es mal
versuchen! Man muss es versuchen!) – Weil es schon einmal
einen Versuch gegeben hat. Ich bin bei einer Bundesstaatsreform gerne mit
dabei, ich würde sie begrüßen (Abg.
Meinl-Reisinger: Nehmen Sie einmal einen Anlauf!), aber das ist, Frau Klubvorsitzende, in der Zeit, die ich jetzt habe, nicht zu leisten.
Ich habe aber jetzt den Finanzausgleich. Das ist das Einfallstor, wenn Sie so wollen, um bei der Verteilung der Mittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden darauf zu achten, wie dieses Instrument genützt werden kann, um zu Reformen zu kommen. Das haben die Bundesländer nämlich selbst erkannt, sie haben einen Beschluss gefasst, gemeinschaftlich – die roten und die schwarzen Bundesländer –, zu sagen, ja, wir sind bereit für Reformen. Und dann braucht es frisches Geld im System – und genau diese Mechanik wird im Finanzausgleich jetzt zum Tragen kommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das ist auch deshalb wichtig, weil die Verantwortlichkeiten auf Landesebene ja bei den Spitälern liegen und über die Regionalen Strukturpläne Gesundheit mehr Verbindlichkeit hineinkommen muss, dass dort Sicherheit besteht. Das kann nur gelingen, wenn da alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Das ist ja mein Bemühen sozusagen, die Sozialversicherung in ihrer Vielfältigkeit, die Bundesländer in ihrer Vielfältigkeit und alle, die damit zu tun haben, an einen Tisch zu bekommen und darauf zu verständigen: Okay, wir haben eine Mangelerscheinung im niedergelassenen Bereich, wir stärken dort die Arbeitsbedingungen, wir setzen auf die Primärversorgung.
Einen Satz noch zum Thema Primärversorgung: Das Gesetz, das heute im Nationalrat behandelt wird, dieses Primärversorgungsgesetz, ist deshalb so wichtig, weil damit die Voraussetzung dafür geschaffen wird, dass es künftig viel einfacher und unbürokratischer möglich sein wird, Primärversorgungseinrichtungen zu schaffen. Diese haben einfach Zukunftsmodellcharakter, weil sie ein Angebot bieten, das tageszeitlich ausgeweitet ist, wesentlich breiter aufgestellt ist. Die Urlaubsvertretung ist geklärt, die Zugänglichkeit ist leichter. Es ist auch das Angebot an Berufsgruppen, die dort Platz finden, ein breiteres.
Wir haben jetzt 40 Primärversorgungseinrichtungen in Österreich, 30 sind heuer in Vorbereitung, fünf davon sind Kinder-PVEs – das wird eine massive Verbesserung bringen.
Dieses Zukunftsmodell dockt auch dort an, wo sich Lebensbedingungen und Arbeitsbedingungen von Menschen verändern. Medizin ist – unter Anführungszeichen – zunehmend „weiblich“, und Frauen wollen nicht, wie früher eine Landärztin, ein Landarzt, 120 Patienten pro Tag in alleiniger Verantwortung abarbeiten. Die wollen im Team arbeiten, die wollen auf Augenhöhe arbeiten, die wollen alle Berufsgruppen mit dabei haben. Das wird damit geschaffen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Zur Anzahl der Ärztinnen
und Ärzte: Es wird oft beklagt, wir würden in Österreich
viel zu wenige Ärztinnen und Ärzte ausbilden. Das stimmt nicht. Wir bilden über
die letzten 15 Jahre in etwa immer gleich viele Medizinerinnen und
Mediziner aus. Wir sind in Österreich im OECD-Schnitt an dritter Stelle, was die
Anzahl der Ärztinnen und Ärzte pro 100 000 Einwohner:innen
angeht; das ist ausreichend, das ist gut. Was nicht stattfindet, ist eine
ausreichende Dotierung der Kassenarztstellen, und was wir erleben, ist, wie ich
dargestellt habe, der Zug in das Wahlarztsystem hinein. Das heißt: Auch
der Facharzt für Allgemeinmedizin, den wir schaffen, ist die
geforderte Attraktivierung des Berufes des niedergelassenen Arztes, der
niedergelassenen
Ärztin.
Wichtig sind die Primärversorgungseinrichtungen, die vertragliche Ausgestaltung und eine notwendige Diagnosecodierung, damit wir es endlich schaffen, in der Digitalisierung in Österreich so weit zu kommen, dass Patientendaten verfügbar sind, wo immer man sich als Patientin, als Patient befindet. Es ist ein Unding, dass man von A nach B nach C laufen muss, um alle seine Patientendaten zu bekommen. Das geht, das ist machbar, das ist möglich, und das wird jetzt über die Elga in Angriff genommen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Hörl und Smolle.)
Der Dreischritt – zuerst digital, dann ambulant und dann stationär – hat Potenzial, weil wir der Auffassung und der Überzeugung sind, dass wir mit der Nummer 1450 ein bestehendes System haben, das während der Coronapandemie bewiesen hat, was es kann. Wir müssen das als Abklärungseinheit ausbauen, die in der Lage ist, im Vorfeld Einschätzungen auf einer guten, auf einer hohen Fachlichkeit zu treffen, um dann Anweisungen oder Ratschläge geben zu können, was der nächste Schritt ist. Und der nächste Schritt kann, muss aber nicht in jedem Fall sein, in die Spitalsambulanz zu gehen, sondern er kann – ganz anders – auch sein, im niedergelassenen Bereich seine Versorgung zu bekommen.
Wie wird der Zeitablauf sein? Heute wurde das Primärversorgungsgesetz jedenfalls durch den Ministerrat dem Parlament zugeleitet. Es wird eine ganze Reihe von Begleitmaßnahmen geben müssen. Es ist auch klare Forderung der Bundesländer – und die teile ich –, die Beschlussfassung des Finanzausgleichs mit den Begleitgesetzen zu verknüpfen. Es wird das ASVG, es wird das GuKG, es werden andere Gesetze damit angepasst und beschlossen werden müssen. Nur wenn das im Herbst, im September gelingt und das vorliegt – Finanzrahmen, 15a-Legistik, Begleitgesetze –, wir es schaffen, das gemeinsam zu beschließen, dann ist das geschafft, wovon alle reden, wovon ich rede, nämlich Reformschritte – ich rede jetzt einmal von Reformschritten –, die notwendig sind, zustande zu bekommen.
Ich habe mir das auf die Fahnen geheftet, ich will das deshalb unbedingt, weil meine Überzeugung ist: Wenn jetzt der Finanzausgleich nicht genützt wird und fünf Jahre alles so bleibt, wie es ist, dann wird das im Gesundheitssystem zu Schwierigkeiten führen, die sich gewaschen haben. Das will ich nicht, das will ich nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten. Deshalb: Diesen Kraftakt jetzt zu leisten – auch wenn viele sagen, du wirst dir eine blutige Nase holen, du wirst scheitern wie alle vor dir –, das ist mir Verpflichtung, weil ich mir ewig vorwerfen würde, es nicht versucht zu haben. Wir sind – das kann ich sagen – mit allen Playern so weit gediehen - -
(Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) – Ich finde das nicht lustig, Frau Abgeordnete, weil das ein sehr ernstes Thema ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Das ist auch ein Kraftakt, der notwendig ist. Sie können mich dann daran messen, ob es gelungen ist oder nicht. Es kann schon sein, dass ich, wie viele vor mir, scheitern werde, aber es ist meine Absicht, das gemeinsam mit den Bundesländern, gemeinsam mit der Sozialversicherung, gemeinsam mit den Playern im System hinzubekommen, weil ich nicht will, dass in Österreich in fünf Jahren eine Situation vorherrscht, in der die Zweiklassenmedizin weitergediehen ist und die Leistungen für ärztliche Versorgung nicht in Anspruch genommen werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)
Deshalb gibt es diese Bemühungen, deshalb ergeht auch die Einladung an Sie alle, sich, wo auch immer Sie können, daran konstruktiv zu beteiligen. Meine Arbeitsintensität in dieser Frage ist eine hohe, meine Zuversicht allerdings auch, da etwas zustande zu bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.28
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Ab nun beträgt die Redezeit, wie Sie wissen, 5 Minuten. – Bitte sehr.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte ich als Gesundheitssprecher der Österreichischen Volkspartei Kollegen Philip Kucher ganz herzlich zu seiner neuen Funktion als geschäftsführender Klubobmann gratulieren. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Ich hoffe, du bleibst uns als Gesundheitssprecher erhalten. Du weißt, wie sehr wir den pointierten und manchmal ein bisschen angespitzten Gedankenaustausch mit dir schätzen. Alles Gute! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Für mich ist es jetzt schon 42 Jahre her, dass ich begonnen habe, als Arzt zu arbeiten, davon ein Vierteljahrhundert als Spitalsarzt an vorderster Front. In diesen gut vier Jahrzehnten hat sich die Medizin ganz intensiv weiterentwickelt. Sie ist viel spezialisierter geworden, sie ist ungleich wirksamer geworden, zugleich – und das wird oft übersehen – ist sie auch viel verträglicher und sanfter geworden. Gleichzeitig ist eine neue Generation herangewachsen – eine Generation, die andere Vorstellungen von der Arbeitswelt hat, als wir sie vielleicht hatten. Das heißt, es hat sich sehr, sehr viel geändert.
Was sich nicht geändert hat, sind vielfach die Rahmenbedingungen – und, wie Kollege Ralph Schallmeiner es vorhin angesprochen hat, dass sich eigentlich jahrzehntelang kaum etwas bewegt hat, hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Ich bin daher froh über diese Bundesregierung, die nun – und das ist gut und richtig – entsprechende Weichen stellt, die diesen Änderungen gerecht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das Primärversorgungsgesetz wird novelliert – mit dem Ziel, dass es rascher geht, Primärversorgungszentren einzurichten. Sie haben einen großen Charme, weil sie tageszeitlich ausgeweitet sind, weil sie im Angebot über verschiedene Gesundheitsberufe hinaus viel breiter aufgestellt sind, und was ich auch von vielen Kolleginnen und Kollegen höre, ist, dass sie sagen, sie schätzen es, im Team und auf Augenhöhe zu arbeiten. Genau das bieten die Primärversorgungszentren, und das zu erleichtern ist ein wesentlicher Schritt, der mit dieser Gesetzesnovelle gelingt.
Natürlich sind Primärversorgungseinrichtungen nicht das Einzige, das wir in der Primärversorgung und in der allgemeinmedizinischen Versorgung brauchen, sondern wir brauchen natürlich generell mehr Ärzte im kassenärztlichen System, und auch das wird in zwei Schritten angegangen. Als kurzfristige Maßnahme ist noch für heuer geplant, 100 zusätzliche kassenärztliche Stellen zu schaffen, wahrscheinlich mit einem gewissen Schwerpunkt auf Kinderheilkunde, und das mit einer kräftigen Anschubfinanzierung für die Ordinationsgründung kurzfristig zu ermöglichen. Damit wird es auch gelingen, entsprechend
motivierte junge Ärztinnen und Ärzte für das wirklich sehr erfüllende Berufsleben in der niedergelassenen Praxis zu gewinnen.
Mittelfristig wird das nicht ausreichen, denn mittelfristig müssen wir es schaffen, dass die kassenärztliche Tätigkeit wieder gegenüber dem Wahlarztsystem eigentlich das attraktivere Berufs- und Lebensmodell wird. Das wiederum kann parallel zum Finanzausgleich geschehen, den der Herr Bundesminister schon angesprochen hat. Wir wollen nämlich die Weichen dafür stellen, dass es möglich wird, einen österreichweit einheitlichen Leistungskatalog für alle Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Dann wissen die Patientinnen und Patienten, dass sie in allen Bundesländern das Gleiche angeboten bekommen, wir können damit den niedergelassenen Bereich auch dahin gehend motivieren, jene Leistungen anzubieten, die wir als Gesellschaft brauchen und die er auch zu erbringen in der Lage ist, und wir können es insgesamt attraktiv machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ganz wichtig ist auch der Sektor der Pflege. Da sind in den zwei Pflegepaketen – eines beschlossen, eines auf dem Weg – insgesamt 38 Maßnahmen auf den Weg gebracht worden; ich sage nur: Kompetenzausweitungen, Ausbau der Ausbildungsmöglichkeiten, Ausbildungszuschuss mindestens 600 Euro im Monat, Pflegestipendium mindestens 1 400 Euro im Monat und insgesamt 570 Millionen Euro für Gehaltserhöhungen jetzt zur Überbrückung, bis das im kommenden Jahr ins Regelsystem übergeht.
Ein letzter Punkt, der mir ein großes Anliegen ist: In den letzten Jahrzehnten haben wir alle Gesundheitsberufe massiv mit Aufgaben überhäuft, die fern von ihren Kernaufgaben sind – ich nenne Dokumentations- und Organisationsaufgaben. (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“?) Diese nehmen zum Teil schon den größeren Teil der Arbeitszeit in Anspruch, und das ist nicht nur ineffizient (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“? Ihr seid seit 40 Jahren in der Regierung!), das ist auch frustrierend und geht zu Lasten der Arbeitszufriedenheit. (Abg. Kassegger: Redet er jetzt zu sich selbst, oder wie? Ich kenne mich nicht mehr aus!) Ich gebe das Versprechen ab: Da müssen wir zurücksteuern, und
von diesem Thema werde ich nicht mehr abweichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Zum Schluss ein doppeltes Dankeschön: eines an die Bundesregierung, die hier die Weichen stellt, und das ganz große Danke an die Gesundheitsberufe, die rund um die Uhr unsere Versorgung gewährleisten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
9.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Kucher. – Bitte sehr. (Abg. Ottenschläger – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Kucher –: Kommt der Sebastian Kurz in der Rede wieder vor?)
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar und möchte in diesem Sinne auch der Regierung Danke sagen dafür, dass man heute eine Debatte zur Gesundheitspolitik an die Spitze der Tagesordnung gestellt hat und wir nach dreieinhalb Jahren von der Regierung das Versprechen bekommen haben, dass sie zumindest die Gesundheitsreform in Österreich jetzt vorantreiben möchte. Ich hoffe, das wird wirklich in Angriff genommen.
Es gibt aber auch mir Gelegenheit, mich heute persönlich in meiner neuen Aufgabe sozusagen noch einmal bei Ihnen vorzustellen und vor allem auch meiner eigenen Fraktion ganz herzlich Danke für das Vertrauen zu sagen. Sie haben, glaube ich, alle in den letzten Wochen und Monaten den spannenden Prozess, den die SPÖ durchlebt hat (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie des Abg. Krainer), mitbekommen. Es ist kein großes Geheimnis: Wir haben uns neu aufgestellt. Ich bin wirklich stolz, dass ich mit einem starken Team gemeinsam hier im Parlament arbeiten darf, mit unserem neuen Bundesparteivorsitzenden Andreas Babler, und ich bin überzeugt, dass mit der Sozialdemokratie in Zukunft wieder zu rechnen sein
wird (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi – Abg. Kickl: Situationselastisch, lieber Philip!), denn, und das möchte ich zu Andreas Babler gleich sagen: Es ist eine Stärke, wenn du als Bürgermeister all die Dinge, die wir hier im Parlament diskutieren, hautnah erlebst. Bundespolitik ist nicht weit weg von den Menschen, sondern sie betrifft das tägliche Leben von Menschen.
Wenn wir über Armut in Österreich, über Arbeitslosigkeit, über Statistiken reden – wir kennen doch alle Menschen. Es ist auch nicht die Teuerung, sondern es ist die Pensionistin, die im Supermarkt steht und sich das tägliche Leben nicht mehr leisten kann. Von Arbeit leben zu können heißt eben, dass Menschen auf Urlaub fahren können, dass die Kinder Zukunftschancen haben. Das sind alles Dinge, über die wir hier miteinander entscheiden und die wir hier in Angriff nehmen, und das werden wir als Sozialdemokratie in Zukunft noch viel, viel stärker und pointierter auf den Punkt bringen.
Es ist heute schon angesprochen worden, und das war immer mein Zugang zur Politik – es ist mir nicht immer gelungen –: Es ist wichtig, dass parteiübergreifend bei allen harten Auseinandersetzungen (Abg. Kassegger: Was hat denn das jetzt mit dem Thema zu tun? Gesundheitsversorgung ist das Thema!), die es in der Politik vielleicht auch gibt, immer der Respekt voreinander da ist. Ich habe gestern – nicht nur aus Kärnten – von ganz, ganz vielen Menschen so viele persönliche Nachrichten bekommen, die wirklich Kraft geben. Ich habe parteiübergreifend von vielen von Ihnen – keine Sorge, ich werde keine Namen nennen – wirklich so nette Nachrichten bekommen, in denen Sie mir gratuliert haben, viel Glück gewünscht haben. Ich habe zur ÖVP immer gesagt: Es kann für die eigene Karriere innerhalb der ÖVP nichts Schlimmeres passieren, als wenn ich einen ÖVPler lobe!, ich mache daher diesen Fehler, einzelne Personen zu nennen, nicht, aber es war wirklich schön, wie viele von Ihnen mir geschrieben haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ein zentraler Punkt zur Gesundheitspolitik – und da ist wirklich jede Unterstützung da, wenn es gelingt, in Österreich die Gesundheitsversorgung zu verbessern –: Wir sind in einer dramatischen Situation, und wir kennen
wahrscheinlich auch alle die Beispiele. Wenn mir ein Notarzt berichtet, dass er mit einem reanimierten Patienten 25 Minuten warten musste, damit es überhaupt ein Intensivbett gibt, wenn wir in Pflegeheimen Menschen erleben, die sagen: Ich kann nicht mehr!, dann ist klar: Da ist so viel Arbeit, da ist so viel zu tun und da ist wirklich auch die Regierung gefordert, dafür zu sorgen, dass wir nicht nur Überschriften produzieren, dass wir nicht wieder von der Gesundheitsreform nur reden, eine Patientenmilliarde versprechen und eine super Kassenreform ankündigen, die dann ein Milliardenloch verursacht. Das sind schon Aufgaben, die wir alle miteinander auch haben.
Für mich ist es wichtig, zu sagen – und das muss gerade als Sozialdemokraten unser Zugang sein –: Das ist in Wahrheit auch eine Frage der Würde und des Respekts. (Beifall bei der SPÖ.) Jeder Mensch in Österreich – vom Bodensee bis zum Neusiedler See, ob man Lehrerin ist, ob man Handwerker ist, egal was man auch beruflich macht, jeder Mensch – verdient die bestmögliche Gesundheitsversorgung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Koza und Schallmeiner.)
Weil heute angesprochen worden ist, die Regierung müsste jetzt sozusagen viele Baustellen der letzten 30 Jahre aufräumen, sage ich es hier auch ganz offen: War alles perfekt, als die SPÖ für die Gesundheitspolitik verantwortlich war? (Ruf: Nö!) – Natürlich nicht, aber es gibt einen riesengroßen Unterschied: Wir haben Tag und Nacht für jede Verbesserung gekämpft, weil es uns wehtut, weil es uns schmerzt, dass es Unterschiede gibt, dass nicht alle Menschen die gleich gute Versorgung bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Das waren Pamela Rendi-Wagner, Sabine Oberhauser und Alois Stöger – und das war nie leicht, Herr Bundesminister. Es hat immer Gegenwind gegeben, aber du musst in diesen Fragen stehen, du musst kämpfen, weil es wirklich um Schicksale von Menschen geht, weil es um Menschen geht, die tagtäglich am Krankenbett arbeiten, und um Patientinnen und Patienten, die sich auf uns alle auch verlassen.
In diesem Sinne: Wenn hier wirklich etwas auf die Reise gebracht wird, wenn die Politik wirklich den Mut hat und die Bundesregierung etwas vorlegt, dann werden wir das selbstverständlich unterstützen. Da ist die Hand jedenfalls ausgestreckt. Wir müssen aber schauen, dass nicht nur Überschriften produziert werden, sondern dass die Leute, die wirklich auf ein Gesundheitssystem angewiesen sind, die bestmögliche Versorgung bekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Zorba.)
9.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Als die Bundesregierung eine Aktuelle Stunde zum Thema Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung angesetzt hat, bin ich tatsächlich gespannt und neugierig gewesen, was wir heute oder bis heute präsentiert bekommen, welche konkreten Maßnahmen, die er heute präsentieren wird, sich der Herr Bundesminister denn ausgedacht hat.
Ich muss es festhalten: Es ist eine Riesenenttäuschung, denn außer einer kleinen Novelle des Primärversorgungsgesetzes, das, Herr Bundesminister, heute noch gar nicht im Parlament behandelt wird, sondern gerade einmal erst zugewiesen wird, und der Ankündigung, im Finanzausgleich mit den Ländern Reformen verhandeln zu wollen, ist nichts da.
Diese Bundesregierung hat es in dreieinhalb Jahren geschafft, im Gesundheitsbereich genau gar nichts zu verbessern, sondern, ganz im Gegenteil, viele Dinge noch maßgeblich zu verschlimmern. (Beifall bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich das ein bisschen weiter ausführen: Was ist denn in den letzten Jahren passiert? – Wir haben eine Coronapandemie gehabt, die mehr
Mittel, mehr Zuwendung und raschere Reformen im Gesundheitssystem erfordert hätte. Was ist tatsächlich passiert? – Eine Schikane der Mitarbeiter im Gesundheitswesen, weitere bürokratische Auflagen, keine zusätzlichen Mittel im Gesundheitsbereich und vor allem leere Versprechungen wie die Prämie für Pflegekräfte und Ähnliches, die nicht in dieser Form ausgezahlt worden sind. Man hat die Helden des Alltags – wenn Sie an den Sommer 2020 denken –, die auch hier im Hohen Haus mit Standing Ovations bedacht worden sind, im Regen stehen lassen und schwerst demotiviert.
Jetzt steht man mit um 10 Prozent zu wenig Personal, mit geschlossenen Abteilungen, mit Ärztemangel, mit über 300 unbesetzten Kassenstellen in der Fläche, mit Pflegeheimen, die ganze Abteilungen schließen müssen, da, und der Herr Gesundheitsminister präsentiert eine noch nicht einmal in Verhandlung befindliche Novelle des Primärversorgungsgesetzes. – Das ist zu wenig, Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ.)
Weil Sie den Finanzausgleich angesprochen haben – wie wichtig das ist, welche historische Chance das ist –: Ihnen ist schon bewusst, dass es diese Bundesregierung war, die den bestehenden Finanzausgleich um zwei Jahre verlängert hat und diese historische Chance, entsprechende Reformen über den Finanzausgleich zu machen, zwei Jahre nicht genutzt hat? Das möchte ich Ihnen auch ins Stammbuch schreiben. (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen wir uns das Primärversorgungsgesetz, das Sie vorgelegt haben und das jetzt in die Debatte kommt, etwas genauer an: Sie wollen die Anzahl der Fachärzte oder der Allgemeinmediziner, die für ein Primärversorgungszentrum notwendig ist, reduzieren. Das ist vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung, löst aber das Grundsatzproblem nicht.
Auf der anderen Seite öffnen Sie die Primärversorgungszentren für Träger wie die ÖGK oder – ich weiß nicht – vielleicht in Zukunft auch noch für andere private Anbieter. Das ist aber weit entfernt von dem, was wir in der niedergelassenen Versorgung tatsächlich brauchen. Wir brauchen
den eigenverantwortlichen Hausarzt, den Einzelmediziner, der Verantwortung übernehmen kann, der auch eine größere Versorgungsstruktur rund um sich aufbauen und Kollegen aus anderen Fachgruppen und medizinischen Berufen im größeren Umfang anstellen kann. Dann würde eine Primärversorgung in der Fläche tatsächlich funktionieren – wenn man Primärversorgung als Ganzes denkt, breiter denkt, aber einzelne, klare Verantwortliche zulässt.
Wir diskutieren seit über einem Jahr über den Facharzt für Allgemeinmedizin. Seit einem halben Jahr haben Sie die fertig akkordierten Vorschläge in der Schublade des Ministeriums liegen. Sie hätten den vollen parlamentarischen Rückhalt, von allen Fraktionen, sodass dieser Facharzt für Allgemeinmedizin beschlossen werden könnte. Sie bringen ihn nur nicht zum Beschluss. Es kommt keine Regierungsvorlage, mit der wir ihn beschließen können. Dabei wäre dieser Facharzt für Allgemeinmedizin genau der Kern der Primärversorgung, den wir in Österreich so dringend benötigen würden. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie sich dann hinstellen – Sie und Herr Bundeskanzler Nehammer – und Hunderte zusätzliche Kassenstellen versprechen, dann frage ich Sie: Wo sind denn die Attraktivierungen, die Verbesserungen für die Ärzte, damit diese Kassenstellen auch angenommen werden? Ich sehe sie nicht.
Ich habe Ihnen heute sehr aufmerksam zugehört: Das Einzige, was Sie angesprochen haben, ist ja der bundesweit einheitliche Leistungskatalog, den Sie schon längst hätten umsetzen können, der eigentlich auch ein Schlüsselelement der Kassenreform der schwarz-blauen Bundesregierung von 2017 war, die von Ihrer Bundesregierung schlicht und ergreifend nicht fortgesetzt worden ist, sondern jetzt dreieinhalb Jahre lang im Stillstand verharrt ist. Dass dann die erwünschten Reformeffekte nicht zustande kommen, dass die Ärzte mittlerweile schon rotieren, weil es keinen bundesweit einheitlichen Honorarkatalog gibt, und die Patienten noch immer keine bundesweit einheitlichen Leistungen haben, ist kein Versäumnis der alten Bundesregierungen
(Abg. Meinl-Reisinger: Na das lag schon am Murks davor!), sondern es liegt an Ihren Vorgängern und an Ihnen, dass das nicht in Angriff genommen worden ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten in der jetzigen Gesetzgebungsperiode, in den letzten dreieinhalb Jahren, 32 Sitzungen des Gesundheitsausschusses, die letzte davon letzte Woche. Diese Bundesregierung hat es nicht zusammengebracht, wesentliche Reformen auch nur ansatzweise vorzulegen und ins Parlament zu bringen. Wir sehen es an der heutigen Tagesordnung: Es gibt nur einen Plenartag, der zweite Plenartag muss ausfallen, weil gar nicht ausreichend Vorlagen da sind.
Herr Bundesminister, das ist zu wenig, kommen Sie endlich ins Laufen! Den Rückhalt im Parlament für Reformen hätten Sie, es fehlt nur an Ihren Vorgaben. (Beifall bei der FPÖ.)
9.44
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.
Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ist gute Gesundheit eigentlich selbstverständlich? Das habe ich mich beim Schreiben meiner Rede gefragt, und die Antwort ist ganz klar: Nein, sie ist alles andere als selbstverständlich.
Es müssen viele Rädchen ineinandergreifen, damit man sich guter Gesundheit erfreut. Bis ins hohe Alter gesund zu bleiben braucht viel Anstrengung. Es braucht natürlich die Gene – die Gene machen einen Teil davon aus –, aber es braucht auch eine ausgewogene Ernährung, es braucht viel Bewegung – Alltagsbewegung –, und dann gibt es auch Dinge wie gesundheitliche Chancengleichheit. Es braucht auch eine gute Umwelt. Dann gibt es eben auch die
wichtige psychische Gesundheit, die
eine große Rolle spielt. – Das alles
braucht es.
Wir, die Politik oder die Bundesregierung, können natürlich nicht auf alles Einfluss nehmen. Dennoch sind wir gewählt, um unseren Beitrag zu leisten, um allen Menschen in Österreich ein möglichst langes und unbeschwertes Leben zu ermöglichen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.)
Alle Maßnahmen, die wir bis jetzt gesetzt haben – es würde wirklich den Rahmen meiner Redezeit sprengen, wenn ich jetzt alle aufzählen würde. Als Pflegesprecherin möchte ich aber auf den Abschnitt Pflege – also den Lebensabschnitt, in dem man Pflege braucht – eingehen, denn das ist ein wichtiger Abschnitt.
Wenn ich von Pflege rede, dann meine ich, dass es nicht nur die eine Pflege gibt: Es gibt Menschen, die in der Pflege arbeiten, es gibt Menschen, die selbst Pflege benötigen, und es gibt eben auch sehr, sehr viele – fast eine Million – Menschen, die pflegende Angehörige sind. Es gibt auch ein gemeinsames Ziel: Das Ziel ist, dass der Zeitraum mit Bedarf an Pflege möglichst kurz gehalten wird. Das heißt, das Ziel ist, so lange wie möglich gesund und selbstbestimmt zu leben, was auch wiederum heißt, dass man Krankheiten wie Demenz oder Diabetes möglichst früh angeht und präventiv dagegen arbeitet.
Weil Kollege Kaniak vorhin gefragt hat, was in den letzten Jahren passiert ist: In den letzten Jahren ist viel passiert. (Abg. Belakowitsch: Ja, Einsparungen!) Im Rahmen der Pflegereform wurden wichtige Präventionsmaßnahmen gesetzt. (Abg. Belakowitsch: Welche genau?) So kommt es zur Ausweitung der Hausbesuche. Was heißt das? – Diplomierte Pflegekräfte kommen zu Menschen, die eine 24-Stunden-Betreuung haben, und stehen dort für Rat, für Gespräche zur Verfügung. Sie informieren, und man kann sich von ihnen natürlich auch zeigen lassen, wie man mit der zu pflegenden Person umzugehen hat.
All das sind Maßnahmen, bei denen wir sicher sind, dass sie wichtig sind, denn das sind Qualitätspunkte, die dafür sorgen, dass die zu pflegende Person länger im gleichen Zustand bleibt oder sich der Gesundheitszustand sogar verbessert. Durch diese Weiterbildung und den Austausch kann eben auch Situationen von Überforderung – und es sind Situationen der Überforderung vorhanden, von denen pflegende Angehörige erzählen – entgegengewirkt werden.
Es gibt auch den Ausbau der Betreuungszentren für 24-Stunden-Betreuer:innen. Es gibt E-Learning- und Supervisionsangebote. Das sind alles Teile der zweiten Pflegereform.
Wir wissen natürlich auch, dass die Menschen bei der Pflegegeldeinstufung von sehr, sehr langen Wartezeiten berichten. Auch da haben wir eingegriffen: In Zukunft kann die Pflegegeldeinstufung von Pflegepersonal, von Pflegekräften gemacht werden. Das ist ganz wichtig, denn das führt dazu, dass es schneller geht und besserer Komfort angeboten wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Stark.)
Ich habe es am Anfang meiner Rede gesagt: Wenn wir von Pflege reden, dann müssen wir immer – immer! – auch an die pflegenden Angehörigen denken. Oft ist es so, dass sie nicht nur körperlich, sondern auch psychisch selbst sehr betroffen sind, und das geht natürlich auch auf ihre Gesundheit. Was heißt das? – Sie brauchen Unterstützung. Da gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, Gespräche in Anspruch zu nehmen, fünf Termine im Jahr, und diese Gespräche wurden mit der neuen Pflegereform jetzt auf zehn Termine ausgeweitet. Das ist eine wichtige präventive Maßnahme für pflegende Angehörige. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Holzner und Smolle.)
Natürlich braucht es auch finanzielle Unterstützung, und auch da haben wir Maßnahmen ergriffen. Es gibt den Angehörigenbonus, wir haben ihn auch im letzten Plenum diskutiert: Jetzt ist kein gemeinsamer Haushalt mehr
notwendig. Das heißt, man kann den Angehörigenbonus auch bekommen, wenn man nicht im gemeinsamen Haus lebt, also wenn man zum Beispiel seinen Onkel oder seine Eltern, die im Haus daneben oder ein paar Kilometer weiter leben, pflegt.
Auf einen Punkt möchte ich zum Schluss noch ganz kurz eingehen, das ist Communitynursing: Im Rahmen von Communitynursing ist eben auch dafür gesorgt, dass die Gesundheitsversorgung unterstützt wird. Das ist ein niederschwelliges Angebot in den Gemeinden und das entlastet viele Ärztinnen und Ärzte.
Sie sehen, wir haben mit der Pflegereform viele Punkte durchgesetzt – das ist mein letzter Satz –, Kollege Kaniak. (Abg. Greiner: ... Redezeit!) Es ist also in den letzten ein, zwei Jahren viel passiert, es hilft aber natürlich alles nichts, wenn wir nicht auch weiterhin aufeinander schauen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.50
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. – Bitte sehr, Frau Klubobfrau.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir scherzen hin und wieder bei uns im Klub oder fragen uns, Herr Minister, welcher Minister im Land eigentlich weniger mächtig ist, der Gesundheitsminister oder der Bildungsminister. (Abg. Disoski: Ich glaube, du meinst den Vizebürgermeister!)
Nach Ihrer Rede muss ich Ihnen zugestehen, dass Sie, obwohl Sie eigentlich kaum einen Spielraum haben – und Sie haben das ja auch angesprochen, ohne Bundesstaatsreform wird das auch nicht funktionieren (Abg. Lukas Hammer: Es kann ja nicht jeder so mächtig sein wie der Wiederkehr!) –, tatsächlich einen Einsatz zeigen, was ich vom Bildungsminister – der hat nämlich
überhaupt keinen Anspruch, noch irgendetwas weiterzubringen – nicht behaupten kann, da würde ich eher von einer Nullnummer sprechen. (Abg. Lukas Hammer: Er ist so mächtig, dass er sich unsichtbar macht! – Abg. Kickl: Ja, ... die eigene Ambition ...!) Diesen Anspruch kann ich Ihnen also nicht verdenken, aber trotzdem ist es doch tatsächlich so, dass wir in Österreich ein Gesundheitssystem haben, das aufgrund der Strukturen, die bestehen, nahezu unreformierbar ist.
Es scheitert nicht am Geld. Wir haben uns das gerade auch wieder angeschaut. Wir haben gestern einen Standortindex präsentiert – Österreich wieder an die Spitze bringen ist unser Anspruch, der Untertitel heißt: die abgehängte Alpenrepublik mit vielen Hausaufgaben –, und ein Aspekt da drinnen betrifft auch den Gesundheitsbereich. Da schauen wir uns an: Wie viel wird denn in Österreich im Vergleich zu in der Größe, aber auch in der Frage des BIPs vergleichbaren anderen Ländern ausgegeben und was ist dann der Effekt davon? – Während wir in Österreich 2022 10,6 Prozent des BIPs für den Gesundheitsbereich ausgegeben haben, ist der Wert in anderen Ländern deutlich niedriger.
Vergleichen wir das zum Beispiel einmal mit Schweden: In Schweden gibt es eine gesunde Lebenserwartung (Abg. Kickl: Da schau her! Tatsächlich?!) – also nicht die Lebenserwartung, sondern die Lebenserwartung in Form von gesunden Jahren – von 72,7 Jahren, in Österreich nur von 58,7 Jahren. Das heißt, wie in vielen anderen Bereichen werfen wir recht viel Geld für ein ineffizientes System – man könnte auch sagen – zum Fenster hinaus und es verpufft. Es entfaltet nicht die Wirkungen, die letztlich bei den Menschen in Österreich ankommen sollten. (Beifall bei den NEOS.)
Ich sage Ihnen auch, das ist das, was wir zunehmend hören. Die Menschen in Österreich sagen uns: Herrgott noch einmal, ich zahle da doppelt und dreifach! Ich zahle enorm hohe Sozialversicherungsbeiträge – Krankenversicherung, die Lohnnebenkosten, das ist ein ordentlicher Teil vom Gehalt, der jeden Monat weggeht –; zusätzlich zahle ich auch enorm hohe Steuern –
48 Prozent durchschnittliche Steuer- und Abgabenbelastung auf Löhne und Einkommen. Mit diesen Steuern wird dann sozusagen der Gesundheitsbereich, das Spitalswesen auch zum Teil finanziert. (Abg. Belakowitsch: ... die Betten ...!) Mittlerweile haben 38 Prozent der Menschen in Österreich eine private Zusatzkrankenversicherung. Das heißt, die breite Mitte sagt: Ich zahle zwar dafür, aber ich verlasse mich nicht mehr darauf! Ich vertraue diesem System nicht mehr, dass ich die Leistungen bekomme, die mir für das, was ich Monat für Monat für Monat für Monat alles abliefere, eigentlich zustehen! (Beifall bei den NEOS.)
Die Probleme sind längst bekannt. Es wurden viele bereits angesprochen. Ich möchte schon auch den Personalmangel herausstreichen, auch wenn wir im internationalen Vergleich eine hohe Zahl an Ärztinnen und Ärzten haben, weil ja auch da die Frage ist: Sind die Ärztinnen und Ärzte, ist das Pflegepersonal genau dort, kommt es dort zum Einsatz, wo es wirklich gebraucht wird? – Und, Herr Minister, Sie wissen das: Wenn Abteilungen gesperrt werden, wenn Pflegestationen nicht eröffnen können, wenn Wartezeiten auf Operationen, dringend notwendige Operationen, ewig lang sind, weil einfach nicht genügend Personal da ist, dann ist das ein riesengroßes Problem. Das kann sozusagen nicht mit der Statistik weggewischt werden, dass man sagt: Na ja, insgesamt hätten wir ja genug Ärzte!
Sie haben auch die unterschiedlichen Finanzierungsströme angesprochen. Ich sehe natürlich in den Finanzausgleichsverhandlungen eine große Chance, aber das werden wir nicht allein dadurch lösen, wenn wir nicht auch die großen Brocken einer Föderalismusreform in diesem Bereich angehen. Ohne Reformen wird sich die Situation für die Menschen nicht verbessern und es wird mehr Menschen geben, die private Zusatzkrankenversicherungen abschließen (Abg. Kickl: Das glaube ich nicht, weil es sich keiner mehr leisten kann!), und mehr Menschen geben, die sich da irgendwie nicht mehr zurechtfinden, und mehr Menschen geben, die sagen: Ich vertraue diesem Gesundheitssystem nicht mehr! (Beifall bei den NEOS.)
Herr Präsident, weil Sie hier sitzen, Sie wissen das ganz genau: Föderalismus bedeutet, jedes Bundesland baut Spitäler da, wo es will. Sie wissen das. In Ihrer Zeit als Finanzlandesrat haben Sie die Entscheidung getroffen, dass zwei Spitäler mehr oder weniger nebeneinander in Mödling und Baden gebaut werden, weil Sie es wollten, weil Sie es konnten, weil Sie vielleicht Mödling und Baden in der Pflicht waren. Das ist genau dieser Föderalismus, dieser Reformstillstand, dieser Klientelismus, der letztlich dafür Sorge trägt, dass die Menschen einfach nicht die Gesundheitsversorgung bekommen, die sie aber so dringend brauchen.
Unsere Hand ist ausgestreckt, aber ohne den Anspruch, nicht nur an kleinen Schräubchen zu drehen, sondern große Reformen, auch eine Föderalismusreform in dem Bereich auf den Tisch zu legen, wird es leider deutlich schlechter werden. (Beifall bei den NEOS.)
9.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, wir müssen reformieren. Das wissen wir, und das hat ja der Herr Bundesminister auch ganz klar gesagt, dass das auch das Ziel ist – schön, wenn Sie sagen, die Hand ist ausgestreckt. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind fast 40 Jahre in der Regierung als ÖVP!) Auch Philip Kucher als Gesundheitssprecher der SPÖ war heute sehr positiv. Ich glaube trotzdem – ich teile die Einschätzung nicht –, dass wir hier in Österreich trotz aller Probleme, die es gibt, ein sehr, sehr gutes Gesundheitssystem haben, um das uns viele Menschen in anderen Ländern beneiden. (Beifall bei der ÖVP.)
Bei uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, bekommt jeder mit 90, wenn es medizinisch in Ordnung ist, eine Hüftprothese. Bei uns werden hochbetagte Patient:innen medizinisch bestens betreut (Abg. Kucher: Aber wann?), Frau Kollegin Ribo ist darauf eingegangen. – Philip Kucher hat gerade genickt. Es ist einfach so. Der Herr Bundesminister hat auch gesagt, dass er daran arbeitet, gemeinsam mit dem Bundeskanzler, der sich auch ganz klar dafür ausgesprochen hat, dass wir da Fahrt aufnehmen.
Ich habe selbst in den letzten Tagen ein sehr dramatisches Ereignis in meiner Familie miterlebt und habe feststellen können, wie großartig unser Gesundheitssystem, unsere Krankenhäuser, die Ärzte und das Pflegepersonal funktionieren. Ich möchte an dieser Stelle einmal mehr im Namen unserer Fraktion allen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, dafür sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ja, es wurde ja schon ausgeführt, der erste Teil dieser Gesundheitsreform ist die Novelle des Primärversorgungsgesetzes. Sie bringt zusätzliche innovative Angebote im niedergelassenen Bereich, mit vielen Vorteilen vor allem auch für die ältere Generation – das möchte ich auch erwähnen –, weil es eine wohnortnahe Versorgung ist, sie bringt weniger Wartezeiten. Die Ärzte, die Physiotherapeuten, alle, die dort tätig sind, arbeiten gut zusammen – auch das ist positiv, das brauchen wir –, und es kommt auch zu einer Entlastung der Fachärzte und der Spitalsambulanzen. Ich denke, das ist ein guter, wichtiger erster Schritt.
Bis 2025 wird die Zahl der Primärversorgungszentren von 40 auf 120 verdreifacht. (Abg. Loacker: In zehn Jahren ... funktioniert!) Die Novelle – das möchte ich auch noch betonen, weil es noch nicht gesagt wurde – bringt auch die Möglichkeit, reine Kinderprimärversorgungszentren einzurichten. Auch das ist wichtig, weil es gerade in dem Bereich einen Mangel gibt und wir für unsere Kinder alles tun müssen, was nur irgendwie möglich ist.
Wichtig ist für mich vor allem auch die Früherkennung, die Prävention, aber auch die nachhaltige Arbeit. Wir müssen noch mehr in die Rehabilitation, in die Früherkennung investieren. Das ist ganz, ganz wichtig, damit es zu keiner Überlastung des Gesundheitssystems kommt. Da liegt mir ganz besonders die psychosoziale Versorgung, die psychosoziale Gesundheit am Herzen.
Es wurden zehn Gesundheitsziele definiert, und rund 40 Institutionen aus Politik und Gesellschaft arbeiten daran. Wir müssen da aber ganz früh anfangen, in der Kindheit, in den Kitas, in den Kindergärten, wo es viele tolle Projekte gibt: gesunde Jause, gesunder Kindergarten, Bewegung. Ich bin selbst oft dort und sehe, wie engagiert unsere Pädagog:innen dort arbeiten. Das ist Früherkennung, das ist Schaffen von Gesundheitsbewusstsein.
Wir müssen auch die Eltern miteinbeziehen. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, ja, ja!) Auch die Eltern müssen da mehr Bewusstsein haben. (Abg. Belakowitsch: Da werden wir jetzt alle gesund werden!) Ich denke auch an Mental-Health-Projekte, viele sind jetzt im Zuge der Pandemie entstanden.
Wir haben beispielsweise in Kärnten im Hilfswerk das Schulcoaching mit Schülern und Lehrern, das sehr gut angenommen wurde, und ich appelliere wirklich, dass wir diese Projekte auch fortsetzen, Herr Bundesminister, denn viele sind zeitlich begrenzt und laufen mit Ende dieses Schuljahres aus.
Ich appelliere aber vor allem auch an alle Beteiligten, das Psychotherapiegesetz fertig zu verhandeln. Die Ausbildung muss neu geregelt werden, wir brauchen einfach mehr Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, ein größeres Angebot. Es gibt Tausende Stunden mehr Psychotherapie, die Kontingente wurden ausgeweitet – ein Danke auch der ÖGK –, aber das reicht nicht. Ich sehe es in unserer Arbeit, es reicht nicht. Wir haben nach wie vor lange Wartelisten und lange Wartezeiten, und das darf nicht sein. Das ist ganz, ganz schlecht.
In der Kinder- und Jugendarbeit, das ist ganz wichtig, brauchen wir einen Ausbau der Sozialpsychiatrie, einen Ausbau der extramuralen und mobilen Strukturen und dringend auch mobile sozialpsychiatrische Nachbetreuung; auch das ist
mir sehr, sehr wichtig. Diese Dinge müssen alle auch in die Reform mit hineingedacht werden.
Ganz wichtig – Frau Kollegin Ribo hat ja schon davon gesprochen, ich komme noch einmal kurz darauf zurück – sind aber auch die älteren Menschen. Die Einsamkeit, die Vereinsamung der älteren Generation ist ein ganz wichtiges Thema. Da müssen wir alles tun, um dem entgegenzuwirken. Das hat auch Auswirkungen: Pflegebedarf entsteht später, medizinischer Versorgungsbedarf entsteht später, wenn es den Menschen psychisch gut geht. Wir haben bereits vor der Pandemie ein großes Ansteigen der Altersdepression feststellen können, und da gilt es wirklich mit vielen Maßnahmen entgegenzuwirken.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (fortsetzend): Ja, der Schlusssatz: Ich appelliere an alle, dass wir gemeinsam an diesen Reformen möglichst rasch arbeiten und sie umsetzen und dass wir vor allem die Prävention in den Mittelpunkt stellen. Sie bringt Menschlichkeit, sie spart aber auch Kosten im medizinischen System. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.01
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte sehr.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme sehr gerne der Bitte meines Kollegen Alois Schroll nach und begrüße die Schülerinnen und Schüler des Francisco Josephinum Wieselburg sehr herzlich bei uns. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.) – Sie hören sicher alle mit Interesse zu. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, diese Pros und Contras zu einer bevorstehenden Teilgesundheitsreform hier auch zu hören.
Kollegin Scheucher-Pichler hat es gerade ausgeführt: Arbeiten wir doch alle gemeinsam daran! – Ich darf nur erinnern – ich weiß nicht, wie regelmäßig Sie fernsehen –, vor eineinhalb Monaten hatten wir hier eine von der Sozialdemokratie vorgeschlagene Aktuelle Stunde zu exakt dem gleichen Thema: Wir wollen und brauchen ein Gesundheitsreformgesetz, weil alle bemerken, dass in diesem Bereich zu wenig passiert und die Gesundheitsreform zu langsam vonstattengeht. Ich denke hier vor allem an den Ausbau der Kassenstellen, daran, Anreize zu schaffen, ein Medizinstudium zu absolvieren und dann, wenn man es abgeschlossen hat, nicht nur im Krankenhaus zu arbeiten, sondern auch eine Stelle als praktische Ärztin oder Arzt anzunehmen. Das thematisieren wir immer wieder.
Das Gemeinsame möge an uns nicht scheitern. Auch im Gesundheitsausschuss im Mai haben wir ein Gesundheitsreformgesetz thematisiert. So, wir haben Ankündigungen vorliegen. Wenn ich dem nicht anwesenden Herrn Bundeskanzler, der ja Gesundheit vor einigen Tagen zur Chefsache erklärt hat, richtig zugehört habe, dann hat er gesagt, in den letzten 15 Jahren sei im Gesundheitsbereich zu wenig passiert. Ich darf die gesamte ÖVP daran erinnern, dass in den letzten 23 Jahren mit Ausnahme von Grasser – da wissen wir eh, wie es ausgegangen ist – lauter ÖVP-Finanzminister vieles in diesem Land, was Gesundheitspolitik anbelangt, verhindert haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Finanzminister Brunner wachelt ein bisschen mit dem Geld und sagt, es könnte schon etwas drinnen sein. Da (in Richtung Bundesminister Rauch) sitzt ein kämpferischer Gesundheitsminister, das gestehe ich Ihnen sehr positiv zu, Herr Bundesminister. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Aber kämpfen alleine wird nicht reichen, denn: Wer Geld hat, schafft an! Aber der Finanzminister hat mir noch zu wenige Signale gesendet, dass es in den Finanzausgleichsverhandlungen mehr Geld dafür geben wird. Alle Landesgesundheitsreferent:innen haben sich auch dazu bekannt, dass die Reformen, die angegangen werden, auch in den Ländern umgesetzt werden sollen und
nicht nur mehr Geld fließen soll. Das ist löblich, keine Frage, und trotzdem ist es so, es wurde heute schon gesagt, dass 300 Kassenstellen unbesetzt sind. Heuer sollen noch 100 dazukommen. Haben wir dann 400 unbesetzte Kassenstellen? Die Besetzung von Kassenstellen ist Sache der Selbstverwaltung, ist Sache der Krankenkassen. Ist jetzt der Herr Bundeskanzler Chef über alle Selbstverwaltungskörper?
Apropos Selbstverwaltung, wieder an die Adresse der ÖVP: Ich darf Sie bitte informieren, dass gestern in der ÖGK der ÖVP-Wirtschaftsbund gegen die neuen Kassenstellen gestimmt hat – so viel zur Glaubwürdigkeit dieser einen Regierungsfraktion. Deswegen habe ich Herrn Gesundheitsminister Rauch positiv erwähnt, weil sich der zumindest bemüht, aber ich habe so das Gefühl, ihr Grünen werdet von der ÖVP schon wieder einmal über den Tisch gezogen. (Abg. Zarits: Geh bitte!) – Wir haben das gestern in der ÖGK eingebracht – der ÖVP-Wirtschaftsbund hat gegen neue Kassenstellen gestimmt. Also wie hätten wir es jetzt gerne? Ist das jetzt Chefsache? Wie ernst nimmt er das? Wie vertrauensvoll ist die Politik der ÖVP in dieser Zeit noch? (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit Kurz liegt sowieso alles im Argen, denn die versprochene Patientenmilliarde, dass Leute unser Gesundheitssystem, weil sie in dasselbe einzahlen, auch in Anspruch nehmen können sollen, gratis in Anspruch nehmen können sollen, dass sie entgegen einer Zwei- oder Mehrklassenmedizin auch ihre Arzt- und Ärztinnentermine rechtzeitig erhalten sollen, diese Milliarde, die versprochen wurde den Menschen zurückzugeben, ist längst verpufft. Im Gegenteil: Das Gesundheitswesen ist viel teurer geworden und es gibt viel zu wenig Zeit und Geld für Vorsorge. Es hat schon unter der Zeit von Pamela Rendi-Wagner einen Riesenstellenwert gehabt, dass man Prävention, Vorsorge in den Vordergrund stellt. Dafür ist überhaupt kein Geld da gewesen. Nein, Sie haben Ihre Klientel bedient und haben völlig darauf vergessen, wie es den Leuten geht.
Ein letzter Satz zu den Kindern in diesem Land – Schlusssatz, Herr Präsident –: Damals ist schon gesagt worden – das war alles noch vor der Pandemie –,
Kinder sind oft sehr belastet und brauchen Unterstützung und Hilfe, brauchen mitunter verschiedenste Therapien, nicht nur Psychotherapie, sondern auch Ergotherapie, Logotherapie und so weiter. Die bleiben jetzt noch mehr auf der Strecke, sehr geehrte Damen und Herren, weil Sie unfähig waren, wirklich eine Gesundheitsreform anzugehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ja, weil Sie mit dabei waren bei den Coronamaßnahmen! Das ist ja unglaublich!)
10.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Vor allem werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, in einer Sache, Herr Minister, sind wir Ihrer Meinung: Wir brauchen das beste Gesundheitssystem für alle! Was haben Sie die letzten drei Jahre geschafft? – Sie haben ein Gesundheitssystem geschaffen – mittlerweile ist eine Dreiklassenmedizin entstanden, nicht eine Zweiklassenmedizin –, in dem die breite Masse einfach medizinisch unterversorgt ist, viel zu langsam überhaupt einen Termin bei einem Arzt bekommt. Und Sie gehen jetzt her und sagen, in den letzten 15 Jahren seien diese Fehler gemacht worden.
Ich zitiere nur Herrn Prof. Weiss, den Chef der Inneren Medizin der Klinik Innsbruck, der in der „Tiroler Tageszeitung“ gesagt hat: „Wir sind schlechter aufgestellt als vor Corona“. Es gibt auf Krankenhausebene keine Fehleranalyse, was die letzten drei Jahre passiert ist.
Herr Minister, Sie alle, alle Beiträge der Einheitspartei ÖVP-SPÖ-Grüne-NEOS heute haben aufgezeigt, dass Sie an einer Fehleranalyse der desaströsen, katastrophalen Coronapolitik, die Sie gemacht haben, überhaupt nicht interessiert sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie gehen her und sagen: Machen wir das jetzt wieder gemeinsam! Der Appell an das Gemeinsame verlangt zuerst eine Aufarbeitung, aber eine Aufarbeitung
dieser desaströsen Coronapolitik wird schwierig sein, wenn in dem Gremium eine Frau Minister Edtstadler sitzt, die gesagt hat: All jene, die sich nicht impfen lassen, haben kein Bleiberecht mehr in Österreich! Solche Aussagen waren symptomatisch für Ihre desaströse Politik.
Herr Minister, Sie sprechen vom Finanzausgleich – in Ordnung. Sie haben den Finanzausgleich zweimal verschoben, und jetzt wollen Sie eine Lösung haben.
Sie wissen aber ganz genau: Bis der Finanzausgleich beschlossen und über die Landesparlamente umgesetzt ist, vergehen Jahre; und, Herr Minister, was sagen Sie diesen? (Ein Blatt mit der Aufschrift „Nur ein Arzt im Bezirk“, „Lange Warteschlange vor Augenarztpraxis in Lienz“ und einem Bild, das ein Haus mit einer langen Schlange wartender Menschen davor zeigt, in die Höhe haltend:) Schauen Sie bitte her!
Na, das ist die typische Reaktion eines Ministers: Er schaut nicht her. – Sie sind nicht daran interessiert. Was sagen Sie den Osttirolerinnen und Osttirolern, die am 9. Jänner dieses Jahres (Abg. Loacker: ... Osttiroler ...!) verzweifelt versuchen, einen Termin bei einem Augenarzt zu bekommen? Über 200 Menschen müssen Schlange stehen, damit sie einen einzigen Termin für das gesamte Jahr zugewiesen bekommen. Wir haben einen Kassenarzt, einen Wahlarzt. Beim Kassenarzt bekommt man die Termine nicht mehr, und die Leute stellen sich um 5 Uhr in der Früh an, 200 und mehr, um einen Termin zu bekommen. Welche Botschaften geben Sie diesen Menschen? (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) – Gar keine, Sie schauen weg. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Minister, Sie geben auch den Menschen, den Patienten keine Botschaft, die – medial aufgezeigt (den entsprechenden Artikel aus der Zeitung „Heute“ mit dem Titel „Verzweifelte AKH-Patienten bieten Ärzten 100er-Scheine“ in die Höhe haltend) – mittlerweile in Wien 100-Euro-Scheine anbieten, damit sie im AKH überhaupt noch einen Termin bekommen. Das ist ein Wahnsinn! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)
Herr Kollege Schallmeiner, Sie sagen, in den Spitälern seien die Fehler gemacht worden. – Wissen Sie, welchen Fehler Sie gemacht haben? Sie haben eine verpflichtende Coronaimpfung fürs Personal, für die Ärzte umzusetzen versucht. Aufgrund dessen haben Ärzte, Pflegekräfte, Fachkräfte diese Spitäler verlassen. Diese fehlen uns heute und hier.
Ich zitiere ein Schreiben (ein Blatt Papier in die Höhe haltend) des ärztlichen Verwalters des Krankenhauses Lienz, der am 21. Juli 2022 per Schreiben an die Mitarbeiter und Ärzte Folgendes festgestellt hat und damit einen Schwenk von dieser Impfpflicht weg gemacht hat: Nach intensiver Prüfung – schreibt er – haben wir uns entschlossen, die bisherigen Infektionsschutzanforderungen zu ändern. Ab heute sind die Covid-Impfungen bei Neuanstellungen et cetera nicht mehr vorgesehen. – Zitatende. (Beifall bei der FPÖ.)
Also: Sie müssen einmal die Vergangenheit aufarbeiten, Sie müssen aufhören, das Geld mit beiden Händen beim Fenster hinauszuschmeißen. 5 Milliarden Euro für die Testungen, 50 Milliarden Euro für die Coronapolitik, und jetzt, Herr Minister, machen Sie den nächsten desaströsen Schritt: Sie gehen jetzt her und verhandeln mit und bei der Weltgesundheitsorganisation darüber, einen neuen, weltweiten Pandemievertrag auszuarbeiten, mit der Zustimmung des österreichischen Vertreters. Das heißt, indirekt haben Sie mit Ihrer Zustimmung bei der Weltgesundheitsversammlung (Abg. Schallmeiner: Wenn du keine Ahnung hast, dann lass es bitte bleiben, Kollege Hauser! – Zwischenruf des Abg. Loacker) am 1. Dezember 2021 mit der Stimme Österreichs mitgetragen, dass die WHO beauftragt wird, einen neuen, weltweiten Pandemievertrag auszuarbeiten. (Abg. Schallmeiner: Du weißt nicht einmal, um was es geht!)
Zweitens, unabhängig davon (Abg. Loacker: Herr Präsident, die Redezeit ist abgelaufen! Mikro abdrehen!), haben Sie mitbeschlossen, dass bei der Weltgesundheitsorganisation die Internationalen Gesundheitsvorschriften 2005 (ein Blatt mit der Aufschrift „WHO-Vorschläge zu den Änderungen in den Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO (2005)“ in die Höhe haltend) geändert
werden sollen, dahin gehend bitte – und das ist der Wahnsinn (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rauch) –, das haben Sie mir auch parlamentarisch schriftlich bestätigt, da brauchen Sie nicht so zu tun, Herr Minister - - (Abg. Loacker – in Richtung Präsident Sobotka –: Machen Sie bitte einen Ordnungsruf!) Sie gehen her, bitte, Herr Minister - -
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie um den Schlusssatz bitten? Sie sind schon weit drüber, bitte! (Abg. Fischer: Danke! – Beifall bei Grünen und NEOS.)
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): ... Internationalen Gesundheitsvorschriften gestrichen werden soll: die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte, der Grundrechte. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)
Wir machen mit Ihrer Politik ohne Diskussion im österreichischen Parlament einen massiven Schritt in Richtung Diktatur, und das ist der totale Wahnsinn und die Bankrotterklärung unseres Gesundheitssystems. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Voglauer. – Heiterkeit bei den Grünen.)
10.13
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Über diese – ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, ich muss echt nur lachen – Coronaimpfbesessenheit der FPÖ, da weiß ich echt nicht, soll ich darüber lachen oder weinen? (Abg. Amesbauer: Die habt ihr im Kopf! Ihr seid impfbesessen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Aber Kollege, weil Sie gesagt haben, Vergangenheit aufarbeiten – bitte machen Sie das! Ich darf Sie daran erinnern, dass die FPÖ vor 13 Jahren selber eine Impfpflicht gefordert hat und – wörtlich – ungeimpfte Kinder aus Kindergärten aussperren wollte. (Abg. Kickl: Von welchen Impfungen sprechen Sie?) Vielleicht wollen Sie da
einmal Vergangenheitsbewältigung in Ihrer eigenen Partei betreiben! (Beifall bei den Grünen.)
Ich greife gerne auch eine andere Formulierung des Kollegen von der FPÖ auf: Sie haben gesagt, wir brauchen die beste Gesundheitsversorgung für alle. – Ja, und ich möchte als Frauensprecherin meiner Fraktion hinzufügen: insbesondere auch die beste Gesundheitsversorgung für Frauen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Scheucher-Pichler.)
Wieso ist diese Ergänzung wichtig? – Die schnelle Antwort ist: It’s still a man’s world! Das gilt halt auch in der Medizin. Es ist nicht nur hinlänglich bekannt, sondern auch ausreichend erforscht, dass sowohl die medizinische Forschung als auch Krankheitsdiagnosen, Therapien und Medikamentendosierungen nach wie vor in der Regel auf den Mann, auf den männlichen Körper ausgerichtet sind. Frauen und Mädchen haben aber andere Erkrankungsrisiken, andere Erkrankungsverläufe (Abg. Kickl: Ich habe gedacht, die Biologie ist wurscht!) und sind außerdem durch gesellschaftliche, ökonomische und auch strukturelle Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Mehrfachbelastungen tatsächlich auch mit anderen gesundheitsrelevanten Einflüssen konfrontiert, die sich auch maßgeblich auf die Gesundheit auswirken können; oder anders formuliert: Gesundheitsthemen von Frauen unterscheiden sich von jenen von Männern. (Abg. Kickl: Jetzt ist die Biologie also doch wichtig!)
Genau deshalb ist der neue Frauengesundheitsbericht so wichtig, den wir im Regierungsübereinkommen schon vereinbart haben und hier mit einem Fünfparteienantrag auch auf Schiene gebracht haben. Er liegt mittlerweile vor. Wir haben damit einen Baustein zur Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit geleistet, der damals, 2017, von der Frauen- und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner präsentiert worden ist, und es ist gut, dass wir da einen weiteren Baustein umsetzen konnten.
Der Bericht ist inzwischen fertig, wir haben ihn vergangene Woche im Gesundheitsausschuss diskutiert und uns auf Initiative der SPÖ darauf verständigt,
einstimmig, wenn ich mich richtig erinnere, dass wir im Herbst zum Ausschuss auch ein Expertenhearing – ein Expert:innenhearing – machen werden. Danach kommt der Bericht auch ins Plenum und wird hier debattiert und diskutiert werden.
Dieser Diskussion möchte ich nicht vorgreifen, ich möchte aber aus aktuellem Anlass einen Aspekt aus diesem Bericht hervorheben, den wir auch letzten Montag im Rahmen des 6. Frauengesundheitsdialoges diskutiert haben. Dieser Aspekt ist der niederschwellige Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in unserem Land.
Der aktuelle Anlass ist die heutige Angelobung der schwarz-blauen Regierung in Salzburg, die entweder schon stattgefunden hat oder gerade stattfindet. Wer einen Blick in das Regierungsprogramm der Salzburger ÖVP-FPÖ-Koalition wirft, der sieht schnell, dass nicht nur der Ausbau der Kinderbetreuung durch eine Herdprämie von Frauen ersetzt worden ist. (Abg. Belakowitsch: ... ist eine Herdprämie! Können Sie ...?) Er oder sie sieht auch, dass die neue Salzburger Regierung das Selbstbestimmungsrecht von Frauen infrage stellt.
Anstatt, wie von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen, ungewollt Schwangeren einen niederschwelligen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu garantieren, stellt dort Schwarz-Blau hart erkämpfte Frauenrechte offen infrage. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass die Regierung dort plant, eine Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen, eine Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Auftrag zu geben. (Abg. Ribo: Geht gar nicht!)
Als würde das nicht schon reichen – da kann ich mir als Frau nur ungläubig die Augen reiben und haareraufend hier stehen und den Kopf schütteln (Abg. Belakowitsch: Ein echter Skandal! – Abg. Ribo: Ja, das ist ein Skandal! – Abg. Belakowitsch: Ein Skandal! Wir sind das einzige Land, in dem ...!) –, doppeln Sie diesen Zynismus noch, vervielfachen Sie diesen frauenfeindlichen, reaktionären Zynismus noch und propagieren Adoption oder Pflegeelternschaft
statt Abtreibung. Da frage ich Sie: Geht es Ihnen echt noch gut? (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Ja! – Abg. Kickl: Ja, Ihre Politik ist nicht gut angekommen in Salzburg!)
Geht es Ihnen echt noch gut? Hart erkämpfte Frauen- und Selbstbestimmungsrechte sind für uns Grüne nicht verhandelbar, und ich freue mich auch, dass ich da die SPÖ und auch die NEOS an unserer Seite weiß, dass drei Parteien im Parlament sehr klar für Selbstbestimmungsrechte von Frauen stehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren, Frauen haben ein Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung in allen Lebensbereichen, einschließlich des Zugangs zur Gesundheitsversorgung (Abg. Kickl: Was die Salzburger von Ihnen halten, das haben Sie bei der Wahl gesehen!), und das umfasst natürlich auch den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen.
Was passiert, wenn man Frauen
diesen sicheren Zugang verwehrt, das sehen wir, wenn wir einen Blick nach Polen
werfen. Das ist dramatisch, was dort passiert. (Abg. Belakowitsch:
Dramatisch! Welches Drama ...!) Die rechte, rechtskonservative,
reaktionäre Regierung hat dort vor einigen Jahren
ein De-facto-Abtreibungsverbot umgesetzt, und was passiert? – Frauen
sterben, weil Ärztinnen und Ärzte ihnen eine lebensrettende
Abtreibung verwehren. Das passiert dort, gerade erst in der Vorwoche hat
wieder eine Frau wegen eines erzkonservativen, frauenfeindlichen
Abtreibungsverbotes in Polen ihr Leben lassen müssen!
Es ist klar, dass Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung von Frauen auch bedeuten, dass man diesen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen muss, denn es ist unhaltbar, dass in Österreich im Jahr 2023 Frauen in ein anderes Bundesland fahren müssen, um eine Abtreibung durchführen zu lassen. Es ist untragbar, dass Abtreibungen in Österreich im Jahr 2023 immer mehr zu einer sozialen Frage, zu einer finanziellen Frage werden.
Schlusssatz, Herr Präsident: Für uns Grüne ist klar, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen umfasst auch ihr Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch (Abg. Belakowitsch: Es ist unerträglich, was Sie da erzählen! 5 Minuten zur Gesundheitsreform – 5 Minuten Abtreibung! Das ist unfassbar, ... das Thema!), und dieses Recht werden wir auch, gemeinsam mit anderen Fraktionen hier im Hohen Haus, gegen Angriffe von konservativer, rechter und reaktionärer Seite verteidigen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Abg. Scheucher-Pichler.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen!
„Gemeinsam Gesund“ – offenbar gibt es vier Parteien hier im Parlament, die an einem gemeinsamen guten Gesundheitssystem interessiert sind. Ich muss leider die FPÖ diesbezüglich herausnehmen, denn offenbar sind Sie mit der Aufarbeitung der Coronapandemie noch so beschäftigt, dass Sie immer noch an der Spaltung der Gesellschaft anstatt einem gemeinsamen Gedanken interessiert sind. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schallmeiner.)
„Gemeinsam Gesund“ heißt für mich, hier im Parlament gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die das Gesundheitssystem besser machen. Was wir hier aber, glaube ich, dringend brauchen, ist auch ein gemeinsames Zusammenspiel aller Player im Gesundheitssystem – ich nehme da die Ärztekammern, die Apothekerkammern, die Pflege, die Gesundheitsberufe im Allgemeinen einfach zusammen. Wir brauchen multiprofessionelle Teams in unserem Gesundheitssystem, und es wäre wichtig, dass das auch in den obersten Reihen ankommt. Diesbezüglich wäre es gut, wenn wir es hier gemeinsam hinbringen, dass diese Menschen miteinander sprechen und sich nicht gegeneinander ausspielen.
Was es für „Gemeinsam Gesund“ aber auch braucht, ist Prävention. Wir haben einen Antrag eingebracht, um einen Überblick über die vorhandenen Präventionsprogramme in Österreich zu bekommen – ich weiß nicht, ob der auch in irgendeiner Lade verschwunden ist. Es wäre, um in Prävention zu investieren, natürlich wichtig zu wissen, wo bereits investiert wird und wo noch Nachholbedarf besteht, weil wir zuallererst in unsere Gesundheit investieren müssen. Sie (in Richtung Bundesminister Rauch) haben vorhin gesagt, Vorsorge ist genauso wichtig wie Nachsorge, um nicht nur zwischen krank und gesund zu unterscheiden.
Ich glaube, dass wir ganz massiv auch bei der Prävention ansetzen müssen, weil eine gute Prävention auch eine Entlastung der Spitäler und des Gesundheitssystems bedeutet. Wenn ich Prävention betreibe, schaffe ich auch Gesundheitsbewusstsein bei Kindern in den Schulen, bei Jugendlichen und kann so den Menschen klarmachen, wann sie eine digitale Hotline anrufen, wann sie sich an 1450 wenden, wann sie zum niedergelassenen Arzt gehen – sofern sie einen Termin bekommen – oder wann sie schlussendlich ins Krankenhaus gehen müssen. Wenn das gut verankert ist, dann entlasten wir an erster Stelle die Spitäler.
Gesundheit ist aber Gesundheit insgesamt, und ich spreche da die psychische wie auch die physische Gesundheit an. Eine gebrochene Seele tut nicht weniger weh als ein gebrochener Arm. Wir brauchen auch da ganz dringend die Übernahme der Psychotherapie durch die Kassen. Wir haben eine Petition am Laufen, für die bereits über 11 000 Menschen unterschrieben haben, weil sie durch die multiplen Krisen, mit denen wir im Moment kämpfen, einfach schwer belastet sind und – es wurde vorhin auch schon angesprochen – lieber die E-Card verwenden würden als die Mastercard, um ihre psychische Entlastung zu bekommen, um ihre psychische Behandlung zu bekommen. (Beifall bei den NEOS.)
Generell braucht es aber durch eine Überarbeitung attraktivierte Gesundheitsberufe. Wir müssen den Beruf des Allgemeinmediziners attraktivieren, weil es ganz wichtig ist, dass wir viele gute Allgemeinmediziner in Österreich haben. Wir haben so viele nicht eingegangene Kassenverträge, die herumliegen, die keiner in Anspruch nehmen will. Auch diese müssen verbessert werden, damit Allgemeinmediziner wieder sagen: Ja, ich gehe gern in diesen Beruf! Ich helfe den Menschen; ich schaue, dass wir alle gesund bleiben!
Auch der Zugang zum Studium muss vereinfacht werden. Da gibt es Medizinzugangstests, die einfach viel zu hoch geschraubt sind und viel zu wenig auf einer menschlichen Basis fußen. Wir brauchen eine Steuerung für die Mangelfächer, damit wir die Leute, die Medizinstudierenden in jene Fächer umverteilen, in denen wir sie brauchen – beispielsweise in die Unfallchirurgie –, aber auch der niedergelassene Bereich muss gestärkt werden.
Zum Schluss zur Pflege: Die Pflegereform ist gekommen, ja. Sie wissen genauso wie wir alle, dass da noch an Nachstellschrauben gedreht werden muss. Was aber ganz dringend gebraucht wird, sind einfach Kompetenzerweiterungen für die Communitynurses. Uns erreichen teilweise Zuschriften von Communitynurses, die bei den Patienten stehen und den Verband nicht wechseln dürfen, weil es in ihrem Katalog nicht vorgesehen ist.
Wir müssen einfach das Gesundheitssystem gemeinsam angehen. Unsere Klubobfrau hat schon gesagt, dass wir mit offenen Händen dastehen, dass wir bereit sind, mitzuarbeiten. Das Gesundheitssystem definiert sich nicht nur über das Geld. Die Finanzverhandlungen reichen nicht aus, wir brauchen da ganz dringend einen Strukturwandel. (Beifall bei den NEOS.)
10.25
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Einlauf und Zuweisungen
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 15201/J bis 15287/J
2. Anfragebeantwortungen: 14321/AB bis 14329/AB
Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):
3. Volksbegehren:
Volksbegehren „ECHTE Demokratie – Volksbegehren“ (2074 d.B.)
Volksbegehren „Beibehaltung Sommerzeit“ (2075 d.B.)
Volksbegehren „GIS Gebühren NEIN“ (2076 d.B.)
Volksbegehren „Lieferkettengesetz Volksbegehren“ (2077 d.B.)
Volksbegehren „Unabhängige JUSTIZ sichern“ (2078 d.B.)
Volksbegehren „NEHAMMER MUSS WEG“ (2079 d.B.)
Volksbegehren „BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!“ (2080 d.B.)
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:
Petition betreffend "Psychotherapie als Leistung der Krankenkasse", überreicht von den Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd und Mag. Yannick Shetty (123/PET)
Bürgerinitiative betreffend "die Initiative "Mut zeigen!": Forderung von gesetzl. Änderungen für Personen, die einen Schwangerschaftsverlust unter 500 Gramm (sog. Fehlgeburten) erlitten haben" (59/BI)
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Gleichbehandlungsausschuss:
Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Schutzunterkünfte und Begleitmaßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder (Frauen-Schutzunterkunfts-Vereinbarung – FSchVE) (2070 d.B.)
Rechnungshofausschuss:
Bericht des Rechnungshofes betreffend COVID-19-Förderungen durch die Agrarmarkt Austria – Reihe BUND 2023/15 (III-951 d.B.)
b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Justizausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Mai 2023, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz (III960 d.B.)
Tourismusausschuss:
Bericht des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft betreffend Tourismus in Österreich 2022 (III-961 d.B.)
Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:
Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft (III-962 d.B.)
*****
Ankündigung eines Dringlichen Antrages
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 3436/A(E) der Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jobgarantie für die von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten durch die Bundesregierung“ dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 2 bis 5, 6 bis 9, 10 bis 12 sowie 15 und 16 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Redezeitbeschränkung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß haben wir eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“. Daraus ergeben sich Redezeiten wie folgt: ÖVP 166, SPÖ 115, FPÖ 94, Grüne 85 und NEOS 68 Minuten.
Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 34 Minuten. Die Debattenredezeit wird auf 5 Minuten beschränkt.
Wir kommen zur Abstimmung.
Wer diesen dargestellten Redezeiten die Zustimmung erteilt, den bitte ich, das kundzutun. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G) geändert wird (2062 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Tagesordnungspunkt.
Ich darf Frau Bundesministerin Raab recht herzlich begrüßen.
Als erste Rednerin darf ich Frau Abgeordnete Holzleitner an das Rednerpult bitten. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen, Daten und Fakten zur Armut in Österreich sind (Abg. Michael Hammer: Erschreckend! Erschreckend!), obwohl wir in einem der reichsten Länder der Welt leben, jedes Mal aufs Neue extrem erschreckend und schockierend. Erst gestern hat die FH für Gesundheitsberufe in Oberösterreich eine neue Zahl herausgegeben: Rund 200 000 Personen sind von erheblicher Armut und
Benachteiligung betroffen. Zukunftsängste, nicht genug zu essen zu haben, den Alltag bewältigen zu können, sind ständige Begleiter dieser Personengruppe, und rund die Hälfte davon sind Frauen über 18 Jahre. Insbesondere diese Frauen leiden extrem unter den Folgen von Armut, gerade wenn sie sich in einer Schwangerschaft befinden.
Die FH hat herausgefunden, dass Diabetes, chronische Krankheiten und Bluthochdruck gerade in Armutssituationen besonders oft auftreten, sich auch auf die Kinder auswirken und Armut eine Spirale ist, die von Eltern auf Kinder übertragen wird, insbesondere auch, was die Gesundheit betrifft. Darüber hinaus sind 17,5 Prozent der Menschen in Österreich – das sind 1,5 Millionen Menschen – von Armut betroffen oder ausgrenzungsgefährdet. Das ist keine kleine Teilgruppe, das ist ein großer Teil unserer Bevölkerung in Österreich, keine Minderheit – keine Zielgruppen-, Nischenpolitik; das ist Politik für einen großen, breiten Teil der Bevölkerung, den wir hier wirklich in Angriff nehmen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Gerade in den letzten Krisenjahren wurden Millionen und Milliarden für Freunderl ausgegeben – ohne große Kontrolle, einfach so, schön verteilt –, es wurde aber jede Chance vertan, Österreich krisenfester zu machen, armutssicherer zu machen, auch den viel beschworenen Mittelstand abzusichern. Es gab keine Reformen, nur Einmalzahlungen, Befristungen – wie im Übrigen auch bei diesem Paket: Befristungen –, keinen Umbau zu einem krisenfesten Staat. – Und nein, es geht nicht um die despektierliche Formulierung der Vollkaskomentalität, die ich auf das Schärfste zurückweisen möchte (Beifall bei der SPÖ), es geht um einen guten Wohlfahrtsstaat, der krisenfest ist.
Es geht um Chancengleichheit für Kinder, um Sicherung für Alleinerzieherinnen, für Frauen, und notwendig wäre diese gute Absicherung insbesondere für Menschen, die in Not geraten sind, insbesondere für Alleinerzieherinnen und deren Kinder. Es geht um ein gutes Unterstützungsnetz, um eine Unterhaltsgarantie, um eine Kindergrundsicherung, um eine Finanzierung auf breiter Basis,
insbesondere dahin gehend, dass auch Millionäre und Milliardäre, die wir heute in der Debatte über den Dringlichen Antrag noch thematisieren werden, zur Kasse gebeten werden und nicht Personen und Mitarbeiter:innen geschröpft werden.
Wenn jetzt heute hier Maßnahmen gegen die Kinderarmut ausgerufen werden, dann kann man dazu nur sagen: Den Menschen dürfen nicht mehr weiter Sandkörner in die Augen gestreut werden. Es braucht die Absicherung, die Sicherheit, die Rechtsansprüche, gesetzliche Änderungen, um auch zu wissen, dass man sich verlassen kann und nicht bei jeder Semmel, bei jedem Apfel, den man sich noch leisten können möchte, 5 Cent umdrehen muss, weil man hart kalkulieren muss, ob sich Heizen im Winter noch ausgeht. Sichern wir Kinder und Frauen endlich grundlegend ab, mit festen Ansprüchen (Beifall bei der SPÖ), mit einem guten warmen Mittagessen, mit einem Rechtsanspruch auf einen Bildungsplatz, um Chancengleichheit auch möglich zu machen, und nicht mit unfairen Familienbonuserhöhungen wie in den letzten Jahren oder eben auch irgendwelchen Einmalzahlungen, die stigmatisieren und aufgrund Ihrer bürokratischen Hürden, des Anspruchs durch Berichtslegungen, aufgrund vielfacher bürokratischer Hürden den Menschen auch nicht direkt zugutekommen, sondern der Zugang extrem erschwert wird.
Armutssicherung heißt, Politik für einen großen Teil der österreichischen Bevölkerung zu machen. Armutsfeste Politik wäre hier gefragt – nicht erst seit jetzt, nicht erst seit der Teuerung, sondern schon seit Jahren. (Abg. Maurer: Warum hat es die SPÖ nicht gemacht?) Die Rückschritte, die wir in den letzten Jahren zu verzeichnen hatten, Stichwort türkis-blaue Kürzungen bei der Mindestsicherung, wären wieder zurückzunehmen und die Menschen auch an der Hand zu nehmen, um Armut in Österreich auch tatsächlich abzuschaffen. (Beifall bei der SPÖ.)
60 Euro mehr im Monat werden kein einziges Kind aus der Armut retten. Ja, das ist Fakt, weil das Leben in Österreich, was Wohnen, was Essen, was ein gutes warmes Mittagessen betrifft, viel zu teuer geworden ist. Da braucht
es den wirklichen Umbau und gesetzliche Regelungen, es braucht eine Unterhaltsgarantie, es braucht eine Kindergrundsicherung, es braucht die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und es braucht niedrigere Preise, um sich das Leben leisten zu können, und deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preise senken, Leistungen anpassen, Armut bekämpfen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz (u.a. Einführung einer Mietpreisbremse, sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission) vorzulegen, das das Ziel verfolgt, die Inflationsrate in Österreich um mindestens zwei bis drei Prozentpunkte zu drücken.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert umgehend ein nachhaltiges Paket zur Armutsbekämpfung dem Nationalrat zu übermitteln, mit dem armutsvermeidende Mindestleistungen in der Sozialhilfe festgelegt werden, das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des letzten Einkommens erhöht und damit einhergehend auch die Notstandshilfe erhöht wird, der Kinderzuschlag zum Arbeitslosengeld verdreifacht wird und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung jährlich valorisiert werden sowie eine Kindergrundsicherung und ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz eingeführt und die Finanzierung eines warmen Essens pro Tag für jedes Kind in allen Bildungseinrichtungen sichergestellt wird.“
*****
Das wäre das Mindeste, um Armut in Österreich zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)
10.34
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc,
Genossinnen und Genossen
betreffend Preise senken, Leistungen anpassen, Armut bekämpfen
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird (2062 dB)
Die Teuerung
in Österreich ist so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr. Die Preise explodieren nach wie vor. Mit zuletzt 8,8 Prozent ist die Inflation
hierzulande um fast 3 Prozentpunkte höher als in Deutschland, der Abstand
hat sich gegenüber April sogar vergrößert. Spanien hatte
im Mai sogar nur mehr 3,2 Prozent. Österreich bleibt weiter das Land mit
einer der höchsten Inflationsraten in der Euro-Zone. Die Preise
steigen seit Monaten rasant an, von Mai 2021 bis Mai 2023
um 17 Prozent. Die Folge: Millionen Menschen in Österreich haben Probleme,
ihre täglichen Ausgaben bei Mieten, Energie und beim Einkauf zu
bestreiten. Immer mehr Familien können sich aufgrund der Teuerung
kein warmes Essen mehr leisten, ihre Kinder nicht mehr gut versorgen und
müssen an der Supermarktkasse feststellen, dass sie sich mit
ihrem Geld immer weniger leisten können. Es wäre die Aufgabe
dieser Bundesregierung, die steigende Armut zu verhindern und die ausufernde Geldentwertung
strukturell zu bekämpfen. Es geht nicht nur darum, einzelnen Gruppen
Almosen zukommen zu lassen, sondern die Preise strukturell zu senken. Familien
dürfen nicht Bittsteller:innen von der Bundesregierung sein. Nie-
mand soll sich an der Supermarktkasse arm fühlen. Die Regierung hat im Koalitionsabkommen versprochen, die Armut in Österreich zu halbieren – sie ist aber gestiegen! Und zwar seit Antritt von Sebastian Kurz im Jahr 2019 um mehr als 30%!
Wer Politik für die Menschen macht, schaut genau hin, wo der Schuh drückt – also wo die Teuerung am stärksten zuschlägt. Die größten Treiber der Teuerung sind: Energie, Lebensmittel und Wohnen. Es wäre verantwortungsvolle Politik und ökonomisch schlüssig, sich im Sinne der Menschen zu überlegen, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, um bei den größten Treibern der Teuerung den Preisaufschwung zu stoppen bzw. zumindest zu dämpfen. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr hat sich unter anderem für einen Mietpreis-Stopp ausgesprochen und Eingriffe in den Markt von der Regierung eingemahnt: „ […] die Mietpreisbremse muss überlegt werden, ich war ehrlich gesagt enttäuscht, dass sie nicht gekommen ist.“ 1 Dank des Nicht Handelns der Bundesregierung galoppieren die Mieten in Österreich weiterhin den Löhnen davon.
So steigen die gesetzlichen Kategoriemieten laut Berechnung der Arbeiterkammer im Juli um 5,5 Prozent. Das macht in Summe vier Erhöhungen in 15 Monaten von rund 24 Prozent.
Auch in Sachen Kampf gegen die hohen Lebensmittelpreise findet WIFO-Chef Felbermayr, dass die Regierung die Lebensmittelkonzerne stärker in die Pflicht hätte nehmen müssen: „Eine Transparenzinitiative, die sich auf wenige Produkte erstreckt, ist recht zahnlos. Der Staat muss ein bisschen mehr Muskeln zeigen!“ 2 So lange sichergestellt ist, dass diese weiter gegeben wird, kann sich mittlerweile auch er - wie von der SPÖ vorgeschlagen – eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel vorstellen. Im Interview mit der Krone vom 14. Mai 2023 plädiert auch Felbermayr dafür endlich stärker die Inflation selbst zu bekämpfen und nicht nur ihre Effekte.
Und auch im Sozialbereich müsse noch mehr passieren. Als Beispiel nannte Felbermayr die unterjährige Anpassung von Arbeitslosengeld oder die Inflationsindizierung von Einkommensgrenzen, ab denen ein Anspruch besteht. 3
Was macht die Regierung?
Die Regierung senkt keinen einzigen Preis, sie stoppt nicht den Mietpreiswahnsinn, hofft auf die Vernunft der Energiekonzerne und im Kampf gegen die Armut, macht sie Betroffene wieder zu Bittsteller:innen!
Die Regierung kündigt ein Paket gegen Familienarmut an. Dieses Paket ist aber weder nachhaltig, weil mit 2024 befristet, noch werden 60 Euro pro Monat weder eine einzige Familie oder eine einziges Kind wirklich aus der Armut holen. 60 Euro pro Kind sind gerade einmal 2 Euro am Tag. Damit kann man auch mit billigen Lebensmitteln kein warmes Essen zubereiten, geschweige denn mit diesen enorm verteuerten Lebensmitteln.
Um der Armut in unserem Land wirklich nachhaltig den Kampf anzusagen braucht es neben preissenkenden Maßnahmen auch Leistungsverbesserungen: Eine Reform der Sozialhilfe mit armutsvermeidenden Mindestleistungen, eine Erhöhung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Kinderzuschlag sowie die jährliche Valorisierung dieser Leistungen und eine Kindergrundsicherung, einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz sowie ein gesundes, warmes Essen pro Tag für jedes Kind in allen Bildungseinrichtungen.
Mit einem derartigen Maßnahmenpaket kann die Armut in Österreich nachhaltig bekämpft werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Nationalrat ein umfassendes Inflationsdämpfungsgesetz (u.a. Einführung einer Mietpreisbremse, sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer
auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Einsetzung einer schlagkräftigen Anti Teuerungskommission) vorzulegen, das das Ziel verfolgt, die Inflationsrate in Österreich um mindestens zwei bis drei Prozentpunkte zu drücken.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert umgehend ein nachhaltiges Paket zur Armutsbekämpfung dem Nationalrat zu übermitteln, mit dem armutsvermeidende Mindestleistungen in der Sozialhilfe festgelegt werden, das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des letzten Einkommens erhöht und damit einhergehend auch die Notstandshilfe erhöht wird, der Kinderzuschlag zum Arbeitslosengeld verdreifacht wird und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung jährlich valorisiert werden sowie eine Kindergrundsicherung und ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz eingeführt und die Finanzierung eines warmen Essens pro Tag für jedes Kind in allen Bildungseinrichtungen sichergestellt wird.“
1 Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023
2 Kronen Zeitung, Sonntag 14.Mai 2023
3 APA0270/10.05 Mi, 10.Mai 2023
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.
Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Auch ich möchte unserem geschätzten Kollegen Kucher zu seiner neuen Aufgabe recht herzlich gratulieren. (Beifall der Abg. Holzleitner. – Abg. Kucher deutet eine Verbeugung an.)
Wie wir bereits gehört haben, wird mit dem neuen Parteivorsitzenden ein neuer Stil, eine neue Ausrichtung der Partei stattfinden. Wenn ich jetzt aber auf
die vorige Debatte zurückblicke, dann muss ich sagen, ich hoffe nicht, dass diese neue Ausrichtung bedeutet, dass man hier mit Unwahrheiten startet, dass man mit Verdrehungen arbeitet, dass man die Dinge verdreht und Klassenkampf forciert. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte Ihnen eines sagen – Sie wissen, dass bei einer Aktuellen Stunde keine tatsächlichen Berichtigungen möglich sind –: Kollegin Heinisch-Hosek hat behauptet, dass der Wirtschaftsbund bei der Sitzung der ÖGK der zusätzlichen Bereitstellung von 100 Kassenverträgen nicht zugestimmt hat. – Das war Ihre Formulierung! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja?!) – Jetzt schauen wir uns einmal das Protokoll an und schauen wir auf die Tatsachen. Was ist denn wirklich wahr?
Kollege Huss von der Arbeitnehmerkurie hat den Antrag zu spät eingebracht, er konnte gar nicht behandelt werden. Es ist aber im Protokoll nachzulesen, Frau Heinisch-Hosek, dass die Arbeitgeberkurie, nämlich der Wirtschaftsbund, ausdrücklich darauf hinweist, dass man diese 100 zusätzlichen Kassenstellen unterstützt und dass man den Vorstoß unseres Bundeskanzlers auch entsprechend unterstützen wird. Das sind die Fakten! Hören Sie auf mit Ihren Verdrehungen, hören Sie auf mit diesem Klassenkampf! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Unglaublich! Sie verdrehen! Ich habe es ja da liegen! – Abg. Wöginger: Ich auch! – Abg. Krainer: Dann lesen Sie es!)
Meine Damen und Herren, diese Regierung steht in der Zeit von multiplen Krisen – der Pandemie, dem Angriffskrieg in der Ukraine, aber vor allem auch der daraus resultierenden Teuerung – ganz klar an der Seite der Bevölkerung und hilft, wo es notwendig ist, und ich möchte Ihnen, Frau Minister, und Ihnen, Herr Minister, stellvertretend für die Regierung dafür danken, dass wir diesen Antrag heute hier vorliegen haben.
Es ist eine Vielzahl von Maßnahmen, Unterstützungen, aber auch bedeutenden und lange diskutierten strukturellen Entlastungen, wie zum Beispiel die Streichung der kalten Progression – ewig gefordert, ewig diskutiert und von dieser Regierung umgesetzt – oder die jährliche Valorisierung der Familien-
und Sozialleistungen, die die Menschen in diesem Land bereits jetzt unterstützt und entlastet; ebenfalls ein Beschluss, den es so, glaube ich, in ganz Europa kaum gibt. Zeigen Sie mir das Land, das das bereits umgesetzt hat!
Oder: die Erhöhung des Familienbonus auf 2 000 Euro pro Kind. Meine Damen und Herren, das ist eine erhebliche steuerliche Entlastung für Familien, die in Europa ihresgleichen sucht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)
All das hat dazu geführt, dass in Österreich die Kaufkraft und die realen Einkommen der Haushalte gestiegen sind. Zeigen Sie mir in dieser Zeit ein Land in Europa, das das geschafft hat! Trotzdem war uns vollkommen klar, dass vor allem vulnerable Gruppen wie Sozialhilfe- oder Mindestsicherungsbezieher, Ausgleichszulagenbezieher oder Arbeitslose, Alleinerzieherinnen oder Alleinverdiener, Menschen mit einem geringen Einkommen von nicht mehr als 2 000 Euro brutto pro Monat von dieser Teuerung ganz besonders betroffen sind und wir da besonderen Handlungsbedarf haben.
Wir haben deswegen zwei Anträge ausgearbeitet, um all diesen Gruppen unbürokratisch, schnell und zielgerichtet zu helfen. Im letzten Plenum erfolgte der Beschluss für Sozialhilfe- und Mindestsicherungshaushalte, und heute beschließen wir, so wie angekündigt, die Sonderzuwendung für Alleinverdienende, Alleinerziehende mit geringem Einkommen und für Arbeitslose und Ausgleichszulagenbezieher mit Kindern. 60 Euro pro Kind und Monat werden unbürokratisch und schnell ab Juli 2023 bis Dezember 2024 monatlich überwiesen. Meine Damen und Herren, diese Regierung ist sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst und sie hält auch ihr Wort. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Nun haben wir in den vergangenen Wochen erlebt, dass die Opposition alle möglichen und unmöglichen Argumente bemüht hat, um dieses Paket kleinzureden. Faktum ist, meine Damen und Herren, dass dieser Beschluss einer Familie mit zwei Kindern, die unter diese genannten Gruppen fällt,
2 100 Euro zusätzlich zu all den anderen beschlossenen Maßnahmen bringt. Angesichts dieser Zahlen von einer Kleinigkeit oder vom Tropfen auf den heißen Stein zu reden, das ist wirklich der Thematik nicht entsprechend. Noch einmal: Diese Regierung ist sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn man sich nun die Diskussionen und die Argumente im Ausschuss vor Augen führt, so ergibt sich folgendes Bild: Während die einen bejammern, dass es zu wenig zielgerichtet ist, beklagen die anderen, dass es viel zu wenig ist. Experten betonen hingegen, dass dieser Vorschlag – ganz im Gegenteil! – schnell hilft, unbürokratisch und vor allem auch sehr zielgerichtet ist. Und damit haben wir wirklich alles erfüllt, was auch von uns gefordert wurde.
Ich möchte noch einmal betonen: Diese Regierung ist sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst und sie hält auch ihr Wort. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich habe es schon in einer meiner letzten Reden betont: Während man in Wien nichts Besseres weiß, als alle möglichen Gebühren zu erhöhen und damit die Menschen zu belasten, entlastet diese Regierung schnell und unbürokratisch, aber auch nachhaltig.
Das vorliegende Paket entlastet die Menschen, die es am dringendsten benötigen, und Sie, meine Damen und Herren, sind herzlich eingeladen, diesen Beschluss mitzutragen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.40
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vorausschicken, dass uns NEOS das Thema der vulnerablen Familien, die unter der hohen
Inflation leiden, natürlich ein Herzensanliegen ist – viele von uns sind auch Eltern. Wir erleben auch im privaten und im beruflichen Umfeld, dass an vielen Stellen tatsächlich viel zu viel Druck in der Kiste ist, dass die Wohnkosten steigen, dass die Energiekosten steigen, dass die Lebenshaltungskosten im Allgemeinen steigen. Es ist allerdings das eine, dass man ein Ziel formuliert, nämlich diesen Familien helfen zu wollen, und das andere, eine Gesetzesvorlage zu liefern, die dieses Versprechen nicht erfüllt. Das ist auch der Punkt, warum wir heute nicht zustimmen können, und darauf möchte ich auch genauer eingehen.
Der erste Punkt ist, dass an vielen Stellen einfach schlampig und schlecht gearbeitet worden ist. Es tut mir furchtbar leid, dass man das so sagen muss, allerdings ist es tatsächlich so, dass es nur dann eine funktionierende Gesetzgebung gibt, wenn man Gesetzesvorlagen hat, die auch die entsprechende Wirksamkeit entfalten können.
Diese Bundesregierung schlampt seit vielen Monaten und auch Jahren. Es gab beim vorliegenden Gesetzesvorschlag keine Begutachtungsphase, es gab keine Möglichkeit, Feedback zu geben, ob die Wirksamkeit da ist, ob das Geld richtig eingesetzt wird.
Es gab eine Ausschusssitzung, in der von unserer Seite, von NEOS, viele Fragen gestellt wurden; wir hatten einen ganzen Fragenkatalog. Wir haben sogar das Feedback bekommen, dass unsere Fragen gut sind – wir haben allerdings keine Antworten bekommen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist dann natürlich dramatisch.
Es wurde ein konkreter Vorschlag von uns in einen Abänderungsantrag aufgenommen, nämlich dass gerade diese 60 Euro auch valorisiert werden müssen, aber alle anderen Fragen, die wir gestellt haben, wurden nicht beantwortet. Wir haben gefragt: Um wie viel Geld geht es genau? Aus welchem Budget wird das finanziert? Welche der Zielgruppen, die da noch nicht genannt werden, können noch aufgenommen werden?
Diese Fragen wurden weder vonseiten der ÖVP noch vonseiten der Grünen beantwortet, weil man sie nicht beantworten konnte; und das ist das Schwierige. Wenn wir zumindest 500 Millionen Euro in die Hand nehmen und wissen, das Geld kommt nicht dort an, wo die Hilfe wirklich benötigt wird, dann ist das dramatisch.
Ich möchte Ihnen da ein paar ganz konkrete Beispiele nennen, damit Sie sich auch ein Bild dessen verschaffen können, wovon wir reden. Es gibt in unserer Republik an sich eine Systematik, wie wir Eltern erreichen können, wenn sie ein geringes Einkommen haben, um zu deren Lebensunterhalt beitragen zu können: Das ist der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, das sind Familienzuschläge beim Arbeitslosengeld, bei der Notstandhilfe und das sind Kinderzuschüsse bei Ausgleichszulagen.
Man hätte also an diese konkreten Mechanismen, die es schon gibt und durch die wir die Menschen erreichen können, diese Hilfe anhängen können. Das ist nicht passiert. Eine Auswirkung ist, dass viele Gruppen vergessen worden sind – viele Gruppen: nicht wenige, sondern zahlreiche, und das haben wir auch im Ausschuss benannt; zum Beispiel jene, die Rehabilitationsgeld beziehen, die Weiterbildungsgeld beziehen, die Krankengeld beziehen. Übrigens gehören auch Familien dazu – und da stimmen wir auch mit der SPÖ überein –, die ein geringes Einkommen haben, in denen beide arbeiten gehen, aber zu wenig verdienen – vielleicht gerade diese 2 000 Euro brutto –, und die bekommen nichts.
Es stellt sich dann die Frage: Wer fällt denn unter diese Bezugsgrenze von 2 000 Euro? – Das sind oft Familien, Personen, die gerne Vollzeit arbeiten gehen würden, aber nicht können, weil die ÖVP in den letzten Jahrzehnten verhindert hat, dass die Kinderbetreuung entsprechend ausgebaut wird.
All diese Elemente haben Sie jetzt nicht berücksichtigt. Das ist ein Antrag, durch den Familien, die wenig Geld haben, keine Hilfe bekommen, und Familien,
die viel Geld haben, möglicherweise diese 60 Euro bekommen. Das ist nicht die Art von Unterstützung, die wir NEOS uns vorstellen. (Beifall bei den NEOS.)
Wir haben einen ganz zentralen Punkt gehabt, weil uns dieser wirklich wichtig war – wir haben das in den letzten zwölf Monaten auch schon ganz klar gesagt ‑: Es geht um eine Treffsicherheit, damit man nicht die Gießkanne auspackt, und diese Treffsicherheit kann nur dann gewährleistet sein, wenn man von einem Haushaltseinkommen ausgeht, wenn man nicht davon ausgeht, dass eine Person arbeitslos ist, die andere möglicherweise ein höheres Einkommen erwirtschaftet, und man trotzdem diese 60 Euro ausschüttet, und andere, von denen beide arbeiten gehen, die nur ganz knapp drüber sind, kriegen nichts.
Daher ist es tatsächlich so: Die Vorschläge, die Sie hier einbringen, sind zwar eine Geldverteilaktion, aber sie werden der Situation dieser Kinder nicht gerecht, die diese Hilfe wirklich brauchen. Wir fordern daher eine konkrete und wirksame Hilfe. Deswegen möchte ich an dieser Stelle folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die gezielte Sachleistungen für bedürftige Kinder vorsieht.“
*****
Wir wollen ein warmes, gesundes Mittagessen in jeder Ganztagsschule, in jeder Kinderbetreuungseinrichtung. Wir wollen den Ausbau der Kinderbetreuung in ganz Österreich. Und wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben,
dass sie durch eine Vollzeittätigkeit ihr Leben selbst gut bestreiten können. Dafür setzen wir uns ein und das würde den Kindern auch wirklich sofort helfen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
10.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen
eingebracht im Zuge der Debatte in der 219.
Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Familie
und Jugend über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber,
Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher
Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und
Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird (2062 d.B.) –
TOP 1
In Wien wird mit dem großen Paket zur Bekämpfung von Kinderarmut eine deutliche Entlastung bei den Essensbeiträgen und für die Nachmittagsbetreuung in Schulen, Kindergärten und Horten umgesetzt. Zudem wird die Unterstützung für armutsgefährdete Familien bei mehrtätigen Schulveranstaltungen, wie Winter- und Sommersportsportwochen, ausgeweitet. Auch bei der Beschaffung von erforderlichen Unterrichtsmaterialien greift die Stadt den Betroffenen unter die Arme. Das sind alles konkrete Sachleistungen, die den Kindern zugutekommen.
Österreich ist international führend, wenn es um Geldtransfers an Familien geht. Im Bereich der Sachleistungen für Kinder liegen wir allerdings im internationalen Vergleich deutlich zurück. Um sicherzustellen, dass die Steuermittel wirklich treffsicher bei den Kindern ankommen, die diese Hilfe unbedingt brauchen, ist daher verstärkt auf Sachleistungen zu setzen. Dazu gehört zum Beispiel, den Kindern ein warmes, gesundes Mittagessen zur Verfügung zu stellen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die gezielte Sachleistungen für bedürftige Kinder vorsieht.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.
Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrtes Präsidium! Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Vor etwa vier Wochen hat die Regierung ganz vollmundig ein Unterstützungspaket für armutsgefährdete Kinder angekündigt. Viele Familien und viele Alleinerziehende haben daran große Erwartungen geknüpft. Im Juni wird daraus allerdings auch noch kein Geld fließen, denn wir ändern heute zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen dieses Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, besser bekannt unter 60-Euro-Paket.
Letzte Woche wurde es im Bundesrat bestätigt, um es heute hier wieder zu ändern und dann wieder an den Bundesrat zu schicken. Einen dafür zuständigen Ausschuss gibt es offensichtlich auch nicht mehr, denn es war einmal im Budgetausschuss, einmal im Sozialausschuss, letztes Mal im Familienausschuss. Wie so oft haben es die schwarz-grünen Regierungsparteien wieder einmal
nicht geschafft, einen kompletten, umfassenden Antrag zu beschließen. Man hätte diesen auch in der letzten Plenarsitzung noch abändern können – haben Sie auch nicht gemacht. Die Menschen draußen können auf das Geld ja leicht warten. (Beifall bei der FPÖ.)
Darum gibt es heute diesen zweiten Teil dieses 60-Euro-Pakets, damit eben Alleinverdiener, Alleinerziehende und Arbeitslose auch Anspruch haben.
Frau Minister, Sie berufen sich ja immer auf die Valorisierung der Familienleistungen. Ja, aber gleichzeitig haben diese Familienleistungen massiv an Wert verloren. Wenn Sie sich das ansehen, werden auch Sie das feststellen. Nehmen wir die Kinderbeihilfe her: Seit 2002 hat diese um die 30 Prozent an Wert verloren. Das heißt, man hätte sie um 46 Prozent erhöhen müssen, um wieder dieselbe Kaufkraft zu haben. Da wären wir auch bei diesen 60 Euro, aber regelmäßig und nachhaltig und ohne, dass man sich dafür bedanken müsste. (Beifall bei der FPÖ.)
Familien, in denen beide Elternteile arbeiten gehen, wir haben es heute schon gehört, nämlich immer schon beide arbeiten gehen müssen, um über die Runden zu kommen, weil Kinder im Haus sind, weil die Wohnung oder das Haus abbezahlt werden muss, fallen völlig raus, aber mit 2 000 Euro brutto, sehr geehrte Damen und Herren – das sind netto 1 560 Euro –, mit 1 560 Euro netto kann eine Familie mit zwei Kindern nicht mehr leben, das ist unmöglich. Die Rückzahlungen für das Eigenheim steigen, die Mieten steigen, die Energiekosten sinken nur in den Zeitungsberichten, aber nicht auf der Stromrechnung, die Lebensmittelpreise steigen. Ja, da sind 60 Euro beinahe nichts. Kaufen Sie 2 Kilo Knacker, Sie werden um die 36 Euro bezahlen!
Finanzielle Reserven wurden während Corona aufgebraucht (Abg. Deimek: ... wissen nicht einmal, wie viel 1 Liter Milch kostet!), und ist das Auto oder der Kühlschrank kaputt, dann ist das beinahe nicht mehr zu stemmen.
Immer mehr sind in Österreich mit Zahlungen im Verzug, weil sie sich das Leben nicht mehr leisten können. Das heißt, es bleiben weiterhin viele Leute in unserem Land, die arbeiten oder gearbeitet haben, die Steuern gezahlt haben, sich durchkämpfen, armutsgefährdet, auch sehr viele Senioren.
Es hat ohnehin sehr lange gebraucht, bis die Regierung reagiert hat, nachdem wir ja von Ihnen immer gebetsmühlenartig gehört haben, was Sie nicht schon alles getan hätten. Liebe Abgeordnete von Schwarz-Grün, Armut ist leise und Armut ist beinahe nicht sichtbar. Und diese Menschen müssen sich von Ihnen beinahe permanent sagen lassen, sie hätten ja schon mehr bekommen, als die Teuerung ausmacht. Insbesondere den Senioren haben Sie das hier vom Plenum aus schon sehr oft via Fernsehen ausgerichtet. Diese Menschen bekommen noch mehr Schuldgefühle, weil sie arbeiten oder gearbeitet haben, es aber trotzdem nicht schaffen.
Die heute beschlossenen Maßnahmen gelten bis 2024. Fällt 2024 dieses Geld weg, wird bei vielen die finanzielle Situation wieder kritisch.
Die Regierung ist bei vielen Punkten säumig, die das Leben von Alleinerziehenden zum Beispiel viel einfacher machen würden. Wir warten auf die Evaluierung des Unterhaltsvorschußgesetzes seit Anbeginn dieser Regierungsperiode, die Anträge dazu werden immer vertagt. 59 000 Kinder von Alleinerziehenden bekamen 2020 gar keinen Geldunterhalt; 44 000 Kinder hatten gar keinen Anspruch auf Unterhaltszahlungen, und gleichzeitig, sehr geehrte Damen und Herren, zahlen wir Hunderte Millionen Euro an Familienleistungen ins Ausland.
Die Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes wird auch immer angekündigt, bis dato ist keine Umsetzung in Sicht. Obwohl die Arbeiterkammer und auch die Volksanwaltschaft – also nicht nur die Opposition, die nicht so geliebt wird – sachlich begründete Kritik dahin gehend äußern, wurden auch hier wieder sehr viele Anträge vertagt oder abgelehnt; über manche diskutieren wir später noch.
Liebe Kollegen von Schwarz-Grün, Sie lassen die Eltern im Stich, die notwendigen Änderungen, die sich auch im Geldbörsl auswirken würden, fehlen: dass Mütter nicht mehr ohne Unterhalt dastehen würden; dass Mütter nicht wochen-, monatelang, wir haben gehört, oft jahrelang auf das Kinderbetreuungsgeld warten müssen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen alle, Kinder haben gute Antennen. Sie spüren es genau, wenn Eltern, Mütter und Väter, Angst haben, es nicht mehr zu schaffen, wenn sich die Gas-, die Stromrechnung, die Gemeinderechnung, der Lebensmitteleinkauf nicht mehr ausgehen. Sehr oft dreht sich dann die Spirale: Geldprobleme, Alkoholprobleme, Gewalt in der Familie. Da trauen sich Kinder wegen des Schulausflugs, der jetzt zu Schulschluss am Programm steht und das Budget stark belastet, nichts mehr zu sagen. Da sagen sie lieber, sie sind krank, bevor sie sagen, dass sich der Eintritt fürs Schwimmbad am vorletzten Schultag nicht mehr ausgeht.
Liebe Regierung, 60 Euro sind besser als nichts, aber für viele sind sie viel zu wenig! (Beifall bei der FPÖ.)
10.51
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sehr geehrte Abgeordnete! Da das heute der letzte Tag der ehemaligen Klubobfrau Dr.in Pamela Rendi-Wagner hier im Hohen Haus ist und ich beim letzten Mal angekündigt habe – sie heute aber nicht auf der Rednerliste steht –, dass ich noch Worte des Dankes an sie persönlich richten möchte, möchte ich das noch vor dem Vorsitzwechsel tun.
Frau Klubobfrau außer Dienst, Sie haben sich als Ärztin, als Epidemiologin, als – in ganz besonderer Art und Weise – Tropenmedizinerin nicht nur habilitiert und als Professorin gearbeitet, sondern haben Ihr Wissen, Ihr erworbenes Wissen in Ihrer weiteren beruflichen Karriere immer eingebracht – als Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit von 2011 bis 2017, als Gesundheitsministerin und Sie haben es auch immer wieder als Klubobfrau eingebracht und letzten Endes Ihre Expertise zur Verfügung gestellt.
Ich darf mich bei Ihnen für Ihre Arbeit als Klubobfrau, die Sie für den Parlamentarismus insgesamt geleistet haben, bedanken. Ihre Art zu kommunizieren war stets von großem gegenseitigem Respekt geprägt. In Ihrem wertschätzendem Umgang haben Sie es trotzdem geschafft, harte Formulierungen zu treffen und diese bestmöglich an die Abgeordneten zu adressieren.
Schlussendlich war die Kompromissbereitschaft, die Sie immer wieder gezeigt haben, das Maß, das der Parlamentarismus eigentlich braucht, um lebendig zu sein, aber auch, um gemeinsam zu Lösungen zu kommen. Dafür dürfen wir Ihnen herzlich danken.
Wir wünschen Ihnen für Ihre weitere Orientierung, Ihren weiteren beruflichen Lebensweg alles erdenklich Gute. Wir haben diese Zeit mit Ihnen – und es wird immer ein lachendes und ein weinendes Auge geben – auf der einen Seite sehr, sehr geschätzt, auf der anderen Seite vielleicht da und dort untergriffig agiert. Dafür darf ich mich auch einmal entschuldigen, wenn das so angekommen ist: Es war nie persönlich gemeint.
In diesem Sinne soll ein positiver Eindruck aus dem österreichischen Nationalrat Sie auch in der Zukunft begleiten. Alles Gute für Ihre weitere Zukunft! (Lang anhaltender, stehend dargebrachter allgemeiner Beifall. – Abg. Rendi-Wagner geht zum Präsidium und reicht Präsident Sobotka die Hand.)
*****
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte.
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Es wird heute ein weiterer Teil des Antiteuerungspaketes für Familien beschlossen. Erfreulich daran ist, dass jetzt auch weitere Gruppen diese 60 Euro Sonderzahlung erhalten werden. Weniger erfreulich ist, dass es sich dabei, wie es in der Natur der Sache einer Sonderzahlung ist, um eine Sonderzahlung handelt,
die einfach kein strukturelles Problem löst. 60 Euro im Monat sind für Familien, die jeden Euro dreimal umdrehen müssen, nicht wirklich viel Geld. Das ist eine vorübergehende kleine Hilfe, aber es bringt einfach keine dauerhafte Veränderung und Verbesserung für die Familien. Kein einziges Kind wird mit dieser Maßnahme aus der Armut geholt, die Inflation wird damit nicht um 1 Prozent gesenkt, der Einkauf wird um keinen Euro günstiger und auch die Mieten werden damit nicht leistbarer. Dauerhafte strukturelle Lösungen sind es, die die Menschen in Österreich bräuchten.
Laut Regierungsprogramm möchten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die Armut in Österreich halbieren. Wir sehen diese Schritte, die dafür notwendig wären, nicht. Wir sehen nicht, dass Sie das ernsthaft angehen, insbesondere was die Bekämpfung von Kinderarmut betrifft. Es sollte ja unsere gemeinsame Agenda sein, das in Österreich wirklich anzugehen. Gleiche Chancen für alle, für jedes Kind in Österreich muss unser gemeinsames Ziel sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Kinder brauchen keine Almosen. Kinder haben das Recht auf ein gesundes Leben, auf ein sorgenfreies Leben, auf ein Kinderleben ohne Sorgen, ohne Geldnöte, ohne Ausgrenzung und Stigmatisierung. Dafür braucht es keine Almosen, dafür braucht es Rechtsansprüche! (Beifall bei der SPÖ.)
Nun komme ich zu einem Thema, das ich schon so oft hier im Hohen Haus angesprochen habe, und ich verstehe einfach nicht, warum uns dazu immer noch nichts vorliegt: Ich spreche vom Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Kindergarantie. Österreich ist da noch immer säumig. Im März 2022 hätten wir diesen schon der EU-Kommission vorlegen müssen, jetzt sind wir bald Schlusslicht in Europa, denn wir gehören zu den letzten fünf Ländern in Europa, die diesen Plan noch immer nicht auf den Weg gebracht haben. Da frage ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren: Welche Priorität kann für eine Regierung die Bekämpfung von Kinderarmut haben, wenn sie es seit vielen, vielen Monaten nicht schafft, diesen Aktionsplan einmal auszudiskutieren, sich darauf zu einigen und uns diesen auch vorzulegen? Woran
liegt das? Das versteht wirklich niemand mehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, damit das Geldbörserl der Eltern in Zukunft nicht mehr über das Leben der Kinder entscheidet, braucht es auch einen ambitionierten Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung. Da kommen wir in Österreich viel zu schleppend voran. Eine qualitätsvolle Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr wäre eine wichtige Grundlage für alle Kinder. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir hätten jetzt die Gelegenheit dazu – Herr Minister, Sie haben es im vorhergehenden Tagesordnungspunkt angesprochen –, die Finanzausgleichsverhandlungen laufen zurzeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Da wäre ein großer Wurf notwendig, die Länder und Gemeinden mit den entsprechenden Finanzmitteln auszustatten, um die Kinderbildung wirklich einmal einen großen Schritt voranzubringen. Die Länder und Gemeinden brauchen die finanzielle Hilfe, sie können das nicht alleine stemmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie können dieses Ansinnen auch unterstützen, es gibt eine Petition auf der Parlamentshomepage, die Sie gerne unterstützen können. Das ist wichtig. Warum ist das wichtig? – Österreichs Kinder dürfen beim Finanzausgleich diesmal nicht wieder leer ausgehen, die Kinder verdienen sich einfach mehr, und zwar viel mehr, als diese Regierung im Moment bereit ist, zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)
10.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Maurer. – Bitte sehr.
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie, zu Hause vor den Bildschirmen oder unterwegs! Es gibt Grundsätze, die in einer Gesellschaft außer
Frage stehen sollten und um solch einen Grundsatz geht es in diesem Kinderarmutspaket, das wir heute hier beschließen.
Kein Kind soll in Armut aufwachsen. In einem reichen Land wie Österreich muss es lauten: Kein Kind darf in Armut aufwachsen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Armut hinterlässt tiefe Spuren, materielle, aber auch psychische Spuren, seelische Spuren. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass kein Kind in diesem Land Angst haben muss, dass es sein Zuhause verliert. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, dass jedes Kind eine gesunde, warme Mahlzeit am Tag auf dem Teller hat – jeden Tag, auch am Monatsende. Jedes Kind hat das Recht, mit denselben Chancen wie alle ins Leben zu starten, auch mit den gleichen Bildungschancen, auch wenn sich die Eltern selber keine Nachhilfestunden leisten können.
All diese Themen packen wir mit diesem Paket gegen Kinderarmut heute mit sehr, sehr treffsicheren Maßnahmen, die von den Expertinnen und Experten einhellig begrüßt und unterstützt wurden, an. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es sind genau die Forderungen der Ökonominnen und Ökonomen, es sind auch die Forderungen der NGOs, die dieses Kinderarmutspaket sehr stark begrüßt haben, die umgesetzt werden. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Bundesregierung setzt damit auf Punkt und Beistrich um, was wir im Mai angekündigt haben, nämlich 60 Euro zusätzlich pro Monat für jedes Kind, dessen Eltern Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder eine Ausgleichszulage beziehen. Genauso 60 Euro zusätzlich pro Monat und Kind bekommen alle alleinerziehenden Eltern, das sind in allererster Linie Frauen mit einem Monatseinkommen bis 2 000 Euro. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Wir unterstützen damit 400 000 Kinder und ihre Familien Monat für Monat fix bis Ende 2024, und da muss ich sagen – Kollegin Holzleitner ist jetzt nicht
im Saal –, das ist eine langfristige Absicherung. Das sind eineinhalb Jahre (Abg. Herr: Und dann endet es, also nicht langfristig!), in denen sich die Familien garantiert darauf verlassen können, dass dieses Geld Monat für Monat direkt auf ihr Konto kommt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Herr.)
Mir ist es deshalb wichtig, weil wichtig ist, dass alle betroffenen Menschen wissen, dass die versprochene Unterstützung kommt. Sie kommt direkt auf das Konto, sie muss nicht extra beantragt werden. Deswegen ist das auch keine Maßnahme, wie behauptet wird, bei der Menschen zu Bittsteller:innen gemacht werden, im Gegenteil: Das Geld kommt direkt aufs Konto, es wird direkt ausgezahlt, niemand muss einen Antrag stellen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
Gerade in unsicheren Zeiten braucht es eine Sozialpolitik, die akut hilft und eine langfristige Perspektive schafft, und die schaffen wir bis Ende 2024. Womit niemandem geholfen ist – und das richtet sich jetzt an die Sozialdemokratie –, ist der Kampf Partei gegen Partei und das sture Beharren auf eigenen Vorschlägen. Wir Grüne lehnen überhaupt nie Vorschläge der Opposition aus Prinzip ab, wir schauen sie uns auch ganz genau an. (Abg. Shetty: Ja, genau!) Das haben wir auch bei den Punkten gemacht, die die Sozialdemokratie vorgeschlagen hat.
Es wird jetzt die ganze Zeit gesagt, 60 Euro wären zu wenig. Ich rechne vor, was das Momentum-Institut, das ja eine gewisse Nähe zur Sozialdemokratie hat, dazu sagt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)
Der Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel – die ja angeblich die Lösung ist, die die Sozialdemokratie haben möchte (Abg. Loacker: Hat das die Germanistin ausgerechnet?) – stehen wir grundsätzlich aus anderen Überlegungen, was die Inflationsdämpfung et cetera betrifft, auch positiv gegenüber, wenn denn gesichert ist, dass es weitergegeben wird und nicht schon wieder die Konzerne die ganze Kohle einstreifen. (Abg. Herr: Preiskommission!) Diese Garantie muss man aber absichern, und das ist nicht so einfach.
Kommen wir aber zu den Zahlen: Was würde denn die Maßnahme, die die Sozialdemokratie vorschlägt, tatsächlich bringen? – Das Momentum-Institut hat berechnet, ein Mieter:innenhaushalt in der unteren Einkommenshälfte hätte mit der Mehrwertsteuersenkung im Schnitt auf das Jahr gerechnet 130 Euro pro Kopf pro Jahr, für Kosten von mindestens 600 Millionen Euro. (Abg. Leichtfried: Das mit Durchschnitt ist halt ein Problem!) Das sind sehr hohe Kosten für sehr wenig Wirkung. Unser Paket gegen Kinderarmut hat bei zwei Kindern diesen Betrag pro Monat – pro Monat, nicht pro Jahr! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP) –, das sind 1 400 Euro pro Jahr.
Das gesamte Paket kostet rund 500 Millionen Euro, mindestens 100 Millionen Euro weniger als die Mehrwertsteuerstreichung, die vorgeschlagen wird. Darüber hinaus unterstützen wir ja nicht nur die armutsbetroffenen Kinder, sondern auch alle Sozialhilfebezieher:innen ohne Kinder mit zusätzlichen 60 Euro pro Monat. Auch das ist in diesem Paket drinnen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Großbauer.)
Die Maßnahme, die die SPÖ vorschlägt, würde also den Familien in Summe wesentlich weniger bringen – abgesehen davon, dass wir nicht einmal garantieren können, dass es ankommt – als diese 60 Euro pro Kind pro Monat, die wir hier beschließen. (Abg. Herr: Kindergrundsicherung bringt deutlich mehr! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ich finde es sehr, sehr schade, dass die SPÖ wieder angekündigt hat, heute gegen dieses Kinderarmutspaket zu stimmen. Das unterstreicht halt wieder einmal, dass man aus Prinzip irgendwo dagegen ist. Das eigentliche Interesse ist politisches Hickhack, aber nicht, die Menschen in Österreich zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist aber noch gar nicht alles, was in diesem Paket drinnen ist. Wir bauen auch das kostenlose Nachhilfeangebot aus – ein ganz wichtiger Punkt. Ganz grundsätzlich sind wir der Meinung, es sollte überhaupt niemand Nachhilfe brauchen müssen, weil die Schule so gut ist, dass sie alle Kinder gut mitnimmt. Es ist aber die Realität, dass Nachhilfestunden gebraucht werden. Wir bauen das kostenlose Angebot aus und sorgen dafür, dass Familien, die
diese besondere Unterstützung brauchen, 300 Euro – anstelle der bisherigen 120 Euro – im Jahr für den Schulstart erhalten. Das wird in zwei verschiedenen Tranchen ausgezahlt und ist auch ein ganz wichtiger Schritt in der Bekämpfung von Kinderarmut. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Großbauer.)
Wir können garantieren, dass dieses Geld ankommt. Das Geld kommt direkt auf die Konten der Menschen, was bei einer Umsatzsteuersenkung, die natürlich diskutiert werden kann, nicht garantiert werden kann. Da ist eben nicht sichergestellt, dass die Unternehmen, dass die Lebensmittelkonzerne – also mein Vertrauen haben sie nicht – die Preissenkungen überhaupt weitergeben, und das würde potenziell viele Milliarden kosten.
Ja, wir Grüne nehmen unsere Verantwortung im Kampf gegen die Teuerung und gegen die Kinderarmut mit einem sehr, sehr umfangreichen Paket, das wie gesagt von allen Expert:innen als sehr, sehr treffsicher, richtig und sehr wichtig eingestuft wurde, sehr ernst. Auch der Budgetdienst hat eine entsprechende Analyse veröffentlicht. Ich bitte die SPÖ, noch einmal darüber nachzudenken, ob sie wirklich dagegenstimmen will, dass Kinder, die armutsbetroffen sind, 60 Euro pro Monat zusätzlich erhalten sollen.
Wir in dieser Bundesregierung und auch in diesem Parlament arbeiten gemeinsam an der bestmöglichen Unterstützung für armutsbetroffene Menschen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.07
Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin Susanne Raab hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Eingangs darf ich sagen, Bürgermeister, Abgeordneter Mike Hammer hat mir gezwitschert,
dass eine größere Gruppe aus Altenberg heute hier ist, die ich – als Oberösterreicherin und jemand, der dem Ort auch familiär sehr verbunden ist – gerne begrüßen möchte. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Künsberg Sarre.)
Was mir in der heutigen Debatte, wenn wir über die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern sprechen, wichtig ist, ist einmal die Gesamtbetrachtung. Wir wissen, wir sind in Österreich in einem Land, in dem wir grundsätzlich ein gutes soziales Netz haben, ein soziales Netz, das sicherstellt, dass Familien in schwierigen Situationen durch Arbeitslosengeld, durch Notstandshilfe, durch Sozialleistungen, durch ein breites Netz an Familienleistungen – übrigens sind es die dritthöchsten Familienleistungen innerhalb der Europäischen Union, die wir in Österreich ausschütten – geholfen wird. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Wir haben sichergestellt, dass wir strukturelle Maßnahmen treffen, damit dieses soziale Sicherheitsnetz natürlich auch an die aktuelle Inflation angepasst wird, indem wir die Familienleistungen valorisiert haben, indem wir die Sozialleistungen valorisiert haben. Das alles hat zu einer Gesamtsituation geführt, die wir in der Debatte auch einmal ansprechen sollten, nämlich: Die Inflation sinkt derzeit.
Die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher wurde nicht nur erhalten, sondern sie ist gestiegen. Sicherlich auch ein Grund dafür war, dass wir in Österreich sehr hohe Lohnabschlüsse haben. Das heißt, ja, das Leben ist teurer geworden, aber auch die Löhne und auch die Sozialleistungen, die Familienleistungen sind gestiegen.
Das sind grundsätzlich gute Voraussetzungen, die man auch anerkennen soll, insbesondere sozusagen als Outcome, als derzeitige Situation nach Jahren der Krisen, die wir hinter uns haben, Krisen, die wir vorher nicht gekannt haben: die Coronapandemie und jetzt auch die Inflation, den Krieg in Europa, die hohen Energiepreise. Das alles ist eine Gesamtbetrachtung, die mir
schon wichtig ist,
immer wieder zu betonen, weil es nun einmal die Fakten
sind.
Gleichzeitig ist es – das sehe ich als Familienministerin und als Frauenministerin – natürlich für viele Familien und besonders auch für Alleinerzieher:innen am untersten Einkommensrand schwierig, in Zeiten von hohen Preisen, steigenden Energiepreisen, einer tatsächlich hohen Inflation die finanziellen Kapazitäten aufzubringen, um das gesamte Alltagsleben abzudecken.
Natürlich: Wir haben, wie bereits erwähnt, die Sozialleistungen, die Familienleistungen, die hierbei helfen. Wir wollen aber jetzt treffsicher – nicht mit der Gießkanne, sondern treffsicher! – genau dort helfen, wo es womöglich zu schwierigen Einkommenssituationen kommen kann, und wir wollen bei den Schwächsten in unserer Gesellschaft ansetzen, die es am meisten verdient haben, dass wir ihnen helfen, nämlich bei den Kindern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir wollen das natürlich so einfach und so unbürokratisch wie möglich tun und wir wollen das auch so rasch wie möglich tun. Weil auch die Kritik laut geworden ist, dass es kein Begutachtungsverfahren gab und womöglich nicht sozusagen parlamentarische Prozesse at its best eingehalten wurden (Abg. Loacker: Das nennt man im Parlament ...! – Abg. Shetty: ... alles so mühsam, das Parlament! – Abg. Loacker: Die ÖVP hat jetzt ...!): Ja, wir wollen es so schnell wie möglich und wie gesagt so unbürokratisch wie möglich tun, und deshalb haben wir einen Weg gefunden, um eine Zielgruppe an Menschen, die unsere Hilfe und Unterstützung braucht, genau zu identifizieren, und deshalb gibt es klare Kriterien für den Bezug dieser zusätzlichen 60 Euro pro Kind, nämlich den Bezug von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe oder einer Ausgleichszulage.
Wir wollen wie gesagt, und das ist mir als Frauenministerin so wichtig, besonders Alleinerzieher:innen helfen, weil es einfach einen Unterschied macht, ob man alleine für das Leben und den Alltag des Kindes aufkommen muss oder ob
man zu zweit ist. Deshalb unterstützen wir Alleinerzieher:innen und Alleinverdiener:innen mit monatlich 60 Euro pro Kind, sofern das Einkommen weniger als 2 000 Euro brutto beträgt. Das ist eine bewusste Entscheidung zugunsten der Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Unser Anspruch ist es, dass jedes Kind in Österreich die gleichen Chancen haben muss. Jedes Kind in Österreich muss die Möglichkeit haben, seine Träume zu verwirklichen, muss auch die Möglichkeit haben, im Bildungssystem gleichermaßen zu reüssieren, und deshalb setzen wir auch im Bildungsbereich an, wie Klubobfrau Maurer schon gesagt hat, wenn es um die Stärkung der Nachhilfe geht oder natürlich auch wenn es um das Schulstartpaket geht, das für so viele Familien wichtig ist, die eben genau an diesem unteren Einkommensrand sind (Ruf bei der SPÖ: Die Gesamtschule!), und deshalb erhöhen wir das jetzt.
Sehr geehrte Damen und Herren, Kinder sind der schützenswerteste Teil in unserer Gesellschaft, und deshalb wollen wir alles tun, um einfach auch in einer schwierigen Situation, in Krisenzeiten ein sorgenfreies Aufwachsen zu ermöglichen.
Klar ist aber natürlich: Die Basis für ein selbstbestimmtes Leben ist die ökonomische Unabhängigkeit. Deshalb muss es langfristig immer das Ziel sein, dass man Menschen, um ihnen aus der Armut zu helfen, in die Erwerbstätigkeit hilft. Die beste Prävention, der beste Schutz vor Armut ist die Erwerbstätigkeit. Das muss unser langfristiges Ziel sein und ist es auch. (Beifall bei der ÖVP.)
Gerade in Zeiten von hohem Arbeitskräftemangel – alle Betriebe suchen händeringend nach Arbeitskräften – gibt es auch viele Chancen am Arbeitsmarkt, die es zu nutzen gilt. Natürlich ist es wichtig, dass wir auch die Rahmenbedingungen schaffen. Deshalb war die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit
durch die Abschaffung der kalten Progression so wichtig, der Fokus auf die Arbeitsmarktmaßnahmen durch das AMS und selbstverständlich auch der Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem jetzigen Paket wirklich einen guten Zugang gewählt haben, um speziell im untersten Bereich der Einkommen und speziell in Familien, die sich in einer finanziellen Notsituation befinden, ganz treffsicher, zielgenau, unbürokratisch und einfach zu helfen. Deshalb bitte ich um breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.14
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Yannick Shetty zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Bevor ich erkläre, was es damit auf sich hat, noch eine Bemerkung zu dem, was Sie gesagt haben, Frau Ministerin, weil ich wirklich finde, dass es eine ungeheuerliche Einstellung gegenüber dem Parlament ist, wenn Sie sagen, Sie können die Kritik nicht nachvollziehen, dass das Parlament nicht ausreichend eingebunden war. Ich meine, das ist ja die Untertreibung des Jahrhunderts! Ich möchte schon klarstellen: Wir hier, die 183 Abgeordneten von allen Parteien, sind gewählt. Sie und Ihre Kolleg:innen in der Regierung sind bestellt, und Sie haben das Parlament entsprechend zu respektieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aber auch Fraktionsstärke ...!)
Ich komme jetzt zur Sache mit dem Paket gegen Kinderarmut. (Der Redner stellt eine Flasche Cola und einen Schokoriegel auf das Redner:innenpult. – Abg. Michael Hammer: Das ist aber ungesund!) Was ich Ihnen hier mitgebracht habe – ein Softdrink, ein Schokoriegel –, ist das Mittagessen für sehr viele Kinder, für Zehntausende Kinder, und das ist ein Symptom von Kinderarmut. Das ist
Realität für Zehntausende, österreichweit für Hunderttausende Kinder, und das ist tragisch, denn mit einem leeren Magen lernt es sich nicht gut und ein leerer Magen ist ein Grund für sehr viele andere Probleme in diesem Bereich.
Statt sich mit Sachleistungen diesem Problem zu widmen, zum Beispiel mit einem warmen Mittagessen für alle Kinder in Österreich, greifen Sie wieder einmal zu Geldleistungen – Geldleistungen, die erstens nicht treffsicher sind, ich sage dann auch gleich, warum, zweitens nicht zielgerichtet und drittens nicht genug. Sie sind ein Tropfen auf den heißen Stein. 60 Euro pro Monat, das sind 2 Euro pro Tag (Bundesministerin Raab: ... zusätzlich!), und wenn Generalsekretär Stocker in der Sendung „Im Zentrum“ im Fernsehen sinngemäß sagt, damit kann man sich ja eh fast ein warmes Mittagessen leisten (Abg. Großbauer: Das stimmt doch nicht!): Also wenn Sie das so meinen, wenn Sie so etwas sagen, dann verstehe ich Ihre Politik. Das ist so weit weg von der Realität, damit geht sich wahrscheinlich nicht einmal so etwas aus. – Ein warmes, gesundes Mittagessen geht sich damit bei Weitem nicht aus, Herr Stocker! (Beifall bei den NEOS.)
Ja, wieder einmal, Frau Ministerin: Wenn Sie sagen, Sie packen nicht die Gießkanne aus: Es ist vielleicht eine kleinere Gießkanne, Sie bewässern nicht den ganzen Garten, sondern nur alle Rosen, wenn man so will, aber Sie packen die Gießkanne aus. Um ein Beispiel zu bringen: Wenn der Lebensgefährte einer Ministerin, wenn der Ehemann eines Abgeordneten arbeitslos wird, dann bekommt er auch diese 60 Euro – bei einem Haushaltseinkommen von 10 000 Euro und darüber! Das ist nicht treffsicher, das ist wieder einmal die Gießkanne, die Sie da auspacken. (Beifall bei den NEOS.)
Eine Alleinerzieherin, die hackelt und hackelt und hackelt, speisen Sie aber mit dem gleichen Betrag ab, den man in einem Haushalt, in dem eine arbeitslose Person lebt, bekommen würde. Das ist schlechte Politik, und Sie wissen das. Deswegen stimmen wir diesem Paket hier heute auch nicht zu.
Um aber den Bogen zu dem Thema zu spannen, mit dem ich die Rede begonnen habe: In Wien machen wir genau das. In Wien schaffen wir ab Herbst ein kostenloses gesundes, warmes Mittagessen für 50 000 Kinder in Wiener Pflichtschulen. Da machen wir das! 2 000 Euro Entlastung bedeutet das übrigens für die betroffenen Familien.
Sie könnten auch hergehen und sagen: Eine gute Maßnahme, die setzen wir in ganz Österreich um! – Das würde wirklich Wirkung zeigen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinacker: ... Zuständigkeiten! ... Verfassung! – Abg. Maurer – auf die Flasche Cola und den Schokoriegel deutend –: Das soll ein gesundes, warmes Mittagessen sein?)
11.17
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort. – Bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin – vielen Dank fürs Wort! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Vielleicht zur Einordnung, weil ja oft kritisiert wird, dass das alles nur Einzelbausteine und –maßnahmen sind, die nicht ankommen: Was hat denn die Bundesregierung schon in Sachen Maßnahmen für Armutsgefährdete gemacht?
Ich darf daran erinnern, dass bereits im März, April 2022 für die Bezieherinnen und Bezieher einer Ausgleichszulage, Mindestpension, von Krankengeld, Rehageld, einer Sozialhilfe 300 Euro Teuerungsausgleich ausbezahlt wurden, 300 Euro Teuerungsausgleich dann im September 2022, bis zu 500 Euro für die Pensionistinnen und Pensionisten, 120 Euro Schulstartklar-Paket im September 2022, dann kam – ein großer Schritt – die Valorisierung, das heißt die Anpassung an die Teuerung, aller Sozial- und Familienleistungen mit 1. Jän-
ner dieses Jahres. Das bedeutet im Konkreten, dass Sozialhilfebezieher:innen inklusive der Einmalzahlung ab 1. Jänner 10,2 Prozent mehr bekommen – eine strukturelle Maßnahme, die bleibt.
Jetzt kommen zusätzlich die 60 Euro pro Kind im Monat und das Schulstartklar-Paket – neu: zweimal –, und zwar 150 Euro, einmal zu Schulbeginn im Herbst und einmal dann beim Semesterwechsel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Jetzt weiß ich schon, dass in der Vergangenheit von verschiedener Seite oft der Vorwurf gekommen ist, wir seien bei den Maßnahmen, die wir setzen, nicht treffsicher genug, das sei alles Gießkanne, das gehe sich so nicht aus. – Das trifft bei dem Paket, das jetzt vorgelegt wird, in keiner Weise zu. Die Forderung hat immer gelautet, es muss schnell sein, es muss treffsicher sein, es muss unbürokratisch sein, damit Menschen nicht zu Bittstellerinnen und Bittstellern degradiert werden, und es darf nicht inflationstreibend sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Dieses heute vorliegende Paket erfüllt all diese Kriterien, und das ist auch der Grund dafür, dass es auch vonseiten der Wirtschaftsforschung und vonseiten der NGOs begrüßt wird.
Ich verstehe die Kritik daran nicht, weil wir alles, was möglicherweise in der Vergangenheit als Kritik berechtigt war – zu viel Gießkanne –, wahrgenommen und korrigiert haben. Wir haben punktgenau das gemacht, was die Forderungen sind, und unbürokratischer als die von Klubvorsitzender Maurer beschriebene Auszahlung – monatlich, automatisch – geht gar nicht. Niemand ist Bittsteller, es gibt einen Automatismus, und das ist treffsicher.
Davon profitieren ganz konkret 400 000 Kinder in Österreich – das ist eine ganze Menge –, und davon profitieren vor allem auch Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Das ist eine Gruppe von Menschen, die von der Teuerung ganz besonders betroffen ist.
Sie können mir glauben, ich bin draußen viel unterwegs. Ich weiß, wie es ist, von Armut betroffen zu sein. Hinter jeder Statistik, die zitiert wird, stehen Einzelpersonen, Einzelschicksale, Kinder, Familien, Pensionistinnen und Pensionisten. Das ist exakt der Grund, warum ich als Sozialminister so sehr darum ringe, dass wir in der Armutsbekämpfung Akzente setzen, dass wir dort helfen, wo Hilfe gebraucht wird, dass jetzt, in diesem Fall, Hilfe für die armutsgefährdeten Kinder in Österreich auf den Weg gebracht wird. Wir machen damit einen wirklichen Schritt in der Armutsbekämpfung. Das wird auch weit über die Parteigrenzen hinaus anerkannt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.20
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ganz zu Beginn darf ich im Namen meiner Kollegin Angela Baumgartner eine Klasse des Gymnasiums Gänserndorf, die 7a, begrüßen: Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es schlicht und einfach um Ausgleichsmaßnahmen, die inflationsbedingt notwendig sind, damit man die hohen Lebenshaltungs- und Wohnkosten für Familien abfedert. Man kann durchaus sagen, dass das auf drei Säulen steht. Die eine Säule ist der Bildungsbereich, Bundesminister Rauch hat das gerade ausgeführt. Das eine sind in etwa 10 Millionen Euro, das andere sind 15 Millionen Euro – beides wird automatisch ausbezahlt. Das ist eine wichtige Säule für jene Familien, die ein niedriges Einkommen haben – und ich sage jetzt bewusst ein niedriges Einkommen ohne Erwerb –, dass es 60 Euro für die nächsten 18 Monate je Kind und Monat gibt. – Das ist die eine wichtige Säule.
Auch bei der zweiten wichtigen Säule wird direkt auf die Kinder abgestellt: Für all jene Familien, die unter 2 000 Euro brutto pro Monat zur Verfügung haben, zum Beispiel Alleinerzieher:innen, gibt es in den nächsten 18 Monaten 60 Euro je Kind und Monat.
Wenn man das zusammenrechnet, ergibt das eine schöne Summe: 1 080 Euro mal 400 000 Kinder ergibt in etwa, wenn ich es richtig gerechnet habe – es ist ja nicht ein Parteitag auszuzählen –, 432 Millionen Euro. Dazu kommen noch die anderen Maßnahmen. Das ergibt also eine gewaltige Summe.
Ich sage bewusst, es ist gut, dass man keinen Antrag stellen muss, dass das automatisch überwiesen wird. Warum sage ich das? – Das Paket, das wir jetzt beschließen, hat grob gesagt einen Wert von 450 Millionen Euro. Der Wohn- und Energiekostenbonus, der derzeit und noch bis Ende Juni beantragt werden kann, den wir im Parlament beschlossen haben, hat ein Volumen von 450 Millionen Euro. Der Bund hat das den Ländern übermittelt, es wird über die Länder gemeinsam mit den Gemeinden, wo die Familien Anträge stellen können, abgewickelt.
Wir sehen beispielsweise in Oberösterreich, dass viele Familien, die die Voraussetzungen dafür erfüllen würden, nach wie vor keinen Antrag gestellt haben. Wenn so etwas antraglos abgewickelt werden kann, ist das, glaube ich, sehr positiv und wertvoll. So kommt das Geld auch tatsächlich zu den Familien. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)
Anders gesagt: Ich will die Maßnahmen nicht wiederholen, die der Herr Bundesminister gerade vorhin erwähnt hat, aber unterm Strich kann man sagen: Bund, Länder und Gemeinden leisten für die Familien und Kinder in Österreich in Wirklichkeit Gewaltiges – und wesentlich mehr, verglichen mit anderen Ländern in Europa.
Wenn ich jetzt den einen oder anderen Redebeitrag, der heute zu hören war, Revue passieren lasse, dann, glaube ich, darf ich sagen: Zumindest für
mich persönlich gibt es schon noch so etwas wie eine Eigenverantwortung der Eltern. Man kann, bitte gar schön, nicht alles auf die Gesellschaft abschieben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das gilt für die Erziehung daheim, aber genauso gut für die gesunde Schuljause. Entscheidend ist immer noch, glaube ich, ob die Erziehungsberechtigten den Kindern nur Geld mitgeben und sagen: Geh ins Geschäft!, oder ob sie ihnen eine gesunde Jause mitgeben.
Nehmt es mir nicht übel, wenn ich direkt sage: Die Leute in unserer Republik, die wirklich wenig haben, melden sich nicht. Die, die wir hören, haben manchmal ein Problem mit der Einteilung. (Abg. Herr: Was?) Es entscheiden noch immer die Erziehungsberechtigten, wofür sie das Geld ausgeben. Wir können diese 60 Euro oder 1 080 Euro nur überweisen. Eigentlich wäre es für manche besser, wenn das ein Gutschein wäre (Abg. Herr: Das ist ein Wahnsinn!), der im Gewandgeschäft, im Schuhgeschäft einzulösen wäre. Das ist leider wirklich so. (Abg. Herr: Das ist Verachtung der armutsbetroffenen Menschen!)
Bitte schaut einmal, gerade ihr Genossen, auf die Basis! Was ihr in dem Antrag der Kollegin Holzleitner fordert, ist so etwas wie eine eierlegende Wollmilchsau: 70 Prozent Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld. Redet einmal mit euren Leuten an der Basis, was die denken, was es in Wirklichkeit braucht! Ihr seid davon so weit weg. Wer soll denn dann noch arbeiten, wenn wir diese 70 Prozent beschließen? (Abg. Loacker: ... 70 Prozent ...!) Da geht ja keiner mehr arbeiten. Das hat ja keinen Sinn. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)
Also, bitte gar schön, da muss man nachdenken und etwas verändern. (Abg. Leichtfried: Ich glaube, du bist einfach in deiner eigenen Welt!) Ich glaube, wir sollten insgesamt vielleicht mehr auf die, wie man so schön sagt, kleinen Leute hören. Die haben ein ganz gutes Sensorium. Viele von Ihnen sind davon relativ weit weg. Bitte passt da auf! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das, was wir heute beschließen, ist gut für die Familien und die Kinder. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.25
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch zu Wort. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Jetzt sag ihm, was wirklich ist! – Abg. Kollross: Klär das auf, Christian! – Abg. Leichtfried: Das war heute die schlechteste Rede!)
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben jetzt einmal mehr, wie es nicht anders zu erwarten war, eine Vielzahl von Maßnahmen aufgezählt bekommen, die diese Bundesregierung umgesetzt hat. Eigentlich gibt es ja keinen besseren Beleg dafür, dass es schlicht und ergreifend die falschen Maßnahmen waren, denn wir wissen alle aus den Zahlen, Kinderarmut steigt, Armut steigt in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Sie hat sich halbiert, die Kinderarmut, halbiert!)
In diese verfehlten Maßnahmen reiht sich natürlich auch das heutige Paket ein. Worüber reden wir konkret? – Über 60 Euro pro Monat für eineinhalb Jahre. Was wird in diesen eineinhalb Jahren passieren? – Es ist das Momentum-Institut schon von Kollegin Maurer zitiert worden. (Abg. Michael Hammer: Das sozialistische Momentum-Institut! – Abg. Leichtfried: Was weiß ein Hammer von Sozialismus? – Gar nichts! Die Frage ist: Was weiß der überhaupt? – Abg. Michael Hammer: Das ist eure Partei-„Prawda“!) Eine Quelle also, der eine hohe Glaubwürdigkeit zugemessen wird, sagt, allein 2023 werden die Mieten um 40 Euro steigen, 2024 noch einmal um 60 Euro: Die Mieten werden also um 100 Euro pro Monat steigen. (Abg. Sieber: Im Gemeindebau! ... im Wiener Gemeindebau! Dann wird es schwierig! Dann wird es wirklich schwierig, wenn das im Wiener Gemeindebau ...!) Warum? – Weil diese Bundesregierung sich geweigert hat, eine Mietzinsbremse einzuführen, meine Damen und Herren, die in dieser Situation Familien tatsächlich geholfen hätte. (Beifall bei der SPÖ.)
Allein in den Jahren 2023 und 2024 sind diese 60 Euro aufgefressen. Ich rede da noch nicht von Lebensmittelkosten, von Energiekosten. Diese 60 Euro füh-
ren letztendlich dazu, dass Ende 2024 – und da ist es ja aus – die Familien weitere 40 Euro weniger zur Verfügung haben werden, weil man eben keine nachhaltigen Maßnahmen setzt.
Es wird immer wieder auf Experten verwiesen. Es ist ja wirklich spannend, wie gut man es schafft, von den Expertinnen und Experten immer nur den ersten Satz zu zitieren. Natürlich kann man sagen, zusätzliches Geld kurzfristig zur Verfügung zu stellen ist eine Maßnahme, die sinnvoll ist, gleichzeitig wurde aber auch immer gesagt, dass das nicht nachhaltig ist.
Am 1.1.2025 werden diese Familien wieder mit insgesamt 100 Euro weniger in der Geldtasche dastehen. Währenddessen sind die Lebensmittelpreise gestiegen, die Mieten gestiegen, die Energiekosten gestiegen, und niemandem ist geholfen. Nachhaltig ist das nicht, meine Damen und Herren.
Ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Bereich, um den es in dieser Diskussion geht. Es ist mehrmals gesagt worden: Na ja, die Senkung der Lebensmittelpreise hätte auf der einen Seite viel gekostet, aber wenig gebracht! Nur: Worum geht es? – Wir müssen die Inflation in diesem Land tatsächlich senken, und es ist noch keine einzige Maßnahme gesetzt worden, die das zustande bringt. Diese Maßnahme senkt die Inflation auch nicht. Sie hilft vielleicht kurzfristig, wahrscheinlich drei, vier Monate lang, danach ist sie wieder aufgefressen und die Familien stehen vor derselben Situation wie davor. Bekämpfen wir endlich die Kinderarmut wirkungsvoll, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Es wurde heute schon mehrmals darauf hingewiesen, welche Vorgeschichte dieses Gesetz hat. Dazu muss man sagen: Murks ist dafür eigentlich noch ein zurückhaltender Begriff. Zuerst haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen, in dem nur eine Beziehergruppe drinstand, heute werden die restlichen Beziehergruppen dazugedoppelt. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Eine Gruppe ist aber überhaupt ausgespart worden, da hat man nichts verändert. Groß angekündigt wurde, für Armutsgefährdete das Schulstart-Paket
auszuweiten. Was ist die Realität? – Es bekommt nur eine Beziehergruppe dieses ausgeweitete Schulstart-Paket, und die Teile der Zielgruppe, die nicht unter die Sozialhilfeempfänger, die Alleinerzieher:innen mit geringen Einkommen et cetera fallen, bekommen dieses Schulstart-Paket, das vollmundig angekündigt wurde, auch nicht.
Wenn man das gegenüberstellt, glaube ich, erkennt man die Perfidie dieses Pakets ganz besonders: Was ist vor einem Jahr passiert? – Der Familienbonus wurde eingeführt. Bis zu 2 000 Euro gibt es zusätzlich für jene Familien, die gut verdienen, und für all jene, die armutsgefährdet sind, die wenig haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es heute um 60 Euro. Ich glaube, besser kann man Ungerechtigkeit und die Fehlerhaftigkeit eines Pakets eigentlich gar nicht darstellen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
11.29
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Eines muss ich von Beginn an klarstellen, weil ich gerade in sozialen Netzwerken immer wieder den pauschalen Vorwurf höre oder lese, dass Eltern ihr Geld halt besser verwenden müssen, damit ihre Kinder nicht in Armut aufwachsen müssen. Sie sind ja quasi selbst schuld, dass sie arm sind: Solche Vorwürfe sind letztklassig und realitätsferne Vorverurteilungen, die wir so nicht akzeptieren dürfen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir müssen verstehen: Eltern wollen das Beste für ihre Kinder, und niemand, wirklich niemand ist freiwillig arm. Armut ist auch kein individuelles Problem, es ist ein strukturelles Problem. Ist man erst einmal in der Armutsfalle, kommt
man erst nach Generationen wieder aus der Armutsfalle heraus. Nein, Kollege von der SPÖ, Kinderarmut ist kein neues Phänomen! Es gibt sie auch nicht erst seit der Teuerung, sondern sie ist leider seit Jahrzehnten traurige Realität. Wir müssen so weit kommen, Kinderarmut nicht länger zu verwalten, wir müssen existenzsichernde Strukturen schaffen.
Ich denke dabei auch an die Kindergrundsicherung, die wir begrüßen, aber dafür brauchen wir Mehrheiten und Zeit – beides haben wir im Moment nicht. Wir brauchen gerade im Kontext der Teuerung Lösungen, die möglichst schnell und unkompliziert bei denjenigen ankommen, die sie jetzt am meisten brauchen. Daher haben wir vor nicht einmal einem Monat dieses Paket zur Bekämpfung von Kinderarmut mit 500 Millionen Euro auf die Beine gestellt. Vor zwei Wochen wurde der erste Teil beschlossen und heute, wie versprochen, folgt der zweite Teil. Die Umsetzung geschieht also in Rekordzeit und auch vollständig – anders, als die SPÖ es immer wieder behauptet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es handelt sich, wie ebenfalls von der SPÖ immer wieder behauptet wird, nicht um Einmalzahlungen, sondern um Geld, das Monat für Monat – 60 Euro pro Kind – ankommt. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Nein, auch nicht mit der Gießkanne, sondern zielgerichtet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Herr.)
Unsere Klubobfrau hat ja schon vorgerechnet, dass Ihre Maßnahmen nicht treffsicher sind. Sie sind teurer und bringen den Familien im Endeffekt weniger. Nein, so machen wir das nicht! Wir helfen den Familien so gut wir können. Auch die Berechnungen des Budgetdiensts zeigen, wie enorm treffsicher dieses Paket ist, denn die 400 Millionen Euro gehen zu 30 Prozent an die Personen mit den niedrigsten Haushaltseinkommen. Das Geld kommt also ab Juli bis mindestens 2024 genau bei denjenigen an, die es davor schon nicht einfach hatten. Zusammen mit der Indexierung der Familienbeihilfe ergibt das sogar ein
Plus von 90 Euro pro Kind und Monat, denn die Familienbeihilfe wird kommendes Jahr – so wie alle anderen Familien- und Sozialleistungen – valorisiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie wird kräftig steigen, weil die Teuerung nach wie vor hoch ist, und mit dieser automatischen Valorisierung, die jahrzehntelang gefordert und nie umgesetzt wurde, steigen die Leistungen künftig automatisch mit der Inflation mit. Das tun wir, weil uns die 352 000 Kinder, die von Armut betroffen sind, nicht egal sind. Das tun wir, weil der Kampf gegen Kinderarmut für uns nicht einfach nur aus Wahlversprechen und Parolen besteht. Das tun wir ganz einfach, weil jedes Kind die gleichen Chancen verdient hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was mich schon ärgert, ist, dass die Opposition versucht, dieses Paket schlecht- und kleinzureden, während Sie parallel in den Bundesländern, in denen Sie zuständig sind, das Essensgeld erhöhen. Sie lehnen wichtige Anträge wie zum Beispiel jenen, dass es eine Jause für jedes Kind gibt – da rede ich noch nicht einmal vom Mittagessen, sondern nur von der Jause –, ab und versuchen, ein viel gelobtes, sehr treffsicheres und extrem wichtiges Paket – vor allem für diejenigen, die es davor schon nicht einfach hatten – schlechtzureden. So ein Konzert an heuchlerischen Oppositionsparolen zu veranstalten muss man sich erst einmal trauen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.34
Präsidentin Doris Bures: Im weiteren Verlauf der Diskussion ersuche ich um Mäßigung in der Ausdrucksweise.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für den Begriff Heuchelei hat man auch schon Ordnungsrufe kassiert. (Abg. Wurm: Das stimmt!)
Kollegin Neßler, Sie sind gut durch diese Falle geschlüpft. (Abg. Einwallner: Du, wir sind für den gemäßigten Ton bekannt!)
Familienleistungen: Österreich gehört betreffend Geldleistungen an Familien zu den Spitzenreitern in Europa. In ganz, ganz wenigen Ländern bekommen Familien so viel an Geldleistungen wie bei uns. Wir haben einen sehr gut ausgebauten Sozialstaat. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Jedes Jahr verteilen wir 140 Milliarden Euro um, mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Abg. Hörl: Da hat er recht!): Wenn da am Schluss noch Armut übrigbleibt, dann bekommen es aber offensichtlich die Falschen. Wir verteilen extrem viel Geld um, und es liegt dann nicht an der Geldsumme, die wir umverteilen, sondern an der Frage, wer was bekommt.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – Sie, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer – zahlen noch einmal: Weil diese Regierung schlechte Arbeit macht, müssen Sie jetzt noch einmal 500 Millionen Euro nachwerfen. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Sie zahlen doppelt! Wie im Gesundheitsbereich, wo Sie doppelt zahlen – Sie zahlen viele Versicherungsbeiträge, bekommen keine Leistungen und brauchen eine private Versicherung –, zahlen Sie da auch doppelt.
Kollege Prinz hat vorhin ausgeführt: Ja, jetzt bekommen Leute noch einmal Geldleistungen! Eigentlich setzt die ÖVP eine SPÖ-Forderung um und die SPÖ stimmt dagegen. Das ist ganz lustig. Für Menschen, die arbeitslos sind, wird jetzt der Kinderzuschlag verdreifacht. Bisher haben sie 30 Euro im Monat – 29 Komma irgendwas – Kinderzuschlag bekommen, wenn sie arbeitslos waren, künftig bekommen sie einfach 60 dazu. Das wollte die SPÖ immer haben, Sie beschließen es und die SPÖ ist dagegen.
Wir haben heutzutage einen Arbeitskräftemangel und Sie geben den Menschen, die arbeitssuchend gemeldet sind, noch einmal mehr Kinderzuschläge netto. Da muss ein Arbeitsloser, damit sich Arbeit für ihn rentiert, ja noch mehr verdienen. Sie setzen einen negativen Arbeitsanreiz. Das ist genau das falsche Signal in dieser Zeit, daher ist das Gesetz schlecht konzipiert. Die Kinder
brauchen Sachleistungen und nicht noch mehr Geld. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: ... für die Kinder!)
11.36
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Maria Großbauer zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Es ist wirklich unglaublich! Ich muss bei meiner Kollegin Neßler anschließen: Etwas Gutes so schlechtzureden ist wirklich ein spezielles Talent der SPÖ. Ich bin auch fast sprachlos. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Nichtsdestotrotz möchte ich betonen, dass es einfach ein Grundwert und ein Grundsatz in diesem Land ist, dass Kinder nicht in Armut aufwachsen sollen. Wir haben eine Krise oder Krisenjahre hinter uns und sind aus vielen Gründen, die wir alle kennen, noch immer mittendrin in einer Krise. Da muss man halt schnell und unbürokratisch reagieren, da kann man nicht lange herumreden, da muss man einfach etwas tun, und diese Bundesregierung tut etwas. Genau heute tut sie etwas. Wir werden das hoffentlich auch noch mit Ihrer Zustimmung beschließen.
Jedes Kind einer Alleinerzieherin, eines Alleinerziehers, auch von Arbeitslosen, von Menschen, die es wirklich notwendig haben, bekommt 60 Euro pro Monat für die nächsten eineinhalb Jahre. Das sind keine Einmalzahlungen, das sind keine Almosen, das ist Geld, mit dem man sich jedes Monat einen passablen Einkauf zusätzlich leisten kann. Bei zwei Kindern macht das 120 Euro pro Monat aus. Damit kann man einkaufen gehen, daraus kann man etwas machen, damit kann man auch eine warme Mahlzeit kochen. (Zwischenruf des Abg. Oxonitsch.)
Ich finde es wichtig, dass auch der Bildungsbereich unterstützt wird, dass Nachhilfe unterstützt wird, dass weiterlernen.at ausgebaut und weiterhin unterstützt wird, denn auch das Thema Nachhilfe ist natürlich ein wichtiges Thema, das oft auch eine finanzielle Belastung darstellt. Familien ohne Einkommen und Familien mit geringem Einkommen werden also massiv unterstützt.
Es wurde schon mehrfach gesagt: Das ist ein Teil der Unterstützung, die Familien erhalten. Die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen, also die automatische jährliche Anpassung an die Inflation, gibt es kaum woanders. Wir sind unter den top drei in der EU, das haben wir schon von der Ministerin gehört. Wir tun also sehr, sehr viel für Familien und vor allem für Kinder, weil sie unsere Zukunft sind. Sie sind uns sehr, sehr wichtig.
Ich möchte jetzt vielleicht auch noch kurz etwas im Detail vorrechnen, weil mich der Beitrag von Kollegen Shetty von den NEOS besonders geärgert hat. Auch er hat die warme Mahlzeit angesprochen und hat dieses komische Beispiel mit dem Snickers und dem Cola gebracht. Das war sensationell eigenartig! Ein Snickers kostet 1,29 Euro. 1 Kilo Gala-Äpfel aus Österreich kostet 2,49 Euro (Zwischenruf des Abg. Shetty), das sind, je nach Sorte, vier bis sechs Äpfel. Man kann sich also schon auch selbst überlegen, ob man ein Snickers oder einen Apfel kauft oder mitgibt.
Es ist natürlich auch eine Verantwortung der Schule, die Kinder zu lehren: Was ist eigentlich gesundes Essen? Das ist ein Teil. Ein Teil ist aber auch die Verantwortung der Eltern, den Kindern mitzugeben: Schau, ein Apfel ist nun einmal gesünder als ein Snickers! Es gibt schon auch Eigenverantwortung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Künsberg Sarre: Er hat ja gesagt, das ist Eigenverantwortung! – Abg. Shetty: ... Beispiel für gesundes Essen!)
Wir helfen den Eltern in dieser Eigenverantwortung, indem wir ihnen helfen, auch ein gesundes Essen zubereiten zu können. Also das möchte ich ebenfalls noch festhalten. Vielleicht entscheidet sich die SPÖ auch noch dazu, den
Kindern in diesem Land jetzt sofort und unbürokratisch zu helfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Shetty. – Ruf bei der SPÖ: Jetzt geht’s dahin!)
11.40
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter Markus Koza zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe bereits das letzte Mal gemeint, das wäre aus meiner Sicht eines der wichtigsten Pakete im Rahmen der Antiteuerung, die wir in diesem Haus beschließen.
Es ist mir eine sehr große Freude, dass wir heute wie angekündigt, wie versprochen und wie geplant den zweiten Teil dazu beschließen, damit ab Juli – ebenfalls wie angekündigt und wie geplant – die entsprechenden Hilfen und Unterstützungen für armutsgefährdete Kinder und armutsgefährdete Familien ausbezahlt werden können. Das ist heute ein tatsächlich sehr wichtiger und sehr guter Tag. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zuallererst auf ein paar Einwände eingehen, die heute wieder geäußert worden sind – nämlich interessanterweise bei einem Paket wie diesem, das wahrscheinlich eines der sozial treffsichersten Pakete ist, das wir je beschlossen haben –, dass auch dabei die soziale Treffsicherheit nach wie vor nicht ausreicht.
Da werden dann Fälle beschrieben, bei denen man einen sehr gut verdienenden Vater beziehungsweise eine sehr gut verdienende Mutter hat und daneben einen Ehepartner beziehungsweise eine Ehepartnerin in Arbeitslosigkeit, und der oder die bekommt dann diese 60 Euro. Meine sehr geehrten Damen und Herren: Ja, das mag schon sein, dass es diese Einzelfälle gibt. Nur ist es Realität und Tatsache, dass Armutsgefährdung vor allem dort besonders hoch ist,
wo die Menschen arbeitslos sind, wo die Menschen Notstandshilfe beziehen und wo die Menschen lange arbeitslos sind und Familien haben. Genau darum schnüren wir dieses Paket.
Wir schnüren dieses Paket für die vielen, die davon betroffen sind, und wenn es Einzelfälle gibt, die da auch durchrutschen, dann ist es halt so. Das aber ist letztlich Sozialstaatlichkeit, das ist Solidarität, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist leider auch gar nicht so einfach, Haushaltseinkommen zu bestimmen. Das wissen wir ja auch schon. Das diskutieren wir hier ja auch nicht zum ersten Mal. Es gibt zwei Haushaltsgrößen im Bereich der Sozialhilfen und der Sozialleistungen. Das ist einerseits die Ausgleichszulage und andererseits die Mindestsicherung. Da wissen wir tatsächlich, wie hoch das Haushaltseinkommen ist. Bei anderen ist die Berechnung schlichtweg schwierig. Da haben wir keine ausreichenden Daten.
Das ist das, was wir jetzt erstmals tun, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist wirklich eine ganz besondere Leistung, die, glaube ich, wegweisend ist, dass wir erstmals versuchen, diese Daten von besonders armutsgefährdeten Gruppen, bei denen wir wissen, bei denen es die Wissenschaft weiß und bei denen wir aus Beratungen von den NGOs und von den Sozialvereinen wissen, dass die Armutsgefährdung dort besonders groß ist, zusammenzuführen und abzugleichen, damit wir gezielte automatische Leistungen auszahlen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht so einfach. Darum hat es auch seine Zeit gebraucht, aber das funktioniert jetzt hoffentlich. Das wird jetzt erstmals auch auf diese Art und Weise durchgeführt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)
Das sind auch keine Almosen. Das ist auch sehr wichtig. Nein, das ist Gesetz, das ist beschlossen. Darauf gibt es einen Anspruch. Da gehört geklärt, wer es kriegt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Das ist kein Bittstellertum, da wird niemand zum Bittsteller oder zur Bittstellerin gemacht, im Gegenteil: Genau das wollten wir verhindern. Genau das ist verhindert, weil es eben automatisch ausbezahlt wird. Das heißt, alles, was da immer wieder behauptet wird, ist letztlich zu einem guten Teil überhaupt nicht richtig und stimmt einfach nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Holzleitner: Aber es ist befristet! Es ist befristet! Was ist nach 2024?)
Ein weiterer Punkt, der meiner Meinung auch sehr wichtig ist: wenn gesagt wird, Finanzleistungen oder Geldleistungen versus Sachleistungen. – Wir haben auch in diesem Paket Sachleistungen. Wir haben beispielsweise den Ausbau der Nachhilfe, wir haben die Schulstart-Pakete – Sachleistungen für besonders von Armut betroffene Familien, durch die zum Schulstart Kleidung und Schulmaterialien gekauft werden können. Das heißt, wir haben eine sehr gute Mischung.
Ehrlich gesagt: Wichtiger als wie es bei der Opposition ankommt, ist mir, wie es bei den NGOs ankommt, wie es bei den Sozialverbänden ankommt und wie es bei den Expert:innen ankommt. Ja, wir wissen, das ist nicht das Instrument, um Kinderarmut abzuschaffen, aber es ist eine wesentliche Maßnahme, damit Kinderarmut weniger wird, damit wir sie eindämmen können. Darum geht es jetzt auch in diesem ersten großen Schritt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bringe noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza zum Antrag 3430/A ein, der gestern auch zugegangen ist.
Nur kurz zusammengefasst: Da geht es einerseits darum, dass auch klargestellt ist, dass Alleinverdiener:innen und Alleinerzieher:innen, die das Geld
erst im Jahr 2023 beantragen können, das auch nachher beantragen können, und auch um andere sachliche Feststellungen, die wesentlich waren, was die Auszahlungen betrifft, was sozusagen den Sinn der Auszahlungen betrifft.
*****
Dieser Antrag ist eingebracht. Ich bitte um möglichst breite Zustimmung, wenn es wirklich ernst ist, dass man den Kampf gegen Kinderarmut in diesem Land aufnimmt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
11.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Norbert Sieber, Markus Koza
und Kolleginnen und Kollegen
zum Antrag 3430/A der Abg. Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird in der Fassung des Ausschussberichts (2062 d.B.)
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:
a) Nach der Ziffer 1 werden folgende Ziffern 1a und 1b eingefügt:
»1a. In § 2 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:
„(1a) Zielgruppe von Unterstützungsleistungen zur Beendigung von Wohnungslosigkeit sind Personen, die über einen Hauptwohnsitz in Österreich verfügen und
nicht in der Lage sind, die Wohnungslosigkeit selbständig mit eigenen Mitteln zu beenden oder abzuwenden.“
»1b. § 2 Abs. 2 lautet:
„(2) Zuwendungen können
1. für die Zielgruppe gemäß Abs. 1 in Form einer Unterstützungsleistung zur Wohnungssicherung oder einer pauschalen Unterstützungsleistung zum Wohnungswechsel und
2. für die Zielgruppe gemäß Abs. 1a in Form einer Unterstützungsleistung zur Wohnraumbeschaffung
geleistet werden.“
b) Ziffer 2 lautet:
»2. Nach dem § 3c werden folgende § 3d und § 3e jeweils samt Überschrift eingefügt:
„Sonderzuwendungen für Alleinverdienende und Alleinerziehende mit geringem Einkommen und für Arbeitslose und Ausgleichszulagenbeziehende mit Kindern
§ 3d. (1) Der Bund leistet einem alleinverdienenden und alleinerziehenden Elternteil für jedes Kind, für das die gleiche Adresse im Zentralen Melderegister (ZMR, § 16 MeldeG, BGBl Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 54/2021) als Hauptwohnsitz ausgewiesen ist, eine Zuwendung in Höhe von 60 Euro pro Monat. Für die Sonderzuwendung gilt:
1. Für das Jahr 2023 wird die Zuwendung für die Monate Juli bis Dezember gewährt, wenn die Voraussetzungen gemäß lit a oder b und gemäß lit c vorliegen:
a. Aus dem für das Veranlagungsjahr 2022 bis spätestens 30. Juni 2025 ergangenen Einkommensteuerbescheid des Elternteiles geht hervor, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage für die Steuer, die auf sonstige Bezüge entfällt (§ 41 Abs. 4 EStG), den
Betrag von 23 300 Euro nicht überschritten hat und der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt worden ist. Maßgebend ist der am 1. Juli 2023 letztgültige rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2022 oder - bei einer späteren erstmaligen Bescheiderlassung - der erste nach dem 1. Juli 2023 und vor dem 1. Juli 2025 erlassene rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2022. Nachträgliche Änderungen des maßgebenden Bescheides bleiben unberücksichtigt.
b. Für das Veranlagungsjahr 2022 wurde kein Alleinverdienerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt und aus dem für das Veranlagungsjahr 2023 bis spätestens 30. Juni 2025 ergangenen maßgebenden Einkommensteuerbescheid des Elternteiles, geht hervor, dass die Voraussetzungen gemäß Z 2 lit. a vorliegen.
c. Das Kind hat vor Beginn des Monats, für das die Sonderzuwendung geleistet wird, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.
2. Für das Jahr 2024 wird die Sonderzuwendung für die Monate Jänner bis Dezember gewährt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a. Aus dem für das Veranlagungsjahr 2023 bis spätestens 30. Juni 2025 ergangenen Einkommensteuerbescheid des Elternteiles geht hervor, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage für die Steuer, die auf sonstige Bezüge entfällt (§ 41 Abs. 4 EStG), den Betrag von 24 500 Euro nicht überschritten hat und der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt worden ist. Maßgebend ist der am 1. März 2024 letztgültige rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2023 oder - bei einer späteren erstmaligen Bescheiderlassung - der erste nach dem 1. März 2024 und vor dem 1. Juli 2025 erlassene rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2023. Nachträgliche Änderungen des maßgebenden Bescheides bleiben unberücksichtigt.
b. Das Kind hat vor Beginn des Monats, für das die Sonderzuwendung geleistet wird, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.
(2) Der Bund gewährt arbeitslosen Personen für jeden Kalendermonat im Zeitraum Juli 2023 bis einschließlich Dezember 2024 für jedes Kind, für das die gleiche Adresse im Zentralen Melderegister (ZMR, § 16 MeldeG, BGBl Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 54/2021) als Hauptwohnsitz ausgewiesen ist, für das ein Familienzuschlag gebührt und das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Sonderzuwendung von 60 Euro, sofern die arbeitslose Person für diesen Monat mindestens 16 Tage Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen hat.
(3) Der Bund gewährt Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage nach § 292 ASVG oder § 149 GSVG oder § 140 BSVG oder einer vergleichbaren Leistung nach sonstigen bundesgesetzlichen Vorschriften für jedes Kind, für das im Zeitraum Juli 2023 bis einschließlich Dezember 2024 der Richtsatz nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG (§ 150 Abs. 1 letzter Satz GSVG, § 141 Abs. 1 letzter Satz BSVG) zu erhöhen ist und das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine monatliche Sonderzuwendung von 60 Euro.
(4) Werden die Voraussetzungen des Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 mehrfach oder von mehreren Elternteilen erfüllt, gebührt die Sonderzuwendung von 60 Euro für jedes Kind nur einmal pro Monat. Dabei gilt:
1. Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe iSd Abs. 2 sind vorrangig zu berücksichtigen, danach Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage oder einer vergleichbaren Leistung nach sonstigen bundesgesetzlichen Vorschriften iSd Abs. 3 und danach alleinverdienenden und alleinerziehenden Elternteile iSd Abs. 1.
2. Treffen die Voraussetzungen des Abs. 1, des Abs. 2 oder des Abs. 3 auf mehrere Personen zu, gebührt die Sonderzuwendung der jüngeren Person.
(5) Die Unterstützungen können rückwirkend gewährt werden und sind nicht rückzahlbar.
(6) Die Sonderzuwendung gilt nicht als Nettoeinkommen im Sinne des § 292 Abs. 3 ASVG (§ 149 Abs. 3 GSVG, § 140 Abs. 3 BSVG). Von der Sonderzuwendung sind keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten. Die Einmalzahlung ist von der Einkommensteuer befreit und unpfändbar.
Bestimmungen für IKT-Verfahren zu § 3d
§ 3e. (1) Die Beauftragung des zur Vollziehung
notwendigen IKT-Verfahrens erfolgt durch den Bundesminister für Finanzen,
den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Die
Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH) ist als IT-Dienstleisterin des
Bundes mit der Vorbereitung und Abwicklung der technischen Umsetzung für
das IKT-Verfahren gemäß § 3d und damit verbundenen Aufgaben zu
beauftragen.
(2) Die Buchhaltungsagentur des Bundes hat die Abwicklung und Auszahlung der Sonderzuwendungen gemäß § 3d mittels IKT-Verfahren durchzuführen. Dazu ist sie berechtigt, auf Grundlage der übermittelten Daten (Abs. 4) unter Beachtung der Bestimmungen zur Vermeidung einer Doppelförderung die notwendigen personenbezogenen Daten und besonderen Kategorien personenbezogener Daten zu verarbeiten.
(3) Die BRZ GmbH ist IT-Dienstleister und Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 74 vom 04.03.2021 S. 35)). Der Auftragsverarbeiter ist verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen.
(4) Zum Zweck der Abwicklung und Auszahlung der Sonderzuwendungen sind der Buchhaltungsagentur des Bundes als Auftragsverarbeiter die notwendigen Daten von der BRZ GmbH bereitzustellen. Die notwendigen Daten betreffen vor allem:
1. Vom Bundesminister für Finanzen
a. das verschlüsselte bereichsspezifischen Personenkennzeichen Sozialversicherung (vbPK-SV) einer Person, die die Voraussetzungen des § 3d Abs. 1 Z 1 lit. a und/oder des § 3d Abs. 1 Z 2 lit. a erfüllt,
b. Vor- und Zuname, Adresse und das Geburtsdatum einer Person gemäß lit. a und
c. Vor- und
Zuname und das Geburtsdatum von Kindern einer Person
gemäß lit. a und
d. die internationalen Kontonummern (IBAN) einer Person gemäß lit. a, gemeinsam mit dem Datum der letzten Aktualisierung sowie Kennzeichnungen über deren Verwendung im Bundesministerium für Finanzen und das Datum der letzten Verwendung im Bundesministerium für Finanzen.
2. Vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
a. das verschlüsselte bereichsspezifischen Personenkennzeichen Sozialversicherung (vbPK-SV), Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Adresse und – soweit beim AMS vorgemerkt – die dazu gehörige internationale Kontonummer (IBAN) der Person, die die Voraussetzungen des § 3d Abs. 2 erfüllt (ergänzt um Vor- und Zuname, Adresse und soweit vorgemerkt die IBAN einer bestehenden Erwachsenenvertretung) sowie
b. die Anzahl der Kinder, einschließlich deren Vorname, Zuname und Geburtsdatum, für die eine Sonderzuwendung nach § 3d Abs. 2 gebührt.
3. Von den Trägern der gesetzlichen Pensionsversicherung und jenen pensionsauszahlenden Stellen, die eine vergleichbare Leistung auszahlen, in Bezug auf Ausgleichszulagenbezieherinnen und Ausgleichzulagenbezieher, denen ein erhöhter Richtsatz nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG (§ 150 Abs. 1 letzter Satz GSVG, § 141 Abs. 1 letzter Satz BSVG) gebührt:
a. Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum, Adresse,
b. das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen Sozialversicherung (vbPK-SV),
c. gegebenenfalls Vor- und Zuname des Erwachsenenvertreters/der Erwachsenenvertreterin,
d. die internationale Kontonummer (IBAN), gegebenenfalls jene des Erwachsenenvertreters/der Erwachsenenvertreterin,
e. in Ermangelung einer IBAN die Adresse, gegebenenfalls jene des Erwachsenenvertreters/der Erwachsenenvertreterin, und
f. Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum des Kindes bzw. der Kinder, für das bzw. die der Richtsatz zu erhöhen ist.
(4a) Die Buchhaltungsagentur des Bundes hat die Sonderzuwendungen gemäß § 3d Abs. 1 an die unter Z 1 lit. a bereitgestellte Kontonummer oder subsidiär über Baranweisung an die in Z 1 lit. a bekanntgegebene Adresse auszubezahlen
(4b) Die BRZ GmbH übermittelt der Buchhaltungsagentur des Bundes zum Zweck der Einmeldung der Bezieher der Sonderzuwendungen nach § 3d Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 in die Transparenzdatenbank gemäß § 25 Transparenzdatenbankgesetz 2012 – TDBG 2012, BGBl. I Nr. 99/2012, das verschlüsselte bereichsspezifischen Personenkennzeichen für die Verarbeitung in der Transparenzdatenbank (vbPK-ZP-TD) sowie das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen Amtliche Statistik (vbPK-AS) jener Personen, die die Voraussetzungen
1. des § 3d Abs. 1 Z 1 lit. a und/oder des § 3d Abs. 1 Z 2 lit. a,
2. des § 3d Abs. 2 oder
3. des § 3d Abs. 3
erfüllen.
(5) Die in Abs. 1 erster Satz genannten Bundesminister übernehmen die Rolle als datenschutzrechtlich gemeinsame Verantwortliche (Art. 26 DSGVO). Die Buchhaltungsagentur des Bundes als Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) wird durch die in Abs. 1 genannten datenschutzrechtlich gemeinsame Verantwortliche damit beauftragt (§ 3e Abs. 1), die Abwicklung und Auszahlung der Sonderzuwendungen durchzuführen. Der Auftragsverarbeiter ist verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen.
(6) Die Erfüllung von Informations-, Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- und sonstigen Pflichten nach den Bestimmungen der DSGVO gegenüber der betroffenen Person obliegt jedem Verantwortlichen hinsichtlich jener personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit den von ihm geführten Verfahren oder den von ihm gesetzten Maßnahmen verarbeitet werden. Nimmt eine betroffene Person ein ihr zustehendes Recht nach der DSGVO gegenüber einem Verantwortlichen wahr, der hierfür nicht zuständig ist, so hat dieser ein schriftliches Anbringen ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr der betroffenen Person an den zuständigen Verantwortlichen weiterzuleiten oder im Fall eines mündlichen Anbringens die betroffene Person an diesen zu verweisen. Die betroffene Person ist über die Weiterleitung zu informieren.
(7) Alle personenbezogenen Daten sind sieben Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie zum letzten Mal verwendet wurden, zu löschen. Daten über lesende Zugriffe sind drei Jahre nach ihrem Entstehen zu löschen.
(8) Dem Bundeskanzler obliegt im Sinne eines einheitlichen technischen Vollzugs das ressortübergreifende Projektmanagement, die Koordination und die Sicherstel-lung der Einheitlichkeit der notwendigen Beauftragungen auf Basis der fachlichen Anforderungen und Daten der in Abs. 1 erster Satz genannten Bundesminister.
(9) Die Aufteilung der Verwaltungskosten wird in einem Verwaltungsübereinkommen festgelegt.“
c) Ziffer 3 lautet:
»3. § 4 Abs. 1 lautet:
„(1) Zuwendungen nach diesem Bundesgesetz gelten - mit Ausnahme der Sonderzuwendungen nach § 3d - als Leistung im Sinne des § 7 Abs. 5a des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes, BGBI. 1 Nr. 41/2019, zuletzt geändert durch BGBI. 1 Nr. 45/2023, und sind bei der Prüfung von Ansprüchen und sonstigen Befreiungen aufgrund anderer Regelungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen."
d) Nach der Ziffer 3 werden folgende Ziffern 3a und 3b eingefügt:
»3a. § 5 samt Überschrift lautet:
„Abwicklung
§ 5. (1) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat sich zur Abwicklung der Unterstützungsmaßnahmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 geeigneter Stellen zu bedienen und mit diesen eine Vereinbarung darüber zu schließen. Zur Durchführung der Abwicklung können diese geeignete Beratungseinrichtungen einsetzen.
(2) Mit der Auszahlung der Zuwendungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und 3 können die Länder im Wege des Art. 104 Abs. 2 B VG betraut werden. Die die Sozialhilfe oder Mindestsicherung vollziehenden Stellen sind zum Zweck der Überprüfung des Vorliegens eines Leistungsbezugs nach § 3d dieses Bundesgesetzes zur Transparenzportalabfrage gemäß § 32 Abs. 6 iVm § 2 Z 4 des Transparenzdatenbankgesetzes 2012 – TDBG 2012, BGBl. I Nr. 99/2012 berechtigt.
(3) Unterstützungsleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 können nur auf Antrag bei den Abwicklungsstellen gemäß Abs. 1 gewährt werden. Die Zuwendungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und 3 werden ohne Antrag ausbezahlt.
(4) Die Abwicklungsstellen gemäß Abs. 1 sind für die Geltungsdauer dieses Bundesgesetzes berechtigt, zum Zweck der Zuerkennung und Auszahlung von Un-
terstützungsleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 zur Überprüfung der antragstellenden Person Abfragen gemäß § 16a Abs. 4 des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, sowie zur Überprüfung der Angaben der antragstellenden Person betreffend aller mit ihr in ihrer Wohnung gemeldeten Personen im Zentralen Melderegister eine Verknüpfungsanfrage im Sinne des § 16a Abs. 3 des Meldegesetzes 1991 mit dem Kriterium Wohnsitz durchzuführen.
(5) Die liquiden Mittel für die Abwicklung der Unterstützungsmaßnahmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 werden den Abwicklungsstellen gemäß Abs. 1, jene für die Abwicklung der Zuwendungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und Z 3 den Ländern vor Auszahlung der Zuwendungen über das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Verfügung gestellt.
(6) Rückflüsse aus Unterstützungsleistungen gemäß § 2 Abs. 2 sind dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz von den Abwicklungsstellen gemäß Abs. 1 zurückzuerstatten.
(7) Die in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 sowie die in
§ 3d Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 vorgesehenen Sonderzuwendungen sind
jeweils als eigene Leistungen in der Transparenzdatenbank gemäß
§ 21 Abs. 1 Transparenzdatenbankgesetz 2012, BGBl. I
Nr. 99/2012, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 25/2023, zu erfassen.
Mitteilungen gemäß § 25 Transparenzdatenbankgesetz 2012 sind
jeweils ausschließlich auf diese Leistungen vorzunehmen“
»3b. In § 6 Abs. 1 Z 3 wird die Wortfolge „gemäß § 2 Abs. 1 und 3“ durch die Wortfolge „gemäß § 2 Abs. 1, 1a und 3“ ersetzt.
e) Ziffer 5 lautet:
»5. Im § 8 wird folgender Abs. 5 angefügt:
„(5) § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1a und 2, § 3d, § 3e, § 4 Abs. 1, § 5, § 6 Abs. 1 Z 3 sowie § 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“
Begründung
Zu lit a und lit d (§ 2 Abs. 1a und 2 sowie § 5):
Mit Änderung des Wohn- und Heizkostenzuschussgesetzes und des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 32/2023 wurden dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz weitere 25 Millionen Euro für Unterstützungsleistungen im Bereich Wohnen zur Verfügung gestellt. Mit den bereitgestellten Mitteln können derzeit ausschließlich Personen unterstützt werden, die über ein aufrechtes Miet- bzw. Nutzungsverhältnis verfügen und von Wohnungsverlust bedroht sind. Um die Mittel künftig effizient - und dem steigenden Bedarf entsprechend - auch zur Verhinderung und Beendigung von Wohnungslosigkeit einsetzen zu können, wird die Zielgruppe durch § 2 Abs. 1a erweitert.
Damit soll ermöglicht werden, auch wohnungslose Menschen auf ihrem Weg zu einer eigenen Wohnung zu unterstützen. Als wohnungslos sind etwa Personen zu verstehen, die im öffentlichen Raum, in Notunterkünften, in Einrichtungen für wohnungslose Menschen, in Frauenhäusern, auf ungesichertem Wohnraum oder in prekären Wohnverhältnissen (beispielsweise in ungeeigneten Räumlichkeiten wegen dort vorherrschender gesundheitsgefährdender Verhältnisse) leben. Dem Kriterium des Bestehens eines Hauptwohnsitzes (Art. 6 Abs. 3 B-VG) in § 2 Abs. 1a ist das Vorliegen einer Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a MeldeG gleichzuhalten, die Obdachlosen auf deren Antrag auszustellen ist.
Mit dem erweiterten Leistungsspektrum wird eine Neuorganisation der Abwicklung von Unterstützungsleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 erforderlich. Als Modell für die Abwicklung der Leistungen der Wohnraumbeschaffung dient das aktuell vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz geförderte Housing First-Projekt „zuhause ankommen“. In § 5 Abs. 6 wird die Rückerstattung von Rückflüssen, insbesondere aus Finanzierungsbeiträgen oder Kautionen im Rahmen der Unterstützungsleistungen zur Wohnraumbeschaffung, aber auch von solchen aus der Wohnungssicherung verankert.
Um den Ländern die Anrechnung von Sonderzuwendungen nach § 3d auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung zu erleichtern, wird klargestellt, dass sie zur Datenabfrage in der Transparenzdatenbank berechtigt sind (§ 5 Abs. 2). Um zu vermeiden, dass die vorgesehenen Sonderzuwendungen mehrfach an dieselben Personen ausbezahlt werden, ist es notwendig, dass diese jeweils abgegrenzt in Form eigener Leistungen in der Transparenzdatenbank erfasst werden und personenbezogene Mitteilungen ausschließlich auf die neu angelegten Leistungen vorgenommen werden (§ 5 Abs. 7).
Zu lit b (§ 3d)
Der Betrag von 23.300 Euro (2022) bzw. 23.600 Euro (2023) in § 3d Abs. 1 Z 1 lit a und Z 2 lit a entspricht dem Jahreswert aus einem Brutto-Monatslohn von 2.000 Euro für 14 Monate unter Berücksichtigung der darauf entfallenden Sozialversicherung. Für das Jahr 2023 soll dieser Betrag inflationsangepasst werden: Ausgehend von 2000 Euro (brutto) für 2022 ergibt sich unter Anwendung einer Inflationsrate von 5,2%, die auch für die Abgeltung der kalten Progression im Jahr 2023 zu Grunde gelegt wird, ein Monatsbetrag von 2.104 Euro und - unter Berücksichtigung von 14 Monatsbezügen - einen Jahresbetrag von 24.492,78. Dementsprechend soll ein (aufgerundeter) Betrag von 24.500 für das Jahr 2023 maßgebend sein.
Zusätzlich soll eine Klarstellung erfolgen: da die Einkünfte innerhalb des Jahressechstels (13./14. Monatsbezug) im Einkommensteuerbescheid im „Gesamtbetrag der Einkünfte“ nicht enthalten sind, soll klargestellt werden, dass der Wert maßgebend ist, der sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte unter Mitberücksichtigung der Bemessungsgrundlage für die Steuer für den 13./14. Monatsbezug ergibt. Für Bezieherinnen und Bezieher nichtselbständiger Einkünfte werden daher die tariflohnsteuerpflichtigen Einkünfte (12 Monatsbezüge) über den Wert aus dem „Gesamtbetrag der Einkünfte“ und die mit dem festen Steuersatz besteuerten Bezüge (13./14. Monatsbezug) aus dem Wert berücksichtigt, der die Bemessungsgrundlage
(Bruttobezug abzüglich Sozialversicherung) für die Steuer auf sonstige Bezüge darstellt.
Überdies soll sichergestellt werden, dass Alleinverdienenden oder Alleinerziehenden des Jahres 2023, die für 2024 die Voraussetzungen für die Zuwendung erfüllen, diese für das Jahr 2023 jedenfalls auch dann erhalten, wenn für das Jahr 2022 kein Alleinverdienenerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt worden ist. In Abs. 1 Z 1 soll daher in lit. b (alternativ zur Voraussetzung gemäß lit. a) verankert werden, dass die Sonderzuwendung für die Monate Juli bis Dezember 2023 auch dann gewährt wird, wenn der maßgebende Einkommensteuerbescheid 2023 (Z 2 lit. a) eine Sonderzuwendung für das Jahr 2024 vermittelt und für das Jahr 2022 kein Alleinverdienerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt worden ist. Wird daher ein Alleinverdienerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag im Rahmen der im Jahr 2024 erfolgten Einkommensteuerveranlagung 2023 - abweichend von 2022 - berücksichtigt und erfolgte nicht bereits eine Gewährung auf Grund von Abs. 2 (Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe) Abs. 3 (Bezug von Ausgleichzulage oder einer vergleichbaren Leistung) kann die Sonderzuwendung im Jahr 2024 für die Monate Juli bis Dezember 2023 rückwirkend gewährt werden.
Dem Bezug einer Ausgleichszulage im Sinne des § 3d Abs. 3 sind vergleichbare Leistungen nach dem Pensionsgesetz 1965, dem Bundestheaterpensionsgesetz oder dem Bundesbahn-Pensionsgesetz gleichzuhalten.
§ 3d Abs. 4 soll um die Festlegung erweitert werden, welche Person vorrangig zu berücksichtigen ist, wenn die Voraussetzungen für die Sonderzuwendung von mehreren Personen erfüllt werden. Z 1 sieht dementsprechend eine Rangordnung im Verhältnis der anspruchsvermittelnden Sachverhalte (§ 3d Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3) vor. Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe (Abs. 2) sollen vorrangig zu berücksichtigen sein, danach Bezieherinnen und Bezieher von Ausgleichszulage (Abs. 3). Das Kriterium als alleinverdienender bzw.
alleinerziehender Elternteil (Abs. 1), für das stets der Einkommensteuerbescheid des Vorjahres maßgebend ist, soll zuletzt berücksichtigt werden. Denn die Erlassung des Einkommensteuerbescheides kann auch erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem in Bezug auf das jeweils maßgebende Kind bereits feststeht, dass ein Elternteil hinsichtlich des betroffenen Monats gemäß Abs. 2 oder Abs. 3 begünstigt ist. Damit soll eine zeitnahe Abwicklung sichergestellt werden. Z 2 legt fest, dass stets die jüngere Person begünstigt sein soll, wenn innerhalb einer begünstigten Kategorie mehrere Personen in Betracht kommen. Sollten beispielsweise beide Elternteile wegen Arbeitslosengeldbezuges als begünstigt in Betracht kommen, soll daher die jüngere Person begünstigt sein.
Zu lit b (§ 3e):
Es wird sowohl eine verwaltungstechnische als auch datenschutzrechtliche Basis für das notwendige IKT-Verfahren geschaffen. Die Buchhaltungsagentur wird mit der Abwicklung und Auszahlung der Leistung beauftragt. Im Rahmen der Abwicklung übernimmt die Buchhaltungsagentur des Bundes auch das Clearing (wie zum Beispiel die Abwicklung von Reklamationen). Die BRZ GmbH wird als Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) verpflichtet. Zur Sicherstellung einer zwischen den Sozialversicherungsträgern und dem AMS einheitlichen Personenkennzeichnung wird der Dachverband das AMS bei der Ermittlung der erforderlichen verschlüsselten Personenkennzeichen unterstützen. Um zu vermeiden, dass die vorgesehenen Sonderzuwendungen mehrfach an dieselben Personen ausbezahlt werden, ist es notwendig, dass die Buchhaltungsagentur des Bundes die Bezieher der Sonderzuwendungen in die Transparenzdatenbank einmeldet. Für die Einmeldung in die Transparenzdatenbank ist die Ausstattung der Leistungsbezieher mit dem verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen für die Verarbeitung in der Transparenzdatenbank (vbPK-ZP-TD) und dem verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen Amtliche Statistik (vbPK-AS) erforderlich. Aus diesem Grund soll die BRZ GmbH verpflichtet werden, diese Datensätze der Buchhaltungsagentur des Bundes zur Verfügung zu stellen.
Der gem. Abs. 9 aufzuteilende Verwaltungsaufwand ist jener, der mit der Beauftragung zur Erstellung und den Betrieb des IKT-Verfahrens und der Inanspruchnahme eines Dienstleisters sowie der Buchhaltungsagentur zur Auszahlung einhergehenden Aufwand.
Zu lit c (§ 4 Abs. 1):
Mit dieser Änderung wird ein Redaktionsversehen beseitigt.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde bereits an alle Abgeordneten verteilt. Er wurde in den Grundzügen auch erläutert und steht mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Holzner. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte SPÖ, eure Argumente, eure Aussagen drehen sich im Kreis: der Ruf nach mehr Geld, danach, weniger zu arbeiten und gemeinsam mit den NEOS Rechtsansprüche durchzusetzen, die keinerlei konkrete Lösungen bringen.
Liebe SPÖ, es sind 60 Euro zusätzlich zu den bereits valorisierten Sozialleistungen, zum Familienbonus und zu vielen weiteren Hilfen für private Haushalte von Energie- bis zu Wohnkostenzuschüssen. Jetzt stimmen Sie diesen 60 Euro pro Kind nicht zu. Die NEOS stimmen nicht zu, weil die Treffsicherheit nicht gewährleistet ist.
Kollege Shetty bringt ein Rechenbeispiel, bei dem er 183 Abgeordnete in ein Verhältnis zu einer Bevölkerungsgruppe von 1 761 561 jungen Menschen setzt – ich nehme jetzt einmal an, dass von null bis 20 Jahre alle ein warmes Mittagessen bekommen –, um damit zu begründen, dass diese Maßnahmen nicht treffsicher sind. Das ist ja schon fast absurd. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das ist so weit hergeholt, Ihre ...!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Der Staat hat sehr viel und schnell geholfen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in allen Branchen dringend gesucht. Die Inflation sinkt. Es ist jetzt höchste Zeit, die Begriffe Eigenverantwortung und Eigenleistung in die politische Diskussion einzubringen. Jeder und jede Einzelne soll den Beitrag zum Gemeinwohl leisten, den er oder sie leisten kann, und Hilfe erhalten, wenn sie gebraucht wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Gerade wir als Familienpartei wollen mit diesem Antrag gezielt Eltern unterstützen, die von der Teuerung besonders betroffen sind, damit sie ihre Aufgaben als Eltern bestmöglich wahrnehmen können.
Ich fasse noch einmal kurz zusammen: 60 Euro pro Kind werden beim Bezug von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe und Ausgleichszulage ohne Antrag ausbezahlt. Auch Alleinerziehende oder Familien mit Alleinverdienern bis zu einem Einkommen von 2 000 Euro brutto erhalten diesen Beitrag bis Ende 2024 automatisch. Die Einkommensgrenze wird valorisiert.
Meine Damen und Herren, wissen Sie eigentlich, dass es seit zwei Jahren einen kostenfreien Zugang zur Lernhilfe auf der Website des Bildungsministeriums, www.weiterlernen.at, gibt und dieser weiter ausgebaut wird? Das Schulstart-Paket wird nun von 120 Euro auf 150 Euro erhöht und ab jetzt zweimal, jeweils zu Semesterbeginn, ausbezahlt. Rund 400 000 Kinder werden von diesen Maßnahmen profitieren.
Es liegt in unserer aller Verantwortung – in unserer Verantwortung als Staat, als Eltern und auch als Gesellschaft –, den Kindern einen guten Start in ihr Leben zu ermöglichen. – Vielen Dank für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.49
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Damit gelangen wir nun zu den Abstimmungen
über den Gesetzentwurf
in 2062 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Sieber, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Sieber, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1a, 1b, 3a und 3b sowie Änderung der Ziffern 2, 3 und 5 eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preise senken, Leistungen anpassen, Armut bekämpfen“.
Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen“.
Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (2063 d.B.)
3. Punkt
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3156/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härtefall-Regelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (2064 d.B.)
4. Punkt
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1131/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr individuelle Freiheit beim Kinderbetreuungsgeld (2065 d.B.)
5. Punkt
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2748/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung der Kinderbetreuungszeit (2066 d.B.)
Präsidentin
Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 2
bis 5, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Danke, Frau Präsidentin! Sie haben es umfassend ausgeführt: Wir diskutieren heute vier Oppositionsanträge zum Kinderbetreuungsgeld. Dass wir diese heute hier diskutieren, ist durch eine Abstimmungspanne der Regierungsparteien im Ausschuss passiert. Eigentlich sollten diese vier Anträge wie zahlreiche andere Anträge der Opposition vertagt werden, wobei Vertagung in diesem Fall bedeutet, dass sie nicht im Nationalratsplenum diskutiert, sondern meistens auf die lange Bank geschoben werden. Diese Vorgehensweise bei Oppositionsanträgen und im Speziellen beim heutigen Thema Kinderbetreuungsgeld zeigt, dass die Regierungsparteien die vorhandenen Probleme gerade bei diesem Thema nicht ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
In zig Anträgen von uns, aber auch von den anderen Oppositionsparteien weisen wir immer wieder auf die Hürden und Probleme beim Kinderbetreuungsgeld hin. Bei uns landen viele Einzelfälle, für die es keine Lösungen gibt. In Summe birgt die Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldes einfach sehr viele Hürden, sie ist sehr komplex, und viele Einzelfälle ergeben nun einmal ein großes Problem.
Ich weise daher bei jeder
Gelegenheit darauf hin, dass es eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes braucht.
Diese Gesamtreform wäre im Sinne aller: im Sinne der Familien, der Eltern,
aber auch im Sinne der Beratungsstellen,
die aufgrund der anfallenden Beratungen einen enormen Aufwand haben. Daher
haben wir als Oppositionsparteien im Ausschuss einen gemeinsamen
Antrag eingebracht, der genau diese Reform des Kinderbetreuungsgeldes fordert. Aber –
welche Überraschung! – auch dieser Antrag wurde, wie so viele
andere, vertagt.
Das Kinderbetreuungsgeld ist
aber sehr wichtig für die Eltern. Es ist allerdings so komplex
ausgestaltet, dass es eine aufwendige Beratung braucht, um die
richtige Variante für die spezielle Situation der jeweiligen Familien in
jedem einzelnen Fall zu finden. An dieser Stelle möchte ich ein
großes Dankeschön
an die vielen Beratungsstellen richten, die werdende Eltern dabei
unterstützen, das für sie richtige Modell zu finden. (Beifall bei
der SPÖ.)
Dass es diese Unterstützung
braucht, zeigt aber schon deutlich, dass es Handlungsbedarf gibt, dass die
Eltern es nicht alleine schaffen. Auch die Volksanwaltschaft und die
Arbeiterkammer haben vor Kurzem gemeinsam darauf hingewiesen, welche
Hürden es da gibt. Besonders problematisch ist es,
wenn ein Elternteil im EU-Ausland arbeitet oder lebt. Auch gibt es zum Beispiel
einen Fall, wo die Mutter immer noch auf das Kinderbetreuungsgeld wartet,
sie hat es noch immer nicht erhalten, und da reden wir nicht von einigen
Monaten, sondern von Jahren, ihre Tochter ist mittlerweile acht Jahre
alt. Manchmal kann man die Bearbeitungsdauer also einfach nicht nachvollziehen.
(Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt auch einen besonders
tragischen Fall, den ich hier schon einmal vorgetragen habe. Es ist der
Fall jener Mutter, deren Partner am Beginn seiner zweimonatigen Karenz
verstorben ist. Da diese Familie das einkommensabhängige
Kinderbetreuungsgeld gewählt hatte, gab es für die Mutter keine
Möglichkeit mehr, die Karenz des verstorbenen Kindsvaters zu
übernehmen. Man sieht also, dass es viele, viele weitere Problemfälle
gibt und diese zeigen einfach,
dass es eine Reform braucht.
Wir als Opposition sind uns
diesbezüglich einig und es ist jetzt an Ihnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen der Regierungsfraktionen, und auch an Ihnen,
Frau Ministerin, einen Reformprozess anzustoßen und den werdenden Eltern
damit einige bürokratische Hürden abzunehmen. Ich möchte darum
jetzt
noch einmal einen Versuch starten und hoffe auf Ihre Zustimmung.
Ich bringe folgenden gemeinsamen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Wimmer, Rosa Ecker, MBA, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Reform des Kinderbetreuungsgeldes“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, die für Familien bestehenden Probleme und Hürden beim Kinderbetreuungsgeld endlich zu beseitigen und dem Nationalrat umgehend eine Reform des Kinderbetreuungsgeldgesetzes vorzulegen.“
*****
Ich hoffe heute auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.56
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Wimmer, Rosa Ecker, MBA, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend dringende Reform des Kinderbetreuungsgeldes
eingebracht im Zuge der
Debatte zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den
Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis
der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
(2063 d.B.)
Seit vielen Jahren kämpfen Eltern beim Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes mit bürokratischen Hürden und Schikanen. Die betroffenen Eltern klagen dabei sowohl über Probleme mit der aktuellen Gesetzeslage als auch über die Vollzugspraxis.
Am Montag, 22. April 2023
machten Volksanwaltschaft und Arbeiterkammer in einer Pressekonferenz erneut
auf die Schwierigkeiten vieler Familien mit dem Kinderbetreuungsgeld
aufmerksam und forderten eine Reform dieser so wichtigen Leistung. Dokumentiert
wurden unter anderem massive Missstände beim Umgang mit
dem Mutter-Kind-Pass, Ummeldungen des Hauptwohnsitzes und bei arbeitenden
Elternteilen im Ausland.1)
Auch im Nationalrat werden
die aktuellen Probleme und Hürden beim Kinderbetreuungsgeld seit
Jahren in zahlreichen Anträgen der Oppositionsparteien thematisiert und
Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Bedauerlicher Weise werden diese von
ÖVP und Grünen permanent, mit fadenscheinigen Ausreden vertagt.
Bislang fehlt
der zuständigen Familienministerin jede Einsicht, die Reform anzugehen.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, die für Familien bestehenden Probleme und Hürden beim Kinderbetreuungsgeld endlich zu beseitigen und dem Nationalrat umgehend eine Reform des Kinderbetreuungsgeldgesetzes vorzulegen.“
1) https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Herr Abgeordneter Norbert Sieber, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister!
Hohes Haus! Erlauben Sie mir, dass ich zunächst im Namen meines Kollegen
Niki Berlakovich die Seniorengruppe aus Markt Sankt Martin im
Burgenland sehr herzlich bei uns im Haus begrüße. (Beifall bei
ÖVP,
SPÖ und Grünen.)
Wie gesagt werden unter diesem Tagesordnungspunkt vier Anträge behandelt. Der erste ist der Antrag 772/A(E), in dem es um einen erweiterten Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld geht.
Nun, meine Damen und Herren, dieser Antrag ist schon etwas
älter, er wurde immer wieder eingebracht. Die Begründung, die man
darin liest, möchte
ich Ihnen nicht vorenthalten: „Die Corona-bedingte massive Steigerung der
Arbeitslosigkeit in Österreich führt dazu, dass die ununterbrochen
ausgeübte kranken- und pensionsversicherungspflichtige
Erwerbstätigkeit während 182 Kalendertagen vor der Geburt nur
schwer erreicht werden kann.“
Meine Damen und Herren, ich
glaube, die hohe Arbeitslosigkeit ist nicht das Problem, das wir derzeit haben.
Wir suchen eigentlich nach Fachkräften,
nach Mitarbeitern. (Beifall der Abgeordneten Prinz und Steinacker.)
Man hätte diesen Antrag auch zurückziehen können, aber wir
behandeln ihn hier.
Faktum ist also, dass die Frage
ist, warum der Beobachtungszeitraum für das einkommensabhängige
Kinderbetreuungsgeld nicht von 182 Tagen auf ein
Jahr ausgedehnt wird. Die Begründung ist, dass die Zielgruppe, die
betroffen ist, vor der Geburt eigentlich ausschließlich noch
erwerbstätig sein muss. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld
ist ein Ersatz für das Einkommen,
das aufgrund der Geburt wegfällt, und eben kein Ersatz für jene Einkommen, die schon lange zurückliegen. Das ist eine Systematik, die einfach vorgegeben ist, und die wir auch nicht einfach durchbrechen können.
Die Beamten im Ministerium
sagen auch sehr klar, dass ihrer Erfahrung nach der Zeitraum von 182 Tagen
durchaus angemessen und auch treffsicher ist. Es
ist auch so, dass in dieser Zeit eine Unterbrechung von 14 Tagen
möglich ist, damit werden entsprechende Härtefälle
abgefedert. Für arbeitslose oder erwerbslose Eltern besteht das Kinderbetreuungsgeldkonto.
Das ist eben nicht das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, sondern
das Kinderbetreuungsgeldkonto mit großzügigen
Zuverdienstmöglichkeiten. Wir werden diesem Antrag deswegen auch nicht
nähertreten.
Der zweite Antrag ist der Antrag 3156/A(E) und darin geht es um eine Härtefallregelung. Dieses Thema ist uns allen auch sehr wichtig.
Ja, es kommt immer wieder zu Härtefällen, die auch
entsprechend abgefedert werden können – ich möchte aber
dazusagen, dass es eine sehr begrenzte, geringe Anzahl von
Härtefällen ist, die da im Ressort ankommen. Auch da soll jedoch eine
Lösung gefunden werden, deswegen werden wir diesem
Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)
Beim Antrag 1131/A(E) des
Kollegen Michael Bernhard geht es um „Mehr individuelle Freiheit beim
Kinderbetreuungsgeld“. Warum können die
Eltern beim Kinderbetreuungsgeld für dasselbe Kind nicht unterschiedliche
Systeme wählen? – Meine Damen und Herren, das
Kinderbetreuungsgeld ist
auf Partnerschaftlichkeit ausgerichtet und eben nicht auf einen
Individualbezug. In beiden Systemen bestehen jeweils unterschiedliche
Anspruchsvoraussetzungen, Regelungen und Gesamtbeträge –
die Vermischung der Systeme ist aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen
ganz einfach nicht möglich.
Eine spezielle Regelung gibt es
beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld: Erfüllt ein
Elternteil nicht das Erwerbstätigkeitserfordernis, so gebührt
bei Erfüllung sämtlicher anderer Anspruchsvoraussetzungen auf Antrag
ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 35,85 Euro
täglich.
Der Erwerbstätige bekommt demnach ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld.
Die Praxistauglichkeit der Regelung ist ganz einfach gegeben, deswegen wird
dieser Antrag von uns ebenfalls abgelehnt.
Der vierte Antrag ist der
Antrag 2748/A(E), ebenfalls von den NEOS, in dem die Regierung
aufgefordert wird, „eine Reform des Mutterschutzgesetzes, des
Väter-Karenzgesetzes und des Kinderbetreuungsgeldgesetzes vorzulegen, die
eine EU-konforme Umsetzung der Richtlinie 2019/1158 garantiert
und beiden Elternteilen die gleichzeitige Nutzung von Karenzzeiten
erlaubt.“
Der Großteil dieser
Materie liegt nicht in der Zuständigkeit des Familienausschusses. Das
gehört eigentlich in das Wirtschaftsministerium, in das Bundesministerium
für Arbeit und Wirtschaft – dort wird der Großteil
dieser Richtlinie geregelt, und nicht im Bereich des Flaf.
Eines ist mir aber schon wichtig zu betonen: Wenn es um den
Bereich der Vergütungen geht – da liegt die
Zuständigkeit im Familienressort –, wird die Richtlinie
durchaus übererfüllt, da gibt es Regelungen, die sehr gut sind, und
daher werden wir diesen Antrag ebenfalls ablehnen. – Danke. (Beifall
bei der
ÖVP sowie der Abgeordneten Neßler und Schwarz.)
12.02
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.
Abgeordnete
Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau
Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Es wurde schon öfter
erwähnt, dass immer sehr viele Anträge der Opposition in den
Ausschüssen liegen, auch im Familienausschuss – und
es gibt auch sehr viele Anträge, die eine Änderung des
Kinderbetreuungsgeldes fordern. (Ruf bei der SPÖ: Die sie alle
ablehnen!)
Einige dieser Anträge dürfen wir heute hier
diskutieren, manche davon wurden mehrmals im Ausschuss vertagt oder
schubladisiert, kann man sagen.
Die dringend notwendige Reform des Kinderbetreuungsgeldes, der Abbau von Hürden
bei Anträgen auf Kinderbetreuungsgeld, Verkürzung der Wartezeit auf das
Kinderbetreuungsgeld: All das wurde vertagt, obwohl es da dringend
Änderungen braucht. Eines wurde auch schon gesagt, aber man kann es
nicht oft genug betonen: Nicht die Opposition allein glaubt, diese
Änderungen wären notwendig, nein, es gibt sachlich begründete
fachliche Kritik, von
der Arbeiterkammer und auch von der Volksanwaltschaft, und all das stärkt
die Anträge der Opposition.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie werden sich jetzt
vielleicht fragen: Warum haben es manche Anträge dann doch auf die heutige
Tagesordnung geschafft? – Nun, weil es die
schwarz-grünen Regierungsfraktionen im Ausschuss nicht schafften, die
Vertagungsanträge zu stellen! Man kann jetzt sagen,
die SPÖ kann nicht bis 600 zählen – die ÖVP kann
nicht bis zehn zählen! (Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo!)
So kommt es eben, dass einige Anträge zu diesen
Änderungen von den Regierungsparteien heute gleich ganz abgelehnt
werden, obwohl es notwendig
wäre, den Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der
Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld zu
verlängern, und obwohl
es mehr Individualität bei gleichzeitiger unbürokratischer Abwicklung
bräuchte, und zwar zum Vorteil, nicht zum Nachteil der Eltern. So werden
wir aber
zu keiner Lösung kommen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenigstens zu einem freiheitlichen Antrag gibt es heute von
allen Parteien Zustimmung: Zukünftig soll es beim
einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld eine Härtefallregelung
analog zum pauschalierten Kinderbetreuungsgeld geben. Das ist wichtig,
denn, sehr geehrte Damen und Herren, stellen Sie sich vor, ein
Elternteil nimmt sich Zeit für das Kind, beantragt
einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld und wird dann aber schwer krank
und muss vielleicht in einer Pflegeanstalt betreut werden oder verstirbt
sogar. Es gibt auch andere Gründe – es kann etwa auch sein, dass ein Elternteil in Haft kommt –, aber jedenfalls gibt es dann für den anderen Elternteil keine Möglichkeit mehr, das Kinderbetreuungsgeld weiter zu beziehen.
Die Betroffenen stehen damit nicht nur im Privaten vor einer
im Moment oft ausweglosen Situation, sondern sind auch mit enormen finanziellen
Nachteilen konfrontiert. Es gab früher eine
Härtefallregelung, die 2017 ohne Angabe von Gründen abgeschafft
wurde. Aufgrund unseres Antrages wird es diese hinkünftig wieder geben,
wenn die Regierung dazu auch tatsächlich
einen Gesetzentwurf ausarbeitet.
Frau Minister, Sie sagten beim Hearing zum Kinderrechte-Volksbegehren, Familien gehörten ins Zentrum Ihrer Politik, und es brauche Lösungen, die nahe an den Wünschen der Familien seien: Ja, Frau Minister, da geben wir Ihnen eindeutig recht – aber Sie müssen schon auch vom Reden ins Tun kommen, denn Familien wünschen sich und brauchen unbedingt eine Überarbeitung des Kinderbetreuungsgeldes!
Es braucht eine einfache Antragstellung, es braucht
bürgerfreundliche Unterstützung dabei, es braucht eine raschere
Bearbeitung, und es braucht vielleicht auch eine Bevorschussung, denn das ist
zurzeit zu kompliziert
und dauert zu lange. Das kann auch passieren aufgrund zeitlich verspäteter
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, weil Stempel fehlen, das Datum nicht exakt
eingehalten wurde oder die E-Mail-Adresse nicht korrekt ist, diesen Fall
haben wir sicherlich alle verfolgt. All das führt zu Rückzahlungen
oder zur Einstellung des Bezuges. – Österreich wollte
einmal das kinderfreundlichste
Land Europas werden, so wird das nicht
gelingen! (Beifall bei der FPÖ.)
12.06
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler zu Wort gemeldet. – Bitte.
12.06
Abgeordnete
Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte
Kollegen und Kolleginnen! Ja, die Härtefälle beim
Kinderbetreuungsgeld stellen für die betroffenen
Familien eine enorme finanzielle Belastung dar, und ja, diese Lücken gilt
es zu schließen. Ich bin daher froh über den Antrag zum
einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld, auch wenn wir dieses
Thema bei den Verhandlungen zur Vereinbarkeitsrichtlinie schon auf dem Radar
hatten.
Es darf nämlich nicht sein, dass sich die geltenden
Regelungen negativ auf die Vereinbarkeit und die Aufteilung bei der
Kinderbetreuung auswirken. In
einer modernen Welt, in der Gleichberechtigung und Chancengleichheit unsere
Ziele sein müssen, müssen wir uns eingestehen, dass wir noch einen
weiten Weg vor uns haben, insbesondere, wenn es um die
Verteilung der sogenannten Carearbeit, also der unbezahlten Arbeit wie
Hausarbeit oder Kindererziehung, geht.
Es gibt aber auch abseits der Sorgearbeit noch eine Arbeit,
die für vollkommen selbstverständlich gehalten wird, eine Arbeit, die
niemand sieht. Wenn
ich jetzt davon spreche, werden wahrscheinlich einige Mamas hier im Saal mit
dem Kopf nicken, es geht um den sogenannten Mental Load, also darum,
das Familienleben im Kopf managen zu müssen: Mama, wo ist die Jause? Mama,
ist meine Jean schon gewaschen? Zahnarztkontrollen müssen ausgemacht,
Geschenkideen überlegt werden. Was mache ich zum Abendessen, was muss ich
alles für den Schulausflug packen? Es ist die unsichtbare Arbeit, dass
Mamas immer alles im Kopf haben müssen, während sie nebenbei die
tatsächliche Arbeit erledigen.
Das ist so, als hätte man einen Browser mit ganz vielen Tabs offen, dazu kommen ständig neue Tabs, und man kann sie nicht schließen. Es ist eine unendlich lange To-do-Liste, es ist eine Never-ending Story, die man permanent im Hinterkopf hat, die man mit sich herumschleppt und eigentlich nicht loswird.
Das Unfaire dabei ist: Das ist unsichtbare Arbeit, die alle
für selbstverständlich halten und die niemand sieht, außer
irgendetwas funktioniert einmal nicht.
Es fällt immer erst dann auf, wenn irgendetwas nicht da ist, wenn
irgendetwas nicht funktioniert. Alles soll reibungslos ablaufen –
und wenn dann irgendetwas nicht funktioniert, ist natürlich die
Mama dafür verantwortlich. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. –
Abg. Loacker: Eine wenig emanzipierte Rede ist das!)
Es geht da nicht nur um fehlende Wertschätzung, sondern
auch darum, dass wir uns dieser unbezahlten Arbeit – und das ist
eine Heidenarbeit! – überhaupt einmal bewusst werden. Es geht
darum, dass diese Arbeit, die oft unbemerkt bleibt oder als nicht der
Rede wert abgestempelt wird, sichtbar gemacht wird. Die ständige mentale
Belastung und die Erwartungen, wie eine gute Mutter zu sein hat, können
nämlich zu Ermüdung und Überforderung führen. Nicht selten
tappt man dann auch noch in die Perfektionsmusfalle und
kümmert sich um alle anderen, vergisst dabei aber auf sich selber. Es geht
bei der fairen Aufteilung zwischen Mann und Frau auch um die Verantwortungsaufteilung
dieser unsichtbaren Arbeit.
Mental Load ist nicht nur psychisch belastend, sondern hat
auch Auswirkungen auf die Chancengleichheit von Frauen im Berufsleben, denn
diese zusätzliche Verantwortung und Belastung kann
Karrierechancen einschränken und zu einer ungleichen beruflichen
Weiterentwicklung führen. Genau deshalb
ist es wichtig, Verantwortung fair zu verteilen, ohne Schuldzuweisungen, ohne
Vorwürfe; einfach nur, weil es gerecht ist, einfach nur, weil Frauen die
gleichen Chancen verdient haben, einfach nur, weil eine gerechte Gesellschaft
selbstverständlich sein sollte, und einfach nur, weil wir das
Jahr 2023
haben und es schlichtweg an der Zeit ist. (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.10
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard zu Wort. – Bitte.
12.11
Abgeordneter
Michael Bernhard (NEOS): Frau
Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Zuseherinnen und
Zuseher! Ich fühle mich als Jungvater
von Frau Kollegin Neßler nicht richtig angesprochen, fast schon
diskriminiert, denn Mental Load existiert natürlich, aber es gibt ganz,
ganz viele sehr unterschiedliche Formate, in denen Familien zusammenleben und
auch gemeinsam Verantwortung übernehmen, und ich finde es etwas
moralisierend
(Abg. Neßler: Heißt nicht, dass Väter das nicht
machen! Aber die Hauptverantwortung ...!), weil wir ja
tatsächlich in dieser Debatte darüber reden, ob wir
aus staatlicher Sicht die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, dass beide
gleich gut Verantwortung übernehmen können; und da ist es im
Moment so, dass das eben noch nicht richtig funktioniert.
Es hat von NEOS-Seite zwei konkrete Anträge gegeben,
die abgelehnt worden sind. Sie sind sehr leicht zu beschreiben. In dem einen
geht es darum, dass
wir das Kinderbetreuungsgeld dahin gehend reformieren wollen, dass ein Elternteil
eine Pauschale als Kinderbetreuungsgeld nehmen kann und der:die
andere ein einkommensabhängiges. Dass es in Summe natürlich nicht
mehr sein darf, als andere haben, ist klar, aber das würde
ermöglichen, dass der
eine oder die andere länger und der zweite Elternteil dann kürzer,
aber mit einem höheren Einkommen zu Hause bleibt. Das entspricht
stärker der Lebensrealität, als dass sich zwei auf ein Modell einigen
und sich dann auch langfristig daran halten müssen. Das zeigt das Leben.
Die andere konkrete Forderung,
die wir in einen Antrag gepackt und im Familienausschuss auch versucht
haben für die Familien in Österreich durchzubringen, ist, dass
Elternteile länger gleichzeitig zu Hause bleiben können. Mir ist
klar – auch uns als NEOS ist klar –, dass die Intention
ursprünglich war,
dass man Geld dafür bekommt, dass das Kind zu Hause statt im Kindergarten
betreut wird. Die Idee, dass Eltern einerseits das Kinderbetreuungsgeld
auch gemeinsam im selben Zeitraum kürzer beziehen können –
aber länger, als es derzeit der Fall ist –, und auch mit
Unterbrechungen, ist ebenfalls
einem modernen Familien- und Erwerbsleben geschuldet. Es geht darum, dass Eltern stärker für sich konzipieren können, wie sie das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen können.
Die Regierungsfraktionen haben
im Ausschuss dagegen gestimmt und werden das auch heute. Es gibt hier ein
klares Commitment vonseiten der ÖVP
und der Grünen, dass es nicht erwünscht ist, dass Eltern gemeinsam
einen längeren Zeitraum zu Hause sein können und dann auch
schneller gemeinsam wieder in die Erwerbstätigkeit
zurückkommen, und es ist anscheinend auch nicht erwünscht, dass man
das Kinderbetreuungsgeld so flexibel gestaltet,
dass der eine Elternteil ein pauschales und
der andere Elternteil ein einkommensabhängiges hat. Das sind
aber unsere Anreize. Wir wollen ein Familienbild ermöglichen,
das zu Hause und nicht durch den Staat definiert wird, und dafür braucht
es Familienleistungen, die alles offen lassen, und das ist derzeit leider
nicht der Fall. (Beifall bei den NEOS.)
Zu den beiden Anträgen, von
denen einer im Familienausschuss angenommen und einer abgelehnt worden ist,
eine kurze Stellungnahme von unserer
Seite: erstens zum Antrag der Kolleginnen Mühlberghuber und Rosa Ecker, in
dem es darum geht, dass eine Härtefallregelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
gefunden wird. Die Kollegin hat im Familienausschuss sehr klar Szenarien
von Härtefällen aufgezeigt, wo Hinterbliebene plötzlich
mit einer schlimmen Situation konfrontiert sind. Für solche Fälle brauchen
wir eine bessere Lösung. Das werden wir heute gerne hier im
Plenum unterstützen.
Im Antrag von Frau Kollegin
Wimmer wird gewünscht, dass wir den Beobachtungszeitraum für das
Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen
Kinderbetreuungsgeld erweitern. Das sehen wir kritisch, deswegen wollen wir da
heute auch nicht zustimmen, einfach aus dem Grund, dass das
einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld ja aus der
Logik heraus besteht, dass jemand aus einer Tätigkeit heraus
ungekündigt in ein
einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld geht und dann auch wiederum zurück in diese Tätigkeit kann. Das würde der Logik widersprechen, und daher gibt es von unserer Seite keine Zustimmung.
Insgesamt – und damit schließe ich – zeigen diese zahlreichen Anträge im Familienausschuss, dass es beim Kinderbetreuungsgeld maßgeblichen Reformbedarf gibt, nämlich dass man mehr Möglichkeiten, aber auch mehr Anreize für die Eltern schafft, kürzer in Karenz zu gehen und rascher in die Erwerbstätigkeit zurückzukommen. Der Reformbedarf ist klar, und wir erwarten von der Frau Ministerin, dass sie zeitnah konkrete Vorschläge liefert. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
12.15
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Ministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin
für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr.
Susanne Raab: Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und
Zuseher! Eingangs
möchte ich mich ganz herzlich bei den Abgeordneten für die gute
Zusammenarbeit im Familienausschuss bedanken. Viele Ideen, Anregungen, die
die Bürgerinnen und Bürger an Sie alle herantragen, werden im
Familienausschuss debattiert, und viele davon haben wir auch in den letzten
Jahren aufgenommen und folglich haben sie auch Eingang in
Gesetzesreformen gefunden.
Wenn man das Kinderbetreuungsgeld betrachtet, so ist schon
klar, dass Österreich innerhalb der gesamten Union eines der
großzügigsten Kinderbetreuungsgeldsysteme hat, sowohl was die
Höhe als auch was die Dauer betrifft.
Man kann sicherlich über vieles beim Kinderbetreuungsgeld sprechen, aber
klar ist, dass es unfassbar flexibel ist. Es bietet für alle
möglichen Lebenssituationen Möglichkeiten. Man kann das
Kinderbetreuungsgeld alleine, zu zweit, zu gleichen Teilen, zu
unterschiedlichen Teilen in Anspruch nehmen, man
kann es pauschal beziehen, man kann es einkommensabhängig beziehen, es
gibt
zig Wahlmöglichkeiten, die natürlich am Ende des Tages auch ein gewisses komplexes System bedeuten, weil sich die Familien damit auseinandersetzen müssen, welches Modell jenes ist, das für ihre Familie am besten passt. Sie bedeuten aber eben auch, dass wir die Wahlfreiheit und die Wahlmöglichkeit für die Familien durch dieses flexible Modell sicherstellen.
Das schätzen die Eltern auch, das zeigen auch unsere
Erhebungen. Jüngst hat eine Erhebung vom Österreichischen
Institut für Familienforschung gezeigt,
dass die Eltern mit dem System des Kinderbetreuungsgeldes sehr zufrieden sind,
aber wir wollen natürlich immer schauen, wo wir uns noch verbessern
können, und wie gesagt, das haben wir in den letzten Jahren mit Ihrer
Hilfe auch getan.
Wir haben ja zusätzlich zur Valorisierung des
Familienzeitbonus und des Kinderbetreuungsgeldes, was ein historischer
Meilenstein ist, auch noch weitere Maßnahmen gesetzt. Beispielsweise entfällt
für Geburten ab 1. Jänner 2023
die Anrechnung des Familienzeitbonus auf ein vom Vater später bezogenes Kinderbetreuungsgeld.
Dadurch fällt eine Hürde für Familien, und die Väterbeteiligung
wird hoffentlich auch gestärkt. Außerdem gibt es
seit 2023 eine Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim KBG-Konto, beim
einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und bei der Beihilfe.
Ganz wichtig war in der Debatte, dass das Kinderbetreuungsgeld
immer auch mit der Familienbeihilfe zusammenhängt, und das hängt
wiederum mit dem
Mutter-Kind-Pass zusammen. Wir haben jetzt die Digitalisierung des
Mutter-Kind-Passes, neu: Eltern-Kind-Pass, beschlossen, und das wird dazu
führen, dass wir auch Reibungsverluste im Prozess ausmerzen
können, weil die Daten auch automatisch geteilt werden und es so
einfach zu einer unbürokratischen Abwicklung des
Kinderbetreuungsgeldes kommen wird. Also auch hier: Durch die Digitalisierung
erhoffen wir uns einen Fortschritt in der operativen Abwicklung. –
Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Grünen.)
12.18
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Maximilian Köllner zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Maximilian Köllner, MA (SPÖ):
Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Im Namen von Kollegen Alois
Schroll darf ich zunächst die Lehrlinge von der Austrian Power Grid hier
im Hohen Haus begrüßen! (Allgemeiner Beifall.)
Nun aber zurück zum Kinderbetreuungsgeld: Ich glaube, allein die Anzahl der Anträge, die im letzten Familienausschuss eingebracht wurden, zeigt unmissverständlich, dass eine Reform beim Kinderbetreuungsgeld unausweichlich ist. Es gab insgesamt acht Anträge der Opposition, die allesamt dasselbe Ziel verfolgen, nämlich Erleichterungen und Verbesserungen für Familien. Die Anzahl der Anträge stützt sich auch auf die steigende Anzahl von Beschwerden von Eltern.
Laut einer aktuellen Umfrage der Arbeiterkammer sind 60 Prozent mit der Bürokratie beim Kinderbetreuungsgeld unzufrieden; und es gibt auch zahlreiche Anrufe betroffener Eltern, die an familienfeindlichen Hürden verzweifeln.
Frau Ministerin, Sie kennen
mittlerweile sicherlich einige dieser Härtefälle, und ich glaube, da
ist es nicht mehr so flexibel, wie Sie gerade gesagt haben.
Es gibt Familien, die seit acht langen Jahren auf das Kinderbetreuungsgeld warten
müssen, die in zwei Instanzen Recht bekommen haben, die Behörde
hat aber erneut Rechtsmittel eingelegt. Frau Kollegin Wimmer hat das angesprochen.
Es gibt aber auch Unklarheiten bei den Zuverdienstregeln, Probleme
im Zuge von Ummeldungen des Wohnsitzes, Missstände im Umgang
mit dem Mutter-Kind-Pass und vieles mehr. Allzu oft führen diese Probleme
natürlich auch zu unmittelbaren, inkulanten und oft auch unfairen
Rückforderungen. Das ist natürlich auch auf
den Weisungskatalog des Familienministeriums zurückzuführen, der
sehr streng ist und eine wenig soziale Rechtsanwendung vorschreibt.
Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Gesundheitskasse können da natürlich
nicht wirklich proaktiv und versichertenfreundlich beraten. Wenn man
dann noch hört, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei solchen
Härtefällen eine kundenfreundliche Entscheidung treffen
möchten, von Mitgliedern des Familienministeriums bei der
Staatsanwaltschaft angezeigt werden, dann ist das, glaube ich, ein weiteres trauriges
Indiz dafür, dass da großer Handlungsbedarf besteht. Das
heißt, was wir brauchen, ist eine schnelle Entbürokratisierung.
Wir brauchen eine schnelle Beseitigung von Fallstricken
bei der Gesetzesvollziehung und wir benötigen vor allem Ihren raschen Willen,
sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und
Grünen, die gesetzlichen Grundlagen dahin gehend zu verbessern und damit
auch familienfreundlicher zu handeln. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich glaube, die Familien haben aufgrund der Teuerungswelle ohnehin schon genug zu kiefeln – dafür ist sicher auch Ihre Untätigkeit bei der strukturellen Bekämpfung der Teuerung verantwortlich –, und da brauchen sie nicht noch zusätzliche Hürden. Seitens der Opposition, von allen Oppositionsparteien wurden genug Vorschläge eingebracht. Sie müssen nichts anderes tun, als diese endlich einmal umzusetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
12.22
Präsidentin
Doris Bures: Nun gelangt Herr
Abgeordneter Christian Ries
zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Christian Ries (FPÖ): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister!
Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Jenen, die
heutzutage in Österreich Kinder in die Welt setzen, denen verdanken wir
eigentlich unsere Zukunft, denn eine Zukunft ohne Kinder
gibt es schlichtweg für eine Gesellschaft nicht. (Beifall bei der FPÖ
sowie des Abg. Wöginger.)
Leider ist es vielen Paaren aus organischen Gründen
nicht möglich, Eltern zu werden; umso mehr müssen wir uns um jene
Paare kümmern, die das
können und die das auch sollen, und die vielleicht Zweifel haben, ob sie
das wirtschaftlich schaffen können. Kinder sind – und da
sollten wir uns überfraktionell einig sein – nicht nur eine
Bereicherung für die Eltern, sie sind auch so etwas wie eine Überlebensgarantie
für die Gesellschaft. Daher
ist es, werte Damen und Herren, für unsere
Gesellschaft schlicht überlebenswichtig, dass wir Rahmenbedingungen
und Voraussetzungen schaffen,
die Kinderreichtum in Österreich begünstigen.
Wir wissen, unsere demografische Entwicklung in
Österreich ist alles andere als günstig. In naher Zukunft werden die
letzten Jahrgänge der Babyboomergeneration in Pension gehen. Dazu
kommt, dass geburtenschwächere Jahrgänge im Aktivstand das
Sozialsystem und das Pensionssystem absichern müssen
und dass das Berufseintrittsalter immer weiter steigt. Das ist so. Ich halte
diese Entwicklung für unsere Gesellschaft für weit bedrohlicher als
andere
Szenarien, die in düsteren Farben an die Wand gemalt oder auf den Boden
geklebt werden.
Eines muss uns schließlich auch klar sein: Wenn wir
unser System sichern wollen, werden wir wohl nicht mehr an der Steuerschraube
drehen können. Bis zum 15. August jedes Jahres arbeiten Herr und Frau
Österreicher schon
für den Finanzminister und erst dann für den eigenen Haushalt. Das
ist gegenwärtig schon zu viel und da gibt es keinen Spielraum nach
oben. Das halte
ich für ausgeschlossen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Daher ist für uns die
Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Eltern ein Muss und das einkommensabhängige
Kinderbetreuungsgeld ist eine Variante
davon. Es wurde schon gesagt, dass es – etwa durch einen
Schicksalsschlag – dazu kommen kann, dass von zwei Elternteilen nur
noch einer übrig ist,
an dem dann alles hängen bleibt: Dieser muss dann die wirtschaftliche
Sicherheit und die Kinderbetreuung gewährleisten. Während es beim
pauschalierten Kinderbetreuungsgeld möglich ist, eine
Härtefallregelung in Anspruch
zu nehmen, gibt es diese beim einkommensabhängigen nicht. Daher haben wir
uns entschlossen, dass das repariert werden muss, und wir haben im
Februar einen Antrag dazu eingebracht.
Was ist passiert? –
Im März wurde der Antrag von den Regierungsfraktionen vertagt; und im Juni
wäre dieser Antrag vermutlich auch wieder vertagt
worden, wäre da nicht eine Geschäftsordnungspanne im Ausschuss
passiert. Wenn Kollegin Neßler sagt, Sie hatten es schon am Radar, dann
seien Sie ehrlich: Sie hatten es am Vertagungsradar und sonst nirgends! (Beifall bei der FPÖ.)
Nur weil Ihnen dieser Lapsus im Ausschuss passiert ist, haben wir diesen Punkt
heute auf der Tagesordnung.
Wenn schon die
Volksanwaltschaft sagt, dass der Inhalt dieses Antrages zu unterstützen
ist, weil die Härtefallregelung jedem zugutekommen muss,
dann frage ich mich: Warum bedarf es erst einer Geschäftsordnungspanne im
Ausschuss, damit sich die ÖVP wieder auf Werte wie den Schutz der
Familie besinnt? (Ruf bei der ÖVP: Na, na, na, na!) –
Ja, das frage ich mich, lieber Kollege. Bei den Grünen frage ich mich das
nicht, denn die sind hier im
Haus eher eine nachwuchstechnische Sahelzone, die haben andere
Prioritäten. (Beifall bei der
FPÖ.)
Werte Damen und Herren! Wer nicht wie Karl Marx oder seine Bewunderer – und die soll es auch noch geben – der Meinung ist, dass man Kinder möglichst rasch den Eltern entziehen muss (Ruf bei den Grünen: Was genau ...?), der darf sich da einer Zustimmung nicht verwehren, denn die elterliche Fürsorge in den ersten Lebensjahren ist einfach unersetzlich. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kucharowits: 2023 ...! Das ist ja unfassbar! Ist ja unfassbar, oder?!)
12.27
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 2063 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Rosa Ecker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Reform des Kinderbetreuungsgeldes“.
Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3,
die dem Ausschussbericht 2064 der Beilagen angeschlossene Entschließung
betreffend „Härtefall-Regelung
beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen. (326/E)
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 2065 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 2066 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
6. Punkt
Bericht des
Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2048 d.B.):
Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Zweckzuschüsse an
Länder und Gemeinden für die Durchführung der
Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und ein Bundesgesetz,
mit
dem Übergangsbestimmungen für das COVID-19-Maßnahmengesetz
getroffen werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetz,
das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1998,
das Psychotherapiegesetz, das Sanitätergesetz, das Gehaltsgesetz 1956,
das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundesgesetz, mit dem zur
Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung
der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über
Bundesvermögen erteilt werden, geändert werden
(COVID-19-Überführungsgesetz)
(2054 d.B.)
7. Punkt
Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (2055 d.B.)
8. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2053 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (2057 d.B.)
9. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3216/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Auflösung der Covid-19-Impfbeschaffungsverträge mit dem Pharmakonzern Pfizer (2058 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 9, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus!
Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause! Sehr geehrter
Herr Bundesminister! Durch das Covid-19-Überführungsgesetz
werden zahlreiche Regelungen, die während der Pandemie
eingeführt wurden, wieder zurückgenommen. Das ist grundsätzlich
gut so. Aus unserer Sicht greift es jedoch etwas zu weit, weil es nach wie vor
Risikogruppen gibt, deren
Leben durch Ansteckung mit Covid-19 in höchstem Maß gefährdet
ist. Es gibt Menschen, die nach wie vor mit Covid-Erkrankungen auf Intensivstationen liegen.
Insbesondere, Herr Minister,
ist die Abschaffung der kostenlosen Testungen nicht gerechtfertigt. Es gibt
leider nach wie vor Gruppen, die von einer Coronaerkrankung besonders betroffen
wären. Um auch ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu
ermöglichen, sollten zumindest für
die vulnerablen Gruppen Testungen weiterhin gratis angeboten werden.
Kritik zu diesem
Überführungsgesetz kommt auch aus den Ländern, die sich
eigentlich für die Impfungen nicht zuständig erklären. Die
Impfungen
sind nach wie vor von den Sozialversicherungen durchzuführen. Dazu kommt
natürlich auch, dass der Kostenersatz für die Impfungen von
20 Euro
pro Impfung aus Sicht der Länder zu gering ist. Außerdem fehlen den
Ländern entsprechend gleiche Kostenersatzregelungen für die KFAs.
Eine niedergelassene
Ärztin aus Niederösterreich, eine Ärztin, die sehr viel Erfahrung
mit Covid-Patienten gesammelt hat, beschreibt das in einer Stellungnahme
wie folgt: „der vorliegende Gesetzesentwurf“ ist „zu
unbesorgt.“ Man weiß mittlerweile, „dass wiederholte
Infektionen“ mit Covid „weitere Zerstörung im
Körper anrichten, im Immunsystem, in den Gefäßen, in vielen
Organen“. Das „Überbordwerfen aller Vorsicht“ ist
gerade für Risikogruppen
„eine allzu gewagte Haltung.“ – Deswegen werden wir
diesem Entwurf nicht zustimmen.
Herr Minister, es wäre jetzt auch an der Zeit, ein zeitgemäßes Epidemiegesetz in Angriff zu nehmen und die Erfahrungen aus der Epidemie in Zusammenarbeit mit Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen in ein entsprechendes Gesetz zu gießen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen
und auch Herr Bundesminister! Weil wir heute so viel über Reformen
gesprochen haben, hätte ich auch eine Bitte aus
unserer sozialdemokratischen Parlamentsfraktion: Nehmen Sie diese schwarz-blaue,
katastrophale Sozialversicherungsreform wieder zurück (Beifall bei
der SPÖ), die die Krankenversicherungsträger – vor
allem die Österreichische Gesundheitskasse, in der die Landesstellen der
Österreichischen Gesundheitskasse nichts zu sagen haben, keine
Kompetenzen haben – in Wirklichkeit lähmt! Schluss mit dieser
Fremdverwaltung von Arbeitnehmer:innengeldern! Es ist
höchst an der Zeit, dass die Arbeitnehmer ihre Kasse wieder selbst
verwalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben gestern gesehen,
wohin das führt, nämlich, dass der ÖVP-Wirtschaftsbund im
Verwaltungsrat der ÖGK bei den zusätzlichen Kassenarztstellen
dagegengestimmt hat (Abg. Singer: Stimmt nicht! –weitere
Zwischenrufe bei der ÖVP), wie das die ÖVP immer wieder tut.
(Beifall bei der SPÖ.) Seit 35 Jahren sitzt die ÖVP in
der Regierung und blockiert alles, was etwas dazu beitragen kann,
dass dieser Staat etwas moderner wird. (Abg. Gerstl: Immer
wieder falsch!) Ob das im Bildungsbereich ist, im Gesundheitsbereich ist,
egal was
es ist: ihr blockiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gerstl: Es wird nicht wahrer! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesundheitsversorgungspaket“
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der ein Gesundheitsversorgungspaket mit folgenden Schwerpunkten umgesetzt wird:
- Rückabwicklung des mit dem Sozialversicherungs-Organisationsgesetz erfolgten Entzuges der finanziellen Mittel für die ÖGK und Schaffung eines Risikostrukturausgleichs zwischen den Krankenversicherungsträgern, um die Leistungsharmonisierung und den Leistungsausbau zu finanzieren
- Ausschüttung der versprochenen Patientenmilliarde in
Tranchen zu je 200 Millionen Euro für fünf Jahre und von
mindestens einer halben Milliarde jährlich im Zuge des Finanzausgleichs,
um die ambulante Versorgung
der Bevölkerung sicherzustellen
- Veränderung der
Aufnahmekriterien zum Medizinstudium und Bevorzugung
bei der Erlangung eines Studienplatzes, gekoppelt an die Verpflichtung, nach
der Ausbildung im öffentlichen
Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein
- das „Modell Landarztquote“ aus Deutschland soll für Österreich adaptiert und eingeführt werden
- Verdoppelung der Medizinstudienplätze und
entsprechendes Budget
für die Universitäten.
*****
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
12.35
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Rudolf Silvan,
Genossinnen und Genossen
betreffend Gesundheitsversorgungspaket
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des
Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2048 d.B.):
Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Zweckzuschüsse an
Länder und Gemeinden für die Durchführung der
Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und ein Bundesgesetz,
mit dem Übergangsbestimmungen für das COVID 19-Maßnahmengesetz
getroffen werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und
Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das
Ärztegesetz 1998, das Psychotherapiegesetz, das Sanitätergesetz, das
Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das
Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des
Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur
Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert
werden (COVID-19-Überführungsgesetz) (2054 dB)
Die Gesundheitsversorgung der österreichischen
Bevölkerung ist in den letzten fünf Jahren um vieles schlechter
geworden. Patientinnen und Patienten spüren
die Auswirkungen tagtäglich. Kein/e Hausarzt/Hausärztin in der
näheren Umgebung, weite Anfahrtswege, lange Wartezeiten auf
Fachärzt:innentermine, Medikamentenengpässe.
Was tut die Regierung: ankündigen! Von 100
zusätzlichen Kassenstellen noch 2023 ist da zu hören, von insgesamt
500 Kassenstellen und 121 Primärversorgungseinheiten bis Ende 2024,
von höheren Honoraren in den Ärzteverträgen
und 100 Mio. Euro Förderungen. Doch wie soll das alles umgesetzt werden,
woher sollen die zusätzlichen finanziellen Mittel für die
Sozialversicherung kommen, Arzthonorare und zusätzliche Kassenstellen sind
Aufgabe der Selbstverwaltung - will die Regierung die Selbstverwaltung in der
Sozialversicherung ausschalten? Die Antworten bleibt die Regierung wieder
einmal schuldig.
Höhere Honorare, zusätzliche Kassenstellen, deutlich mehr Primärversorgungseinrichtungen – all das kostet der Krankenversicherung viel Geld.
Mit dem
Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) wurde 2018 eine
unterfinanzierte ÖGK geschaffen und der Krankenversicherung enorme
finanzielle Mittel entzogen. Es wurde eine Patient:innenmilliarde und eine
Leistungsharmonisierung über alle Träger versprochen. Beides
wurde bisher nicht eingelöst, es wurden noch nicht einmal die Grundlagen
in Form eines Risikoausgleichs zwischen den Krankenversicherungen
aufgestellt. Der Risikoausgleich zwischen den Trägern ist mittlerweile
in allen umliegenden Ländern Standard. Zuletzt hat sich
mit der Corona-Krise die ungleiche Verteilung weiter verstärkt. Hier ist
die Regierung säumig, die Rahmenbedingungen für eine langfristig gut
abgesicherte
Finanzierung der Krankenversorgung zu gewährleisten.
Der Krankenversicherung
werden bis 2024 insgesamt rund 600 Mio. Euro entzogen. Darin enthalten sind
weniger GSBG-Mittel im Ausmaß von 174 Mio. Euro und
mehr Zahlungen an die Privatkrankenhäuser im Ausmaß von 65 Mio.
Euro. Zusätzlich wird die Beitragssatzsenkung der Unfallversicherung zu
Lasten der Krankenversicherung finanziert, indem der Pauschbetrag von rund
500 Mio. Euro auf 140 Mio. Euro reduziert wird. Um die Finanzierbarkeit der
ÖGK sicherzustellen, müssen
die entzogenen Mittel rückerstattet werden, dabei geht es noch gar nicht
um die angekündigten zusätzlichen Kassenstellen und höheren
Honorare.
Eine Kassenvertragsstelle
kostet im Jahr im Durchschnitt etwa 400.000 Euro. Bei 100 zusätzlichen
Stellen wären das bereits 40 Mio. Euro jährlich. Dabei sind
noch keine höheren Honorare enthalten. Für 500 zusätzliche
Kassenärzte sind das 200 Mio. Euro jährliche Mehrkosten. Wird die
Regierung den Krankenversicherungsträgern diese Kosten ersetzen? Und
woher werden die zusätzlichen Ärzte und Ärztinnen kommen? Es
können derzeit schon nicht alle Kassenstellen
besetzt werden.
Effektive Maßnahmen gegen den Ärztemangel, die versprochene Leistungsharmonisierung und ein Leistungsausbau sind erforderlich um die Gesundheitsversorgung der Menschen in Österreich wieder zu verbessern.
Es braucht daher ein
Gesundheitsversorgungspaket, das die Übernahme von neuen Leistungen wie
bspw. Erwachsenen-Impfprogramm, neue Vorsorgeleistungen
und innovative Therapien finanzieren soll. Der Ausbau der ambulanten Versorgung
muss damit ebenfalls unterstützt werden. Primärversorgungseinheiten,
multidisziplinäre Ambulatorien, psychosoziale Versorgung und
entwicklungsdiagnostische Ambulanzen müssen ausgebaut werden.
Der Ärztemangel muss an der Wurzel bekämpft werden. Es müssen die Aufnahmekriterien zum Medizinstudium verändert werden. Soziale Kompetenzen, Einbeziehung von Vorerfahrungen, z.B. pflegerische Ausbildung/Tätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeit im Gesundheitsbereich müssen eine entsprechende Bewertung erfahren. Die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein, muss zu einer Bevorzugung für die Erlangung eines Studienplatzes führen. Das „Modell Landarztquote“ aus Deutschland soll für Österreich adaptiert und eingeführt werden. Zusätzlich müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden.
Nur so kann die Versorgung für die Versicherten auf
dem bisherigen hohen Niveau weiter bereitgestellt und weiterentwickelt werden.
Der Bund soll dafür rund
eine halbe Milliarde Euro jährlich im Rahmen des Finanzausgleichs zur
Verfügung
stellen. Nachdem die durchgeführte Senkung der Körperschaftssteuer jährlich rund eine Milliarde Euro kostet, kann die Finanzierung dieses Paketes wohl kein Problem darstellen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der ein Gesundheitsversorgungspaket mit folgenden Schwerpunkten umgesetzt wird:
• Rückabwicklung des mit dem SV-OG erfolgten Entzuges der finanziellen Mittel für die ÖGK und Schaffung eines Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern um die Leistungsharmonisierung und den Leistungsausbau zu finanzieren
• Ausschüttung
der versprochenen Patientenmilliarde in Tranchen zu je
200 Mio. Euro für 5 Jahre und von mindestens einer halben Milliarde
jährlich im Zuge des Finanzausgleichs um die ambulante Versorgung der
Bevölkerung sicherzustellen
• Veränderung
der Aufnahmekriterien zum Medizinstudium und Bevorzugung bei der Erlangung
eines Studienplatzes gekoppelt an die Verpflichtung, nach
der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre
tätig zu sein
• Das
„Modell Landarztquote“ aus Deutschland soll für
Österreich adaptiert
und eingeführt werden
• Verdoppelung der Medizinstudienplätze und entsprechendes Budget für die Universitäten.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.
Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich berichtige tatsächlich: Mein Vorredner hat behauptet, dass im Verwaltungsrat gestern eine Abstimmung stattgefunden hat und die ÖVP beziehungsweise der Wirtschaftsbund oder die Dienstgeberkurie hätte gegen die 100 zusätzlichen Kassenstellen gestimmt. – Das ist unrichtig.
Richtig ist: Dieser Antrag wurde nicht fristgerecht
eingebracht, deshalb gab es gar keine Abstimmung. Es gibt auch eine OTS
dazu. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP. – Abg. Steinacker: ... einmal
nachdenken! – Abg. Hörl – in Richtung SPÖ –: ... Klubobmann soll
einmal ein bissl Ordnung hineinbringen da drüben!)
12.36
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen hier im Haus auf der Galerie
beziehungsweise zu Hause vor den Bildschirmen! Wir verhandeln hier vier
Tagesordnungspunkte unter einem und,
wie es halt so oft auch in der Vergangenheit war, beschäftigt sich eben
einer davon mit Covid. Wir sind in der letzten Phase der Pandemie, ich glaube,
darüber sind wir uns alle miteinander einig. Die WHO selbst hat ja
auch den Gesundheitsnotstand für beendet erklärt. Dementsprechend
müssen wir uns eben anschauen, wie wir mit der Gesetzgebung, mit den
Maßnahmen weiter umgehen wollen.
Was sich nicht ausgehen wird, ist, im Endeffekt einfach von
heute auf morgen alles abzustellen, abzuschaffen – so, wie es
wahrscheinlich nachher die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei
fordern werden, sondern wir brauchen schon auch weiterhin noch ein gewisses
Sicherheitsnetz, um
auf der sicheren Seite zu sein. Weil die WHO ja auch sagt: Der Gesundheitsnotstand
mag zwar vorbei sein, aber Corona – und das wissen wir alle miteinander – ist
weiterhin eine entsprechende Bedrohung, wir müssen uns auch weiterhin
dementsprechend damit auseinandersetzen und unser Gesundheitssystem und
die Menschen in diesem Gesundheitssystem davor schützen.
So, wie es halt auch in der Vergangenheit war, gilt auch dieses
Mal der Grundsatz: So viel wie notwendig, so wenig wie möglich. Daher
werden wir heute neue Rahmenbedingungen beschließen. Es wird weiterhin
die Möglichkeit geben, zum Arzt, zur Ärztin impfen zu gehen. Die
Länder können auch entsprechende Impfstraßen aufziehen, wenn
die Notwendigkeit aufgrund stärkerer Ausbrüche oder einer
Überlastung im niedergelassenen Bereich
besteht. Es wird bei Symptomen, bei Verdachtsfällen weiterhin Tests geben,
und wir sichern auch die Versorgung mit Covid-Medikamenten ab, damit Menschen auch
weiterhin im Falle einer schweren Covid-Erkrankung bestmöglich mit
Medikamenten versorgt sind. (Beifall bei den Grünen.)
Was natürlich auch bleibt: Die Surveillance, sprich:
die Virusüberwachung, bleibt aufrecht. Wir wollen ja wissen, wie sich der
Virus bei uns in Österreich verbreitet, welche Varianten vorherrschend sind.
Das alles bleibt natürlich auch weiterhin aufrecht. So zu tun, als ob wir
da jetzt gänzlich schutzlos in die nächsten Monate hineingehen, ist
genauso unrichtig, wie zu behaupten, dass es in den nächsten Monaten keine
Maßnahmen mehr bräuchte. Das sollte
man an dieser Stelle auch einmal klarstellen. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was wir bei diesem Tagesordnungspunkt jetzt auch noch
beschließen werden, ist, dass wir zusätzliche Bestimmungen aus den
Covid-Bestimmungen
des SMG, also des Suchtmittelgesetzes, ins Dauerrecht übernehmen werden.
Das sind sinnvolle, pragmatische Lösungen. Vor allem die Apothekerkammer oder Ärztinnen und Ärzte, aber auch Menschen, die mit Suchtkranken zusammenarbeiten, haben uns nahegelegt, das bitte ins Dauerrecht zu übernehmen. Dem kommen wir mit dem heutigen Beschluss auch gerne nach.
Genauso verhandeln wir hier unter diesem Tagesordnungspunkt
eine Novellierung im Apothekenrecht. Es geht zum einen darum, dass die freie
Apothekenwahl auch in Zukunft mit dem E-Rezept sichergestellt ist. Da hat
es
in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Vorfälle gegeben, bei
denen die freie Apothekenwahl nicht eingehalten wurde, und das widerspricht der
österreichischen Judikatur.
Zum anderen geht es darum, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für Abholstationen bei den Apotheken für vorbestellte rezeptpflichtige Medikamente ermöglichen werden. Das sind gescheite und gute Bestimmungen und sehr pragmatische Lösungen.
Zum Schluss noch, weil es ja den
Antrag der Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der
Beschaffungsverträge für Impfstoffe gibt: Wir haben das sehr
ausgiebig im Ausschuss diskutiert. Der Minister – und ich gehe
davon aus, dass es später noch einen Redebeitrag von ihm dazu geben
wird – hat sehr klar dargelegt, dass es entsprechende
Nachverhandlungen gegeben hat, dass sich da schon einiges getan hat, und dass
man doch auch zur Kenntnis nehmen muss, was da alles bereits erledigt wurde.
Wir haben diesen Antrag daher guten Gewissens ablehnen können, sodass
er eben hier heute diskutiert wird.
In diesem Sinn: Ich wünsche mir eine breite Zustimmung, insbesondere zu den Covid-Übergangsgesetzen. Ich würde Sie darum bitten, dass Sie zustimmen, genauso wie zu den Novellierungen des Suchtmittelgesetzes sowie des Apothekengesetzes. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
12.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich muss mit einer tatsächlichen Berichtigung meines Vorredners anfangen: Abgeordneter Schallmeiner hat gesagt, dass die Novelle des Apothekengesetzes, die heute hier mitbeschlossen werden soll, eine Abholung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln ermöglichen wird. – Das ist nicht der Fall, das wird nur rezeptfreie Arzneimittel betreffen – nicht dass sich da jemand falsche Hoffnungen macht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Schallmeiner.)
Ich möchte aber eigentlich primär auf das Covid-19-Überführungsgesetz
eingehen, das wir heute hier in Diskussion haben. (Abg. Belakowitsch –
in Richtung Abg. Schallmeiner –: Er ist Apotheker!) Das ist eine
große Gesetzesnovelle, und das Positivste, das ich dazu anmerken
kann, ist, dass es
da ein ordentliches Begutachtungsverfahren gegeben hat. Im Rahmen dieses Begutachtungsverfahrens
sind unzählige, sehr profunde Stellungnahmen von den
Stakeholdern eingetroffen, unter anderem vom Verfassungsdienst im
Bundeskanzleramt, 18 Seiten, vom Justizministerium, vom Datenschutzrat, vom
Rechtsanwaltskammertag und von vielen anderen auch.
Leider Gottes sind wir erneut mit der Tatsache konfrontiert, dass nur ein Bruchteil der Forderungen, die im Rahmen der Begutachtung aufgestellt worden sind, und der Kritikpunkte, die da berechtigterweise gebracht worden sind, korrigiert worden ist; sodass wir nach wie vor einen Gesetzentwurf haben, der diesen von uns gewünschten Normalzustand nicht wiederherstellt.
Wir haben weiterhin Parallelstrukturen, zum
Beispiel im Impfwesen, zum Beispiel bei der Arzneimittelabgabe und
-verrechnung. Wir haben verfassungsmäßig zweifelhafte Regelungen bei
den Kostenübernahmen, wir haben zu knappe Fristensetzungen. Wir haben
massive datenschutzrechtliche Bedenken, die
nicht ausgeräumt sind, Herr Bundesminister; und wir haben vor allem ein
Epidemiegesetz, an dem weiter herumgedoktert wird, anstatt es komplett
neu aufzusetzen.
Was ist denn mit dem Epidemiegesetz bisher
passiert? Was haben Sie weiter vor? – Sie haben weitere
Verschlimmbesserungen hineingeschrieben.
Jetzt gilt das Epidemiegesetz, das per definitionem ja nur im Epidemiefall, in Ausnahmesituationen, in Krisenfällen bei
meldepflichtigen Erkrankungen
greifen sollte, auf einmal auch für nicht meldepflichtige
respiratorische Erkrankungen.
Sie haben die Verkehrsbeschränkungen und weitere Auflagen, die Sie der Bevölkerung per Verordnung aufs Auge drücken können, wie zum Beispiel die Maskenpflicht, von Covid-19 auch auf alle anderen meldepflichtigen Infektionskrankheiten ausgedehnt. Das heißt, bei Hepatitis C oder bei HIV können Sie die Menschen jetzt per Verordnung verkehrsbeschränken oder ihnen eine Maskenpflicht aufoktroyieren. Ich frage mich, was das bei diesen Erkrankungen bewirken soll, wo da der inhaltliche Zusammenhang ist. Diese Regelung ist aus meiner Sicht vollkommen überschießend.
Sie haben aber
auch andere Fehler, die von Ihnen in die bisherigen gesetzlichen Regelungen
betreffend Covid-19 hineingeschrieben worden sind, weitergeführt. Es
gibt weiterhin die Möglichkeit einer telefonischen Bescheidzustellung
für die Behörden: Das ist ein vollkommenes rechtliches Unding, dass
ein
Anruf, selbst wenn er quasi nicht persönlich angenommen werden kann, als
Zustellung eines amtlichen Bescheides gilt.
Auch haben Sie sich nach wie vor das Recht auf Amtsrevision eingeräumt, wodurch Sie die Landesverwaltungsgerichte übergehen können. All das sind Dinge, die aus unserer Sicht absolut untragbar sind, und in einem Epidemiegesetz nichts verloren haben.
Sie wissen, wir
haben im Sommer 2020 die Forderung aufgestellt, das Epidemiegesetz
komplett neu aufzusetzen. Wir stehen nach wie vor dafür zur
Verfügung, das mit Ihnen gemeinsam zu machen. Wichtig wäre es, dass
wir dabei klären: Was ist tatsächlich ein Krisenfall? Ab wann tritt
dieses Epidemiegesetz mit all seinen Ermächtigungen und Befugnissen
in Kraft und
wann wird es wieder ausgesetzt?
Diese wesentlichen Punkte finden sich nach wie vor nicht im Gesetzentwurf. Ganz im Gegenteil: Sie dehnen den Geltungsbereich des Epidemiegesetzes immer weiter aus und sorgen dafür, dass es weder vernünftige, konkrete Regelungen für den Notfall gibt, noch dass die Menschen vor einer missbräuchlichen Anwendung dieses Gesetzes geschützt sind, und deshalb lehnen wir es kategorisch ab. (Beifall bei der FPÖ.)
12.45
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Saxinger. – Bitte.
Abgeordneter
Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte
Damen und Herren! Zum Kollegen Silvan und zur SPÖ: Eine falsche Aussage
wird nicht wahrer, wenn man sie wiederholt. (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Belakowitsch: Ja, das stimmt, Herr Kollege! –
Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, heute ist, nach fast drei Jahren Pandemie, ein guter Tag. Wir
können heute endlich einen lang ersehnten Beschluss –
nach sorgfältiger Analyse – in die Tat umsetzen, wir werden die
Covid-19-Sonderbestimmungen mit 30.6. aufheben.
Eine Patientin
hat mich gefragt: Soll man nicht ein bisschen vorsichtiger sein? Ich habe ihr
dann gesagt: Es gibt gute Gründe dafür, warum wir diese Bestimmungen
aufheben. Die Omikronvarianten, die weiterhin vorherrschend sind, sind mild,
wir haben eine gute Grundimmunität, und so ist es einfach schlüssig
und auch sinnvoll, die Sonderbestimmungen nicht weiter zu verlängern. Dazu stehen wir auch, und das ist auch gut so. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Hafenecker.)
Die rechtliche
Sonderstellung von Sars-Cov-2 im Vergleich zu den anderen nicht
meldepflichtigen respiratorischen Krankheiten ist einfach nicht mehr angemessen;
aber, die Kollegen haben es auch schon erwähnt, Covid wird es weiter
geben, und darum ist es auch sinnvoll, einen neuen rechtlichen Rahmen für
die Bereiche Testen, Impfen und Arzneimittel für Covid aufzustellen.
Ich möchte ein paar Punkte aus dem heute zu beschließenden COVID-19-Überführungsgesetz erwähnen: Covid-Tests für die Patientinnen und Patienten wird es bei klinischem Verdacht natürlich weiter geben, nämlich bei niedergelassenen Kassenärzten. Es werden auch die Kostenübernahme für Covid-19-Heilmittel und auch für die Impfungen im niedergelassenen Bereich geregelt.
Wir sollten aber
sehr wachsam sein, und darum ist es sinnvoll, gewisse Früherkennungs- und Überwachungsprogramme installieren zu können. Als
Beispiel
sei hier das wirklich hilfreiche Abwassermonitoring genannt. Aber auch epidemiologische
Erhebungen und Erhebungen von Gesundheitsdaten sollten
uns helfen, gescheiter zu werden und zu lernen. Die Covid-Bestimmungen fallen
also mit 30.6., aber wir behalten die Situation wachsam im Auge.
(Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben im Gesundheitsausschuss vorige Woche
auch über den drohenden oder vielleicht stattfindenden Medikamentenengpass
in manchen Bereichen diskutiert. Einer der Hauptgründe liegt
meines Erachtens darin, dass Österreich im Hinblick auf Medikamente
ein Niedrigpreisland ist. Bei uns sind die Medikamentenpreise nämlich um
bis zu 30 Prozent niedriger als in Deutschland
beziehungsweise in anderen EU-Ländern. Wenn sich das nicht ändert,
kann es durchaus sein, dass globale Pharmafirmen das kleine Österreich
irgendwann einmal nicht mehr beliefern. Auch eine Indexierung oder
Valorisierung, vor allem im Niedrigpreissegment, ist durchaus zu
überlegen.
Der Bundesminister hat aber im Hinblick auf
die Versorgungssicherheit bei den Medikamenten im Bundesamt für Sicherheit
im Gesundheitswesen
eine entsprechende Taskforce eingerichtet. Meines Erachtens sollten aber den
Diskussionen im Sinne unserer Patientinnen und Patienten, der Bevölkerung auch
Taten folgen.
Ein weiterer Punkt, der hoffentlich heute auch
einstimmig beschlossen wird, ist die Sicherstellung der freien Apothekenwahl.
Dank der Einführung des
E-Rezepts hat sich nämlich mancherorts die Praxis eingeschlichen, dass
ärztliche Verordnungen nur an bestimmte Apotheken übermittelt werden.
Dem wird
jetzt ein Riegel vorgeschoben.
Wie schon von Kollegen Schallmeiner erwähnt, haben Apotheken jetzt auch die Möglichkeit, Abholflächen oder Abholstationen einzurichten, sprich, Arzneimittel für Endverbraucher zu hinterlegen. Das ist eine sinnvolle Sache für die Patientinnen und Patienten.
Was beschließen wir heute
noch? – Eine Novelle zum Suchtmittelgesetz. Es hat sich nämlich
in der Covid-Pandemie bewährt, dass ein behandelnder Arzt
eine Substitutionsdauerverschreibung machen kann. Das war primär zur
Entlastung der Amtsärzte gedacht. Das hat sich wie gesagt
bewährt, sodass die Substitutionsdauerverschreibung praktisch in ein
digitales E-Rezept umgewandelt werden kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, dass
wir in all diesen Punkten verantwortungsvoll im Sinne der Gesundheit der
österreichischen Bevölkerung handeln. Jetzt ist die Zeit reif, die
Covid-Bestimmungen zu beenden. Wir
tun dies sachlich und fachlich begründet, weil es die milde
Omikronvariante gibt, weil es eine hohe Grundimmunität gibt, weil es
wohlüberlegt ist, und nicht
aus politischem Kalkül.
Gesundheit ist meines Erachtens viel zu wichtig
und nicht für Politspielereien und Populismus geeignet. (Heiterkeit des
Abg. Wurm.) Das sei manchen
hier im Saal ins – vor allem blaue – Stammbuch geschrieben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Entschuldigen ..., ... einmal entschuldigen!)
12.49
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! COVID-19-Überführungsgesetz: Wir tun uns mit diesem Gesetz schwer, weil es darin um die Zweckzuschüsse geht, und wie wir in der Vergangenheit gesehen haben, ist da viel Geld im Spiel. Wir sehen aber leider nicht, wofür die Gelder verwendet werden beziehungsweise ob sie ihre zweckmäßige Verwendung finden, wie zum Beispiel bei der kommunalen Impfkampagne 2022, bei der 75 Millionen Euro ausgeschüttet wurden und die zweckmäßige Verwendung einfach unklar geblieben ist. (Abg. Wurm: Darum braucht es einen Untersuchungsausschuss!)
Trotzdem gibt es positive Punkte, wie zum Beispiel, dass
symptomatische Menschen weiterhin ihre fünf Antigentests kostenlos
zur Verfügung gestellt bekommen. Auch die epidemiologische
Überwachung sehen wir positiv, weil wir so nachhaltig Learnings aus der
Pandemie ziehen können. Zudem ist Covid
auch nicht mehr anzeigepflichtig, und ich hoffe sehr darauf, dass wir lernen,
mit Covid zu leben, und es nicht mehr ständig stundenlang zum Thema
machen.
Der Änderung des Suchtmittelgesetzes werden wir
natürlich auch gerne zustimmen, weil wir darin einen guten Weg in die
richtige Richtung sehen. Was
die Digitalisierung betrifft, begrüßen wir diesen digitalen
Verschreibungsprozess sehr und sehen es äußerst positiv, dass dieses
Gesetz mit Ende 2024 seine Gültigkeit verliert, weil es nämlich
optimistisch stimmt, dass wir bis dorthin auf den EHDS gut vorbereitet sind.
Auch der Änderung des Apothekengesetzes und des Arzneimittelgesetzes können wir unsere Zustimmung geben, weil auch das ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung ist. Die freie Apothekenwahl ist in unseren Augen etwas sehr Patientenorientiertes, aber auch Apotheken können sich mit den Medikamenten einfach breiter aufstellen und profitieren davon. Zusätzlich sehen wir auch in der Möglichkeit der Abholstationen bei den Apotheken einen sehr patientenorientierten Zugang, weil Patienten so nicht zwingend an die Öffnungszeiten gebunden sind und trotzdem wohnortnah und zeitgerecht zu ihren Medikamenten kommen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
12.52
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes
Haus! Wir führen heute, wie soll ich sagen, die Pandemie endgültig in
einen Zustand der – einigermaßen –
Normalität, also ins normale Gesundheitssystem über. Was heißt
das? – Wir haben in den vergangenen Jahren schlicht und einfach
gelernt, zwischen zwei Dingen Maß zu halten und das einzuordnen, nämlich
eine gewisse Balance zwischen Vorsicht und Nachlässigkeit zu finden, weil
es in meinen Augen
nicht gut ist, es in die eine oder andere Richtung zu überziehen oder zu
übertreiben.
Wir gehören, das habe ich gestern beim Rat der
europäischen Gesundheitsminister wieder gelernt, nach wie vor zu den
vorsichtigen Nationen in Europa,
weil wir im Unterschied zu anderen, und die Kritik kann ich nicht stehen
lassen, unser Testsystem sehr lange aufrechterhalten haben, als es andere schon
längst beseitigt hatten.
Was tun wir? – Es wird weiterhin, und das ist
wichtig, kostenfreie Tests im niedergelassenen Bereich für
Patientinnen und Patienten mit Symptomen
geben. Das ist eine wichtige Änderung nach der Begutachtung, dass Tests
für sämtliche symptomatische Patient:innen bei niedergelassenen
Ärzt:innen kostenlos bleiben und die ursprünglich
vorgesehene Beschränkung auf Menschen, die eine Therapie mit
Covid-Medikamenten brauchen, entfällt. Medikamente bleiben
weiterhin kostenlos und werden nach positivem Test verschrieben. Impfungen
werden in das Regelsystem übergeführt. Wie angekündigt ist die
Coronaschutzimpfung auch nach dem 30. Juni für alle Menschen
kostenfrei. Sie kann ebenfalls im niedergelassenen Bereich in Anspruch genommen
werden. Es endet die Meldepflicht und es enden alle Verkehrsbeschränkungen
nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz.
Und jetzt eine Klarstellung zum Thema Epidemiegesetz: Wir
hatten, und das war ein Teil des Problems in Österreich, kein gut
taugliches Epidemiegesetz
zur Bekämpfung der Coronapandemie. Das ist auch der Grund
dafür – und das ist richtigzustellen –, dass wir
bereits jetzt an einer kompletten Novellierung des Epidemiegesetzes
arbeiten – weil es notwendig ist. Das ist allerdings ein komplexer
Vorgang, weil es da auch um Länderkompetenzen und um
die Verteilung von Zuständigkeiten geht.
Wir arbeiten auch an einem
Pandemieplan, der in den nächsten Wochen vorgelegt wird, in dem klar die
Schlussfolgerungen gezogen werden – was haben wir aus der Pandemie
gelernt? –, in dem, auch entlang der Erfahrungen, festgelegt wird,
was bei Auftreten einer Pandemie zu leisten ist, welche Gremien einzuberufen
sind, wie in größtmöglicher Klarheit und Eindeutigkeit die
Maßnahmensetzung stattfinden kann, bis hin zur Übergangsphase, in der
es darum geht, wie wir dann auch wieder in einen Zustand des
Überganges
kommen.
Letzter Punkt, die Impfstoffbeschaffungsverträge: Wir
haben auf europäischer Ebene zu den Ländern gehört, die massiv
verlangt haben, dort eine Überarbeitung der Verträge zustande zu
bekommen. Das ist gelungen. Wir haben es gemeinsam mit der Europäischen
Kommission, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
geschafft, dass die abgeschlossenen Verträge mit ausstehenden
Abnahmeverpflichtungen reduziert werden konnten. Das heißt im
Klartext, dass Abnahmeverpflichtungen für das Jahr 2023 von neun auf
vier Millionen Dosen reduziert worden sind. Wir haben auch
das Recht, künftig bereits bestellte Impfdosen gegen den jeweils
aktuellsten und angepassten Impfstoff auszutauschen, und sind damit auch
für eine allfällige Veränderung des Virus gut
gewappnet. – Vielen Dank. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.56
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Josef Smolle zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter
Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich einer Bitte meines
Abgeordnetenkollegen Laurenz Pöttinger nachkommen und eine Besuchergruppe
des Wirtschaftsbundes der Stadt Peuerbach auf der Galerie ganz herzlich
willkommen heißen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten
von SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Heute ist ein
erfreulicher Tag: Das COVID-19-Überführungsgesetz signalisiert den
Übergang von einer herausfordernden Pandemie in den Normalbetrieb. Das ist
wirklich etwas sehr Positives, und ich möchte das in sechs kurzen Punkten
abhandeln. Der erste Punkt ist ein kurzer Rückblick, das Zweite
ein europäischer Vergleich, das Dritte ein Wort zum Testen, das Vierte ein
Wort zum Impfen, fünftens geht es um die Frage: Wie führen wir das
Monitoring weiter durch?, und der sechste Punkt wird ein etwas
ungewöhnlicher Dank sein.
Ich fange mit dem
ersten Punkt an. Erinnern wir uns zurück: Wir hatten Tage mit mehr als
200 Covid-19-assoziierten Todesfällen. Wir hatten Zeiten, in denen die Intensivstationen,
obwohl wir ein Land mit sehr vielen Spitals- und Intensivbetten sind, an
die Grenzen gelangt sind. Wer damals gemeint hat, die Situation sei harmlos,
hat sich geirrt und hat sich auch aus heutiger rückschauender Sicht
geirrt. Glücklicherweise hat sich das Ganze sehr gut weiterentwickelt,
insofern dass wir heute eine starke Grundimmunität
haben. Etwa 96 Prozent der Bevölkerung haben eine Grundimmunität
durch Impfung, durch Genesung oder durch beides, und das zusammen mit
der Omikronvariante führt zu einem weitgehend benignen epidemiologischen
Verlauf.
Ich komme zum
zweiten Punkt, dem europäischen Vergleich. Wie liegen wir da? – Wenn wir die harten
Fakten – Covid-19-Todesfälle und Übersterblichkeit –
anschauen, so können wir sagen, dass Österreich da besser durch die
Pandemie gekommen ist als etwa zwei Drittel der restlichen europäischen
Länder. Das hat viele Anstrengungen gekostet, aber es zeigt sich, es
hat
sich ausgezahlt (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Grünen), nicht zuletzt weil etliche besonders schwer betroffene
Länder in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gelegen sind.
So – dritter Punkt –, was ändert sich jetzt beim Testen? – Wir hatten eines der intensivsten Testprogramme weltweit. Wenn man da wieder die europäischen Länder vergleicht, dann hat sich gezeigt: Durch starkes Testen gibt es eine geringere Dunkelziffer an Infektionen, aber das intensive Testen hat praktisch keinen Einfluss auf das epidemiologische Geschehen gehabt. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Man hat gehofft, das würde der Fall sein, aber die Schutzwirkung ist nicht gegeben. Deshalb ist da der Rückbau vernünftig. Wann immer der Verdacht auf Infektion besteht, wird gratis getestet, aber das flächendeckende Testen hat keinen Sinn mehr.
Vierter Punkt, Impfen: Schaut man sich da den europäischen Vergleich an, dann sieht man wieder sehr eindeutig, je intensiver in einem Land geimpft worden ist, desto weniger Covid-19-Todesfälle gibt es (Abg. Wurm – erheitert –: Wo ist die Statistik?) und desto geringer ist auch die Übersterblichkeit. (Heiterkeit des Abg. Wurm.) Das heißt, die Schutzwirkung ist gut belegt, und deshalb ist es vernünftig, das als Gratisangebot weiterzuführen.
Punkt fünf: Wir stecken nicht den Kopf in den Sand, sondern es wird weiter ein Monitoring geben. Das wird nicht nur Covid-19, sondern allgemein schwere Atemwegsinfektionen betreffen. Eine sehr gut umsetzbare Lösung, die es vor etlichen Jahren noch nicht gegeben hat, ist das Abwassermonitoring.
Damit komme ich zum sechsten und letzten Punkt: einem
ungewöhnlichen Dank. Der Dank richtet sich an eine Gruppe, die immer leise
war, von der man fast nie geredet hat. Eigentlich ist es keine Gruppe, sondern
es ist eine
große Mehrheit in unserem Land. Damit meine ich jene Menschen, die sich
über die ganze Pandemie hinweg verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll gegeben
haben und uns allen viel Leid erspart haben. – Danke. (Beifall
bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.00
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes
Haus! Werte Zuseher! Wir haben wieder einmal eine Corona/Covid-Diskussionsrunde
hier im Parlament, und Sie werden es vielleicht bemerkt haben: Man versucht bei
diesen vier Parteien – ÖVP, Grüne, NEOS und natürlich
Sozialdemokratie –, das ganze Thema so ein bisschen leise sterben zu
lassen
und ja nicht mehr allzu viel darüber zu sprechen. Das wird natürlich
so
nicht funktionieren. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)
Ich sage es auch noch einmal:
Kollege Kucher, da du jetzt der neue Klubobmann bist, bin ich gespannt, ob sich
die Linie der Sozialdemokratie da ändert. Du
warst bisher immer Befehlsempfänger von Frau Kollegin
Rendi-Wagner – ich weiß nicht, ob du deine Linie jetzt
änderst. Ich weiß, dass du ja off the record oft auch eine andere
Meinung vertreten hast. (Abg. Hanger: Wie ist denn das bei
euch mit den Befehlsempfängern? – Abg. Steinacker: Musst
eine tatsächliche Berichtigung machen! – Abg. Disoski:
Das ist euer Politikverständnis!)
Ich sage es heute noch einmal ganz deutlich: Wir werden wieder Anträge für einen Coronauntersuchungsausschuss, in dem diese drei Coronajahre aufgeklärt werden sollen, einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage das bewusst auch in
Richtung Sozialdemokratie, weil da ja von euch jetzt sehr, sehr viel an
Stimmungsmache kommt. Ich bin gespannt, ob ihr
an dieser Transparenz wirklich Interesse habt.
Ihr habt ja für
heute Nachmittag auch eine Geschichte zum Thema Kika/Leiner eingebracht,
auch da geht es vor allem um Millionenförderungen aus der ganzen Coronageschichte, bei denen ihr, die
Sozialdemokratie, immer mit dabei wart.
Ihr habt dieses System über drei
Jahre mit den anderen Parteien getragen. Ihr seid der Bevölkerung
in den Rücken gefallen (Zwischenruf der Abg. Greiner),
und ich bin gespannt, ob da eine Systemänderung der Sozialdemokratie kommt
oder ob das alles nur schöne Worte von einem gewissen Babler Andi sind.
(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schwarz
und Silvan.) Diese Nagelprobe werden wir mit der Sozialdemokratie
machen.
Ich gehe gleich weiter, weil es ja ein bisschen unter den
Tisch fällt: Wir sprechen heute auch über die ganze Impfgeschichte,
wir sprechen darüber, dass nach
wie vor über den europäischen Deal, dem dieser Minister und seine
grünen Vorgänger auch immer zugestimmt haben, der Mantel des
Schweigens gebreitet wird. Keiner von uns weiß, was in diesen
Verträgen mit den Pharmafirmen steht – da geht es um
35 bis 40 Milliarden Euro, ein Megageschäft für die
Pharmafirmen.
Wir als Abgeordnete hier müssen transparent sein. Wir müssen melden, was wir alles machen, wo wir sind, in welchen Vereinen, und da gibt es einen 40-Milliarden-Euro-Deal in Europa, bei dem alle zuschauen – die Sozialdemokratie ist natürlich bei diesen Beschlüssen wieder im Boot. (Abg. Belakowitsch: Wie immer!) Ihr deckt dieses ganze Milliardengeschäft dieser Konzerne. Keiner – auch nicht der Minister – darf sagen, was in diesen Pfizer-Verträgen und so weiter drinnen steht.
Was aber haben wir in Österreich? – Wir
haben bis Ende des Jahres 70 Millionen Impfdosen bestellt und
bezahlt – die kommen –, die natürlich keiner
braucht,
wir wissen das alle. Millionen Impfdosen wurden bereits jetzt entsorgt,
hergeschenkt, überallhin, in die ganze Welt, wo sie eh keiner braucht, und
es rollen weitere Impfdosen an. Darüber will von diesen vier Parteien keiner
reden, aber zahlen muss es der Steuerzahler. Das alles ist ein Problem, denn
dann haben wir eben kein Geld, liebe Sozialdemokratie, für die
Bevölkerung,
die es braucht. Diese Entscheidung, euch klar zu deklarieren, auf welcher Seite
ihr steht, wird euch nicht erspart bleiben.
Auch noch einmal ein Thema, bei
dem ich wieder alle ins Boot nehme – also unsere Position ist
sehr klar, man muss auch darüber reden –: Natürlich geht
es auch um die WHO, um diese WHO, die natürlich nichts anderes
als ein Lobbyinstrument der Pharmaindustrie ist, weltweit, finanziert von der
Pharmaindustrie – das ist ja kein großes Geheimnis. Es geht
natürlich
künftig auch um diesen ominösen WHO-Pandemievertrag, der
natürlich irgendwann im Parlament aufpoppen wird, und ich hoffe, dass
wir als Freiheitliche bis dahin mehr als 33 Prozent haben werden, damit
wir die Kraft haben,
das alleine zu stoppen, denn ich habe kein Vertrauen in diese vier Parteien,
die bei diesen Dingen immer mitspielen und niemals Rücksicht auf die
Bevölkerung nehmen.
Auch noch ein
Thema – Herr Minister, ich bin gespannt, ob da etwas
kommt –: Natürlich gibt es die Impfschäden. Die Kollegen
von der ÖVP geben es
ja still und heimlich zu, aber keiner will darüber sprechen. Diese
Menschen lassen Sie alle im Stich, keiner will wirklich über
Entschädigungszahlungen reden. Wenn Sie im Bekanntenkreis
herumfragen, dann werden Sie merken, wie viele mit echten Impfschäden in
Ihrem Bekanntenkreis sind. Da gibt es
alle möglichen Ausreden, warum man halt momentan so ein schlechtes Immunsystem
hat oder warum andere Dinge auftreten – aber die Fakten sind vollkommen
klar.
Ich darf auch noch einmal
darauf hinweisen – ich bin gespannt, was mir der Minister
antworten wird –: Ich habe eine Anfrage laufen, was die
Long-Covid-Stationen betrifft. Die Information, die ich von den Ärzten
habe, ist, dass nahezu 100 Prozent aller Long-Covid-Patienten geimpft
sind. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Sie finden auf
Long-Covid-Stationen nahezu keine Ungeimpften. Auch das sollte uns allen einmal
zu denken geben. Da fordern wir als Freiheitliche
als einzige Partei in Österreich eine lückenlose Aufklärung im
Sinne der Menschen.
Bevor ich einen Entschließungsantrag einbringe, sage
ich auch noch einmal ganz deutlich: Wenn sich erwachsene Menschen für die
Impfung entscheiden,
ist das jedem unbenommen, man kann sich fünfmal impfen lassen oder sonst
etwas. Was ich Ihnen allen aber nie verzeihen werde: Sie haben unsere Kinder hineingezwungen.
20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Österreich wurden
geimpft – nicht weil es die Kinder wollten, sondern weil es die
Eltern wollten. Auch im Bereich der Kinder gibt es ganz, ganz massive langfristige
Impfnebenwirkungen. Da haben Sie alle mitgemacht. Da gibt es einen Schaden bei
unseren Kindern und Jugendlichen. (Abg. Zarits: ... Kindheit
scheitert!) Das werde ich Ihnen nicht nachsehen, und da habe ich bis heute
noch keine Entschuldigung im Sinne der Kinder gehört. (Beifall bei der
FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)
Ich bringe jetzt folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem
Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Errichtung
eines Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes zum Inhalt hat. Dieser
Corona-Wiedergutmachungsfonds ist mit Budgetmitteln in der Höhe von
zumindest 250 Millionen Euro zu dotieren. Er soll die Auswirkungen
der Corona-Maßnahmen evaluieren bzw. dokumentieren und
Beratungsleistungen im Fall individueller Schäden, medizinische Betreuung
von Menschen mit Impf-Beeinträchtigungen, Kosten zur Behandlung
psychischer Probleme, allfällig erforderliche Therapien,
Mehraufwendungen für Heimunterricht, sonstige erforderliche
Unterstützungen in erster Linie für Kinder und Jugendliche
wie zum Beispiel Gutscheine für Nachhilfe, Freizeitaktivitäten und
weitere einschlägige Unterstützungsleistungen finanzieren.
Darüber hinaus soll festgelegt werden, dass Bundesländer,
die wie Niederösterreich bereits
eigene Corona-Wiedergutmachungsfonds vorgesehen haben, die Möglichkeit
erhalten, eine Refundierung der tatsächlich entstandenen Kosten durch
den Bund zu erhalten.“
*****
Es geht da wirklich um eine Aufarbeitung und darum, der
Bevölkerung –
vor allem den Kindern und Jugendlichen – für diesen Schaden,
den sie erlitten hat, eine Hilfestellung anzubieten.
Ich bin ja schon sehr gespannt auf das Abstimmungsverhalten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
13.08
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm, Mag. Gerald Hauser, Rosa Ecker
und weiterer Abgeordneter
betreffend Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes
eingebracht im Zuge der
Verhandlung über die Debatte zu 6.) Bericht des Gesundheitsausschuss
über das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über
Zweckzuschüsse an Länder und Gemeinden für die Durchführung
der Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und ein
Bundesgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen für das COVID-19-Maßnahmengesetz
getroffen
werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und
Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz,
das Ärztegesetz 1998, das Psychotherapiegesetz, das
Sanitätergesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz
1948 und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung
der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über
Bundesvermögen erteilt werden, geändert werden
(COVID-19-Überführungsgesetz) (2048 d.B.) in der 219.
Sitzung des Nationalrats am 14. Juni 2023.
Im Zuge der Debatte der Petition Nr. 80/PET betreffend "ME/CFS: Anerkennung, medizinische Versorgung & Absicherung von Betroffenen sowie Forschungsförderung“ im Petitionsausschuss wurden auch die schweren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen ausführlich erörtert:1
Paul Plener, Universitätsprofessor und Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Med-Uni Wien brachte den Abgeordneten anhand eines Abrisses der Datenlage zu psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen näher. Die WHO
habe
durch die COVID-19-Pandemie eine Zunahme von 28% bei den Depressionen und
26% im Bereich der Angststörungen verzeichnet. Besonders betroffen seien
Jugendliche und junge Erwachsene. Etwa die Hälfte von ihnen gebe
bei Online-Befragungen an, zumindest an einer mittelgradigen depressiven Symptomatik
zu leiden. Ein Drittel habe Suizidgedanken und die Zahl der Suizidversuche sei um
200% gestiegen, was dem generellen europäischen Trend entspreche. Auch bei
den Essstörungen sei es im Zuge der Pandemie zu einer Zunahme
von 83% gekommen, wie Plener ausführte. Um diese Tendenzen
flächendeckend zu erfassen und ihnen entgegenzuwirken zu können, sei
es zunächst notwendig,
ein effektives Monitoring zu betreiben.
Die Erörterung dieser negativen Auswirkungen und Mitursachen für das Chronische Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) setzte sich im Gesundheitsausschuss fort:2
Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS): Anerkennung der Krankheit und Ausbau der medizinischen Versorgung
Der Ausschuss befasste sich
weiters mit einer Petition, in der Anerkennung, die medizinische
Versorgung und die soziale Absicherung von ME/CFS-PatientInnen sowie die Finanzierung
der Forschung zu dieser Krankheit gefordert wird (80/PET). Bei der Myalgischen
Enzephalomyelitis bzw. dem Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) handelt es sich
um eine schwere Multisystemerkrankung, von der in Österreich zwischen
26.000 und 80.000 Menschen betroffen sein sollen. Die Erkrankung führt,
je nach Ausprägung, bei den meisten Patient:innen zu schweren
körperlichen Einschränkungen
und zum Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit. Trotz der hohen
Anzahl an Betroffenen und der Schwere der seit 1969 von der WHO anerkannten
Krankheit, wäre diese wenig bekannt und unzureichend erforscht. Meist
werde ME/CFS mit einer psychischen Erkrankung verwechselt, was nicht nur zu
falscher, sondern oft auch schädigender Behandlung führe, zeigen die
Einbringer:innen der Petition auf. Bis eine Diagnose erstellt werde,
dauere es oft fünf bis acht Jahre, und auch danach würden die
Betroffenen unzureichend versorgt und abgesichert. Es gebe weder
öffentlich finanzierte Anlaufstellen, Beratungsange-
bote,
Unterstützungsleistungen, noch Rehabilitations- und Betreuungseinrichtungen. Auch
wenn die genauen Ursachen für ME/CFS durch die mangelnde Forschung
und unzureichende Forschungsförderung noch nicht ausreichend geklärt werden
konnten, würden die Daten aufzeigen, dass in einem Großteil der
Fälle die Erkrankung mit einer Infektion beginnt. Internationale Studien
setzen
ME/CFS und Long Covid daher in Verbindung und zeigen große Übereinstimmungen
bei Symptomen und zugrundeliegenden Mechanismen. Laut Petition benötigen
die Betroffenen in vier Handlungsfeldern dringend Unterstützung:
Bewusstseinsbildung durch Information und Aufklärung der
Ärztinnen und Ärzte wie auch
der Bevölkerung, Aufbau und Finanzierung medizinischer Behandlungs- und
Versorgungsstrukturen, soziale Absicherung der Betroffenen sowie
finanzielle Förderung der Forschung zu ME/CFS.
Die Petition zeige die
schwierige Situation der von ME/CFS Betroffenen auf und weise auf die
Dringlichkeit für Verbesserungen im Bereich der Versorgung-
und Forschungsstrukturen hin, erklärte Abgeordnete Heike Grebien
(Grüne). Durch den von ÖVP und Grünen eingebrachten Antrag
sollen die zuständigen Minister ersucht werden, sich unter
anderem für eine verbesserte Zusammenarbeit der Akteure im
Gesundheitswesen und damit für eine bessere diagnostische und
bedarfsorientierte therapeutische Versorgung von ME/CFS Betroffenen in
Österreich einzusetzen.
Abgeordneter Gerald Hauser
(FPÖ) gab noch zu bedenken, dass es über 900.000 Kinder und
Jugendliche in Österreich gebe, die aufgrund der Corona-Politik
der Bundesregierung teilweise massive "Kollateralschäden" davon
getragen hätten.
Bundesminister Johannes Rauch
zeigte viel Verständnis für das Anliegen. Ein einstimmiger Beschluss
im Ausschuss sei ein klares Signal in Richtung
der Betroffenen.
Der mit der Petition in Zusammenhang stehende Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen wurde einstimmig beschlossen.
Der
Corona-Wiedergutmachungsfonds NÖ beschäftigt sich unter anderem auch
mit Kosten der Behandlung psychischer Probleme und allfällig
erforderlicher Therapien, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben
haben. Im Arbeitsübereinkommen „Niederösterreich
weiterbringen“ haben sich ÖVP und FPÖ dazu verpflichtet,
die Corona-Politik aufzuarbeiten:3
CORONA: Gräben schließen – Verantwortung übernehmen
Mehr als drei Jahre lang haben Pandemie und Corona-Maßnahmen das Leben der Bevölkerung in allen Lebensbereichen massiv beeinflusst. Verantwortungsvolle Politik bedeutet, kritisch zurückzublicken, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Wir wissen, dass durch die Pandemie und eine Reihe von Maßnahmen Schäden entstanden sind.
Wir verständigen uns daher darauf, die im Zuge der Pandemie gesetzten Maßnahmen aufzuarbeiten und Maßnahmen zu setzen, die entstandene Schäden – so gut dies möglich ist – wieder gut zu machen.
Diesem Beispiel sollte der
Bund dringend folgen und nach dem Vorbild des Bundeslandes
Niederösterreich auf die Dauer von zwei Jahren ab Errichtung einen
Corona-Wiedergutmachungsfonds in der Höhe von zumindest 250 Millionen Euro
einrichten, der die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen evaluiert bzw. dokumentiert
und mit Budgetmitteln für den Ausgleich von negativen Auswirkungen dotiert
wird.
Aus diesem Fonds sollen etwa Beratungsleistungen im Fall
individueller Schäden, medizinische Betreuung von Menschen mit Impf-
Beeinträchtigungen, Kosten zur Behandlung psychischer
Probleme, allfällig erforderliche Therapien, Mehraufwendungen
für Heimunterricht, sonstige erforderliche Unterstützungen
in erster Linie für Kinder und Jugendliche wie zum Beispiel Gutscheine
für Nachhilfe, Freizeitaktivitäten und weitere einschlägige
Unterstützungsleistungen finanziert werden. Die Umsetzung der
einzelnen Maßnahmen soll in einer Durchführungsverordnung und
entsprechenden, unbürokratischen und bürgernahen Durchführungsrichtlinien
näher ausgeführt werden.
Bundesländer, die wie Niederösterreich bereits
eigene Corona-Wiedergutmachungsfonds vorgesehen haben, sollen die
Möglichkeit erhalten, eine Refundierung
der tatsächlich entstandenen Kosten durch den Bund zu erhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem
Nationalrat umgehend eine Regierungs-vorlage zuzuleiten, die die Errichtung
eines Corona-Wiedergutmachungsfonds
des Bundes zum Inhalt hat. Dieser Corona-Wiedergutmachungsfonds ist mit Budgetmitteln
in der Höhe von zumindest 250 Millionen Euro zu dotieren. Er soll die
Auswirkungen der Corona-Maßnahmen evaluieren bzw. dokumentieren und Beratungsleistungen
im Fall individueller Schäden, medizinische Betreuung von
Menschen mit Impf- Beeinträchtigungen, Kosten zur Behandlung psychischer
Probleme, allfällig erforderliche Therapien, Mehraufwendungen
für Heimunterricht, sonstige erforderliche Unterstützungen
in erster Linie für Kinder und Jugendliche wie zum Beispiel
Gutscheine für Nachhilfe, Freizeitaktivitäten und weitere
einschlägige Unterstützungsleistungen finanzieren. Darüber
hinaus soll festgelegt werden, dass Bundesländer, die wie
Niederösterreich bereits eigene Corona-Wiedergutmachungsfonds vorgesehen
haben, die Möglichkeit erhalten, eine Refundierung der
tatsächlich entstandenen Kosten durch den Bund zu erhalten.“
1 https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2022/pk0805
2 https://
www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230418_OTS0192/
gesundheitsausschuss-rueckblick-auf-die-kosten-der-pandemiebekaempfung-und-ausblick-auf-moegliche-reformen
5
3 https://www.noe.gv.at/noe/Arbeitsuebereinkommen_Webansicht.pdf
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Julia Herr zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete
Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau
Präsidentin! Abgeordneter Wurm hat soeben behauptet, die
sozialdemokratische Fraktion habe drei Jahre
lang die Wirtschaftshilfen der Bundesregierung mitgetragen (Abg. Wurm:
Coronahilfen!), was Coronahilfen betrifft. Das ist unrichtig.
Ich berichtige tatsächlich: Die sozialdemokratische
Fraktion hat insbesondere die Cofag und ihre intransparente Konstruktion
mehrfach kritisiert. (Abg. Belakowitsch: Aber mitgestimmt!
Mitgestimmt!) Ich nenne nur ein Beispiel: Wir haben sieben Anträge eingebracht, dass Wirtschaftshilfen in
Millionenhöhe nicht
ohne Garantien – beispielsweise
Arbeitsplatzgarantien – fließen dürfen. (Abg. Steinacker:
Hallo! Tatsächliche Berichtigung! Wieder einmal nicht
geschafft! –
Abg. Belakowitsch: Immer mitgestimmt! – Zwischenruf des Abg. Silvan.) –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
13.09
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gerald Hauser zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau
Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Zuhörerinnen und
Zuhörer! Gleich zur SPÖ: Ihr schafft
diese Kindesweglegung nicht. Ihr habt drei Jahre lang die wirklich
desaströse Covid-Politik dieser Regierung in Wien ja noch getoppt, bitte. (Beifall
bei der FPÖ.) Ihr habt ja noch ein Schäuferl draufgelegt:
Ich erinnere an das Boostermännchen, das Ungeimpfte in Wien
verfolgt hat. Das ist ja schrecklich, was die SPÖ dort, wo sie regiert,
tatsächlich umgesetzt und mit der Bevölkerung gemacht hat.
Das ist ein Desaster.
Zum heutigen Thema: Der Herr Minister spielt schon wieder
mit dem Handy, weil er üblicherweise bei meinen Reden nicht aufpasst. (Heiterkeit
bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Herr Minister, wir sind
heute wiederum in der Situation – jetzt geht er (Abg. Ottenschläger:
Das muss man verstehen!) –, dass Sie nicht nur Kindesweglegung betreiben,
sondern dass Sie Ihre vollkommen intransparente Politik weiterhin fortsetzen.
Vonseiten
der ÖVP kommen die alten Narrative daher, die nicht stimmen, so nach dem
Motto, Herr Kollege Smolle: Je höher die Impfquoten sind, desto weniger Infektionen
gibt es! – Genau das Gegenteil ist der Fall, da können Sie
dieses falsche Narrativ noch oft hier im Hohen Haus predigen.
Sie legen die Fakten weg. Schauen Sie sich die offiziellen
Zahlen in England für 2022 an! (Abg. Schallmeiner: Mit
Narrativen kennst du dich ja besonders gut
aus!) Von 100 Prozent der bedauerlicherweise an Covid-Verstorbenen
waren 92 Prozent Geimpfte. Wieso blenden Sie das immer aus? Wieso sind Sie
so beratungsresistent? – Ich verstehe Sie da überhaupt nicht.
Zur Beratungsresistenz: Wieso unterstützt uns keine
Partei dabei, endlich Licht ins Dunkel dieser massiven
Beschaffungsverträge zu bringen? – Bis zum April 2022
haben Sie (eine Tafel mit der Aufschrift „Anfragebeantwortung vom
07.04.2022“ – „‚Offenlegung der Verträge mit
COVID-Impfstoffherstellern‘“ – „Insgesamt
beträgt der Wert des österreichischen Impfstoffportfolios
EUR 1.107,6 Mio.“ auf das Redner:innenpult stellend) laut
Anfragebeantwortung von Herrn Minister Rauch, der jetzt gegangen ist, weil ihn
das sowieso
nicht interessiert (Ruf bei der ÖVP: Ja, weil er was Wichtigeres zu tun
hat!), um 1 100 Millionen Euro Impfstoffdosen
bestellt – vollkommen intransparent! Ganz konkret steht in der
Anfragebeantwortung: „51,3 Mio. mRNA-Impfstoffdosen, 10,4 Mio.
Vektor-Impfstoffdosen sowie 8,3 Mio.“ herkömmliche
Dosen. – Damals schon wurden 70 Millionen Impfdosen um
1,1 Milliarden Euro bestellt – 1 100 Millionen
Euro!
Heute hatten wir eine Aktuelle Stunde, in der wir über
die Gesundheitspolitik gesprochen haben. Das Geld fehlt im Gesundheitssystem an
allen Ecken
und Enden und Sie schmeißen das Geld hinaus, bestellen Impfstoffe ohne
Ende und decken noch die desaströse Bestellpolitik der Europäischen
Union und
von der Leyens ab. Wissen Sie, wenn wir diesen Fragen zur Impfstoffbeschaffung
auf den Grund gehen wollen, dann bekommen wir, damit es die Bevölkerung
jetzt auch einmal sieht, von Ihnen diese Antwort, bitte (eine
Tafel mit der Aufschrift „Anfragebeantwortung –
27.03.2023“ – „‚Wissenswertes zur
Coronaschutzimpfung‘“ – „Der Inhalt der
Verträge sowie der Preis der einzelnen Impfstoffe unterliegen der
Vertraulichkeit, weshalb Fragen über Zahlungen
an die Impfstoffhersteller nicht beantwortet werden können.“ auf das
Redner:innenpult stellend): Sie sagen uns, bei der Impfstoffbeschaffung
haben wir vollkommene Intransparenz, wir haben Geheimhaltung vereinbart!
Sie kaufen also ein, Sie decken ab, dass die
EU-Kommissionspräsidentin um 35 Milliarden Euro 1,8 Milliarden
Impfstoffdosen in einem privaten
Deal mit Pfizer, mit dem Pfizer-Chef Bourla, abwickelt; die Europäische
Staatsanwaltschaft ermittelt und wir fragen nach; Sie bestellen, Sie
schließen fixe Abnahmeverträge mit der EU-Kommission ab; und wenn
wir Licht
ins Dunkel bringen wollen, sagen Sie: Nein, nein, wir haben da Vertraulichkeit
vereinbart, das geht den Steuerzahler, sprich das österreichische Parlament, überhaupt
nichts an! Tut da nicht herumrühren, bitte! Das ist alles gut und recht!
Sie legen dann noch ein Schäuferl drauf, weil Sie jetzt
hergehen, für das Jahr 2023 weitere vier Millionen Impfstoffdosen
bestellen und sich dann herstellen und sagen: Es ist alles gut, wir haben
das eh reduziert! – Wissen Sie, Herr Minister, wir haben bitte schon
28 Millionen Impfstoffdosen verschenken müssen, es sind noch
18 Millionen Impfstoffdosen auf Lager, und wir bestellen dieses Jahr noch
einmal vier Millionen, damit Pfizer seine Milliardeneinkommen noch
toppen kann, und wir als Vertreter des österreichischen Parlaments
erfahren dazu gar nichts. Und Sie sagen uns: Alles gut, alles super
so, wie das läuft! – Das ist einfach sensationell. So gehen Sie
mit dem Geld der österreichischen Steuerzahler um. (Beifall bei der
FPÖ.)
Abschließend: Jetzt sagen
Sie, Covid ist vorbei. Sie führen trotzdem die Normalität nicht
herbei, Gesetze bleiben teilweise bestehen. Und was kommt jetzt
daher? – Heute und hier beschließen Sie ein
Impffinanzierungsgesetz, mit dem Sie den Gemeinden im Zeitraum
vom 1. Juli 2023
bis Ende März 2024 für jede Person, die sich impfen lässt,
sage und schreibe 20 Euro bezahlen. (Der Redner stellt eine Tafel mit
der Aufschrift
„COVID-19-Impffinanzierungsgesetz“ – „Länder
und Gemeinden bekommen 20 Euro pro nachweislich verabreichter Impfung.
(1. Juli 2023 bis zum 31. März 2024)“
auf das Redner:innenpult.) – Erklären Sie mir bitte einmal,
was das
mit Gesundheitspolitik zu tun hat, wenn sich ein Bürger einer
Gemeinde X in diesem Zeitraum, wenn Sie sagen, Covid ist vorbei, impfen
lässt und die Gemeinde 20 Euro bekommt! Das ist Geldverschwendung
ohne Ende. Das hat mit Gesundheitspolitik nichts zu tun.
Hören Sie auf, das Geld, das Sie dem Steuerzahler wie
bei den Raubrittern abnehmen, zum Fenster hinauszuschmeißen und
schaffen Sie endlich diese
Covid-19-Gesetze ab! – Wir danken. (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Lausch: Sehr gut!)
13.15
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Josef Smolle ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hauser hat vorhin das, was ich zur Impfung gesagt habe, etwas zu konterkarieren versucht. Ich bemühe mich immer, möglichst präzise zu formulieren. Ich habe gesagt, im Vergleich der europäischen Länder sieht man, je mehr geimpft worden ist, desto weniger Covid-19-Todesfälle und desto weniger Gesamtübersterblichkeit gibt es. Die Daten gibt es im Internet – Our World in Data –, das kann jeder herunterladen und einem statistischen Test unterziehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
13.16
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak, auch ein zweites Mal. – Bitte. (Abg. Hörl: Kannst den Hauser korrigieren! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Tatsächliche Berichtigung!)
Abgeordneter
Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und
Kollegen! Ich habe mich erneut zu
Wort gemeldet, weil es unter diesen Tagesordnungspunkten um so viele verschiedene
Themen geht, dass in meinem ersten Debattenbeitrag nicht
alles Platz gefunden hat.
Wir debattieren heute hier
auch Änderungen im Apothekengesetz und im Arzneimittelgesetz, auf
die ich noch weiter eingehen möchte. Im Apothekengesetz haben wir
Änderungen vorgesehen, die eine Abholstation gekoppelt an den
Fernabsatz für rezeptfreie Arzneimittel ermöglicht – eine
Regelung, die wir grundsätzlich auch unterstützen, die aber nur ein
sehr kleines Spektrum, einen sehr kleinen Teil des Bedarfs der Bevölkerung
abdeckt.
Im Arzneimittelbereich haben wir ein Kumulierungsverbot für
Rezeptverordnungen festgeschrieben – auch ein Detailbereich,
der durchaus wichtig ist,
viel wichtiger wäre es allerdings, die Versorgung mit Arzneimitteln
generell sicherzustellen.
Auf diese beiden nicht behandelten Dinge möchte ich
eingehen, denn ich finde es schon sehr erstaunlich, dass wir hier extra
Tagesordnungspunkte zu
kleinen Änderungen im Apothekengesetz und im Arzneimittelgesetz haben,
aber die großen notwendigen Novellen, die teilweise schon fertig in der
Schublade im Ministerium liegen, seit Jahr und Tag nicht kommen.
Was wäre denn im Apothekengesetz
notwendig? – Allein wenn ich mir ansehe, dass wir die Testerlaubnis
für Apotheken aus den Covid-Gesetzen weiterführen wollen
und können, diese Testerlaubnis in den öffentlichen Apotheken aber
auf Covid-19 eingeschränkt ist und für andere Erkrankungen nach
wie vor nicht gültig ist, so sehe ich darin einen ersten Punkt.
Ein anderes Thema ist, dass wir
auch das Impfen in der Apotheke schon mehrfach als großes Thema im
Ausschuss hatten und es einen breiten parlamentarischen Konsens gibt,
dass das eine vernünftige, niederschwellige Möglichkeit ist, gerade
auch bei bekannten, bewährten Impfungen, die aufgefrischt werden
müssen, den Rückstand bei den Impfungen zu reduzieren und die
Impfquote in der österreichischen Bevölkerung zu
verbessern. –
Dazu gibt es keine Vorlagen von Ihnen, Herr Minister. Dazu haben wir heute
leider nichts auf der Tagesordnung stehen.
In der Apothekengesetznovelle,
die bei Ihnen im Ministerium in der Schublade liegt, sind noch ganz andere
wesentliche Dinge enthalten. Da ist zum
Beispiel eine Neuregelung der Zustellmöglichkeit für die Apotheken in
ihren Versorgungsregionen vorgesehen – etwas, das während Covid
auch praktiziert und sogar von der Sozialversicherung bezahlt wurde. Ins
Normgesetz können wir das aber offensichtlich nicht überführen;
zumindest haben
Sie es heute hier wieder nicht vorgeschlagen oder eingebracht.
Ein anderes Thema ist der Punkt der Filialapothekenregelungen und der Bedarfsprüfung – aus zwei wesentlichen Gründen: erstens weil es ja um die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Österreich geht und wir wissen, dass wir da einzelne weiße Flecken haben, die versorgungstechnisch noch nicht optimal versorgt und betreut sind, und auf der anderen Seite weil die Bedarfsregelung ja auch immer die wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Apotheken mitberücksichtigen sollte.
Der Grundgedanke der Bedarfsregelung war ja, dass
öffentliche Apotheken durch die aus ihrem Versorgungsbereich entstehenden
Umsätze gut überleben können. Diesen Zustand haben wir schon
lange verlassen, Herr Minister.
Ganz im Gegenteil: Ein Drittel der österreichischen Apotheken
erwirtschaftet nicht einmal mehr ein Angestelltengehalt für die
selbstständigen
Apotheker.
Wenn Sie nicht wollen, dass wir Zustände so wie jetzt
in Sachsen-Anhalt haben, wo die Apotheker streiken und die Apotheken einen
ganzen Tag lang
zusperren, weil sie wirtschaftlich nicht mehr überleben können, dann
wird es höchste Zeit, dass Sie handeln.
Handlungsbedarf gibt es auch bei den Arzneimitteln. Sie
wissen, dass wir seit Monaten Arzneimittelengpässe in Österreich
haben. Sie wissen, ich
habe vor Monaten einen Fünf-Punkte-Plan präsentiert, der ohne
Weiteres – zu 90 Prozent zumindest – von Ihnen auf
Eigeninitiative auf Bundesebene umsetzbar wäre. Die von Ihnen zitierte
Taskforce, die es seit 2020 – eigentlich schon fast seit 2019 –
gibt, und die Verordnung zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung haben
sich nachweislich als ineffektiv erwiesen, denn in den letzten drei Jahren sind
wir mit Lieferengpässen und Arzneimittelengpässen konfrontiert
gewesen wie nie zuvor, und der Trend, sehr geehrter Minister, ist ein klar
negativer.
Im Ausschuss haben Sie gesagt, es gibt in Europa nur ein
einziges Land, das nicht wirklich von diesen Lieferengpässen betroffen
ist, das ist Finnland. Warum
ist das so? – Finnland hat eine gesetzliche Bevorratungsfrist
für den pharmazeutischen Großhandel von sieben Monaten. In
Österreich haben wir diesbezüglich eine ganz schwammige
Lösung, und in Wirklichkeit ist es so, dass wir bei bestimmten
Arzneimittelgruppen – zum Beispiel bei den hochpreisigen
Arzneimitteln – eine derart geringe Marge haben, dass bei den
jetzigen Finanzierungskosten die gesamte Marge nach drei Wochen Lagerung
beim Großhandel aufgezehrt ist. Das heißt, Sie
können aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich im
Arzneimittelhandel gar nicht längerfristig bevorraten, weil die Deckungsbeiträge
in der österreichischen Vertriebskette dafür nicht vorhanden sind.
Das könnten Sie ganz einfach ändern: Beschließen Sie längere Fristen für die Bevorratung im voll sortierten pharmazeutischen Großhandel! Sorgen Sie dafür, dass der pharmazeutische Großhandel alle Produkte auch tatsächlich be-
kommt!
Sorgen Sie für diese Public Service Obligations, die Zwangsbelieferung der
Hersteller an den pharmazeutischen Großhandel, und setzen Sie die Spannen
für die österreichische Vertriebskette, den österreichischen
Großhandel, aber auch die öffentlichen Apotheken, hinauf! Das
können Sie
von mir aus auch gerne auf Kosten der Arzneimittelhersteller machen. Das
heißt noch lange nicht, dass die
Gesamtkosten für die Sozialversicherung höher
werden. Man kann Spannen ja auch innerhalb eines Preisgefüges oder eines
definierten Preises verschieben.
Fakt ist, dass wir für die österreichische Vertriebskette mehr Geld brauchen. Die Preise oder die Spannen sind gesetzlich geregelt, die Kosten sind in den vergangenen Jahren explodiert. Der Aufwand ist durch die ganzen Lieferschwierigkeiten immens gestiegen. Sie als Minister haben die Verantwortung, dazu auch die gesetzlichen Regulative vorzulegen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.22
Präsidentin
Doris Bures: Nun ist Herr Klubobmann
Philip Kucher zu
Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Beiträge der Freiheitlichen Partei so nicht stehen lassen angesichts dessen, was sie parteipolitisch aufführen – da geht es schließlich um Menschenleben.
In der Coronapolitik haben wir jetzt alle über Jahre
hinweg, glaube ich, unsere Positionen
klargemacht, wir wissen ungefähr, wo wir alle stehen, aber vergessen Sie
nicht – auch wenn das aus eurer Sicht parteipolitisch Sinn machen
möge –, dass Menschen, die heute hier zusehen, verzweifelt sind
und
nicht wissen, wie es weitergeht!
Da geht es um ganz konkrete Maßnahmen, und ihr
könnt hundertmal sagen, Corona ist vorbei, aber es gibt auch noch Opfer,
Menschen, die auf
uns angewiesen sind, und diese Menschen haben wahrscheinlich uns allen
geschrieben und auch ihre Lebensgeschichten mitgeteilt. Das sind Menschen, die
jetzt zu Hause sitzen und sich Sorgen machen, weil sie schwer kranke Menschen
pflegen müssen und gerne die Sicherheit hätten, dass
es weiterhin kostenlose PCR-Tests gibt. Über diese Menschen redet die
FPÖ nicht mehr – weil ihr es gar nicht mehr hören wollt
und weil ihr diese
Menschen nicht seht.
Mir schreibt da ein Herr, dass es nicht um ihn selber geht,
sondern um seine beste Freundin, die Laura, die an einer schweren
Autoimmunkrankheit
leidet. Diese Frau möchte er weiterhin so sicher wie möglich besuchen
können. Dafür braucht er weiterhin einen kostenlosen Test, der auch
angeboten
wird. Er schreibt dann im letzten Satz: Für mich geht es um vereinzelte
soziale Kontakte, für Laura geht es um ihr Leben.
Diese Menschen können wir doch nicht einfach im Stich
lassen, weil die Freiheitliche Partei über 100 000 andere Sachen
reden möchte. Herr Hauser ist Experte geworden für Pfizer, für
die Illuminaten, für alles Mögliche, hat Geheiminformationen, aber er
redet ja nicht mehr über die Laura
und über betroffene Menschen. (Beifall bei der SPÖ
sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Was richten Sie der älteren Dame mit sechs Enkelkindern
aus, deren Leber nicht mehr funktioniert, die nach einer Transplantation darauf
angewiesen ist,
dass sie sich testen kann? Was richten Sie einer Frau aus, die von ihrem Vater
schreibt, der schwer krank ist? Sie sagt, sie ist Lehrerin und mit vielen
Menschen in Kontakt, sie möchte ihn nicht gefährden. Die Menschen
schreiben, dass wir, auch wenn Corona politisch vielleicht abgesagt ist, diese
Menschen, auch weil sie vielleicht gerade nicht die Kraft haben, weil
sie körperlich dazu nicht imstande sind, nicht im Stich lassen
dürfen.
Die Freiheitliche Partei hat mit diesem Zickzackkurs, den
sie in der Coronapolitik betrieben hat - - (Heiterkeit bei der
FPÖ.) – Ihr seid diejenigen, die das der
Laura ausrichten müssen. (Beifall bei der SPÖ und
bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich möchte noch einmal daran erinnern: Der erste
Politiker, der den Lockdown gefordert hat, war Herbert Kickl, und er
war einer der Ersten,
der heraußen am Pult im Parlament gesagt hat: Greifen Sie durch! Greifen
Sie durch gegen alle Menschen, die sich nicht an Regeln halten! Unverbesserliche Menschen
sind das. Unverbesserliche, hat er damals gesagt. Das war Herbert Kickl. (Abg.
Wurm: Wo hast du denn das her?)
Kollege Wurm, das braucht dir nicht peinlich zu sein, du
weißt es noch ganz genau: Ihr wart die Ersten, die gesagt haben, man
muss hart durchgreifen,
und jetzt richtet ihr der Laura aus, es passt nicht in eure Geschichte und sie
ist auf sich allein gestellt. Es geht um Menschen, Herr Kollege, es geht um
Menschen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der
Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Brandstätter.)
13.25
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort. – Bitte. (Nein- und Oje-Rufe bei SPÖ und Grünen.)
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Ich weiß nicht, warum Sie so jammern. – Das ist das Demokratieverständnis der anderen Fraktionen in diesem Haus. (Abg. Stögmüller: Ja, ihr habt das beste, klar!)
Herr Kollege Kucher – Herr Klubobmann muss man ja
jetzt sagen, jetzt sind Sie ja der neue Klubobmann –, es war schon
als Abgeordneter lächerlich,
aber als Klubobmann sollten Sie sich ein bisschen an die Fakten halten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Hallo! –
Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ja, beim ersten Lockdown haben
wir mitgestimmt, das war zu einem Zeitpunkt, zu dem die Situation in
Österreich unsicher war, zu dem niemand wusste,
was auf uns zukommt. Nach zehn Tagen - - (Ruf bei der ÖVP:
Bevor
Sie auf die Umfragen geschaut haben!) – Wissen Sie, mit Umfragen
hat das wenig zu tun gehabt, wir sind damals in den Umfragen runtergegangen.
Nur zu
Ihrer Information: Es war Ihr Sebastian Kurz, mit dem Sie auf über
40 Prozent
gestiegen sind. Das unterscheidet uns beide: Wir haben
nämlich nicht
auf die Umfragen gehört. (Lebhafte Heiterkeit bei ÖVP und
Grünen.) – Sehen Sie, und das ist Ihr Problem, meine Damen
und Herren: Sie schauen auf Umfragen, wir haben auf die
Bevölkerung gehört und auf die Leute, die sich dabei auskennen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben irgendwelche
Mathematiker gehabt, wir hatten Virologen und viele Ärzte und Professoren
in unserem Hintergrund. Ich frage mich ja nur - -
(Abg. Schallmeiner: Tee, Sonnenlicht, Zwiebeln, Ivermectin!) –
Ja, Ivermectin ist ein gutes Beispiel, Herr Kollege Schallmeiner. Es gibt einen
Professor in Linz,
in Oberösterreich, Ihrem Heimatbundesland, der wahrscheinlich für
Ihre Fraktion sogar kandidiert hat, jedenfalls Mitglied Ihrer Fraktion war. Das
ist einer
derer, die Ivermectin als Erste gefordert haben – nur so viel dazu. (Zwischenruf
des Abg. Schallmeiner.) Also schauen Sie sich das einmal genauer an,
und
hören Sie endlich auf mit diesem Schwachsinn! (Beifall
bei der FPÖ.)
Es würde reichen, wenn Sie
sich endlich hierherstellen und sich einmal bei der Bevölkerung
entschuldigen würden für das, was Sie der Bevölkerung in
den letzten drei Jahren angetan haben! Das würde schon einmal
ein erster Schritt sein, Herr Kollege Schallmeiner! Und hören Sie auf mit
diesem blöden Dazwischenrufen! Beschäftigen Sie sich doch einmal mit
der
Materie! (Heiterkeit bei ÖVP und Grünen.)
Frau Präsidentin, seien Sie mir nicht böse, aber wenn das die Diskussionskultur ist - -
Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde ersuchen, dass wir den Lärmpegel im Saal wieder ein wenig senken.
Frau Abgeordnete, Sie sind schon sehr lange Abgeordnete des Parlaments und Sie wissen, dass Zwischenrufe auch ein Instrument der parlamentarischen Debatte sind. (Abg. Steinacker: Gerade sie weiß es!) Daher würde ich Sie, was die Bewertung von Zwischenrufen betrifft, um Mäßigung ersuchen.
Sie können jetzt mit Ihren Ausführungen fortfahren.
Abgeordnete Dr.
Dagmar Belakowitsch (fortsetzend):
Ja, danke, Frau Präsidentin, Sie haben recht, ich bin schon sehr lange in
diesem Haus, ich habe schon
sehr viele Zwischenrufe, auch schon sehr viel Gelächter ausgehalten, es hat
mich noch nichts mundtot gemacht, weil ich auch weiß, dass ich in der
Koalition
mit der Bevölkerung bin. Und ich habe in den letzten Jahren sehr, sehr
viele Zuschriften bekommen. (Ruf bei der SPÖ: Jössas na!) –
Ja, für Sie von der SPÖ
ist das natürlich ein „Jössas na!“, Ihnen rennen die
Leute davon. Das ist mir schon klar, dass das für Sie ein
„Jössas na!“ ist. (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Krainer: Tatsächliche
Berichtigung: Die rennen uns gerade die Tür ein! – Abg. Herr:
12 000 neue Mitglieder, aber wurscht!)
Ich bin froh, dass ich in regem Kontakt und in regem
Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land bin, die
Opfer dieser Politik sind, Opfer der Regierungspolitik, wo Sie als SPÖ
immer und überall dabei
waren. Sie waren bei jedem Lockdown dabei, überall! Und da können Sie
sich jetzt hinstellen und sagen, wir haben es kritisiert – ja, aber
zugestimmt
haben Sie! Frau Kollegin Herr, Sie haben überall zugestimmt, in jedem
Hauptausschuss, jeder Verlängerung des Lockdowns! Das haben Sie als
SPÖ
gemacht! Also hören Sie auf mit dieser Kindesweglegung! Sie sind mitverantwortlich
für das, was in diesem Land in den letzten drei Jahren passiert
ist! (Beifall bei der FPÖ.)
Anstatt dass Sie sich jetzt einmal herstellen und bei der
Bevölkerung dafür entschuldigen, versuchen Sie jetzt auch noch, das
von sich wegzuschieben, anderen umzuhängen und alles noch
lächerlich zu machen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass da viel
schiefgelaufen ist. Der Kollege von der ÖVP
hat heute gesagt, dass das Testen nichts gebracht hat. Der Herr Minister hat es
im Gesundheitsausschuss gesagt: Der Erfolg des Testens war de facto
nicht nachweisbar. (Ruf bei den Grünen: Das stimmt nicht!) Und wir
haben Milliarden dort hineingesteckt.
Ich sage Ihnen noch etwas: Ich war eine der Ersten, die das
kritisiert hat, und bin von Ihnen allen wie die Sau durchs Dorf getrieben
worden. Mich hat es
nicht gestört, aber die Bürgerinnen und Bürger hatten ein
Problem (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer), die durften nirgends
hingehen, ohne sich testen
zu lassen. Das ist doch die Wahrheit!
Was nützt es einem Schwerkranken, wenn er sich testen
lässt? Jemand, der so schwer krank ist, dass es eine Gefahr ist, eine
Infektionskrankheit zu bekommen, hat nichts davon, wenn sich jemand
gegen Corona testen lässt, denn Sie wissen nicht, ob das Gegenüber
nicht Influenza hat, ein RSV-Virus
oder sonst irgendeine Erkrankung. Es ist leider so! Wir müssen alle mit
Gefahren leben, und wenn ich zu einer großen Risikogruppe
gehöre – und selbstverständlich gibt es die,
natürlich! –, dann muss ich eben selbst für einen gewissen
Schutz sorgen, denn ich kann nicht nur sagen: Das Corona, das gefährdet
mein Leben!, sämtliche anderen Keime
und Erreger tun das ja genauso.
Also hören Sie auf, das auf irgendetwas zu reduzieren,
das bringt nichts! Es tut mir leid, dass Sie jetzt Ihren Lebensinhalt verloren
haben, Ihre komischen Testungen. (Widerspruch bei den Grünen.) Tatsache
ist: Es ist gut, dass es endlich aufgehoben wird, weil es endlich ein
Befreiungsschlag für die Bürger:innen
ist. (Beifall bei der FPÖ.)
13.31
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend COVID-19-Überführungsgesetz samt Titel und Eingang in 2048 der Beilagen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesundheitsversorgungspaket“.
Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes“.
Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7:
Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz
geändert wird, samt
Titel und Eingang in 2055 der Beilagen.
Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist einstimmig so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2053 der Beilagen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2058 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Bericht des
Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2049 d.B.):
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem nähere Regelungen
zu einem Elektronischen Eltern-Kind-Pass getroffen werden
(eEltern-Kind-Pass-Gesetz – EKPG), erlassen wird sowie das
Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das
Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden
(Eltern-Kind-Pass-Gesetz) (2056 d.B.)
11. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3029/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS (2059 d.B.)
12. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3217/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung im Gesundheitssystem vorantreiben (2060 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Somit kommen wir zu den Tagesordnungspunkten 10 bis 12, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte.
13.34
Abgeordnete
Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau
Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Wir
diskutieren jetzt das Eltern-Kind-Pass-Gesetz, das heute nicht beschlossen
werden kann. Es wird dann einen Rückverweisungsantrag geben, weil die
Vorlage, die der Ministerrat an das Parlament geschickt hat, nicht die gleiche
ist, die im Ministerrat diskutiert wurde. –
Ich möchte es nur erklären.
Nichtsdestotrotz - wir werden die Gelegenheit haben, in
einem neuerlichen Ausschuss die Materie des Eltern-Kind-Pass-Gesetzes noch
einmal zu diskutieren, Fragen zu stellen und womöglich auch noch das ein
oder andere, was uns sehr am Herzen liegt, zu ändern. (Präsident Sobotka
übernimmt
den Vorsitz.)
Lassen Sie mich oder lassen Sie uns gemeinsam daher kurz in
die Vergangenheit blicken! Es war Ingrid Leodolter 1974. Die Einrichtung des
Mutter-Kind-
Passes war seinerzeit wirklich eine umfassend großartige, die die
Säuglingssterblichkeit zurückgehen ließ, die Erkrankungen
der schwangeren Frauen hintanstellen konnte und im Lauf der Jahre und
Jahrzehnte viele, viele Verbesserungen für Mütter und deren Kinder
gebracht hat.
Es wurde dann 1996 aus Kostengründen - -
Nein, ich muss vorher noch sagen: Es gab damals ja Geburtengeld –
das ist die Brücke zu jetzt. (Abg. Wurm:
Das ist heute auch noch gut! ... es gibt eine Prämie!) Es gab
Geburtengeld, wenn man alle Untersuchungen absolviert hatte. 1996 wurde das
leider abgeschafft, die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen sind sehr
zurückgegangen, und man hat 1997 wieder ein Bonussystem eingeführt,
damit wieder mehr
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen gemacht werden.
Leider wurde 2002 mit der Einführung des
Kinderbetreuungsgeldes auch die Mutter-Kind-Pass-Verordnung dahin gehend
geändert, dass man, wenn
man nicht alle Untersuchungen gemacht hatte, bestraft wurde; bestraft insofern,
als man Rückzahlungen leisten musste, nämlich Rückzahlungen des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes.
Ich erzähle das nur deswegen, weil von einer Sache:
Mach etwas, dann wirst du belohnt, das freut uns!, zu einer Sache
übergegangen wurde: Wenn du
etwas nicht tust, dann wirst du bestraft, dann musst du Teile oder die
Hälfte des Kinderbetreuungsgeldes zurückzahlen!
Das ist nicht unsere Politik! Wir müssen in Zeiten wie
diesen natürlich schauen, was man sich leisten kann, was möglich ist,
aber zu riskieren, dass man,
wenn man eine Meldung versäumt, die Untersuchungen zwar gemacht hat, aber
nicht rechtzeitig gemeldet hat, dann das Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen muss,
das sollte nicht der Weg sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Ganz kurz zum jetzigen Entwurf, der wie gesagt noch einmal
im Ausschuss diskutiert werden wird: Es sind Erweiterungen von Untersuchungen
vorgesehen. Es gibt die elektronische Version des
Eltern-Kind-Passes – er wird ja von
Mutter-Kind- in Eltern-Kind-Pass umbenannt –, die dann vorhanden
sein wird; den gelben Pass kann man dann nicht mehr verlieren, weil er
digitalisiert
ist. Genau das ist einer der Knackpunkte für uns: Es werden dann zwei
Datenstränge aufgebaut, auf der einen Seite die Daten in Elga, auf
der anderen
Seite die Daten im elektronischen Eltern-Kind-Pass. Und was uns besonders
verwundert, ist, dass die 400 Familienberatungsstellen, die wir in
Österreich haben, plötzlich auch Zugriff auf diese
Eltern-Kind-Pass-Daten bekommen sollen und auch als Gesundheitsanbieter aufscheinen
sollen.
Erinnern wir uns an Kreisky zurück: Die
Familienberatungsstellen wurden Mitte der Siebzigerjahre geschaffen, um
Schwangerenberatung zu gewährleisten.
Das sind Maßnahmen gewesen, die wichtig waren. (Beifall bei der
SPÖ.)
Jetzt scheint es so, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass
man, wenn man diese Beratungsleistung, die verpflichtend ist, wie ich hier
lese, nicht in Anspruch nimmt, vielleicht wiederum Geld
zurückzahlen muss. – Das wollen wir nicht, das
kann es nicht sein.
Ich glaube, dass es
überhaupt noch sehr im Dunklen liegt, welche Untersuchungen
dazukommen sollen, denn es sind die Psycholog:innen, die Logopäd:innen, die
Mund- und Zahngesundheit in diesem neuen Katalog nicht inkludiert. Schauen wir
aber einmal! Wir können es ja noch einmal diskutieren, um
diese wichtigen Bereiche eventuell noch aufzunehmen.
Es geht auch um
Schwangerenberatung im negativen Sinn, vielleicht auch um die Datenlage, wenn
Abbrüche vorgenommen wurden, wenn es gewalttätige
Ex-Partner gibt – die Männer können dann nämlich auch
in diesen Eltern-Kind-Pass reinschauen. Die Frau muss aktiv sagen: Ich will
nicht, dass jemand reinschaut!, also wieder eine Hürde, die
dazukommt. – Da sind noch viele, viele Ungereimtheiten, die wir
sehen.
Daher finden wir es gut, dass diese Rückverweisung in den Ausschuss da ist. Wiewohl wir eine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes, weitere Untersuchungen, eine Ausweitung durchaus positiv sehen, gibt es da noch viele Haken, die zu diskutieren sind. (Beifall bei der SPÖ.)
13.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanda. – Bitte sehr.
Abgeordnete
Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP):
Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen
vor den Bildschirmen und hier im Saal! Ich darf herzlich den Seniorenbund, die
Senioren der Stadt Oberpullendorf und Niki Berlakovich grüßen, die
mit dem aktuellen Bürgermeister und noch fünf weiteren hier
sind. Ich erlaube mir, das auch in ihrer
Sprache zu sagen – meiner Vatersprache sozusagen –:
Üdvözöljük az idösek egyesületében
Felsöpulyból! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ,
Grünen und NEOS.)
Somit komme ich gleich zum Thema, über das wir heute
debattieren – das tun wir nämlich nicht über den
Mutter-Kind-Pass, sondern über den Eltern-
Kind-Pass, weil auch Väter sehr, sehr wichtig sind.
„The Times They Are
A-Changin’“ hat schon Bob Dylan gesungen. Der
Mutter-Kind-Pass ist ja, wie wir gerade gehört haben, unbestritten eine
Erfolgsgeschichte, aber bald 50 Jahre alt, und die Zeiten haben sich
eben geändert. Damals hatte Österreich 7,6 Millionen
Einwohner, jetzt sind es 9,1 Millionen Einwohner. Damals war das Wort
Handy noch in keinem Sprachgebrauch vorhanden, heute geht kaum mehr
jemand ohne Handy außer Haus. – Ich sage immer, das ist die
externe Festplatte – wer weiß schon Telefonnummern,
Termine und alles andere auswendig –, wobei auch dieser Begriff
wahrscheinlich schon überholt ist, denn wir sollten uns mehr über KI
und das Internet, das wir ständig bei uns haben, Tag und Nacht,
unterhalten.
Es ist also wirklich mehr als an der Zeit, den
Mutter-Kind-Pass in das
digitale Zeitalter überzuführen und dabei auch dessen Namen von
Mutter-Kind-Pass in Eltern-Kind-Pass zu ändern, denn dieser Begriff gibt
den gesellschaftlichen Veränderungen, die wir erleben, auch ein
Attribut, einen Raum. Der Vater ist nämlich sehr wohl eine ausgesprochen
wichtige Bezugsperson und verantwortlich für das seelische
und psychische Wohlergehen und die Entwicklung des Kindes, wovon wir auch
gestern schon im Zusammenhang mit der Psychotherapie gehört
haben. Mit Männern gibt es ganz andere Erziehungsstile. Mit dieser
Umbenennung in Eltern-Kind-Pass soll auch der Diversität, die
wir haben, Raum gegeben werden, denn wie gesagt, die Zeiten ändern sich.
Für die Entwicklung des elektronischen Eltern-Kind-Passes stellt das Gesundheits- und Sozialministerium 10 Millionen Euro zur Verfügung. Mit diesem Geld, mit diesen Mitteln werden nicht nur die inhaltlichen Reformen bis 2026 ausgebaut, sondern er wird entsprechend den Wünschen der Teilnehmer:innen einer Befragung des Jahres 2022 auch als Handyapp, aber
auch –
sozusagen zu Hause vor dem großen Bildschirm – in Form
einer Webplattform zur Verfügung gestellt.
Der Nutzen durch diese Leistungserweiterung ist
unbestritten. Das bietet nun viele Möglichkeiten, um Abläufe zu
vereinfachen und so den Zugang zu
den Untersuchungsdaten und Informationen zu vereinfachen. Ein paar davon
möchte ich gerne aufzählen: Zum Beispiel wird dort eben eine Informationsplattform
für Familienleistungen und Beratungen zu psychischer Gesundheit,
Gesundheitsförderung und Vorsorge eingerichtet, auch eine elektronische Dokumentationsplattform
für Untersuchungen und Beratungen während der Schwangerschaft und der
Kindheit ist vorgesehen.
Besonders nützlich sind auch die praktischen
Anwendungen, wie eine Erinnerungsfunktion und das Zusammenführen von
Datenbanken, wodurch
Eltern entlastet werden und nicht mehr von administrativen Aufgaben sozusagen
verfolgt werden und denken müssen: Jetzt muss ich noch schnell
den Nachweis bringen und das irgendwo hintragen, damit man sieht, dass ich das
gemacht habe!
Durch diese Anpassungen und Erweiterungen wird vor allem
für sozial benachteiligte Familien mit eventuell eingeschränkten
Sprachkenntnissen der Zugang vereinfacht, vor allem auch, weil die Handyapp
mehrsprachig
angeboten wird.
Besonders zu betonen ist, dass die Untersuchungsprogramme bis zum 18. Lebensjahr ausgebaut werden – wir alle wissen, dass sich die Adoleszenzphase dezent verlängert hat –, und gerade auch was psychische Begleitung und Ernährung betrifft, und was alles dazukommt, ist einiges darin enthalten.
Für die Entwicklung des elektronischen Eltern-Kind-Passes wird auf Erfahrungen aus bereits bestehenden digitalen Gesundheitsanwendungen zurückgegriffen, wie Elga mit der E-Card, E-Impfpass und telemedizinische Anwendungen –
in Tirol haben wir zum Beispiel das Programm Herzmobil. Dabei zeichnen Patienten freiwillig alle ihre gesundheitsrelevanten Daten im Alltag auf, um diese dann Netzwerkmediziner:innen zur Verfügung zu stellen.
Eines ist klar: Die Digitalisierung lässt sich nicht mehr aufhalten.
Damit noch ein Wort zu den oft gestellten Fragen und den damit vielleicht verbundenen Sorgen: Was passiert mit diesen erfassten Daten? – Generell ist zu sagen, dass bei der Datenerfassung die Daten der Mutter und jene des Kindes getrennte Datenstränge sind. Diese werden absolut getrennt, und auch bei Mehrkindergeburten, Mehrlingsgeburten gibt es getrennte Datenstränge.
Auf die Daten der Mutter hat nur die Mutter, die Gebärende, Zugriff und sonst niemand – das ist ganz essenziell –; auf die Daten des unmündigen Kindes hingegen hat jeder Obsorgeberechtigte – also Vater oder andere obsorgeberechtigte Person, je nachdem, wie die Beziehungskonstellation ist – Zugriff.
Inhalte von Beratungsgesprächen werden nicht abgespeichert, sondern nur, dass der Termin wahrgenommen wird. Für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ist wichtig, dass man den Termin hat, dass man das Gespräch geführt hat, aber nicht, was dabei gesprochen wurde. Eine Verarbeitung zu anderen Zwecken als im Bundesgesetz vorgesehen ist auch nicht zulässig.
Zu den Elga-relevanten Gesundheitsdaten ist zu sagen, dass keine Mehrfachspeicherungen von gesundheitsrelevanten Daten vorgenommen werden, sondern wenn die Person Teilnehmer:in im Elga-System ist, werden diese Daten über eine Schnittstelle übertragen.
Auch die lange Speicherdauer von 30 Jahren wurde ein
bisschen kritisch hinterfragt, aber das hat einen Sinn, denn wenn man den
durchschnittlichen Zeitraum betrachtet, in dem eine Frau
gebärfähig ist – 30 Jahre –, sieht man,
dass es sicher relevant ist, wenn sie sehr früh ein Kind bekommen
hat und später noch einmal eines bekommt, dass sie diese Daten von
früher
noch sieht und zur Verfügung hat. Auch ein Kind hat, wenn es
dann erwachsen ist, eine Familienplanung machen oder aus anderen
Gründen einfach hineinschauen will, diese Daten noch 30 Jahre zur
Verfügung, und das
eben sehr niederschwellig.
Sie sehen also, dass die Regierung sehr wohl auf den Datenschutz und die Datensicherheit Rücksicht genommen und alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um diesen gangbaren Weg zu wählen.
Ich möchte mich abschließend bei allen bedanken, die sich konstruktiv in diesen Prozess eingebracht haben, dass wir den Schritt zum Ausbau der Digitalisierung und eines digitalen Gesundheitsstandortes setzen können, denn noch einmal: „The Times They Are A-Changin’“. Wir kommen an der Digitalisierung nicht mehr vorbei, also machen wir es bitte so gut wie möglich, mit einem vereinfachten Zugang auch für Menschen, die nicht gut in digitaler Kommunikation sind, und heben wir den Nutzen als Beitrag für unsere Gesundheitsförderung hervor! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.47
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter
Peter Wurm (FPÖ): Herr
Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte
Zuseher! Vielleicht kurz zur Erklärung: Heute wird diese Änderung
vom Mutter-Kind-Pass zum Eltern-Kind-Pass nicht abgestimmt, sondern das geht in den Ausschuss zurück, und das ist die
frohe Botschaft des Tages.
Man muss vielleicht schon erklären, dass es da um ein
ideologisches Projekt der Grünen geht (Abg. Disoski: Digitalisierung
ist ideologisch ...?), die damit quasi
eine Veränderung im ideologischen Bild erzwingen wollen, und die
ÖVP als ehemalige traditionelle Familienpartei spielt mit. Dieses Vorhaben
kann man grundsätzlich einfach nur ablehnen. (Beifall bei der
FPÖ.) – Das ist der
erste Punkt.
Frau Kollegin Heinisch-Hosek hat das ohnehin sehr gut
erklärt: Das ist eines der tollen Projekte früherer Sozialdemokraten,
sage ich einmal. Gegangen ist
es dabei darum, die Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft und
jene des Kindes zu verbessern, die Kindersterblichkeit zu senken. Das wurde mit diesem
Mutter-Kind-Pass auch erreicht, und der funktioniert gut. Wenn Sie aktuell im
Bekanntenkreis jemanden fragen, der gerade schwanger ist oder die
Schwangerschaft hinter sich hat, wenn sie diese Person fragen,
werden sie alle sagen: Das mit dem Mutter-Kind-Pass funktioniert super, das ist
eine ganz tolle Geschichte!
Dieser Mutter-Kind-Pass hat für ganz viele Frauen
offensichtlich einen sehr starken emotionalen Wert. Teilweise gibt es diesen
Mutter-Kind-Pass auch noch von der
Großmutter, man kann sich mit den Freundinnen austauschen. Er hat
also, auch von der Haptik her, einen sehr hohen ideellen Wert. – So.
Jetzt würde nichts dagegen sprechen, wenn sich jemand
freiwillig entscheiden kann, ob er den bisherigen Mutter-Kind-Pass, so wie er
ist, weiter haben
will, oder ob jemand ihn elektronisch haben will. Es spricht nichts dagegen,
das auf freiwilliger Basis anzubieten – wir sind immer für
freiwillige Entscheidungen –, nur was Sie vorhaben, basiert ja
nicht auf Freiwilligkeit, sondern Sie zwingen alle zukünftigen Mütter
in dieses System hinein – mit allen Problemen und
Schwierigkeiten, die damit einhergehen. Noch einmal, bitte
schön: Wenn Sie jemandem erklären wollen, dass es eine
Datensicherheit in Österreich oder irgendwo international gibt, dann kann
ich Sie nur auslachen, die gibt es natürlich nicht. Es wird jeder
vielleicht schon einmal erlebt haben,
wenn irgendwann gehackt wurde oder sonst etwas: Diese Datensicherheit gibt es
nicht! Und bei so einem sensiblen Thema, von dem wir da heute sprechen, würde
ich das einfach ausschließen, den Müttern zu versprechen, dass ihre
persönlichen Daten, eventuell auch wenn das Kind vielleicht nicht zur Welt
kommt oder sonst etwas, nicht irgendwie irgendwann in falsche Hände
kommen. Diese Garantie können Sie gar nicht geben, da spielen Sie der
Bevölkerung etwas vor.
Es gibt unzählige
Einsprüche zu diesem Vorhaben, liebe ÖVP, und zwar inhaltlich von
Anwaltskammern, Datenschutzbehörden und, und, und. Das heißt
für
uns, am besten ist, Sie kübeln diese ganze Geschichte und führen den
Mutter-Kind-Pass fort. Wenn Verbesserungen in dem Bereich erforderlich sind,
kann man gerne darüber diskutieren, wenn das jemand elektronisch haben
will, wenn sich das jemand am Handy anschauen will, ist das auch kein Problem,
aber zwingen Sie bitte nicht alle werdenden Mütter in Zukunft in dieses
sehr, sehr unsichere System hinein.
Und bitte behalten wir eines
bei: den Mutter-Kind-Pass. Es geht um den Mutter-Kind-Pass. Das,
was Sie von den Grünen wollen, ist der Eltern-Kind-Pass.
Es steht ja auch so im Vorhaben drinnen. (Abg. Pfurtscheller: Das
wollen wir auch! Es geht darum, dass sich die Männer auch verantwortlich
fühlen!) – Frau Kollegin, es geht nicht um
die Gesundheit der Väter (Abg. Pfurtscheller: Nein, es geht um
die Kinder!), es geht um die Gesundheit der Mütter und der Kinder (Abg.
Pfurtscheller: Und da sind die Väter mit ihrem Anteil dabei! Das
ist ganz normal!), das sollte im Mittelpunkt stehen. (Beifall bei der
FPÖ.)
Zu Ihren vollkommen kruden
Ideen und den Vorstellungen, auch der biologischen Unwahrheit, die Sie
verbreiten (Abg. Pfurtscheller: Wieso? Was ist
das für eine Unwahrheit, dass es Väter gibt?), vielleicht noch
einmal zur Erklärung, Frau Kollegin Pfurtscheller aus Tirol: Es gibt Mann
und Frau, es gibt Mutter und Vater. (Abg. Pfurtscheller:
Ja, sagte ich! Eltern!) Frau Kollegin, das sollten Sie von der
ÖVP - - (Abg. Pfurtscheller: Väter sind genauso
verantwortlich
für die Kinder wie die Frauen!) Ich gebe Ihnen gerne Nachhilfestunden
in diesem Bereich.
Vielleicht noch einmal: Offensichtlich sind in diesem Bereich wir Freiheitliche die Einzigen, die eine vernünftige, normale Politik machen. Das, was Sie da vorhaben, ist für mich nichts anderes als ein vollkommen weltfremdes, krudes, ideologisches Programm, und wir werden alles tun, das zu verhindern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Väter sind genauso Teil einer Elternschaft
wie die Mütter! – Abg. Wurm – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Aber um die Gesundheit geht’s!)
13.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.
Abgeordnete
Barbara Neßler (Grüne): Herr
Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Der
gelbe Mutter-Kind-Pass ist ein Erfolgsmodell aus dem Jahr 1974 für
Schwangere, Babys und Kleinkinder, und er hat erheblich zur Reduzierung der
Säuglingssterblichkeit beigetragen. Die Kollegin von der SPÖ hat es
bereits erklärt.
Meiner Meinung nach ist der Pass etwas in die Jahre gekommen.
Mit dem digitalen Eltern-Kind-Pass (die Abgeordneten Pfurtscheller,
Belakowitsch und
Wurm debattieren angeregt von ihren Sitzplätzen aus –
Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) – liebe
Kollegin von der ÖVP, ich komme eh gleich zur
FPÖ und sage es ihr dann (Abg. Pfurtscheller: Ja, danke!) –
führen wir dieses Vorsorgeinstrument ins 21. Jahrhundert.
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu
Härtefällen – und, Herr Kollege Wurm, Sie sollten jetzt
aufpassen –, bei denen eine falsche Eintragung
von Untersuchungen zum Verlust des Kinderbetreuungsgeldes geführt hat. Sie
können sich also vorstellen, was das für einen finanziellen Verlust
für
die Familien bedeutet hat. Durch diese Digitalisierung des
Mutter-Kind-Passes – jetzt Eltern-Kind-Pass – wird das
künftig nicht mehr vorkommen. Das
heißt, Kollege Wurm, die Digitalisierung (Abg. Wurm: Ist
super!) und das Verhindern von diesen Härtefällen hat nichts
mit Ideologie zu tun (Abg. Wurm:
Wer es will, gerne!), sondern mit Vernunft und Fortschritt – aber
mit Fortschritt können Sie anscheinend nicht so viel anfangen. (Beifall
bei den Grünen
sowie der Abg. Pfurtscheller.)
Dann haben Sie die Daten
angesprochen. Jetzt erkläre ich Ihnen, wie das mit den Daten funktioniert,
und zwar, weil auch immer wieder Sorge andererseits aufkam, auch von
politischen Mitbewerbern, um das klarzustellen: Der Datenschutz von Schwangeren
hat für uns höchste Priorität (Abg. Wurm: Aha! Und den
garantierst du, Barbara? Den garantierst du persönlich?) und wird
auch zu jedem Zeitpunkt sichergestellt. Vor der Geburt hat nur die Schwangere
Zugriff auf die Daten (Abg. Belakowitsch: Warum dann
„Eltern“?), nach der
Geburt hat der zweite Elternteil nur Zugriff auf die Daten des Kindes, nicht
auf jene der Mutter. (Abg. Wurm: Wer ist der zweite Elternteil?)
Das heißt,
der Vater hat also zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf die Daten der Mutter.
(Abg. Belakowitsch: Warum dann „Eltern“?)
Kollege Wurm, noch einmal, weil
Sie das als ideologisch und als was weiß ich kritisiert haben: Wir
sind nicht mehr im Jahr 1974, sondern im Jahr 2023 (Abg.
Ries: Wenigstens wisst ihr, wo ihr seid!), und die Gesundheit des
Kindes liegt nicht nur in der Verantwortung der Mama, sondern hoffentlich schon
in jener
beider Elternteile. (Beifall bei den Grünen.) Wir wissen, dass
Sprache Realität schafft, und ja, Rollenbilder – ob Sie es
wollen oder nicht – haben sich Gott sei Dank weiterentwickelt. Und
ja, wir sind da weiter, als sich die FPÖ das wünschen
würde, und darum haben wir das auch entsprechend sprachlich adaptiert. (Abg.
Wurm: „Adaptiert“!)
Außerdem wird der Eltern-Kind-Pass künftig in
mehreren Sprachen angeboten (Abg. Wurm: Französisch!), das
wird Ihnen wahrscheinlich auch nicht passen,
und der nächste Schritt wird der deutliche Ausbau des Vorsorgeprogramms
mit einer Vielzahl von Leistungen wie zum Beispiel dem verpflichtenden Hörtest für Neugeborene
werden. Das ist zwar eine kleine Untersuchung, aber mit einer großen
Wirkung, weil es immer wieder zu Fehldiagnosen wie zum Beispiel Autismus
oder Sonstigem gekommen ist. Es wird auch Ernährungsberatung angeboten, es
wird Elterngespräche geben, gerade in puncto Vereinbarkeit,
faire Aufteilung, Papakarenz und auch im Bereich Gewaltschutz.
Alles in allem kann man sagen, der neue Eltern-Kind-Pass
wird digitaler, er wird moderner (Abg. Belakowitsch: Also doch
ideologischer!), er wird mit mehr Leistungen ausgestattet und bleibt
natürlich weiterhin kostenlos. Genauso investieren wir in die Gesundheit
von Eltern und Kindern und sorgen dafür, dass sie die beste
Unterstützung bekommen, von Anfang an. – Danke schön.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache
ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Ich finde es ganz lustig,
dass ausgerechnet bei der Digitalisierung des Eltern-Kind-Passes ein
digitales Malheur passiert. Das Gute
daran ist, dass man vielleicht noch Zeit hat, eventuelle Mängel zu
überarbeiten, aber inhaltlich darauf eingehen werden dann meine
Kolleg:innen.
Umso wichtiger sind jetzt
unsere Anträge zur Digitalisierung, unser Antrag betreffend „Vorbereitende
Maßnahmen für den EHDS“, der mehrheitlich angenommen
wurde – ein Danke dafür. Es geht darum, dass wir ein positives
Learning aus der Pandemie mitnehmen sollen, was nachhaltige Kooperationen der
Mitgliedstaaten der EU betrifft. Es gibt einen Vorschlag,
einen Regulierungsvorschlag der Europäischen Kommission, einen
europäischen Raum für Gesundheitsdaten zu etablieren. Das soll den
EU-Bürgerinnen
und -Bürgern eine bessere Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten
ermöglichen.
Was wir dazu brauchen, ist ein Stück weit die Elga,
aber auch eine bessere Vernetzung unter den verschiedenen Systemen, weil zum
Beispiel
das Krankenhaus und der niedergelassene Bereich nicht immer gleich an Elga
angeschlossen sind, genauso wie Wahlärzte nicht angeschlossen sind,
und es da halt immer noch Parallelstrukturen gibt, die dann für die Patienten einfach mühsam werden.
Was es braucht, ist eine gute Erfassung der Diagnosen,
vorhandene Register müssen verknüpft werden, wir haben da ganz viele
verschiedene im System, und gut wäre halt auch, wenn man die
Umsetzungsfrist der EU-Verordnung einhalten kann – eine
Basis für die Datensammlung und eine Abstimmung
der vorhandenen Register also. Umso weniger verstehe ich, warum der zweite
Antrag abgelehnt wurde, weil wir ja Elga eben vorher so reformieren
müssen, dass wir dann in diesem EHDS Platz finden.
Wahlärzte sind nach wie vor ein Thema, darauf
müssen wir wirklich dringend schauen, vor allem wenn man die Zahlen
betreffend die Wahlarztentwicklung von 2000 bis 2019 ansieht: Die
Zahl hat sich fast verdoppelt. Im Jahr 2000 gab es rund
4 500 Wahlärzte, 2019 waren es 10 175, also
mehr als doppelt so viele sogar. Die Anzahl der Kassenärzte stagniert
ziemlich: im Jahr 2000 6 900 Kassenärzte und 2019
7 100 Kassenärzte. Das ist
sehr mau, muss ich sagen. Deswegen ist die Anbindung von allen Gesundheitsdiensten
an Elga so wichtig, um da auch wirklich eine Verteilung der
Daten zu erreichen.
Digitalisierung ist wichtig, die Pandemie hat uns auch
gezeigt, was für eine enorme Erleichterung sie bietet. Wir können sie
nicht vertagen, weil
wir da natürlich auch ein Stück weit an die Europäische
Kommission gebunden sind, und wir können auch unabhängig vom
Finanzausgleich die Elga so vorbereiten, dass wir gut arbeiten können.
Schön wäre halt auch, die mobilen Gesundheitsdienste da zusätzlich zu den Wahlärzten mitzudenken, weil es für die Patienten einfach mehr Flexibilität bedeutet, aber auch eine Entlastung aller Gesundheitsberufe. Es wäre schön, wenn uns das gelingen könnten. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
14.00
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Der
Eltern-Kind-Pass,
früher Mutter-Kind-Pass, ist eine ganz wichtige
Errungenschaft – das ist angesprochen worden –, die
in der Historie vielen – jedenfalls – Kindern
schwere Erkrankungen erspart hat, das Leben gerettet hat und viel zur Gesundheit
beigetragen hat.
Er ist etabliert und wird nun, wie es in anderen Bereichen
der Fall ist, digitalisiert. Der Gesetzentwurf wird noch einmal, weil es eben
dieses Malheur gegeben
hat, dem Ausschuss zugewiesen werden und dann im Haus neuerlich behandelt und
beschlossen werden. Es ist ein Projekt, das drei Säulen beinhaltet:
erstens die Valorisierung der ärztlichen Leistungen mit erheblichen
Geldmitteln – um die 20 Millionen Euro –, zweitens
eine Leistungserweiterung – im Ausmaß von etwa
17 Millionen Euro – und drittens, ja, die Digitalisierung
des Passes.
Diese Digitalisierung ist ein Projekt, das auch mit Mitteln
der Europäischen Union gefördert wird, mit 10 Millionen Euro,
die dafür zur Verfügung
stehen. Meilenstein eins ist eben das, was jetzt vorliegt: die Digitalisierung,
die bewerkstelligt wird.
Die Erweiterung des Leistungsprogrammes wird – das ist angesprochen worden – zwischen Sozialversicherung, Ärztekammer, Familienministerium ausverhandelt, mit dabei sind das Hebammengremium und viele andere mehr.
Wichtig auch, weil das besprochen wurde: Der Datenschutz ist ein ganz wesentliches Thema. Er ist auch gewährleistet: Die Einsicht kann von der Mutter gesperrt werden. Es ist jedenfalls sichergestellt, dass bei den Beratungsstellen nur jene Leistungen eingesehen werden können, die auch dort erbracht worden sind.
Der europäische Gesundheitsdatenraum ist angesprochen
worden – ja, ein zentrales Projekt, wenn es darum geht, die
Digitalisierung weiterzubekommen. Es muss einfach möglich
sein, Patientendaten, Patientinnendaten, auch wenn man im Ausland eine
Spitalsbehandlung, eine ärztliche Behandlung braucht, zu vernetzen. Es muss möglich sein, dort auch Abgleiche
zwischen Diagnosekriterien zu machen. Das erweitert das Spektrum gerade
bei
der Krebsbehandlung massiv und ist jedenfalls ein Fortschritt. Die Vorarbeiten
dazu sind sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene im
Gange. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
14.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger
(ÖVP): Geschätzter Herr
Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Besucherinnen und Besucher hier und auch alle,
die von zu Hause zusehen! Ich darf zu Beginn für meinen Kollegen Andi
Kühberger ganz herzlich zwei Gruppen
aus der Steiermark willkommen heißen: Zum einen ist eine Gruppe aus
der Gemeinde Mautern anwesend und zum anderen der Bezirksparteivorstand des
Bezirkes Liezen – herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Diese Weiterentwicklung des
Mutter-Kind-Passes zum Eltern-Kind-Pass ist – das sage ich als Vater
von vier wunderbaren Töchtern – wirklich eine
tolle Errungenschaft. Meine Frau hat dieses Service, diese Unterstützung
auch genützt. Es ist unsere Verpflichtung, dass wir dieses erfolgreiche
Projekt, das inzwischen schon fast 50 Jahre alt ist,
gemeinsam weiterentwickeln.
In dieser Situation muss man
eines sagen: Es hat aus meiner Sicht schon gebracht, dass Krankheiten bei
den Müttern, bei den Neugeborenen früh erkannt wurden. Es hat auch
dazu geführt, dass durch gezielte Impfkampagnen –
wie zum Beispiel Diphtherie, Tetanus, Mumps und andere – Krankheiten gezielt eliminiert werden konnten.
Ich bin froh, dass es aufgrund der Zusammenarbeit in dieser Bundesregierung im Ausschuss gelungen ist, den Eltern-Kind-Pass dahin gehend weiterzuentwickeln, dass er ab 1. Jänner 2024 so funktionieren wird, dass man zukünftig nicht mehr nur bis zum fünften Lebensjahr, sondern bis zum 18. Lebensjahr Untersuchungen machen wird. Dafür ein Danke an den Minister und an sein gesamtes Team.
Ich bin auch sehr froh, dass auch, wie Kollegin Neßler vorhin schon gesagt hat, das Thema Ernährung zusätzlich aufgenommen wird und einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, dass die Kinder noch gesünder sein werden.
Zur Kritik der FPÖ, dass
das nichts ist, wenn man das online hat, sondern dass es das einfach im gelben
Heft geben muss: Ich habe unlängst einen intensiven Austausch mit dem Chef
der Kinderklinik Innsbruck, Dr. Müller, gehabt,
und er hat mir gesagt, es ist gar nicht so selten, dass dieses gelbe Heft im
Akutfall, wenn man schnell medizinische Behandlung und Unterstützung
der
Ärzte braucht, nicht griffbereit ist. Wenn das aber im Internet abrufbar
ist, dann kann die Krankengeschichte des zu behandelnden Kindes sofort vom Mediziner eingesehen
werden und so letztendlich auch gezielt und richtig behandelt werden.
Ich darf aber an dieser Stelle, weil das für uns auch notwendig ist, dass wir einerseits auf die Gesundheit schauen, aber andererseits auch auf die finanzielle Unterstützung der Familien, auch noch einmal im Stakkato ein paar Maßnahmen erwähnen, die wir als Bundesregierung in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben:
Eingeführt wurde ja der Familienbonus Plus in der ÖVP-FPÖ-Regierung 2019. 2022 ist er dann mit dieser jetzigen Bundesregierung von 1 500 Euro auf 2 000 Euro pro Kind erhöht worden.
Wir haben die Kindergartenmilliarde eingeführt, wir
haben 2022 den Familienbonus vorgezogen und den Kindermehrbetrag auf
550 Euro angehoben;
die Auszahlung findet heuer statt. Wir haben zum Beispiel die Sonderfamilienbeihilfe
in Höhe von 180 Euro pro Kind umgesetzt. Wir haben die Valorisierung –
ich denke, das ist ein wichtiger Aspekt – der Sozial- und
Familienleistungen ebenfalls als Bundesregierung umgesetzt,
und – ich denke, das ist
für viele Menschen ein großer Wurf – die Abschaffung der
kalten Progression ist aus meiner Sicht eine deutliche Verbesserung für
die gesamte Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)
Heute bereits auf den Weg gebracht haben wir, dass wir
gezielt jenen Familien – und das ist auch unsere Aufgabe als
Politiker, dass wir besonders auf jene Menschen schauen, die es besonders
schwer haben –, die das am meisten benötigen, bis Ende
2024 monatlich 60 Euro pro Kind zur Verfügung stellen:
alleinerziehenden Eltern, Familien, in denen jemand arbeitslos ist, oder
Sozialhilfebeziehern. So können wir bis Ende 2024 diesen Familien
gezielt
1080 Euro pro Kind zur Verfügung stellen – ein Danke an
das Ministerium, ein Danke an die Regierung.
In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren: Es ist uns einerseits die Gesundheit der Kinder, der Menschen, der Bevölkerung sehr, sehr wichtig, und andererseits braucht es auch gezielt die richtigen wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte und Anreize, um diese multiplen Krisen, die wir momentan durchaus erleben, entsprechend gemeinsam meistern zu können. In diesem Sinne ein herzliches Danke! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte.
Abgeordneter
Mario Lindner (SPÖ): Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe die Ehre, in Vertretung von
Frau Abgeordneter Martina Künsberg ihren Sohn Ferdinand mit seiner Klasse,
der 2f des BG Perchtoldsdorf, ganz herzlich im Parlament begrüßen zu
dürfen. (Allgemeiner Beifall.)
Seit 15 Jahren und zum Teil noch länger hakt es im
Gesundheitssystem. Auch als Sozialdemokrat sage ich ganz bewusst: Wir alle
haben die Verantwortung, endlich nicht nur von Lösungen zu sprechen,
sondern diese auch umzusetzen. Wenn es aber um echte Verbesserungen im
Gesundheitsbereich geht,
gibt es eine Partei, die immer blockiert hat: die ÖVP. (Abg. Schmidhofer:
Ah geh! Jetzt hörst aber auf!) Deshalb traut dieser Regierung kaum
noch ein
Mensch in Österreich zu, wirkliche Lösungen anzubieten. Knapp vier
Jahre nach ihrem Amtsantritt überbieten sich ÖVP und Grüne ja
gerade darin, große Reformprojekte zu versprechen. (Abg. Schmidhofer:
Wir setzen um! Regierungsprogramm fast umgesetzt!) Sie haben uns aber
keinen Anlass geboten, zu glauben, dass davon viel übrig bleibt.
Die Menschen in unserem Land sind ja nicht blöd. Sie
checken, dass es Ihnen nur mehr um die nächste Wahl geht. Wir brauchen uns
also nur anzuschauen, worüber wir heute diskutieren. Den Eltern-Kind-Pass
setzen Sie auf eine Art und Weise um, angesichts derer sich jeder
Außenstehende nur mehr an den
Kopf greift. (Abg. Schmidhofer: Nach 50 Jahren höchste Zeit!) Sie
schaffen eine Parallelstruktur zu Elga und das, obwohl nicht nur die EU,
sondern
auch der logische Menschenverstand Ihnen sagen sollten, wie kontraproduktiv
Doppelsysteme im Gesundheitsbereich sind, ganz zu schweigen von jenen offenen
Fragen, die wir im Ausschuss noch diskutiert haben, zum Beispiel wie es bei den
alleinerziehenden Vätern mit dem Datenzugriff ausschaut, oder
nehmen wir den Antrag von Kollegin Fiedler her, die Österreich massiven
Nachholbedarf bei der Digitalisierung im Gesundheitsbereich
attestiert – das
ist ja kein Geheimnis.
Egal wie gerne von den Kolleg:innen der Regierungsfraktionen
das Gegenteil beschworen wird: Jede Patientin und jeder Patient
weiß, welche Probleme
es mit fehlenden Datenzugriffen, doppelten Untersuchungen und so weiter gibt.
Was ein echter Digitalisierungsschub bewirken könnte, hat
uns die
Pandemie gezeigt, und das wäre auch im Bereich der Gendermedizin
möglich; oder im Bereich der LGBTIQ-Gesundheit, zu dem der Herr Bundesminister vergangene
Woche einen spannenden Bericht vorgelegt hat – leider ohne dringend
notwendige Folgemaßnahmen. All diese Chancen wird diese Regierung nicht
nutzen, deshalb haben Sie diesen Antrag ja auch abgelegt.
Am Ende des Tages bleiben Überschriften, bleiben
Versprechungen und der Wille dieser Regierung, sich irgendwie bis zur
nächsten Wahl durchzumogeln,
damit die Verantwortung für die Fehler in unserem Gesundheitssystem nur ja nicht
an ihr hängenbleibt.
Lassen Sie mich aber eines sagen: Die Menschen in
Österreich sind schlau genug, sie erkennen, was Sie tun, und sie
haben die Nase voll davon. Die Menschen, die auf unser Gesundheitssystem
angewiesen sind, die breite Mehrheit der Bevölkerung, das sind keine
Bittstellerinnen und Bittsteller. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine persönliche
Anmerkung zum Dritten Präsidenten des Nationalrates und zur FPÖ: Drag
is not a crime!
Happy Pride! (Beifall bei der SPÖ.)
14.10
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.
Abgeordneter
Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr
Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr
Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus auf der Galerie
beziehungsweise zu Hause vor den Bildschirmen! So sehr wir uns auch in vielen
Dingen widersprechen, lieber Mario Lindner, aber den letzten Satz unterschreibe
ich natürlich aus vollstem
Herzen: Drag is not a crime!, auch hier im Parlament nicht. (Beifall bei
Grünen und SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)
Kommen wir aber zum eigentlichen Thema dieser
Tagesordnungspunkte: Das eine ist eben der elektronische Eltern-Kind-Pass, und
dazu möchte ich
schon noch einmal kurz ein paar Dinge klarstellen:
Wir diskutieren hier ein Gesetz, in dem es darum geht, dass
wir die Digitalisierung des bisherigen Mutter-Kind-Passes, nunmehrigen
Eltern-Kind-
Passes umsetzen. Dabei geht es noch nicht um die Bandbreite der Leistungen,
dabei geht es nicht um die Ausweitung, dabei geht es übrigens auch nicht
um die Valorisierung der Leistungen – falls hier jetzt jemand
glauben sollte, dass es darum geht –, sondern es geht wirklich
einzig und allein um die Digitalisierung des Eltern-Kind-Passes. Es
geht darum, dass wir die Möglichkeit eines sehr niederschwelligen, sehr
einfachen Zugangs bieten und damit den bisherigen gelben Pass
ersetzen werden. Es geht dabei um eine App, es
geht um webbasierten Zugang, es geht um Mehrsprachigkeit – Kollege
Wurm hat sich letztens im Gesundheitsausschuss darüber beschwert, dass der
Eltern-Kind-Pass nun mehrsprachig wird. (Abg. Wurm: Französisch! –
Abg. Belakowitsch: Wir haben gefragt, warum Französisch!) Es
geht darum, dass er niederschwelliger wird, weil er eben auch in Einfacher
Sprache umgesetzt wird. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der
Freiheitlichen Partei: Willkommen im
Jahr 2023! (Beifall bei den Grünen.) That’s what future looks
like, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es hat während der
Begutachtung Kritik gegeben, das stimmt. Wir haben uns mit dieser Kritik sehr
intensiv auseinandergesetzt und dementsprechend gab es
im letzten Gesundheitsausschuss einen sehr umfangreichen
Abänderungsantrag, in dem es darum gegangen ist, sich auch anzuschauen:
Wie gehen wir mit
dieser Kritik, die dazugekommen ist, und mit den Befürchtungen
um? – Nein, wir wischen sie natürlich nicht vom Tisch, sondern
wir nehmen das natürlich
sehr, sehr ernst. Da ist es vor allem darum gegangen: Wie schaut das mit den
Einsichtsmöglichkeiten beispielsweise von Gesundheitsdienstleistern
aus – Kollegin Heinisch-Hosek hat es auch angesprochen? Wie schaut das
beispielsweise in toxischen Beziehungen aus? Wie stellt man wirklich
sicher,
dass die Frau nicht zusätzlich durch den Mann, durch ihren Partner unter
Druck gerät? Wie kann man all diese Dinge sicherstellen? (Abg. Wurm:
Das löst
sich alles! Das habts alles gelöst!) All das haben wir mit
berücksichtigt und in den nunmehr vorliegenden Entwurf eingebaut, den wir
aber leider – das stimmt
und wurde auch mehrere Male gesagt – aufgrund eines technischen
Fehlers wieder an den Ausschuss zurückverweisen müssen, um eben
auch hier Rechtssicherheit herzustellen. (Abg. Belakowitsch: Ein
Übertragungsfehler wahrscheinlich!) – Ja,
natürlich. Das können wir dann gerne im Detail diskutieren, Kollegin
Belakowitsch – übrigens so viel zum Thema Zwischenrufe
während
der Reden anderer. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der
ÖVP sowie der Abgeordneten Fiedler und Künsberg Sarre.)
Der Datenschutz ist wie gesagt
zentral, die Hand auf die eigenen Daten haben natürlich die Mütter,
wie es sich auch gehört. Wir werden uns auch nicht
davon abbringen lassen, das sauber und gut umzusetzen.
Ich möchte noch auf eine Sache eingehen, nämlich ganz konkret noch einmal auf die Frage von Kollegin Heinisch-Hosek: Wie schaut das mit den Familienberatungsstellen aus? – Na ja, als Gesundheitsdienstleiter haben sie Zugriff, das stimmt, aber nur auf jene Daten, die ihnen auch freigegeben werden, beziehungsweise auf die Daten, die sie selber eingeben. (Abg. Wurm: Ich vertraue euch zu 100 Prozent! Mein vollstes Vertrauen!) – Kollege Wurm, das mit den Zwischenrufen – bitte rede mit deiner Kollegin! Ich spreche jetzt gerade zu einem konkreten Anliegen einer Kollegin, ich glaube, das können wir doch einmal einfach so stehen lassen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Wie schon gesagt, da gibt es
wirklich Datenschutz, da wird darauf achtgegeben, dass jemand, in dem Fall die
Mutter, dann auch wirklich die Sicherheit hat,
dass ihre Daten sicher sind.
Eine andere Frage – weil das auch immer wieder gekommen ist –: Was passiert bei unvollständigen Datensätzen, weil beispielsweise leider eine Totgeburt
vorliegt oder weil es zu einer Abtreibung gekommen ist? –
Diese werden natürlich automatisch gelöscht, sodass daraus auch
keine wie immer gearteten Statistiken et cetera ableitbar sind. (Abg. Wurm:
Ja, bravo! Das hat die ÖVP auch gemeint, dass man löschen kann!
EDV-technisch null Wissen!) – Ich weiß
schon, das gefällt jetzt wiederum den Kolleg:innen der Freiheitlichen
nicht, aber das sind wir ja gewohnt.
Wie also schon gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere der Freiheitlichen Partei: Willkommen im Jahr 2023! Ein elektronischer Eltern-Kind-Pass, das ist die Zukunft und das wird auch den Frauen, den Kindern, den Familien hier in Österreich konkret helfen – ganz im Gegensatz zu Ihrer Retropolitik, die Sie immer noch gerne vertreten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.15
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr
Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Schallmeiner, das war jetzt gut, dass du das festgestellt hast:
Während ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung
Kummer hat, wie er das tägliche Leben bestreiten soll, verteidigst du die
Dragqueenveranstaltung. Ihr setzt die Themen so, als ob das derzeit so
wichtig sei. (Abg. Schallmeiner: Dir ist es scheinbar wichtig, du
musst es ja zum Thema machen!) Das ist gut, damit die Menschen
draußen wissen, was euch am Herzen liegt; und dann noch Schulkinder zu
Dragqueens hinzuführen, das
ist wirklich grenzwertig – das macht ihr. (Abg. Schallmeiner:
Du bist einer großen Sache auf der Spur!) Ich bin froh, dass ich
dieser Fraktion nicht angehöre,
und bin froh, dass wir der Einheitspartei nicht angehören, weil für
uns die Normalität noch einen großen Stellenwert hat. (Beifall
bei der FPÖ. – Ruf bei
der SPÖ: Wir sind auch froh!)
Herr Minister, weil Sie das am
Vormittag bestritten haben: Ich werde jetzt für das Publikum
erklären, wie Sie am Parlament vorbei nichts in Bezug darauf unternehmen,
dass a) die WHO derzeit einen weltweiten Pandemievertrag verhandelt und dass b)
in den Internationalen Gesundheitsvorschriften
die Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten gestrichen
werden soll. (Der Redner stellt eine Tafel mit dem Text „WHO-Vorschläge zu den
Änderungen in den Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO (2005)
Streichung der uneingeschränkten Achtung der Würde, der Menschenrechte und
der Grundfreiheiten von Personen“ auf das Redner:innenpult.)
Das werde ich jetzt in ganz
einfachen Worten erklären, aufbauend auf dieser Initiative der NEOS,
die wir heute hier beschließen. Ich zitiere aus der Initiative
der NEOS, die die Einheitspartei ÖVP/SPÖ/Grüne/NEOS
beschließt –
wieder einmal gegen die Stimmen der Freiheitlichen Partei. Worum geht es den
NEOS? – Ich zitiere aus dem Antrag:
„Die Bundesregierung“ – speziell Sie, Herr Minister – „wird aufgefordert, die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung, Sammlung und Nutzung der Gesundheitsdaten“ von uns zu schaffen. Das heißt, dass man möglichst alle Daten von uns herbeischafft, damit man diese Daten dann in das europäische Netz des EHDS, des europäischen Gesundheitsdatenraums, einspielen kann.
Es gibt eine globale Strategie
der Europäischen Union, die besagt: Wir wollen diese Daten dann weltweit
verwenden!, und es gibt eine Kooperation zwischen der EU, der
EU-Strategie und der Weltgesundheitsorganisation. Das heißt, diese Daten,
die Sie jetzt per diese Entschließung sammeln, sollen in letzter
Konsequenz weltweit verwendet werden und vorhanden sein – damit komme
ich zu diesen Internationalen Gesundheitsvorschriften –, damit sie
bei der nächsten Pandemie, die in Wahrheit bereits in Planspielen
durchgespielt wurde (Zwischenruf des Abg. Matznetter –
Unruhe im Saal – Präsident Sobotka gibt
das Glockenzeichen), sämtliche Daten zur Verfügung haben, diese
dann in einen
digitalen Reisepass einführen und damit verhindern, dass
Menschen,
die nicht geimpft sind, überhaupt noch reisen dürfen.
Oder, Worst Case – sonst würden sie das nicht tun (die zuvor gezeigte Tafel erneut in die Höhe haltend) –: Im schlimmsten Fall führen sie Zwangsimpfungen ein (Zwischenruf der Abg. Disoski), weil sie sonst nicht darüber nachzudenken bräuchten, die uneingeschränkte Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten zu beseitigen.
Nun ein paar Worte zur
europäischen Gesundheitsstrategie, damit das auch hineinpasst: Herr
Minister, ich gebe Ihnen jetzt Informationen zum Grundprinzip Nummer zehn der
europäischen Gesundheitsstrategie. Ich würde Ihnen empfehlen, dass
Sie sich einmal die Leitlinien anschauen, das ist alles im Netz nachzulesen.
Das Leitprinzip zehn der globalen Gesundheitsstrategie der
EU – ich zitiere wie folgt (eine Tafel mit der Aufschrift
„EU Global Health Strategy“ und dem genannten Leitprinzip in die
Höhe haltend): „Dazu gehören die Digitalisierung und
Integration von Überwachungssystemen für Mensch, Tier und
Umwelt“ – Überwachungssysteme für Mensch, Tier und
Umwelt! – „der
Ausbau von Laborkapazitäten und Genomsequenzierungskapazitäten, sowie
die Schulung von Arbeitskräften.“
Sie geben unumwunden zu, dass
Sie hier ein Überwachungssystem für Mensch, Tier und Umwelt im Sinne
der One-Health-Strategie aufbauen wollen. Das Ganze wird noch getoppt, indem
die Europäische Union damit protzt,
mit der WHO jetzt eine globale Initiative der Zusammenarbeit sicherzustellen. (Der
Redner hält eine Tafel mit der Aufschrift „Die Europäische
Kommission
und die WHO starten eine bahnbrechende digitale Gesundheitsinitiative zur
Stärkung der globalen Gesundheitssicherheit“ in die
Höhe. – Zwischenrufe des Abgeordneten Brandstätter
und Schallmeiner.)
Das ist bereits paktiert, das heißt, heute
beschließen Sie, die Informationen über die Gesundheitsdaten zu
sammeln – das ist der Antrag der NEOS, der von
allen drei Parteien der Einheitsfraktion mitgetragen wird –, damit diese Informationen über den europäischen Gesundheitsdatenraum, über die europäische Strategie zur WHO kommen, um in letzter Konsequenz zukünftige Pandemien, die bereits geplant wurden und durchgespielt wurden (Abg. Disoski: Pandemien geplant?! Was redest du, bitte?!) – unter diesen Gesichtspunkten der Streichung der Menschenrechte und der Menschenwürde –, zu (englisch aussprechend) handeln.
Das ist ein Szenario, das auf uns zukommt, und heute
schaffen Sie die gesetzlichen Voraussetzungen dafür. Schämen Sie
sich! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Brandstätter:
Welche Pandemie ist gerade geplant? – Abg. Erasim:
Reden wir wieder über Privatzimmervermietung, das ist gscheiter! –
Abg. Disoski: Welche Pandemie wurde geplant, bitte? Was redest du?)
14.21
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmidhofer. – Bitte.
Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und alle, die diese Sitzung heute vor dem Bildschirm mitverfolgen! Meine Damen und Herren, zurück zu den Fakten: Mit den Sudereien, lieber Kollege Hauser, kommen wir nicht weiter. Diese Regierung arbeitet. (Rufe bei der SPÖ: Na ja!) Wir wollen etwas weiterbringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: ... was ist mit ... Plenartag ...?)
Ich darf gleich zur linken Reichshälfte
schauen: Frau Heinisch-Hosek, Sie haben davon gesprochen, bei Verbesserungen
dabei zu sein. – Ja, herzlichst eingeladen, das ist ja ein
Prozess, Herr Minister, der ja bis 2026 laufen wird –
gerne einbringen.
Fiona Fiedler von den NEOS, Sie haben auch gesagt, dass Sie wieder Ideen haben. – Ja, natürlich wird das weiterentwickelt (Abg. Erasim: Warum vertagen Sie
dann alles?), der Mutter-Kind-Pass wurde ja auch immer
weiterentwickelt,
und wenn es in das Zeitalter der Digitalisierung geht, meine geschätzten Damen
und Herren, dann darf ich Ihnen aus eigener Erfahrung erzählen, wie wichtig es ist,
dass man Daten hat, wenn, so wie in meinem Fall, der Sohn mit 35 Jahren
einen Schlaganfall hat. Da ist man sehr froh, wenn die Daten im Krankenhaus vorhanden
sind, wenn es gilt, Hilfe zu leisten.
Wir sind in einem Zeitalter angekommen, in dem wir uns dem nicht verschließen dürfen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Zweiter Punkt:
Dass diese Internetplattform für Informationen über Familienleistungen,
Gesundheitsförderung und Prävention noch zusätzlich ausgebaut
wird, ist – um das noch einmal zu erwähnen – ein großer Vorteil. Ich darf Ihnen auch sagen, dass dies auch
die Befreiung der Eltern von der Erbringung
des Nachweises über Eltern-Kind-Untersuchungen, Hebammenberatung für
den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes in voller Höhe bedeutet –
also auch
das ist damit gewährleistet.
Zusammengefasst:
Das Regierungsprogramm wird gut abgearbeitet, Punkt für Punkt. Wir haben
jetzt noch 14, 15 Monate Zeit, und wir werden auch die restlichen Punkte
gemeinsam mit dem Gesundheitsminister, mit der Bundesregierung abarbeiten.
Der Herr Bundeskanzler hat sich die Gesundheit
jetzt selbst zum Thema gemacht: zusätzliche Kassenarztplätze et
cetera; das haben wir heute schon gehört.
Auch wenn Frau
Julia Herr – stellvertretende Klubobfrau, neu
gewählt –
jetzt gerade nicht im Saal ist, das tut mir leid (Abg. Heinisch-Hosek:
Sie war gerade da!), aber ich muss Ihnen das sagen: Ich bin in einer Region
zu Hause, in
der die Familie Mateschitz unglaublich viel geleistet hat – Sie
können dort mit den roten Bürgermeistern sprechen, in Spielberg, in
Knittelfeld, rund um
den Ring –, Großartiges geleistet hat, freiwillig geleistet
hat – 12 Millionen Euro allein für das Herrichten der
Häuser, eine Radwegfinanzierung – ein Drittel
zahlt Mateschitz dort mit –, 1 000 Räder für den Tourismus. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Das hat sich dort wirklich mit freiwilligen Geldleistungen gut entwickelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Und –
das richten Sie bitte Ihrer Kollegin aus – es ist pietätlos,
und zwar im höchsten Maß, am Sonntag in dieser Sendung im Zuge der
Forderung nach einer Reichensteuer, Vermögensteuer die Familie Mateschitz
zu nennen; er ist
vor acht Monaten verstorben. Im selben Atemzug hat sie auch Heidi Horten erwähnt;
es ist nicht einmal ein Jahr her, dass sie verstorben ist. (Abg.
Heinisch-Hosek: Aber das Vermögen ist ja da!) Ich bitte, da ein
bisschen darüber nachzudenken, über wen man spricht, auch über
die Wortwahl. Bitte richten Sie das Ihrer Kollegin aus! (Abg.
Heinisch-Hosek: Da geht es ja nicht um die Person! Um das
Vermögen geht es ja! – Zwischenruf des Abg. Kollross.)
Die Familien, die auch Grundbesitz
haben – da geht es ja auch um die Grundbesitzer, da fahren wir
Ski, da wandern wir, da biken wir, da fahren wir mit
dem Rad –, mit denen können Sie nicht so umgehen, mit diesen
Vermögensteuern, mit diesen zusätzlichen Steuern –
nein! (Beifall bei der ÖVP sowie der
Abg. Belakowitsch. – Abg. Erasim: Und
was machen wir mit den Regionen, wo kein Mateschitz daheim ist und keine
Radwege gezahlt werden? Antwort!?)
14.25
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte.
Abgeordnete
MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS):
Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Menschen hier
im Saal und zu Hause! Kommen
wir ein bisschen zum Thema zurück! Zuerst einmal die gute Nachricht: Wenn
der Eltern-Kind-Pass irgendwann einmal beschlossen wird, dann wird er Eltern-
Kind-Pass heißen und nicht mehr Mutter-Kind-Pass. Wir sind im
Jahr 2023, und ich glaube, es ist höchste Zeit dafür, auch wenn
zwei Parteien, insbesondere auf Länderebene – in
Oberösterreich, in Niederösterreich und jetzt auch in Salzburg –,
dagegen arbeiten. Ich erinnere nur daran: Herdprämie und so.
Machen wir kurz
einen Realitätscheck: Wie schaut es in Österreich wirklich
aus? – Dieses konservative Familienbild Mutter,
Vater, Kind war in Österreich nur in den 1950er- bis in die 1970er-Jahre
das vorherrschende Familienbild, das es gegeben hat. (Abg. Belakowitsch:
Jetzt ist es nicht mehr vorherrschend? Und
jetzt gibt es das gar nicht mehr? Ein Wahnsinn! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Nun muss man schon die Frage stellen: Wollen wir dorthin zurück, in die 1950er-Jahre? – Nein, also ich will nicht dorthin zurück. (Abg. Belakowitsch: ... immer noch vorherrschend!)
Lesen bildet ja bekanntlich und Vorlesen auch,
und darum habe ich Ihnen einen Buchtipp mitgebracht, vor allem für die
Abgeordneten der FPÖ. Das Bilderbuch heißt „Alles
Familie!“ (das genannte Buch von Alexandra Maxeiner in die Höhe
haltend) und stellt die Vielfalt der in Österreich vorhandenen
Familienstrukturen dar. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten
der Grünen.) Es ist
so einfach geschrieben, dass auch Sie die Realität, in der wir leben,
verstehen werden.
Zurück zum Eltern-Kind-Pass: Das Positive
daran ist, dass es ihn in Zukunft, wenn es ihn dann geben wird, digital geben
wird, dass er barrierefrei
sein wird, dass er in Einfacher Sprache verfügbar sein wird und dass er
auch mehrsprachig sein wird.
Da aber gleich einmal ein bisschen Kritik: In Österreich
haben wir außer der Gebärdensprache noch sechs weitere anerkannte
Minderheitensprachen. Es gibt ihn zwar in einer weiteren Minderheitensprache,
aber nicht in allen Minderheitensprachen. Machen wir doch da ein
Bekenntnis dazu und bieten ihn in allen Minderheitensprachen an, weil das von
der Umsetzung her digital eigentlich
ein Klacks ist! Stehen wir dazu! Wir sind im Herzen Europas und die Mehrsprachigkeit
in unserem Land ist wertvoll.
Der zweite Kritikpunkt ist die Speicherdauer. 30 Jahre ohne eine Opt-out-Option sind doch ziemlich lang. Datensparsamkeit sieht einfach anders aus.
Der dritte
Kritikpunkt ist: Es gibt zwar diese Erinnerungsfunktion, und die ist wirklich
wichtig und toll, aber sie schützt nicht davor, dass, wenn eben
Eintragungen nicht zeitgerecht erfolgt sind, weil die Ordinationshilfe es zum
Beispiel bei der ganzen Arbeit, die sie sonst noch zu erledigen hat, nicht
schafft, es schnell noch am Abend einzutippen, sondern vielleicht etwas zu
spät, oder wenn man keinen Termin bei einer dieser
Familienberatungszentren bekommt, die jetzt schon sehr, sehr gut ausgelastet sind –
und von denen wir einfach noch viel, viel mehr an Leistung ohne
zusätzliche Mittel wollen –,
das dann zur Konsequenz hat, dass eben das Kinderbetreuungsgeld reduziert wird
oder man es gestrichen bekommt; und das, obwohl wir wissen,
dass gerade finanziell prekäre Situationen für Kinder und für
Eltern auf lange Sicht sehr, sehr negative Effekte auf die Gesundheit haben.
Ein letzter Kritikpunkt: Auch die
Früherkennung von psychischen Krankheiten bei Eltern und bei Kindern ist
leider noch nicht umfasst, obwohl wir auch
da wissen, dass viele Eltern nach der Geburt oder vor der Geburt eines Kindes
psychisch sehr belastet sind. Da würde ich einfach bitten: Nutzen wir
jetzt diese Chance, dass wir das jetzt noch einmal in den Ausschuss nehmen
müssen, dass wir noch einmal daran arbeiten müssen, nehmen wir
diese Kritikpunkte auf und beschließen wir dann ein besseres
Eltern-Kind-Pass-Gesetz! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schallmeiner.)
14.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.
Abgeordnete
Henrike Brandstötter (NEOS): Herr
Kollege Hauser, es wird Sie überraschen, aber wir haben Ihnen aufmerksam
zugehört, und es haben
sich Fragen aufgetan. Es würde uns nämlich interessieren, welche
Pandemie geplant ist. Vielleicht können Sie uns dann später Auskunft
dazu geben,
damit wir uns darauf vorbereiten können.
Zurück zur Sache, nämlich zum Eltern-Kind-Pass.
Wir haben heute schon sehr viel dazu gehört, auch den einen oder anderen
Kritikpunkt. Unter anderem geht es ja immer darum, dass Frauen
auch Souveränität über ihre Daten haben, und diese
Souveränität ist bei einem weiteren Punkt nicht gegeben. Es werden
nämlich alle Schwangerschaften bis zur dritten Woche nach dem errechneten
Geburtstermin registriert. Das bedeutet, dass eine Frau, die
eine Fehlgeburt erleidet, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal daran
erinnert wird, dass sie eigentlich jetzt ein Kind geboren hätte. Das
ist eine Information, die sie zu diesem Zeitpunkt vielleicht gar nicht
haben möchte. Oder eine Frau entschließt sich zu einem Abbruch, dann
ist diese Information einfach irrelevant.
Nicht irrelevant ist das für die Salzburger
Landesregierung, die ja heute angelobt worden ist. Die Lebensschützer feiern
schon einen Etappensieg, denn
die Landesregierung möchte unter anderem eine Studie in Auftrag geben, mit
der die Motive für Abtreibungen erforscht und untersucht werden. Das
vorgebliche Ziel ist die Schaffung von Evidenz, aber neutrale Daten sind ein
Ideal, auch in sozialen Fragen sind sie ein Mythos – das gibt es
einfach
nicht. Diese Daten dienen immer anderen Zwecken, sie dienen der Agitation.
Dieser eigentlich harmlos daherkommende Wunsch nach mehr Evidenz hat seine Quelle
in ultrareaktionären, erzkonservativen Kreisen in den USA, die genau diese
Daten nutzen wollen, um die Tür für ihre Agenda noch ein Stück
weiter aufzustoßen.
Es gibt einfach nur zwei Gründe, warum Frauen sich
gegen ein Kind entscheiden. Erstens: Es ist medizinisch indiziert, es ist das
Leben der Mutter bedroht,
das Kind hat schwere Missbildungen. Zweiter Grund: Die Frau möchte dieses
Kind nicht, und mehr geht auch niemanden etwas an – niemanden!
(Beifall bei NEOS und Grünen sowie der Abg. Erasim.)
Alle weiteren
Daten, die mittels Studien erhoben werden, erfordern ja eine Klassifikation,
und eine Klassifikation muss ja erst geschaffen werden.
Dann brauchen wir eine Bewertung. Irgendjemand muss sich dann ausdenken,
was
gute Gründe und was schlechte Gründe sind, um abzutreiben. Also
solche Befragungen schaffen keinerlei Evidenz, sie sind Material für
Agitation. Sie sind ein Feigenblatt, um auch die andere Agenda der Salzburger
Landesregierung voranzutreiben, nämlich Adoption als Alternative
für eine Abtreibung zu propagieren.
Das ist ein
rückwärtsgewandtes Frauenbild von ÖVP und FPÖ. Das ist
einfach schrecklich, welches Bild Sie eigentlich von Frauen haben und davon,
was
deren Aufgabe ist (Abg. Wurm: ... Anträge einbringen!),
nämlich Kinder zu gebären und sie dann anderen Menschen zu geben, die
keine Kinder bekommen
können oder wollen. Das ist einfach pure Ideologie, einmal mehr auf dem
Rücken von Frauen ausgetragen.
Besonders
erschütternd ist, dass das aber auch Teil des Mutter-Kind-Passes sein
wird. Grüne, ich bin überzeugt davon, dass das nicht das ist, was ihr
wollt.
Ihr wollt das definitiv nicht. (Abg. Disoski: Stimmt nicht!) –
Nein, es ist
einfach jetzt drinnen, dass alle Schwangerschaften bis zur dritten Woche nach
dem errechneten Geburtstermin in diesen Eltern-Kind-Pass aufgenommen werden,
und deswegen wäre es wichtig, dass man genau jetzt die Rückverweisung
in den Ausschuss nutzt, damit das verbessert wird.
Unser Vorschlag ist, dass einfach bis zum
Ende der zwölften Schwangerschaftswoche die Frauen selbst entscheiden
können, ob ein Eltern-Kind-Pass angelegt wird oder nicht. Damit
wäre dieses Problem behoben. Das hilft einfach den Frauen, die sich
vielleicht noch einmal überlegen wollen, ob sie jetzt,
zu diesem Zeitpunkt ein Kind bekommen wollen oder nicht. – Vielen
Dank. (Beifall bei den NEOS.)
14.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Zunächst über den Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner zum Tagesordnungspunkt 10:
Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf in 2056 der Beilagen nochmals an den Gesundheitsausschuss zu verweisen.
Ich ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig, angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11, die dem Ausschussbericht 2059 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS“.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (327/E)
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 2060 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dies tut, der möge das mit einem Zeichen kundtun. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Bericht des
Budgetausschusses über den Antrag 3429/A der Abgeordneten Kira
Grünberg, Heike Grebien, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine Bundeszuwendung an den
Verein Licht ins Dunkel – Verein für Menschen mit Behinderungen und
sozialer Benachteiligung (Licht-ins-Dunkel-Zuwendungsgesetz – LiDZG)
erlassen wird (2068 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 13. Tagesordnungspunkt.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt Abgeordneter Krainer. Das Wort steht bei ihm. – Bitte.
14.35
Abgeordneter
Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr
Präsident! Ich glaube, es war am 18. November, als sich Kanzler
Nehammer und Vizekanzler Kogler vor
die Fernsehkameras gestellt und vollmundig versprochen haben, dass die Bundesregierung
alle Spenden für Licht ins Dunkel verdoppelt. Ich habe mir
damals gedacht: Wie wollen die das machen?
Die brauchen dafür ja eine gesetzliche Grundlage, die können das Versprechen gar nicht halten, außer die Regierungsmitglieder zahlen das aus der eigenen Tasche. Siehe da, nach sechs Monaten ist anscheinend die Bundesregierung auch draufgekommen, dass sie dieses Versprechen nicht halten kann, und hat ein Gesetz gemacht, dass wir Spenden für Licht ins Dunkel verdoppeln.
Das, was Licht ins Dunkel macht, ist sehr gut. Es ist auch
gut, dass es NGOs gibt, die auf Spendenbasis und Ehrenamtsbasis arbeiten und
wichtige gesellschaftliche Tätigkeiten machen. Dass man aber auf
Gutsherrenart in Wahrheit in einer PR-Veranstaltung etwas verspricht, was man
selber gar nicht halten
kann, ist nicht gut. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer.)
Es ist, ehrlich gesagt, vollkommen egal, ob dort ein roter, ein grüner, ein pinker, ein blauer oder ein schwarzer Politiker steht und so etwas macht. Es wurde ja vor 25 Jahren – ich glaube, damals waren es Vizekanzler Schüssel und der damalige Kanzler Klima – etwas Ähnliches gemacht. Die konnten das Versprechen wenigstens selber halten, weil damals die bundeshaushaltsrechtlichen Voraussetzungen andere waren. Ich glaube aber, wir sollten damit aufhören, das als Politik zu missverstehen. Was Menschen mit Behinderung brauchen, ist nicht, Spenden zu bekommen und Bittsteller zu sein, sondern sie brauchen einen Rechtsanspruch. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es gibt – darüber sind sich
hier wahrscheinlich alle einig – viele objektiv wichtige Fragen, die
wir eigentlich für Menschen mit Behinderung lösen müssen,
um wirklich einen Rechtsanspruch zu schaffen und nicht ein Bittstellertum fortzuführen.
Das sind vor allem Fragen hinsichtlich Inklusion bei der Bildung
(Zwischenruf des Abg. Höfinger), in der Schule – dass man auch länger in die Schule gehen darf und kann.
Es geht um Fragen betreffend Integration am
Arbeitsmarkt – wie wir es schaffen, dass Menschen mit Behinderung,
von denen sehr viele arbeiten wollen und können, auch einen Job
finden – und es geht auch um Fragen der persönlichen Assistenz,
nicht im Arbeitsmarktbereich, sondern außerhalb des Arbeitsplatzes, damit
es da eine persönliche Assistenz gibt. Das sind die
Fragen, auf die behinderte Menschen Antworten brauchen, denn sie wollen
Rechtsanspruch auf Teilhabe und auf Inklusion und nicht irgendein
Bittstellertum, und das ist keine parteipolitische Frage.
Ehrlich gesagt, diese PR-Nummern mit dem Versprechen, irgendetwas zu verdoppeln, sind nie gut. Das ist auch in der Vergangenheit nicht gut gewesen, genauso wie diese Geldzuteilungen zu irgendwelchen Geburtstagen von Bundesländern, die vollkommen willkürlich passieren, nicht gut sind. Bitte hören wir mit diesen Sachen auf und machen wir Nägel mit Köpfen dort, wo es den Menschen wirklich hilft! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Grünberg. – Bitte.
Abgeordnete
Kira Grünberg (ÖVP): Sehr
geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen
und Zuseher! Gleich zu Beginn darf ich im Namen unserer Bundesrätin
Alexandra Platzer die Gruppe der Kultiwirte Oberösterreich und auch die FCG-Junioren
Freistadt begrüßen. (Beifall bei ÖVP und
SPÖ.)
Seit mittlerweile 50 Jahren steht Licht ins Dunkel für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Solidarität und Menschlichkeit und leistet eine sehr wertvolle Arbeit. Es wurden und werden unterschiedliche Inklusions- und Sozialprojekte, die sich gesellschaftliche Teilhabe zum Ziel setzen, gefördert. Ich darf mich
bei allen Mitwirkenden für das wertvolle Geleistete recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)
Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums hat sich die
Bundesregierung dazu entschlossen, die eingenommene Spendensumme aus dem
Zeitraum 18. November bis 24. Dezember 2022 zu verdoppeln. Mit der
einmaligen Sonderzuwendung dürfen ausschließlich Projekte
für Menschen mit Behinderungen und sozial benachteiligte Menschen
gefördert werden. Das Gesetz ist außerdem bis
zum 31. Dezember 2028 befristet. Das bedeutet, dass bis zu diesem
Zeitpunkt die Sonderzuwendung in der Höhe von rund 14,4 Millionen
Euro den Projekten zugutegekommen sein muss.
Licht ins Dunkel hat in Österreich einen hohen
Wiedererkennungswert aufgebaut, doch in den letzten Jahren gab es auch
immer wieder Kritik, vor allem an der Namensgebung von Licht ins
Dunkel. Licht ins Dunkel: Stehen Menschen mit Behinderungen und deren
Familien wirklich im Dunkeln und
brauchen sie ein Licht? – Ich glaube, vielleicht ist jetzt, nach
50 Jahren, endlich der Zeitpunkt gekommen, zu dem man sich über den
Namen Gedanken
machen muss. Der hohe Wiedererkennungswert und auch die aufgebaute Marke
dürfen meiner Meinung nach keine Totschlagargumente sein.
Schauen wir nach Deutschland! Da wurde aus der Aktion Sorgenkind die Aktion Mensch – wie ich finde, ein sehr gelungener Wandel, denn es ist unabdingbar, ein realistisches Menschenbild von Menschen mit Behinderungen zu zeigen.
Klar, das Leben mit einer Behinderung ist keinesfalls immer
einfach. Wir werden immer wieder mit Barrieren und auch Vorurteilen
konfrontiert. Deshalb ist
es umso wichtiger, die Realität von uns Menschen mit Behinderungen zu
zeigen und auch zu benennen.
Aus meiner Sicht ist es auch die Aufgabe von Vereinen wie Licht ins Dunkel, weiterhin zum Beispiel in Werbespots die Barrieren, die Menschen mit Behinderungen in den Weg gelegt werden, aufzuzeigen. Da spreche ich nicht nur von
baulichen Barrieren oder den
allzu bekannten Barrieren in den Köpfen,
sondern genauso auch von technischen und auch sprachlichen Barrieren.
Aufklärung ist auch im 21. Jahrhundert immer noch erforderlich. (Beifall
bei der
ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)
Wir Menschen mit Behinderungen
sind genauso wie nicht behinderte Menschen Mütter, Väter,
Töchter, Söhne, Unternehmer:innen, Arbeitgeber:innen
und Arbeitnehmer:innen, erfolgreiche und manchmal auch weniger erfolgreiche
Sportler:innen und Künstler:innen und so vieles mehr. Wir brauchen kein
Mitleid. Alles, was wir wollen, sind Akzeptanz und auch die Möglichkeit, all unsere
Fähigkeiten zeigen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Grünen.)
Nicht nur die Darstellung von
Menschen mit Behinderungen ist entscheidend, sondern auch, dabei die richtige
Sprache und Wortwahl zu verwenden.
Da möchte ich nur einige wenige Beispiele nennen. Bitte sprecht in Zukunft
immer von Menschen mit Behinderungen und nicht von der Behinderten oder dem
Behinderten! Gehörlose Menschen sind auch keineswegs taubstumm. Sie
haben eine Sprache, sie können in Gebärdensprache sprechen, und diese
ist auch nicht mit der Zeichensprache zu verwechseln. Zudem sind auch Floskeln
wie: an den Rollstuhl gefesselt, diskriminierend, denn
der Rollstuhl ist ein Hilfsmittel, und wir Nutzer:innen sind froh, dass es ihn
gibt, weil er uns die Mobilität ermöglicht.
Abschließend möchte ich nicht unerwähnt
lassen, dass Spenden nicht im Generellen etwas Schlechtes sind, so wie es
manchmal dargestellt wird. Wir
können stolz darauf sein, dass Österreicherinnen und
Österreicher durchwegs spendenbereit sind. Es macht Mut, zu wissen, dass
wir in einem Land leben, in dem es den Menschen nicht egal ist,
wie es anderen geht, in dem sie aufeinander schauen und nicht zögern, zu
helfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.44
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet
ist Abgeordneter Lindner. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ:
Linder!) – Maximilian Linder, danke. (Ruf
bei der ÖVP: ... Marx Linder! – Abg. Linder –
erheitert –: Ja, es
wird noch schlimmer werden!)
Abgeordneter Maximilian Linder
(FPÖ): Herr Präsident Svoboda,
wenn
daraus Marx Lindner wird, werde ich böse. Dann wird es ernst. (Heiterkeit
des Redners.)
Herr Präsident!
Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Herr Staatssekretär!
Zum Antrag auf Verdoppelung der Spenden für den Verein Licht ins Dunkel
für Menschen mit Behinderungen und sozialer Benachteiligung in
der Größenordnung von 14,5 Millionen Euro: Für uns
Freiheitliche ist die Hilfe für Behinderte etwas ganz Wichtiges. Diesen
benachteiligten Menschen
zu helfen ist eines unserer obersten Ziele.
Als Bürgermeister weiß ich, wie oft es notwendig ist, dass man auch über die gesetzlichen Mittel hinaus hilft, den Leuten zur Seite steht. Immer wieder entstehen Situationen, in denen man sagt: Ja, da muss man zusätzlich Hilfe geben!
Licht ins Dunkel ist, glaube ich,
auch ein ganz, ganz wichtiger Verein im sozialen Bereich. Wir im Kärntner
Gegendtal haben das zwei Mal ganz groß erleben dürfen: das
eine Mal 2016 bei einer Unwetterkatastrophe, das zweite Mal 2022, im letzten
Sommer, bei dem großen Unwetter, als Licht ins Dunkel
uns wirklich als ganz großartiger Partner zur Seite gestanden ist.
Als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde weiß ich
aber auch, dass ich Geld nur ausgeben darf, wenn ich es budgetiert habe, und
Geld nur versprechen
darf, wenn ich das Pouvoir dazu habe. Wenn ich das nicht habe, kann ich den
Menschen da draußen nichts versprechen.
Wenn ich dann erlebe, dass, wie
wir es heute schon gehört haben, der Bundeskanzler und der
Vizekanzler sich hinstellen und sagen: Na ja, wir verdoppeln! Das spielt alles
keine Rolle! Geld könnt ihr jederzeit haben!, und hinterher draufkommen
und sagen: Das ist wahr, eigentlich brauchen wir dafür ein Gesetz, eine
gesetzliche Regelung!, dann denke ich: Na ja, wir kleinen Bürgermeister wissen
das, aber Kanzler und Vizekanzler sind da anscheinend
nicht ganz firm.
Für uns Freiheitliche ist auf alle Fälle eines
fix: Die Hilfe ist ganz wichtig, die Hilfe für Licht ins Dunkel ist eine
ganz wichtige Sache, aber trotzdem
sind gesetzliche Bestimmungen einzuhalten, sind diese Dinge vorab zu beschließen.
Man kann sie nicht zuerst groß versprechen und sich dann irgendwo
hinterher das Pouvoir dafür holen. Deswegen sind wir der Meinung: Wenn
ihr so etwas tut, dann gehört es vorher getan. Sonst schaut, wo ihr das
Geld herkriegt! So kann es nicht gehen, liebe Bundesregierung. (Beifall
bei der FPÖ.)
14.47
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grebien. – Bitte.
Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleg:innen! Wertgeschätzte Zuseher:innen hier, aber auch zu Hause! Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Aktion Licht ins Dunkel stellt der Nationalrat eine Sonderzuwendung zur Verfügung. Diese beträgt rund 14,4 Millionen Euro. Damit wird die von der Regierung im Herbst getätigte Zusage eingelöst, die zwischen 18. November und 24. Dezember 2022 eingelangten Spenden an Licht ins Dunkel zu verdoppeln.
Die Gelder dürfen ausschließlich für die
Förderung von Projekten für Menschen mit Behinderungen oder Menschen
mit sozialer Benachteiligung verwendet werden. Abgewickelt wird das
über das BMSGPK. Das hat dazu auch das Zuwendungsgesetz geschaffen,
die dazugehörige rechtliche Grundlage, die
wir heute hier beschließen werden.
Für die Überweisung der Mittel braucht es eine
Verpflichtungserklärung des Vereins,
die Mittel nur zum Zweck der Förderung von Projekten für Menschen mit
Behinderungen und sozialer Benachteiligung zu verwenden, die widmungsgemäße
Verwendung nachzuweisen und etwaige nicht verwendete
Mittel zurückzuzahlen.
Dem Bund bleibt es vorbehalten, die Verwendung der Mittel
jederzeit selbst oder durch eine beauftragte Stelle zu überprüfen. Zu
diesem Zweck sind
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Einsicht in die Bücher und
Belege zu gestatten und jederzeit Besichtigungen an Ort und Stelle zu erlauben.
Es
wurde ein Innovations- und Inklusionsfonds mit Beginn des Jahres seitens Licht
ins Dunkel eingerichtet, der besonders innovative und inklusive Leuchtturmprojekte
aus dieser Verdoppelung finanzieren soll.
Das finden Sie alles auf der Website. Es ist auch transparent, wer im Vorstand sitzt, wer im Gremium sitzt, wie das beschlossen wird, welche Einreichkriterien es gibt und so weiter.
Zum Beispiel gibt es als Einreichkategorien die Bereiche
Bildung, Arbeitswelt, Gemeinwesenarbeit, Peerberatung, Selbstbestimmung,
Empowerment.
Auch Frauen mit Behinderungen sind ein eigener Schwerpunkt, was ich ausdrücklich
begrüße.
Ziel ist es, für den Zeitraum von drei Jahren eine Anschubfinanzierung zu leisten, um neue Projekte auszubauen oder bestehende auszuweiten. Davon profitieren nicht nur die sogenannten Trägerorganisationen, die im Vorstand von Licht ins Dunkel sitzen, sondern auch andere Vereine oder auch private Personen, die inklusive Projekte einreichen.
Ich möchte in meiner Rede nicht auslassen, dass es auch
Kritik an dem Format Licht ins Dunkel gibt, die Kritik von Andererseits, der
inklusiven Onlineredaktion, die mit ihrer Dokumentation „Das
Spendenproblem“ darauf aufmerksam machte, dass Menschen mit
Behinderungen in den Medien
als Bittsteller:innen dargestellt werden. Diese Kritik gibt es auch von Betroffenen
schon sehr, sehr lange, auch von Mitmenschen, die sich tagtäglich
dafür einsetzen, dass Menschen mit Behinderungen ihr
Selbstbestimmungsrecht erlangen. Ich muss auch sagen, werte Damen und Herren,
dass die Sendung im jetzigen Format noch nicht wirklich viel
dazu beigetragen hat, wenn auch kleine Verbesserungen vorgenommen wurden.
Deswegen begrüße
ich die Reaktion des ORF, dass man einen runden Tisch mit Selbstvertreter:innen
einberufen hat, um eine Neuausrichtung des Formats zu diskutieren. Ich
hoffe wirklich sehr, dass wir das alle schon heuer sehen können.
Insgesamt ist zu sagen, dass nicht nur Licht ins Dunkel,
sondern fast die gesamte Medienlandschaft aufgefordert ist, zu handeln. Wie die
Studie des Marktanalyseunternehmens Media Affairs zeigte, kommen Menschen
mit Behinderung in der Medienlandschaft kaum vor, auch wenn es im Vergleich zu
vor zehn Jahren schon ein Stückerl besser ist. Wenn sie jetzt vorkommen,
dann ist es in zwei Themenbereichen, im Bereich Behindertenspitzensport und im Bereich Charity.
Die Berichterstattung bewegt sich also zwischen der Heldeninszenierung und
der Opferdarstellung. Beides stellt nicht im Ansatz die Realität
von Menschen mit Behinderungen in Österreich dar, denn Menschen mit Behinderungen
in Österreich sind vielfältig, sie sind talentiert, sie sind stark
und
sie sind stolz. Das muss abgebildet werden!
Ich stimme Kollegen Jan Krainer zu, dass in der
Medienlandschaft die Thematiken oder Problematiken abgebildet werden
müssen, die wir im Bereich der inklusiven Bildung, im Bereich des
Jobfindens noch immer haben: dass Unternehmen Ausgleichtaxen zahlen, anstatt
Menschen mit Behinderungen anzustellen, obwohl es sehr viele
Förderprojekte für Unternehmen gibt, die
sie dabei unterstützen.
Wir können auch darüber sprechen, wie das mit den
Wohngesetzen in den Bundesländern ist, warum die Anforderungen immer
wieder zurückgeschraubt werden, damit ja kein Lift eingebaut werden muss.
Wir können auch gerne
über das Gesundheitswesen und darüber, wie wenig barrierefrei es ist, sprechen. Da gibt es wirklich viel zu tun.
Ein weiterer Punkt, den Herr Krainer von der SPÖ
angesprochen hat, ist zum Beispiel das Thema der persönlichen Assistenz.
Wir haben erstmalig 100 Millionen Euro für ein Pilotprojekt für
persönliche Assistenz aufgestellt. Das stellen wir den Bundesländern
zur Verfügung, weil es ihre ureigene Aufgabe wäre, diese
bereitzustellen. Es sind genau zwei Bundesländer, in denen es jeweils
einen Soziallandesrat der Sozialdemokratie gibt, derzeit nicht bereit, sich
das Geld abzuholen. Das geschieht mit der
Argumentation, dass echte Anstellungsverhältnisse ja so teuer
wären. Vielleicht könnten Sie innerhalb der SPÖ die Kollegen und
Kolleginnen aus Wien und der Steiermark auffordern, sich
daran zu beteiligen, weil das, wie Sie richtig sagen, für die selbst
Betroffenen enorm wichtig für ihre Selbstständigkeit ist. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich stimme Herrn Krainer auch zu, dass im Bereich des
Arbeitsmarkts viel zu tun ist. Deswegen hat
diese Regierung die höchste Erhöhung des Ausgleichstaxfonds seit seinem Bestehen beschlossen.
Insgesamt sind schon 130 Millionen Euro für die
Maßnahmen der beruflichen Integration für Menschen mit Behinderungen
geflossen und fließen weiter. Ein ganz spezieller Schwerpunkt liegt bei
Frauen mit Behinderungen, was mich immens freut. Wir können
da nur weitermachen. Bei der Pflegereform hat die Bundesregierung beschlossen,
dass die erhöhte Familienbeihilfe von 60 Euro nicht mehr angerechnet wird, wenn
Pflegegeld bezogen wird. All das geht direkt in die Taschen, in die
Geldbörsen der Menschen mit Behinderungen.
Aber Sie haben recht: Es ist viel zu tun, und ich freue
mich, wenn Sie dies auch unterstützen. Werte Kolleg:innen der Opposition,
man kann kritisieren,
aber da werden wirklich tolle, innovative und inklusive Projekte finanziert.
Ich ersuche Sie, zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den
Grünen und
bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.54
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer
(NEOS): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir alle kennen
Licht ins Dunkel. Man kann über den Namen streiten und
darüber, ob das angemessen ist, aber die Idee dahinter
ist natürlich eine schöne und gute. Wir kennen auch alle den
großen Aufwand um die Weihnachtszeit, wenn im ORF Licht ins Dunkel ganz,
ganz großartig präsentiert
wird. Auch das ist aus meiner Sicht in Ordnung. Was ich aber großartig
finde, sind die vielen Menschen, die ihr privates Geld, Geld, das sie
sich erspart haben und das sie gerne für den größeren, guten
Zweck ausgeben, spenden. Das finde ich wirklich sehr, sehr schön.
Darum geht es heute aber gar
nicht, das ist nicht das Thema. Das Thema ist, dass sich diese
Bundesregierung – die Bundesregierung! – letztes Jahr
hinstellte
und sagte: Wir verdoppeln die Spenden! Als ich das gehört habe, habe
ich gedacht: Großartig! Wow, das ist wirklich großzügig von
den Mitgliedern der Bundesregierung, dass sie die Spenden verdoppeln! Aber
nein, das passiert
nicht mit dem privaten Geld, so wie wir alle anderen das machen, die
Steuern zahlen, nein, die Bundesregierung nimmt dafür Steuergeld in die
Hand. Das, meine Damen und Herren, ist nicht akzeptabel. So geht es nicht!
(Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. –
Zwischenruf bei der ÖVP.)
Jetzt kann man natürlich sagen, es sind sehr
schöne Projekte, die da unterstützt werden. Auch dem würde ich
zustimmen. Dann sage ich aber auch, der
Job der Bundesregierung ist ein anderer. Er ist nicht, die Spenden zu
verdoppeln, sondern der Job der Bundesregierung wäre es, Förderungen
auf den Weg
zu bringen und gezielt zu arbeiten. Wir haben es schon gehört. Diese
14,4 Millionen Euro sollten zum Beispiel in das Recht auf ein 11. und
12. Schuljahr für Jugendliche mit Behinderung fließen. (Beifall
bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es gibt da halt einen
Pferdefuß, meine Damen und Herren: Wenn man das so macht, dann gibt es
vielleicht nicht so viel Kamerapräsenz. Was ist denn
der große Unterschied, wenn man sich anschaut, wie es gemacht worden ist?
Der große Unterschied ist, dass man Licht ins Dunkel ausgewählt hat,
weil es da eine großartige Medienpräsenz für die
Bundesregierung gibt. Das war eine PR-Show und nichts anderes. Da möchte
ich schon ganz deutlich sein:
Die Bundesregierung soll ihre PR-Shows bitte aus ihrer privaten
Tasche und nicht mit meinem Steuergeld finanzieren. (Beifall bei den NEOS.)
Man kann das Gesetz auch noch
einmal genauer anschauen und wird dann erkennen, dass es ehrlich gesagt auch
inhaltlich einiges an Kritik daran
gibt. Wenn man es sich anschaut, sieht man ja auch, es gibt überhaupt
keine Richtlinien, wie das Geld genau ausgegeben werden soll. Licht ins
Dunkel bekommt also einen Blankoscheck für 14,4 Millionen Euro. Das
sei auch erwähnt, denn es ist
Steuergeld. Auch da muss man ganz genau hinschauen.
Noch einmal: nichts gegen Licht ins Dunkel, nichts gegen
den ORF. (Abg. Obernosterer: Nein! Überhaupt nichts!) Die
Initiative ist prinzipiell gut, aber, liebe Bundesregierung, es wäre mein
Wunsch, nicht mit Steuergeld PR-Aktionen der Bundesregierung zu finanzieren. Es
braucht ein bisschen weniger Bling-
Bling, meine Damen und Herren, und ein bisschen mehr Wirksamkeit. (Beifall
bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Höfinger:
Halten Sie den Vortrag im Rathaus da drüben! 150 Meter
weiter drüben im Wiener Rathaus! – Ruf bei den NEOS: Der
Bauernbund ist ...! – Abg. Leichtfried: Da bewirbt sich
schon
wieder wer für den Landtag! – Abg. Michael Hammer: Was
ist eigentlich euer Stadtrat von Beruf?)
14.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.
Abgeordneter
Christoph Stark (ÖVP): Herr
Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Zuhörerinnen und Zuhörer! Es geht nun um Licht ins
Dunkel und darum, wie öffentliche Mittel dafür verwendet werden, Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir
sind uns einig, dass es gut und richtig ist, dass es in Österreich
Verfahren gibt, Menschen zu helfen,
nämlich über die gesetzlichen Kanäle der allgemeinen Sozialhilfe
und anderer Hilfssysteme. Das ist bei uns Standard.
Ich glaube, es ist auch gut und richtig, wenn wir Menschen
in Notlagen über das bestehende Kranken- und Fürsorgesystem hinaus
mit staatlicher Unterstützung helfen. Es ist gut und richtig,
wenn sich die Zivilgesellschaft vereint, um Geld zu sammeln, um
Menschen in Not zu helfen. Es ist gut und richtig, wenn diese Hilfe von Licht
ins Dunkel kommt. Genauso gut und richtig ist
es, wenn die Regierung diese Intentionen unterstreicht und aus Anlass
des 50-jährigen Bestehens einmal sagt: Wir helfen euch entscheidend und
verdoppeln eure Spenden! (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer. –
Abg.
Hoyos-Trauttmansdorff: Die ÖVP hätte jetzt klatschen sollen!)
Es ist ein übliches Prozedere, liebe Kolleginnen und
Kollegen, dass die Regierung etwas berät, dass die Regierung sich zu etwas
entschließt, die Maßnahme
dann in den Klubs koordiniert und das dann auch kundtut. Das ist nicht nur bei Licht
ins Dunkel so, das war bei den Covid-Hilfen so, das war bei den Teuerungshilfen
so, das ist beim Bahnausbau und bei zig anderen Gesetzen so, dass man sich auf
etwas einigt, es berät, kundtut und danach auch die gesetzlichen
Grundlagen dafür schafft. Das ist bei Licht ins Dunkel gar nichts anderes,
aber ich verstehe natürlich, dass es manche stört, wenn die
Regierung in ein so positives Licht gerückt wird und Menschen in dieser
Notlage tatsächlich unterstützt. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff:
Weil ihr es sonst
nicht schafft!)
Fakt ist, es ging um das 50-jährige Bestehen von Licht
ins Dunkel. Fakt ist, dass die Regierung 14,4 Millionen Euro zugesagt hat
und mit diesem Beschluss
heute die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass dieses
Geld
rechtmäßig zu Licht ins Dunkel wandert, um dort Menschen zu
helfen –
und das, Kollegin Doppelbauer, mit ganz klaren Regeln, mit
Wirtschaftsprüfern, mit klarer Pflicht, offenzulegen, was damit getan
wird. Es heißt also nicht:
Da habt ihr das Geld und macht damit, was ihr wollt! – Nein, es gibt
ganz klare Regeln, wie das zu handhaben ist. (Abg. Doppelbauer: Ja,
wo sind denn die Richtlinien im Gesetz? Und warum kriegen dann die anderen
Vereine nichts? Warum kriegt dann nur Licht ins Dunkel ...?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sagen heute Ja zu einer Wertschätzung von Licht ins Dunkel durch die österreichische Regierung und durch das österreichische Parlament und ich bitte um eure Zustimmung dafür. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
15.00
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nun die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 13 unterbrechen, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jobgarantie für die von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten durch die Bundesregierung“ (3436/A)(E)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 3436/A(E).
Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer. (Abg. Kucher hebt die Hand.)
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
Die Leiner & kika Möbelhandels GmbH stellte am 12.6.2023 einen Insolvenzantrag. Die vorläufigen Passiva werden auf 132 Mio. € geschätzt und von der Insolvenz sind rund 3.300 Mitarbeiter:innen betroffen, 23 der 40 Filialen sollen in einem
Sanierungsverfahren geschlossen
werden.1 Von den 132 Mio. € Schulden
sollen 40 Mio. € auf Lieferanten und 42 Mio. € auf
Abgaben entfallen2, großteils Steuerstundungen3,
für die Ansprüche der Dienstnehmer:innen wird der
Insolvenzentgeltfonds ca. 60 Mio. € zahlen müssen.4
Den Gläubigern wird eine Quote von 20% geboten5 - sprich
80% der Forderungen sind verloren.
Hauptbetroffene sind also die 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens.
Für diese Menschen bedeutet das eine doppelte Katastrophe, denn
ausgerechnet in einer Zeit, in der die Regierung nichts gegen die höchste
Teuerung unternimmt, in einer Zeit, in der die Preise explodieren und sich
die Menschen das Leben, obwohl sie mehr und härter arbeiten, kaum noch
leisten können, verlieren diese ihren
Job und damit ihr Einkommen. Und die Regierung tut nichts!
Dass es aber auch anders geht, zeigt die Vergangenheit: Der Kauf einer
Immobilie auf der Wiener Mariahilfer Straße durch die Signa-Gruppe von
René Benko konnte
über die Weihnachtsfeiertage 2017 mit Unterstützung des damaligen
ÖVP-Bundeskanzlers Kurz und des FPÖ-Justizministers Moser
innerhalb weniger Tage abgewickelt und ins Grundbuch eingetragen
werden.6
Mitte 2018 frohlockte die damalige türkisblaue Bundesregierung, „dass die drohende Insolvenz der Kika/Leiner-Gruppe im letzten Moment abgewendet werden konnte und eine österreichische Lösung zur Weiterführung des Betriebs gefunden wurde“, und weiter: „Dieses Ergebnis sichere den Erhalt von etwa 5.000 Arbeitsplätzen im Land.“7
Kurz darauf erfolgten dann im August 2018 die ersten Massenkündigungen, 1.100 Mitarbeiter:innen waren betroffen.8 Im Ibiza-Untersuchungsausschuss sagte René Benko dazu, dass die Sicherung von über 4.000 Arbeitsplätzen nicht anders möglich gewesen wäre, sein Einstieg bei Kika/Leiner wäre nicht als kurzfristiger Investor erfolgt, sondern mit einer Perspektive als langjähriger und verantwor-
tungsvoller Eigentümer, eine nachhaltige Sanierung sichere auch langfristig Arbeitsplätze, das neue Management hätte den Turnaround geschafft9; der Geschäftsführer wollte die schwarze Null im Jahr 2021 erreichen.10
Kurz vor dem beantragten
Insolvenzverfahren wechselte das operative Handelsgeschäft von
Kika/Leiner Ende Mai 2023 für drei Euro den Besitzer. Verkäuferin
ist ein Unternehmen der Signa-Gruppe von René Benko.11 Der
neue Besitzer übernahm von Benko die Steuerschuld in Höhe von
rund 40 Mio. € (Ergebnis von Steuerstundungen), eine laufende
Betriebsprüfung und eine Prüfung der Covid-Hilfen, aus der sich eine
Rückforderung von mehr als sechs Mio. € ergeben könnte.12
Das ist der Verlustteil des Möbelhauses.
Die Immobilien, mehr als
80 Grundstücke, wurden an die Supernova-Gruppe im Einflussbereich des
Unternehmers Frank Albert um kolportierte 400-500 Mio. € verkauft.13
In Summe soll René Benko mit dem ursprünglich Ende 2017 begonnenen
Immobiliendeal und dem Kauf des Unternehmens Mitte 2018 sowie den anschließenden
teilweisen Verkäufen des Osteuropa-Geschäfts, einiger
„nicht-strategischer“ Immobilien sowie des aktuellen
Schlussverkaufs laut Medienberichten
etwa 300 Mio. € verdient haben. Der Signa-Holding-Vorstand wird dazu
zitiert, dass aus Signa-Gruppensicht die Übernahme von Kika/Leiner trotz
schwierigen Marktumfeldes ein sehr gutes Investment war.14
Nach ca. fünf Jahren zeigt sich also das gesamte Ausmaß des Desasters: Ob die Restrukturierung erfolgreich umgesetzt werden kann, ist derzeit nicht absehbar. Tausende Arbeitsplätze sind seit 2017 verloren gegangen, diese Menschen haben ihre Jobs und ihr Einkommen verloren. Auf der anderen Seite: Mehrere hundert Millionen Euro Gewinn für die Benko-Gruppe aus dem Verkauf der Immobilien.
Es stellt sich also die Frage, wie viele Menschen müssen ihren Job verlieren, bevor die Bundesregierung tätig wird, um ihnen zu helfen? Die Möglichkeiten dazu hat sie, indem sie etwa im Wege einer Arbeitsstiftung oder vergleichbarer Instrumente dafür sorgt, dass nicht die Beschäftigten die Dummen sind. Genauso hat etwa der
Finanzminister jederzeit die Möglichkeit, die Machenschaften von René Benko (der bereits mehrfach Gegenstand von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war und ist) durch vertiefte Steuerprüfungen in allen ihm zuzurechnenden Unternehmen – auch jene in Luxemburg im Wege der Amtshilfe – die durch die soziale Absicherung der Beschäftigten entstandenen Kosten wieder einzutreiben. Allein die durch mutmaßliche Bestechung von ÖVP-Regierungsmitgliedern „erreichte“ Steuerersparnis von René Benko aus einer einzige Betriebsprüfung betrug bereits vier Mio. €.
Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, im Rahmen seiner Koordinationskompetenz sicherzustellen, dass die Bundesregierung
1) für die Mitarbeiter:innen von Kika/Leiner eine Jobgarantie ausspricht, sie schadlos hält und alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausschöpft, um ihnen die Annahme von neuen qualitativ gleich- oder höherwertigen Beschäftigungsverhältnissen zu ermöglichen;
2) die dadurch entstandenen Kosten durch vertiefte Steuerprüfungen, Rückforderung von Steuerrückständen sowie Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber allen René Benko zuzurechnenden Unternehmen wieder eintreibt;
3) jedenfalls dafür sorgt, dass allfällige Schlupflöcher im Insolvenzrecht geschlossen werden, die zu einer Bereicherung von Einzelnen auf Kosten der Allgemeinheit führen.“
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln.
1 KSV, „Leiner/Kika Insolvenz: Sanierungsverfahren eröffnet“, https://www.ksv.at/presse/bevorstehende-insolvenzfaelle/leiner/kika-insolvenz-antrag-gestellt, abgerufen am 13.6.2023
2 Kurier, „Was im Insolvenzantrag von Kika/Leiner im Detail steht“, https://kurier.at/wirtschaft/was-im-insolvenzantrag-von-kikaleiner-im-detail-steht/402483365, abgerufen am 13.6.2023
3 Standard, „Warum die Insolvenz den Staat schädigt“, 12.06.2023
4 Kurier, „60 Millionen vom Insolvenzfonds“, 13.6.2023
5 APA, „Kika/Leiner - Sanierungsverfahren in St. Pölten eröffnet“, 13.06.2023
6 Kurier,
„Immobilien-Investor René Benko rettete mit einem Blitz-Kauf
die Leiner-Gehälter“, 6.1.2018
7 OTS
vom 15.06.2018, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180615_OTS0003/kurzstrache-oesterreichische-loesung-zur-weiterfuehrung-von-kikaleiner-sichert-
5000-arbeitsplaetze
8 Eco, 23.8.2023, APA, „Chronologie - Kika/Leiner: Vielen Versprechen folgte harte Landung“, 6.6.2023
9 111/Kommuniqué des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP), zur Sitzung vom 21.10.2020, https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/KOMM/111/fnameorig_882354.html
10 APA, „Chronologie - Kika/Leiner: Vielen Versprechen folgte harte Landung“, 6.6.2023
11 Standard, „Der Drei-Euro-Verkauf von Kika/Leiner“, https://www.derstandard.at/story/3000000173999/der-drei-euro-verkauf-
von-kikaleiner-signa-hat-sich-gut-abgesichert
vom 31.5.2023, abgerufen
am 13.06.2023
12 Standard,
„Der Drei-Euro-Verkauf von Kika/Leiner“,
https://www.derstandard.at/story/3000000173999/der-drei-euro-verkauf-von-kikaleiner-signa-hat-sich-gut-abgesichert
vom 31.5.2023,
abgerufen am 13.06.2023
13 Standard, „Benko verkauft Kika/Leiner-Immobilien um hunderte Millionen“ vom 31.5.2023, https://www.derstandard.at/story/3000000172624/benko-verkauft-kikaleiner-immobilien, abgerufen am 13.6.2023
14 Die Presse, „Wie viel hat René Benko beim Kika-Leiner-Deal verdient“ vom 1.6.2023, https://www.diepresse.com/6294506/wie-viel-hat-rene-benko-beim-kika-leiner-deal-verdient, abgerufen am 13.6.2023
*****
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Frau
Abgeordnete Herr - -
(Abg. Krainer: Nein! – Abg. Kucher: Herr
Präsident!) – Zur Geschäftsbehandlung, bitte.
*****
Abgeordneter
Philip Kucher (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Tausende
Beschäftigte bei Kika/Leiner zittern in diesen Stunden um
ihren Arbeitsplatz. Davon sind Familien mit Kindern betroffen, die nicht
wissen, wie es in Zukunft weitergeht. Das ist eine ganz zentrale Frage, der
sich
auch der Bundeskanzler der Republik wirklich widmen sollte.
Wenn es innerhalb von wenigen
Minuten möglich ist, dass Herr Benko Termine von der Bundesregierung bekommt,
sich der Bundeskanzler mit einem
eigenen VIP-Service Zeit nimmt und einige Menschen da Millionen verdient
haben,
während Tausende Menschen nicht wissen, wie es weitergeht,
dann erwarte ich mir, dass der Bundeskanzler bei dieser Debatte persönlich
anwesend ist. Das ist auch eine Frage des Respekts allen Familien
gegenüber, die jetzt um ihre Zukunft zittern. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Reifenberger.)
Bei allem persönlichen
Respekt, Frau Staatssekretärin, es kann nicht sein, dass sich der
Bundeskanzler durch die Jugendstaatssekretärin vertreten lässt
und nicht die Zeit findet, sich persönlich der Schicksale dieser Menschen
anzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich beantrage daher, den Bundeskanzler herbeizuschaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker hebt die Hand.)
15.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.
Abgeordneter
Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Werte Kollegen! Ich
kann mich den Ausführungen von Kollegen Kucher nur
anschließen. Es ist unglaublich, dass man bei einem derartigen Skandal
wieder einmal Staatssekretärin Plakolm hierherschickt, die wieder einmal
die ganze Suppe auslöffeln muss, die von dieser türkisen Partie ursprünglich
verschuldet worden ist. (Widerspruch bei der ÖVP. – Abg.
Gerstl: Was ist der Skandal?) – Sehr geehrte Damen und
Herren, Sie brauchen nicht zu stöhnen, sondern Sie müssen einmal dem
Steuerzahler erklären,
wie er dazu kommt, 150 Millionen Euro für Ihre Parteifreunde in den
Sand zu setzen. Es ist eine verdammte Pflicht des Herrn Bundeskanzlers,
dass er hier erscheint und Rede und Antwort steht! (Beifall
bei FPÖ und SPÖ.)
15.02
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine
Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? (Abg. Leichtfried:
Abstimmen! – Ruf bei der SPÖ: Die ÖVP hat nichts dazu zu
sagen! – Abg. Herr: Zur Abstimmung kommen! – Abg. Kollross – in Richtung
von den Saal betretenden Abgeordneten der ÖVP –: Ah! Jetzt
kommen sie daher! – Abg. Krainer: Na bitte, lassen Sie sich
nur Zeit! – Ruf
bei der ÖVP: Sind eh schon alle da! – Abg. Michael Hammer: Was
regt’s euch auf?)
Ich darf ich über den Antrag des Abgeordneten Kucher, der zur Geschäftsbehandlung gestellt wurde, abstimmen lassen. (Abg. Ottenschläger: Seid ihr schon alle herinnen?)
Der Nationalrat wolle im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Anwesenheit des Bundeskanzlers verlangen.
Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein
dementsprechendes Zeichen. (Abg. Wurm: Haben die Grünen ein
Gewissen? – Abg. Leichtfried: Das ist die Mehrheit, Herr
Präsident!) – Das ist nicht die Mehrheit. (Abg. Wurm:
Die Grünen haben kein Gewissen! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
Wenn Sie
eine Zählung durch die Schriftführer verlangen oder wir eine
namentliche Abstimmung machen sollen, kann ich das gerne machen. Von hier
aus stelle ich fest: Es ist die Minderheit, daher ist der Antrag abgelehnt.
*****
Zur Begründung des Dringlichen Antrages ist als Erste
die Antragstellerin Frau Abgeordnete Herr zu Wort gemeldet. Ich darf ihr das
Wort erteilen. Sie
hat dafür 20 Minuten Zeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr
Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich wollte eigentlich auch sehr
geehrter Bundeskanzler sagen, aber
der findet es ja offensichtlich nicht wert, sich diese Debatte anzuhören,
während vermutlich gerade 1 900 Beschäftigte ihren Job
verlieren. – Gut, es sei so.
(Beifall bei der SPÖ.)
Wir jedenfalls bringen heute
einen Dringlichen Antrag ein, weil wir der Meinung sind, dass wir nicht einfach
zur Tagesordnung übergehen können, wenn
sich ein großes Unternehmen wie Kika/Leiner zahlungsunfähig meldet,
Insolvenz anmeldet und Tausende Beschäftigte nicht wissen, wie es jetzt
weitergeht.
Werte Vertreter:innen der Bundesregierung,
die Hard Facts sind erschütternd. Wir sprechen da immerhin vom
größten Insolvenzverfahren der letzten
zehn Jahre. 23 Filialen sollen geschlossen werden. Es geht um
3 000 betroffene Mitarbeiter:innen und wie erwähnt sollen
1 900 fix ihren Job verlieren.
Das macht fassungslos. Durch das Insolvenzverfahren kann nicht einmal ein
Sozialplan für die Beschäftigten verhandelt werden. Das macht nicht
nur fassungslos, das macht wütend – sehr viele und auch uns. (Beifall
bei der SPÖ.)
Es geht um einen riesigen
Schuldenberg, der jetzt übrigbleibt. Es gibt bei Kika/Leiner
132 Millionen Euro an offenen Forderungen. Expert:innen sagen:
Wahrscheinlich kommen wir auf 200 Millionen Euro offene Forderungen
an das zahlungsunfähige Unternehmen. Einer der größten
Gläubiger ist die Republik Österreich. Es geht heute also auch
um Steuergeld in Millionenhöhe, das wir alle –
die Österreicher und Österreicherinnen, liebe Zuschauer und
Zuschauerinnen auch zu Hause, jeder Einzelne von uns – sozusagen
werden zahlen müssen.
Da müssen wir doch die
Frage stellen: Was ist schiefgelaufen? Da müssen
wir auch die Frage stellen: Was davon fällt unter die politische
Verantwortung, sehr geehrte Regierungsvertreter und Regierungsvertreterinnen? (Beifall
bei der SPÖ.)
Denn ja: Es lohnt sich schon der Blick auf die Frage: Warum ist denn die Republik Österreich zum Gläubiger geworden? – Weil in Coronazeiten Unternehmenshilfen im großen Stil ausbezahlt wurden, auch an Kika/Leiner. Wir reden nicht nur von Steuerstundungen, wir reden auch von den Cofag-Geldern, wenn wir uns richtig erinnern.
Ich darf überhaupt an die
44 Milliarden Euro Wirtschaftshilfen erinnern, die Sie ausgegeben haben.
Ein Teil davon war sicher dringend notwendig, aber
einen anderen Teil davon haben Sie einfach zum Fenster hinausgeschmissen. Kein
anderes EU-Land hat in der Coronazeit so hohe Wirtschaftshilfen ausbezahlt wie
Österreich. (Abg. Hörl: Ja! Super!) Gebracht hat es uns
aber nichts, das ist der springende Punkt. (Abg. Wöginger: So
ein Blödsinn!) Schauen
wir uns an, wie viele Unternehmenspleiten es kürzlich in Österreich
gegeben hat: überdurchschnittlich viele, gemessen an der restlichen
Europäischen Union.
Das Geld haben wir also ausgegeben, gebracht hat es uns nichts. Diese
Kritik können wir Ihnen nicht ersparen. Das können wir nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
Millionen Euro sind vonseiten der Republik an Kika/Leiner geflossen. Die Frage ist: Waren sie besichert? Es war ja kein Geheimnis, dass es diesem Unternehmen nicht so gut gegangen ist. Gab es Sicherheiten für die Republik? Signa hätte ja einiges zu bieten gehabt, wenn wir uns ehrlich sind. Daher, werte Bundesregierung: Wir fordern hier heute auch Transparenz von Ihnen ein. Die sind Sie uns, aber vor allem den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir als Sozialdemokratie haben immer gesagt: Wirtschaftshilfen dürfen nicht bedingungslos fließen, sie müssen zumindest an Arbeitsplatzgarantien geknüpft sein. Genau das haben wir hier in diesem Hohen Haus gefordert. Sieben verschiedene Sitzungen haben wir genutzt, um genau dazu Anträge einzubringen. Die Forderung war immer ganz klar: Wenn Unternehmenshilfen in Millionenhöhe fließen, dann müssen auch die Arbeitsplätze mitgesichert werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Kolleg:innen, die jetzt schmähstad sind und nicht mitklatschen, können sich wahrscheinlich noch an diese Anträge – sieben an der Zahl – erinnern. Können Sie sich auch noch daran erinnern, wie Sie abgestimmt haben, werte Regie-
rungsfraktionen? – Niedergestimmt haben Sie diese Arbeitsplatzsicherheiten, Sie haben sie niedergestimmt und für nicht notwendig erachtet. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)
Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen: Es ist grundsätzlich ungerecht und auch volkswirtschaftlicher Unfug, wenn ein Unternehmen so viele Gelder bekommt und dann einfach der Großteil der Beschäftigten vor die Tür gesetzt wird. Wie Sie mit dem Steuergeld von jenen Tausenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen umgegangen sind – auch jenen von Kika/Leiner –, die genau diese Wirtschaftshilfen mitfinanziert haben, die Herr René Benko gern in Anspruch genommen hat, auf die er gerne zugegriffen hat, wie Sie mit diesen Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen umgegangen sind, ist ungeheuerlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist einmal wirklich eine Sauerei!)
Kika/Leiner ist ja kein Einzelfall, das muss man an dieser
Stelle auch sagen. Machen wir eine Zeitreise! Erinnern wir uns an den Deal
dieser Regierung mit der AUA: 450 Millionen Euro Staatshilfe, nur damit
dann wenige Tage
später ein Fünftel der Belegschaft vor die Tür gesetzt wurde. (Abg.
Tanda: Bawag!) Wir haben diese Beschäftigten nicht vergessen.
Denken wir an MAN Steyr: Wir haben die Beschäftigten
nicht vergessen. Der ganze Do & Co-Verband: 17,5 Millionen
Euro Hilfsgelder, 800 Kündigungen, 800 Schicksale. Wir
haben all diese Beschäftigten nicht vergessen. Wenn ich jetzt alles
aufzähle, würde das den Rahmen sprengen. Klar
ist: Diese Praxis muss enden! (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das ist die neue SPÖ,
oder? – Abg. Holzleitner: Ja, an der Seite der
Beschäftigten,
Herr Kollege!) – Ja, genau! Das ist
die neue SPÖ, die es nicht toleriert, wenn
1 900 Beschäftigte vor die Tür gesetzt werden, obwohl
Millionen an Steuergeld geflossen sind. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Schmuckenschlager: Was habt
denn ihr getan?) Stellen Sie sich darauf ein: Das ist die neue SPÖ!
Schauen wir uns an, wie es zu dieser Insolvenz gekommen ist:
Der Verkauf des Kika/Leiner-Konzerns hat ja bereits vor Jahren begonnen
(Abg. Michael
Hammer: Die eigenen SPÖ-Mitarbeiter rausgehaut!), und zwar mit
dem großen Leiner-Flagshipstore in der Mariahilfer Straße, einer
Traumimmobilie
mitten in Wien mit sehr, sehr hohem Wert. Verkauft wurde diese damals an
René Benko, einen der reichsten Menschen weltweit, einen guten
Freund von Sebastian Kurz und guten Bekannten der ÖVP. (Zwischenruf bei
der ÖVP.) Die ÖVP dürfte auch bei diesem Immobiliendeal, der
sich spannenderweise als besonders lukrativ für René Benko
erwiesen hat, kräftig mitgeholfen haben. Gekauft hat er die Immobilie
mittels einer Privatstiftung ja um 60 Millionen Euro, wenige Wochen
später wurde im Grundbuch der Wert aber mit 95 Millionen Euro
eingetragen. – Aha! Entweder gab es innerhalb weniger Wochen
eine Preissteigerung um 35 Millionen Euro, was eher unwahrscheinlich
ist, oder René Benko hat die Immobilie ein Drittel unter ihrem Wert gekauft. Da
darf sich jetzt jeder selbst überlegen, was wahrscheinlicher ist. Sogar
die Gerichte haben Sie damals zu Weihnachten extra aufsperren lassen, um diesen
Deal noch in die Bücher eintragen zu lassen. (Ruf bei der FPÖ: Ja,
so ist es!)
Die Geschichte geht aber weiter. (In Richtung ÖVP:)
Sie hören gespannt zu, ich erzähle Ihnen, was als Nächstes
passiert ist. (Abg. Michael Hammer: Mehr!)
Der Verkauf dieser Immobilie hat für die Sanierung von Kika/Leiner
nicht gereicht. Das Unternehmen als Ganzes wurde 2018 mit der
Unterstützung der Bundesregierung – Sie waren
dabei – von René Benko gekauft. Die damalige Bundesregierung
bestehend aus ÖVP und FPÖ hat sich das als massiven Erfolg auf die
Fahnen geheftet. Man hat von einer – unter Anführungszeichen – „Rettung“
und von der – unter Anführungszeichen –
„Sicherung“ von 5 000 Arbeitsplätzen gesprochen. (Abg.
Belakowitsch: Wo lesen Sie das ab?) Man hat sich fast darum gestritten,
wer der Retter und die Retterin von
Kika/Leiner sein darf.
Gekommen ist es anders (Abg. Michael Hammer –
in Richtung Abg. Belakowitsch –: Das hat der Babler
aufgeschrieben! – Abg. Hafenecker: Da hat der Babler
einen Blödsinn aufgeschrieben!): Die von der Signa groß
angekündigte Sanierung hat nicht stattgefunden. Durch die Übernahme
durch Benko, auf die Sie
so stolz waren und von der wir wissen (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP
und SPÖ), dass Sie mit dabei waren, dass der damalige Kanzler in Gespräche
eingebunden war, wurden 1 100 Beschäftigte schon in einer
Kündigungswelle 2018 hinausgeworfen. Also: nichts mit Rettung, nichts mit
dem Erfolg, den
Sie sich so groß auf die Fahnen geheftet haben! Das Versprechen von
ÖVP und FPÖ hat sich, wie so oft, sehr schnell als Mediengag
herausgestellt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Diese – unter
Anführungszeichen –„Rettung“ ist sehr schnell
verpufft. Das war ein Schlag ins Gesicht für alle Mitarbeiter:innen. (Abg.
Hafenecker: ... Ihrer Bundesgeschäftsstelle!) Und jetzt
kommt die nächste Bombe: Wie Berichte im „Falter“ heute
zeigen, hat René Benko für diese angebliche – unter
Anführungszeichen – „Rettung“, die ja nie
eingetreten ist, anscheinend trotzdem noch einen Steuerdeal, einen privaten
ÖVP-Freundschaftsdienst bekommen. (Ruf
bei der SPÖ: Unglaublich!) Für einen guten Milliardär, mit
dem man befreundet ist und der anruft, setzt man sich doch glatt ein. Die
Mails, die nun vorliegen
und die Beteiligten schwer belasten, wurden heute vom „Falter“
zitiert.
Ich kann Ihnen ein Schmankerl daraus vorlesen. (Ruf bei
der ÖVP: ... Mietpreise in der Löwelstraße! Wie war das in
der Löwelstraße?) Da schreibt ein Mitarbeiter,
ein zuständiger Beamter als Reaktion auf die offenbaren Interventionen
für den Milliardär Benko: „Warum helfts ihr dem Benko so?“
(Zwischenrufe bei der
ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)
Sie brauchen nicht rauszuschreien, Sie können sich das
selber durchlesen, es liegt ja auch alles schon bei der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft. (Abg. Michael Hammer: Wir lesen den
„Falter“ nicht!) Da wurde ein Steuerverfahren gegen
René Benko zu seinen Gunsten hingebogen. (Abg. Holzleitner: Skandal!)
Da wurde einem der reichsten Menschen auf der Welt geholfen (Abg. Greiner:
Unglaublich!), damit er seine Steuern nicht zahlen muss – schon
wieder! Wir erinnern uns: Bei Sigi Wolf war es genau dasselbe Spiel. (Ruf
bei der
SPÖ: Die Hure der Reichen!) Da ist Ihnen anscheinend nichts zu
blöd. Für Ihre befreundeten Millionäre haben Sie erneut im
Finanzministerium dafür gesorgt,
dass diese ja keine Steuern zahlen müssen. Was soll sich ein normaler Beschäftigter, der jeden Tag aufsteht, hart arbeitet und seine Steuern zahlt, da bitte schön denken? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
Und wissen Sie, wenn wir die Millionen Euro noch
hätten, die Sie damals für Ihre reichen Freunde verpulvert haben,
dann hätten wir uns heute vielleicht ein ordentliches Paket gegen
Kinderarmut leisten können. Wir hätten die armutsbetroffenen
Familien nicht mit nur 2 Euro pro Tag abspeisen müssen. Wenn
Sie dieses Geld damals nicht für Ihre Freunde eingesetzt hätten (Beifall
bei der SPÖ), dann hätten wir heute wirklich etwas gegen die
Armut im Land machen können, sozusagen wirklich etwas
verändern können.
So und jetzt ist 2023: Wo stehen wir jetzt? Was ist
passiert? – Den lukrativen Teil
des Unternehmens, die Immobilien – das Einzige, woran René
Benko anscheinend die längste Zeit Interesse hatte –,
haben er und seine Signa verkauft und gutes Geld dabei gemacht. Und den
operativen Teil des Unternehmens, also den Möbelverkauf mit vielen, vielen
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, hat er in die Insolvenz geschickt, das
kümmert ihn
jetzt offenbar nicht mehr.
Er ist also ein Investor, der sich die Rosinen herausgepickt
hat, der für sich selbst die allerbesten Immobilien rausgesucht hat und
damit riesige Gewinne gemacht hat. Wir sprechen hier von
300 Millionen Euro, die es für die
Signa gespielt hat, die jetzt übrigens auch noch die Frechheit besitzt, im
Angesicht ihrer ehemaligen Mitarbeiter:innen, die überhaupt nicht
mehr wissen, wie es weitergeht, tatsächlich von einem guten
Investment zu sprechen. Das muss man sich ja alles einmal auf der Zunge
zergehen lassen: Die Signa ist mit sich zufrieden, der Rest bleibt
zurück, der wurde weiterverkauft und jetzt für zahlungsunfähig
erklärt.
Ich will noch zwei Dinge anfügen: Daran, wie mit den Beschäftigten umgegangen wird, die das Ganze aus den Medien erfahren haben, zeigt sich, was das Management für die eigenen Beschäftigten, die tagtäglich hart gearbeitet haben,
übrig hatte. Während diese
nicht einmal für wert befunden wurden, dass
man ein Mail an sie ausschickt, wurde René Benko in Österreich 2018
als Retter und zum Mann des Jahres erklärt. (Beifall bei der SPÖ.)
Das zeigt die Schieflage in unserer Gesellschaft auf und es
zeigt, wie dringend notwendig es ist, dass Sie heute unserem Antrag zustimmen.
Denn – ich komme auch schon bald
zum Ende – all das war absehbar. Der Deal mit Benko, den ÖVP
und FPÖ damals so abgefeiert und mitverhandelt haben, bei dem sie für
ihren Milliardärsfreund Herrn Benko offenbar auch die Steuer
gestrichen haben, war ja von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Ich zitiere nochmals den mutigen Mitarbeiter, dessen Mails
jetzt vorliegen. Er schreibt: „Es kann aber nicht sein, dass wir auf
unsere Steuern ganz verzichten bzw. Benko bestimmt, was wir machen
dürfen.“ – Offenbar war es schon so. (Abg. Laimer:
Schande!) Und weiter schreibt er: Das Argument, dass
Benko 5 000 Arbeitsplätze gerettet hat, „kann ich nicht
nachvollziehen, weil es anders kommen wird – Benkö möchte
ja [...] nur die Immobilien.“ – Es war
also offensichtlich auch im Finanzministerium von Anfang an klar, worum es dem
Investor René Benko geht, nämlich um seinen eigenen Profit, um
seinen
eigenen wirtschaftlichen Erfolg und um sonst genau gar nichts.
Deshalb ist das Fazit: Das Korruptionskarussell der ÖVP
dreht sich weiter (Abg. Eßl: Ungeheuerlich!) und
Leidtragende sind wir alle, die gesamte Republik,
wir alle als Gläubiger, aber vor allem die Beschäftigten von Kika und
Leiner. Wir wollen Ihnen von dieser Stelle ausrichten: Wir stehen auf Ihrer
Seite, ganz
klar und kompromisslos! (Beifall bei der SPÖ.)
Deshalb müssen wir jetzt drei Dinge tun – diese
finden sich auch in unserem Antrag wieder –: Erstens
müssen wir alle Schlupflöcher im Insolvenzrecht schließen, die
zu einer solchen Bereicherung von Einzelpersonen auf Kosten der Allgemeinheit
führen. Das muss klar sein. Die zentrale Frage in diesem
Haus ist doch: Wie kann das Insolvenzrecht so gestaltet werden (Abg. Michael
Hammer: Der Babler soll es verstaatlichen, dann habt ihr ein
Möbelhaus!),
dass Geschäftsmodelle, mit denen Unternehmen in einzelne Teile zerlegt,
die
werthaltigen Bestandteile möglichst gewinnträchtig verscherbelt
werden und der Schaden dann der öffentlichen Hand
zugeschoben wird, in Zukunft – auch für alle anderen
Beschäftigten – gar nicht mehr möglich
sind? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)
Zweitens müssen wir natürlich versuchen, die
entstandenen Kosten, die ja da sind und die für die Republik verheerend
sind, wieder einzutreiben.
Da muss alles, was in irgendeiner Art und Weise möglich ist, getan werden.
Und das Wichtigste ist, Frau Jugendstaatssekretärin –
ich hätte wieder gerne Herr Kanzler gesagt, aber der sitzt ja nicht hier (Ruf
bei der ÖVP: Wo ist
der Babler?) –: Drittens braucht es eine Jobgarantie
für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Kika und Leiner, die jetzt
ausgesprochen werden
muss. (Beifall bei der SPÖ.)
Es müssen alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
ausgeschöpft werden, um den Tausenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
jetzt zu helfen, rasch in
neue Beschäftigungsverhältnisse zu kommen. Die Beschäftigten,
die null Anteil an all diesen Übernahmen, Steuerdeals, angeblichen
Rettungsaktionen und
was weiß ich noch alles hatten – die konnten das alles nur zur
Kenntnis nehmen –, dürfen jetzt nicht die
Leidtragenden sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Setzen Sie sich doch einmal so vehement, wie Sie sich für René Benko eingesetzt haben, dass er seine Steuern nicht zahlen musste – einer der reichsten Menschen der Welt, nicht nur Österreichs, sondern der Welt! –, jetzt auch für die Beschäftigten ein! Nichts weniger erwarten wir von Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt keinen Grund, keinen einzigen Grund, diesem Antrag
heute nicht zuzustimmen. Beenden wir Bereicherung auf Kosten der
Beschäftigten! Für
uns ist das klar, denn als SPÖ wissen wir eben, auf wessen Seite wir
stehen – ich hoffe, Sie tun das auch, heute müssen Sie Farbe
bekennen.
Ein allerletzter Punkt noch: Es ist genug! Hören Sie auf, Steuermilliarden der arbeitenden Menschen – der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – und auch
der kleinen Unternehmen für
diese Überförderungen, für diese Steuergeschenke für
Ihre Gönner und Sponsoren zu missbrauchen! Sorgen Sie endlich dafür,
dass die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht
zu Schaden kommen, und schließen Sie auch die Lücke im
Insolvenzrecht, die den Unternehmen Anreize für solche Praktiken bietet!
Stehen wir auf der
Seite der Beschäftigten! – Vielen Dank. (Beifall bei der
SPÖ.)
15.21
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Staatssekretärin Plakolm. – Bitte.
Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Nationalrates! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher der heutigen Nationalratssitzung! Es ist immer tragisch, wenn Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, denn es geht bei jedem einzelnen Arbeitsplatz um ein persönliches Schicksal. (Ruf bei der SPÖ: Nimmt man euch leider nicht ab!)
Es geht um ein persönliches Schicksal, wodurch das Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt wird. Es geht um ein persönliches Schicksal, durch das insbesondere viele Familien mit Kindern betroffen sind und vermeintlich sichere Planungen nun plötzlich umgeworfen werden müssen.
Für die Betroffenen geht es in dieser Situation eigentlich nur um eines, nämlich rasch wieder Sicherheit zu spüren (Abg. Hafenecker: Da bräuchten wir aber Neuwahlen!), indem sie in dieser Situation umfassend unterstützt werden und rasch eine Perspektive auf einen neuen sicheren Arbeitsplatz bekommen.
Genau aus diesem Grund bin ich froh, dass das Arbeitsmarktservice gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium bereits intensive Gespräche führt, um diese Schicksale aufzufangen und so schnell wie möglich neue Perspektiven für die
betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu entwickeln und zu finden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Oh je! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Wir leben in Österreich in einem starken und sicheren Land, in einem Land, in dem wir auch in schwierigen Zeiten wie diesen die Zuversicht nicht verlieren müssen, sondern allen Grund für Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft haben. Österreich ist ein Land, in dem die meisten Menschen gerne leben und unglaublich viele Menschen gerne leben würden, weil es ein sozial sicheres Land ist. Es ist ein Land, in dem jeder Mensch, der auf Hilfe angewiesen ist, diese auch bekommt.
Das ist nur deswegen der Fall, weil wir auch gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen, um diese soziale Sicherheit geben zu können: Wir sind ein starker Wirtschaftsstandort, an dem es Millionen hart arbeitende Menschen gibt, Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und weltweit anerkannte Unternehmen. Diese Ausgangssituation bietet uns gerade in dieser schwierigen Situation einen Lichtblick, nämlich dass es laut Arbeitsmarktservice über 20 000 offene Stellen im Handel und insgesamt 1 700 offene Stellen ganz konkret im Bereich Textil- und Möbelhandel gibt.
Lassen Sie mich das vielleicht noch anhand von
Oberösterreich, wo ja angeblich alle Filialen geschlossen werden
müssen, an einem ganz konkreten Beispiel festmachen: In
Oberösterreich gibt es 4 587 offene Stellen im Handel und damit
sehr, sehr viele freie Arbeitsplätze genau in dieser Branche. (Ruf bei der
SPÖ: Ach so, darum ist es wurscht?! – Abg. Herr: Das ist
ja nicht dasselbe Berufsbild!)
Sie sehen, wir als Österreich sind ein starkes Land:
ein starkes Land, in dem man in schwierigen Zeiten auch zusammenrückt, und
damit sind die Grundvoraussetzungen dafür gegeben, dass die
Beschäftigten gut aufgefangen werden können, dass ihnen rasch eine
Perspektive gegeben werden kann und
sie dann vor allem rasch weitervermittelt werden können. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des
Abg. Leichtfried.)
Klar ist aber auch: Wir
dürfen die Dringlichkeit nicht außer Acht lassen und keine Zeit
verlieren. Ich bin den Sozialpartnern daher sehr dankbar, dass sie bereits jetzt
gemeinsam an Lösungen arbeiten, um den betroffenen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern mehr Sicherheit zu bieten. Ein Dank gilt an dieser
Stelle dem AMS, das bereits die wichtigsten Vorbereitungen getroffen hat. Um
all dies zu gewährleisten, arbeiten alle politisch Verantwortlichen, allen
voran unser Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher, im Eiltempo, damit
das Sanierungsverfahren in den nächsten Wochen über die Bühne
geht. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Das Sanierungsverfahren wurde
vorgestern eröffnet, die ersten Kündigungen erfolgen voraussichtlich
in den Sommermonaten – der weitere Fahrplan
steht aber bereits fest, um möglichst viel Klarheit für die
betroffenen Menschen zu bieten. (Ruf bei
der SPÖ: Fahrt hinaus zu den Betrieben, die vertreiben euch!)
Erstens ist es uns als Verantwortlichen wichtig, dass wir das sogenannte Frühwarnsystem möglichst bald starten können, das ist möglich, sobald das Unternehmen die Kündigungen dem Arbeitsmarktservice meldet. Das Frühwarnsystem kommt bei genau solch großen Kündigungswellen zum Einsatz und ermöglicht dem AMS, bereits vorab tätig zu werden, also bevor die Kündigungen vom Arbeitgeber formal ausgesprochen werden.
Zweitens: Ab diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsmarktservice bereits mit der Vermittlung neuer Jobs beginnen. Das Ziel in dieser Phase ist es, bereits während laufender Kündigungsfristen mit der Suche nach neuen Arbeitsplätzen und der Vermittlung neuer Beschäftigung zu starten. So soll sichergestellt werden, dass betroffene Beschäftigte keinen Leerlauf haben und im besten Fall gleich nach Ende der Kündigungsfrist in ein neues Beschäftigungsverhältnis eintreten können.
Drittens: Das AMS wird sich in engem Austausch mit
Kika/Leiner dafür starkmachen, individuelle Lösungen zu finden, und
es wird regional zentrale Ansprechpartner bereitstellen, die bei der
Vermittlung der betroffenen
Personen unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Zeit des
Fachkräftemangels in
allen Bereichen geben wir als Bundesregierung alles, um die Menschen entsprechend
ihren Qualifikationen, ihren Fertigkeiten und vor allem ihren Interessen
möglichst rasch am Arbeitsmarkt zu vermitteln. Mehrere Unternehmen
haben bereits zugesagt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzunehmen, weil der
Bedarf in dieser Branche enorm groß ist. Das ist, wie ich bereits gesagt habe, nur möglich, weil wir als
Österreich ein starker Wirtschaftsstandort mit einem sehr starken
sozialen Netz sind.
Gleichzeitig ist in
dieser Krisensituation aber auch wichtig, dass ein größerer
finanzieller Schaden für die Republik abgewendet wird. Ich bin daher froh,
dass die Finanzprokuratur bereits beauftragt wurde, die genauen Umstände
dieser Insolvenz bis ins letzte Detail zu prüfen. Die Republik
Österreich wird durch die Finanzprokuratur vertreten, das ist sozusagen
der Anwalt der Republik. Der Staat zählt in diesem Fall nämlich zu
den größten Gläubigern, und damit auch die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler. Das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird in
Österreich geschützt, darauf werden wir auf rechtlicher Ebene sorgen.
(Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Ihr seid
die Letzten, die das tun!)
Für diesen Schutz sorgen wir nicht nur, was das
Sanierungsverfahren betrifft, sondern auch, was die steuerrechtlichen
Auswirkungen und die finanziellen Hilfen in Zeiten der Coronapandemie
betrifft. Die Insolvenz ist
der Startschuss für umfangreiche Prüfungen in allen Bereichen, und
ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung, allen voran unser Finanzminister und
unser Wirtschaftsminister, alle Hebel in Bewegung setzt, um sowohl für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler die bestmöglichen Lösungen zu finden. –
Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
15.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte sehr.
15.29
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Zusammengefasst
hat die Jugendstaatssekretärin hier gesagt: Die Beschäftigen sollen
zum AMS gehen und schauen, dass sie irgendwie einen neuen Job
finden. – Das ist eigentlich die Zusammenfassung dessen, was wir
gerade gehört haben. (Beifall bei
der SPÖ. – Abg. Obernosterer: Hast du nicht
zugehört? – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Vor allem wissen wir ja nicht nur aus dem Korruptions-Untersuchungsausschuss, sondern auch schon aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss: Wenn der Eigentümer etwas wollte, nämlich Herr Benko, na, da wurde der rote Teppich ausgerollt! (Abg. Stocker: Der rote!)
Der hat sofort Termine
gekriegt. Um den hat sich die ÖVP persönlich gekümmert (Zwischenruf
des Abg. Singer): der ÖVP-Generalsekretär im Finanzministerium,
der stellvertretende ÖVP-Generalsekretär im Finanzministerium, der
ÖVP-Minister, der ÖVP-Bundeskanzler. Wenn es um den Eigentümer
gegangen ist, haben Sie sich persönlich darum gekümmert,
dass der kriegt, was er will, dass er keine Steuern zahlt. Wenn es um die
Beschäftigten geht, sagt
ihr: Die sollen auf das Arbeitsamt gehen. – Das ist die Art und
Weise,
wie die ÖVP denkt und tickt. (Beifall bei der SPÖ. –
Zwischenruf
der Abg. Pfurtscheller.)
Die Eigentümer sind Ihnen wichtig, der Milliardär
ist Ihnen wichtig – die Beschäftigten sind Ihnen doch
egal, für die machen Sie nichts. Da gibt es
keine Arbeitsstiftung. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Oder
kümmern Sie sich jetzt persönlich genauso mit VIP-Service um jeden
einzelnen Mitarbeiter, um
jeden Lagerarbeiter, um jede Verkäuferin bei Leiner, wie Sie das für
Herrn Benko gemacht haben? Machen Sie das jetzt? Es wäre an und für
sich anständig,
wenn Sie das machen würden, nur, Sie tun es nicht! Wir wissen, Sie tun es
nicht.
Genauso wie Sie die Wirtschaftshilfen – Kollegin Herr hat das vollkommen richtig gesagt (Abg. Michael Hammer: Genossin Herr! Ihr seid ja alle Genossen!) – nur dafür ausgegeben haben, die Profite des Konzerns zu sichern, aber doch nicht die Arbeitsplätze. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Profite des Konzerns sind
Ihnen wichtig, aber nicht die Menschen, die dort arbeiten. Das ist einfach das
Bild der ÖVP, und dass der Bundeskanzler zu
dieser Debatte nicht hierherkommt, zeigt auch, dass ihm die Beschäftigten
von Kika und Leiner egal sind, aber die Eigentümer sind ihm natürlich
nicht egal,
für die Eigentümer gibt es immer den VIP-Service.
Es ist eigentlich
beschämend, dass der Bundeskanzler nicht persönlich hier erscheint (Abg.
Zarits: Es ist beschämend, was du aufführst!), wobei ich
das zu einem gewissen Grad verstehe, weil ja vor zwei Tagen etwas passiert ist,
was auch wirklich erwähnenswert ist (Abg. Egger: Ja, der
Babler ...), nämlich:
Wir wissen, dass seit eineinhalb Jahren in der Inseraten-Umfragen-Affäre
unter anderem gegen die ÖVP ermittelt wird. Da gibt es auch einen ÖVP-Vorsitzenden,
der heißt Nehammer und ist gleichzeitig Bundeskanzler, und die Staatsanwaltschaft
sagt: Ich brauche Beweismittel aus dem Bundeskanzleramt.
Und was macht der Bundeskanzler, der eigentlich Beschuldigtenvertreter
ist – gleichzeitig –: Er verweigert und blockiert die
Herausgabe von Beweismitteln an die Staatsanwaltschaft, obwohl
in der Zwischenzeit sogar ein Gericht gesagt hat, die Staatsanwaltschaft muss
das bekommen und er muss es hergeben; und das seit neun Monaten! Seit neun
Monaten blockiert Nehammer das Funktionieren unserer Justiz und unseres
Rechtsstaats!
Das ist auch ein Skandal, wie Sie heute noch immer damit
umgehen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), dass
Sie nicht bereit sind, aufzuhören und endlich die Korruption der
ÖVP aufzuklären, sondern noch immer zudecken
und blocken und nicht zugeben wollen, was Sie getan haben!
(Abg. Meinl-Reisinger: Stattdessen soll ein Zitierverbot
kommen!)
Was vor fünf Jahren
passiert ist, ist Folgendes: FPÖ und ÖVP verkünden: Wir haben
5 000 Arbeitsplätze gerettet. Jetzt, fünf Jahre
später, schauen wir
uns an, was passiert ist: 1 000 haben sofort ihren Job verloren.
2 000 sind jetzt gekündigt worden, und 2 000 zittern noch um
ihren Job. Das heißt: Von
den 5 000 haben 3 000 bereits ihren Job verloren, und 2 000 zittern noch darum.
Der Eigentümer, der
Gönner, der Freund der ÖVP, hat kolportierte 300 Millionen
Euro Gewinn. Wir alle in Österreich, wir anderen, müssen jetzt
für
ihn 100 Millionen Euro Schulden zahlen, und 3 000 Menschen
stehen auf der Straße.
Das ist das Ergebnis der Politik! Ehrlich gesagt, wenn das Wirtschaftskompetenz ist, dass ein Privater 300 Millionen Euro Gewinn macht und wir als Österreicherinnen und Österreicher 100 Millionen Euro Schaden abzahlen müssen und 3 000 Menschen ihre Jobs verlieren – na, auf diese Wirtschaftskompetenz können Sie wirklich stolz sein. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
15.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Der Androsch ...!)
Abgeordneter Dr. Christian Stocker
(ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geschätzte
Staatssekretärinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher, die Sie diese Sitzung verfolgen! Vor allem aber: liebe
Stamokapler von der SPÖ! (Oh-Rufe
bei der SPÖ.) Das, was Sie hier abziehen, diese billige Show (Abg. Holzleitner:
Eine Jobgarantie bezeichnen Sie also als solches!) in einer
bedauerlichen - - (Abg. Holzleitner: Es geht um eine
Jobgarantie für Beschäftigte, Herr Kollege! Arbeitslosigkeit! Eine
Jobgarantie!) – ja, ich weiß schon, ja, der
Chef-Stamokapler ist nicht im Haus. Er schickt die Stellvertreterinnen aus. (Zwischenrufe
der
Abgeordneten Heinisch-Hosek und Meinl-Reisinger.) Ich
sage Ihnen eines: Diese billige Show, die Sie hier abziehen, hilft keinem
einzigen Bediensteten,
der jetzt freigesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Holzleitner:
Unfassbar!)
Was aber hilft, ist diese
Bundesregierung, die sich bemüht, dass jene, die jetzt in einer
schwierigen Situation möglicherweise vom Jobverlust bedroht sind (Zwischenruf
des Abg. Kollross), möglichst nahe wieder einen Job finden.
Gott sei Dank ist der Arbeitsmarkt so, dass man auch Zuversicht haben kann,
dass
das gelingt. Das hilft – Ihre Show hilft nicht. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich sage Ihnen noch
etwas – Sie haben es ja schon wieder getan, die SPÖ hat es
wieder getan –: So, wie Sie Ihre Wahlergebnisse am Parteitag
verwechseln
(Abg. Michael Hammer: Frisieren!), verwechseln Sie auch, welcher
Kanzler hier sein sollte. Das ist nämlich nicht der
Bundeskanzler, sondern es ist Ihr Altkanzler Gusenbauer, der sollte hier sein! (Beifall
bei der ÖVP. – Rufe
bei der SPÖ: Geh bitte!) – Ja, und ich sage Ihnen auch,
warum der hier sein sollte (Abg. Herr: Sehr peinlich! Das ist richtig
peinlich!): Der ist nämlich auf der
Payroll von diesem bösen Kapitalisten Benko, den Sie hier so schelten, der
im Übrigen an die ÖVP nie etwas gespendet hat, der kein Sponsor der
ÖVP
ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist Nehammer? – Abg. Krainer:
Schelten tun wir die ÖVP, wenn Sie zuhören könnten!) Aber
Ihr Altkanzler ist auf der Payroll.
Jetzt sage ich: Wenn man in diesem Unternehmen Einfluss hat (Zwischenruf
des Abg. Kollross) – und den hat er, denn ich sage Ihnen, es
gibt einen Beirat,
das ist das beratende Gremium für das Executive Board in der Gruppe (Abg.
Heinisch-Hosek: Wo ist Nehammer?), da sitzt Ihr Altkanzler
Gusenbauer drinnen. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist Nehammer?) Und
dann schauen wir uns an, da gibt es eine Menge - - (Abg. Kollross: ... Beschlussgremium,
der Beirat?) – Na ja, vielleicht kennen Sie einen Aufsichtsrat
besser als einen Beirat, denn es gibt da mehrere Unternehmen in dieser Gruppe.
Signa Development Selection AG
zum Beispiel hat einen Aufsichtsratsvorsitzenden – wie heißt
er? (Abg. Matznetter: Der Herr Anwalt kennt sich nicht aus mit
der ...!) – Erraten: Gusenbauer.
Es gibt eine Signa Prime Selection AG, auch die hat einen Aufsichtsratsvorsitzenden. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist Nehammer?) Wie heißt der? – Auch Gusenbauer. (Abg. Michael Hammer: Das ist eine andere SPÖ!)
Und schau, eine RFR US Selection AG gibt es auch noch in der
Gruppe von Benko. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist Nehammer?) Und wie
heißt dort
der Aufsichtsratsvorsitzende? – Wieder Gusenbauer. (Rufe bei der
ÖVP: Hört, hört!) Vielleicht sollten Sie diesen einmal
fragen, wie es zu diesen Entwicklungen gekommen ist. (Abg. Herr:
Richtig peinlich!) Da könnte vielleicht eine Antwort kommen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Jetzt sage ich Ihnen: Als überzeugte
Staatsmonopolkapitalisten (Abg. Holzleitner: Und wer sitzt im
Finanzministerium für die Steuertricks? – Präsident Sobotka
gibt das Glockenzeichen) sind Sie ja dafür, dass alle
Produktionsmechanismen aus den Monopolen dem Staat übertragen werden, und
Sie haben es ja eh probiert, als Sie die Möglichkeit hatten. Ich
sage: verstaatlichte Industrie –
ein Milliardengrab. Wo war Ihre Jobgarantie (Zwischenruf des Abg. Matznetter)
beim Konsum, einem Geldgrab der Sonderklasse? Wo war Ihre Jobgarantie bei der
Bawag? Ja nicht einmal bei der Löwelstraße, als Sie Ihre Mitarbeiter
freigesetzt haben, war da eine Jobgarantie! Das glaubt Ihnen doch kein
Mensch, was Sie hier erzählen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten der Grünen und der NEOS.)
Das, was Sie hier an
wirtschaftspolitischer Kompetenz in Ihrer Dringlichen Anfrage bieten, kann
man nur mit dem Wort Ahnungslosigkeit überschreiben. (Abg. Matznetter:
... Parteipolitik, Strategie ...! – Abg. Holzleitner:
Ihre Wirtschaftskompetenz haben Sie in der Cofag zeigen
können! – Präsident Sobotka gibt
das Glockenzeichen.) Ich sage Ihnen: Wenn die Bediensteten in dieser
Situation auf Sie angewiesen wären, würden sie sich bedanken, denn
Sie haben –
ich habe es Ihnen ja jetzt vorgelesen – noch keine Jobgarantie
gegeben, und Sie werden auch keine geben können, denn eine Jobgarantie
kann man nur
dann geben, wenn man halt den Marxismus zum Durchbruch bringen will: Alles
gehört dem Staat, wir enteignen die Menschen, klassenlose Gesellschaft.
(Abg. Herr: Das ist ja - - Ist Ihnen das nicht peinlich?! – Abg. Greiner: Zynisch ... Schämen Sie sich! Schämen Sie sich!) Dort wollen Sie hin – dann können Sie eine Jobgarantie geben, aber Sie werden kein Geld mehr haben, um für diese Jobs die Löhne zahlen zu können! (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn es um die Interessen der Republik geht, um die Interessen der Steuerzahler (Zwischenruf des Abg. Krainer), dann, sage ich Ihnen, fühle ich mich wohler, wenn diese bei der Finanzprokuratur aufgehoben sind, bei Präsident Peschorn, als bei Ihnen. (Abg. Meinl-Reisinger: Na Gott sei Dank! – Abg. Matznetter: ...zynismus ist besser als Stocker-Zynismus!)
Zuletzt zum Insolvenzrecht: Ja, da bin ich gespannt, wie
Sie es ändern. Denn: sich hierherzustellen und zu sagen, das darf alles
nicht passieren - - (Abg. Greiner: Holen Sie die Millionen
zurück, die da unverschämterweise hineingegangen sind!) Wenn ich
mir ansehe, was Ihr Ansinnen ist: Die Bereicherung Einzelner
auf Kosten der Allgemeinheit muss verhindert werden (Abg. Herr: Wäre
ein Anfang!) – ja, da komme ich zum Anfang meiner
Rede –, muss ich sagen:
Reden Sie mit Ihrem Altkanzler und fragen Sie ihn, was er zur Bereicherung zu
sagen hat! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Holzleitner: Wir
sind das Parlament,
wir können ...!)
15.39
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet
ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte. (Abg. Michael Hammer:
Die erste Dringliche ist in die Hose gegangen! – Zwischenruf des
Abg. Zarits. – Abg. Lopatka: Schuss ins
Knie! –
Abg. Herr: Das hat den Beschäftigten jetzt sicher
geholfen! – Präsident Sobotka gibt das
Glockenzeichen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter. –
Ruf bei der ÖVP:
Das war keine gute Idee heute! – Weitere Zwischenrufe. –
Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.)
Abgeordneter Hafenecker ist am Wort.
15.39
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Gäste! Ich möchte eingangs meiner Rede ganz herzlich die FPÖ-Bezirksgruppe Gmunden-Salzkammergut hier im Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Weiters begrüßen möchte ich auch Genossen
Babler, der diese Sitzung sicherlich vor dem Fernseher mitverfolgt und auch
dieser Debatte zumindest über
seine Stellvertreter beiwohnt. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP. –
Zwischenruf bei der SPÖ.) In diesem Zusammenhang muss ich auch eines
sagen, werte Kollegen
von der SPÖ: Sie haben zwar sehr viel thematisiert, aber eigentlich gar
keine Lösungen gebracht, und da läuft es mir kalt über den
Rücken (Abg. Holzleitner:
Das ist aber schon ein Antrag! Haben Sie den Beschluss eigentlich gelesen, Herr
Kollege? – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), denn was
wäre der Ansatz eines Marxisten, wie es Herr Babler ist? – Der
würde alles verstaatlichen; und Kollege Stocker hat gerade gesagt, was
dabei rauskommt, wenn die SPÖ verstaatlicht. (Beifall bei
FPÖ und ÖVP.)
Schauen Sie, weil Sie von der SPÖ hier gerade alle so
hysterisch durcheinanderrufen: Kommen wir einmal vom Jammern ins Tun! (Abg.
Holzleitner: Deswegen haben wir ja auch einen Antrag gestellt,
Herr Kollege! Sie sind lange genug im Parlament, dass Sie wissen, was ein
Antrag ist!) Ich mache mit Ihnen den Lackmustest. Ich werde Kollegen Kucher
meine Visitkarte geben, die geben Sie dann bitte Ihrem Genossen
Parteivorsitzenden – und ich schlage der SPÖ
hier und jetzt vor: Machen wir doch gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zu
dieser Sache! Da können Sie einmal zeigen, wie Sie handeln, was Sie
tun! Eines noch: Wenn ich Kollegen Kucher dann die Karte gebe, sagen Sie bitte
Kollegen Babler auch, dass ich garantiert abhebe und nicht so bin wie Herr
Doskozil. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Kollege Stocker hat es aber bereits gesagt (Ruf bei der
SPÖ: ... Kickl ...!): Man darf einen zentralen Herrn in dieser ganzen
Geschichte nicht vergessen, das
ist Herr Gusenbauer. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Danke, dass ich mir
jetzt die Zeit
spare, detailliert darauf einzugehen – aber der hat
schon eine Rolle gespielt. (Ruf bei der SPÖ: Aber den
Strache ...!) Ich weiß nicht, haben Sie den geistig schon
weggelegt oder hat man den vergessen? Er war übrigens auch einmal so eine
Art Marxist. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Da sieht
man, was schlussendlich rauskommt: Das sind dann die Turbokapitalisten, auch
das ist interessant. (Ruf bei der SPÖ: ... vergessen, wer Strache ist?)
Und vielleicht noch eine Erinnerungs- und
Gedächtnisstütze: Wissen Sie, wer ein Superspezi von Herrn Benko
ist? – Der Wiener Teuerungsbürgermeister
Ludwig. Da gibt es haufenweise Fotos, auch darüber sollte man einmal
nachdenken. Wir helfen gerne aus, wenn es Gedächtnislücken gibt.
Eine Fraktion hier im Haus möchte ich allerdings auch
nicht aus der Ziehung lassen, und zwar sind das die NEOS – die
wissen schon, was jetzt kommt –:
Es gibt einen gewissen Hans Peter Haselsteiner, der ist an der Signa-Gruppe mit
15 Prozent beteiligt, somit auch an der ganzen Rendite, die jetzt gerade
gemacht worden ist. Wissen Sie, was? – Er hat kürzlich seine
Anteile von 10 auf 15 Prozent erhöht. Vielleicht gibt es dann
künftig wieder ein paar Spenden für die NEOS. Ich bin
schon gespannt, wie Sie das dann rechtfertigen werden (Zwischenruf des Abg. Scherak), aber die NEOS sind da
auch mittendrin
statt nur dabei. Das muss man auch ganz klar herausarbeiten. (Beifall
bei der FPÖ.)
Jetzt müssen wir uns aber natürlich der
eigentlichen Partei zuwenden, von der dieses Übel grundsätzlich
herkommt: Das ist die ÖVP (Rufe bei der ÖVP:
Oh!), ehemals türkise Gruppe (Abg. Zarits: ... gut
angefangen!), und die türkise Buberlpartie, nicht? Das war doch die
Freundschaftsgruppe, die es ganz,
ganz eng mit Herrn Benko gehalten hat. Da hat es im Finanzministerium einen
Generalsekretär Schmid gegeben, den dazugehörigen Minister unter
Herrn Schmid, Herrn Löger, und dann auch noch einen gewissen Sebastian
Kurz. Die sind alle in einem regen Austausch miteinander gestanden
(Abg. Wöginger: Staatssekretär haben wir auch gehabt!), da
ist gechattet worden.
Übrigens, Kollege Wöginger, weil Sie gerade
reinrufen: Wissen Sie, was
am Tag der Übernahme in Ihrer Partei da herumgechattet worden
ist? – Das war interessant: Ihre ÖVP-Lobbyistin, Frau
Spiegelfeld, schreibt an Herrn
Schmid: „Zu wem halten wir???“ Schmid schreibt dann zurück:
„Wir sind für Rene Benko. Denke“, das „ist mit
HBK“ – Herrn Bundeskanzler –
„abgestimmt.“
Nun stelle ich mir die erste Frage: Warum muss man einen privatwirtschaftlichen
Deal mit dem Herrn Bundeskanzler abstimmen? (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Das ist ja eine Frage, die man sich grundsätzlich stellt – und
warum macht man sich im Finanzministerium überhaupt Gedanken darüber?
Wissen Sie, was noch war? – Es hat einen
gegnerischen Anbieter gegeben, das ist übrigens der nunmehrige Käufer
von Kika/Leiner, ein gewisser Herr
Frank Albert. Wissen Sie, was das Finanzministerium mit dem gemacht
hat? – Dem hat man gesagt, wenn er sich aus dem Deal nicht
zurückzieht, dann
kriegt er das Ehrenzeichen der Republik nicht. Da gibt es noch einen tollen
Chat, aus dem schlussendlich hervorgeht, dass ihm Herr Löger
persönlich, nachdem alles so gelaufen ist, wie sie das wollten,
das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik überreicht hat. Das
wäre übrigens ein Anlassfall für das neue Gesetz von Frau
Ministerin Edtstadler. Ich glaube, das wäre etwas,
was wir gleich aberkennen könnten. Da können Sie gleich bei sich
selbst beginnen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Nun zur Chronologie, was bisher geschah: 2017/2018 hat Herr
Benko um 430 Millionen Euro die Kika/Leiner-Gruppe gekauft. Wir kennen den
Gesamtdeal, da war ja auch der Flagshipstore auf der Mariahilfer Straße
dabei. Da haben Sie, wie schon erwähnt worden ist, zwischen Weihnachten
und Silvester noch schnell ein Gericht aufgesperrt, damit Sie Ihre
serviceorientierte Verwaltung da durchsetzen konnten und Herr Benko zum Schluss
einen
Schnitt von 60 Millionen Euro gemacht hat. Sie haben ihm da also schon
einmal sehr weit die Türe aufgehalten.
Was ist weiter passiert? – Man hat dann gesagt:
Ja, das ist jetzt die österreichische Lösung, wir retten da die
Jobs und so weiter. Wissen Sie, was der
erste Akt in diesem Drama war? – René Benko hat gleich jeden fünften Arbeitsplatz gestrichen. – So schauen Ihre Jobrettungen aus! Danach ist es übrigens zu einer Abstoßung eines Teils des Unternehmens gekommen. Man hat das Osteuropageschäft ausgegliedert. Da hat die Kasse ordentlich geklingelt: 200 Millionen in der Kassa von Herrn Benko.
Was war der nächste Akt? – Man hat das
Unternehmen dann gesplittet,
und zwar hat man dann auf der einen Seite den Kika/Leiner-Geschäftsbereich
und auf der anderen Seite den Kika/Leiner-Immobilienbereich gehabt. (Zwischenruf
bei der ÖVP.) Da hat es eine sehr, sehr interessante Konstruktion
gegeben – da sieht man nämlich wieder, wie Heuschrecken wie
Herr
Benko dann agieren –, da hat nämlich die Kika-Handelssparte der
Immobiliensparte überteuerte Mieten bezahlen müssen, somit hat
man das Handelsgeschäft ausgesaugt. Das machen Ihre noblen
Freunde, bei denen Sie gerne auf der Jacht spazieren gehen und so weiter. So
agieren die dort!
Wissen Sie, was der dritte Akt dieses Finanzkrimis
war? – Der dritte Akt war, dass man dann die Cashcow, nämlich
den Immobilienteil, verkauft hat;
und da sind dann wieder 200 Millionen Euro in die Tasche von Herrn Benko
geflossen. Gekauft hat ihn übrigens der, der schlussendlich den Orden von
Ihnen bekommen hat – also da gibt es schon immer viele alte
Bekannte. (Heiterkeit
der Abgeordneten Belakowitsch und Kickl.)
Die Handelssparte hat man dann um 3 Euro einem anderen,
Thomas Wieser, verkauft. Auch das ist interessant, und der Funfact dabei ist,
dass der
aus der Ecke des Möbelhauses Lutz kommt. Da sind wir wieder bei Herrn
Schelling, den kennen Sie vielleicht auch noch. Wissen Sie, was Herr
Wieser mit
den Kika/Leiner-Geschäften als Erstes gemacht hat? –
Überall dort, wo es einen Lutz-Standort gab, kam die Kika/Leiner-Filiale
auf die Liste zur sofortigen Schließung. Ich kann mir heute
noch vorstellen, wie in der Lutz-Zentrale die Sektkorken geknallt haben. Das
Ganze um 3 Euro – das müssen Sie einmal schaffen! (Beifall
bei der FPÖ.)
Unter dem Strich hat Herr Benko mit dieser ganzen Konstruktion
300 Millionen Euro Gewinn gemacht, meine sehr geehrten Damen und
Herren – 300 Millionen Euro! Gleichzeitig hat er um
eine Steuerstundung um 150 Millionen Euro angesucht. Da kommen wir der
Sache dann schon näher. – Ich höre jetzt übrigens ein
ganz lautes Schweigen bei der ÖVP. (Zwischenruf der Abg. Scharzenberger.)
Ich weiß, warum Sie schweigen. Wissen Sie, warum? – Weil Sie
sich diese Steuerstundung nicht einmal irgendwie besichern haben lassen. Das
heißt, wir können gar nicht darauf zugreifen. Das haben Sie gemacht.
Herr Blümel hat freihändig diese 150 Millionen Euro
bereitgestellt. Ihr Finanzminister, der Tennisminister, sagt bis heute
nichts. Der Einzige, der den Mut
gehabt hat, dazu einmal in der Öffentlichkeit etwas zu sagen, ist der Finanzprokurator
Herr Peschorn.
150 Millionen Euro Steuergeld! Überlegen Sie
einmal, was man damit alles für die Pflegekräfte, die
Coronaentschädigungen und so weiter machen
könnte! Es gäbe viel, viel bessere Zwecke, als das in die Taschen von
Herrn Benko wandern zu lassen.
Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird es aus
meiner Sicht wirklich kriminell. (Ruf bei den Grünen: Kriminell?!) Man
muss sich nämlich überlegen, warum
Herr Benko hergeht und plötzlich dieses Unternehmen
abstößt – und zwei Wochen später schickt man
es in die Insolvenz! Es gibt doch noch
ein paar Wirtschaftstreibende in der ÖVP: Nun erklären Sie mir
einmal, ob Sie ein Unternehmen dieser Größenordnung innerhalb von
zwei Wochen
in die Insolvenz schicken können, ob sich das ausgeht! Ich sage Ihnen: Es
geht sich nicht aus! Das wird Ihnen jeder Anwalt – vielleicht auch
Herr Stocker – bestätigen. Das funktioniert so nicht.
Das heißt im Umkehrschluss, die Sache muss von langer Hand geplant
gewesen sein.
Ich sage Ihnen eines: Eh klar,
Herr Benko hat das Unternehmen ausgesaugt, wie es Heuschrecken halt so machen,
und dann wollte er es weglegen. Warum? – Weil das
Unternehmen schlussendlich überschuldet war. Das hat natürlich
auch auf die Bonität der Signa-Gruppe durchgeschlagen; und bevor
Herr Benko für Refinanzierungen mehr Zinsen zahlt, schaut er, dass er es weiterbringt – und da ist ihm das Schicksal der vielen Menschen, die da angestellt waren, vollkommen egal.
Das ist Ihre Sozialpolitik – und dafür muss ich Sie auch verurteilen, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt stelle ich mir schon die
Frage – es gibt ein paar so Begriffe, ich habe auch ein paar
Semester Jus studieren dürfen –: Was ist mit Insolvenzverschleppung? Ist
das nicht ein Straftatbestand, meine sehr geehrten Damen
und Herren? Was ist mit einer Ungleichbehandlung von Gläubigern, zu denen
auch der österreichische Steuerzahler gehört, meine Damen und Herren
von der ÖVP? Wie schaut es da aus? Lautes Schweigen aus Ihren
Reihen – aber im Prinzip ist genau das die Vorgehensweise Ihrer
Freunde, mit denen Ihre türkise Buberlpartie zusammengearbeitet hat. Es
war eine knallharte kontrollierte Kindesweglegung, die da passiert
ist – und Sie haben Herrn Benko die
Mauer dafür gemacht.
Ich erinnere noch einmal: Herr
Benko hat 300 Millionen Euro Gewinn gemacht, 150 Millionen Euro
schuldet er jetzt dem Steuerzahler! Meine sehr geehrten Damen und
Herren, in diesem Zusammenhang muss ich schon auch die Frage stellen: Was
macht die WKStA eigentlich beruflich? Wir weisen seit Jahren auf diesen
Skandal hin, aber die WKStA hat da bis jetzt noch nicht mit der Wimper gezuckt. Ich hoffe, dass da demnächst
etwas in Gang kommt. Ich
hoffe doch nicht, dass die weisungsbefugte Justizministerin da zugunsten
der ÖVP irgendetwas aufgehalten hat. Auch das sollte man einmal ganz klar
aussprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen eines:
Ich bin es wirklich leid, alle paar Wochen hier draußen stehen zu
müssen und den Bürgern
aufs Neue erklären zu müssen, wie der Steuerzahler von der ÖVP
ausgebeutet und schlussendlich um sein Geld gebracht worden ist. (Ruf bei
der ÖVP:
Was?) Sie können es nicht, Sie sind hochgradig korrupt. Tragen Sie die Verantwortung dafür! Treten Sie zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das geht sehr schnell, das können Sie noch heute tun. (Beifall bei der FPÖ.)
15.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den Ausdruck „hochgradig korrupt“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
*****
Zu Wort gelangt Abgeordnete Tomaselli. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Bitte! – Abg. Wurm: Gute Rede!)
Abgeordnete
Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Kucher: Aber
kein Wort zum kleinen Mann ...!) Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wieso müssen wir heute überhaupt hier stehen? –
Wir diskutieren heute ein Geschäftskonzept eines Mannes, der in den
letzten Jahren einen fast kometenhaften Aufstieg vollzogen hat. Viele von Ihnen
haben ihn auch als Wunderkind der Immobilienbranche bezeichnet, und
nein – auch wenn es den einen oder anderen nun wundert, was gerade passiert –,
bei René Benko ging es nie um seriöse, langfristige Investments.
Das Geschäftskonzept von René Benko beruht einzig und allein auf
Fremdfinanzierung, auf Buchungsgewinnen und aggressiver Expansion. Benko
beherrscht vor allem eines: Er baut aus Luftschlössern Paläste. (Beifall
bei
den Grünen. – Abg. Hörl: Sehr erfolgreich!)
Es mag Sie
wundern: So ein Geschäftsmann tut jetzt einfach, was so ein
Geschäftsmann tut. Er kommt, er räumt aus, zieht weiter und
hinterlässt eine Sauerei. Das macht mich einfach nur betroffen, wenn ich
an das Schicksal
der betroffenen verbliebenen 2 000 Mitarbeitenden denke; und weil man
von den Menschen, die so eine Ellenbogentechnik in ihrem Geschäftsleben
anwenden, keine soziale Verantwortung erwarten kann, ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, die politische Pflicht, dass man diese Menschen zu sozialer Verantwortung verpflichtet. Genau das ist eine Millionärssteuer. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
Die Benkos dieser Welt verlassen
sich gerne auf den Staat, wenn es etwas zu holen gibt. Kika/Leiner, die
Signa-Gruppe insgesamt: Sie alle haben sich
kräftig an den Covid-Hilfen bedient, kräftig zugelangt. Jetzt hat man
die größte Pleite in den letzten zehn Jahren hingelegt, und die
Zeche sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen, obwohl wir aus
zahlreichen Verfahren und aus zahlreichen Untersuchungsausschussakten
mittlerweile wissen, dass René Benko gelinde gesagt gar
keinen Bock hat, Steuern zu zahlen, und dabei
auch noch kräftig vom türkisen Finanzministerium unterstützt
worden ist.
Ich sage es Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ärgert mich massiv, denn Solidarität kann keine Einbahnstraße sein. Wir müssen die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor solchen rücksichtlos spekulierenden Draufgängern beschützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Mancher fragt sich jetzt
vielleicht zu Hause: Hm, ist diese Insolvenz so kurz nach dem Verkauf von
Kika/Leiner ein Zufall? – Nein, selbstverständlich nicht!
Ich traue mich sogar zu sagen, das ist Teil des Geschäftskonzeptes von René
Benko. Benko, der Kaufhausjongleur, hat das Ganze auch schon in Deutschland
abgezogen. Dort wurde auch Galeria Kaufhof unter seiner Führung zum
Sanierungsfall. Gläubiger haben auf zig Schulden verzichtet, zahlreiche
Standorte sind geschlossen worden, viele Mitarbeiter sind gekündigt worden
und das Ganze ist noch mit 700 Millionen Euro an Staatshilfen versüßt
worden.
Es ist überall in Europa das Gleiche: Er kauft Kaufhäuser, von denen jeder sich denkt: Hm, das kann doch eigentlich jetzt, mit der Konkurrenz im Onlinehandel, gar nicht mehr so ein lohnendes Geschäft sein! – Dann werden Förderungen kassiert, die Arbeitsplätze – und das halte ich für besonders verwerflich – werden von den Kaufhausketten als politisches Pfand verwendet und
dann wird filetiert: Die gute Immobilie wird
von dem schlechten Handelsgeschäft getrennt. Dann wird
abgestoßen. – Kaufen, auszuzeln, links liegen lassen, und
jedes einzelne Mal bleiben die Mitarbeitenden und Steuerzahlenden
auf der Strecke. Damit muss endlich Schluss sein. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich noch
nicht ganz: Die Signa hat ja gesagt, der Kika/Leiner-Deal sei ein gutes
Geschäft gewesen.
Das kann man im Übrigen so ungefragt wahrscheinlich gar nicht
übernehmen. Fakt ist jedenfalls, dass sich die schlechten Nachrichten rund
um die
Signa-Zentralen häufen. Hier und dort wird verkauft. Man fragt sich: Ist
das alles freiwillig? Es werden – so wird berichtet –
sogar in den Vereinigten Arabischen Emiraten Verkaufsangebote gelegt.
(Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Sogar bei
Kika/Leiner wurden im Übrigen noch letzten November – Achtung! –
vier Häuser um 54 Millionen Euro abgestoßen – wie es
gerüchteweise heißt auf Druck des größten
Kreditgebers von Kika/Leiner, der Raiffeisen.
Wundern tut mich das keinesfalls, denn Benko ist ja
während einer Niedrigzinsphase, während einer Phase, in der die
Immobilienpreise immer und immer angestiegen sind, groß geworden. Die
Banken, seine Investoren, sie alle
haben einige Jahr sehr, sehr gut verdient, und das hat sich ja jetzt alles
schlagartig geändert. (Abg. Wurm: Nina, da habt ihr ja mit
Schuld von den Grünen,
Nina ...!) Es gibt keine niedrigen Zinsen mehr und die Immobilienpreise
stagnieren. Im Übrigen: Den Aufsichtsbehörden der Finanz ist
diese Aufwerterei
der Bilanz ein besonders großer Dorn im Auge. Es läuft –
das kann man schon festhalten – alles nicht mehr so super rund
für René Benko.
Außerdem haben wir auch
frühzeitig per parlamentarischer Anfrage auf die Gefahren, die von so
einem Milliardenunternehmen für den Finanzplatz Österreich ausgehen,
hingewiesen, und wir haben auch auf die toxische Beziehung zwischen
Raiffeisen und Signa hingewiesen. Leider haben wir da auch nur lapidare
Antworten bekommen. Die Lage aber ist ernst. Wir haben bereits im Frühling
im Grundbuch recherchiert und gesehen, dass allein
im Zusammenhang mit Kika/Leiner 300 Millionen Euro an Pfandurkunden im Grundbuch für die Raiffeisenbanken eingetragen sind. Die Rolle der Raiffeisen als große Gläubigerin wird noch genauer zu beleuchten sein.
Abschließend ist noch
Folgendes festzuhalten: Ob jemand und wer die politische Verantwortung für
dieses Desaster, für diese 2 000 betroffenen Mitarbeiter trägt,
wird jedenfalls noch zu klären sein. Was mir aber heute schon wichtig ist,
zu betonen, ist, dass Sie alle von den großen Parteien sich wirklich den
Vorwurf gefallen lassen müssen: Sie sind dem angeblichen
Milliardär aus Innsbruck auf den Leim gegangen. Nur allzu gern haben Sie
sich mit ihm ablichten
lassen. (Abg. Kickl: Nicht ein Mal!) – Ja, Herr Kickl
schüttelt den Kopf, aber es war die FPÖ, die René Benko auf
der Jacht in Ibiza besucht hat. (Abg. Kickl –
erheitert –: In hundert Jahren nicht! – Abg. Wurm:
Vorher ... vorher!) –Ja, es ist einfach so: Liebe
Großparteien, Sie haben sich vom Blender blenden lassen. (Abg. Kickl:
Das Foto zeigen S’ mir jetzt!)
Aus aktuellem Anlass, aber nicht nur wegen dieses Anlasses, ist mir noch wichtig, Folgendes festzuhalten: Ich sage Ihnen schon, die Politik kann nicht weiter zuschauen, wenn Einzelne auf Kosten der Allgemeinheit mit Immobilien herumspekulieren, während die Wohnkosten in die Höhe schießen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere
verdammte Pflicht,
nicht einfach zuzuschauen. Deshalb machen wir am besten aus all diesen egoistischen
Immobilienhaien Fischstäble! Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen
wir aus den Immobilienhaien Fischstäble! – Danke. (Heiterkeit
und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. –
Zwischenruf des
Abg. Reifenberger.)
15.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.
15.58
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich möchte damit anfangen, dass ich ein wenig darauf eingehen möchte, was hier gerade auch schon gesagt worden ist:
Kollege Stocker von der
ÖVP sagt: Die SPÖ verbreitet hier „eine billige Show“! –
Jetzt kann man schon sagen, man muss nicht allem zustimmen, was in diesem Antrag
drinnen ist – aber, Herr Kollege Stocker, „eine billige
Show“? Eine „billige Show“? – Das ist schon das,
was Sie in den letzten paar Jahren mit
Ihrer Wirtschaftspolitik gemacht haben. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Dann möchte ich auch auf
die Grünen eingehen, weil die Grünen genauso dabei waren. Hier jetzt
vollkommene Transparenz einzufordern ist auch ein wenig lächerlich,
wenn Sie sich die letzten paar Jahre anschauen, was während der Pandemie passiert
ist, denn Sie beide haben etwas beschlossen, das sich
Cofag nennt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schwarz: Das
sind die Steuerstundungen ...!) Sie haben einen rechtlichen
Rahmen für Freunderlwirtschaft und Korruption gebaut, und das, meine Damen
und Herren, fällt Ihnen jetzt auf den Kopf. (Beifall bei den
NEOS. – Abg. Wurm: Genau!)
Das eine muss ich auch sagen: Ihnen fällt das
auf den Kopf, aber was viel schwerwiegender ist, ist eigentlich das, was noch
passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) –
Ja, Herr Ottenschläger, ich würde mich auch melden, wenn ich im
Beirat der Cofag gesessen wäre, ganz im Ernst. (Abg. Ottenschläger:
Das ist ja tiefstes Niveau! – Zwischenruf des Abg. Stocker.) Die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben die Cofag, haben all die
Wirtschaftshilfen mitfinanziert. (Ruf bei der ÖVP: Das hat nichts
mit der Cofag zu tun!) Die Mitarbeiter:innen von Kika und Leiner,
die jetzt auf der Straße stehen, haben das mit ihren Steuergeldern
mitfinanziert. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf
des Abg. Schwarz.)
Das ist die Wirtschaftskompetenz der ÖVP? Leistung muss sich wieder auszahlen? – Na super, vielen Dank dafür.
Ich muss es wirklich sagen, meine Damen und Herren: Was hier passiert ist,
ist ein weiteres Beispiel dieser slimfitten Wirtschaftspolitik des ehemaligen Kanzlers
Kurz. (Abg. Stocker: Jetzt verstehe ich die Ampel! –
Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da kommen jetzt viele, viele
Dinge zum Vorschein. Fangen wir einmal an, erzählen wir doch
einmal die Geschichte!
Was ist denn
passiert? – 2018 mussten die Ämter übers Wochenende
aufsperren, damit der weiße Ritter Benko, ein Freund aus der
türkisen Clique, wie
wir vielleicht alle wissen, also damit es hier eine österreichische
Lösung gibt und damit die Mitarbeiter weiter einen Job haben. Alles gut.
Es ist aber auch um etwas anderes gegangen. Es ist auch um sehr viel Geld
gegangen, und das sehen wir heute natürlich auch.
2019 –
ein ganz, ganz wichtiger Zeitpunkt – hat es schon erste
wirtschaftliche Schwierigkeiten gegeben, wie wir hören. Da gab es schon
Stundungen
von Zahlungen ans Finanzamt. Stundungen! Probieren Sie einmal als normales
Unternehmen, bei den Steuerschulden eine Stundung zu bekommen! Wissen Sie, wie
schwierig das ist? Für Benko aber war es kein Problem,
ist so gemacht worden, nicht?
Dann kam die Pandemie. Was ist 2021
passiert? – 9 Millionen Euro an Steuergeldern wurden
Kika/Leiner gegeben, und das obwohl es so etwas wie Unternehmen in Schwierigkeiten
gibt. Was heißt das denn? – Ein Unternehmen, das in
wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist und schon vor der Pandemie
war, sollte eigentlich über die Blackbox Cofag keine Gelder ausbezahlt
bekommen. Das ist nicht vorgesehen, steht so in den Bestimmungen drinnen.
9 Millionen Euro sind aber ausgezahlt worden. Wie ist das also
abgelaufen? – Es wird jemand einen Antrag dazu gestellt haben. Ich
nehme einmal an, es
wurde ein Antrag gestellt, um Wirtschaftshilfen abzuholen.
Dann hat aber die
Cofag die schöne Möglichkeit gehabt – das wurde uns ja immer so kommuniziert –, ein Gutachten beim
Finanzministerium anzufordern, um nämlich genau das festzustellen: Gibt es
hier vielleicht finanzielle Schwierigkeiten? Ist das ein gesundes
Unternehmen? Da frage ich mich: Ist das passiert? Hat die Cofag
ein entsprechendes Gutachten angefordert? Wurde das Finanzministerium befragt? (Beifall
bei den NEOS und bei Abgeordneten
der SPÖ. – Abg. Wurm:
... die Grünen beantworten!) Oder hat man
das einfach vergessen? Kann ja sein, nicht? Ist vielleicht nicht passiert.
Wenn es passiert ist, was ist denn dann die
Aussage aus dem Finanzministerium gewesen? Hat man da festgestellt, dass es
Schwierigkeiten gibt, ja oder
nein? Oder hat man sich vielleicht entschieden – da Herr
Finanzminister Blümel ja doch ein guter Freund von Herrn Kurz ist und
Benko natürlich auch ein
sehr guter Freund von Herrn Kurz ist oder war, wie auch immer –,
einen Persilschein auszustellen? Ist das kontrolliert worden? Auch das
wissen wir
nicht, meine Damen und Herren! Was wir wissen, ist, dass über die Blackbox
Cofag sehr viel Steuergeld geflossen ist.
Dann geht das ganze Spiel weiter. Es wurden
nicht nur diese Förderungen ausgezahlt. Vor Kurzem erst hat man
gehört: Herr Benko braucht Geld. Der Immobilienmarkt ist nicht mehr das,
was er war, der wird ein wenig filetiert. Was ist
bei der Leiner/Kika-Gruppe passiert? – Die schönen, teuren
Immobilien
sind herausfiletiert, sprich gewinnbringend verkauft worden. Was ist mit
dem Rest passiert? – Den Rest hat man an einen ehemaligen Manager
der Kika/Leiner-Gruppe weitergegeben, der sicher nicht gewusst hat, wie es ums
Unternehmen steht. Nein, das war wahrscheinlich nicht wichtig. Er hat
das übernommen, und – ups, so ein Zufall! – zwei
Wochen später wird das Ganze in die Insolvenz geschickt. Das ist doch
absurd, meine Damen und Herren! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Wer bleibt denn darauf sitzen? – Damit soll die Republik, also der Steuerzahler und die Steuerzahlerin, die eh schon die ganze Zeit zur Kasse gebeten
werden, auffangen, was der politische Wahnsinn war, der zuvor passiert ist. Das kann es nicht sein!
Deswegen haben wir viele Anfragen gestellt,
aber ein paar Dinge interessieren uns ganz besonders: Wer war da aller
involviert? Hat die Cofag überhaupt das BMF gefragt oder sich den
Fördersegen einfach direkt mit Benko
und Co ausgemacht? Diese Frage ist zu stellen und zu klären. Welche Rolle
haben Finanzminister Blümel und sein Kabinett in diesem ganzen
Konstrukt gespielt? Wurde hier für den Freund Benko interveniert, ja oder
nein? Und was haben denn die Gutachten vom Finanzministerium ausgesagt?
Ist da etwas drinnen gestanden? Gab es nach EU-Beihilfenrecht wirtschaftliche Schwierigkeiten? Hat die Cofag das ignoriert und
trotzdem Gelder ausgezahlt?
Herr Kollege Ottenschläger, was
haben Sie denn im Beirat so gemacht?
Alle Hilfen über 800 000 Euro sollten dann vom Beirat
kontrolliert werden. Frau Götze von den Grünen, Sie sind drinnen
gesessen, was haben Sie denn gemacht? Haben Sie das angefragt? Haben
Sie Dokumente dazu bekommen? Haben Sie nachgefragt, ob das ein Unternehmen
mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, wie es ja sogar in
den Medien schon gestanden ist?
(Abg. Pfurtscheller: ... Beirat gegangen
ist ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Da sind die politischen Verantwortlichkeiten
aufzuklären, meine Damen
und Herren! (Beifall bei den NEOS.) Wie gesagt, wir NEOS werden uns
dafür einsetzen. Die ersten Anfragen sind draußen, und wir werden da
natürlich dranbleiben. (Beifall bei den NEOS.)
16.04
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Kocher. – Bitte sehr.
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrte Staatssekretärinnen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Vor einigen Tagen
wurde bekannt, wie die Lage um Kika/Leiner steht, und mittlerweile ist eine Insolvenz bekannt gegeben worden. Es gibt ein Sanierungsverfahren, und es sind, wie schon gesagt wurde, 23 der 40 Filialen und möglicherweise 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Ich kann dem laufenden Insolvenzverfahren natürlich nicht vorgreifen. Die Finanzprokuratur prüft sehr genau, und ich begrüße ausdrücklich, dass die Hintergründe dieser Insolvenz genau geprüft werden.
Was wir jetzt tun
können, ist, die Hauptleidtragenden dieser Insolvenz so gut es geht zu
unterstützen, und die Hauptleidtragenden sind die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die in den nächsten Monaten ihren Job bei Kika/Leiner
verlieren werden. Ich werde mich natürlich mit aller Kraft für
diese Menschen einsetzen. Es ist eine Tragödie für viele Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die vielleicht jahre- oder jahrzehntelang bei diesem
Unternehmen gearbeitet
haben. Die Familien sind betroffen.
Jetzt heißt
es, gemeinsam mit dem AMS und den Sozialpartnern, und wir sind in laufenden
Gesprächen, alles zu tun, damit für alle, die jetzt von einer
Kündigung betroffen sind, neue Perspektiven aufgezeigt werden.
Das ist kein einfacher Vorgang. Da geht es um regionale Angebote, da geht es
darum, dass passende Jobangebote gefunden werden. Es ist aber nicht die erste
größere Insolvenz mit vielen Betroffenen. Das AMS ist sehr
gut darauf vorbereitet, und wir werden weiter sehr, sehr intensiv
zusammenarbeiten, damit es,
wenn es so weit ist – ich komme gleich zu den Details dieser
Prozesse –, möglichst rasche Übergänge geben
kann.
Ich weiß, das löst nicht alle
Probleme. Da geht es natürlich auch darum, dass man vielleicht etwas
weiter pendeln muss, dass man nicht mehr im selben Team arbeiten kann, aber die
Situation am Arbeitsmarkt ist, bei all der Tragik
dieser Entwicklung, glücklicherweise so, dass wir Lösungen anbieten
können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Frau
Staatssekretärin hat es schon gesagt: Wir haben im Handel österreichweit
knapp 20 000 gemeldete offene Stellen. Allein im Bereich des Textilhandels sind
das fast so viele Menschen wie jene, die jetzt möglicherweise ihren Job
bei Kika/Leiner verlieren. Es wird sehr wichtig sein, regionale Angebote zu finden.
Das ist aber jetzt in dieser Phase, da es in vielen Ballungsräumen, wo
diese Filialen auch verortet sind, sehr viele offene Stellen gibt, einfacher
als vielleicht zu anderen Zeiten.
Das AMS wird
einerseits auf regionaler Ebene mit dem Unternehmen und auch mit anderen
Unternehmen, die schon Angebote gemacht haben, einen möglichst guten
Übergang zustande bringen. Es wird aber auch einen zentralen Ansprechpartner
auf der Ebene des Bundes geben, um hier eben so rasch wie möglich zu
helfen und möglichst allen eine Chance zu geben, nämlich
auf einen neuen Job bei einem neuen Arbeitgeber beziehungsweise einer neuen
Arbeitgeberin. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir stehen
natürlich auch in engem Austausch mit dem Insolvenzentgeltfonds, und ich
möchte betonen, dass sämtliche Ansprüche für die
Lohnfortzahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz klar
gesichert sind. Es ist genug Geld im Insolvenzentgeltfonds. Wir sind
vorbereitet auf solche Ereignisse.
So traurig und so dramatisch es ist – die Vorarbeit ist da, keiner
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verliert Ansprüche auf
Unterstützung.
Was sind die nächsten
Schritte? – Sobald das Unternehmen die Kündigungen an das AMS
gemeldet hat, kommt das sogenannte Frühwarnsystem zum Tragen. Das passiert
immer, wenn es eine größere Anzahl von Kündigungen gibt.
Erst dann kann natürlich konkret unterstützt werden. Das Ziel wird
sein, dass noch während der Kündigungsfristen möglichst neue
Angebote an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemacht werden, sodass es
keine Arbeitslosigkeit gibt und die Übergänge in gute neue Jobs
so kurz und so rasch wie möglich sind. Dafür werde ich mich
persönlich mit dem AMS einsetzen.
(Beifall bei der ÖVP.)
Der Insolvenzentgeltfonds, den ich gerade erwähnt habe, ist einer der größeren Gläubiger, aber wir werden natürlich auch so viel wie möglich an Ansprüchen gegenüber dem Käufer und dem Verkäufer geltend machen, damit der Schaden für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin so gering wie möglich ist. Wir sind eng abgestimmt mit der Finanzprokuratur und den weiteren Gläubigern, um genau das sicherzustellen.
Die Beschäftigten dürfen nicht die Leidtragenden
sein, und Entgeltansprüche müssen gewahrt bleiben. Gemeinsam mit dem
AMS werden wir alle Hebel in Bewegung setzen, damit das auch so
ist, und die Finanzprokuratur wird auch alles tun, damit die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler und der Insolvenzentgeltfonds so schadlos wie möglich
gehalten werden können – bei dieser Entwicklung, die wir alle
nicht für gut befinden können, aber
jetzt geht es darum, den Menschen, die betroffen sind, so gut es geht zu
helfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP
sowie der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)
16.10
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Mag. Verena Nussbaum (SPÖ):
Herr Präsident! Werte Anwesende auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte
Zuseherinnen und Zuseher!
Ja, um Weihnachten 2017 wurde groß verkündet, dass René Benko
mit der Signa Holding der Retter der Möbelkette Kika/Leiner ist und
damit 5 000 Arbeitsplätze in Österreich erhalten
werden. Ein halbes Jahr später, im August 2018, wurde bekannt
gegeben, 1 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihren
Arbeitsplatz – und jetzt, knapp fünf Jahre später, sind
alle Arbeitsplätze gefährdet. Von einer Erhaltung der
Arbeitsplätze merken wir jetzt gar nichts mehr. René Benko hat nur
seine Immobilien gerettet und damit
sein Vermögen vermehrt.
Die Existenz der Mitarbeiterinnen und der Mitarbeiter aber ist jetzt akut bedroht, denn es ist ungewiss, wie dieses Sanierungsverfahren ausgehen wird und wie viele Standorte – wenn überhaupt welche – in Zukunft weitergeführt werden und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überhaupt die Chance bekommen werden, dort auch wieder weiterarbeiten zu können.
Was wichtig ist, sind natürlich die Schicksale all der
Beschäftigten,
und das Perfide an dieser ganzen Situation ist nämlich Folgendes: Wir
können davon ausgehen, dass dieser Coup der Gewinnmaximierung von langer
Hand geplant wurde, nämlich dadurch, dass die Immobilien und damit das
wertgesicherte Vermögen um 400 Millionen Euro verkauft werden
und das operative Geschäft um symbolische 3 Euro verkauft
wird – und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten aus den
Medien von der
Insolvenz erfahren!
Daran sieht man schon einmal, wohin die Reise geht, und wir
sehen das schon so, das ist für uns diese klassische
ÖVP-Wirtschaftspolitik: Für die wenigen Reichen werden hohe
Gewinne auf Kosten der Arbeitnehmer:innen und auch der Steuerzahler:innen
gemacht. Die ÖVP steht wieder einmal nur
auf der Seite der Konzerne. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wir
sehen das ja auch daran – ich möchte wieder daran
erinnern –, was es für Geschenke gibt: Senkung der
Körperschaftsteuer, Senkung der Beiträge für die Unfallversicherung,
aber in den letzten Jahren auch immer wieder eine Senkung der Beiträge zum
Insolvenzentgeltsicherungsfonds. – Nicht umsonst, Herr Minister,
werden Sie jetzt erwähnt haben, dass genug Geld vorhanden ist.
Die Frage, die sich jetzt wahrscheinlich alle stellen: Was
ist jetzt aus dieser Jobgarantie aus dem Jahre 2017 geworden? – Die
hat sich einfach in
Luft aufgelöst. Die Sicherheiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
wurden jetzt weder von der Frau Staatssekretärin noch vom Herrn
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft gegeben, denn: Was
bringt ihnen das, dass man sagt, es gibt genug offene Stellen im
Handel? – Warum werden da nicht
Pakete geschnürt? (Beifall bei der SPÖ.)
Wir werden jetzt genau darauf achten, welche
Prioritäten gesetzt werden. Für uns ist wichtig, ob Sie wirklich alle
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausschöpfen und die
Mitarbeiter:innen unterstützen, und ich muss jetzt schon noch einmal
anmerken: Arbeitnehmer:innen sind keine Ware, auch
wenn sie im Handel arbeiten, und sind keine Schnäppchen! (Beifall bei
der SPÖ.)
Der Handel ist ein ganz großer Bereich, und es gibt unterschiedliche Qualifikationen. Es macht schon einen großen Unterschied, ob ich im Möbelhandel, zum Beispiel als Architektin in einer Küchenplanung, oder ob ich im Lebensmittelhandel arbeite. Wir fordern daher auf jeden Fall finanzielle Absicherung für die betroffenen Mitarbeiter:innen (Abg. Hörl: Das passiert ja eh!) und auch, dass diese eine Zukunftsperspektive haben, nämlich dahin gehend, dass sie qualitativ gleichwertige und höherwertige Jobs anstreben können. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir sind der Meinung, dass dieser Deal penibel aufgearbeitet werden muss und nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gemeinsam mit den Arbeitnehmer:innen die Verlierer sein dürfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.14
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scharzenberger. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, Frau Kollegin Herr, was wir sehen, ist: Auch die neue SPÖ arbeitet mit Unterstellungen. Sie verexcelt in ihrer Dringlichen Anfrage Äpfel mit Birnen und erfindet letzthin ihre eigene Wahrheit, so, wie wir es von ihr auch schon gewöhnt sind. – Schauen wir uns gemeinsam einmal die Fakten an!
Ohne Zweifel ist die Situation für die Betroffenen eine Herausforderung. Arbeitsminister Kocher hat unmittelbar alle Hebel in Bewegung gesetzt, insbesondere das AMS angehalten, alles zu tun, damit die Betroffenen die bestmögliche Unterstützung bekommen. (Abg. Keck: Das geht ja doch gar nicht ...!)
Es wird ein zentraler Ansprechpartner
auf Bundesebene installiert, der
die Vermittlung der betroffenen Personen unterstützt – und ja,
Kollege Krainer und auch Kollegin Nussbaum, jeder einzelne Arbeitnehmer ist uns
wichtig.
Man kümmert sich um individuelle Lösungen! (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Auch große Firmen wie dm, Post, Spar, Generali oder Bauhaus haben bereits Interesse an einer Beschäftigung bekundet, und man muss eines schon in aller Deutlichkeit sagen: Es ist unserer Arbeitsmarktpolitik und letztlich auch Ihnen, Herr Bundesminister Kocher, zu verdanken, dass wir jetzt de facto Vollbeschäftigung haben (Beifall bei der ÖVP – Abg. Herr: „De facto“! „De facto“, ja! – Abg. Reifenberger: Das ist ja nur in Österreich, gell?), und genau deswegen haben die Betroffenen auch Perspektiven.
Natürlich hat diese Insolvenz aber Auswirkungen auf den
Staatshaushalt. Umso wichtiger ist es, dass die Finanzprokuratur als Anwalt der
Republik die genauen Umstände und ebenso auch die
Haftungsansprüche prüfen wird. Die rechtliche Prüfung dieses
Falles ist im Insolvenzverfahren zu klären.
Dieses Insolvenzrecht hat sich über Jahre bewährt, und es bedarf
keiner gesetzlichen Anpassung, so wie Sie sich das zusammendichten.
Ich frage mich: Was hätte denn die SPÖ anders
gemacht? Hättet ihr Kika/Leiner verstaatlicht? Und, Kollegin Herr, weil
ich Sie gerade anschaue: Sie haben
vorhin von der Firmenübernahme 2018 gesprochen und – Sie sind
selber im Untersuchungsausschuss gesessen – Sie wissen genau,
wie das damals war. Es
war so, dass der Kaufvertrag letzthin abgeschlossen wurde, kurz bevor
Kika/Leiner vor der Insolvenz stand. Wäre damals der Kaufpreis nicht
schnell geflossen, hätten die Gehälter nicht weiterbezahlt werden
können. Sie
können das im Protokoll des Untersuchungsausschusses nachlesen, wo das
übrigens auch unter Wahrheitspflicht angegeben wurde.
Und ja, man muss Unternehmen natürlich auch die gesetzliche Möglichkeit geben, dass sie sich sanieren können – und Sie wissen auch, dass Unternehmen
auch
Steuern bezahlen und letzthin auch in den Insolvenzentgeltfonds einbezahlen. (Abg.
Herr: Der René Benko halt offensichtlich nicht!) Unser
oberstes Ziel, Frau Kollegin, muss es sein, Arbeitsplätze zu erhalten, und
genau
deshalb gibt es auch Fangnetze wie das AMS und auch das Frühwarnsystem im
AMS; und mit den Maßnahmen, die unsere Bundesregierung jetzt setzt,
helfen wir den Betroffenen. (Beifall bei Abgeordneten der
ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Wer hat diese Rede geschrieben?)
Sie vermischen
jetzt verschiedene Dinge. Sie zeichnen ein total verworrenes Bild der Lage, das
den Tatsachen überhaupt nicht gerecht wird. Dadurch, dass
Sie ein Politikum aus dem Ganzen machen, verunsichern Sie unglaublich viele
Menschen. (Ruf bei der SPÖ: Das tun Sie!) – Ihre
Showeinlage hilft keinem einzelnen Betroffenen bei Kika/Leiner. (Beifall bei
Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schroll.)
Ihre alte
Strategie aus dem Untersuchungsausschuss setzt sich auch jetzt im Plenum fort.
Ihr oberstes Ziel ist keine Verbesserung der politischen
Lage in diesem Land (Abg. Herr: Wir haben drei Forderungen
eingebracht!), sondern rein die Volkspartei in ein schlechtes Licht zu
rücken. (Abg. Kollross: Nein,
das macht ihr eh selber! Dafür braucht ihr uns nicht! Das könnt ihr
selber besser!)
Herr Kollege Kucher, ich darf Ihnen an dieser Stelle
natürlich auch zu Ihrer neuen Funktion gratulieren, ich habe aber schon
eine erste Anmerkung zu Ihrer ersten Amtshandlung als
geschäftsführender Klubobmann: Benko hatte nie einen einzigen
Termin bei Bundeskanzler Nehammer. (Abg. Belakowitsch:
Ah so, da war er noch nicht Bundeskanzler!) Ich darf aber schon daran
erinnern, dass dafür Ihr Genosse Gusenbauer Mitglied des Beirats der Signa
Holding ist (Ah-Rufe und Aha-Rufe bei der
ÖVP. – Rufe: Na so was! Wahrscheinlich braucht der gar keinen
Termin! – Ruf bei der ÖVP: Rote Netzwerke!) und in
den jeweiligen Aufsichtsräten auch vorsitzt. Sie schaffen also genau das
Gegenteil von dem, was unser aller Ziel sein sollte, nämlich
gemeinsam für dieses
Land zu arbeiten.
Zum Schluss noch ein Appell: Heben Sie, liebe
SPÖ, Ihre Blockadetrotzhaltung endlich auf! Kommen Sie Ihrer
parlamentarischen Verantwortung (Ruf bei
der SPÖ: Ha, ha, ha!) wieder redlich nach (Abg. Kollross: Ja,
weil der Kanzler nicht kommt!), damit es auch für Sie bald wieder
heißt: Die Richtung stimmt.
(Beifall bei der ÖVP. – Abg. Reifenberger: Fürs
Protokoll: Kein Klatschen des grünen Koalitionspartners!)
16.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Werte Anwesende auf der ÖVP-Regierungsbank! Ja, natürlich diskutieren wir heute einen ÖVP-Skandal. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Also da brauchen wir, glaube ich, nicht lange nachzudenken.
Für die Zuschauer zu Hause: Sie brauchen es nur zu
googeln. Geben Sie einmal Benko, Törggelen und High-Society-Event in Wien
ein und schauen Sie die
Fotos durch! Da wird es ganz wenige ÖVP-Politiker geben, die nicht auf
einem Foto sind – das ist also ganz offensichtlich. (Zwischenruf
des Abg. Hörl.) Also natürlich gibt es ein
Naheverhältnis zwischen der ÖVP und dem Skandal, den wir hier haben.
Es ist natürlich – das ist heute auch schon mehrmals erwähnt worden – nicht nur die ÖVP. Nicht nur Gusenbauer ist aufgetaucht, auch Kollegin Rendi-Wagner, Drozda – da gibt es einige von der SPÖ, die da immer wieder dabei waren, von den NEOS sowieso. (Abg. Köchl: Ihr wart auf der Jagd! ...!)
Es ist schon klar, dass René Benko natürlich
Teil des Systems war und das System auch mit unterstützt hat (Abg.
Michael Hammer: Das System Gusenbauer!) – und
damit diese vier Systemparteien, die natürlich alle mit im Boot sind. (Ruf
bei der SPÖ: Lass dir was Besseres einfallen!) Das macht
die Geschichte aber natürlich nicht besser.
Als Tiroler, muss ich sagen, geniere ich mich jetzt wirklich
für einen Tiroler Unternehmer. Das muss man schon sagen: Man kann als
Unternehmer scheitern, man kann einen Konkurs hinlegen, einen Ausgleich, das
ist im Wirtschaftsleben alles möglich, aber wenn man mit
300 Millionen Euro Gewinn aus einer Insolvenz aussteigt, dann stinkt
das zum Himmel. – Lieber Kollege Hörl, ganz,
ganz viele Unternehmer in Tirol verstehen diese Geschichte auch nicht. (Beifall
bei der FPÖ.)
Das muss man einmal eindeutig sagen, und da muss man jetzt kein Kommunist oder Marxist wie Babler sein. Noch einmal: Wir stehen für anständige Unternehmer, die auf die Mitarbeiter schauen. (Abg. Hörl: Wir auch!) Gerade in Tirol haben wir sehr, sehr viele Traditionsbetriebe, die immer auf die Mitarbeiter geschaut haben. Das, was Benko da mit seinem Gewinn gemacht hat – den Rest, die Mitarbeiter, hinten zu lassen –, kann keiner ernsthaft verteidigen. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb ist grundsätzlich einmal das Anliegen von der
SPÖ okay. Also noch einmal: Da ist viel aufzuklären. Es ist
schon das System – ich sage es nur ganz
kurz, weil ich da ein bisschen durchgescrollt habe. Wenn man jetzt anschaut,
wer auf diesen Fotos ist, sieht man: Zum Beispiel Kollege Peschorn, ehemaliger
Innenminister, und Frau Bierlein, die unabhängige Bundeskanzlerin, waren
natürlich auch immer wieder dort. Jetzt ist Peschorn der
Finanzprokurator. Das
ganze System in Österreich ist schon so ineinander vernetzt. (Zwischenrufe
der Abgeordneten Höfinger und Egger.) Ich würde
jetzt nicht tiefer Staat sagen,
aber als Bürger dieses Landes und Steuerzahler hoffe ich schon
(weitere Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsident Sobotka
gibt das Glockenzeichen), dass ich mich darauf verlassen kann, dass es da
eine echte Aufklärung
im Sinne der Steuerzahler, der Mitarbeiter gibt, denn das Ganze, wie es
gelaufen ist, ist natürlich nichts, das man gutheißen kann.
Ich muss halt immer wieder
darauf verweisen – wie heute Vormittag schon –:
Ausgangslage auch bei vielen dieser Dinge war diese Coronapolitik, bei
der alle vier dabei waren, auch die SPÖ. Die berühmte
Cofag – Frau Tomaselli,
weil Sie sich hierherstellen –:
Ihr von den Grünen habt ermöglicht, dass
es da keine Transparenz gibt. (Abg. Schwarz: Wieso? Die
Steuerstundung ist doch genau so, wie ihr es haben wolltet! ...
Finanzbehörden!) Normalerweise sollte
man sich als grüner Politiker dazu gar nicht äußern, denn ihr
steckt in der ganzen Geschichte so tief, bis zum Hals, drinnen, dass es
eigentlich nur peinlich ist.
(Abg. Schwarz: Die Steuerstundungen hat nicht die Cofag gemacht!)
Also das kann mir ja keiner erklären. (Beifall bei der FPÖ.)
Da vergesse ich die 100 000 Euro, die Chorherr für seinen Verein von Benko bekommen hat, gleich einmal. (Abg. Zorba: 2018, wer war denn in der Regierung?)
Noch einmal: Dass es diese
ganze Geschichte mit 100 Milliarden Euro Schaden bei Corona gegeben hat,
habe ich, glaube ich, schon 17 Mal erklärt – da will
ich mich nicht vertiefen.
Zusammenfassend: Es kann nicht
sein, dass wir das gesetzlich zulassen. Da muss man aber auch wieder sagen: Das
endet ja nicht hier in Wien im Parlament, sondern die Verlängerung ist ja
Brüssel. Man muss halt die Themen
schon bis zum Ende denken, auch die Kollegen von den NEOS: Woher hat denn der
geschätzte Herr Benko dieses Geld gehabt? Woher? – Ja,
natürlich,
klar, ihr habt ja in Brüssel die Geldschleusen aufgemacht. Milliarden sind
zu null Zinsen herumgelegen, die Benko ganz gern für seine Deals
hergenommen
hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist in Frankfurt!) Man muss das
also schon auch ein bisschen weiterdenken und darf nicht nur populistisch
sagen: Okay, das
ist nur der Benko alleine. – Ihr habt dieses System des
Turbokapitalismus, das wir ablehnen, in Brüssel auch ermöglicht.
Geschätzte Sozialdemokratie, ich hoffe, ihr kommt von
diesen Lippenbekenntnissen einmal weg und zu einer echten
Sozialpolitik – aber dann bitte
zu einer durchgängigen bis Brüssel und international (Abg. Meinl-Reisinger:
Der Gouverneur gehört aber schon euch, oder?), denn da seid ihr als
Sozial-
demokratie in den letzten Jahrzehnten immer dabei gewesen. Ihr habt ermöglicht, dass Milliardäre reicher geworden sind. Das habt ihr mit unterstützt. (Abg. Kollross: Darum seids ihr für die Millionärssteuer, oder?)
Deshalb, bitte schön, sage ich noch einmal: Die einzig
Glaubwürdigen in diesen Angelegenheiten sind wir Freiheitliche. (Heiterkeit
der Abg. Maurer.) Das
ist die Wahrheit, ja! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. –
Abg. Meinl-Reisinger: Euer Gouverneur ...! – Weitere
Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)
16.25
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Herr
Abgeordneter, ich bitte Sie, den Ausdruck „Systemparteien“
zurückzunehmen. (Abg. Wurm: Weil?) – Weil es
ein Begriff aus der nationalsozialistischen Zeit ist (Abg. Kickl: Das
ist ja ein Blödsinn! Das stimmt ja nicht!), aus den
Dreißigerjahren. (Beifall bei SPÖ und
Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Weitere
Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nehmen Sie es zurück? Dafür wurde
schon ein Ordnungsruf erteilt.
(Abg. Wurm: Nehme ich nicht zurück, nein!)
*****
Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Sie
sollten sich dessen bewusst sein und diese Ausdrücke nicht verwenden. (Beifall
bei SPÖ und Grünen sowie
bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger: ...
verwendet es auch! –
Abg. Kickl: ... Sprache verbieten!)
*****
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze
(Grüne): Herr Präsident! Sehr
geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärinnen! Werte Kolleginnen und
Kollegen!
Werte Zuseher:innen, die Sie heute hier oder zu Hause sind! Gleich vorweg:
Nein, es gibt nichts zu beschönigen – ein neuer Kriminalfall,
die Justiz
und die sonstigen Behörden ermitteln. Wie immer in diesen Fällen muss ich hinzufügen: Es gilt die Unschuldsvermutung.
Normalerweise lese ich gerne
Krimis, wie den letzten von Mark Elsberg. Heute im „Falter“ von Eva
Konzett, fast wie eine Fortsetzungsgeschichte über
die Gewinne und die nicht versteuerten Gewinne – wir werden schauen,
was da herauskommt. Das ist nicht die einzige Verdachtslage: Es steht Insolvenzverschleppung
im Raum. In der „ZIB 2“ vor zwei Tagen hat Finanzprokurator
Wolfgang Peschorn davon gesprochen – schwerwiegende Verdachte.
Trotzdem möchte ich die
Förderungen und auch die Steuerstundungen davon trennen, weil ich viele
Unternehmen kenne – und ich nehme an, auch
Sie alle kennen viele –, denen die Hilfen, die diese Regierung
gegeben hat, das Überleben gesichert haben. (Beifall bei den
Grünen sowie des Abg. Hörl.)
Es gibt dazu Studien: Alle
Wirtschaftsforschungsinstitute – Wifo, IHS – haben sich
das angeschaut und festgestellt, dass allein bis Ende 2021 knapp
11 Prozent der Unternehmen in Österreich dadurch gerettet worden sind,
beispielsweise durch Steuerstundungen, die ermöglicht haben, dass die
Steuerzahlungen nicht erlassen, sondern bis zu 21 Monate aufgeschoben
wurden. Ja, in Liquiditätsschwierigkeiten hilft das einem Unternehmen, sichert
das Überleben, und das ist gelungen. (Beifall bei den Grünen sowie
der Abgeordneten Haubner, Hörl und Pfurtscheller.)
Nicht zuletzt sind so auch 200 000 Arbeitsplätze in Österreich erhalten worden. Und nein, es wurden keine Zombieunternehmen erhalten, sondern Unternehmen, die uns jetzt die Versorgung sichern, die innovativ sind und die im Land weiterarbeiten können.
Zusammenfassend kann man sagen – und das haben auch die Wirtschaftsforschungsinstitute bestätigt –, dass die Hilfen in Österreich in Summe besser als in anderen Ländern funktioniert haben – nicht zuletzt auch dank der Kurzarbeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Aber ja, gleichzeitig müssen wir sehen, wo Betrug vorliegt, wo Missbrauch, Fördermissbrauch vorliegt. Da müssen wir hinschauen, da müssen wir aufdecken, und da muss es auch Konsequenzen geben. Daran wird gearbeitet.
Den 1 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zur Kündigung angemeldet wurden, gilt unsere Solidarität. Auch da funktioniert der Rechtsstaat: Ihre finanziellen Ansprüche werden ausgezahlt. – Herr Minister, Sie haben gesagt, der Insolvenzentgeltfonds ist gesichert. Dank der Lage am Arbeitsmarkt werden hoffentlich die meisten von ihnen bald wieder einen guten Job finden. Ich glaube, alleine die Post hat 800 Jobs angeboten. Inwieweit diese vergleichbar und attraktiv sind, muss sich sicher der Einzelne, die Einzelne anschauen.
Wir vertrauen auf den Rechtsstaat und wir arbeiten weiter an guten Gesetzen. Die Finanzprokuratur ermittelt, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt, und hier arbeiten wir an neuen, guten Gesetzen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Wir schauen kurz zurück:
Das Whistleblowinggesetz haben wir hier neu beschlossen, damit aus dem Inneren
von Unternehmen Dinge, die nicht sauber sind,
aufgedeckt werden. Wir haben die Transparenz für alle Hilfen
erhöht –
die EU sagt: ab 100 000 Euro; wir haben es auf 10 000 Euro
runtergesetzt –, das heißt, es ist für alle von uns
einsehbar, welches Unternehmen wie viel bekommen hat. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Prüfung muss
natürlich auch ausführlich erfolgen. Tatsächlich haben auch
schon zahlreiche Unternehmen zurückgezahlt: 25 Millionen Euro wurden
von 2 000 Unternehmen zurückgezahlt.
Parteiengesetz: Auch das wurde novelliert. Infofreiheit – hat auch am Rande damit zu tun –: Auch da gibt es erste Schritte; alle Gebietskörperschaften, Bund, Länder, Gemeinden, müssen ihre Studien offenlegen, und wir hoffen auf beziehungsweise arbeiten an noch mehr Transparenz.
Letztendlich möchte ich noch das Korruptionsstrafrecht
erwähnen. Genau heute hat die Justizministerin die Novelle eingebracht,
die auch da wesentliche
Schritte setzt, damit wir zu einem gerechteren, zu einem korruptionsfreien
Staat werden. – Danke dafür. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der
ÖVP. – Abg. Schroll: 16 sind nur da von der ÖVP!)
16.31
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Staatssekretärinnen! Geschätzter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher im Haus! Wer diese Debatte zu diesem durchaus interessanten und wichtigen Dringlichen Antrag bis jetzt mitverfolgt hat, der wird halt einmal mehr das Vorurteil bestätigt sehen, dass wir hier im Haus mitunter wirklich nicht den Fokus dorthin richten wollen oder können, wo wirklich die Probleme liegen, sondern dass wir uns darin erschöpfen, dass wir uns anschütten.
Kollege Stocker glaubt, dass es
der Sache dienlich ist, wenn er hier die SPÖ anschüttet, weil Herr
Gusenbauer irgendwann einmal in Kontakt mit der Signa war. (Zwischenruf des
Abg. Stocker. – Abg. Pfurtscheller: Was heißt
„irgendwann einmal“? – Weitere Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Es geht ähnlich weiter. (Abg. Schmidhofer:
Der ist Aufsichtsrat! Der hat ja Pflichten!) – Ja, das ist aber
nicht wesentlich, das ist nicht das Problem. (Neuerliche Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Das Problem, das wir jetzt haben, das Problem, das wir zu
lösen haben,
erfordert einen anderen Blick. Das ist nicht der Blick aus diesem parteipolitischen
Hickhack heraus. Schauen wir uns doch wirklich an, wo es fehlt
und wo die systemischen Ursachen dafür liegen, dass es eben dazu kommen kann, dass wir jetzt einmal mehr eine
Großinsolvenz in Österreich haben,
bei der annähernd 2 000 Menschen ihren Job verlieren und
bei der eine Hintergrundgeschichte läuft, die tatsächlich
kriminelle Aspekte aufweist!
Beispielsweise: Was war mit diesen Mieten? Da werden
Gesellschaften gegründet und Mietzahlungen getätigt, die aus dem
einen operativen Unternehmen sehr viel Geld herausnehmen und das reine
Immobilienunternehmen bereichern. Das wird man sich sehr genau anschauen
müssen. Ich hoffe wirklich, dass die Worte des Leiters der
Generalprokuratur in dem Sinn zu
Taten führen, dass man sich das sehr genau anschauen wird.
Dann wird man sich aber auch doch die Sache anschauen müssen: Warum ist es immer wieder Thema, dass die Politik die Nähe zu Figuren wie René Benko sucht? Was ist da die Ursache?
Eine Ursache, das sage ich Ihnen, ist darin gelegen, dass
Österreich ein Hochsteuerland ist. Wir haben eine Abgabenbelastung,
eine Steuerbelastung,
die es erst fördert, dass eben solche Dinge passieren, wie wir sie heute
im „Falter“ nachlesen müssen: dass Immobilien
plötzlich innerhalb von 14 Tagen 50 Millionen Euro an
Wert gewinnen. (Abg. Tomaselli: Nein, eben nicht!) –
Ja, eben nicht (Abg. Hanger: Wie jetzt? Ja oder nein?), aber es
wurde so behandelt, und die Steuer, die Körperschaftsteuer,
wurde dann eben auf
Basis der niedrigen Bemessungsgrundlage berechnet, wodurch Herr Benko einmal
mehr um 3,5 Millionen Euro bereichert worden ist – aufgrund
der Nähe zur Politik, die er sucht und die vice versa natürlich
erwidert wird.
Die Frage, die auch zu stellen ist: Ein Punkt im Dringlichen
Antrag betrifft Lücken im Insolvenzrecht. (Abg. Schwarz: Wenn
die Körperschaftsteuer 20 Prozent gewesen wäre ...!) Ich
kann solche Lücken nicht erkennen. Ich halte es für richtig und
sachgerecht, dass die Steuerforderungen, Abgabenforderungen mit
allen anderen Gläubigerforderungen gleichgestellt sind. Das war nicht
immer so, und das wäre das Einzige, was man ändern müsste, um
diesem Ansinnen
gerecht zu werden, eine Bereicherung Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit zu
verhindern, um dem beizukommen.
Man muss sich aber da die Kehrseite anschauen, anschauen, was das bedeuten würde, wenn wir wirklich diese Systeme wieder einführen würden, dass
Abgabenforderungen und Steuerforderungen als
Masseforderungen vorrangig behandelt werden: Das würde zu einem
großen Schaden im Wirtschaftsleben und im Insolvenzfall zu
einer eklatanten Ungleichbehandlung aller Gläubiger führen. Ich
denke also nicht, dass es Lücken im Insolvenzrecht sind,
die dazu führen, dass sich Einzelne auf Kosten der Allgemeinheit
unrechtmäßig bereichern können, sondern dass es eben genau die
von mir aufgezeigten systemischen Probleme einer generell viel zu hohen
Abgabenlast sind, dass wir vom Hochsteuerstaat, der das Wirtschaften erschwert,
der wirtschaftliches Unternehmertum behindert, herunterkommen
müssen und dass wir auf eine Steuerquote kommen sollten, wie wir sie von
der Schweiz kennen,
wo solche Themen überhaupt keine Rolle spielen, weil eben vom
Steuerkorsett her kein Anreiz dafür da ist, dass man Konstruktionen
findet, um widerrechtlich Steuern zu sparen.
Da sollten wir ansetzen, und das wäre der richtige
Weg, um solche Situationen, die viele Menschen in existenzielle Not
stürzen, zu verhindern. – Vielen
Dank. (Beifall bei den NEOS.)
16.37
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Christian Drobits (SPÖ): Geschätzte
Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Regierung! Frau
Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Sofern die Gäste noch hier sind –
es sind heute eine Gruppe vom Gymnasium Oberschützen und auch
eine Gruppe aus Jabing,
beide aus meinem Bundesland, Burgenland, hier –: Ich gratuliere, ah,
ich begrüße alle herzlich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei
Abgeordneten von ÖVP, Grünen
und NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: „Gratuliere“!)
Ich komme jetzt aber zu dem
Thema, das uns alle berührt, und da bin ich gleich beim Punkt. Ich war
einer derjenigen, die am Dienstag um 7.30 Uhr bei
den ersten Betriebsversammlungen dabei waren, und ich schaute in die Augen von
40 Menschen, die Existenzangst haben, die verunsichert sind, die verbittert sind,
die wütend sind – die dermaßen wütend sind, weil es
möglich ist, dass eine Person namens René Benko in Österreich
300 Millionen Euro
Gewinn machen kann, dass er Steuerstundungen von 150 Millionen Euro bekommen
hat und in der Coronazeit auch Coronabeihilfen in einem
enormen Ausmaß bekommen konnte.
Eine dieser Personen, eine 53-jährige Frau, die auch den Job verlieren wird und, da sie sehr schwer krank ist, womöglich in den nächsten Jahren bis zur Pensionierung keinen Job mehr finden wird, sagte wörtlich: Mir ist zum Speiben. Mir ist deshalb zum Speiben, weil wir als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Stich gelassen werden und die Regierung nur denjenigen den roten Teppich ausrollt, die mehr Geld haben, die ihnen mehr zurückgeben können, aber wir als kleine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind denen nichts mehr wert. – Zitatende.
Deshalb ist meine
Partei – und das gilt auch für meine Person –
wirklich der Meinung, dass wir an der Seite dieser Menschen stehen sollen und
stehen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben
sicherlich nicht solch ein Desinteresse, wie es die ÖVP bekundet.
Wenn ich in die Reihen (in Richtung ÖVP) schaue – es
sind vielleicht 20 Abgeordnete hier, 70 habt ihr (Abg. Schmidhofer:
Lasst das Zählen, das könnt ihr nicht!) –, denke ich
mir, das Interesse der
ÖVP an diesem Thema ist sehr, sehr gering. (Abg. Schmidhofer: Hände
weg vom Zählen!)
Da die ÖVP in der Person von Herrn Stocker gesagt hat,
es ist eine billige Politik und eine billige Show, die wir abliefern,
möchte ich diesen Personen, denen
ich am Dienstag in die Augen geschaut habe, Folgendes sagen: Die ÖVP
steht nicht an eurer Seite. Es ist die SPÖ, die an eurer Seite steht, und
wir werden weiter bei euch sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Das zeigt auch die Abwesenheit von August Wöginger, der sich als ÖAABler outet, aber gerade bei einem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so wichtigen Thema nicht hier ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Eine weitere Dienstnehmerin hat gesagt: Wir sind die
fleißigen Bienen, um uns kümmert sich niemand, aber um die
Heuschrecken und um die Immobilienhaie kümmert sich sehr wohl
jemand! (Abg. Hörl: Ah geh! So ein Blödsinn!) –
Und das ist genau der Unterschied, der uns ausmacht: Ihr seid für die
Immobilienhaie, für den Herrn Benko – wir sind
für die arbeitenden Menschen, egal ob Arbeiter, Angestellte, und wir
wollen auch in Zukunft für diese Gruppe da
sein. Das ist nämlich die Mehrheit und die verdient es auch, dass wir
für sie da sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Arbeitsminister oder Herr Wirtschaftsminister, wie ich
in dem Fall sagen darf, wenn ich höre, dass Sie selbst gesagt haben, dass
es genug Arbeitsplätze gibt und diese Arbeitsplätze von
denjenigen, die gekündigt werden, zukünftig besetzt werden können,
dann muss ich Ihnen schon sagen: Es
sind das Beschäftigte, die 25 Jahre in der Möbelindustrie
beschäftigt sind, die 25 Jahre Tätigkeiten ausgeübt haben,
die nichts mit Regaltätigkeiten zu
tun haben und die nichts mit Tätigkeiten im Baustoffhandel zu tun haben.
Ich finde, gerade diese Menschen, die jetzt unschuldig zum Handkuss kommen, haben
ein Recht und einen Anspruch darauf, nunmehr eine adäquate, gleichwertige,
vielleicht sogar höherwertige Beschäftigung zu erhalten. Um die
müssen Sie sich kümmern – und nicht um die Großen,
die eventuell eh Gewinne schreiben! (Beifall bei der
SPÖ.)
Kollegin Scharzenberger – ich weiß nicht,
ob sie jetzt im Haus ist; Herr Kollege Stocker, richten Sie es ihr
aus! –, zu sagen, wir haben de facto Vollbeschäftigung, bei
320 000 Beschäftigungslosen inklusive der Schulungsteilnehmer,
bei 3 Prozent mehr als letztes Jahr, also da sind Sie weit weg von der
Realität.
Das ist Realitätsverlust pur und, das kann ich Ihnen mitteilen, diesen
Realitätsverlust werden wir nicht hinnehmen. Wir stehen an der Seite
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wir werden auch weiter dafür
stehen, und ich
denke, das ist auch der richtige Weg. Dafür stehen wir
ein. Das ist die
SPÖ. Und wenn Sie sagen, dass die SPÖ neu ist, dann ist die SPÖ
halt neu. Wir bleiben bei den Arbeitnehmerinnen und bei den Arbeitnehmern und
wir
werden sie weiter unterstützen. – Danke sehr für die
Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der SPÖ.)
16.42
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen auf der Galerie und via Livestream! Ich darf, bevor ich einsteige, die Vertreter des Wirtschaftsbundes Wien mit Direktor Christoph Biegelmayer an der Spitze ganz herzlich begrüßen – herzlich willkommen im Parlament! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)
Ein spannender Antrag, eine spannende Diskussion, aber mir fehlen die Antworten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich möchte auch ganz
besonders herzlich Kollegen Kucher zu seiner neuen Aufgabe gratulieren. Er hat
heute ein bisschen eine Hektik, weil er
immer hinausrennen muss, um mit Traiskirchen zu telefonieren. Vielleicht kann
man eine Direktleitung ins Parlament legen, damit das für ihn vereinfacht
wird. (Abg. Keck: Da geht es um die Zukunft von
2 000 Menschen! Das
ist sehr lustig!) Ich wünsche dir alles Gute für deine neue
Aufgabe und gratuliere dir auch sehr herzlich dazu.
Es gibt scheinbar neue Köpfe in der SPÖ, aber
anstatt alte Zöpfe abzuschneiden, hat man sich wieder alte Hüte
aufgesetzt. Wie vielleicht ein paar wissen:
Ich komme aus Graz und ich denke, die kommunistische Bürgermeisterin wird
ob
dieser kommunistischen und marxistischen Ideen des neuen Parteivorsitzenden blass werden. Ich gehe davon aus, dass es der SPÖ gelingen wird, die KPÖ links zu überholen. (Abg. Schroll: Zur Sache!)
Ich bin ja ein wenig verwundert, dass sich die SPÖ nach
diesem politischen Desaster, das sie in den letzten Wochen abgeliefert hat, mit
so viel Selbstvertrauen hierherstellt. (Abg. Schroll: Themenverfehlung,
Herr Kollege!) Da muss es mittlerweile einen besonderen Zaubertrank in der
Löwelstraße
geben, anders kann ich mir das nicht erklären. (Zwischenruf der Abg. Holzleitner.) –
Keine Sorge, ich komme schon zum Thema.
Weil Kollegin Herr die Jobgarantie angesprochen hat: Ich
muss ja ein wenig schmunzeln, dass eine Partei, die gerade eine
Parteivorsitzende vor
die Tür gesetzt hat, die gerade einen burgenländischen
Landeshauptmann als Kurzzeitparteiobmann wieder vor die Tür gesetzt hat,
von einer Jobgarantie spricht. (Beifall bei der
ÖVP. – Abg. Schroll: Hahaha! – Weitere
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Gusenbauer brauche ich nicht mehr zu erwähnen, es wurde hinlänglich erklärt. Kollege Drobits sollte vielleicht auch einmal mit Kollegen Gusenbauer telefonieren, da könnte er sich an erster Stelle informieren. (Abg. Schroll: Themenverfehlung!)
Diese Diskussion gibt mir aber auch die Gelegenheit, diese
Mär mit der Insolvenzstatistik richtigzustellen. (Abg. Schroll:
Die Zeit ist schon aus!) Im Jahr 2019 hatten wir
5 000 Insolvenzen, wir hatten im Jahr 2020 knapp über
3 000,
2021 knapp über 3 000 und 2022 4 700. Wir werden wahrscheinlich
im heurigen Jahr in einer Vor-Corona-Situation landen. Jede Insolvenz ist
bedauerlich, jeder verlorene Arbeitsplatz ist bedauerlich, aber wir
als ÖVP werden dafür sorgen, dass die richtigen Rahmenbedingungen
für den Wirtschaftsstandort gegeben sind. (Beifall bei der
ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Wann denn endlich? Bis wir
weiter abgesandelt sind?) Und wir haben mit den Hilfen, den
verteufelten Coronahilfen, dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze
gesichert werden.
Zum Abschluss jetzt noch ein
paar Daten und Fakten zur SPÖ-Wirtschaftskompetenz. Ich sage Ihnen
ein paar Zahlen: 23 Gesellschaften, 13 000 Mitarbeiter, 14 Milliarden
Schulden – könnt ihr euch erinnern, was das ist? – Konsum!
(Abg. Herr: Nein, das ist wirklich schon ein bisschen eine Zeit her!)
Eigentlich
nicht der Konsum, sondern die Wirtschaftskompetenz der SPÖ; ich
erwähne noch Bawag und den Niedergang der Verstaatlichten.
Zum Schluss sei mir noch eine Bemerkung erlaubt: Mir fehlt
heute jemand auf der Rednerliste (Abg. Schroll: Schlechte Rede!),
nämlich der Arbeitsmarktsicherungsexperte Christoph Matznetter, der
als Aufsichtsrat der ATB im Murtal dafür gesorgt hat, dass dort
360 Arbeitsplätze verloren gehen. (Oh-Rufe
bei der ÖVP.) Der ist heute etwas leise. Vielleicht meldet er sich ja
noch. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des
Abg. Matznetter.)
16.47
Präsidentin
Doris Bures: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Markus Koza. (Abg. Herr: Das ist 25 Jahre her,
worüber Sie sprechen! Da war ich drei Jahre
alt! – Abg. Egger: Ich kann auch nichts dafür!)
Abgeordneter Mag. Markus Koza
(Grüne): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr
geehrte Damen
und Herren und liebe Zuseherinnen und
Zuseher! Ein gutes Geschäft sei der Verkauf von Kika/Leiner
gewesen, meinte Anfang Juni ein Signa-Manager.
Für die Beschäftigten von Kika/Leiner war es mit Sicherheit kein
gutes Geschäft.
1 900 Beschäftigte
drohen ihre Jobs zu verlieren, 23 Filialen werden geschlossen. Meine
sehr geehrten Damen und Herren, das nennt man: Gewinne privatisieren, Verluste
sozialisieren. Was in den letzten Tagen in der
Causa Kika/Leiner zu erleben war, das ist geradezu ein Musterbeispiel
dafür,
wie es geht.
Unsere Solidarität hier im Haus hat zuallererst einmal den Arbeitnehmer:innen zu gelten, die von dieser Insolvenz, von dieser Sauerei betroffen sind! (Beifall bei den Grünen.)
Ein Dank geht an die Gewerkschaften und an die Arbeiterkammern, die im Augenblick und in den nächsten Wochen die Beschäftigten von Kika und Leiner beraten werden, und ich kann nur ganz dringend allen Menschen, die betroffen sind und zusehen, das raten, wozu die Gewerkschaften aufrufen: Lassen Sie sich, bevor Sie irgendetwas unterschreiben, zuallererst ausführlich beraten! Dafür sind die Kolleg:innen der Gewerkschaften, der Arbeiterkammern da, und sie machen da sicher einen guten Job. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Glücklicherweise – das ist tatsächlich Glück in der aktuellen Situation – ist die Arbeitsmarktsituation so, dass auf jeden Fall einmal zumindest gute Jobchancen bestehen. Viele Unternehmen haben auch bereits Angebote an Betroffene gemacht, und das AMS unterstützt, wie es auch sein Job ist.
Erfreulicherweise prüft auch die Finanzprokuratur, ob bei den Kika/Leiner-Deals alles mit rechten Dingen zugegangen ist, um die Verluste für die Allgemeinheit – es wurde heute schon viel darüber geredet – möglichst klein zu halten, denn es steht ja letztlich auch der Verdacht der Insolvenzverschleppung im Raum.
Es bleibt aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dem, was ich am Anfang erwähnt habe: Gewinne werden privatisiert und Verluste werden sozialisiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das deutsche Grundgesetz, die Verfassung, mahnt die soziale Verantwortung von Eigentum in Deutschland ein, wenn es dort heißt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind sehr schöne Töne, sehr schöne Sätze, das klingt sehr gut – in der österreichischen Verfassung steht ja
nichts Dementsprechendes –, die Realität schaut allerdings sehr viel anders aus, sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Wir erleben gerade heute die soziale Verantwortungslosigkeit von Eigentum, und sehr viele Eigentümer fühlen sich zu überhaupt nichts verpflichtet, schon gar nicht zum Wohle der Allgemeinheit.
Das ist in Österreich so, das ist in Deutschland so, da
können Grundgesetze mahnen, soviel sie wollen. Und genau darum setzen wir
Grüne uns seit inzwischen Jahrzehnten für die Wiedereinführung
von Vermögensteuern ein (Beifall bei den Grünen), denn
Vermögensteuern sind genau das: Sie sind in
Zahlen gegossene soziale Verantwortung von Eigentümern, von Multimillionär:innen,
von jenen, die mit Immobiliengeschäften wie aktuell Millionengewinne
machen. Wer Eigentum in Millionenhöhe hat, der soll gefälligst
auch einen Beitrag zum Wohle der Allgemeinheit leisten, meine sehr geehrten
Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)
Es war meines Erachtens einer der größten Fehler,
als im Jahr 1993 SPÖ und ÖVP hier in diesem Haus die
Vermögensteuer abgeschafft haben. Es war
aber ein noch größerer Fehler, dass eine Vermögensteuer auf
große Finanzvermögen nur mehr mit einer Zweidrittelmehrheit
eingeführt werden kann!
Dennoch müssen wir den Druck dafür weiter
erhöhen, und ich bin auch sehr froh, dass die SPÖ es inzwischen oder
seit mehreren Jahren auch so sieht, dass wir dringend wieder
Vermögensteuern brauchen, weil gerade der aktuelle
Fall Kika/Leiner (Zwischenruf des Abg. Schroll) noch einmal ganz
klar zeigt, wie wichtig die Wiedereinführung von Vermögensteuern ist,
denn die Privatisierung von Gewinnen und die Sozialisierung von Verlusten kann
nicht mehr so weitergehen.
Ich fordere hier seitens der Grünen die Parteien
rechts der Mitte, auch die Partei der sogenannten Mitte (neuerlicher
Zwischenruf des Abg. Schroll), die NEOS,
die FPÖ und die ÖVP auf, sich endlich zu bewegen und den Weg frei
für die Besteuerung von Millionenvermögen zu machen (Beifall
bei den Grünen); denn,
meine sehr geehrten Damen und Herren: Eigentum verpflichtet (Zwischenruf des Abg. Höfinger) und Eigentum soll dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (Abg. Wurm: Hahaha! Wer hat das gesagt?) Die Besteuerung größerer Vermögen würde das sicherstellen. – Danke! (Beifall bei den Grünen.)
16.52
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Koza, für den Ausdruck der „Sauerei“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Bei jedem Verständnis für eine emotionale Debatte: Das ist ein Ordnungsruf.
*****
Herr Abgeordneter Michael Bernhard, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Michael Bernhard (NEOS): Sehr
geehrte Regierungsmitglieder! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin
tatsächlich – ich habe die Debatte sehr intensiv
verfolgt – von einigen Redebeiträgen betroffen, und ich finde
die Wahl des Themas von den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eigentlich
sehr passend, denn es beschäftigt viele Menschen, was jetzt bei Kika und
Leiner gerade passiert ist, auf der Ebene von Freunderlwirtschaft
und auf der Ebene von persönlicher Betroffenheit.
Klar ist natürlich, dass bei jedem Menschen, der jetzt mit einer Kündigung konfrontiert ist, gerade etwas passiert. Da gibt es Existenzangst, da passiert, dass die Lebensrealität sich verändert, und man weiß nicht, wohin es geht.
Die Antworten sind vielleicht
unterschiedliche, aber dass wir als Politik einmal grundsätzlich sagen:
Das ist echt schwierig für die Betroffenen!, das hätte
ich ehrlicherweise allen Parteien zugetraut; und dass dann eine ÖVP, die
bei dem Thema sonst recht wortkarg war, nur rausgeht und austeilt und kein Wort
des Mitgefühls und des Verständnisses, der Empathie für die
Betroffenen über
die Lippen bringt, das
finde ich tatsächlich extrem schwierig, gerade wenn
so eine Partei in der Bundesregierung sitzt. (Beifall bei den NEOS.)
Es gibt ja da ganz viele
Geschädigte und anscheinend auch nur einen Gewinner. Kollege Drobits hat
vorhin gesagt, dass das Fiasko rund um Kika und
Leiner – das wird jetzt aufzuarbeiten sein, und das werde nicht ich
tun – tatsächlich auf mehreren Ebenen schwierig sei. Er
hat gesagt, dass die Regierung
auf der einen Seite nicht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
arbeitet. Ich möchte aber eines auch ganz klar sagen: Für die
Unternehmerinnen
und Unternehmer arbeitet ihr auch nicht! Es sind 400 000 Menschen in
Österreich Unternehmer, Unternehmerinnen, selbstständig. Sie
gehen ins Risiko, haben keine Garantien, und sie haben auch
nicht die Behandlung, die Herr Benko hatte. Wir als Unternehmer
gehen jeden Tag ins Risiko, schlafen manchmal schlecht, und wir kriegen nicht
die Behandlung, die wir hätten, wenn wir ein ÖVP-Freund oder eine
ÖVP-Freundin wären.
Das, was hier gezeigt wird, nämlich dass Behörden über Weihnachten geöffnet werden, dass Steuerstundungen ohne großes Nachfragen gewährleistet werden, dass es Wirtschaftshilfen gibt, das kriegt die normale Wirtschaft nicht! Das kriegt man nur, wenn man entweder ein Parteibuch hat oder schöne Events macht, bei denen viele türkise und schwarze Politikerinnen und Politiker auftauchen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Es ist mir aber noch ein anderer Punkt wichtig, der relativ
unsympathisch von Kollegen Egger vorher präsentiert worden ist, der aber
wichtig ist. Wir müssen den Menschen reinen Wein einschenken und
sagen: Es gibt keine Sicherheit, die allumfassend ist! Es gibt weder
für Angestellte oder Arbeitnehmer:innen eine Sicherheit, eine
Jobgarantie, mit der man jedes Problem löst, mit der man mit Sicherheit
wieder einen gleichwertigen Job bekommt,
noch gibt es für all die Unternehmerinnen, Unternehmer die Sicherheit,
dass sie morgen wieder aufsperren können.
Das, was es aber gibt, ist, dass wir die Sicherheit auf gute
Chancen für die Zukunft erhöhen, wenn wir eine gut
funktionierende Wirtschaft haben.
Und damit meine ich jetzt nicht, dass die Konzerne ABC machen, sondern, dass das
Unternehmertum an sich in Österreich gut funktioniert.
Ich möchte da nur einen kleinen Einblick geben, der
mich auch als Unternehmer beschäftigt: Es ist der Arbeitsmarkt heute
anders als in der Vergangenheit.
Wenn man als Unternehmer jemanden für sein Unternehmen sucht, dann liest
man Zeitung, und wenn ein Unternehmen pleitegeht, wenn es insolvent
wird, dann ruft man dort an. Man ruft beim AMS an und sagt: Hallo, ich habe
Arbeitsplätze, habt ihr vielleicht jemanden? – Bei uns war das
in Salzburg genauso: Ein Textilunternehmen mit 100 Menschen hat Insolvenz
angemeldet, wir und mehrere Unternehmen haben sich sofort gemeldet und gesagt:
Wir sind jederzeit bereit, unter bestimmten Voraussetzungen Mitarbeiter zu
übernehmen!
All denjenigen, die jetzt bei Kika und bei Leiner betroffen
sind, kann man also schon eines sagen: Es gibt sehr viele Unternehmerinnen,
sehr viele Unternehmer, die hoffen, dass sie diese Mitarbeiter in Zukunft
in ihrem Team begrüßen dürfen, wertschätzend, ohne
auf dem Rücken der Mitarbeiter irgendwelche komischen
Geschichten zu machen, und mit einem Blick in die Zukunft. Das ist nämlich
das, was normalerweise den Mittelstand und die kleinen Unternehmen verbindet,
und das ist etwas, was wir als Wirtschaft sicherlich auch den Betroffenen
anbieten können, wenn auch nicht allen. In Bezug auf das, was geschildert
worden ist, in Härtefällen, da wird es sicherlich bessere
Lösungen brauchen. Wenn jemand krank und kurz vor der Pension ist, dann
ist das ein Szenario, das extrem schwierig ist, und da braucht man
tatsächlich
auch eine andere Lösung.
Insgesamt ist es aber so, dass man schon, wenn man jetzt gekündigt wird, optimistisch in die Zukunft schauen kann. Wenn wir das auch weiter so haben wollen und wenn wir auch in Zukunft mit Insolvenzen so umgehen wollen, dann
brauchen wir jetzt eine tatsächlich mutige und progressive Wirtschaftspolitik, die Unternehmertum ermöglicht und die so auch Arbeitsplätze für die Zukunft sichert. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
16.57
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete
Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Rund
1 900 Menschen, womöglich
noch mehr, verlieren ihre Arbeitsplätze, und was hier in diesem Hohen Haus
seit eineinhalb Stunden passiert, ist eigentlich auch skandalös.
Wir haben eine Regierung von ÖVP und Grünen hier.
Die Regierungsmitglieder der ÖVP ignorieren mehr oder weniger die
Schicksale und halten ihre Sonntagsreden. (Widerspruch bei der
ÖVP.) Sie halten Ihre Sonntagsreden
(Abg. Pfurtscheller: Überhaupt nicht! Haben Sie nicht
zugehört?) und sagen: Haben Sie keine Angst, sehr geehrte Damen und
Herren, wir leben in einem
sicheren Land! – Sie filetieren die soziale Sicherheit, seit Sie an
der Macht sind, Stück für Stück (Beifall bei der SPÖ),
und Sie haben die Courage, sich hierherzustellen und den Menschen zu sagen: Nur
Zuversicht!, wie in einer Sonntagspredigt. Das ist wohl unfassbar! (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Seit eineinhalb Stunden gibt es von der ÖVP nur
Vernebelungstaktik. Seit eineinhalb Stunden müssen wir uns anschütten
lassen. (Anhaltender Widerspruch bei der ÖVP.) Jeder holt aus der
Mottenkiste Namen von früheren Politikern
und sagt, wie korrupt der andere ist. (Abg. Zarits: Und was macht
ihr?) Verstehen Sie das, dass die Bevölkerung sich angewidert von der
Politik abwendet?
(Beifall bei der SPÖ.) Verstehen Sie das? (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)
Eines wird sich nicht ändern: dass wir in diesem Hohen Haus noch viele, viele Schicksale betrauern oder beklagen werden müssen, weil Sie die Wirtschaft wie immer nur entfesseln wollen. (Abg. Höfinger: ... größten Skandal der Zweiten
Republik! Ist ja unglaublich!) Sie wollen eine entfesselte Wirtschaft, und deswegen wird es solche Schicksale in diesem Land noch und nöcher und tausendfach geben; und das müssen wir ändern! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren, dort müssen wir den Hebel
ansetzen, sonst können Sie noch etliche Sonntagsreden halten und sagen:
Ja, ja, wir kümmern uns
schon um sie! – Dann fällt Ihnen auf einmal die soziale
Sicherheit ein.
Ich war echt verwundert. Ich war verwundert - - (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) – Warum sind Sie denn so nervös? Lassen Sie
mich halt ausreden! Nur die
Ruhe! (Beifall bei der SPÖ.) – Ich war auch über
meine grünen Kolleg:innen von der Regierungsbank verwundert, ich war
wirklich verwundert. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)
Sie reden von einer Millionärssteuer, lehnen aber jeden Antrag in
diese Richtung ab. (Abg. Koza: ... Mehrheit!) Sie haben das Thema
auch heute wieder aufgegriffen, daher bekommen Sie die Chance: Beweisen Sie
Ihre Glaubwürdigkeit! (Abg. Lukas Hammer: ... brauchen wir eine
Zweidrittelmehrheit!)
Ich bringe hiermit einen Entschließungsantrag ein (Abg.
Schallmeiner: Der bringt genau gar nichts!) und gebe Ihnen die
Möglichkeit, unter Beweis zu stellen
(Abg. Schallmeiner: ... brauchen eine Zweidrittelmehrheit, okay?),
dass Sie eine seriöse, ehrliche Sozialpolitik in diesem Land wollen. (Beifall
bei der SPÖ. –
Abg. Schallmeiner: Ein Antrag, der genau gar nichts bringt!)
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Millionärssteuer“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister
für Finanzen, wird ersucht, dem Nationalrat bis 31.12.2023 eine
Gesetzesvorlage zuzuleiten,
mit der eine Millionärssteuer für die Reichsten in Österreich
eingeführt wird,
denn auch sie sollen einen Beitrag für den
Wohlfahrtsstaat leisten.“ –
Für den Sozialstaat leisten.
*****
In der Causa Kika/Leiner erwarte ich mir eine umfassende
Steuerprüfung ohne politische Interventionen, sehr geehrte Damen und
Herren der ÖVP (Beifall bei der SPÖ) –
ohne politische Interventionen! –, und schließen Sie endlich
diese Schlupflöcher! (Beifall bei der SPÖ. – Abg.
Michael Hammer: Ist das
jetzt die neue Regel, dass alle so aufgebracht sein müssen? Das nennt man
das neue Bildungsniveau der Führung! – Abg. Stocker: An
der Frau Kollegin ist eine Stellvertreterin verloren
gegangen! – Ruf bei der ÖVP: Ein neuer Klubobmann! –
Abg. Michael Hammer: Studienabbrecher-Fraktion! Nichts dahinter!)
17.01
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr,
Genossinnen und Genossen
betreffend: Einführung einer Millionärssteuer
eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag 3426/A(E) betreffend „Jobgarantie für die von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten durch die Bundesregierung“
Begründung
Die skandalösen Vorgänge rund um die Insolvenz von Kika/Leiner zeigen, dass Milliardäre der Regierung ihre Politik diktieren. Vor allem wenn sie Unternehmen aufkaufen, diese filetieren, aus den Immobilienverkäufen astronomische Gewinne ma-
chen und den Rest des Unternehmens in die Insolvenz schicken, in Kauf nehmend, dass tausende Beschäftigte dadurch ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verlieren. Damit muss Schluss sein!
Aus den Reihen der
Regierungsfraktionen wurde heute die Forderung nach der Einführung
einer Millionärssteuer erhoben. Dies hat auch Vizekanzler Kogler vor
Kurzem angekündigt:
„Wer sein Leben lang arbeitet, der zahlt für sein Arbeitsleben hunderttausende Euro Steuern und Abgaben.
Aber gleichzeitig zahlen
jene, die viele Millionen erben, große Villen, astronomische Aktienpakete
oder sonstige riesige Vermögen, genau nichts. Null. Also zahlen
diese Millionenerben auch nichts für die öffentlichen Aufgaben,
für die sozialen Errungenschaften und für die Gemeinschaft. Und
durch die immer höheren Millionenerbschaften, werden die Vermögen von
Wenigen immer noch größer.
Das ist eine große Ungerechtigkeit.
Die Millionenerben sollen
ihren fairen und gerechten Beitrag leisten. Der Nationalrat spricht sich
dafür aus, dass dieser Beitrag jenen zugutekommt, die viel leisten,
aber wenig verdienen. Zum Beispiel die Menschen, die in der Pflege arbeiten.
Oder jene, die in den Kindergärten für unsere Kleinsten ihr Bestes
geben.
Schlicht, weil es fair, sozial und gerecht ist!“
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, dem Nationalrat bis 31.12.2023 eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der eine
Millionärssteuer für die Reichsten in Österreich eingeführt wird, denn auch sie sollen einen Beitrag für den Wohlfahrtsstaat leisten.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier herinnen! Wenn Sie diese Debatte vor den Bildschirmen jetzt verfolgt haben und eigentlich nicht genau wissen, wovon hier gesprochen wurde, dann kann ich das nachvollziehen. Es passiert hier gerade eine massive Kindesweglegung, zuletzt vonseiten der SPÖ.
Frau Kollegin Yildirim, wenn Herr Benko zu seinen Törggelenfesten geladen hat, dann sind sie alle gekommen, beispielsweise Frau Rendi-Wagner. (Zwischenruf der Abg. Oberrauner.) Ich weiß nicht, Sie haben gesagt: „Namen aus der Mottenkiste“, ich meine, noch ist sie ja in Amt und Würden; vielleicht ist sie nächstes Monat in der Mottenkiste versunken.
Herr Gusenbauer ist aktuell
Vorsitzender im Aufsichtsrat mehrerer Subunternehmen. (Abg. Schroll:
... 15 Jahre!) Das ist ja keine Mottenkiste, das ist etwas
ganz Aktuelles. Er mag als Politiker abgetreten sein, aber in den Unternehmen
hat er sehr wohl etwas zu sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg.
Herr: In der
SPÖ nicht mehr!)
Zum Wiener Bürgermeister
Ludwig: Ich weiß jetzt nicht, was in den letzten Stunden bei euch
passiert ist, da geht es ja drunter und drüber, aber mein letzter
Wissensstand war, dass er noch amtierender Bürgermeister ist, und auch
er ist auf allen Fotos drauf und hat sich gerne in dieser illustren
Gesellschaft gezeigt. (Abg. Michael Hammer: Babler ist ja der
Genosse der Bosse!) Also hören
Sie auf mit dieser Kindesweglegung! Natürlich hängen Sie da mit
drinnen, genauso wie die ÖVP – no na net –
mit drinnen hängt, aber auch die Grünen, die
heute so auffallend ruhig hier sind.
Besonders spannend war ja der
Redebeitrag des Kollegen Koza, der sich hierhergestellt hat und von
irgendwelchen Eigentumsbeschneidungen und Eigentum für alle
gesprochen hat. Man hat ja das Gefühl, der Kommunismus wird jetzt gerade
in diesem Hohen Haus salonfähig gemacht. Jetzt haben wir schon
zwei kommunistische Parteien, die sich gegenseitig überdribbeln. (Abg. Koza:
Deutsches Grundgesetz! Deutsches Grundgesetz heißt das! Deutsches
Grundgesetz!)
Ich sage Ihnen etwas, Herr
Kollege Koza, weil Sie ja gerade vorhin noch am Wort waren: Fangen wir bei
Herrn Ronny Pecik an! Wissen Sie, Ronny Pecik, der
ist mittendrin, Teil dieser Familie, Freund von Thomas Schmid, mit guten Verbindungen
zu Herrn Chorherr – das ist heute schon gesagt worden; er hat auch
für den Verein von Herrn Chorherr gespendet –, der Immobilien-
und Investorjongleur Ronny Pecik. Vielleicht hat die WKStA bisher deswegen
immer weggeschaut, vielleicht ist deswegen nichts passiert in den Bereichen.
Herr Benko hat
31 Millionen Euro an Steuernachlass in etwa um den Jahreswechsel 2021
bekommen. Wissen Sie, wer damals Justizminister war? – Das war der
Schwager des Herrn Ronny Pecik, nämlich ein gewisser Vizekanzler
Werner Kogler, der damals auch noch das Justizministerium übernommen
hatte. Also hören Sie auf mit dieser Kindesweglegung! Sie hängen hier
ganz genauso mit drinnen, es sind auch Ihre Leute, die Teil
dieser Familie sind!
(Beifall bei der FPÖ.)
Natürlich ist es die ÖVP, ja, dass Ronny
Benko - - Ah, jetzt bringe ich schon alle durcheinander (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt, Frau Kollegin! Das ist oft so!) –
Dass Benko natürlich aus der ÖVP stammte, ja, das wissen
wir, und wir alle ken-
nen die Geschichte. Wir alle wissen, wie damals zu
Weihnachten ein Beamter aus dem Urlaub zurückgeholt werden
musste, damit dieser das Kaufhaus auf der Mariahilfer Straße bekommt.
Dann wurde filetiert und dann haben
Sie alle weggeschaut. (Abg. Herr: Ja, und wer war da in der
Regierung? – Abg. Lukas Hammer: Wer war da eigentlich in der
Regierung, Frau Kollegin?) Dann hat er natürlich die erfolgreichen
Immobilienanteile gewinnbringend verkauft, und jetzt, vor zwei Wochen, hat er
dann den Handelsbetrieb, die Möbelhäuser, verkauft. (Abg.
Herr: Und wer war in der Regierung? – Die FPÖ!)
Sagen Sie einmal, Frau Herr, hören Sie gar nicht zu?
Wer sitzt denn jetzt im Aufsichtsrat? Wer hätte es denn verhindern
können und müssen? (Abg. Matznetter: Sie haben
gesagt, Sie sind verwirrt, Frau Kollegin! Das war ein Geständnis!) Wer
hätte es denn verhindern müssen? – Natürlich der
Aufsichtsrat, der
hätte es in der Hand gehabt! Was Sie, Frau Herr, hier machen, ist
Kindesweglegung. Das geht genau in Ihre Richtung: Sie sind hier genauso
involviert,
wie es die ÖVP ist. Sie können sich davon nicht wegstehlen. (Beifall
bei der FPÖ.) Das ist einfach so: Die SPÖ hängt da ganz
genauso tief mit drinnen.
Das ist genau dieses Spiel, das Sie machen: Sie versuchen
jetzt, ein bisschen auf Kommunistische Partei zu spielen: Jetzt machen wir eine
Enteignung,
eine Millionärssteuer – ich weiß nicht, was da heute noch
alles an irgendwelchen Thesen und Ideen geboren wurde. Meine Damen und Herren,
damit werden
wir solche Probleme überhaupt nicht in den Griff bekommen!
Die Frage ist: Wie gehen wir jetzt damit um? – Jetzt kommen Sie, Herr Wirtschaftsminister und Arbeitsminister, einmal ins Spiel, denn von Ihrer Rede hätte ich mir schon ein bisschen mehr erwartet, als dass Sie gesagt hätten: Na ja, das AMS ist angewiesen, den Leuten zu helfen.
Wissen Sie, Herr Minister, wenn Sie das so ernsthaft betreiben, wie Sie beim Kampf gegen Scheinfirmen agieren, haben wir ein Problem, denn das ist das System, das sich hier in unserem Land etabliert hat: Jeder kriegt für irgendwelche Dinge Geld. – Herrn Benko lässt man in großen Summen Steuern
nach, aber jeder
kleine Betrüger kann in Österreich vom AMS Förderungen bekommen.
Die können das mit krimineller Energie, und dem Herrn Arbeitsminister
ist das eigentlich egal. Der schickt dann die Listen, welche
Firmen jetzt wieder aufgepoppt sind.
Sie haben nichts dagegen in der Hand, Sie machen nichts
dagegen, und genauso ambitionslos sind Sie jetzt, wenn es darum geht,
2 000 Mitarbeitern zu
helfen. – Das sind Schicksale, das sind Kinder, das sind
2 000 Familien, denen Sie flapsig nichts anderes sagen, als dass sie
zum AMS gehen sollen. – Da, Herr Arbeitsminister, sind Sie noch mehr
gefordert. (Beifall bei der FPÖ.)
17.07
Präsidentin
Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte. (Abg. Michael Hammer:
Ah, die SPÖ-alt kommt auch
noch! – Abg. Schallmeiner: Damals, im Jahr 1848!)
Abgeordneter
Dr. Christoph Matznetter (SPÖ):
Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank,
Damen und Herren hier im
Saal, aber vor allem jene Tausende, die sich so etwas im Lichte einer Existenz,
die weg ist, anhören müssen! (Abg. Michael Hammer: Und
anschauen in dem Fall! – Abg. Eßl: Die schalten jetzt
eh ab!)
Es tut mir leid, ich muss mich
in dem Fall auch für Kollegen und Kolleginnen anderer Fraktionen
entschuldigen. Ich weiß nicht, warum man – wie
Herr Stocker – so eine ernste Situation dafür ausnützt und
nachdenkt, wer irgendwelche Dinge gemacht hat, wer wo sein könnte (Abg.
Stocker: Nein,
nicht wer!), statt sich darum zu kümmern, was wir jetzt tun. (Abg. Lopatka:
Kennen Sie noch Gusenbauer?)
Er ist kein einziges Mal (einen Ausdruck in die Höhe
haltend) auf den Antrag, den wir hier behandeln, eingegangen (Abg.
Michael Hammer: Ja, der ist ja
schlecht!), nämlich Ihnen, meine Damen und Herren, sofort zu helfen,
indem mit
einer Stiftung geschaut wird, dass Sie einen anderen Job, ein menschenwürdiges Leben haben. Das interessiert die doch nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich muss mich auch entschuldigen – obwohl ich das
nicht will, ich muss mich fast fremdschämen – für meine
Vorrednerin Belakowitsch von der FPÖ. Wir
reden hier von einem Kriminalfall, bei dem 300 Millionen Euro abgesahnt
worden sind und gleichzeitig der Rest in einer Konstruktion in die
öffentliche Hand gebracht wird – und sie redet
von einem anderen Kriminalfall, nämlich Kindesweglegung. Julia Herr soll
schuld sein. Die hat gar keine Kinder, Frau Kollegin! (Ruf bei der ÖVP:
Wie lächerlich ist das? Wie lächerlich ist denn dieser Vergleich
jetzt? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir reden hier
über Schicksale und nicht über parteipolitische
Geschichten. (Abg. Michael Hammer: Da hast du noch viel Arbeit mit
der Chaostruppe!)
Kümmern Sie sich einmal um die Menschen, anstatt hier
mit so einem billigen Kalkül Julia Herr anzugreifen! (Abg. Kickl:
Herr Dr. Matznetter! – Ruf bei
der ÖVP: Kucher tritt heute noch zurück! – Weitere
Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)
Worum geht es hier? – Dieser Antrag (einen
Ausdruck in die Höhe haltend) bedeutet, für die Menschen zu
handeln, dieser Antrag bedeutet, lückenlos aufzuklären, wie
das Steuergeld hereingebracht werden kann (Abg. Michael Hammer: Kucher,
da hast du eine Partie übernommen! Wow!), und dieser Antrag bedeutet, dass
Sie, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, schleunigst jene
Lücken im Insolvenzrecht schließen müssen, die so eine Konstruktion
möglich machen. (Abg. Kickl: Hoffentlich können
Sie jetzt damit umgehen,
dass wir zustimmen! – Rufe bei der ÖVP: Armer
Kucher! – Abg. Lopatka: Kucher, du tust uns leid!)
Vielleicht kann man dem Kollegen Egger, der dann auch noch
mit Spielberg seinerzeit kam, sagen: Selbst die schlimmsten
Heuschreckenkonzerne aus China haben den Anstand, die Aktiva drinnen zu
lassen – die wurden nämlich dort
mit verwertet, die wurden von Gerichts wegen versteigert –, nicht
wie
Herr Benko, der daneben, am gleichen Tag
verkauft. In meiner Jugend war
Benco noch ein gutes Kakaogetränk. (Abg.
Michael Hammer: Der macht
schlau und stark! Du hast nicht viel getrunken!) Davon sind wir leider weit
weg, und das war die ÖVP, das war die türkise Truppe, das war
Sebastian
Kurz. (Ruf bei der ÖVP: Eine sehr ernsthafte Rede!)
Und ob Frau Rendi-Wagner bei einem Fest war, rührt uns
ehrlich gesagt, Frau Belakowitsch, relativ wenig, denn wir kümmern uns um
die Menschen,
Sie nur um Kindesweglegung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg.
Michael Hammer: Ja, um die Genossen!)
17.10
Präsidentin
Doris Bures: Zu Wort ist niemand
mehr - - – Ich habe noch eine Wortmeldung. Mitten im Satz
hat sich Herr Abgeordneter Dietmar Keck zu Wort gemeldet. (Oh-Rufe bei der
ÖVP. – Abg. Lopatka: Na der kennt sich aus! Es
lebe die Voest!) – Herr Abgeordneter, ich wollte Ihnen nur kurz
sagen, es gibt noch eine Restredezeit von 5 Minuten für Ihre
Fraktion, damit Sie das
wissen. (Abg. Eßl: So viel bringt er eh nicht z’samm!)
Dann breche ich Ihre Rede ab.
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ist schon irgendwie komisch, wenn ein Abgeordneter hierher ans Pult geht und man gleich Rufe wie Oh! und Voest! und noch alles Mögliche hört.
Meine Damen und Herren und speziell du, Kollege Hammer, hört mir jetzt bitte zu! Wir haben eine Situation in Österreich, von der mindestens 2 000 Menschen betroffen sind, die um ihre Existenz fürchten, 2 000 Menschen, die von einem Tag auf den anderen nicht wissen, wie es weitergehen soll. Und auch wenn ihnen hier versprochen wird, dass es in Oberösterreich 1 450 freie Plätze im Handel gibt, weiß eine Beschäftigte aus Altenberg, die beim Leiner in Linz arbeitet, jetzt nicht, ob sie dann vielleicht den nächsten Job in Bad Goisern bekommt, den sie aber nicht annehmen kann, weil sie ein Kindergartenkind hat und der Kindergarten vielleicht um 13 Uhr zusperrt. Da stehen ja
viele, viele Probleme
dahinter. Und wir sitzen hier herinnen in diesem
Haus, das sich mit dieser Problematik befassen sollte, und hören
ständig, der Gusenbauer, der Huber, der Maier oder sonst irgendjemand
könnte daran schuld sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Ja, meine Damen und Herren, da geht es um Menschen! Reden
wir einmal von den Menschen, reden wir einmal von dieser Thematik, die da ist!
Schlagen
wir doch Lösungen vor! – Die Lösungen sind ja mit diesem
Entschließungsantrag gekommen, aber den nimmt man nicht zur Kenntnis,
weil der von einer
anderen Partei ist, da kann man nichts machen. Dort sind sehr wohl gute
Lösungen drin!
Wissen Sie, was ich mir erwartet hätte, zum Beispiel
von Kollegen Egger oder von Ihnen, lieber Herr Kollege? – Dass wir
hier in diesem Haus hinterfragen: Wieso fordern wir Herrn René
Benko nicht auf, einen freiwilligen Sozialplan für die Beschäftigten
zu erstellen und zumindest die Hälfte des Gewinns,
den er eingestreift hat, für diesen Sozialplan zur Verfügung zu
stellen? (Beifall bei der SPÖ.) Eines nämlich hat er ganz
genau gewusst, der liebe Herr, meine
Damen und Herren: Er braucht von Gesetzes wegen keinen Sozialplan zu machen,
denn bei einer Insolvenz gibt es das nicht. Daher hat er sich auch
da herausgeschlichen. Genau das sind die Lücken, die wir im
Insolvenzgesetz haben, die wir auch schließen müssen, damit wirklich
alle Betroffenen
zu ihren Rechten kommen.
Auch wenn jetzt Jobs frei sind, lieber Herr Arbeitsminister,
der:die Beschäftigte kann nicht so einfach einen Job annehmen, denn wenn
er:sie jetzt kündigt, verliert er:sie all seine:ihre Ansprüche. Auch
wenn ihnen jetzt ein Job angeboten wird –
sie müssen einmal abwarten, wie es mit diesem Verfahren ausschaut,
was los ist, ob das bei dem Ganzen überhaupt geht, meine Damen und
Herren! (Abg. Haubner: Das stimmt ja nicht! Das stimmt ja alles
nicht!)
Ich kann Ihnen nur sagen: Auch im Handel sind die Jobs nicht alle gleich. Schauen Sie sich das doch an! Man kann einem wirklich qualifizierten Verkäufer
im Möbelhandel nicht
einfach sagen, er soll in den Lebensmittelhandel wechseln und dort eben
etwas anderes verkaufen. (Abg. Haubner: Hast du nicht aufgepasst?)
Das wäre dasselbe, wie einem Mechatroniker, der den Job verliert, zu
sagen, er soll halt Bauschlosser werden. Das geht einfach nicht, dafür braucht es Maßnahmen, es wären
Stiftungen einzurichten, Umschulungen
zu machen. Und das ist das, was wir auch machen können, was wir
hier in diesem Haus auch beschließen können. (Beifall bei
der SPÖ.)
Wie gesagt, es sind sehr, sehr viele persönliche
Schicksale dahinter, Menschen, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.
Ich würde mir wirklich erwarten, dass wir hier in diesem Haus
diesen geldgierigen Investmenthaien, die überall herumschwimmen,
endlich zeigen, dass wir mit diesen miesen Praktiken, die sie
machen, womit sie wirklich - - (Abg. Schmidhofer: Gusenbauer!) –
Ist mir wurscht, wer das ist! Das kann der Gusenbauer, der Huber und der
Maier sein (Abg. Michael Hammer: Genossen!), das spielt keine
Rolle (Abg. Schmidhofer: Aber es ist der Gusenbauer!),
sondern es geht darum, die Beschäftigten,
die davon betroffen sind, wirklich zu stützen. Das würde ich mir
erwarten, anstatt ständig bei dem einen und dem anderen den
Kübel draufzuhauen. (Beifall bei der SPÖ.)
17.14
Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet, und somit ist die Debatte geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung
über den Selbständigen Antrag 3436/A(E) der Abgeordneten Herr,
Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jobgarantie für die
von der Massenkündigung bei Kika/Leiner betroffenen Beschäftigten
durch die Bundesregierung“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Millionärssteuer“.
Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Ries: Das wird den Gusenbauer nicht freuen!)
Präsidentin Doris Bures: Somit nehme ich die Verhandlungen über den 13. Tagesordnungspunkt wieder auf.
Ich möchte Ihnen nur sagen, dass zurzeit nur eine Rednerin zu Wort gemeldet ist und wir sofort wieder zu Abstimmungen kommen würden.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Sie haben das Wort. Bitte.
Abgeordnete
Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau
Präsidentin! Hohes Haus! In der vorangegangenen Debatte standen
2 000 Personen im Mittelpunkt, die möglicherweise ihren Job
verlieren, und vielleicht sieht man jetzt die aktuelle Debatte zum Licht-ins-Dunkel-Zuwendungsgesetz
auch in einem
anderen
Licht.
Es war voriges Jahr im November, als die Regierungsspitze
bei einer Gala zu Licht ins Dunkel vor zahlreich vertretenen Medien kundgetan
hat: Wir verdoppeln die Spenden! – Es haben mich dann zahlreiche
Besucher:innen und Bürger:innen
gefragt: Ja, können die das einfach so?, und das hat mich sehr
nachdenklich gestimmt. Warum, was ist mit dieser Ansage: Wir verdoppeln die
Spenden!, passiert, was wurde da vermittelt? – Es wurde eben
vermittelt,
dass Sie das einfach so können, sprich, willkürlich Zusagen
darüber machen, wie Steuergeld eingesetzt wird.
Jetzt sind wir uns, glaube ich, alle hier in diesem Saal einig, die Aktivitäten, die von Licht ins Dunkel ausgehen, soziale Projekte für Menschen mit Behinderung, die Bedeutung, auch die Wichtigkeit stehen außer Zweifel. Ist es aber notwendig, dass die Spitze der Regierung Willkür vermittelt, zumal wir alle wissen, dass Familien gravierende Probleme mit Überteuerungen, mit Inflation, mit viel zu hohen Kosten im alltäglichen Leben haben und im aktuellen Fall 2 000 Menschen nicht wissen, wie es mit ihren Jobs weitergeht?
Die Aktivitäten über Licht ins Dunkel stehen außer Zweifel, sind eminent wichtig, aber bitte, liebe Regierungsspitze: in Zukunft keinerlei Zusagen ohne Budgetbedeckung und keinerlei Zusagen, die auch nur den Verdacht von Willkür entstehen lassen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
17.18
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein
Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.
Somit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2068 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.
Bericht
des Budgetausschusses über den Antrag 3410/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang
Sobotka, Doris Bures, Ing. Norbert Hofer, Mag. Dr. Jakob
Schwarz, BA, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Parlamentsgebäudesanierungsgesetz
geändert und ein Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur
Überschreitung der Höchstgrenzen des
Parlamentsgebäudesanierungsgesetzes erteilt
wird, erlassen wird (2067 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort ist dazu niemand gemeldet.
Damit kommen wir gleich zur Abstimmung.
Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2067 der Beilagen: Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Bericht des Umweltausschusses
über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob
Schwarz, BA, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über
den regionalen Klimabonus
(Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d.B.)
16. Punkt
Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3254/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimabonus für verurteilte Straftäter inklusive Antragsservice abschaffen (2072 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 15 und 16, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich begrüße die Frau Bundesministerin im Hohen Haus.
Ich erteile Frau Abgeordneter Elisabeth Feichtinger das Wort. – Bitte.
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd
(SPÖ): Frau Präsidentin! Frau
Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und vor
den Fernsehbildschirmen! Heute wird von den Regierungsparteien die Auszahlung
des Klimabonus 2023 beschlossen. Beim Klimabonus 2022 gab es
aus unserer Sicht aber leider einiges aufzuzeigen, das nicht funktioniert hat.
Speziell die Probleme bei der Auszahlung des Klimabonus 2022 waren
ein Riesenthema. Es gibt nämlich Personen, die diesen Klimabonus noch
immer nicht erhalten haben – und das, obwohl sie eindeutig
anspruchsberechtigt sind.
Der erste Weg zur Lösung
dieses Problems wäre natürlich, im Internet zu schauen, wie man das Problem
lösen kann, wie man zu seinem Geld kommt. Was aber machen die Menschen,
die keinen Internetzugang haben? Ohne
Hilfe von anderen ist es schwierig, diese Telefonnummern herauszufinden und die
Servicehotline dann anzurufen.
Haben Sie diese Hürde erst
einmal geschafft, kommen Sie zu sehr netten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern am Telefon. Diese können Ihnen aber auch
nur bis zu einem gewissen Grad helfen, dann sind ihnen die Hände gebunden,
weil nämlich Personen, die den RSA-Brief mit diesen Sodexo-Gutscheinen
nicht erhalten haben, wieder einmal ins Internet einsteigen, ein Formular
ausfüllen und dann noch einen Scan eines Ausweises anhängen
müssen – dafür braucht man auch wieder, wie vorhin gesagt,
einen digitalen Zugang, und das ist ein riesengroßes Problem.
Wir haben es schon im Ausschuss besprochen und ich muss auch
hier noch einmal darauf hinweisen, dass das ein Riesenthema ist, wie auch die
Handysignatur sowie Finanzonline, weil es einfach nicht jeder hat. (Beifall
bei der SPÖ.)
Digitalisierung ist grundsätzlich zu befürworten. Es sollte aber immer sichergestellt werden, dass für die Menschen in Österreich auch analoge Lösungen angeboten werden. Es gibt verschiedenste Gründe, warum manche Menschen keinen Internetzugang haben – sei es aus Kostengründen, aber auch, weil man vielleicht technisch nicht so versiert ist. Auf diese Menschen, Frau Ministerin, dürfen wir definitiv nicht vergessen. Der Gesetzgeber darf nicht davon ausgehen, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen Internetzugang haben.
Außerdem stellt sich für mich tatsächlich die Frage, warum 100 000 RSA-Briefe nicht bei den Menschen angekommen sind. Es sind rund 1,2 Millionen Briefe ausgesendet worden, und es gibt eine Riesenquote an Briefen, die nicht bei den Menschen angekommen sind. Gab es Probleme bei der Zustellung der RSA-Briefe? Das würde mich interessieren. Haben wirklich alle eine Benachrichtigung erhalten, dass ihr RSA-Brief bei der Post zum Abholen bereitliegt?
Auch die Wartezeit auf den Klimabonus 2022 war wirklich unglaublich unterschiedlich, selbst innerhalb des gleichen Hauptwohnsitzes. Es gibt Fälle, in denen Österreicherinnen und Österreicher ihren Hauptwohnsitz durchgehend in Österreich hatten und die Auszahlung erst im Jänner 2023 erhalten haben. Auch da würde mich interessieren: Warum gab es diese Verzögerungen?
Liebe Mitglieder der Regierung und der Regierungsparteien,
wir wünschen uns – und es ist Ihre Aufgabe, dafür zu
sorgen – eine reibungslose Auszahlung
des Klimabonus 2023. Im Sinne der Bürger:innen hoffen wir, dass das
dieses Mal wirklich funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)
17.23
Präsidentin
Doris Bures: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte. (Rufe
bei der ÖVP: Rauch! Was ist mit Rauch?) –
Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. (Ruf bei der ÖVP: Er kommt
schon!) – Ich habe ihn schon gesehen, danke. – Bitte,
Sie sind am Wort. (Rufe bei der
ÖVP: Rauch! Was ist mit Rauch?) – Er wurde gestrichen. (Ruf
bei der ÖVP: Wir dachten, Rauch kommt dran!) – Ich auch,
aber die Parlamentsdirektion
ist da dankenswerterweise immer ganz am letzten Stand, hoffe ich doch, und daher: Herr Abgeordneter Schmuckenschlager.
Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager
(ÖVP): Frau Präsidentin! Frau
Bundesministerin! Da fügen wir uns natürlich dem Urteil der
Präsidentin – und
es ist ja auch gut, ein bisschen Redezeit zu bekommen.
Geschätzte Damen und Herren, es geht in der jetzigen Debatte um das Klimabonusgesetz. Der Klimabonus ist ja seitens der Regierungsfraktionen eingeführt worden, um die Frage rund um die CO2-Bepreisung von Treibstoff entsprechend sozial abzufedern und da auch zu unterstützen, sodass wir sozusagen zwei Probleme gemeinsam lösen können: einerseits die große Ambition, CO2 aus dem Verkehrssystem hinauszubekommen, eine Bepreisung dazuzufügen, und andererseits aber abzufedern, dass es nicht zu große Belastungen für die einzelnen Bürger sind. Das hat sich im vergangenen Jahr als absolutes Erfolgsmodell herausgestellt.
Nun wollen wir das weiterschreiben, auch im ursprünglichen Sinne, sodass wir mit einem Pauschalbetrag von 110 Euro und dann mit dem sogenannten Regionalausgleich noch einmal auf spezifische Gegebenheiten, Distanzen, ländlichen Raum et cetera eingehen und noch einen Zuschlag haben.
Das ganze System wird dann
über den Klimabonus abgewickelt, und der Zugang zu diesem Bonus soll noch
vereinfacht werden. Ich glaube, nach den anfänglichen Problemen da
und dort hat sich das aber sehr gut etabliert, und
wir können auf diesem Wege sicherlich weitergehen.
Ein weiteres Problem lag auch
in der Frage, wem dieser Klimabonus letztendlich zusteht und wer Anspruch auf
den Klimabonus hat. Auch da sind wir jetzt
noch einmal klarer geworden und haben eine Spezifizierung vorgenommen. Das
betrifft einerseits Häftlinge, die längere Zeit in Österreich in
Haft sind –
diese sind ab einer gewissen Zeit vom Anspruch ausgeschlossen –, und
andererseits auch Personen, die Aufenthalt in Österreich
genießen – da haben
wir natürlich auch darauf geschaut, dass wir das ganz genau regeln.
Darum darf ich auch einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen – ich lese ihn vor –:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d. B.) – TOP 15
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (2071 d.B.) wird wie folgt geändert:
1. In Z 2 lautet die Novellierungsanordnung: „2. § 2 Abs 4 bis 6 lautet:“ und es wird vor Absatz 5 folgender Absatz 4 eingefügt:
„(4) An Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, wird der Klimabonus nur dann ausbezahlt, wenn sie sich nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten oder sie über einen gültigen, befristeten Aufenthaltstitel, oder einen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ nach dem Niederlassungs-
und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, oder einen Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ verfügen oder gegen sie als EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige keine aufenthaltsbeendende Maßnahme aufrecht ist.“
2. In Z 5 wird in § 5 Abs. 1 Z 1 die Wortfolge „das Vorliegen einer österreichischen Staatsbürgerschaft“ durch die Wortfolge „die Staatsangehörigkeit“ ersetzt.
*****
Damit wollen wir sicherstellen,
dass nur all jene Personen einen Klimabonus erhalten, die auch
rechtmäßig in Österreich aufhältig sind. Ich glaube,
das ist ganz, ganz wesentlich. Die Änderung soll auch den zuständigen
Ministerien ermöglichen, miteinander zu kommunizieren, entsprechend
auf
Daten zuzugreifen.
Somit haben wir den Klimabonus
noch weiterentwickelt, verbessert und können den Weg in die Zukunft
getrost vorangehen, nämlich mit dem großen Ziel,
CO2 aus dem Verkehrssektor noch stärker herauszubringen.
Ich möchte heute auch noch
eine Anregung bringen, und zwar, dass wir vielleicht auch dort, wo wir
über die CO2-Besteuerung diskutieren, gerade im Bereich
des Treibstoffes, dort, wo wir mit E10 10 Prozent Beimischung im Benzin
haben, oder bei der Dieselbeimischung, jene Teile der Beimischung, die aus erneuerbaren
und regenerativen Treibstoffen bestehen, noch steuerlich begünstigen;
dann könnten wir den Treibstoff noch billiger machen.
Das werden wir aber noch im Zusammenhang mit anderen Materien diskutieren können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
17.29
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Jakob Schwarz, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d.B.)
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der Antrag 3428/A der
Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz –
KliBG) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses
(2071 d.B.)
wird wie folgt geändert:
1. In Z 2 lautet die Novellierungsanordnung: „2. § 2 Abs 4 bis 6 lautet:“ und es wird vor Absatz 5 folgender Absatz 4 eingefügt:
„(4) An Personen, die
nicht österreichische Staatsbürger sind, wird der Klimabonus nur dann
ausbezahlt, wenn sie sich nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl.
I Nr. 100/2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten oder sie
über einen gültigen, befristeten Aufenthaltstitel, oder einen
unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ nach
dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, oder einen
Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ verfügen
oder gegen sie als EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte
Drittstaatsangehörige keine aufenthaltsbeendende Maßnahme
aufrecht ist.“
2. In Z 5 wird in § 5 Abs 1 Z 1 die Wortfolge „das Vorliegen einer österreichischen Staatsbürgerschaft“ durch die Wortfolge „die Staatsangehörigkeit“ ersetzt.
Begründung
Mit der Änderung in § 2 Abs. 4 soll sichergestellt werden, dass alle Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sich aber auf Basis der verschiedenen möglichen Rechtsgrundlagen legal in Österreich aufhalten und die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 erfüllen, Anspruch auf den Klimabonus erhalten. Ein Ausschluss dieser Personen vom Bezug des Klimabonus ist im Umkehrschluss in jenen Fällen vorgesehen, in denen kein gültiger Aufenthaltstitel vorliegt oder eine aufenthaltsbeendende Maßnahme aufrecht ist. Mit der Anpassung in § 5 Abs. 1 Z 1 wird die gegenständliche Anpassung auch datenseitig nachgezogen.
*****
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Walter Rauch.
Herr Abgeordneter Bernhard, durch die Streichung eines
Pro-Redners
hat sich die Reihenfolge der Pro- und Contra-Redner verschoben.
Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! So leicht lässt sich die eine oder der andere irritieren – nein, Spaß beiseite.
Zum Klimabonus - -
Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, Herr Abgeordneter.
Den Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Schmuckenschlager eingebracht hat, habe ich in der Hand. Er ist ordnungsgemäß eingebracht, steht mit in Verhandlung. – Jetzt sind Sie am Wort.
Abgeordneter
Walter Rauch (fortsetzend): Der
Klimabonus: Kollege Schmuckenschlager hat schon ausgeführt, wer ihn in
Zukunft nicht mehr bekommen soll – das wäre eigentlich von Haus
aus ein logischer
Zugang gewesen, dass ihn Häftlinge nicht bekommen dürfen. (Zwischenruf
bei der ÖVP.)
Wir setzen noch eines drauf,
nämlich dass natürlich auch Asylanten oder auch Scheinasylanten
diesen Klimabonus nicht bekommen sollen. Warum, was
ist die Begründung? – Auszahlungsgrund für den Klimabonus
war immer, dass es natürlich aufgrund der CO2-Steuer eine
Mehrbelastung für die Bevölkerung gibt –
für die arbeitende Bevölkerung. Was ist in diesem Fall der
Grund? – Asylanten und Häftlinge leben auf Kosten des Staates
in der Sozialhilfe,
und daher ist dieses Faktum einmal generell falsch.
Wir lehnen aber den Klimabonus
insgesamt aus einem wesentlichen Grund ab, Frau Bundesminister, nämlich
weil wir auch die CO2-Steuer ablehnen.
Die CO2-Steuer ist ein Preistreiber, und das ist die grüne
Inflation, Herr Kollege Hammer. Das ist die grüne Inflation, die
Sie unverhältnismäßig gegenüber anderen Staaten in Europa nach
Österreich tragen. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Der Klimabonus wird in
unterschiedlichen Regionen, dementsprechend auch in unterschiedlicher
Höhe – mit Prozentzahlen, die Grundbasis sind
110 Euro – ausbezahlt. Wenn man die Regionen genau filetiert
und jetzt meine Heimatgemeinde Bad Radkersburg ganz im Süden,
Südosten der Steiermark hernimmt, so sieht man, diese bekommt
einen geringeren Klimabonus als alle anderen Gemeinden davor – das
sind Halbenrain, Mureck, alle an der südlichen Grenze; Sie kennen sich
aus, Sie kommen ja auch aus der Steiermark. Sie liegt aber auf der gleichen
infrastrukturellen Linie des öffentlichen Verkehrs. Das
wäre jetzt zu begründen, warum in bestimmten Regionen oder Gebieten
jemand mehr oder weniger kriegt. Es ist unrealistisch, unfair und unsozial, einerseits.
Aber auch wenn man in Ballungsräumen wohnt – in Graz, Linz, Sankt Pölten; auch Wien kann man theoretisch hernehmen – und nicht einpendelt, kriegt man
einen geringeren Klimabonus. Pendelt man aber von Wien
aus, hat
man auch einen Nachteil, weil man ja höhere Kosten hat.
Der Punkt ist: Sie finanzieren in eine Richtung, aber nicht
in die andere. Daher ist dieser Bonus abzulehnen und zu streichen, auch im
Sinne dessen, dass wir
diese CO2-Steuer ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Auf einen wesentlichen Punkt möchte ich noch eingehen,
weil er sehr aktuell ist: Sie und Ihre Fraktion übernehmen auch sehr viel
von den Grünen in Deutschland, das sind regierungstechnisch Ihre
Vorbilder. (Abg. Weratschnig: Umgekehrt! Der Klimabonus ist Vorbild
für Deutschland!) Sie werden auch
von einer Dame aus Deutschland, falls das noch aktuell sein sollte, beraten. Um
aber dem, was Ihre deutschen Kollegen jetzt vorschlagen, gleich vorzubauen, bringe
ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Sanierungszwang und zum Verbot von Öl- und Gasheizungen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, von Plänen, die zu einem Sanierungszwang für Gebäude sowie zu einem De-facto-Verbot von Öl- und Gasheizungen führen und die österreichischen Haus- und Wohnungseigentümer ökonomisch völlig überfordern würden, Abstand zu nehmen und auf EU-Ebene gegen solch eigentumsfeindliche Tendenzen entschieden aufzutreten.“
*****
Warum komme ich auf diesen Antrag? – Ganz
einfach: Diesen Vorschlag machen die Grünen in der Bundesregierung in
Deutschland. Das heißt im Endeffekt:
Die Bürger, die sich diese Maßnahmen nicht leisten können, werden
in dieser Art und Weise zwangsbeglückt. Warum? – Ihr
Faktor – so auf die Art mit den überschlagsmäßigen
Förderungen – ist recht und schön, nur wenn man in einem
Haushalt oder in einem Gebäude eine Heizungsumstellung finanzieren
muss, liegt das weit, weit über den Kosten, die Sie irgendwann
fördern wollen. Daher Nein dazu. (Beifall bei der FPÖ.)
17.35
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Walter Rauch, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Petra Steger
und weiterer Abgeordneter
betreffend Nein zum Sanierungszwang und zum Verbot von Öl- und Gasheizungen
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des
Umweltausschusses über den Antrag
3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob
Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz –
KliBG)
geändert wird (2071 d.B.) (TOP 15).
Die Inflation ist für viele Menschen in
Österreich bereits zur Armutsfalle geworden. Während die meisten
Bürger sich Gedanken darüber machen müssen, wie sie
Monat für Monat über die Runden kommen, befeuern ÖVP und
Grüne die Inflation durch die CO2-Strafsteuer als politische
Teuerungsmaßnahme immer weiter.
Die deutsche Ampel-Regierung hat einstweilen schon den nächsten
ideologischen Angriff auf die Bevölkerung durchgeführt:
Das neue deutsche
Gebäudeenergiegesetz ist ein Schlag ins Gesicht aller fleißigen
Bürger. Wohl schon ab 2024 soll im Hauruckverfahren durchgedrückt
werden, was die meisten sich bis vor Kurzem nicht hätten vorstellen
können. Öl- und Gasheizungen soll der Garaus gemacht werden. Ab 2024
sollen dafür alle neu
installierten Heizungen zu mindestens 65 % mit
sogenannten „erneuerbaren Energien“ betrieben werden
müssen. Bestandsheizungen dürfen zwar weiter
betrieben werden – doch hier drohen unbezahlbare Preise. Gas und Öl
sollen innerhalb weniger Jahre so sehr im Preis steigen, dass viele
Hausbesitzer vor die
Wahl zwischen zwei Übeln gestellt werden: Entweder sie bezahlen
astronomische Kosten für Gas bzw. Öl – oder sie müssen
ihre voll funktionstüchtige
Heizung zugunsten einer Wärmepumpe entsorgen. Hausbesitzern drohen
fünfstellige Investitionen oder der Verlust des Hauses. Für Mieter
bedeutet es unweigerlich
noch viel höhere Mieten.1
Im EU-Parlament wurden zudem
teure Sanierungspflichten für Altbauten beschlossen, damit
Gebäude europaweit bis 2050 den selbstgesetzten Klimaschutzzielen gerecht
werden. Österreichischen Hausbesitzern drohen dadurch weitreichende
Konsequenzen: Rund drei Viertel der Gebäude in Österreich wurden vor
dem Jahr 1990 errichtet. Davon gelten etwa 60 Prozent aus energetischer Sicht
als sanierungsbedürftig. Die betroffenen Haushalte müssen mit Kosten in
der
Höhe von zehntausenden Euro rechnen. Für ältere, ungedämmte
Gebäude drohen zudem gravierende Wertverluste. Während Bundeskanzler
Nehammer diese
Pläne vordergründig als „völlig weltfremd“
kritisiert,2 hat sein Parteifreund Othmar Karas der Vorlage in
Brüssel zugestimmt.3
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere die
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität,
Innovation und Technologie werden aufgefordert,
von Plänen, die zu einem Sanierungszwang für Gebäude sowie zu
einem De-facto-Verbot von Öl- und Gasheizungen führen und die
österreichischen Haus-
und Wohnungseigentümer ökonomisch völlig überfordern
würden, Abstand zu nehmen und auf EU-Ebene gegen solch
eigentumsfeindliche Tendenzen entschieden aufzutreten.“
1 https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/703604/Ampel-einigt-sich-beim-Heizungsgesetz-Union-uebt-schwere-Kritik
2 https://www.bild.de/politik/ausland/politik-inland/oesi-kanzler-lehnt-eu-plaene-ab-zwangssanierung-von-haeusern-voellig-weltfremd-83243174.bild.html
3 https://howtheyvote.eu/votes/9772
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA
(Grüne): Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!
Kollege Rauch hat die Frau Ministerin gebeten, das EWG nicht
einzubringen – es
ist bereits eingebracht, wir verhandeln es im Parlament, falls das noch nicht
bis zur FPÖ vorgedrungen ist. Ich werde dann gleich noch einmal darauf eingehen. Warum
das EWG sehr wichtig ist, hat auch etwas mit dem Klimabonus und der
ökosozialen Steuerreform zu tun – darauf komme ich am Ende
noch zu sprechen.
Zu Beginn ist es mir wichtig, festzuhalten, was wir heute beschließen, nämlich die Grundlage für den Klimabonus 2023. Der Beschluss heute und sozusagen ein paar Maßnahmen rundherum tragen dazu bei, dass die ökosoziale Steuerreform in Summe noch einmal treffsicherer wird.
Das ist aus meiner Sicht insbesondere drei Punkten
geschuldet: Der eine ist, wir erhöhen den Klimabonus um mehr, als die CO2-Bepreisung
steigt, also um 10 Prozent – mindestens 110 Euro kriegt
jede:r Österreicher:in und
jeder Mensch, der in Österreich lebt, die Kinder die Hälfte.
Zweitens: Wir werden
zusätzliche Kontodatensätze verwenden können. Das heißt,
schon jetzt sind von den 8,6 Millionen Zahlungen, die erfolgt sind,
7,4 Millionen vollautomatisch erfolgt. Alle Klimaboni werden antragslos
und vollautomatisch ausgezahlt, aber 7,4 Millionen von diesen
8,6 Millionen
sind direkt auf die Konten überwiesen worden, nur der Rest über diese
Gutscheine, und dieser Anteil der direkt auf Konten überwiesenen
Klimaboni wird noch einmal steigen.
Drittens: Der Urban-Rural-Index
der Statistik Austria wird noch einmal feiner gegliedert und für den
Klimabonus zur Verfügung gestellt. Deshalb können
wir jetzt auch innerhalb von Wien genauer auflösen, wie weit die CO2-Bepreisung
mit Kosten für Menschen verbunden ist, und deshalb auch den Klimabonus entsprechend
anpassen.
Das sind also drei
Maßnahmen, die diesen Klimabonus und damit insgesamt die CO2-Bepreisung
treffsicherer und besser machen. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
In Richtung SPÖ gerichtet noch einmal, warum die CO2-Bepreisung
wichtig ist – da ist aber auch etwas für die FPÖ
dabei –: Einerseits ist es wissenschaftlich sehr klar,
denn es gibt keine namhaften Klimaforscherinnen oder Klimaforscher, die
sagen, es brauche nicht zumindest auch eine CO2-Bepreisung,
es gibt quasi keinen Klimaplan, der das nicht beinhaltet. Zweitens ist es auch
so, dass die Empirie sagt, dass es das braucht. Es gibt mittlerweile in sehr,
sehr vielen Ländern CO2-Bepreisungssysteme, 61 Systeme
insgesamt. Davon sind die Hälfte Emissionshandelssysteme, die andere
Hälfte sind CO2-Steuersysteme. Und sogar China, auf das die
FPÖ immer so gerne wartet, wenn es um Klimaschutz geht, weil man ja beim
Klimaschutz nicht nur Schlusslicht in Europa, sondern auch Schlusslicht auf der
ganzen Welt sein könnte, hat eine CO2-Bepreisung
eingeführt: 2 000 Kraftwerke sind mittlerweile
erfasst. – So viel auch zu diesen Kohlekraftwerken, die Sie immer
wieder einbringen.
Gleichzeitig muss man sicherstellen, dass die CO2-Bepreisung
nicht dazu führt, dass Menschen, die
nicht unmittelbar aus den Emissionen herauskommen,
durch diese Mehrkosten dann Schwierigkeiten haben, mit ihrem Einkommen
auszukommen. Da kommt eben genau der Klimabonus ins Spiel: Wir haben das so
aufgesetzt, dass nur 10 Prozent der bestverdienenden Österreicherinnen
und Österreicher quasi weniger aus dem Klimabonus herauskriegen, als sie
in die CO2-Bepreisung einzahlen. Alle anderen profitieren und haben
durch den Klimabonus mehr als die Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung
abgedeckt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich komme jetzt auf die Staffelung zu sprechen, die von
Ihnen vorhin kritisiert worden ist, die auch gleich von meinem Nachredner
kritisiert werden
wird und die sozusagen die Voraussetzung dafür ist, dass das
überhaupt möglich ist. Damit das möglich ist, müssen wir
schauen, wo Emissionen entstehen,
die in kurzer Frist sehr schwer abzubauen sind. Das ist insbesondere bei der Mobilität,
bei der Frage der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs der
Fall. Das betrifft Menschen, die zum Beispiel in ländlichen Regionen
wohnen, das betrifft auch – Richtung
SPÖ – Mieterinnen und Mieter, die sich die Gasheizung nicht
ausgesucht haben, aber insbesondere in der Mobilität ist es mit sehr, sehr
hohen Kosten verbunden, weil ich das Auto nicht unmittelbar tauschen kann.
Deshalb ist es wichtig, das zu staffeln.
Dieser Index, den wir da heranziehen, setzt in erster Linie
darauf auf, wie hoch die Bevölkerungsdichte in einem gewissen Gebiet ist,
und deshalb ist es
quasi logisch, dass, wenn man den Weg zur Behörde,
zur Schule, zum Supermarkt, zum eigenen Job zu Fuß gehen kann, man
nicht einmal ein Auto braucht – man kann immer noch mit dem Auto
fahren, dann zahlt man halt die CO2-Bepreisung, aber
man bräuchte es nicht einmal –, die Emissionen dann
natürlich niedriger sein werden als irgendwo, wo man 15 Minuten zum
nächsten Supermarkt fahren muss. Das hat schon eine gewisse Berechtigung,
und erst in zweiter Ordnung kommt dann die Frage der Verfügbarkeit der
öffentlichen Verkehrsmittel dazu.
Letzter Punkt,
der Einwand: Was ist mit den Mieterinnen und Mietern mit
der Gasheizung? Die sind ja genauso betroffen. Wenn man am Land aufgewachsen
ist, kann man ja nichts dafür, dass man dort wohnt und es weit zum
Supermarkt hat, aber auch wenn man als Mieter:in eine Gasheizung
vom Vermieter mitkriegt, kann man sich das ja auch nicht aussuchen, und deshalb
ist dieses EWG so wichtig.
Damit haben dann die Vermieter auch die
Aufgabe, ihre Heizungssysteme
zu tauschen, und das ist auch der Grund, warum es umso schmerzhafter ist, dass
die SPÖ da in den letzten Wochen blockiert hat. Ich hoffe, dass diese Blockade tatsächlich
bald aufgegeben wird und wir auch dort einen Schritt weiterkommen. –
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
17.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ja, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Kollege Schwarz hat es eh schon angekündigt, dass wir den Klimabonus kritisch sehen. Ich möchte vielleicht ein paar allgemeine, grundsätzliche Gedanken zum Klimabonus vorneweg schicken.
Das eine ist – und das ist, glaube
ich, hinreichend bekannt –, dass wir uns zu dem durchaus sportlichen
Klimaziel, in Österreich bis 2040 klimaneutral zu sein, bekennen und
wissen, dass es dafür massive Maßnahmen braucht und viele davon
heute noch gar nicht vorhanden sind. Dass ein Teil dieser Maßnahmen
eine CO2-Besteuerung sein muss, ist unbestritten, dass der CO2-Preis,
der heute da ist, nicht dafür ausreichen wird, auch. Es war aber in der
Vergangenheit,
als jetzt die Energiepreise so explodiert sind, tatsächlich auch ein
Glück, dass dieser nicht höher war.
Die Frage ist ja: Will man den Menschen davor
die CO2-Steuer sozusagen tatsächlich einfach verrechnen
und auf der anderen Seite einfach andere
Steuern reduzieren – Einkommensteuer, Mehrwertsteuer,
Lohnnebenkosten –, damit von Haus aus mehr im Börserl bleibt,
womit man das bestreiten
kann, oder nimmt man über die CO2-Steuer etwas ein und verteilt
es dann wieder zurück? Und dieses Zurückverteilen ist irgendwie
kritisch zu sehen,
weil wir der Überzeugung sind, dass es wesentlich sinnvoller ist, dass wir
den Menschen vorher weniger aus dem Börsel rausnehmen und es nachher
auch nicht rückverteilen. Das ist eine zutiefst liberale Überzeugung
von unserer Seite, und deswegen haben wir mit dem Klimabonus ein
grundsätzliches Problem.
Jetzt könnten
wir natürlich über unseren Schatten springen und sagen: Trotz grundsätzlichen Problems ist es ja möglicherweise
klimawirksam, und deswegen unterstützen wir es. Und da kommt
dann diese Regionalität schon rein, und, Kollege Schwarz, die
Argumentation, die du hier vorgebracht hast,
ist zumindest lückenhaft.
Ich nehme ein einfaches Beispiel und komme
dann noch zu ein paar anderen: Wenn man in Wien im 18. Bezirk wohnt,
20 Meter von der U6-Station
weg, im Umkreis von 100 Metern hat man wahrscheinlich fünf
Supermärkte, dann hat man um 50 Euro mehr Klimabonus, als wenn man in
Wien im
9. Bezirk mit der gleichen Distanz zur U-Bahn-Station und mit der gleichen
Anzahl von Supermärkten wohnt.
Das heißt, wir sprechen da nicht von einem ländlichen Raum, wo ein Mensch quasi auf der Alm sitzt und jedes Mal das Auto braucht, wenn er irgendwohin fahren will, sondern es ist tatsächlich so, dass diese regionale Unterscheidung vielfach einfach ein Topfen ist.
Kommen wir aber zu einem anderen Punkt: Selbst wenn die regionale Unterscheidung tatsächlich hinsichtlich Mobilität ausschlaggebend ist, dann berücksichtigt dieses Argument noch immer nicht, dass die Menschen, die in der
Stadt
leben – meistens freiwillig, weil die Mehrheit davon in den
größeren Städten zugezogen ist –, tatsächlich
höhere Wohnkosten haben, meistens zur Miete leben und sich deswegen auch
gar nicht aussuchen können, welches Heizsystem sie haben, und
wenn sie ein Auto haben, auch höhere Parkkosten haben. Das
heißt, die Lebenshaltungskosten in den Städten – in Wien,
in Salzburg, in Innsbruck – sind bedeutend höher, als wenn man
im ländlichen Raum wohnt.
Jetzt ist die
Frage: Was sind die Gesamtkosten? Ist das die Frage der Politik? Muss ich durch
eine Umverteilung ganz genau ausdifferenzieren, wer
wie viel kriegt, oder ist das nicht auch eine Verantwortung, die der Mensch an sich hat? Wir sehen da schon mehr Potenzial darin,
dass wir das Vertrauen
in die Bevölkerung haben, dass die richtigen Entscheidungen vor Ort
getroffen werden, und nicht so massiv durch die Politik gelenkt wird, wie der
Klimabonus das tut.
Letzter Punkt,
und der ist aus meiner Sicht nicht weniger wichtig, wenn wir jetzt über
diese Anpassung reden: Der Klimabonus ist ein bisschen Klimapolitik
und ein bisschen Verteilungspolitik. Das wurde ja auch von Vorrednern der
Grünen mehrfach erwähnt. Das kann man wollen. Aus unserer Sicht
wäre
das die Aufgabe der Sozialpolitik und nicht der Umwelt- und Klimapolitik. Wenn
der Klimabonus mehr Geld ausschüttet, als die CO2-Steuer
insgesamt einnimmt, dann ist das keine Rückverteilung der CO2-Steuer,
sondern eine bewusste Umverteilung. Aus unserer Sicht ist das aber in der
Klimapolitik eine Themenverfehlung. Wenn wo eine weitere Umverteilung
stattfinden soll, die wir als NEOS so nicht sehen, dann ist es tatsächlich
das falsche Ressort.
Abschließend,
und das ist, glaube ich, nicht minder wichtig, wenn wir jetzt über den
Klimabonus reden: Er ist auch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.
Wir haben das gesehen: Es musste zusätzliches Personal im Ministerium
aufgenommen werden, es mussten zusätzliche Dienstleister
beschäftigt werden, es sind zusätzliche Eskalationen
gewesen. Ein Modell, das darauf aufbaut,
dass man den Menschen weniger aus der Börse nimmt und auf der anderen Seite eine CO2-Steuer einführt, würde auch eine schlankere Verwaltung bedeuten. Es ist wenig überraschend, dass wir als NEOS auch eine schlankere Verwaltung befürworten.
Was allerdings
fehlt, und das kann ich Ihnen heute nicht ersparen und auch nicht beim
nächsten Mal, wenn wir uns sehen: Wirksame Klimapolitik lebt nicht
alleine von einem Klimabonus, egal, ob dieser jetzt mit viel oder wenig Verwaltung
verbunden ist, ob da die Häftlinge etwas bekommen oder ob Asylberechtigte
oder -werber:innen mehr oder weniger bekommen. Es fehlt etwas anderes in
der Klimapolitik, und das schon seit vielen Jahren, und Sie
werden das jetzt erraten können, Frau Ministerin: Es ist das Klimaschutzgesetz.
Deswegen möchte ich auch für meine Fraktion folgenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 15. Juli 2023 ein neues Klimaschutzgesetz vorzulegen, welches folgende Aspekte beinhaltet:
- Einen Emissions-Reduktionspfad, welcher der Effort-Sharing Vereinbarung auf EU-Ebene entspricht
- Ein daraus abgeleitetes, verbindliches jährliches Treibhausgasbudget
- Sektorale Emissionsreduktionsziele
- Verbindliche Emissionsreduktionsziele für die Bundesländer
- Die Schaffung eines Klimarechnungshofes, welcher die klimapolitischen Auswirkungen von Gesetzen und größeren Infrastrukturprojekten evaluiert.“
*****
Klimapolitik ist mehr als das, was bisher
geleistet worden ist. Man kann die Vergangenheit unterschiedlich bewerten,
aber in der Zukunft liegt noch viel
vor uns. – Vielen Dank. (Beifall bei
den NEOS.)
17.46
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Klimaschutzgesetz endlich vorlegen
eingebracht im Zuge der Debatte in der 219. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Klimabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d.B.) – TOP 15
Das 2011 beschlossene Klimaschutzgesetz (KSG) ist eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen für den Klimaschutz in Österreich. Es hat bis 2020 - gemäß europäischer Vorgaben - die österreichischen Klimaziele definiert und pro Sektor festgeschrieben. Seit Jänner 2021 fehlt aber aufgrund des Ausbleibens einer Novelle des KSG ein gesetzlich definierter Emissionsreduktionspfad für die Republik Österreich, sowie auch für die einzelnen Sektoren. Dies bedeutet, dass sich sowohl die Klimapolitik, als auch die Berichterstattung darüber gemäß §6 des KSG im Blindflug befindet und nicht mehr effektiv betrieben werden kann.
Zusätzlich
soll das neue KSG einige wichtige klimapolitische Innovationen enthalten,
welche für den langfristigen Wandel hin zu einer klimaneutralen
Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung dringend notwendig sind, wie etwa die
Einführung eines Klimachecks sowie eines jährlichen Emissionsbudgets.
Ebenso sollen klare Verantwortlichkeiten für Maßnahmen und
Sanktionsmechanismen für mangelnde Fortschritte festgelegt werden. Das
Fehlen des KSG verzögert auch diese
wichtigen klimapolitischen Instrumente und behindert so einen effektiven Kampf
gegen den Klimawandel. Zusätzlich verursacht das Fehlen eines Klimaschutzgesetz langfristige
Planungssicherheit und mangelnde Rechtssicherheit
bei Unternehmen.
Gerade aufgrund der Tatsache, dass die Regierung bei Antritt die Priorisierung von Klimaschutz großspurig verkündet hat, ist das Fehlen des Klimaschutzgesetzes inakzeptabel.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 15. Juli 2023 ein neues Klimaschutzgesetz vorzulegen, welches folgende Aspekte beinhaltet:
• Einen Emissions-Reduktionspfad, welcher der Effort-Sharing Vereinbarung auf EU-Ebene entspricht
• Ein daraus abgeleitetes, verbindliches jährliches Treibhausgasbudget
• Sektorale Emissionsreduktionsziele
• Verbindliche Emissionsreduktionsziele für die Bundesländer
• Die Schaffung eines Klimarechnungshofes, welcher die klimapolitischen Auswirkungen von Gesetzen und größeren Infrastrukturprojekten evaluiert."
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Als Nächste hat sich Frau Bundesminister Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und auch zu Hause oder wo auch immer vor den Bildschirmen! Nach dem Klimabonus ist vor dem Klimabonus. Das habe ich auch schon im Ausschuss so formuliert, denn auch dieses Jahr wird der Klimabonus wieder völlig antragslos, vollautomatisch an alle anspruchsberechtigten Menschen in Österreich ausbezahlt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben im
vergangenen Jahr gesehen – Staatssekretär Tursky ist jetzt
nicht mehr hier –: Der Klimabonus ist nicht nur eine
Erfolgsgeschichte, sondern
er ist ohne Zweifel das größte Digitalisierungsprojekt
dieser Verwaltung, das die Verwaltung und diese Regierung je umgesetzt hat. (Beifall
bei den Grünen
sowie der Abgeordneten Ofenauer, Pfurtscheller und Smolle.)
Da auf die
Erfahrungen des letzten Jahres auch schon repliziert worden ist: Wir haben
knapp neun Millionen Anspruchsberechtigte für das gesamte Jahr.
Wir haben knapp 99 Prozent dieser Zahlungen völlig problemlos
abgewickelt, entweder per Überweisung oder per Brief, und 85 Prozent
all dieser Zahlungen wurden vollautomatisch auf ein Konto
überwiesen. Das war für eine Premiere eine Bilanz, die sich
wirklich sehen lassen kann! Ein großes Danke
an das Team dahinter, das da wirklich ganz hervorragende Arbeit geleistet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Nach dem
Klimabonus ist vor dem Klimabonus: Das heißt natürlich auch, dass
wir 2023 wieder genau hinschauen, letztes Jahr gut zugehört haben und
einige Veränderungen für dieses Jahr vorhaben, um ihn noch
effizienter und die Abwicklung auch noch besser zu machen beziehungsweise auch,
wie es vorgesehen ist, jährlich zu adaptieren.
Ich möchte kurz vier dieser Veränderungen skizzieren, wie wir sie auch im Gesetz beziehungsweise im Antrag haben:
Der Sockelbetrag
des Klimabonus erhöht sich parallel zur Erhöhung
des CO2-Preises von 100 auf 110 Euro für das
Jahr 2023. – Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt
ist – auch das ist ja schon angesprochen worden –: Wir
kehren zum ursprünglichen System der regionalen Differenzierung
zurück. Dieses nimmt auf die unterschiedliche Infrastruktur rund um
den Lebensmittelpunkt der Anspruchsberechtigten Rücksicht. Das
heißt einheitlicher Sockelbetrag plus ein Regionalausgleich in unterschiedlicher
Höhe. Auch das – Abgeordneter Schwarz hat es schon
erklärt – hängt von den infrastrukturellen Voraussetzungen,
von den Anbindungen an den öffentlichen Verkehr ab. Das ist eine
Gliederung und eine Kategorisierung, die die Statistik Austria anhand zweier
Typologien vornimmt, nämlich der Urban-Rural-Typologie und der
ÖV-Güteklassen-Typologie.
Jede Kategorisierung hat irgendwo eine Grenze, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Wir haben es deswegen bewusst an eine wissenschaftliche Institution ausgelagert und um ein neutrales System basierend auf zwei Typologien gebeten, um da wirklich einen sinnvollen Ausgleich vornehmen zu können.
Die vier Kategorien für
2023 sind 110, 150, 185 und 220 Euro, auch das
ist schon erwähnt worden; Kinder bekommen die Hälfte. Was heute aber
noch nicht erwähnt worden ist: Personen mit
Mobilitätseinschränkungen, für
die also die Benutzung des öffentlichen Verkehrs unzumutbar ist, bekommen
immer den Höchstbetrag des jeweiligen Klimabonus, auch unabhängig
vom Alter.
Der dritte Punkt ist in der ersten Rede angesprochen worden: Wie können wir die Überweisungsquote noch erhöhen? – Indem wir auch mit dieser gesetzlichen Anpassung noch weitere Datenlieferanten einbinden und damit die Quote an aktuellen und für diese Überweisungen nutzbaren Kontodaten weiter erhöhen können. Dezidiertes Ziel ist, die Überweisungsquote von 85 Prozent dieses Jahr deutlich zu steigern.
Der vierte Punkt ist auch schon angesprochen worden: Häftlinge bekommen den Klimabonus 2023 nicht mehr.
Wie schaut der weitere Ablauf
aus? – Die Auszahlung startet, wie im letzten Jahr, im September.
Dort, wo uns aktuelle Kontodaten aus den jeweiligen Partnerinstitutionen
übermittelt werden, nehmen wir die Überweisungen vor, alle anderen
anspruchsberechtigten Personen bekommen den Klimabonus sicher per
RSA-Brief. Wir haben relativ viele Briefe gehabt, die nicht abgeholt wurden – wir haben das aber
alles auch individuell nachverfolgt –,
daher der Wunsch, die Überweisungsquote noch einmal zu steigern.
Damit aber alle über dieses System 2023 gut
informiert sind, gibt es ein Informationsschreiben an alle Haushalte in
Österreich. Am 14. Juni geht das mit all diesen Informationen, die
ich heute hier berichtet habe, raus, auch mit
den näheren Informationen zur regionalen Kategorisierung. Alles, was man
zum Klimabonus 2023 wissen muss, gibt es also auch dieses Jahr in einer
analogen Form der Information. Natürlich gibt es auch auf der
Homepage klimabonus.gv.at alles, was man zum Klimabonus wissen muss; mit
Eingabe der
Postleitzahl bekommt man auch die Info über die jeweilige Höhe des Klimabonus 2023 am eigenen Wohnort.
Ich darf Sie bitten, diese konzise, für die Abwicklung sehr wichtige Novelle zu unterstützen und bedanke mich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.52
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte.
Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin!
Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren hier im Haus sowie
vor den Monitoren oder Endgeräten! Ja, zum Klimabonusgesetz wurde schon
einiges gesagt; ich möchte vielleicht noch eine Etappe zurück zur
ökosozialen Steuerreform gehen, die eigentlich die Basis dieses
Klimabonusgesetzes war.
Wir haben – das war
ja eigentlich schon das Versprechen aus der Wahl 2019 – mit
dieser ökosozialen Steuerreform die ökosoziale Marktwirtschaft auch
in das Steuerrecht gegossen und den Bürgerinnen und Bürgern, den
Unternehmerinnen und Unternehmern über diese Steuerreform
Steuermittel über 18 Milliarden Euro erlassen, um dementsprechend die
Wertschöpfung und auch den Wohlstand in unserem Land hochzuhalten und auch
die Leistungsträgerinnen und -träger mit dieser Steuerreform zu
entlasten.
Was haben wir mit dieser ökosozialen Steuerreform
eingeführt? – Es ist eine CO2-Bepreisung im
Upstreammodus; es gab auch eine lange Diskussion,
auf welche Art und Weise das eingeführt wird. Im heurigen Jahr liegen wir
mit einem Preis von 32,50 Euro pro Tonne nicht, wie Kollege Rauch von der
FPÖ gesagt hat, im europäischen Spitzenfeld, sondern in einer guten
Bandbreite und, vor allem im Vergleich zu Deutschland, genau auf dem richtigen
Niveau.
International – ich
habe das auch in meiner letzten Rede schon gesagt – gibt es
mittlerweile 73 Systeme von CO2-Bepreisungen. Ungefähr
23 Prozent
aller weltweit ausgestoßenen CO2-Emissionen sind mittlerweile
umfasst, Tendenz stark steigend, und wir haben vorhin auch hier in der
Diskussion
die Bandbreite gesehen: von der FPÖ, für die nicht einmal Chat-GPT
ein Klimaschutzprogramm irgendwo im Internet findet, die quasi alles
ablehnt, was
mit Klimaschutz zu tun hat, bis hin zu den NEOS – Kollege Bernhard
hat gesagt, der CO2-Preis sei viel zu niedrig –, in deren
Programm ja der CO2-Preis im Endausbau mit 350 Euro pro Tonne
beziffert ist. Umgelegt heißt das, dass jeder, der tanken geht, laut den
NEOS 1 Euro bis 1,20 Euro CO2-Bepreisunggsabgabe zahlen
müsste.
Man muss das auch im
internationalen Kontext anschauen. Ich habe eine Tabelle von der Weltbank (eine Tafel, auf der
Balkendiagramme abgebildet sind, in die
Höhe haltend) mitgenommen. Diese grünen Balken
symbolisieren, wie hoch die CO2-Bepreisung international ist. Es ist
so, dass Schweden – das wird ja
immer wieder genannt – mit circa 130 Euro in der EU
natürlich an der Spitze ist, Liechtenstein ist als kleines Land nicht
gerade erwähnenswert, die Schweiz
sogar noch etwas teurer als Schweden. Uruguay aber hat 143 Euro, Herr
Kollege Bernhard, und Sie wollen 350 Euro haben. Also das, muss man sagen,
ist
eher eine Vertreibungsklimaschutzpolitik und sichert nicht den Standort in
Österreich. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und
Grünen.)
Dass die ländlichen Regionen andere Herausforderungen
haben als das urbane Umfeld, vor allem was die Mobilität betrifft, ist
hinlänglich bekannt. Wir
haben auch im Zuge des Klimatickets schon mehrfach diskutiert, dass zwei Millionen Menschen nicht oder nicht sehr gut an den
öffentlichen Verkehr angeschlossen und dementsprechend auf ihr
eigenes Fahrzeug angewiesen sind. Genau mit diesen Maßnahmen, mit diesem
Klimabonusgesetz, entlasten
wir die Menschen im ländlichen Raum, um dementsprechend die Mehrkosten
für sie abzufedern.
Uns vonseiten der ÖVP ist
es eben wichtig, dass wir die Klimapolitik einerseits für die Wirtschaft,
die eine entsprechende Wertschöpfung braucht, die
auch eine entsprechende Investitionssicherheit braucht, machen, das ganze Thema
aber mit einer Offenheit und einer Innovationsfreundlichkeit
und im Gegensatz zur Letzten Generation vor allem mit Optimismus angehen, weil
wir Klimapolitik für die nächsten – im Plural gesprochen –
Generationen machen und nicht mit Panikmache und Depression für
eine Letzte Generation. Wir müssen das mit Optimismus und Weitblick
angehen, dann wird
es auch, so wie viele andere Dinge, die die Menschheit schon bewältigt
hat, gelingen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Geschätzte Frau
Ministerin, abschließend noch eine Bitte – das mache ich ja
öfters bei meinen Reden –: Vor allem für den
ländlichen Raum und für
die Verkehrswende, für die sich mehrere Möglichkeiten bieten, ist
E-Mobilität ein starkes Thema. Um das Henne-Ei-Problem aufzulösen,
brauchen wir
einen stärkeren Anreiz, eine stärkere Investition in die
Infrastruktur, wir brauchen bei der Ladeinfrastruktur Transparenz, was die
Preisfindung betrifft.
Wir brauchen mehr als nur die Mindesterfüllung der europäischen Ziele. Dann wird die Dekarbonisierung des Verkehrs, des Verkehrssektors dementsprechend mit Sicherheit und Zuversicht gelingen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Seidl.)
17.57
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Michael Bernhard gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Kollege Schnabel hat in seiner Rede fälschlicherweise behauptet, dass sich die NEOS für eine zusätzliche CO2-Besteuerung von 350 Euro je Tonne CO2 einsetzen.
Ich berichtige tatsächlich: Es ist in unserem Programm
richtigerweise ein Preis von 350 Euro je Tonne CO2 bei
gleichzeitiger Steuerreduktion vorgesehen, damit die Menschen in
unserem Land in Summe nicht mehr belastet sind. Das hat er anscheinend zu sagen
vergessen, und das ist auch der Grund,
warum wir uns in unserem Programm auf einer anderen Seite für sinnerfassendes
Lesen einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. –
Zwischenruf
des Abg. Michael Hammer.)
17.58
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter Andreas Kollross zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Man kann, wenn man etwas neu einführt, ja durchaus nicht alles richtig machen, man kann durchaus auch den einen oder anderen Fehler machen, das muss man auch nicht unbedingt kritisieren. Schlimm ist es, wenn man aus den Fehlern nicht lernt und wenn man als Regierung oder Regierungsfraktion nicht bereit ist, Vorschläge, die zu den Fehlern kommen, anzunehmen, und einfach so weitermacht wie bisher.
Was meine ich damit zum Beispiel? – Kollege Schwarz hat zum Beispiel von der CO2-Bepreisung und davon, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist, gesprochen. Das stellen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gar nicht in Abrede.
Was wir schon meinen, ist – da ja die CO2-Bepreisung
unter anderem auch so etwas wie ein Lenkungsinstrument sein soll –:
Wir halten es für einen falschen Zugang, wenn man in Zeiten
massiver Teuerung, in Zeiten massiver Inflation, in Zeiten, in denen die
Menschen tagtäglich mit den Energiepreisen
zu kämpfen haben, als Regierung die Preise künstlich noch einmal
zusätzlich erhöht und somit die Inflation und die Teuerung
anheizt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der
SPÖ.) Das ist ein falscher Lenkungseffekt.
Was wir immer schon kritisiert haben und was sich leider
auch in der jetzigen Gesetzesvorlage nicht verändert, ist die
Betrachtung des Klimabonus auf Basis der Postleitzahl. Das ist aus unserer
Sicht schlicht und einfach
falsch und beinhaltet überhaupt keine soziale Berücksichtigung in
dieser Frage. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel aus meinem Bezirk bringen:
Drei
Gemeinden liegen da unmittelbar nebeneinander. Kottingbrunn: Klimabonus
150 Euro; Enzesfeld-Lindabrunn: Klimabonus für jede Bürgerin und
jeden Bürger 150 Euro; Leobersdorf: Klimabonus für jede
Bürgerin und jeden Bürger 185 Euro.
Jetzt ratet einmal, wo der Bahnhof ist, von dem alle aus
diesen drei Gemeinden fortfahren! (Abg. Schwarz: Es geht nicht nur um
den Bahnhof! Es geht auch
um ...!) – Nicht in Kottingbrunn, nicht in
Enzesfeld-Lindabrunn, sondern in Leobersdorf, dort, wo die Menschen den
höchsten Klimabonus bekommen.
Dort müssen alle hin, damit sie mit der Bahn fortfahren können.
(Abg. Weratschnig: PV ist nicht nur Bahnhof! PV ist nicht nur
Bahnhof!)
Solche Beispiele gibt es viele. Und ich weiß, dass es
nicht nur ums Bahnfahren geht und dass es um mehr geht (Abg. Schallmeiner:
Warum sagst du das
dann?), aber es geht auch darum. Es geht in dieser ganzen Frage auch um
Mobilität. (Abg. Weratschnig: Um die gesamte
Mobilität!) Es geht auch darum, ob
die Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, mit öffentlichen
Verkehrsmitteln fortzufahren, oder ob sie eben erst mit dem Auto irgendwo
hinfahren müssen, damit sie von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln
fortfahren können. So ist nämlich der ländliche Raum. Das ist
nämlich das Problem, glaube ich,
das man oftmals nicht berücksichtigt: dass es im ländlichen Raum ganz
einfach andere Voraussetzungen gibt. Das löst die Betrachtung alleine der
Postleitzahl leider gar nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Ein Nebensatz noch, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil meine Redezeit schon aus ist, aber das möchte ich hier herinnen den Regierungsparteien nicht ersparen – Kollege Schwarz hat es eh auch selbst ange-
sprochen –: Wenn man die CO2-Bepreisung so gestaltet, dass die Mieterinnen und Mieter, die ja keinen Einfluss darauf haben, welches Heizsystem in dem Haus, in dem sie wohnen, vorhanden ist, am Ende des Tages die Zeche zahlen, dann ist das falsch und auch keine Sozialpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
18.02
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute die Erhöhung des Klimabonus, der im Herbst an alle Menschen, die in Österreich leben, ausbezahlt wird.
Ich habe schon Kollegen Rauch von der FPÖ gehört, der
sich wieder davor fürchtet, dass, wie er sagt,
„Scheinasylanten“ den Klimabonus ausbezahlt bekommen. Ich
möchte hier schon klarstellen: Der Klimabonus wird an alle Menschen
ausbezahlt, die sich rechtmäßig in Österreich
aufhalten – damit
das klargestellt ist. – Ganz ehrlich, Herr Kollege Rauch von der
FPÖ,
es ist ein bisschen erstaunlich, mit welcher bösartigen Kreativität
Sie es wirklich schaffen, bei jedem Gesetz, das wir hier behandeln, Menschen
gegeneinander aufzuhetzen, egal worum es geht. (Beifall bei den
Grünen. –
Abg. Rauch: ..., weil es ein Blödsinn ist!)
Meine Damen und Herren, der
Klimabonus ist das Geld, das durch den CO2-Preis eingenommen wird
und das wir rückverteilen. Ich kann mich noch
gut erinnern: Als wir über die ökosoziale Steuerreform, über die
Einführung eines CO2-Preises gesprochen haben, da haben sehr
viele Menschen angezweifelt, dass wir das wirklich machen werden und dass wir
wirklich die Einnahmen an die Bevölkerung rückverteilen. Wir haben
mit diesem Gesetz unser Versprechen gehalten. Jeder einzelne Cent,
der mit dem CO2-Preis eingenommen wird,
wird über den Klimabonus an die Menschen zurückverteilt. (Beifall bei den Grünen.)
Mehr noch: Die Rückverteilung der Einnahmen entspricht ja dem Sockelbetrag – das ist das, was alle bekommen, das sind die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Der Regionalbonus, der darüber hinausgeht, wird vor allem aus zusätzlichen Budgetmitteln gedeckt. So kommt es, dass die meisten Menschen – Kollege Schwarz hat es angesprochen –, die den Klimabonus erhalten, wesentlich mehr Klimabonus erhalten, als sie CO2-Preis zahlen.
Noch zur sozialen
Gerechtigkeit – wir haben das auch im Ausschuss besprochen –:
Der viel zitierte – unter Anführungszeichen –
„kleine Mann“ und die viel zitierte „kleine Frau“ haben
auch einen kleinen CO2-Fußabdruck. Die
reichsten 10 Prozent haben mindestens vier Mal so viel CO2-Emissionen
wie die ärmsten 10 Prozent, und sie zahlen deswegen auch mehr. Alle
bekommen
aber den gleichen Klimabonus ausbezahlt, und deswegen ist das so ein gerechtes
System: weil es das Klima schützt, aber auch einen sozialen Ausgleich
schafft. (Beifall bei den Grünen.)
Der CO2-Preis soll
die Menschen motivieren, auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, weil
das das Klima schützt. Er soll also motivieren, aber er
soll die Menschen auch nicht überfordern. Und wer das Klima mehr
schützt, dem bleibt auch mehr Klimabonus übrig.
Nun sagen viele –
ich habe das heute immer wieder gehört –: Jetzt haben wir die
Inflation, jetzt muss man das abschaffen! – Das sagt die FPÖ,
aber das sagt
leider auch immer wieder die SPÖ. (Abg. Herr: Aussetzen! –
Abg. Rauch:
Das ist ... die Realität! Das ist die Realität! Die
SPÖ ...!) Für die SPÖ –
die ist ja eigentlich immer für Klimaschutz – ist immer gerade
ein schlechter Zeitpunkt.
Liebe Julia Herr, ihr wart immer schon gegen eine CO2-Bepreisung. Du warst eine Ausnahme, aber ihr habt mittlerweile schon mehrere Anträge zur
Aussetzung des CO2-Preises eingebracht. Ich finde das schade und
auch fachlich falsch. Nur weil Kollege Rauch immer wieder sozusagen dieses
Märchen
erzählt, dass es der Klimaschutz ist, der schuld an der Teuerung ist, wird
es nicht weniger falsch. Es wird nicht weniger falsch. (Abg. Rauch:
Die Grünen sind
schuld! Die Grünen sind mit ihrer Steuerpolitik schuld!)
Die Wurzel unseres Problems ist, dass wir aufgrund hoher Gaspreise
eine fossile Inflation haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg.
Rauch), und der CO2-Preis
mit dem Klimabonus ist eine wesentliche Maßnahme, mit der wir an
dieser Abhängigkeit, an der Wurzel dieses Problems arbeiten. Das
heißt, nicht trotz der Inflation ist dieses System so gut, sondern eben
weil es dieses
Problem gibt, haben wir einen Klimabonus mit CO2-Preis. (Beifall
bei den Grünen.)
Wir können sowieso nicht so wie bisher weitermachen.
Wir sehen die dramatischen Folgen der Klimakrise in Österreich. Letzte
Woche ist gerade wieder ein halber Berg in sich zusammengebrochen, weil ja
nicht nur
die Gletscher verschwinden, sondern auch der Klebstoff in den Alpen, der
Permafrost, auftaut und uns die Berge mittlerweile um die Ohren
fliegen.
In New York – vielleicht haben Sie die Bilder
gesehen – bricht aufgrund der Waldbrände in Kanada das halbe
öffentliche Leben zusammen, weil
die ganze Stadt in eine dichte, giftige Rauchwolke gehüllt ist.
Der CO2-Preis, den wir eingeführt
haben – und ich halte das für eine historische Tat, die wir da
letztes Jahr geschafft haben –, ist – ich betone
das – nur
einer der vielen wesentlichen Schritte, um für unsere
Energieunabhängigkeit, aber auch für Klimaschutz zu sorgen. Der
Klimabonus ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass, so wie wir immer
Klimaschutz betreiben, Klimaschutz und sozialer Ausgleich Hand in
Hand gehen, weil es keine Klimagerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit gibt. –
Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
18.07
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte.
Abgeordneter
Maximilian Linder (FPÖ): Frau
Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und
geschätzte Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer!
Die FPÖ ist klar gegen das Klimabonusgesetz, weil wir grundsätzlich
die Umverteilung verurteilen und nicht mittragen wollen. Wir sind deshalb ganz
klar für die Abschaffung der CO2-Steuer und des Klimabonus.
In Österreich brauchen viele Leute im ländlichen
Bereich das Auto zum Arbeiten, weil sie anders nicht zur Arbeit kommen
können. Genau das verteuern wir
mit der CO2-Steuer.
Dass dieser Klimabonus bei der Umverteilung natürlich
auch den Asylanten zugutekommt, Kollege Hammer, wird nicht von uns
geschürt, sondern
das ist das, was uns die Leute draußen sagen, das ist das, weswegen die
Leute mit so einem Hals durch die Gegend laufen und sagen: Es kann nicht
sein, dass die Menschen, die in einem geschützten Bereich leben, die
ohnehin vom Staat ausgehalten werden, noch zusätzlich den Klimabonus
kriegen!
Es geht nicht darum, dass wir das schüren, sondern das ist das, was wir
draußen von vielen Menschen hören. Wenn all jene, die das
kritisieren, FPÖ-Wähler wären, dann wären wir ganz
glücklich, weil das weit mehr sind. Aus
allen Parteien kommen die Leute, die das kritisieren. (Beifall bei der
FPÖ.)
Es hat mir gutgetan, dass alle Redner – ob es
Kollege Bernhard von den NEOS war, ob es Kollege Kollross war –
anhand von praktischen Beispielen aufzeigen, wie dieser
Regionalausgleich beim Klimabonus überhaupt nicht zusammenpasst, dass
da einfach Unklarheiten da sind. Deshalb möchte ich auch
das Beispiel meiner Heimatgemeinde bringen.
Afritz am See ist eine langgezogene Gemeinde über 4 Kilometer; vielfach ist die Besiedelung rechts und links am Berg oben. Das ist aber seit Jahrhunderten gewachsen, es ist kein Raumordnungsfehler der letzten 30, 40, 50 Jahre. Die
Entfernungen sind so, dass ein Einkaufen, ein Arztbesuch, der Besuch der
Schule, des Kindergartens, der Kindertagesstätte, ein Besuch der Gemeinde
oder der Freizeiteinrichtungen nur mit dem Auto möglich sind. Du hast keine
Chance, irgendwie anders zu diesen Einrichtungen zu kommen.
Afritz ist aber, wie gesagt,
ein langgezogener Ort über 4 Kilometer, deshalb haben wir viele
Bushaltestellen. Das Ergebnis ist, dass wir Klimabonuskategorie 3
sind, unsere Bürger 185 Euro bekommen. Die
Nachbargemeinde – ich will nicht neidisch sein – hat es
wesentlich näher zum nächsten
Zentrum Radenthein, hat ein konzentriertes Ortsgebiet und dadurch weniger
Bushaltestellen, man hat aber die gleichen Buslinien. Der Bus fährt
durchs Tal durch, da hört keiner an der Gemeindegrenze auf. Wir sind alle
an den gleichen Bus angebunden, und die haben Klimabonuskategorie 4
und kriegen 220 Euro. (Abg. Schwarz: Es gibt Zehntausende solche
Beispiele! ...!)
In Wernberg, einer
Speckgürtelgemeinde mit einer Bombeninfrastruktur,
mit vielen Buslinien, mit einem Bahnhof und einer ganz kurze Strecke nach Villach
ins Zentrum, kriegt man 220 Euro.
Liebe Frau Minister, liebe
Kollegen, diese fehlerhafte Verteilung des Regionalbonus muss
überarbeitet werden. Das ist ja nicht etwas, das nur wir alleine
haben. Nahezu jeder zweite Redner hat heute auf ein Beispiel Bezug genommen,
bei dem es Fehler und Unklarheiten gibt.
Deshalb noch einmal: Die Menschen, die zur Arbeit fahren, dürfen nicht mit der CO2-Steuer bestraft werden. Wir müssen es schaffen, in diesem Fall eine gerechte Verteilung des Regionalausgleichs zu schaffen, sonst wird dieser Klimabonus in der Bevölkerung nie Akzeptanz finden. (Beifall bei der FPÖ.)
18.12
Präsidentin
Doris Bures: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Ernst
Gödl. – Bitte.
18.12
Abgeordneter
Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau
Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus!
Geschätzte Damen und Herren zu Hause! Es wurde schon vieles über den
Klimabonus und über seine Neuausgestaltung gesagt. Ich
möchte als ein Vertreter eines Bezirkes, in dem drei verschiedene Stufen
des Klimabonus spruchreif sind, ganz klar sagen: Ja, es ist wichtig und
richtig, dass
wir eine Regionalisierung vornehmen, denn tatsächlich finden wir gerade hinsichtlich
der Anbindung an den öffentlichen Verkehr nicht in allen Gemeinden
die gleichen Voraussetzungen.
Sie wissen es ganz genauso (in Richtung Bundesministerin
Gewessler), Sie kommen ja auch aus demselben Bezirk. Sankt Marein, Ihre
Heimatgemeinde, in der
Sie aufgewachsen sind, ist etwa eine Gemeinde mit der Kategorie 4, weil
dort zwar der Zentralort durchaus nicht so schlecht an den öffentlichen
Verkehr angebunden ist, aber viele Nebenräume, viele
Streusiedlungen tatsächlich einen erhöhten Bedarf an Individualverkehr
haben und damit natürlich
auf ein Auto, auf ein Fahrzeug, auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen
sind.
Diese Differenzierung zwischen städtischen Räumen,
zwischen Ballungsräumen und ländlichen Räumen vorzunehmen ist
richtig, weil wir uns ausdrücklich
dazu bekennen, dass ländliche Räume auch in Zukunft bevölkert
sein sollen. Es sollen dort ja auch in Zukunft Menschen wohnen. –
Das ist das eine.
Die Österreichische Volkspartei hat sich immer ganz
stark zum Klimaschutz bekannt. Die ökosoziale Marktwirtschaft war
übrigens schon ein Steckenpferd der vergangenen Jahrzehnte,
um eben auch ökosoziales Handeln ganz klar in den Mittelpunkt zu stellen,
daher sind wir auch besonders stolz, dass wir
diese Steuerreform zustande gebracht haben.
Es wäre im Sinne der NEOS durchaus denkbar, mitzugehen, denn wir schaffen mit dem Klimabonus ein Anreizsystem. Wenn ich mich klimafreundlicher verhalte, habe ich quasi einen positiven Gewinn; das Gegenteil davon ist der Fall,
wenn ich mich nicht so
klimafreundlich verhalte. Das macht durchaus Sinn
und ist auch, denke ich, eine durchaus liberale Idee. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ganz besonders wichtig für
den Klimaschutz ist natürlich auch die Ausstattung mit Infrastruktur. Dazu
kann ich sagen, dass gerade in der Steiermark in
den letzten Jahren viel passiert ist. Wir haben in den vergangenen Jahren und
auch besonders in diesem Jahr ganz viele neue Buslinien installiert. Wir
haben erst vor Kurzem in Kumberg, auch in der Nähe von unserem Bezirk,
einen großen Busbahnhof eröffnet. Wir wollen diesen
öffentlichen Verkehr also
ganz klar verstärken.
Ich selbst wohne ganz in der
Nähe von zwei Großbaustellen; die eine davon ist die Koralmbahn. Die
Baustellen von heute sind die Beschlüsse von gestern
und vorgestern. Sie sind die Klimapolitik und die Klimazukunft, denn die Koralmbahn
macht es dann möglich, dass wir den südlichen Raum Österreichs
von
Graz, Steiermark bis Kärnten komplett neu erschließen. Und diese
maßgeblichen Entscheidungen sind vor 20, 30 Jahren von verschiedenen
Regierungen gefallen. Es war ganz besonders unsere damalige
Landeshauptfrau Waltraud Klasnic und es war ein Landeshauptmann Jörg
Haider in Kärnten, die damals durchgesetzt haben, dass der südliche
Raum nicht weiterhin in der Erschließung des öffentlichen Verkehrs
benachteiligt ist. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Daher
wurde auch viel Geld in die Hand genommen.
Just in dieser Woche fand die
erste Durchfahrt durch den Koralmtunnel statt, ein Meilenstein in der
Verkehrspolitik. Frau Voglauer wird sich auch
freuen, wenn sie in Zukunft noch viel schneller mit dem Zug von Kärnten
nach Wien fahren kann. In zwei Jahren soll es dann so weit sein. Es ist also
auch ein Meilenstein im Sinne einer guten Klimapolitik.
Ich habe auch noch eine zweite Baustelle vor meiner Haustür, das ist der Güterterminal; da feiern wir nächste Woche 20 Jahre. Vor 20 Jahren haben wir
in der
Nähe von Graz, südlich von Graz, einen Güterterminal
eröffnet, damals auch ein Meilenstein in der Politik. Daran war
gleichfalls wieder Landeshauptfrau Waltraud Klasnic maßgeblich beteiligt.
Wir wollten damals – und tun das auch heute sehr aktiv –
nämlich den Gütertransport, wo es
nur geht, auf die Schiene verlagern. Derzeit arbeiten wir gerade an der
zweiten, riesigen Ausbaustufe. Der Güterterminal hat sich so gut
entwickelt, dass
wir dort einen zweiten Güterbahnhof bauen und brauchen, um die vielen Produktionsströme
gut abwickeln zu können.
Meine geschätzte Frau
Ministerin, es ist meine wirklich große Bitte, dass Sie sich das vor Ort
anschauen, und Sie wissen, worauf ich jetzt hinauswill. Ein Güterterminal
braucht, damit er gut funktioniert, eine optimale Anbindung an das
Straßenverkehrsnetz, weil ein Güterterminal logischerweise sehr viel
Lkw-Verkehr produziert. Es müssen ja die Rohstoffe, die zur Produktion mit
dem Zug hingebracht werden, dann zu den Firmen abtransportiert werden, und die
fertigen Güter werden wieder zum Güterterminal gebracht und dort
verladen. Das heißt, wir haben einen enormen Verkehrserreger vor Ort, der
auch bedingt, dass wir eine gute Anbindung haben. Daher mein Appell
im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger, die in diesem Raum wohnen:
Bitte, Frau Ministerin, schauen Sie sich das an! Wir brauchen
dringend die dritte Spur auf der A 9 in diesem Bereich, um den
Güterterminal besser auszustatten, um diesem
Projekt Güterterminal wirklich zum Erfolg zu verhelfen! (Beifall
bei der ÖVP.)
Zu guter Letzt noch eine Bitte
im Sinne des Individualverkehrs: Schauen Sie sich Ihre eigene Situation in
Sankt Marein an: Sie sind in Holzmannsdorf aufgewachsen, einem kleinen
Dorf in Sankt Marein. Dort kann man vieles
zu Fuß Richtung Bushaltestelle, Richtung Schule erreichen. Es gibt aber
auch
in Ihrer Umgebung Dörfer und Orte, wie zum Beispiel die Buschenschank Schellauf
in Graberberg, die man nur mit einem Auto erreichen kann.
Für einen aktiven und
vitalen ländlichen Raum werden wir jedenfalls
immer Individualverkehr benötigen. Wir müssen diesen dekarbonisieren,
da sind
wir uns einig. Hüten wir uns aber davor, vorzuschreiben, worin die
Forschung bestehen soll, hüten wir uns davor, vorzuschreiben, in
welche Richtung es gehen soll. Lassen wir die Forscher forschen, lassen wir
Innovation zu,
lassen wir alle Möglichkeiten zu, auch ganz im Sinne unseres
Bundeskanzlers, wie er es in der Kanzlerrede angekündigt hat: eine
Technologieoffenheit,
sodass in jede Richtung geforscht werden kann! Wir brauchen für vitale
ländliche Räume auch in Zukunft Individualverkehr und dazu eine
Offenheit für den
Weg, wie wir dort hinkommen. – Das wäre meine Bitte auch im
Interesse jenes Raumes, in dem Sie aufgewachsen sind.
In diesem Sinne: Beschließen wir jetzt ein gutes Klimabonusgesetz, aber mit der großen Bitte, im Klimaschutz auch noch weitere positive Schritte zu setzen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bernhard.)
18.18
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man hier den Rednern zuhört, hat man das Gefühl, dass auch die geringe Wertschätzung des Steuergeldes ein bisschen zutage kommt.
Ich muss zu meinem Vorvorredner Max Linder noch
ergänzen, dass wir diesem Gesetz schon alleine deshalb nicht zustimmen,
weil es Ihr Haus und Sie
nicht schaffen, den Klimabonus zu verteilen. Sie sind fern aller Ethik hergegangen
und haben 2022 verurteilten Straftätern – es waren immerhin
17 000 – 500 Euro Klimabonus ausgeschüttet. (Zwischenruf
bei der ÖVP.) Jetzt habe ich den grünen Vorrednern Lukas Hammer
und Jakob Schwarz
genau zugehört, und sie sagen beide, der Klimabonus sei dazu da, die CO2-Bepreisung abzufedern. Frau Bundesminister,
jetzt frage ich Sie: Wenn Sie
eine Straftat verübt haben und in einem österreichischen
Gefängnis in Haft sitzen: Welche CO2-Bepreisung
zahlen Sie? – Keine!
Was Sie gemacht haben, war eigentlich nichts anderes, als
8 Millionen Euro Steuergeld einfach zu verprassen (Abg. Zarits: Das
stimmt ja nicht!) –
das zahlen weder Sie noch Ihr Haus noch der Grüne Klub und auch nicht die
ÖVP – und den Klimabonus 2022 einfach so salopp an verurteilte
Straftäter auszuzahlen, so nach dem Motto: Ist ja nicht mein
Geld.
Da können natürlich auch die Kollegen Hammer und Schwarz hier heraußen recht gescheit reden, denn wenn das Geld nicht ihres ist, sondern Steuergeld, dann tut man sich da sehr, sehr leicht. Was Sie aber nicht geschafft haben: Seit 2022 warten noch immer brave österreichische Steuerzahler auf ihren Klimabonus, circa 1 000 warten. Das heißt, Sie und Ihr Haus können es nicht. Das sage jetzt nicht ich, Frau Bundesminister, aber wenn Sie dort hinaufschauen, steht dort vielleicht schon der Volksanwalt, und die Volksanwaltschaft sagt, dass das nicht funktioniert hat und dass bei ihnen in der Volksanwaltschaft 2022 viele Beschwerden eingegangen sind.
Ich lese Ihnen auch noch kurz etwas vor. Es haben sich auch
etliche Bürger an uns gewendet und uns
auch geschrieben, warum sie den Klimabonus 2022
nicht erhalten haben. Weil Kollegin Feichtinger bei ihrer Rede gesagt
hat, alle haben keinen Computer oder Onlinekenntnisse, ist mir noch wichtig:
Nein, das klappt auch nicht, wenn sie Onlinekenntnisse und einen Computer
haben, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPÖ. Denn da hat ein Herr
aus dem Weinviertel geschrieben – erste Nachricht an den Klimabonus,
da kriegt man eine Ticketnummer –: Sehr geehrte Damen und Herren!
Nach mehrmaligem Intervenieren habe ich bis heute keinen Klimabonus
erhalten. Meine Daten sind richtig bei Finanzonline hinterlegt. Es hieß,
im Frühjahr 2023
bin ich im nächsten Lauf dabei. Der April ist nun fast vorbei –
Zitatende –, immer noch hat er das Geld nicht gekriegt.
Er hat dann ein zweites Mail geschrieben, er hat sie telefonisch
kontaktiert. (Abg. Feichtinger: Ja, aber wir haben das eh auch
aufgezeigt!) – Ja, ja, eh, aber du
hast gemeint, das sei der Fall, wenn man älter ist und keine Kenntnisse
hat. (Abg. Feichtinger: Na nicht nur! Verschiedene Sachen!) Der
hat das aber. Er hat
Mails geschrieben, er hat angerufen, nur die Frau Bundesministerin und ihr Haus waren nicht fähig, endlich Zahlungen zu leisten.
Laut Volksanwaltschaft warten noch 1 000 Leute auf
die Auszahlung, aber man hat 2022 das Steuergeld an
17 000 verurteilte Straftäter verteilt – natürlich mit Duldung
dieser ÖVP, das muss man auch sagen; denn auch der ÖVP ist das
natürlich nichts wert, die denken auch nicht mehr darüber nach, was
sie mit dem Steuergeld machen. Da kriegen es natürlich auch verurteilte
Straftäter. Das ist ja überhaupt keine Frage, es ist ja nichts
wert. (Abg. Weratschnig: Gescheit hineintreten!)
Herr Stocker schmunzelt
jetzt. Er muss es ja auch nicht zahlen, auch nicht
aus seiner Klubkassa. Da kann man das leicht verteilen; aber habt ihr euch Gedanken
darüber gemacht, dass man, wenn man heute im Gefängnis sitzt,
einfach überhaupt keinen Beitrag zum Klimaschutz leistet? –
Nein, das habt ihr überhaupt nicht bedacht gehabt. (Abg. Weratschnig:
Nur neidgesteuert! Unglaublich! Unfassbar!)
Ihr habt so vieles nicht bedacht, darum verliert ihr auch
alle Wahlen. Das ist ganz klar. Das hat die Bevölkerung schon
überrissen, dass ihr da komplett
schwach übersetzt seid. Ihr seid mit euch selber beschäftigt, und das
ist es, aber Politik für die Menschen: null! Null und nichtig, und dann
kommt so etwas heraus: 8 Millionen Euro. Ja, da kann man nur den Kopf
schütteln, denn ihr zahlt es ja nicht. Freilich, die Steuerzahler zahlen
es! (Abg. Prinz: Schönen
Gruß von Ibiza!) Denen zieht es der Finanzminister ab, und die
dürfen es zahlen! Frau Gewessler verteilt es und verteilt es auch
ungerecht, und ihr schaut
zu und lacht. – Das ist alles. (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Weratschnig: Ihr tretet nur nach unten!
Unglaublich! Nur nach unten treten!)
18.23
Präsidentin
Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen
und Herren Abgeordnete, ich mache Sie nur darauf aufmerksam, dass wir ein
technisches Gebrechen
oder Problem mit der elektronischen Redezeiterfassung haben. Daher stimmt
das
auf Ihren Bildschirmen nicht. Wir werden das aber händisch machen.
Für die Abgeordneten selbst kann ja ich die Redezeit einstellen. Das
funktioniert noch.
Herr Abgeordneter Franz Hörl, Sie gelangen zu Wort. Ich
stelle Ihnen die freiwillig gewählte Redezeit von 4 Minuten ein.
(Abg. Rauch: Endlich ein
gescheiter Redner!) – Bitte.
Abgeordneter
Franz Hörl (ÖVP): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! In Anlehnung an meinen
Kollegen Gödl hätte ich auch einen Wunsch:
Die Autobahnauffahrt Kreuz Wiesing zwischen Zillertal und Achental ist mit dem
Brettfalltunnel nach der Südosttangente wahrscheinlich das am meisten frequentierte
Verkehrskarussell. Sie können nichts dafür, aber in Ihrem Ministerium
gibt es ein paar, die das bremsen. (Abg. Schallmeiner: Ist heute
Sprechstunde
der Ministerin?) Wir haben uns mit der Asfinag geeinigt, und wir
bräuchten da Ihre Unterstützung, genau wie ich sie auch bei der
Zillertalbahn brauche.
Frau Bundesminister, ich wollte nur diesen Wunsch loswerden, denn wir kämpfen
in Tirol schon sehr, sehr lange darum, dass wir da eine vernünftige Auffahrt bekommen.
Herr Kollege Lausch, du kannst dich abregen: Die Straftäter sind draußen, also sucht euch ein anderes Thema, bei dem ihr euch ständig aufregen könnt!
Ich denke, dass auch dieses Thema Umwelt mit dem
Klimabonusgesetz an das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz –
ein kompliziertes Wort ‑, das wir heute früh beschlossen haben
und bei dem benachteiligte Familien eben diese 60 Euro pro Kind und
bis Ende des nächsten Jahres somit 1080 Euro bekommen, und
an die Verdoppelung der Spenden von Licht ins Dunkel mit noch einmal
14,5 Millionen Euro nahtlos anschließt. Auch dabei geht es
nämlich um Entlastungsmaßnahmen für die Bevölkerung.
Übrigens haben wir – hat diese Regierung, hat dieses
Parlament – im vergangenen
Jahr über 40 Milliarden Euro an Entlastungs- und Hilfspaketen beschlossen,
um
Familien, Haushalte und Unternehmen zu entlasten – bei
Unternehmen natürlich auch die Arbeitsplätze. Das wird ja
gerade von dieser Seite (in
Richtung SPÖ weisend) auch immer wieder vergessen.
Es waren vielfältige Maßnahmen: Einmalzahlungen,
Energiezuschüsse, eine ökosoziale Steuerreform,
Pensionserhöhungen, die Abschaffung der
kalten Progression, die stufenweise Senkung der Körperschaftsteuer, die
Absenkung der unteren Einkommensstufen. Wie in keinem anderen Land in Europa
wurde gezielt und umfangreich reagiert und den Menschen und Betrieben
spürbar durch die Krisen geholfen. (Zwischenruf des
Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)
Zur Erinnerung: Wir geben 50,7 Milliarden Euro, also
fast 50 Prozent des Budgets, für Soziales aus, und Sie (in
Richtung SPÖ) kommen daher und sagen, wir sind gegen die Menschen. Wir
sind ein Sozialstaat mit enormen Ausgaben, und Sie tun so, als
würden wir hier die Leute verarmen lassen. (Beifall bei der ÖVP.) Das
ist Theater, was Sie machen! (Abg. Herr: Sie haben gerade
gegen eine Jobgarantie gestimmt! 300 000 armutsbedrohte Kinder!) –
50 Prozent des Budgets gehen in Soziales. (Abg. Herr: 300 000 armutsbedrohte
Kinder!) – Ja, gut, es nutzt nichts, Ihnen werden
wir das sowieso nicht beibringen. Mit Zählen und Zusammenzählen haben
Sie sowieso Probleme. (Heiterkeit
und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Und haben Sie
Ihre Förderung, die Sie von der Cofag bekommen haben, schon
zusammengezählt? Haben Sie die Bilanz 2021 schon abgegeben?
Wie viel Geld haben Sie gekriegt, wenn Sie so gut
im Zählen sind?)
Dieser Klimabonus war ein gewaltiger Aufwand, Frau Bundesminister: die Art und Weise, wie er bei über 8,6 Millionen Berechtigten abgerechnet wurde. Ich denke, diese Abwicklung war hervorragend. Jeder, der sich jetzt wundert, warum er heuer weniger Geld bekommt: Letztes Jahr wurden 500 Euro ausbezahlt. Das waren der Klimabonus und der Antiteuerungsbonus. Das ist heuer nicht der Fall. Die Summe wird also zwischen 110 und 220 Euro betragen. (Abg. Wurm: Zu wenig!)
An der Diskussion, wer anspruchsberechtigt ist, werde ich mich nicht beteiligen. Ich sage nur: Es sind keine Gäste – nicht die Gäste, für die ich als Tourismussprecher verantwortlich bin. Deren Aufenthalt dauert nur 3,5 Tage. Es sind also nicht die 183 Tage, keine Sorge. Der Tourismus, Frau Bundesminister – das darf ich immer wieder betonen – ist jene Sparte in dieser Republik, die den höchsten Anteil an erneuerbaren Energien hat. (Abg. Herr: Direkt klimaneutral!) Über Seilbahnen rede ich gar nicht, weil wir schon völlig auf elektrische Energie umgestellt sind.
Ist Kollege Matznetter noch
hier? – Nein, schon abgedampft. Herr Kollege Matznetter hat sich letztens ja so aufgeregt, dass wir in Wien bei den
Straßen Unterschiede machen: Einmal sind es 100 Euro,
auf der anderen Seite bekommt man schon 150 Euro. –
Auch da hat man nachgebessert. Alle Wiener, die außerhalb des
Gürtels wohnen – also auch Herr Matznetter –,
bekommen 40 Euro mehr. (Abg. Krainer: Stimmt ja gar nicht!
Favoriten nicht! Sie haben ja keine Ahnung, wo der Gürtel
ist! – Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Ich denke, alle
Außenbezirke, Floridsdorf, Donaustadt, Simmering,
Döbling – nicht gerade ein armer Bezirk –,
Währing und Liesing, bekommen einen höheren Bonus.
Auch das wurde also repariert. (Abg. Wurm: Döbling kriegt mehr!)
Wichtig ist aber –
und das finde ich schon –, dass die Bewohner der ländlichen
Regionen, die ja in den abgelegenen Tälern oder auf den Bergen wohnen,
eben nicht im Fünf-Minuten-Straßenbahntakt oder mit der U-Bahn
bequem ins Büro fahren können, beispielsweise jene aus meiner Heimat
Hochfügen.
(Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Mit der Seilbahn vielleicht!) Sie
brauchen ein Auto, damit sie nach Fügen kommen. Dann müssen sie in
die Zillertalbahn umsteigen, die leider noch mit Diesel fährt.
Wir könnten schon
Wasserstoff haben. Frau Bundesminister, da brauche ich Ihre Hilfe, weil der
Innovationswille in diesem Land unterschiedlich verteilt ist.
Alle reden von Wasserstoff. Man kann das auch ruhig im Regierungsprogramm der
Bundesregierung und auch im Regierungsprogramm des Landes Tirol
stehen haben, und es wird immer noch diskutiert. Ich hoffe aber, es geht mit Ihrer Hilfe, Frau Bundesminister, dann der Wende zu.
„Der Standard“
schreibt heute, dass die Idee, eine CO2-Steuer einzuheben und dann
die Einnahmen aus der Bepreisung von CO2-Emmissionen über
den Klimabonus als Steuerungselement wieder zurückzugeben, ein
europäisches Pionierprojekt sei. Also
ich denke, in Deutschland diskutiert man darüber –
und wir haben es umgesetzt. Ich glaube, das verdient auch einen gewissen
Respekt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wurm: Nein!
Franz, was ist los mit dir?
Bist du irre? Was erzählst du da?)
Kollege Schwarz hat auch
ausgeführt, dass es derzeit ja nur die Besserverdienenden betrifft.
Der Großteil der Bevölkerung macht sogar ein Geschäft, weil
der Klimabonus höher ist als die CO2-Bepreisung. (Abg. Rauch:
Geh, Franz, bitte! Du bist ja ein Wirtschaftler! Du kannst ja
rechnen! – Neuerlicher Zwischenruf
des Abg. Wurm.)
Dann hätte ich aber noch
etwas, das ich schon auch einmal hier im Parlament sagen wollte: In den letzten
zwei Tagen war in Innsbruck Chaos, weil sich
die Letzte Generation auf die Straße setzt. Ich denke, die Letzte
Generation – so sehe ich es – ist die erste, die in einem
von der Menschheit bis dato nicht erlebten Wohlstand aufwächst und die mit
ihren Blockaden und Klebeprotesten Menschen, die für diesen Wohlstand
arbeiten, täglich behindert, sekkiert
und ihnen das Leben erschwert. (Beifall der Abgeordneten Rauch und Wurm.)
Ich habe der Reihe nach Anrufe bekommen, dass Familien, die ihre Kinder
zur Schule bringen müssen und dann zur Arbeit müssen, zu spät
gekommen sind.
Ich hatte vorgestern eine Wasserrechtsverhandlung in Gerlos, und drei oder vier Beamte sind gar nicht aufgetaucht, weil sie nicht aus Innsbruck hinausgekommen sind. Ich fordere diese Leute auf, dass, wenn sie demonstrieren und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstration, das ihnen unbenommen ist, ausüben wollen, sie sich auch an die Regeln halten, das heißt, ord-
nungsgemäß
eine Anmeldung durchführen, wo und wie die Protestaktionen stattfinden.
Auch das kann man erwarten. (Beifall bei der ÖVP sowie
der Abgeordneten Deimek und Spalt.)
Ich denke, wenn Universitätsprofessoren die Klimaprotestaktionen unterstützen, dann sollen sie mit ihrer Intelligenz darüber nachdenken, wie man Demonstrationsmöglichkeiten findet, mit denen man die freie Meinungsäußerung so darbringt, dass man Menschen, die zur Arbeit müssen, nicht stört. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
18.30
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister!
Werte Kollegen im Hohen Haus! Liebe Zuseher hier auf der
Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Zu Beginn möchte ich
Ihnen, Frau Bundesminister, und auch der Bundesregierung Danke sagen. Heute
ist, glaube ich, ein Freudentag für alle Kosovaren in Österreich. Mit
der zukünftigen Anerkennung kosovarischer Führerscheine ist ein
ganz großer Schritt gelungen. Vielen, vielen Dank, dass das möglich
gemacht worden ist. Für viele Berufsgruppen, für viele Kosovaren, die
hier in Österreich leben, ist damit das Leben massiv
erleichtert worden. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
Ich habe heute in der Früh mit einem Berufspendler aus meinem Wahlkreis, aus Stockerau, gesprochen und ihn gefragt: Was hast du eigentlich vor dem Klimaticket monatlich beziehungsweise im Jahr für das Pendeln bezahlt und was bezahlst du heute? Er hat nachgesehen und siehe da: Er spart sich mit dem Klimaticket jetzt jährlich über 250 Euro. (Abg. Loacker: Die er mit seinen Steuern zahlt!) Dazu kommt noch der Klimabonus von 185 Euro. Durch diese zwei Maßnahmen wird er im öffentlichen Verkehr also um 435 Euro entlastet. Das ist
nicht nur eine wichtige Entlastungsmaßnahme, sondern auch ein Anreizsystem für nachhaltige öffentliche Mobilität. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Drei Punkte zu Klimaticket und Klimabonus: Erstens: Wir entlasten damit die Menschen; zweitens: Klimaschutz durch Anreiz und Förderung; drittens: nachhaltige Mobilität ohne Verbotspolitik.
Geschätzte Damen und Herren, diese drei Punkte zeigen ganz klar und deutlich, dass wir das Beste aus beiden Welten meinen und umgesetzt haben. Aktiver Klimaschutz und ökosoziale Marktwirtschaft gehen sich aus und sind der richtige Weg, der richtige Ansatz. Klimabonus, Klimaticket und CO2-Bepreisung zusammen sind ein durchdachtes Paket und sie sind Bestandteil der größten ökosozialen Steuerreform mit einem klaren Ziel, nämlich bis 2040 Klimaneutralität herzustellen. Das ist nachhaltige Mobilität gemeinsam mit unserer Bevölkerung.
Last, but not least ist der Klimabonus Bestandteil der ökosozialen Steuerreform, mit der wir die Österreicher bis 2025 mit über 18 Milliarden Euro entlasten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
18.33
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend Klimabonusgesetz in 2071 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Jakob Schwarz, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Jakob Schwarz, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 2 und 5 eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Sanierungszwang und zum Verbot von Öl- und Gasheizungen“.
Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Wurm: Wo sind die Vernünftigen? Die Vernünftigen von der ÖVP? – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wir sind im Abstimmungsvorgang.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Michael Bernhard. (Unruhe im Saal.) – Vielleicht entsteht dann wieder ein wenig Ruhe.
Es ist der Antrag des Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 2072 zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3423/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II (2073 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Martin Litschauer
(Grüne): Frau Ministerin! Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Es geht
heute wieder einmal um
das AKW Paks. Es ist an und für sich nicht das erste Mal, dass wir uns
hier darüber unterhalten. Die meisten – ich hole da
vielleicht aus – werden wissen:
Es gibt da ein bestehendes AKW, das im Prinzip schon in einer Erdbebenzone
steht, und Ungarn möchte einen Ausbau machen, der sich allerdings auch
wieder auf einer Erdbebenzone befindet, eigentlich – wie unsere
Geologen und Wissenschafter sagen – auf einer Erdbebenbruchlinie.
Über diese Erdbebenbruchlinie und die Gutachten ist ein
gewisser wissenschaftlicher Streit entbrannt, und auf ungarische Seite
gibt es dahin gehend
aktuell kein Einsehen. Es wurde trotzdem eine Standortgenehmigung für das
AKW erteilt, was im Übrigen interessanterweise nach russischem Recht
gar nicht möglich gewesen wäre, in Ungarn aber schon.
Wir haben die EU-Kommission schon
voriges Jahr mit einer Anfrage beschäftigt und sie hat gesagt: Ja, das
muss man sich genauer anschauen. Ich habe
leider noch nicht nachvollziehen können, dass sich die EU-Kommission das
genauer angeschaut hätte. Das heißt, wir haben dazu noch eine
sehr offene
Frage.
Stattdessen hat die
EU-Kommission jetzt aber die Finanzierungsänderungen der Verträge mit
Ungarn und Russland genehmigt. Dazu muss man wissen: Russland will
dieses AKW nicht nur bauen, sondern auch an dessen Betrieb
und bei der Finanzierung beteiligt sein. Das ist eigentlich ein russisches
AKW-Projekt mitten in Ungarn. Deshalb ist noch weniger nachvollziehbar, dass
die EU-Kommission einerseits für die Finanzierung grünes Licht gibt,
aber auch bei der Genehmigung des Standortes ein bisschen wegschaut.
Jetzt stehen die
Baumaßnahmen, also das Ausheben der Baugrube, unmittelbar bevor und
während dieser Aushebearbeiten wäre es eigentlich notwendig,
dass wir diese Erdbebenbruchlinien ganz genau untersuchen. Das ist das Anliegen,
weil wir da auf wissenschaftlicher Seite bisher keinen Konsens
mit Ungarn gefunden haben und es aber sehr wichtig wäre, dass genau diese
Untersuchungen jetzt stattfinden, dass wir auch vonseiten des Parlaments noch einmal
darauf hinweisen, wie wichtig die Sicherstellung dieser
Daten ist.
Aus diesem Grund habe ich die Initiative für den
Entschließungsantrag, der uns heute vorliegt, gesetzt und habe die
anderen Fraktionen eingeladen. Ich
freue mich, dass der Antrag schon beim Einbringen von mehreren Fraktionen und im
Ausschuss dann im Prinzip von allen Fraktionen unterstützt worden ist. Deswegen
hoffe ich und glaube ich auch, dass wir zu diesem Antrag dann ein einstimmiges
Abstimmungsergebnis bekommen. Ich denke,
wir müssen da ganz intensiv dranbleiben und gemeinsam die Sicherung des
Standortes vorantreiben.
Immerhin geht es da
nämlich um die europäische Sicherheit, und wir
haben ja schon gesehen, wie so etwas in anderen Fällen wie in der Ukraine
und Co schnell auch ausarten kann. Atomkraftwerke sind eine atomare Bedrohung, einerseits
im Falle von Krieg oder Terror, andererseits aber auch im Betrieb –
und da geht es vor allem um den Betrieb –, und diese Bedrohung
wollen wir abwenden.
Das Einfachste wäre
natürlich, aus der Atomkraft auszusteigen und gleich die Energiewende zu
starten. Da richte ich meinen Blick auch ein bisschen
nach Slowenien, dessen Ministerpräsident vor Kurzem hier war und gemeint
hat, Österreich könnte sich doch an der Finanzierung des slowenischen
Atomkraftwerks beteiligen: Ich glaube, wir könnten uns an der
Finanzierung der Energiewende, an Vorhaben der erneuerbaren Energien
beteiligen, das wäre sinnvoll – aber sicher nicht an
AKW-Projekten.
Da sieht man jetzt
beispielsweise in Frankreich, dass EDF verstaatlicht werden musste, und auch in
England muss der Steuerzahler wieder einspringen
und das ausbügeln. Die Atomkraft ist überall unwirtschaftlich
geworden, und daher ist es noch unverständlicher, warum man diese Projekte
nach wie
vor verfolgt.
In diesem Sinne sage ich noch einmal Danke, dass dieses
Anliegen auch von den anderen Fraktionen unterstützt wird. Ich bin
natürlich jederzeit offen, so
etwas gemeinsam zu machen, und ihr wisst, als Antiatomsprecher lade ich immer
alle Fraktionen ein, das auch gemeinsam vorzubereiten. Wenn es Anregungen gibt,
dann bitte gerne wieder her damit, dann machen wir wieder etwas. –
Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie
des Abg. Bernhard.)
18.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.
18.41
Abgeordneter
Robert Laimer (SPÖ): Frau
Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Wir stehen mit Paks II vor einer Bedrohung, die nicht ignoriert
werden darf. Der geplante Bau zweier
neuer Atomreaktoren in Ungarn direkt auf einer aktiven Verwerfungslinie ist
ein fahrlässiges Spiel mit dem Feuer.
Eine aktive Verwerfung ist eine tickende Zeitbombe, zwei tektonische Platten stoßen dabei aneinander und bewegen sich entlang einer Bruchlinie. Die Wahrscheinlichkeit für Erdbeben in einem solchen Gebiet ist hoch, und was bedeutet das? – Es bedeutet, dass nicht nur das Kernkraftwerk selbst gefährdet ist, sondern vor allem auch die damit verbundenen Einrichtungen in einem großen Radius.
Stellen Sie sich einmal vor, was passieren könnte: Ein
starkes Erdbeben erschüttert die Region, und die Blöcke des
Kraftwerkes können dem
nicht standhalten. Die Folgen sind verheerend, ein nuklearer Unfall und eine
Kernschmelze, und das alles im Bereich der unmittelbaren Nachbarschaft. Ein Erdbeben
in der Nähe des Kernkraftwerkes gefährdet außerdem
die Sicherheit der radioaktiven Abfälle, des Atommülls, der dort gelagert wird. Wenn
Lagerstätten beschädigt werden, dann besteht die reale Gefahr einer
Freisetzung von Radioaktivität in die Atmosphäre – die
Folgen
für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Umwelt wären
katastrophal.
Als Sprecher für Landesverteidigung möchte ich aber noch auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Österreich wäre natürlich gezwungen, unverzüglich Katastrophenschutzmaßnahmen einzuleiten, um die Folgen eines solchen Unglücks zu bewältigen. Es ist alarmierend, dass das österreichische Bundesheer, das bereits jetzt mit personellen Engpässen zu kämpfen hat, in einem solchen Szenario als ein Hauptakteur im Katastrophenschutz dienen müsste. Ein Atomkraftwerksunfall in Ungarn würde sämtliche professionelle Sicherheitskräfte zusätzlich belasten und ihre Fähigkeiten, im Katastrophenfall angemessen zu reagieren, erheblich fordern.
Seitens der Regierungsparteien wurde da zu wenig getan, auch auf europäischer Ebene, und zwar zu wenig in der konservativ geführten EU-Kommission durchgesetzt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Offensichtlich wurde da zu
wenig Druck ausgeübt, und das ist angesichts
der Geburtsstunde der Grünen 1978 in Zwentendorf geradezu
verwunderlich, aber anscheinend scheint der Markenkern der Grünen auch da
im Koalitionsbett mit der ÖVP zu schmelzen.
An die Regierung adressiert: Es ist Ihre Pflicht, sich
für den Schutz unseres Landes auf EU-Ebene und auf bilateraler Ebene
einzusetzen. Meine Damen und Herren, wir brauchen entschlossenes Handeln, um
diese Bedrohung abzuwenden. Unserer Umwelt zuliebe darf es keinen
Kompromiss geben,
denn AKWs in Erdbebenzonen sind irrational. – Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)
18.44
Präsidentin
Doris Bures: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Walter
Rauch. – Bitte.
Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister!
Hohes Haus! Wir stimmen diesem Antrag natürlich zu, es gibt ja ein
einhelliges Commitment dazu hier im Hohen Haus, dass wir gegen Atomkraft
geschlossen auftreten, was, glaube ich, ein sehr, sehr wichtiger Punkt ist.
Die Risiken wurden schon aufgezeigt, dass es sich beim Standort des Atomkraftwerks im ungarischen Paks um eine geologische Erdbebenlinie handelt. Das ist natürlich ein sehr, sehr hohes Risiko auch im Hinblick auf Folgeerscheinungen und, und, und, das ist uns allen sehr bewusst.
Wichtig ist aber, dass wir dieses Anliegen auch auf die europäische Ebene tragen. Das ist dann wieder Ihr Part in diesem Bereich (in Richtung Bundesministerin Gewessler), dass dementsprechend auch in der Taxonomie die Atomkraft
nicht als grün bezeichnet wird. Das ist, glaube ich, auch ein wesentlicher Bestandteil unseres Commitments, zumindest gehe ich davon aus.
Es gibt ja noch einen weiteren
Punkt, ich glaube, Kollege Litschauer hat ihn angesprochen: Bei Slowenien ist
es mit Krško ja eine ähnliche oder
fast die gleiche Situation. Auch da bedarf es eines politischen Commitments auf
europäischer Ebene, auch da muss die Bundesregierung entsprechend auftreten und
mit aller Vehemenz den Ausbau von Krško verhindern. Da sind natürlich
auch die Landesregierungen von Kärnten und der Steiermark gefordert,
also jener Bundesländer, die an der slowenischen Staatsgrenze liegen.
Sollte es zu einem Reaktorunfall kommen: Wir erinnern uns
alle noch an Tschernobyl und welche Folgen das hatte, das wünscht sich
hier
sicherlich niemand. Ich bin daher froh, dass dieser Antrag heute einstimmig
beschlossen wird. (Beifall bei der FPÖ.)
18.46
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen im Hohen
Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ohne Strom geht heutzutage fast
nichts mehr, Strom ist eine der Grundlagen für unsere moderne Lebensweise:
ohne Strom keine Wirtschaft und kein Leben, wie wir es gewohnt sind.
Die nachhaltige Erzeugung
elektrischer Energie wird daher eines der Zukunftsthemen
sein, und wir in Österreich setzen dabei vor allem
auf Wasserkraft, Windkraft, Fotovoltaik und auch Hackschnitzel. Seit Zwentendorf
jedoch ist es parteiübergreifender Konsens, dass es in Österreich kein Atomkraftwerk
geben wird. Das ist auch gut so, es gibt einen guten
Grund dafür, denn die Gefahren sind nicht beherrschbar. Nicht beherrschbare Strahlung, dazu die Endlagerung – es sind Gefahren, die nicht in den Griff zu bekommen sind.
Österreich fordert daher
auf Ebene der Europäischen Union, keine öffentlichen Gelder für
die Förderung von Atomkraft einzusetzen und insbesondere
auch keine öffentlichen Beihilfen dafür zu gewähren, um den
Wettbewerb in der Stromerzeugung nicht zu verzerren.
Infrage zu stellen ist meiner Ansicht nach natürlich auch die mögliche Einstufung der Atomenergie als grüne Energie.
Nun haben wir aber den Fall,
dass in Ungarn beim Atomkraftwerk Paks II russisches Geld in alte
russische Technologie investiert wird. Bei allem Verständnis dafür,
dass man natürlich alle Möglichkeiten der Stromerzeugung nutzt: Vor
allem bei Atomkraftwerken muss ganz genau auf die Sicherheit geschaut und
geachtet werden! Der Wind, der eine radioaktive Wolke vor sich hertreibt, kennt
nämlich keine Grenzen, wie wir ja von Tschernobyl
wissen.
Jetzt kann Österreich
natürlich nicht die Entscheidung treffen, ob Ungarn
das Atomkraftwerk Paks II baut oder nicht – wir können
aber auf
jeden Fall unser Wissen und unsere Erfahrungen, die wir zum Beispiel mit
Zwentendorf gemacht haben, einbringen. Falls das Atomkraftwerk gebaut
wird – natürlich wäre es besser, wenn das nicht der Fall
ist –, muss sichergestellt werden, dass es zumindest so sicher wie
möglich gebaut wird.
Da ist natürlich die Frage des Standortes eine ganz
wesentliche, und wir haben schon beim AKW Zwentendorf Erfahrungen mit dem
Thema Geologie gemacht. Auch Zwentendorf liegt in einer geologisch
sensiblen Zone:
Es gab dort 1590 ein Erdbeben, das wurde damals festgestellt, und solche
geologisch und seismologisch gefährlichen Gebiete eignen sich
natürlich nicht
für den Bau von Kernkraftwerken.
Beim grenzüberschreitend durchgeführten UVP-Verfahren wurde vonseiten Ungarns darauf aber nicht eingegangen.
Das österreichische
Umweltbundesamt hat entsprechende Untersuchungen gemacht und auch
detailliert erhoben, dass das Kraftwerk Paks II in einer
solchen seismologischen und geologisch gefährlichen Zone liegt, die
aufgrund von möglichen Oberflächenverschiebungen und der
Erdbebengefährdung
eben genau nicht dafür geeignet ist, dort ein Atomkraftwerk zu errichten.
Das ist auch eine Information, die für Ungarn ganz wesentlich ist, und ich
hoffe
doch, dass letztendlich die Entscheidung getroffen wird, das Atomkraftwerk dort
nicht zu errichten.
Deswegen ersuchen wir auch die
Bundesregierung und die zuständige Ministerin, sich bei allen, die
dazu beitragen können – auf europäischer Ebene,
aber auch auf bilateralem Wege –, dafür einzusetzen, dass
zumindest bei diesem Grubenaushub die entsprechenden wissenschaftlichen Begleitmaßnahmen
gesetzt werden, die dann hoffentlich auch dazu führen, dass Einsicht
einkehrt und dieses Kraftwerk nicht errichtet wird, denn letztendlich geht es
dabei
auch um die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. Es geht um
die Abwehr von Bedrohungen, nicht nur von Terrorgefahr. Auch wenn es zu einem
solchen Erdbeben kommt und Radioaktivität freigesetzt wird, ist
das eine veritable Bedrohung der österreichischen Bevölkerung, und im
weiteren Sinne kann man sogar sagen, dass der Einsatz gegen den Bau dieses
Kraftwerks unter die umfassende Landesverteidigung fällt, weil
es dabei auch darum geht, solche Bedrohungen abzuwenden.
Meine Damen und Herren, da ich schon die umfassende Landesverteidigung angesprochen habe: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass vor allem der geistigen Landesverteidigung wieder neues Leben eingehaucht werden müsste. (Beifall bei der ÖVP.)
18.51
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
18.51
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte
Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich zuerst bei Kollegen Litschauer bedanken,
der wieder einmal eine Initiative gestartet hat, in der es um
die österreichischen Bemühungen geht, bei der Atomkraft klar Grenzen
aufzuzeigen, und zwar in Wirklichkeit unsere Grenzen.
Wenn ich mich mit dem Kraftwerk
Paks II beschäftige, erinnert mich das sehr an meine eigene Jugend.
Ich bin schon als 13-Jähriger in der Slowakei gewesen,
um gegen Mochovce zu demonstrieren – in Bratislava, nicht vor dem
Reaktor, der war damals noch nicht gebaut. Damals war auch das Thema, dass in
einem Land ein Kraftwerk gebaut wird, das aber im schlimmsten Fall ein
anderes Land, nämlich unser Land, und die eigene Bevölkerung bedrohen
kann, wenn dort ein erheblicher Unfall passiert.
Jetzt haben wir die Situation,
dass wir als österreichisches Parlament natürlich respektieren
müssen, wenn in Ungarn ein Kernkraftwerk gebaut wird,
wenn es so weit im Landesinneren ist, dass es uns als Österreich nicht
betrifft. Die grenzüberschreitende UVP war ja ein Signal, dass das nicht
der Fall
ist, sondern dass wir auch unmittelbar davon betroffen sind. Man
hat festgestellt – meine Vorredner haben das ohnehin auch schon alle
angesprochen –, dass es eben ein erdbebensensibles Gebiet ist.
Das ist im Gutachten des
Umweltbundesamts auch sehr genau ausgeführt. Da steht: „Die Studie
kommt deshalb zu der abschließenden Einschätzung,
dass es mehr als zweifelhaft ist, dass das ungarische Regierungsdekret [...]
von 2011 über die Anforderungen an die nukleare Sicherheit [...]
erfüllt ist.
Die Möglichkeit des Auftretens einer dauerhaften
Oberflächenverschiebung am Standort Paks II kann durch
wissenschaftliche Belege nicht zuverlässig ausgeschlossen werden.“
Deswegen sieht man den Standort Paks II auch als ungeeignet für
so einen Kraftwerksbau.
Bei Tschernobyl hat man uns zuvor gesagt, menschliche Fehler
sind ausgeschlossen, das Ding kann nicht in die Luft fliegen; hinsichtlich
Fukushima hat man gesagt, Naturkatastrophen würden da
jedenfalls keine Auswirkungen haben. Wir sind mittlerweile durch solche
Katastrophen mit
dem Wissen gesegnet, dass man bei einem solchen Bau immer vom Schlimmsten
ausgehen muss. In einem Gebiet, in dem Erdbeben auftreten können, die
eine dauerhafte Oberflächenverschiebung zur Folge haben, ist eben ein
solcher Bau aus unserer Sicht, aus österreichischer Sicht abzulehnen.
Ob wir das verhindern können, ist mehr als zweifelhaft,
aber jedenfalls wünschen wir uns von der Bundesregierung, namentlich
von der Ministerin, dass sie sich dafür einsetzt, dass
wir auf fachlicher, wissenschaftlicher Ebene alles daransetzen, dass wir alle
Informationen bekommen und diese auch
mit unseren ungarischen Partnern und auch den Kollegen in Brüssel so
teilen, dass man zumindest ein so sicheres Kraftwerk wie möglich baut.
In diesem Sinne: Danke für den gemeinsamen Antrag, und ich hoffe auf große Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Litschauer und Diesner-Wais.)
18.54
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie Leonore Gewessler, BA:
Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und
Zuseher hier auf der Galerie! Sicher ist nur das Risiko: Diesen Satz haben wir
in Bezug auf Atomkraftwerke, glaube ich,
alle schon sehr oft gehört, aber er stimmt natürlich noch einmal
mehr, wenn es darum geht, dass wir über ein seismisches Risiko sprechen,
also über das
Risiko, das ein Erdbeben, das eine Störzone für ein Atomkraftwerk
bedeuten kann.
Daher möchte ich meine
Rede damit beginnen, Ihnen allen Danke zu sagen für diesen Antrag und
für dieses, wie ich jetzt den Redebeiträgen entnehme, gemeinsame und
sehr starke Signal, das dieses Parlament in dieser Sitzung heute wieder sendet:
dass wir nicht wegschauen, dass wir nicht lockerlassen,
dass wir nicht aufhören werden, auf dieses Risiko hinzuweisen, uns in
diese Verfahren einzubringen, den Finger in die Wunden zu legen und mit
unseren Nachbarn, wenn wir betroffen sind,
das Thema immer und immer und immer wieder anzusprechen. Da ist ein
Antrag wie dieser für uns in unserer Arbeit im Ministerium einfach eine
ganz wichtige Rückenstärkung. Deswegen möchte ich Ihnen allen
für dieses gemeinsame starke Signal ein herzliches Danke aussprechen. (Beifall
bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Wir haben tatsächlich vor
mittlerweile rund sechs Jahren ein Projekt gestartet. Einige Ergebnisse aus
diesem Projekt sind in den vorigen Redebeiträgen
schon angesprochen worden. Wir haben uns am grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren
beteiligt, wir haben das Thema Erdbebensicherheit gerade im Hinblick auf
Paks II immer und immer wieder mit der ungarischen Seite intensiv
diskutiert. Es gibt, so klar muss man das auch heute hier aussprechen,
nach wie vor unterschiedliche Ansichten zum Thema, aber aus unserer Sicht
ist völlig klar: Es fehlen nach wie vor die Daten,
um eine aktive Bruchlinie am Standort ausschließen zu können, und
was das für die Sicherheit und für das Risiko bedeutet, brauche ich
Ihnen in diesem
Rahmen nicht weiter zu erläutern.
Wir werden weiterhin und gestärkt durch diesen Antrag
in unserer bilateralen Arbeit mit den Nachbarn unsere Sicherheitsbedenken
intensiv vortragen.
Wir werden weiterhin auf die Einhaltung aller Regeln, aller
Sicherheitsstandards drängen, die ja insbesondere in Europa nach dem
katastrophalen Unfall in Fukushima noch einmal verstärkt wurden. Gerade
auf dem Bereich Erdbebensicherheit liegt ein besonderes Augenmerk. Das
prägt unsere bilaterale Arbeit, das wird sie auch weiter
tun.
Weil unsere europäische
Antiatomarbeit jetzt in zwei Reden angesprochen wurde, möchte ich auch
dazu noch ganz kurz etwas sagen: Es gibt auf europäischer Ebene wohl kein
zweites Land, das sich derartig intensiv, konsequent und auch lautstark
gegen die Atomkraft einsetzt, und zwar
egal durch welches Hintertürl, in welcher Verkleidung oder in welchem Erpressungsversuch
sie wieder daherkommt. Ich möchte Ihnen kurz zwei Beispiele nennen: Wir
haben die von Abgeordnetem Rauch vorhin bereits angesprochene Taxonomie,
wo es darum geht, dass Atomkraft auf europäischer Ebene ein
grünes Manterl bekommen soll.
Es war Österreich, das
auch noch die letzte Konsequenz gezogen hat, nämlich diesen delegierten
Rechtsakt der Europäischen Kommission einzuklagen.
Das heißt, wir holen die Europäische Kommission vor den Gerichtshof
der Europäischen Union, um zu sagen: Das geht nicht! Es ist
inhaltlich falsch, es ist prozedural falsch, es überschreitet die
Kompetenzen der Kommission. – Und wir sind sehr zuversichtlich, dass
wir in diesem Verfahren auch wirklich einen Präzedenzfall für den
Umgang mit der Atomkraft in Europa schaffen können. Das ist das eine
Beispiel.
Das zweite Beispiel, ich habe es an dieser Stelle auch
schon ein paar Mal erwähnt: Die Debatte um die Atomkraft kriegt in Europa mehr
Kraft, oder sie wird konfliktärer, und sie spielt derzeit in ziemlich
jedem einzelnen Dossier, das wir auf europäischer Ebene im
Energiebereich verhandeln, eine Rolle. Wir haben aktuell gerade eine
große Konfrontation auch rund um die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, wo
sich im Vorfeld dieser Verhandlung eine Gruppe der Freunde der Nuklearenergie
gegründet hat, Friends of
Nuclear Energy. Selbstverständlich lässt Österreich das nicht so
stehen. Selbstverständlich lassen wir das nicht so stehen. Deswegen
gibt es jetzt auf österreichische Initiative eine Gruppe der Friends of
Renewables, die sich auf meine Einladung auch am kommenden Montag wieder
trifft, denn die
muss genauso gut koordiniert, abgestimmt und mit genau derselben einheitli-
chen
Stimme auch auf europäischer Ebene agieren. Genau das koordinieren wir aus
Österreich, und ich freue mich immer sehr, wenn ich zu diesen Treffen mit
einem neuen und bestärkten Mandat aus dem Parlament
kommen kann. Deswegen ein herzliches Danke dafür. (Beifall bei den
Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Schroll.)
18.59
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Alois Kainz zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister!
Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Österreich verweigert schon seit
vielen Jahren mit vollem Erfolg die Atomenergie, und das ist auch gut und
richtig
so. Heute sagen 62 Prozent der Österreicher, dass wir in
Österreich ohne Atomkraft leben können, sollen und müssen.
Jedoch sind wir in
Österreich leider von Atomkraftwerken umgeben. Ich möchte einmal die
Problematik verdeutlichen: Es befinden sich neun problematische Atomkraftwerke
in unserer Umgebung. Das nächste, das AKW Dukovany, liegt in Tschechien
und ist nicht einmal 40 Kilometer von der österreichischen Staatsgrenze
entfernt. Das am weitesten entfernte ist das AKW Paks in Ungarn –
das ist 180 Kilometer von unserer Grenze entfernt. Nun gelangen wir gleich
zu unserem Sorgenkind, über das wir jetzt sprechen: Da laufen vier Generatorenblöcke,
die mindestens die Hälfte des Strombedarfs
von Ungarn liefern. In Zukunft sollen zwei weitere Reaktorblöcke
dazukommen und die Betriebszeit der bestehenden Blöcke soll um mindestens
20 Jahre verlängert werden.
Dabei hat sich laut einem Gutachten des österreichischen Umweltbundesamts herausgestellt, dass ziemliche Probleme vorhanden sind. In den letzten 10 000 Jahren hat es wiederholt massive Erdbeben in dieser Zone gegeben, die
sogar nach ungarischem Recht eigentlich ungeeignet für den Bau und Betrieb eines AKWs ist. Nun haben alle Parteien einem Entschließungsantrag zugestimmt, in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, mit diplomatischen Mitteln auf Ungarn einzuwirken, am Standort der Baugrube eine intensive wissenschaftliche Beurteilung und Begleitung zuzulassen.
Vor zwei Jahren haben die Grünen und die ÖVP das
Euratom-Volksbegehren mit den Argumenten ignoriert, dass man unbedingt Teil
jenes Vertragswerks
sein muss, um weiter ein Mitspracherecht zu haben und einen gewissen Einfluss
geltend machen zu können. Nun wird sich dies zeigen – und ich
hoffe auch,
dass diese Entscheidung richtig und gut war, um den Einfluss in diesem
Bündnis ausreichend kundzutun und auf Ungarn einzuwirken. Jetzt
möchte man
quasi mit Ungarn einen gut-nachbarschaftlichen Deal um das umstrittene Projekt
aufbauen, dass sie einsichtig werden.
Ich glaube allerdings, unsere Bundesregierung, die SPÖ
und die NEOS haben zum Beispiel mit der Resolution, dass man Ungarn sein Recht
auf die
EU-Ratspräsidentschaft verweigern möchte, der Sache keinen guten
Dienst erwiesen. Auch wenn diese Resolution des Europäischen Parlaments
keine rechtlichen Auswirkungen hat, trägt ein solches Verhalten sicher
nicht dazu bei, dass man unseren Nachbarn positiv in diese Richtung bewegen kann. Diplomatisches
Agieren schaut etwas anders aus. Sucht man nach einer Definition für
diesen Begriff, findet man Stehsätze, was es möglichst zu vermeiden
gilt, und dazu zählt: andere bei Verhandlungen bloßzustellen oder
sie in die Enge zu treiben.
Man kann allerdings auch eine Win-win-Situation suchen.
Nichts dergleichen ist geschehen – und das ist eigentlich schon eine
vergeudete Chance. Es
wird sich zeigen, wie Ungarn auf unser Ansinnen reagiert. (Beifall bei der
FPÖ.)
19.03
Präsidentin
Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau
Abgeordnete Martina
Diesner-Wais. – Bitte.
19.03
Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Zuseher! Es ist schön, dass uns die Materie der Atomkraft eint und dass es diesbezüglich Usus ist, parteiübergreifend der gleichen Meinung zu sein. Es geht heute um das ungarische Kernkraftwerk Paks, für das zwei neue Kraftwerkblöcke geplant sind, obwohl der Standort in einer Region mit geologischen Schwierigkeiten liegt.
Unser Umweltbundesamt hat festgestellt, dass in den letzten 10 000 Jahren wiederholt schwere Erdbeben auf dieser Linie stattgefunden haben und dass dieser Standort auch laut ungarischem Recht eigentlich nicht für den Bau eines AKWs geeignet wäre. Die geologischen Bedenken führen natürlich auch zu Ängsten und Sorgen in der Bevölkerung, denn die Sicherheit und die Nachhaltigkeit eines Projekts sollte gewährleistet sein. Die Ängste bestehen nicht nur in der unmittelbaren Umgebung in Ungarn, sondern auch über die Grenzen hinweg.
Ich komme aus dem Waldviertel, das reich an Naturparks und Naturdenkmälern ist und wo ein starkes aktives und innovatives Engagement für erneuerbare Energie vorhanden ist. Ich möchte nur das Projekt Sonnenwelt hervorheben. Es ist natürlich auch der Bevölkerung wichtig, dass man Energiesysteme auf stabilen und sicheren Grundlagen aufbaut, die Sicherheit für die jetzige Bevölkerung, aber auch für zukünftige Generationen geben.
Es wäre schon an der Zeit, dass man auch international
verstärkt auf erneuerbare Energie setzt und dahin gehend investiert,
damit der Anteil der Atomenergie verringert wird. Daher appelliere ich im Sinne
meiner Fraktion, aber auch meiner Heimatregion, dass die verantwortlichen
Stellen garantieren,
dass wir ständig über die zukünftigen grenzüberschreitenden
UVP-Verfahren genau informiert werden. Im Falle von Paks II ist es
natürlich wichtig, dass es
auch weiterhin eine wissenschaftliche Begleitung und dahin gehende Untersuchungen
gibt, wie es auch im Antrag drinsteht.
Meine Damen und Herren, es liegt in unserer Verantwortung, in Zukunft auf erneuerbare Energie zu setzen und diese zu fördern. Erneuerbare Energie sichert Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum bei uns im Land und bietet eine nachhaltige Energieversorgung – auch für die kommende Generation, das liegt mir am Herzen.
In diesem Sinne, Frau Bundesminister, wollen wir Sie mit
diesem Antrag in den Verhandlungen
stärken, damit wir in Zukunft auch in unserer Grenznähe
eine atomfreie Zone haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei
ÖVP und Grünen.)
19.06
Präsidentin
Doris Bures: Herr Abgeordneter Nikolaus
Berlakovich, Sie
gelangen zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die
jahrzehntelangen Bemühungen der Umweltpolitik, der
Klimaschutzpolitik, aber auch der Zivilgesellschaft haben letztendlich
Früchte getragen. International haben viele Regionen ehrgeizige Klimaschutzziele entwickelt –
vielleicht auch unter dem Eindruck extremer Wetterereignisse. Enorme
Dürren, großflächige Überflutungen
und Waldbrände in vielen Teilen der Welt haben letztlich dazu
geführt, dass die EU den Vorsatz geäußert hat, 2050
klimaneutral zu sein. Die USA wollen selbiges erreichen und auch
China – der größte Emittent – verspricht, bis
2060 klimaneutral zu sein.
Das sind sehr ehrgeizige,
wichtige und gute Ziele. Sie rücken aber natürlich die
Energieversorgung in ein ganz neues Licht, weil wir ja aus den Fossilen
aussteigen sollen. Bereits damals haben schon Diskussionen von bekannten
Atomenergiebetreibern begonnen, Atomenergie stärker zu nutzen.
Dann kommt der Ukrainekrieg und plötzlich erhält das Thema Energie
eine völlig neue Dimension. Auch wir in Österreich erkennen, wie
abhängig wir von russischem Gas sind. Die Bemühungen der
Bundesregierung, davon
wegzukommen, sind ja sehr positiv und erfolgreich. Viele
Regionen erkennen, dass sie Energie aus Krisengebieten beziehen und davon
wegkommen
müssen. Das ist natürlich schon ein Turbo für manche, die immer
schon für die Atomkraft waren.
Nun muss man aber trotzdem
dagegenhalten, dass es sehr wohl andere Konzepte gibt. Wir haben ja in
Österreich auch Konzepte gehabt, die ein energieautarkes Österreich
propagiert haben. Das wurde immer von vielen Organisationen und Gruppierungen, die
sie schlechtgeredet haben
und in Wahrheit auch geholfen haben, sie zu verhindern, hintertrieben. Dass das
kein einfacher Weg ist, ist klar – aber konsequent Energie
einzusparen,
effizient zu verwenden und auf erneuerbare Energie zu setzen, wäre doch ein
faszinierender Gedanke, weil Atomkraft eben keine Lösung sein kann.
Viele Menschen fragen sich zu Recht: Werden die Leute nicht gescheiter, lernen
sie nicht aus Katastrophen?
Der Super-GAU in Tschernobyl,
der seinerzeit passiert ist, hat laut internationalen Schätzungen
Schäden im Ausmaß von rund 200 Milliarden US-Dollar verursacht.
In Fukushima wurden nach derzeitigem Stand 260 Milliarden
US-Dollar an Schäden verursacht – und man weiß nicht,
wohin mit dem radioaktiven Wasser, das zur Kühlung verwendet wird.
Das sind enorme
Faktoren.
Jetzt lesen wir permanent über und hören permanent
von dem ukrainischen Kraftwerk Saporischschja. Das ist das
leistungsstärkste Kernenergiekraftwerk in Europa, und permanent hört
man: Es wird von den Russen besetzt, es
wird beschossen – wer immer dorthin schießt. Jetzt ist der
Stausee weg, das Kühlwasser fehlt, und es schwingt immer mit, dass dort
etwas passieren
kann. Es kann doch nicht sein, dass die Ukrainer zittern, dass halb Europa
zittert, wenn dort in diesem Atomkraftwerk – Gott
bewahre! – etwas passiert,
weil es eben zu kriegerischen Handlungen kommt. Daraus muss doch die Lehre
sein, dass Atomkraft keine Antwort geben kann.
Tschernobyl hat es gezeigt,
Fukushima zeigt es, und auch Saporischschja –
so tragisch diese Ereignisse dort sind – zeigt es: Atomkraft kann
keine Lösung sein. Alle, die das propagieren, müssen doch auch
umdenken. Daher sind
die Bemühungen Österreichs ja redlich und richtig. Es ist in Wahrheit
ein Kampf gegen Windmühlen, den man da führt, aber es ist trotzdem
ein richtiger
Weg. Natürlich soll man nicht besserwisserisch sein und haben wir andere
Voraussetzungen als beispielsweise Ungarn.
Aber, Herr
Kollege Kainz, weil Sie die Diplomatie hinsichtlich Ungarn ansprechen: Ich bin
sehr dafür, dass wir mit Ungarn partnerschaftlich umgehen, aber Schlepper
aus ungarischen Gefängnissen zu entlassen und zu sagen:
Das kostet uns recht viel, deswegen lassen wir die Schlepper aus!, ist kein
diplomatisch freundlicher Akt, den die Ungarn Österreich
gegenüber setzen –
ohne, dass ich da garstig bin. (Beifall bei der ÖVP.)
Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist richtig, dass
wir uns da auf europäischer Ebene gemeinsam bemühen und auch
vorzeigen, dass es ohne Atomkraft auch
gehen kann. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Grünen.)
19.11
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2073 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (328/E)
18. Punkt
Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 46. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2022) (III-846/2069 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 18. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich begrüße die
Volksanwälte, Frau Volksanwältin Gabriela Schwarz, Herrn Volksanwalt
Bernhard Achitz und Herrn Volksanwalt Walter Rosenkranz, hier bei
uns im Hohen Haus und erteile zum Bericht der Volksanwaltschaft als erster
Rednerin Frau Abgeordneter Martina Diesner-Wais
das Wort. – Bitte.
Abgeordnete Martina Diesner-Wais
(ÖVP): Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Liebe Frau
Volksanwältin! Liebe Herren Volksanwälte! Meine Damen und Herren
im Plenum! Liebe Zuseher! Wir diskutieren heute den Bericht der Volksanwaltschaft
2022. Der Bericht zeigt uns, dass die Volksanwaltschaft vor große
Herausforderungen gestellt wurde und dass es eine wichtige Institution ist, die
die Bürger ernst nimmt.
Im Jahr 2022
verzeichnete die Volksanwaltschaft ein enormes Beschwerdeaufkommen.
Aufgrund der Pandemie und der Energiekrise gab es einen
neuen Spitzenwert mit fast 24 000 Beschwerden – genau
gesagt 23 958 ‑, die eingegangen sind. Die hohe Anzahl der
Beschwerden zeigt uns auch, dass
es ein großes Vertrauen in unsere Volksanwaltschaft gibt und man ihr die eigenen Anliegen vorbringt.
Die Bürgerinnen und Bürger schätzen den niederschwelligen Zugang, die gute Erreichbarkeit der Volksanwaltschaft und dass ihre Beschwerden wirklich unkompliziert behandelt werden. Ich denke, die Sendung „Bürgeranwalt“ ist eine
wichtige Sendung, die auch sehr hohe
Einschaltquoten hat, und mit dieser
wird die Volksanwaltschaft auch bei vielen Leuten bekannt, die sie vorher noch
nicht gekannt haben.
Das Themenfeld, das die Volksanwaltschaft
abbildet, ist ein großes. Die wichtigsten Gründe für die
Beschwerden im Jahr 2022 waren natürlich auch die
Covid-Absonderungen. Das waren Maßnahmen, die die Menschen eingeschränkt
haben, und so sind auch die Beschwerden gekommen. Die Volksanwaltschaft
hat sich da wirklich für alle Bürgerinnen und Bürger sehr
bemüht,
auch Lösungen zu finden. Ein Schwerpunkt waren auch die Auszahlungen des
Klimabonus und des Teuerungsausgleichs, die Beschwerden hervorgerufen haben.
Beeindruckend für mich ist aber auch, dass trotz der Pandemie der Kontakt mit der Bevölkerung aufrechterhalten wurde. So hat es im letzten Jahr 116 Sprechtage und 920 Beratungen gegeben. Das zeigt auch das enorme Bedürfnis der Menschen, dass sie wirklich – neben den Telefonaten, Videokonferenzen, E-Mails oder den Onlineformularen – wieder besonders die Sprechtage, das Besprechen vor Ort wollen.
Das Jahr 2022 war zudem aber auch ein großes Jahr für die Volksanwaltschaft, denn es war ein Jubiläumsjahr. Die Volksanwaltschaft konnte ihr 45-jähriges Bestehen, zehn Jahre Mandat zum Schutz der Menschenrechte und fünf Jahre Heimopferrentenkommission feiern, und sie hat das wirklich in eindrucksvoller Form gemacht – diese Meilensteine und diese langjährige Arbeit! Das Engagement der Volksanwaltschaft, für die Rechte der Menschen zu kämpfen und einzutreten, ist gegeben.
In diesem Sinne möchte ich mich ganz,
ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft
für den ausführlichen und guten
Bericht, natürlich für die Bürgernähe, die die Volksanwaltschaft
auszeichnet, und auch für die gute Zusammenarbeit mit uns, mit dem Ausschuss
hier im Parlament, bedanken.
Vor allem aber möchte ich unserer Frau
Volksanwältin Gaby Schwarz, die jetzt den Vorsitz hat, aber natürlich
auch dem Volksanwalt Bernhard Achitz
und dem Volksanwalt Walter Rosenkranz für ihre Stimme und für ihren
ständigen Einsatz für unsere Bevölkerung herzlichen Dank
sagen. – Herzlichen
Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
19.16
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Silvan zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr
geehrte Herren Volksanwälte! Herzlichen Dank für den Bericht von
2022!
Ich möchte auf die Besuche in den Alten- und Pflegeheimen näher
eingehen, 98 Kontrollen insgesamt. Wie schon 2021 gab es eine sehr
angespannte Personalsituation, die teilweise mit einem drohenden
Qualitätsverlust verbunden ist.
Wir dachten noch vor einigen Jahren, es ist doch in Zusammenhang mit der Pandemie zu sehen, aber es stellt sich natürlich heraus, dass wir, wie wir alle wissen, im Gesundheitsbereich und auch in den Alten- und Pflegeheimen einen massiven Personalmangel haben. Wie schon im Bericht 2021 beschrieben, ist es auch 2022 so gewesen, dass zahlreiche Betten und auch Stationen aus Personalmangel gesperrt waren.
Dazu kommt, dass die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer im Pflege-
und im Altenbereich aus Selbstschutz die Arbeitszeit reduzieren, dann den Ausstieg
aus dem Beruf überlegen oder auch vollzogen haben –
Langzeitkrankenstände und so weiter –, was dazu
führt – auch wieder im Bericht angeführt –,
dass massive Vernachlässigungen der Heimbewohner stattgefunden haben: Dehydrierung,
Mangelernährung, fehlende Schmerzprävention, Einschränkung
der Bewegungsfreiheit und so weiter.
Natürlich ist leider auch, wie im Bericht 2021, ein privates Alten- und Pflegeheim auffällig geworden, diesmal in Salzburg; letztes Mal war es in Niederösterreich. Ich sage das auch immer wieder im Gesundheitsausschuss: Es ist einfach so, dass private Firmen – vor allem private Aktiengesellschaften – im Gesundheits- und Pflegebereich nichts verloren haben. Es kann nicht sein, dass private Firmen mit dem Leid und mit der Not von Menschen Profite machen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rössler.)
Zur präventiven Menschenrechtskontrolle, die aus unserer Sicht eine der wichtigsten Kontrollen der Volksanwaltschaft ist, sage ich auch noch einmal herzlichen Dank an die Kommissionen. 460 Kontrollen: Bei 70 Prozent der Kontrollen sind menschenrechtswidrige Situationen festgestellt worden.
Weil wir die Reform des Mutter-Kind-Passes heute schon diskutiert haben: Auch da war die Volksanwaltschaft tätig. Sie ist auch zu dem Ergebnis gekommen, dass es natürlich logisch ist, dass es, wenn Untersuchungen an den Neugeborenen nicht gemacht werden, zu einer Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes kommen muss, weil es ja daran gekoppelt ist. Es kann aber nicht sein, dass, wenn man die Untersuchungen verspätet einreicht oder wenn der Kassenarzt eine Unterschrift oder ein Datum vergisst, die betroffenen Eltern ebenso diese 1 300 Euro an Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen müssen. Auch da bedarf es wirklich einer grundlegenden Reform. Ich gehe davon aus, dass der Sozial- und Gesundheitsminister noch einiges zu tun hat.
Auch vonseiten der Sozialdemokratie herzlichen Dank
für die Berichte, herzlichen Dank für Ihre Arbeit und auch ein
herzliches Dankeschön an die Beschäftigten der Volksanwaltschaft;
dieser Bericht ist eine gute Lektüre, eine gute Grundlage für jede
Abgeordnete und jeden Abgeordneten. – Danke
schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der
Grünen.)
19.20
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte.
19.20
Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Meine Dame und meine Herren Volksanwälte! Auch ich
darf mich namens meiner Fraktion für diesen einmal mehr sehr gut und
repräsentativ dargestellten Bericht – beziehungsweise
für die beiden Berichte,
muss man ja genau genommen sagen – bedanken. Ich darf aus diesen
Berichten je ein Thema herausnehmen, das, wie ich meine, nicht nur für das
Hohe
Haus, sondern auch für die Bevölkerung eine wichtige Sache darstellt,
etwas, das uns allgemein berührt.
Das erste Thema ist im Band
präventive Menschenrechtskontrolle dargestellt, nämlich der
Personalmangel an der Polizeiinspektion Hohe Warte in
Wien. Seitens der Volksanwaltschaft wurde festgestellt, dass aufgrund des
eklatanten Personalunterstandes nicht nur laufend und latent eine extrem hohe
Überstundenbelastung vorhanden ist, sondern auch permanent Stress
und Überlastung für das Personal gegeben ist.
Nun weiß ich, da ich ja
auch Personalvertreter bei der Polizei in Wien bin, dass diese Feststellung
nicht nur diese einzelne Polizeiinspektion betrifft, sondern diese
symptomatisch und repräsentativ für alle Polizeidienststellen in ganz
Österreich ist, weil die Polizei aufgrund der aktuellen Personallage eben
einen extremen Unterstand hat.
Zur Verdeutlichung darf ich kurz ein paar Zahlen an Sie
richten: Wir haben pro Quartal in Wien 252 Ausbildungsplätze zu
besetzen oder könnten diese besetzen. Das heißt, es gibt
ungefähr knapp über 1 000 Ausbildungsplätze pro Jahr.
Bis 1. Juli dieses Jahres haben genau 85 Polizeischüler in Wien
den
Dienst angetreten. Das sind nicht einmal 10 Prozent von den
1 000 Auszubildenden, die wir brauchen, um die Personallage
einigermaßen in den Griff zu bekommen. Momentan decken wir
nicht einmal den Personalabgang ab, der uns aufgrund der Pensionswelle
tagtäglich zu schaffen macht.
Das ist keine
Spontanereignislage, sondern das wissen wir schon seit dem Jahr 2007.
Damals wurde nämlich vom Bundeskanzleramt, das damals noch für den
öffentlichen Dienst und natürlich auch für die Personallage bei
der
Polizei zuständig war, in einen sehr umfangreichen Bericht, der den
Personalzustand und die Entwicklung bis zum Jahr 2020 dargelegt hat,
festgestellt, dass bis zum Jahr 2020 ein Drittel aller
Polizisten in Pension gehen würde.
Was ist zwischenzeitlich
geschehen? – Es gab eine Rekrutierungsoffensive
unter dem damaligen Innenminister Kickl, die sehr erfolgreich, ja, ich muss
sagen, die erfolgreichste in den letzten zehn Jahren war. (Beifall bei der
FPÖ.)
Seit dieser Zeit ist nicht viel
passiert. Wir haben sinkende Personalstände – wohl auch der
Situation geschuldet, aber auch, weil da in der Vergangenheit
eklatante Fehler gemacht wurden.
Die zweite Geschichte, die ich
gerne ansprechen möchte, betrifft die Kontrolle der öffentlichen
Verwaltung. Dazu wurde seitens der Volksanwaltschaft festgestellt, dass es
gerade in den Asylverfahren im vorigen Jahr massiv Beschwerden gab,
insbesondere deswegen, weil ab dem Sommer 2022 wieder vermehrt
Asylanträge gestellt wurden, die die Behörden natürlich
an die Grenzen ihrer Kapazitäten gebracht haben.
Es ist überhaupt
festzustellen, dass sich Österreich im vergangenen Jahr im internationalen
Geschehen wieder einmal zu einem Migrationsmagneten entwickelt hat.
Wir haben im letzten Jahr hier 112 000 Asylanträge verzeichnen
müssen – Asylanträge, die bedeuten, dass uns der
Großteil
dieser Asylwerber im System erhalten bleibt. Nur eine geringe Anzahl
verlässt uns wieder freiwillig oder wird zwangsweise abgeschoben. Die
meisten
bleiben wie gesagt zulasten der österreichisch Bevölkerung und
zulasten unseres Budgets im System hängen.
Einmal mehr hat sich gezeigt,
dass diese Versprechen, die in der Vergangenheit gemacht wurden, nicht
eingehalten wurden, und dass ein eklatantes
Scheitern nicht nur der österreichischen Asylpolitik, sondern auch der Maßnahmen der EU, sei es die Schengenaußengrenzsicherung oder die Durchführung der Dublinverfahren, im Raum steht.
Auch das neue in Rede stehende
Asylantenpaket, das propagiert wird, ist eigentlich im weitesten Sinne eine
Mogelpackung, denn es prolongiert das schon derzeit auf EU-Ebene bestehende
Asylchaos. Es wird weiterhin die offenen Grenzen geben, der geforderte
Außengrenzschutz bleibt im weitesten Sinne auf der Strecke, und der
Verteilungsmechanismus, der angestrebt wird, geht
einmal mehr zulasten von Österreich und zulasten unserer Bevölkerung.
(Beifall bei der FPÖ.)
Aus diesem Grund darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Asylstopp – keine Wiederholung der Migrationskrisen 2015 und 2022“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Völkerwanderung beinhaltet:
1. Asylstopp-Jetzt: Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden Österreich hat genug geleistet. Die von Ex-Innenministerin Mikl-Leitner 2016 formulierte Obergrenze von 37.500 ist längst erreicht. Die Bundesregierung kann und muss eine „Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – die „Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz erlassen. Das Ziel muss NULL sein.
2. Nur mehr Sach- statt Geldleistungen für Asylwerber und Asylberechtigte Asylwerber sollen grundsätzlich in der Grundversorgung ausschließlich Sachleistungen und keine Geldleistungen bekommen, bis ihr Verfahren abgeschlossen und ihr Aufenthalt zu Ende ist. Gleichzeitig soll für arbeitsfähige Asylwerber in der Grundversorgung eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Arbeit in ihrem Umfeld bzw. in der Infrastruktur (z.B. Asyl-Unterkunft reinigen) eingeführt werden. Asylberechtigte sollen genauso wie Asylwerber Grundversorgung nur durch Sachleistungen bekommen.“
******
(Beifall bei der FPÖ.)
In diesem Sinne darf ich Sie einladen, diesen
Entschließungsantrag zu unterstützen. Ich bedanke mich noch
einmal bei der Volksanwaltschaft für ihre gute
und effiziente Arbeit. (Beifall bei der FPÖ.)
19.28
Der Antrag halt folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Werner Herbert
und weiterer Abgeordneter
betreffend Asylstopp – keine Wiederholung der Migrationskrisen 2015 und 2022
eingebracht im Zuge der Debatte
über den Tagesordnungspunkt 18, Bericht
des Volksanwaltschaftsausschusses über den 46. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner
bis 31. Dezember 2022) (III-846/2069 d.B.) in der 219. Sitzung des
Nationalrates, XXVII. GP, am 14. Juni 2023
Der Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2022, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, beinhaltet, dass Beschwerden
über die Dauer von Asylverfahren erster Instanz aufgrund der vermehrten Asylanträge insbesondere ab dem Spätsommer 2022 stark anstiegen.
Österreich ist unter
der türkis-grünen Regierung zum Migrationsmagnet mit 112.272 Asylanträgen
im Jahr 2022 geworden. Fast 400.000 Asylanträge in 10 Jahren,
das ist die Einwohnerzahl des Bundeslandes Vorarlberg. Dem stehen nur
geringe Ausreisen (freiwillige und zwangsweise) gegenüber. Diese neue
Völkerwanderung ist ein Scheitern auf allen Ebenen: EU-weit,
nationalstaatlich und regional.
Bei einem Vergleich der
Asylanträge der EU-Mitgliedstaaten 2022 steht Österreich auf Platz 4
hinter Deutschland, Frankreich und Spanien. Bei der Pro-Kopf –Belastung der
Asylanträge im Vergleich mit den EU-Mitgliedstaaten liegt Österreich
auf Platz 2 hinter Zypern. Österreich stellt 2 Prozent der
EU-Gesamtbevölkerung,
hat aber 13,2 Prozent der Asylanträge. Das ist mehr als eine Schieflage,
das ist ein asylpolitischer Totalschaden, weil Österreich
ausschließlich von sicheren Ländern umgeben ist.
Deutschland hatte 2022 etwa
doppelt so viele Asylanträge wie Österreich, ist aber zehnmal so groß.
Wäre das Verhältnis Österreich zu Deutschland auch in diesem Bereich
1:10, so würden sich die asylbedingten Kosten für Österreich auf
etwa
3 Milliarden Euro im Jahr belaufen, zumal Deutschland sie mit bis zu 30 Milliarden auswies.1
Zu befürchten ist jedoch, dass die tatsächlichen jährlichen
Kosten in Österreich angesichts des beschriebenen Missverhältnisses
bei den Asylwerbern weit höher sind als 3 Milliarden Euro.
Die Regierung wirft also Milliarden Euro für die „neue Völkerwanderung“ zum Fenster hinaus. Dafür haben weder die heimische Bevölkerung Verständnis noch jene Menschen, die seit vielen Jahren hier leben, arbeiten, Steuern zahlen und – im Gegensatz zur Masse der „Neuankömmlinge“, die sich nur in unser Sozialsystem drängen wollen – Leistungsträger sind. Somit ist es nur eine Minimalforderung, Asylwerbern und Asylberechtigten nur mehr Sachleistungen anstatt Geldleistungen zukommen zu lassen.
Asylstopp und Sachleistungen
statt Geldleistungen – nur so kann der Anreiz, als Wirtschaftsmigrant
nach Österreich kommen zu wollen, abgestellt
und die Wiederholung der Migrationskrisen 2015 und 2022 verhindert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Völkerwanderung beinhaltet:
1. Asylstopp-Jetzt: Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden
Österreich hat genug
geleistet. Die von Ex-Innenministerin Mikl-Leitner 2016 formulierte Obergrenze
von 37.500 ist längst erreicht. Die Bundesregierung kann und muss eine
„Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – die
„Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des
Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von
Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz
erlassen. Das Ziel muss NULL sein.
2. Nur mehr Sach- statt Geldleistungen für Asylwerber und Asylberechtigte
Asylwerber sollen
grundsätzlich in der Grundversorgung ausschließlich Sachleistungen
und keine Geldleistungen bekommen, bis ihr Verfahren abgeschlossen und ihr
Aufenthalt zu Ende ist. Gleichzeitig soll für arbeitsfähige
Asylwerber in
der Grundversorgung eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Arbeit in ihrem
Umfeld bzw. in der Infrastruktur (z.B. Asyl-Unterkunft reinigen)
eingeführt werden. Asylberechtigte sollen genauso wie Asylwerber Grundversorgung
nur durch Sachleistungen bekommen.“
1 https://www.focus.de/politik/pulverfass-migration-sieben-fakten-die-
uns-nicht-gleichgueltig-sein-duerfen_id_146467036.html
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte. (Abg. Einwallner: Ja, das ist ein gutes Gefühl ...!)
Abgeordnete
Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte!
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man diese beiden Berichte liest, jenen
betreffend präventive Menschenrechtskontrolle und jenen über die
Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, so wird eines klar: dass unsere
Volksanwältin und unsere Volksanwälte
Großes vollbringen, und zwar tagtäglich.
Wenn ich mir anschaue, wie viele Einsätze es gibt, wie
viele präventive Maßnahmen gesetzt werden und wie viele
Gesetzesanstöße auch geleistet werden, dann muss ich den
Volksanwälten sagen: vielen herzlichen
Dank für diese großartige Arbeit! (Beifall bei Grünen und
ÖVP.)
Als wir neulich bei der Volksanwaltschaft eingeladen waren, wurde uns in einem eindrucksvollen Imagefilm gezeigt, was ihr tagtäglich leistet – alle Tätigkeitsberichte, alle Maßnahmen sind auf volksanwaltschaft.gv.at veröffentlicht.
Wenn man möchte, dass Menschenrechte zu einem kommen,
und man Missstände bei einer Behörde, in Bezug auf eine
Maßnahme oder sonstige Missstände aufzeigen will – wozu
man tagtäglich die Möglichkeit hat –, dann sind die
Volksanwälte bei den Leuten. Das zeigen die Sprechtage, das zeigen die Onlinebeschwerdeformulare,
die Möglichkeit, sich telefonisch zu beschweren. Ihr seid hautnah bei den
Menschen in den Gemeinden,
in den Bezirken, und auch dafür herzlichen Dank! (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte eine kleine traurige Geschichte aus meinem eigenen Familienkreis erzählen: Die Cousine meiner Mutter war, aus welchen Gründen auch
immer, mit ihrer Schwester in einem Heim
untergebracht. Sie wurden nicht in einem Heim untergebracht, weil in der
Nachkriegszeit alles so lustig war, sondern weil schlichtweg keine Eltern da
waren, die sich um diese Kinder kümmern konnten. Und dann
erzählt sie mir launig an einem Kaffeenachmittag: Ja, und
weißt du, was uns in diesem Heim widerfahren ist? Wir wurden körperlich
an die Wand gedrückt. Wir mussten das Essen, das uns nicht geschmeckt hat,
trotzdem essen. Einmal habe ich mich erbrochen,
und dann musste ich es auch aufessen.
Was ich da beschreibe, wird mit dem Heimopferrentengesetz
abgedeckt. Mit dem Heimopferrentengesetz werden alle Betroffenen, die zwischen
1945 und 1999 in einem Heim, in einer staatlichen Einrichtung, in einer Betreuung
waren – in der sie hätten Schutz bekommen sollen, weil es ihnen
vorher schlecht gegangen ist –, aufgefangen. Wir haben dieses Gesetz
auch repariert: Dort, wo es eine Lücke gegeben hat, hat der
Nationalrat einstimmig eine Verbesserung beschlossen. Auch das zeigt,
Volksanwaltschaft und Parlament arbeiten gut zusammen.
Es ist wichtig, dass ihr die Missstände aufzeigt. Vielen Dank dafür, für eure Arbeit! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.31
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Zuerst einmal vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Bericht. Ich möchte kurz etwas vorlesen:
„Wir setzen uns dafür ein, dass sich die Menschen als Teil der sozialen Sicherheit auf eine qualitätsvolle Pflege im Alter verlassen können. Mit der steigenden Lebenserwartung steigt auch der Pflegebedarf in einer alternden Gesellschaft. Menschen sollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben
können. Ambulante Pflegedienste sind auszubauen. Wir wollen
vielfältige und flexible Pflegearrangements möglich machen, um
pflegende Angehörige
zu entlasten.“
Das stammt aus dem
Grundsatzprogramm der ÖVP aus dem Jahr 2015. Umso erschreckender ist es
ein Stück weit, dass Volksanwalt Achitz jetzt bei
der Präsentation verlautbart: Es gibt kaum ein Pflegeheim, in dem wir
keine massiven Menschenrechtsverletzungen feststellen müssen. (Präsident
Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Die Ursachen liegen natürlich
an der gespannten Personalsituation. Gründe für diesen Personalmangel
können hohe Qualifikationserfordernisse, schwierige Arbeitsbedingungen
oder geringe finanzielle Attraktivität der Berufe sein. In der Pflege
Beschäftigte müssen mit massiven Überlastungen kämpfen und
teilweise die Arbeitszeit zum Schutz der eigenen Gesundheit reduzieren. Viele
scheiden aus dem Beruf aus, beenden die Ausbildung nicht oder ändern
nach ihrer Ausbildung komplett ihre Lebenspläne.
Die Belastung des
Pflegepersonals wirkt sich natürlich dann auch auf die Qualität und
auf die Arbeit aus. Viele Pflegekräfte fallen wegen Krankheit aus, und es
kommt zu Versorgungslücken. Teilweise gehen sie krank arbeiten,
und das erhöht wiederum die Gefahr, Fehler zu machen. Es kommt also zu
einem massiven Qualitätsverlust in der Pflege. Der permanente Zeitdruck
und die steigende Zahl an Überstunden machen das Ganze auch nicht besser
und wirken sich auch negativ auf die seelische Gesundheit aus, bei der wir
ohnehin
schon massive Probleme haben.
Eine Folge dieser Personalknappheit sind natürlich auch gesperrte Betten, zum Teil gesperrte Stationen in den Krankenhäusern. Fast ein Viertel der Pflegebetten in der Steiermark blieb Ende 2022 unbelegt, weil einfach das Personal fehlt.
Was wir auch vom Rechnungshof gehört haben, ist, dass es kein einheitliches Qualitätsverständnis gibt, was die Kriterien betrifft. In den Bundesländern ist alles irgendwie verschieden und weicht voneinander ab, was auch diesen ganzen Anforderungen nicht förderlich ist.
Wir müssen also die
Pflegeberufe nachhaltig aufwerten. Wir sehen die Herausforderungen für jetzt –
wir haben im Endeffekt keine Zeit, drei Jahre zu warten, bis die ersten
Pflegelehrlinge fertig werden. Das heißt, wir haben
da einen massiven Handlungsbedarf.
Die Beispiele möchte ich Ihnen ersparen, weil da auch wirklich sehr drastische Beispiele gebracht werden, und ich möchte Sie jetzt nicht mit diesen Bildern in den Abend schicken.
Was ich aber auch noch sagen
möchte, ist: Es sind auch Einrichtungen für Menschen mit
Behinderungen kontrolliert worden, wo zum einen positiv ist, dass bei der
Qualität der Betreuung die Tendenz steigend ist, weil sich die
Einrichtungen sehr stark an der UN-Behindertenrechtskonvention orientieren und
sich deren schon bewusst sind. Es gibt aber trotzdem immer noch
keine Versorgungssicherheit für Menschen mit Behinderungen im großen
Ausmaß, und viele Gesetze sind auf das medizinische Modell der
Behinderung ausgerichtet anstatt auf das soziale Modell. Auch ist
sehr oft das Sichverlassen auf die Familie gefordert, besonders im Bereich
der Kleinkinder
und Babys, weil eben keine Angebote vorhanden sind.
Was noch dazukommt, ist, dass 72,5 Prozent der Menschen mit Behinderungen sehr oft Opfer physischer Gewalt sind und das so auch angeben, aber auch sexueller Gewalt, vor allem wenn es sich um Menschen mit Lernbeeinträchtigungen handelt. Gerade da sollte es uns umso mehr ein Ansporn sein, diesen Menschen auch eine sexuelle Selbstbestimmung zu ermöglichen. Da gibt es auch keine Altersgrenze nach oben, denn es sind auch ältere Menschen davon betroffen.
Was ich zum Schluss noch mitgeben möchte, weil wir ja
bei einem anderen Tagesordnungspunkt die Ausführungen von Kollegin
Grünberg gehört haben, was Begrifflichkeiten im Zusammenhang
mit Menschen mit Behinderungen betrifft: Es ist kurz danach wieder der Begriff
der Menschen mit besonderen Bedürfnissen gefallen. Ich
möchte das jetzt wieder und wieder hier feststellen und Ihnen allen
mit nach Hause geben: Wir haben alle besondere Bedürfnisse, da ist
niemand von uns ausgenommen. Ich möchte, dass
wir Menschen mit Behinderungen nicht so bezeichnen. – (Den Dank
auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den
NEOS, bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen sowie der Abg. Diesner-Wais.)
19.37
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Peter Weidinger
(ÖVP): Herr Präsident! Werte
Frau Volksanwältin! Die Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Politik lebt
von Vertrauen und von Hoffnung. Deswegen möchte ich an dieser Stelle dem
Präsidenten
und seiner Vorgängerin besonders dafür danken, dass wir dieses
schöne Hohe Haus den Österreicherinnen und den Österreichern in
dieser Bestimmung wieder übergeben haben. Tausende Menschen säumen
und besuchen dieses Haus täglich und werden damit auch Teil einer
lebendigen Demokratie,
weil sie transparent und vor Ort selbst erleben, wie wir Entscheidungen treffen
und wie Gesetze beschlossen werden.
Warum ist das so
wichtig? – Wir wissen alle, dass wir in einer Zeit leben, in der es
sehr viel Unsicherheit und viele Veränderungen gibt. Da ist es gut, zu
wissen, dass dieses Haus ein offenes ist. Daher ist auch die Volksanwaltschaft
als Hilfsapparat des Parlaments eine so wesentliche Einrichtung, weil das
Engagement der Mitarbeiterinnen und der Mitarbeiter und der Volksanwälte
dem Anliegen gilt, dass Politik und die Entscheidungen, die getroffen
werden, transparent sind. Dort, wo es Probleme gibt, kann man deren Darstellung auch auf diesem Weg einbringen und darüber miteinander diskutieren.
Was der Bericht zum Ausdruck gebracht hat, sind viele klare Punkte, die auch Handlungsanweisungen an uns sind, als Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Ich möchte in meinem
Beitrag zwei Punkte herausgreifen und mit dem ersten beginnen, den auch meine
Kollegin Frau Abgeordnete Fiona Fiedler benannt hat, das ist der
Bereich der Pflege. Ich glaube, jeder von uns weiß aus der eigenen
Familiengeschichte oder aus der Nachbarschaft, wie schön es ist,
dass wir in Würde altern können, dass aber natürlich mit dem
Alter auch Krankheitsbilder einhergehen, die eine besondere Fürsorge
notwendig machen.
Ich glaube, wir haben da mit der Zurverfügungstellung einer
zusätzlichen Milliarde im Pflegebereich eine gute Entscheidung
getroffen, um die Ausbildung
und vor allem die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass mehr Menschen, die
sich für die Ausbildung im Bereich der Pflege entschieden haben, auch
der Pflege erhalten bleiben und dort ihrer Berufung nachgehen.
Ich teile auch die Meinung der
Frau Kollegin, dass man da immer mehr machen muss, aber es ist auch gut, wenn
man das Ohr bei der Bevölkerung hat.
Daher auch an dieser Stelle ein Danke an die Volksanwaltschaft dafür, dass
sie neben dem Engagement der vielen Abgeordneten mit ihren
regelmäßigen Sprechstunden klare Empfehlungen ausspricht!
Ein weiterer Punkt, dessen ich
mich annehmen möchte, ist das Thema des Energiekostenausgleichs. Da hat es
Schwierigkeiten gegeben, wir wissen es alle. Wir wollen schnell helfen, wir
wollen zielsicher und treffsicher helfen, aber
das alles natürlich im Spannungsfeld der Rechtsstaatlichkeit und auch der
möglichen Vorgaben – sei es die Anwendung der Technik, sei
es aber auch das Zusammenspiel mit den Gebietskörperschaften. Deswegen hat
man
da auch schnell und gut reagiert. Es ist auch Staatssekretär Florian
Tursky im
Auftrag des Bundeskanzlers zu verdanken, dass wir stärker auf die Digitalisierung setzen, um eine bessere Verzahnung aller Daten möglich werden zu lassen, um treffsicherer auszuzahlen.
Ich möchte aber auch
festhalten, dass wir mit vielen Maßnahmen der durchschnittlichen
österreichischen Familie helfen. Nehmen Sie einen Pfleger, der 2 800 Euro
brutto verdient! Seine Frau, Lehrerin, verdient 2 000 Euro
brutto. Sie haben zwei Kinder. Durch die Steuerreform, durch die
Maßnahmen, die Hilfsleistungen und durch gute Gehaltsanpassungen hat
diese Familie
jetzt, im Jahr 2023, 4 600 Euro mehr zum Leben. Das ist gut und
richtig in unsere Haushalte investiertes Geld. Das macht Österreich
sozialer, das
macht Österreich so liebenswürdig, und das schafft Perspektive und
Zukunft.
Daher: Danke für das Engagement aller Abgeordneten
dafür, dass sie
so ein großes Ohr für die Bürgeranliegen haben, und für
die Unterstützung durch die Volksanwaltschaft! In diesem Sinne ein
kräftiges Glückauf, und packen wir es weiter
gemeinsam an! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)
19.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte sehr, jetzt sind Sie an der Reihe, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr
geehrter Herr Präsident! Meine Herren Volksanwälte, Frau
Volksanwältin! Danke auch meinerseits für
diesen wirklich sehr, sehr guten und umfangreichen Bericht! Ich möchte auf
die internationale Dimension Ihrer Arbeit eingehen und einerseits betonen,
dass ich es sehr, sehr wichtig finde, dass es mit dem IOI, mit dem
International Ombudsman Institute, auch gelingt,
Volksanwaltschaftsinstitutionen anderswo zu stärken –
in anderen Ländern, in denen es etwa keine gute Regierungsführung
gibt oder in denen das Gerichtssystem, das Rechtssystem
ein sehr schwaches ist.
Ich möchte da als Beispiel Polen anführen, wo der
vorletzte – er ist 2021 schon in Pension gegangen –
Volksanwalt Adam Bodnar ein wirklicher Fels in
der Brandung im polnischen Rechtssystem, das ja, wie wir wissen, sehr, sehr
hinterfragenswürdig ist, war. Eine polnische Regierung beschließt Gesetze, die gerade
Frauenrechte, sexuelle und reproduktive Rechte absolut aushöhlen, wir
wissen, dass es LGBTIQ-freie Zonen et cetera gibt,
und da war der Volksanwalt wirklich immer ein Fels in der Brandung und auch
eine Anlaufstelle für die Zivilgesellschaft, die sich dort wirklich gut
aufgehoben gefühlt hat.
Ich möchte auch Kolumbien nennen, wo es in weiten Teilen des Landes überhaupt keine Regierungsführung gibt, weil der Staat und seine Institutionen einfach nicht präsent sind, und die auch sehr dezentral aufgestellten Volksanwaltschaften, die ich dort kennenlernen durfte, wirklich die Anlaufstellen für Menschen sind, die sich von irgendwelchen Strukturen, die oft gar keine staatlichen sind, vollkommen willkürlich behandelt fühlen. Das ist also eine sehr, sehr wichtige Aufgabe: dieses Stärken der Institution an sich.
Das Zweite ist die Zusammenarbeit etwa mit den Vereinten Nationen. Ich weiß aus dem Bericht heraus, dass es etwa Workshops zum UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gegeben hat. Es haben zwar viele Länder das UN-Übereinkommen an sich ratifiziert, aber das Zusatzprotokoll, in dem es um die Individualbeschwerdeverfahren geht, nicht. Sich da auszutauschen und auch zu sagen, welche Erfahrungen wir zum Beispiel in Österreich haben, wo wir es ratifiziert haben, und dass man keine Angst zu haben braucht, auch das Individualbeschwerdeverfahren einzuführen, halte ich für sehr wichtig, weil es letztendlich Menschen mit Behinderungen einen viel einfacheren Weg zum Recht eröffnet.
Drittens komme ich auch noch auf die Europaratsebene zu
sprechen, wo es einen Austausch zwischen den Kommissionen in
Österreich und
dem CPT gibt, das auf europäischer Ebene Gefängnisse oder andere
Einrichtungen besucht, in denen Menschen angehalten werden, und man sich
da
zum Beispiel über die Situation von besonders vulnerablen Gruppen austauscht.
Da möchte ich Menschen, die in Gefängnissen älter werden und auf
deren Bedürfnisse in diesen Einrichtungen dann ganz oft nicht eingegangen
wird, herausnehmen. Da tauscht man sich aus, wie man das gut kontrollieren
kann, wie man Mängel gut dokumentieren kann und welche Verbesserungen und
Erleichterungen für diese Menschen notwendig und auch machbar
sind.
Das sind, denke ich mir, alles Arbeiten, die ausgesprochen wichtig und lobenswert sind – danke dafür und: Weiter so! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Diesner-Wais und Fischer.)
19.45
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.
Abgeordneter
Christian Lausch (FPÖ): Herr
Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin, die Herren
Volksanwälte! Wir haben jetzt schon sehr, sehr viel gehört. An Kollegin
Bayr: Daran, was Sie alles berichtet haben, sehen Sie, wie schön
und gut es in Österreich ist, aber es ist natürlich auch gut, wenn
man vergleicht, wie es in anderen Ländern ausschaut. Trotzdem glaube
ich, dass die Volksanwaltschaft da welt- und europaweit relativ wenig machen
kann, aber trotz allem ist es eine gute Geschichte, das zu hören.
Der Prüfbericht war wieder ein ganz großartiger,
sowohl im Sozialbereich als auch bei den Coronamaßnahmen – bei
den überzogenen Coronamaßnahmen, muss man sagen, dieser
Bundesregierung, was natürlich die Arbeit der Volksanwaltschaft nicht
leichter gemacht hat. (Zwischenruf des Abg.
Hörl.) – Kollege Hörl, ganz richtig, dass du
meiner Meinung bist! (Heiterkeit des Abg. Hörl.) –
Das macht natürlich die Arbeit der Volksanwaltschaft
jetzt nicht unbedingt leichter, genauso wie viele andere Maßnahmen, die
die Volksanwaltschaft in dem Bericht sehr, sehr gut aufgezeigt hat.
Man muss schon sagen, dass die
Volksanwaltschaft natürlich ein ganz wichtiges Hilfsorgan für uns
Parlamentarier ist, immer wieder Inputs gibt, Überprüfungen im
Strafvollzug, im Pflegebereich und bei der Polizei macht. Kollege Herbert,
mein Vorredner, hat schon ausgeführt, dass es bei der Rekrutierung
und den Pensionierungen bei der Polizei nicht gut läuft, und das kann man
aus den Volksanwaltschaftsberichten auch sehr, sehr gut herauslesen. Da
sieht man, wo es in der Republik krankt, wo nicht gut gearbeitet wird und wo
man nachbessern sollte. Da unterstützt uns die Volksanwaltschaft sehr,
sehr gut.
Es hat 2022 Probleme bei der
Auszahlung des Klimabonus gegeben. Wir haben vor circa einer Stunde, eineinhalb
Stunden in diesem Haus den Klimabonus 2023 mehrheitlich
beschlossen – also man muss sagen, eigentlich haben ihn nur die
Regierungsparteien beschlossen; die Opposition hatte auch beim
neuen Modus des Klimabonus wieder ihre Bedenken, was natürlich ganz, ganz
klar ist: Wie gesagt ist man ja 2022 hergegangen und hat an verurteilte
Straftäter ausbezahlt, die nie und nimmer eine Leistung oder einen Ausgleich
verdient hätten, denn wenn man eingesperrt ist, braucht man natürlich
diesen Ausgleich nicht, weil man keine Stromrechnung, keine Spritrechnung und
so weiter zahlt.
Das ist ja schon
schiefgelaufen. Bis heute warten noch circa 1 000 auf den Klimabonus 2022,
und der Klimabonus 2023 macht mich jetzt auch nicht
viel glücklicher. Seien wir gespannt! Es ist natürlich immer sehr,
sehr gut, wenn die Bundesregierung Geld ausschüttet, aber dann sollte man
es halt können. Das Klimaministerium unter der Leitung von
Bundesministerin Gewessler hat bewiesen: Dort kann man es einfach nicht.
In diesem Sinne ist es immer wichtig, dass die Volksanwaltschaft ein Auge darauf hat und dann in ihren Berichten immer aufzeigt: Da krankt es, da gehört nachgeschärft. Dann wird auch sehr oft nachgeschärft, und das ist gut so.
In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal bei den
Volksanwälten und bei der Frau Volksanwältin und ihren Mitarbeitern
in der Volksanwaltschaft
für diese hervorragende Arbeit für uns Parlamentarier. Ich
wünsche gutes Gelingen und freue mich schon auf die nächsten
Berichte. – Danke schön.
(Beifall bei der FPÖ.)
19.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Ribo zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Bedrana Ribo, MA
(Grüne): Herr Präsident!
Geschätzte Volksanwältin, geschätzte Volksanwälte!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen! Es ist sehr erfreulich,
dass sich die Volksanwaltschaft in diesem Bericht dem Thema Pflege gewidmet
hat. Es ist ein wichtiges Thema für
unser Land, für die Gesellschaft, und es ist auch ein
Brennpunktthema – deswegen nochmals: Danke, dass Sie da genau
hinsehen! (Beifall bei den Grünen
sowie der Abgeordneten Diesner-Wais und Pfurtscheller.)
Bis 2030 brauchen wir in der Pflege knapp 100 000 neue Personen. Der Fachkräftemangel ist in der Pflege das allgegenwärtige Thema – das wissen wir ‑, deshalb ist es umso schöner, dass auch die Ausbildungsoffensive, die die Bundesregierung mit der Pflegereform gestartet hat, von der Volksanwaltschaft positiv hervorgehoben wird.
Wir haben in diesem Bereich wirklich für alle, für alle Personen, die in der Pflege arbeiten möchten, die in die Pflege einsteigen möchten, Möglichkeiten geschaffen, Alternativen geschaffen – sei es nun über die drei- und fünfjährigen Pflegeschulen, sei es über die Pflegelehre, das Pflegestipendium für Quereinsteiger:innen, aber natürlich auch durch die volle Unterstützung weiterhin für die Akademisierung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP); und das alles ge-
paart damit –
und das war uns ganz wichtig, das war wirklich sowohl dem Koalitionspartner
als auch uns wichtig –, dass wir für die vielen
Frauen – weil
es oft Frauen sind, die in der Pflege arbeiten – eine
Durchlässigkeit schaffen, damit eben auch dort Karrieren möglich
sind.
Dass das erkannt wurde, freut
mich sehr, und dass diese Schritte auch greifen werden, das ist jetzt schon in
dem Bericht zu lesen und auch in
der Realität spürbar, aber in Zukunft wird es noch stärker
spürbar sein.
Die Arbeit der Volksanwaltschaft ist es eben, genau hinzuschauen, auch dort, wo es Schwierigkeiten gibt, wo es Missstände gibt, und eben auch Punkte aufzuzeigen, wo noch Handlungsbedarf besteht.
Gerade in der Pflege ist es
besonders schwierig, zum Beispiel eben einheitliche Qualitätsstandards
einzuführen, weil der Bund da nicht viel mitreden
kann. Die Verantwortung liegt da bei den Ländern, und grundsätzlich
weiß jeder, der sich mit Pflege beschäftigt oder sich in dem Bereich
auskennt, wie
schwierig die Zuständigkeitsbereiche in der Pflege sind.
Weiters hängt die Qualität natürlich auch bei den Pflegeheimen sehr oft individuell von den Personen ab, von der Leitung, von den Menschen, die dort arbeiten, von ihrem Engagement. Die Kritik in diesem Punkt ist natürlich nachvollziehbar: Es darf nicht passieren, dass Bewohner:innen durch Medikamente in ihrer Freiheit beschränkt werden. Das darf es einfach nicht sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Überforderung und das
fehlende Personal entschuldigen dieses Vorgehen keineswegs und es braucht da
mehr Sensibilität. Dennoch gibt es natürlich auch Best-Practice-Beispiele –
und das möchte ich hier auch noch einmal erwähnen –:
Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, die trotz der sehr, sehr großen Herausforderungen,
der sehr, sehr schwierigen personellen Situation hervorragende Leistungen
erbringen und ihren Betrieb wirklich gut über
den Tag bringen beziehungsweise in Zusammenarbeit mit den vielen engagierten
Mitarbeiter:innen auch Großes leisten. Diese Best-Practice-Beispiele
müssen wir auch immer wieder erwähnen, und
natürlich ist es das Ziel,
dass es immer mehr und mehr Best-Practice-Beispiele gibt. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zu guter Letzt möchte ich mich natürlich auch im
Namen meiner Fraktion noch einmal für
Ihre Arbeit bedanken. Es ist sehr wichtig, dass es eine Institution
wie die Volksanwaltschaft gibt, die genau hinschaut, Missstände
aufzeigt, dass aber auch Positives nicht unerwähnt bleibt. –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
19.53
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte sehr, Herr Doktor.
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter
(NEOS): Herr Präsident!
Geschätzte Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Hohes
Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich knüpfe gleich bei
meiner Vorrednerin an,
die ihre Dankesworte an den Schluss gestellt hat, und möchte mich wirklich
aus tiefster Überzeugung für Ihre Arbeit bedanken.
Wir hatten unlängst im
Ausschuss die Gelegenheit, den Bericht 2022 sehr ausführlich zu
besprechen. Es war sehr aufschlussreich und auch
sehr überzeugend, wie Sie zu den einzelnen Fragen Stellung genommen haben
und wie Sie die Probleme sehen, für deren Überprüfung Sie als
Volksanwaltschaft eingerichtet sind.
Es geht einerseits um die Überprüfung der staatlichen Verwaltung und andererseits um die präventive Menschenrechtskontrolle. Beides sind sehr zentrale, wichtige Themen, und in beiden Bereichen fahren Sie so quasi mit Ihrem Radar über alle Verwaltungsbereiche.
Für mich von besonderem Interesse ist natürlich der Justizbereich, und da insbesondere der Bereich des Maßnahmenvollzugs, der dadurch gekennzeichnet ist, dass im vergangenen Jahr ein Gesetz betreffend die Reform des Maßnahmenvollzugs beschlossen worden ist (Abg. Lausch: Leider!), das aber meines Erachtens doch einige gravierende Mängel aufweist.
Wir stehen vor dem Problem,
dass mit September 2023 ein wesentlicher Teil dieses
Maßnahmenvollzugsgesetzes in Kraft treten wird, und zwar in
der Weise, dass eben viele Menschen, die als Jugendliche in den Maßnahmenvollzug
gekommen sind, jetzt zu entlassen sind. Diese Menschen wurden geradezu
hospitalisiert. Da ist es sicherlich wichtig, zu überlegen, ob diese
Menschen in der Lage sind, den Alltag ohne Hilfe zu bewältigen.
Auf dieses Problem hat auch die Volksanwaltschaft aufmerksam gemacht.
Mit diesem Problem ist
natürlich insbesondere die Frau Justizministerin sehr stark konfrontiert,
und aus den Gesprächen ergibt sich, dass da sehr
wohl an Maßnahmen gearbeitet wird, um zu verhindern, dass sowohl für
die Gesellschaft auf der einen Seite, aber auch für die Individuen, die
da freigelassen werden, auf der anderen Seite große Probleme entstehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt,
der auch irgendwie strukturelle Ursachen haben wird und auf den auch die
Volksanwaltschaft sehr deutlich ihren Finger
legt, ist die doch hohe Zahl an Suiziden im Bereich des Strafvollzuges. Da muss
man schon ganz genau hinschauen, weil es ja nicht sein kann, dass der
Strafvollzug den Rahmen dafür bildet, dass Menschen sich aus Verzweiflung
das Leben nehmen.
Das hat wie gesagt einerseits oft Ursachen in der baulichen
Ausstattung – dass die Unterbringung einfach nicht adäquat ist,
weil zu viele Menschen in
den einzelnen Hafträumen untergebracht sind –, hat aber wahrscheinlich
andererseits auch damit zu tun, dass wir einen Personalmangel im Bereich
der Justizwache zu beklagen haben – Kollege Lausch wird das wohl
bestätigen können. Das führt dazu, dass, gerade weil am
Wochenende zu wenig
Personal zur Verfügung steht, die Menschen den Haftraum nicht verlassen können, was teilweise sogar den bestehenden gesetzlichen Regelungen widerspricht. Da werden wir als die Legislative, gemeinsam mit der Volksanwaltschaft, also wirklich auch ständig den Finger auf diese Wunden legen müssen, damit wir zu einem zeitgemäßen und humanen Strafvollzug kommen.
Ich könnte jetzt natürlich noch sehr, sehr viele Punkte ansprechen, gehe aber davon aus, dass meine Redezeit in der Zwischenzeit erschöpft ist, Herr Präsident, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)
19.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das waren 4 Minuten.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte.
Abgeordneter
Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter
Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin, liebe Gaby
Schwarz! Geschätzte Herren Volksanwälte! Ich bin sehr froh und
eigentlich sehr glücklich, dass ich zum Thema Volksanwaltschaft ein
paar Sätze sagen darf, weil mir die Arbeit, die ihr macht, extrem
wichtig erscheint und sie sehr wertvoll ist, und ich muss wirklich –
stellvertretend für viele – Danke sagen: für eure Arbeit,
dafür, was
ihr Volksanwälte leistet. Ich möchte aber nicht nur euch Danke sagen,
sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil die, glaube ich, auch
Übermenschliches leisten; und auch den Kommissionen ein herzliches:
Danke!, für eure großartige Arbeit zum Wohle vieler. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich denke, dass die
Volksanwaltschaft an und für sich wirklich eine ganz, ganz wertvolle
Einrichtung ist. Sie bietet für jene Menschen, die es vielleicht
nicht so leicht haben, die Möglichkeit einer niederschwelligen Auskunft,
einer Beratung, einer Hilfestellung, um einfach auch schwierige Zeiten meistern zu können.
Ich denke, dafür ist diese Einrichtung wirklich ausgezeichnet
geeignet, und es ist umso wichtiger, dass wir sie haben und dass sie auch in Zukunft erhalten bleiben wird.
Ich darf ganz kurz auf den Bericht
eingehen: Geprägt war das letzte Jahr natürlich von diesen
multiplen Krisen – einerseits Covid, andererseits der Angriffskrieg
Russlands auf die Ukraine, dann die gestiegene Inflation –, und so
hat es im letzten Jahr einen Rekord an Beschwerden gegeben. Wenn ich richtig informiert
bin und den Bericht richtig zitiere, dann waren alleine im letzten Jahr
über 24 000 Beschwerden zu bearbeiten, und das war –
mehr
oder weniger – leider Gottes ein neuerlicher Rekord. Hauptbetroffen
waren die Bereiche Soziales, Gesundheit und innere Sicherheit.
Ich möchte aber auch dazu
einladen, die Sprechtage zu nutzen. Es ist ja so, dass die Reisebereitschaft
der Volksanwälte in alle Bundesländer sehr groß ist.
Gott sei Dank werden diese Sprechtage in allen Bundesländern angeboten. So
ist zum Beispiel der nächste Termin am 22. Juni in Innsbruck, und
diesen wird Volksanwalt Achitz wahrnehmen.
Geschätzte Damen,
geschätzte Herren! Ich möchte aber auf einen weiteren Aspekt des
Berichtes eingehen. Es ist ja so, dass es in Kooperation mit dem ORF die
Sendung „Bürgeranwalt“ mit Peter Resetarits gibt. Sie ist
immer wieder
sehr interessant, und ich bin ein großer Fan dieser Sendung, weil immer
wieder sehr interessante Fälle gebracht werden.
Ich darf von zwei Fällen
berichten: Am 7. Jänner 2023 ist es darum gegangen, dass ein
Waldbesitzer – 43 Hektar – einen sehr großen
Wildschaden hatte, und da hat man dieses Thema intensivst diskutiert.
Am 10. September 2022 – ich glaube, das war einer der ersten
Auftritte unserer neuen Volksanwältin Gaby Schwarz – ging es um
eine Hundezucht im Wohngebiet, wovon der Nachbar logischerweise nicht so
begeistert war, einerseits
wegen dem Lärm und andererseits wegen der Geruchsbelästigung. Also
das sind immer wieder interessante Fälle, und ich würde wirklich
empfehlen, dass
man sich diese Sendung ansieht, weil sie wie gesagt sehr interessant und durchaus informativ ist.
Ich darf ganz kurz noch ein paar
Sätze zum Thema Justizwacheanstalt in Innsbruck, Tirol, sagen. Aus
dem Bericht geht eindeutig hervor, dass es einerseits aufgrund einer
Baumaßnahme aus den Siebzigerjahren Platzmangel für die Insassen in
den Zellen gibt und dass andererseits ein Offenhalten der Ordination des
Anstaltsarztes durchgehend sieben Tage die Woche nicht möglich ist, weil
leider Gottes Personalmangel herrscht. Das Wesentlichste aus meiner
Sicht ist – ich denke, da muss man auch politisch vonseiten des
Justizministeriums entsprechende neue Akzente setzen –: Wir
haben einfach das Problem, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in
der Justizwache Mangelware sind. Es ist so, dass dieser
Fachkräftemangel auch in diesem Bereich Einzug gehalten hat. Also das
sind durchaus Themenfelder, hinsichtlich
derer wir wieder eine politische Arbeit ableiten müssen, richtige Akzente
setzen müssen und so letztendlich diese Situation verbessern können.
In diesem Sinne abschließend ein herzliches: Dankeschön für die Arbeit!, und ich würde alle einladen, die mit der Volksanwaltschaft noch nie Kontakt gehabt haben, aber Hilfe suchend sind und den Kontakt brauchen: Nützt dieses Angebot, es ist großartig, was wir mit der Einrichtung der Volksanwaltschaft in Österreich haben! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
20.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lindner. – Bitte. (Abg. Lindner – auf dem Weg zum Redner:innenpult, erheitert –: Bei mir hat es das Problem eh nie gegeben!)
Abgeordneter
Mario Lindner (SPÖ): Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ihr alle
da seid (erheitert) bei der Debatte zum Bericht
der Volksanwaltschaft (Heiterkeit) –
also wirklich:
Mein Kompliment!
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ganz zu Beginn möchte ich unseren Volksanwält:innen und den
Mitarbeiter:innen der Volksanwaltschaft
Danke sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP,
Grünen und NEOS.) Sie leisten sowohl bei der Kontrolle der
öffentlichen Verwaltung
als auch im Bereich der präventiven Menschenrechtskontrolle enorm wichtige
Arbeit für die Menschenrechte in unserem Land. Dafür wirklich ein großes Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)
Auch wenn es schon spät
ist, finde ich es schade, dass keine Mitglieder der Bundesregierung den Abend
nutzen, um der heutigen Diskussion beizuwohnen. Liebe Kolleg:innen der ÖVP
und der Grünen! Ich hoffe, ihr könnt euren Ministerinnen und
Ministern etwas mitgeben, nämlich dass diese Berichte nicht einfach in der
Schublade verschwinden sollen. Wir alle hier im Parlament,
aber auch in der Regierung wären wirklich gut beraten, uns diese beiden
Berichte der Volksanwaltschaft gut durchzulesen. Das könnte einigen
von uns vielleicht endlich die Augen für die Probleme, vor denen viele
Menschen Tag für Tag stehen, öffnen.
Zum Beispiel im
Gesundheitsbereich: Da hat die Volksanwaltschaft 2022 mehr als
400 Beschwerden im Bereich der Krankenversicherungen und 700 in
Gesundheitsfragen bearbeitet. Angesprochen sind dabei Bereiche, die wir hier im
Parlament schon oft diskutiert haben und bei
denen wir von der Regierung
oft genug gehört haben, dass es eh keine großen Probleme
gibt. Eklatanter Ressourcenmangel, fehlendes Personal, nicht besetzte
Kassenplanstellen und enorme Kosten durch
Inanspruchnahme von Wahlärzt:innen, einfach weil die Wartezeit bei
Kassenärzten zu lange wäre: Mit all dem hat sich die
Volksanwaltschaft beschäftigt und dazu auch konkrete Lösungen
vorgeschlagen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie wären gut beraten, sich diese Vorschläge anzuschauen, statt Probleme wegzureden, vor denen unzählige Österreicher:innen Tag für Tag stehen.
Oder schauen wir uns den Sozialbereich und die sogenannten Antiteuerungsmaßnahmen dieser Regierung an: Schwarz auf weiß finden Sie in diesem Bereich all das, wovor wir immer gewarnt haben: fehlende soziale Treffsicherheit. „Vor allem ältere Menschen“, die – ich zitiere – „angesichts der vielen unterschiedlichen Einmalzahlungen den Überblick verloren“ haben, genau diese älteren Menschen sind auch die, die von dieser Regierung viel zu oft im Stich gelassen worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Volksanwaltschaft berichtet zum Beispiel von einer
55-jährigen Wienerin, die ihren pensionierten Mann und ihre
13-jährige Tochter de facto allein
von ihrem Gehalt erhält. Ihr pensionierter Mann bekam trotz winziger
Pension nicht die groß versprochene 500-Euro-Einmalzahlung, sondern
gerade
einmal läppische 61 Euro und 55 Cent. In einem anderen Fall
zahlte die Regierung einer
niederösterreichischen Mindestpensionistin läppische 176 Euro
aus – mitten in der größten Teuerungskrise seit
Jahrzehnten.
Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lesen Sie diesen Bericht und schauen Sie sich die Schicksale an, die von den Gesetzen und Beschlüssen dieses Hauses mitbestimmt werden! Vielleicht nehmen Sie unsere Warnung in Zukunft einmal ein bisschen ernster und helfen jenen Personen, die es wirklich brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)
20.06
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Volksanwältin Schwarz. – Bitte sehr.
Volksanwältin Gabriela Schwarz: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Sehr
verehrte Damen und Herren hier – vorhin habe ich noch jemanden
auf der Galerie gesehen – und auch zu Hause, wenn Sie uns noch
zusehen! Ganz zu Beginn möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft so viel
Respekt zollen und ihre Arbeit wirklich zu schätzen wissen, wir tun das
auch – tägliche Arbeit, die
nicht nur bei uns im Haus, in der Volksanwaltschaft, sondern auch von den Kommissionen, die für uns unterwegs sind, geleistet wird; auch das sei an dieser Stelle erwähnt. Sie alle leisten ihren Beitrag dazu, dass die Volksanwaltschaft diese Berichte vorlegen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Es wurde schon viel über
die große Anzahl von Beschwerden, die wir zu bewältigen hatten,
gesagt. Ich möchte das jetzt gar nicht wiederholen, sondern
nur einige Dinge herausnehmen und erwähnen.
Es war uns nach Covid wieder
der direkte Kontakt zu den Menschen
wichtig. Es wurden zwar die digitalen Herausforderungen gut bewältigt, es
war nach wie vor möglich, dass die Kommissionen unterwegs sind, dass die
Volksanwälte ihre Arbeit verrichten, wir haben unzählige Briefe,
Mails erhalten, es gab auch Videokonferenzen, aber wir merken sehr deutlich,
dass die Sprechtage jetzt wesentlich besser angenommen werden, weil der
persönliche Kontakt mit uns und mit unseren Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen
extrem wichtig ist.
Ich möchte allerdings auch
sagen, dass wir zu schätzen wissen, dass Österreich ein sehr gut
verwalteter Staat ist. Das hindert uns aber nicht daran, die
Finger dort in die Wunden zu legen, wo wir glauben, dass Nachholbedarf besteht
und wo die Luft nach oben noch sehr deutlich zu spüren ist. Dazu gibt es
auch die Volksanwaltschaft.
In meinem Geschäftsbereich gab es einige
Auffälligkeiten. Das war zum Beispiel im Bereich des Finanzministeriums
der Energiekostenausgleich, bei dem
wir sehr zeitig gemerkt haben, dass einiges nicht so funktioniert, wie es
eigentlich gedacht gewesen wäre, woraufhin wir dann das
Finanzministerium
um Gespräche gebeten haben, was auch dazu geführt hat, dass die
Hotline personell wesentlich verstärkt wurde.
Wir merken auch, dass die Menschen den persönlichen Kontakt mit der Sachbearbeiterin und dem Sachbearbeiter im Finanzamt vermissen. Auch da ist selbstverständlich Nachholbedarf gegeben, wenn es um die persönliche Betreuung geht.
Mir sind einige Dinge in den Reden aufgefallen, auf die ich
ganz gerne Bezug nehmen möchte. Das eine ist das Thema Straf- und
Maßnahmenvollzug:
Ja, wir stehen gerade im Strafvollzug und im Speziellen im
Maßnahmenvollzug vor großen Aufgaben. Der Strafvollzug hat, was das
Personal betrifft, ähnliche Probleme wie der Pflege- und
Gesundheitsbereich, nämlich einen akuten Mangel sowohl im Exekutivbereich
als auch beim Fachpersonal – das betrifft
Sozialarbeiter:innen, Psychotherapeut:innen und Psychiater –, wo wir
sehr deutlich merken, dass da noch einiges aufzuholen ist. Es
wird an Verbesserungen gearbeitet, das heißt bessere Bezahlung, um eine
zusätzliche Attraktivität bieten zu können.
Im Maßnahmenvollzug, das, was Abgeordneter Margreiter angesprochen hat, bereitet uns – wir haben darüber auch vor zwei Wochen im Menschenrechtsbeirat gesprochen – die Nachbetreuung derjenigen, die ab September freikommen sollen, und ihrer Familien große Sorge, denn die Nachsorgeinstitutionen sind ja schon jetzt am Limit, was das Personal betrifft. Die Justizministerin hat zugesichert, dass es Fallkonferenzen geben soll, in denen über jeden Fall individuell entschieden werden soll, ob es tatsächlich so sein kann, dass Menschen dann relativ unbetreut ihr Leben bestreiten können.
Wir werden vonseiten der Volksanwaltschaft und vonseiten der
Bundeskommission ein wachsames Auge oder mehrere wachsame Augen darauf
haben.
Das kann ich Ihnen zusagen, denn auch uns ist es ein großes
Bedürfnis, dieses Problem wirklich im Auge zu behalten und
zusätzliche Maßnahmen
zu treffen, um den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu
ermöglichen.
Der Maßnahmenvollzug ist,
auch was die Nachsorgeeinrichtungen betrifft, eine riesige Herausforderung,
denn Pro Mente Plus zum Beispiel ist auch am
Limit. Wir merken auch, dass es zusätzliche Kapazitäten in den Bundesländern geben sollte, weil es für die Menschen auch wichtig ist, sich in einem sozialen Umfeld bewegen zu können. Das betrifft auch den Strafvollzug.
Ich möchte das, was
Kollege Lausch als Antwort auf Frau Abgeordnete
Bayr gesagt hat, ein bissel relativieren. Ich möchte es sogar sehr stark
relativieren, denn das, was Frau Abgeordnete Bayr gesagt hat, ist schon
ein
extrem wichtiger Austausch, nämlich auf Europaebene und auch auf internationaler
Ebene.
Wir hatten vor Kurzem, zu
Beginn des Monats Mai, 50 Nationen bei uns
in der Volksanwaltschaft im Haus, das Boardmeeting des International Ombudsman Institute – wir in der
Volksanwaltschaft sind ja das Generalsekretariat –,
und der internationale Austausch ist sehr
wohl eine gute Möglichkeit, Menschenrechte auch in anderen
Staaten, in anderen Ländern überprüfen zu können.
Wir haben beim Boardmeeting
eine Resolution verabschiedet, was die Ombudsfrau in Haiti betrifft, die
extrem unter Druck ist – under threat –, und ich
konnte vergangene Woche mit dem High Commissioner Volker Türk, der bei uns
in der Volksanwaltschaft zu Gast war, auch dahin gehend ein Gespräch
führen. Er war erst vor Kurzem in Haiti und konnte direkt berichten, wie
katastrophal die Zustände bezüglich Menschenrechte und für
die Organisationen, die sich dort um die Menschenrechte kümmern,
sind.
Diese Verbindungen – zum High Commissioner, aber auch international – helfen uns, was die Fortbildung betrifft, was die Unterstützung betrifft, was die Weiterbildung betrifft, auch auf europäischer Ebene, und das sollten wir nicht außer Acht lassen: voneinander lernen und natürlich auch Menschen, Ombudsmenschen, unterstützen, und das weltweit.
Nur zur Größenordnung: Wir haben im Moment circa
200 Mitgliedsorganisationen aus 100 verschiedenen Staaten, und
wir sind selbstverständlich
auch mit einer eigenen UN Working Group dran. Diese Kontakte, diese Projekte,
die wir bereits mit UN-Organisationen wie Unitar oder UNHCR haben,
zu verstärken ist auch eine wesentliche Aufgabe. (Beifall bei Abgeordneten
von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
Sie sehen, meine Damen und Herren, wir werden auch
weiterhin national und international gefordert sein. Ich möchte mich
nochmals für Ihre Unterstützung und für die
konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken, auch im Ausschuss, weil ich
sehr wohl merke, wie groß das Interesse Ihrerseits ist –
und auch das weiß ich als ehemalige Abgeordnete zu schätzen. Ich
bedanke mich sehr dafür und hoffe, dass die nächsten Berichte der
Volksanwaltschaft
auf ebenso großes Interesse stoßen. – Danke. (Beifall
bei ÖVP,
SPÖ, Grünen und NEOS.)
20.12
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Achitz. – Bitte sehr.
Volksanwalt
Mag. Bernhard Achitz: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Damen und
Herren! Ich möchte mich in
meinem Redebeitrag auf jene Punkte im Bericht konzentrieren, bei denen wir den
Nationalrat gefordert sehen, weil die Probleme, die geschildert wurden, nur durch
gesetzliche Änderungen behoben werden können.
Ich beginne mit dem Heimopferrentengesetz, das Frau Abgeordnete Fischer schon angesprochen hat. Es wurde geschildert, dass es dabei um Menschen geht, die in ihrer Kindheit oder Jugend in Heimen oder ähnlichen Einrichtungen der Jugendhilfe schwer misshandelt wurden.
Im Moment melden sich sehr, sehr viele Bewohnerinnen und Bewohner von Taubstummeninstituten – so hieß das damals –, in denen gehörlose Kinder und Jugendliche untergebracht und auch unterrichtet wurden. Diese wurden in diesen Einrichtungen auch sehr misshandelt.
Eines dieser Taubstummeninstitute war in Speising. Dort
waren Jugendliche und Kinder aus Wien und
Niederösterreich, und das war eine Bundeseinrichtung.
Ich sage das deswegen hier, denn zusätzlich zur Heimopferrente, die die
Volksanwaltschaft abwickelt und die als Geste der Republik für das
Leid, das
die Kinder und Jugendlichen erfahren haben, gedacht ist, gibt es noch die
Möglichkeit, beim Betreiber der Einrichtung eine Entschädigung
geltend zu
machen.
Sie kennen zum Beispiel die Klasnic-Kommission der katholischen Kirche, aber auch die Bundesländer haben solche Anlaufstellen. Wenn diese der Betreiber der Kinderheime oder anderer Einrichtungen waren, in denen derartige Misshandlungen stattgefunden haben, dann kann man zusätzlich zu dieser Heimopferrente, die man bekommt, die ja nicht sehr hoch ist, beim Betreiber der Einrichtung eine pauschalierte Schadenersatzleistung geltend machen.
Alle Bundesländer machen das noch, bis auf
Wien – dort hat man die Entschädigungszahlungen
eingestellt. Man hat das eine Zeit lang abgewickelt
und dann gesagt: Jetzt nehmen wir keine derartigen Anträge mehr entgegen!,
und auch der Bund hat die Entschädigungszahlungen eingestellt.
Das heißt, Menschen, die in Salzburg in einem
Taubstummeninstitut waren, können zusätzlich zur Heimopferrente noch
eine Entschädigung geltend machen; Menschen, die in Speising
waren, können das nicht, weil der Bund die Entschädigungszahlungen
eingestellt hat. Das gilt im Übrigen zum Beispiel auch für
Menschen, die in ihrer Jugend in Kaiserebersdorf untergebracht waren. Auch
diese können keine Entschädigung mehr geltend machen,
weil der Bund die Entschädigungszahlungen eingestellt hat. –
Ich bitte Sie, das zu überdenken.
Eine zweite Sache, eben auch im
Zusammenhang mit diesen Entschädigungszahlungen, ist uns aufgefallen:
Schwere Misshandlungen führen dazu, dass
sich die Entschädigungszahlungen dann in einer Höhe von 10 000,
15 000, womöglich 20 000 Euro bewegen. Wenn Sie zu dem
Zeitpunkt, an dem Sie
diese Entschädigungszahlung bekommen, Mindestsicherung beziehen, wird bei der nächsten routinemäßigen Überprüfung Ihres Kontostandes festgestellt: Hoppala, da ist ja Geld am Konto!, und die Mindestsicherung wird eingestellt, bis das Geld aufgebraucht ist.
Das heißt, die Menschen,
die eine solche Entschädigungszahlung bekommen und Mindestsicherung
beziehen, haben dann nichts von dieser Entschädigungszahlung. Ich
halte auch das für unbefriedigend und würde Sie bitten,
sich auch das anzusehen und eine gesetzliche Änderung in diesem Bereich anzudenken.
(Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Im Bereich der
nachprüfenden Kontrolle der Verwaltung haben wir besondere Probleme bei
der Auszahlung des Kinderbetreuungsgelds festgestellt. Da
wurde heute in diesem Haus schon reagiert: Ich habe gehört, Sie haben
heute schon einen Entschließungsantrag verabschiedet, der eine
Härtefallregelung beim einkommensabhängigen
Kinderbetreuungsgeld vorsehen soll. Ich halte das für äußerst
notwendig – wir hatten viele Fälle in diese
Richtung – und
hoffe, dass dieser Entschließungsantrag sehr bald zu einer gesetzlichen Änderung
führt.
Wo es auch riesige Probleme gibt, ist beim Bezug des Kinderbetreuungsgelds, wenn ein Elternteil im Ausland arbeitet. Da wartet man oft ewig auf die Auszahlung des Kinderbetreuungsgelds.
In einem Fall haben wir ein jetzt achtjähriges Kind,
und die Eltern kämpfen noch immer ums Kinderbetreuungsgeld, weil zum
Zeitpunkt der Geburt und danach ein Elternteil an der Uni in Wien
gearbeitet hat, der andere Elternteil an der Uni in Utrecht, und die
österreichischen Behörden verlangt haben, dass
man das Kinderbetreuungsgeld in den Niederlanden beantragt. Die
niederländischen Behörden haben mehrfach
ausgedrückt, dass es in den Niederlanden
keine derartige Leistung gibt und diese auch nicht zusteht, und trotzdem haben
die österreichischen Behörden gesagt: Nein, da muss man in den Niederlanden berufen,
nachfragen, noch einmal versuchen, das zu bekommen!, und haben die
Leistung nicht ausgezahlt.
Die Familie hat inzwischen österreichische Gerichte angerufen, hat in erster Instanz gewonnen, hat in zweiter Instanz gewonnen. Die Krankenkasse, aufgefordert durchs Familienministerium, ist jedes Mal in Berufung gegangen. Die Eltern laufen dem Kinderbetreuungsgeld noch immer nach.
Und das ist kein Einzelfall! Das Familienministerium hat eine Weisung an die Krankenkassen, die das Kinderbetreuungsgeld zu vollziehen haben, herausgegeben. Am Deckblatt dieser Weisung steht: „Alle Rechte vorbehalten. [...] Jede Verwertung [...] ist ohne schriftliche Zustimmung des Medieninhabers unzulässig.“ – Das ist also eine Weisung, die offensichtlich geheim bleiben soll – schon das ist einmal seltsam, denn die Bürgerinnen und Bürger sollen ja wissen, wie ein Gesetz vollzogen wird.
Im Inhalt dieser Weisung steht
unter anderem: „Es haben keinerlei behördliche Kontaktaufnahmen bei
Problemen der Eltern mit den ausländischen Behörden zu erfolgen.
Die KVT“ – die Krankenversicherungsträger, an die sich
diese Weisung richtet und die mit der Vollziehung beauftragt sind –
„sind nicht
die Vertreter der Eltern! Dementsprechende Aufforderungen durch die Eltern oder
Dritte (auch, wenn es sich dabei um den Volksanwalt oder Interessensvertretungen
handelt) sind daher kategorisch abzulehnen.“
Das ist eine Weisung, die die
vollziehenden Behörden dazu auffordert, genau nicht bürger:innenfreundlich – und im Übrigen auch
europarechtswidrig –
zu agieren. Ich würde Sie bitten, da einmal draufzuschauen und das
möglichst rasch abzustellen, damit die Menschen dann zum
Kinderbetreuungsgeld kommen, wenn sie es am dringendsten brauchen, nämlich
dann, wenn die Kinder klein sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei
Abgeordneten von FPÖ, Grünen
und NEOS.)
Beim Mutter-Kind-Pass, zu dem
heute eine Gesetzesänderung vorgelegt wurde, wird durch diese
Änderung ein Problem behoben, nämlich das Problem,
dass – banal ausgedrückt – Eltern die Untersuchungen
durchführen lassen, den Nachweis aber nicht rechtzeitig erbringen und
dafür dann sehr hohe Strafen zahlen. Das wird dadurch behoben,
dass das Ganze in Zukunft elektronisch
abgewickelt wird, was wir sehr
begrüßen. Es dauert aber noch zwei, drei
Jahre, bis das elektronisch abgewickelt wird, und in der Zwischenzeit besteht
das Problem weiter: Wenn jemand vergisst, den Nachweis zu schicken, kostet
ihn das mindestens 1 300 Euro.
Ich halte das für
maßlos überzogen. Ja, es soll sanktioniert werden, wenn die
Untersuchungen nicht durchgeführt werden, aber dann, wenn
die Untersuchungen durchgeführt werden – unter
Umständen und meistens sogar durch Kassenärzte –, die
Krankenkassen die Daten haben und nur der Nachweis
fehlt, 1 300 Euro von jungen Eltern einzubehalten, halte ich für
überzogen, und man sollte auch in der Übergangsphase darauf schauen,
dass das nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ sowie der
Abgeordneten Rauch und Fischer.)
Letzter Punkt: der heute
mehrfach angesprochene Punkt der Pflege. Es wurde auch schon ein Fall in
Salzburg angesprochen, bei dem wir ganz besonders gravierende
Missstände festgestellt haben. Das größte Problem bei dieser
Missstandsfeststellung in Salzburg, wo wir dehydrierte, unterernährte,
nicht wundversorgte Patientinnen und Patienten vorgefunden haben, ist, dass die
Aufsicht des Landes mehrmals in dieser Einrichtung war und keinen
Grund einzuschreiten gesehen hat, weil angemessene Pflege in Österreich
nicht ausdrücklich und genügend definiert ist. Man hat gesagt: Na ja,
wir haben eh angemessene Pflege mit dem Betreiber der
Einrichtung vereinbart, der ist zuständig, das zu gewährleisten, und
wir sind irgendwie nicht zuständig, da einzuschreiten, wenn das nicht
gewährleistet ist, sondern das ist die Verantwortung des privaten
Betreibers.
Das halte ich für extrem problematisch. In solchen Fällen muss natürlich die Aufsicht einschreiten, und dazu braucht es eine entsprechende Grundlage, dazu braucht es eine Legaldefinition, was unter angemessener Pflege zu verstehen ist, und auch eine Vorgabe, was zu tun ist, wenn diese nicht gewährleistet ist.
Jetzt weiß ich schon, dass man darüber diskutieren kann, ob das Aufgabe des Bundesgesetzgebers ist oder ob das die Länder in ihren Pflegegesetzen
machen müssen. Wenn es die
Länder machen müssen, dann sollte der
Bund zumindest so weit koordinierend eingreifen, dass alle dieselben Regelungen
haben, denn es regt die Menschen auch extrem auf, wenn Regelungen in verschiedenen
Bundesländern gleiche Sachverhalte betreffen, aber dann doch sehr
unterschiedlich sind. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der
SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Lausch,
Rauch, Fischer und Tomaselli.)
20.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Nun gelangt Herr Volksanwalt Rosenkranz zu Wort. – Bitte sehr.
Volksanwalt
Dr. Walter Rosenkranz: Herr
Präsident! Geschätzte Abgeordnete des Hohen Hauses! Geschätzte
Zuseherinnen und Zuseher! Frau Abgeordnete Fischer hat hier etwas
gesagt, was ich eigentlich ganz laut und deutlich noch einmal
wiederholen möchte: www.volksanwaltschaft.gv.at. Ich füge noch hinzu:
Wien, 1. Bezirk, Singerstraße 17 und die Telefonnummer
0800 223 223 – die kann man kostenlos aus ganz Österreich
anrufen. So erreichen Sie die Volksanwaltschaft. Sie können aber auch
etwas anderes
machen: Wenn Sie auf die Homepage gehen, dann können Sie jene Berichte,
über die die Abgeordneten heute hier informiert werden und über die
sie mit uns auch diskutieren, direkt dort lesen.
Zum Beispiel hat Herr Abgeordneter Werner Herbert einen Fall
aufgezeigt, nämlich einen Besuch bei der Polizeiinspektion Hohe Warte. Wen
das – oder die anderen Fälle, die aufgezeigt worden
sind – interessiert: Dort kann man
diese und viele andere nachlesen. Tun Sie das! Vielleicht kommen Sie drauf: Das
ist ja glatt ein Sachverhalt, der eigentlich auch mich betroffen hat oder betrifft oder
unter Umständen betreffen wird.
Meine Kollegen und auch Sie als Abgeordnete haben in der Diskussion zuvor gesagt, dass bei diversen Berufen Mangel herrscht: in der Pflege, in der
Justizwache, bei den Ärzten – noch nicht erwähnt wurde der Lehrermangel und auch der bei der Polizei. Das ist natürlich für eine geordnete Verwaltung suboptimal, sowohl was die Qualität der Amtshandlungen direkt betrifft, aber natürlich auch, was den vorbeugenden, den präventiven Menschenrechtsschutz betrifft, weil ausgebrannte, müde, überstrapazierte Beamte leider Gottes – das ist allzu menschlich – auch Fehler machen können, und das sollte eigentlich in einem guten Verwaltungsstaat nicht passieren.
Sie haben die Zahl der
Beschwerden angesprochen. – Ja, diese ist gestiegen, und das ist
ganz logisch. Es ist zum Beispiel auch erwähnt worden, dass sich die
Beschwerden bei Asylverfahren über zu lange Verfahrensdauern im
Jahr 2022 gehäuft haben. Ich kann ein anderes Beispiel bringen: Auch
im Jahr 2015
hat es auf einmal einen Anstieg gegeben. Ja, immer dann, wenn die
Flüchtlingszahlen höher werden, gibt es als Konsequenz
logischerweise auch lange Verfahren und daher
auch Beschwerden in der Volksanwaltschaft. Das ist
bei allen Verwaltungsmaßnahmen, die einen größeren
Personenkreis
betreffen, so.
Ich darf da auch –
Abgeordneter Lausch hat es angesprochen – mit dem Klimabonus
anschließen: Der Klimabonus ist in meinem Geschäftsbereich in
der Volksanwaltschaft seit dem Jahr 2022 ein täglicher –
unter Anführungszeichen – „Dauerbrenner“. Wenn
ich das Jahr 2023 bis jetzt dazuzähle, gibt
es über 1 200 Beschwerden von Menschen, die den
Klimabonus 2022 aus den unterschiedlichsten Gründen noch nicht
bekommen haben.
Ich möchte Ihnen aber vielleicht ergänzend eines dazu sagen: Wir arbeiten nicht so, dass wir einen Bericht erstellen, diesen den Regierungsmitgliedern einfach zum Nachlesen zur Verfügung stellen, diesen dem Hohen Haus zur Verfügung stellen, und damit wäre unsere Arbeit getan, sondern wir sind selbstverständlich bemüht, die geprüften Stellen auch einzuladen, an Lösungen zu arbeiten, und wir versuchen auch, das mit der Expertise der Beamtinnen und Beamten, deren Tätigkeit Sie hier auch schon lobend erwähnt haben –
dieses Lob werden wir alle gemeinsam natürlich auch weiterleiten –, zu unterstützen. Manchmal gelingt uns das, manchmal gelingt es uns weniger.
Ich möchte Ihnen aber eines mitteilen: Morgen Vormittag
kommt eine Delegation des Klimaschutzministeriums in die Volksanwaltschaft,
weil wir im Blickfeld haben, dass sich die Zahl der Beschwerden betreffend den
Klimabonus 2023 wahrscheinlich nicht wesentlich verringern wird, und zwar
alleine schon deswegen, weil der Klimabonus in unterschiedlichen
Höhen ausbezahlt wird.
Dabei wird unter Umständen jemand, der die Medien oder
Ähnliches nicht so beobachtet, wahrscheinlich nur sehen: Mein Cousin im
Bezirk sowieso
hat mehr Klimabonus bekommen als ich in meinem Bezirk. – Sie alle
hatten beim Beschluss Ihre guten Gründe, Argumente dafür –
oder auch nicht. Wie
auch immer: Es gibt eine nachvollziehbare Gesetzeslage, die von den Beamtinnen
und Beamten zu vollziehen ist, aber natürlich können manche Regelungen auch
Unbill hervorrufen, und dieser Unbill, diese tatsächlichen oder vermeintlichen Ungerechtigkeiten kommen pfeilgerade
in die Volksanwaltschaft.
Ich möchte es vielleicht auch an einem Beispiel beim
Klimabonus festmachen, weil ich nicht weiß, ob Sie als Gesetzgeber an
einen solchen Fall gedacht
haben. Die Eltern bekommen ja auch für Kinder einen Klimabonus, nach Alter
gestaffelt. Voraussetzung dafür ist,
dass man mehr als ein halbes Jahr seinen Hauptwohnsitz in
Österreich gemeldet hat. Nun kommt von einem Vater eine Beschwerde: Er
empfindet es als ungerecht, dass er für sein Kind
keinen Klimabonus bekommt, obwohl dieses Kind bereits die erforderliche Zeit in
Österreich lebt, ganz einfach deswegen, weil das Kind am 30. Juni
zur Welt gekommen ist.
Der Vater dieses kleinen Kindes hat aber nicht rechtzeitig
gehandelt, um
den Klimabonus sofort zu bekommen, er hat nicht als Erstes das gemacht, was
nötig ist: sofort die Geburtsurkunde und die Unterlagen zu nehmen und
damit zum nächsten Meldeamt zu gehen und den Hauptwohnsitz anzumelden.
Man sieht also, alles, was manchmal, auch von Ihnen, wirklich gut gedacht ist, kann im Detail in dem einen oder anderen Fall zu einer aus unserer Sicht nicht verständlichen Härte führen, wenn man das Gesetz nach Punkt und Beistrich vollzieht. Es ist wirklich so, objektiv: Dieses neugeborene Kind hat am 30. Juni respektive am 1. Juli keinen Hauptwohnsitz in Österreich gehabt, und weil es keinen Hauptwohnsitz gehabt hat, bekommen die Eltern für dieses Kind keinen Klimabonus.
Das ist nur ein kleines von vielen Problemen, die wir mit
dem Klimaschutzministerium verhandeln werden, um eben zu versuchen, dass
das unter Umständen vielleicht auch repariert wird. Da gibt es
unzählige Dinge, aber ich möchte nur das als Beispiel dafür
erwähnen, dass wir nicht nur schauen, wo wir Kritik üben können,
dann einen Bericht vorlegen – und das war es schon
wieder bis zum nächsten Jahr. Nein, die Volksanwaltschaft bemüht sich
auch im Dialog mit den Verwaltungsbehörden und letztlich auch mit Ihnen
als Gesetzgeber, dass die Verwaltung und die Gesetzgebung für die
Menschen hier in Österreich immer besser werden. (Beifall bei der
FPÖ.)
20.31
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Alexander Melchior (ÖVP): Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr
geehrte Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie – ich sehe jetzt
zwar niemanden mehr, aber zumindest allen, die noch
vor den Fernsehbildschirmen sitzen, einen lieben Gruß! Was ja ganz selten
in diesem Haus vorkommt, ist, dass wir einmal alle einer Meinung sind, und
was bei den letzten Reden oder eigentlich bei allen Reden irgendwie besonders
hervorgestochen ist, war: Lob, Dank und Anerkennung in Richtung der
Volksanwältin und der Volksanwälte, und dem möchte ich mich
anschließen.
Ich glaube, zum Jobprofil einer
Volksanwältin, eines Volksanwalts gehört, dass man für die
Interessen der Menschen kämpft. Jetzt kenne ich dich, Gabi,
von allen hier am besten und kann nur sagen: Ich weiß, dass du eine
Löwin bist, wenn es um die Interessen der Menschen geht. Das hast du auch
in unterschiedlichen Positionen bewiesen, beim Kriseninterventionsteam im
Burgenland zum Beispiel, wo du in ganz schwierigen Situationen einfach sehr
sensibel
auf die Situation, auf die Menschen eingegangen bist. Das zeichnet
dich aus, aber gleichzeitig hast du, und das hilft dir jetzt auch sicher in der
Volksanwaltschaft, auch ein offenes Ohr für die Behörden und gehst
auf sie zu. Was mir von dir berichtet wurde, ist, dass diese Zuschreibung auch
auf
deine Kollegen zutrifft – also vielen Dank, dass wir zwei solche
Löwen und eine solche Löwin in der Volksanwaltschaft haben, danke
für die Arbeit. (Beifall
bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.)
Aber natürlich braucht es
viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die all das abwickeln. Wir haben heute
schon einmal die Zahlen gehört, und das muss man sich nur vor Augen
führen: 24 000 Anliegen sind im letzten Jahr an die Volksanwaltschaft
herangetragen worden. Das sind – damit man ein Gespür
bekommt – rund 96 Anliegen pro Arbeitstag, die man abwickeln
muss.
Das ist wirklich beeindruckend, was da gelungen ist.
Es ist auch eine wichtige Arbeit. Wie wir heute zum Beispiel
schon gehört haben, gibt es auch die präventive
Menschenrechtskontrolle in den Pflegeheimen,
und es ist ganz wichtig, dass man dort auch hinschaut, sich die Situation vor
Ort ansieht, um dann feststellen zu können – und das hat
Volksanwalt Achitz
vorhin auch gesagt –: Ist es ein Einzelfall oder ist es ein
systemischer Fehler, den man in Angriff nehmen muss? Deswegen ist die Arbeit so
wichtig, dass
man genau dort hinhört. Es ist aber nicht nur wichtig, dass man
hinhört, sondern es ist gleichzeitig auch ein Auftrag an uns hier im
Parlament, zu überlegen: Müssen wir im Gesetz nachschärfen,
braucht es neue Gesetze? Deswegen ist es immer sehr sinnvoll, dass wir gut
zuhören.
So haben wir es auch beim Thema Pflege gemacht. Mehr als
1 Milliarde Euro wird in die Pflege investiert, um die Ausbildung besser
zu machen, um
die Wertschätzung zu steigern, auch dort, wo es um das Thema Bezahlung
geht, um auch Weiterbildung und Ausbildung zu ermöglichen.
Das heißt, ihr (in Richtung Volksanwält:innen) seht, eure Arbeit wird gehört, es ist wichtig, dass sie stattfindet – vielen Dank. In diesem Sinne: Möge es so weitergehen, wir hören auf euch! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
20.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ):
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau
Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Ja, auch ich beginne mit
einem Dank an Sie, ich habe
großen Respekt vor Ihrer Arbeit, die Sie tagtäglich leisten. Jetzt
weiß ich schon, dass ich, ich glaube, der 15. Redner in Folge bin,
der sich bei euch dreien bedankt. Mir ist nur wichtig, dass Sie den Dank auch
an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Volksanwaltschaft weitergeben,
denn diese Arbeit
lastet ja nicht nur auf Ihren Schultern, sondern in dieser Volksanwaltschaft
ist ein Stab dahinter, der großartige Arbeit leistet.
Meine Damen und Herren, ich finde es immer ein bisschen
ambivalent, wenn wir als Erfolgsindikator die Anzahl der Anfragen, die bei
Ihnen eingehen, hernehmen. Der Idealzustand wäre ja, dass die
Anfragen weniger und die Berichte dünner werden, denn das würde
belegen, dass die Verwaltung dementsprechend besser wird und auch
besser arbeitet. Nichtsdestotrotz sieht
man aber, wie anerkannt die Volksanwaltschaft ist und welch wichtige Institution
die Volksanwaltschaft in Österreich darstellt.
Meine Damen und Herren, ich werde mich wie im Ausschuss relativ kurz halten und auf einen Themenpunkt fokussieren, und das ist der Bereich Inneres.
Herr Volksanwalt Rosenkranz, Sie haben gesagt, einen
großen Anteil nimmt natürlich der Asylbereich ein, die
Verfahrensdauer ist Gegenstand von
einem großen Anteil der Beschwerden. Prozentuell steigt das noch einmal.
Ich glaube, heuer sind es innerhalb des Bereiches Inneres fast 70 Prozent
der Beschwerden, die sich mit dem Thema Asyl beschäftigen. In absoluten
Zahlen allerdings sinken die Beschwerden in Bezug auf die Verfahrensdauer – ich
glaube, das muss man auch erwähnen, dass es dort auch eine positive
Entwicklung gibt.
Wir haben 2020/2021 einen Höhepunkt gehabt, jetzt ist
die Situation wieder ein bisschen rückläufig. Das ist durchaus
erfreulich. Ich glaube, das hängt auch
damit zusammen, dass man in Wien gut reagiert hat. Man hat jetzt Personal aufgestockt,
die Organisation verbessert, und so kann man jetzt auch in der
Magistratsabteilung 35 dem hohen Aufkommen, das es in Wien natürlich
gibt, etwas besser gerecht werden. – Das ist das eine.
Einen zweiten Punkt möchte ich noch ansprechen, weil er
im Volksanwaltschaftsbericht auch jedes Mal angeführt wird: Das sind
die Beschwerden, die es gegen Exekutivbeamte von der Polizei gibt. Es wird
immer wieder diese unabhängige Meldestelle gefordert, die ja auch im
Regierungsabkommen steht. Jetzt ist es endlich so weit, dass diese
Gesetzesvorlage im Haus ist, aber
das Problem ist, dass man weder das Parlament noch Experten eingebunden hat,
also bei der Erstellung dieser Regierungsvorlage alle Stakeholder und leider
auch die Volksanwaltschaft ausgelassen hat.
Die Volksanwaltschaft, die eine hohe Expertise hat, hat man außen vor gelassen, und was jetzt eigentlich fast noch schlimmer ist: Ihr (in Richtung Volksanwält:innen) verfasst eine hoch qualifizierte Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf – und diese Stellungnahme wird auch wieder ignoriert! Der Ministerialentwurf hat heute den Ministerrat passiert, und es ist nichts passiert.
Jetzt kann man sich als Vertreter einer Regierungspartei
schon hier herausstellen und den Bericht loben, aber dann muss man
natürlich auch einmahnen,
dass man das, was die Volksanwaltschaft kundtut, zumindest ernst nimmt,
prüft und nach Möglichkeit einfließen lässt. Das fehlt mir
ein bisschen. Es reicht
nicht, dass wir hier einmal im Jahr den Bericht diskutieren und debattieren und
dann große Lobesworte aussprechen, sondern wir als Abgeordnete sollten
eines tun: Wir sollten den Bericht als Handlungsempfehlung sehen.
Die Vorschläge, die darin enthalten sind, die gemacht werden, in allen
Fachbereichen, die die Volksanwaltschaft abdeckt, sollten in unsere
politische
Arbeit einfließen und dementsprechend dann auch in unserer täglichen
politischen Arbeit umgesetzt werden. – Ich danke Ihnen recht
herzlich. Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
20.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Totter. – Bitte sehr.
Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd
(ÖVP): Herr Präsident! Sehr
geehrte Frau Volksanwältin! Geschätzte Herren Volksanwälte!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und
Herren! Ich möchte mich zunächst für die wertvolle, für die
äußerst wertvolle Arbeit der Volksanwaltschaft ganz herzlich
bedanken. Allein im letzten Jahr wurden fast 24 000 Beschwerden an
die Volksanwaltschaft herangetragen. Die meisten davon betreffen
den Sozialbereich, besonders hinsichtlich des Ausbleibens der Zustellung von
Covid-19-Absonderungsbescheiden und langer Bearbeitungsdauern
von Kostenerstattungen bei der Krankenkasse sowie Beschwerden hinsichtlich
Klimabonus und Energiekostenausgleich.
Während in vielen Fällen Lösungen für
Probleme im Umgang mit Behörden gefunden werden, soll die Vermittlerrolle
und die Kontrollfunktion
der Volksanwaltschaft im Allgemeinen effiziente Erledigungen sowie auch
transparente Entscheidungsprozesse fördern.
Meine Damen und
Herren, in dieser Debatte möchte ich aber als ausgebildete
Pädagogin besonders auf das Schulwesen eingehen. In diesem Bereich
gab es mit 94 Beschwerden wieder ähnlich viele Fälle wie vor
2021. Noch immer stand ein Drittel der Beschwerden in Zusammenhang mit der
Coronapandemie, insbesondere in Zusammenhang mit der
Durchführung schulischer Coronatests.
Diesbezüglich möchte ich jedenfalls erwähnen, dass Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Schulleitungen Enormes geleistet haben, um die Coronakrise zu bewältigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Mit der Durchführung der Coronatests leisteten sie an den Schulen einen wesentlichen Beitrag zur Volksgesundheit, denn gerade durch diese Tests der Schülerinnen und Schüler konnte auch ein guter Überblick über das Infektionsgeschehen in den heimischen Haushalten gewonnen werden.
Meine Damen und Herren, im Bericht der Volksanwaltschaft wird weiters ein Mangel an Gymnasialplätzen im Raum Feldbach, in meinem Heimatbezirk Südoststeiermark, angeführt. Diese Kritik geht aus meiner Sicht allerdings ins Leere, denn mittlerweile wurde eine zweizügige AHS-Langform eingerichtet, die jetzt natürlich in der Gestaltung der Bildungsregion mitgedacht werden muss.
Ich möchte dennoch festhalten, dass
gerade in den ländlichen Regionen die Mittelschulen eine exzellente
Ausbildung vor Ort bieten. Die gemeinsame Lehrer:innenausbildung
für die Sekundarstufe I und die Tatsache, dass begabte Schülerinnen
und Schüler auf der Leistungsniveaustufe AHS
nach demselben Lehrplan wie an den Gymnasien unterrichtet werden, wertet die
Mittelschule massiv auf. Ich bin überzeugt davon, dass die Mittelschulen
im ländlichen Raum die beste Bildung vor Ort bieten und die Lehrerinnen
und Lehrer im höchsten Ausmaß engagiert sind. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Unsere Gemeinden sind wichtige Partner für die Mittelschulen, und umgekehrt sind diese auch enorm wichtig für die Ausbildung der Jugendlichen vor Ort.
Meine Damen und Herren, wir alle sind gefordert, auch unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Daher ist es für mich zumindest nahe liegend, dass wir weiterhin daran arbeiten, dass unsere Kinder die beste Bildung vor Ort bekommen und nicht schon mit zehn Jahren pendeln müssen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
20.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rausch. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Volksanwältin! Liebe Herren Volksanwälte! Werte Kolleginnen und Kollegen und geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Haus und zu Hause! Wir haben heute, während dieser Debatte, schon viel über politische Kontrolle, auch über Kontrolle von Verwaltungshandeln gehört, und politische Kontrolle gibt es in Österreich ja in vielfältigster Ausführung – hier im Parlament und durch eine Reihe von Instrumenten.
Medien spielen eine wichtige Rolle, aber die Volksanwaltschaft
ist wohl die mit Abstand wichtigste Möglichkeit und Instanz, wenn es um
die Kontrolle und damit auch um die ständige Verbesserung der
Verwaltung in Österreich geht. Sie schützt das „Recht, Rechte
zu haben“, so hat es die Philosophin
Hannah Arendt einmal beschrieben, und deckt damit Lücken und Ungerechtigkeiten
ab, die auch im bestdesignten Rechtssystem vorkommen können,
was zur Weiterentwicklung dient.
Vor allem die Berichte, die wir wie heute auch
wieder debattieren, sind damit so etwas wie Puls- und Blutdruckmesser für
unser politisches System, ebenso
wie für unsere Gesellschaft. Die Volksanwaltschaft festigt damit – und
das ist, glaube ich, sehr entscheidend – unser demokratisches
Gefüge, ist auch
enorm wichtig für das Funktionieren des
Rechtsstaates und stärkt in
unserer Gesellschaft auch das Vertrauen untereinander und das Vertrauen in Institutionen, indem dann auch immer wieder
Feedback eingearbeitet wird.
Ich möchte da meinen zahlreichen
Vorrednerinnen und Vorrednern recht geben und mich dem Dankesagen anschließen.
Es ist heute schon oft passiert und
ich denke, es ist auch sehr wichtig, weil wir heute einen sehr umfassenden Bericht
diskutieren. Ich möchte auf der einen Seite allen Danke sagen, die vertrauensvoll
im Team der Volksanwaltschaft beraten und unterstützen.
Ich möchte allen Danke sagen, die da überprüfen, kontrollieren
und vorschlagen, und an der Spitze eben den beiden Volksanwälten und
unserer Volksanwältin für ihre Arbeit, die sie da
entsprechend verantworten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)
Über 23 900 Menschen haben sich
an die Volksanwaltschaft gewendet. Wir haben es gehört, und ich
möchte es noch einmal erwähnen, weil man sich immer so die
Frage stellt: Was passiert denn da tatsächlich? – 100 Anliegen pro Arbeitstag sind es, mit denen ihr, mit denen
Sie konfrontiert sind, und das ist
eine ganze Menge – als parlamentarischer Ombudsrat, Vertretungsrat
der Bürgerinnen und Bürger, als Kontrollorgan der öffentlichen
Verwaltung; eine Erfolgsgeschichte, die über 45 Jahre alt ist.
In der jüngeren Geschichte hat die Volksanwaltschaft aber auch eine sehr wichtige Aufgabe dazubekommen und erfüllt seit 2012 die Aufgabe als Nationaler Präventionsmechanismus für Schutz und Förderung der Menschenrechte. Auch das haben wir gehört, aber ich möchte das heute noch einmal besonders erwähnen. Im Zusammenhang mit diesem Schutz und der Förderung der Menschenrechte wurden etwa in Justizanstalten, Polizeiinspektionen, psychiatrischen Einrichtungen und Pflegeheimen 481 Kommissionseinsätze durchgeführt, also Besuchs- und Beobachtungsaktivitäten, ein reges Tun.
Wir haben da auch – da wir sehen, dass es in 70 Prozent der präventiven Kontrollen Beanstandungen gab – noch einiges zu tun, um auch sicherzustellen,
dass Regeln, die wir im Menschenrechtsschutz haben, auch entsprechend eingehalten wurden.
Unsere Volksanwaltschaft
beherbergt seit 2009 auch das Generalsekretariat des International
Ombudsman Institute, das ist ein weltweit unabhängiges Kontrollorgan
von Verwaltungen, und dieses Institut haben wir letztes Jahr
dank Außenminister Schallenberg auch rechtlich aufgewertet und damit auch
die internationale Zusammenarbeit, vor allem mit den Vereinten Nationen,
erleichtert. Ich begrüße das persönlich sehr, weil es nichts
Vergleichbares zu diesem International Ombudsman Institute gibt und ich darin
auch die
große Chance für Reformen sehe, und Unterstützung von
Bürgerinnen und Bürgern weltweit in einer sehr turbulenten Welt,
die wir heutzutage erleben, in der Menschenrechtsschutz
nicht selbstverständlich ist, ist
umso wichtiger.
Verbunden also noch einmal mit einem Danke,
das wir heute mehrfach begründet haben, möchte ich für
diese wertvolle internationale Aufgabe alles,
alles Gute wünschen, gutes Gelingen im Sinne von Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit, nicht nur in Österreich, sondern weltweit. –
Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
20.46
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty, last, but not least. – Herr Abgeordneter, Sie beschließen den Reigen. (Abg. Michael Hammer: Das Letzte!)
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Kollege Hammer sagt: „Das Letzte!“,
aber ich glaube, das meint er nicht so, wie er es sagt. (Ruf
bei der SPÖ: Na oja!) – Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Volksanwältin!
Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich
würde hier ganz am Ende gerne noch über einen Missstand sprechen, den
Sie, Frau Volksanwältin Schwarz, beleuchtet haben, und möchte Ihnen
auch
vorweg, bevor ich auf den Sachverhalt eingehe, wirklich für die
präzise Aufnahme dieses Sachverhalts danken und auch
dafür – das kann man ja, glaube
ich, einfach so aussprechen, da Sie ja durchaus auch eine politische
Zugehörigkeit haben –, dass Sie sehr deutlich gesagt
haben, was da im Außenministerium falsch gelaufen ist. Das
finde ich sehr gut und danke für diesen Bericht.
Ich würde
gern kurz auf den Sachverhalt eingehen, damit er auch verständlich wird:
Es geht um ein Ehepaar, um Tiad und Robert, die echten Namen sind andere.
Robert ist ein österreichischer Unternehmer und sein Ehemann Tiad ist ein
iranischer Arzt. Sie leben in Österreich in einer gleichgeschlechtlichen Ehe, geheiratet
haben sie 2021. Zu dieser Hochzeit wollten sie die Eltern von Tiad aus dem Iran
nach Österreich einladen, und dafür ist natürlich,
kein Wunder, ein Visaantrag, ein Visum, notwendig.
Kurzer Nebensatz – es war mir nicht bekannt, bevor ich mich mit dem Fall beschäftigt habe, ich weiß nicht, ob Sie es wissen –: Visaanträge im Iran wickelt nicht die österreichische Botschaft ab, sondern ein ausgelagertes privates Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in Dubai, die VFS Global.
Jetzt wissen Sie,
dass wir als NEOS grundsätzlich keine Skepsis gegenüber privaten
Unternehmen haben, aber wenn es einen Bereich gibt, wo wir besonders sensibel
sein müssen und wo es besonders riskant ist, wenn Aufgaben ausgelagert
werden, dann den, wo es um hoheitliche Kernaufgaben des
Staates geht.
Auf jeden Fall, diese VFS Global, mit
Sitz in Dubai, wickelt in Teheran mit iranischen Mitarbeitern
Visaanträge für Iranerinnen und Iraner ab, die nach Österreich
kommen wollen. Die Eltern von Tiad stellen dort einen Visaantrag, und die
beiden, das Ehepaar, sind schon alarmiert, weil sie wissen, dass
das iranische Mitarbeiter sind, die iranischem Recht unterliegen, und Sie
wissen genauso gut wie ich, dass im Iran auf Homosexualität die
Todesstrafe steht.
Wenn iranische Behörden erfahren, dass man homosexuell ist, dann wird man hingerichtet, und die beiden wissen das. Sie schreiben deswegen dem Außenministerium, sie schreiben der österreichischen Botschaft, sie schreiben dem Konsul, und sie bekommen zuerst einmal gar keine Antworten, sie schreiben ihnen, weil sie darum bitten, von ihrem Recht, von ihrer Möglichkeit – das ist kein Anspruch –, von ihrer Möglichkeit Gebrauch zu machen, dass ausnahmsweise nicht dieses private Unternehmen den Visaantrag abwickelt, sondern die österreichische Botschaft, weil sie gern den Schutz der österreichischen Botschaft hätten – sie wollen eben nicht, dass iranische Behörden von der Homosexualität Tiads erfahren.
Die Antwort ist schockierend – ich meine, wenn
man sich das durchliest, ist das wirklich ein Wahnsinn. Das Außenministerium
antwortet einmal gar nicht, und die österreichische Botschaft sagt:
Nein, ganz normales Prozedere! Wir machen da keine Extrawürste, Sie
haben nichts zu befürchten! – Aber es passiert, was
die beiden befürchten: In diesem Großraumbüro der VFS Global
wird die Homosexualität von Tiad ausgebreitet, in einem Unternehmen, bei
dem davon auszugehen ist, dass der iranische Geheimdienst Mitarbeiter hat. Tiad
kann nicht mehr in den Iran einreisen. Er hat keinen Zugriff mehr
auf seine Vermögenswerte im Iran.
Dieses Beispiel zeigt doch, wie unsensibel österreichische Behörden, in dem Fall das Außenministerium, gerade mit einer sensiblen Personengruppe umgehen, und ich finde, das ist wirklich unfassbar. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lindner.)
Es hätte die
österreichische Botschaft nichts gekostet, nur einen Federstrich, dass sie
ausnahmsweise diesen Visaantrag abwickelt, aber man hat nur
plump und extrem präpotent geantwortet. Und anstatt dass man sich entschuldigt –
der Außenminister hat noch immer kein Wort der Entschuldigung gesagt, obwohl
die Volksanwältin einen groben Missstand in der Verwaltung festgestellt
hat; kein Wort der Entschuldigung! –, klagt jetzt, im Gegenteil, der österreichische
Konsul im Iran den „Falter“-Chefredakteur, der kritisch
über
diesen Skandal berichtet hat, vor einem Strafgericht. Ich meine, das
ist wirklich unerhört! Diese Herangehensweise, diese Präpotenz, mit
der da gearbeitet wird, ist unvorstellbar. (Beifall bei den NEOS.)
Österreicherinnen und Österreicher, egal ob
heterosexuell oder homosexuell, sollten sich darauf verlassen können, dass
die österreichischen Vertretungsbehörden auf der ganzen Welt sie
schützen und sie nicht in Gefahr bringen. Das haben die beiden erwartet;
sie wurden in dieser Erwartung enttäuscht. Das Mindeste, was zu
erwarten ist, ist, dass der Herr Außenminister, der heute leider nicht
hier ist, sich bei diesen beiden entschuldigt. (Beifall bei den
NEOS sowie der Abgeordneten Lindner und Schroll.)
20.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist nunmehr niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der
Berichterstatter ein Schlusswort? – Auch er wünscht
nicht das Wort.
Ich darf mich bei den drei Volksanwälten recht herzlich bedanken, und zwar nicht nur für ihre Arbeit, sondern auch für die Berichterstattung und die Diskussion hier im Hohen Haus. Ich wünsche weiterhin, gerade was Ihre Arbeit betrifft, einen regen Austausch, sodass wir die Möglichkeit haben, die Wünsche, die Notwendigkeiten der Bevölkerung dann auch legistisch umzusetzen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Arbeit und dafür, dass Sie hier sind. (Allgemeiner Beifall.)
Wir kommen nun zur Abstimmung
über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschusses, den vorliegenden
Bericht III-846 der Beilagen zur Kenntnis
zu nehmen.
Wer dies tut, der möge das bitte mit einem Zeichen kundtun. – Das ist jetzt einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung
über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl,
Kolleginnen und Kollegen betreffend „Asylstopp – keine
Wiederholung
der Migrationskrisen 2015 und 2022“.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.
Die Tagesordnung ist damit erschöpft.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den sieben Anträgen betreffend die Durchführung erster Lesungen von Volksbegehren.
Es liegt mir ein Antrag
gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, das
Volksbegehren Echte-Demokratie-Volksbegehren, 2074 der Beilagen, in
erste
Lesung zu nehmen.
Wer das tun möchte, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist einstimmig angenommen.
Weiters liegt mir ein Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, das Volksbegehren Beibehaltung Sommerzeit in erste Lesung zu nehmen.
Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls einstimmig.
Das Volksbegehren GIS-Gebühren – Nein, in 2076 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen:
Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls einstimmig.
Das Lieferkettengesetz-Volksbegehren in 2077 der Beilagen – erste Lesung:
Wieder einstimmig.
Das Volksbegehren Unabhängige Justiz sichern, in 2078 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen:
Ebenfalls einstimmig.
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, das Volksbegehren Nehammer muss weg, 2079 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen. (Unruhe im Saal.)
Weiters ein Antrag, das Volksbegehren Bargeld-Zahlung: Obergrenze – Nein, in 2080 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen:
Ebenfalls einstimmig.
Einlauf
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3437/A(E) bis 3478/A eingebracht worden sind.
*****
Die nächste Sitzung des Nationalrates,
die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen
betreffen wird, berufe ich für 20.55 Uhr – das ist
gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 20.55 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |