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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

272. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 4., und Freitag, 5. Juli 2024

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

272. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 4., und Freitag, 5. Juli 2024

Dauer der Sitzung

                                               Donnerstag, 4. Juli 2024: 9.05 – 24.00 Uhr

                                                         Freitag, 5. Juli 2024:  0.00 –   0.47 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 4117/A der Abgeordneten Dipl.­Ing. Georg Strasser, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 4118/A der Abgeordneten Dipl.­Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 4095/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG) erlassen wird


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und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über die Anerken­nung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Ro­ten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012,
das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Pa­tientenverfügungs-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geändert werden

7. Punkt: Bericht über den Antrag 4115/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversi­cherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert
werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz, das Sozial­versicherungs-Ergänzungsgesetz und das EU­Beamten-Sozialversicherungsge­setz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2024 – SVÄG 2024)


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9. Punkt: Bericht über den Antrag 4106/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024 (SozBezG 2024), BGBl. I Nr. 25/2024

10. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und
den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 4116/A der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Behinderteneinstellungsge­setz geändert werden, und über den

Antrag 2848/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sprachliche Anpassung der Ihr Ressort betreffenden Geset­ze sowie über den

Antrag 2853/A der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Mag. Verena Nuss­baumMag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 4105/A der Abgeordneten Mag. Mi­chael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957,
das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden

13. Punkt: Bericht über den Antrag 4111/A der Abgeordneten Norbert
Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Studienförde­rungsgesetz 1992 geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädi­gungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden


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15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversor­gungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeitsgesetz geändert wird

17. Punkt: Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, und Bericht über den

Antrag 2665/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kol­legen betreffend der Ratifizierung der ILO Konvention 190 gegen Gewalt
und Belästigung in der Arbeitswelt

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Druckgerätegesetz geändert und
ein Bundesgesetz, mit dem die innerstaatlichen Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/1628 in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunreinigende Partikel und die Typgenehmigung für Ver­brennungsmotoren für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte festgelegt werden (Mot-G), erlassen wird

20. Punkt: Bundesgesetz über die Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbares-Gas-Gesetz – EGG)

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle Digitalisierung)


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23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (Fahrgastrechtenovelle 2024)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird

25. Punkt: Bericht über den Antrag 4036/A(E) der Abgeordneten
Hermann Weratschnig, MBA MSc, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rampen an Bahn-Verkehrsstationen

26. Punkt: Bericht über den Antrag 4110/A(E) der Abgeordneten
Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Verbesserung des transeuropäischen Bahnverkehrs“

27. Punkt: Bericht über den Antrag 4126/A der Abgeordneten Andreas Otten­schläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird

28. Punkt: Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungs­vertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektroni­schen Frachtbrief

29. Punkt: Bericht über den Antrag 4121/A(E) der Abgeordneten
Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der raschen und kostengünstigen Pannenhilfe

30. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und
dem Land Oberösterreich über die Finanzierung des Baus der Regionalstadtbahn Linz

31. Punkt: Bericht über die Petition Nr. 107/PET betreffend „Entlastung
des ÖBB-Parkdecks in Wels“


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32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

33. Punkt: Bericht über den Antrag 4092/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird

34. Punkt: Bericht über den Antrag 4093/A der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medienkooperations- und ‑förderungs-Transparenzgesetz geändert wird

35. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesverwaltungsgericht – Reihe BUND 2023/5

36. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Resoziali­sierungsmaßnahmen der Justiz – Reihe BUND 2024/8

37. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs; Follow-up-Über­prüfung – Reihe BUND 2024/9

38. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gewalt- und Opferschutz für Frauen – Reihe BUND 2023/21

39. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohnrechtliche Schlichtungsstellen mit Schwerpunkt in Innsbruck und Salz­burg – Reihe BUND 2022/24

40. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bildungsdirektionen – Reihe BUND 2023/3

41. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Administra­tives Unterstützungspersonal an allgemeinbildenden Pflichtschulen – Reihe BUND 2024/14

42. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulbetrieb während der COVID-19-Pandemie – Reihe BUND 2023/24


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43. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österrei­chische Akademie der Wissenschaften – Reihe BUND 2023/6

44. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Filmaka­demie Wien – Reihe BUND 2023/12

45. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend FFoQSI GmbH – Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety
and Innovation – Reihe BUND 2024/2

46. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gesellschafterzuschüsse an die Österreichische Mensen-Betriebsgesellschaft m.b.H. – Reihe BUND 2023/25

47. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichischer Hochschulraum; Follow-up-Überprüfung –
Reihe BUND 2020/40

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................... 36

Ordnungsrufe ..........................................................................................  264, 473, 473

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 3146/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau-


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ern-Sozialversicherungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­destheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 8. Juli 2024 zu setzen ............................................................................................................. 77

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .................................................................................................................. 77

Redner:innen:

Josef Muchitsch .......................................................................................................... 427

August Wöginger ........................................................................................................ 431

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................... 434

Peter Wurm ................................................................................................................. 436

Mag. Markus Koza ..................................................................................................... 439

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 442

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................... 445

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG               ............................................................................................................................... 77

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4095/A
der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesund­heitsberufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assis­tenzberufe-Gesetz geändert werden“ in der Fassung des Aus­schussberichtes 2660 d.B. gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Gesund­heitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ......................................................................  173, 173

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A
der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arz­neimitteln und das Bundesgesetz über die Anerkennung des Öster­reichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreu­zes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert werden“ in der Fassung des Ausschussberichtes 2662 d.B. gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Gesund­heitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ......................................................................  145, 146

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................  331, 424, 479

Ersuchen der Abgeordneten Sigrid Maurer, BA um Erteilung eines Ordnungsrufes 399

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................  423, 477

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ............................................................................................. 687

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .......................... 692

Fragestunde (29.)

Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ........................................ 37

Mag. Michael Hammer (371/M)

Philip Kucher (368/M); Dr. Josef Smolle

Mag. Gerhard Kaniak (366/M); Mag. Verena Nussbaum, Mag. Ernst Gödl

Ralph Schallmeiner (377/M); Fiona Fiedler, BEd

Mag. Gerald Loacker (375/M); Mag. Gerhard Kaniak

Dr. Josef Smolle (372/M)

Josef Muchitsch (369/M); Werner Herbert, Mag. Gerald Loacker


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Dr. Dagmar Belakowitsch (367/M)

Mag. Markus Koza (378/M)

Fiona Fiedler, BEd (376/M); Ulrike Maria Böker, Rudolf Silvan, Dr. Werner Saxinger, MSc

Dipl.-Ing. Georg Strasser (373/M); Dietmar Keck

Mag. Christian Drobits (370/M); Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer

Andreas Minnich (374/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................. 36

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „die eigenmächtige Zustimmung der Bundesministerin Gewessler zum EU-Renaturierungsgesetz“ (19087/J) .................................................................................................................... 332

Begründung: Dr. Susanne Fürst ................................................................................ 338

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 349

Debatte:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 359

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................ 366

Julia Elisabeth Herr .................................................................................................... 370

Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................... 373

Michael Bernhard ....................................................................................................... 378

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 381

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................... 394

MMag. Michaela Schmidt .......................................................................................... 399

Dr. Astrid Rössler ........................................................................................................ 403


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Peter Schmiedlechner ................................................................................................ 406

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................... 407

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 410

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 414

Michael Schnedlitz ..................................................................................................... 416

Ulrike Maria Böker ..................................................................................................... 418

Lukas Hammer ............................................................................................................ 421

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ gemäß Art. 74
Abs. 1 B-VG – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ..............................  386, 423

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 425

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4117/A der Abgeordneten Dipl.­Ing. Georg Strasser, Mag. Faika El-Nagashi, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutz­gesetz geändert wird (2658 d.B.) ............ 78

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4118/A
der Abgeordneten Dipl.­Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga
Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz und das
Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (2659 d.B.)         78

Redner:innen:

Rudolf Silvan ................................................................................................................. 78


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Mag. Faika El-Nagashi ................................................................................................. 80

Alois Kainz ..................................................................................................................... 86

Ing. Josef Hechenberger ............................................................................................... 88

MMag. Katharina Werner, Bakk. ................................................................................ 90

Johann Höfinger ........................................................................................................... 92

Dietmar Keck ................................................................................................................ 93

Bundesminister Johannes Rauch ................................................................................. 96

Angela Baumgartner .................................................................................................... 98

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 100

Ing. Klaus Lindinger, BSc ............................................................................................ 102

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2658 und 2659 d.B. ........................... 103

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4095/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheits­berufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflicht­gesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden (2660 d.B.) .................................................................................................................. 105

Redner:innen:

Philip Kucher ............................................................................................................... 105

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................... 108

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 110

Dr. Josef Smolle .......................................................................................................... 112

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 114

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 119

MMst. Mag. (FH) Maria Neumann ............................................................................ 120

Annahme des Gesetzentwurfes in 2660 d.B. ........................................................ 173

Gemeinsame Beratung über


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4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2551 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geändert wird (2661 d.B.)         ............................................................................................................................. 126

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über fi­nanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arz­neimitteln und das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichi­schen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des
Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert werden (2662 d.B.) .............. 126

Redner:innen:

Mag. Verena Nussbaum ............................................................................................. 126

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................... 128

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 129

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 133

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 134

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ................................................................................ 136

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 141

Mario Lindner ............................................................................................................. 143

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2661 und 2662 d.B. ........................... 145

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2530 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikge­setz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Epidemiege­setz 1950, das Patientenverfügungs-Gesetz und das Suchtmittel­gesetz geändert werden (2663 d.B.) ................................................... 147

Redner:innen:

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 147

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................... 149


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Peter Wurm ................................................................................................................. 156

Rudolf Silvan ............................................................................................................... 158

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 162

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................... 165

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 167

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 169

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Telemedizin für die Kinderambulanz
am LKH Stolzalpe jetzt!“ – Ablehnung .........................................................  160, 173

Annahme des Gesetzentwurfes in 2663 d.B. ........................................................ 172

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 4115/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana
Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finan­zierungsgesetz geändert werden (2694 d.B.) ................................................................................... 175

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2607 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz,
das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das
Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-


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Ergänzungsgesetz und das EU­Beamten-Sozialversicherungs­gesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2024 – SVÄG 2024) (2697 d.B.) .............................................. 176

Redner:innen:

Josef Muchitsch .......................................................................................................... 176

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 183

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 227

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 229

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 230

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................... 232

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 234

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 237

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 239

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 241

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen
und Kollegen betreffend „mit dem Gesundheitswesen darf kein Profit ge­macht werden!“ – Ablehnung ........................................................................................................  179, 244

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2694 und 2697 d.B. ........................... 243

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 4106/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer,
Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024 (SozBezG 2024), BGBl. I Nr. 25/2024 (2695 d.B.)           245

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2613 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG
zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß


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Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbe­treuungsberufe geändert wird (2696 d.B.)         ............................................................................................................................. 245

Redner:innen:

Mag. Markus Koza ..................................................................................................... 245

Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 247

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 249

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 250

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 252

Annahme des Gesetzentwurfes in 2695 d.B. ........................................................ 253

Genehmigung der Vereinbarung in 2696 d.B. ....................................................... 253

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 4116/A der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desbehindertengesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz
geändert werden, und über den

Antrag 2848/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sprachliche Anpassung der Ihr Ressort betreffen­den Gesetze sowie über den

Antrag 2853/A der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Mag. Verena Nuss­baum, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (2698 d.B.)        ............................................................................................................................. 254

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über
den Antrag 4105/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Mar­kus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 17

mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden (2699 d.B.) ....................................... 254

Redner:innen:

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 255

Mag. Verena Nussbaum ............................................................................................. 261

Mag. Christian Ragger ................................................................................................ 263

Kira Grünberg ............................................................................................................. 264

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 266

Mag. Markus Koza ..................................................................................................... 270

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 271

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 273

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2698 und 2699 d.B. ........................... 273

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 4111/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fa­milienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Studienförderungsge­setz 1992 geändert werden (2692 d.B.) ................................................................. 275

Redner:innen:

Bettina Zopf ................................................................................................................ 276

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 277

Barbara Neßler ........................................................................................................... 278

Michael Bernhard ....................................................................................................... 280

Annahme des Gesetzentwurfes in 2692 d.B. ........................................................ 281

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 18

Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (2688 d.B.)         ............................................................................................................................. 281

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2597 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken-
und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversorgungsgesetz, das Einkom­mensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Land­arbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG) (2689 d.B.) ............................................. 281

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2605 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeits­gesetz geändert wird (2690 d.B.) ............................................................................................................................. 282

Redner:innen:

Josef Muchitsch .......................................................................................................... 282

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................... 294

Mag. Verena Nussbaum ............................................................................................. 300

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 302

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................ 303

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 305

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 307

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastro­pheneinsatz im Beruf absichern!“ – Ablehnung         292, 310

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2688, 2689 und 2690 d.B. ..................... 309


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 19

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2591 d.B.): Übereinkommen (Nr. 190) über die
Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, und über den

Antrag 2665/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kollegin­nen und Kollegen betreffend der Ratifizierung der ILO Konvention 190 ge­gen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt (2691 d.B.) .................................................................................................................. 311

Redner:innen:

Bettina Zopf ................................................................................................................ 311

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 313

Rosa Ecker, MBA ........................................................................................................ 314

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................... 316

Genehmigung des Staatsvertrages in 2691 d.B. ................................................... 318

Beschlussfassung im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG ..................................... 318

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2611 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2668 d.B.) ......................................................................................................... 318

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2612 d.B.): Bundesgesetz, mit dem
das Druckgerätegesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die inner­staatlichen Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/1628 in Bezug
auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunrei­nigende Partikel und die Typgenehmigung für Verbrennungsmotoren
für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte festgelegt werden (Mot-G), erlassen wird (2669 d.B.) .......................................................................... 318

Redner:innen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 20

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 319

Peter Haubner ............................................................................................................ 324

Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 326

Maximilian Linder ....................................................................................................... 327

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 329

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen
und Kollegen betreffend „Klares Bekenntnis zur Neukodifizierung der Ge­werbeordnung: Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes“ – Ablehnung ..........  322, 331

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2668 und 2669 d.B. ........................... 330

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2455 d.B.): Bundesgesetz über die
Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbares-Gas-Gesetz – EGG) (2665 d.B.) ....................................................................................... 445

Redner:innen:

Alois Schroll ................................................................................................................. 445

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................ 448

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 460

Lukas Hammer ............................................................................................................ 462

Dr. Christoph Matznetter .......................................................................................... 464

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................... 466

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 468

Peter Schmiedlechner ................................................................................................ 472

Mag. (FH) Kurt Egger .................................................................................................. 474

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 475

Annahme des Gesetzentwurfes in 2665 d.B. (namentliche Abstimmung) ........ 477

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 479


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 21

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (2666 d.B.) ........................................................................................ 482

Redner:innen:

Alois Schroll ................................................................................................................. 482

Lukas Hammer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 488

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA .......................................................................... 488

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 490

Lukas Hammer ............................................................................................................ 491

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................... 495

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 497

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................... 500

Annahme des Gesetzentwurfes in 2666 d.B. ........................................................ 501

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2561 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle Digitalisierung) (2667 d.B.) .................................. 503

Redner:innen:

Maximilian Linder ....................................................................................................... 503

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................... 504

Michael Bernhard .............................................................................................  506, 517

Dr. Christoph Matznetter .......................................................................................... 512

Dr. Astrid Rössler ........................................................................................................ 513

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 515

Christoph Stark ........................................................................................................... 518

Annahme des Gesetzentwurfes in 2667 d.B. ........................................................ 519

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 22

23. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2601 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn-Beförderungs-
und Fahrgastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passa­gier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert
werden (Fahrgastrechtenovelle 2024) (2644 d.B.) ............................................... 521

24. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957
geändert wird (2645 d.B.) ........................................................................................ 521

25. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4036/A(E) der Abgeordneten Hermann Weratschnig, MBA MSc, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rampen an Bahn-Verkehrsstationen (2646 d.B.) .............................. 521

26. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4110/A(E) der Abgeordneten Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer,
Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Verbesserung des trans­europäischen Bahnverkehrs“ (2647 d.B.) ....................................................................................... 521

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 522

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 526

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 527

Andreas Ottenschläger .............................................................................................. 540

Dr. Johannes Margreiter ............................................................................................ 543

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 545

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................... 549

Julia Elisabeth Herr .................................................................................................... 550

Mag. Peter Weidinger ................................................................................................ 552

Alois Schroll ................................................................................................................. 556

Joachim Schnabel ....................................................................................................... 561

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 564


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 23

Lukas Brandweiner ..................................................................................................... 566

Mag. Christian Ragger ................................................................................................ 567

Philip Kucher ............................................................................................................... 569

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme der Summerauerbahn in das Zielnetz 2040 sowie Aufnahme der Summerauerbahn und
der Pyhrnbahn in die europäischen ‚TEN-T-Kernnetze‘“ – Ablehnung      524, 574

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Dr. Johan­nes Margreiter, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse und Anbindung der
durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen an das überregionale Eisen­bahnnetz“ – Ablehnung ........................................................................................................  559, 573

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2644 und 2645 d.B. ........................... 571

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2646 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Rampen an Bahn-Verkehrsstationen“ (378/E) ................................. 571

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2647 d.B. bei­gedruckten Entschließung betreffend „weitere Verbesserung des trans­europäischen Bahnverkehrs“ (379/E)              ............................................................................................................................. 571

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4126/A
der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2648 d.B.)    574


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 24

28. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2501 d.B.): Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beför­derungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektronischen Frachtbrief (2650 d.B.)           ............................................................................................................................. 574

Redner:innen:

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 574

Dietmar Keck .............................................................................................................. 576

Dr. Johannes Margreiter ............................................................................................ 577

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................... 579

Christoph Stark ........................................................................................................... 581

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 583

Annahme des Gesetzentwurfes in 2648 d.B. ........................................................ 586

Genehmigung des Staatsvertrages in 2650 d.B. ................................................... 586

29. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4121/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der raschen und kos­tengünstigen Pannenhilfe (2649 d.B.) ............................................................................................ 587

Redner:innen:

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................... 588

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 589

Mag. Peter Weidinger ................................................................................................ 590

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2649 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Sicherstellung der raschen und kosten­günstigen Pannenhilfe“ (380/E)             ............................................................................................................................. 592

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 25

30. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2563 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem
Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzierung des Baus der Regionalstadtbahn Linz (2651 d.B.) .................................................................................................................. 593

31. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition Nr. 107/PET betreffend „Entlastung des ÖBB-Parkdecks in Wels“, überreicht
von den Abgeordneten Ing. Klaus Lindinger, BSc, Ing. Manfred Hofinger und Laurenz Pöttinger (2652 d.B.) .................................................................................................................. 593

Redner:innen:

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 593

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 595

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 596

Johann Singer ............................................................................................................. 597

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 597

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................... 600

Ing. Klaus Lindinger, BSc ............................................................................................ 601

Genehmigung der Vereinbarung in 2651 d.B. ....................................................... 603

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2652 d.B. ............................................. 603

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2609 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstge­setz 1986 geändert wird (2687 d.B.)             ............................................................................................................................. 603

Redner:innen:

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 604

Lukas Brandweiner ..................................................................................................... 606

Michael Seemayer ...................................................................................................... 608

Staatssekretärin Claudia Plakolm ............................................................................. 609

David Stögmüller ........................................................................................................ 612


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 26

Annahme des Gesetzentwurfes in 2687 d.B. ........................................................ 614

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 4092/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmel­bauer, BScSüleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird (2664 d.B.) .................................................................................................................. 614

Redner:innen:

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 615

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................... 616

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 618

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 619

Staatssekretärin Claudia Plakolm ............................................................................. 621

Süleyman Zorba .......................................................................................................... 623

Annahme des Gesetzentwurfes in 2664 d.B. ........................................................ 624

34. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 4093/A der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medienkooperations- und ‑förderungs-Transparenzgesetz geändert wird (2653 d.B.)             ............................................................................................................................. 624

Redner:innen:

Melanie Erasim, MSc .................................................................................................. 625

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 627

Thomas Spalt .............................................................................................................. 630

Barbara Neßler ........................................................................................................... 632

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................ 634

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler ....................................................... 636

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 639

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 645

Franz Hörl ................................................................................................................... 646


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 27

Annahme des Gesetzentwurfes in 2653 d.B. ........................................................ 647

Gemeinsame Beratung über

35. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesverwaltungsgericht – Reihe
BUND 2023/5 (III-886/2568 d.B.) ......................................................................... 648

36. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Resozialisierungsmaßnahmen der
Justiz – Reihe BUND 2024/8 (III-1130/2569 d.B.) .............................................. 648

37. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Steuerung und Koordinierung
des Straf- und Maßnahmenvollzugs; Follow-up-Überprüfung – Reihe
BUND 2024/9 (III-1131/2570 d.B.) ....................................................................... 648

38. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gewalt- und Opferschutz für Frauen –
Reihe BUND 2023/21 (III-1004/2571 d.B.) .......................................................... 648

39. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohnrechtliche Schlichtungsstel­len mit Schwerpunkt in Innsbruck und Salzburg – Reihe BUND 2022/24
(III-703/2572 d.B.) .................................................................................................... 648

Redner:innen:

Andreas Kühberger .................................................................................................... 649

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 650

Rosa Ecker, MBA ........................................................................................................ 651

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................... 653

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 655

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................... 657

Hermann Gahr ............................................................................................................ 659


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 28

Michael Seemayer ...................................................................................................... 660

Mag. Agnes Sirkka Prammer ..................................................................................... 661

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................ 663

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................... 664

Kenntnisnahme der fünf Berichte III-886, III-1130, III-1131, III-1004 und III-703 d.B.      ............................................................................................................................. 665

Gemeinsame Beratung über

40. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Bildungsdirektionen – Reihe
BUND 2023/3 (III-863/2630 d.B.) ......................................................................... 666

41. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Administratives Unterstützungsper­sonal an allgemeinbildenden Pflichtschulen – Reihe BUND 2024/14
(III-1154/2631 d.B.) .................................................................................................. 667

42. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulbetrieb während der COVID-19-Pandemie – Reihe BUND 2023/24 (III­1016/2632 d.B.) .................................................................................................. 667

43. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Akademie der Wissen­schaften – Reihe BUND 2023/6 (III-888/2633 d.B.) .......................................................................................................... 667

44. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Filmakademie Wien – Reihe
BUND 2023/12 (III-932/2634 d.B.) ....................................................................... 667

45. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend FFoQSI GmbH – Austrian Competence
Centre for Feed and Food Quality, Safety and Innovation –
Reihe BUND 2024/2 (III-1090/2635 d.B.) ............................................................ 667


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 29

46. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gesellschafterzuschüsse an die Österreichische Mensen-Betriebsgesellschaft m.b.H. –
Reihe BUND 2023/25 (III-1017/2636 d.B.) .......................................................... 667

47. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichischer Hochschulraum;
Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/40 (III­195/2637 d.B.) .............. 668

Redner:innen:

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................... 668

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 670

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 672

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 673

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 675

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................... 676

Hermann Gahr ............................................................................................................ 678

Christian Oxonitsch .................................................................................................... 679

Alois Kainz .................................................................................................................. 681

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 682

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 683

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 685

Kenntnisnahme der acht Berichte III-863, III-1154, III-1016, III-888, III-932, III-1090, III-1017 und III-195 d.B. .......................................................................................................... 686

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beharrliche Verfolgung durch mittelbare Kontaktaufnahme im digitalen Raum (4138/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 30

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulungen für Rich­ter:innen und Staatsanwält:innen zu Gewalt im digitalen Raum (4139/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Di­gitalisierung in der Pflege (Medikamentenverblisterung, digitale Pflege­dokumentation und Ambient Assisted Living) (4140/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialver­sicherung: Offenlegung der Gebarungsvorschaurechnung (06/2024) (19038/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Wirkungsorientierte Folgenabschätzung für Kinder und Jugendliche (19039/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Wirkungsorientierte Folgenabschätzung für Kinder und Jugendliche
(19040/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufgeblähte Führungsebene, Personalengpass auf der Straße: Überverwaltung und Selbstbeschäftigung im BMI (19041/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Österreichische Un­terstützung für iranische Menschenrechtler:innen (19042/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Bereits getätigte sowie ausstehende Transfers der Beitragszahlungen an Internationale Orga­nisationen für das Jahr 2024 (19043/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 31

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Weißbuch für Bundes­museen/Nationalbibliothek (19044/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Erhöhung Kulturbudget
(19045/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Projekt Fair Pay (19046/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Dramatisch hohe Anzahl
an Nichtschwimmern unter Kindern und Jugendlichen (19047/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Lehrermangel (19048/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Seitens des BMBWF für
den Unterricht approbierte Sexfilme (19049/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Förderungen von Radschnellverbindungen (19050/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Carbon Capture and Storage sowie Carbon Manage­ment Strategie (19051/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Carbon Capture and Storage sowie Carbon Management Strategie (19052/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 32

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für
Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Qualitative Untersuchung von Frauenmorden (19053/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auszahlung von erhöhter Familienbeihilfe (19054/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Gewaltprävention in Schulen
(19055/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Förderung von österreichischen Kinderschutzzentren (19056/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Daten zu Pflegekindern und Jugendlichen in Pflegefamilien (19057/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Radikalisierung von Klimaextremisten (19058/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend
Kosten und Inanspruchnahme der Sozialunterstützung (Sozialhilfe) 2023 in Ös­terreich (19059/J)

MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fehlende Bewaffnung der Finanzpolizei (19060/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten für Briefe und Inserate zum Thema „Der Klimabonus 2024 kommt!“ (19061/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 33

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Personalausstattung und Fachpersonal im Maßnahmenvollzug (19062/J)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Begutachtung
für die Ausstellung eines Behindertenpasses (19063/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lange Wartezeiten auf Facharzttermine und Operationen (19064/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Ko­operationen des Bundes mit Wolfgang Rosam (19065/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kooperationen des Bundes mit Wolfgang
Rosam (19066/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kooperationen des Bundes mit Wolf­gang Rosam (19067/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend Kooperationen des Bundes mit Wolfgang Rosam (19068/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kooperationen des Bundes mit Wolfgang Rosam
(19069/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kooperationen des
Bundes mit Wolfgang Rosam (19070/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 34

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kooperationen des Bundes mit Wolfgang
Rosam (19071/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kooperationen des Bundes mit Wolfgang Rosam
(19072/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kooperatio­nen des Bundes mit Wolfgang Rosam (19073/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kooperationen des Bun­des mit Wolfgang Rosam (19074/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylwerber ohne Papiere: Abschiebungen ausge­bremst! (19075/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Inanspruchnahme integrativer Lehre (19076/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend „Fair Pay“ – Strategie
im Kulturbetrieb (19077/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zwangsheirat in Österreich (19078/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anzahl der bestehenden Kinderbeistände (19079/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 35

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung von österreichischen Kinderschutzzentren (19080/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Weiterentwicklung des Familienbeihilfeverfahrens FABIAN
(19081/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend MINT-Gütesiegel für Bildungs­einrichtungen (19082/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Objektschutz jüdischer Einrichtungen durch Neonazi
(19083/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Objektschutz jüdischer Einrichtungen durch Neonazi (19084/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Objektschutz jüdischer Einrichtungen durch Neonazi (19085/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Informationen zu verschwundenen Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung“ (19086/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend die eigenmächtige Zustimmung der Bundesministerin Gewessler zum
EU-Renaturierungsgesetz (19087/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 36

09.05.27Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.28*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Ab­geordneten, ich darf Sie an unserem zweiten Sitzungstag zur 272. Sitzung
des Nationalrates herzlich begrüßen – die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf auch die Damen und Herren auf der Galerie recht herzlich begrüßen, die Journalistinnen und Journalisten, unsere Besucherinnen und Besucher
und auch die Damen und Herren zu Hause, die uns vor den Fernsehgeräten folgen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Muna
Duzdar, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Maximilian Lercher, Christian Lausch und Mag. Yannick Shetty.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Bundeskanzleramt hat über Vertretun­gen folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner wird durch Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher vertreten.

Ferner darf ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt geben:

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. wird durch die Bundesministerin für Frauen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 37

Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab vertreten.

*****

Wie üblich überträgt der ORF bis 13 Uhr auf ORF 2, auf ORF III wird die Sitzung bis 19.15 Uhr übertragen und anschließend wird, da wir sicherlich länger brauchen als bis 19.15 Uhr, die Sitzung auf ORF ON übertragen. Auch die priva­ten Fernsehanstalten übertragen Teile unserer Sitzung.

09.06.47Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Fragestunde.

Für die Abgeordneten ist klar, von wo aus sie die Fragen stellen, und der Herr Minister steht am Pult vorne. Es kann losgehen.

Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 1. Anfrage stellt Abgeordneter Hammer.

Für jede Frage ist immer 1 Minute Zeit. Sie kennen den Brauch. – Bitte, Herr Abgeordneter Hammer.


09.07.07

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf als erster Fragesteller allen einen schönen guten Morgen wünschen! Herr Bundesminister, die Bundesregierung hat sich ja zum Ziel gesetzt, die Kaufkraft der Pensionistinnen und Pensionisten abzusi­chern. Diesbezüglich ist in den letzten Jahren auch viel gelungen. Es ist auch viel bei der Senkung der Inflation gelungen. Wir haben gegenwärtig 3 Prozent.

Dennoch aber die Frage:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 38

371/M

„Wie stellen Sie sicher, dass die Kaufkraft von Pensionist:innen in Zeiten hoher Inflation gewahrt bleibt?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Schönen guten Morgen auch von meiner Seite! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, ich darf die Frage wie folgt beantworten:
Sie haben recht, die Bundesregierung hat ziemlich viel Geld in die Hand genom­men, um die Kaufkraft der Pensionistinnen und Pensionisten abzusichern.
Wir haben nicht nur die Inflationsanpassung entlang der hohen Inflation vorge­nommen, die gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern wir haben über
zusätzliche Zahlungen, Einmalzahlungen dazu beigetragen, dass insbesondere Mindestpensionisten, Mindestpensionistinnen jedenfalls die Inflation
abgegolten bekommen haben, diese manchmal sogar überkompensiert worden ist. Das ist auch für das nächste Jahr unsere Zielsetzung.

Am Beispiel der Pensionsanpassung mit 1.1.2025: Der Anpassungsfaktor
wird entlang der durchschnittlichen Inflation von August 2023 bis Juli 2024 be­rechnet werden, und wir gehen jedenfalls davon aus, dass damit die Infla­tion abgegolten ist und die Kaufkraft der Pensionistinnen und Pensionisten er­halten werden kann. (Unruhe im Saal.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte, den Pegel der Unterhal­tungen etwas zu reduzieren – es ist sehr laut –, sodass den Fragen wirklich ge­folgt werden kann.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hammer.


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Wir haben aufgrund dieser Situation mit der hohen Inflation natürlich auch Themenstellungen gehabt, die die Höhe der Pensionen betreffen. Wie stehen Sie vor diesem Hinter­grund zum Thema Schutzklausel?



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist die Thematik: Um die Differenz zwischen Verzinsung des Pensionskontos, Aufwertungszahl und Pensionserhöhung – das ist
der Anpassungsfaktor für Menschen, die 2024 in Pension gehen – auszuglei­chen, wurde eine Schutzklausel für diese Personen eingeführt. Laut
dieser wird die Pension bei mehr als 90 Prozent aller Pensionsantritte im Jahr 2024 um 6,2 Prozent erhöht. Hätten wir das nicht gemacht,
wären alle Menschen im Dezember 2023 statt im Jahr 2024 in Pension ge­gangen, weil sie dann eben eine höhere Pension erhalten hätten.

Aktuell befinden wir uns regierungsintern in Gesprächen über die Schutzklausel für 2025. Eine Lösung soll zeitnah gemeinsam mit dem Anpassungsfaktor präsentiert werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordne­ter Kucher. – Bitte sehr.


09.09.31

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister!
Wir erinnern uns alle: Privat- und Schönheitskliniken in Österreich haben viel Geld an ÖVP und FPÖ gespendet. Man versteht deshalb vielleicht auch,
warum eine der Hauptsorgen in der schwarz-blauen Bundesregierung nicht war, wie wir das öffentliche Gesundheitssystem stärken können, sondern dass
man Hunderte Millionen in Richtung Privatmedizin verschoben hat.
Der Rechnungshof hat das in einem sehr kritischen Bericht sehr deutlich kritisiert.

Herr Bundesminister, ich darf Sie daher fragen:

368/M

„Warum haben Sie in Ihrer Amtszeit entgegen der Empfehlungen des Rechnungshofes den PRIKRAF (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 40

nicht neu aufgestellt, um die von schwarz/blau verursachte Bevorzugung
von privaten Krankenanstalten und damit der Zwei-Klassen-Medizin zurückzudrängen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst hat der Rechnungshof nicht die Neuaufstellung des Prikraf als solchen, sondern die Überprüfung der Zusammensetzung der
Prikraf-Fondskommission in Hinblick auf ihre Aufgaben und die Finanzierungs­verantwortung empfohlen. Dem wurde auch nachgekommen. Da diese einerseits aufgrund der ihr zugewiesenen Aufgaben keine politischen Entschei­dungen trifft und andererseits alle bisherigen Beschlüsse einvernehmlich erfolgten, wird derzeit kein Änderungsbedarf gesehen.

Die Abrechnung der Prikraf-Krankenanstalten erfolgt analog zur Abrechnung der landesfondsfinanzierten Krankenanstalten nach dem LKF-Modell.
Derzeit sind die Prikraf-Krankenanstalten doch auch Teil
der Gesundheitsversorgung.

Man kann durchaus politisch geteilter Meinung sein, ob wir eher in den öffentlichen oder in den privaten Sektor investieren sollten. Ich habe dazu eine klare Haltung – auch im Zuge der Gesundheitsreform umgesetzt. Es gibt 1 Milliarde Euro zusätzlich im Gesundheitssystem, und zwar im öffentlichen Ge­sundheitssystem, wobei es vor allem darum geht, auch die Kassenstellen auszubauen. Das ist die Haltung.

Beim Prikraf haben wir das gemacht, was der Rechnungshof empfohlen hat.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeord­neter? – Bitte.


Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Bundesminister, danke für die Klarstel­lung, aber dann darf ich Sie offen fragen: Woran ist es denn gescheitert?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 41

Haben Sie es versucht – in Richtung ÖVP –, da Änderungen herbeizuführen, oder haben Sie es gar nicht versucht, weil man mit der ÖVP in Richtung Privatmedizin gar nicht reden muss? Erhellen Sie uns bitte! Wie stark war denn Ihr Kampf? Woran ist es gescheitert? Warum wird weiterhin in Österreich
die Privatmedizin gefördert und nicht die öffentliche Gesundheitsversorgung mit mehr Kassenstellen, attraktiveren Kassenverträgen und einem Zurückdrän­gen der Zweiklassenmedizin?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wenn es um den Kampf geht, die öffentliche Gesundheitsver­sorgung zu stärken, bin ich immer sehr, sehr engagiert und vorne mit
dabei. Das war ja auch der Grund, warum erstmals, und das möchte ich betonen, die Sozialversicherung 300 Millionen Euro aus Steuermitteln bekommt:
um eben im öffentlichen Gesundheitssystem im Ausbau der niedergelassenen Kassenärztinnen und Kassenärzte tätig zu werden. (Beifall bei den Grünen
sowie des Abg. Weidinger.)

Ich glaube, wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen – da teile ich Ihre Einschätzung, Herr Klubobmann –, um natürlich den öffentlichen
Sektor zu stärken, denn das ist die tragende Säule. Es darf in Österreich nicht darauf ankommen, wo jemand lebt oder wie viel jemand verdient, ob er
eine gute Gesundheitsbehandlung bekommt oder nicht. Das ist jedenfalls meine Zielsetzung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter
Smolle. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich habe eine Frage, die beim Thema Finanzierung und Versorgung bleibt,
und zwar: Der medizinische Fortschritt bringt es glücklicherweise mit sich, dass beständig neue hochwirksame Medikamente auf den Markt kommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 42

Meine Frage ist: Wie stellen Sie sicher, dass das einmal österreichweit in allen Bundesländern allen Patientinnen und Patienten gleich zur Verfügung
steht, dass die Bewertung sich wirklich auf fachliche Expertise bezieht und dass nicht wirtschaftliche Überlegungen eventuell einmal zu einer Verzögerung
der Bereitstellung führen könnten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Danke für die Frage. Das ist jetzt auch mit der Be­schlussfassung der Geschäftsordnung für das Bewertungsboard in der Bundes-Zielsteuerungskommission klargestellt worden. Da hat es noch einige
Runden gegeben, auch um eine Klarstellung in einer Präambel vorzunehmen, dass natürlich immer das bestverfügbare Medikament eingesetzt wird
und dass es natürlich – auch Klarstellung – in der Hand der Ärztin, des Arztes liegt, die Entscheidung darüber zu treffen, welches Medikament
eingesetzt wird.

Die Geschäftsordnung wurde wie gesagt vergangene Woche in der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossen. In dieser wird jetzt noch einmal
wie gesagt explizit festgehalten, wie die Vorgänge sind. Damit ist ein einheitli­cher Zugang zu Medikamenten gewährleistet. Damit soll die Versorgung
auch weiterhin sichergestellt sein. Das Bewertungsboard wird im Herbst seine Arbeit aufnehmen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeord­neter Kaniak. – Bitte.


09.13.52

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Minister! Nach fünf Jahren schwarz-grüner Bundesregierung und drei grünen Gesundheitsministern
ist es um die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung nicht gerade gut be­stellt, sondern sie ist in einem bedenklichen Zustand. Die Lebenserwar­tung ist erstmals in der Geschichte überhaupt gesunken. (Abg. Michael Hammer:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 43

Von welchem Land redest du?) Es gibt immer mehr chronische Erkrankun­gen und psychische Erkrankungen. (Abg. Steinacker: Faktenbefreit! Faktenbefreit! – Abg. Michael Hammer: Das hat der Herbert aufgeschrieben, den Blödsinn!)

Die Wartezeiten auf Diagnostik und Behandlungen werden immer länger.
Es gibt weniger Kassenärzte. Ganze Spitalsabteilungen müssen personalbedingt schließen. Ein ganzes Krankenhaus hat in Österreich schließen müssen.
(Abg. Strasser: Krankreden!) Gleichzeitig werden 27 Gesundheits- und Reha-Ein­richtungen aktuell gerade ans Ausland ausverkauft. Die Kosten explodie­ren. Die Leistungen werden immer weniger, oder, um Sie hier mit Ihren eigenen Worten zu zitieren (Abg. Strasser: Krankreden macht krank!): Die Men­schen brauchen immer mehr Kreditkarte statt E-Card, um überhaupt noch an gesundheitsversorgende Dienstleistungen zu kommen.

Meine Frage an Sie:

366/M

„Warum sind Sie mit ihrer Gesundheitsreform als zuständiger Minister ge­scheitert?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich würde es einmal so beantworten, Herr Abgeordneter, dass die einzige Person, die in den letzten 40 Jahren in der Gesundheitspolitik gescheitert ist, Frau Hartinger-Klein war. Ich habe den Scherbenhaufen zusam­menkehren müssen; so viel dazu. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit des
Abg. Wurm. – Abg. Belakowitsch: Fünf Jahre grüner Gesundheitsminister! Das ist ja unfassbar! – Abg. Wurm: Billige Ausrede! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 44

Sie können die Wahrheit schlecht aushalten, ich weiß das, deshalb schreien Sie jetzt dazwischen. Ich bin jener Gesundheitsminister, Frau Abgeordnete,
Herr Abgeordneter, der über den Finanzausgleich 1 Milliarde Euro mehr ins System bringt, der wie gesagt den Ausbau - - (Neuerliche Zwischenrufe
der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.)
 – Sie hören die Wahrheit nicht gerne, ich weiß das (Abg.
Wurm: Ihre Wahrheit, Herr Minister! – Abg. Belakowitsch: Fünf Jahre grüner Ge­sundheitsminister!),
aber ich bin da ganz entspannt. (Beifall bei Abgeordne­ten der Grünen.) Was Sie im Gesundheitssystem angerichtet haben, ist in Wahr­heit eine Gefährdung der Gesundheit Österreichs.

Ich kann Ihnen sagen: Ich habe es jedenfalls geschafft (Abg. Belakowitsch:
Sie haben gar nichts geschafft, das ist ja Ihr Problem!),
gemeinsam mit
den Bundesländern, gemeinsam mit dem Finanzminister, deutlich mehr Geld ins System zu bekommen, den Ausbau der Versorgung zu verbessern (Abg. Belakowitsch: Die muss super gewesen sein, die Hartinger-Klein ...!), zusätzliche Kassenarztstellen zu implementieren und insgesamt im Gesundheitssys­tem die Voraussetzungen dafür zu schaffen, in den nächsten fünf Jahren, anstatt, wenn man nichts getan hätte, 7 Milliarden Euro Mehrkosten zu produzie­ren, tatsächlich auch die Verbesserung der Versorgung sicherzustellen. (Beifall bei den Grünen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Sie haben gerade angeführt,
Herr Minister, dass Sie in den nächsten Jahren sehr viele zusätzliche Mittel ins Gesundheitssystem hineinkippen werden und eine zusätzliche Finan­zierungsebene einziehen werden, um die Finanzierung noch etwas komplexer zu gestalten.

Welche tatsächlichen Strukturreformen haben Sie mit den Ländern
im Rahmen der Bundes-Zielsteuerungskommission letzte Woche vereinbart,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 45

durch die eine nachhaltige Verbesserung der Versorgung der österreichischen Patienten tatsächlich verwirklicht wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wenn Sie davon reden, dass eine zusätzliche Finan­zierungsebene eingezogen wird, dann haben Sie den Zielsteuerungsvertrag nicht gelesen. Das Gegenteil ist der Fall: Es kommt zu einer deutlichen Konzen­tration und Vereinfachung, auch der Abläufe.

Es werden in der Zielsteuerungskommission jetzt zielgerichtet – wie schon in der letzten Sitzung geschehen – auch Entscheidungen getroffen, die sofort
wirksam sind, wie die zusätzliche Ausstattung mit Großgeräten im gesamten Versorgungsgebiet von Österreich. Es ist auch sichergestellt, dass jetzt
im Zuge der Gesundheitsreform jedenfalls die Abläufe auch in den Landes-Zielsteuerungskommissionen vereinfacht werden. Das gefällt nicht allen gut, weil der Einflussbereich der Ärztekammer dort beschränkt worden ist und
jedenfalls die Entscheidung, wo und wie Kassenstellen errichtet werden, deutlich einfacher und deutlich schneller geht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Wir wissen alle, dass über 30 Prozent der Mediziner:innen in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen. Wir bekommen aber an­statt der 1 450 Ärzt:innen, nur um den Status quo zu erhalten, nur 850 pro Jahr. Im Gegensatz dazu haben wir aber über 12 000 interessierte junge
Menschen, die jedes Jahr um einen Studienplatz rittern, und nur 1 850 bekom­men einen Medizinstudienplatz. Nach dem Studium wandern viele ins
Ausland ab. Bereits seit 2019 gibt es Forderungen von fast allen Bundesländern, die Zahl der Studienplätze zu verdoppeln.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 46

Daher meine Frage: Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt beziehungs­weise werden Sie noch setzen, damit in Zukunft die Zahl der Medi­zinstudienplätze verdoppelt wird, und welche Maßnahmen setzen Sie, damit junge Ärzte weiterhin in Österreich bleiben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Unzweifelhaft ist es so, dass die Arbeitsbedingungen und auch die Bezahlung, insbesondere im kassenärztlichen Bereich, verbessert
werden müssen. Das ist einmal die erste Voraussetzung, um den Beruf der Kas­senärztin und des Kassenarztes attraktiver als bisher zu machen.

Das geschieht auf mehrfache Art und Weise: Die Einführung des Fach­arztes für Allgemeinmedizin ist ein Baustein dazu. Ein einheitlicher Leistungs­katalog und ein Gesamtvertrag, der derzeit zwischen der Sozialversiche­rung und der Ärztekammer verhandelt wird, wird ein weiterer Baustein sein. Ich teile die Einschätzung, dass es notwendig ist, insbesondere bei den Kas­senstellen, die Vertragsbedingungen so zu gestalten, dass es möglich ist, eine Kassenarztpraxis zu betreiben und davon auch gut leben zu können.
Das ist jetzt nicht immer der Fall, weil die Anzahl der Patient:innen mitunter dazu beiträgt oder es davon abhängig macht, ob das Einkommen auch ausreicht.

Was wir auch forciert haben, ist der Ausbau der Primärversorgungszentren. Dort ist tatsächlich für Ärztinnen und Ärzte die Gelegenheit gegeben – auch
entlang eines Arbeitens im Team, auch mit anderen Arbeitszeiten –, so einzu­steigen, dass die Arbeitsbedingungen auch so angepasst und adäquat
sind, dass insbesondere auch Frauen dort die Möglichkeit haben, ihrem Beruf gut nachzugehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter
Gödl. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 47

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Bundesminister! Neben der Gesund­heitsreform hat die Bundesregierung auch einige Reformpakete im Be­reich der Pflege auf den Weg gebracht und sie auch im Finanzausgleich abgesi­chert – dazu die Frage an Sie.

Vielleicht können Sie kurz diese Pflegereformmaßnahmen skizzieren,
verbunden mit der Frage: Welche Reformbemühungen sind aus Ihrer Sicht auch in der nächsten Zeit noch notwendig?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Es ist unmöglich, jetzt in 2 Minuten alle Maßnahmen darzulegen.

Wir haben drei Pflegereformpakete gemacht, die insbesondere der Zielsetzung gefolgt sind, jene, die in der Pflege arbeiten, dort zu halten. Das haben
wir über die Erhöhung der Gehälter, mit einer zusätzlichen Urlaubswoche ge­macht und das jetzt auch auf Dauer über die nächsten fünf Jahre im Finanzausgleich abgesichert. Wir haben die Attraktivität der Ausbildung über das Pflegestipendium verbessert und jedenfalls wirkt auch die Möglichkeit, berufsbegleitend einzusteigen, denn noch nie gab es so viele Berufsantritte wie derzeit im System.

Die Herausforderung, die bleibt, das sage ich Ihnen auch ganz offen, ist
die Frage der Personalbeschaffung und Rekrutierung. Wir werden
es nicht schaffen im Pflegebereich, im Gesundheitsbereich, auch im sozialen Bereich alleine aus Österreich alle Arbeitskräfte, die wir benötigen, zu bekommen. Da wird auch eine aktive Akquise und Anwerbung in Drittstaaten notwendig sein. Das ist und bleibt die größte Herausforderung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte sehr.


09.20.42


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 48

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Guten Morgen, Herr Minis­ter! Jetzt haben wir ja schon wahrgenommen, dass es offenkundig unterschied­liche Wahrnehmungen beim Thema Gesundheitsreformen gibt. Die einen glauben ja immer noch, dass der – nach eigenen Aussagen – Werbeschmäh oder Marketinggag mit der Patientenmilliarde etwas gebracht haben soll,
anstatt eben die 215 Millionen Euro gekostet zu haben. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie haben ja oder wir haben ja gemeinsam im letzten Jahr eine
echte Gesundheitsreform auf den Weg gebracht, die erste seit 20, 30 Jahren.

Mich würde jetzt eben interessieren: Nach Abschluss des Zielsteue­rungsvertrages in der BZK ist das Ganze ja weiter vorangetrieben worden. Wie schaut der Umsetzungsstand der Reformen aktuell aus?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 377/M, hat folgenden Wortlaut:

„Die erste echte Gesundheitsreform seit 20 oder sogar 30 Jahren wurde mit dem Abschluss des Zielsteuerungsvertrags in der BZK weiter vorangetrieben, wie
schaut der Umsetzungsstand der Reform aktuell aus?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist vor wenigen Tagen in der Bundes-Ziel­steuerungskommission verabschiedet worden. Der Zielsteuerungsvertrag ist im Prinzip die Umsetzung der Gesundheitsreform und bildet die Governance
für diese Gesundheitsreform ab.

Es war enorm wichtig, diesen letzten Baustein auch hinzubekommen, denn sonst hätte die Gefahr bestanden, dass die Reform nicht so umgesetzt wird,
wie sie angedacht ist, nämlich frisches Geld ins System zu bringen, aber natürlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 49

im Gegenzug auch Reformen Platz greifen zu lassen. Das ist jetzt abgesi­chert. Es haben sich alle Partner, die dafür stimmberechtigt zuständig sind, So­zialversicherung, alle Bundesländer, Bund – vertreten durch Gesundheits­ministerium und Finanzministerium –, diesen Vertrag sozusagen gesichert. (Abg. Belakowitsch: ... Geld im System, das verpufft! Paff!) Damit sind die Grund­lagen geschaffen, dass die FAG-Mittel so eingesetzt werden (neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch), wie sie eingeplant sind – auch in der Gesundheitsvorsorge und jedenfalls auch in der Prävention. (Abg. Belakowitsch: Sehr gut! Frisches Geld ...!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schallmeiner? – Bitte.


Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Auch wenn Kollegin Belakowitsch im Hintergrund es immer noch nicht glauben möchte: Wir haben ja unter an­derem aus dem FAG heraus den Sozialversicherungen 300 Millionen Euro jähr­lich zur Verfügung gestellt und es gibt ja 100 zusätzliche steuerfinanzier­te Kassenstellen. Wie ist da der Stand der Umsetzung nach dem Prinzip digital vor ambulant vor stationär?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Es ist jetzt die Aufgabe der Sozialversicherung, das umzusetzen. Da wird die Kontrolle auch über die Bundes-Zielsteuerungskom­mission stattfinden, und dort werden die Beschlüsse einstimmig gefasst.
Klar ist jedenfalls, die 300 Millionen Euro sind so einzusetzen, dass sie in den kassenärztlichen Bereich gehen, und zwar auch entlang einer klaren Priorisierung: natürlich dort zuerst, wo wir insbesondere einen Mangel haben bei der kassenärztlichen Versorgung – da sind nicht alle Fächer gleich
behandelt –, ich denke da etwa an die Kinder- und Jugendversorgung in der Psychiatrie und im internistischen Bereich. Das ist gerade in Umsetzung,
und es ist sichergestellt, dass das passiert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 50

Ich sage noch einen Satz dazu: Es war wichtig, dieses Geld der Sozialversiche­rung zur Verfügung zu stellen, weil sonst die Gefahr bestanden hätte,
dass eben die Ausweitung der Kassenarztstellen nicht stattfindet, weil die So­zialversicherung aus eigenen Mitteln dazu nicht in der Lage ist.
(Abg. Schallmeiner: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Guten Morgen, Herr Minister!
Besagter Zielsteuerungsvertrag wurde jetzt zum letztmöglichen Zeitpunkt abge­schlossen. Ein Teil dieser sogenannten Gesundheitsreform war, dass Sie
bei der Pflege beziehungsweise bei der Patientensteuerung auch
stärker durchgreifen wollen.

Aus der Anfragebeantwortung der letzten Wochen wissen wir aber, dass es beispielsweise für die Communitynurses, aber auch für den Ausbau
von 1450 noch keine konkreten Summen gibt und auch keine Vorgaben für die Abwicklung.

Was genau ist da Ihr Handlungsspielraum, um die Bundesländer zu mehr Zusammenarbeit zu bringen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das Beispiel der Communitynurses möchte ich gerne aufgreifen. Es war natürlich die Absicht, das zu verlängern und die Finanzierung sicherzustellen. Das ist über die Erhöhung des Pflegefonds auf über
1 Milliarde Euro geschehen. Das Geld ist da – zwei Drittel, ein Drittel finanziert: zwei Drittel Bund, ein Drittel Bundesländer. Jetzt ist es die Verpflich­tung der Bundesländer, dieses Geld auch abzuholen und so einzusetzen, dass diese Projekte fortgesetzt werden können. Das Geld ist da! Ich habe
allen gesagt, jene, wo es Schwierigkeiten in der Kooperation der Träger und der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 51

Bundesländer, was die Weiterfinanzierung angeht, gibt, mögen sich bitte
an uns wenden. Wir haben bei der Gesundheit Österreich eine eigene Stelle ein­gerichtet, um dort auch die Beratung sicherzustellen.

Zweiter Punkt: Über die Pflege-Entwicklungs-Kommission haben wir ein Instrument, das ähnlich gestaltet ist wie die Zielsteuerung in der Ge­sundheit, nämlich zu einer stärkeren Kooperation und Vereinheitlichung auch in der Pflege zu kommen. Wir wissen, es ist die Zuständigkeit der Bundes­länder, aber es geht darum, da auch Gegebenheiten zu schaffen,
dass etwa gleiche Bedingungen herrschen und die Bundesländer nicht unter­einander konkurrieren. Das sollte über die Pflege-Entwicklungs-Kommis­sion jedenfalls sichergestellt sein. (Abg. Fiedler: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Loacker. – Bitte.


09.25.10

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Sozialversicherungsträger leisten wichtige Arbeit, aber sie leisten sie
oft ineffizient. So gibt die Unfallversicherung nur 87 Prozent ihrer Gelder für Versichertenleistungen aus und die Österreichische Gesundheitskasse, an die die Arbeitgeber die Beiträge überweisen, behält sich fürs Weiterverteilen
dieser Beiträge an andere Träger im Jahr 320 Millionen Euro ein. Man hätte also auf diesem Weg auch locker eine Patientenmilliarde verfügbar machen
können.

Jetzt sind Sie die Aufsichtsbehörde, daher meine Frage:

375/M

„Welche Schritte haben Sie als Aufsichtsorgan gesetzt, damit die Sozialversi­cherungsbeiträge den Versicherten und nicht den Apparaten der Träger zugutekommen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 52

Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Durch die Zielsteuerung Sozialversicherung soll unter anderem eine nachhaltige Mittelverwendung – das ist auch richtigerweise ange­mahnt – sichergestellt werden. Im Zusammenhang damit achten auch die So­zialversicherungsträger und der Dachverband auf eine nachhaltige Kostenentwicklung, und sie haben auch – und das ist Aufsichtstätigkeit – die Erarbeitung der strategischen und operativen Ziele mit mir abzustim­men. Das ist die einzige – wenn Sie so wollen – Möglichkeit der Einflussnahme im Rahmen der Aufsichtspflicht, die ich habe. Und diese strategischen
und operativen Ziele werden auch abgestimmt.

Das heißt, es wird dort festgelegt, wo die Schwerpunkte gesetzt werden, und die müssen natürlich auch mit den Zielen der Gesundheitsreform übereinstim­men. Es macht sonst keinen Sinn. Da wird auch darauf geachtet, nämlich vor Be­schlussfassung der Ziele in der Konferenz, dass diese Abstimmung stattfin­det und damit keine Doppelgleisigkeiten oder Ineffizienzen entstehen. Das tue ich im Rahmen meiner Aufsichtspflicht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter
Loacker? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Dann wäre es vielleicht einmal eine Überlegung, Personalziele festzulegen, denn die neun Gebietskrankenkas­sen hatten 5 900 Mitarbeiter und die zusammengelegte ÖGK hat jetzt 7 200. Da wird also der Personalstand aufgeblasen.

Sehen Sie Möglichkeiten, dass Sie an diesem Punkt die Effizienz der Sozialver­sicherungsträger verbessern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich nehme die Anregung gerne mit, auch im Hinblick
auf die Personalplanung und Personalfragen, die Gestaltungsmöglichkeiten noch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 53

einmal auszuloten. Ich teile die Einschätzung, dass Effizienzen, wenn sie vor­handen sind, auch dort zu heben sind.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Herr Abgeord­neter Kaniak. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Minister! Die 2018 beschlos­sene Sozialversicherungsreform hat die rechtlichen Rahmenbedingungen
dafür gelegt, dass es innerhalb der Sozialversicherungen zu deutlichen Kosten­einsparungen im Bereich der Verwaltung kommt. Die London School of Economics hat dieses Einsparungspotenzial mit 1 Milliarde Euro innerhalb von fünf Jahren tituliert. Ein zusätzliches Ziel war die Schaffung einheitlicher Leistungs- und Honorarkataloge innerhalb der Sozialversicherung.

Warum haben Sie als zuständiger Minister es innerhalb von fünf Jahren nicht geschafft, dass diese Reform umgesetzt wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Weil ja, wie Frau Hartinger-Klein gesagt hat, diese Patientenmilliarde ein Marketinggag war, als solcher hat sie sich auch entpuppt. Diese Patientenmilliarde ist nirgends aufzufinden gewesen. Ich habe
jede Schublade im Ministerium durchgeschaut, sie war nicht vorhanden. (Abg. Belakowitsch: So ein Blödsinn!)

Jetzt ist es so, dass die Sozialversicherung mit der Ärzteschaft gemeinsam diesen einheitlichen Leistungskatalog verhandelt. Und ich wiederhole mich: Die Gesundheitsreform hat dazu beigetragen, dass jetzt erstmals die Sozialversiche­rung 300 Millionen Euro aus dem Finanzministerium bekommt, also aus Steuermitteln bekommt, um die Versorgung zu verbessern und sicherzustellen. (Abg. Belakowitsch: Also neues Geld, frisches Geld!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeord­neter Smolle. – Bitte sehr.


09.28.27


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 54

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich bleibe beim Finanzausgleich. Dieser ist im letzten Jahr intensivst mit allen Stake­holdern verhandelt worden und er ist wirklich ein gewaltiger Meilenstein, wie er eigentlich in den letzten Jahrzehnten nie gesetzt worden ist. Nicht nur,
dass viele Milliarden mehr zusätzlich ins Gesundheitssystem kommen, sondern man hat auch die Vision, das mit klaren Zielen zu verbinden.

Jetzt haben wir ein halbes Jahr 2024, und ich möchte Sie fragen: Wie
ist Ihre Einschätzung, wie weit sind die Schritte der Reformen jetzt gediehen, insbesondere einmal schwerpunktmäßig bei den Aufgaben der Länder
und betreffend den Spitalsbereich?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 372/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie wurde die Gesundheitsreform im Jahr 2024 nach Beschluss des FAG Ende 2023 weiter umgesetzt?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie gesagt, es ist jetzt mit dem Abschluss des Ziel­steuerungsvertrages gelungen, da auch Einigkeit zustande zu bringen. Es war wichtig, diese Abstimmung mit den Bundesländern jedenfalls zu schaf­fen. Worüber ich sehr froh bin, ist, dass auch im Rahmen der Bundesländer Einigkeit darüber besteht, dass künftig auch im Rahmen der Mittelverwendung aus dem FAG stärker in die Vorsorge investiert wird, stärker auch darauf geachtet wird, dass die Schnittstelle zwischen Spital und ambulantem Bereich verbessert wird.

Das schlägt sich dadurch nieder, dass einzelne Länder überlegen, vorge­lagerte Erstambulanzen zu schaffen, um eben zu vermeiden, dass Patientinnen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 55

Patienten automatisiert in die Spitalsambulanz gehen, wo sie eigentlich
nicht hingehören. Wir haben Zahlen erhoben, die zeigen, dass in Spitalsambu­lanzen bis zu 50 Prozent der Patientinnen, Patienten, die dorthin gehen,
gar nicht dorthin gehören, weil das auch ambulant abgewickelt werden könnte.

Es ist jetzt Aufgabe, glaube ich, in der Zielsteuerung gemeinsam darauf
zu achten, dass a) die Prävention verbessert wird und b) die Patientenlenkung verbessert wird – das sollte über den Ausbau von 1450 passieren, Stich­wort Digitalisierung – und jedenfalls die Mittel so verwendet werden, dass die Effizienzen dort auch gehoben werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter
Smolle? – Bitte.


Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Danke schön. – Ich möchte jetzt an­schließen – das war sozusagen Bereich der Länder, jetzt Bereich der Sozialversicherung, niedergelassener Bereich –: Sie haben gesagt, 300 Millionen Euro im Jahr zusätzlich, das macht 1,5 Milliarden Euro in der Finanzaus­gleichsperiode aus.

Wie sehen Sie das, wie ist man da auf dem Weg, und was erwarten Sie zeitlich hinsichtlich des Ausbaus des kassenärztlichen Systems?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Offene und ehrliche Antwort: Natürlich wird es nicht möglich sein, die Defizite, die wir im niedergelassenen Bereich haben, von heute
auf morgen zu beheben, aber einiges gelingt jetzt schon.

Ich darf daran erinnern, dass es für die 100 Kassenstellen, die wir jetzt sozusa­gen mit Förderungen auch incentiviert haben, 600, 700 Bewerbungen
gegeben hat. Das heißt, es besteht Interesse daran, dass das in die Umsetzung kommt, das wird funktionieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 56

Ich bin überzeugt davon, dass die zusätzlichen Mittel, die jetzt da sind,
dazu dienen werden, Schritt für Schritt in die Richtung zu kommen, dass das passiert, was wir brauchen: eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs,
eine Beschleunigung und Verkürzung der Wartezeiten, eine Verlagerung von den Spitalsambulanzen in den ambulanten Bereich. Es ist in der letzten Zielsteuerungskommission übrigens schon darüber gesprochen worden, dass künftig möglicherweise auch verstärkt Kleineingriffe ambulant stattfinden
sollen und nicht in Spitälern. All das ist bereits jetzt auf dem Weg und
wird fortlaufend weiter betrieben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.


09.31.46

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei den Menschen herrscht große Verunsicherung, was den Bereich Pensionen betrifft. Der derzeitige Status ist ja: Je früher man 2025 seinen Pensionsantritt wählt, umso höher ist die Pension.

369/M

„Warum schaffen Sie nicht diese ungerechte Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung ab, damit nicht rund 90.000 Personen, die ab 2025 jährlich in Pension gehen, mit lebenslangen Pensionsverlusten von bis zu 3, 4 oder
mehr Prozent, je nach Inflation, leben müssen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter, wir haben dieses Thema ja
schon öfter auch hier im Hohen Haus behandelt. Sie wissen auch, dass es im Hinblick auf die Aliquotierung durchaus unterschiedliche Zugänge gege­ben hat. Die aliquote Anpassung, die seit 2022 in Kraft ist, stellt schon auch eine Verbesserung gegenüber der kompletten Aussetzung der ersten Anpassung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 57

dar. Sie beruht auf statistischen Überlegungen, und in Jahren mit mode­rater Inflation stellt die Aliquotierung nur eine unwesentliche Verschlechterung dar.

Wir hatten in den letzten Jahren hohe Inflationsraten, und da hätte die Aliquotierung tatsächlich zu hohen Verlusten geführt. Deshalb haben wir, haben Sie als Gesetzgeber, Sie wissen das, die Aliquotierung im Jahr 2023 abge­mildert, indem eine Erhöhung der Pension um mindestens 2,9 Prozent festgelegt wurde, und sie für die Jahre 2024 und 2025 zur Gänze ausgesetzt, um be­sonders negative Effekte zu verringern und zu verhindern.

Im Hinblick auf die kommende Pensionsanpassung sind Gespräche darüber im Gange, wie wir das im nächsten Jahr halten werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? –
Bitte.


Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Eine weitere Verunsicherung ist ja, dass es noch keine Lösung für eine Schutzklausel 2025 gibt. Viele Betroffene schreiben uns und teilen uns mit, dass sie sich ihren Pensionsstichtag 2025 nicht aussuchen können, weil es Vereinbarungen gibt, zum Beispiel Altersteilzeit­vereinbarungen; sie müssen dann 2025 ihre Pension antreten.

Warum haben Sie nicht schon längst – wie eigentlich angekündigt, im
ersten Halbjahr 2024 eine Lösung zu präsentieren – aufgrund der hohen Infla­tion eine Schutzklausel im Pensionskonto für das Jahr 2025 vorgesehen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen: Wir
werden natürlich, und zwar fristgerecht vor dem September, weil das ja auch beschlossen werden muss, alle drei Punkte gemeinsam vorlegen, einer Beschlussfassung durch das Parlament zuführen: Das betrifft die Inflationsan­passung entlang der Inflation, da wird die Durchrechnung im nächsten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 58

Monat vorliegen, und das betrifft im Gesamtpaket dann auch die Aliquotierung und das Pensionskonto.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abge­ordneter Herbert. – Bitte.


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Bundesminister! Ihre Antworten be­friedigen mich jetzt nicht wirklich, weil ja diese Aliquotierung per se eine Ungerechtigkeit für die betroffenen Arbeitnehmer darstellt, da er sich mitunter ja gar nicht aussuchen kann, ob er am Jahresanfang oder am Jahresende – Stichwort notwendige Beitragsmonate – seine Pension antreten kann.

Daher meine Frage: Warum bestrafen Sie Menschen, die oft viele Jahrzehnte hindurch gearbeitet haben und einen wertvollen Beitrag für das Sozial-
und Pensionssystem geleistet haben, mit derartiger Geringschätzung, indem Sie diese unflätige Maßnahme aufrechterhalten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Noch einmal zur Aliquotierung: Es ist in den vergan­genen 20 Jahren, ich habe es schon einmal im Parlament ausgeführt, von allen Regierungen unterschiedlichster Couleurs unterschiedlichst gehandhabt
worden: Aussetzung, Abschaffung, Wiedereinführung, teilweise. Es ist ja auch eingebracht worden, das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden,
nämlich die Verfassungskonformität der Aliquotierung. Das war
lange ein Streitpunkt.

Von manchen wurde die Rechtsauffassung vertreten, dass eben die Aliquotie­rung verfassungswidrig ist. Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit
dieser Regelung auseinandergesetzt und in seinem Erkenntnis diese Form der Anpassung für zulässig erklärt.

Ich halte es schon für angebracht, auch im Sinne der Sorgfalt der
Budgetierung, von Fall zu Fall, von Inflationslage zu Inflationslage die Frage zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 59

entscheiden, ob es diese Aliquotierung geben soll und wie sie umgesetzt
wird. Genau das tun wir im heurigen Jahr auch.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Bundesminister, die Einführung einer zusätzlichen Pensionserhöhung im ersten Pensionsjahr, aliquo­tiert oder nicht, kostet bis 2027 laut Budgetdienst 2,2 Milliarden Euro.

Wenn Sie als Befürworter der Kindergrundsicherung darauf schauen, wo sehen Sie da die Generationengerechtigkeit, wenn Sie für eine Besserstellung
der Pensionisten 2 Milliarden Euro ausgeben und es an anderer Stelle fehlt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter Loacker, Sie sind ein exzellenter
Kenner der Thematik und Sie wissen auch, dass da – wie soll ich es nennen? – eine Balance zwischen Generationengerechtigkeit, aber auch des
Sich-verlassen-Könnens darauf, dass man im Alter eine Absicherung hat, gehalten werden muss. Diese Balance zu halten und auch in
besonders schwierigen Situationen das auszutarieren ist die Schwierigkeit.

Ich gestehe zu: Ja, es ist so, dass in den kommenden Jahren – ich habe das auch schon ausgeführt – die Aufwendungen für das Pensionssystem ansteigen werden, und zwar deutlich ansteigen werden. 1 Prozentpunkt Pensionserhöhung kostet nachhaltig im Budget 600 Millionen Euro, das ist viel Geld. Wir wer­den heuer bei 5,6, 5,7, 5,8 Prozent Erhöhung landen, man kann sich dann aus­rechnen, was das für das Budget ausmacht.

Ich möchte aber eben auch betonen, dass es schon notwendig ist, die Ge­samtfinanzierungssituation erstens langfristig und zweitens auch ent­lang der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Gemeinwesens zu betrachten, weil – das ist schon ein Argument – letztlich Pensionen, die ausbezahlt


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werden, zu einem guten Teil – insbesondere bei kleinen Pensionen – wieder so­zusagen in die Wirtschaft, in den Konsum fließen. Diese Gesamtbetrach­tung müsste man also schon für sich in Anspruch nehmen.

Ja, es ist notwendig, die Nachhaltigkeit im Auge zu behalten, aber letztlich auch eine Absicherung im Alter sicherzustellen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr.


09.38.16

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Bundesminister, schö­nen guten Morgen! Wir haben jetzt schon sehr viel über die Aliquotie­rung gehört, Sie haben auch gerade erklärt, dass der Verfassungsgerichtshof das für rechtens erachtet hat. Sie haben meinem Voranfragesteller auch erklärt,
dass 1 Prozent Pensionserhöhung in etwa 600 Millionen Euro ausmachen wird. Sie haben allerdings übersehen, dass es durch die Einführung der Aliquo­tierung gerade in den letzten Jahren dazu gekommen ist, wahrscheinlich aber auch noch in den kommenden Jahren dazu kommen wird, dass Men­schen, die früher gehen, zwar einige Cent Abschlag haben, aber mittelfristig für sich persönlich viel mehr herausholen werden, weil sie durch die Aliquo­tierung natürlich mehr Erhöhung bekommen werden.

Das ist für viele natürlich ein großes Thema, daher meine Frage: Werden Sie, da Sie ja davon überzeugt sind, dass es der richtige Weg ist, in Ihrem Ministe­rium legistische Vorbereitungen für die Aliquotierung bei neuen Pensionsantrit­ten für 2025 einleiten?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 367/M, hat folgenden Wortlaut:

„Werden Sie in Ihrem Ministerium legistische Vorbereitungen für die Aliquotierung bei neuen Pensionsantritten für 2025 einleiten?“

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 61

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Abgeordnete, ich kann mich auch da nur wiederholen: Es wird ein Gesamtpaket geben und es wird zur Beschlussfassung vorgelegt werden, in dem sowohl die Aliquotierung abgehandelt wird als auch die Frage des Pensionskontos und die Pensionserhöhung. Es wird zu bewerten
sein – auch von der Bundesregierung –, ob wir die Aliquotierungsregelung ins nächste Jahr hineinziehen, ja oder nein. Die Verhandlungen dazu
laufen gerade, das Paket wird jedenfalls noch vor dem September vorge­legt werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): In Kenntnis Ihrer
Person und dessen, was Sie gemacht haben: Sie werden mit Sicherheit wieder gegen die Pensionisten agieren. Sie haben ja den Pensionsraub auch
schon in den letzten Jahren durchgezogen.

Ein zweites wesentliches Thema gerade für die ältere Generation ist natürlich auch die Frage, wie es im Pflegebereich weitergehen wird – unabhängig
vom Geld. Ambient-assisted Living ist für Sie offensichtlich kein Thema, und da­her meine Frage: Wie wollen Sie sicherstellen, dass sich die ältere
Generation selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden auch in Zu­kunft wird leisten können?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Erstens weise ich die Behauptung zurück, dass wir
einen Pensionsraub betrieben hätten. Das Gegenteil ist der Fall, wir haben Einbußen bei Pensionistinnen und Pensionisten, insbesondere Min­destpensionist:innen, aufgrund der Inflation und der Teuerung und der Krisen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 62

die wir hatten, so sehr abgegolten, dass die überkompensiert worden sind. Das ist nachlesbar, berechenbar und auch nachvollziehbar.

Zweiter Punkt: Um ein Leben in den eigenen vier Wänden sicherzustellen, haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen auch im Zuge der Pflegereform
auf den Weg gebracht. Das betrifft die Unterstützung der Pflege zu Hause bis hin zu den Communitynurses, wodurch eben sichergestellt wird, dass
durch nachgehende Betreuung, nachgehendes Aufsuchen von Personen, die in Haushalten leben, frühzeitig darauf geachtet wird: Wie sind die Lebens­verhältnisse? Braucht die Person Anpassungen, um sicherzustellen,
dass sie möglichst lange zu Hause gepflegt werden kann? Das ist es, was die Menschen auch wollen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Koza. – Bitte.


09.41.04

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister!

378/M

„Das Projekt ,Gesund aus der Krise‘ ist bereits langfristig finanziell abgesichert, ebenfalls wurde die klinische Psychologie in das ASVG aufgenommen.
Welche weiteren Schritte sind aus ihrer Sicht nötig um eine bessere psychoso­ziale Versorgung im Land sicher zu stellen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das Projekt „Gesund aus der Krise“, um es kurz zu erläutern, ist ja eines, mit dem wir versucht haben, eine Antwort darauf zu geben, dass vermehrt Kinder und Jugendliche in Notlagen sind und, insbesondere
was die mentale Verfassung angeht, einfach Betreuung brauchen. „Gesund aus der Krise“ ist eines unserer erfolgreichsten Projekte, weil es sehr nieder­schwellig psychotherapeutische, psychologische Beratung anbietet. Die Warte­zeiten sind überaus kurz.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 63

Wir werden jetzt 500 weitere Plätze zur Verfügung stellen. Das ist jedenfalls in der Zusammenarbeit zwischen den Psychotherapeut:innen und den Psycholog:innen so gestaltet, dass flächendeckend in ganz Österreich
die Therapieangebote vorhanden sind, und wir haben auch sichergestellt, dass die Finanzierung weiterhin vorhanden ist. Die Notwendigkeit, diese
Behandlung weiterhin anzubieten, ist jedenfalls gegeben, und die Novelle
des Psychotherapiegesetzes unterstützt dabei.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Das wäre schon meine
Frage gewesen. Das Psychotherapiegesetz ist ja novelliert worden. Inwieweit unterstützt die Novellierung des Psychotherapiegesetzes das Projekt
„Gesund aus der Krise“, und wie ist der Stand der Umsetzung der Novelle des Psychotherapiegesetzes?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Mit der Novelle des Psychotherapiegesetzes wird dieser Beruf nun als letzter eigenständig tätiger Gesundheitsberuf vollständig akade­misiert. Die Einrichtung eines Masterstudiums an den Universitäten ist ab 2026 vorgesehen. Es werden 500 Plätze zur Verfügung stehen. Darüber
hinaus haben Fachhochschulen die Möglichkeit, zusätzlich Studienplätze anzubieten.

Durch die Akademisierung der Psychotherapie werden die Qualität der Ausbil­dung verbessert und – wesentlicher Punkt – die Kosten deutlich reduziert.
Das war bisher eine sehr, sehr teure Ausbildung. Mittelfristig wird
das dazu führen, dass das Angebot insgesamt einfach breiter wird und auch flächendeckend vorhanden ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.


09.43.18


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 64

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Wir haben in Österreich rund 100 Kassenstellen, die länger als ein Jahr nicht besetzt werden konnten. Laut Anfragebeantwortung Ihres Hauses wird die Verteilung der zusätzlichen Kassenstellen bewusst so vorgenommen, dass sie nicht in der Nähe von unbe­setzten Planstellen verortet werden, um sicherzustellen, dass die Ver­sorgungssituation weiter verbessert wird. Das ist schon etwas eigenartig.

Wie kann dementsprechend sichergestellt werden, dass sich – in
diesem Falle – trotz der 100 zusätzlichen Kassenstellen die Versorgung in diesen Regionen verbessert und die Bevölkerung die nötige medizinische
Versorgung erhält?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 376/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wir haben in Österreich rund 100 Kassenstellen, die länger als ein Jahr nicht besetzt werden konnten. Wie kann sichergestellt werden, dass die Unterversorgung verbessert wird und die Bevölkerung die nötige medizinische Versorgung erhält?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst darf ich festhalten, dass wir in Österreich insgesamt rund 10 000 Planstellen für Vertragsärzt:innen haben, also inklusive der Zahnmedizin, und 97 Prozent davon besetzt sind. Es ist allerdings –
und das stimmt – nicht von der Hand zu weisen, dass wir insbesondere in ländlichen Regionen aufgrund von Generationswechseln, Ärzt:innen,
die in Pension gehen, Situationen haben, die dazu führen, dass Stellen nicht besetzt sind und dass dort Schwierigkeiten auftreten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 65

Die Krankenversicherungsträger haben jetzt im Rahmen der Selbstverwaltung eben die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Versorgung auch dort sicher­gestellt wird. Das geschieht auf zweierlei Art und Weise. Es wird nicht so sein, dass überall dort, wo wir bisher eine Hausärztin, einen Hausarzt hatten,
diese einfach eins zu eins ersetzt werden können. Oftmals treten auch Gemein­den, Regionen an die Sozialversicherung heran, um dort ein Primärver­sorgungszentrum zu errichten, das dann eine ganze Region zu versorgen im­stande ist – durchaus auch nicht nur mit klassischer allgemeinmedizini­scher Versorgung, sondern mit einem breiteren Angebot. Das hat den Nachteil, sage ich dazu, dass die Arztstelle vielleicht nicht mehr unmittelbar im sel­ben Ort ist, aber den unschätzbaren Vorteil, dass dieses Primärversorgungszen­trum Öffnungszeiten hat, die es braucht, und dass Vertretungsregelungen
und ein breiteres Angebot vorhanden sind.

Wie gesagt, die 100 Kassenstellen werden jetzt sukzessive nachbesetzt. Zielset­zung ist es schon, auch eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen,
weil ich ein Vertreter davon bin, dass man nicht Hunderte oder viele Kilometer fahren müssen soll, um eine ärztliche Versorgung zu bekommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? (Abg. Fied­ler: Danke!)

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Böker. – Bitte.


Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Einen schönen guten Morgen, Herr Minister! Einer der wichtigsten Bereiche im Hinblick auf die Gesundheit
der Menschen in Österreich ist die Primärversorgung, die vor allem von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten geleistet wird. Darauf wurde
in den letzten Jahren auch sehr viel Augenmerk gelegt. Im Bereich der Primär­versorgung wurden auch Maßnahmen gesetzt.

Welche Verbesserungen lassen sich bereits jetzt feststellen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 66

Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also zunächst bleibt festzuhalten, dass Primärversorgung nicht nur Primärversorgungszentren betrifft, sondern natürlich auch niedergelas­sene Ärztinnen und Ärzte im vor allem kassenärztlichen Bereich.

Was die Primärversorgungszentren angeht: Seit das Parlament beschlossen hat, dort bürokratische Hürden zu beseitigen, und eine Anpassung vorgenom­men hat, nämlich die Vetomöglichkeit der Ärztekammer beseitigt hat, hat sich die Anzahl der Beantragungen von Primärversorgungszentren drama­tisch erhöht. Wir haben jetzt 60 Primärversorgungszentren, weitere 30 in der Pipeline, fünf davon Kinder-PVEs, und gehen davon aus, dass wir im
nächsten Jahr in der Realisierung von Primärversorgungszentren bereits die Zahl Hundert überschreiten werden.

Die gute Nachricht dazu ist auch – ich habe jetzt, ich weiß nicht, etwa 20
oder so angeschaut –, dass alle berichten, dass sie – und die Befürchtungen wa­ren da – keine Konkurrenzsituation zur bestehenden Arztpraxis darstel­len. Das ist nicht der Fall. Es gibt Fallbeispiele dafür. Es ist abgefragt worden, wie die Frequenz im Primärversorgungszentrum und wie jene in der Praxis,
die vielleicht knapp daneben liegt, ist, und das Ergebnis zeigt: Da hat sich nichts verändert.

Die Nachfrage ist da, also wird das Angebot ausgebaut, und das ist auch
gut so.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Silvan. – Bitte.


Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Bun­desminister, auch meinerseits! Noch einmal zurückkommend auf die 100 zusätz­lichen Kassenarztstellen: Bei der Fusion haben die neun Gebietskranken­kassen circa 1,4 Milliarden Euro an Rücklagen eingebracht. Das Geld ist mittler-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 67

weile fast weg. Wie Kollege Loacker vorhin schon gesagt hat: Böse Zun­gen behaupten, es sei eine zehnte Kassa entstanden, da es in der
ÖGK fast 2 000 Beschäftigte mehr als bei den neun Gebietskrankenkassen gibt.

Die ÖGK hat 2023 ein Minus von rund 400 Millionen Euro ausgewiesen.
Sie haben gesagt, 300 Millionen Euro werden jetzt für diese 100 Kassenarztstel­len zugeschossen. Ich glaube, 200 Millionen Euro davon kriegt allein
die ÖGK, denn die 300 Millionen Euro sind für alle Krankenversicherungsträger. Wie soll sie das finanzieren, wenn sie 400 Millionen Euro Minus macht
und nur 200, 250 Millionen Euro bekommt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das war ja der Grund für eine Gesundheitsreform. Wir haben erkannt, dass dort ein Finanzierungsbedarf besteht, und wenn man der Sozialversicherung zusätzliche Aufgaben überträgt und vor allem darauf drängt, dass der kassenärztliche Bereich ausgebaut wird, dann muss man auch sicherstellen, dass die Mittel dafür da sind.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten: Das geschieht über die Beiträge, und wenn das nicht ausreicht, dann
kann eine Beitragserhöhung vorgenommen werden – das wird nicht passieren, Stichwort Lohnnebenkostenerhöhung –, oder es wird Geld aus dem Finanzministerium bereitgestellt. Das ist jetzt geschehen, und damit ist die Voraussetzung dafür geschaffen, dass dieser Ausbau auch stattfinden
kann.

Richtig ist: Es wird künftig wohl die Frage zu stellen sein, wie die Finanzierung auch langfristig sichergestellt werden kann, denn dass wir aufgrund der Demografie, die wir haben, in einer älter werdenden Gesellschaft einen höheren Bedarf an medizinischer Versorgung haben, das ist unzweifelhaft der Fall.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Dr. Saxinger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 68

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Wunderschönen guten
Morgen, Herr Gesundheitsminister! Für eine gute Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sind nicht nur die Kassenstellen wichtig, sondern auch
moderne diagnostische bildgebende Verfahren wie MRT oder CT. Diese Ver­fahren sind oft für eine Abklärung unterschiedlicher Erkrankungen
erforderlich. In der Vergangenheit kam es gerade bei MRT-Untersuchungen in manchen Bereichen auch zu längeren Wartezeiten. Diesem Umstand
der längeren Wartezeiten wurde nun Rechnung getragen, indem zum Beispiel in Oberösterreich in manchen Spitälern neue MRT-Geräte genehmigt wurden.

Meine Frage an Sie: Welche weiteren Maßnahmen wurden im Bereich der Ver­sorgung mit MRT-Geräten gesetzt, um eine raschere Terminfindung zu ermöglichen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter, das war in den letzten beiden
Sitzungen der Bundes-Zielsteuerungskommission ein ganz drängendes Thema, und in der letzten Sitzung wurde eine zusätzliche Ausstattung mit Großge­räten an einzelnen Standorten, die besonders prioritär zu behandeln
sind, beschlossen. Das ist jetzt jedenfalls sichergestellt.

Es hat zeitgleich auch die Sozialversicherung zugesagt – und schon ein erstes Papier vorgelegt –, einen Maßnahmenplan zu entwickeln, wie die Auslas­tung dort, wo sie nicht gegeben ist, sichergestellt werden kann und auch die Bedarfsplanung so stattfinden kann, dass jedenfalls sichergestellt ist,
dass die Wartezeiten verkürzt werden.

Das bleibt Thema, das bleibt auf der Tagesordnung. Das wird im September bei der nächsten Sitzung der Bundes-Zielsteuerungskommission jedenfalls
wieder vorgelegt werden, um eine Maßnahmenplanung hinzubekommen, durch die die Wartezeiten, die wir in Teilbereichen haben, deutlich verkürzt
werden.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 69

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Strasser.


09.50.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Es ist jetzt zwei Jahre her, da haben wir ein Tierschutzpaket, das vor allem die Landwirtschaft betroffen hat, beschlossen. Wir haben da­mals Meilensteine gesetzt. Heute ist es so weit, dass die Heimtiere drankommen.

Dazu möchte ich Sie fragen:

373/M

„Inwiefern wurden die Bedürfnisse der Zuchtorganisationen bei der Erstellung der neuen Tierschutzgesetznovelle berücksichtigt?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter, im Rahmen der Erweiterung
der Novelle zum Tierschutzgesetz kam den Zuchtorganisationen große Bedeutung zu.

Die Novelle enthält viele Punkte zur Verbesserung bei der Zucht, vor allem von Hunden, aber auch die Einführung eines österreichweit verpflichtenden Sachkundekurses für angehende Halter:innen von Hunden und auch anderen Tieren. Daher war die Einbindung der Zuchtorganisationen sinnvoll, um
deren Expertise einfließen zu lassen; unter anderen wurde der Österreichische Dachverband sachkundiger Tierhalter konsultiert und einbezogen. Im
Laufe der letzten zweieinhalb Jahre gab es daher eine Vielzahl von Sitzungen, um diese Einbeziehung sicherzustellen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.

Dann kommt eine Zusatzfrage von Abgeordnetem Keck. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 70

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Bundesminister, Sie haben gerade gesagt, dass die Verbände – ihre Expertise – einbezogen wurden.
Es gibt den Österreichischen Kynologenverband, der mit etwa 60 000 Mit­gliedern der Verband für die österreichischen Hundehalter ist –
dieses Tierschutzgesetz betrifft ja besonders Hunde.

Ich habe jetzt folgende Frage an Sie: Warum haben Sie kynologische Experten wie zum Beispiel den Österreichischen Kynologenverband nie zu Gesprä­chen beziehungsweise zur Stellungnahme eingeladen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich bleibe dabei: Wir haben in dieser Frage vonsei­ten des Ministeriums und vonseiten der Abteilung eine Unzahl von Gesprächen geführt. Das ist eine ausgewogene Novelle, die wir jetzt zustande gebracht haben, da stehen auch alle dahinter.

Jedenfalls ist es so, dass wir Regelungen geschaffen haben, die dazu beitragen, zwei Seiten zu befrieden, nämlich dem Tierschutz sozusagen den notwen­digen Platz zu geben, den er braucht, und den Schutz dort, wo er notwendig ist, auch sicherzustellen – Sie wissen, wovon ich rede. Es ist einfach angebracht,
zu sagen und dazu zu stehen – und dazu stehe ich auch –, dass be­stimmte Hunderassen in der Hand von Privatpersonen nichts verloren haben, sehr wohl aber bei der Polizeiausbildung, die in Österreich übrigens hervorragend ist. Ich konnte mich bei einer Exkursion dorthin davon überzeugen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abge­ordneter Drobits. – Bitte.


09.53.00

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Bundesminister! Gerade in Zeiten der Teuerung haben die Konsumentinnen und Konsumenten
ein Riesenproblem, wenn sie ihre Rechtsansprüche vertreten wollen. Unterlas­sungsklagen waren bisher üblich, sind aber sehr schwierig durchzuführen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 71

Deshalb hat die EU eine Richtlinie, die Verbandsklagenrichtlinie, erlassen. Das hat unserer Meinung nach sehr lange gedauert.

Meine Hauptfrage wäre:

370/M

„Warum hat sich zu Ungunsten der Konsument:innen die nationale Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie in Österreich um beinahe 600 Tage verzögert?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Verbandsklagenrichtlinie ist ein Meilenstein
in der europäischen Verbraucher:innenpolitik, das teile ich. Sie ist ein Jahr zu spät in Kraft getreten, nicht 600 Tage.

Warum kam es zur Verzögerung? – Das kann ich auch ganz offen sagen:
Es gibt da gegensätzliche Interessen von betroffenen Stakeholder:innen, die Verhandlungen dazu haben sich schwierig gestaltet.

Das Ergebnis ist, ja, ein Kompromiss; aber ich sage: Ich stehe dazu,
dass diese Umsetzung stattgefunden hat. Wäre sie nicht passiert, wäre es jedenfalls eine – wie soll ich sagen? – Verschlechterung gewesen. Wir haben es jetzt zustande gebracht, durchaus mit Kompromissen, aber ich bin froh
darüber, dass es überhaupt gelungen ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Wir sehen, dass das doch
noch zu wenig ist, und zwar insbesondere in einem Punkt: Es muss die Betrof­fenheit von 50 Geschädigten vorhanden sein, damit Leistungsansprüche
und Abhilfeverfahren möglich sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 72

Meine Zusatzfrage ist deshalb: Aus welchen Gründen wurde eigentlich diese außerordentlich hohe Zahl von 50 Betroffenen oder Geschädigten ge­wählt? Wenn man nur Deutschland heranzieht: Die haben 82,7 Millionen Ein­wohner und im Endeffekt die gleiche Anzahl der notwendigen Betroffenen.

Was war im Endeffekt wirklich der Grund, etwa dass in Deutschland diese An­zahl erforderlich ist? Wir forderten nämlich immer zehn bis 20, im
Endeffekt sind aber die 50 gewählt worden. Was war der Grund für die Zahl 50?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst möchte ich auch die Verbesserungen festhalten, die gelungen sind: Es ist jetzt so, dass die Gerichtsverfahren leichter zu organi­sieren sind. Es gibt einen einheitlichen Gerichtsstand beim Handelsgericht Wien, es ist nicht mehr erforderlich, dass eine klagsbefugte Einrichtung bei allen 16 Landesgerichten in Österreich 16 Sammelklagen zum selben Thema einbringt. Konsument:innen kommen schneller zum Schadenersatz. Die Prozess­kostenfinanzierung wurde gesichert. Mehr Verbraucherorganisationen können Klagen führen, und Klagen können auch zu allen möglichen Themen
geführt werden.

Und ja, die Zahl von 50 Konsumentinnen und Konsumenten war Teil des Kom­promisses, da wäre meine Zahl deutlich darunter gelegen – um es einmal
so zu sagen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Dieser Bundesregierung liegen ja die Menschen ganz besonders am Herzen. Ich
denke an die vielen Maßnahmen, die zur Kaufkraftsteigerung geführt haben, wie auch die Abschaffung der kalten Progression, damit die Menschen mehr
Netto vom Brutto in der Tasche haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 73

Zu meiner konkreten Frage: Das Ministerium vereinbart mit dem VKI immer wie­der, dass der VKI zum Schutz von Kollektivinteressen auch Klagen erhebt. Gedenken Sie, hinkünftig solche Vereinbarungen auch mit anderen qualifizierten Einrichtungen vorzunehmen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich bin sehr froh, dass es diese Möglichkeit gibt,
und wir machen davon auch Gebrauch, wenn auch sparsam und zielgerichtet.

Ich darf erwähnen, dass in diesem Zusammenhang die Klagen gegen
bestimmte Energieversorgungsunternehmen durchaus von Erfolg gekrönt waren, weil sie dazu geführt haben, dass tatsächlich Geld zurückgezahlt worden
ist. Das heißt, wir versuchen zuerst natürlich, eine Schlichtungsvereinbarung zu treffen – das gelingt dann oftmals, auch betreffend Rückzahlung; und
wenn es nicht funktioniert, dann wird es halt auch durchgeklagt.

Es steht dem nichts entgegen, das künftig auch zu verbreitern. Die Möglichkeit ist ja jetzt geschaffen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Konsumentenschutz ist mir als Konsumentenschutzsprecherin wichtig, Ihnen als Konsumentenschutzminister mindestens genauso.

Meine Frage: Die Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie soll dem Konsumen­tenschutz dienen. Wo sehen Sie da die Meilensteine der Umsetzung und inwiefern kann man sagen: Unrecht darf sich nicht lohnen, es gibt mit dieser Umsetzung tatsächlich Maßnahmen, die den Konsumenten, Konsumen­tinnen dienen!? – Danke schön.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 74

Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Erstens ist die Frage so zu beantworten, dass es erforderlich ist und gegeben sein muss – und darum bin ich über diesen europäischen Schulterschluss froh –, auch grenzüberschreitend Dinge abwickeln zu können, weil wir wissen, dass ja vorwiegend über das Internet bestellt wird
und damit auch der Konsumentenschutz sozusagen grenzenlos sein muss.

Wir haben da eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen – mit Beratungseinrichtungen, mit dem Hinweis darauf, wie man sich bei bestimmten Schädigungen verhält. Es ist auf der europäischen Ebene Thema, dass
es möglich sein muss, wenn man mit einem Klick eine Bestellung aufgibt und damit einen komplexen Kaufvertrag eingeht, davon auch wieder zurück­zutreten, weil Konsumentinnen und Konsumenten die Komplexität dieses einen Klicks im Internet oft nicht durchschauen. Man schließt damit oft Kredit­vereinbarungen ab, die mit Zinssätzen hinterlegt sind, die weit im zweistelligen Bereich sind, um nur ein Beispiel zu nennen.

Wir haben also im Bereich des Konsumentenschutzes und im Bereich
dieser Klagsmöglichkeiten, glaube ich, als Gemeinwesen die Aufgabe, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf grenzüberschreitender EU-Ebene alles auszunützen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Minnich. – Bitte.


09.58.57

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Derzeit fluten Pakete mit Billigprodukten aus China unseren Markt
hier in Österreich.

374/M

„Wie bewerten Sie als Konsumentenschutzminister die am österreichischen Markt aktuell vorherrschende Paketflut, aus zum Teil gefährlichen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 75

Billigprodukten, aus Fernost für die Konsumentinnen und Konsumenten und die heimische Wirtschaft?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Äußerst kritisch, weil ich schon sehe, dass da auch ziemlich viel Schrott den europäischen Markt flutet. Wir sind jetzt dabei, aus unter­schiedlichen Produkten, die auf diesen Plattformen angeboten werden, insbe­sondere wenn es um Kinderspielsachen geht, durchaus Proben zu ziehen
und abzuchecken, welche Stoffe, möglicherweise gefährliche Stoffe, dort enthal­ten sind, um dem entgegentreten zu können.

Es kann ja nicht sein, dass wir in der Europäischen Union Regelungen haben, die Kinder schützen, wenn sie Spielsachen in den Mund nehmen, und auf
anderer Seite passiert das nicht.

Da wir uns im Binnenmarkt befinden, ist in dieser Frage auf EU-Ebene anzusetzen. Das geschieht auch. Dem entgegenzutreten, da haben Sie in mir einen Verbündeten, weil ich einfach finde, erstens ist der Einkauf in der heimischen Wirtschaft immer noch die bessere Lösung, weil er Arbeitsplätze sichert, und zweitens ist die Qualität dort auch gegeben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Vielen Dank, Sie haben meine Zusatz­frage eigentlich schon so gut wie beantwortet.

Was unternehmen Sie, Herr Bundesminister, in Ihrem Zuständigkeits­bereich konkret gegen diese Paketflut?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie gesagt, um es noch auszuführen: Es ist jetzt die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 76

Ages damit beauftragt, da auch ganz konkret Proben zu ziehen und tatsächlich die Untersuchungen so vorzunehmen, um herauszufinden, ob da Schad­stoffe enthalten sind, um dann eben auch die Handlungsmöglichkeiten zu ent­wickeln. Es besteht da auch eine Kooperation mit anderen europäischen Mitgliedstaaten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.

Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich dem Herrn Bundesminister für die Beantwortung herzlich danken. Er bleibt ja noch in unserer Runde für
die nächsten Tagesordnungspunkte.

10.00.59Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die
im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 19038/J bis 19086/J

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Fürst, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesord­nung eingebrachte schriftliche Anfrage 19087/J der Abgeordneten Fürst, Kol­leginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „die eigenmächtige Zustimmung der Bundesministerin Gewessler zum EU-Renaturierungs­gesetz“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 77

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weiters darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 3146/A
eine Frist bis zum 8. Juli 2024 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Frist­setzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen
Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an
diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird am Schluss der Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 4 und 5, 7 und 8, 9 und 10, 11 und 12, 14 bis 16,
18 und 19, 23 bis 26, 27 und 28, 30 und 31, 35 bis 39 sowie 40 bis 47 der Ta­gesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Wir haben eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“. Die Redezeiten
ergeben sich wie folgt: ÖVP 176, SPÖ 122, FPÖ 99, Grüne 90 und NEOS 72 Minuten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 78

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 36 Minu­ten. Die Debattenredezeit wird auf 5 Minuten beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist
einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.03.311. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4117/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (2658 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4118/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Quali­tätsregelungen-Durchführungsgesetz und das Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz geändert werden (2659 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 1 und 2,
über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Silvan. Bei ihm steht das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.04.20

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 79

Bezüglich des vorgelegten Tierschutzgesetzes sind wir seitens der Sozialdemo­kratie der Meinung, dass es die Bezeichnung in dieser Form nicht verdient,
denn es wurde penibel darauf geachtet, dass die Haltung von Nutztieren in die­sem Gesetz nicht berücksichtigt wird und nicht geregelt wird.

Wir sind auch der Meinung, dass es ein völlig falsches Signal ist, dass man auch den Bäuerinnen und Bauern keinen guten Dienst erweist. Es ist auch ein
völlig falsches Signal in Richtung Konsumentinnen und Konsumenten, die beim Kauf von Fleisch immer mehr darauf achten, wie das Tier gehalten wurde.

Sie haben es auch nicht geschafft, die Übergangsfristen bezüglich Vollspaltenböden, die der Verfassungsgerichtshof als verfassungsrechtlich kritisch gesehen hat, in dieses Gesetz einzubauen. Sie haben die Rege­lungen zum Vollzug der Qualzucht auf Verordnungsebene geschoben, womit nicht beurteilt werden konnte, was tatsächlich der Regelungsinhalt ist.

Es gab rund 840 Stellungnahmen von NGOs, vom Verein gegen Tierfabriken, von Vier Pfoten, vom Tierschutz Austria, von der Arbeiterkammer, sogar von den Bundesländern, und diese Stellungnahmen wurden wenig bis kaum berück­sichtigt. Es ist schon sehr bezeichnend, wenn man sich die Aussagen von diver­sen ÖVP-Politikerinnen und ÖVP-Politikern anschaut, wie zum Beispiel
der Landesrätin der ÖVP in der Steiermark, Simone Schmiedtbauer, die meint, es sei völlig egal, wie Schweine gehalten werden, das Schnitzel schmecke
immer gleich.

Deswegen gibt es von unserer Seite keine Zustimmung. – Danke schön.
(Beifall bei der SPÖ.)

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
El-Nagashi. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 80

10.06.32

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Tierschutz ist kein Nischen­thema. Mit der Gesetzesnovelle, die wir heute beschließen – das möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen –, gehen wir auf die Forderungen des Tier­schutzvolksbegehrens ein, das von über 400 000 Menschen in diesem
Land unterstützt worden ist. So setzen wir mit diesem zweiten Tierschutzpaket die weitreichendste Novellierung des Tierschutzgesetzes seit Bestehen
um. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein Vorbild für den europäischen Raum, ein neuer Standard im Zucht­wesen und ein Systemwandel in der Bekämpfung von Qualzucht.

Seit Jahrzehnten haben Tierschutzorganisationen, aber auch Hunde-
und Katzenbesitzerinnen und -besitzer darauf hingewiesen, dass die Regelungen gegen Qualzucht für Zuchtstätten, Zuchtverbände und das Tierausstellungs­wesen zahnlos und unzureichend waren.

Das heißt, dass über die letzten Jahre Hunde und Katzen mit Qualzuchtmerkma­len, also mit krankhaften Ausprägungen, mit massiven krankhaften Ausprä­gungen wie Schwierigkeiten beim Atmen, beim Gehen, beim Wachstum, chroni­schen Schmerzen auch in Österreich gezüchtet und verkauft wurden.
Diesen Missstand, sehr geehrte Damen und Herren, beendet nun unsere Novel­le. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hechenberger.)

Lassen Sie mich klarstellen: Wer bis jetzt schon verantwortungsvoll
gezüchtet hat, muss keine Einschränkung befürchten. Wer hingegen wissentlich oder fahrlässig Tiere züchtet, deren Leben von Schmerzen und Qualen
geprägt ist, wird das künftig nicht mehr tun können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Keck: Gilt das auch für landwirtschaftliche Nutztiere?)


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Zentral dafür ist der Systemwandel, den wir hiermit beginnen: eine unabhängige und wissenschaftlich besetzte Qualzuchtkommission, die den Gesundheits­zustand eines Tieres beziehungsweise die Tauglichkeit eines gesamten Zucht­programmes bewertet. (Abg. Stöger: Gilt das auch für Nutztiere?)

Wir helfen damit den betroffenen Tieren. Wir helfen auch den Tierhalterinnen und Tierhaltern, die oft in großer Sorge um das Wohlergehen der Tiere
sind, aber auch mit hohen medizinischen Kosten konfrontiert sind. Wir helfen den verantwortungsvollen Züchterinnen und Züchtern und den Amts­tierärztinnen und Amtstierärzten, damit sie ihre Arbeit nach klaren Vorgaben sorgsam durchführen können. (Beifall bei den Grünen.)

Mit der Gesetzesnovelle nehmen wir nicht nur Heimtierzuchten in die Verantwortung, sondern auch die Menschen, mit denen die Tiere künftig ihr Leben verbringen, und zwar durch einen bundesweiten Sachkundenachweis. Das ist zwar eine kleine, aber eine bedeutsame Hürde, um Spontankäufe und eine unüberlegte Tierhaltung möglichst zu unterbinden.

Ebenfalls Teil der Novelle ist ein Haltungsverbot von Büffeln und Kamelen
in Zirkussen, weil wir der Überzeugung sind, dass dort keine artgerechte Haltung möglich ist.

Wir bauen die Heimtierdatenbank aus – eine wichtige Unterstützung für
den Vollzug.

Bei dieser Gelegenheit bringe ich einen Abänderungsantrag ein, mit dem wir für eine bessere Datenlage zu aus dem Ausland vermittelten Hunden und für risikobasierte Kontrollen sorgen.

Außerdem wird eine technische Anpassung vollzogen, die im Zusammenhang mit dem Tiergesundheitsgesetz notwendig ist, um die derzeitige Rechtslage be­treffend Bewilligungen von Veranstaltungen mit Tieren weiterzuführen.

*****


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Der Antrag wird Ihnen demnächst vorliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man würde annehmen, dass das alles nicht sehr kontroversiell sein kann und eigentlich auf breite Zustimmung
stoßen müsste. Es war aber tatsächlich ein langes Ringen. Es wurde
mit viel Bedacht und unter der wiederholten Einbindung aller Stakeholder auf die Bedenken und Befürchtungen eingegangen, die vorgebracht wurden.

Ich möchte mich ausdrücklich bei allen bedanken, die diesen Meilenstein letztlich möglich gemacht haben. Ich möchte mich bei den Tierschutzorganisationen
und bei den Tierschutzombudspersonen bedanken, bei den Mitgliedern des Tier­schutzrates und seiner Arbeitsgruppen, insbesondere der Arbeitsgruppe Qualzucht, bei den internationalen Expertinnen und Experten, bei der Fachstelle Tierhaltung und Tierschutz, bei den Expertinnen und Experten aus den
Ländern und der Tierärztekammer, bei der Veterinärmedizinischen Universität für die Zusammenarbeit in Bezug auf die Qualzuchtkommission, und insbesondere bei den Expertinnen und Experten, Legistinnen und Legisten und bei allen befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im zuständigen Mi­nisterium. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unser Dank gilt auch dem Koalitionspartner, den Oppositionsparteien, auf deren Unterstützung wir in der Sache hoffen, und den Stakeholdern aus Zucht
und Wirtschaft, die konstruktiv mitgewirkt haben. Vor allem möchte ich mich auch für die vielen Stimmen aus der Bevölkerung, bei den vielen Men­schen, die sich bei uns gemeldet haben, die sich öffentlich zu Wort gemeldet haben, die sich immer wieder, auch medial, in der Sache, also für die
Tiere, geäußert haben, bedanken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Tierschutz ist kein Nischenthema, und als Tierschutzsprecherin wünsche ich mir und Ihnen allen, dass sich der
Tierschutz nicht nur im Wahlkampf weit oben auf der politischen Agenda Ihrer Parteien findet, sondern dass Sie sich auch nach der Wahl an die Ver­sprechen erinnern – im Sinne der Tiere und im Sinne des Klimaschutzes, der


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Gesundheit, der sozialen Gerechtigkeit und als Bedingung für ein gutes Leben für wirklich alle. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hechenberger.)

10.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Josef Hechenberger, Faika El-Nagashi

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses (2658 dB) betreffend den Gesetzesan­trag 4117/A betreffend ein Bundesgesetzes, mit dem das Tierschutzge­setz (TSchG) geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 64 wird folgende Z 64a eingefügt:

„64a. § 28 Abs. 1 Z 2 lautet:

„2. Viehmärkte sowie landwirtschaftliche Tierauktionen und Nutztierschauen, die unter veterinärbehördlicher Aufsicht stehen, oder““

2. Z 66 lautet:

„66. § 31a samt Überschrift lautet:

„Aufnahme, Weitergabe und Vermittlung von Tieren

§ 31a. (1) Wer Tiere, ausgenommen in § 24 Abs. 1 Z 1 genannte Tiere, wiederholt aufnimmt oder weitergibt, ohne eine gemäß § 29, § 31 oder § 31b bewilligte
oder gemäß § 31 oder § 31b gemeldete Einrichtung zu sein oder Tätigkeit auszuüben,


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muss dies vor Aufnahme der Tätigkeit der Behörde melden. Wird anlässlich
einer Kontrolle festgestellt, dass die Haltungsbedingungen nicht den Anforderungen dieses Gesetzes oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung entsprechen, hat die Behörde die Setzung entsprechender Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist vorzuschreiben. Kommt der Halter dem innerhalb
der von der Behörde gesetzten Frist nicht nach, hat die Behörde § 23 Abs. 2 und 3 sinngemäß anzuwenden.

(2) Wer Tiere, ausgenommen jene die in § 24 Abs. 1 Z 1 genannt sind, abgibt,
hat

1.    sicherzustellen, dass Jungtiere nicht vor dem artspezifischen Absetzalter vom Muttertier getrennt werden,

2.    nachweislich und schriftlich auf deren individuelle Vorgeschichte und
erkennbare Eigenschaften hinzuweisen, sofern nicht durch ein anderes Bundes­gesetz oder eine Verordnung auf Grund dieses Gesetzes eine andere Kun­deninformation vorgeschrieben ist und

3.    sicherzustellen, dass Tiere, die im Rahmen der Gewährleistung zurückgenommen werden, in der eigenen oder einer von ihm beauftragten, gemäß § 29
oder § 31 bewilligten Einrichtung oder eines land- und forstwirtschaftlichen Be­triebs in Österreich untergebracht werden können.

(3) Inhaberinnen bzw. Inhaber einer gemäß § 31 Abs. 1 für eine sonstige wirt­schaftliche Tätigkeit ausgestellten Bewilligung haben die Anzahl der aus dem Ausland vermittelten Hunde je Quartal spätestens 14 Tage nach Quartalsende an die
örtlich zuständige Behörde zu melden. Diese hat die Anzahl der gemeldeten Hunde aufgeschlüsselt nach den Inhaberinnen bzw. Inhabern einer gemäß § 31
Abs. 1 für eine sonstige wirtschaftliche Tätigkeit ausgestellten Bewilligung zu sam­meln. Dies gilt auch, wenn keine Haltung in Österreich vorliegt, jedoch mit
Hunden aus dem Ausland in Österreich gehandelt wird oder Hunde aus dem Ausland nach Österreich vermittelt werden.““


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3. In Z 101 lautet § 44 Abs. 37 wie folgt:

„(37) Das Inhaltsverzeichnis, § 3a Abs. 2 und 3, § 4 Z 13, 15, 16 und 17,
§ 5 Abs. 2 Z 1 lit. e, f, j und k, § 5 Abs. 2 Z 3 lit. c und d, § 5 Abs. 3 Z 2, § 5 Abs. 4 und 5, § 6 Abs. 4, § 7 Abs. 1 Z 7, § 8 samt Überschrift, § 8a Abs. 2 Z 3, § 8a Abs. 3.
§ 8b samt Überschrift, § 10, § 11 Abs. 3, § 15, § 18 Abs. 6, 9 und 11, § 18a Abs. 1 bis Abs. 2 und Abs. 5 bis 11a, § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 2, § 22a samt Überschrift,
§ 22b samt Überschrift, § 22c samt Überschrift, § 24, § 24a samt Überschrift, § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 2, § 27 Abs. 2 und 3, § 28 Abs. 3, § 29 Abs. 4, § 31 samt
Überschrift, § 31a samt Überschrift, § 31b samt Überschrift, § 32 Abs. 5 Z 2 und Abs. 6,
§ 32a Abs. 2 und 3, § 32b Abs. 2, § 32c Abs. 1, 6 und 8, § 33, § 35 Abs. 3
und 5, § 37 Abs. 2a, § 38 Abs. 1 und 5b, § 39 Abs. 1 und 5, § 41 Abs. 1 und 5, § 41a, § 42 Abs. 1 bis 7 und 9, § 42a Abs. 1, 2 und 7, § 44 Abs. 29a, 30, 37, 38, 39
und 40 sowie § 48 Z 3a, 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. Jänner 2025 in Kraft. Gleichzeitig tritt § 44
Abs. 17 außer Kraft. Die §§ 13 Abs. 4 und 5 sowie 27 Abs. 1 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. Juli 2026 in Kraft. Verordnungen gemäß § 31b Abs. 3 dürfen bereits ab dem der Kundma­chung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag erlassen werden, dürfen jedoch frühestens mit 1. Jänner 2025 in Kraft treten. § 28 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

Begründung

Zu Z 64a: Um auch nach Inkrafttreten des TGG 2024 die geltende Rechts­lage beizubehalten und damit sicherzustellen, dass Viehmärkte sowie landwirtschaft­liche Tierauktionen und Nutztierschauen, die unter veterinärbehördlicher
Aufsicht stehen, weiterhin von einer Bewilligungspflicht nach dem TSchG befreit sind, ist diese Umformulierung notwendig.


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Zu Z 66: Ziel dieser Bestimmung ist es, einen Überblick über die Anzahl der
Hunde, die von der jeweiligen Institution, dem jeweiligen Verein bzw. Person vermit­telt wurden, zu erhalten. Der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche
gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz gilt als Inhaber und ist zur Einhaltung der Ver­waltungsvorschriften berufen. Es im Interesse der Behörden, einen Über­blick zu erlangen, von wem wie viele Tiere vermittelt werden, um somit risikobasierte Kontrollen ansetzen zu können.

Zu Z 101: Inkrafttretensbestimmungen

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausrei­chend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kainz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.12.20

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich gehe davon aus, dass mir auch die Zuseher und Zuhörer hier im Plenarsaal recht geben werden, wenn ich sage: Der Tierschutz ist uns allen wichtig und wir wollen nicht, dass irgendwo ein Tier Qual
erleiden muss.

Zum Glück liegt Österreich beim Tierschutz im internationalen Vergleich sehr weit vorne. Man darf sich aber deshalb nicht quasi auf einer Verordnung
oder auf einem Gesetz ausruhen, man muss immer wieder nachjustieren, um das Bestmögliche zu erreichen und um Tierqual zu vermeiden.

Es wurde seit mehr als einem Jahr an einer Novelle zum Tierschutzgesetz herumgedoktert, und nun stehen dieser Novelle sehr viele unzufriedene Züchter und Halter gegenüber, die kritisieren, dass am Schutzniveau für die Tiere
nichts geändert wird.


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Zu meiner Kritik an der Novelle: Seit eineinhalb Jahren wird Geheimdiplomatie betrieben. Die Grünen werden gleich wieder dagegensprechen – wie im Ausschuss – und sagen, alle waren eingebunden. Dann muss ich aber die Frage stellen, wieso in den letzten Jahren so viele Verbände an mich als Tier­schutzsprecher und an meine Partei, eine Oppositionspartei, herangetreten sind und sich beschwert haben. (Abg. Lindinger: Die Verbände zeigst einmal her!) Darunter waren viele Züchter und Halter, die massive Vorbehalte gegen diese Gesetzesnovelle geäußert haben.

Weiter zum nächsten Kritikpunkt: Es wurde ein Wirrwarr an Auflagen, an Bürokratie geschaffen, das am Ende alle trifft, die sich jetzt schon an alle Regeln halten, denen das Tierwohl sehr am Herzen liegt. Um das zu erläutern, jetzt einige Beispiele: So wird ab 1. Juli 2026 für die Haltung von Hunden, Reptilien und Amphibien ein Sachkundenachweis nötig. Dieser wird in Form eines
Kurses mit mindestens vier Unterrichtseinheiten zu je 60 Minuten zu absolvieren sein. (Abg. Hechenberger: Ist auch richtig! Macht Sinn! – Abg. Lindinger: Ist
ja okay!)
Hundehalter mit mindestens sechs Monate alten Hunden müssen inner­halb eines Jahres einen zweistündigen Praxistest mit dem jeweiligen Tier absolvieren.

Da kommen natürlich neben dem Aufwand, den der Tierhalter wahrscheinlich gerne in Kauf nimmt, auch noch Kosten auf den Halter zu, die noch nicht wirklich abschätzbar sind. Dann braucht es eine eigene Datenbank
für den Sachkundenachweis mit allen gültigen Auflagen. Ohne Kontrolle bringt aber der Nachweis nichts. Man sieht also, wohin die Reise geht. (Ruf bei
der ÖVP: Na wohin?)

Nun kommen wir zum nächsten Punkt, zu einem der wohl schwerwiegendsten Punkte (Abg. Michael Hammer: Den möchte ich kennenlernen, der dir das aufgeschrieben hat! – Abg. Lindinger: Hast du dir das eigentlich durchgelesen? – Abg. Hechenberger: Nein, der hat es nicht gelesen!): die großzügig angesetzte Möglichkeit der Verordnungsermächtigung des Bundesministers. Diese beginnt beim Kampf gegen die Qualzucht. Anstatt da intensiv im Austausch mit


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Züchtern sinnvolle Regelungen zu schaffen, wird eine Kommission eingesetzt, nach deren Erkenntnissen der Minister dann die Verordnung erlässt.
Da ist wieder sehr viel Spielraum und Unsicherheit gegeben. Auch werden die Vorschriften über die Haltung und Haltungsformen von Tieren im Rah­men einer gewerbsmäßigen und sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit per Ver­ordnung geregelt – auch da gibt es wieder viel Spielraum.

Der letzte Punkt der Verordnungsermächtigung ist wohl jener, der im
Vorfeld massiv die Wogen hat hochgehen lassen, jener betreffend das Verhal­tenstraining von Hunden, die sogenannte Gebrauchshundeausbildung.
Da wollte der Bundesminister über eine Verordnung ein totales Verunmöglichen erwirken. Nur der Einsatz der FPÖ und von ambitionierten Hundezüchtern
hat dazu geführt, dass wir das Schlimmste abwenden konnten. Die
über 6 000 Unterschriften, die forderten, dass der Gebrauchshundesport erhalten bleibt, haben wohl Wirkung gezeigt. (Abg. Hechenberger: Also Kainz, jetzt bist du total falsch abgebogen!)

Sie sehen, worauf ich hinauswill: Nicht der Tierschutz ist für mich das
Problem, dieser ist mir genauso wichtig wie allen anderen hier. Leider ist es die mangelnde Umsetzung des Gutgemeinten durch die Regierung, die mir
sehr, sehr sauer aufstößt. (Abg. Michael Hammer: Wieso hat der Redenschreiber gewusst, dass dir das sauer aufstößt?)

Beenden möchte ich meine Rede mit einem sehr treffenden Sprichwort:
Gut gemeint ist der größte Feind von gut gemacht! (Beifall bei der FPÖ.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte.


10.16.58

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr
Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Danke für die Möglichkeit, hier ein


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paar Dinge klarzustellen. Ich darf bei Kollegen Silvan beginnen. Was Herr Kol­lege Silvan heute zum Thema Vollspaltenböden und zum Nutztierbereich
gesagt hat, hat gezeigt, dass er es nicht verstanden oder den Gesetzentwurf nicht gelesen hat. Heute geht es mehr oder weniger nur um Heim- und Haustiere (Abg. Kucher: Eben! – Abg. Stöger: Das ist das Problem! – Zwischenruf des Abg. Keck), weil wir bereits letztes Jahr, lieber Kollege Keck, das Thema
Nutztiere behandelt haben. (Abg. Lindinger: Das ist 2022 beschlossen worden!) Wir haben das bereits im Juli 2022 erledigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Leider haben wir es im Fußball
trotz grandioser Leistung unserer Mannschaft nicht geschafft, Europameister zu werden. Im Tierschutz sind wir Europameister. (Abg. Keck: Nicht mit diesem Gesetz!) Mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss werden wir eine weitere posi­tive Entwicklung für die Tiere erreichen und so mehr Tierwohl schaffen
können.

Ich denke, es ist auch wichtig und klar zu sagen, dass der Erstvorschlag, der in Verhandlung genommen worden ist, sehr ideologisch geprägt und für uns
als ÖVP nicht umsetzbar war. Für uns als ÖVP war aber klar, dass wir gemeinsam mit den österreichischen Zuchtorganisationen an einem Gesetz arbeiten wollen. Wir haben es damit geschafft, denke ich, eine gute Grundlage zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines ist wichtig: Zukünftig wird die Qualzucht verboten. – Ich denke, das ist ein guter Weg. Was genauso wichtig ist – da darf ich jetzt auf Kollegen Kainz
von der FPÖ eingehen –, ist, dass die Kommission wissenschaftlich besetzt wird. Bitte das Gesetz genau lesen! Sie wird wissenschaftlich besetzt und in den Beiräten sitzen die Zuchtorganisationen. Die Fachexpertise unserer Züchterin­nen und Züchter, die ihre Expertise über viele Jahre und Jahrzehnte
aufgebaut haben, wird in den Beiräten eingebaut beziehungsweise können sie so natürlich auch mithelfen, die Qualzucht zu beenden, sie können so dafür
sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommt.


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Eines ist auch klar, und ich denke, das ist nicht nur meine Meinung:
Tiere zu züchten, die, damit sie ein artgerechtes Leben führen können, ein paar Operationen brauchen, das soll und darf nicht unser Ziel sein.
(Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweiter Punkt, der für uns auch klar ist: Wir brauchen keine Positivliste. Ich habe unzählige Gespräche mit Kleintierzüchtern geführt, die ehrenamtlich,
mit viel Engagement und großem Einsatz, Tiere züchten und so auch die Arten­vielfalt erhalten. Wir haben gesagt, wir brauchen keine Positivliste, aber
dafür einen Sachkundenachweis. Wenn ich mir ein Tier anschaffe, dann bedeu­tet das, dass ich Verantwortung habe. Es ist logisch und macht auch Sinn,
einen entsprechenden Sachkundenachweis zu erbringen, damit man weiß, wie man Tiere richtig hält beziehungsweise mit ihnen umgeht.

Eines ist für mich heute spannend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen –
es werden ja noch einige Redner herauskommen –, und zwar, wie das Abstim­mungsverhalten sein wird.

Für mich ist eines klar: Jede Partei, die heute diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt, ist für Qualzucht. Jede Partei, die diesem Gesetzentwurf zustimmt, ist gegen Qualzucht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Da, geschätzte Damen und Herren, kann sich dann jeder ein Bild davon machen, wer wirklich für Tierschutz und wer gegen Tierschutz ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte.


10.20.34

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident!
Herr Minister! Liebe Menschen hier im Saal und zu Hause! Eine besondere Be-


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grüßung möchte ich im Namen meiner Kollegin Künsberg Sarre ausspre­chen: den Lehrlingen der Restaurantfachkraftausbildung der Firma Wienwork. (Allgemeiner Beifall.)

Als ich heute in der Früh meine Rede schreiben wollte und mir die Frage
gestellt habe, was nach fünf Jahren grüner Regierungsbeteiligung im Bereich Tierschutz weitergegangen ist, war das Grundgefühl einmal: Hm.
(Abg. Lindinger: Anscheinend nicht aufgepasst, weil 2022 haben wir schon ein großes Tierschutzpaket beschlossen!)

Dann ist um 9 Uhr der Abänderungsantrag gekommen, und dann bin ich
wütend geworden, weil er nämlich wieder eine Ausnahme für die Landwirtschaft enthält. Im Grunde ist er ein Beispiel dafür, was in Österreich im Tierschutz passiert (Abg. Lindinger: Das stimmt ja nicht, wir haben ja vor eineinhalb
Jahren schon das Tierschutzgesetz beschlossen!):
Der ÖVP-Bauernbund schreit, und der Koalitionspartner muss springen. (Abg. Michael Hammer: Der Bauernbund schreit nicht, der argumentiert nur!)

Das Resultat ist im Grunde ein Zweiklassentierschutz in Österreich: Bei
den Heimtieren gibt es eben andere Regelungen als bei den Nutztieren, auch im Bereich Qualzucht.

Ich möchte aber auch etwas Positives zum Gesetzentwurf sagen: Dass
jetzt eine Qualzuchtkommission eingesetzt wird, die auch wissenschaftlich be­setzt ist, finden wir gut. Das ist wichtig, weil es endlich einmal eine evi­denzbasierte Diskussion über das Ganze gibt, die nicht emotionsgetrieben ist.

Was aber durch diese vielen Verordnungsermächtigungen einfach offen
bleibt, ist die Frage der Überbürokratisierung, der Exekutierbarkeit, denn es hilft uns nicht, wenn wir Gesetze schreiben und sie am Ende Papiertiger bleiben.

Zum Sachkundenachweis: Auch da gab es, als die Tierschutzkommission vor ei­nem Jahr zusammengetreten ist, Ideen, wie man diesen Sachkundenach­weis weiterentwickeln könnte. Gut ist einmal, dass es jetzt eine bundesweit ein-


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heitliche Mindestregelung gibt – wir würden uns das auch noch in ande­ren Bereichen wünschen –, aber schade ist, dass diese Ideen einfach nicht auf­genommen worden sind.

Leider fehlen einfach viele Dinge, zu denen uns im Ausschuss auch nicht
gut Auskunft gegeben worden ist: Wie schaut es mit begleitenden Maßnahmen aus? Wenn die Menschen nach wie vor glauben, dass eine Katze mit Schrumpelohren süß ist, dann ist es einfach in der Bevölkerung nicht angekom­men, und das fehlt uns.

Genauso wie die Reparatur der Regelung zu den Vollspaltenböden, da
ist das Feeling so irgendwie: Hinter uns die Sintflut!, könnte man bei den Grünen fast sagen. Die ÖVP weiß, sie ändert das, sie sitzt in der nächsten Regie­rung wieder drinnen, sie kann tun und lassen, was sie will. (Abg. Zarits: Wenn wir gewählt werden!) Es war irgendwie so das Gefühl, dass ihr aufgegeben habt,
und das finde ich einfach schade. (Beifall bei den NEOS.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.


10.23.30

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind zwei Gesetzentwürfe, die wir jetzt in diesem Block gemeinsam diskutieren: das EU-Qualitäts­regelungen-Durchführungsgesetz und das Tierschutzgesetz.

Man kann zu diesen beiden Gesetzentwürfen sagen, wir schaffen damit einfach neue Ordnung: Aus teilweise Chaoszuständen schaffen wir jetzt Kosmos.
Wir führen das Ganze wieder in geordnete Bahnen zurück. Warum? – Zum einen hat es, was Lebensmittelimporte betrifft, was die Werbemaßnahmen von Lebensmitteln im biologischen Bereich, im regionalen Bereich betroffen hat, aus­ufernde Maßnahmen gegeben. Da hat jemand ein gutes Geschäft daraus


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gemacht, und das werden wir jetzt mit diesem EU-Qualitätsregelungen-Durch­führungsgesetz wieder auf einen guten Nenner bringen. Da wird eine
neue Organisation geschaffen, die dann auch größere Kompetenzen auf Bun­desebene hat. – Das ist dieser eine Block.

Der zweite Punkt ist das Tierschutzgesetz. Die Vorredner haben sehr
vieles skizziert, aber es wurde oft der Eindruck vermittelt, im Bereich der Landwirtschaft gebe es da keine strengen Vorschriften. Das Gegenteil ist der Fall: Die Tierhalter im Nutztierbereich in Österreich haben die strengs­ten Qualitätsvorschriften, die es gibt, und darauf sind wir auch stolz. Auch das sollten wir in diesem Zusammenhang erwähnen und den Bäuerinnen und
Bauern ein großes Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Heimtierhaltung betrifft: Da hat es in den letzten Jahren oft Modeer­scheinungen gegeben, da hat es Züchtungen gegeben, weil es trendig
war. Auch das führen wir zurück, damit wir endlich wieder geordnete Verhält­nisse haben.

Ich muss mich kurz entschuldigen, ich habe Atemprobleme – damit bin
ich jetzt auch schon fertig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

10.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter
Keck. – Bitte.


10.25.47

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich, und vor
dem Tierschutzgesetz müssen alle Tiere gleich sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lindinger: Genau das passiert ja jetzt!)

Es kann nicht sein, dass wir hier einen Gesetzentwurf haben, mit dem eine Zwei­klassentiergesellschaft gemacht wird. Genau das passiert mit der Zweiklas­sentiergesellschaft (Ruf bei der ÖVP: Nein!), meine Damen und Herren: Da gibt es


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die Heim- und Haustiere, die heute behandelt werden, bei denen der Ge­setzentwurf in vielen Bereichen sehr, sehr scharf durchgreift, und dann gibt es die landwirtschaftlichen Nutztiere, die in diesem Gesetzentwurf von allem ausgenommen sind (Abg. Lindinger: Das stimmt ja nicht!), egal ob das Ausstellun­gen sind - - (Abg. Hechenberger: Das ist unwahr, Herr Kollege, unwahr!) –
Schauen Sie, der Kollege schreit, es stimmt nicht: Heim- und Haustierzüchter müssen für Ausstellungen behördliche Bewilligungen einholen, egal ob
das die Kaninchenzüchter sind, ob das die Reptilienzüchter sind, ob das die Vo­gelzüchter sind oder irgendjemand sonst. Wenn die eine Ausstellung
machen, müssen sie eine behördliche Bewilligung einholen, bei der der Amts­tierarzt mitspielt, und die landwirtschaftlichen Nutztiere sind ausgenom­men, lieber Kollege.

Da ist auch dieser Abänderungsantrag, der 5 Minuten vor der Plenarsitzung hier bei uns eingetroffen ist. (Abg. Lindinger: Das stimmt ja überhaupt nicht! –
Abg. Hechenberger: Musst halt schnell lesen! – Abg. Michael Hammer: ... ja sowieso schon wochenlang geschrieben, wär’ schon wurscht gewesen!)
Was sagt denn
dieser Abänderungsantrag? – „Viehmärkte sowie landwirtschaftliche Tierauktionen und Nutztierschauen, die unter veterinärbehördlicher Aufsicht stehen“, sind davon ausgenommen. – Das steht ganz klar da drinnen, oder kennst du den eigenen Abänderungsantrag nicht? (Zwischenruf der Abg. Reiter.)

Das wäre 2024 aufgehoben worden, das heißt, da hätten wir bei den Ausstellungen alle Tiere wieder gleichgestellt, aber nein, die landwirtschaftlichen Nutztiere nimmt man bei dem Ganzen wieder aus. (Neuerlicher Zwischenruf
der Abg. Reiter.)
Wenn Sie also aufseiten der ÖVP wirklich etwas für Tierschutz übrig haben, dann machen Sie alle Tiere gleich, dann stellen Sie die landwirtschaftlichen Nutztiere gegenüber den Heim- und Haustieren gleich! Dann kann man sagen: Jawohl, es ist Tierschutz gemacht worden! – So wird kein Tierschutz gemacht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Nächste, das wir haben: Es hat 850 Stellungnahmen gegeben, die alle durchwegs kritisch waren. Das waren Stellungnahmen von den Bundesländern,


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das waren Stellungnahmen von den Tierschutzorganisationen, das waren Stellungnahmen von Einzelpersonen, die diesen Gesetzentwurf sehr kritisch ge­sehen haben und ihre Stellungnahmen abgeben haben. Es ist dann nichts
von diesen Stellungnahmen eingearbeitet worden. Hätte man das nämlich ge­macht, dann hätte es von uns auch die Zustimmung gegeben, aber es ist
nichts von diesen Stellungnahmen eingearbeitet worden. (Abg. Hechenberger: Das stimmt ja nicht!)

Nach wie vor ist dieser Gesetzentwurf nicht verfassungskonform, meine Damen und Herren, also wird es wieder eine Klage gegen dieses Tierschutzgesetz geben, wie es auch 2022 der Fall war. Wir sind jetzt schon zutiefst davon über­zeugt, dass der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz wieder aufheben
wird.

Schauen wir uns an, wie der Initiativantrag eingebracht wurde – weil es so schön heißt, es sind ja alle NGOs und alle Organisationen befragt worden –: Am 14. Juni haben verschiedenste Tierschutzorganisationen – egal ob das Vier Pfo­ten war, ob das Tierschutz Austria war, ob das der VGT war, ob das die Tierschutzombudsstellen waren (Abg. Michael Hammer: Der VGT ist eh nicht wich­tig!) – gesagt, dieser Initiativantrag ist eine Katastrophe, denn dieser Initiativantrag entspricht allem, aber keinem Tierschutzgesetz, meine Damen
und Herren.

Was bei diesem Tierschutzgesetz auch sehr kritisch ist: Es werden
weitere acht Verordnungsermächtigungen eingearbeitet. Mittlerweile haben wir in diesem Tierschutzgesetz 28 Verordnungsermächtigungen. Was bedeu­tet das? – Für jemanden, der sich nicht auskennt: Das heißt, mit einer Verord­nungsermächtigung kann der Minister, ohne dass er das Parlament fragt
oder ohne dass im Parlament darüber abgestimmt wird, Änderungen zum Gesetz machen. Das heißt, er kann festlegen, was mit Tieren passiert.

Wir wollen das nicht. Für Gesetze ist nach wie vor dieses Haus hier zustän­dig. Da brauchen wir nicht 28 Verordnungsermächtigungen für einen


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Minister, der dieses Gesetz über das Parlament hinweg regeln will, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher kann ich nur eines sagen: Wir werden diesem Gesetz nicht zustim­men, so wie wir es 2022 gemacht haben und recht gehabt haben,
denn der Verfassungsgerichtshof hat es aufgehoben. (Abg. Hechenberger: Damit sind Sie für Qualzucht! – Abg. Lindinger: Qualzüchter! Die SPÖ ist für Qual­zucht! – Abg. Strasser: Weil du für Qualzucht bist!) Wir haben auch jetzt wieder recht: Auch dieses Gesetz wird der Verfassungsgerichtshof bei einer
Klage aufheben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Herr Bundesminister, Sie gelangen zu Wort.


10.29.37

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Jetzt ist die Heimtiernovelle zur Beschlussfassung da. Ich darf darauf hinweisen, dass wir auch bereits in
der Vergangenheit Meilensteine im Tierschutz gesetzt haben. Als Tierschutzminister war es mir ein wichtiges Anliegen.

Wir haben im Sommer 2022 – ich darf daran erinnern – vor allem Verbesserun­gen für die sogenannten landwirtschaftlichen Nutztiere verabschiedet,
zum Beispiel das Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern, das Ver­bot des Kückenschredderns und die Einschränkung bei Tiertransporten,
und jetzt, heute geht es vor allem um die Haustiere. Die brauchen einfach auch einen besonderen Schutz.

Haustiere sind oft Teil der Familie, Menschen haben auch eine große emotionale Bindung an sie, aber – und das sage ich deutlich dazu – damit ist auch
eine Verantwortung verbunden. Ein Haustier ist kein Gegenstand, den man irgendwo hinstellen kann und mit dem man einfach umgehen kann, wie es einem


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passt. Genau dem tragen wir Rechnung. Tierhaltung bedeutet auch eine
große Verantwortung.

Das bedeutet schlicht und ergreifend auch, dass es künftig notwendig ist, vor dem Kauf einen Kurs zu absolvieren. Das fordern Tierschützerinnen
und Tierschützer, die Verbände schon seit vielen Jahren: dass man sich, bevor man sich ein Tier anschafft, auskennt, wie man damit zu verfahren hat.

Das heißt: 6 Stunden Ausbildung für Hunde und 4 Stunden für exotische Wild­tiere. Dieser Sachkundenachweis ist künftig vorzulegen. Er schützt auch
davor, dass Spontankäufe getätigt werden. Wir wissen aus vielen Erhebungen und auch aus Erfahrung, dass gerade zu Ostern und zu Weihnachten Spontankäufe von Tieren stattfinden, die dann verschenkt werden. Reden Sie einmal mit den Tierheimen in Österreich, was dann zwei Wochen nach
diesen Feiertagen passiert! Die können sich dann kaum retten, weil sich einfach herausstellt: Es ist ein bisschen komplexer, ein Tier zu halten, als es zu kaufen.

Qualzucht – damit bin ich schon bei einem wichtigen Punkt –: Es kann einfach nicht sein, dass Tiere nur aufgrund bestimmter Züchtungsmerkmale –
kurze Schnauze, Knautschgesicht, Glupschaugen – so gezüchtet werden, dass damit unendliches Tierleid verbunden ist. Das geht nicht an, und das wird
jetzt in diesem Gesetz geregelt: Das ist nicht akzeptabel, Qualzucht wird endlich wirksam verboten! – Das ist hoch an der Zeit. Qualzucht ist kein Mode­trend, dem man nachgeben muss, sondern Tierquälerei – Punkt, Ende. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn jetzt moniert wird, dass es eine wissenschaftliche Begleitung und
eine Qualzuchtkommission gibt, dann muss man sich mit der Materie halt auch etwas in der Tiefe beschäftigen. Wenn man sich mit der Veterinärmedizi­nischen Universität auseinandersetzt, dann kann man dort auch gerne erfahren, wie das aufgesetzt ist. Wir richten diese Qualzuchtkommission ein. Sie
wird Merkmale von Qualzucht entlang von wissenschaftlichen Kriterien festle­gen und damit Klarheit schaffen. Nichts anderes ist damit verbunden.


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Diese Kommission wird dann von der bestehenden Fachstelle für Tierschutz auch unterstützt werden.

Schärfere Kontrollen sind möglich – wenn Merkmale klarer definiert
sind, kann auch kontrolliert werden –, auch der Vollzug wird sichergestellt, und – auch wichtig – illegaler Welpenhandel wird bekämpft. Das ist auch ein
Thema, das nachgerade wichtig ist, weil manche Hunderassen
eben so „modern“ – unter Anführungszeichen – sind und dann illegaler Welpen­handel Platz greift.

Dass wir sichergestellt haben, dass zeitgemäßer, tierschutzkonformer Hundesport möglich ist, ist in diesem Paket enthalten. Das heißt, wir haben ein ausgewogenes Paket vorgelegt, das jetzt zur Beschlussfassung ansteht.
Ich bitte um Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen
sowie des Abg. Hechenberger.)

10.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Baumgartner. – Bitte sehr.


10.33.43

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Der Herr Bundesminister hat in Wahrheit schon alles
gesagt, aber ich habe mir gedacht, ich wiederhole noch einiges, vielleicht für Herrn Kollegen Keck, damit er das noch besser durchdenken kann und vielleicht dann besser versteht.

Mit der vorliegenden Tierschutznovelle wird vor allem das Qualzuchtverbot für Heimtiere verschärft und der Vollzug durch die Einrichtung einer wissen­schaftlichen Kommission wirksam gestaltet. Ab dem 1. Juli 2026 ist
ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögel zu erbringen. Diese Sachkunde ist durch die Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten


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nachzuweisen. Bei Hunden ist zusätzlich eine zweistündige Praxiseinheit vorgeschrieben.

Züchter und Züchterinnen benötigen zudem eine Bewilligung, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden. Dies tritt in Kraft, wenn pro Jahr mehr
als zwei Würfe Hundewelpen beziehungsweise drei Würfe Katzenwelpen abge­geben werden. Die neue wissenschaftliche Kommission, die unter anderem
mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Veterinärmedizin, der Ge­netik und der Ethik besetzt wird, soll zukünftig den zuständigen Minister beraten. Nach Anhörung der Kommission kann der Ressortchef per Verordnung Rassen, die besonders von Qualzuchtsymptomen betroffen sind, ganz von
der Zucht ausschließen.

Darüber hinaus wird das Verbot der Außerlandesbringung von Hunden zur Vor­nahme von in Österreich verbotenen Eingriffen auf alle Tiere ausgedehnt.
Bestraft wird auch, wer Tiere vor dem artspezifischen Absetzalter vom Mutter­tier trennt, erwirbt oder durch einen anderen erwerben lässt. Dies gilt
auch dann, wenn der Erwerb im Ausland erfolgt. Das soll den illegalen Handel mit Hundewelpen erschweren.

Zusätzlich werden dem Verbot der Tierquälerei weitere Tatbestände hinzugefügt, insbesondere im Bereich der Vögel und Reptilien. Strengere Vor­gaben gibt es auch im Zusammenhang mit der Ausbildung von Hunden.

Die Kommission ist ein Novum und wird wirklich international mit
großem Interesse verfolgt. Österreich setzt da höchste Standards für den Tier­schutz. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. –
Abg. Lindinger: Das war jetzt noch einmal extra erklärt für den Kollegen Keck!)

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 100

10.36.21

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spoštovana Visoka Hiša! – (Auf die Redezeitanzeige am Redner:innenpult weisend:) Die Zeit läuft noch weiter, Herr Präsident. Ich gehe davon aus, Sie
werden - - – Ja.

Wir reden heute über das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz, das wirklich ein Meilenstein für die Biolandwirtschaft ist, denn eines haben
wir in den letzten Jahren erlebt, nämlich dass, gerade was die Bioverordnung auf europäischer Ebene betrifft, diese in der nationalen Umsetzung einiges an Schwierigkeiten gebracht hat. Durch dieses Gesetz regeln wir das. Die Kontroll­stellen haben stärkeren Einfluss, es wird ein Sanktionenkatalog ausgear­beitet, und es gibt auch einen Biobeirat.

Ich gehe davon aus, dass das wesentlich mehr Klarheit für die Biobäuerinnen und Biobauern in Österreich bringen wird, aber auch in den Verhandlun­gen mit der Kommission. Ein großes Dankeschön gilt dafür der Fachebene, aber auch den Vertreterinnen und Vertretern der Kontrollstellen, die da wirklich
ein sehr vernünftiges Gesetz erarbeitet haben. – Danke schön!
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weil wir heute schon einiges dazu gehört haben, wo wir Europameister sind, wo andere recht behalten werden, was alles nicht so gut funktioniert, möchte
ich das schon auch einmal einordnen: Es ist heute, ich habe nicht
mitgezählt, aber eine der vielen Sitzungen, während denen vor unserem Haus der Verein gegen Tierfabriken aufzeigt, dass die Schweinehaltung in
Österreich ein Problem hat. Das hat auch der Verfassungsgerichtshof aufgezeigt. Allerdings hat er uns aufgetragen, entweder etwas zu ändern oder es gilt
eben ab dem 1. Juni 2025 das alte Vollspaltensystem als verboten und der neue gesetzliche Mindeststandard wird einzementiert.


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Was ist der Zugang von uns Grünen? – Der Zugang von uns Grünen ist,
dass wir eine Landwirtschaft haben, die einem ethischen Zugang auch in der Tierhaltung entspricht. Wir haben gute Beispiele: Wir haben Beispiele
beim Geflügel, wir haben Beispiele bei der Rinderhaltung. Wir haben aber auch Beispiele, aufgrund derer wir uns nicht Europameister zu nennen brau­chen – sicher nicht! –, für die wir uns nicht zu loben brauchen. Was wir aber tun sollten, ist, Europameister zu werden dabei, die Betriebe so zu unterstüt­zen, dass sie die Transformation schaffen. Das ist von uns gefordert! (Beifall bei den Grünen.)

Wir und auch der Herr Minister haben uns dafür eingesetzt, dass wir die Betriebe nicht alleinlassen. Leider wurde der Verhandlungstisch verlassen und wir konnten hier nicht weiterkommen.

Lieber Herr Kollege Keck, macht uns das nervös? – Nein, weil ich davon
ausgehe, dass wir weiter verhandeln werden und dass es auch eine nächste Peri­ode geben wird, in der man dieses Gesetz vielleicht regeln kann, wenn es
am Tisch mehr Vernunft geben wird – denn für jeden Kompromiss sind wir Grü­ne nicht zu haben. Deshalb finde ich es ja so wichtig, dass die Tierschutz­organisationen weiter darauf pochen, dass wir einen anderen Standard umsetzen und dass auch unsere Schweinehaltung Best Practice in ganz Europa wird.
Das heißt frische Luft, Sonne, das heißt Stroheinstreu und das heißt letztendlich auch, einen Markt dafür zu entwickeln. Das ist etwas, was die Kollegen von
der SPÖ immer wieder auslassen, und da verstehe ich die Kollegen von der ÖVP, die einfach sagen: Wir können Tierschutz dann gewährleisten, wenn wir
unsere Produkte auch verkaufen können.

Da aber, liebe Kollegen von der ÖVP, gäbe es die Möglichkeit mit der Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, da gäbe es die Möglichkeit mit der Haltungskennzeichnung von tierischen Lebensmitteln (Abg. Hörl: ... Ungarn?), aber auch dafür waren Sie verlässlich nicht zu haben. Insofern bitte ich Sie, die Zeit über den Sommer zu nutzen (Ruf: Zwangsvegetarismus!), in sich zu


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gehen und zu überlegen (Abg. Hörl: In Ungarn haben sie die gleichen Verhältnisse?): Wie können wir da gute Kompromisse für die Zukunft erarbeiten?

Herr Kollege Hörl, weil gerade auch wir zwei oft über Tourismus reden:
Genau dem würde es guttun, wenn unser Fleisch aus Österreich, von glücklichen Tieren kommt und nicht aus dem europäischen Nachbarland. Es wäre schön, wenn Sie da einmal zum Partner werden. – Danke schön. (Beifall bei
den Grünen. – Abg. Matznetter: Das liegt aber eher am Bauernbund als an ...!)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lindinger. – Bitte.


10.40.15

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren ja hier heute über die Heimtiere und nicht über die Nutztiere in der Landwirtschaft. Betreffend die landwirtschaftlichen
Nutztiere haben wir bereits 2022 ein umfassendes Tierschutzgesetz mit einer Mehrheit hier im Parlament beschlossen. Dazu stehen wir, das ist gut,
das ist eine Weiterentwicklung im Tierschutz.

Wenn aber jetzt davon gesprochen wird, dass es den Schweinen in Österreich schlecht geht, dann möchte ich das in aller Schärfe zurückweisen. Eines
ist ganz klar: Wir stehen zum Tierschutz, wir stehen zu einer Weiterentwicklung des Tierschutzes, das haben wir auch mit dem Tierschutzgesetz 2022
bewiesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betreffend eine Lösung für die Voll­spalten haben wir als Bauernbund, als Volkspartei vor einigen Monaten
einen Vorschlag präsentiert. (Abg. Loacker: Das ist jetzt die Gleichsetzung von Bauernbund und Volkspartei!) Würden wir dem zustimmen, würden wir Planungssicherheit schaffen, nämlich mit einem Übergang, der so ausgestaltet


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ist, dass es für die Bäuerinnen und Bauern auch machbar ist, die Investitionen zu tätigen.

Ich sage nur eines: Die Bäuerinnen und Bauern sind nicht nur Umweltschützer, sie sind auch die größten Tierschützer. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines müssen Sie zugeben, meine Damen und Herren: Würde es den
Tieren nicht gut gehen, dann würde es auch den Bäuerinnen und Bauern wirt­schaftlich nicht gut gehen. (Abg. Voglauer: Es geht den Bauern nicht gut,
Klaus! Sieh das einmal ein!)
 – Deshalb, Frau Kollegin Voglauer: Wir können nicht alles über einen Kamm scheren. Wir sind Europameister im Tierschutz
(Abg. Keck: Wir sind keine Europameister im Tierschutz!),
und wir können nicht von heute auf morgen sagen: Wir investieren jetzt alles in Richtung Stroh!,
weil der Markt, die Konsument:innen auch mitgenommen werden müssen. (Abg. Herr: Da könnte ja die öffentliche Hand vorausgehen! – Abg. Voglauer: Ja, aber
ihr seids ja nicht dabei!)

Wir haben schon einige Diskussionen dahin gehend geführt; die Konsumentin­nen und Konsumenten müssen mitgehen, die Bäuerinnen und Bauern
gehen den Weg gemeinsam mit uns. Wir werden auch immer wieder Verbesse­rungen dahin gehend machen, aber nicht auf Kosten der Bäuerinnen und
Bauern. Dazu stehen wir als Bauernbund und als Volkspartei.

Wir Bäuerinnen und Bauern stehen zu Tierschutz, wir stehen zu Umweltschutz, und dafür kämpfen wir als Bauernbund und als Volkspartei.
(Beifall bei der ÖVP.)

10.42


10.42.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird,
in 2658 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Hechenberger, El-Nagashi, Kolleginnen und Kol­legen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hechenberger, El-Nagashi haben einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 64a
sowie Änderungen der Ziffern 66 und 101 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Das ist das gleiche Stimmverhalten: ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Dritte Lesung: Ich darf diejenigen, die in dritter Lesung zustimmen, um ein Zei­chen bitten. – Dieser Gesetzentwurf ist in dritter Lesung ebenfalls mehr­heitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungs­gesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2659 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 105

Das ist auch in dritter Lesung das gleiche Stimmverhalten, daher ist der Gesetz­entwurf auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

10.44.083. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4095/A der Abge­ordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobe­nen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Ge­setz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden (2660 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 3. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.


10.44.47

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf eingangs im Namen von Kollegen Didi Keck eine Besuchergruppe vom Pensionistenverband
aus Linz ganz herzlich hier im Haus begrüßen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.) Schön, dass ihr da seid, willkommen
im Hohen Haus!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt das MTD-Gesetz, da geht es um die medizinisch-technischen Dienste in Österreich, um mehr
als 40 000 Angehörige von sieben Gesundheitsberufen, die dafür zuständig sind, und das ist eine Debatte – deswegen bin ich dankbar, dass uns heute auch
so viele Menschen zuhören –, die im Parlament oft geführt wird.

Wenn man auf der Überschriftenebene bleibt, ist es in der Politik ganz einfach. Wir haben es jetzt gerade in der Debatte zum Tierschutzgesetz gehört:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 106

Da hat die ÖVP wortreich erklärt, wie superwichtig der Tierschutz der ÖVP sei. Da stellt sich kein Politiker hin und sagt: Wir wollen im Tierschutzbereich
nichts weiterbringen! – So blöd ist natürlich niemand, dass man offen zugibt, dass man nichts machen möchte, aber wenn es dann im Detail darum
geht, konkrete Regelungen zum Beispiel für Nutztiere zu schaffen, dann werden die Nutztiere völlig vergessen.

Ähnlich ist es leider auch in vielen Fragen der Gesundheitspolitik. Niemand
von der ÖVP würde sich hinstellen und ganz offen sagen: Ich bin für die Zwei­klassenmedizin! Oder: Es gibt im Gesundheitsbereich Berufe, von denen
wir zwar sagen, dass sie superwichtig sind, und dann reden wir irgendetwas von Respekt, aber wenn es darum geht, den Leuten, die tagtäglich am Kranken­bett arbeiten, das Leben konkret ein bissl leichter zu machen, sind wir dagegen! – Diese Ehrlichkeit möchte ich in den Debatten einfach einfordern, wenn wir von Respekt gegenüber den Menschen in Gesundheitsberufen
reden, und dass wir ganz konkret Arbeitsbedingungen schaffen, damit diese Menschen, die tagtäglich für uns da sind, auch bestmöglich ihre Arbeit
leisten können.

Da haben wir jetzt ganz konkret eine Erfahrung machen müssen, und das ist auch eine Frage der Transparenz: Wie gehen wir mit der Ergotherapie,
mit der Logopädie um? Wie gehen wir mit den biomedizinischen Analytiker:in­nen um? Was machen wir mit den Physiotherapeutinnen und Physiothera­peuten in Österreich? Welche Arbeitsbedingungen ermöglichen wir in diesen Ge­sundheitsberufen in Zukunft? Da gibt es zwei Wege: Glauben wir daran
und vertrauen wir darauf, dass diese bestens ausgebildeten Men­schen in Gesundheitsberufen in Österreich dieselbe Leistung erbringen können, wie es in allen anderen entwickelten Ländern dieser Welt bereits umge­setzt ist? Sind wir bereit, für diese Gesundheitsberufe einen modernen gesetzli­chen Rahmen zu schaffen, oder sind wir eigentlich der Meinung, dass die
gar nichts dürfen?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 107

Es ist leider im Hintergrund immer die ÖVP, die zwar dann von Respekt gegen­über den Menschen in Gesundheitsberufen redet, aber jede einzelne Maß­nahme zur Verbesserung torpediert.

Da hat es zwei Dinge gegeben, die eigentlich wirklich dramatisch sind. Das eine ist im Entstehungsprozess des Gesetzes heimlich so passiert: In den ersten Entwurf hat der Minister hineingeschrieben, es ist wichtig, dass die Angehörigen dieser Gesundheitsberufe ihrer Tätigkeit auch eigenverantwortlich nach­kommen können, dass sie das, was sie studiert haben, ganz konkret zum Nutzen von Patientinnen und Patienten einsetzen dürfen, am Krankenbett oder
in der Therapie. – Plötzlich ist dieser Vorschlag des Ministers irgendwie sozusa­gen beerdigt worden. Auf die Frage im Gesundheitsausschuss, welche
Kräfte da im Hintergrund gewirkt haben – da könnte sich doch irgendjemand hinstellen und sagen: wir wollen nicht, dass die Physiotherapeutinnen
und -therapeuten in Österreich dasselbe dürfen wie woanders! –, haben wir keine Antwort bekommen. Das haben uns die Grünen nicht erklären
können, aber auch das Haus des Ministers nicht; der Minister war nicht da. Niemand hat uns erklärt, warum das, was auf der ganzen Welt möglich
ist, in Österreich nicht möglich sein soll – weil die ÖVP in Wahrheit die Gesund­heitsberufe abqualifiziert, zwar von Respekt redet, aber keine Weiterentwicklung möchte.

Der zweite Punkt ist – das ist gestern Nacht aufgetaucht –: Die Gesundheitsbe­rufe sind nicht einmal angehört worden. Da gibt es Hunderte Stellungnah­men, aber auf die Menschen, die tagtäglich arbeiten, hat man nicht gehört. In der Nacht haben sich aber wieder einmal Lobbyisten aus dem ÖVP-Klub durch­gesetzt und die Grünen haben sich leider über den Tisch ziehen lassen. Plötzlich hat die Wirtschaftskammer wieder ein Anhörungsrecht, das heißt, die Wirtschaftskammer darf groß mitreden, wie es bei den Gesundheitsberufen weitergeht, und die Berufsangehörigen nicht. – Das ist der zweite
Sündenfall, den die Grünen zu verantworten haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 108

Wir haben es einmal bereits erlebt: Bei der Pflegelehre, als man gehofft hat, dass wir die Pflege billiger machen, dass wir gegen Lohn- und Sozialdumping
arbeiten können, hat man die Wirtschaftskammer das erste Mal hineingeschrie­ben. Jetzt haben die Leute, die den Beruf tagtäglich ausüben, nichts mitzu­reden, aber wenn es nach der ÖVP geht, ist plötzlich die Wirtschaftskammer mit einem Anhörungsrecht mit dabei.

Das ist reine Lobbypolitik, das hat nichts mit einer Weiterentwicklung
des Berufsbildes zu tun, und wir sind deswegen heute aus voller Überzeugung dagegen, dass das MTD-Gesetz in dieser Form novelliert wird. (Beifall bei
der SPÖ.)

10.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Schallmeiner. – Bitte.


10.49.19

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen
und Herren auf der Galerie, zu Hause vor den Bildschirmen! Ja (Beifall des Abg. Loacker), jetzt reden wir einmal Klartext: Ihr habt 32 Jahre Zeit gehabt,
das MTD-Gesetz zu verbessern und zu novellieren und so zu machen, wie ihr das eben für richtig haltet, lieber Philip, nur einzig und allein: Ihr habt es nicht gemacht. Wir gehen jetzt eben her und machen ganz genau all diese Dinge, die notwendig und längst überfällig sind.

Wenn du den Entwurf richtig gelesen hättest, wüsstest du auch, dass es
keine medizinisch-technischen Gesundheitsberufe mehr sind, sondern dass es in Zukunft eben auch medizinisch-therapeutisch-diagnostische Gesundheits­berufe sein werden (Abg. Kucher: Oje!), weil wir auch das dementsprechend ab­ändern. (Abg. Kucher: Bei den Überschriften seid ihr stark, ja!)

Was machen wir aber sonst noch? – Wir gehen gerade her und aktualisie­ren die Berufsbilder und Kompetenzbereiche – auch das sprichst du uns ja ab –,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 109

wir aktualisieren die Berufspflichten, wir ermöglichen viele Dinge
(Abg. Kucher: Und wer hat das rausgestrichen?),
die sich in den letzten Jahren – in diesen 32 Jahren, in denen nichts geschehen ist – entwickelt haben, bei
denen man gemerkt hat: Okay, da sind Kompetenzen dazugekommen! Wir ge­hen her und schaffen Höherqualifizierung, Tertiärisierung der
Spezialisierungen.

Wir ermöglichen auch etwas in der Frage der Entscheidungsbefugnisse,
die Qualitätssicherung wird auf neue Beine gestellt, MTDs können beispiels­weise in Zukunft Arznei- und Medizinprodukte eigenverantwortlich ver­ordnen. Auch diese Dinge sparst du aus, stellst dich hierher und
sagst: Alles schlecht und alles schlimm und alles ganz, ganz arg!, und: Wir hätten alles besser gemacht! – Nur habt ihr es halt 32 Jahre lang selbst nicht
besser gemacht. Das ist die traurige Realität, und über die müssen wir hier eben auch reden. (Beifall der Abg. Disoski.)

Dass die Stellungnahmen von Angehörigen der einzelnen Gesundheits­berufe beziehungsweise der Stakeholder, wie das auf Neudeutsch so schön heißt, nicht gehört wurden und nicht aufgenommen wurden, da stimmt
ja auch nicht, denn der Prozess, dass wir heute hier zu diesem Beschluss kom­men, war ein dementsprechend langer, während dessen man versucht
hat, sich mit den Berufsverbänden, mit den Stakeholdern, eben mit allen Inter­essenlagen (Abg. Kucher: Aber wer hat den Entwurf abgeändert?) gut aus­zutauschen, einen guten Kompromiss zu finden. Ein Kompromiss
ist keine 100-Prozent-Umsetzung, sondern ein Kompromiss ist eben etwas,
bei dem du sagst: Alle finden sich wieder!

Also in diesem Sinne: Ich würde mir wünschen, wenn zugestimmt
würde; das würde euch besser zu Gesicht stehen, als hier irgendwelche Gschichtln zu erzählen. (Beifall bei den Grünen.)

10.51



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 110

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


10.51.51

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stehe heute hier, wir diskutieren die Novelle des MTD-Gesetzes, und ich muss ganz ehrlich
sagen, ich bin zutiefst enttäuscht und auch wirklich traurig, denn es stimmt: Seit über 32 Jahren ist diese Novelle des Berufsgesetzes für die medizinisch-therapeutisch-diagnostischen gehobenen Berufe überfällig, und alle Betroffenen haben größte Erwartungen in die jetzt anstehende Novelle gesetzt –
ebenso unsere Fraktion, auch wir haben ja diese Novelle vehement gefordert –, und dann liegt das jetzige Resultat auf dem Tisch.

Nach Monaten der Geheimverhandlungen, die vielfach so geheim waren,
dass nicht einmal die betroffenen Berufsverbände überhaupt gewusst haben, was jetzt tatsächlich in der anstehenden Novelle drinnen stehen soll, liegt
ein Vorschlag auf dem Tisch, an dem bis zur letzten Sekunde herumgedoktert wird, zu dem auch heute wieder ein Abänderungsantrag eingebracht
worden ist, betreffend den keine ordentliche abschließende Begutachtung, keine tatsächliche Einarbeitung der unzähligen Kritikpunkte, die ja vorgebracht
worden sind, stattgefunden hat.

Herr Minister, ich verstehe Sie ehrlich gesagt nicht: Sie opfern hier auf dem Altar des kurzfristigen politischen Erfolgs eine ordentliche Regelung betreffend Berufskompetenzen, die für das Funktionieren unseres Gesundheitssystems und für eine echte Gesundheitsreform so wichtig wäre, Sie enttäuschen Zehntau­sende Betroffene in diesem Land. – Und wofür?

Diese zeitliche Not wäre gar nicht gegeben gewesen! Wir hätten uns die Zeit für die weitere Diskussion, für eine wirklich konsequente Ausarbeitung dieser Berufskompetenzenregelungen nehmen können, denn das, was jetzt vorliegt, ist


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zutiefst inkonsequent, unsystematisch, unvollständig, wieder mit haufen­weise Verordnungsermächtigungen für Sie versehen, schafft Unsicherheit – und zwar wahrscheinlich für die nächsten ein, zwei Jahre, denn all diese Verord­nungen dann tatsächlich zu erlassen, wird sich wahrscheinlich unter Ihrer Ägide gar nicht mehr ausgehen. Das heißt, Sie hinterlassen ein Vakuum, einen Scherbenhaufen in diesem Bereich, und das kann doch nicht in Ihrem Sinne sein.

Der zweite Punkt, der mich an dieser Novelle maßgeblich stört, ist, dass
Ihnen in vielen Bereichen bei dem, was tatsächlich notwendig gewesen wäre, nämlich dass wir die vorhandenen Kompetenzen legistisch in einen
Rahmen setzen und im Rahmen der österreichischen Gesundheitsversorgung erlauben, der Mut gefehlt hat. Kollege Kucher hat es schon angespro­chen: In vielen Bereichen dürfen die handelnden Personen ohne ärztliche An­ordnung gar nicht tätig werden, obwohl sie die persönliche und fachliche Kompetenz dafür hätten. In einen Bereich haben Sie aber überraschenderweise sehr großzügige Kompetenzen hineingeschrieben, nämlich in den Be­reich der Neu- und Weiterverordnung von Arzneimitteln. Das ist sehr spannend.

Grundsätzlich heiße ich das durchaus gut – es gibt ja auch Beispiele, wie
bei den Hebammen, in denen das sehr gut und sinnvoll funktioniert, in denen das allerdings auch Teil der Ausbildung ist –, jetzt öffnen Sie das für die MTD-Berufe, Sie öffnen das durch einen weiteren Abänderungsantrag im Laufe der heutigen Sitzung dann auch noch für die Pflegedienste, aber den Apothe­kern, die eine doppelt so lange akademische Ausbildung haben und die zweifels­ohne die absoluten Fachleute im Bereich der Arzneimitteltherapie sind, verweigern Sie selbst eine Anpassung des Notfallparagrafen. Herr Minister, diese Inkonsequenz und Geringschätzung des Apothekerberufes ist gar nicht zu überbieten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann abschließend nur einen Appell an Sie richten, Herr Minister: Verzichten Sie auf dieses politische Kleingeld und den schnellen Erfolg! Drehen wir
das Rad zurück, setzen wir uns noch einmal zusammen, nehmen wir die inhaltli­che Kritik von mehr als zehn wissenschaftlichen Fachgesellschaften (Abg.


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Deimek: Das ist nicht seine Wissenschaft! Er betreibt ...!) und von einer Vielzahl der betroffenen Berufsverbände ernst! Diskutieren wir das im Gesundheits­ausschuss noch einmal durch, arbeiten wir eine bessere Lösung aus!

Aus diesem Grund habe ich auch einen Rückverweisungsantrag eingebracht (Zwi­schenruf des Abg. Schallmeiner), damit wir uns die notwendige Zeit geben,
um hier nach 32 Jahren nicht husch-pfusch auf den letzten Drücker vor den Wahlen irgendetwas durchzubekommen, sondern eine gesetzliche
Regelung zu finden, die den Betroffenen auch tatsächlich Sicherheit und eine Perspektive für die Zukunft gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner ist Herr Abgeord­neter Smolle.– Bitte, Herr Abgeordneter.


10.56.11

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine persönliche Erfahrung mit den MTD-Berufen reicht lange zurück. 1976 – fast schon ein halbes Jahrhundert
zurück – habe ich in einem diagnostisch-zytologischen Labor hospitieren dürfen und habe damals wesentliche Ausbildungsinhalte von biomedizinischen Analytiker:innen vermittelt bekommen, was eigentlich mein berufliches Leben ärztlich und wissenschaftlich ganz nachhaltig geprägt hat. Ich weiß auch,
wie sich diese Berufe weiterentwickelt haben.

Was war Humangenetik in meiner Studienzeit? – Man hat Chromosomen im Mikroskop fotografiert, dann hat man ein großes Foto davon gemacht,
mit der Schere die Chromosomen ausgeschnitten, der Größe nach auf Papier geklebt und geschaut, ob die Zahl stimmt. Heute machen die gleichen Berufsgruppen tagtäglich Sequenzierungen von Genen – etwas, das 1992, zur Zeit des ersten Gesetzes, noch nobelpreisverdächtig war und heute für
diese Berufsgruppen Routine ist. So haben sich auch die anderen sechs dieser


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Berufe massiv weiterentwickelt, und es ist wirklich überfällig, dass sie
einen neuen rechtlichen Rahmen bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in diesem Zusammenhang auch zwei weitere angrenzende Berufe in einen entsprechenden Rahmen gebettet, das ist die Trainingstherapie, das
ist die Linguistik: Diese docken an zwei dieser sieben medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Berufe an, und diese sieben sind eine ganz wesentliche
Säule unserer Gesundheitsversorgung.

Was ist das Ziel dieser Novelle, die wir heute zum Beschluss vorlegen? – Das Ziel ist, das wir diesen sieben Berufen einen rechtlichen Rahmen
geben, der wirklich ihren Kompetenzen, ihrer Ausbildung, die ja seit 2005 eine FH-Bachelor-Ausbildung ist, entsprechend gerecht wird.

Man kann sich fragen: Warum denn erst jetzt, nach 30 Jahren? – Ich
sage: Das ist eigentlich ein Merkmal dieser Legislaturperiode und dieser Bundesregierung: Wir haben Dinge, die jahrzehntelang liegengelassen worden sind, aufgegriffen, wir bringen sie auch zu einem Ergebnis.
(Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich allen Angehörigen dieser hochwertigen Gesund­heitsberufe ein herzliches Danke sagen für ihre nicht alltägliche tägliche Tätig­keit im Interesse der Patientinnen und Patienten – und ich knüpfe einen Wunsch daran: Ich wünsche mir eine weiterhin gute Zusammenarbeit aller Gesund­heitsberufe in unserem Land, und ich wünsche gerade den Vertreterinnen und Vertretern dieser sieben medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Berufe
eine sinnerfüllende (Abg. Deimek: Genau!), gute Tätigkeit, die sie im
Spital, im Rahmen der freien Niederlassung – wo immer sie sind – ausüben kön­nen. – Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

10.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 114

10.59.42

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrte Präsidenten! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen!

Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe – ehrlich gesagt ein ziemlich furchtbarer Titel, aber
mit diesem Berufsgesetz werden sieben Berufsgruppen zusammengefasst, die alle eine sehr professionelle, akademisierte Ausbildung haben und seit
Jahren auf dieses Gesetz oder eine Reform dieses Gesetzes warten, so wie wir es auch alle getan haben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Als positiven Aspekt möchte ich hervorheben, dass die Regierung es noch
in dieser Periode geschafft hat, diese Reform zustande zu bringen, und weil wir durchaus gute Schritte mit dieser Reform sehen, werden wir dem auch zustimmen.

Man muss aber auf der anderen Seite sagen, dass es nur Schritte sind und dass diese Berufsgruppen noch zusätzlich viel mehr Selbstständigkeit brauchen.
Es geht von der Physiotherapie bis hin zur Labordiagnostik, weshalb es natürlich schwierig ist, ein gemeinsames Dach zu schaffen, wenn es darum geht, in welchen Bereichen man selbstständig arbeiten darf. Allerdings gehören genau solche Ermessensfragen ja auch zu den Ausbildungsinhalten, und wenn
wir mit Begleitgesetzen die nötigen Schritte setzen würden und beispielsweise alle Gesundheitsberufe an Elga anschließen würden, müssten wir uns
nicht mit den ewigen Befürchtungen herumschlagen, dass gut ausgebildete Menschen nicht wissen, was sie in ihrem Arbeitsalltag tun können und vor allem auch dürfen.

Damit das leichter geht, würden wir gerne noch eine nötige Erweiterung
dieses Gesetzes vorschlagen, und dazu bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 115

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4095/A der Abgeord­neten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Ge­setz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apotheken­gesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden
(2660 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG)) wird wie folgt geändert:

1.    In den § 5 (1), § 8 (1), § 14 (1), § 20 (1) sowie § 23 (1) wird die Wortfolge „nach ärztlicher oder zahnärztlicher Anordnung eigenverantwortlich
tätig.“ durch „je nach Erfordernis in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen anderer Gesundheitsberufe tätig. Bei regelwidrigen und den
Patient:innen gefahrdrohenden Zuständen ist der Beruf nur in Zusam­menarbeit mit eine/r Ärzt/in oder einer anderen für die Behebung
des regelwidrigen und gefahrdrohenden Zustandes zuständigen Person auszuüben.“ ersetzt.

2.    In den § 11 (1) sowie § 17 (1) wird die Wortfolge „nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich tätig.“ durch „je nach Erfordernis in Zusammenarbeit
mit Vertreter/innen anderer Gesundheitsberufe tätig. Bei regelwidrigen und den Patient:innen gefahrdrohenden Zuständen ist der Beruf nur in


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Zusammenarbeit mit eine/r Ärzt/in oder einer anderen für die Behebung des regelwidrigen und gefahrdrohenden Zustandes zuständigen Person auszuüben.“ ersetzt.

Weil der Antrag mehrere Gesetze umfasst und das uns allen wohlbekannte Apo­thekengesetz auch darin vorkommt und wir ohnehin schon beim Thema Kompetenzerweiterung und bessere Anerkennung sind, würde ich gerne noch folgenden zweiten Teil des Abänderungsantrages einbringen:

II. Artikel 3 (Änderung des Apothekengesetzes):

„In § 5 Abs. 2 wird nach Ziffer 2 folgende Ziffer 3 angefügt:

„3. Die Durchführung von Impfungen gemäß dem österr. Impfplan sowie Eintragung derselben in den elektronischen Impfpass.““

*****

Ich bitte um breite Zustimmung. Wir stimmen auch zu. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

11.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum "Bericht des Gesundheitsausschuss über den Antrag 4095/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 –
MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden (2660 d.B.) - TOP 3


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 117

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 - MTDG)) wird wie folgt geändert:

1.    In den §5 (1), §8 (1), §14 (1), §20 (1) sowie §23 (1) wird die Wortfolge
"nach ärztlicher oder zahnärztlicher Anordnung eigenverantwortlich tätig." durch "je nach Erfordernis in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen anderer Gesund­heitsberufe tätig. Bei regelwidrigen und den Patient:innen gefahrdrohen­den Zuständen ist der Beruf nur in Zusammenarbeit mit eine/r Ärzt/in oder einer anderen für die Behebung des regelwidrigen und gefahrdrohenden Zustan­des zuständigen Person auszuüben." ersetzt.

2.    In den §11 (1) sowie §17 (1) wird die Wortfolge "nach ärztlicher Anordnung ei­genverantwortlich tätig." durch "je nach Erfordernis in Zusammenarbeit
mit Vertreter/innen anderer Gesundheitsberufe tätig. Bei regelwidrigen und den Patient:innen gefahrdrohenden Zuständen ist der Beruf nur in Zusammen­arbeit mit eine/r Ärzt/in oder einer anderen für die Behebung des regelwidrigen und gefahrdrohenden Zustandes zuständigen Person auszuüben." ersetzt.

II. Artikel 3 (Änderung des Apothekengesetzes):

Nach Ziffer 1. folgende Ziffer 1. a angefügt:

"In §5 Abs. 2 wird nach Ziffer 2 folgende Ziffer 3 angefügt:

„3. Die Durchführung von Impfungen gemäß dem österr. Impfplan sowie Eintragung derselben in den elektronischen Impfpass.""


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Begründung

Ad I.

Die Novelle des MTD-Gesetzes erlaubt diesen Berufen teilweise mehr eigenständige Arbeit. Gerade die Anerkennung von erlernten Kompetenzen ist für verschie­denste Gesundheitsberufe eines der wichtigsten Bestreben, immerhin sollte das Erler­nen von Kompetenzen unter anderem dazu führen, dass diese auch im Arbeits­alltag zum Vorteil von Patient:innen genutzt werden können. Da die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen als Erfordernis angeführt ist, wird das Risiko von
Fehlern aufgrund einer mangelnden Einbindung von Mediziner:innen nicht erhöht. Durch mehr Eigenverantwortlichkeit können die Berufsgruppen des MTD-Gesetzes besagte Kompetenzen besser nutzen und dadurch stärker zur Entlastung des Gesundheitswesens beitragen. Infolgedessen sollte die Weiterentwicklung
der Berufskompetenzen auch uneingeschränkt genutzt werden.

Ad II.

Über 2.000 Apotheker:innen haben bereits eine Impfausbildung und
mit über 400.000 Patientenkontakten pro Tag weiß man auch, dass Patient:innen in Apotheken jedenfalls anzutreffen sind. Wer sich aktuell impfen lassen will,
braucht aber nicht einen dieser Besuche, sondern oft zwei Arztbesuche und einen Apothekenbesuch, um den Impfstoff zu erhalten. Dabei wäre die Einführung
von Impfdienstleistungen in österreichischen Apotheken ein wesentlicher Schritt, um die öffentliche Gesundheit nachhaltig zu verbessern. Mit besorgniserregend
niedrigen Impfraten von etwa 10% bei saisonalen Krankheiten, wie der Grippe, steht unser Gesundheitssystem vor großen Herausforderungen. Insbesondere ange­sichts der Gefahr, die von mehreren gleichzeitig auftretenden Krankheitswellen aus­geht, ist eine Erhöhung der Impfraten dringend geboten.

Apotheken könnten als niederschwellige Anlaufstellen hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Besonders eben, da diese als Anlaufstellen für Patient:innen weniger und kürzere Wartezeiten bedeuten würden und beispielsweise auch berufstätigen


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Eltern ermöglichen, ohne großen Aufwand Impfungen für sich und ihre Kinder zu er­halten. Der Blick ins Ausland, wo in über 20 Ländern zumindest Grippeimpfun­gen in Apotheken bereits erfolgreich etabliert wurden, unterstreicht die Effektivität dieses Ansatzes.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte.


11.03.20

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn es um das
geltende Berufsrecht für die MTD-Berufe geht, möchte ich schon – weil es sich auch gehört – einmal aufzählen, wer denn zu diesen Berufen, zu den geho­benen medizinisch-technischen Diensten gehört. Das sind der physiotherapeuti­sche Dienst, das sind die Physiotherapeut:innen; der medizinisch-techni­sche Laboratoriumsdienst, das sind die biomedizinischen Analytiker:innen; der radiologisch-technische Dienst, das sind die Radiologietechnolog:innen;
der Diätdienst und ernährungsmedizinische Beratungsdienst, das sind die Diäto­log:innen; der ergotherapeutische Dienst; der logopädisch-phoniatrisch-audiologische Dienst, das sind die Logopäd:innen; und der orthop­tistische Dienst, das sind die Orthoptist:innen.

Das Berufsrecht der Angehörigen der MTD-Berufe stammt aus dem Jahr 1992. Ich war relativ häufig mit Vertretern dieser Berufsgruppen zusammen
und weiß, dass sich diese eines erwarten, nämlich dass dieses Gesetz heute beschlossen wird und nicht irgendwann, weil 32 Jahre wirklich genug sind, um zu warten.

Mit diesem vorliegenden Gesetzesantrag werden wirklich wesentliche Neu­gestaltungen stattfinden, etwa die Schaffung der Möglichkeit von


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Höherqualifizierungen im tertiären Bereich, die Neugestaltung der Berufsbilder, die endlich geregelt wird, die Aktualisierung der Berufspflichten, die
Schaffung der Möglichkeit der Weiterverordnung von Arzneimitteln und Medizinprodukten – das ist jedenfalls ein ganz wichtiger Punkt, weil
die Menschen, die die Ausbildung haben, das auch können –, die Verankerung der Möglichkeit von Onlinebehandlungen und -beratungen.

Ein wichtiger Punkt ist auch die Möglichkeit des Tätigwerdens während
der Nostrifizierungs- und Anerkennungsverfahren. Was heißt das? – Dass Men­schen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, ihre Ausbildung im Aus­land gemacht haben, bereits während des Anerkennungsverfahrens arbeiten können. Das ist deshalb wichtig, weil wir jede einzelne Arbeitskraft in
diesem Bereich brauchen.

Weiters kommt es zu einer Optimierung der Verwaltungsverfahren und auch einer Änderung der Berufsausübungsregelung für Trainingstherapeut:innen.

Unterm Strich bin ich froh, dass dieses Gesetz hier heute zur Beschlussfassung vorliegt, und ich ersuche Sie um breite Zustimmung. – Danke schön.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Neu­mann. – Bitte.


11.05.45

Abgeordnete MMst. Mag. (FH) Maria Neumann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Kollegen! Meine Aufgabe ist es jetzt,
einen Abänderungsantrag einzubringen. Ich möchte ihn nur ganz kurz in drei Sätzen – ich verlese ihn dann, keine Sorge – erläutern, weil die Sorge
wegen der Anhörung der Wirtschaftskammer bestanden hat. Leider ist Herr Philip Kucher jetzt nicht anwesend, sonst könnte ich es ihm persönlich
sagen, aber vielleicht können Sie es ihm ausrichten. Sein Fachgruppenobmann,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 121

der Orthopädieschuhmacher Mirko Snajdr, wird ihm das gerne erklären, warum das wichtig ist.

Worum geht es jetzt, grob heruntergebrochen, bei den MTD-Berufen? – Die Angehörigen dieser Berufsgruppen haben das studiert, die wissen, was notwendig ist. Dass sichergestellt wird, dass die Ausführung korrekt und ordentlich gemacht wird, dafür gibt es jetzt diesen Abänderungsantrag, weil Pa­tientenschutz, Konsumentenschutz wichtig sind.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein (Abg. Greiner: Das ist
ein Affront, den Abänderungsantrag erst jetzt einzubringen):

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses 2660 der Beilagen über den Antrag 4095/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle,
Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assis­tenzberufe-Gesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des MTD-Gesetzes 2024) wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 4 wird vor der Wortfolge „nicht berührt“ die Wortfolge „sowie die den gewerberechtlichen Vorschriften unterliegenden Tätigkeiten“ eingefügt.

2. § 10 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5. im Rahmen des ergotherapeutischen Prozesses zwecks Erreichung der darin festgelegten Ziele die Entwicklung, Mitentwicklung, Herstellung und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 122

Adaptierung von Hilfsmitteln, einschließlich Schienen, Heilbehelfen und Medi­zinprodukten bzw. assistierenden Technologien für jene Personen, die
von dem/der Berufsangehörigen behandelt werden.“

3. § 19 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5. im Rahmen des physiotherapeutischen Prozesses zwecks Erreichung der
darin festgelegten Ziele die Mitentwicklung und Anpassung von Hilfsmitteln für jene Personen, die von dem/der Berufsangehörigen behandelt werden.“

4. Dem § 42 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Vor Erlassung der Verordnung ist die Wirtschaftskammer Österreich im Hin­blick auf die Abgrenzung der Kompetenzen von Physiotherapeutin­nen / Physiotherapeuten und Ergotherapeutinnen / Ergotherapeuten zu den reglementierten Gewerben gemäß § 94 Z 4 GewO 1994 anzuhören.“

Art. 2 (Änderung des Rezeptpflichtgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. Nach § 1 Abs. 1a wird folgender Abs. 1b eingefügt:

„(1b) Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind berechtigt, Arzneimittel nach Maßgabe des § 15b des Gesundheits-
und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, zu verschreiben.““

b) Nach Z 2 wird folgende Z 2a angefügt:

„2a. § 8 wird folgender Abs. 16 angefügt:

„(16) § 1 Abs. 1b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit 1. September 2025 in Kraft.““

*****


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Ich hoffe auf Ihre breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Greiner: Ja unbedingt! Das war eine wirklich tolle Rede!)

11.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses 2660 der Beilagen über den Antrag 4095/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner
und Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesund­heitsberufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert
werden (TOP 3)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des MTD-Gesetzes 2024) wird wie folgt geändert:

1.    In § 2 Abs. 4 wird vor der Wortfolge „nicht berührt“ die Wortfolge „sowie die den gewerberechtlichen Vorschriften unterliegenden Tätigkeiten“ eingefügt.

2.    § 10 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5.   im Rahmen des ergotherapeutischen Prozesses zwecks Erreichung der darin festgelegten Ziele die Entwicklung, Mitentwicklung, Herstellung und Adaptierung von Hilfsmitteln, einschließlich Schienen, Heilbehelfen und Medizinproduk­ten bzw. assistierenden Technologien für jene Personen, die von dem/der Berufs­angehörigen behandelt werden.“


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3.    § 19 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5.   im Rahmen des physiotherapeutischen Prozesses zwecks Erreichung der
darin festgelegten Ziele die Mitentwicklung und Anpassung von Hilfsmitteln für jene Personen, die von dem/der Berufsangehörigen behandelt werden.“

4.    Dem § 42 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Vor Erlassung der Verordnung ist die Wirtschaftskammer Österreich im Hinblick auf die Abgrenzung der Kompetenzen von Physiotherapeutinnen / Physiotherapeu­ten und Ergotherapeutinnen / Ergotherapeuten zu den reglementierten Gewerben ge­mäß § 94 Z 4 GewO 1994 anzuhören.“

Art. 2 (Änderung des Rezeptpflichtgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

»1a. Nach § 1 Abs. 1a wird folgender Abs. 1b eingefügt:

„(1b) Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind berechtigt, Arzneimittel nach Maßgabe des § 15b des Gesundheits-
und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, zu verschreiben.“«

b) Nach Z 2 wird folgende Z 2a angefügt:

»2a. § 8 wird folgender Abs. 16 angefügt:

„(16) § 1 Abs. 1b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit
1. September 2025 in Kraft.“«

Begründung

In § 2 Abs. 4 wird das Verhältnis zu den gewerberechtlichen Vorschriften klargestellt. Damit sollen die unterschiedlichen Rechtsvorschriften zwischen den freiberufli­chen Gesundheitsberufen und gesundheitsbezogenen reglementierten Gewerben ge­mäß § 94 GewO (z.B. Bandagist:innen, Orthopädietechniker:innen, Orthopä­dieschuhmacher:innen) voneinander abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der Kompe­tenzen der einschlägigen reglementierten Gewerbe bzw. Handwerke zu den


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Kompetenzen der Angehörigen der MTD-Berufe ergibt sich aus der für die fachge­rechte Durchführung der jeweiligen Tätigkeit erforderlichen berufsspezifi­schen Qualifikationen im Zusammenhang mit der jeweiligen zugrundeliegenden Ausbildung.

Im Hinblick auf die Abgrenzung der Physiotherapie bzw. der Ergotherapie insbesondere zum gewerblichen Beruf des Orthopädietechnikers / der Orthopädie­technikerin wird in § 10 Abs. 2 Z 5 und § 19 Abs. 2 Z 5 klargestellt, dass
vom Berufsbild des Ergotherapeuten / der Ergotherapeutin bzw. des Physiotherapeu­ten / der Physiotherapeutin – wie bereits bisher schon – die im Rahmen des ergotherapeutischen bzw. physiotherapeutischen Prozesses notwendigen Tätigkeiten ausschließlich zur Erreichung der festgelegten funktionellen Ziele der ergo­therapeutischen bzw. physiotherapeutischen Maßnahmen dienen. Unberührt davon bleibt die Tätigkeit des Orthopädietechnikers / der Orthopädietechnikerin.

Die Regelungen sind selbstredend im Sinne der Interdisziplinarität und der interpro­fessionellen Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeut:innen bzw. Ergo­therapeut:innen, Ärzt:innen und insbesondere Orthopädietechniker:innen zu sehen.

Auch für die Abgabe von durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:in­nen (weiter)verordneten Arzneimitteln in der Apotheke wird im Rezeptpflichtgesetz eine entsprechende Änderung umgesetzt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die
Debatte ist geschlossen.

Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aber (Abg. Greiner: Sehr spät!) er kann jetzt nicht abgestimmt werden, weil eine Reihe von derart kurz­fristig eingebrachten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen vorliegt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 126

Es gäbe die Möglichkeit, die Sitzung zu unterbrechen. Ich schlage aber
vor, dass wir die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt nach der Abstim­mung über den Tagesordnungspunkt 6 durchführen, denn so lange brau­chen wir, um das Croquis aufgrund dieser Kurzfristigkeit einzubringen.

Wenn Sie damit einverstanden sind, dann fahre ich jetzt ohne Abstimmung in der Tagesordnung fort.

11.10.234. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2551 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geändert wird (2661 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreu­zes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (2662 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 4
und 5, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


11.11.18

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Bei dieser Gesetzesnovelle zum Medizinproduktegesetz geht es


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weitgehend um Anpassungen aufgrund europäischer Bestimmungen. Es geht um die Ausdehnung der Übergangsfristen, die sich aus EU-Vorgaben ergeben.
Aus Sicht der Patient:innen und Anwender:innen erscheinen diese sehr großzü­gig und zeigen deutlich die Schwächen im System der Überprüfungs-
und Bescheinigungstätigkeiten der sogenannten Benannten Stellen auf. Fazit: Es können noch immer Engpässe bei Medizinprodukten drohen.

Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen, da in der Novelle vorgesehen
ist, dass Produkte unter anderen Voraussetzungen nur in Verkehr gebracht be­ziehungsweise in Betrieb genommen werden dürfen, wenn diese „kein un­annehmbares Risiko für die Gesundheit oder Sicherheit“ der Patient:innen, An­wender:innen oder „anderer Personen oder für andere Aspekte des Schut­zes der öffentlichen Gesundheit“ darstellen. So steht es im Gesetz. Weder aus dem Gesetzestext noch aus den Erläuterungen geht aber eine Defini­tion für den Begriff des unannehmbaren Risikos hervor – das aber nicht ohne ist.

Ich möchte noch auf unsere Forderungen für die Sicherstellung der Medikamentenversorgung in Österreich eingehen: Wir fordern nach wie vor eine Gesamtstrategie auf EU- und auch auf nationaler Ebene. Das Ziel muss sein, die Versorgungssicherheit mit Medikamenten in Österreich und in Europa sicherzustellen. Pharmakonzerne, die in Europa Medikamente verkaufen wollen, sollen diese zumindest auch zu einem gewissen Teil in Europa produzieren
und auch in Form einer Notreserve zurückhalten.

Auf nationaler Ebene fordern wir einen Made-in-Austria-Fonds, der mit
rund 3 Millionen Euro dotiert sein soll. Da geht es darum, dass man strategische Ziele setzt, um eine künftige Unabhängigkeit im Bereich der Medikamen­tenversorgung zu erreichen.

Die Versorgungssicherheit mit Medikamenten ist die eine Sache – ein stabiles Gesundheitssystem die andere. Durch den „Marketinggag“ der Patien­tenmilliarde, die Zerschlagung der Gebietskrankenkassen, kracht es in unserem Gesundheitssystem an allen Ecken und Enden. Die Zweiklassenmedizin


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hat bereits ein dramatisches Ausmaß erreicht. Die Wartezeiten bei Kassenärz­t:innen werden immer länger, private Zuzahlungen im Gesundheitsbereich
sind explodiert.

Wir fordern innerhalb von 14 Tagen Termingarantie bei Fachärzten,
gute Arbeitsbedingungen bei den Pflegeberufen, Verdoppelung der Zahl der Medizinstudienplätze und: Es muss wieder die E-Card statt der Kredit­karte zählen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmei­ner. – Bitte.


11.14.13

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter
Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben bei
diesen beiden Tagesordnungspunkten mehrere Beschlüsse. Das eine – das hat die Kollegin bereits ausgeführt – ist, dass es im Medizinproduktegesetz
eine Reihe von Anpassungen technischer Art an entsprechende EU-Vorgaben und -Verordnungen gibt. Das ist aus unserer Sicht eine sehr technische
Sache und daher wahrscheinlich auch mäßig spannend.

Ein bisschen spannender ist der zweite dieser zwei Tagesordnungspunkte, weil es da auf der einen Seite um die Verlängerung des Infrastrukturbeitrages
für den pharmazeutischen Großhandel geht – und damit um eine wichtige Maß­nahme, um die Versorgungssicherheit mit Medikamenten auch im heurigen
Jahr wieder gewährleisten zu können beziehungsweise sicherzustellen
und zu verbessern. Das heißt, wir unterstützen den pharmazeutischen Großhan­del bei Produkten, die sehr niedrigmargig sind, um sicherzustellen, dass
diese Produkte bei Bedarf da sind und eingelagert sind und dass das Ganze auch halbwegs kostendeckend für den Großhandel stattfindet.


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Was man vielleicht dazusagen muss: Auch neu mit dem heurigen Jahr ist
ein Monitoring- und Prognosesystem, das auf Echtzeitdaten zurückgreifen wird und es uns damit erleichtern wird, Engpässe et cetera früher und schneller
zu erkennen und auch rascher gegenzusteuern.

Das Zweite bei diesem Tagesordnungspunkt ist, dass wir damit eine
Situation oder eine Leistung des Roten Kreuzes rechtlich klarstellen. Es geht darum: Das Rote Kreuz übernimmt in sehr vielen Bereichen in Österreich
die kostenlose Ausgabe von Medikamenten für Menschen in prekären Situatio­nen. Was kann man sich darunter vorstellen? – Menschen, die obdachlos
sind; Menschen, die vielleicht keine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich ha­ben, die nicht in unserem System erfasst sind; Menschen, die am Rande
der Gesellschaft sind, die aber natürlich genauso auch medizinische Behandlung brauchen, die Medikamente brauchen.

Da hat das Rote Kreuz schon seit Jahren die kostenlose Ausgabe von Grundmedikamenten, wenn man so möchte, übernommen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, das ist eine wichtige Dienstleistung für dieses Men­schen, die beispielsweise über Ambermed über das Neunerhaus hier in Wien stattfindet. Wir stellen klar, in welchem rechtlichen Rahmen das in Zu­kunft erfolgen soll. Es ist ein wichtiger Part für diese Menschen und es ist aus meiner Sicht ein Zeichen von Humanität, und daher möchte ich auch um
Ihre Zustimmung bitten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


11.17.11

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in dieser gemeinsamen Debatte dieser zwei Tages­ordnungspunkte drei Gesetzesnovellen, über die wir debattieren.


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Der erste Punkt ist eine Novelle des Medizinproduktegesetzes. In diesem Punkt muss man sagen: Ja, wir stehen in der Praxis in der Versorgungsrealität tatsächlich vor dem Problem, dass viele Medizinprodukte die notwendige Wei­terzertifizierung beziehungsweise teilweise auch Neuzertifizierung nicht bekommen können, weil die sogenannten Benannten Stellen heillos überfordert sind.

Für mich ist das ein Paradebeispiel für zwei Dinge: erstens überbordende
und nicht konsequenzenbedachte EU-Politik – daher stammt die Richtlinie, die diese Probleme verursacht hat. Der zweite Punkt ist allerdings, dass diese Richtlinie ja schon vor mehreren Jahren beschlossen worden ist und die Bundes­regierung im Endeffekt säumig war, das in den vergangenen Jahren zeitnah umzusetzen – und auf den letzten Drücker Übergangsbestimmungen und Adap­tierungen vornehmen muss, die eben auch wieder nicht vollständig durch­dacht sind. Deshalb werden wir dieser Gesetzesnovelle auch unsere Zustimmung verweigern.

Das zweite Gesetz, das hier behandelt wird, ist das Bundesgesetz zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. Auch da zeigt sich, dass die Bundes­regierung eine Ad-hoc-Maßnahme nach der anderen trifft – die aber
leider Gottes vielfach an der Realität vorbeigehen und das gewünschte Ziel na­türlich nicht erreichen.

Wenn wir daran denken, was die Bundesregierung bis dato beschlossen
hat und was sie jetzt aktuell plant: Wir sehen auf der einen Ebene eine Wirk­stoffbevorratung durch die pharmazeutischen Großhändler. Das ist wun­derbar; da stehen dann Großgebinde mit Antibiotikapulver in den Regallagern des pharmazeutischen Großhandels.

Keiner hat sich überlegt, wie sie diese Wirkstoffpulver dann tatsächlich
zur Anwendung bringen, denn sie müssen sie portionieren, sie müssen sie in kleinere Gefäße bringen, sie müssen sie in weiterer Folge gebrauchs-


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fertig machen. Das Pulver kann ja keiner direkt essen. Da hat sich keiner mit­überlegt, wie das passieren soll. Das könnte eigentlich nur auf Ebene
der öffentlichen Apotheken mit entsprechenden Laboren für die magistrale Herstellung oder in Krankenanstalten stattfinden. Daran hat man nicht gedacht.

Das Zweite war ein Sicherungsbeitrag für den pharmazeutischen Groß­handel, der eigentlich notwendig war, weil die Kostenstrukturen nicht mehr gepasst haben – weil die Transport-, die Energie-, die Personalkosten,
die Lagerkosten viel zu hoch geworden sind, auch die Finanzierungskosten bei den sehr teuren Arzneimitteln. Dann hat man gesagt: Na ja, ihr lagert eh
die Antibiotikapulver und ähnliche Sachen ein, dann zahlen wir euch dafür einen Betrag und der deckt alles andere auch ab! – Bürokratisch begrenzt,
ursprünglich auf ein Jahr, dann auf das zweite Jahr verlängert – das ist keine strukturelle Maßnahme, keine nachhaltige Sicherung in der Versorgung, sondern wieder häppchenweise Anlassgesetzgebung, mit der das Problem verschoben, aber nicht gelöst wird.

Jetzt kommt eine Bevorratungspflicht für die Inverkehrbringer beziehungsweise für die Hersteller neu dazu. Auf der obersten Ebene wird jetzt vorgeschrie­ben, dass größere Arzneimittelspezialitäten vorrätig gehalten werden
müssen. Nur wissen wir seit der Coronazeit, dass diese übergeordneten Zentral­lager der Hersteller eben nicht entsprechend verteilt, oft nicht einmal in Österreich sind und eine Verteilung dieser Vorräte sehr schwierig oder im Kri­senfall unter Umständen gar nicht möglich ist.

Das heißt, eine Bevorratungsverpflichtung besteht per Gesetz ja schon
jetzt für den vollsortierten pharmazeutischen Großhandel, aber auch für die öf­fentlichen Apotheken. Das wären jene Strukturen, die flächendeckend
verteilt sind und die auch über die Logistik verfügen, um diese Arzneispeziali­täten tatsächlich an die Bevölkerung zu verteilen. Genau dort bevorratet
man aber natürlich nicht, sondern eine Ebene weiter oben, unter Umständen vielleicht sogar im Ausland, worauf wir im Krisenfall gar keinen Zugriff
haben.


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Sie sehen, auch diese Maßnahmen sind wieder einmal nicht umfang­reich bedacht. Das Problem ist richtig identifiziert, die Lösung ist leider Gottes ungeeignet, Herr Minister. Ich habe auch schon versucht, das Ihrer Sektionschefin in der letzten Ausschusssitzung zu erklären. Vielleicht könnte man auch das noch einmal überarbeiten.

Das dritte Gesetz, das auch eine typische Anlassgesetzgebung ist oder
auf Lobbying basiert, ist eine Novelle des Rotkreuzgesetzes. Ja, das Österreichi­sche Rote Kreuz übernimmt ganz wichtige soziale und auch versorgungs­relevante Aufgaben in Österreich – aber so, wie Sie jetzt planen, das Ganze zu reformieren, machen Sie nichts anderes, als das gesamte Arzneimittel­gesetz zu torpedieren. Sie schaffen da eine Gesetzesnovelle, eine Ausnahmere­gelung, die einem anderen Gesetz widerspricht. Da hilft auch der Abände­rungsantrag, den Sie jetzt eingebracht haben oder einbringen werden, nicht weiter. Das funktioniert nicht. Es gibt eine klare gesetzliche Regelung in Österreich, wie Arzneimittel sicher verteilt werden und an den Patienten ge­bracht werden können.

Mit dem Gesetz, das Sie jetzt hier verabschieden wollen, schaffen Sie
eine Ausnahmebestimmung, einen Ausnahmetatbestand, der im Endeffekt, wenn man es zynisch betrachtet, bedeutet, dass die Arzneimittelsicherheit für
sozial Bedürftige nicht so streng gehandhabt wird und nicht so viel wert ist wie für alle anderen Patienten in diesem Land. Das ist schäbig, das ist eine Ausnahmelösung, die eigentlich zulasten der Betroffenen geht und die über­flüssig ist.

Wenn es denn so wichtig wäre, dass zum Beispiel ein Direktbezugsrecht für das Österreichische Rote Kreuz etabliert werden sollte und eine Direktversor­gungsmöglichkeit da ist, dann müssten Sie das Österreichische Rote Kreuz als öffentliche Behörde titulieren. Öffentliche Behörden dürfen direkt Arznei­mittel einkaufen und verteilen. Dann können Sie das machen – oder Sie lassen das Österreichische Rote Kreuz, ähnlich wie zum Beispiel auch das öster­reichische Bundesheer, die Gesetze einhalten. Dann muss man halt


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eine Anstaltsapotheke machen oder sich um eine Apothekenkonzession bemü­hen. Dann kann man diese Verteilung rechtskonform durchführen.

Sie brechen die Systematik, Sie schaffen Ausnahmetatbestände und im End­effekt schaffen Sie auch in diesem Bereich mehr Unsicherheit als Sie überwinden. (Beifall bei der FPÖ.)

11.23


Präsidentin Doris Bures: Der Ausdruck „schäbig“, Herr Abgeordneter, hat an sich keinen Platz hier im Hohen Haus.

Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.23.10

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Plenum! Werte Zuseher hier
auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Die Versorgung mit Arzneimitteln ist uns einfach wichtig, denn sie soll in einer Vielfalt und in einer ausrei­chenden Form gewährleistet sein. Wir haben bereits Engpässe gehabt und daher wollen wir diesbezüglich vorsorgen.

So gibt es drei Gesetzentwürfe. Der eine ist die Anpassung des Medizin­produktegesetzes, was eigentlich eine Umsetzung des EU-Rechts ist, bei dem es auf der einen Seite darum geht, Gültigkeiten von Bescheinigungen zu ver­längern und einen Übergangszeitraum für das Inverkehrbringen festzulegen. Auf der anderen Seite geht es aber auch darum, Qualität und Sicherheit zu gewährleisten und die Marktüberwachung zu vereinfachen.

Bei einem weiteren Punkt geht es um den sogenannten Infrastruktursicherungs­beitrag bei Arzneimittelgroßhändlern, den es ja schon gibt und der jetzt
eben um ein Jahr bis 31. August 2025 verlängert werden soll.

Dadurch wird die Medikamentenversorgung – vor allem von Produkten mit ei­nem geringeren Preis – gewährleistet, denn da würde aus Rentabilitäts­gründen vielleicht das eine oder andere Medikament nicht mehr angeboten. Das


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ist besonders wichtig für ältere Leute, die sehr viele von diesen Medika­menten nehmen; aber das sind auch die Medikamente, die zuerst ausgehen oder bei denen es zu längeren Wartezeiten kommt, wie wir gesehen haben.
Daher ist die Verlängerung notwendig.

Der dritte Punkt bezieht sich auf das Rotkreuzgesetz. Es gibt 8,8 Millionen Men­schen, die krankenversichert sind, und die Sozialversicherungsstationen
sagen uns, dass es ungefähr 25 000 Menschen ohne Versicherung gibt. Wer sind diese Menschen, wer gehört dazu? – Das sind zum einen Obdachlose,
zum anderen Studentinnen oder Studenten, die ihren Leistungsnachweis nicht erbracht haben, oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. Da
sind aber auch Kinder dabei. Jenen gibt das Rote Kreuz jetzt schon kostenlose Medikamente; das soll eben künftig rechtlich abgesichert werden. Das
ist eine wichtige und gute Sache, denn damit schließen wir eine Gesetzeslücke.

In diesem Sinne möchte ich mich auch noch ganz, ganz herzlich beim
Roten Kreuz bedanken, bei allen Hauptberuflichen, allen Zivildienern und allen Ehrenamtlichen, die da tätig sind und Großartiges leisten. Alles Gute!
Wir werden diesen Gesetzen die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.26.08

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr
geehrter Herr Bundesminister! Kollegin Diesner-Wais hat den Infrastruktursi­cherungsbeitrag angesprochen. Dafür, dass Medikamente gelagert
werden, bekommen die, die sie lagern, eine Abgeltung. Die zeitliche Befristung galt bis heuer, und jetzt wird sie um ein Jahr verlängert. Das zeigt nur,
dass das Ministerium das Problem, nämlich die Sicherstellung der Medikamen­tenversorgung, nicht gelöst hat – und ich glaube, in Ihrem Haus verkennt
man die Situation. Österreich ist nämlich ein Niedrigpreisland, was Medikamente


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anbelangt. Das heißt, die österreichische Sozialversicherung zahlt im internationalen Vergleich besonders wenig für Medikamente, die die Versicher­ten bekommen sollen.

Wir sind ein kleines Land, das wenig zahlt. Sie können sich vorstellen,
das ist kein attraktiver Kunde für ein Unternehmen, das innovative Produkte zur Verfügung stellen soll. Wenn dann die, die diese Medikamente herstellen,
und die, die sie über den Großhandel zur Verteilung bringen, wenig Geld dafür bekommen, stellt sich für viele die Frage: Wollen wir dieses billige Pro­dukt überhaupt noch an die Österreicher liefern? Für den Hersteller und für den Großhandel stellt sich die Frage: Will man oder kann man betriebswirt­schaftlich um diesen geringen Beitrag ein Medikament überhaupt zur Verfügung stellen? Wenn das nicht gelöst wird, dann fehlt den Patientinnen und
Patienten das, was sie gesundheitlich brauchen.

Sie hanteln sich jetzt um ein Jahr weiter und befristen halt wieder diesen Infra­struktursicherungsbeitrag; aber was die Medikamentenversorgung in
Österreich generell angeht, bleibt das Problem ungelöst. Dann wird in dasselbe Gesetz etwas ganz anderes hineingewurstet, aber das ist eh schon egal,
nicht? Gesetze werden ähnlich wie Extrawürste in einer Metzgerei gemacht. Da kommt halt irgendetwas hinein, was gerade übrig ist – und jetzt kommt
zum Roten Kreuz noch etwas hinein, nämlich die Abgabe von Medikamenten an Bedürftige.

Zwar sollen natürlich alle Menschen, die Medikamente brauchen, diese
auch bekommen, aber die Frage, wer bedürftig ist, ist nicht geklärt. Das steht nicht im Gesetzentwurf. Ja, es gibt Menschen, die nicht versichert sind – aber es steht nicht im Gesetzentwurf drin, das Rote Kreuz soll diese Produkte an Menschen abgeben, die nicht versichert sind. Es steht drin Bedürftige. Wer be­dürftig ist, ist bekanntlich strittig, weil auch Ihr Ministerium jede Woche
eine neue Armut bekanntgibt: Energiearmut, Ernährungsarmut, Periodenarmut. Da kommt immer etwas Neues daher. Bedürftig ist man schnell einmal.
Wenn Babler auf die Idee kommt, die Leute zum Roten Kreuz zu schicken, weil


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sie bedürftig sind, wie entscheidet man dann, wer etwas bekommt und wer nicht? Das ist ein schlecht gemachtes Gesetz.

Abgesehen davon wird dort kein Apotheker vorhanden sein. Es ist jetzt ein Konsiliarapotheker vorgesehen, aber es geht ja bei Medikamenten
um Wechselwirkungen, ob der Patient sie verträgt und welche anderen Medika­mente er einnimmt. Das ist nicht sichergestellt.

Es ist ja das Rote Kreuz nicht die einzige Einrichtung, die karitativ tätig
ist – aber das Rote Kreuz bekommt jetzt für diese Form der Medikamentenabga­be ein Monopol. Warum bekommt das das Rote Kreuz? – Weil es in Wahr­heit eine ÖVP-Teilorganisation ist, und darum kriegen die eine Ausnahme. (Beifall bei den NEOS. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.29


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda. – Bitte.


11.29.42

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Loacker, ich bin beim Roten Kreuz, und es ist keine Teilor­ganisation der ÖVP. Ich kann das aus vielen, vielen eigenen Erlebnis­sen zu 100 Prozent bestätigen. Es geht nämlich nicht alles, so wie man glaubt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das sagt eine ÖVP-Abgeordnete! –
Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich möchte in dieser Debatte die Redezeit besonders dem Teil des Medizinpro­duktegesetzes widmen, der sich auf das Rotkreuzgesetz bezieht. Ich
möchte – gerade auch weil Sie das über bedürftig gesagt haben, Herr Loacker – mit der Frage beginnen: Was macht eine lebenswerte Gesellschaft aus? –
Dass sie sich um die Randgruppen kümmert, um Menschen im
Abseits, mit Krankheit und Armut – das ist alltägliche Routine –, um Menschen ohne Versicherungsschutz. (Abg. Loacker: So steht es nicht im Gesetz!)


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Diese Aufgabe übernehmen nun einmal seit Jahrzehnten humanitäre Organisa­tionen. Sie ermöglichen Menschen ohne Obdach kostenlos Zugang zur medizinischen Versorgung und bieten eine mobile, aber auch stationäre Basis und ein Erstversorgungsinstrument an.

Ich kann Ihnen das am Beispiel der Medcare in Tirol sagen, bei der auch ein Arzt im Hintergrund ist – Sie haben die Wechselwirkungen angesprochen. Die Medcare in Tirol ist ein Gemeinschaftsprojekt von Rotem Kreuz und Caritas Ti­rol. Sie versorgt seit 2013 Menschen aus diesen sozialen Randgruppen.
Sie steht mit ihrem Auto dort, und man sieht wirklich ganz offensichtlich: Men­schen, die dort hinkommen, sind Randgruppen, sind vulnerabel, sind
definitiv bedürftig.

Zu dieser medizinischen Basisversorgung im Rahmen der humanitären Aufgaben, die ja das Österreichische Rote Kreuz per Gesetz und per Statut hat, gehö­ren natürlich auch die unentgeltliche Abgabe von Medikamenten an Bedürftige und auch die Vorratshaltung aller Arzneimittel. (Abg. Kaniak: Die Abgabe
ist ja ...!)
Bei der Abgabe von Medikamenten in diesen schwierigen Lebenslagen und ohne Krankenversicherung ließ die geltende Gesetzeslage keinen
Spielraum. Die Abgabe von Arzneimitteln unterliegt ja dem Apothekenvorbehalt.

Die heute zur Abstimmung kommende Einfügung im Rotkreuzgesetz
gibt nun Rechtssicherheit, und auch das Österreichische Rote Kreuz und seine eigenständigen Vereine sind dann befugt, im Rahmen ihrer humanitären Aufgaben Arzneimittel unentgeltlich an Bedürftige abzugeben und für diese Zwecke – und darum geht es – auch notwendige Vorräte an Arzneimit­teln zu halten. (Abg. Deimek: Was sagt denn eigentlich der Minister dazu? Ist der jetzt auch Rot-Kreuz-Chef? Der sagt nichts dazu!) Die dürfen von Groß­händlern und von Herstellern gekauft werden, aber insbesondere auch durch Medikamentenspenden bezogen werden. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufbewahrung liegt ab Übernahme der Arzneimittel beim Roten Kreuz.


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Den Bedenken der Apotheken, die wir im Ausschuss natürlich sehr wohl wahr­genommen haben, dass mit dieser Gesetzesänderung der Apothekenvor­behalt ausgehebelt wird und Arzneimittel vielleicht irgendwann einmal in Droge­riemärkten und im Internet beziehbar sein können, wird mit folgendem Ab­änderungsantrag Rechnung getragen, den ich hiermit einbringe:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alexandra Tanda, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und
das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (2662 dB) (TOP 5)

Aufgrund der Länge des Antrages – er wurde verteilt – möchte ich die inhaltlich wesentlichen Punkte des Antrages kurz erläutern.

Durch diesen Abänderungsantrag wird gewährleistet, dass das Österreichische Rote Kreuz und seine eigenständigen Zweigvereine zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung einen Konsiliarapotheker zu bestellen haben. Die Bestellung muss auch von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigt
werden, und die Überprüfung der Rot-Kreuz-Zweigstelle hat vierteljährlich zu erfolgen. Sollte das nicht funktionieren, nicht stimmen, sind hohe Geld­strafen zu verhängen: 3 500 Euro und im Wiederholungsfall bis zu 7 000 Euro.

*****

Ich bitte daher um breite Zustimmung zum Abänderungsantrag und zum Antrag. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 139

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alexandra Tanda, Ralph Schallmeiner,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstel­lung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über die Aner­kennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz - RKG) geändert wird (2662 dB) (TOP 5)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

a) In Artikel 2 Z 1 lautet § 2 Abs. 5 wie folgt:

„(5) Das Österreichische Rote Kreuz und seine Zweigvereine sind befugt, im
Rahmen ihrer humanitären Aufgaben Bedürftige nach Sicherstellung einer pharma­zeutischen Beratung unentgeltlich mit Arzneimitteln zu versorgen und die für
diese Zwecke notwendigen Vorräte an Arzneimitteln zu halten. Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur, Arzneimittel-Großhändler oder Apotheken an
das Österreichische Rote Kreuz bzw. seine Zweigvereine abgegeben werden. Diesfalls gelten die Arzneimittel im Sinne der arzneimittelrechtlichen Vorschriften als abgegeben.“

b) Artikel 2 werden nach Z 1 folgende Z 1a und 1b eingefügt:

„1a. Dem § 2 wird folgender Abs. 6 angefügt:

,(6) Das Österreichische Rote Kreuz und seine Zweigvereine haben zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung gemäß Abs. 5 einen Konsiliarapotheker zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 140

bestellen. Dieser hat die Arzneimittel hinsichtlich der vorschriftsmäßigen Aufbewah­rung und Beschaffenheit mindestens einmal vierteljährlich zu überprüfen und allfällige Mängel der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Zum Konsiliarapotheker darf nur ein Magister der Pharmazie bestellt werden, der die Berechtigung zur Ausübung der fachlichen Tätigkeit im Apothekenbetrieb nach erfolgter praktischer Ausbildung erlangt hat und zumindest im überwiegenden Ausmaß in einer inländischen Apotheke tätig und in der Lage ist, die genannten Aufgaben zu erfüllen. Die Bestellung bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde.‘

1b. Dem § 9 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

,(7) Wer den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 und 6 zuwiderhandelt, begeht eine Ver­waltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 500 Euro, im Wie­derholungsfall bis zu 7 000 Euro, zu bestrafen.

(8) Wer den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 und 6 zuwiderhandelt und dadurch eine schwerwiegende Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit einer Person herbei­führt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe
bis zu 10 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 20 000 Euro, zu bestrafen.‘“

Begründung

Diese Änderungen dienen der apotheken- und arzneimittelrechtlichen Klarstellung, insbesondere des Verhältnisses des RKG zum AMG. Dabei ist § 2 Abs. 5
RKG lex specialis zu § 57 AMG. Insofern gelten die nach § 2 Abs. 5 RKG vom Her­steller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler bezogenen Arzneimittel arzneimittelrechtlich als abgegeben und unterliegen in weiterer Folge nicht mehr den Regelungen des AMG. Im Übrigen sind in diesen Fällen nach den arzneimittel­rechtlichen Bestimmungen die genannten pharmazeutischen Unternehmen für die Deaktivierung der Sicherheitsmerkmale verantwortlich, weshalb aufgrund
der gegenständlichen Anpassungen auch der Verweis auf die AMBO entfallen kann.

Zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und der Qualität des Arzneimittelvorrats sieht § 2 Abs. 6 RKG – nach dem Vorbild des § 20 KAKuG – die


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Bestellung eines Konsiliarapothekers vor. Abs. 7 und 8 sehen für den Fall von Ver­stößen Verwaltungsstrafen vor, die an § 41 ApoG angelehnt sind.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er wurde verteilt und in den Grundzügen erläutert.

Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.34.38

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich fange mit dem letzten Punkt an und möchte auf Kollegen Loacker antworten und erklären, worum es überhaupt geht.

Es gibt in Österreich Menschen, die nicht sozialversichert sind – so
weit, so schlecht. Diese können aber in weiten Bereichen nichts dafür. Jetzt gibt es in Österreich dankenswerterweise Einrichtungen, die sich um diese
Menschen kümmern, die Caritas, das Rote Kreuz, die Johanniter, eine ganze Rei­he von Sozialeinrichtungen quer durch die Landschaft.

Auch in Wien gibt es eine solche Einrichtung, die nennt sich Ambermed.
Bei Ambermed finden Menschen ein Angebot von 80 ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten, die dort freiwillig Dienst machen, das heißt, die gesundheitliche Versorgung sicherstellen. Angegliedert an diese Einrichtung ist die Abgabe von Medikamenten. Diese Medikamente werden nicht von den Steuerzahlern finanziert, sondern sind Spenden des Großhandels und werden dort abgegeben. Die kostenfreie Abgabe dieser Medikamente an Menschen ohne Versiche­rung war bisher im Graubereich oder illegal. Das heißt, die Menschen, die dort tätig waren, standen mit einem Fuß im Kriminal.

Allein in Wien werden über diese Stelle 4 000 Kinder ohne Versicherung behan­delt und betreut und bekommen Medikamente. Ich konnte es nicht zulas­sen – das wäre die Konsequenz, sie hätte geschlossen –, dass diese Einrichtung,


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nur weil die Gesetzeslücke besteht, schließt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt schaffen wir Rechtssicherheit und Klarheit. Die Medikamente können an Menschen abgegeben werden, die sie sonst nicht bekommen, und es ist
auch – Herr Kollege Loacker und Herr Kollege Kaniak – immer ein Apotheker anwesend. Wer den Menschen das verwehrt und hier nicht zustimmt,
hat nicht nur kein Herz für diejenigen, die es sich nicht leisten können, sondern gefährdet die gesundheitliche Versorgung von Menschen, die sie sich
sonst nicht leisten können. Das kann man nicht machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Bevorratung von Medikamenten: Wir haben in diesem Haus schon
öfter darüber diskutiert, und es gibt in allen Redebeiträgen, die jetzt gehalten worden sind, Teile, denen man zustimmen kann, und Teile, die sich ein
bisschen anders darstellen. Unzweifelhaft ist es so, dass sich alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, was die Medikamentenversorgung angeht, in einer großen Abhängigkeit von einzelnen Herstellern von Wirkstoffen befinden, die in Ostasien beheimatet sind. Unsere Abhängigkeit ist riesig, und deshalb ver­sucht die Europäische Union als Gesamtes, dem entgegenzutreten.

Deshalb gibt es auch Bestrebungen im Bereich der Europäischen Union, einen Rahmen auf den Weg zu bekommen, wie das geregelt wird, denn es ist
die pharmazeutische Industrie mit all ihren Segnungen schon auch ein Bereich, wo gutes Geld verdient wird. Das ist auch okay, aber dieses Geld muss
auch aufgebracht und bezahlt werden.

Wir haben zwei Entwicklungen im Bereich der Medikamente, die unterschiedlich zu betrachten sind. Ja, im Bereich der niedrigpreisigen Medikamente ist die Situation so, dass die Preisgestaltung dort so ist, dass oftmals die Rentabilität für die Hersteller nicht mehr da ist. Das heißt, es ist ein Thema, wie wir die Abgeltung im Niedrigpreissektor gestalten. Bei den hochpreisigen Medikamen­ten haben wir eine gegenteilige Entwicklung, dort laufen die Kosten
aus dem Ruder. Das heißt, die beiden Bereiche sind auch getrennt zu betrachten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 143

Wenn jetzt der Bundesregierung vorgeworfen wird, wir tun da nichts,
dann darf ich daran erinnern, dass die Bundesregierung bei einem der letzten Werke, die Antibiotika in Europa herstellen, nämlich in Tirol, eine Förde­rung von 50 Millionen Euro auf den Weg gebracht hat, wobei die Kommission sich zunächst geweigert hat, diese 50 Millionen Förderung zu genehmi­gen. Das ist jetzt mit der Folge durch, dass dort über 200 Millionen Euro inves­tiert werden. Das heißt, dort wird ein Beitrag für die Sicherstellung
der Versorgung geleistet, nicht nur für Österreich, sondern für Gesamteuropa. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was wir brauchen ist erstens die Bevorratung, und das tun wir, dort hinzu­geben, wo man es kann: Das ist im Großhandel. Dass das Kosten verursacht und abgegolten wird, ist auch klar. Das wird so lange Platz greifen, bis auf der europäischen Ebene – diese Bemühungen werden im heurigen Jahr
und im nächsten Jahr abgeschlossen werden – eine Pharmalegislative auf den Weg gebracht wird, die dieses Problem an der Wurzel fasst. Das heißt,
im Gegenteil zu dem, was behauptet wird, machen wir die Dinge, die wir im eigenen Land machen können, und setzen uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass eine Gesamtregelung Platz greifen kann.

Letzter Punkt: Ja, wir kümmern uns um diejenigen, die sich eine Versor­gung sonst nicht leisten können: Beispiel Ambermed. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mario Lindner zu Wort. – Bitte.


11.39.23

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich habe Ihnen jetzt zugehört und muss Ihnen ehrlich sagen, jetzt hat es
mich fast vom Sessel gehaut. Sie haben gesagt, 4 000 Kinder sind allein in Wien


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nicht versichert. Meine Damen und Herren, das ist ein unglaublicher
Skandal, und ich frage mich wirklich, was die Bundesregierung dagegen macht. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand – und vor allem Kinder nicht – darf von Gesundheitsleistungen ausgeschlossen werden. Daher bin ich der felsenfesten Meinung, dass die Kin­dergrundsicherung inklusive der Gesundheitsleistungen wirklich das
Gebot der Stunde ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, zu TOP 5, Rotkreuzgesetz und Arzneimittelgesetz: Man muss zusammenfassen, dass eine jahrzehntelange Praxis jetzt im
Endeffekt gesetzlich geregelt wird, also so quasi weg vom Graubereich hin zu einer gesetzlichen Regelung. Das finden wir gut, was sich diese Bundes­regierung aber schon vorwerfen lassen muss: Es hat wieder einmal keine Begut­achtung gegeben. Ich bin der Meinung, das geht sich so einfach nicht aus.
(Beifall der Abgeordneten Greiner und Holzleitner.) Wenn wir ordentliche Gesetze wollen, dann brauchen wir auch eine ordentliche Begutachtung.

Herr Bundesminister, die Apothekerkammer hat ein Gutachten eingebracht, laut dem es massive verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Daher werden wir
dem Rückverweisungsantrag der Freiheitlichen Partei unsere Zustimmung ge­ben, auch wenn durch den Abänderungsantrag einige Bedenken ausge­räumt wurden.

Herr Bundesminister, im Gutachten steht: Eine generelle Ausnahme des Arznei­mittelbezugs durch das Rote Kreuz vom Apothekenvorbehalt konter­kariert zentrale Ordnungsprinzipien des Arzneimittelrechts und wirft dadurch massive verfassungsrechtliche Bedenken auf. – Ich frage Sie erstens,
was Sie dazu sagen, und zweitens: Könnten Sie diese Bedenken ausräumen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir gerade beim Roten
Kreuz sind, bringt mich das zur Rettung, das bringt mich zu Einsatzorganisa­tionen; und weil wir gestern auch über den Katastrophenschutz diskutiert haben:


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Ende März, Anfang April gab es in meiner Gemeinde drei Tage lang einen Waldbrand, in der Nachbargemeinde Wildalpen 21 Tage lang einen Waldbrand. Die zwei Gemeinden sind in den KAT-Dienst gefallen. Ich erinnere auch an
die Unwetterkatastrophen im Burgenland oder in der Steiermark.

Ich meine das jetzt überhaupt nicht böse, aber wir müssen uns diese Regelungen für die Freiwilligen in den Einsatzorganisationen, ob das Rotes Kreuz, frei­willige Feuerwehr, Bergrettung, Wasserrettung oder was auch immer ist, noch ein bisschen genauer anschauen, weil sie nämlich mit unglaublich großen bürokratischen Hürden verbunden sind. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass die Feuerwehren das Geld, das für den KAT-Dienst ausgegeben worden ist, vorfinanzieren müssen, sprich die Feuerwehr meiner Gemeinde hat den KAT-Dienst also zahlen müssen. Das ist sich bei drei Tagen noch ausgegan­gen, aber das geht sich bei 21 Tagen, so wie es in Wildalpen war, nicht mehr aus.

Daher, meine Damen und Herren, wird auch mein Kollege Beppo
Muchitsch heute einen Entschließungsantrag einbringen: „Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern!“ – Ich bedanke
mich bei allen Einsatzkräften, die uns in diesen Tagen zur Seite stehen.
(Beifall bei der SPÖ.)

11.42


11.42.44

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag
getrennt vornehme.

Es liegt ein Rückverweisungsantrag zu Tagesordnungspunkt 5 des Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor. Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf in 2662 der Beilagen nochmals an den Gesund­heitsausschuss zu verweisen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Kucher: Das wäre so wichtig gewesen! – Abg. Voglauer: Das EGG ist wichtig!)

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 2551 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit
Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundes­gesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes
und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes geändert wird, in 2662 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tanda, Schallmeiner, Kolleginnen und
Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Zusatzantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Tanda, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

11.45.096. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2530 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012,
das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Epidemiegesetz 1950,
das Patientenverfügungs-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geändert werden (2663 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zum 6. Punkt unserer
heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


11.45.47

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, das ist wieder eine
sehr umfangreiche Materie, und es ist klar, dass die Digitalisierung
gerade im Gesundheitswesen viele Veränderungen mit sich bringt und dass es dabei natürlich auch die Möglichkeit für tatsächliche Verbesserungen gibt.

In Österreich gibt es aber das Phänomen, dass wir diese Digitalisierung nicht nur äußerst komplex – um nicht zu sagen: kompliziert – umsetzen, sondern dass


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sich da in den verschiedenen Gesetzen, vor allem auch im Gesundheitstelematik­gesetz, Dinge einschleichen, die beim besten Willen nicht nachvollziehbar sind.

Eine der digitalen Innovationen der vergangenen Jahre, die hier heute beschlossen und geändert werden, ist der sogenannte elektronische Impfpass, der E-Impfpass. Der soll jetzt aus seinem Probebetrieb in den Vollbetrieb übergehen. In der Gesetzesnovelle kann man interessanterweise lesen, dass die Verantwortlichkeit über dieses Datensilo, diese Sammlung an Gesundheits­daten über den Impfzustand jedes einzelnen Österreichers und jeder einzelnen Österreicherin, von der Elga GmbH an das Gesundheitsministerium
übertragen wird.

Jetzt frage ich mich – oder vielleicht stellen Sie sich die Frage selber –: Was machen personenbezogene Gesundheitsdaten im Gesundheitsministe­rium? Wir Freiheitliche sagen: Das hat dort schlicht und ergreifend nichts verloren! – Deshalb werden wir dieser Novelle auch nicht zustimmen.

Es finden sich aber noch weitere Absurditäten in der Novelle. So sollen zum Beispiel Impferinnerungen zukünftig für 30 Jahre gespeichert werden.
Das ist sehr interessant. Eine Impferinnerung soll ja vom System automatisch ausgelöst werden, wenn eine von der Impfkommission empfohlene Auffrischungsimpfung nicht fristgerecht erfolgt ist und im elektronischen Impfpass nicht eingetragen ist.

Stellen Sie sich vor, Sie lassen sich gegen Zecken impfen; eine Impfung, die in Österreich sehr populär ist, die FSME-Impfung. Die sollten Sie alle fünf
Jahre auffrischen. Nach fünf Jahren kriegen Sie eine Erinnerung, dann vielleicht nach sechs Jahren eine Erinnerung, nach sieben Jahren eine Erinnerung,
nach acht Jahren eine Erinnerung. Der Impfplan sieht aber vor, dass Sie sich für die Auffrischung bis zu zehn Jahre Zeit lassen können, da geht die Booster­impfung noch immer. Selbst wenn Sie gestorben sind, bleiben diese Daten, bleibt jedes einzelne Erinnerungsschreiben noch 30 Jahre lang im System gespei­chert. Was soll denn das für einen Sinn haben, Herr Minister? Also das erschließt sich mir überhaupt nicht.


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Gleichzeitig beschränken Sie aber den Zugriff durch Stellen, die mit den Gesundheitsdaten arbeiten sollen, zum Beispiel die öffentlichen Apotheken, auf 28 Tage nach Stecken der Patienten-E-Card. Das ist ein Zeitraum, in dem
Sie viele Impfungen zum Beispiel gar nicht fristgerecht eintragen können, weil die Impfschemata längerfristig angelegt sind. Denken Sie zum Beispiel an
eine Hepatitisimpfung oder Ähnliches. Da ist der Abstand zwischen den Impfun­gen deutlich größer. Da bräuchten Sie eigentlich ein Jahr lang eine Zugriffs­möglichkeit, um das alles eintragen zu können, ohne dazwischen erneut
die E-Card stecken zu müssen. Sie sehen: Das ist vollkommen inkonsequent.

Im Endeffekt geht es offensichtlich um eine Datensammlung, um eine Sammlung von Gesundheitsdaten im Ministerium. Die tatsächliche Funktionsfähigkeit
des Systems und die tatsächlichen Benefits, die diese Novelle betreffend Digita­lisierung bedeuten könnte, finden sich nicht. Deshalb lehnen wir dieses
Gesetz ab. (Beifall bei der FPÖ.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmei­ner. – Bitte.


11.49.15

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ganz speziell möchte ich die
über 60 Gäste meiner Kollegin Uli Böker aus Ottensheim begrüßen, die heute anwesend sind. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und FPÖ.) Uli Böker ist ja
nicht nur eine Kollegin von mir, sondern ist auch ehemalige Bürgermeisterin von Ottensheim.

Kommen wir zum GTelG beziehungsweise eben zu der Novelle, zu der
ich noch gleich zu Beginn einen Abänderungsantrag von mir und von Kollegen Dr. Werner Saxinger einbringen möchte.


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Es geht dabei darum, dass wir noch ein paar redaktionelle Versehen
bereinigen, beziehungsweise bei der Frage der Impferinnerungen darum, dass die im E-Impfpass länger sichtbar bleiben, und darum, dass wir bei der
Frage der Apotheken das Eintragen und Vidieren klarstellen.

*****

Ich glaube, der Antrag sollte nachher verteilt werden.

In Summe geht es – Kollege Kaniak hat es dargestellt – bei diesem Gesetz darum, den E-Impfpass, aber auch Elga weiterzuentwickeln, auszubauen, den E-Impfpass als zentrales Planungstool für die Gesundheitspolitik in unserem
Land zu implementieren, genauso wie es darum geht, dass wir bei Elga die Mög­lichkeit schaffen, in bestimmten Notfällen, die sehr klar definiert sind,
den Einsatzorganisationen Lesezugriff auf Daten der Versicherten zu geben.

Das sind alles durchaus wichtige Maßnahmen, und es sind Dinge, die international im Rahmen der DSGVO, im Rahmen des Datenschutzes üblich sind, in anderen Ländern schon längst gang und gäbe sind, bei denen uns andere Länder weit voraus sind.

Von daher kann ich die Ablehnung, die die Kolleginnen und Kollegen
der FPÖ kundtun, nicht nachvollziehen. (Abg. Kaniak: ... weil das ein Sammelsurium ist!) Vielleicht überlegt ihr es euch noch einmal. Lest euch den Antrag noch einmal genau durch, bewegt euren Geist! Dann könnt ihr doch noch zustimmen. (Abg. Kaniak: Wenn es gescheit gemacht wäre, würden wir zustimmen!)

In diesem Sinne bitte ich um breite Zustimmung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

11.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, Ralph Schallmeiner

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (2530 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesund­heitstelematikgesetz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Patientenverfügungs-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geändert werden in der Fassung des Ausschussberichtes in (2663 d.B.)
(TOP 6)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

a) In Art. 1 Z 3 wird der Ausruck „§ 24g“ durchden Ausdruck „§ 24b“ ersetzt.:

b) Art. 1 Z 13 lautet wie folgt:

„13. In § 2 Z 10 wird in lit. d am Ende das Wort „sowie“ durch einen Beistrich ersetzt und in lit. e am Ende der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und es werden
folgende lit. f und g angefügt:

        „f) Rettungsdienste, sofern deren Betrieb nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften zu bewilligen ist und der behördlichen Aufsicht oder Kontrolle unterliegt, von einem Bundesland beauftragt wurde oder es sich um qualifizierte Krankentransportdienste handelt sowie

        g)  „Gesundheitsberatung 1450“, die von den Bundesländern jeweils in
ihrem Zuständigkeitsbereich und ihrer Verantwortung betriebene Einrichtung für die Beantwortung gesundheitsbezogener Fragen von Bürger/inne/n.“

c) In Art. 1 Z 37 § 13 Abs. 3 wird in Z 2 die Wort- und Zeichenfolge „medizinisch-chemische Labordiagnostik oder Hygiene und Mikrobiologie“ durch die Wort-


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und Zeichenfolge „Medizinisch-Chemische Labordiagnostik oder Klinische Hygiene und Mikrobiologie“ ersetzt.

d) In Art. 1 Z 54 § 17 Abs. 2 Z 3 wird das Wort „Widerspruchsstelle“ durch das
Wort „Widerspruchstelle“ ersetzt.

e) In Art. 1 wird nach Z 59 folgende Z 59a eingefügt:

«59a. In § 18 Abs. 9 wird das Wort „Zehn“ durch das Wort „Dreißig“ ersetzt.»

f) In Art 1 Z 80 § 24c Abs. 4 wird nach der Wort- und Zeichenfolge „Krankenpfleger/innen,“ die Wort- und Zeichenfolge „sowie Apotheken gemäß § 1 des Apothekengesetzes“ ergänzt und entfällt in Z 1 die Wort- und Zeichen­folge „sowie Apotheken gemäß § 1 des Apothekengesetzes“.

g) In Art. 1 Z 80 § 24c Abs. 5 Z 1 wird die Wort- und Zeichenfolge „Impfungen und impfrelevanten Vorerkankungen“ durch die Wort- und Zeichenfolge „Impfun­gen, impfrelevante Vorerkrankungen und Impferinnerungen“ ersetzt und entfällt
die Z 3.

h) Art 1 Z 85 lautet wie folgt:

„85. § 24f Abs. 2 lautet:

„(2) Soweit der Patient/inn/enindex (§ 18) gemäß § 24d Abs. 1 Z 5 zur Überprüfung der eindeutigen Identität der Bürger/innen genutzt wird, darf die Überprüfung
der eindeutigen Identität in den Fällen, in denen die eImpf-Gesundheitsdienstean­bieter oder Apotheken

1.    zur Speicherung, Aktualisierung, Stornierung, Nachtragung und
Vidierung der Angaben gemäß § 24c Abs. 2 oder

2.    zur Impfberatung und Impfanamnese

auf den eImpfpass zugreifen, nicht länger als 28 Tage zurückliegen.“

i) Art. 1 Z 94 § 26 Abs. 18 lautet:


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„(18) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. I xxx/2024

1.    treten mit 30. September 2024 die Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 17, 19, 24b, 24g, 24h und 28 bis 28c, § 1 Abs. 1, § 2 Z 9 lit. a, b, e bis g,
Z 10 lit. a sublit. cc und lit. d bis g, Z 12, 14, 18 und 19, § 4 Abs. 3, § 4a Abs. 1,
§ 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 2, § 8 Abs. 3, § 8a Abs. 1 und 4, § 9 Abs. 1,
Abs. 3 Z 1 lit. g bis i, Z 2 lit. b und Z 3, § 10 Abs. 3 bis 5 und Abs. 7, § 11 Abs. 1 und 3, § 12, 12a Abs. 1 und 2, § 12b, § 13 Abs. 2 bis 3a, § 14 Abs. 1
Z 2 bis 3, Abs. 2 Z 2 lit. c und Z 3, Abs. 2a und 2b, Abs. 3 sowie Abs. 4, § 15
Abs. 2 und 4, § 16 Abs. 1, 3 und 5, § 17 samt Überschrift,
§ 18 Abs. 1 und 2, Abs. 4 bis 4b, Abs. 6 Z 2 und Abs. 9, die Überschrift
zu § 19, § 19 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1 bis 3, § 21 Abs. 2 und
Abs. 2a, § 22 Abs. 2 Z 4, § 23, § 24 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 1, § 24a Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 lit. c, § 24b samt Überschrift, § 24c samt Überschrift,
§ 24d, § 24e samt Überschrift, § 24f Abs. 2, 4 und 6, § 24g samt Überschrift,
§ 24h samt Überschrift, § 26 Abs. 9 Z 2, § 27 Abs. 1 bis 4, Abs. 6 bis 9
sowie Abs. 18 bis 20, § 28 bis § 28c samt Überschriften, § 29 Abs. 2 und § 31 in Kraft; gleichzeitig treten § 2 Z 15, § 12a Abs. 2 Z 4, § 14 Abs. 5, § 15
Abs. 1, § 18 Abs. 4 Z 5, § 21 Abs. 4 zweiter Satz, und § 27 Abs. 17 außer Kraft; bis zur Erlassung einer Verordnung gemäß § 28a Abs. 1 Z 7 ist das Aus­kunftsrecht gemäß Art. 15 DSGVO von den betroffenen Personen sowohl hin­sichtlich ELGA als auch hinsichtlich des eImpfpasses gegenüber der ELGA-Ombudsstelle wahrzunehmen;

2.    tritt mit 1. Jänner 2025 § 27 Abs. 13 und 14 in Kraft; gleichzeitig tritt
§ 27 Abs. 12 außer Kraft;

3.    tritt mit 1. Juli 2025 § 12a Abs. 3 in Kraft;

4.    tritt mit 1. Jänner 2026 § 25 Abs. 2 Z 3, 4 und 5 und Abs. 4 in Kraft.“

j) In Art. 1 wird nach Z 101 folgende Z 101a eingefügt:


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« 101a. § 27 Abs. 18 Z 1 und Abs. 19 Z 1 wird jeweils die Wort- und Zeichenfolge „medizinisch-chemische Labordiagnostik oder Hygiene und Mikrobiologie“
durch die Wort- und Zeichenfolge „Medizinisch-Chemische Labordiagnostik oder Klinische Hygiene und Mikrobiologie“ ersetzt.»

k) In Art. 1 Z 105 § 28b Abs. 5 wird die Wort- und Zeichenfolge „„Bildungs­einrichtung“, „Arbeitsplatz/Betrieb“, „Wohnbereich und Betreuungseinrichtungen“, „Krankenhaus einschließlich Kur- und Rehaeinrichtungen“, „Ordination“,
„Öffentliche Impfstelle/Impfstraße“ und „andere““ durch die Wort- und Zeichenfolge „„Bildungseinrichtung“, „Arbeitsplatz/Betrieb“, „Wohnbereich“, „Betreute Wohneinrichtung“, „Krankenhaus inkl. Kur- und Rehaeinrichtungen“, „Ordination“, „Öffentliche Impfstelle“ und „Öffentliche Impfstraße / Impfbus““ ersetzt.

l) In Art. 2 entfällt die Z 2 (§ 31d Abs. 4).

m) In Art. 2 Z 3 § 801 wird in Abs. 1 die Wort und- Zeichenfolge „mit dem der Kund­machung folgenden Tag“ durch die Wort- und Zeichenfolge „mit 30. September 2024“ ersetzt und entfällt Abs. 2.

Begründung

Es wird darauf hingewiesen, dass sich durch die vorgeschlagenen Änderungen auch die Datenschutz-Folgeabschätzung entsprechend ändert.

Zu a) bis d) und j) (Art. 1 Inhaltsverzeichnis, § 2 Z 10, § 13 Abs. 3 Z 2, § 17 Abs. 2 Z 3, und § 27 Abs. 18 Z 1 und Abs. 19 Z 1 Gesundheitstelematikgesetz 2012):

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen, die der Bereinigung von Redaktionsver­sehen dienen.

Zu e) (Art. 1 § 18 Abs. 9 Gesundheitstelematikgesetz 2012):

Durch die vorgeschlagene Erweiterung der Speicherfrist von zehn auf dreißig Jahre nach Kenntnis des Sterbedatums, kann sichergestellt werden, dass über den Patient:innenindex länger auf Verweise zugegriffen werden kann. Dadurch soll ein


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schnelleres, österreichweites, domänen-übergreifendes Auffinden von Doku­menten über den Patient:innenindex sichergestellt werden. Der Verweis soll nun statt 10 Jahre für 30 Jahre Informationen darüber geben, wo Daten von Verstorbe­nen vorhanden sind und wo diese zu finden sind.

Zu f) (Art. 1 § 24c Abs. 4 Gesundheitstelematikgesetz 2012):

Apotheken kommt bereits nach der geltenden Rechtslage das Recht zu, Impfungen nachzutragen, mit dieser Bestimmung soll ihnen im Einklang mit dem Recht
auf Nachtragung unter Berücksichtigung des Berufsrechts ebenfalls das Recht auf Vidierung zukommen. Damit soll vermieden werden, dass es in Fällen, in
welchen Bürger/innen Impfungen bereits selbst eingetragen haben, zu unnötigen Doppeleinträgen kommt. Apotheken können somit nämlich einfach die durch
die Bürger/innen selbst eingetragenen Impfungen vidieren und müssen keine neuen Einträge zur Nachtragung erstellen.

Zu g) (Art. 1 § 24c Abs. 5 Z 1 und Z 3 Gesundheitstelematikgesetz 2012):

Auch Impferinnerungen sollen spätestens dreißig Jahre nach dem Tod eines Bür­gers/einer Bürgerin gelöscht werden Diese Speicherdauer ist im Hinblick
auf die (Primär-)Dokumentation im zentralen Impfregister geboten. Die Erinnerungs­funktion stellt einen wesentlichen Mehrwert des eImpfpasses im Hinblick auf
die Prävention, konkret die Steigerung von Durchimpfungsraten, dar (siehe dazu umfassend ErlRV 232 BlgNR XXVII. GP, 33). Damit Impferinnerungen wirk­sam sind, ist es erforderlich, dass sie für Bürgerinnen und Bürger jederzeit einsehbar sind und nicht automatisch nach kurzer Zeit verschwinden, obwohl die Impfung eventuell noch nicht durchgeführt wurde.

Zu h) (Art. 1 § 24f Abs. 2 Gesundheitstelematikgesetz 2012)

Durch die vorgeschlagene Bestimmung wird sichergestellt, dass eImpf-Gesundheits­diensteanbieter oder Apotheken nicht länger als 28 Tage seit der letzten Über­prüfung der eindeutigen Identität der Bürger/innen auf den eImpfpass
zugreifen dürfen.


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Zu i) und m) (Art. 1 § 26 Abs. 18 Z 1 Gesundheitstelematikgesetz 2012, Art. 2 § 801 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz)

Diese Bestimmung soll das Inkrafttreten der in § 26 Abs. 18 Z 1 angeführten Bestimmungen, samt jener Bestimmungen, die darauf verweisen (§ 31d Abs. 3 ASVG in Verbindung mit § 801 Abs. 1 ASVG), mit 30. September 2024 regeln.

Zu k) (Art. 1 § 28b Abs. 5 Gesundheitstelematikgesetz 2012)

Die vorgeschlagenen Änderungen der Terminologien soll die fachlich korrekten Erfas­sung der Impfsettings ermöglichen.

Zu l) und m) (Art. 2 § 31d Abs. 4 und § 801 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsge­setz)

Die Änderungen dienen der Bereinigung von Redaktionsversehen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und wurde meiner Information nach auch bereits verteilt.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.51.37

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Kollege Schallmeiner, wir bewegen unseren Geist ständig.
(Ruf: Das glaube ich nicht!) Das ist ja auch der Grund, warum wir diese Geschichte sehr, sehr kritisch sehen.

Vielleicht für die Zuschauer: Worum geht es? – Es geht im Grunde genommen um das, was Sie alle zu Hause haben, um die E-Card und alles, was dahin­ter mittlerweile alles mitläuft, was gespeichert wird. Es geht um einen
neuen Schritt in der digitalen Welt. Sie wissen vielleicht, wir sehen diese Ent­wicklung, dass man in das Digitale hineingezwungen wird, sehr, sehr


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kritisch. Auch damit wird das analoge Leben mehr oder weniger komplett abge­schafft.

Diese E-Card, die Sie alle haben (eine E-Card in die Höhe haltend), ist
nichts anderes als ein Schlüssel, zu dem es übrigens – anders als bei der Ban­komatkarte – nicht einmal einen PIN-Code gibt. Wenn Sie diese Karte hineinstecken, dann sind Ihre persönlichen gespeicherten Gesundheitsdaten sichtbar. Das wird in den kommenden Jahren noch ausgebaut. Das heißt, da sind alle Befunde drinnen. Das heißt, alles, was Sie persönlich an Gesundheits­daten über die Jahre ansammeln, ist dort gespeichert und dadurch einsehbar.

Der Grund für das heutige Thema ist, dass die Datenschutzbehörde
bereits da Riesenprobleme sieht. Wir sehen diese Probleme schon relativ lange. (Abg. Michael Hammer: Ihr seht nur Probleme!)

Es geht auch konkret um den elektronischen Impfpass. Der elektronische Impfpass ist eine Geschichte, von der Sie sich nicht abmelden können, geschätz­te Bürgerinnen und Bürger, anders als bei Elga, von der Sie sich abmelden könnten. Beim elektronischen Impfpass ist das nicht möglich. Diese Daten sind wie gesagt bei Herrn Minister Rauch, dem ich da sehr wenig vertraue,
dann dementsprechend gelagert. (Abg. Silvan: Es hat ja schon eine Hartinger-Klein auch gegeben! Das ist ja nicht immer derselbe!)

Wir sehen einfach diese Entwicklung, dass jeder Mensch Gesundheits­daten abgeben muss und damit ein gläserner Bürger wird, sehr, sehr kritisch
und lehnen das ab.

Der Minister lächelt. Herr Minister, wir haben mit Ihnen schon alles erlebt. Also ich bin sehr skeptisch, was genau diese Daten betrifft, was Impfungen aber
auch Gesundheitsdaten betrifft, weil ich weder Ihrer Behörde noch sonst jeman­dem bezüglich Datensicherheit vertraue. (Abg. Holzleitner: Ich bin skeptisch,
wenn die FPÖ über Gesundheitspolitik ganz generell redet!)
Diese Datensicherheit im elektronischen Bereich gibt es nicht, die gibt es nirgendwo – das werden
Sie alle vermutlich schon erlebt haben.


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Übrigens sind da auch E-Befunde, E-Medikation dabei. Das, was wir als sinnvoll erachten würden, wäre, wenn diese E-Card nicht nur ein Foto hätte, wie
man es bei meiner sieht (neuerlich die E-Card in die Höhe haltend), sondern – vielleicht relativ simpel – Basisdaten enthielte: die Blutgruppe und Ähnli­ches mehr. Das wäre relativ einfach, das kann sich auch jeder anschauen. Das ist auf dieser Karte aber nicht enthalten. Enthalten sind allerdings dann für
jeden, der die Karte hineinsteckt, alle Ihre Befunde. Wer das will, kann das ja ma­chen. Ich persönlich halte es für durchaus hinterfragenswert.

Diese Entwicklung geht ja in alle Richtungen weiter. Wir haben das im Bargeldbereich erlebt, wir erleben es beim Mutter-Kind-Pass, der ja jetzt Eltern-Kind-Pass heißt, den es auch nur noch elektronisch gibt. Das heißt, Sie
sammeln Daten um Daten um Daten von Bürgern, und die werden gespeichert, jahrzehntelang aufbewahrt, nicht einmal nach dem Tod gelöscht. Wir
halten das für eine falsche Entwicklung und werden deshalb dieser Geschichte heute unsere Zustimmung selbstverständlich nicht erteilen. – Danke.
(Beifall bei der FPÖ.)

11.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


11.55.38

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause! Herr Bundesminister! Kollege Wurm, also wenn ich eine Notsituation
habe und vielleicht nicht ansprechbar bin, dann bin ich schon sehr froh, dass die Ärztinnen und Ärzte auf meine E-Card schauen können, welche Medika­mente ich nehme, welche Allergien ich habe. Also ich finde das durchaus sinn­voll. – Danke für die Initiative, Herr Bundesminister.

Ein wesentlicher Bestandteil – wir haben es jetzt eh schon gehört – ist,
dass die Grundlage für den Vollbetrieb des E-Impfpasses geschaffen wird, die


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Anbindung der Rettungsdienste, der Hotline 1450 an Elga. Ein wesentli­cher Bestandteil ist auch das zentrale Impfregister, das der elektronischen Do­kumentation aller durchgeführten Impfungen sowie von impfrelevanten Informationen dient. Das ist auch nicht schlecht. Das heißt, dass auch impfrele­vante Vorerkrankungen, besondere Impfindikationen und medizinisch
indizierte Antikörperbestimmungen umfasst sind.

Klarer ausgestaltet werden auch die Speicherverpflichtungen – das ist schon ausgeführt worden – der Gesundheitsdiensteanbieter der Elektroni­schen Gesundheitsakte Elga. Also müssen Entlassungsbriefe, Laborbefunde, Röntgenbilder, Medikationsdaten, Pflegesituationsberichte und Ergebnisberichte der Gesundheitsberatung nun einheitlich ab 1. Jänner 2026 gespeichert
werden.

Manche empfinden das als Bedrohung. Ich empfinde es als Fortschritt, und wir werden wir diesem Gesetz zustimmen.

Was natürlich auch neu ist – was man dazusagen muss –: Es gibt nach
wie vor die Möglichkeit, aus Elga auszusteigen. Neu gekommen ist jetzt, dass man auch bezüglich nur einzelner Arten von Elga-Gesundheitsdaten
partiell Widerspruch einlegen kann.

Da, Herr Bundesminister, Ihr Credo digital vor ambulant vor stationär ist, möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Telemedizin für die Kinderambulanz am LKH Stolzalpe jetzt!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sich für die rasche Umsetzung der Telemedizin am


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LKH Stolzalpe prioritär einzusetzen und alle notwendigen Schritte zu setzen, damit diese ehebaldig umgesetzt werden kann.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Verena Nussbaum,

Genossinnen und Genossen

Betreffend Telemedizin für die Kinderambulanz am LKH Stolzalpe jetzt!

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2530 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstele­matikgesetz 2012, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Epide­miegesetz 1950, das Patientenverfügungs-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geän­dert werden (2663 d.B.) TOP 6

Wie die Vielzahl der österreichischen Bezirke ist auch die Region Murau mit vielen Problemen konfrontiert, die auch auf andere ländliche Räume zutreffen - so
manche davon aber mit ungleich größerer Auswirkung. Gerade in puncto medizini­sche Versorgung sind wir als politische Verantwortungsträger tagtäglich in
der Pflicht, ein generationengerechtes und bestmögliches Zusammenleben, sowie eine reibungslose medizinische Versorgung unserer Bevölkerung in allen Bereichen sicherzustellen und die damit verbundenen Rahmenbedingungen zu gewährleisten.

Gemeinsam mit dem LKH Stolzalpe, allen niedergelassenen Ärzten, sowie
der großteils ehrenamtlichen Mannschaft des Roten Kreuz Murau, wird unermüdlich daran gearbeitet, allen Murauerinnen und Murauern in jeglichen Notsituatio­nen die beste, schnellste und qualitativ hochwertigste Versorgung anzubieten und


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diese auch weiterhin zu gewährleisten. Doch die Schlinge in der medizini­schen Grundversorgung schnürt sich auch bei uns immer enger zu. Durch den perfekt geführten Pflegeausbildungsstandort am LKH Stolzalpe ist die Problematik
zurzeit nicht im Pflege-, sondern vielmehr im Ärztebereich, im Bezirk Murau eklatant.

Gerade im fachärztlichen Bereich reduzieren sich die vorhandenen Strukturen
jährlich enorm. Seit geraumer Zeit ist außerdem das Versorgungssystem
im kinderärztlichen Bereich zu einem dauerhaften Problem geworden. Angesichts der aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen und der stetig wachsenden Bedeutung von Telemedizin sehen wir es als unabdingbar an, dass das LKH Stolzalpe umgehend mit telemedizinischen Möglichkeiten ausgestattet wird.

Die rasche Implementierung telemedizinischer Dienste würde nicht nur die Effizienz der medizinischen Versorgung verbessern, sondern auch die Erreichbarkeit
und Qualität der Gesundheitsversorgung, vor allem im kinderfachärztlichen Bereich, für die Bevölkerung in unserem Einzugsgebiet deutlich erhöhen. Deshalb
braucht es die Bereitstellung von Ressourcen und die Entwicklung eines umfassenden Konzepts zur Integration telemedizinischer Anwendungen am LKH Stolzalpe,
sowie die dafür nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Dies umfasst auch die Ein­richtung von Telekonsultationen für Patienten, sowie die Nutzung von Teleme­dizin für die Weiterbildung und den Austausch zwischen Fachärzten.

Telemedizinische Dienste bieten eine innovative Lösung, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gerade in ländlichen Gebieten sicherzustellen. Insbesondere in abgelegenen Regionen wie der unseren kann die Telemedizin
eine bedeutende Rolle spielen, indem sie den Zugang zu spezialisierten medizinischen Diensten verbessert, lange Anfahrtswege für Patienten reduziert und die Effizienz
der Versorgung erhöht.

Die periphere Lage dieser Region und die damit verbundenen langen Wegstrecken, bringen genau diese brisante Problematik mit sich. Um ein Beispiel nennen
zu können, liegt die Distanz zwischen der Gemeinde Krakau und der zuständigen Kinderstation am LKH Leoben bei 106 Kilometern und einer Fahrzeit von mindestens


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90 Minuten in eine Richtung. Dieser Zustand ist nicht mehr tragbar und es ist
nun höchste Zeit, aktiv eine Verbesserung der momentanen Situation herbeizuführen. Mittels einer telemedizinischen Versorgung würde der medizinische Ablauf um
ein Vielfaches vereinfacht und beschleunigt werden.

Die Einführung telemedizinischer Dienste am LKH Stolzalpe würde einen bedeuten­den Schritt zur Modernisierung unserer Gesundheitsversorgung darstellen und
sollte daher höchste Priorität haben. Dies ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks Murau, unabhängig von
ihrem Wohnort, Zugang zu einer hochwertigen und dauerhaften Gesundheitsversor­gung erhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sich für die rasche Umsetzung der Telemedizin am LKH Stolz­alpe prioritär einzusetzen und alle notwendigen Schritte zu setzen, damit diese ehe­baldig umgesetzt werden kann.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


11.58.23

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber Zuhörer und Zuseher! Worum geht es? – Es geht um den elektronischen Impfpass und um das zentrale
Impfregister.


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Wie wird das von Ihnen, Herr Minister, argumentiert? – Mit einem – ich zitiere – „erheblichen öffentlichen Interesse“, der „Optimierung der Impfversorgung
der Bevölkerung“ sowie einer „verbesserten, schnelleren Verfügbarkeit
von Impfinformationen“. Also: Alles für die Impfungen! Alles für die Pharma!

Sie wissen, MRNA-Impfstoffe, die Covid-Impfstoffe sind bis heute
weder wirksam noch sicher, haben massivste Kollateralschäden bei der Bevölkerung angerichtet. (Rufe bei Abgeordneten der ÖVP: Nein! – Ruf bei den Grünen: Bitte!) Es gibt keine Dokumentationen dazu.

Das Ganze wollen Sie noch im zentralen Impfregister sammeln, wo Sie
dann alle durchgeführten Impfungen und alle impfrelevanten Informationen sammeln, also alle Gesundheitsdaten sammeln.

Das Sammeln hat ja bereits letztes Jahr im österreichischen Parlament begonnen, aufbauend auf einem Entschließungsantrag der NEOS, hier im Ju­li 2023 von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS beschlossen.

Der hatte folgenden Inhalt: Sie haben beschlossen, dass die Bundes­regierung – und insbesondere der Gesundheitsminister – aufgefordert wird, die gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung, Sammlung und Nutzung von Gesundheitsdaten zu analysieren und einen Umsetzungsplan zur Vorbereitung des europäischen Gesundheitsdatenraumes – also schon präventiv – zu erstellen.

Der europäische Gesundheitsdatenraum wurde vor drei Monaten in Straßburg beschlossen, das österreichische Parlament hat da also vorgearbeitet.
Das heißt, Sie haben die Kompetenz bekommen, sämtliche Gesundheitsdaten der österreichischen Bevölkerung zu sammeln, dann an Europa, an Brüs­sel, an den europäischen Gesundheitsdatenraum weiterzuleiten. Der europäi­sche Gesundheitsdatenraum hat binnen eines halben Jahres eine Koope­ration mit der Weltgesundheitsorganisation abgeschlossen, da waren sie ganz stolz. (Abg. Schallmeiner: Nein!)


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Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Das heißt, Ihre Gesundheitsdaten
gehen über die Sammlung hin zur Weltgesundheitsorganisation (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner), damit die Weltgesundheitsorganisation beim Ausru­fen der nächsten Pandemie sämtliche Informationen hat. Sie wollen ja die WHO stärken, Sie wollen ja haben, dass die WHO das totale Recht bekommt,
zukünftig sämtliche Pandemien, unter welchem Titel auch immer, auszurufen. (Abg. Disoski: Aber was redest du? ...!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß schon, Sie machen das
immer alles lächerlich (Abg. Schallmeiner: Das machst eh du selber!), aber, Herr Mi­nister, geschätzte Damen und Herren (Zwischenrufe bei den Grünen), vor
allem Zuhörer und Zuseher hier im österreichischen Parlament, im Jänner 2021 hat die Weltgesundheitsorganisation bereits eine Klassifizierung (eine
Tafel, die eine Tabelle mit den angesprochenen Codes zeigt, in die Höhe haltend)
von Krankheiten erstellt – 2021, Herr Minister! Jeder Krankheit wurde ein
Code zugeordnet. Interessant ist – Herr Minister (in Richtung des mit einem Mit­arbeiter sprechenden Bundesministers Rauch), Sie sollten aufpassen – zum
Beispiel der Code U12: Im Jänner 2021 hat die WHO diesen Code bereits einge­führt, mit folgendem Inhalt: Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwen­dung von Covid-19-Impfungen.

Ja, Herr Minister, Sie bestreiten bis heute, dass es Impfnebenwirkungen gibt (Abg. Schallmeiner: ... kannst nicht zuhören! Das ist der Unterschied!), aber
die WHO hat bereits im Jänner 2021 diesen Code eingerichtet. Da passt doch Ihre Erzählung, Ihr Narrativ mit dem Agieren der WHO ja überhaupt
nicht zusammen.

Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Z28, das ist der Code für nicht durchge­führte Impfungen. Das heißt, Sie sammeln Informationen, dass zukünftig
die Weltgesundheitsorganisation von jedem Menschen (Zwischenrufe
bei der ÖVP),
von jedem Österreicher weiß, ob er geimpft oder nicht geimpft ist. Das ist ja unglaublich! Sie legen die Schiene eins zu eins für die Pharmain­dustrie weiter. Sie sind ein Vertreter der Pharmaindustrie (Zwischenruf des Abg.


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Schallmeiner), aber kein Vertreter der österreichischen Bevölkerung. Es
ist erschreckend, dass Sie aus Ihrer desaströsen Covid-Politik immer noch nichts gelernt haben. Lernen Sie endlich dazu, gehen Sie nicht gegen die öster­reichische Bevölkerung vor und verkaufen Sie nicht unsere Gesundheitsdaten! (Beifall bei der FPÖ.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Saxinger. – Bitte.


12.03.28

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte
Damen und Herren! Ja, ich sage, wir werden Mag. Hauser und seine Ausführun­gen vermissen, und das EU-Parlament kann sich freuen! (Beifall bei Abge­ordneten von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS. Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Ich möchte vorerst im Namen meines Kollegen Christoph Stark den Seniorenbund aus St. Kathrein am Hauenstein herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist für mich ein Freudentag,
denn es kommt endlich der elektronische Impfpass, der E-Impfpass, und vorbei sind die Zeiten des Papierimpfpasses. (Abg. Belakowitsch: Na endlich!)
Ich habe da (verschiedene Dokumente in die Höhe haltend) drei – der graue ähnelt meinem Haar, man sieht, dass ich trotz meiner vermeintlichen Jugendlich­keit auch schon ein paar Jahre am Buckel habe –, es ist kein Wunder, dass man bei dieser Anzahl an Impfpässen einmal einen Impfpass verliert, etwa bei
einer Übersiedelung. Es ist nicht selten, dass Patienten sagen, ich finde ihn nicht, ich habe ihn nicht mehr. – Vorbei sind also die Zeiten des Papierimpfpasses.

Was ist bei diesem E-Impfpass neu? – Es sind jetzt einige Dinge möglich, die alle wollen. Es ist ein Nachtragen von Impfungen möglich; man kann einen


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persönlichen Impfkalender erstellen; man wird an empfohlene Impfungen erin­nert. Ein wesentlicher Bestandteil des E-Impfpasses ist auch das zentrale Impfregister. Im zentralen Impfregister werden durchgeführte Impfungen, impf­relevante Informationen, relevante Vorerkrankungen dokumentiert. Es gibt
auch nähere Informationen zur verabreichten Impfung und auch zum Impfstoff – also ein Vorteil.

Impfungen haben generell einen großen Anteil an der hohen Lebenser­wartung in der westlichen Welt. Impfungen schützen auch Babys und Kleinkin­der vor Kinderkrankheiten mit oft lebensgefährlichen Komplikationen,
sie schützen auch ältere Personen vor Folgen von Infektionskrankheiten. Es gibt auch Impfungen, die vor Krebs schützen, wie zum Beispiel die HPV-Impfung
vor Gebärmutterhalskrebs.

Impfungen wirken natürlich aber nur, wenn sie verabreicht werden, eine hohe Durchimpfungsrate muss deshalb das Ziel einer guten langfristigen Gesund­heitspolitik sein. Wissen Sie, wer – wie immer, und das stört mich einfach seit Mo­naten und Jahren – auch bei diesem Impfpass wieder einmal dagegen ist? –
Die FPÖ. Aus Datenschutzgründen, wie Sie gerade gesagt haben. (Abg. Belako­witsch: Ja!) Stellen Sie sich einmal vor, die FPÖ wäre für die Gesundheit
derzeit in Österreich zuständig. – Das versetzt mich als Arzt in Angst und Bange.

Ich sage Ihnen hier ein kleines Beispiel: Da hat zum Beispiel FPÖ-Obmann Kickl – er ist leider heute nicht da – einen besonderen Freund und Berater, näm­lich einen pensionierten Mediziner und Verschwörungstheoretiker. Den
hat er im April in ein Hotel in Wien eingeladen (Abg. Belakowitsch: ... war sogar Professor!), hat ihn bei dieser Veranstaltung so begrüßt, ich zitiere: „Sie
sind eine Lichtgestalt der Freiheit und Gesundheit für Milliarden Menschen.“ (Abg. Belakowitsch: Ist er auch!) „Sie sind eine lebende Legende und
ein Held.“

Wissen Sie, was diese – laut Kickl – „lebende Legende“, dieser „Held“ dann gesagt hat: Es gibt keinen Beleg zum Beispiel für die Wirksamkeit von


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Polioimpfungen – das ist die Kinderlähmung. Laut Aussagen dieses Beraters, der für Herrn Kickl wirbt, ist die Impfung gegen Kinderlähmung also sinnlos. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Das ist für mich als Arzt unfassbar, abenteuerlich und auch absurd. (Beifall bei der ÖVP.)

Ältere Semester können sich wahrscheinlich noch an die Kinderlähmung,
an die Polioinfektion erinnern: Knochenfehlbildungen, Muskelschwund, Läh­mungserscheinungen an Beinen und Armen bis zu einer Atemlähmung,
sodass man nicht mehr atmen kann. (Abg. Hauser: Lesen Sʼ einmal den WHO-Be­richt dazu!) 1955 gab es endlich einen Impfstoff gegen diese Kinderläh­mung. Seither stirbt kein Kind mehr in Österreich an Polio, aber dieser medizini­sche FPÖ-Guru lehnt die Polioimpfung ab. Da fehlen einem einfach die
Worte! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die FPÖ, liebe Kolleginnen und Kol­legen, katapultiert Österreich mit solchen Aussagen und Meinungen gesund­heitspolitisch wirklich ins vorige Jahrhundert.

Ich sage dazu nur: Na, gute Nacht, Österreich! Beim E-Impfpass sage
ich aber: Guten Morgen, Österreich! Die Regierungsparteien haben gemeinsam mit SPÖ und NEOS den E-Impfpass weiterentwickelt. (Abg. Belakowitsch: Einheitspartei!) So soll es im Sinne der Gesundheit auch sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


12.07.54

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrter Herr Minister! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Der E-Impfpass ist mittlerweile seit fast drei
Jahren vielen Menschen ein Begriff. Die Lücken darin zeigen hauptsächlich die Lücken der Gesetzgebung auf.


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Seit 2020 ist es die zwölfte Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes.
Es ist wieder ein Schritt in die richtige Richtung, aber, ganz ehrlich, irgendwann werden diese kleinen Schritte mühsam. Wir könnten doch auch einmal
gleich den großen Wurf machen und erst wieder in zwei, drei
Jahren nachschauen.

Obwohl wir auch dieses Mal über diese Änderungen froh sind, bleiben noch of­fene Punkte auf unserer To-do-Liste: Wann kommen die zugehörigen Ver­ordnungen? Wie schnell nach einem Arzt- oder Krankenhausbesuch müssen die Befunde in Elga eingespielt werden? Wie können wir die Bundesländer
dazu bringen, diese Aufgaben auch wirklich umzusetzen? Wann können wir das Gesetz endlich so ändern, dass wir mehr Gesundheitsberufen den abgesi­cherten Zugang zu Patientendaten erlauben, sodass ich als Patient auch einfach meinem Physiotherapeuten ohne umständliches Zettelchaos meine Opera­tionsbefunde zukommen lassen oder zeigen kann?

Mit der heutigen Änderung legen wir einen Grundstein für einen voll funktionie­renden E-Impfpass und damit auch für die Möglichkeit der automatischen Erinnerung. Ich persönlich finde das gut, wenn ich erinnert werde, aber gut. Die Frage ist, warum das alles so lange dauert. Es ist über zwei Jahre her, dass
im Gesundheitsausschuss auch mein Antrag, dass der Impfstatus bei der Vorsor­geuntersuchung eingetragen werden kann, vertagt wurde. Erst jetzt schaf­fen wir ein Regelwerk, dass Menschen bei Gesundheitsdienstleistern oder auch selber ihre Impfungen eintragen können.

Gerade am Ende der Legislaturperiode versuchen natürlich alle noch ein­mal, ihre Anliegen durchzubringen. Ich bin froh, dass die Digitalisierung im Ge­sundheitswesen mit diesem Antrag vorangetrieben wird, aber ich muss
auch sagen, ich hoffe, es liegen noch weitere Reformen schon fertiggeschrieben in Ihrer Lade und müssen nur noch eingebracht werden. Wir bleiben auf
alle Fälle dran, um diese Reformen voranzutreiben. – (Den Dank auch in Gebär­densprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.10



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Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.10.14

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe ja ein
gewisses Verständnis dafür, dass die FPÖ alles, was Digitalisierung bedeutet und irgendwie mit Elektronik zu tun hat, ablehnt. Sie sind nämlich der Auffas­sung, dass mit der Impfung ein Chip implementiert wird, also muss man da ein gewisses Verständnis haben. (Heiterkeit bei Abgeordneten von Grünen,
ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Belakowitsch: Wer hat das eigentlich gesagt? Was fällt Ihnen überhaupt ein von der Regierungsbank aus?! – Abg. Michael Hammer:
Den habt ihr schon drinnen, aber der ist ziemlich falsch programmiert! – Abg. Belako­witsch: Was soll das überhaupt?! – Abg. Michael Hammer: Ist ja wahr! – Abg. Belakowitsch: Sie glauben auch, Sie können sagen, was Sie wollen!)

Im Übrigen gehe ich davon aus, dass sich die Abgeordneten der FPÖ kollektiv von Elga abgemeldet haben. (Abg. Amesbauer: Ich glaube, Sie haben wo
einen Chip drinnen! Das glaube ich schon, ja!)
Es besteht nämlich die Möglichkeit, sich von Elga abzumelden. Das werden Sie wahrscheinlich alle gemacht
haben, weil Sie nicht wollen, dass Ihre Gesundheitsdaten gespeichert sind. Sie werden allerdings bei grenzüberschreitenden Unfällen oder bei Notfällen
darauf angewiesen sein, dass sich irgendjemand (Abg. Belakowitsch:
Ist ja unglaublich, so was!)
telefonisch erkundigt, was Ihre Blutgruppe ist, und Ähnliches mehr.

Sie bewegen sich also in einer Welt, die irgendwie außergalaktisch ist (Heiterkeit bei Abgeordneten von Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS – Abg. Belakowitsch:
Das sind schon Sie ...!),
in die man wohl nur durch ständige Lektüre von Science-Fiction-Romanen gelangen kann, in einer Welt, die mit der Realität über­haupt nichts zu tun hat. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Ha­ben Sie einen falschen Chip eingebaut? Die rennen ....! – Abg. Belakowitsch:
Passt eh, wie auf der Titanic!)


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Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass mit der Digitalisierung ers­tens einmal sichergestellt wird, dass jede Person in Österreich die Möglichkeit hat, sich davon abzumelden. Das heißt, wer nicht will, dass seine Gesund­heitsdaten elektronisch verarbeitet werden, der kann sich von Elga abmelden und kann das auch im europäischen Gesundheitsdatenraum tun. Das
heißt, wer nicht will, dass seine Daten verarbeitet werden, kann dort aussteigen, und damit sind die Daten sichergestellt.

Was gemacht wird, ist eine Verbesserung. Wir folgen den Empfehlungen
der Datenschutzbehörde, machen das jetzt sicherer und auch datenschutzrechtlich konform. Wir schaffen die Voraussetzung dafür, dass 1450 tatsächlich zu einer digitalisierten Hotline werden kann, wo die Gesund­heitsberatung stattfindet, wo die Ergebnisberichte auch da sind, damit die Ge­sundheitsversorgung gesteigert werden kann.

Digitalisierung, meine Damen und Herren, ist kein Selbstzweck. Sie soll
den Patientinnen und Patienten nutzen, und genau das passiert durch dieses Gesetz. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.12


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisa­beth Scheucher-Pichler. – Bitte.


12.12.40

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Geschätzte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie, aber auch zu Hause! Der Herr Bundesminister ist ja gerade darauf eingegangen, dass das Ziel
dieser Vorlage vor allem darin besteht, den Datenschutz weiter zu verbessern. Ich halte das für wichtig. Ich werde mich von Elga nicht abmelden, denn
ich glaube, das ist eine große Errungenschaft, die wir durch diese digitalen Mög­lichkeiten haben.


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Mein Kollege Dr. Saxinger ist schon darauf eingegangen, welche Möglich­keiten es im Bereich des elektronischen Impfpasses gibt. Auch das halte ich für eine wichtige Verbesserung eines modernen Gesundheitssystems.

Ich möchte noch einmal auf die Möglichkeiten der Anbindung der Rettungs­dienste und der Gesundheitsberatung 1450 an Elga eingehen. Ich persönlich bin sehr froh darüber, dass, wenn ich einen Notfall oder Unfall habe, die mich behandelnden Ärzte Zugriff auf Informationen zu meinen Vorerkrankungen ha­ben und zu Medikamenten, die ich erhalte. Ich halte das für einen ganz,
ganz wichtigen Aspekt.

Ich möchte an dieser Stelle allen, die bei 1450 und bei den Rettungsdiensten arbeiten und Großartiges leisten, im Namen unserer Fraktion ein großes
Danke sagen. Deren Arbeit ist besonders herausfordernd, weil sie ja meist mit Notsituationen konfrontiert sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Rettungsdienste im entscheidenden Moment auf die nötigen Informa­tionen zugreifen können, kann das unter Umständen Leben retten.
Es geht darum, Leben zu retten, und da können wir ja bitte nicht dagegen sein.

Wie der Herr Bundesminister schon gesagt hat, öffnen sich durch die
digitalen Möglichkeiten viele weitere Chancen. Ich hoffe, dass wir in den nächs­ten Jahren gerade auch im Pflegebereich viele digitale Möglichkeiten noch werden nutzen können. So kommt es zu einer Vereinfachung der Administration.

Ich finde die Erinnerung an Vorsorgeuntersuchungen sehr, sehr wichtig.
Wir in Österreich sind ja Präventionsmuffel, das wissen wir. Im Bereich Präven­tion muss noch mehr getan werden. Ich halte es für sehr, sehr wichtig
und gut, wenn man an notwendige Vorsorgeuntersuchungen nunmehr auch di­gital erinnert wird.

Das gilt auch für Impfungen, zum Beispiel für die FSME-Impfung. Da
braucht man ja immer wieder Auffrischungsimpfungen, und es ist gut, wenn man


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rechtzeitig digital daran erinnert wird. Da gibt es also viele neue Möglichkei­ten in der Gesundheitsberatung, in der Arbeit mit 1450 und so weiter.

Insgesamt ist es also eine sehr patientenfreundliche Maßnahme, die rasche Be­handlung sichert, die damit Leben rettet und die auch, aber nicht nur,
für die ältere Generation, für die Seniorinnen und Senioren, viele Verbesse­rungen und Möglichkeiten bringt. – Vielen Dank.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.15


12.15.43

Präsidentin Doris Bures: Es liegt nun keine Wortmeldung mehr dazu vor. Damit schließe ich diese Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2530 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Saxinger, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Saxinger, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1
und 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Telemedizin
für die Kinderambulanz am LKH Stolzalpe jetzt!“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, er ist abge­lehnt. (Abg. Leichtfried: Da werden sich die Steirer bei der ÖVP bedanken!)

12.17.12Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu der verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2660 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf in 2660 der Beilagen nochmals an den Gesundheitsausschuss zu verweisen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in
2660 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzent­wurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


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Die Abgeordneten Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 § 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 § 5 und § 8 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes
in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um
ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 § 10 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 § 11, § 14 und § 17 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 § 19 eingebracht.


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Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 § 20 und § 23 eingebracht.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend
Änderung des § 42 in Artikel 1 und Einfügung neuer Ziffern 1a und 2a in Arti­kel 2 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes. – Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

12.21.207. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 4115/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 176

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grund­satzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Kran­kenpflegegesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (2694 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2607 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Selbständigen-Sozial­versicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz und
das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz 2024 – SVÄG 2024) (2697 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zu den Tagesordnungspunkten 7 und 8, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.


12.22.15

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 7 Stellung beziehen.

Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz sollen die Versehrtenrente, die Be­triebsrente, das Versehrtengeld sowie die Integritätsabgeltung nach den
dafür zuständigen Gesetzen künftig nicht mehr auf die Ausgleichszu­lage angerechnet werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 177

Die Leistungen der Unfallversicherung sollen auch Sozialhilfebezieherinnen und ‑beziehern ungeschmälert zukommen. Gleiches soll auch für Kin­derzuschüsse und Sonderzahlungen zu Versehrtenrenten gelten.

Das ist auch noch ergänzt durch andere Bestimmungen, die eher technischer Na­tur sind, das ist grundsätzlich auch in Ordnung – so weit, so gut. Wir als SPÖ haben im Ausschuss gesagt, das ist so in Ordnung. Dem können wir zustimmen.

Jetzt kommt hier aber ergänzend ein Abänderungsantrag herbeigeflattert.
Ich verstehe die Freundinnen und Freunde von den Grünen nicht: Warum habt ihr hier zugestimmt, das mit diesem Abänderungsantrag aufzunehmen,
wo es doch vorher in Ordnung war? Warum wurde das von der
ÖVP junktimiert?

Da geht es um einen Abänderungsantrag, in dem es um die Berufe im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege geht, der völlig unzureichend ist, der völ­lig abzulehnen ist. Daher wird es auch keine Zustimmung geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen aber auch mehr an fairen Maßnahmen, um den Versicherten faire und gerechte Leistungen langfristig
und nachhaltig anzubieten.

Wir müssen wirklich darauf schauen, dass unser Gesundheitssystem vor steigen­der Privatisierung und Profitgier geschützt wird. In den letzten Wochen
ist da einiges passiert. Am 4. Juni gab die Öbag bekannt, ihre Beteiligung an der Vamed zu verkaufen. Dieser Schritt ermöglichte, die Vamed an einen Finanzinvestor zu verkaufen. Betroffen sind insgesamt 21 ehemalige Vamed-Standorte in Österreich, von Rehakliniken oder Pflegeeinrichtungen über Therapie- und Rheumazentren bis hin zu – teilweise – Kindereinrichtungen. Das heißt, insgesamt betrifft das in der Betreuung im Gesundheitsbereich 9 100 Betten. Durch den Verkauf der Vamed-Anteile gehen die Rehaeinrichtun­gen an private Investoren, an den Hedgefonds PAI verloren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 178

Wie aus der Branche berichtet wird, sind gerade diese internationalen Konzerne so ausgerichtet, ihren Kliniken Vorgaben zu machen, nämlich dass nur
mehr Gesundheitsleistungen anzubieten sind, bei denen es eine hohe Rendite gibt, das heißt, mit denen man Kohle macht. Das ist für die Versorgung
der Patient:innen in Österreich sicherlich kein guter Ausblick.

Da kritisieren wir schon, dass die Regierung von ÖVP und Grünen bei diesem Verkauf der Vamed nicht eingegriffen hat. Ich glaube, aus der Vergangen­heit haben wir gelernt, dass wir das nicht wollen. Unsere Position ist
klar: Wir wollen Bereiche wie Pflege und Gesundheit nicht privatisieren (Abg. Hörl: Aber in Kirchberg 4 Hektar verkaufen! ... Muchitsch!), sondern das
Beste ist, diese in öffentlichen, stabilen Versorgungseinrichtungen zu gewähr­leisten.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mit dem Gesundheitswesen darf kein Profit gemacht werden!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Ausverkauf unserer Gesund­heitseinrichtungen an private Investoren sofort zu stoppen und alles
zu unternehmen um den Verkauf der österreichischen VAMED-Anteile rück­gängig zu machen.

Sollte dies nicht mehr möglich sein, hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz dafür zu sorgen, dass die Verträge der Sozialversicherung mit diesen Gesundheitsunternehmen so gestaltet werden, dass Kostenerstattungen nur bei entsprechendem Leistungsangebot (nicht nur Leistungen mit hoher Rendite) mit wirksamer Qualitätskon­trolle erfolgen dürfen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 179

Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird darüber hinaus aufgefordert, bezüglich des Vorganges rund um den Verkauf der VAMED-Anteile die Investitionskontrolle einzuleiten und, sollte diese in diesem Fall nicht greifen, umgehend eine wirksame staatliche Überprüfung von Übernahmen
von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen, um den Kontrollverlust im Gesundheits-
und Pflegebereich zu vermeiden.“

*****

(Abg. Hörl: Wie ist das in Kirchberg? ... Muchitsch! Wie ist das in Kirchberg mit den Zigtausend ...?) – Herr Abgeordneter Hörl, „im Gesundheits- und Pflege­bereich“! (Abg. Hörl: Muchitsch, der Immobilienhändler! Bau-Holz, der
große Profiteur!)

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Josef Muchitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend mit dem Gesundheitswesen darf kein Profit gemacht werden!

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4115/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (2694 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 180

Am 4.6.2024 gab die ÖBAG bekannt, ihre Beteiligung an der VAMED ver­kauft zu haben. Die ÖBAG hielt bislang 13% an der VAMED und überträgt diese nun an die (private) deutsche Fresenius-Gruppe. Dabei stellt sich schon die Frage,
wie viel de facto Einfluss durch die ÖBAG tatsächlich bestanden hat: Kann tatsäch­lich ausgeschlossen werden, dass die ÖBAG nicht auch Anteile gezielt aufsto­cken hätte können? Oder handelt es sich um Schwächen in der Verhandlungsstrate­gie, da Fresenius offenbar den ÖBAG-Ausstieg als Art Vorbedingung dafür „gebraucht“ hat, die Reha-Sparte herauszulösen und im Duett mit dem Private Equity Fonds PAI zum alleinigen Geschäftsobjekt zu machen.

Dieser Schritt der ÖBAG ermöglichte jedenfalls den Verkauf des so genannte
Post-Akut-Segment (zu 2/3) durch die VAMED an den Finanzinvestor PAI Partners (kolportierter Verkaufswert 853 Mio. Euro). Davon betroffen sind 97 Beteili­gungen der VAMED (21 in Österreich) an Reha-Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Thera­pie- und Rheumazentren, teilweise solche für Kinder mit gesamt 9.100 Betten.
Diese Einrichtungen betreuen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
sowie Tschechien und Großbritannien pro Jahr 100.000 Patient:innen und beschäftigen 10.000 Angestellte, 6.000 und somit der Großteil davon in Österreich. Einen großen Teil dieses Portfolios hatte die VAMED erst 2018 um 485 Mio.
Euro von Fresenius übernommen. Die technische Betriebsführung des AKH wurde von der VAMED bereits Anfang Mai an Porr/Strabag verkauft.

Durch den Verkauf der VAMED-Anteile gehen die Reha-Einrichtungen end­gültig an private Investoren verloren. Das muss verboten werden, aber die Regierung schwiegt dazu.

Der Käufer, PAI Partners, ist ein französisches private equity-Unternehmen,
dass ca. 26 Mrd. Euro an Vermögen verwaltet. PAI stand wiederholt dafür in der Kritik, seine Beteiligungen lediglich zur Profitmaximierung zu betreiben.

Aus der Branche wird berichtet, dass Konzerne wie PAI etwa an ihre Kliniken vor­geben würden, dass nur Leistungen mit hoher Rendite anzubieten seien.
Auch der Vorwurf der Steuervermeidung wurde laut: So würden einzelne Gesellschaf­ten überschuldet und anschließend in Insolvenz geschickt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 181

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete Konzerne wie
PAI überhaupt als „Heuschrecken“.

Es gibt Bereiche, mit denen kein Profit gemacht werden darf. Dazu gehören selbst­verständlich die Pflege und das Gesundheitswesen. Wenn wir durch die Ver­gangenheit eines gelernt haben, dann, dass Konzerne immer Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Das dürfen wir gerade im Gesundheits- und Pflege­bereich nicht zulassen. Gemeinnützige eigene Einrichtungen der Sozialversicherungs­träger waren jahrzehntelang unter Kritik (mehr privat weniger Staat). Jetzt
zeigt sich die Kehrseite: dieser Verkauf gefährdet die Versorgungssicherheit im Rehabereich.

Doch der schwarz/grünen Regierung sind die Menschen egal, sonst hätte
sie sich eingemischt. Aus Sicht des Finanzministers kommt der Ausstieg der ÖBAG ja sehr gelegen, denn er braucht die Verkaufserlöse, um sein Budgetloch zu stop­fen. Es scheint, als wäre der Bund ganz bewusst ausgestiegen, um die Zerschlagung der VAMED mit einem anschließenden Ausverkauf an Investoren zu ermögli­chen. Der Rückzug der ÖBAG ermöglicht nun den Verkauf von Rehabilitationseinrich­tungen an den französischen Hedgefonds.

Um diese Entwicklungen vor allem auch im Pflegebereich zu vermeiden, ist es notwendig rasch zu handeln. Einige große Konzerne wittern hier bereits das große Geschäft. Sie versprechen sich dadurch stabile Renditen bei einem weitgehend
von der öffentlichen Hand gestützten, risikolosen Geschäft.

Besonders deutlich zeigt sich das in der stationären Altenpflege: Hier
haben die 25 größten shareholderorientierten Investoren ihre Bettenkapazität in Europa seit 2017 um mehr als ein Fünftel auf geschätzt 455.000 Betten
erhöht.

Die Folgen für die kritische soziale Infrastruktur, wenn shareholderorientierte Ge­schäftsmodelle diese unterwandern, zeigen die bisherigen Erfahrungen: un­gleicher Zugang, höhere Kosten und unstabile Leistungserbringung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 182

So soll der Gesundheits- und Pflegebereich in Österreich nicht aufgestellt werden, daher muss die Gemeinnützigkeit in diesen Bereichen stark in den Vorder­grund gerückt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Ausverkauf unserer Gesundheitseinrich­tungen an private Investoren sofort zu stoppen und alles zu unternehmen um
den Verkauf der österreichischen VAMED-Anteile rückgängig zu machen.

Sollte dies nicht mehr möglich sein, hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz dafür zu sorgen, dass die Verträge der Sozial­versicherung mit diesen Gesundheitsunternehmen so gestaltet werden, dass Kosten­erstattungen nur bei entsprechendem Leistungsangebot (nicht nur Leistungen
mit hoher Rendite) mit wirksamer Qualitätskontrolle erfolgen dürfen.

Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird darüber hinaus aufgefordert, bezüglich des Vorganges rund um den Verkauf der VAMED-Anteile die Investitionskontrolle einzuleiten und, sollte diese in diesem Fall nicht greifen, umgehend eine wirksame staatliche Überprüfung von Übernahmen von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschluss­fassung vorzulegen, um den Kontrollverlust im Gesundheits- und Pflegebereich zu vermeiden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 183

12.27.00

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier auf der Galerie
und natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Drei Pflegereformen – lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen:
drei Pflegereformen! Heute beschließen wir eine dritte Pflegereform, ein drittes Pflegepaket, das weitere Verbesserungen mit sich bringt.

Anfangen möchte ich aber mit einem sozialpolitischen Thema, einer sozial­politischen Maßnahme, die Erleichterungen für Menschen am Existenzminimum bringt. Die Versehrtenrente der Bauern und die Unfallrente aller anderen werden mit den neuen Regelungen nicht mehr auf die Ausgleichszulage und auf die Sozialhilfe angerechnet.

Des Weiteren werden zukünftig auch alle anderen Arten von Schadenersatz nicht mehr auf die Sozialhilfe angerechnet, wie zum Beispiel das Pflegegeld. Das ist eine sehr gute Entwicklung, weil Menschen, die ohnehin am Existenz­minimum leben, nicht noch dafür bestraft werden sollen, wenn ihnen ein Unfall passiert.

Ein Beispiel: Wenn eine arbeitslose Person, die Ergänzungsleistungen aus
der Sozialhilfe erhält, von einem Auto angefahren wird, war es bis jetzt so, dass die Unfallrente auf die Sozialhilfe angerechnet wurde, somit wurde diese gekürzt. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Des Weiteren – neben technischen Änderungen bei den Förderungen
im Bereich der 24-Stunden-Betreuung, wo es eben zu Erleichterungen kommen soll – wird auch der Angehörigenbonus ab Jänner 2025 valorisiert.
Damit das möglich ist, wird er auch ab diesem Zeitpunkt monatlich ausbezahlt werden.

Im GuKG wird außerdem klargestellt, dass die Nostrifikationen von im
Ausland erworbenen Titeln leichter erfolgen können. Das heißt, man wird in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 184

Zukunft nicht mehr wie bis jetzt die Curricula eins zu eins vergleichen, sondern die Arbeitsexpertise und Arbeitserfahrungen werden mitgezählt, werden mitgedacht, und somit kommt es natürlich auch zu Erleichterungen.

Zum Schluss noch eine Forderung, die mir persönlich ein wirklich wichtiges An­liegen war, und da bin ich wirklich froh, dass wir in die Umsetzung kom­men: Es geht um das Pflegestipendium, und da möchte ich allen, die das möglich gemacht haben, wirklich noch einmal danken. Das Pflegestipendium wird
auch auf den tertiären Bereich, also auf die Fachhochschulen, ausgeweitet. Das ist ein großer, wichtiger Schritt für den Pflegeberuf. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben bereits Anfang 2023 das Pflegestipendium eingeführt, zuerst eben für die Pflegeassistent:innen, für die Pflegefachassistent:innen und – damals
gab es noch die GuKG-Schulen – auch für das diplomierte Personal. Jetzt wird das auf die Fachhochschulen ausgeweitet. Das wird wie das bisherige Sti­pendium sicherlich gut angenommen werden.

Wie gesagt, das sind alles Punkte, die im Bereich Pflege zu Verbesserungen führen. Danke noch einmal allen, die da mitgearbeitet haben.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das Stipendium gilt ab 1. September 2024.

Zum Schluss, weil wir eben beim Bereich Pflege sind, möchte ich sagen: Natürlich gibt es noch vieles im Bereich der Pflege zu tun, und ich hoffe auch, dass die zukünftigen Regierungen die Prioritätenstellung der Pflege weiterhin so gewähren werden, wie wir das bis jetzt gemacht haben. Es war nicht mög­lich, in diesen fünf Jahren die vielen Versäumnisse der letzten 30 Jahre nachzu­holen, aber wir haben ein gutes Fundament gelegt, und an dem heißt es weiterzuarbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss, bevor meine Redezeit aus ist, bringe ich noch einen Abänderungs­antrag der Abgeordneten Dr. Smolle und Ralph Schallmeiner ein. (Abg.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 185

Greiner: Jetzt schon? Fragezeichen! Fragezeichen! So früh? Die Bediensteten der Parlamentsdirektion ...! – Abg. Heinisch-Hosek: Dann arbeitet länger!) –
Ich verstehe nicht, warum die SPÖ sich da aufregt. Kollege Muchitsch hat auch gesagt, dass Sie Verbesserungen in der Pflege nicht zustimmen möchten,
das verstehe ich einfach nicht, weil Sie sich normalerweise immer für die Men­schen in der Pflege einsetzen. Warum Sie hier jetzt Verbesserungen
ablehnen, ist mir nicht ganz klar.

Der Abänderungsantrag in Grundzügen: Es geht um Erstverordnung von Arzneimitteln, es geht um Kompetenzerweiterungen für den Beruf in der Pflege und es geht natürlich um Spezialisierungen, Fortbildungen, Weiterbildungen, Höherqualifizierungen – alles Verbesserungen im Bereich Pflege.

Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Greiner – in Richtung Grüne –: Ihr bringt die Bediens­teten unter Zeitdruck, das ist so unglaublich! Das ist euch wurscht! – Zwischenruf
des Abg. Kaniak.)

12.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 2694 der Bei­lagen über den Antrag 4115/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (TOP 7)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 186

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Die Z 2 lautet:

»2. Nach §804 wird folgender § 805 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 805. § 292 Abs. 4 lit. o in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.“«

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 414 wird folgender § 415 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 415. § 149 Abs. 4 lit. m in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.“«

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt
geändert:

Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 409 wird folgender § 410 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 410. § 140 Abs. 4 lit. m in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.“«


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 187

Art. 6 (Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes) lautet:

»Artikel 6

Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes

Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2023, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 15a folgender Eintrag eingefügt:

„§ 15b               Verordnung von Arzneimitteln“

2. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 20:

„§ 20       Intensivpflege, Kinderintensivpflege, Anästhesiepflege, Pflege bei Nierener­satztherapie“

3. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 22:

„§ 22       Infektionsprävention und Hygiene“

4. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 22a:

„§ 22a    Wund-, Stoma- und Kontinenzmanagement“

5. Im Inhaltsverzeichnis entfällt der Eintrag zu § 22c.

6. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag der Überschrift des 5. Abschnitts
des 2. Hauptstücks:

„Fortbildungen, Weiterbildungen und Höherqualifizierungen“

7. Im Inhaltsverzeichnis entfallen die Einträge zu den §§ 65, 66 bis 70a und 73.

8. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 65a:

„§ 65a    Höherqualifizierung – Lehr- und Führungsaufgaben“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 188

9. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 65a folgender Eintrag eingefügt:

„§ 65b    Höherqualifizierung – Setting- und zielgruppenspezifische
Spezialisierungen“

10. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 116b folgender Eintrag eingefügt:

„§ 116c Übergangsbestimmung – Sonderausbildungen“

11. In § 3a Abs. 3 wird die Wortfolge „Gruppe von höchstens zwölf behinderten Menschen“ durch die Wortfolge „kleinen Gruppe“ ersetzt.

12. In § 5 Abs. 3 wird die Wortfolge „gegen Kostenersatz die Herstellung von Kopien zu ermöglichen“ durch die Wortfolge „eine erste Kopie unentgeltlich zur
Verfügung zu stellen“ ersetzt.

13. In § 11 Abs. 2 wird in Z 1 die Wort- und Zeichenfolge „gemäß §§ 65 bis 72“ durch die Wortfolge „gemäß diesem Bundesgesetz“ ersetzt und es entfallen in Z 4 das
Wort „oder“ und die Z 5.

14. In § 11 Abs. 2 zweiter Satz wird die Wortfolge „eine gemäß § 65a oder
§ 65b gleichgehaltene oder anerkannte Ausbildung“ durch die Wortfolge „eine gemäß § 65a anerkannte oder gemäß § 65b in der Fassung vor der Novelle BGBl. I
Nr. 185/2013 gleichgehaltene Ausbildung“ ersetzt.

15. § 13 Z 4 lautet:

„4.   Verordnung von Medizinprodukten (§ 15a) und Verordnung von Arzneimitteln
(§ 15b),“

16. § 15 lautet:

„§ 15. (1) Die Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken­pflege bei medizinischer Diagnostik und Therapie umfassen die eigenverant­wortliche Durchführung von bzw. Mitwirkung bei medizinisch-diagnostischen und


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medizinisch-therapeutischen Maßnahmen und Tätigkeiten zur Behandlung, Betreuung und Beratung in allen Versorgungsformen und Versorgungsstufen nach ärztlicher Anordnung. Für die Durchführung standardisierter diagnostischer Maßnahmen als Vorbereitung des medizinischen Behandlungspfads oder als Über­wachungsmaßnahme einer medizinischen Behandlung kann eine generelle
ärztliche Anordnung erfolgen.

(2) Der Umfang der Kompetenzen gemäß Abs. 1 ergibt sich aus den in der Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege, in Weiterbildungen und gegebenenfalls
im Rahmen von Höherqualifizierungen erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie.

(3) Nicht delegierbar gemäß Abs. 1 ist die eigenverantwortliche Durchführung
von medizinischen Maßnahmen,

1.    die nicht vom Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. gegebenen­falls vorliegender Höherqualifizierungen in der Gesundheits- und Kranken­pflege erfasst sind oder

2.    für deren fachgerechte Durchführung das Vorliegen einer ärztlichen Qualifikation bzw. berufsspezifischen Qualifikation in einem anderen Gesundheitsberuf Voraussetzung ist.

(4) Im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen sind Angehöri­ge des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege berechtigt,

1.    Patienten und Klienten an jene Berufsangehörigen weiterzuempfehlen, die auf­grund ihrer beruflichen Kompetenzen für eine fachgerechte Behandlung, Betreuung und Beratung qualifiziert sind, bzw. über den weiteren Behandlungs­pfad zu informieren, sowie

2.    nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung einzelne Tätigkeiten der medizi­nischen Diagnostik und Therapie an Angehörige eines Pflegeassistenzberufs, der Desinfektionsassistenz, der Ordinationsassistenz und der Operationsas-


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sistenz und an in Ausbildung zu einem Gesundheitsberuf stehende Personen wei­ter zu übertragen und gegebenenfalls die Aufsicht über deren Durchfüh­rung wahrzunehmen, sofern und soweit diese vom Tätigkeitsbereich des entspre­chenden Gesundheitsberufs umfasst sind.

(5) Weiters sind Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung berechtigt, einzelne Tätigkei­ten der medizinischen Diagnostik und Therapie

1.    an Personen gemäß § 3b und § 3c weiter zu übertragen, wobei § 3b Abs. 3
bis 6 und § 3c Abs. 2 bis 5 anzuwenden sind, sowie

2.    an Personen gemäß § 50a ÄrzteG 1998 weiter zu übertragen und die erforderli­che Anleitung und Unterweisung zu erteilen, wobei § 50a Abs. 1 zweiter
und dritter Satz ÄrzteG 1998 anzuwenden ist.“

17. Nach § 15a wird folgender § 15b samt Überschrift eingefügt:

„Verordnung von Arzneimitteln

§ 15b. (1) Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind zur Verordnung von Arzneimitteln gemäß Abs. 3 in den Bereichen

1.    Nahrungsaufnahme,

2.    Körperpflege sowie

3.    Pflegeinterventionen und -prophylaxen

berechtigt.

(2) Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung berechtigt, Arzneimittel solange weiterzuverordnen, bis die sich ändernde Patientensituation die Einstellung der Weiterverordnung oder die Rückmeldung an den Arzt erforderlich machen
oder der Arzt die Anordnung ändert. Bei Ablehnung der Weiterverordnung durch den


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gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist dies dem anord­nenden Arzt mitzuteilen. Eine Abänderung von ärztlich verordneten Arzneimitteln durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken­pflege ist nicht zulässig.

(3) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann im Verordnungs­wege festlegen,

1.    welche Arzneimittel (einschließlich Verabreichungsform) nach ärztlicher Anordnung in den Bereichen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3 weiterverordnet werden dürfen und

2.    welche Arzneimittel (einschließlich Verabreichungsform) ohne ärztliche Anordnung in den Bereichen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3 verordnet werden dürfen.

Vor Erlassung der Verordnung sind der Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat, die berufliche Vertretung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, die Österreichische Ärztekammer und der Dachverband der Sozialversicherungsträger zu hören.“

18. § 17 Abs. 2 Einleitungssatz lautet:

„Setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen sind insbesondere:“

19. In § 17 Abs. 2 wird nach Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

„3a.         Kinderintensivpflege“

20. § 17 Abs. 2 Z 7 und 8 lautet:

„7.     Infektionsprävention und Hygiene

8.       Wund-, Stoma- und Kontinenzmanagement“

21. § 17 Abs. 2 Z 10 entfällt.

22. § 17 Abs. 3 lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 192

„(3) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann nach Anhörung des Gesundheits- und Krankenpflege-Beirats, der beruflichen Vertretung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung weitere setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen
festlegen.“

23. Nach § 17 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Voraussetzung für die Ausübung von Spezialisierungen gemäß Abs. 2 und 3, die über die in der Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. in Weiter­bildungen erworbenen Kompetenzen hinausgehen, ist die erfolgreiche Absolvierung der entsprechenden Sonderausbildung oder Spezialisierung, innerhalb von fünf
Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit.“

24. Die Überschrift zu § 20 lautet:

„Intensivpflege, Kinderintensivpflege, Anästhesiepflege,
Pflege bei Nierenersatztherapie“

25. Nach § 20 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die Kinderintensivpflege umfasst die Beobachtung, Betreuung, Überwachung und Pflege von schwerstkranken Früh- und Neugeborenen, Kindern und
Jugendlichen einschließlich Mitwirkung bei Anästhesie und Nierenersatztherapie.“

26. Die Überschrift zu § 22 lautet:

„Infektionsprävention und Hygiene“

27. § 22 Abs. 1 lautet:

„(1) Die Infektionsprävention und Hygiene umfasst die Mitwirkung bei allen Maßnah­men, die der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Gesundheitssystem-assoziierten Infektionen und der Sicherstellung der Hygiene in allen Settings dienen.“

28. Die Überschrift zu § 22a lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 193

„Wund-, Stoma- und Kontinenzmanagement“

29.§ 22a Abs. 2 lautet:

„(2) Das Stomamanagement umfasst die individuelle Pflege, Versorgung und Bera­tung von Patienten mit Stoma, Inkontinenzleiden, Fisteln und sekundär
heilenden Wunden in Bezug auf die Wundversorgung, Hautpflege, Ernährung und Stärkung der Gesundheitskompetenz der Patienten.“

30. Dem § 22a wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Das Kontinenzmanagement umfasst alle medizinisch-pflegerischen Maß­nahmen, die der Aufrechterhaltung der Kontinenz sowie der Versorgung
und Beratung von Patienten und Klienten mit Kontinenzproblemen, insbesondere im Hinblick auf Ernährung, Hautpflege und Hilfsmittel, dienen.“

31. § 22c samt Überschrift entfällt.

32. In § 23 Z 2 entfällt die Wortfolge „, von Sonderausbildungen“.

33. In § 24 Abs. 1 wird die Wortfolge „der Fort-, Weiter- und Sonderausbildung“ durch die Wortfolge „von Fort- und Weiterbildung“ ersetzt.

34. § 25 Abs. 1 Z 2 entfällt.

35. § 28 Abs. 1 und 2 lautet:

„(1) Qualifikationsnachweise im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege sind:

1.    Urkunde über einen an einer österreichischen fachhochschulischen Einrichtung erfolgreich abgeschlossenen Fachhochschul-Bachelorstudiengang gemäß Fachhochschulgesetz (FHG), BGBl. Nr. 340/1993, in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 194

2.    Diplom über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung an einer Schule für Ge­sundheits- und Krankenpflege nach den Bestimmungen dieses Bundesge­setzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 120/2016;

3.    Diplom über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung an einer Schule für Kin­der- und Jugendlichenpflege nach den Bestimmungen dieses Bundesge­setzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 120/2016;

4.    Diplom über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung einer Schule für psychia­trische Gesundheits- und Krankenpflege nach den Bestimmungen dieses Bun­desgesetzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 120/2016;

5.    Diplom über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung einer Krankenpflege­schule, einer Kinderkrankenpflegeschule oder einer Ausbildungsstätte
für die psychiatrische Krankenpflege nach den Bestimmungen des Krankenpfle­gegesetzes, BGBl. Nr. 102/1961.

(2) Fachhochschul-Bachelorstudiengänge gemäß Abs. 1 Z 1 haben

1.    unter der Leitung eines Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu stehen und

2.    der Verordnung gemäß Abs. 3 zu entsprechen.“

36. In § 28 Abs. 3 erster Satz wird die Wortfolge „Ausbildungen gemäß Abs. 2“ durch die Wortfolge „Fachhochschul-Bachelorstudiengänge gemäß Abs. 1 Z 1“ ersetzt
und es entfällt der zweite Satz.

37. In § 28 Abs. 4 Z 4 entfällt die Wortfolge „und den kurz-, mittel- und längerfristi­gen Bedarf“.

38. In § 28 Abs. 5 wird der Ausdruck „gemäß Abs. 2“ durch den Ausdruck
„gemäß Abs. 1 Z 1“ ersetzt.

39. In § 28 Abs. 6 wird der Ausdruck „Abs. 1 Z 1 und 4“ durch den Ausdruck „gemäß Abs. 1 Z 2 und 5“ ersetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 195

40. § 28a Abs. 7 lautet:

„(7) Personen,

1.    bei denen auf Grund wesentlicher Unterschiede zwischen der nach diesem Bundesgesetz erforderlichen und der im Herkunftsstaat erworbenen Qualifikation die Anerkennung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege unter der Bedingung der Absolvierung von Ausgleichsmaßnahmen erfolgt, oder

2.    deren im Herkunftsstaat erworbene Qualifikation im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ohne die Bedingung der Absolvierung von Aus­gleichsmaßnahmen anerkannt wurde, die aber noch nicht über die für
die Berufsausübung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen,

sind berechtigt, sich in der Pflegefachassistenz in das Gesundheitsberuferegister eintragen zu lassen und innerhalb von zwei Jahren ab Eintragung in das Gesundheitsberuferegister die Pflegefachassistenz auszuüben; diese Frist ist nicht verlängerbar.“

41. § 30 Abs. 1 lautet:

„(1) Als Qualifikationsnachweise für Spezialisierungen gemäß § 17 sind Qualifika­tionsnachweise gemäß § 28a Abs. 1 und 2 nach den Bestimmungen der
Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennen, sofern diese eine Ausbildung abschließen, die der entsprechenden österreichischen Ausbildung gleichwertig ist.“

42. In § 31 Abs. 1 wird vor dem Wort „nostrifiziert“ die Wortfolge „unter Berück­sichtigung im Rahmen einschlägiger Berufserfahrung erworbener Kompe­tenzen“ eingefügt.

43. In § 31 Abs. 1a wird die Wortfolge „ab Erlassung des Nostrifikationsbescheids“ durch die Wortfolge „ab Eintragung in das Gesundheitsberuferegister“ ersetzt.

44. Die Überschrift des 5. Abschnitts des 2. Hauptstücks lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 196

„Fortbildungen, Weiterbildungen und Höherqualifizierungen“

45. Dem § 64 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat durch Verordnung nähere Regelungen insbesondere über

1.    die Inhalte und die Abhaltung von Weiterbildungen unter Bedachtnahme auf eine qualitätsgesicherte Ausbildung,

2.    die Leistungsfeststellung und -beurteilung,

3.    die Form und den Inhalt der auszustellenden Zeugnisse und

4.    einheitliche Zusatzbezeichnungen

zu erlassen.“

46. Die §§ 65, 66 bis 70a und 73 samt Überschriften entfallen.

47. § 65a samt Überschrift lautet:

„Höherqualifizierung – Lehr- und Führungsaufgaben

§ 65a. (1) Für Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind zur Höherqualifizierung, die für die Ausübung von Lehraufgaben gemäß § 17 Abs. 5 und für Führungsaufgaben gemäß § 17 Abs. 6 erforderlich
sind, Spezialisierungsausbildungen nach den hochschulrechtlichen Rege­lungen anzubieten.

(2) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat durch Verordnung

1.    die für die Ausübung von Lehraufgaben und von Führungsaufgaben zu vermittelnden Qualifikationsprofile festzulegen und

2.    die Studiengänge nach den hochschulrechtlichen Regelungen, die die Vermittlung der Qualifikationen gemäß Z 1 gewährleisten, als Ausbildungen für Lehrauf­gaben bzw. für Führungsaufgaben anzuerkennen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 197

(3) Der Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat gemäß § 65c hat die fachliche Grund­lage für die Qualifikationsprofile gemäß Abs. 2 Z 1 und Richtlinien für die Aner­kennung gemäß Abs. 2 Z 2 festzulegen. Voraussetzung für die Anerkennung von Stu­diengängen als Ausbildung für Lehraufgaben bzw. für Führungsaufgaben ist die Einholung eines Gutachtens des Gesundheits- und Krankenpflege-Beirats.

(4) Dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister sind

1.    alle Änderungen von Studienplänen von Ausbildungen, die gemäß Abs. 2 Z 2 anerkannt sind, und

2.    Studienpläne von Ausbildungen, für die eine Anerkennung gemäß Abs. 2 Z 2 angestrebt wird,

von der jeweiligen Ausbildungseinrichtung unter Nachweis der Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen zu übermitteln.“

48. Nach § 65a wird folgender § 65b samt Überschrift eingefügt:

„Höherqualifizierung – Setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen

§ 65b. (1) Für Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind zur Höherqualifizierung, die für die Ausübung von setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen gemäß § 17 Abs. 2 und 3 erfor­derlich ist, Spezialisierungsausbildungen nach den hochschulrechtlichen Regelungen im Mindestumfang von 60 ECTS-Anrechnungspunkten anzubieten. Die Spezialisierungsausbildungen haben theoretische und praktische Ausbildungsinhalte zu umfassen.

(2) Spezialisierungsausbildungen gemäß Abs. 1 können als in sich geschlossene Studiengänge oder gestuft in Lehrgängen mit Einzelabschlüssen angeboten werden.

(3) Bei Spezialisierungen mit mehreren Fachbereichen können diese auch ge­trennt in Fachbereichen angeboten und absolviert werden, sie gelten jedoch als Spe­zialisierung gemäß Abs. 1 nur bei Absolvierung aller vorgesehenen Fachbereiche.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 198

(4) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat durch Verordnung für Spezialisierungsausbildungen gemäß Abs. 1 insbesondere

1.    die zu vermittelnden Qualifikationsprofile,

2.    die Mindestanforderungen an eine qualitätsgesicherte Ausbildung,

3.    die Zugangsvoraussetzungen

festzulegen.“

49. In § 83 Abs. 2 entfallen der vorletzte und letzte Satz.

50. In § 83 Abs. 4 entfällt im zweiten Satz das Wort „schriftlicher“, wird im dritten Satz der Ausdruck „Abs. 5“ durch den Ausdruck „Abs. 4 Z 2“ ersetzt und ent­fällt der letzte Satz.

51. § 83a lautet:

„§ 83a. (1) Der Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz umfasst die eigenverant­wortliche Durchführung folgender Aufgaben:

1.    Mitwirkung an und Durchführung von Pflegemaßnahmen (Abs. 2),

2.    Handeln in Notfällen (Abs. 3),

3.    Mitwirkung bei medizinischer Diagnostik und Therapie (Abs. 4).

(2) Die Pflegemaßnahmen gemäß Abs. 1 Z 1 umfassen:

1.    Mitwirkung beim Pflegeassessment,

2.    Beobachtung des Gesundheitszustands,

3.    Durchführung der ihnen entsprechend ihrem Qualifikationsprofil von Angehöri­gen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege übertra­genen Pflegemaßnahmen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 199

4.    Anleitung und Unterweisung von Auszubildenden der Pflegeassistenzberufe.

Die Durchführung von Pflegemaßnahmen darf nur nach Anordnung von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erfolgen.

(3) Das Handeln in Notfällen gemäß Abs. 1 Z 2 umfasst:

1.    Erkennen und Einschätzen von Notfällen und Setzen entsprechender Maßnah­men und

2.    eigenverantwortliche Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen,
solange und soweit ein Arzt nicht zur Verfügung steht, insbesondere

a)    Herzdruckmassage und Beatmung mit einfachen Beatmungshilfen,

b)    Durchführung der Defibrillation mit halbautomatischen Geräten oder Geräten im halbautomatischen Modus sowie

c)    Verabreichung von Sauerstoff;

die Verständigung eines Arztes ist unverzüglich zu veranlassen.

(4) Die Mitwirkung bei medizinischer Diagnostik und Therapie gemäß Abs. 1 Z 3 umfasst:

1.    Verabreichung von lokal, transdermal sowie über Gastrointestinal-
und/oder Respirationstrakt zu verabreichenden Arzneimitteln,

2.    Durchführung von Mikro- und Einmalklistieren,

3.    Legen und Entfernen von transnasalen und transoralen Magensonden sowie Durchführung von Sondenernährung bei liegenden Magensonden,

4.    Setzen und Entfernen von transurethralen Kathetern, ausgenommen bei Kindern,

5.    Erhebung und Überwachung von medizinischen Basisdaten (Puls, Blutdruck, Atmung, Temperatur, Bewusstseinslage, Gewicht, Größe, Ausscheidungen),


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 200

6.    standardisierte Blut-, Harn- und Stuhluntersuchungen sowie Blutentnahme aus der Kapillare im Rahmen der patientennahen Labordiagnostik und Durch­führung von Schnelltestverfahren (Point-of-Care-Tests),

7.    Durchführung standardisierter diagnostischer Programme, wie EKG, EEG, BIA, Lungenfunktionstest,

8.    Blutentnahme aus der Vene,

9.    Legen, Wechsel und Entfernung von subkutanen und periphervenösen Verweilkanülen,

10.  Verabreichung von subkutanen Injektionen,

11.  Verabreichung von subkutanen Infusionen und intravenösen Infusionen ohne me­dikamentösen Wirkstoff zur Hydration bei liegendem periphervenösen Gefäßzugang,

12.  Ab- und Anschließen laufender Infusionen ausgenommen Zytostatika und Trans­fusionen mit Vollblut und/oder Blutbestandteilen, bei liegendem peripher­venösen Gefäßzugang, die Aufrechterhaltung dessen Durchgängigkeit sowie ge­gebenenfalls die Entfernung desselben,

13.  Durchführung einfacher Wundversorgung, einschließlich Anlegen von Verbän­den, Wickeln und Bandagen, und Assistenz bei der chirurgischen Wundversorgung,

14.  Absaugen aus den oberen Atemwegen sowie dem Tracheostoma in stabilen Pflegesituationen,

15.  einfache Wärme-, Kälte- und Lichtanwendungen,

16.  Anlegen von Miedern, Orthesen und elektrisch betriebenen Bewegungsschienen nach vorgegebener Einstellung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 201

Im Rahmen der Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie hat die Durchführung
der Tätigkeiten im Einzelfall nach ärztlicher Anordnung zu erfolgen. Nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Z 2 kann die Anordnung auch durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erfolgen.“

52. § 87 Abs. 11 und 12 lautet:

„(11) Personen, denen die Anerkennung in der Pflegefachassistenz gemäß Abs. 3 an die Bedingung der Absolvierung einer Eignungsprüfung oder eines Anpassungs­lehrgangs geknüpft wurde, sind berechtigt, sich in der Pflegeassistenz in
das Gesundheitsberuferegister eintragen zu lassen und innerhalb von zwei Jahren ab Eintragung in das Gesundheitsberuferegister die Pflegeassistenz auszuüben;
diese Frist ist nicht verlängerbar.

(12) Personen, denen die Anerkennung in der Pflegeassistenz gemäß Abs. 3 an die Bedingung der Absolvierung einer Eignungsprüfung oder eines Anpassungs­lehrgangs geknüpft wurde, sind berechtigt, sich in der Pflegeassistenz in das Gesund­heitsberuferegister eintragen zu lassen und innerhalb von zwei Jahren ab Ein­tragung in das Gesundheitsberuferegister die Pflegeassistenz unter Anleitung und Aufsicht von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auszuüben; diese Frist ist nicht verlängerbar.“

53. § 89 Abs. 9 und 10 lautet:

„(9) Personen, denen die Nostrifikation in der Pflegefachassistenz gemäß Abs. 7 an die Bedingung der Absolvierung einer Ergänzungsausbildung geknüpft wurde,
sind berechtigt, sich in der Pflegeassistenz in das Gesundheitsberuferegister eintragen zu lassen und innerhalb von zwei Jahre ab Eintragung in das Gesundheitsberufe­register die Pflegeassistenz auszuüben; diese Frist ist nicht verlängerbar.

(10) Personen, denen die Nostrifikation in der Pflegeassistenz gemäß Abs. 7 an die Bedingung der Absolvierung einer Ergänzungsausbildung geknüpft wurde, sind berechtigt, sich in der Pflegeassistenz in das Gesundheitsberuferegister eintragen zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 202

lassen und innerhalb von zwei Jahren ab Eintragung in das Gesundheitsberufe­register die Pflegeassistenz unter Anleitung und Aufsicht von Angehörigen des geho­benen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auszuüben; diese Frist ist
nicht verlängerbar.“

54. Nach § 116b wird folgender § 116c samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmung – Sonderausbildungen

§ 116c. (1) Sonderausbildungen gemäß §§ 65 ff. in der Fassung vor der Novelle
BGBl. I Nr. xxx/2024 können nach diesen Bestimmungen bis längstens 31. Dezember 2032 begonnen und nach diesen Bestimmungen durchgeführt und abgeschlos­sen werden.

(2) Diplome über eine Sonderausbildung gemäß §§ 66 bis 70 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. xxx/2024 gelten als Höherqualifizierung für die entspre­chende setting- oder zielgruppenspezifische Spezialisierung gemäß § 65b in der Fas­sung BGBl. I Nr. xxx/2024.“

55. Dem § 117 werden folgende Abs. 42 bis 44 angefügt:

„(42) Der Eintrag zu § 65a im Inhaltsverzeichnis sowie § 3a Abs. 3, § 5 Abs. 3, § 15,
§ 28 Abs. 1 bis 6, § 28a Abs. 7, § 31 Abs. 1 und 1a, § 65a samt Überschrift,
§ 83 Abs. 2 und 4, § 83a, § 87 Abs. 11 und 12 und § 89 Abs. 9 und 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(43) Die Einträge zu § 15b, § 20, § 22, § 22a, zum 5. Abschnitt des 2. Hauptstücks, zu § 65b und § 116c im Inhaltsverzeichnis sowie § 13 Z 4, § 15b samt Überschrift,
§ 17 Abs. 2, 3 und 3a, die Überschrift zu § 20, § 20 Abs. 1a, die Überschrift zu § 22,
§ 22 Abs. 1, die Überschrift zu § 22a, § 22a Abs. 2 und 3, § 30 Abs. 1, die Über­schrift des 5. Abschnitts des 2. Hauptstücks, § 65b samt Überschrift und § 116c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit
1. September 2025 in Kraft; gleichzeitig treten die Einträge zu §§ 22c und § 70a im


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Inhaltsverzeichnis sowie die §§ 22c und 70a samt Überschriften außer Kraft. Verordnungen gemäß § 65b Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. xxx/2024 können bereits ab dem der Kundmachung des BGBl. I
Nr. xxx/2024 folgenden Tag erlassen werden und treten frühestens mit 1. September 2025 in Kraft.

(44) § 11 Abs. 2, § 23 Z 2, § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und § 64 Abs. 7 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. Jänner 2033
in Kraft; gleichzeitig treten die Einträge zu §§ 65, 66 bis 70 und 73 im Inhaltsver­zeichnis sowie die §§ 65, 66 bis 70 und 73 samt Überschriften außer Kraft.“«

Begründung

Zu Artikel 1 bis 3 (§ 805 ASVG, § 415 GSVG, § 410 BSVG):

Mit der Verlegung des Zeitpunkts des Inkrafttretens auf den 1. Jänner 2025 wird der notwendigen Vorlaufzeit für die Umsetzung im Bereich des Vollzugs Rechnung getragen.

Zu Artikel 6 (GuKG):

Die vorliegende GuKG-Novelle enthält weitere Umsetzungsschritte für das am
12. Mai 2022 von der Bundesregierung im Ministerrat beschlossene umfas­sende Pflegereformpaket. Ziel auch der vorliegenden Novelle ist eine nachhaltige Verbesserung der medizinisch-pflegerischen Versorgung und der berufs­rechtlichen Rahmenbedingungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe.

Die Umsetzung der zentralen berufs- und ausbildungsrechtlichen Maßnahmen im Rahmen des Pflegereformprozesses seit 2022 erfolgte in einem zeitlichen Stufenprozess.

So wurden berufsrechtliche Maßnahmen (Kompetenzerweiterungen bzw. Anpassung der Tätigkeitsbereiche der Pflegeassistenzberufe an die Anforderungen der
Praxis, Entfristung der Pflegeassistenz in Krankenanstalten, Erleichterung von Nostri­fikationen) bereits im Rahmen der GuKG-Novelle BGBl. I Nr. 82/2022,


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der GuKG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. 128, und der GuKG-Novelle 2023, BGBl. I
Nr. 108, umgesetzt.

Zur Erleichterung der Nostrifikationen wurden durch die GuKG-Novelle
BGBl. I Nr. 82/2022 sowie die GuKG-Novelle 2023 für Berufsangehörige eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs mit ausländischem Ausbildungsab­schluss schon während eines Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsverfahrens Maß­nahmen in Form einer befristeten Berufsausübungsmöglichkeit in einem nie­derschwelligeren Pflegeberuf (PA oder PFA) umgesetzt. Weiters wurde die Nostrifika­tionsbestimmung für Pflegeassistenzberufe dahingehend umgestaltet, dass
sich der Bewertungsmaßstab nicht mehr auf einen 1:1-Vergleich der Ausbildungsin­halte, sondern auf die erforderlichen Kompetenzen ausrichtet. Mit diesen Maßnahmen soll ein schnellerer und leichterer Berufszugang von im Ausland aus­gebildeten qualifizierten Pflegekräften realisiert werden.

Weiters sind bereits folgende ausbildungsrechtliche Maßnahmen im Rahmen
des Pflegereformprozesses umgesetzt worden:

-       Für die Lehrlingsausbildung in den Pflegeassistenzberufen (PA-/PFA-Lehre) wur­den die rechtlichen Grundlagen im Berufsausbildungsgesetz (BAG-Novelle
BGBl. I Nr. 62/2023) und im GuKG gemeinsam mit dem führend zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und dem Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Forschung vorbereitet und 2023 der parlamentari­schen Behandlung zugeführt. Die Ausbildungsordnungen für den Lernort
Betrieb sind ebenfalls bereits erlassen und unter BGBl. II Nr. 244/2023 und BGBl. II Nr. 245/2023 kundgemacht. Als Unterstützung für die Ausbil­dung in den Lehrbetrieben ist die Bereitstellung eines Ausbildungshandbuches inklusive einer Ausbildungsdokumentation für Lehrlinge vorgesehen,
diese ist noch in Erarbeitung. Die Übergangslehrpläne für die Berufsschulen wurden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und For­schung ebenfalls bereits veröffentlicht. Erste Ausbildungsversuche in der
PA- bzw. PFA-Lehre sind in einigen Bundesländern mit Herbst 2023
bereits gestartet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 205

-       Bezüglich der Überführung der Schulversuche im berufsbildenden Schulwesen in das Regelschulwesen wurden mit dem Schulrechtspaket BGBl. I
Nr. 165/2022 die Rechtsgrundlagen für die Einführung neuer Schulformen, die Höhere Lehranstalt für Pflege und Sozialbetreuung (HLPS) und die Fach­schule für Sozialberufe mit Pflegevorbereitung, geschaffen. Damit wurden die Schulversuche im berufsbildenden Schulwesen, die eine Qualifikation in
der Pflegeassistenz bzw. Pflegefachassistenz vermitteln, in das Regelschulwesen überführt. Die erforderliche Lehrpläne wurden ebenfalls bereits unter
BGBl. II Nr. 150/2023 erlassen.

Durch die vorliegende Novelle werden entscheidende berufs- und ausbildungsrecht­liche Reformmaßnahmen auf den Weg gebracht, die eine nachhaltige Verbes­serung der medizinisch-pflegerischen Versorgung und der berufsrechtlichen Rahmen­bedingungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe bezwecken. Nach
den Reformen der vergangenen Jahre werden weitere zukunftsweisende Maßnahmen getroffen, die den Pflegesektor langfristig dabei unterstützen sollen, den aktuel­len und künftigen Herausforderungen zu begegnen. Die Weiterentwicklung
der berufsrechtlichen Handlungsspielräume ermöglicht eine hochwertige Versorgung und ist ein wichtiger Schritt, die Pflegeberufe nachhaltig zu attraktiveren.
Die im Herbst 2023 abgeschlossene Evaluierung der GuKG-Novelle 2016, die von der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Gesundheitsministeriums durch­geführt worden ist, hat eine klare Entscheidungsgrundlage zugunsten des Auslaufens der Sekundarausbildung für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Kran­kenpflege und für die vollständige Überführung der DGKP-Ausbildung in
den Fachhochschulbereich gebracht. Demzufolge sind mit 1. Jänner 2024 die Rechtsgrundlagen für die DGKP-Ausbildung auf Sekundarstufe im GuKG außer Kraft getreten, die bis Ende 2023 noch begonnenen DGKP-Ausbildungen auf Se­kundarstufe laufen daher bis Ende 2026 aus. Somit ist mit Beginn 2024 die Ausbil­dung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch in
Österreich – entsprechend der internationalen Entwicklung und den gestiegenen Anforderungen an diesen zentralen Beruf im Gesundheitswesen – ausschließlich dem tertiären Bildungssektor zuzuordnen. Diese Entwicklung ist als unabdingbare


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 206

Voraussetzung für das künftige Gefüge innerhalb der drei Gesundheits- und Kranken­pflegeberufe zu sehen wie auch als notwendige Voraussetzung für die Weiter­entwicklung der Rolle des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im österreichischen Gesundheits- und Pflegewesen.

Die Ergebnisse der Evaluierung liefern weiters weitere aussagekräftige und evidenzbasierte Grundlagen für zukunftsweisende Maßnahmen für alle drei Pflege­berufe (Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefach­assistenz, Pflegeassistenz). Als Schlussfolgerung der Evaluierung ergibt sich, dass eine Weiterentwicklung des GuKG hinsichtlich der berufsrechtlichen Handlungs­spielräume wesentlich ist, um langfristig die Grundlagen für eine qualitätsvolle Ver­sorgung zu schaffen und Pflegeberufe als attraktive Berufswahl zu verankern.

Eine Online-Präsentation zu den Ergebnissen der Evaluierung der GuKG-Novelle 2016 erfolgte seitens der Gesundheit Österreich GmbH am 8. November 2023. Im Zusammenhang mit der Zielsetzung nach einer Weiterentwick­lung der berufsrechtlichen Handlungsspielräume der Gesundheits- und Kranken­pflegeberufe hat am 29. November 2023 das Bundesministerium für
Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Online-Veranstaltung zum Thema „Neugestaltung der Kompetenzen der Gesundheits- und Krankenpflege­berufe“ abgehalten.

Dementsprechend werden nunmehr im Rahmen der vorliegenden Novelle die Kompe­tenzen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe neu gestaltet und für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, einer akademisierten Berufs­gruppe adäquat geregelt.

Auch wird der im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 begonnene erste Schritt
der Neugestaltung der Regelungen hinsichtlich der Spezialisierungen und ihrer Zuord­nung zum tertiären Ausbildungsbereich als logischer Schritt der Tertiärisierung
der Ausbildung fortgesetzt. Der gesamte Bereich der Spezialisierungen
bzw. Höherqualifizierungen wird damit dem tertiären Bereich zugeordnet. Dies trägt auch der Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums, dem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 207

Bologna-Prozess bzw. der Bologna Architektur, Rechnung. Die eingeräumten Über­gangsfristen für die bestehenden Ausbildungsangebote für Spezialisierungen,
die bisherigen – teilweise noch auf Sekundarstufe angesiedelten – Sonderausbildun­gen, sollen für die betroffenen Einrichtungen ausreichende Planungs- und Um­setzungszeiträume bieten.

Zielsetzung der in der Novelle vorgesehenen Reformmaßnahmen ist auch, dass diese zeitnah in Umsetzung gebracht werden. In der Folge sollen in einem weiteren nächsten Reformschritt die im Berufsfeld und Ausbildungsbereich der Pflege bereits laufenden Entwicklungen neuer Rollen der diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, die zukünftig einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung leisten können, berufsrechtlich abgebil­det werden (z.B. Community Health Nurse, School Nurse, ANP).

Finanzielle Auswirkungen:

Die vorliegende Novelle beinhaltet weitere berufsrechtliche Maßnahmen, die auf eine nachhaltige Verbesserung der medizinisch-pflegerischen Versorgung und der berufsrechtlichen Rahmenbedingungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe abzielen und kostenneutral in Umsetzung gebracht werden können. Es wird
daher von keinen finanziellen Mehraufwendungen für den Bund, die Länder und die Sozialversicherung ausgegangen.

Verhältnismäßigkeitsprüfung:

Durch die vorgeschlagenen Regelungen wird der Zugang zu den und die Aus­übung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe gegenüber den bestehenden Re­gelungen nicht beschränkt, sondern im Sinne der angestrebten Kompetenz­erweiterung und Öffnung von Vorbehaltsbereichen und des Abbaus berufsrechtlicher Schranken zwischen und innerhalb der gesetzlich geregelten Gesundheitsbe­rufe erleichtert. Diese Regelungen fallen somit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/958 und erfordern keine Verhältnismäßigkeitsprüfung
nach den Bestimmungen des Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetzes (VPG), BGBl. I Nr. 67/2021.


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Zu Artikel 6 Z 1, 15, 17 und 55 (Inhaltsverzeichnis, §§ 13, 15b und 117
Abs. 43 GuKG):

In den Jahren 2010 bis 2012 fanden mehrere Arbeitssitzungen zur Frage der Durchführung ärztlicher Tätigkeiten durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege mit dem Schwerpunkt Arzneimittel und Medizinprodukte
statt. Ziel der Arbeitsgruppen war es, einen den Bedürfnissen der Praxis entspre­chenden Konsens hinsichtlich der Möglichkeit der Übernahme von Tätigkei­ten durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im Bereich der Anord­nung und Verordnung von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu erzielen.
Je nach Handlungsfeld (Krankenanstalten, Pflegeheime, Hauskrankenpflege etc.) soll diese Ermächtigung durch organisations- und dienstrechtliche Vorgaben unterschiedlich gehandhabt bzw. ausgeschöpft werden. Die Verordnungskompetenz der Ärzt:innen soll davon unberührt bleiben.

Das Ergebnis der Arbeitsgruppen, an der Vertreter:innen des Gesundheitsministe­riums, der Ärzteschaft und der Gesundheits- und Krankenpflege teilnahmen,
waren gemeinsam erarbeitete Konsenspapiere zur Frage, ob und welche Medizinprodukte und Arzneimittel unter welchen Voraussetzungen auch vom gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege verordnet bzw. weiterverordnet und angewendet werden könnten.

Im Rahmen der GuKG-Novelle 2016, BGBl. I Nr. 75/2016, wurde die gesetzliche Grundlage für die Weiterverordnung von ärztlich verordneten Medizinpro­dukten in bestimmten Bereichen geschaffen. Da sich diese Regelung in der Folge in der Praxis als schwer umsetzbar erwiesen hat, wurde im Rahmen der GuKG-Novelle 2023, BGBl. I Nr. 108/2023, eine mit der Sozialversicherung abgestimmte Erweiterung auf die Möglichkeit der Erstverordnung von bestimmten Medi­zinprodukten durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen geschaffen, die seit 1. Jänner 2024 durch die entsprechenden sozialversicherungsrechtli­chen Begleitmaßnahmen wirksam geworden ist.


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Was die Umsetzung der im Konsenspapier zu den Arzneimitteln festgelegten fachli­chen Grundlagen betrifft, so ist dafür bis dato keine berufsrechtliche Grund­lage im GuKG geschaffen worden. Daher wird im Sinne der durch diese Novelle an­gestrebten Erweiterung der Kompetenzen auch dieser Bereich umgesetzt.
Bei den in Frage kommenden Produkten handelt es sich um Arzneimittelgruppen, die im Rahmen der pflegerischen Versorgung anfallen und nicht sozialversiche­rungrechtlich erstattungsfähig sind. Die Entscheidung über die Möglichkeit der Wei­terverordnung erfolgt nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung, die neben
dem Produkt und der Verabreichungsform auch eine allfällige Befristung der Wei­terverordnung bzw. Modalitäten der Rückkoppelung mit dem/der Arzt/Ärz­tin enthalten kann. Eine Abänderung der ärztlichen Verordnung durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist nicht zulässig. Die Vorgaben
des Rezeptpflichtgesetzes sind ebenso zu beachten wie die Qualitätsanforderungen an Arzneimittel entsprechend dem Arzneimittelrecht. Im Verordnungswege
werden jene Arzneimittel in den genannten drei Bereichen im Rahmen der pflegeri­schen Versorgung bestimmt, die vom gehobenen Dienst für Gesundheits-
und Krankenpflege mit oder ohne ärztliche Anordnung (weiter)verordnet und in der Folge verabreicht werden dürfen. Formalerfordernis für die Erlassung der Ver­ordnung gemäß Abs. 3 ist die Anhörung der Berufsvertretungen der Ärzt:innen und der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sowie der Sozialversicherung. Die Ergebnisse der Anhörung haben einen hohen Stellenwert und dienen als Grundlage für die zu erlassende Verordnung.

Zu Artikel 6 Z 2 bis 7, 9, 10, 13, 14, 18 bis 34, 41, 44 bis 48,54 und 55 (Inhaltsverzeichnis, §§ 11, 17, 20, 22, 22a, 22c, 23 bis 25, 30 Abs. 1, 5. Abschnitt des 2. Hauptstücks, § 116c und § 117 Abs. 43 und 44 GuKG):

Bereits im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 wurde der erste Schritt zur Neugestaltung der Regelungen hinsichtlich der Spezialisierungen gesetzt. Die damals drei neugeschaffenen setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen
wurden bereits ausschließlich dem tertiären Ausbildungsbereich zugeordnet. Im Rah­men der vorliegenden Novelle wird diese Entwicklung für alle Spezialisierungen


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fortgesetzt. Auch ist die Tertiärisierung der Spezialisierungen im Sinne des Bologna-Prozesses und der Bologna-Architektur als logische Folge und als notwendiger
Schritt der erfolgten vollständigen Tertiärisierung der Grundausbildung erforderlich. Der gesamte Bereich der Spezialisierungen bzw. Höherqualifizierung wird
somit dem tertiären Bereich zugeordnet (siehe Allgemeiner Teil). Festzuhalten ist, dass die Notwendigkeit einer ärztlichen Anordnung für Tätigkeiten im Rah­men von Spezialisierungen weiterhin bestehen bleibt. Klargestellt wird, dass im Sinne des § 15 Abs. 3 das Berufsbild nicht erweitert wird und jene Maßnahmen,
deren fachgerechte Durchführung einer ärztlichen Qualifikation bzw. Qualifikation in einem anderen Gesundheitsberuf bedürfen, nicht von Spezialisierungen erfasst
sind.

Als Grundlage für die Adaptierung und Neugestaltung der Regelungen betreffend Spezialisierungen werden die fachlichen Vorarbeiten der Gesundheit
Österreich GmbH (GÖG) herangezogen. Ein Arbeitspapier der Gesundheit Österreich GmbH „Aktualisierung der Spezialisierungen in der GuK – Setting‐ und zielgruppenspezifische Spezialisierungen (ausgenommen OP‐Pflege)“ vom Dezem­ber 2020, das unter Hinzuziehung externer Expert:innen ausgearbeitet
worden ist, dient hiebei als zentrales Fachkonzept, das in der Folge auch bei der Ausarbeitung der Durchführungsverordnungen für die Spezialisierung eine
wertvolle Grundlage bieten wird. Die Spezialisierung OP-Pflege war im Rahmen dieser Arbeiten aufgrund der parallel laufenden Arbeiten zur Operationstechnischen Assistenz ausgenommen.

Die GÖG hat weiters im Jahr 2023 im Auftrag des Gesundheitsministeriums fachliche Vorarbeiten zur künftigen tertiären Ausbildungsarchitektur der Spezialisierun­gen geleistet, die ebenfalls in die Konzeption der vorliegenden Novelle eingeflossen sind.

Aus den fachlichen Vorarbeiten ergibt sich zunächst für die Adaptierung
der derzeit vorgesehenen Spezialisierungen ein Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Änderung der Bezeichnung und des Anwendungsbereichs der Spezialisierung „Krankenhaushygiene“ auf die alle Settings umfassende „Infektionsprävention und


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Hygiene“, weiters ergibt sich die Notwendigkeit der Änderung der Spezialisie­rung „Wundmanagement und Stomaversorgung“ in „Wund-, Stoma- und Kontinenz­management“.

Zu der im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 neu aufgenommenen Spezialisie­rung „Psychogeriatrische Pflege“ haben die fachlichen Vorarbeiten gezeigt, dass sich die erarbeiteten Qualifikationsprofile und die notwendigen Kompetenzen der Spezialisierungen „Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege“ und „Psychoger­iatrische Pflege“ nicht unterscheiden. Folglich sollten diese nicht als getrenn­te Spezialisierungen normiert werden, sondern der Bereich Psychogeriatrische Pflege kann vielmehr im Rahmen der Spezialisierungsausbildungen der Psychiatri­schen Gesundheits- und Krankenpflege durch Schwerpunktsetzungen vermittelt werden.

Weiters wird die Spezialisierung Kinderintensivpflege, die bisher unsystematisch in § 68a GuKG geregelt war, in die §§ 17 und 20 GuKG aufgenommen.

Diesen Änderungen wird auch in der Regelung über die EWR-Anerkennung von Spezialisierungen (§ 30) Rechnung getragen.

Im Sinne einer dynamischen Regelung der setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen, die auch künftigen Bedarfen gerecht werden soll, wird
im § 17 GuKG von der taxativen Aufzählung der Spezialisierungen zugunsten einer demonstrativen Aufzählung abgegangen und die Möglichkeit geschaffen, im Verordnungsweg nach Anhörung der beruflichen Vertretung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der Österreichischen Ärztekammer weitere über
die Auflistung hinausgehende setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen festzulegen, für die ebenfalls die in § 65b GuKG festgelegten Vorgaben gelten
werden. So könnten zukünftig weitere Spezialisierungen, z. B. im Bereich „Cancer Nursing“, „Acute Community Nursing“, geschaffen werden. Für alle (auch
künftigen) setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen werden insbeson­dere die zu vermittelnden Qualifikationsprofile, die Mindestanforderungen
an die Ausbildung und die Zugangsvoraussetzungen in den gesundheitsrechtlichen Durchführungsbestimmungen festzulegen sein.


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Aus den Ergebnissen der GÖG-Arbeiten im Jahr 2023 zur tertiären Ausbil­dungsarchitektur sowie aufgrund der Tertiärisierung des Berufs und der damit ver­bundenen Neugestaltung des § 15 GuKG werden nunmehr auch die setting-
und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen auf tertiärem Niveau
als Höherqualifizierung von diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen geregelt.

In § 65b GuKG wird normiert, dass Spezialisierungsausbildungen für die
setting- und zielgruppenspezifische Höherqualifizierung angeboten werden müssen. Wie bei der Neugestaltung zu § 15 GuKG ausgeführt, ist vom Berufs- und Tätigkeitsvorbehalt auch der Bereich der Spezialisierungen mitumfasst. Die bisher in
§ 17 Abs. 3 vorgesehene Regelung, wonach innerhalb von fünf Jahren die entsprechende Spezialisierungsausbildung zu absolvieren ist, wird mit der Maßgabe im neuen Abs. 3a beibehalten, dass dem neu gestalteten § 15 in Verbindung
mit § 65b GuKG Rechnung getragen wird.

Zur Konkretisierung und Spezifizierung eines qualitätsgesicherten Personaleinsatzes in Spezialbereichen sind organisationsrechtliche Strukturqualitätskriterien,
z.B. im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG), zu verankern. Mit den neuen Regelungen wird auch den Zielsetzungen des Artikel 8 der Vereinbarung gemäß
Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens Rech­nung getragen (siehe unten zu § 15 GuKG).

Die für die Erlangung der erforderlichen Qualifikationen von den Hochschulen anzubietenden Spezialisierungsausbildungen müssen einen Mindestum­fang von 60 ECTS-Anrechnungspunkten aufweisen und können nach den hoch­schulrechtlichen Möglichkeiten des Universitätsgesetzes 2002, des Fach­hochschulgesetzes und des Privathochschulgesetzes angeboten und absolviert werden, wobei auch eine modulare Form denkbar ist. Klargestellt wird,
dass die hochschulrechtlichen Weiterbildungsmöglichkeiten nicht zwingend einen Bachelorabschluss als Zugangsvoraussetzung vorsehen, sodass insbesondere
für akademische Lehrgänge der Zugang auch für auf Sekundarstufe ausgebildete


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Personen offenstehen sollte. Bereits derzeit gibt es entsprechende Ausbil­dungsangebote an allen drei Hochschulsektoren (Fachhochschulen, öffentliche Universitäten, Privatuniversitäten).

Um für die betroffenen Einrichtungen ausreichende Planungs- und Umset­zungszeiträume zu ermöglichen und zwischenzeitlich insbesondere
auch den diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, die die Grundaus­bildung an einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule absolviert haben,
ein ausreichendes Ausbildungsangebot im Bereich der setting- und zielgruppenspezi­fischen Spezialisierungen anbieten zu können, wird im Rahmen der Übergangs-
und Inkrafttretensbestimmungen geregelt, dass in den nächsten Jahren Sonderausbildungen nach dem bisherigen Regelungsregime noch parallel zu den neugestalteten Spezialisierungsausbildungen durchgeführt werden können.
Erst mit dem Auslaufen der Sonderausbildungen werden daher auch die entsprechen­den Änderungen bzw. der Entfall der Bestimmungen betreffend Sonderausbil­dungen mit dieser Legisvakanz wirksam.

Zu Artikel 6 Z 8 und 47 (Inhaltsverzeichnis und § 65a GuKG):

Die Regelung über die Qualifikation für Lehr- und Führungsaufgaben in der Pflege ist einerseits an die für die setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen geschaffene Zuordnung als Höherqualifizierung anzupassen und andererseits im Rah­men des seit 20 Jahren bestehenden bewährten Systems weiterzuentwickeln.

Im Gegensatz zu den setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen besteht im Bereich der Ausbildungen für Lehr- und Führungsaufgaben bereits seit den 1990er-Jahren ein umfassendes Ausbildungsangebot im Hochschulbereich. Demzu­folge wurde bereits damals eine Gleichhaltung für diesen Bereich rechtlich
verankert und durch die GuKG-Novelle 2005 ein Anerkennungssystem durch den damaligen GuK-Akkreditierungsbeirat, nunmehr Gesundheits- und
Krankenpflege-Beirat, implementiert. Im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 wurde das zeitnahe Auslaufen der Sonderausbildungen für Lehr- und Führungsaufgaben


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festgelegt, zumal sowohl in quantitativer als aus qualitativer Hinsicht das hochschulische Ausbildungsangebot in diesem Bereich in der Praxis umgesetzt war.

Was die Anerkennung von hochschulischen Ausbildungen als für Lehr- und Führungsaufgaben in der Gesundheits- und Krankenpflege qualifizierend betrifft, so hat der Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat kompetenzorientierte Qualifi­kationsprofile entwickelt und darauf basierende Prüfungsrichtlinien erarbeitet, die ei­ne transparente, nachvollziehbare und qualitätsgesicherte Grundlage für die Schaffung eines entsprechenden Ausbildungsangebots und deren berufsrechtliche Anerkennung darstellt. Im Sinne der Rechtsklarheit soll dieses bewährte
Prozedere in der gesetzlichen Grundlage des § 65a GuKG rechtlich verankert werden.

Darüber hinaus ist die Regelung des § 65a GuKG an die jüngsten hochschul­rechtlichen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der hochschulischen Weiterbil­dung, anzupassen, um sicherzustellen, dass eine berufsrechtliche Anerken­nung den aktuellen breiten hochschulrechtlichen Möglichkeiten eines einschlägigen Studienangebots offen steht.

Zu Artikel 6 Z 11 (§ 3a GuKG):

Im Sinne der Maßnahme 328 des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2022–2030 (NAP-Behinderung II) „Schaffung von Rechtsklarheit hinsichtlich Delegations­möglichkeiten an das Personal in Behinderteneinrichtungen sowie Überprüfung der Einschränkung betreffend Gruppengröße gemäß GuKG“ soll die derzeit in
§ 3a Abs. 3 GuKG normierte starre Festlegung einer Gruppengröße von 12 betreuten Menschen im Behinderteneinrichtungen für die Möglichkeit der Durchführung
von unterstützenden Tätigkeiten der Basisversorgung durch die betreuenden Berufs­angehörigen im Behindertenbereich zugunsten einer flexibleren Regelung
(„in einer kleinen Gruppe“) geändert werden. Dabei soll jedenfalls das von dieser Re­gelung erfasste Setting der Betreuung von Menschen mit Behinderung in
kleinen Gruppen, wie dies ohnehin im Sinne einer anzustrebenden Deinstitutionalisie­rung Standard sein sollte, weiterhin bestehen bleiben. Als Maßstab dieser
kleinen Gruppen sollte entsprechend der bisherigen Regelung eine Gruppengröße von


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ca. 12 Personen herangezogen werden, die in Einzelfällen unter Wahrung
der Qualitätssicherung und der Zielrichtung dieser Regelung geringfügig (maximal
15 Personen) überschritten werden könnte.

Zur Auslegung der unterstützenden Tätigkeiten bei der Basisversor­gung (UBV) im Sinne des § 3a GuKG wird auf die einschlägigen Informationen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums betreffend „Abgren­zung von Laientätigkeiten und Vorbehaltstätigkeiten der Pflege und Medizin“ vom 2.3.2011, BMG-92251/0013-II/A/2/2011, sowie „Durchführung pflegeri­scher Tätigkeiten im Behindertenbereich“ vom 21.12.2016, BMGF-92251/0095-II/A/2/2016, hingewiesen. In diesem Sinne liegt die Grenze der Laientätigkeit
dort, wo medizinisches bzw. pflegerisches Fachwissen Voraussetzung für die fachge­rechte Durchführung der Tätigkeit ist bzw. auf Grund dieses Fachwissens
Selbst- und Fremdgefährdung vermieden werden kann.

Zu Artikel 6 Z 12 (§ 5 GuKG):

Derzeit steht aufgrund des § 5 Abs. 3 GuKG den Patient:innen und Klient:innen die Möglichkeit der Herstellung einer Kopie der Pflegedokumentation „gegen Kostenersatz“ zu. Der vorgesehene Kostenersatz steht im Widerspruch zu Artikel 15 DSGVO, wonach der/die Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen
Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellt und
für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, ein angemessenes Entgelt verlangen kann. Es erfolgt daher eine Anpassung an die unionsrecht­liche Vorgabe.

Zu Artikel 6 Z 16 (§ 15 GuKG):

Entsprechend den Ausführungen im Allgemeinen Teil zur Weiterentwicklung des ge­hobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege werden im Rahmen
dieser Novelle dessen Kompetenzen neu gestaltet und einer akademisierten Berufs­gruppe adäquat geregelt. Dabei wird insbesondere auch folgenden Vorgaben Rechnung getragen:


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GuKG-Evaluierung:

Wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung und davon abgeleiteten Empfehlungen in Hinblick auf die Weiterentwicklung des Berufsrechts sind:

-       vollständige Tertiärisierung der DGKP-Ausbildung;

-       Weiterentwicklung der professionellen Handlungsspielräume;

-       weitere Professionalisierung;

-       Schaffung neuer Rollen für den gehobenen Dienst in allen Settings;

-       kritische Prüfung der Vorbehaltstätigkeiten;

-       Stärkung der interprofessionellen und interdisziplinären Zusammenarbeit.

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Ge­sundheitswesens:

Die am 13.12.2023 vom Nationalrat beschlossene Regierungsvorlage dieser Vereinbarung, BlgNR 2317 27. GP, sieht in Artikel 8 hinsichtlich des Gesundheitsper­sonals u.a. vor, berufsrechtliche Regelungen an geänderte Anforderungen
mit dem Ziel der Versorgungswirksamkeit anzupassen, und zwar mit folgenden Zielen:

-       flexiblere und erweiterte Formen der Arbeitsteilung und Delegation von Aufgaben zwischen ärztlichen und anderen Gesundheitsberufen;

-       multiprofessionelle, teambasierte und interdisziplinäre Zusammenarbeitsformen;

-       Öffnung der Vorbehaltsbereiche zwischen und innerhalb der
Gesundheitsberufe;

-       verstärkte Kompetenzorientierung unter Berücksichtigung der erworbenen Aus­bildungen und Spezialisierungen;

-       Verbesserung der inter- und intraprofessionellen Zusammenarbeit.


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Forderungen der Länder:

Im Rahmen der Landesgesundheitsreferent:innen- und Landessozialreferent:innenkonferenz wurden in den letzten Jahren Forderungen zu Kompetenzerweiterungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe an
den Bund herangetragen, die im Rahmen der jüngsten GuKG-Novellen zum Teil bereits umgesetzt wurden. Hinsichtlich des gehobenen Dienstes war die
Umsetzung einiger Forderungen bis zur Entscheidung über die vollständige Tertiäri­sierung der Ausbildung noch nicht möglich, diese betreffen insbesondere
Fragen der Entscheidung hinsichtlich medizinisch-diagnostischer Maßnahmen und der Weiterverweisung von Patient:innen insbesondere an andere gehobene
nicht-ärztliche Gesundheitsberufe.

Bei der Neugestaltung der Kompetenzen des gehobenen Dienstes waren die derzeit geltenden berufsrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Kompatibilität mit
den o.a. Zielvorgaben zu analysieren und ein Änderungsbedarf mit folgenden Ergeb­nissen zu prüfen.

Berufsbild (§ 12 GuKG):

Mit der GuKG-Novelle 2016 wurde ein neues zukunftsweisendes Berufsbild
für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege geschaffen, das eine geeignete Grundlage für die professionellen Handlungsspielräume dieses Berufs bildet.

Pflegerische Kernkompetenzen (§ 14 GuKG):

Diese wurden bereits durch die Stammfassung des GuKG im Jahr 1997 kompetenz­orientiert gestaltet und durch die GuKG-Novelle 2016 zukunftsweisend weiter­entwickelt.

Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungsteam (§ 16 GuKG):

Diese wurden erstmalig in einem Berufsgesetz im Gesundheitsbereich bereits in der Stammfassung des GuKG im Jahr 1997 geregelt und ebenfalls durch die
GuKG-Novelle 2016 weiterentwickelt.


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(Weiter)Verordnung von Medizinprodukten (§ 15a GuKG):

Durch die GuKG-Novelle 2016 wurde die Ermächtigung zur Weiterverordnung von Medizinprodukten in bestimmten Bereichen berufsrechtlich geschaffen und
durch die GuKG-Novelle 2023 auf die Erstverordnung erweitert und gleichzeitig umsetzbare sozialversicherungsrechtliche Regelungen geschaffen, diese
sind seit 1.1.2024 wirksam.

Kompetenzen in der medizinischen Diagnostik und Therapie (§ 15 GuKG):

Die derzeitige Regelung zeigt sich in folgenden Punkten als nicht
ausreichend zukunftsorientiert bzw. den o.a. Zielvorgaben noch nicht Rechnung tragend:

-       Der derzeitige § 15 GuKG regelt die Kompetenzen der medizinischen
Diagnostik und Therapie tätigkeitsorientiert, durch die umfangreiche demonstra­tive Aufzählung ergibt sich eine Kleinteiligkeit und Kasuistik, die der neuen
Rolle des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege
nicht Rechnung trägt.

-       Es besteht Rechtsunsicherheit in Bezug auf nicht vom demonstrativen Katalog erfasste Tätigkeiten bzw. Maßnahmen.

-       Die derzeitige Regelung bringt Rechtsunsicherheit hinsichtlich des mögli­chen Umfangs der ärztlichen Anordnung.

-       Der berufsrechtliche Grundsatz der schriftlichen ärztlichen Anordnung, von dem nur unter den berufsrechtlich definierten Voraussetzungen abgegangen
werden kann, bringt einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich, die den Be­dürfnissen der Praxis nicht Rechnung trägt und sowohl beim ärztlichen
als auch Pflegepersonal unverhältnismäßige Zeitressourcen in Anspruch nimmt.

Um diesen Problemen im Sinne der o.a. Zielsetzungen zu begegnen, sind die Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege als für


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die nunmehr akademisierten Berufsgruppe adäquat unter folgenden Prämis­sen neu zu regeln:

Die neue Regelung folgt nunmehr auch für die Kompetenzen der medizinischen Diagnostik und Therapie anstelle der derzeitigen Tätigkeitsorientierung
einer Kompetenzorientierung, die sich aus den in der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege vermittelten Kompetenzen (siehe FH-GuK-AV) sowie in Weiterbildungen und gegebenenfalls im Rahmen von Höherqualifizierungen erworbe­nen Kenntnissen und Fertigkeiten ergibt. Damit sind auch die im Rahmen von Spezialisierungen erworbenen Qualifikationen bereits mitgedacht.

Die derzeitige Kleinteiligkeit des demonstrativen Katalogs soll einer generellen Rege­lungslösung weichen, die den Handlungsspielraum in der Praxis erweitern kann.

Dieser regulatorische Paradigmenwechsel bedeutet allerdings nicht, dass damit eine grundlegende Erweiterung der Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie verbunden ist. Die Kompetenzen werden sich in der Praxis zunächst wohl an dem vor dieser Novelle in § 15 Abs. 4 GuKG demonstrativ umschriebenen Kata­log orientieren. Die kompetenzorientierte Umschreibung soll sowohl fach­lichen Weiterentwicklungen als auch der persönlichen Erweiterung der Kompetenzen durch Höherqualifizierung bzw. Weiterbildungen der Berufsangehörigen
des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege Rechnung tragen. Die dynamische Regelung soll für die Praxis einen erweiterten Gestaltungsspiel­raum für den Einsatz von diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen in den verschiedenen Settings und Einrichtungen bieten und die individuellen Bildungs-
und Karrierewege sowohl für die Berufsangehörigen als auch für die Organi­sation besser nutzbar machen. Dementsprechend erweitern sich auch die Möglichkei­ten für die Organisation und die Rolle der Pflegedienstleitung, indem die
konkrete Umsetzung der in § 15 GuKG eingeräumten berufsrechtlichen Ermächtigung in Zusammenspiel mit der ärztlichen Leitung hinsichtlich Prozedere, Delegation
und Zusammenarbeit einrichtungsspezifisch festgelegt werden kann.


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Hinsichtlich der Gewährleistung einer qualitätsgesicherten Umsetzung der Kompe­tenzen in der medizinischen Diagnostik und Therapie ist festzuhalten, dass
ausgehend von der in § 4 Abs. 1 und 2 GuKG festgelegten allgemeinen Verpflichtung zur lege-artis-Berufsausübung für die Übernahme und Durchführung von Maßnahmen entscheidend ist, dass der/die jeweilige Berufsangehörige über die ent­sprechenden Kompetenzen verfügt, dies unabhängig, ob diese im Rahmen der Ausbildung, von Fort- oder Weiterbildungen, von Höherqualifizierungen oder durch informelles Lernen erworben worden sind. Die Verantwortung der diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:in im Hinblick auf den Umfang und die Grenzen der Übernahme von medizinischen Maßnahmen kann dazu beitragen, die Verbes­serung der Qualität der Versorgung sicherzustellen, und trägt auch der Professionali­sierung des Berufs Rechnung.

Auch wenn die Ziele der o.a. Art. 15a-Vereinbarung erweiterte Formen der Delegation von Aufgaben zwischen ärztlichen und anderen Gesundheitsberufen und die Öffnung der Vorbehaltsbereiche zwischen und innerhalb der Gesundheits­berufe vorsehen, soll weiterhin eine qualitätsvolle Gesundheitsversorgung durch die jeweils qualifizierten Berufsgruppen erfolgen. Daher werden in § 15 Abs. 3
GuKG die Grenzen der Delegierbarkeit medizinischer Maßnahmen an den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege klargestellt. Auch wenn die Dele­gierbarkeit grundsätzlich mit den in der Ausbildung bzw. Höherqualifizierung erwor­benen Kompetenzen positiv definiert ist, ist angesichts des breiten Aufgaben-
und Einsatzgebietes des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und des Wegfalls der beispielhaften Aufzählung der delegierbaren
medizinisch-diagnostischen und medizinisch-therapeutischen Tätigkeiten eine Abgrenzung hinsichtlich nicht delegierbarer Tätigkeiten erforderlich.

In diesem Sinne sollen weiterhin Maßnahmen, deren fachgerechte Durch­führung einer Qualifikation als Arzt/Ärztin bedarf, wie beispielsweise die medizinische Anamnese, Diagnose und Aufklärung sowie nicht vom Berufsbild des gehobe­nen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasste medizinische Maßnah­men, nicht an diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen delegiert


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 221

werden können. Ebenso können Maßnahmen, für deren fachgerechte Durchführung die berufsspezifische Qualifikation in einem anderen Gesundheitsberuf
(z.B. MTD, Hebammen, Psychotherapeut:innen, klinische Psycholog:innen etc.) erforderlich ist, nicht an diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen delegiert werden. Klargestellt wird, dass eine Mitwirkung und Zusammenarbeit durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im Rahmen ihrer Kompetenzen in diesen Bereichen nicht ausgeschlossen wird, sondern sich die Regelung über
die Grenzen der Delegierbarkeit auf die eigenverantwortliche Durchführung und da­mit die Übernahme der gesamten Maßnahme bezieht.

Für eine berufsrechtskonforme Vollziehung des in § 15 GuKG vorgegebenen Hand­lungsrahmens wirken sowohl der/die delegierende Arzt/Ärztin im Rahmen seiner/ihrer Anordnungsverantwortung als auch der/die durchführende diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:in im Rahmen seiner/ihrer Durchführungsver­antwortung, aber auch Einlassungs- und Übernahmsverantwortung mit.

Die ärztliche Anordnung für die medizinische Diagnostik und Therapie wird im Sinne des § 49 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 beibehalten. Hinsichtlich bestimmter stan­dardisierter diagnostischer Maßnahmen, die zur Vorbereitung des medizinischen Be­handlungspfads oder als Überwachungsmaßnahme einer laufenden bzw.
bereits umgesetzten medizinischen Behandlung durchzuführen sind, wie beispiels­weise Harnstreifentests oder Blutzuckerkontrolle, ist es bereits derzeit gelebte
Praxis, dass diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im
Sinne eines reibungslosen Prozedere ohne ausdrückliche vorhergehende ärztliche Anordnung im Einzelfall tätig werden, sondern in diesen Fällen eine
generelle Anordnung ausreichend ist. Diese bewährte Vorgehensweise, die ohne Qualitätsverlust den Behandlungsablauf erleichtert und beschleunigt, soll
nunmehr auch zur Rechtssicherheit berufsrechtlich abgebildet werden. Diese Rege­lung ist als lex specialis zu § 49 Abs. 3 ÄrzteG 1998 anzusehen. Für die
konkrete Umsetzung dieser Regelung werden entsprechende organisationsrechtliche Vorgaben festzulegen sein.


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Selbstredend sind ärztliche Anordnungen, die in Form von Standard
Operating Procedures (SOP) erfolgen, weiterhin für alle in Frage kommenden Dele­gationsprozesse von medizinisch-diagnostischen und medizinisch-therapeuti­schen Maßnahmen grundsätzlich möglich.

Die Vorgabe der Schriftlichkeit der ärztlichen Anordnung soll im Sinne einer Entbü­rokratisierung und eines zielgerichteten Ressourceneinsatzes nicht mehr berufsrechtlich normiert werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Rechtssi­cherheit und Nachvollziehbarkeit durch die weiterhin bestehende Dokumen­tationsverpflichtung sowohl für die Ärzt:innen als auch die Gesund­heits- und Krankenpfleger:innen gewährleistet wird. Es wird der Praxis im jeweiligen Setting und in der jeweiligen Einrichtung obliegen, das konkrete organisa­tionsrechtliche Prozedere festzulegen, insbesondere auch im Hinblick auf die Beweis­sicherung sowie haftungsrechtliche Aspekte.

Die Regelung über Zusammenarbeit mit anderen nichtärztlichen Gesundheits­berufen im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie legt einerseits bereits derzeit die mögliche Weiterdelegation an Assistenzberufe sowie Auszubildende
und andererseits die Möglichkeit der Weiterverweisung an andere Gesundheitsberufe für Fallkonstellationen, in denen die weitere Betreuung der Qualifikation eines anderen gehobenen Gesundheitsberufs bedarf, fest. Bei der „Weiterempfehlung“ han­delt es sich nicht um eine Zu- oder Überweisung im Sinne der Vorgaben des
ASVG (insbesondere § 135 ASVG), sondern um eine Empfehlung, andere Gesund­heitsberufe zu konsultieren, bzw. eine Information über den weiteren Behandlungspfad. Die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen anderer Gesund­heitsberufe (z.B. MTD), insbesondere die Regelungen betreffend ärztliche Anordnung, ebenso wie die Entscheidungshoheit des/der Arztes/Ärztin über die medizinisch-diagnostische Behandlung bleiben selbstredend unberührt

Schließlich wird wie bisher die Weiterdelegation und Anleitung von Laien
in der medizinischen Diagnostik und Therapie im Rahmen der Personenbetreuung, der Persönlichen Assistenz sowie hinsichtlich medizinische Laien im Anwendungs­bereich des § 50a ÄrzteG 1998 geregelt.


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Zu Artikel 6 Z 35 bis 39 (§ 28 GuKG):

Aufgrund der nunmehr vollzogenen vollständigen Überführung der Ausbildung im ge­hobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege an die Fachhochschulen
(siehe Allgemeiner Teil) sind die Regelungen über die inländischen Qualifikationsnach­weise anzupassen.

Zu Artikel 6 Z 40, 42, 43, 52 und 53 (§ 28a Abs. 7, § 31 Abs. 1, § 31 Abs. 1a,
§ 87 Abs. 11 und 12 und § 89 Abs. 9 und 10 GuKG):

Durch die GuKG-Novelle BGBl. I Nr. 82/2022 wurde für im Ausland ausgebildete diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen und Pflegefachassisten­t:innen, deren gleichwertige Ausbildung durch Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsbe­scheid unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen festgestellt wurde,
die Möglichkeit geschaffen, sich im jeweils niederschwelligeren Gesundheits- und Krankenpflegeberuf auf zwei Jahre befristet in das Gesundheitsberuferegis­ter einzutragen und damit in Österreich tätig zu werden.

Diese Regelung zielt darauf ab, ausländischen Pflegekräfte einen rascheren Zugang zu ihrem Berufsfeld in Österreich zu ermöglichen.

Allerdings hat sich folgender Nachschärfungsbedarf ergeben:

Einerseits fallen nach dem derzeitigen Wortlaut des § 28a Abs. 7 GuKG nur Berufsan­gehörige, denen im Rahmen der Anerkennung Ausgleichsmaßnahmen vorge­schrieben wurden und die damit noch nicht die volle Berufsqualifikation in ihrem Be­ruf erlangt haben, nicht aber Berufsangehörige der allgemeinen Gesundheits-
und Krankenpflege, die aufgrund der einschlägigen EU-rechtlichen Regelungen unter die automatische Anerkennung fallen und ohne inhaltliche Prüfung ihre volle Berufsqualifikation in Österreich erhalten. Diese Personen erfüllen oftmals noch nicht die für die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister erforderlichen Deutsch­kenntnisse für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege (empfohlen Sprachniveau B2) und haben damit noch keinen unmittelbaren Berufszugang


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in Österreich. Um auch diesem Personenkreis die Möglichkeit eines rascheren Berufs­zugangs in der Pflege zu geben, wird der Anwendungsbereich der oben ange­führten Regelung einer befristeten Berufsausübung im niederschwelligeren Beruf der Pflegefachassistenz auf diese Personen erweitert. Klargestellt wird, dass für
die Eintragung in den Pflegeassistenzberufen in das Gesundheitsberuferegister und damit für die Zulassung zur Berufsausübung in diesen Berufen ein Sprachni­veau B1 in der deutschen Sprache, also ein Niveau unter dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, empfohlen ist. Im Rahmen der Berufsaus­übung als Pflegefachassistenz kann das für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege erforderliche Sprachniveau B2 auf informellem Weg
erlangt werden, was in der Folge eine Eintragung als diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:in ermöglichen sollte.

Andererseits führen die in den §§ 28a, 31, 87 und 89 GuKG enthaltenen
Regelungen, wonach die zweijährige Befristung für die Ausübung im niederschwelli­geren Beruf mit Erlassung des Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsbescheids
beginnt, dazu, dass sich die Möglichkeit der Berufsausübung im niederschwelligeren Beruf auf Grund der erforderlichen weiteren Verfahren (wie Einreisemodali­täten, Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte, Eintragung in das Gesundheitsberufe­register) bis zum tatsächlichen Arbeitsbeginn in Österreich um einige
Wochen und Monate verkürzen kann. Daher wird festgelegt, dass die Befristung erst mit Eintragung in das Gesundheitsberuferegister beginnt.

Zu Artikel 6 Z 49 und 50 (§ 83 GuKG):

Was den Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz betrifft, so besteht für diesen
unter der Prämisse, dass im Rahmen des Ausbildungsumfangs von einem Jahr keine weiteren Inhalte und Kompetenzen mehr vermittelbar sind und dass sämtli­che Forderungen der Landesgesundheits- und -sozialreferent:innen durch die letzten GuKG-Novellen bereits umgesetzt wurden, kein weiterer Handlungsbedarf.

Hinsichtlich der Form der Anordnung erfolgt eine Anpassung an die für § 15 GuKG vorgesehenen flexibleren berufsrechtlichen Vorgaben, womit auch die nicht


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mehr datenschutzkonforme und den Regelungen des Gesundheitstelematikgesetzes widersprechende Möglichkeit der Übermittlung mittels Telefax wegfällt.

Zu Artikel 6 Z 51 (§ 83a GuKG):

Der durch die GuKG-Novelle 2016 neu geschaffenen Gesundheits- und Krankenpflegeberuf der Pflegefachassistenz, der in den letzten sieben Jahren suk­zessive bundesweit in allen Settings implementiert wurde und in die Praxis
Eingang gefunden hat, war ursprünglich derart geregelt, dass auf den Tätigkeits­bereich der Pflegeassistenz unter Hinweis darauf, dass die Pflegefachassis­tenz ohne Aufsicht tätig wird, verwiesen und um einige Tätigkeiten der medizinischen Diagnostik und Therapie erweitert wird. Aus dieser derzeitigen Regelungs­lösung ergibt sich für die Praxis das nicht erwünschte Bild, dass es sich bei der Pfle­gefachassistenz um eine erweiterte Pflegeassistenz handelt und nicht um
einen eigenständigen Gesundheits- und Krankenpflegeberuf.

Durch die Neugestaltung des Tätigkeitsbereichs der Pflegefachassistenz soll nunmehr die Pflegefachassistenz, die über eine doppelt so lange Ausbildung wie die Pfle­geassistenz und dementsprechend auch über ein umfassenderes Qualifikationsprofil verfügt, als eigenständiger Pflegeassistenzberuf dargestellt werden. Durch die
klaren Regelungen, welche pflegerischen Tätigkeiten und Tätigkeiten der medizini­schen Diagnostik und Therapie an die Pflegefachassistenz angeordnet bzw. weiterdelegiert und von dieser eigenverantwortlich durchgeführt werden können, wird Rechtsklarheit hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten der Pflegefach­assistenz geschaffen.

Neben der Abgrenzung zur Pflegeassistenz wird klargestellt, dass dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege weiterhin die Gesamtverantwor­tung für den Pflegeprozess einschließlich der Delegation von pflegerischen Tätigkei­ten und der Weiterdelegation von medizinisch-diagnostischen Tätigkeiten
zukommt.

Im Sinne der Rechtssicherheit der Delegationsmöglichkeiten an die Pflegefachassis­tenz wird der Tätigkeitsbereich im Bereich der medizinischen Diagnostik und


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Therapie weiterhin durch taxative Aufzählung geregelt. Diese umfasst den bereits durch die GuKG-Novellen 2022 und 2023 erweiterten Katalog, einschließlich
der Verabreichung von subkutanen Injektionen und Infusionen, sowie hinsichtlich der von den Länderforderungen noch nicht umgesetzten Maßnahmen zusätzlich
folgende weitere Tätigkeiten, für die aus fachlicher Sicht und auch im Rahmen der Stakeholder-Konferenz am 29.11.2023 weitgehendes Einvernehmen erzielt
werden konnte:

-       Assistenz bei der chirurgischen Wundversorgung;

-       Verabreichung von periphervenösen Infusionen ohne medikamentösen Wirkstoff zur Hydration.

Hinsichtlich der Verabreichung von Infusionen mit medikamentösen Wirkstoffen durch Pflegefachassistent:innen bestehen aus fachlicher Sicht gravierende
Bedenken aus Patientenschutz- und Qualitätssicherungsgründen, zumal diese im Vergleich zur oralen und subkutanen Gabe ein erheblich erhöhtes Risiko­potential im Hinblick auf Komplikationen und Reaktionen birgt. Allerdings wird eine entsprechendes zukünftiges Tätigwerden von Pflegefachassistent:innen auch
bei diesen Maßnahmen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung insbeson­dere von Trägerseite gefordert. Um auch dieses Thema fachlich vertretbar
und qualitätsgesichert in Umsetzung bringen zu können, ist daher in Aussicht ge­nommen, dazu eine Arbeitsgruppe einzurichten, an der insbesondere der
ÖGKV und die ÖÄK sowie die Länder und Trägerorganisationen mitwirken und deren Ergebnisse rechtlich implementiert werden sollen.

Hinsichtlich der Form der Anordnung erfolgt eine Anpassung an die für
§ 15 GuKG vorgesehenen flexibleren berufsrechtlichen Vorgaben, womit auch die nicht mehr datenschutzkonforme und den Regelungen des Gesundheitstele­matikgesetzes widersprechende Möglichkeit der Übermittlung mittels Telefax weg­fällt.


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Zu Artikel 6 Z 55 (§ 117 GuKG):

Die von dieser Novelle umfassten Regelungen sollen stufenweise wirksam werden:

Abs. 42: Jene Regelungen, die ohne Legisvakanz umgesetzt werden können, insbesondere die Neugestaltung der Kompetenzen und die weiteren Erleichterungen für ausländische Pflegekräfte, sollen bereits mit Kundmachung wirksam werden.

Abs. 43: Jene Regelungen, die noch weiterer Umsetzungsschritte bedürfen,
wie die Implementierung der (Weiter)Verordnung bestimmter Arzneimittel durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sowie der neuen Regelungen für Spezialisierungen, die noch die Erlassung von Durchführungsbestimmungen im Verordnungsweg bedürfen, sollen mit einer einjährigen Legisvakanz mit 1.9.2025 in Kraft gesetzt werden.

Abs. 44: Mit dem Auslaufen der Sonderausbildungen, die noch parallel zu den neugestalteten Spezialisierungsausbildungen bis Ende 2032 durchgeführt werden können, werden die entsprechenden Änderungen bzw. der Entfall der entsprechenden Bestimmungen betreffend Sonderausbildungen mit 1.1.2033 wirksam.

*****


Präsidentin Doris Bures: Dieser Abänderungsantrag scheint in den Grundzügen erläutert worden zu sein. Er wird aufgrund des Umfangs verteilt, allerdings
hängt er noch in der Druckerei. Ich hoffe, meine sehr geehrten
Damen und Herren Abgeordnete, wir werden ihn in Bälde auch verteilen können.

Nun gelangen Sie, Frau Abgeordnete Fiona Fiedler, zu Wort. Bitte.


12.31.55

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe
gehörlose Menschen! Mittlerweile stellt sich ja die Frage, ob diese Regierung am Schluss sagen wird, dass sie eine Pflegereform gemacht hat, oder ob sie


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die jährlichen Minischritte als drei Pflegereformen verkaufen wird, wobei die heutigen Teile zumindest auf der Webseite nicht als eigene angegeben sind. Das heißt, man hat vielleicht erkannt, dass man den Job einfach machen kann,
ohne dass man dafür großartiges Marketing braucht.

Die Pressekonferenz dazu haben Sie ja gemacht. Die Frage ist nur, wie Sie glau­ben, dass man Politik macht. Immerhin haben wir diese 15 Seiten Geset­zestext mit signifikanten Änderungen nur als Gespenst irgendwo herumgeistern gesehen, und keiner wusste, wann und wie und ob diese Änderungen be­schlossen werden sollen – bis gestern 22.15 Uhr.

Das ist aber nicht nur schlechter Politikstil, sondern Sie zeigen damit den Pfle­gekräften, dass die dringend nötigen Reformen für die Weiterentwicklung
von Berufsprofilen und Kompetenzen und von Ausbildungs- und Arbeitsbedin­gungen für Sie lediglich ein Faustpfand in den Koalitionsdiskussionen
sind. Dabei haben gerade die vergangenen Jahre zeigen müssen, dass Weiter­entwicklung im Gesundheitssystem dringend notwendig ist, eine gute Faktenbasis braucht und dass das System und vor allem das Personal da eine gewisse Planungssicherheit bräuchten – zur Attraktivierung ihrer Berufs­bilder, um Nachwuchs zu bekommen, damit Ausbildungen angepasst werden können und damit die sogenannten Erleichterungen bei Nostrifikationen
auch in der Realität ankommen.

Nein, wir haben von Pflegekräften aus dem Ausland Geschichten
gehört, wonach sie monatelang auf ihre Arbeitsgenehmigung warten müssen – nicht zu vergessen, dass wir erst am Montag vom EU-Rechnungshof
gerügt wurden, weil wir genau bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen in der Pflege im EU-Vergleich Gold Plating betreiben – als ob wir uns
das aufgrund unserer Situation mit dem Personalmangel leisten könnten.

Herr Minister, ich verstehe Ihre Bemühungen, aber das ist bei Gott
nicht genug. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.34



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Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak
zu Wort. – Bitte.


12.34.15

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hätten wir hier durchaus vernünftige Verbesserungen im Bereich der verschiedenen Sozialversicherungsgesetze zu debattieren, aber die ganze Debatte ist hinfällig geworden, weil wir
kurzfristig und, wie Sie gerade von der Frau Präsidentin gehört haben, noch nicht einmal fertig ausgedruckt, einen circa 40-seitigen Abänderungsantrag
inklusive Begründung zu einem anderen Thema bekommen haben, der hier auf einmal wieder mitbeschlossen werden soll.

Sehr geehrte Damen und Herren Zuhörer, wenn Sie ein bisschen die
Debatten zu den letzten Tagesordnungspunkten verfolgt haben: Das ist ein Vorgehen, das bei dieser Bundesregierung System hat. Permanent
werden in letzter Sekunde – nicht einmal vom Ministerium selber, sondern unter Vorschieben von Abgeordneten der Regierungsfraktionen – umfang­reichste Abänderungsanträge eingebracht, die man nicht einmal durchlesen kann, bevor sie dem Hohen Haus zur Beschlussfassung vorgelegt werden. – Das ist ein Vorgehen, das derartig undemokratisch und unparlamentarisch ist,
dass es eine Schande ist! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Wissen Sie, das Schlimme ist: Inhaltlich könnte man über die Dinge – so wie jetzt über die vorliegende Kompetenzerweiterung für die Pflegeberufe – ja
durchaus diskutieren. Da sind vernünftige Ansätze dabei, die wir in dem einen oder anderen Punkt unterstützen würden, die aber leider Gottes auf­grund der Art und Weise, wie sie eingebracht werden, aufgrund der fehlenden Begutachtung, aufgrund der fehlenden Folgenabschätzungen einfach
nicht mitgetragen werden können. Sie erweisen damit dem Parlamentarismus und auch den Berufsgruppen einen Bärendienst, Herr Minister. Lassen
Sie sich das gesagt sein: Dieses Vorgehen ist inakzeptabel!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 230

Wenn ich schon bei Ihrem Vorgehen generell bin, erlauben Sie mir auch noch einen Rückblick auf den letzten Tagesordnungspunkt: Die Art und Weise,
wie Sie sich hier hinstellen und Fakenews über die Position der Freiheitlichen Partei verbreiten (die Abgeordneten Götze und Weratschnig: Welche
Fakenews?) –
auch das ist eines Ministers unwürdig, und, ganz ehrlich gespro­chen, so einen Minister brauchen wir in Zukunft nicht mehr. Sie disquali­fizieren sich selber. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie sich einmal in den Spiegel schauen, wenn Sie sich anschauen, wie nicht nur Ihr Vorgehen in der Legislative, Ihr Vorgehen hier gegenüber dem
Parlament und gegenüber der FPÖ im Speziellen ist, wenn Sie sich auch noch anschauen, welch unglaubliche Fülle an Verordnungsermächtigungen
unter Ihre Ägide und unter jene Ihrer beiden Vorgänger, den beiden anderen grünen Gesundheitsministern – vom Epidemiegesetz über das Berufs­kompetenzengesetz bis zum Gesundheitstelematikgesetz und, und, und –, fällt, das heißt, was Sie sich hier an Verordnungsermächtigungen eingeräumt
haben, dann stellen Sie sich die Frage, ob Sie hier ein demokratisches System und eine demokratische Kontrolle durch das Parlament überhaupt noch
haben wollen oder ob Sie lieber ein autoritäres System haben
wollen! (Beifall bei der FPÖ.)

12.36


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Alois Stöger, Sie gelangen zu Wort. Bitte.


12.37.00

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte darum bitten, Frau Präsidentin, dass man in der nächsten Präsidiale diese Vorgangsweise, wie wir hier verhandeln, bespricht. Ich habe jetzt gerade, während der Vorredner gesprochen hat, den Text bekom­men, über den wir abstimmen sollen. – Das ist unmöglich, das ist unmög­lich! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.) Ich würde bitten, dass man das in der Präsi-


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diale zum Thema macht, das ist nicht die Vorgehensweise, die einem Par­lamentarismus entspricht. Möglicherweise ist es rechtmäßig, aber das kann man so nicht lassen.

Ich wollte zum 8. Tagesordnungspunkt reden, denn da wird wieder
etwas gemacht, das ganz schwierig ist, nämlich: Wenn ein Sozialversicherungs­träger einen neuen Bau macht oder etwas renovieren will, dann war es
bisher üblich, dass ein Sozialversicherungsträger einen Beschluss im Vorstand, im Verwaltungsrat braucht. Im Verwaltungsrat sitzt ein Mitarbeiter des Ministeriums als Aufsichtsbehörde dabei, das heißt, das Ministerium weiß, was man da tun will. Wenn man einen Bau macht, dann wird das auch noch
im Dachverband beschlossen. Da sitzt dann nicht nur der zuständige Minister, da sitzt auch das Finanzministerium dabei, und auch das Finanzministerium
weiß, was da beschlossen wird, und alle kennen das.

Jetzt macht man es noch einmal schwieriger: Wenn die das dann alle wissen, braucht es noch einmal die Zustimmung des Finanzministers zu allen Baumaßnahmen in der Sozialversicherung. (Abg. Loacker: Da kann der ... etwas verdienen!)

In dem Feld bin ich Profi: Ich habe 2006 einen Bau in einem Rehabilita­tionszentrum machen wollen, und da haben die Behörden einfach nichts getan. Und wenn man nichts tut, dann wird das Haus irgendwann einmal alt und
dann kann man keine Leistung mehr anbieten. Genau so beginnt schleichende Privatisierung, weil die anderen die Häuser ohne zu fragen bauen und der Finanzminister immer Nein sagt – und irgendwann, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie nicht mehr die Leistung, die Sie brauchen.

Deswegen werden wir dieser Veränderung, dieser Regelung, die nur Bürokratie bringt und die verfassungswidrig ist – weil wir eigentlich zu Sparsamkeit aufgefordert sind –, keinesfalls zustimmen. Das ist eine schleichende Privatisie­rung, wie ihr es bei der Vamed auch gemacht habt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.39



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.


12.40.06

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter
Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich zum Tagesordnungspunkt spreche, darf ich eine Besuchergruppe begrü­ßen – von mir aus gesehen rechts oben –: den Seniorenbund Lannach aus der Weststeiermark mit Obmann Erich Lang. – Herzlich willkommen im
Hohen Haus, schön, dass Sie uns besuchen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Die Punkte 7 und 8 beinhalten ja verschiedene Themenbereiche. Ich
möchte mich nur auf den Bereich der Pflege beziehen.

Es geht uns wahrscheinlich allen gleich, wir alle wollen Dinge verbes­sern. Tatsächlich hat diese Bundesregierung in dieser Legislaturperiode einige Reformpakete auf den Weg gebracht. Auch jetzt machen wir wieder
weitere Schritte vorwärts.

Ich denke, da geht es jedem gleich, viele von euch sind auch ab und zu in Pfle­geheimen unterwegs, um sich Eindrücke zu verschaffen, um mit den Betroffenen zu sprechen. Es stimmt, die Wahrnehmung ist, dass in vielen Bereichen Per­sonalmangel vorherrscht.

Das Interessante dabei ist – wenn man sich die Pflegedienstleistungsstatistik zu Gemüte führt und die verschiedenen Kennzahlen betrachtet, dann erkennt
man es ganz klar –: Es arbeiten so viele Menschen in der Pflege wie noch nie zu­vor. Es sind in Österreich so viele Menschen in Betreuung – über Pflege­dienste, über stationäre Dienste – wie noch nie zuvor. Wir hatten zum Beispiel im Jahr 2017 67 000 in Pflege und Betreuung Beschäftigte, 2022, fünf
Jahre später, waren es 71 000 Menschen.

Auch die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden sind in dem gleichen Zeitraum um 42 Prozent gestiegen. Das heißt, wir haben sehr wohl sehr


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viel in die Pflege investiert und trotzdem gibt es in vielen Bereichen
einen Mangel und man sieht, dass wir noch einige weitere Dinge verbessern müssen.

Genau das ist auch das Ziel, das wir mit diesen Novellen verfolgen.
Wir werden jetzt – es wurde vor allem von meiner Kollegin Bedrana Ribo schon angesprochen – in einigen Bereichen nachschärfen, etwa beim Angehörigen­bonus; dieser soll ab dem kommenden Jahr auch valorisiert werden.

Auch bei der Nostrifizierung soll – das ist übrigens auch in diesem Abänderungsantrag, und da bitte ich um Verständnis und auch um Nachsicht der Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien (Abg. Belakowitsch: Nein!) – einiges verbessert werden, damit diese leichter vonstattengeht.

Ich denke, es ist unser gemeinsames Ziel, die Bedingungen, gerade für das Pfle­gepersonal und auch für die Rekrutierung von neuem Pflegepersonal, zu verbessern. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Schlussendlich das Pflegestipendium: Wir haben das im Jahr 2022 eingeführt – ich glaube, es war sogar ein weitreichender gemeinsamer Beschluss aller Fraktionen –, und dieses Pflegestipendium wirkt. Es sind über 7 000 Menschen in Österreich derzeit im Wege des Pflegestipendiums in Ausbildung. Nun erweitern wir den Kreis der Anspruchsberechtigten eben auf jene, die in Zukunft auf der Fachhochschule eine Ausbildung für den gehobenen Dienst machen.
Das soll eine zusätzliche Motivation sein, in die Pflege umzusteigen.

Am Ende des Tages wird die Pflege nur funktionieren, wenn wir in allen Berei­chen Reformen vorantreiben. Da darf ich auch besonders auf die Steier­mark verweisen. In der letzten Landtagssitzung, am Dienstag, hat die Steiermark, der Steirische Landtag, mit den Stimmen der Regierungsparteien, ÖVP
und SPÖ, ein umfassendes Reformpaket beschlossen, nämlich das Pflege- und Betreuungsgesetz, in dem die Übergangspflege normiert wurde, in dem
die Entlastungsdienste normiert werden, in dem die Zuzahlung zur 24-Stunden-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 234

Betreuung geregelt wird, in dem auch die Pflegedrehscheiben gesetzlich verankert werden – ein Bereich, den unsere Frau Juliane Bogner-Strauß als Landesrätin damals eingeführt hat –, das alles wird weiterentwickelt.

Nur so kann es gelingen, die großen Herausforderungen in der
Pflege zu stemmen. Denn warum gibt es diese Wahrnehmung, dass überall Mangel herrscht, obwohl mehr denn je investiert wird, obwohl mehr
Personal denn je in der Pflege ist? – Weil sich die Gesellschaft stark verändert.

Zum einen der demografische Wandel: Viele Menschen werden zum
Glück immer älter, aber das bedingt auch einen höheren Bedarf an Pflege. Ein weiterer Punkt in unserer Gesellschaft ist natürlich auch, dass sich die Strukturen verändern. Die Familienstrukturen verändern sich, die Haushalts­strukturen verändern sich, die informelle Pflege geht etwas zurück
und die formelle Pflege im Wege öffentlicher Unterstützungen wird immer stärker in Anspruch genommen.

Daher: Die Pflege bleibt Thema, auch in der nächsten Legislaturperiode.
Wir werden alle an weiteren Reformen arbeiten müssen. Ganz wichtig also bei diesem Thema: nicht lockerzulassen! Diese Bundesregierung hat fünf
Jahre lang nicht lockergelassen, sondern Reformen durchgeführt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ribo und Weratschnig.)

12.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald
Loacker. – Bitte.


12.45.05

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter
Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Gödl hat von der Pflege gesprochen, ich spreche von etwas ganz anderem. Das liegt aber daran, dass diese Bundesregierung im Schlusssprint vor dem Sommer einfach sämtliche Gesetzes­materien noch einmal aufmacht und 27 Dinge unter einem Tagesordnungs­punkt besprochen werden müssen.


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Dazu gehören auch einige sozialversicherungsrechtliche Änderungen, die – ent­schuldigen Sie – ein bisschen kompliziert sind in der Erklärung und die
den Eindruck vermitteln, wir hätten eh genug Geld, also der Staat ist in einer komfortablen Situation und Budgetdefizit schreiben wir keines, daher
können wir zur Verteilung der übrigen Gelder schreiten. (Abg. Stöger: Er will privatisieren! Ist eh immer dasselbe, er will privatisieren!)

Da passiert jetzt Folgendes: Wenn Sie einen Arbeitsunfall haben und alle Hei­lungsmaßnahmen nichts nützen und Sie von diesem Arbeitsunfall einen Folgeschaden davontragen, dann bekommen Sie eine Unfallrente. Diese bemisst sich an der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ heißt es im Gesetz. Man sagt
also, wenn Sie einen Arm oder ein Bein verloren haben, dann haben Sie eine um eine große Prozentzahl herabgesetzte Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Dafür bekommen Sie eine Unfallrente aus der Unfallversicherung, die Ihr Ein­kommen ersetzen soll, das Sie verlieren, weil Ihre Erwerbsfähigkeit zurückgesetzt ist.

Mit einem der Gesetze, die heute hier liegen, sagt man: Ja, wenn Sie in Pension gehen, dann schauen wir das gar nicht mehr an. Dann tun wir so, als wür­den Sie diese Unfallrente gar nicht bekommen, und Sie bekommen
eine Ausgleichszulage drauf, wenn Sie eine niedrige Pension haben. – Das war aber nie der Plan! Der Plan der Unfallversicherung war ja genau das:
Wenn Sie einen Unfall haben und einen bleibenden gesundheitlichen Schaden, dann ersetzt Ihnen die Unfallversicherung das Einkommen, das Ihnen
ausfällt, und zwar auch später, in der Pension.

Da kann ich ja nicht so tun, als ob das Geld nicht fließen würde, denn das ist ja versichert. Und Sie beschließen hier jetzt mehrheitlich, zu sagen: Nein,
wir tun so, als ob der keine Unfallrente bekäme und wir zahlen ihm noch eine Ausgleichszulage oben drauf. – Es ist schön, dass die Menschen Geld bekommen, aber das muss auch jemand bezahlen, und das, was sie bezahlen, soll bei denen ankommen, die es brauchen. Und das hier ist nicht für die, die
es brauchen, weil die schon versichert sind.


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Beim nächsten Gesetz, Tagesordnungspunkt 8, geht es auch wieder um viele Besserstellungen im Pensionsrecht – die Pensionen sind ja kein Problem,
wir können alles bezahlen, wir haben ja Geld genug –, unter anderem auch um eine Korrektur des Frühstarterbonus. Wenn Sie nicht wissen, was der Frühstarterbonus ist, kein Problem, das wissen die wenigsten Menschen, auch wenn sie davon profitieren.

Wenn Sie vor dem 18. Geburtstag aus eigenem Erwerb Versicherungszeiten haben, dann bekommen Sie pro Monat einen Euro mehr Pension. (Der
Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Frühstarterbonus“ und einem Balkendia­gramm auf das Redner:innenpult.)
Das ist nicht viel, aber wie Sie hier an
dem türkisen Balken sehen, ist das in Summe verdammt viel. Sie sehen auf dieser Grafik alle Pensionsbesserstellungen, die diese Regierung in den letzten
Jahren beschlossen hat, und das beläuft sich jährlich auf über 1,8 Milliarden Euro Mehrkosten (Abg. Schellhorn: Wahnsinn!), nur durch Besserstellungen über
der Inflationsrate.

Dieser Frühstarterbonus, von dem die meisten Menschen, die ihn
bekommen, gar nicht wissen, dass es ihn gibt, schlägt im Endausbau mit 600 Mil­lionen Euro jedes Jahr zu Buche.

Erzählen Sie mir doch nicht, dass sich jemand mit 15 Jahren für eine Lehr­lingsausbildung entscheidet, weil er dann mit 65 Jahren einen Frühstarterbonus bekommt! (Abg. Schellhorn: 1 Euro!) Diese Maßnahme ist ein Unfug. Alle,
die das Pensionskonto verstanden haben, wissen auch, dass, wenn jemand früh ins Berufsleben einsteigt, beispielsweise mit 15 oder mit 16 Jahren, diese Menschen dann einen Vorteil aufgrund der guten Aufwertungslogik
des Pensionskontos haben.

Die frühen Zeiten rentieren sich besonders. Schauen Sie auf Ihrem eigenen Pen­sionskonto nach! Es zahlt sich aus, früh ins Erwerbsleben einzusteigen,
und dafür müsste man nicht noch einen Frühstarterbonus draufzahlen, der 600 Millionen Euro im Jahr kostet. Sie geben das Geld der jungen Leute aus, und


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zwar ganz oft für Personengruppen, die es gar nicht brauchen, weil die vom System ohnehin super abgesichert sind. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben in Österreich ein ausgezeichnetes Sozialsystem. So etwas Tolles, in dieser Ausbaustufe, finden Sie in ganz Europa nirgends. Das muss man
einmal sagen.

Es ist nicht notwendig, immer noch einmal Geld auf Personengruppen draufzu­hauen, die von diesem System schon sehr gut versorgt sind (Abg. Schell­horn: Es sind ja Wahlen!), weil wir auch eine schrumpfende Personengruppe ha­ben, die das alles finanzieren muss – aber auf die schaut in diesem Haus
leider viel zu selten jemand. (Beifall bei den NEOS.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.50.02

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Nun doch wieder zu
einem anderen Thema, nämlich zu den Pflegereformen – es sei noch kurz ausgeführt, was denn da jetzt doch alles geschehen ist und was heute noch auf der Tagesordnung steht.

Ja, wir als Bundesregierung haben inzwischen mit drei Pflegereformpake­ten deutliche Verbesserungen geschaffen, weil es einfach wichtig war, entlang von ein paar Grundsätzen ins Tun zu kommen. Im Sinne der pflegebedürf­tigen Menschen, im Sinne der Pflegekräfte, auch im Sinne der Angehörigen sind da Verbesserungen auf den Weg gebracht worden: Gehaltserhöhung
von Mitarbeitenden, eine zusätzliche Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr, der Ausbildungszuschuss, das Pflegestipendium, die Schaffung des Angehö­rigenbonus für pflegende Angehörige und viele Dinge mehr. All das sind Maß­nahmen, die wirken, wobei insbesondere festzuhalten bleibt, dass die Gehaltserhöhungen, hinsichtlich derer ja moniert worden ist: Das ist ja alles nur


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temporär und ist dann wieder weg!, jetzt im Zuge des Finanzausgleichs
auf Dauer verankert worden sind. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den weiteren Maßnahmen, die heute schon kurz angesprochen worden sind: Ja, die Akademisierung der Pflegeausbildung war und ist erfolgreich,
wir haben es geschafft, da die Ausbildung zu akademisieren. Ab Herbst findet die Ausbildung österreichweit auch an Fachhochschulen statt. Und die
Ausweitung des Pflegestipendiums auf diesen Bereich ist eine wichtige Maß­nahme, die wir jetzt setzen, weil aktuell eben nur Auszubildende an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen Anspruch auf ein Pflegestipendium haben, ab September dann auch Studierende an FHs. Das wird Men­schen ermuntern, in diesen Beruf einzusteigen.

Die Kompetenzstelle für Nostrifikationen ist deshalb wichtig, weil es eine ein­heitliche Anlaufstelle für die Anerkennung ausländischer Studienab­schlüsse gibt. Wir wissen, dass das notwendig ist, damit da einfach eine Be­schleunigung und Vereinfachung stattfindet. Es gibt auch Unterstüt­zung bei Schulungen, und wir erhöhen auch die Förderungen durch den Inte­grationsfonds für diese Kurse und Prüfungen auf bis zu 2 500 Euro.

Es wird einheitliche Standards für die Sozialbetreuungsberufe geben, einen schnelleren Zugang zum Beruf, die Altersgrenze wird einheitlich auf
18 Jahre festgesetzt. Weiters gibt es auch mehr Kompetenzen für Heimhel­fer:innen – auch ein weitreichender Wunsch aus der Praxis, der an
uns herangetragen worden ist und dem wir jetzt folgen – und die Entlastung der pflegenden Angehörigen bereits ab dem ersten Tag. Auch das ist ein
Wunsch von jenen, die in der Praxis tätig sind: dass dieser Angehörigenbonus ab dem ersten Tag gewährt wird.

Mehr Transparenz bei der Personenbetreuung ist deshalb wichtig, weil
neben den pflegenden Angehörigen selbstständige 24-Stunden-Betreuer:innen tätig sind – eine tragende Säule, sage ich dazu, auch in unserem Pflege­system, die brauchen wir wie einen Bissen Brot. Mit einer neuen Verordnung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 239

wird es jetzt verpflichtend, dass Vermittlungsagenturen, die in diesem
Feld tätig sind, mehr Transparenz zu schaffen haben. Das schafft
erstens Rechtssicherheit und zweitens die Vergleichbarkeit bei den Preisge­staltungen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


12.53.39

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kollegin Ribo hat gesagt, dass es im Bereich der Pflege
auch weiterhin noch sehr viel zu tun gibt, Herr Kollege Gödl hat in das gleiche Horn gestoßen, und das darf ich zum Anlass nehmen, ein Anliegen hier vorzutragen, das mich schon seit einigen Jahren bewegt, eigentlich schon seit sieben Jahren, seit ich im sogenannten Wiener Wirtschaftskreis, das ist
eine Denkfabrik der Wirtschaftskammer Wien, Herrn Kollegen Rainer Hasenauer kennengelernt habe, der sich sehr dafür einsetzt – und in Oberösterreich
an Beispielen auch gezeigt hat, dass es klappt –, dass die Digitalisierung in der Pflege Platz greift.

Digitalisierung in der Pflege bedeutet, dass es assistive Systeme gibt,
die bei Pflegearbeiten helfen; assistive Systeme, die ganz einfach sind – das kön­nen Sturzmelder sein –, die aber auch bis zu hochintelligenten Systemen hinaufgehen können. Es kann ein intelligentes Bett geben, eine intelligente Ma­tratze, die all diese unangenehmen Arbeiten der Hygiene übernimmt. Es
wäre möglich, all das mithilfe der Digitalisierung durchzuführen.

Ich weiß, dass diese Systeme manchmal mit Pflegerobotern gleichgesetzt wer­den – das ist nicht das gute Wort. Man glaubt, dass man damit die Pflege­kräfte ersetzen kann, aber nein, man kann sie damit nicht ersetzen, man kann sie dadurch aufwerten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 240

Man kann dadurch den Pflegeberuf als solchen aufwerten, weil dadurch
im Pflegeberuf die Kommunikation weit mehr in den Vordergrund gestellt wird als die mühselige Arbeit. Insofern ist dieser Beruf viel attraktiver
geworden, und viel mehr Menschen würden sich dann für diesen Beruf interessieren.

Man kann den Pflegeberuf auch dadurch aufwerten, dass man sagt: Da sind Fachkräfte am Werk, die sich mit Digitalisierung beschäftigen. Man
erleichtert tatsächlich die Arbeit.

Der große Vorteil, der damit noch verbunden wäre, ist: Man würde damit ein Wirtschaftsfeld, ein Industriefeld schaffen, das sich rentiert, denn Pflege
gibt es ja nicht nur hier in Österreich, sondern die gibt es auch in der weiten Welt draußen.

Assistive Systeme wirklich einzusetzen, und zwar im großen Stil, sind Vorstellungen, die ich jetzt in den Raum stelle und natürlich nicht für diese Legislaturperiode, aber vielleicht für die Zukunft als mögliches Ziel formulieren möchte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht in Österreich immer
die große Gefahr, „Auf halben Wegen und zu halber Tat / Mit halben
Mitteln zauderhaft zu streben.“ Und wenn wir das nur in kleinem Rahmen ma­chen, dann wird das nichts Großes werden. Wir müssen hier wirklich
groß denken, auch in der Pflege. Die Pflege verdient es, dass ihr mithilfe der Digitalisierung ein wirklich neues Bild gegeben wird, dass man ihr, dass
man diesem Beruf, in dem die Kommunikation mit den Menschen wichtig ist, mit der mechanischen Hilfe, mit der elektronischen Hilfe durch die Systeme
ein neues Image verleiht und dadurch auch viel mehr Leute findet, die als Pfle­gekräfte zur Verfügung stehen, um denen, die viel, viel mehr werden und gepflegt werden müssen, helfen zu können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Das war etwas
besser als gestern! Etwas!)

12.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 241

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler, Sie ge­langen zu Wort. Bitte.


12.57.06

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, ich selbst habe die große Freude,
seit 26 Jahren ehrenamtliche Präsidentin des Hilfswerks Österreich zu sein – wir sind immerhin die Nummer eins im Bereich der mobilen Pflege –, und ich beobachte die Pflegeszene seither sehr, sehr genau.

Ich kann wirklich mit fester Überzeugung sagen, dass in den letzten
Jahren im Bereich der Pflege mehr Positives passiert ist als 20, 30 Jahre davor. Das hat diese Regierung gemacht, meine sehr geehrten Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ribo.)

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen, die positiv und konstruktiv mitge­arbeitet haben – das sind ja viele hier herinnen –, weil das für unsere Seniorinnen und Senioren einfach wichtig ist.

Meine Damen und Herren! Mir ist es auch egal, ob das jetzt die erste, zweite oder dritte Pflegereform ist, wichtig ist, dass wir 38 Maßnahmen ganz
konkret umgesetzt haben und heute weitere fünf Maßnahmen zur Verbesserung des Pflegebereiches beschließen.

Ich fasse es noch einmal zusammen. Erstens: die Ausweitung des Pflege­stipendiums auf die akademischen Ausbildungsformen. Der Herr Bundesminister hat es auch kurz erwähnt: Ab September 2024 gibt es dieses Pflege­stipendium auch für Umsteiger:innen, die auf der FH eine Ausbildung machen.

Ganz wichtig, Punkt zwei: die Einrichtung einer neuen Kompetenzstelle,
die effizientere Nostrifikationsverfahren möglich macht; also eine zentrale An­laufstelle, die vereinfacht und beschleunigt, eine Servicestelle für Antrag­steller, für Arbeitgeber, aber auch für die Fachhochschulen. Das ist ganz, ganz


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 242

wichtig, ich weiß das aus meiner persönlichen Erfahrung in Kärnten. Wir
haben oft gut ausgebildete, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich bewerben, aber die Nostrifizierungen dauern dann sehr, sehr lange,
und wir brauchen sie sehr dringend. Ich denke, das ist also ein wichtiger Schritt. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Auch bei den erforderlichen Ergänzungsprüfungen wird unterstützt,
wobei der ÖIF, der Österreichische Integrationsfonds, bis zu 2 500 Euro für Kurse und Prüfungen bereitstellt – auch das ist wichtig. Und bei der
Bewertung soll die Praxisorientierung einen höheren Stellenwert haben – diese Praxisorientierung halte ich für ganz besonders wichtig.

Drittens: einheitliche Standards für Sozialbetreuungsberufe. Die Alters­grenze wird auf 18 Jahre gesenkt und, das wurde auch schon erwähnt, es gibt mehr Kompetenzen für die Heimhelfer:innen. Den Blutdruck messen
oder Ohrentropfen verabreichen, das kann jede gut ausgebildete Fachheimhilfe. Auch das ist ganz, ganz wichtig. Auch bei den pflegenden Angehörigen
gibt es Verbesserungen. Es gibt bereits ab dem ersten Tag finanzielle Unterstüt­zung für die Ersatzpflege, und der Bezieherkreis wird ausgeweitet, das heißt,
auch Lebensgefährten, Pflegeeltern werden miteinbezogen.

Zuletzt noch eine Verordnung in Bezug auf die 24-Stunden-Agenturen,
die wichtig ist – wir brauchen die 24-Stunden-Hilfe –: Es soll zu mehr Transpa­renz kommen, und auch die online und digital angebotenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sollen forciert werden. Auch da gibt es durchaus positive Erfahrungen. Wir haben im Rahmen unserer Hilfswerk Akademie
in Kärnten selbst schon mehrmals Heimhilfe-Onlinekurse sehr
erfolgreich durchgeführt. Also auch das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch einmal ein großes Danke
allen, die diese Pflegemaßnahmen mitgetragen haben. Wir vonseiten dieser Regierung lassen die ältere Generation nicht im Stich. Wir tun alles,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 243

damit ein Altwerden in Würde und bei guter Lebensqualität gesichert ist. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.00


13.00.49

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 2694 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kol­leginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffe­nen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile
des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 bis 3 und Arti­kel 6 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehr­heit, damit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 244

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter
Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mit dem Gesundheits­wesen darf kein Profit gemacht werden!“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist
die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2024 in 2607 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Ab­stimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 33 bis 36, Art. 2 Z 12 und 13, Art. 3 Z 16 und 17 sowie Artikel 5 in der Fassung der
Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 245

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

13.03.399. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4106/A
der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024 (SozBezG 2024), BGBl. I Nr. 25/2024 (2695 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2613 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund
und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe geändert wird
(2696 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.04.26

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 246

beschließen wir jetzt? – Mit der Gesetzesänderung unter diesem Ta­gesordnungspunkt ergänzen wir das kürzlich beschlossene Sozialarbeits-Be­zeichnungsgesetz um eine wichtige Übergangsbestimmung für Sozialpä­dagog:innen. Analog zur Regelung für Sozialarbeiter:innen wird nun zur Führung der Bezeichnung Sozialpädagoge beziehungsweise Sozialpädagogin auch
der- oder diejenige berechtigt sein, der oder die innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes auf ein nicht einschlägiges Grundstudium
ein aufbauendes Masterstudium der Sozialpädagogik im Ausmaß von 120 ECTS abschließt.

Diese Gesetzesänderung ist unter anderem deshalb notwendig geworden,
weil diese Übergangsbestimmungen ursprünglich nicht enthalten waren, weil es die Berufsverbände nicht unbedingt für notwendig befunden haben,
sich aber letztlich in der Praxis erwiesen hat, dass wir das einführen müssen.

Weiters verhandeln wir jetzt im Rahmen eines weiteren Tagesordnungs­punktes auch eine 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Bundeslän­dern. Worum geht es da? – Da geht es darum, dass die Möglichkeit einer Ausbildung, um eine Tätigkeit im Rahmen der Sozialbetreuungsberufe ausüben zu können, immer mit einer Altersgrenze verbunden war. Diese war je nach Bundesland bis jetzt unterschiedlich geregelt, nämlich teilweise mit 21 Jahren, teilweise mit 19 Jahren. Das wird jetzt auf 18 Jahre harmonisiert und vereinheitlicht.

Zusätzlich soll es auch eine Kompetenzerweiterung für Heimhelfer:innen geben. Diese sollen künftig diplomiertes Pflegepersonal bei der Verabreichung von Augen-, Nasen- und Ohrentropfen, beim Anlegen von Kompressionsstrümpfen oder bei Blutdruck-, Temperatur-, Blutzucker- und ähnlichen Messungen unterstützen dürfen und erhalten dafür auch die entsprechende Ausbildung.

Das alles sind Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, den Mangel an Pflege- und Betreuungsberufen zu bewältigen, und ich bitte wie schon im Sozialausschuss


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 247

um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Christian Drobits. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.06.40

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich
auf die Bestimmungen eingehe, möchte ich klar festhalten, dass uns die Pandemie eines gelehrt hat: dass der Bedarf an Dienstleistungen im Bereich Sozialarbeit stark gestiegen ist. Die psychische Gesundheit hat gelitten,
die Probleme bei Kindern und Jugendlichen haben stark zugenommen, Internet­sucht ist ein Riesenthema geworden, Gewaltschutz ist ein Thema
geworden – es ist wirklich in allen Bereichen notwendig, die soziale Arbeit
zu stärken.

Wenn man das weiß und sich dann diese zwei Tagesordnungspunkte anschaut, könnte man meinen, dass für die Regierung eh alles in Ordnung ist, wenn
es um die soziale Arbeit geht. Es wird jetzt ein Gesetz, das sogenannte Sozialar­beits-Bezeichnungsgesetz, dahin gehend geändert, dass man – was man
im März vergessen hat – die Übergangsbestimmung für Sozialpädagogen hinein­genommen hat. Was man dabei aber vergessen hat, und das ist das Wesent­liche, ist, das Berufsrecht der Sozialarbeiter zu regeln. Was man im Regierungs­programm – nicht Ihr Ressort betreffend, Herr Bundesminister, aber
jenes von Bundesminister Kocher – eigentlich geregelt hat, hat man vergessen zu regeln. Das heißt, die Bezeichnung Sozialpädagoge, Sozialpädagogin
hat man hineingenommen, aber auf das Berufsrecht, auf die Wertschätzung für die gesamte Berufsgruppe hat man vergessen.

Kollege Koza hat jetzt über diesen einen Punkt gesprochen. Ich möchte
auch erwähnen, dass es sehr wohl die Möglichkeit gäbe, das Berufsrecht zu re-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 248

geln. Die Kompetenzfrage betreffend, ob das Bundeskompetenz oder Lan­deskompetenz ist, gibt es auch Gutachten, aber ich glaube, die Bundesregierung hat auch in diesem Punkt versagt und die Sozialarbeiterinnen und Sozialar­beiter alleingelassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie wir alle wissen, gibt es in drei Bundesländern eine Liste über Mangelberu­fe – das sind Salzburg, Oberösterreich und auch Vorarlberg –, und in die­ser Mangelberufsliste sind die Sozialarbeiter mittlerweile erfasst. Also in drei Bundesländern spricht man von einem Fachkräftemangel. Wenn man da
nicht erkennt, dass man dieser Berufsgruppe Wertschätzung entgegenbringen muss, indem man, genauso wie im Pflegebereich, die Haftungsbestim­mungen, die Ausbildungsbestimmungen, das Berufsbild und auch den Tätigkeits­schutz klar regelt, dann hat man etwas vergessen.

Also diese kleine Korrektur ist eine sehr kleine Korrektur. Ich glaube, das
ist wieder die typische Arbeit der Bundesregierung, wenn es um Wertschätzung für Sozial- und Betreuungsberufe geht.

Was mir noch wichtig ist, vielleicht eingehend auf diese 15a-Vereinbarung:
Ja, es ist richtig, dass die Heimhelfer nunmehr mehr Kompetenzen bekommen haben, und Gott sei Dank wurde auch die Ausbildung mitgeregelt. Die Ausbildung ist erweitert worden. Bei früheren Gesetzen, habe ich gesehen, ist das immer wieder vergessen worden – wie auch vorhin schon
angesprochen –, die Ausbildung zu verlängern. Somit wären genau diese Gruppen, die trotz niedrigerem Verdienst mehr Leistungen erbringen müssen, im Endeffekt mit einem Haftungsproblem konfrontiert gewesen. Das heißt,
sie hätten wegen Einlassungsfahrlässigkeit im Haftungsbereich wahrscheinlich größere Probleme bekommen.

Wir werden diesen Gesetzen natürlich zustimmen. Ich sage Ihnen aber
offen und ehrlich: Ich hätte mir sehr gewünscht, dass das Berufsrecht für Sozial­arbeiter geregelt wird. Ich hätte mir auch sehr gewünscht, dass im Endef­fekt die 15a-Vereinbarung weiter ist, und ich glaube auch, dass wahrscheinlich in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 249

den nächsten Monaten wiederum eine Korrektur kommt, wie es beim Sozialar­beits-Bezeichnungsgesetz leider der Fall war.

Wir als Fraktion werden den Sozialarbeitern weiterhin die Stange halten
und eine Lanze für sie brechen – die brauchen wir nämlich. – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Dagmar Belako­witsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.10.21

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich bei meinem Vorredner anschließen. Es ist so, dass wir heute ein Reförmchen haben,
also eine kleine Korrektur, es wird aber nicht die letzte Korrektur sein, so wie das halt bei allen Gesetzen ist, die diese Bundesregierung bisher auf den Weg gebracht hat. Es muss alles drei-, vier-, fünf-, sechs-, siebenmal korrigiert wer­den, weil man einfach nicht in der Lage oder nicht willens ist – das
überlasse ich jetzt Ihnen, Herr Bundesminister –, das anständig und ordentlich zu machen.

Wir haben es auch heute gesehen. Wir haben heute 40 Seiten Abände­rungsantrag bekommen, während die Debatte gelaufen ist. Das ist halt der Stil dieser Bundesregierung und das ist Ihre Art zu regieren, Herr Bundesmi­nister. Dafür – und das haben wir heute auch erleben dürfen – glauben Sie aber, sich alles erlauben zu dürfen. Es gibt ja auch keine Sanktionsmaßnahmen.
Wenn Minister auf der Regierungsbank reinschreien, polemisieren oder vielleicht auch Unwahrheiten verbreiten, gibt es keine Sanktionsmaßnahmen wie,
ganz im Gegensatz dazu, bei den Abgeordneten.

Aber wissen Sie – und es ist mir schon ein Bedürfnis, das mitzuteilen, Herr Bun­desminister –, Abgeordnete Ihrer Fraktion haben uns ja heute in der Früh gemeinsam mit den Abgeordneten der ÖVP hier ein Ständchen gesungen. (Abg.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 250

Disoski: Das war der Parlamentschor!) Man ist sich tatsächlich vorgekom­men wie auf der Titanic: Die Holzklasse (Zwischenrufe bei der ÖVP) – das sind die Bürgerinnen und Bürger (Abg. Disoski: Das war der Parlamentschor! Wo
ist das Problem?)
 – ist schon am Ertrinken, während die Kapelle, und das sind Sie von den Regierungsparteien, hier herinnen ist und singt. (Abg. Weratschnig: Unglaublich!) – Das ist das Bild, das Sie nach außen vermitteln, Herr Bundesmi­nister. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein ganz schlechtes Bild. (Abg. Prinz: Ihre Sorgen möchte ich
haben! – Abg. Michael Hammer: Das ist ja ein Wahnsinn!) –
Ja, es gibt viele Sorgen, die die Österreicherinnen und Österreicher haben, aber ob Sie da herin­nen singen oder nicht (Ruf bei den Grünen: ... Parlamentschor!), das wird ihnen nicht die Lebensbedingungen verbessern. (Zwischenrufe bei
ÖVP und Grünen.)
Das ist nämlich das Problem. (Zwischenruf der Abg. Tanda.)

Sie haben die Probleme der Bürger in diesem Land nicht erkannt.
Lieber stellen Sie sich hierher und machen Musik. Ich bin ein Freund davon, dass man gemeinsam singt, aber nicht in Zeiten, in denen die Probleme in
dem Land explodieren. (Neuerliche Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Da hätten sich die Bürgerinnen und Bürger andere Volksvertreter verdient (Abg.
Disoski: Ihr habt gerade ein Video gepostet, wo ihr singt!),
nicht solche, die sich aufs Singen konzentrieren, sondern solche, die für sie arbeiten. (Beifall bei
der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Michael Ham­mer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.12.34

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu den Tagesordnungspunkten Stellung nehme: Also das war jetzt wieder
ein Höhepunkt an Peinlichkeit der freiheitlichen Fraktion, der da geboten wurde. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 251

Frau Belakowitsch, es ist so: Alle Parteien, die hier herinnen sitzen – das
möchte ich für alle in Anspruch nehmen –, versuchen, gemeinsam zu arbeiten (Abg. Belakowitsch: Einheitspartei!), die Probleme der Menschen zu erkennen und auch Lösungen zu bieten, speziell die Bundesregierung. Und über alle Fraktionsgrenzen hinweg nehmen Abgeordnete an gemeinschaftlichen Aktivitä­ten wie diesem Chor oder auch dem FC Nationalrat teil. Ihr seid nicht
dabei, ihr seid im Schmollwinkel; und ihr seid im Übrigen auch nicht dabei, wenn hier herinnen wichtige Punkte debattiert werden, denn eure Sessel hier
sind seit zwei Tagen oft leer. Das ist zum Schämen und höchst
peinlich! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen sowie
des Abg. Arlamovsky.)

Euer Möchtegernvolkskanzler ist das Größte an Peinlichkeit: Er war an diesen zwei Tagen fünfmal da, hat komisch in die Kameras gegrinst, und jetzt
um 15 Uhr kommt er dann und plustert sich auf. – Das ist auch peinlich und das brauchen wir auch nicht! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten
der SPÖ.)

Zu dem, was Sie gesagt haben: immer wieder „Reförmchen“ oder Korrekturen. – Ja, bei uns ist das Arbeiten so, dass nicht alles an einem Tag geboren wird.
(Abg. Belakowitsch: Man merkt’s!)
Wir haben im Pflegebereich schon drei große Reformpakete gemacht, und es kommen immer wieder welche. Wir
haben gerade beim letzten Tagesordnungspunkt wieder Reformen im Pflege­bereich gemacht.

Es ist halt eine längerfristige Kraftanstrengung, den Pflegebereich nachhaltig abzusichern, und das, was wir heute hier beschließen, die 15a-Verein­barung, sind kleine, aber wichtige Schritte, um die Arbeitsbedingungen der Men­schen, die die Pflege leisten, zu verbessern: die Tätigkeiten der Heimhilfe auszuweiten, auch das Alter abzusenken, damit wir mehr Leute in den Pflegebe­ruf und in die Pflegeausbildung bekommen. Das ist ein Wunsch der Länder,
der Gemeinden, wir organisieren die Pflege gemeinsam und da lösen wir Dinge auch entsprechend.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 252

Ihr leistet dazu keinen Beitrag. Wir haben im Pflegebereich schon sehr
viel gemacht, im finanziellen Bereich, sowohl was die Ausbildungen als auch das Gehalt und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft. Wir werden auch in Zukunft dranbleiben. Ihr seid da nicht dabei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.15.15

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Wenn wir wie
gerade von der Pflegereform sprechen, ist für viele Menschen der Unterschied zwischen Pflege und Sozialbetreuung nicht ganz ersichtlich; verständlicher­weise, muss man sagen, denn es ist ja auch hier im Haus selten diffe­renziert worden.

Die Sozialbetreuung ist aber ein Aspekt des Gesundheits- und Pflegesystems, der oft außen vor bleibt. Wir reden da auch von relativ kurzen und da­mit nicht besonders hochkompetenten Ausbildungen, die aber beispielsweise für pflegende Angehörige stark zur Entlastung beitragen.

Umso verwunderlicher ist es, dass es seit dem Abschluss der Vereinbarun­gen zwischen Bund und Ländern fast 20 Jahre bis zur Weiterentwick­lung gebraucht hat, und das ist jetzt auch nur ein Minischritt. Dabei sehen wir bei sehr vielen alten Menschen hauptsächlich soziale Indikationen für
einen Betreuungsbedarf. Wenn wir beispielsweise über Generationenwohnen oder eine Neuregelung zwischen Sozialem und Gesundheit sprechen,
haben wir seit vielen Jahren Konzepte auf dem Tisch, die keine Berücksichtigung finden. In anderen Ländern wird viel mehr für Prävention und auch gegen Einsamkeit als Faktor für gesunde Lebensjahre gemacht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 253

Als großen Wurf kann man das also jetzt nicht sehen, aber wir sehen es immer­hin als Aufforderung an die Bundesländer, wenn wir sehr hoffnungsvoll
sein wollen. In diesem Sinne geben wir auch gerne noch einmal hoffnungsvoll unsere Zustimmung.

Was ich zum Chor noch sagen möchte: Wenn man gute Politik macht,
kann man arbeiten und singen, aber die FPÖ schafft halt weder das eine noch das andere. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:)
Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

13.16


13.17.02

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun wiederum niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024
geändert wird, samt Titel und Eingang in 2695 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter
Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den Abschluss der Vereinbarung gemäß


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 254

Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozial­betreuungsberufe geändert wird, in 2613 der Beilagen, zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

13.18.1711. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4116/A
der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und
das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden, und über den

Antrag 2848/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Sprachliche Anpassung der Ihr Ressort betreffenden
Gesetze sowie über den

Antrag 2853/A der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird
(2698 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4105/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversor­gungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfer­gesetz geändert werden (2699 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Frau Kollegin Ribo, Sie sind bereits startbereit. Ich bitte um Ihr Wort.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 255

13.19.27

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier auf der Galerie
und natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Seitdem Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben hat, kämpfen Menschen
mit Behinderung darum, dass sie auch tatsächlich umgesetzt wird. Das passiert langsamer, als vielen Betroffenen lieb ist. Heute ist aber ein Tag, an dem
mit dem Maßnahmenpaket für Menschen mit Behinderung wiede­rum etwas weitergeht.

Was genau geht weiter? – Wir stellen insgesamt 50 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft und der Arbeitswelt fördern.

Gemeinsam mit allen Bundesländern finanzieren wir Pilotprojekte, die es ermöglichen, dass Menschen mit Behinderung direkt aus der Werkstatt in den sogenannten Ersten Arbeitsmarkt wechseln können. In diesen Projekten erhalten Betriebe und Menschen mit Behinderung Unterstützung. Das ist Lohn statt Taschengeld durch inklusive Arbeit, so wie es eben in der Behindertenrechtskonvention vorgesehen ist.

Es geht nämlich bei Inklusion eher darum, dass man sagt, man möchte, dass die Menschen aus den Werkstätten in den Ersten Arbeitsmarkt gehen und dass
dort Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung gemeinsam auf Augenhöhe arbeiten. Es geht nicht nur um den Lohn und die Sozialversicherung, sondern wir möchten weg aus der Sonderwelt Werkstatt hin zur richtigen Inklusion auf Augenhöhe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Schwerpunkt in diesem Maßnahmenpaket ist die Stärkung der Interessenvertretung. Der Österreichische Behindertenrat wird gesetzlich veran­kert und bekommt ein fixes Budget. Auch der Bundes-Monitoringausschuss
wird gestärkt, so wie in der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen, und


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auch die Behindertenanwaltschaft bekommt mehr Befugnisse und darf nach Möglichkeit regionale Büros in den Bundesländern unterhalten.

Das sind alles Punkte, die die Interessenvertretung stärken, denn es
braucht den Druck aus der Community, es braucht den Druck auch für die Poli­tik, damit wir weiterhin das Thema Menschen mit Behinderung wichtig und richtig in der Prioritätenliste ganz weit nach oben setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist in dieser Legislaturperiode ganz, ganz viel im Bereich Menschen mit Behinderung passiert – ich habe leider jetzt nicht die Zeit, um alles aufzuzählen ‑: 100 Millionen Euro für persönliche Assistenz. Wir haben die Arbeitsunfä­higkeit für unter 25-Jährige abgeschafft. Beim Zugang zu Wahllokalen war es bis jetzt so, dass die Wahllokale nicht behindertengerecht waren, zum Beispiel
in Wien waren 40 Prozent der Lokale nicht behindertengerecht, und
bei der letzten Europawahl waren es nur 2 Prozent. Also man sieht, dass wir viel umsetzen. Danke noch einmal an alle, die hier mitgemacht haben! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie noch einmal ganz kurz zurück! Ich möchte Sie bitten, den Antrag in den Grundzügen zu erläutern, damit er auch so eingebracht ist, wie er gehört.


Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (fortsetzend): Ich bringe den Abänderungsantrag der Kolleginnen Kira Grünberg, Bedrana Ribo ein. Es geht um technische
Details und redaktionelle Änderungen; unter anderem geht es um die Integrati­ven Betriebe, die besser und leichter zu ihren Förderungen kommen. –
Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 257

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4116/A der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Be­hinderteneinstellungsgesetz geändert werden (2698 d.B.) (TOP 11)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Bundesbehindertengesetzes) wird wie folgt geändert:

1. In Z 11 wird in § 9 Abs. 1 Z 6 die Wortfolge „drei Personen als Vertretung der Dienstgeber- und Dienstnehmerorganisationen,“ durch die Wortfolge „je
drei Personen als Vertretung der Dienstgeber- und Dienstnehmerorganisationen,“ ersetzt.

2. Z 26 lautet:

„§ 12 Abs. 4 lautet:

„(4) Über jede Sitzung ist durch Bedienstete des Bundesministeriums für
Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein Protokoll zu führen. Den Mitgliedern und Ersatzmitgliedern ist eine Protokollausfertigung zu übermitteln.““

3. In Z 38 wird in § 13b Abs. 1 das Wort „jweils“ durch das Wort „jeweils“ ersetzt.

4. Z 44 lautet:

„In § 13j Abs. 1 wird die Wortfolge „der in § 10 Abs. 1 Z 6 genannten Dach­organisation“ durch die Wortfolge „dem Österreichischen Behindertenrat“ ersetzt.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 258

5. Z 65 lautet:

„Dem § 54 werden folgende Abs. 25 und 26 angefügt:

„(25) Das Inhaltsverzeichnis, § 2, § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Z 1 bis 4,
§ 8 Abs. 3 bis 5, § 8a, § 9, § 10, § 12, die Überschriften zu ABSCHNITT IIa und ABSCHNITT IIb, § 13, § 13a, § 13b samt Überschrift, § 13c samt Überschrift, § 13d samt Überschrift, § 13e samt Überschrift, § 13j, § 22 Abs. 1, § 28 Abs. 3, § 33,
die Überschrift zu ABSCHNITT Va, § 39a Abs. 8 und Abs. 8a,
§ 39a Abs. 10, § 42 Abs. 1, § 43 Abs. 1a, § 45 Abs. 1a bis 1c, § 45 Abs. 2 und Abs. 5, die Überschrift zu ABSCHNITT VIII, § 50 Abs. 2 bis Abs. 5, § 53 Abs. 3
und Abs. 4, § 55 Abs. 7 und § 56 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2024 treten mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung in Kraft.

(26) § 13l Abs. 1 und § 50 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2024 treten rückwirkend mit 1. Jänner 2024 in Kraft.““

Art. 2 (Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Z 14 lautet:

„In § 11 Abs. 6 wird die Wortfolge „Arbeit, Gesundheit und Soziales“ durch die Wortfolge „Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ ersetzt.“

2. Nach der Z 14 wird folgende Z 14a eingefügt:

„14a. Dem § 11 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Von Integrativen Betrieben als gemäß §§ 34 ff der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, in der jeweils geltenden Fassung, begünstigte Rechts­träger unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind als unentbehr­liche Hilfsbetriebe im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO zu behandeln, wenn die begüns­tigten Zwecke im Hinblick auf die Konzeption der Integrativen Betriebe
nicht anders als durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreichbar sind.““


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3. Z 22 lautet:

„Dem § 25 werden folgende Abs. 28 und 29 angefügt:

„(28) § 6 Abs. 2 lit. d, § 10 Abs. 7 lit. a und b, § 10a Abs. 1 lit. c, § 11 Abs. 1
bis 4, § 11 Abs. 4 lit. a, c und g, Abs. 5, Abs. 6 und 8, § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 6, § 19b Abs. 3 und 6, die Einleitung des § 22 Abs. 4, § 22c samt Überschrift, § 22d
samt Überschrift, § 22e samt Überschrift, § 22f samt Überschrift, § 22g samt Über­schrift sowie § 25a Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2024 treten mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung in Kraft. § 14 Abs. 7 tritt rückwirkend mit 31. Juli 2016 in Kraft.

(29) § 22h in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt
mit 1. Jänner 2025 in Kraft.““

Begründung

Zu Art. 1 (Änderung des Bundesbehindertengesetzes):

Zu Z 1 (§ 9 Abs. 1 Z 6):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 2 (§ 12 Abs. 4):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 3 (§ 13b Abs. 1):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 4 (§ 13j Abs. 1):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 5 (§ 54 Abs. 25 und 26):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung hinsichtlich in Kraft treten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 260

Zu Art. 2 (Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 11 Abs. 6):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 2 (§ 11 Abs. 8):

In § 11 Abs. 8 BEinstG soll eine Klarstellung zur Behandlung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe der Integrativen Betriebe als unentbehrliche Hilfsbetriebe getroffen werden.

Die Integrativen Betriebe, die als abgabenrechtlich begünstigte Rechtsträger nach der BAO gelten, sind auf Grund gesetzlicher und richtlinienmäßiger Vorgaben als Wirtschaftsbetriebe konzipiert, mit denen die sozialen Zielsetzungen der Integrativen Betriebe, nämlich Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen und zu quali­fizieren, umgesetzt werden: Die Integrativen Betriebe werden in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach kaufmännischen Grundsätzen
geführt. Die in § 11 Abs. 1 BEinstG genannten Rechtsträger sind Gesellschafter dieser Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Integrativen Betriebe sind in
baulicher, personeller und organisatorischer Hinsicht so aufgestellt, dass eine wirt­schaftliche Führung sichergestellt ist. Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätig­keit stellen die Integrativen Betriebe Produkte her und bieten Dienstleistungen an. Jeder Integrative Betrieb ist in mehreren Geschäftsfeldern tätig. Dies ist not­wendig, um den Menschen mit Behinderungen eine ihren Fähigkeiten und Kennt­nissen entsprechende Arbeit sowie eine größtmögliche Bandbreite von Qualifizierungsmöglichkeiten bereitstellen zu können.

Nach diesem Konzept ist das wirtschaftliche Handeln der Integrativen Betriebe eine unabdingbare Voraussetzung im Sinne eines unentbehrlichen Hilfsbetriebs,
um den Zweck der Integrativen Betriebe zu erreichen, der in der Beschäftigung und Qualifizierung von Menschen mit Behinderungen besteht. Dieser wirtschaftli-


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che Geschäftsbetrieb zur Zweckerreichung schließt auch die erforderliche Beschäfti­gung von Menschen ohne Behinderungen in dem Ausmaß, das in
den gemäß § 11 Abs. 3 BEinstG zu erlassenden Richtlinien festgelegt ist, mit ein.

Zu Z 3 (§ 25 Abs. 28 und 29):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung hinsichtlich in Kraft treten.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.23.21

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es ist grundsätzlich schön, dass es am En­de dieser Legislaturperiode wieder einen einstimmigen Beschluss geben
wird, mit dem das Leben von Menschen mit Behinderungen erleichtert werden soll. So soll in Zukunft das Beibringen von Lichtbildern für die Ausstellung
von Behindertenpässen weitestgehend entfallen, da auf bestehende Datenbanken zurückgegriffen werden kann.

Besonders zu begrüßen ist nun, dass die Bundesregierung auch im Leben der Menschen mit Behinderungen dahin gehend angekommen ist, dass sie draufgekommen ist, dass das Leben von Menschen mit Behinderungen alle Ministerien betrifft. Daher ist es nunmehr auch logisch, dass auch alle Ressorts in Zukunft im Bundesbehindertenbeirat vertreten sein sollen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist auch die Ausdehnung des Aufgabengebietes
der Behindertenanwältin. Diese kann in Zukunft Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber zur Erteilung von Auskünften und zur Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen auffordern, und diese sind auch verpflichtet, diese zu
erteilen beziehungsweise abzugeben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 262

Ebenso ist vorgesehen, dass Verbandsklagen eingebracht werden können. Positiv zu sehen ist auch, dass in Zukunft die Funktion der Behindertenanwältin hauptberuflich ausgeübt wird. Dennoch wird die Tätigkeit natürlich
weiterhin selbstständig, unabhängig und weisungsfrei bleiben.

Neu ist auch, dass beim Bundesbehindertenbeirat eine Kommission eingesetzt wird, die an keine Weisungen gebunden ist. Diese Kommission hat
Vorschläge zu machen, die dann auch zu behandeln sind.

Schade ist jedoch, dass von dem einstimmigen Beschluss im Nationalrat vom Februar 2020 doch einige Maßnahmen noch nicht umgesetzt wurden. Es fehlen weiterhin die Umsetzung einer fairen Bezahlung mit sozialversiche­rungsrechtlicher Absicherung in den Tagesstrukturen, die Neuregelung des Ausgleichstaxensystems und die Errichtung eines Inklusionsfonds.

Mit diesem Fonds, den wir auch verstärkt fordern, soll aus Mitteln des Bundes und der Länder dahin gehend Geld gespeist werden, dass zukünftige Maßnahmen, welche die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben weiter­bringen, finanziert werden.

Ganz besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die ein­heitliche Regelung der persönlichen Assistenz. Gerade bei diesem Thema gibt es noch große Ungerechtigkeiten, da die Leistungen davon abhängig sind, in welchem Bundesland die Person lebt.

Wir sehen, es gibt also noch extrem viel zu tun. Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Forderungen endlich umgesetzt werden. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.26.12

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Geschätzter Herr Minister! Zu Tagesordnungspunkt 11 des Sozial­ausschusses: Natürlich haben wir diese Maßnahmen einstimmig beschlossen, die jetzt sozusagen rudimentär aufgearbeitet werden. Ich darf sie noch
einmal wiederholen, auch für das Auditorium, bevor wir zum richtig Einge­machten kommen.

Wir haben heute hier den großen Wurf, dass wir betreffend Menschen, die eine Beeinträchtigung haben, den Bundesbehindertenbeirat finanziell unterstüt­zen, dass wir endlich einen Lichtbildausweis einführen, der zu Erleichterungen führt, und dass der Bundesbehindertenbeirat aliquot besetzt wird.

Meine Vorrednerinnen sind vorhin so in Rage gegangen mit der FPÖ. Wir wollen einfach nur einmal aufzeigen, wie Sie einfach lügen. (Zwischenruf des
Abg. Zarits.)
Bevor der Herr Präsident mir jetzt einen Ordnungsruf für „lügen“ erteilt, korrigiere ich es auf die bewusste Nichtübereinstimmung von Wirklichkeit und Vorstellung. Sie sind alle eingeladen, einschließlich des Audi­toriums, auf die Homepage der Volkspartei zu gehen. Dort steht: Lohn
statt Taschengeld: längst umgesetzt. – Sie können es sich selber durchlesen, und dann frage ich Sie: Bin ich jetzt im falschen Parlament? Bin ich im falschen Sozialausschuss? Herr Minister, sind Sie der Steigbügelhalter für eine Propagan­dapolitik, die auf dievolkspartei.at steht? (Beifall bei der FPÖ.) Denn seit
fünf Jahren probieren wir es, Menschen mit Beeinträchtigung tatsächlich in den Arbeitsprozess einzugliedern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie propagieren es nur auf Ihrer Homepage! Sie geben vor, es umzusetzen,
und belügen die Menschen, die da oben sitzen. Das ist der Unter­schied! Wir sagen ihnen die Wahrheit. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eure Wahrheit!) Daher laufen sie uns zu. Und das ist der Unterschied, den Sie nicht
verstehen! (Beifall bei der FPÖ.) Sie können es aber selber nachlesen, deswegen sind Sie jetzt so klein, weil wir Sie bei etwas erwischt haben, was
Sie sonst normalerweise nicht verstehen. (Ruf bei der ÖVP: Schlusswort!)


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Das Schlimme dabei ist, wir haben es ein paarmal im Anlauf probiert, wir haben es sogar mit Ihnen probiert, als wir in der Regierung gesessen sind, aber
Sie verstehen es nicht, Sie wollen es nicht verstehen, dass Menschen mit Behin­derungen keine Menschen zweiter Klasse sein dürfen, weil wir alle gleich
sind in Österreich. (Abg. Schallmeiner: Christian, sag das lieber deiner Kollegin!) Und das ist der Unterschied: dass wir diese Politik einfach leben. Sie propagie­ren sie auf Ihrer Homepage, aber Sie tun es nicht. – Danke sehr.
(Beifall bei der FPÖ.)

13.28

13.28.27*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ragger, wie Sie schon vermutet haben, habe ich für den Vorwurf der Lüge einen Ordnungs­ruf zu erteilen.

*****

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kira Grünberg. – Bitte schön,
Frau Abgeordnete.


13.28.44

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf im Namen unseres Abgeordneten Klaus Lindinger die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land recht
herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ja, wir debattieren heute ein sehr großes Paket für Menschen mit Behinderun­gen, das vor allem Änderungen im Bundesbehindertengesetz und im Behinderteneinstellungsgesetz mit sich bringt. Ich glaube, einer der bedeu­tendsten Punkte – da kann ich gleich an Kollegen Ragger anschließen – ist: Wir setzen Lohn am Arbeitsmarkt statt Taschengeld in der Tagesstruktur um.
Das ist einfach Tatsache: Es wurde ein Fonds mit 50 Millionen Euro geschaffen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 265

wobei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, die derzeit in den Tagesstrukturen arbeiten, die Möglichkeit, die Perspektive bekommen sollen, dass sie am Ersten Arbeitsmarkt oder auch in Integrativen Betrieben
Fuß fassen können. Das ist wirkliche Inklusion, gelebte Inklusion, dass Menschen mit Behinderungen und ohne Behinderungen zusammenarbeiten, und
dafür stehen wir als Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weiters stärken wir auch die Behindertenanwaltschaft. Die Behindertenanwältin leistet extrem wichtige Arbeit für uns Menschen mit Behinderung, die sich aufgrund ihrer Behinderung diskriminiert und damit auch benachteiligt fühlen. Sie liefert unter anderem jährlich einen Tätigkeitsbericht ans Parlament ab
und gibt auch immer wieder wichtige Stellungnahmen zu Gesetzen, die Menschen mit Behinderung betreffen, ab.

Damit alle Menschen in Österreich die Angebote der Behindertenanwaltschaft in Anspruch nehmen können und damit sie dies auch niederschwellig tun
können, braucht es – zu dieser Auffassung sind wir gekommen – Regionalbüros. Die Behindertenanwältin kann – da das nur eine Person ist – natürlich
nicht immer überall in Österreich sein, deswegen bekommt sie die Möglichkeit, Regionalbüros zu errichten. Es ist für den Westen eine Stelle in Salzburg
und für den Süden eine in Graz geplant. Das Büro in Wien bleibt natürlich wei­terhin bestehen.

Zudem bekommt die Behindertenanwältin auch die Möglichkeit, bei
einer vermuteten Diskriminierung im Namen der betroffenen Person das Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice zu führen. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, weil die Behindertenanwältin sehr großes Vertrauen
in der Bevölkerung genießt. Somit haben Menschen mit Behinderung
die Möglichkeit, von ihr vertreten zu werden.

Zudem schaffen wir auch mehr Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung, ganz unter dem Motto: „Nichts über uns ohne uns“!, so, wie es auch dem


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Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht. Der Bundesbehin­dertenbeirat, der bis jetzt ein sehr wichtiges Beratungsgremium des So­zialministers war, wird in Zukunft die gesamte Bundesregierung beraten. Er muss in sämtlichen Belangen, die Menschen mit Behinderung betreffen, angehört werden. Es wird zusätzlich eine Kommission eingerichtet, die etwas kleiner sein wird und für die Vorbereitung von Gutachten, Stellungnahmen und Emp­fehlungen zuständig sein wird.

Ich bin stolz, sagen zu können, dass wir in dieser Legislaturperiode viele große Meilensteine für Menschen mit Behinderungen gesetzt haben, angefan­gen von der Harmonisierung der persönlichen Assistenz bis hin zur Attestierung der Arbeitsunfähigkeit ab dem 25. Lebensjahr. Jetzt passiert ein weiterer wichtiger Schritt, und zwar jener in Richtung Lohn statt Taschengeld
am Arbeitsmarkt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Grebien.)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete
Fiona Fiedler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.32.34

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen!
Wir begrüßen die Novellierung dieser beiden Gesetze, es wurde bereits
sehr ausführlich darüber gesprochen. Ein bisschen verwundert waren wir, dass es sich dabei um einen Initiativantrag handelt und nicht, wie üblich,
um eine Regierungsvorlage mit Begutachtungsfrist und Stellungnahmen.

Selbst wenn man den Weg eines Initiativantrages wählt, wie es sehr oft passiert, was ÖVP und Grüne oft machen, hätte man die Opposition miteinbeziehen können, weil – Sie wissen das, werte ÖVP und werte Grüne – im
Bereich der Menschen mit Behinderungen immer so gut wie alles konsensual


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 267

beschlossen wird. Es ist, wie es ist. Die inhaltlichen Änderungen sind
wichtig für Menschen mit Behinderungen, und auch wenn wir auf dem Antrag nicht namentlich mit draufstehen, freut es mich, zu sehen, dass
die Anpassungen im Gesetzestext eine stark pinke Handschrift tragen.

Ganz konkret haben wir drei Änderungen vorgeschlagen, die sich in dieser No­vellierung wiederfinden. Das ist erstens das Abgleichen des existierenden
Fotos aus anderen Datenbanken bei Beantragung eines Behindertenpasses. Das hilft Menschen mit Behinderungen, weniger bürokratische Hürden nehmen
zu müssen, und erspart auch unnötige Behördengänge.

Zweitens, die sprachliche Anpassung: Das Ersetzen des Wortes
Behinderte durch Menschen mit Behinderungen ist schon lange überfällig. Die Sprache hat sich seit Beschluss dieses Gesetzes natürlich weiterent­wickelt, deswegen sollten Begriffe wie Behinderte einfach ersetzt werden. Das ist geschehen, darüber freuen wir uns auch sehr. Das ist ein erster Schritt,
aber, Herr Minister, Sie wissen auch, dass in Ihrem Ressort noch andere Gesetze überarbeitungsbedürftig herumschlummern.

Drittens, die Regionalbüros der Behindertenanwaltschaft: Das war
ein Gemeinschaftsantrag, auch dieser sorgt für weniger Hürden, einen nieder­schwelligeren Zugang zu Leistungen der Behindertenanwaltschaft,
die Menschen mit Behinderungen bekommen sollen und auch müssen.

Diese Novellierung ist ein guter Schritt, wir sehen aber weiteren Verbesserungs­bedarf, daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Behin­derteneinstellungsgesetz geändert werden, 2698 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 268

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesent­wurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 wird eine neue Ziffer 60a. eingefügt:

„60a. In § 48 wird das Wort ‚Behinderte‘ durch die Wortfolge ‚Menschen
mit Behinderungen‘ sowie die Zeichenfolge ‚70%‘ durch die Zeichen­folge ‚50%‘ ersetzt.“

*****

Die bereits erwähnten sprachlichen Anpassungen sollen auch in diesem Paragra­fen Niederschlag finden. Menschen mit einem Behinderungsgrad ab
50 Prozent sollen die Möglichkeit für ÖPNV-Vergünstigungen bekommen, sie sollen Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr erhalten. Das ist zeitge­mäß und ein weiterer Schritt hin zu mehr Inklusion. Es braucht aber noch viele weitere Schritte bis zu einer vollständigen Inklusion.

Zu Kollegin Ribo: Es sollte auch ohne Druck der Interessenvertretungen
gehen, dass Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden. Wir sollten alle unser Mindset ändern, und das relativ schleunigst.

Zum Thema Lohn statt Taschengeld möchte ich auch noch etwas sagen:
Kollegin Grünberg, ich hoffe, dass ich mich verhört habe, aber Lohn am Arbeits­markt ist besonders?! Also ganz ehrlich: Es steht auf Ihrer Homepage,
dass Lohn statt Taschengeld in den Werkstätten umgesetzt ist – das ist es aber definitiv nicht. Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten ver­bleiben, beziehen nach wie vor nur Taschengeld, sonst nichts. Die, die auf dem Arbeitsmarkt gefördert werden, sollen einen Lohn erhalten! Wir kriegen
auch Lohn für unsere Arbeit. Jeder Mensch, der arbeitet, kriegt Lohn, hat sich das verdient. Das jetzt als Besonderheit herauszuheben finde ich wirklich dreist. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Ragger.)

13.36


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 269

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag (4116/A) der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Behin­derteneinstellungsgesetz geändert werden (2698 d.B.) - TOP 11

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzes­entwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 wird eine neue Ziffer 60a. eingefügt:

„60a. In § 48 wird das Wort ‚Behinderte‘ durch die Wortfolge ‚Menschen mit Behin­derungen‘ sowie die Zeichenfolge ‚70%‘ durch die Zeichenfolge ‚50%‘ ersetzt.“

Begründung

Vergünstigungen der öffentlichen Verkehrsmittel für Menschen mit Behinderungsgrad ab 50%

Gemäß § 48 Bundesbehindertengesetz (BBG) können Verkehrsunternehmen des öffentlichen Verkehrs eine Fahrpreisermäßigung für Menschen mit Behinderungen ab einem Grad der Behinderung von 70% anbieten.

Diese 70% sind nicht mehr zeitgerecht, da es weitere Krankheitsbilder und Behinderungen gibt, welche einen massiven Einfluss auf den Alltag der Person mit Behinderung haben, jedoch nur mit 50% oder 60% katalogisiert sind.

Exemplarisch dazu gibt es in der Anlage der Einschätzungsverordnung (1) folgende Diagnosen, welche mit unter 70% jedoch über 50% niedergeschrieben sind:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 270

•     Amputation im Unterschenkelbereich bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes und/oder der Gelenke

•     Höhergradige Lähmung der Hüftbeugemuskulatur, alternierendes Stiegensteigen nicht möglich

•     Kleinwuchs unter 130 cm

Daher wäre eine Senkung des Grades der Behinderung von 70% auf 50% sinnvoll. Ferner wird die Bezeichnung "behinderter Menschen" durch "Menschen mit Behinderungen" ersetzt - analog zum Änderungsvorschlag in § 8 Abs. 2 Z 2 des vorliegenden Antrags (4116/A).

1.    https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2010_II_261/
COO_2026_100_2_612316.pdfsig

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.37.08

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen
dieses Tagesordnungspunktes reformieren wir auch das Sozialentschädigungs­recht.

Worum geht es? – Menschen, die beispielsweise einen Impfschaden
erleiden oder aufgrund eines Verbrechens eine körperliche oder psychische Beeinträchtigung erleben, haben ein Anrecht auf eine Entschädigung.
Der Schaden wird dabei entweder von einem amtlichen oder, weil es nicht für alle Fälle amtliche Sachverständige gibt, von einem nicht amtlichen Sachverständigen oder einer nicht amtlichen Sachverständigen festgestellt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 271

Bislang war es automatisch so, dass hinsichtlich der Entlohnung amtliche Sachverständige nicht amtlichen gleichgestellt waren. Was allerdings tatsächlich gefehlt hat, war eine entsprechende gesetzliche Grundlage. Das hat
auch ein Verwaltungsgericht festgestellt, daher entsteht auch entsprechender Handlungsbedarf, weil die Folge dieses Urteils an sich gewesen wäre,
dass ohne die heutigen Gesetzesänderungen Betroffene auf ihren Kosten sitzen geblieben wären. Neben dem Leid, das ihnen aufgrund eines Impfschadens
oder was auch immer widerfahren ist, wäre das eine zusätzliche soziale Härte. (Abg. Wurm: Bist du der Hauser, oder was?)

Dank dieser Gesetzesnovelle ist es so, dass rückwirkend mit 1. Jän­ner 2024 nun auch die Kostenübernahme von nicht amtlichen und amtlichen Sachverständigen gesetzlich festgeschrieben ist. (Abg. Wurm: „Impfschaden“ – sag es noch einmal! Jetzt haben wir seinen Nachfolger gefunden!)

Weiters wird auch das Verbrechensopfergesetz dahin gehend geändert,
dass personenbezogene Daten des Opfers von der Justiz an das Sozialministe­riumservice übertragen werden dürfen. Warum? – Damit raschere Ent­scheidungen zu beantragten Hilfsleistungen getroffen werden können. Ich bitte wie schon in der letzten Sozialausschusssitzung um breite Zustimmung. –
Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


13.38.57

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Worum geht es bei
diesem Themenkomplex? Es ist zu Recht die langjährige Forderung der Behindertenverbände zitiert worden: „Nichts über uns ohne uns!“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 272

Mit diesem Maßnahmenpaket gehen wir dem nach. Was passiert? – Es kommt zu einer Stärkung der Behindertenanwaltschaft, sie wird mit mehr
Befugnissen ausgestattet, sie kann im Sinne der besseren Erreichbarkeit Regionalbüros einrichten. Dadurch erhalten Menschen einfacher Beratung und Rechtsschutz.

Es wird der Bundesbehindertenbeirat gestärkt, dieses Gremium wird
fortan die gesamte Bundesregierung beraten, und innerhalb dieses Beirates wird eine ständige Kommission eingerichtet, in der die Behindertenorganisa­tionen vertreten sind. Das ist deshalb wichtig, weil die Beteiligung einer der zen­tralen Schlüsselpunkte ist, die wir zu gewährleisten haben.

Es wird mehr Budget für die Interessenvertretung geben, der Behinder­tenrat wird als Dachverband für die Interessen von Menschen mit Behinderun­gen gestärkt. Er erhält ein fixes Jahresbudget, es wird gegenüber den
bisherigen Förderungen um 25 Prozent auf 870 000 Euro pro Jahr erhöht und valorisiert.

Auch der unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention erhält mehr Budget: Es wird um 30 Prozent auf 520 000 Euro aufgestockt und valorisiert.

In allen Ministerien und öffentlichen Institutionen werden Barrierefrei­heitsbeauftragte geschaffen.

Ich darf darauf hinweisen, dass das nur Teile des Gesamtpaketes sind, das wir schon gemacht haben: Es gibt mehr Budget für inklusive Projekte, wir
haben den Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung heuer auf 50 Millionen Euro aufgestockt – bisher waren es 36 Millionen Euro –, und wir haben – das darf ich auch noch erwähnen – die automatische Arbeits­unfähigkeitsfeststellung geändert, sodass die Grenze jetzt bei 25 Jahren liegt, um zu verhindern, bereits darunter den Stempel einer lebenslangen Arbeitsunfä­higkeit aufgedrückt zu bekommen, womit für Menschen mit Behinderungen nun


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 273

auch die Möglichkeit besteht, an AMS-Maßnahmen teilzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.41.22

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Sinne einer konstruktiven Opposition werden wir dann, wenn sinnvolle Veränderungen gemacht werden, durchaus zustimmen.

Ich finde es unheimlich wichtig, dass behinderte Menschen, wenn man zu we­nige Amtssachverständige in den Ämtern hat, dann nicht auf den Kosten
sitzen bleiben. Da ist es wichtig, dass man diesen Schritt jetzt setzt. Es wäre auch schön, wenn man Personal aufnehmen würde, weil man Amtssachverstän­dige auch für andere Fragen bräuchte – das wäre gut.

Die zweite Sache ist der Datenaustausch. Wenn jemand Opfer eines Verbrechens wird, dann ist nicht immer sofort klar: War das ein Verbrechen, wird der Täter dafür auch verurteilt? Das Opfer hat aber den Schaden
sofort, und daher braucht es schnelle Regelungen. In diesem Sinne ist diese Veränderung richtig.

Es ist auch gut, wenn wir heute beim Kehraus dieser Bundesregierung
die guten Dinge benennen. Das ist eine gute Regelung, wir werden
ihr zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42


13.42.38

Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Debatte ist geschlossen.

Ist ein Schlusswort gewünscht? – Es ist nicht gewünscht.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 274

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11:
Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden,
in 2698 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, Kolleginnen und Kollegen sowie
ein Zusatzantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten
Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 11, 26, 38
und 44 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen haben
einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuer Ziffer 60a in Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist
die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Kira Grünberg, Bedrana Ribo, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderung von Art. 1 Z 65 und Art. 2 Z 14, Einfügung einer neuen Ziffer 14a in
Artikel 2 sowie Änderung von Art. 2 Z 22 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstim­mig angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 275

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist
ebenfalls einstimmig angenommen.

Damit kommen wir schon zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2699 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.45.2313. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 4111/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden (2692 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 276

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die Frau Staatssekretärin sehr herzlich bei uns begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


13.45.57

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr
Minister! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor
den Fernsehbildschirmen! Als Erstes darf ich im Namen meines Kollegen Joachim Schnabel eine Seniorenbundgruppe aus Gabersdorf mit Obfrau Waltraud Prugmaier begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Leistung muss sich lohnen – heute beschließen wir wieder einen weiteren
Schritt in die richtige Richtung, zu einem unserer Leitsätze. Es gibt zahlreiche Studentinnen und Studenten, die zusätzlich zu ihrem Studium auch noch arbeiten gehen – danke dafür! Das ist nicht selbstverständlich und ein wertvoller und unverzichtbarer Beitrag (Abg. Lindner: Die müssen von irgendwas leben können!), nicht nur für euch persönlich, sondern auch für den österreichischen Staat. Ihr zahlt durch eure Arbeit Steuern, und nur so können wir auch Sozialleistungen auszahlen.

Damit jene, die arbeiten gehen, nicht mit dem Entzug der Familienbeihilfe bestraft werden, gibt es eine Zuverdienstgrenze. In den letzten Jahren sind die Löhne ziemlich stark gestiegen, und deshalb überschreiten die Studentinnen
und Studenten auf einmal viel schneller diese Zuverdienstgrenze und
müssten dann ihre Arbeit reduzieren, damit sie weiter die Familienbeihilfe beziehen können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 277

Deshalb haben wir diese Zuverdienstgrenze schon 2022 auf 15 000 Euro erhöht. Mit dieser Gesetzesänderung, die wir heute beschließen, passen wir die Zuverdienstgrenze endgültig an: Die Valorisierung erfolgt in Zukunft genauso wie bei den Sozialleistungen automatisch.

Weil wir nicht nur reden, sondern handeln, sei zum Abschluss noch ein­mal gesagt: Wir bleiben unseren Leitsätzen treu und entwickeln Österreich weiter – ein weiterer Beitrag, damit sich Leistung lohnt. (Beifall bei
der ÖVP. – Abg. Schellhorn: Ha! ... lustig!)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.48.20

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren! Werte Kollegin, es ist tatsächlich so, dass sehr viele Studie­rende neben ihrem Studium arbeiten müssen beziehungsweise fast schon
neben dem Job studieren. Es ist nicht so, dass es „zahlreiche“ sind, sondern es ist mittlerweile die Mehrzahl der Studierenden. Insofern ist das eine sehr
sinnvolle Regelung, die wir heute beschließen werden.

Allerdings wäre es sinnvoll, andere Dinge zusätzlich zu machen, denn es geht ja darum, dass die Studierenden in die Lage versetzt werden, in ihrem
Studium auch zügig, in einem angemessenen Tempo, weiterzukommen, wie sie das eben wollen, und einen Abschluss zu machen.

Sowohl bei der Familienbeihilfe als auch bei der Studienförderung ist es
so, dass man, wenn man länger studiert, über die Mindestdauer hinaus – bei der Familienbeihilfe sind es zwei Semester, bei der Studienförderung ist es überhaupt nur ein Semester über die Mindeststudiendauer –, den Anspruch auf diese Unterstützungen verliert. Wir wissen ja alle – und Studien belegen
das, zum Beispiel die letzte Studierenden-Sozialerhebung –, dass Studierende, wenn sie daneben arbeiten, länger für das Studium brauchen, weil sie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 278

weniger Zeit für ihr Studium aufzuwenden haben. Allein 10 Stunden in der Wo­che führen schon dazu, dass es Verzögerungen beim Fortkommen im
Studium gibt.

Das heißt, die Zuverdienstgrenze zur Familienbeihilfe zu erhöhen, zu valorisieren, ist eine sinnvolle Regelung, aber es bräuchte mehr. Es bräuchte eine bessere Studienförderung – mehr und länger – und mehr Toleranzsemester sowohl bei der Familienförderung als auch bei der Studienförderung, um für jene Studierenden, deren Eltern sie nicht in dem Ausmaß finanziell unterstüt­zen können, die entsprechenden Unterstützungsmöglichkeiten aufrechtzuerhal­ten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Barbara Neßler, Sie
gelangen nun zu Wort. – Bitte schön.


13.50.46

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Als ich im Gasthaus meiner
Eltern erzählt habe, dass ich jetzt studiere, kamen oft Sprüche wie: Also das heißt, du machst jetzt nichts!, oder Sprüche wie: Okay, das heißt, hauptberuflich gehst du jetzt aus! – Die Vorstellung vieler war: Studizeit ist gleichbedeutend
mit Party, Reisen, Gspusis ohne Ende – ein sehr unbeschwertes Leben.

Die Realität von vielen Studierenden schaut aber definitiv anders aus und ist nicht ganz so unbeschwert. Es ist oft ein täglicher Kampf, irgendwie
über die Runden zu kommen, bei dem es um Fragen geht wie: Bekomme ich den Studienplatz, den ich möchte? Wie bekomme ich das Praktikum? Wie
kriege ich Arbeitsleben und Studium unter einen Hut? Wie kann ich die Miete zahlen? Kann ich mir die Bücher kaufen, die ich brauche?, und so
weiter. – Das sind Sorgen, mit denen sich Studierende tagtäglich herumschlagen.

Das Studienleben ist also viel unromantischer, als viele es sich
vorstellen. Alleine wenn ich an meine eigene Studienzeit in Innsbruck – der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 279

teuersten Landeshauptstadt in ganz Österreich – zurückdenke: Halleluja, da war das Klo am Gang, da war die Duschkabine in der Küchenecke, und
trotzdem musste ich mir überlegen, wie ich mir die Wohnung leisten kann,
trotz Nebenjob.

So geht es ganz vielen Studierenden, und eine Umfrage – die Kollegin von der SPÖ hat es angesprochen – vom letzten Jahr zeigt, dass 80 Prozent aller Studierenden einer Nebentätigkeit nachgehen, also einen Job nebenbei machen müssen, und zwei Drittel geben an, dass sie sich ohne diesen Job ihr
Studium nicht mehr leisten können.

Das heißt also, bei vielen geht das ohne einen Nebenverdienst nicht. Doch man muss aufpassen, dass die Arbeit nicht zu viel wird, und zwar nicht hinsicht­lich der Arbeitsbelastung, sondern hinsichtlich des Einkommens.
Wenn man nämlich während des Bezugs von Familien- und Studienbeihilfe zu viel verdient, muss man dem Staat das Geld zurückzahlen. Das heißt also,
auch während die Löhne steigen, bleibt die Zuverdienstgrenze je nach Goodwill der jeweiligen Bundesregierung oft über die Jahre gleich. Das letzte Mal,
dass sie – vor uns – erhöht wurde, war im Jahr 2011.

Wir haben die Zuverdienstgrenze im Jahr 2022 ordentlich erhöht, und zwar auf 15 000 Euro. Fakt ist aber: Effektiv ist es so, dass mit der Inflation diese Einkommensgrenze Jahr für Jahr sinkt. Das heißt also – und jetzt wird es gro­tesk –, ich kann zwar für das gleiche Geld arbeiten gehen, muss aber bei steigenden Löhnen meine Stunden reduzieren. Das heißt also, ich kann gar nicht mehr im bisherigen Ausmaß arbeiten gehen.

Damit machen wir jetzt endlich – das erste Mal in der Geschichte – wirk­lich Schluss, und ich freue mich wirklich sehr über diesen heute vorliegenden Antrag, über die Valorisierung der Zuverdienstgrenze für Studierende.
Das heißt, die Zuverdienstgrenze steigt jährlich automatisch mit der Inflation an, ich bin nicht vom Goodwill des Ministers oder der Ministerin abhängig,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 280

und wir machen es rückwirkend und erhöhen sie mit 1. Jänner um 9,7 Prozent auf 16 450 Euro. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Michael Bernhard. – Bitte,
Herr Abgeordneter.


13.54.07

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Anwesende auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Meine Vorrednerinnen vor allem von ÖVP und Grünen haben ja darauf verwiesen, dass sie da einen sinnvol­len Vorschlag eingebracht haben. Auch wir NEOS unterstützen die Valorisierung, also die automatische Anpassung an die jeweils bestehende Inflation,
bei der Zuverdienstgrenze, damit eben, wenn die Einkommen aufgrund der Inflation steigen, gleichzeitig auch die Zuverdienstgrenze steigt und Studierende nicht gezwungen sind, in Zukunft weniger zu arbeiten, nur damit sie nicht irgendwo eine Grenze überschreiten.

Inhaltlich ist es allerdings schon erstaunlich, weil das Vorhaben ja seit 2020 auf dem Papier ist. Man könnte also sagen: Die Bundesregierung oder die Regierungsfraktionen feiern sich jetzt, weil sie nach viereinhalb Jahren eine ein­fache gesetzliche Bestimmung verändern. (Zwischenruf der Abg. Neßler.)

Für uns ist ehrlicherweise nicht nachvollziehbar, Barbara Neßler – weil du gerade herausrufst –, wofür ihr da viereinhalb Jahre gebraucht habt. (Abg. Neßler: Welche Regierung hat es davor gemacht?) Ja, ihr habt 2022 schon einmal den Be­trag angepasst, 2023 sind die Studierenden darum umgefallen,
denn für 2024 wird es jetzt nachträglich gemacht, und ab 2025 wird valorisiert.

Es ist aus unserer Sicht wirklich symptomatisch, dass ihr einfache
Maßnahmen, die ihr im Regierungsprogramm vorgesehen habt, auf den letzten Drücker – vor der letzten Sommerpause vor der nächsten Wahl – noch
auf den Boden bringt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 281

Wir unterstützen das, aber man sieht: Selbst die kleinste Aufgabe braucht bei euch viereinhalb Jahre, und das ist ehrlicherweise nicht sehr zufrieden­stellend. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.55


13.55.55

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2692 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um
ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.56.2914. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterent­schädigungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (2688 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2597 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 282

das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarver­sorgungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeits­gesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG) (2689 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2605 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeitsgesetz geändert wird (2690 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 14
bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Josef Muchitsch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.57.17

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Besucher und Besucherinnen aus Gabersdorf! Es ist schön,
dass Herr Holzbaumeister Lappi jetzt auch hier im Parlament ist, denn wir be­schließen jetzt bald ein Gesetz, das auch ihn betrifft.

Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um die Einbeziehung von Arbeitskräfteüberlassungsbetrieben in das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschä­digungsgesetz. Diese Bestimmungen dieses Gesetzes besagen, dass
künftig überlassene Arbeitskräfte dem BUAG unterliegen, wenn auch der Betrieb, der die überlassenen Arbeitskräfte beschäftigt, dem BUAG unterliegt. Die Novelle beruht auf einer Sozialpartnereinigung und bringt Vorteile
für die überlassenen Arbeitskräfte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 283

Ich bringe weiters einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Tanja Graf, Mar­kus Koza, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen ein.

In diesem Abänderungsantrag ist die Einbeziehung von Spenglerbetrie­ben – mit Ausnahme von den Lüftungsspenglern und den Galanteriespenglern – in das BUAG geregelt. Auch da gibt es eine Einigung der Sozialpartner.
Grund dafür ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. August 2023, in dem festgehalten wurde, dass das Dacheindecken mit vorgefertigten Metallplatten durch Spenglerbetriebe auch dem BUAG zu unterliegen habe, weil es sich dabei um Dachdeckerarbeiten handle. Das heißt, wir haben somit
auch die Spenglerbetriebe mit diesen Tätigkeiten in die Buak eingegliedert, und da geht es jetzt darum, dass eben die Zuschläge für die Sachbereiche
Urlaub, Abfertigung, Überbrückungsgeld zu entrichten sind. (Abg. Hörl: Jetzt weiß ich, warum es so teuer geworden ist!)

Die Betriebe unterliegen auch der Schlechtwetterregelung des
Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes (Abg. Hörl: Jetzt weiß ich, warum es so teuer geworden ist!), und das ist auch gut so, denn der
Dachdecker, Kollege Hörl, hat Schlechtwetterentschädigung gehabt, der Spengler nicht, und das ist jetzt gleichgestellt. Wir behandeln Menschen auf der Baustelle gleich, und ich glaube, das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben damit eines geschafft: Für die gleichen Tätigkeiten am gleichen Ort gibt es gleiche Regelungen sowohl bei der Schlechtwetterentschädigung
als auch beim Urlaubsanspruch, bei der Abfertigung und beim Überbrückungsgeld.

Apropos Schlechtwetter: Ich möchte auch einen Entschließungsantrag ein­bringen, weil es sehr gut passt. Gerade die letzten Wochen mit den Unwetterkatastrophen, durch die schwere Schäden entstanden sind, durch die viel Leid entstanden ist, haben wieder gezeigt, dass die Einsätze der Katastrophenhelfer wirklich unglaublich sind – ein großes Danke an all jene, die das wirklich immer wieder leisten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 284

Wir hören aber auch von den Freiwilligeneinsatzorganisationen: Es wird immer schwieriger, diese Einsätze zu gewährleisten, und es werden aufgrund
des Klimawandels auch immer mehr Einsätze. Deshalb fordern wir als SPÖ, dass es für diese Einsatzorganisationen und deren freiwillige Kräfte auch
eine gesetzliche Regelung betreffend Freistellung und Entgeltfortzahlung gibt.

Auf Initiative der SPÖ konnten 2019 bereits Verbesserungen geschaffen werden, sodass die Arbeitgeber, wenn Mitarbeiter im Rahmen von Sonderurlaub freigestellt wurden, auch eine Entschädigung erhalten. Dieser neue Antrag umfasst jetzt aber auch die Betroffenen, das heißt, diejenigen, die von Unwetterkatastrophen betroffen sind.

Wir stellen daher nachfolgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatz­kräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird auf­gefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Be­schlussfassung zu übermitteln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katstrophenschutzeinsatz stehende Einsatz­kräfte geschaffen wird. Zugleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befind­liche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit“ – also auch für Unternehmer – „geschaffen wird. Für von Katastrophen Betroffene“ – da gibt es
noch keine Regelung – „soll ein Schadenbeseitigungs-Urlaubsanspruch ge­schaffen werden.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 285

Zusammengefasst: Egal ob Unselbstständige, Selbstständige oder Betroffene, wir brauchen aufgrund des Klimawandels und der Katastrophen klare
neue Regelungen. – Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Markus Koza, Josef Muchitsch

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetter­entschädigungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (2688 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der gegenständliche Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 1 erhält die bisherige Z 1 die neue Ziffernbezeichnung „2.“ und es wird davor folgende neue Z 1 eingefügt:

„1. In § 1 Abs. 1 wird nach dem Wort „Pflastererbetriebe“ folgende Wortfolge eingefügt: „und Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe,““

II. In Artikel 1 erhalten die bisherigen Z 2 bis 6 die Ziffernbezeichnungen „3.“ bis „7.“.

III. In Artikel 1 lautet die nunmehrige Z 7:

„7. Dem § 19 wird folgender Abs. 18 angefügt:

„(18) § 1 Abs. 1 und 5, § 2 lit. c, § 2a sowie § 12 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. November 2024 in Kraft.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 286

IV. In Artikel 2 lautet die Z 1:

„1. § 2 Abs. 1 lit. c lautet:

„c)   Dachdeckerbetriebe, Pflastererbetriebe und Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe;““

V. In Artikel 2 werden folgende Z 2 bis 6 angefügt:

„2. § 2 Abs. 2 lit. c lautet:

„c)   Dachdeckerbetriebe, Pflastererbetriebe und Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe;“

3. § 3 Abs. 3a entfällt.

4. § 39a samt Überschrift entfällt.

5. In § 40 wird folgender Abs. 49 angefügt:

„(49) § 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 43 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2024 tritt mit 1. August 2024 in Kraft. § 3 Abs. 3a in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit Ablauf des 31. Juli 2024 außer
Kraft. Für die Einbeziehung in das System der Urlaubs- und Abfertigungskasse von Arbeitnehmern (Lehrlingen), deren Arbeitsverhältnis zu einem Spenglerbetrieb
bereits zum In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes bestanden hat, gilt § 43, sofern diese Arbeitnehmer (Lehrlinge) der Urlaubs- und Abfertigungskasse vom
jeweiligen Arbeitgeber bis zum Ablauf des 31. Oktober 2024 auf elektronischem Weg gemeldet werden. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse ist ermächtigt, diese
Frist aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erstrecken. Im Fall einer späteren Meldung gilt für die Einbeziehung § 27 Abs. 1 bis 3, 5 und 6.“

6. Folgender § 43 samt Überschrift wird eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 287

„Übergangsbestimmung

§ 43. (1) Die Einbeziehung in das System der Urlaubs- und Abfertigungskasse erfolgt nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5.

(2) Für den Sachbereich der Urlaubsregelung erfolgt die Einbeziehung der Arbeitnehmer in das System der Urlaubs- und Abfertigungskasse mit Ausnahme der Arbeitnehmer gemäß Abs. 2a mit 1. Jänner 2024, sofern das Arbeitsverhältnis
bereits begründet war, sonst mit Beginn des Arbeitsverhältnisses. Ab
diesem Zeitpunkt ist § 21a für die Zuschlagsleistung der Urlaubsregelungen sinngemäß anzuwenden. Der Arbeitgeber hat ab 1. November 2024 bis zum Ablauf des 15. Jänner 2025 die für eine Berechnung der Zuschläge zum Lohn
gemäß § 21a BUAG erforderlichen Daten und an den Arbeitnehmer tatsächlich geleistetes Urlaubsentgelt sowie Urlaubszuschuss und die Höhe der dafür entrichteten Dienstgeberabgaben zur Sozialversicherung für den im Zeitraum ab dem 1. Jänner 2024 gebührenden Urlaub durch Vorlage entsprechender Unterla­gen der Urlaubs- und Abfertigungskasse auf elektronischem Weg bekannt zu geben. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse hat die bekannt gegebenen Leistungen
nach Prüfung auf die offenen Zuschläge anzurechnen. Bei der Berechnung der an­zurechnenden Leistungen und der zu leistenden Zuschläge sind die Zuschläge
gemäß § 21a Abs. 2 zweiter Satz und die Nebenleistungen zu berücksichtigen. Die durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse aufgrund der Angaben des Arbeit­gebers errechneten Zuschläge sind dem Arbeitgeber vorzuschreiben und sofort fällig. Das tatsächlich geleistete Urlaubsentgelt und der Urlaubszuschuss sind
auf den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers und dessen Urlaubsanwartschaften anzurechnen. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse hat den Arbeitnehmer
schriftlich über den gegenüber der Urlaubs- und Abfertigungskasse bestehenden Urlaubsanspruch und die Urlaubsanwartschaften zu informieren.

(2a) Abweichend von Abs. 2 erfolgt die Einbeziehung von Arbeitnehmern,
die in Betrieben nach § 2 Abs. 1 lit. h beschäftigt sind und zur Überlassung in


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Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespengler­betriebe aufgenommen oder tatsächlich überwiegend überlassen werden, mit
1. August 2024.

(3) Für den Sachbereich der Abfertigungsregelung erfolgt die Einbezie­hung in das System der Urlaubs- und Abfertigungskasse mit 1. Jänner 2026. Für Arbeitnehmer, die Abschnitt III unterliegen, gilt § 13b Abs. 7. In diesem
Fall hat der Arbeitgeber bis zum Ablauf des 15. Jänner 2026 die Anzahl der Beschäftigungswochen, die über den Arbeitgeber abgerechnet werden, bekannt zu geben.

(4) Für den Sachbereich des Überbrückungsgeldes erfolgt die Einbeziehung
mit 1. Jänner 2025. Für Arbeitnehmer, die die Anzahl der Beschäftigungswochen nach § 13l Abs. 1 Z 1 oder 2 für die Geltendmachung des Anspruchs auf Überbrückungsgeld durch die Einbeziehung mit 1. Jänner 2025 nicht erreichen, sind zur Erreichung des Anspruchs auf Überbrückungsgeld beim selben Arbeitgeber zurückgelegte Beschäftigungswochen anzurechnen, sofern dies in der Meldung nach Abs. 2 bekannt gegeben wird. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse hat
diesfalls dem Arbeitgeber die zu entrichtenden Zuschläge nach § 13o vorzuschreiben.

(5) Beim selben Arbeitgeber zurückgelegte (Vor)dienstzeiten sind für die
Ermittlung der Höhe des Urlaubsanspruchs gemäß § 4 Abs. 1 anzurechnen. Der vom Arbeitgeber für vor dem Einbeziehungszeitpunkt zurückgelegte (Vor)dienst­zeiten zu entrichtende Zuschlag ist durch Vorstandsbeschluss festzusetzen. § 4a ist nicht anzuwenden.““

Begründung

Zu Artikel 1 Z 1 (§ 1 Abs. 1) und Artikel 2 Z 1 bis 3 sowie 5 und 6 (§ 2 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. c, § 3 Abs. 3a, § 40 Z 49 und § 43):

Der Verwaltungsgerichthof hat im Beschluss vom 29. August 2023,
Ra 2023/08/0028-5, festgehalten, dass das Dacheindecken mit vorgefertigten Metallplatten durch Spenglerbetriebe (Montage von Metalldächern) gemäß § 2 Abs. 1


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lit. c BUAG dem BUAG unterliegt. In der Praxis montieren Spenglerbetriebe
jedoch nicht nur Metalldächer, sondern üben auch andere Tätigkeiten aus, die nicht dem Geltungsbereich des BUAG unterliegen. Es ist demnach nach der gelten­den Rechtslage auf Betriebsebene gemäß den Regelungen zu den Mischbetrieben gemäß § 3 BUAG zu prüfen, ob Arbeiterinnen und Arbeiter in den Geltungs­bereich des BUAG fallen oder nicht. Dies ist oft komplex und mit großem Aufwand verbunden. Darüber hinaus ist in Abgrenzungsfällen mit weiteren Verfahren
zur Abklärung der Geltung des BUAG zu rechnen.

Um diesen Aufwand zu vermeiden, sollen Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüf­tungs- und Galanteriespenglerbetriebe in den Geltungsbereich des BUAG aufgenommen werden. Damit sollen Spenglerbetriebe, die auf Grund ihrer Tätigkeit ein Naheverhältnis zu Dachdeckertätigkeiten aufweisen, in den Geltungsbe­reich des BUAG fallen.

Galanterie- und Lüftungsspenglerbetriebe weisen kein Naheverhältnis zu Dachde­ckerbetrieben auf. Erstere stellen u.a. Bauornamente, Kücheneinrichtungen
und Sonderanfertigungen von Einrichtungsgegenständen aus Metallen, Kunstge­genstände, Verzierungen, Kinderspielzeug, Haus- und Küchengeräten
her und montieren diese. Lüftungsspenglerbetriebe wiederum stellen Bestandteile von Luftleitungssystemen für Zu-, Ab- und Umluftanlagen aus allen dafür geeig­neten Materialien sowie Rohrleitungen für Staub- und Späneabsaugungen her und montieren diese.

Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetrie­be sollen in die Sachbereiche Urlaub, Abfertigung und Überbrückungsgeld aufgenom­men werden. Für Spenglerbetriebe, die auch Lüftungs- und Galanterie­spenglertätigkeiten verrichten, gelten die Mischbetriebsregelungen des § 3 BUAG.

Die Einbeziehung soll je nach Sachbereich in unterschiedlicher Weise
erfolgen. § 43 regelt dazu die genauen Einbeziehungsmodalitäten hinsichtlich der Zuschlagsleistungen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 290

In einem ersten Schritt sollen Spenglerbetriebe gemäß § 40 Z 49 verpflichtet
werden, bis zum 31. Oktober 2024 der Urlaubs- und Abfertigungskasse die betroffe­nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu melden. Die Information der Spenglerbetriebe soll durch die zuständigen Fachorganisationen der Wirtschaftskam­mer Österreich bzw. deren Landeskammern va. im Wege von Informations­schreiben erfolgen. In diesem Zusammenhang kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier Schreiben am Postweg verloren gehen. In diesen Ausnahmefällen
soll die BUAK eine Fristerstreckung gewähren können. Nur für jene Spenglerbetriebe, die innerhalb dieser Frist die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer gemeldet haben, sollen die Einbeziehungsregelungen des § 43 zur Anwen­dung kommen. Jene Spenglerbetriebe, die diese Meldefrist nicht genutzt haben, sollen den Einbeziehungsregelungen des § 27 BUAG unterliegen.

Die Einbeziehung in den Sachbereich Urlaub soll mit 1. Jänner 2024 erfolgen.
Dazu sollen die Spenglerbetriebe der BUAK zwischen 1. November 2024
und 15. Jänner 2025 das tatsächlich geleistete Urlaubsentgelt sowie Urlaubszu­schuss und die Höhe der dafür entrichteten Dienstgeberabgaben zur Sozial­versicherung für den im Zeitraum ab dem 1. Jänner 2024 gebührenden Urlaub durch Vorlage entsprechender Unterlagen bekannt geben. Die BUAK prüft die
Unterlagen und kann allenfalls weitere Dokumente anfordern. Anhand der übermit­telten Daten berechnet die BUAK die Zuschlagsleistungen und rechnet diese
mit den bereits erfolgten Leistungen gegen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer von Überlassungsbetrieben, die zur Überlassung an Bauspenglerbetriebe aufgenommen oder tatsächlich überwiegend in solche überlassen werden, soll die Einbeziehung für die Dauer der Überlassung erst mit 1. August 2024 erfol­gen. Eine rückwirkende Einbeziehung mit 1. Jänner 2024 ist auf Grund der kurzfris­tigen Einsätze und der hohen Fluktuation erschwert bzw. mit hohem adminis­trativen Aufwand verbunden.

Die Einbeziehung in den Sachbereich Abfertigung soll gemäß Abs. 3 mit 1. Jänner 2026 erfolgen. Für Arbeitsverhältnisse, die den Regelungen der Abfertigung
Alt unterliegen, sollen die Spenglerbetriebe der BUAK bis 15. Jänner 2026 die Anzahl


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 291

der Beschäftigungswochen bekannt geben müssen, da die Meldungseingabe
für den Monat Dezember 2025 bis zu diesem Zeitpunkt möglich ist. Diese Bekannt­gabe kann jedoch bereits im Rahmen der Meldung gemäß § 43 Abs. 2 erfolgen.

Für den Sachbereich des Überbrückungsgeldes soll die Einbeziehung
gemäß Abs. 4 mit 1. Jänner 2025 erfolgen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, die die erforderlichen Beschäftigungswochen im Geltungsbereich des
BUAG für die Geltendmachung des Anspruchs auf Überbrückungsgeld durch die Einbeziehung mit 1. Jänner 2025 nicht mehr erreichen, soll die Möglich­keit geschaffen werden, die fehlenden Beschäftigungswochen nachzukaufen.

§ 3 Abs. 3a BUAG sieht derzeit vor, dass das BUAG für Lehrlinge, die gleichzeitig in den Lehrberufen Dachdeckerin und Dachdecker (unterliegen dem BUAG)
sowie Spenglerin und Spengler (unterliegen nicht dem BUAG) ausgebildet werden, nicht dem BUAG unterliegen. Damit wurde dem Umstand Rechnung getra­gen, dass im Falle der Doppellehre Dachdeckerin und Dachdecker sowie Spenglerin und Spengler das Lehrverhältnis auf Grund der Regelungen des Berufsausbil­dungsgesetzes entweder nur in seiner Gesamtheit dem BUAG unterliegen oder zur Gänze aus dem Geltungsbereich des BUAG herausfallen kann, da es ein ein­heitliches Lehrverhältnis darstellt. Durch die Einbeziehung der Spenglerbetriebe, die Tätigkeiten im Naheverhältnis zu Dachdeckertätigkeiten verrichten, wird
dieses Spannungsverhältnis weitgehend beseitigt, da va. diese Doppellehrlinge beschäftigen. Eine generelle Ausnahme der Doppellehrlinge vom Geltungsbereich des BUAG ist somit nicht mehr gerechtfertigt.

Schließlich sollen Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe auch in den Geltungsbereich des BSchEG aufgenommen werden, um den Gleichklang der Geltungsbereiche des BUAG einerseits
und des BSchEG andererseits sicherzustellen. Die Einbeziehung erfolgt hier mit
1. November 2024.

*****


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen

betreffend Einsatzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern!

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und So­ziales über die Regierungsvorlage (2558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Ur­laubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (2688 d.B.) TOP 14

Laufend wird unser Land vor allem im Sommer von Unwettern heimgesucht,
die in vielen Regionen zu teils schweren Schäden führen und den Einsatz von Ka­tastrophenhelfern erforderlich machen. Unter fast unmenschlichem
Einsatz müssen Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte diesen Unwettern
Herr werden.

Es lastet unglaublich viel Druck auf den Kameraden und Kameradinnen der Feu­erwehr, aber auch der Rettungsdienste, die sich täglich unter größtem per­sönlichen Einsatz und ehrenamtlich in den Dienst der Öffentlichkeit stellen. Dafür gilt ihnen Dank und Anerkennung, aber – und hier geht es insbesondere in wirt­schaftlich bewegten Zeiten auch um den Schutz der Arbeitnehmer*innen – auch um echte Absicherung für ihre Tätigkeit.

Arbeitnehmerinnen sollen für ihre Einsätze, die sie im Rahmen ihrer Mitglied­schaft zu einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer frei­willigen Feuerwehr im Rahmen eines Großeinsatzes leisten in Zukunft einen Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung haben. Immerhin sind sie es, die in außergewöhnlichen und bedrohlichen Situationen ihr Leben für uns
einsetzen und damit unser aller Sicherheit gewährleisten.

Auf Initiative der SPÖ konnten bereits 2019 Verbesserungen im Bereich der Arbeits­welt geschaffen werden, immerhin gibt es seither eine Entschädigung für


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die Arbeitgeber*innen, wenn sie freiwillige Einsatzkräfte für ihre Tätigkeiten im Kata­strophenschutz in den Sonderurlaub gehen lassen. Ausmaß und Lage der
jeweiligen bezahlten Dienstfreistellung muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, dieser bekommt aus dem Katastrophenfonds für die gewährte Freistellung
und die Entgeltfortzahlung eine Prämie in der Höhe von 200 Euro pro im Einsatz be­findlichen Dienstnehmer und Tag.

Noch immer jedoch fehlt der Rechtsanspruch, der Hilfe auch wirklich außer
Streit stellt und es nicht von der Zustimmung der Arbeitgeber*innen abhängig macht, ob der Katastropheneinsatz möglich ist.

Zusätzlich ist aber auch erforderlich, dass auch die Betroffenen von solchen Katastrophen die Sicherheit haben, ohne Angst um ihren Arbeitsplatz ihr Hab und Gut in Sicherheit und ihr Zuhause wieder in Stand zu bringen. Die beste­henden Regelungen reichen hier oft nicht aus, sodass die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren noch zu den anderen Existenzsorgen dazu kommen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zu­gleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger
Tätigkeit geschaffen wird. Für von Katastrophen Betroffene soll ein Schadensbeseitigungs-Urlaubsanspruch geschaffen werden.“

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 294

Präsident Ing. Norbert Hofer: Sowohl der Abänderungsantrag als auch der Ent­schließungsantrag sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit
auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte,
Herr Abgeordneter.


14.01.54

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Besucherinnen und Besucher! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit der Novelle zum Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, Tagesordnungs­punkt 14, beschließen wir als Reaktion auf ein Urteil des Verfas­sungsgerichtshofes die Gleichstellung zwischen Stammbelegschaft und über­lassenen Arbeitnehmern.

Ebenso beschließen wir die im Abänderungsantrag angeführte
Aufnahme der Spenglerbetriebe, die aufgrund ihrer Tätigkeit ein Naheverhältnis zu Dachdeckertätigkeiten aufweisen – dies gilt nicht für Galanterie- und Lüftungsspenglereibetriebe –, in die Buak. Mit diesem Beschluss unterstützen wir eine Sozialpartnereinigung.

Mit der Novelle unter Tagesordnungspunkt 15 beschließen wir den
rechtlichen Rahmen für Telearbeit. Der Unfallversicherungsschutz gilt demnach in Zukunft nicht nur im Betrieb, sondern auch bei Homeoffice in der
eigenen Wohnung beziehungsweise bei Angehörigen oder in Coworkingspaces, einschließlich des Weges vom und zum Arbeitsort, sofern die Entfernung
dem üblichen Arbeitsweg entspricht. Bei Telearbeit im weiteren Sinn, also an allen anderen Orten, die im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmern
und Arbeitgebern vereinbart wurde, entfällt jedoch dieser Wegschutz. In einer Telearbeitsvereinbarung müssen die Orte schriftlich vereinbart werden.
Auch im Steuerrecht soll der Begriff Telearbeit den Begriff Homeoffice ersetzen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 295

Zu diesem Tagesordnungspunkt bringe ich nun folgenden Abänderungs­antrag ein – es geht um eine Klarstellung der Orte, wo steuerrechtlich tatsäch­lich Telearbeit vorliegt –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 2597 der Beilagen XXVII. Gesetzgebungsperiode betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversorgungs­gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Land­arbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG) in der Fassung des Ausschussberichts 2689 der Beilagen XXVII. Gesetzgebungsperiode (Abg. Loacker: Gibt’s heute ein Gesetz ohne Abänderungsantrag?)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

§ 2 Absatz 1 in der Fassung der Ziffer 1 wird der Klammerausdruck § 1,
Absatz 2 Unternehmergesetzbuch, Seite 219, 1897 - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich darf Sie kurz unterbre­chen: Sie müssen es wirklich komplett vorlesen, damit es ordnungsge­mäß eingebracht ist.


Abgeordneter Laurenz Pöttinger (fortsetzend): Okay, danke dafür.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 296

Mir ist es im Vorfeld anders gesagt worden: dass ich alles vorlesen muss – aber danke dafür, es ist eine erhebliche Erleichterung.

Um was geht es? – Vielleicht darf ich noch ganz kurz - - (Ruf: Nein, Sie müs­sen es vorlesen!)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Entschuldigen Sie, das war ein Missverständnis.

Sie müssen es tatsächlich ganz genau so vorlesen, wie es hier im Text
steht. Nur bei längeren Anträgen gibt es die Möglichkeit, sie in den Grundzügen zu erläutern, aber hier muss leider der gesamte Text genau so, wie er
hier steht, vorgelesen werden. (Abg. Loacker: ... Kurzfristigkeit!)


Abgeordneter Laurenz Pöttinger (fortsetzend): Sie meinen wahrscheinlich das: „dRGBl.“ – Reichsgesetzblatt – „S 219/1897)‘ gestrichen.“ – Ich glaube,
jetzt ist es richtig, oder? (Abg. Leichtfried: Einfach vorlesen! Wir haben eh Zeit, das ist kein Problem!)

Artikel 5 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird
wie folgt geändert:

Die Ziffer 3 lautet:

3. Nach § 805 wird folgender § 806 als Überschrift angefügt: Schussbestimmung zu Artikel 5 des Bundesgesetzes BGBl. I Nummer 30, 2024. § 806. § 49
Absatz 3 Z 31 sowie § 175 Absatz 1a und 1b in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt I Nummer 39, 2024 - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, stopp! Es steht hier
nicht „39“, es steht „xxx/2024“, weil das konkrete Datum noch nicht feststeht.


Abgeordneter Laurenz Pöttinger (fortsetzend): Entschuldigung:
römisch 30 – „2024 treten mit“ - - (Abg. Leichtfried: Aber da muss man
schon alle „x“ wirklich exakt vorlesen! – Abg. Kassegger: „x“ ist ein Platzhalter!)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wichtig ist wirklich das „xxx/2024“.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 297

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (fortsetzend): - - xxx/2024 treten mit 1. Jänner 2025 in Kraft.““ (Abg. Leichtfried: Und zwar die richtige Anzahl der „x“e!)

Artikel 6 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Die Z 2 lautet:

„2. Nach § 290 wird folgender § 291 samt Überschrift angefügt: „Schluss­bestimmung zu Art. 6 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024

§ 291. § 90 Abs. 1a und 1b in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.““

*****

So, wunderbar. (Abg. Belakowitsch: Jetzt haben Sie es geschafft, super! – Abg. Leichtfried: Hat das eh so gestimmt?)

Worum geht es schlussendlich? – Die Einschränkung hinsichtlich des Vorliegens von Telearbeit dahin gehend, dass diese nicht in einer zum Unterneh­men des Arbeitgebers gehörenden Örtlichkeit stattfinden darf, soll insbesondere sicherstellen, dass nur dann Telearbeit vorliegt, wenn zumindest ein
Teil der dadurch entstehenden Kosten der Sphäre des Arbeitnehmers zuzu­rechnen ist, und dass insbesondere bei Unternehmen mit räumlich ver­teilter Struktur Möglichkeiten der Umgehung hintangehalten werden. Es soll jedenfalls nicht möglich sein, ein Tätigwerden beispielsweise in einer
anderen Filiale oder Zweigstelle des Arbeitgebers als dem überwiegenden Ar­beitsort als Telearbeit zu qualifizieren.

Jetzt haben wir noch den Punkt 16: Die Novelle des Theaterarbeitsge­setzes, Tagesordnungspunkt 16, bewirkt gesetzliche Klarstellungen und Neure­gelungen, insbesondere bei Gastverträgen an Theatern. Viele Formulie­rungen sind nun klarer und wesentlich verständlicher gestaltet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 298

Ich bitte um Zustimmung in all diesen Punkten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 2597 d. B. XXVII. GP betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz,
das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversi­cherungsgesetz, das Notarversorgungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG) in der Fassung des Ausschuss­berichts 2689 d. B. XXVII. GP

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes)
wird wie folgt geändert:

Im § 2h Abs. 1 in der Fassung der Z 1 wird der Klammerausdruck „(§ 1 Abs. 2 Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897)“ gestrichen.

Art. 5 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes)
wird wie folgt geändert:

Die Z 3 lautet:

»3. Nach § 805 wird folgender § 806 samt Überschrift angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 299

„Schlussbestimmung zu Art. 5 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024

§ 806. § 49 Abs. 3 Z 31 sowie § 175 Abs. 1a und 1b in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. Jänner 2025 in Kraft.“«

Art. 6 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes)
wird wie folgt geändert:

Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 290 wird folgender § 291 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 6 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024

§ 291. § 90 Abs. 1a und 1b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.“«

Begründung

Zu Art. 1 (§ 2h Abs. 1 AVRAG):

Die Einschränkung hinsichtlich des Vorliegens von Telearbeit dahingehend, dass diese nicht in einer zum Unternehmen des Arbeitgebers gehörenden Örtlichkeit statt­finden darf, soll insbesondere sicherstellen, dass nur dann Telearbeit vorliegt, wenn zumindest ein Teil der dadurch entstandenen Kosten der Sphäre des Arbeit­nehmers zuzurechnen sind und insbesondere in Unternehmen mit räumlich verteilter Struktur Möglichkeiten der Umgehung (etwa in Hinblick auf die steuerliche Begünstigung des § 26 Z 9 EStG 1988) hintangehalten werden. Es soll jedenfalls nicht möglich sein, ein Tätigwerden in einer bspw. anderen Filiale oder Zweigstelle
des Arbeitgebers als dem überwiegenden Arbeitsort als Telearbeit zu qualifizieren.

Dementsprechend soll als zum Unternehmen im Sinne des § 2h Abs. 1
AVRAG gehörende Örtlichkeit jedenfalls jede Räumlichkeit gelten, über die
der Arbeitgeber insbesondere hinsichtlich der Ausstattung und Nutzungsberechti-


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gungen zumindest indirekte Verfügungsmacht hat. Davon soll jedenfalls aus­gegangen werden können, wenn der Arbeitgeber und der Inhaber der Örtlichkeit, in der der Tätigkeit nachgegangen wird, zum selben Unternehmen gemäß § 1
Abs. 2 Unternehmensgesetzbuch gehören, für dieses Unternehmen gemäß § 40
Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz ein gemeinsamer Zentralbetriebsrat gebildet wurde oder gebildet werden könnte oder es sich um einen einheitlichen Betrieb im steuerrechtlichen Sinne handelt (VwGH 25.2.2004, 2000/13/0092).

Zu Art. 5 und 6 (§ 806 ASVG und § 291 B-KUVG):

Es erfolgt eine Berichtigung der Paragraphenbezeichnungen der genannten Schluss­bestimmungen.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vielleicht finden wir ja im Rahmen einer
Novelle der Geschäftsordnung eine Möglichkeit, dass die Mandatare in Zukunft weniger vorlesen müssen und mehr Zeit haben, die eigenen Standpunkte
zu erläutern. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS. – Abg. Scherak: Oder die Regierung arbeitet einfach ordentlich, Herr Präsident!)

Ich darf natürlich noch sagen, dass der Abänderungsantrag nunmehr ord­nungsgemäß eingebracht ist und auch in Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.09.36

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es würde ja auch helfen, wenn man einen Abänderungsantrag nicht erst einen Tag
vorher oder in der Nacht vor der Sitzung bekommt, sondern man den vielleicht auch ordnungsgemäß schon im Ausschuss bearbeiten und behandeln
könnte. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)


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Auch ich möchte zu Punkt 15, zum Telearbeitsgesetz sprechen: Wir haben ge­sehen, dass ein positiver Aspekt der Lockdowns der Coronapandemie
war, dass es nunmehr seit 1. April 2021 gesetzliche Regelungen zu Homeoffice gibt. Seither hat auch die Arbeitgeberinnen- und Arbeitgeberseite erkannt,
dass Arbeitnehmer:innen auch vom Homeoffice aus beste Arbeitsleistungen er­bringen. – Homeoffice ist jetzt geblieben.

Bis jetzt ist das nur in der eigenen Wohnung beziehungsweise in der
Wohnung eines nahen Angehörigen oder des Lebenspartners, der Partnerin und an Nebenwohnsitzen möglich; das soll sich mit dieser Novelle nun ändern.
Wir sprechen auch nicht mehr von Homeoffice, sondern von Telearbeit, und der Umfang wird eben über die Wohnung hinaus ausgeweitet.

Wir werden aber aus folgenden Gründen der Novellierung nicht zustimmen:

Erstens gibt es noch immer keinen Rechtsanspruch auf Telearbeit.

Zweitens wird erstmalig der Unfallversicherungsschutz geteilt. In Zukunft sind Arbeitnehmer:innen an Wohnorten der Angehörigen oder in einem Coworkingspace, der in der Nähe der eigenen Wohnung oder der Arbeitsstätte liegt, versicherungsrechtlich geschützt; bei Telearbeit im weiteren Sinn –
dieser Begriff wird nun eingeführt und betrifft im Endeffekt den Rest der Welt – gibt es keinen Schutz bei Wegunfällen. – Das ist ja noch argumentierbar,
da es wahrscheinlich tatsächlich im eigenwirtschaftlichen Interesse der Arbeit­nehmer:innen liegt, aber dass auch von diesem Ort Wege zum Arzt,
für den Einkauf von Lebensmitteln oder einen Lokalbesuch in der Mittagspause nicht unter den Versicherungsschutz gestellt werden, ist aus unserer
Sicht klar abzulehnen, denn das ist eine klare Verschlechterung für Arbeit­nehmer:innen.

Drittens muss ich Folgendes anmerken: Es hat auch eine Evaluierung
gegeben, und bezüglich dieser Homeofficeregelungen haben 70 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen angegeben, dass sie im Zuge von


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Homeoffice entstandene Aufwendungen entweder gar nicht oder nur in einem geringen Ausmaß vom Arbeitgeber ersetzt bekommen haben. Es ist
daher nicht nachvollziehbar, wieso der steuerbegünstigte Kostenersatz von lediglich eh nur 3 Euro pro Homeofficetag und auch nur für maximal
100 Tage pro Jahr seit Inkrafttreten 2021 nicht valorisiert wurde und auch jetzt nicht an die hohe Inflation angepasst wurde.

Ich persönlich sehe es als vertane Chance, dass kein einziger erzwingbarer Betriebsvereinbarungstatbestand zur Telearbeit geschaffen wurde. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.12.46

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin, herzlich willkommen hier bei uns im Parlament! Sehr geehrte Damen und Herren! Im heute zu beschließenden Gesetz wird das soge­nannte Homeoffice jetzt eben zu Telearbeit. Der zuständige Arbeitsminister lebt die Telearbeit schon vor und bereitet sich ganz offensichtlich via Telearbeit
auf seinen neuen Job vor. Jetzt hoffen wir nur, dass er nicht am Strand
sitzt. Er hat uns nämlich im Ausschuss erklärt, wie grandios das Gesetz ist: Man kann jetzt nämlich am Strand arbeiten, und sollte der Laptop zu brennen beginnen, so ist das dann ein Arbeitsunfall. – Das war die Erklärung des Herrn Arbeitsministers. Ich nehme an, er ist schon am Strand und probiert es aus.

Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, werden wir diesem Gesetz natür­lich zustimmen, weil es damit eine Besserstellung im Arbeits- beziehungs­weise auch im Unfallrecht gibt.

Ich hätte mir aber schon erwartet, dass der Herr Arbeitsminister irgendwann einmal zu einer Arbeitsdebatte ins Parlament kommt. Ich möchte ihn
nur darauf hinweisen, die Arbeitslosenrate ist um 10 - - (Abg. Eßl: Er war gestern


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 303

da! Er war gestern da!) – Schön, dass er zum Unterrichtsausschuss kommt,
aber heute wäre es eigentlich gut gewesen, weil wir heute über den Arbeitsmarkt diskutieren und heute hätte er sich auch dazu erklären können. Immerhin hatten wir im Juni ja eine steigende Arbeitslosigkeit um plus 10 Prozent.

Ich glaube, es wäre viel zu tun in dieser Republik (Abg. Wurm: Ja!), und der Herr Arbeitsminister wäre gut beraten, die letzten Monate auch noch zu arbei­ten und sich nicht nur auf seinen neuen Job vorzubereiten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Wo ist der Kickl? Kommt erst um drei, lädt seinen
Mist ab und geht wieder! – Abg. Leichtfried: Aber ich glaube, die Frau Staatssekretä­rin kennt sich eh besser aus!)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.14.19

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hoher Ausschuss! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Machen Sie jetzt bitte mit mir einen großen Gedankensprung von den Dachdecker:innen und den Telearbeiter:innen zu den Kulturarbeiter:innen auf eine Bühne. Es geht bei meiner Rede jetzt nämlich um das Theaterarbeits­gesetz und eine Novelle, der wir heute nicht unsere Zustimmung erteilen wer­den, weil soziale Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern hier
leider zu wenig passiert, zu kurz kommt und noch immer nicht gewährleistet ist.

Wir stehen vor einem Festspielsommer – beziehungsweise sind wir
schon mittendrin –, und vielleicht werden viele von Ihnen auch Aufführungen besuchen – egal, ob große Festspielhäuser Aufführungen bieten oder in kleineren Einheiten Sommerspiele stattfinden. Wir sollten nur nie vergessen, wer quasi im Ensemble vielleicht atypisch, hybrid oder per Werkvertrag


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beschäftigt ist, als Musikerin oder Musiker pro Abend eine ziemlich niedrige Gage bekommt.

Jetzt haben wir eine Novelle des Theaterarbeitsgesetzes vorliegen,
die einiges klärt, ja, wenige Verbesserungen bringt, ja, in der man aber betreffend die großen Probleme – wenn Künstlerinnen und Künstler tageweise beschäftigt sind oder wie schon erwähnt hybrid, atypisch oder als Soloselbständige arbeiten – hier wiederum keine Antworten und keine Rechts­sicherheit findet.

Ich glaube, wir sind als Kulturland sehr stolz auf unsere Leistungen,
auf die Leistung der Künstlerinnen und Künstler, die ein riesiger Wirtschafts­faktor für unser Land sind, und diejenigen, die Werke in Auftrag geben,
die die Festspiele veranstalten, sind sicher große Profiteurinnen und Profiteure davon, aber auch der Tourismus, Frau Staatssekretärin, wird sehr, sehr
angeregt. Wie ist es aber, wenn sie heuer irgendwo hinschauen, bei den ein­zelnen Musikerinnen, Musikern, Schauspielerinnen, Schauspielern,
die keine Superstars sind, sondern die Tag für Tag, am Wochenende, am Abend – vielleicht ohne Vereinbarkeitsregelungen für ihre Kinder – auf oder hinter der Bühne stehen und hier, in dieser Novelle des Theaterarbeits­gesetzes, bei den Gastverträgen, bei den Vermittlungen nicht das finden, was sie bräuchten, um auch sozial abgesichert zu sein?

Daher ist es gut, richtig und wichtig, dass wir, wenn ein Sozialausschuss
im September stattfindet, hier auch noch die Petition betreffend die „Bessere soziale Absicherung von Künstler:innen“ diskutieren können, die dem Sozialausschuss zugewiesen wurde, wo wir die Möglichkeit haben, noch einmal auf diese Absicherung der Künstler:innen einzugehen, und das bespre­chen können – das sei vielleicht zum Abschluss gesagt –, was der Verfassungs­gerichtshof auch festgestellt hat, nämlich dass bei mehrfach gering­fügiger Beschäftigung und wenn die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, eigentlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen sollte.


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Der abwesende Herr Arbeitsminister hat das einfach ignoriert und nichts dazu gemacht, und darüber gehört noch geredet. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete
Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.18.01

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Damen und Herren auf der Galerie und auch vor den Bildschirmen! Ja, betreffend die mehrfach atypisch Beschäftigten, da gebe ich meiner Vor­rednerin vollinhaltlich recht, braucht es eine Lösung. Das hat aber genau nichts mit dem Theaterarbeitsgesetz zu tun, sondern das ist ein Bereich, der
die ganze Kunst- und Kulturbranche betrifft – und nicht nur diese, sondern auch andere Branchen. Ich glaube auch, dass wir da eine andere Lösung finden
sollten, nämlich eine, die dem Erkenntnis des VfGH folgt.

Was nun das Theaterarbeitsgesetz betrifft, bewirkt dies tatsächlich eine große Absicherung der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler. Sie werden
sich vielleicht fragen, wozu es überhaupt im Theater ein eigenes Gesetz braucht, warum die Menschen dort nicht dem allgemeinen Arbeitsrecht unter­liegen. – Das ist deswegen so, weil zum Beispiel eben die Beschäftigungszeiten, die Beschäftigungsart zu den in den Vorreden genannten anderen Berufs­tätigkeiten höchst unterschiedlich sind.

Kollegin Heinisch-Hosek hat gesagt, dass man dort am Abend arbeiten
muss. – Na ja, Schauspielerinnen, Schauspieler arbeiten, wenn sie Aufführungen haben, meistens am Abend, das gehört zum Beispiel schon dazu.
Das ist schon eine Frage des Kollektivvertrags, den es am Theater ja auch gibt.

Was dem Grunde nach zu klären war, ist die Frage, was überhaupt ein Theaterunternehmen ist, denn bis dato war es so, dass ein Theaterunternehmen eben nur eine auf Dauer angelegte Organisation ist. Damit war klar,


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dass alles das, was in sich verändernden Kunst- und Kulturzeiten passiert – näm­lich was es an sehr vielen Sommerfestspielen, sehr vielen Events im Sommer gibt, die eben auch mit Theater verbunden sind –, nicht darunter fällt.

Damit war unklar, wie da überhaupt Verträge auszuschauen haben, und insbe­sondere unklar, wie das mit Gastverträgen ist, denn in der Staatsoper
oder auch in den Landestheatern gibt es Ensembles, aber bei Sommerspielen natürlich nicht. Daher war die Frage des Gastvertrages eine, die zu
lösen war, um endlich Klarheit zu schaffen.

In Wirklichkeit gibt es jetzt zwei Arten von Gastverträgen, nämlich Typ eins: eine Verpflichtung von fünf Mitwirkungen, was genau für Sommerspiele, für Sommeraufführungen gedacht ist, und Typ zwei: eine Verpflichtung zur Mitwir­kung in mehr als fünf Aufführungen, bis zu 60 Aufführungen im Spieljahr,
auch dort, wo es ein Ensemble gibt. Es ist also eine sehr komplexe und wirklich ganz spezifische Materie für das Theater, aber genau mit dieser Lösung
gibt es jetzt eine viel bessere Absicherung der Freiberuflichen.

Der Bereich Solokünstler und -künstlerinnen ist wieder ein ganz anderes Thema und hat auch nichts mit dem Theaterarbeitsgesetz zu tun. Das ist zu
lösen, aber all das ist nicht eine Materie des Theaterarbeitsgesetzes. Daher be­dauere ich es sehr, dass die SPÖ diesen wirklich wichtigen Verbesserun­gen nicht zustimmt. Sie hat sich das offensichtlich auch nicht genau angeschaut (Abg. Heinisch-Hosek: Doch!), wie das im Verhältnis zu anderen Gesetzes­materien steht.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Terrororganisation Hamas endlich die Geiseln aus Israel freilassen soll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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14.21.41

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte
Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Drei sehr unterschiedliche Gesetzesmate­rien, die da unter einem verhandelt werden.

Als Erstes zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz: Jetzt
kommt dieser Abänderungsantrag kurzfristig herein und es werden dem BUAG neue Berufsgruppen unterworfen, nämlich die Spengler, aber nicht alle,
nur die Spengler, die keine Lüftungs- und Galanteriespengler sind. Ich bin ge­spannt, wie viele sich dann in der Praxis auskennen werden.

Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Das bedeutet für Sie auch
etwas, wenn Sie nicht in so einem Betrieb arbeiten. Warum? – Die Buak ist re­lativ teuer, da muss man hohe Beiträge zahlen, das ist für die Betriebe aufwendig, und diese zusätzliche Bürokratie und zusätzlichen Kosten zahlen natürlich Sie, wenn Sie Kundin oder Kunde eines solchen Spenglers
sind, der jetzt auch unter das BUAG fällt. Das muss man immer dazusagen.

Dann zur Telearbeit: Wir begrüßen natürlich, dass jetzt auch
regierungsseitig erkannt worden ist, dass die Menschen mobil sind und von allen möglichen Orten aus ihrer Arbeit nachgehen können. An diesem Gesetz
haben so viele kluge Leute mitgearbeitet, dass es ein bisschen kompliziert ge­worden ist, wenn Sie das durchlesen. Jetzt gibt es Telearbeit im engeren
Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn. Gesetze im Bereich des Arbeitsrechts be­treffen viele Menschen und sollten daher einfach verständlich sein.

Telearbeit im engeren Sinn ist es, wenn Sie bei Verwandten der dritten
Parentel arbeiten. Also ich frage mich, wie viele Bürgerinnen und Bürger mit dem Wort Parentel überhaupt etwas anfangen können. Das kennen die Juristen,
weil sie das studiert haben, aber sonst muss man das nicht kennen – jetzt steht es im Gesetz drinnen. Ich sage Ihnen nur als Beispiel: Die Kinder Ihrer
Cousins und Cousinen sind Verwandte der dritten Parentel. Ich kann nicht die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 308

Namen aller Kinder meiner Cousins aufzählen. Überprüfen Sie einmal, ob Sie das können! So ein absurdes Gesetz ist das geworden – leider.

Also grundsätzlich ist es schön, dass der Gesetzgeber erkannt hat,
man kann auch von woanders als vom Büro aus arbeiten, aber das Gesetz ist so kompliziert geworden, dass Hunderte Rechtsfragen aufgeworfen
werden, die dann alle von den Sozialgerichten geklärt werden müssen. Da verdienen die Anwälte etwas und die Richter haben noch mehr
Arbeit, als sie ohnehin schon haben. (Beifall bei den NEOS.) – Vielleicht wurde es auch von der Anwaltskammer gesponsert, das weiß ich nicht.

Zum Theaterarbeitsgesetz: Dieses Gesetz ist ein Ausfluss einer Diskus­sion, die wir bei anderen Berufsgruppen schon hatten. Es geht nämlich ganz oft um die Frage: Ist ein Erwerbstätiger selbstständig oder unselbstständig beschäftigt? Es gibt einfach Menschen, die gerne selbstständig sind, und es gibt immer wieder welche, die denen vorschreiben wollen, dass sie gefälligst Angestellte zu sein haben. Das haben wir schon erlebt bei Skilehrern, bei selbst­ständigen Programmierern, bei Seminartrainern, bei Kameraleuten,
die dann oft von der Gesundheitskasse gegen ihren eigenen Willen zu Ange­stellten erklärt worden sind – und jetzt auch bei Künstlern. Jetzt sagt
man uns mit dem Theaterarbeitsgesetz wieder, wer aller Angestellter zu sein hat, ob sie darauf Lust haben oder nicht.

Wir sollten an einen Punkt kommen, wo wir sagen: Wenn jemand
selbstständig arbeiten möchte, sollte er das dürfen und sollte nicht gegen seinen Willen zum Angestellten erklärt werden, weil manche Leute einfach gerne selbstständig und unabhängig sind. (Beifall bei den NEOS.)

14.25


14.25.17

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.


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Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädi­gungsgesetz und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden, in 2558 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 und 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das
ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen damit schon zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches
Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Le­sung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 310

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ein­satzkräfte und Betroffene beim Katastropheneinsatz im Beruf absichern!“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. –
Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend Telearbeitsgesetz in 2597 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza, Kollegin­nen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten
Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kol­legen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, 5 und 6
eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 311

Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeitsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2605 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um
ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches
Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.28.3817. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2591 d.B.): Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von
Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, und über den Antrag 2665/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betref­fend der Ratifizierung der ILO Konvention 190 gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt (2691 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Damit kommen wir zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Es wurde auch hier wieder auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.29.22

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 312

Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Sicherheit am Arbeitsplatz hat oberste Priorität. Leider gibt es immer wieder
Übergriffe am Arbeitsplatz, und jeder Übergriff ist einer zu viel. Da sind wir uns hier im Haus alle einig. Eine Gegenüberstellung mit der nationalen
Rechtslage und Praxis hat gezeigt, dass auf nationaler Ebene in Österreich kein Anpassungsbedarf bei den Gesetzen besteht.

Es ist gut und recht, wenn es Strafen gibt – doch noch viel wichtiger
ist die Vermeidung von Übergriffen. Worum wir uns nun also vermehrt küm­mern, ist die Prävention. Gerade im Weg der Ausbildung wird in der
Prävention schon sehr viel gemacht. So werden an Schulen beispielsweise Peers ausgebildet und Peergruppen eingerichtet, die bei Konflikten vermittelnd einwirken können. Auch die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung haben in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer
eine Rahmenvereinbarung über die Umsetzung in den Betrieben abgeschlossen. Es liegt im Interesse aller, dass unsere Arbeitsplätze frei von Gewalt und Übergriffen sind.

Jetzt sei mir aber noch gestattet, dass ich auf einen Beschluss hinweise, den wir heute zur Versehrten- und Unfallrente gefasst haben. Als Bezirksbäuerin
ist mir besonders wichtig, dass ich auch darauf noch einmal hinweise: Jenen Bäuerinnen und Bauern, die aufgrund ihrer geringen Pension Ausgleichs­zulagenbezieher sind und zusätzlich eine Unfallrente haben, wurde in der Ver­gangenheit die Ausgleichszulage von der Unfallrente in Abzug gebracht. Mindestpensionisten haben somit nicht die volle Unfallrente bekommen. (Abg. Schellhorn: In welchem Zusammenhang ist das jetzt? Was ist das?) Das haben
wir geändert. In Zukunft wird die Ausgleichszulage bei Bezug einer Unfallrente nicht mehr in Abzug gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das ist eine ganz wichtige Maßnahme vor allem für jene, die Unfallrente beziehen, Bäuerinnen und Bauern, die jahrelang schwer und hart bei uns gear­beitet haben – und somit auch wiederum die Weiterentwicklung unseres Sozialstaates. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.31.59

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Antrag, der diesem Tagesordnungs­punkt zugrunde liegt, ist zwei Jahre alt und damit gut abgelegen. Es ist fein, dass er jetzt beschlossen werden kann.

Inhaltlich: Wir wissen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weltweit,
aber auch in Österreich, gedemütigt, belästigt, beleidigt, bespuckt,
beschimpft, tätlich angegriffen, gemobbt, bedroht, sexuell belästigt oder erpresst werden. Wir wissen auch, dass sich die Lage während der Coronapandemie
noch wesentlich verschärft hat – ganz besonders für jene Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die in den sogenannten systemrelevanten Berufen tätig sind, wie etwa in der Pflege, in der Reinigung, aber auch in der
Bildung, im Gesundheitsbereich, im Lebensmitteleinzelhandel
und im Transportwesen.

Gegen diese Belästigungen gibt es die ILO-Konvention 190 gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt. Es ist fein, dass wir heute ihre Ratifizierung beschließen. Wir haben ja die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ratifikation längst erfüllt. So gesehen ist es ein wichtiger symbolischer Akt.

Ich finde, es wären auch noch weitere Schritte genau für diese Personen,
vor allem Frauen in diesen sogenannten systemrelevanten Branchen,
recht wichtig – was die Bezahlung betrifft. Es ist nach wie vor so, dass jene Menschen, die das System wirklich aufrechterhalten, die unsere Welt am Laufen


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halten, ausgesprochen wenig bezahlt bekommen, dass ihre Arbeit ausge­sprochen wenig wertgeschätzt wird, und dass sie auch ausgesprochen wenig Zeitautonomie haben, um sich ihre Arbeit einigermaßen selbstbestimmt einteilen zu können. Da wäre noch viel zu tun und viel Luft nach oben.
(Beifall bei der SPÖ.)

Was ich auch wichtig finde – in jedem weiteren Schritt, wenn es darum geht, Arbeitnehmer:innenschutz auszubauen, Arbeitnehmer:innenrechte auszubauen ‑, wäre, wenn die Sozialpartner:innen in die Diskussion involviert würden. In diesem Fall ist das nicht geschehen. Ich kann zumindest von
den Arbeitnehmervertreter:innen sagen, dass sie es sehr gut finden, dass wir die ILO-Konvention 190 ratifizieren. Trotzdem wäre es aber auch sehr fein
gewesen, mit ihnen im Dialog zu schauen, wo denn anhand dieser Ratifikation vielleicht doch noch etwas zu tun wäre – und das dann im Zuge dessen
auch gemeinschaftlich anzugehen.

Wie auch immer: Fein, dass wir das heute beschließen können; fein, dass dann auch Österreich die ILO-Konvention 190 ratifiziert haben wird. – Danke
sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Ribo.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.34.49

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretä­rin! Meine Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Bevor ich zum Tagesordnungspunkt komme, freue ich mich sehr, in Vertretung meines Kollegen Christian Ragger die FPÖ-Bezirksgruppe Wolfsberg aus Kärnten mit
Jürgen Ozwirk und Franz Baumann begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen hier im Hohen Haus! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Grünen und NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 315

Ja, da ist sie, die Ratifizierung der ILO-Konvention 190 gegen Gewalt und Beläs­tigung in der Arbeitswelt. Wir haben ja im Juni schon darüber diskutiert,
sie war schon im Ministerrat, sie war im Ausschuss, und eigentlich waren sich al­le Oppositionsparteien einig. Wir hätten das auch schon in der letzten
Sitzung beschließen können. – Dann also heute.

Veräppelt kommen sich die Oppositionsparteien aufgrund dieser Vorgangsweise schon vor, denn wir haben das letzte Mal Bundesminister Kocher, Bundesmi­nisterin Zadić und Frauenministerin Raab ja extra beauftragen müssen,
eine Ratifizierung im Parlament vorzulegen. Diese Pseudobeschlüsse, damit die Regierung quasi nach außen hin demonstrieren kann, wie gut und wie viel
sie denn nicht arbeitet – meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP und von den Grünen, die Zeiten, in denen Ihnen das irgendjemand geglaubt
hat, sind schon lange vorbei! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Soloapplaus!)

Die Regierungsparteien setzen auf Theaterdonner, aber – und das wissen
wir alle hier im Saal – durch diesen Beschluss wird sich rein gar nichts ändern. De facto wird keine einzige zusätzliche Maßnahme zum Schutz von
Frauen vor Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz beschlossen. So ist es: Große Ankündigungspolitik, aber es ist eine B-Aktion zum Endcount­down der Regierung.

Ich wiederhole mich – wir haben es gerade von der Kollegin der SPÖ gehört; begrüßt wird dieser Antrag von den Roten ja mit der Begründung, dass es durch die Coronamaßnahmengegner so viele verbale und physische Übergriffe
auf Beschäftigte gegeben hatte –: Die Menschen haben es nicht vergessen. Ich habe es auch das letzte Mal schon gesagt: Umgekehrt haben die Menschen
aber auch nicht vergessen, welche Übergriffe es auf Maßnahmengegner gegeben hat und worunter die zu leiden hatten. Das wollen die anderen Parla­mentsparteien im Hohen Haus aber absolut nicht wahrhaben.


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Noch etwas, weil wir heute auch schon vom Gesundheitsbereich und
der ILO-Konvention gesprochen haben: Mir hat letzte Woche eine Pflegekraft erzählt, dass sie während der Dienstzeit von einem Patienten, der randa­liert hat, geohrfeigt worden ist, verletzt wurde, in Krankenstand gehen musste und auf Anraten des Weissen Rings dann auch eine Anklage eingebracht
hat – die dann im Sande verlaufen ist. Es bleibt nichts über, die Pflegekraft steht am Ende des Tages alleine da.

Mit dieser Ratifizierung – bei der wir heute ja glauben, super!, gegen Gewalt
und Belästigung am Arbeitsplatz – wird es für diese Vorfälle keine Verbesserung geben. Wir stimmen diesem Antrag zu, weil wir uns immer gegen Gewalt aussprechen, aber die Bedeutung dieses Antrages ist äußerst bescheiden, und Frauen, die von Belästigung und Gewalt betroffen sind, werden sich das
ihrige dazu denken. Liebe ÖVP und liebe Grüne, zur Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Gewalt an Frauen trägt die Vorgangsweise bei dieser Ratifizierung
absolut nicht bei. (Beifall bei der FPÖ.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Meri Disoski. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.38.22

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatsekre­tärin! Sehr geehrte Damen und Herren! 2019 wurde das Recht auf eine Arbeits­welt ohne Gewalt und Belästigung erstmals international verankert. Dieses Übereinkommen Nummer 190 der Internationalen Arbeitsorganisation behandeln wir jetzt. Wir haben es aber auch schon in der letzten Plenarsitzung im Juni behandelt. Da haben Kollegin Pfurtscheller und ich nämlich einen gemeinsamen Antrag eingebracht, und der wurde damals auch schon beschlossen und damit auch die Ratifizierung dieses Übereinkommens auf den Weg gebracht. Es ist aber gut, dass wir heute nochmals die Gelegenheit
haben, hier darüber zu sprechen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 317

Worum geht es denn bei diesem Übereinkommen? – Es geht darum, dass man jede Form von Gewalt, sei sie denn körperlich, sei sie denn sexualisiert,
jede Form von Belästigung, jede Form von Druckausübung am Arbeitsplatz ver­unmöglicht, damit Menschen am Arbeitsplatz auch in ihrem Arbeits­umfeld sicher (Abg. Bogner-Strauß niest) – Gesundheit, Kollegin! – arbeiten können.

Das ist gerade auch aus frauenpolitischer Perspektive von großer Wichtigkeit, weil wir wissen, dass jede vierte Frau angibt, am Arbeitsplatz von Belästi­gung oder von sexualisierter Gewalt betroffen zu sein. Wenn Sie, Kollegin Ecker, das als „Theaterdonner“ bezeichnen, dann sagt das eh schon alles über
Ihren Umgang mit dem Thema Gewalt gegen Frauen aus. (Beifall bei den Grünen.)

Wen soll dieses Übereinkommen schützen? – Alle Personen, die einer Be­schäftigung nachgehen – Praktikant:innen, Freiwillige –, genauso Arbeitssuchen­de. Das ist also wirklich eine sehr umfangreiche Gruppe an Personen, die
da geschützt werden soll.

Im Gegensatz zu dem, was Kollegin Ecker versucht hat, Ihnen zu verkaufen, sehr geehrte Damen und Herren, müssen Sie wissen: Die Wahrheit ist, dass
diese Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren in Bezug auf Gewalt ge­gen Frauen eine Vielzahl an Maßnahmen gesetzt hat, um Opferschutz und Gewaltschutz zu festigen und auszubauen, um jenen, die von Gewalt betroffen sind, bessere Schutzmöglichkeiten zu gewährleisten. Das haben wir mit
vielen Erhöhungen bei den Budgets gemacht, mit vielen Maßnahmen, die wir in unterschiedlichen Ressorts gesetzt haben. Diesen Weg gehen wir auch
weiter. Das sollten Sie auch dort tun, Kollegin Ecker, wo Sie in Regierungsver­antwortung sind, weil da genau das Gegenteil davon passiert. (Beifall bei
den Grünen. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

14.40


14.40.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 318

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 2591 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um
ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, wonach dieser Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsge­setz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

14.41.0718. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2611 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2668 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2612 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Druckgerätegesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die innerstaatlichen Anforde­rungen der Verordnung (EU) 2016/1628 in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunreinigende Partikel und die Typ­genehmigung für Verbrennungsmotoren für nicht für den Straßenver­kehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte festgelegt werden (Mot-G), er­lassen wird (2669 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 319

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 18
und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Abgeordneter Schellhorn ist schon startbereit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.42.04

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Frau Staats­sekretär! Beim gegenständlichen Tagesordnungspunkt geht es natürlich um die Gewerbeordnung und um ein Informationssystem, das nun – nach immer­hin sechs Jahren, glaube ich; der Rechnungshof hat es schon einmal empfohlen – umgesetzt werden soll, darum, das Gewerbeinformationssystem zu digitali­sieren. Nach Leinenpapier kommt jetzt die digitale Lösung.

Im Grunde genommen muss man sich jetzt die Frage stellen: Liebe ÖVP, ist das alles? Ist das wirklich alles, was ihr in Zeiten von Konjunkturschwäche
zu bieten habt? Ist das alles, was ihr dem für die Unternehmerinnen und Unter­nehmer entgegenzusetzen habt? Ist das der große Wurf in der Gewerbe­ordnung? Lieber Peter Haubner, wir haben ja schon lang darüber gesprochen: Ist das wirklich der große Wurf, oder macht ihr eigentlich – im Grunde genom­men steht es auch im Rechnungshofbericht – die Mauer für die Kam­mer zur gewerblichen Verhinderung? (Beifall bei den NEOS.)

Die gewerbliche Verhinderung ist nämlich die Wirtschaftskammer – und das stimmt leider auch so, weil eine Gewerbeordnungsreform jetzt drin­gend notwendig wäre, um neues Unternehmertum zu fördern, um mehr freie Gewerbe zu ermöglichen und um Unternehmensgründungen zu erleich­tern. Wir sind immerhin in Europa die Vorletzten bei Unternehmensgründun­gen – nur Griechenland ist noch hinter uns. Jetzt müssen wir uns fragen, warum das so ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 320

Ich habe mich gerade heute Vormittag mit einem Unternehmer unterhalten, der mich via X kontaktiert und geschrieben hat: Wisst ihr, in dem Land ist es wahnsinnig schwer! Er hat in Wien ein Handelsunternehmen, er hat in Velden am Wörthersee ein Handelsunternehmen – und die Unterschiede sind
so groß. Die Unterschiede sind nämlich so groß, dass er sich jetzt von Wien ver­abschieden wird. Warum? – Weil wir neun Bundesländer haben, weil wir natürlich neun verschiedene Ordnungen haben, was Tourismuszonen sind, weil die Landeshauptleute entscheiden, und in Wien entscheiden sie anders
darüber als in Salzburg. Das hat auch mit der Gewerbeordnung zu tun, das hat auch mit den Beschränkungen zu tun – und es hat natürlich auch damit
zu tun, dass ihr das nicht ermöglicht. Ich frage mich nur, warum. Der wird sich verabschieden. Wisst ihr, warum? – Weil er in Kärnten im Sommer am
Sonntag offen haben darf.

Ich war vor drei Wochen an einem Sonntag in der Kärntner Straße in Wien. Ich habe noch nie so viele Leute, noch nie so viele Touristen auf der Straße
gesehen. Warum? – Weil sie in kein Geschäft haben reingehen dürfen. Warum darf das nicht sein? – Weil sich ein paar bei der Kammer zur gewerblichen Verhinderung, der Wirtschaftskammer, aufregen und sagen: Der darf nicht auf­sperren! Wenn es mir schlecht geht, dann soll es einem anderen auch
schlecht gehen! – Das ist keine Reform der Gewerbeordnung. Das ist keine Freizügigkeit. (Beifall bei den NEOS.)

Gerald Loacker, schenk mir noch 1 Minute, bitte! Ja, ich darf noch
1 Minute sprechen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lukas Hammer und Voglauer.) Es ist nämlich Folgendes der Fall - - (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Der ist
nicht da. (Abg. Reimon: Das ist Sozialismus!)

Es ist nämlich Folgendes der Fall: Ich würde mir wünschen, dass wir, wenn wir über die Gewerbeordnung und über Digitalisierung reden, auch wieder
das Land der Gründer werden, dass wir auch wieder das Land der Ermöglicher werden, dass wir auch das Land sind, in dem wir mit und zusammen mit
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Land wieder größer machen. Dazu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 321

gehört natürlich eines: dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch zufriedenstellen, dass wir so viele wie möglich anstellen können und dass ihnen 10 Prozent netto mehr bleiben. Das derzeitige Problem ist nämlich, dass
viele Betriebe zusperren, weil sie es nicht mehr schaffen, weil ihnen nichts mehr übrig bleibt, weil die Kostendecke so groß geworden ist, dass die Ertrags­decke überhaupt im Keller ist.

Die Frau Staatssekretär, die für den Tourismus ja wirklich eine der besten ist, die wir in den letzten 20 Jahren hatten – das muss man auch einmal sagen,
und hier spreche ich Lob aus –, weiß, wovon wir sprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sie weiß, wovon wir sprechen, nämlich von
dem Kostendruck, den wir erleben, und von der großen Bürokratie. Der Präsi­dent der Wirtschaftskammer – nicht hier, sondern anderswo – spricht
vom großen Bürokratieabbau. Wisst ihr, wer das Bürokratiemonster in Öster­reich ist? – Die Wirtschaftskammer mit der Gewerbeordnung.
(Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ja, das ist der Endeffekt. Darum begrüßen wir diesen Entwurf, darum begrüßen wir, dass das kommt, der Rechnungshof sagt aber auch: Es sind enorme
Kosten. Wir sehen kein Einsparungspotenzial, weil das Einsparungspotenzial nicht tituliert werden kann.

Wir begrüßen das, wir gehen da mit, aber es gehört natürlich viel mehr
für die Menschen in diesem Land gemacht. Es gehört viel mehr für den Mittel­stand gemacht. Für die Menschen gehört eine Entlastung her – und da
ist die neue Regierung gefragt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich lege nun folgenden Antrag vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klares Bekenntnis zu Neukodifizierung der Gewerbeordnung: Umsetzung der Emp­fehlungen des Rechnungshofes“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 322

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirt­schaft, wird aufgefordert, bis zum 17.9.2024 mutige Reformen für eine
moderne Gewerbeordnung im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes vorzulegen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Klares Bekenntnis zu Neukodifizierung der Gewerbeordnung: Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes:

eingebracht im Zuge der Debatte in der 272. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2611 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2668 d.B.) – TOP 18

Empfehlungen des Rechnungshofes

Im Jahr 2019 - unmittelbar vor Beginn dieser Legislaturperiode - hat sich der Rech­nungshof den Zugang zur gewerblichen Berufsausübung angesehen und
folgende Empfehlungen abgegeben1:

•     Im Sinne der Vorgaben der Europäischen Kommission wären die Regulierungsmechanismen – insbesondere hinsichtlich ihrer bürokratischen Hemmnisse – zu analysieren sowie deren ökonomische Auswirkungen
zu bewerten mit dem Ziel, den gewerblichen Berufszugang weiter zu verein­fachen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 323

•     Es wäre konsequent auf eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung hinzuwirken mit dem Ziel, ein zeitgemäßes, übersichtliches und anwenderfreundliches Regelwerk zu schaffen.

•     Die bestehende Kompetenz zur Steuerung im Rahmen der mittelbaren Bundes­verwaltung im Hinblick auf eine transparente, bundesweit einheitliche Vollziehung der Gewerbeordnung wäre verstärkt zu nutzen, etwa durch die Vor­gabe von Richtlinien und Standards, sowie sicherzustellen, dass die
Nutzung der gesetzlichen Ermessensspielräume transparent und nachvoll­ziehbar erfolgt.

Arbeit der Bundesregierung: Niedriges Ambitionsniveau und kleinste Veränderungen

In dieser Legislaturperiode war das Ambitionsniveau sehr niedrig, eine Reform
der Gewerbeordnung wird im Regierungsprogramm nicht mal erwähnt. Umgesetzt hat man also sehr wenig, wie beispielsweise die Umstellung der Ausstellung
von Gewerbelegitimationen. Diese erfolgt nun im Scheckkartenformat statt wie davor auf Leinenpapier2. NEOS haben in den letzten Jahren immer wieder auf die Notwendigkeit ambitionierter Reformen hingewiesen3, 4.

Antrag als starkes Signal für mutige Reformen

Dieser Entschließungsantrag soll angesichts der bevorstehenden Nationalratswahlen ein starkes Signal für moderne Berufszugangsregeln setzen. Die Bundesregie­rung, insbesondere der zuständige Wirtschaftsminister Kocher, wird daher aufgefor­dert, bis vor der letzten Plenarsitzung vor der kommenden Nationalratswahl
mutige Reformen für eine moderne Gewerbeordnung im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes vorzulegen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 324

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, bis zum 17.9.2024 mutige Reformen für eine moderne Gewerbeordnung im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes vorzulegen."

Quellen:

1       https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVI/III/331/imfname_768694.pdf

2       https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/1674

3       https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/1607

4       https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3130

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.47.38

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schellhorn, bei aller Wertschätzung deines unternehmerischen Sinnes
sind wir bei der Gewerbeordnung natürlich unterschiedlicher Auffassung, weil die Gewerbeordnung nun einmal der Garant für Qualifikation und für
Ausbildung ist. Das ist ein ganz wichtiges Asset der österreichischen Unterneh­mer. Wir bilden die Fachkräfte der Zukunft selbst aus, und mit der
dualen Ausbildung haben wir da ein ideales Instrument. (Abg. Schellhorn: Ja, aber da braucht ...!) Da ist natürlich die Gewerbeordnung eine wichtige Voraus­setzung, weil wir Meister ausbilden können, und dann können die Meister wie­der die Fachkräfte der Zukunft ausbilden. Das ist ein ganz wichtiges
Asset. – Punkt eins. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 325

Punkt zwei: Wenn du durch die Kärntner Straße gehst und sie voll mit Menschen, mit Touristen ist, dann würde ich deine Forderung an die Stadt Wien richten, weil die eine Tourismuszone einrichten kann. Dort sitzt ihr in der Stadtregierung: Bewegung, Bewegung, Bewegung, Kollege! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schellhorn: So aktiv habe ich dich überhaupt noch nie gesehen!) Mir
gefällt das nämlich sehr gut: immer das kritisieren, was andere machen, und dort, wo man selbst dabei ist, nichts tun. Weißt du, das geht sich nicht aus,
lieber Josef. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Holzleitner: Ah so, aber in Salzburg hättets gemeinsam ... können – jetzt halt nimmer!)

Es freut mich aber, dass du beim Gisa-Express dabei bist, weil Gisa-Express wirklich eine hervorragende Sache ist, weil wir da wirklich in Echtzeit ermöglichen können, dass man ein Gewerbe anmeldet, dass man Betriebsstandorte verlegt und dass man einen gewerberechtlichen Geschäfts­führer einträgt. Das ist wirklich eine Maßnahme, die Sinn macht und die
jetzt das Ganze auch in das Zeitalter der Digitalisierung bringt, was natürlich auch in der Gewerbeordnung ein ganz wichtiger Punkt ist.

Was uns auch besonders freut, ist, dass in dieser Gewerberechtsnovelle die An­erkennung der Meisterberufe stattfindet (Zwischenruf des Abg. Hörl), dass
wir also da eine Gleichstellung mit den jungen Menschen schaffen, die studieren. Ich glaube, diese Menschen, die auch eine jahrelange Ausbildung auf sich nehmen, indem sie zuerst die Lehre, dann eine Werkmeisterschule
und dann eine Meisterprüfungsausbildung machen, verdienen es, dass sie Anerkennung bekommen, indem ihre Titel auch in den Urkunden
eingetragen werden.

Lassen wir also die Kirche im Dorf, schauen wir, dass Qualifikation und Qualität in Österreich weiter eine Grundlage haben! – Punkt eins.

Punkt zwei: eine gute Maßnahme zur Digitalisierung mit dem Gisa-Express.

Und Punkt drei: Unsere Meister sind uns sehr viel wert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer. – Abg. Ottenschläger: Haubner gegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 326

Schellhorn: 3 : 0! – Abg. Schellhorn: Was? – Abg. Wöginger: Das war 3 : 0 fürn Haubner! – Abg. Schellhorn: Na geh, jetzt hörts auf! – Abg. Bogner-Strauß: Wenn nicht 4 : 0!)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.50.23

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! (Abg. Bogner-Strauß: Aber bitte zum Thema!) Das Ziel dieses vorliegenden Gesetzentwurfes ist es vor
allem, einen verbesserten Schutz und Sicherheit für Verbraucher:innen und Arbeitnehmer:innen betreffend Produkte wie Motorsägen, Baumaschi­nen und Feuerlöscher sicherzustellen. Der verursachte Schaden durch die ver­meidbaren Unfälle mit unsicheren Produkten macht in der Europäischen
Union 11,5 Milliarden Euro aus. Das sollte uns auch zu denken geben.

Das ist einer der Gründe, warum wir diesem Vorschlag natürlich zustimmen werden. Was wir aber wichtig finden, ist, dass es ausreichende Ressour­cen für eine aktive Marktüberwachung im Gesetzentwurf gibt.

Der zweite Entwurf soll durch sinnvolle Digitalisierungsmaßnahmen bei der Ge­werbeanmeldung diese für angehende Unternehmer:innen effizienter
und schneller machen. Das ist ein sinnvoller, richtiger Schritt in die Zukunft, und auch da werden wir zustimmen.

Die Vereinfachung darf jedoch nicht zu erhöhtem Missbrauch durch Falsch­angaben führen. Vertrauen von potenziellen Kunden und Geschäftspartnern in Informationen aus öffentlichen Gewerbeinformationssystemen ist
essenziell für die Wirtschaft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 327

Der Nachweis, dass keine Gewerbeausschlussgründe vorliegen, ist sehr, sehr wichtig, muss durch Strafregisterbescheinigungen überprüft werden
und kann unserer Meinung nach nicht pauschal durch eidesstattliche Erklärun­gen erfolgen.

Es wäre auch wichtig, dass man sich die elektronische Validierung der Anmeldung anschaut, damit man Missbrauch vermeiden kann, weil man einfach faktisch nachschaut, ob die Daten stimmen können und ob die Angaben
richtig sind. Es gibt auch Computer, über die mehrere Anmeldungen für jeman­den gemacht werden, den wir nicht kennen, und das wäre nicht gut.

Wir finden es gut, es ist ein erster großer Schritt in die richtige Richtung. Wir finden auch gut, dass es in weiten Bereichen sinnvoll gestaltet ist.
Es ist ein wichtiger Schritt.

Was uns aber auch wichtig ist, ist, dass man nicht so eine Forderung wie Herr Schellhorn stellen kann, der ja ein ausgewiesener Unternehmer ist,
dass man sagt: Über den Sommer machen wir das jetzt und dann sind wir lässig.

Ich glaube, so eine große Veränderung braucht schon sehr viel Beratung,
sehr viel Auseinandersetzung der Interessenvertretungen, sehr viel Gemein­samkeit und Kompromiss. Ich glaube, auch die Unternehmerinnen und Unternehmer haben es irgendwie oder sicher verdient, dass da etwas für alle Seiten Kluges herauskommt. So schnell, wie Sie glauben, wird das nicht funktionieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Maximilian Lin­der. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.53.26

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Liebe Zuhörer! Der Verein­fachung der Gewerbeordnung bei der Gewerbeanmeldung, dem sogenannten Gisa-Express, stimmen wir selbstverständlich zu.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 328

Es wird damit die Möglichkeit gegeben, Fristen abzukürzen; anstelle
von Unterlagen wie zum Beispiel dem polizeilichen Führungszeugnis besteht die Möglichkeit der Abgabe einer eidesstaatlichen Erklärung, dass man
korrekt gearbeitet hat. Für die, die sich nicht daran halten oder die Missbrauch betreiben, wird es Sanktionen geben, die dadurch ein Berufsverbot,
ein Gewerbeverbot von bis zu fünf Jahren bekommen.

Wir vertrauen den Menschen und glauben, dass diese Vereinfachung einfach wichtig ist und unbedingt kommen muss. Wir fordern aber auch eine
generelle Überarbeitung der Gewerbeordnung, die in ihren Grundzügen ja von 1859 stammt. Wir glauben, das wäre wichtig, denn es ist wirklich nicht
Sinn und Zweck, laufend Flickwerk, laufend Neuerungen mit kleinen Sachen an­zubringen.

Ich erinnere an die letzte Veränderung, als für den Ausweis für Fremden­führer eine Änderung von Leinenpapier auf Scheckkartenformat beantragt und durchgeführt wurde. Im Bundesvoranschlag 2022 stand dann in den text­lichen Vorlagen: Dieses „Vorhaben trägt dem Wirkungsziel ‚Erhöhung
der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes‘“ Rechnung.

Ich glaube, das kann es nicht sein, dass das unsere großen Themen sind. Noch einmal: Wir stimmen dem Antrag zu, das ist ganz wichtig.

Zum zweiten Entwurf, zu den Maschinen, die nicht für den Straßenverkehr zugelassen sind: Auch da stimmen wir zu. Es ist in Ordnung, dass das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Kontrolle übernimmt. Wir hoffen
nur, dass es keine überbordenden Kontrollen sind, denn das, glaube ich, braucht niemand. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Wenn Sie die Zeit einhalten, schaffen wir vielleicht noch die Abstim­mung vor 15 Uhr; aber kein Druck. Bitte schön.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 329

14.55.36

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender, ich schaffe das. Werte Frau Staatssekretärin, auch ich kann das Lob bestätigen, das
schon geäußert wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Was Unternehmen betrifft, stehen wir in Österreich ganz
gut da. Das zeigt der Ease of Doing Business Index der Weltbank, 2021 zuletzt veröffentlicht. Da sind wir auf Platz 27 von 190 Ländern weltweit. Wo
wir aber nicht gut sind oder 2021 nicht gut waren, ist die Unternehmensgrün­dung. Da sind wir auf Platz 127 von 190 Ländern weltweit. (Abg. Schell­horn: Das ist ein Wahnsinn!) Das ist der Grund, weshalb wir in dem Bereich wirk­lich viel Aufholbedarf hatten und auch viel gemacht haben.

Welche Faktoren sind es, die kritisiert wurden, wo waren wir besonders schlecht? – Die Kosten sind hoch, es dauert lange und es ist recht formal-büro­kratisch. – All das haben wir verbessert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben das Gründungskapital bei einer GesmbH von zuvor 35 000 Euro mas­siv auf 10 000 Euro gesenkt; 5 000 Euro davon sind sofort einzubringen.
Wir haben eine neue Rechtsform geschaffen: die flexible Kapitalgesellschaft, die übrigens international auch schon große Anerkennung findet. Sie ermöglicht
es, viel einfacher als zuvor Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unter­nehmenserfolg zu beteiligen. Das ist eine Rechtsform, die in der Praxis sehr gut angenommen wird. In vier Monaten hat es bereits 200 Unternehmens­gründungen in dieser Rechtsform gegeben. Gerade kürzlich war ich bei einer Preisverleihung eingeladen, und das Start-up, das einen Preis im Abfall­wirtschaftsbereich gemacht hat, war eine Flexco.

Wir haben steuerliche Begünstigungen für Mitarbeiter:innenbeteiligungen ge­schaffen, und morgen geht es noch um Verbesserungen beim Genossen­schaftsrecht.

Zeit ist ein wichtiger Faktor, daher dieser Gisa-Express, den wir heute hoffent­lich beschließen – aber ich habe rundum Zustimmung gehört. Gisa-


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Express bedeutet, Unternehmen können ihre Gewerbeberechtigung viel schnel­ler als bisher, nämlich eigentlich auf Knopfdruck, erledigen. Bisher hat
es bei freien Gewerben bis zu zehn Tage gedauert, bei reglementierten Gewer­ben bis zu drei Monate. All das geht jetzt auf Knopfdruck. Das, glaube ich,
ist ein ganz wichtiger Schritt für die Betriebe, die das in Anspruch
nehmen – übrigens als Kannbestimmung, man kann weiterhin wie bisher den Papierweg wählen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Die zweite Änderung, die ich noch besprechen möchte, sind die Meister­titel in der Berufsausbildung. Wir werten beispielsweise Fußpfleger:innen, Kos­metiker, Masseure et cetera auf. Auch sie können, weil sie einen hand­werksähnlichen Beruf haben, den Meistertitel tragen.

Ein letztes Wort noch – mir werden schon Zeichen gegeben, aber ich freue mich so –: Es kommt ein neuer Lehrberuf, eine neue Ausbildung zur vegetari­schen Kulinarik. Auch das ist ein ganz wichtiger Schritt, der, glaube ich, auch in der Gastronomie großen Anklang findet. – Danke. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.59


14.59.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung geändert wird, samt Titel
und Eingang in 2668 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. –
Das ist die Mehrheit, damit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 331

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Gleiches Stimmverhalten, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klares Bekenntnis zur Neukodifizierung der Gewerbeordnung: Umsetzung der Empfehlungen
des Rechnungshofes“.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Druckgerätegesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die innerstaatlichen Anforderungen der Verord­nung (EU) 2016/1628 in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte für gasförmige Schadstoffe und luftverunreinigende Partikel und die Typgenehmigung
für Verbrennungsmotoren für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte festgelegt werden, erlassen wird, samt Titel
und Eingang.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstim­mig, angenommen.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Ebenfalls einstimmig angenommen.

Ich danke und unterbreche die Sitzung. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

15.00.28*****

(Die Sitzung wird um 15 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 332

15.00.40Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „die eigenmächtige Zustimmung der Bundesminis­terin Gewessler zum EU-Renaturierungsgesetz“ (19087/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage
gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Wir kommen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 19087/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Das EU-Renaturierungsgesetz wird alle Österreicherinnen und Österreicher - Länder, Gemeinden, Städte, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft - direkt und unmittel­bar betreffen. Die Zustimmung von Ministerin Gewessler zu dieser als „Bauernvernichtungsgesetz" bezeichneten EU-Verordnung gefährdet die Existenz unserer Bauern und die Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln. Obwohl Bundeskanzler Nehammer vorab über das Abstimmungsverhalten informiert
war, hat er es unterlassen, die „Willkürministerin“ zu stoppen oder ihre Entlassung vorzuschlagen. Er hat tatenlos zugesehen, wie die Interessen der österreichi­schen Bevölkerung aus ideologischen Gründen verraten wurden. Es stellt sich die Frage: Warum? Hat Bundesministerin Gewessler ein Druckmittel gegenüber
dem Bundeskanzler oder ist dessen Angst vor Machtverlust so groß, dass er an ihr festhalten muss?

Das EU-Renaturierungsgesetz ist Teil des sogenannten Green Deals und legt
den Mitgliedstaaten der EU verbindliche Wiederherstellungsziele und -verpflichtun­gen für Ökosysteme auf.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 333

Mit dieser Verordnung wird ein Rahmen für unverzügliche wirksame und gebietsbezogene Wiederherstellungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten geschaffen, die zusammen bis 2030 mindestens 20 % der Land- und Meeresgebiete der
Union und bis 2050 alle Ökosysteme abdecken werden, die der Wiederherstellung bedürfen.1

20 Prozent der Landflächen in der EU sollen mit diesem Gesetz demnach
„renaturiert“ werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel Ackerböden nicht mehr be­wirtschaftet werden dürfen und damit für die Nahrungsmittelproduktion
nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine solche Maßnahme gefährdet nicht nur die Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, sondern
führt gleichzeitig zu einer weiteren künstlichen Verteuerung der Lebensmittel.

Weniger landwirtschaftliche Fläche bedeutet auch Einkommensverlust durch gerin­gere Erträge für unsere Bauern, die hochwertige und gesunde Lebensmittel produzieren. Das wird das Bauernsterben weiter anheizen und mehr noch: Es wird zu Rückwidmungen von Flächen kommen, was einen massiven Eingriff in die Grund-
und Eigentumsrechte im Sinne einer Enteignung darstellt.

Auch die österreichische Forstwirtschaft, die zu den nachhaltigsten der Welt zählt, ist bedroht. Eine großflächige Stilllegung würde unsere heimischen Wälder verwil­dern lassen. Durch ein Verbot der Holzernte würde österreichisches Holz in der Bau­wirtschaft und als Brennstoff zum Heizen unserer Wohnungen und Häuser
fehlen. Die Lücke müsste durch teure Importe geschlossen werden.

Zur Verdeutlichung dieser ideologiegetriebenen Politik sei darauf hingewiesen, dass für „die landwirtschaftlich genutzten organischen Böden, bei denen es sich um trockengelegte Torfmoorflächen handelt“2, die Mitgliedstaaten Wiederherstellungs­maßnahmen in einem exorbitanten Ausmaß ergreifen müssen: nämlich für
absurde 70 Prozent all dieser Flächen, von welchen mindestens die Hälfte bis 2050 wiedervernässt werden muss.

Der Schutz von Ökosystemen ist wichtig, kann und soll aber wie bisher nationalstaatlich geregelt und gehandhabt werden. Es ist hierfür keinesfalls eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 334

supranationale Rechtsetzung notwendig, erst recht keine, welche Enteig­nungen für die heimische Landwirtschaft und eine beträchtliche Reduktion der Le­bensmittelsicherheit nach sich zieht.

Anzuführen ist zudem noch der Kostenpunkt: Die Verwaltungskosten für
die EU und die Mitgliedstaaten betragen schätzungsweise etwa 14 Milliarden Euro bis 2050,3 wohingegen die Kosten zur Umsetzung der Renaturierungsmaß­nahmen von der Europäischen Kommission mit circa 154 Milliarden Euro(!) angeführt werden.4

Es ist unverständlich, dass ÖVP-Abgeordnete, insbesondere jene des ÖVP-Bauernbundes, die Ministerin weiterhin unterstützen und damit den Verrat an unse­ren Bauern und der Versorgungssicherheit fortsetzen. Klar ist, dass dieses
Gesetz der Tod unserer heimischen Landwirtschaft und damit der Tod der Versor­gungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln ist.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie folgende

Anfrage

1. Wie verlief die Koordination Ihres Abstimmungsverhaltens betreffend
dem EU-Renaturierungsgesetz mit dem Koalitionspartner, den Bundesländern und dem Parlament?

2. Wurden Sie aufgrund der Anzeige, die Ihnen Amtsmissbrauch aufgrund der eigen­mächtigen Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz vorwirft, bereits ein­vernommen?

3. Gab es aufgrund der Anzeige, die Ihnen Amtsmissbrauch vorwirft, bereits Versuche Datenträger sicherzustellen?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 335

4. Ist Ihnen bekannt, ob der Bundespräsident in der Affäre um Ihre Zustimmung
zum EU-Renaturierungsgesetz kontaktiert wurde?

a. Wenn ja, von wem?

b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

5. Gibt es für Ihren Verbleib in der Bundesregierung einen Abtausch mit anderen Personalentscheidungen zugunsten der ÖVP?

6. Was entgegnen Sie ÖVP-Stimmen innerhalb der Bundesregierung,
die Ihre Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz als „einen Verfassungs- und Gesetzesbruch“5 bezeichnen, aber dennoch an einer Zusammenarbeit mit
Ihnen festhalten?

7. Durften Sie damit rechnen, dass Bundeskanzler Nehammer an Ihnen als Ministern festhalten wird, zumal er Sie auch bei der Zustimmung zum Verbot von Verbrennungsmotoren gewähren ließ, während er gleichzeitig behauptete, Sie werden sich „dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen“?6

8. Hat es zwischen Ihnen und Amtsträgern der EU sowie Umweltministern
der EU-Mitgliedstaaten Absprachen zu Ihrer Zustimmung gegeben, zumal eine Abstimmung über das EU-Renaturierungsgesetz ursprünglich nicht auf
der Tagesordnung des EU-Umweltministerrates stand?

9. Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie mit Ihrem ideologisch motivierten Abstim­mungsverhalten gegen Verfassung und Gesetze verstoßen könnten, und
haben Sie sich erst angesichts dessen entschlossen, Gutachten in Auftrag zu geben, um Ihre Rechtsmeinung bzw. Ihr politisches Narrativ zu stützen?

10. Welche Kosten wurden für die Erstellung von Gutachten zum in Kauf genomme­nen Verfassungs- bzw. Gesetzesbruch budgetwirksam?

11. Inwiefern sahen Sie sich persönlich in der Lage, zwischen den Argumen­ten der von Ihnen mit Steuermitteln bezahlten Gutachtern und jener der Experten des


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Verfassungsdienstes, denen Sie sinngemäß mangelnde Unabhängigkeit von
der ÖVP unterstellen, abzuwägen, zumal es sich um komplizierte Fragestellungen des öffentlichen Rechts handelt?

12. Wie gedenken Sie, den drohenden Einkommensverlust der österreichischen Bau­ern durch die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes auszugleichen?

13. Wie stellen Sie sicher, dass die Reduzierung der Agrarflächen durch das Renatu­rierungsgesetz nicht zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit mit heimi­schen Lebensmitteln führt?

14. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Landwirtschaft in Natura-2000-Gebieten weiterhin wirtschaftlich tragfähig bleibt, wenn der Einsatz von Pflanzenschutz­mitteln und Düngern stark eingeschränkt wird?

15. Wie wollen Sie sicherstellen, dass das Renaturierungsgesetz nicht zu einem Ent­wicklungsstopp in Natura-2000-Gebieten und anderen wichtigen landwirt­schaftlichen Flächen führt?

16. Wie wollen Sie verhindern, dass die Verknappung der landwirtschaftlichen Pro­duktion zu steigenden Lebensmittelpreisen führt, die insbesondere die einkom­mensschwachen Haushalte treffen werden?

17. Wird es aufgrund des Renaturierungsgesetzes neue EU-Finanzmittel für Natur­schutzmaßnahmen geben?

a. Wenn ja, wie hoch werden diese Finanzmittel sein?

b. Wenn ja, wie wollen Sie sicherstellen, dass diese Mittel effektiv und zum Vorteil Österreichs genutzt werden?

18. Welche konkreten Pläne haben Sie, um die Auswirkungen auf die Forst­wirtschaft und die damit verbundenen steigenden Kosten für Baumaterial und Heizen zu mildern?


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19. Welche langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen erwarten Sie
durch die Umsetzung des Renaturierungsgesetzes für die österreichische Landwirt­schaft und die ländlichen Gebiete?

20. Gibt es in der Bundesregierung konkrete Überlegungen, die Folgen Ihrer Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz legistisch abzufedern, und könnte dabei der sogenannte „koalitionsfreien Raum“ eine Rolle spielen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gele­genheit zur mündlichen Begründung zu geben.

1       COM (2022) 304, S. 39

2       COM (2022) 304, S. 47

3       COM (2022) 304, S. 13-14

4       COM (2022) 304, S. 12

5       https://www.heute.at/s/edtstadler-knaIIhart-gewessler-begeht-verfassungs­bruch-120042656;

        https://www.parlament.gv.at/dokument/BR/BRSITZ/968/
A_-_19_18_13_00327338.html

6       Beim Umweltrat am 28. Juni 2022 hat Österreich, vertreten durch Bundesmi­nisterin Leonore Gewessler den Vorschlag des französischen Vorsitzes,
und damit einem de facto Verkaufsende von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen in der EU ab 2035 unterstützt,

        https://twitter.com/lgewessler/status/1541938086212505601?s=20;
ferner Karl Nehammer am 10.03.2023,

        https://www.oe24.at/video/politik/nehammer-die-rede-zur-zukunft-der-na­tion/548283114.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Susanne Fürst als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die ge­mäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung – Sie wissen das – 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort.

Ich darf Frau Ministerin Gewessler und Herrn Minister Rauch herzlich
bei uns begrüßen.

Ich darf Sie sehr herzlich um die Begründung bitten, Frau Abgeordnete Fürst.


15.01.32

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehr­ter Herr Minister oder sehr geehrte Fußballmaus – ich weiß nicht, wie Sie jetzt angesprochen werden wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei den Grünen:
Geh bitte! – Weiterer Ruf bei den Grünen: Das ist ja letztklassig!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie wirklich, auf eine sprachliche Formulierung gemäß dem Hohen Hauses zu achten, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Ich wollte mich nur erkundigen, wo die zweite Fußballmaus ist. (Abg. Voglauer: Was soll denn das?! – Abg. Greiner: Das geht ja nicht!) Ich habe es nicht beleidigend gemeint. Hat der Herr Vizekanz­ler seinen Weg aus dem Stadion schon gefunden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir sprechen einen Minister in Öster­reich nicht als Fußballmaus an, bitte. (Abg. Belakowitsch: Er hat sich ja selber so ge­nannt! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Bitte das an jemand anderen
(in Richtung Bundesminister Rauch weisend) zu richten!

Sehr geehrte Frau Minister – ich weiß jetzt nicht, ob ich das sagen darf (Ruf bei den Grünen: Ministerin!) –, sehr geehrte Frau Minister, wir wollten Ihnen
auch heute hier einen entsprechenden Rahmen bieten. (Abg. Greiner: ... wenn


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man so vom Rednerpult aus agiert!) Sie lassen sich hier ja die letzten
Tage feiern als Heldin der Natur, Heldin der Blumenwiesen, der Frösche (Beifall und Bravorufe bei den Grünen), als Bienenkönigin werden Sie gefeiert.
(Abg. Disoski: Ist sie, ja!) Für mich haben Sie sozusagen auch Ihr Aktivisten-Gen wieder instand gesetzt, Ihre Klimaklebergesinnung wiederbelebt – Sie
sind allerdings Ministerin –, denn diese Form der Zustimmung (Zwischenruf der Abg. Disoski) zum Renaturierungsgesetz, die Sie geliefert haben, ist für
mich so etwas wie eine noble Variante des Straßenklebens. (Oh-Rufe bei den Grünen.) Sie haben sich nicht auf die Straße gepickt, sondern in das
Flugzeug gesetzt, sind nach Brüssel gejettet und haben dort einem Gesetz zugestimmt – ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf unser Land und die Bevölkerung, ohne Rücksicht auf Österreich, sich über alle Regeln hinwegsetzend. Das verbindet Sie mit den Klimaklebern, es ist dieselbe Gesin­nung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gebe zu: Für Ihre Partei war es ein Coup. Der Bundeskongress stand
an, es schaute nicht so gut aus, die Stimmung in der grünen Partei
war (Abg. Disoski: Woher willst du das wissen? Du warst nicht dabei!) nach den ganzen Affären um Frau Schilling schlecht. Die Pressekonferenzen haben wir alle noch in Erinnerung. Jetzt ist keine Rede mehr davon, jetzt sind wir
Blumenwiese und Bienen und Frösche. (Rufe bei den Grünen: Blumenwiese!)

2019 – ich gehe nur fünf Jahre zurück –, nach der damaligen EU-Wahl, zimmerte eine gewisse Frau Ursula von der Leyen eine linke Mehrheit im EU-Parla­ment zusammen. (Ruf bei den Grünen: Das waren die Wahlen im EU-Parlament! – Abg. Disoski: Das nennt man Wahlen! – Ruf bei den Grünen: Mit H!) Sie
wurde von Frau Merkel damals nach Brüssel weggelobt, weil sie als Verteidi­gungsministerin, Familienministerin unfähig war, und wurde dort
EU-Kommissionspräsidentin. Sie kam den Grünen damit sehr weit entgegen, sonst wäre sie nicht gewählt worden, und damals entstand der Green
Deal – die ÖVP total begeistert –, das Ziel: klimaneutral, CO2-neutral bis 2050, Europa sozusagen neutralisiert bis 2050.


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Teil von diesem Green Deal waren damals schon Verbrenner-Aus, Ausstieg aus fossiler Energie, CO2-Steuer – haben wir in Österreich inzwischen schon
dank dieser Regierung – und der radikalste Teil: die Renaturierung; in ihrem Text so unglaublich, so fantastisch, so irrational und so unmenschlich, wenn
man das, was da drinnen steht, zu Ende denkt, dass niemand glaubte, dass dieser Papierberg jemals Realität werden sollte. Das hat niemand für möglich
gehalten, nicht in Europa – in Nordkorea oder in China, ja, nicht in Europa.

Jetzt ist es aber Wirklichkeit geworden. Dieser Papierberg war zwar
auch in Brüssel jetzt, Anfang Juni 2024, schon begraben. (Zwischenruf des Abg. Weratschnig.) Es war klar: Man findet dafür keine Mehrheit mehr, kein Land war bereit, diesem Irrsinn zuzustimmen (Abg. Herr: Was heißt: „kein Land“?),
da kündigte Ministerin Gewessler in einer Pressekonferenz am 16. Juni an, sie würde zustimmen. (Abg. Koza: Gibt’s da keine Mehrheit? ... Demokratie!) Am nächsten Tag machte sie das wahr und stimmte zu. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ein Leger nicht nur für den Koalitionspartner, ein Leger
für unsere Verfassung, ein Leger für Österreich, es war übrigens auch ein Leger der alten EU-Kommission, die dies in der neuen Konstellation nicht mehr
hätte durchdrücken können!

In Österreich aber lagen zwischen der Pressekonferenz, in der sie dieses Verhal­ten ankündigte, und dem Flug nach Brüssel und der Zustimmung 24 Stun­den. (Ruf bei den Grünen: Das war in Luxemburg! – Abg. Kickl: Das macht die Sache auch nicht besser! – Ruf bei den Grünen: Hauptsache Spanien! – Weiterer Ruf
bei den Grünen – in Richtung Abg. Kickl –: Herr Klubobmann, auch schon
da?)
Da hätte die ÖVP handeln können und müssen, wenn sie ihre eigenen Worte ernst genommen hätte, denn Bundeskanzler Nehammer hat ja auch schon im Vorfeld gemeint: Die EU-Renaturierung (Vizekanzler Kogler betritt den
Saal – Rufe bei der FPÖ: Fußballmaus!)
 – Guten Tag! – ist ein Musterbeispiel für überbordende Regulierung aus Brüssel, wir brauchen keine solche
Vorgabe. (Beifall bei der FPÖ.)


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So weit, so richtig, unser Bundeskanzler, so weit, so richtig; er hat auch erkannt – ich zitiere ihn –: Es gefährdet unsere Landwirtschaft und unsere Versor­gungssicherheit. – Das heißt, er hat dieses Gesetz wirklich ernst genommen, er hat es verstanden (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!) oder man hat es ihm erklärt,
aber trotzdem hat er in diesen 24 Stunden nichts unternommen. Er weiß, dass es ab der Zustimmung gilt, dass es kein Zurück mehr gibt, dass es nicht mehr verrückbar ist, dass damit auch eine Landeskompetenz an Brüssel hergeschenkt wurde. Er tat nichts.

Was hätte er tun müssen und können? – Ganz klar: den EU-Hauptausschuss zusammenkommen lassen, mit uns eine Mehrheit bilden und der Frau Minister die Vorgabe geben, in Brüssel nicht zuzustimmen – daran wäre sie fix
gebunden gewesen –, oder zum Bundespräsidenten in die Hofburg hinübermar­schieren – ist nicht weit – und sagen: Bitte bring deine Ministerin zur
Räson, wenn nicht, schlage ich die Entlassung vor! Das könnte man auch jetzt noch jeden Moment machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre nicht nur das Recht des Bundeskanzlers, sondern es wäre
angesichts der Rechtswidrigkeit des Verhaltens auch seine Pflicht gewesen. Das wurde vom Bundeskanzler selbst, von der Verfassungsministerin, vom Verfassungsdienst festgestellt. Was aber natürlich noch viel mehr stört als diese formale Rechtswidrigkeit, ist der folgenschwere Inhalt.

Nach der Zustimmung durch Frau Gewessler in Brüssel warteten wir auf
das Statement, auf die Stellungnahme von Bundeskanzler Nehammer. Was er­klärte er uns da in der Pressekonferenz? – Nun, er hat es jetzt durch­schaut: Es wäre ein schwerer Vertrauensbruch der Grünen gewesen, es sei ein krasses Fehlverhalten gewesen, sie hätten jetzt ihr wahres Gesicht ge­zeigt, sie seien zwar immer moralisierend, aber extremistisch. – Jetzt, im fünften Jahr der gemeinsamen Regierung, hat er das entdeckt. Er bebte vor
Emotionen, die Emotion für einen Koalitionsbruch wäre da, er macht es aber nicht, er hält sich sozusagen zurück, denn seine Verantwortung als Bundeskanzler gebietet ihm, im Herbst eine geordnete Übergabe zu machen.


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Das freie Spiel der Kräfte im Parlament, meinte er, würde sowohl
Chaos als auch hohe Ausgaben bedeuten – eine starke Ansage (Abg. Strasser: Die Geschichte hat das bewiesen! – Abg. Kassegger: Ihr habts die Kommunisten
geholt, nicht wir!),
denn das freie Spiel dieser Bundesregierung – ÖVP und Grü­ne – hat uns so viele Milliarden gekostet (Ruf bei der FPÖ: Das Beste aus
zwei Welten! – Ruf bei der ÖVP: Rechtsextremisten sind auch nicht gscheiter!),
das könnten wir im Parlament niemals umsetzen (Beifall bei der FPÖ); Milliar­den, die 2020 bis 2022 verronnen, in der Coronamaßnahmenpolitik versickert sind; die Milliarden, die uns die EU-Sanktionen kosten (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), die bei uns wirken, in Russland weniger; die Milliarden, die über Brüssel in der Ukraine versickern und die hier auch sonst ein­fach vernichtet werden.

Ja, vielleicht würde hier im Parlament im freien Spiel der Kräfte der eine oder an­dere Beschluss gefasst, durch den auch Geld fließt. Ich wäre zum Beispiel
jetzt nach dem Beschluss des Renaturierungsgesetzes bereit, einen Antrag zu unterschreiben, durch den unsere Bauern, die Landwirte bedingungslos unterstützt werden für all das, was ihnen in den letzten Jahren schon angetan worden ist, und für den Schaden, der ihnen aufgrund dieses Gesetzes
blüht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das würde ich in normalen Zeiten nicht machen, doch jetzt würde ich zustim­men. Das würde viel Geld kosten. Ich würde auch alle Hochwasseropfer entschädigen, das würde viel Geld kosten, vielleicht auch Milliarden. Sie blieben aber im Land und würden für unsere Leute verwendet werden, und daher
wäre das keine Verschwendung, im Unterschied zu den Milliarden, die im freien Spiel der Kräfte durch die Bundesregierung verschwendet werden.

Nun, was sagten die Grünen nach der Zustimmung dazu? – Sie feierten naturge­mäß ihren Sieg (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und
FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen):
Die Natur hat gesiegt, nicht die Ideologie, nein, nicht die Parteipolitik!


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Das Gewissen rief, hat uns die Ministerin erklärt, es geht um „das gesunde und glückliche Leben künftiger Generationen“, und der Herr Vizekanzler erklärte
uns, es ist das weltweit wichtigste Naturschutzvorhaben.

Nun, was steht denn in diesem weltweit wichtigsten Naturschutzgesetz drinnen? Da sind wir ja jetzt gespannt. Ich habe es mir genau angeschaut. Ich glaube
nicht, dass Deng Xiaoping es gewagt hätte oder jetzt Xi Jinping es
wagen würden, in China dieses Gesetz dem Volk vorzulegen. Ich glaube, nicht einmal Kim in Nordkorea würde es tun, wiewohl es dort schon umgesetzt
ist – das muss ich zugeben.

Da wird aber unverfroren dieses Gesetz wirklich beschlossen, weil man wahr­scheinlich darauf vertraut, dass sich niemand diesen Papierberg durchliest.

Kurz zusammengefasst: Bis 2030, also in gut fünf Jahren, müssen verpflichtend 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete in der EU renaturiert werden –
das ist jetzt das schöne neue Wort für Eigentumsbeschränkung, Enteignung und Unterdrückung –, also in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt
werden. Urbar gemachte Moore werden wieder versumpft, 25 000 Kilometer Flusslandschaft sollen in der EU renaturiert werden. Bitte gleich den Presslufthammer holen, die Wiener Donauinsel zerlegen! 20 Prozent der land­wirtschaftlich genutzten Flächen müssen renaturiert werden. Renaturieren
heißt brach legen, ins Eigentum eingreifen.

Ich frage mich: Was heißt denn das? Was bedeutet das? – Das bedeutet, 20 Pro­zent der Ackerfläche werden den Bauern, der Bewirtschaftung, der Nah­rungsmittelproduktion entzogen (Abg. Voglauer: Falsch!), stehen nicht mehr zur Verfügung (Abg. Leichtfried – in Richtung FPÖ –: Wollt ihr nicht einmal klat­schen?): Verknappung der Anbaufläche (Abg. Voglauer: Einfach falsch!), weniger heimische, qualitativ hochwertige Lebensmittel (Abg. Voglauer: Falsch!),
weniger Futterflächen für die Tiere, weniger Tierhaltung. Das ist
auch gewünscht – nicht von uns, aber es ist gewünscht.


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Das gefährdet die Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung mit Lebensmit­teln, wie ja auch der Bundeskanzler festgestellt hat. (Abg. Voglauer:
Falsch!)
Trotzdem hat er nichts dagegen gemacht.

Es bedeutet künstliche Verteuerung der Lebensmittel, mehr importierte Lebens­mittel, die unsere hohe Qualität nicht haben, und schreckliche Eingriffe
in unsere Grundrechte für alle Grundstücksbesitzer. (Abg. Voglauer: Falsch!) – Richtig.

Die Folgenabschätzung der EU-Kommission selbst sagt, das ist ja auch gewünscht. Massiven Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion, 20 Prozent weniger Getreideanbau, weniger Rindfleisch: Das will man ja alles.

Rückgang der Tierhaltung, Preissteigerungen für die Lebensmittel und überhaupt Milliarden Euro an Kosten: Das ist aber den Grünen und denen, die da mitspielen, natürlich egal. Die Haltung kostet, haben Sie uns ja auch schon mehr­mals erklärt. Also nicht unsere Haltung kostet, aber Ihre Haltung kostet uns
und all die Steuerzahler etwas.

Das alles reiht sich ein in einen Krieg gegen die Bauern, der ja schon seit Jahren stattfindet. Es gibt nicht nur die Renaturierung. Wir haben schon die
Teuerung bei Agrardiesel, die CO2-Steuer. Natürlich betrifft es auch Pflanzen­schutzmittel, Düngemittel: Na, nichts wie weg damit! Das ist alles Gift.
Ja bitte, wenn die Bauern Schädlingsbefall beim Obst, beim Gemüse, bei den Kartoffeln feststellen: Mein Gott, wen interessiert das? – Die Grünen
nicht. Die stehen ja nicht auf dem Feld. (Abg. Voglauer: Du auch nicht!) Die stehen ja nicht im Stall.

Woher wissen Sie denn, dass ich dort nicht stehe (Abg. Voglauer: Na ja!
Ich stehe im Stall!)
oder das nicht kenne? (Beifall bei der FPÖ.) Sie beziehen Ihr Ein­kommen ja von Global 2000, von NGOs, von Climate Funds.
(Abg. Voglauer – erheitert –: Das stimmt aber nicht!)


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Eine vernichtete Ernte ist Ihnen egal. Sie drehen einfach die CO2-Steuer hinauf (Abg. Voglauer: Ja!), dann haben Sie wieder genug Geld. Ja, genau, sagen
Sie, so ist es. Das will ich ja zum Ausdruck bringen. (Abg. Michael Hammer: Die faule Kartoffel sitzt bei euch in der ersten Reihe!)

Man erstickt zunehmend die Bauern, mit diesem Gesetz jetzt endgültig,
wie auch schon die Unternehmen vorher, wie die Autofahrer, wie die Grund­stücksbesitzer, wie die, die jetzt noch ein Haus bauen wollen, durch
Auflagen, Vorschriften und Regulierungen, die ihnen die Luft zum Atmen neh­men. Das ist gewollt.

Es hat nichts, aber auch gar nichts mit Naturschutz oder einem Sieg der
Natur zu tun. Es ist brutal, es ist das Gegenteil von dem, was Sie (in Richtung Vizekanzler Kogler) gesagt haben. Es ist eben schon pure Ideologie.

Ich bin schon darauf gespannt, wenn auf den ersten brachliegenden Feldern dann die Windparks kommen, wo Tonnen an Beton in den Boden hineingerammt werden, die Tier- und Pflanzenwelt dort vernichtet wird, die Vögel gevier­teilt und aufgespießt werden (Heiterkeit bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP), die Nachbarn dieser Windparks, die Sie dann als Klimaopfer
bezeichnen, an diversen Gesundheitsschäden leiden. Das ist Ihnen alles egal.

Ich hoffe, sehr geehrte Landwirte und Grundstücksbesitzer, Sie schauen sich an, wie sich die Abgeordneten der ÖVP hier benehmen (Beifall bei der
FPÖ),
sofern Sie noch glauben, dass Sie von dieser Partei vertreten werden.
(Abg. Schallmeiner: Ein Taferl noch! Das wäre perfekt!)

Noch eines: Wer glaubt, dass das Renaturierungsgesetz ein neues Gesetz ist, das es seit einigen Jahren schon gibt und das erst jetzt beschlossen wird: Nein,
es ist uralt, es wird bald seine 200-Jahr-Feier begehen. (Abg. Leichtfried: Es ist gut, dass diese Rede ...! – Abg. Lukas Hammer: Jetzt kommt das Kommunisti­sche Manifest! Bitte sag es! – Heiterkeit bei den Grünen.)


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Davon haben Sie keine Ahnung. (Heiterkeit bei den Grünen.) Es heißt nämlich nicht Renaturierungsgesetz. Man findet all die Ideen und das, was da drinnen ist, in einem wunderbaren Manifest der Kommunistischen Partei. (Abg. Lukas Hammer: Bingo! – Heiterkeit bei den Grünen.)

Da haben gewisse Herrschaften, Karl Marx und Friedrich Engels, schon vieles darin festgelegt, darauf greift man von linker Seite immer wieder gerne
zurück. Frau Kollegin Herr hat gestern schon von der Umverteilung gesprochen. (Abg. Lukas Hammer: Jetzt kommt noch die jüdische Weltverschwörung! Dann
haben wir’s! – Heiterkeit bei den Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)
Das ist wenigstens ehrlich, denn darum geht es. (Beifall bei
der FPÖ.)

Es geht um eine Umstellung der freien, marktwirtschaftlichen Wirtschaft, durch die, die jeden Kapitalismus (Abg. Leichtfried: Frau Kollegin, Sie haben die
WHO vergessen!)
 – der ist ganz böse, nicht? – ablehnen, in eine Planwirtschaft und eine Zentralverwaltungswirtschaft (Heiterkeit bei den Grünen – Ruf
bei den Grünen: Was ist denn das für ein Märchen?),
und zwar nicht einmal hier in Wien, sondern in Brüssel.

Staatlicher Dirigismus bedingt abhängige Bürger. Da sind natürlich die
Bauern im Weg, die unabhängig, selbstständig, selbstbewusst, heimatverbunden sind, dezentral arbeiten, sich nicht so leicht in Panik versetzen lassen,
und daher gibt es diese Gesetze. (Abg. Michael Hammer: Können wir da eine Zuga­be haben?)

Nur eines: Jeder Landwirt, jede Bäuerin leistet jeden Tag mehr für den Naturschutz und dieses Land als der ganze Grüne Klub, mehr als die Frau Minis­ter, als der Herr Vizekanzler in ihrem ganzen Leben. Das steht einmal fest.
(Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Landwirte, Bäuerinnen, schauen Sie bitte wieder auf die ÖVP! Die Bauern pflegen den ländlichen Raum, sichern unsere Ernährung, stellen die


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qualitativ besten Agrarprodukte, unsere Lebensmittel, her. Sie würden diese auch zu sehr guten Preisen, zu für jedermann leistbaren Preisen herstellen,
wenn man sie frei arbeiten ließe. (Abg. Michael Hammer: Haben Sie schon einmal einen Bauernhof von innen gesehen?) – Habe ich, ich habe einen Bauernhof
schon von innen gesehen. Ich weiß auch, wann die aufstehen. Die
stehen um 4 Uhr in der Früh auf, gehen in den Stall und füttern die Tiere, soweit es noch diese Kleinbetriebe gibt. Dagegen hat nämlich die EU mit Ihrer
Hilfe schon seit Jahren gearbeitet (Beifall bei der FPÖ), sodass immer mehr gerade der kleinen Betriebe schon aufgegeben haben. Haben Sie schon einmal
etwas vom Bauernsterben gehört? Haben Sie das schon gehört? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Übrigens, um auch auf das CO2 einzugehen: Durch den Pflanzenbau und
die Landschaftspflege leisten die Bauern einen enormen Beitrag zur Bindung
von CO2.

Durch Innovation – und nicht durch solche Verbote und Enteignungen –
hat man auch in den letzten Jahren schon einen großen Prozentsatz an Pflanzen­schutzmitteln und an Dünger einsparen können (Abg. Michael Hammer:
Könnte man von einem Bauchfleck sprechen, heute! ... ist normal gut, aber heute ist es ein Bauchfleck!),
aber das interessiert natürlich hier von den Grünen niemanden, denn sie brauchen ja die Klimakrise, die Panik als Überlebenselixier für ihre Partei. (Ruf bei der ÖVP: Kommen S‘ zum Schluss!)

Der Bauernstand denkt in Generationen, sie möchten den Hof an den
Nächsten übergeben, und dieser Traum wird oft genug durch eine eiskalte Agrarpolitik zerschlagen. Das Renaturierungsgesetz trägt jetzt einen großen Teil dazu bei.

Statt dass man ihnen für das dankt, was sie machen, werden sie von den
grünen Wohlstandskindern angeschüttet (Abg. Voglauer: Was? Was ist mit dir?), sie werden für jedes Übel verantwortlich gemacht: Tierleid, Artenster­ben, Pestizide, CO2-Emissionen. – Nichts davon ist wahr. (Abg. Maurer: Es ist


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gleich vorbei!) Bei all diesen Regelungen und auch dem Renaturierungs­gesetz geht es nur darum, eine Ideologie durchzusetzen, die auf demokratischem Wege niemals eine Mehrheit finden würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister Gewessler setzt sich ins Flugzeug, stimmt diesem Gesetz zu, ohne Zustimmung des Koalitionspartners. Wollen Sie das jetzt auch leugnen,
lachen Sie da vielleicht auch laut? Das heißt, sie hat ungefähr einen Rückhalt im einstelligen Prozentbereich (Abg. Maurer: ... 82 Prozent!), sage ich einmal,
fliegt aber nach Brüssel (Rufe bei den Grünen: Luxemburg!) und stimmt diesem Gesetz zu, das für ganz Österreich gilt (Abg. Leichtfried: Es ist trotzdem Luxemburg!), das 20 Prozent unserer Flächen devastiert, Enteignungen ermög­licht und viele Menschen ruiniert. Und Sie machen sich darüber lustig,
dass es nicht in Brüssel, sondern in Luxemburg war – na supertoll, echt klass! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf der Abg. Voglauer.) – Na, es macht
wirklich einen riesigen Unterschied, aber man kennt die Grünen, gut, das ist ihre Ideologie.

Meine Frage ist: Warum macht die ÖVP mit? Das ist eigentlich die dring­lichste Frage heute. Warum machen Sie mit? Vielleicht erklären Sie
uns auch, warum Sie auch noch die nächsten fünf Jahre Frau Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin unterstützen, obwohl das alles
auf ihrem Mist gewachsen ist! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. Abg. Leichtfried: Ihr seid leicht zu begeistern!)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den Herrn Vizekanzler herz­lich begrüßen.

Zur Beantwortung hat sich Frau Bundesministerin für Klimaschutz,
Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Frau Ministerin.



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15.22.50

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident!
Geschätzte Abgeordnete zum Nationalrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Plenarsaal, aber auch zu Hause vor den Bildschirmen! Die Natur
ist unsere Lebensgrundlage. Ohne intakte Natur gibt es kein gesundes, glückli­ches Leben, kein erfolgreiches Wirtschaften und keine Zukunft für
kommende Generationen.

Die Umwelt schützt uns. Auf lebendigen Böden versickert Wasser, das sonst in Sturzbächen durch unsere Orte rauscht und schreckliche Schäden anrich­tet; Moore speichern klimaschädliches CO2; Wälder sorgen für saubere Luft; In­sekten bestäuben die Pflanzen, die später zu unseren Nahrungsmitteln
werden. Sich selbst kann die Natur aber schwer schützen, das ist mittlerweile spür- und sichtbar. (Abg. Kickl: Gehören wir eigentlich auch zur Natur?) Ressourcenverbrauch, Beton und Asphalt zerstören immer öfter und immer rasanter einst unberührte Naturräume. Wo früher Rückzugsräume für beeindruckende Artenvielfalt waren, sieht man heute nur mehr die Folgen un­serer Ausbreitung. (Abg. Kickl: Gehören wir auch zur Natur, ich meine der
Mensch? Ich frage nur!)

Mehr als 80 Prozent der geschützten Lebensräume in der EU sind in einem schlechten Zustand. Wir sind nun also an einem Zeitpunkt angelangt, an dem der Naturschutz auch für uns Menschen eine existenzielle Frage wird, denn ja, lebendige Natur ist die Grundlage unseres Lebens. (Beifall bei den Grünen.) Es ist deswegen an der Zeit, dass wir wieder beginnen, im Einklang mit der Natur
und nicht gegen sie zu wirtschaften (Abg. Steinacker: Im Einklang mit dem Recht müssen wir auch leben!), und genau diesen Auftrag erfüllt das EU-Renatu­rierungsgesetz.

Dieses Naturschutzgesetz ist unser Bekenntnis, wir brauchen eine intakte Natur für unser eigenes Glück. Genau vor diesem Hintergrund habe ich diesem Naturschutzgesetz in den vergangenen Wochen rechtskonform (Abg. Steinacker:


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Rechtswidrig!) mit einer qualifizierten Mehrheit der EU-Mitgliedsländer zugestimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Wer unsere wunderbare Heimat schützt, der passt auf sie auf – das ist der An­spruch an meine Politik (Beifall bei den Grünen), das ist die Richtschnur
meiner Arbeit –, und genau das tut diese Verordnung. (Abg. Steinacker: Schöne Privatmeinung!) Ich habe diese Entscheidung keineswegs auf die leichte
Schulter genommen. Ich habe sie erst nach ausführlicher rechtlicher Expertise über die Zulässigkeit aus Verantwortung für den Schutz und den Erhalt
der Natur nicht nur in Österreich, sondern in der ganzen Europäischen Union getroffen.

Keinesfalls habe ich mit dieser Entscheidung die österreichische Verfas­sung gebrochen (Abg. Steinacker: Das wird sich noch herausstellen!), geschweige denn Amtsmissbrauch begangen. (Beifall bei den Grünen.) Neben den
dazu vorliegenden Gutachten haben sich auch namhafte Expertinnen und Ex­perten des Verwaltungs-, Verfassungs- und Europarechts genau in die­sem Sinne geäußert. Diese Entscheidung war gut und richtig, dazu stehe ich. Lassen Sie mich deshalb auch ausführlich auf Ihre Fragen eingehen!
(Abg. Steinacker: Man kann immer geteilter Meinung sein!)

Zur Frage 1:

Zunächst ist festzuhalten, dass in die mehrjährigen Verhandlungen auf EU-Ebene insbesondere alle relevanten Regierungsstellen eingebunden wurden.
Auch die Positionierung in den vorbereitenden Gremien des Rates wurde in be­kannter Manier abgestimmt und koordiniert. (Abg. Kickl: Ah eh!) Dabei
wurden auch weitreichende Verhandlungserfolge im Sinne der Stellungnahmen der Bundesländer erzielt. Leider hat sich der Koalitionspartner entgegen
unseren Bemühungen zur Erlangung eines Konsenses zuletzt trotzdem gegen den auch vom Europäischen Parlament bereits beschlossenen Entwurf ausgesprochen. (Ruf bei der FPÖ: Zu Recht! Zwischenruf des Abg. Wurm.) In die­sem Falle trage am Ende ich als Ministerin die Verantwortung, diese habe
ich wahrgenommen.


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Die Länderstellungnahmen vom November 2022 und Mai 2023 wurden von meinem Ministerium vollinhaltlich an die Ratspräsidentschaft sowie an
die EU-Kommission übermittelt, ihre Inhalte wurden vollständig in den Ratsar­beitsgruppen eingebracht (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), eine Vertre­tung der Bundesländer nahm an den meisten Ratsarbeitsgruppen teil. Die Exper­tinnen und Experten meines Ministeriums haben intensiv daran gearbei­tet (Ruf bei der FPÖ: Das Beste aus zwei Welten!), die Bedenken und Vorbehalte der Bundesländer und der anderen Ministerien in den Kompromisstext einfließen zu lassen, und es wurden zahlreiche Punkte auch im finalen Text übernommen. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf bei der ÖVP.)

Zur parlamentarischen Behandlung: Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat das Renaturierungsgesetz in einer Sitzung im Februar 2023 behandelt. Eine
Expertin des BMK hat den Mitgliedern des Bundesrates die Inhalte des Gesetzes dargelegt, stand für Fragen zur Verfügung. Ebenfalls habe ich im EU-Unter­ausschuss des Nationalrates im Februar 2023 in einer Aktuellen Aussprache auf alle Fragen der Abgeordneten zu meinem Wirkungsbereich ausführlich
Stellung genommen. Abgesehen davon sind mir vor dem Beschluss im Umwelt­minister:innenrat am 17. Juni 2024 keine Sitzungen bekannt, an
denen sich das Parlament mit dem Gesetz befasst hätte. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Fragen 2, 3 und 5:

Nein.

Zur Frage 4:

Laut Medienberichten hat der Herr Bundeskanzler auch den Herrn Bundespräsi­denten kontaktiert. Details dazu sind mir nicht bekannt.

Zur Frage 6:

Wie Sie wissen, habe ich diese Entscheidung nicht auf die leichte Schulter genommen. Ich habe die rechtliche Möglichkeit einer Zustimmung umfassend


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von Experten, Expertinnen sowohl meines Ministeriums als auch von
externen Experten, Expertinnen prüfen lassen. Deren Einschätzung war klar: Ja, eine Zustimmung zu diesem so wichtigen Naturschutzgesetz ist rechtlich zulässig. (Abg. Steinacker: Das werden wir sehen!)

Ich möchte nochmals in aller Deutlichkeit betonen, dass ich weder einen Verfas­sungsbruch noch Amtsmissbrauch begangen habe. (Abg. Reifenberger:
Das werden die Gerichte entscheiden!)
Namhafte Experten und Expertinnen, nicht zuletzt der Doyen der österreichischen Verfassungsrechtler und -recht­lerinnen Heinz Mayer, sehen in meinem Vorgehen keinen Rechts-, geschweige denn einen Verfassungsbruch (Beifall bei den Grünen Zwischenrufe bei
ÖVP und FPÖ),
auch weil ich nicht anders gehandelt habe als meine ÖVP-Kolle­gen vor mir.

Ich habe während der gesamten Regierungszeit die konstruktive, gemein­same Arbeit zum Wohl unseres Landes in den Vordergrund gestellt, werde daran selbstverständlich festhalten. Wir wollen, wir werden gemeinsam weiterar­beiten, wir haben schließlich auch noch viel zu tun. (Abg. Belakowitsch: Viel Zeit habts nicht mehr!)

Zur Frage 7:

Die österreichische Position zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über CO2-Emissionen für neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge war von Anfang an unterstützend. In enger Abstimmung mit den anderen Ministerien und dem Bundeskanzleramt haben wir uns in
allen relevanten Gremien für diese Verordnung ausgesprochen. (Abg. Kickl: Ah!) Die diesbezüglichen Weisungen an den stellvertretenden Ständigen
Vertreter wurden vom BKA übermittelt.

Zur Frage 8:

Meine Position, dass ich dieses wichtigste Naturschutzgesetz unterstütze, war allgemein und öffentlich bekannt. Natürlich war ich dazu in den letzten


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beiden Jahren dieses Verhandlungsprozesses mit anderen Umweltministern und ‑ministerinnen im Austausch.

Über die Tagesordnung entscheidet das jeweilige Vorsitzland, in diesem
Fall Belgien, beziehungsweise auch die Mehrheit der Vertreter und Vertreterin­nen der Mitgliedstaaten in den vorbereitenden Gremien. (Zwischenruf des
Abg. Reifenberger.)

Zu den Fragen 9 und 10:

Ich möchte noch einmal in aller Deutlichkeit betonen, dass ich weder einen Ver­fassungsbruch begangen habe (Abg. Steinacker: Das kann man behaupten, entscheiden werden es die Gerichte!) noch einen sonstigen Gesetzesverstoß. Ich weise diesbezügliche Unterstellungen wirklich auf das Schärfste zurück!
(Beifall bei den Grünen.)

Die Kosten der von mir eingeholten Gutachten zur Einschätzung der rechtlichen Lage werden voraussichtlich insgesamt 36 520 Euro betragen und sind
auf der Homepage des BMK ersichtlich. (Abg. Belakowitsch: Bezahlt
der Steuerzahler!)

Zur Frage 11:

Eine verfassungsrechtliche Prüfung ist immer Teil des Verwaltungshandelns, jedes Verwaltungshandelns, sei es bei der Erlassung von Vollzugsakten oder wie hier eben bei einer Abstimmung im EU-Rat.

Im vorliegenden Fall haben nicht nur die Rechtsexperten und -expertinnen meines Ministeriums eine diesbezügliche Prüfung vorgenommen, sondern auch die von mir beauftragten externen, hoch anerkannten Experten des öffent­lichen Rechts. Sie alle kamen zur Einschätzung, dass eine Zustimmung im EU-Rat zur Renaturierungsverordnung rechtlich zulässig ist.

Wenige Tage vor der Abstimmung im Rat, am 17. Juni, hat uns das Kabinett
des Bundeskanzlers eine vierseitige Kurzinformation des Verfassungs­dienstes zukommen lassen. Die von mir beauftragten Rechtsexperten kamen in


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ihren Gutachten zum Ergebnis, dass eine Zustimmung zum Renaturierungs­gesetz im EU-Rat mit guten Gründen rechtlich zulässig ist.

Der Vollständigkeit halber möchte ich auch darauf hinweisen, dass es sich bei drei der vier Gutachter um an öffentlichen Universitäten habilitierte
Experten des öffentlichen Rechts handelt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Hafenecker.)

Zur Frage 12:

Das Gesetz wird nicht zu einem Einkommensverlust für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern führen. (Abg. Belakowitsch: Nein!) Im Gegenteil: Das EU-Renaturierungsgesetz wird zu einer finanziellen Absicherung der wertvol­len Leistungen – und das möchte ich unterstreichen: der wertvollen Leistungen – der österreichischen Landwirtschaft führen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steinacker: Wodurch belegt? – Ruf bei der ÖVP: Wer’s glaubt, wird selig! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt! – Weitere Zwischen­rufe bei ÖVP und FPÖ.)

Es beinhaltet konkrete Unterstützung für die Landwirtschaft. Gerade für unsere Kleinbauern und -bäuerinnen kann dieses Gesetz eine Chance bieten, wenn
sie auf ihren Flächen extensive Maßnahmen setzen.

Die Verordnung trägt zum Beispiel dazu bei, die Budgets für ökologische Leistungen der Bäuerinnen und Bauern wie zum Beispiel das in Österreich gut bekannte Öpul oder auch Maßnahmen für den Waldumbau abzusichern.
(Abg. Belakowitsch: ... satirisch ...!)

Zur Frage 13:

Das EU-Renaturierungsgesetz gefährdet unsere Ernährungssicherheit nicht (Abg. Belakowitsch: Na selbstverständlich!), ganz im Gegenteil. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das bestätigen auch alle Naturwissenschaftler und Natur­wissenschaftlerinnen. (Abg. Belakowitsch: Na klar, ...! – Rufe bei ÖVP und FPÖ:


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Alle! – Abg. Belakowitsch: Die Experten!) Die Ernährungssicherheit steht
bei diesem Vorhaben an vorderster Stelle, denn nur eine gesunde Natur ist die Basis einer gesunden und funktionierenden Lebensmittelversorgung.
(Beifall bei den Grünen.)

Die Ernährungssicherheit wird zudem als zentrales Ziel im Gesetzestext defi­niert. Ziel ist es, die Lebensmittelproduktion insgesamt zu verbessern,
indem fruchtbare Böden, bessere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetter­bedingungen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Produktivität
geschaffen werden.

Zusätzlich wurde die folgende Klausel eingebaut: Bei Gefahr für die Versorgung mit Lebensmitteln kann die Kommission die Umsetzung von Artikel 11 –
das ist eben der Artikel zu den landwirtschaftlichen Ökosystemen – aussetzen. (Abg. Wurm: Das klingt nach einem Fünfjahresfahrplan!)

Keiner weiß so gut wie unsere Landwirtinnen und Landwirte, wie ab­hängig der Wirtschaftszweig von einer intakten Natur ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Deshalb möchte ich an dieser Stelle bitte auch nochmals appellieren: Arbeiten wir in dieser so wichtigen Debatte mit Fakten! (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Fragen 14 und 15:

Die Verordnung enthält keine – ich wiederhole: keine! – generellen Verpflich­tungen, um Pflanzenschutzmittel und Düngemittel einzuschränken.

Ich möchte zudem auch noch einmal betonen, dass keine Landwirtin, kein Landwirt gezwungen wird, Renaturierungsmaßnahmen auf ihren, seinen Flächen zu setzen. Alle Schritte werden nur auf freiwilliger Basis gesetzt. (Ruf bei
der FPÖ: Ja, genau!)
Ich wiederhole: Alle Schritte werden nur auf freiwilliger Basis gesetzt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gerstl: Wie kann dann das Ziel erreicht werden? – Abg. Belakowitsch: Freiwillig hätten wir es gar nicht beschließen
müssen! – Ruf bei der ÖVP: Das schau ich mir an! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)


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Auch Verpflichtungen zur Außernutzungstellung, wie von manchen fälsch­lich ins Treffen geführt wird, beinhaltet das Gesetz nicht. (Abg. Wurm: Sondern? – Abg. Steinacker: Wofür brauche ich dann eine Verordnung, wenn alles freiwil­lig ist? – Abg. Belakowitsch: Jeder, der will, darf! Sie brauchen kein Gesetz!) Viele ak­tuell kolportierte Fehlinformationen sind also nicht Teil des Gesetzes. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Worum geht es? – Wir werden Wiederherstellungspläne machen. Diese Zeit­pläne des Wiederherstellungsgesetzes wurden aber auch auf Betreiben
der Mitgliedstaaten in der überarbeiteten Form adaptiert.

Der erste Wiederherstellungsplan darf nun primär nur die Ziele und Maßnahmen bis 2030 umfassen. Erst der nächste Plan, nämlich für das Jahr 2032, soll
auch die 2040er- und 2050er-Ziele betrachten. Es obliegt den Mitgliedstaaten, es obliegt damit uns in Österreich (Abg. Belakowitsch: Hoffentlich Ihnen
nicht mehr!),
Wiederherstellungspläne zu erstellen, welche natürlich auch mög­liche Fehlentwicklungen hintanhalten sollen.

Ich werde dafür Sorge tragen, dass wir das in Österreich (Abg. Belako­witsch: Nein, Sie nimmer! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker) im guten Einklang mit der Landwirtschaft tun. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich
natürlich auch in kommenden Budgetverhandlungen mit aller Kraft für eine ausreichende Finanzierung einsetzen werde. (Ruf bei der FPÖ: Da
werden Sie nimmer dabei sein! – Abg. Belakowitsch: Da werden Sie zum Glück nicht mehr ...! – Abg. Kickl: Vielleicht haben sich ... was ausgepackelt!)

Zur Frage 16:

Wie zuvor ausgeführt, wird es durch die Umsetzung der anzustrebenden Maß­nahmen zu keiner Verknappung der landwirtschaftlichen Produktion
kommen.


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Zur Frage 17 (Abg. Wurm: 100 minus 20 ist ...!):

Wesentliche Teile des EU-Renaturierungsgesetzes sind bereits über geltende Regelungen, nämlich die FFH-Richtlinie, die Vogelschutzrichtlinie bud­getiert. Für die darüber hinaus gehenden Kosten können zahlreiche Fördertöpfe der Europäischen Union in Anspruch genommen werden. Mehrere EU-Ins­trumente unterstützen bereits jetzt die Renaturierung oder stehen dafür zur Ver­fügung, darunter der Kohäsionsfonds, Horizon Europe, die Gemeinsame Agrarpolitik, das Life-Programm und InvestEU. (Abg. Hafenecker: Wer zahlt denn das?)

Ein ganz aktuelles Beispiel, wo das jetzt schon passiert, ist die geplante Renaturierung des Donauarms bei Petronell. Dort unterstützt die EU wichtige Renaturierungsmaßnahmen mit 20 Prozent der Kosten. (Abg. Hafenecker:
Wer zahlt das? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Zudem haben sich das Parlament, der Rat und die Kommission im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 darauf geeinigt, im Jahr 2024 7,5 Prozent,
in den Jahren 2026 und 2027 10 Prozent der jährlichen Ausgaben für die Ziele der biologischen Vielfalt zu verwenden. Das sind also mehr als 115 Milliar­den Euro (Abg. Hafenecker: Wer zahlt das?), das sind also mehr als 16 Milliarden Euro jährlich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker: Wer bezahlt das?)

Zusätzlich zu den öffentlichen Mitteln wird die Umsetzung der Maßnahmen auch durch staatliche Beihilfen und neue private Regelungen unterstützt – darunter die Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus und andere innovative Finan­zierungsinstrumente wie Biodiversitätszertifikate und Gutschriften, um
neue und zusätzliche Einkommensquellen und Möglichkeiten für jene Landbesit­zer und -besitzerinnen und Verwalter, Verwalterinnen zu schaffen, die
diese nutzen möchten.

Die überarbeitete Richtlinie über das EU-Emissionshandelssystem wird ebenfalls neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Wiederherstellung bieten.
Außerdem hat die Kommission bereits zugesichert, dass sie die Mitgliedstaaten


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in Finanzfragen intensiv unterstützen wird. Zudem ist sie aufgrund der Verordnung auch verpflichtet, diesbezüglich innerhalb eines Jahres einen Bericht zu erstellen. (Abg. Hafenecker: Wer bezahlt das? – Zwischenruf des
Abg. Schallmeiner.)

Insgesamt gehen alle Einschätzungen der Experten und Expertinnen, auch in der Wirkungsfolgenabschätzung der Kommission, von eindeutig positiven wirt­schaftlichen Effekten aus. Die Renaturierung schafft hochwertige Arbeitsplätze, ein nachhaltiges Wachstum und bietet auch Entwicklungsperspektiven insbesondere in ländlichen und deindustrialisierten Gemeinden. (Beifall bei den Grünen.)

Eines dürfen wir bei alledem aber nicht übersehen – und das zeigen uns
auch die Extremwetterereignisse der letzten Wochen –, nämlich die Kosten des Nichthandelns. Wir brauchen eine intakte Natur, um uns gegen Über­schwemmungen, gegen Trockenheit zu wappnen. Alle Experten und Expertinnen sind sich einig (Abg. Belakowitsch: Die Experten, ja!): Die Kosten des Nichthandelns übersteigen die Kosten aufgrund dieses Gesetzes um ein Viel­faches. Jeder Euro, der in die Wiederherstellung geschädigter Ökosys­teme investiert wird, generiert einen Mehrwert von durchschnittlich 12 Euro.

Mein Ministerium wird noch im Sommer an die Vertreter und Vertre­terinnen der Bundesländer herantreten, um den wichtigen Prozess zur Erstellung des österreichischen Wiederherstellungsplans zu beginnen. Wir wollen konstruktiv und gemeinsam mit den Bundesländern, den Interessenvertretun­gen, den Stakeholdern einen guten Plan erarbeiten, mit dem wir unser
schönes Land schützen.

Zur Frage 18:

Von steigenden Kosten für Baumaterial und Heizen ist nicht auszugehen. Im Gegenteil: Nur ein gesunder, klimafitter Wald kann uns weiterhin und
langfristig mit ausreichend Rohstoffen versorgen. Auch das Landwirtschaftsmi­nisterium stellt deshalb bereits seit vielen Jahren Förderungen für den


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klimafitten Umbau unseres Waldes zur Verfügung. Mit dem Waldfonds hat diese Bundesregierung dazu noch ein wirkungsvolles und finanzstarkes Instrument
auf den Weg gebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Frage 19:

Dieses Naturschutzgesetz sichert unsere Lebensgrundlage. Es sorgt für
den wirksamen Schutz unserer Natur, sichert damit auch menschliche Gesund­heit und nachhaltige Wirtschaft. Es ist im Rahmen der Umsetzung deshalb
mit langfristig und nachhaltig positiven wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Landwirtschaft und die ländlichen Gebiete sowie die österreichische Bevölkerung insgesamt zu rechnen, denn wir wollen unsere Heimat erhalten und auch an künftige Generationen noch ein so lebenswertes, ein so schönes
Land übergeben, wie wir dieses Österreich kennen. (Abg. Kickl: Das haben wir auch gedacht, bis ... zubetoniert haben!)

Abschließend zur Frage 20:

Das EU-Renaturierungsgesetz wird positive Auswirkungen auf unsere
Natur, auf unsere wunderschöne Heimat und auf alle Menschen, die hier leben, haben. Eine Notwendigkeit der Abfederung besteht daher nicht. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die weiteren Redner haben 10 Minuten Redezeit.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Kickl. – Bitte.


15.41.14

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, dass die aktuelle Debat­te und vor allem auch die Vorgangsweise der Österreichischen Volkspartei beim Thema Renaturierungsattentat auf unsere Bauern und Konsumenten –


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und etwas anderes ist es ja nicht – im wahrsten Sinne des Wortes ein schwarzes Outing in Sachen Rückgratlosigkeit und in Sachen Führungsschwäche ist.

Das ist ja der nächste Akt in einem bürgerlichen Trauerspiel, das schon sehr, sehr viele Akte hat. Das ist die nächste Sternstunde der Unglaubwürdigkeit,
die aufs Konto der Österreichischen Volkspartei geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist in gewisser Weise, möchte man sagen, schon fast zum Fremdgenieren. Ich höre ja draußen immer bei der Bevölkerung: Also so einen Schwächling
wie den jetzigen Bundeskanzler hat es in dieser Republik überhaupt noch nie gegeben! (Zwischenrufe der Abgeordneten Lukas Hammer und Schwarz.)
Da ist es ehrlich gesagt auch kein Trost, dass dann die Machtversessenheit umso mehr ausgeprägt ist. Das ist eine negative Kombination und keine positive,
falls Sie das noch nicht erkannt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt schauen wir uns einmal – und vielleicht hilft Ihnen Herr Professor Taschner ein bisschen auf die Sprünge, im Unterschied zu manchen anderen im
Sektor der Volkspartei ist er ja noch in der Lage, logisch zu denken (Abg. Michael Hammer: Das ist nicht dein Thema, hm?) – die bestechende Logik der Österreichischen Volkspartei an, diese ganz einfache Schlussfolgerung (Abg. Michael Hammer: Das reiht sich ja in die Flopreihe Fürst-Kickl ein!), die
uns da in den letzten Wochen präsentiert wird:

Erste Prämisse: Die Frau giftgrüne Ministerin Gewessler hat ein brutales Attentat auf die österreichischen Bauern und Konsumenten durchgeführt. Der Schaden ist enorm. Das geht in die Milliarden. Ich will jetzt gar nicht die einzelnen Bereiche beziffern (Abg. Schwarz: Gehen Sie in die einzelnen Bereiche! Das würde mich interessieren! – Abg. Voglauer: Ich möchte es auch gerne
hören! Können Sie uns das vorrechnen? – Abg. Schwarz: Jeden einzelnen Bereich!)

Sie wissen das ganz genau. – Das war die erste Prämisse.

Zweite Prämisse: Die giftgrüne Ministerin Gewessler hat dafür Gesetze
und die Verfassung gebrochen. Sie hat den österreichischen Bundeskanzler am


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Nasenring durch die politische Manege gezogen und Österreich zur Lach­nummer gemacht. – Das war die zweite Prämisse.

Jetzt ergibt sich daraus drittens, Herr Professor Taschner, die Conclusio (Abg. Leichtfried: Was ist das mit dem Taschner die ganze Zeit?), die für die Österreichische Volkspartei lautet: Genau deshalb sprechen Sie dieser gift­grünen Ministerin heute das Vertrauen aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau deshalb, aufgrund dieser beiden Voraussetzungen sind Sie diejenigen, die dafür sorgen, dass diese Dame weiter im Amt bleibt. Fällt Ihnen nicht auf,
wie unlogisch und wie irrational das alles ist? Fällt Ihnen das über­haupt nicht auf?

Ich meine, ärger, peinlicher und schlimmer, als Sie das machen, kann man sich ja selber nicht mehr bloßstellen und erniedrigen (Abg. Taschner: Dialektik ...!),
und Sie werden das heute tun, in Form einer namentlichen Abstimmung, allen voran die Abgeordneten des Bauernbundes.

Sie erniedrigen sich – das wäre ja nicht das Schlimmste, das kennen wir
ja –, aber Sie erniedrigen vor allem die Bauern, von denen Sie immer sagen, dass sie Ihnen ein Anliegen sind. (Abg. Strasser: Haben Sie die Bauern entdeckt,
oder wie?)
Wenn es so wäre, dann hätten Sie diese Dame aus dem Amt hinausbe­fördert und würden ihr heute nicht das Vertrauen aussprechen. (Beifall bei
der FPÖ. –
Abg. Strasser: Herr Kickl, haben Sie jetzt die Bauern
entdeckt im Programm? Die haben Sie nämlich im Parteiprogramm noch nicht entdeckt, die Bauern!)

Jetzt der Reihe nach zu den Hauptaspekten in Ihrem Schmierentheater, in die­sem Volksparteischmierentheater:

Erstens: Die Österreichische Volkspartei hätte dieses Attentat, diesen
Anschlag auf die Bauern und Konsumenten verhindern können und verhindern müssen, wenn – und das ist die Voraussetzung dafür, aber die ist nicht gegeben – Sie einen Mann als Parteiobmann und als Bundeskanzler hätten, der


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dazu auch den notwendigen Mut mitbringt (Abg. Voglauer: Was ist das
denn für ein Niveau?),
aber das ist nicht vorhanden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Disoski: Fragile Männlichkeit!)

Ich meine, das kann ja nicht sein, dass Sie das nicht erkannt haben,
dass diese Ökosekte, mit der Sie da seit ein paar Jahren in der Regierung sind, selbstverständlich dieses ökokommunistische Modell dieser Renaturie­rung, den Kommunismus in einer neuen Gestalt über den Globus auszurollen, fanatisch unterstützt. Das ist ja mit einem riesigen Anlauf dahergekom­men und nicht über Nacht.

Haben Sie das nicht mitbekommen, dass da schon monatelang die Vorbereitun­gen im Ministerium gelaufen sind? Haben Sie das nicht mitbekommen, dass
die berühmte Reise nach Luxemburg angekündigt gewesen ist?

Ihr Bundeskanzler hätte zunächst einmal schon die Vorbereitungshandlungen stoppen müssen, und wenn er dazu nicht in der Lage ist, dann in der
letzten Minute die Reißleine ziehen müssen. Ein Anruf beim Bundespräsidenten hätte genügt. Die Aussage: Die Vertrauensbasis ist nicht mehr gegeben, entlassen Sie diese Dame! (Abg. Michael Hammer: Das haben wir bei dir gemacht! Du hast weiterghört!), und der Bundespräsident hätte gar nichts anderes
tun können.

Das ist etwas, das in der Verfassung geregelt ist (Abg. Michael Hammer: Ja, bei dir haben wir es eh gemacht, weil du weiterghört hast!), im Unterschied zu vielen anderen Dingen, von denen Sie immer behaupten, dass sie da drinnen
stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

All das ist nicht passiert, und deshalb ist die Österreichische Volkspartei und vor allem der Bauernbund in Ihren Reihen ein Komplize dieser giftgrünen Ministerin und ein Beitragstäter des Anschlages auf die Landwirtschaft und auf die Konsumenten. (Abg. Voglauer: Kickl, das ist keine gute Rede! – Weitere
Rufe bei den Grünen: Langweilig! Fad!)


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Zweiter Punkt: Ihre Ausreden und Ihre Argumente – Argumente kann man das ja gar nicht nennen (Abg. Koza: Das stimmt, Argumente kann man das nicht
nennen!)
, Ihre Ausreden –, hinter denen Sie sich da jetzt verschanzen, zeigen ja, dass Sie überhaupt kein strategisches Einschätzungsvermögen haben,
dass Sie null Komma null Talent für eine vernünftige Lagebeurteilung haben, und das ist eine Katastrophe für eine Kanzlerpartei. Das merkt man ja in allen anderen Politikfeldern auch.

Sie sagen, es geht um Stabilität und deswegen dürfen wir sie nicht hinausschmei­ßen, also keine Entlassung, deshalb darf es auch keinen Misstrauensantrag
geben (Abg. Voglauer: Natürlich darf es ihn geben, aber wir werden nicht zustimmen!), weil die Regierung nicht auseinanderfallen darf, denn wenn sie auseinanderfällt, dann gibt es Chaos und dann werden Milliarden hinausgeschmissen – als ob Sie die Milliarden in diesem Land in diesen letzten Jahren interessiert hätten.

Sie haben in den letzten Jahren mit Ihrer Herumfuhrwerkerei den größten Schuldenberg verursacht (Ah-Rufe bei den Grünen) – und das im Übrigen, ohne irgendetwas Gutes zu bewirken. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael
Hammer: Kann die Rede ein bisschen spannend auch werden? Die ist ja stink­langweilig!)

Der entscheidende Punkt ist aber etwas ganz anderes: Sie liegen mit dieser Einschätzung total daneben. Ja bitte schön, haben Sie denn in diesen letzten fünf Jahren dieses Sadomaso-Theaters namens Bundesregierung nicht gemerkt
(Abg. Michael Hammer: Ich glaube, er merkt, dass es nicht mehr gut läuft!),

dass diese Grünen ganz gleich ticken wie Sie, dass die gleich machtbesessen sind wie Sie? Sie sind doch aus demselben Holz geschnitzt!

Deshalb gehe ich mit Ihnen jede Wette ein, und das ist die authentische Beurteilung der Lage: Wenn Sie heute dieser Ministerin das Misstrauen ausspre­chen, wird kein einziger anderer Minister aus den Reihen der Grünen diese Regierung verlassen – kein einziger –, weil sie bis zur letzten Minute genauso an


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ihren Regierungsämtern picken, wie Sie das tun, weil sie bis zur letzten
Sekunde Postenschacher auf allen Ebenen betreiben, so wie Sie das tun, und weil sie bis zur letzten Sekunde die Versorgung ihrer Netzwerke als
Zentrum ihrer politischen Arbeit im Kopf haben, so wie Sie (Beifall bei der FPÖ – Ruf bei den Grünen: Wie der Schelm denkt!), und allem voran deshalb, weil
Sie und die Giftgrünen mit Ihnen die Positionen in dieser Regierung brauchen. Sie brauchen das als Bühne. Sie brauchen die Möglichkeit, die Ihnen die Ministerien bieten, in Ihrer Wahlkampfführung – und ohne diese Ämter keine Bühne.

Niemand von den Grünen wird das ein paar Monate vor der Wahl riskie­ren. Sie würden es nicht riskieren und Kogler und sein Team werden
es auch nicht riskieren. Sie ticken also genauso machtbesessen wie die Gift­grünen. (Abg. Michael Hammer: ... der Giftzwerg!)

Das kann ich Ihnen sagen: Die beiden Kabinenpartycrasher bei der Nationalmannschaft sind sich einig: Der eine will unbedingt als Bundeskanzler und der andere will unbedingt als Vizekanzler in den nächsten drei Mona­ten die Österreicher belästigen. Da herrscht Einigkeit und diese Machtbesessenheit ist auch der Kitt dieser Koalition. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Wichtigste für die Zukunft und das Wichtigste vor allem für die
Wähler, denen es tatsächlich um Normalität, um Hausverstand und um eine Politik der Mitte geht, ist ja Folgendes:

Die Österreichische Volkspartei hat jetzt, mit aktuellem Stand,
37 Prozent Zustimmung. Das ist ein Relikt aus der Ära Kurz, falls Sie den Herrn noch kennen – 37 Prozent. Mit diesen 37 Prozent sind Sie nicht stark
genug und nicht in der Lage, die Giftgrünen mit ihren mickrigen 14 Prozent zu bändigen und unter Kontrolle zu bekommen – Sie sind nicht dazu in
der Lage!

Jetzt weiß jeder, dass Sie bei der nächsten Wahl nicht einmal mehr ansatzweise in die Nähe dieser 37 Prozent kommen werden. Das heißt, Sie brauchen


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einen Koalitionspartner oder möglicherweise sogar zwei. Deswegen basteln Sie ja schon mit diesem roten Sektor im Hintergrund ganz eifrig herum.
Die Roten sind ja nur so unvorsichtig und haben so eine Freude damit, dass mit ihnen gesprochen wird, dass sie es schon überall laut herumerzählen,
wer von ihnen was wird. (Ruf bei der SPÖ: Ehrlich? – Abg. Michael Hammer: Die Sorgen brauchst dir du nicht machen!)

Das ist ja Ihre Wunschkoalition, diese Schlafwagenkoalition. Wenn es
nicht reicht, dann kommen die Rosaroten dazu oder vielleicht auch wieder die Grünen, wie wir seit der letzten Kabinenparty wissen. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle zusammen sind aber lauter Parteien, die im Übrigen für diesen Renaturierungswahnsinn sind – nur, damit wir wissen, wie wichtig Ihnen die Abschaffung dieses Irrsinns ist. (Abg. Holzleitner: Ich frag mich, wo Sie
künftig klettern gehen werden! Das ist dann blöd zum Bergsteigen, wenn wir keine Natur mehr haben!)
Da packeln Sie mit denen, die diesen Irrsinn
unterstützen.

Das ist ja eigentlich unglaublich, weil diese ÖVP-Wunschkoalition dann Kräfte­verhältnisse bringen wird – und das ist für die Leute zu Hause so wichtig,
zu wissen –, die nicht mehr 37 : 14 sein werden. Da kann es Ihnen
passieren, dass Sie dann in einer Regierung eine linke Mehrheit gegen sich haben – all das nur dafür, dass Herr Kogler dann sozusagen vielleicht
noch einmal Vizekanzler wird, und all das dafür, dass Herr Nehammer weiterhin Kanzler spielen kann. Mehr ist es ja nicht, er spielt ja nur Kanzler, er
bewegt ja nichts, er tut ja nichts, er kann ja nicht einmal diesen Wahnsinn ver­hindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wollen das Land in den Abgrund führen. (Abg. Voglauer: Ihre Glanzzeit
ist vorbei! – Abg. Lukas Hammer: Das ist so langweilig!)
Das können Sie
der berühmten Jetti-Tant’ erzählen, dass sich derselbe Schwächling, der jetzt Bundeskanzler ist und 37 Prozent hat, dann durchsetzen wird, wenn er
eine andere Mehrheit gegen sich hat – ja nie und nimmer!


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Deshalb, liebe Österreicher: Kommt Nehammer als Kanzler, kommen ÖVP und SPÖ und noch irgendetwas dazu! Wenn das kommt, dann kommen neue Steuerbelastungen, dann bleibt diese Renaturierung, dann kommt eine windel­weiche Asylpolitik, dann kommen weiterhin dieser Genderwahnsinn und
der Regenbogenkult. (Abg. Michael Hammer: Und der ORF und die
Ukraine! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte! Ich bitte Sie, zum Schluss­satz zu kommen.


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Dann kommt am Ende für den Bauernbund auch noch die Ukraine zur Europäischen Union, und dann sind die Bauern endgültig erledigt. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des
Abg. Wurm. – Abg. Michael Hammer: Schwache Rede, sehr schwache Rede!)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stras­ser. – Bitte.


15.51.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte
Frau Ministerin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich darf eine Gruppe aus den Bezirken Scheibbs und Melk recht herzlich begrüßen. Es ist eine große Ehre für
uns, dass eine so große Zahl an Gästen auch heute wieder zu Gast im österrei­chischen Parlament ist. – Herzlich willkommen!
(Beifall bei ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Herr Kollege Kickl ist ein spannender Typ: Gestern in der Früh kurz
Guten Morgen sagen und ein Red Bull trinken (Abg. Kickl: Extra für Sie!), dann abwesend sein, um 15 Uhr heute wieder einchecken (Abg. Michael
Hammer: Als Miststreuer kommen!)
und als Herr Kickl eine große Rede halten. (Abg. Kickl: Wo ist eurer eigentlich? Wo ist der Wöginger? – Abg. Wurm:
Das war eine große Rede!)
Für eineinhalb Tage Vorbereitungszeit war der Inhalt


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dieser Rede reichlich mäßig, aber: Herzlich willkommen im österreichi­schen Parlament! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Wo ist der Wöginger? – Abg. Michael Hammer: Der hört sich deinen Blödsinn nicht an!)

Ich darf ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern – die FPÖ, die gegen
das System geht, ist ja leiwand –: Wir waren in einer durchaus interessanten Koalition und immer, wenn es dann über irgendwelche Institutionen,
die dem System angehören – Sozialversicherungen oder die AMA –, etwas zu verhandeln gegeben hat, was hat euch da interessiert? – Posten! Diese
wollt ihr haben und keine inhaltliche Diskussion! Ihr wollt einfach nur die Posten haben! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Michael Hammer: Pfosten haben
sie ja genug für die Posten! – Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Kassegger.)

Aber alles der Reihe nach: Geschätzte Frau Bundesministerin, ich habe
Ihrer Anfragebeantwortung, Ihren Ausführungen interessiert zugehört, und es war nichts Neues dabei. (Abg. Hafenecker: Eure Koalitionspartnerin!) Ich
habe jetzt die Möglichkeit, meinen Standpunkt zu bringen, und Sie werden auch nicht viel Neues hören. (Abg. Leichtfried: Ja, dann lasst es einfach! –
Abg. Wurm: Dann sag nichts, bitte! Erspar uns das Theater! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)
Klären werden das letztendlich Gerichte, ob Sie einen Rechtsbruch begangen haben oder nicht (Beifall bei der ÖVP),
und ich bin überzeugt davon, dass Sie einen Rechtsbruch begangen haben.

Ich bin überzeugt davon, dass der Dialog zu spät kommt. Bürgermeister Ludwig aus Wien hat ja zu diesem Gesetz gesagt: Ja, wir können es uns schon
vorstellen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt sind und wenn geklärt ist, wer das zahlt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker
und Linder.)
 – Diese Themen hätten im Zuge eines Dialoges vor dem Beschluss geklärt gehört, und das ist verabsäumt worden. Darum finde ich es von
der Vorgangsweise her inakzeptabel. Dass man diese Themen sozusagen auch mit privaten Gutachten in der öffentlichen Diskussion voranbringen will
und nicht dem Verfassungsdienst der österreichischen Bundesregierung Glauben schenkt, das ist schon ein Beweis dafür, dass man sich sozusagen sehr auf


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der roten Linie beziehungsweise außerhalb der roten Linie bewegt. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Sie einen Rechtsbruch begangen haben,
aber das sollen andere Institutionen entscheiden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Hauts sie ausse!)

Unser Weg schaut anders aus. (Abg. Hafenecker: Na, das glaub ich auch!)
Ich habe gestern über Agrarforschung referieren dürfen – das hat die Blauen nicht interessiert –: Man forscht, man macht Programme – aufbauend –,
man baut Anreizsysteme und hat dann, 30 Jahre nach dem EU-Beitritt, eine Bioquote von 25 bis 30 Prozent, eine Teilnahmequote am Österreichi­schen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft von über 80 Prozent. Das ist unser Weg und das ist ein Erfolgsrezept. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein Rezept dafür, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher auch in Zukunft auf die Bäuerinnen und Bauern im Sinne der Rohstoff-,
Lebensmittel- und Energieproduktion verlassen können und dass wir in einem der schönsten Länder der Welt mit sauberer Luft und mit sauberem
Wasser leben dürfen. – Herzlichen Dank an alle, die auf dem Weg mitgewirkt haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zur SPÖ, weil ich schon gespannt bin, wie die SPÖ heute die
Diskussion anlegt, weil es da immer sozusagen eine große Meinungsvielfalt gibt: Heute werden wir wahrscheinlich wieder vom Klimaschutz und von der Biodiversität hören. Dann, in einer oder in zwei Stunden, werden wir darüber reden, dass die SPÖ dem Grüngasgesetz nicht zustimmt. Und Ludwig hat gesagt: Ja, wo ist die Finanzierung und wo ist die Rechtssicherheit? (Zwischenruf
des Abg. Leichtfried.)

Dornauer und Doskozil haben unsere Kritik verstanden, die stellen die Fragen: Wer zahlt es? Haben wir eine rechtliche Sicherheit? Wie schauen die Maßnahmen aus? – Da bin ich wieder beim Dialog, der meiner Meinung nach vor diesem Gesetzesbeschluss und nicht erst zeitversetzt nachher hätte erfolgen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Aber jetzt zur FPÖ: Noch einmal, die FPÖ ist zweifellos im Wahlkampf, ja, und man entdeckt wieder die Bauernrettergene beziehungsweise man ent­deckt die Bäuerinnen und Bauern und man geht auf Stimmenfang. Da frage ich Sie schon: Wo war denn die FPÖ, als wir über den Vollspaltenboden
geredet haben? – Sie war nicht da. Bei den Kälberiglus? – Sie war nicht da. Beim Pflanzenschutz? – Sie war nicht da. Bei den Stalleinbrüchen: Da hat
Kollege Schmiedlechner sogar gesagt: Na, Stalleinbrüche, und die NGOs machen eine super Arbeit! – Da seid ihr dafür! Oder: Wir haben die Tiertransporte
und wir haben auch das Biogasgesetz. Darüber werden wir dann in zwei Stunden wieder reden. (Abg. Kickl: Das tut euch weh, dass die Bauern jetzt zu uns
kommen!)
Dann, wenn es um die Interessen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern geht, und dort, wo die Themen in der öffentlichen Meinung ein
wenig eng sind, fehlt dann die FPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich schlage einfach nur vor: in Europa ein bisschen weniger Austern schlürfen, ein bisschen weniger Sekt trinken und endlich etwas hackeln, Kollege
Vilimsky! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wurm: Ah geh! Genierts euch!)

In Österreich schlage ich euch vor, dann, wenn so etwas wie der Stalleinbruch ins Strafgesetzbuch zu bringen ist, mitzustimmen und nicht die Bauern
zu verraten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Fang du heut einmal an! Zeigts ein­mal, dass ihr einmal Mumm habts!)

Somit sind wir beim Misstrauensantrag, den wir ablehnen werden.
Warum? (Abg. Schmiedlechner: Feiglinge! Feiglinge! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Weil Kickl und die
FPÖ auf das Chaos setzen, um letztendlich in den chaotischen - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! Schreien Sie nicht immer heraus! Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Hören Sie zuerst zu, dann können Sie
sich hier wieder melden. Sie haben ja noch genügend - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man hat ja Ihren Rednern auch zugehört. Es wird ja nicht
so schwer sein, dass Sie das einmal beherzigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)



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Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (fortsetzend): Das Ziel der
Kickl-FPÖ ist das Spiel der freien Kräfte, um im Chaos des Parlaments auf Stimmenfang zu gehen. Das ist die Wahrheit. Das ist die nackte
Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Letztendlich – und ich war in den letzten elf Jahren zweimal dabei – war das Spiel der freien Kräfte im österreichischen Parlament immer noch zum
Schaden für diese Republik. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Das werden wir uns dieses Mal ersparen, Kollege Kickl! – Danke für die Diskussion.
Es ist gut, dass wir heute die Karten auf den Tisch legen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete
Herr. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.


15.59.23

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ja, ich glaube, ich werde zu diesem freien Spiel der Absurditäten
hier jetzt gar nicht allzu viele Worte verlieren. (Abg. Höfinger: Das
habts eh daheim!)

Ich werde darüber reden, worum es geht: um Renaturierung. (Abg. Höfinger: Doskozil-Meinung oder Ludwig-Meinung?) Da geht es darum, dass man der Natur ihren Wert gibt, dass man der Natur ihren Raum gibt, dass man dort, wo
über die letzten hundert Jahre Natur verbaut worden ist, das wieder rückgängig macht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da geht es also um unsere Wiesen, um unsere Wälder, um unsere Flüsse (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), um unsere Bäche, und die gilt es, zu schützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Um das
geht es! (Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen. Neuerlicher Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Dazu kommen wir gleich. (Abg. Kickl: Am wenigs­ten Umweltschutz hat es bei den Kommunisten gegeben!)


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Und es ist nämlich schon absurd, dass die Parteien, die sich immer überall ganz groß Heimat draufschreiben, FPÖ und ÖVP, diese in Wirklichkeit jetzt
nicht schützen wollen. Das ist doch eigentlich sehr offenbarend (Abg. Steinacker: Also bitte!), diese Diskussion hier ist sehr entlarvend. – Herr Kickl, Sie gehen
ja so gerne wandern. Wo wollen Sie denn wandern gehen, wenn wir die österrei­chischen Berglandschaften nicht schützen? Das ist doch notwendig.
(Beifall bei SPÖ und Grünen. Abg. Kickl: Da braucht man die SPÖ nicht dafür!)

Wer die Natur schützt, der schützt auch die Bevölkerung, zum Beispiel
vor Starkwetterereignissen. Wenn wir klimafitte Wälder haben, dann bedeutet das, dass nicht bei jedem Starkregen sofort eine Mure abgeht. Wenn wir
Bäche renaturieren, bedeutet das, dass die mehr Wasser halten können und dass wir in diesem Land auch nicht so viel Hochwasser haben. (Abg. Steinacker:
Genau umgekehrt ist es! ...!)
Wir haben vor wenigen Wochen erst
tragische Schicksale erlebt, wenn wir aber Flussbeete renaturieren (Abg. Loacker: Flussbetten sind das ...!), dann halten die mehr Wasser. (Abg. Berlakovich:
Genau umgekehrt ...!)
Es ist absolut zynisch, auf der einen Seite zu den Opfern der Hochwasser zu sagen: Ja, es tut uns leid!, und sich auf der anderen Seite
gegen Renaturierung einzusetzen. Das geht nicht zusammen! Das geht nicht zusammen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Steinacker: Super! Eine nicht
regulierte Donau – Wien ist überflutet! Das gibt’s nicht!
 – Weitere Zwischenrufe
bei der ÖVP.)

Und Sie sagen, was ich da vernommen habe – denn es ist ein bisschen
chaotisch, da schreien irgendwie gerade zehn Personen gleichzeitig heraus, aber Sie haben rausgeschrien –: Wien. Wien habe ich gehört. – Ja, da ist das
gang und gäbe. Ich nenne nur ein Beispiel, den Liesingbach. Der
führt mit 18,4 Kilometern durch die Stadt. Die erste Hälfte wurde schon renaturiert, bei der zweiten Hälfte passiert es gerade, und es ist
ein Erfolgsprojekt. (Abg. Kickl: Genau! Und zuerst haben ihn die Sozialisten ein­betoniert!) Der Liesingbach kann jetzt viel mehr Wasser halten. Sogar
wenn ein Jahrhunderthochwasser kommt, kann das der Liesingbach halten und


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schützt so die Wiener Bevölkerung. Das ist doch großartig. (Beifall bei
der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das ist doch großartig. Ich kann jetzt gar nicht auf alles eingehen.

Der alte Verschiebebahnhof in Breitenlee beispielsweise: Da geht es
um ein 90 Hektar großes Areal in Wien, das jetzt zum Natura-2000-Gebiet gemacht wird. Das ist Klimaschutz, tagtäglich, so wie er funktionieren
muss. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Voglauer.) Erst durch die klare Positionierung der Stadt Wien, der Wiener Stadtregierung, war es über­haupt möglich, dass Österreich auf EU-Ebene hat zustimmen kön­nen (Abg. Hafenecker: Ich bin ja schon gespannt auf die Seestadt Aspern!), dass wir eben auch mehr Naturschutz umsetzen können (Abg. Belakowitsch:
Na, das muss so nicht sein, Frau Kollegin!),
und wir sind froh, dass das gelungen ist.

Punkto Klimaschutz wäre es aber schön, wenn das auch bei anderen
Themen auf EU-Ebene funktionieren würde, dass Österreich seine Hausaufga­ben macht. (Abg. Sieber: Das ist ja unglaublich!) Wir sind aufgrund dieses Hickhacks, das da stattfindet - - Oder ich frage einmal anders: Was ist denn das einzige Land in der EU, das es nicht geschafft hat, einen Klimaplan vorzu­legen? (Abg. Leichtfried: Ist das Österreich?) – „Ist das Österreich?“ Ja, Jörg, das ist Österreich! Österreich ist das einzige Land in der gesamten EU, das es
nicht geschafft hat, die Frist einzuhalten. (Abg. Leichtfried: Ein Wahnsinn! Abg. Strasser: Und heute gegen das Grüngasgesetz stimmen! Jammern, und gegen
das Grüngasgesetz stimmen?)
Wissen Sie, was droht? – Milliarden an Strafzahlun­gen, wenn wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Milliarden Euro, mit
denen Sie da spielen, weil Sie unfähig sind, sich zu einigen, was den Klimaschutz betrifft. Das ist absurd! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strasser: Maßnahmen zustimmen! Maßnahmen zustimmen!)

Österreich ist im Übrigen das einzige Land – Jörg, du weißt das –, das keine na­tionalen Klimaziele definiert hat – das einzige Land in der gesamten EU!
Auch das, bitte schön, können wir uns nicht leisten, das ist unverantwortlich.


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Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, was wir als SPÖ vorhaben.
Wir müssen Klimaschutz auch endlich bei den Arbeitsplätzen gemeinsam den­ken. Klimaschutz und Industrie, Klimaschutz und Wirtschaft: Wir müssen
das gemeinsam vernetzen! Es ist nämlich so, dass die Erderhitzung erfolgt. (Ruf bei der ÖVP: Bitte, was tun wir denn die ganze Zeit?!) Da kann die FPÖ noch
so lange sagen: Nein, nein, das passiert nicht, wir sehen das nicht!,
es wird einfach passieren, und es ist derzeit so. Wir sehen, das sich ganz viele Unternehmen darauf einstellen. Da passieren gerade Technologie­sprünge, da werden neue Produkte auf den Markt gebracht. Es passiert
einfach schon.

Und die Frage, die wir uns jetzt stellen können, ist (Zwischenruf der Abg. Stein­acker): Wollen wir, dass die Jobs der Zukunft alle in China sind, oder
wollen wir, dass die in Österreich sind? Wir sagen, diese Jobs sollen in Öster­reich sein. (Beifall bei der SPÖ.) Wir sagen mehr Made in Europe und
nicht importiert aus China. Das muss passieren!

Deswegen haben wir einen Plan vorgelegt, einen 20 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds, mit dem wir die heimische Industrie und Wirt­schaft unterstützen wollen, hier im Land, um klimaneutral produzieren zu kön­nen, um Tausende gut bezahlte Arbeitsplätze auch halten zu können.
(Abg. Loacker: ... Jobs ... bei den bösen Konzernen! – Ruf: Ja natürlich sind sie bei den bösen Konzernen!) Das ist Klimaschutz, wie wir ihn ganz dringend brauchen:
Mehr Made in Europe und nicht importiert aus China! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau
Sigrid Maurer. – Bitte.


16.04.39

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


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Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Wir erleben hier eine Dringliche Anfrage, bei der wir wenig Neues erfahren. Oh Wunder,
oh Wunder, dass sich die FPÖ nicht um Klima- und Umweltschutz schert! Das ist uns leider schon lange bekannt. Ob sie kein Interesse am Klimaschutz
hat, weil sie ganz grundsätzlich den Klimawandel leugnet, oder deshalb, weil sie ganz allgemein – und das erleben wir leider tagtäglich hier herinnen –
kein Interesse an seriöser inhaltlicher Arbeit hat, ist nicht ganz klar – aber dann natürlich einer Klimaschutzministerin das Misstrauen aussprechen,
weil sie genau das tut: ihren Job erledigen. (Abg. Steinacker: Rechtswidrig! Rechts­widrig!) Nichts anderes macht Leonore Gewessler. Sie macht ihren Job
und sie schützt das Klima. (Beifall bei den Grünen.)

Und die Bilanz von Leonore Gewessler und dieser Bundesregierung beweist, sie ist die erste – die erste! – Klima- und Umweltschutzministerin unserer
Republik, die diesem Titel überhaupt gerecht wird. (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Steinacker und Reifenberger.) Gerade deswe­gen will ihr die FPÖ das Misstrauen aussprechen: weil Ihnen und Ihrer Gefolg­schaft, Herr Kickl, der Klimaschutz ein Dorn im Auge ist. (Abg. Kassegger:
Das stimmt ja gar nicht!)
Die FPÖ will nämlich ganz etwas anderes: Die FPÖ will nicht nur, dass Österreich abhängig von Putin bleibt, sondern die FPÖ
will, dass die Abhängigkeit von Putin auch noch weiter ausgebaut wird. (Abg. Reifenberger: So ein Blödsinn!) Die Freiheitliche Partei will Österreich
in eine fossile Vorvergangenheit zurückbringen (Abg. Kickl: Ich glaube, der Van der Bellen kennt die Russen besser als wir!), zu einem Zeitpunkt, als Klima- und Umweltschutz noch nicht einmal in unserem Sprachgebrauch waren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die FPÖ führt uns sehenden Auges in eine Klimakatastrophe und dabei
operiert sie völlig schamlos mit Unwahrheiten und irreführenden Behauptungen. (Abg. Kassegger: So wie Sie gerade, Frau Kollegin! Der Psychologe nennt
sowas Projektion! 
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie schüren Ängste und


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stellen irgendwelche absolut haltlosen Behauptungen auf, wie beispiels­weise jetzt zur Renaturierungsverordnung. Was ist denn richtig? Das Argument der Enteignung ist ein einziges Märchen – ein einziges Märchen!
(Beifall bei den Grünen. Abg. Belakowitsch: Na geh!)

Es gibt in dieser Renaturierungsverordnung keine Vorgaben zur Enteignung. In vielen Fällen ist sogar die aktive Bewirtschaftung des Landes notwendig,
damit die Renaturierung überhaupt funktioniert. Und auch für die Nahrungsmit­telproduktion ist eine intakte Natur unverzichtbar. (Abg. Hofer bewegt
beide Arme in Richtung ÖVP.)
 – Ja, Herr Hofer, ich verstehe (beide Arme in Rich­tung ÖVP bewegend), Sie waren früher Umweltsprecher, ich verstehe,
Sie wollen jetzt da die Verantwortung ein bisschen an die Kollegen verweisen. (Abg. Kickl: Aber sehr überzeugend können Sie nicht sein, sonst hätten die
da ja zugestimmt mit Hurra und Begeisterung!)
Ja, das ist Umweltschutz. Ich ver­stehe, dass es Ihnen ein bisschen unangenehm ist, Herr Präsident, weil
Sie ja einmal ein bisschen engagierter in diesem Bereich waren. Es ist jetzt mit dieser Freiheitlichen Partei natürlich ein bisschen peinlich.

Aber auch für die Nahrungsmittelproduktion ist eine intakte Natur unverzichtbar, und das tatsächliche Risiko für die Ernährungssicherheit in Österreich ist natürlich der ungezügelte Flächenfraß. Regelmäßig
werden nämlich fruchtbare Äcker für neue Verbauungen zerstört. Und wofür? – Für Straßenbau! Das ist nämlich der Fall, bei dem Landwirtinnen und
Landwirte enteignet werden, und ganz sicher nicht wegen der Renaturierungs­verordnung. (Abg. Hafenecker: Das heißt Infrastruktur! Infrastruktur!) Die Freiheitliche Partei hat überhaupt kein Interesse an Klima- und Umweltschutz. Alles, was Sie wollen, sind Verunsicherung und Fakenews. (Zwischenruf
der Abg. Steger.)

Tatsache ist, wir Grüne haben tatsächlich ernst gemacht. Ja, es stimmt (Beifall bei den Grünen), wir haben diese Verantwortung, die wir übernommen haben,
ernst genommen. Leonore Gewessler hat ihren Job gemacht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Sie hat sozialen Klima- und Umweltschutz ins Zentrum


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unserer Politik gestellt. Klar ist auch, da sind Dinge angegangen worden, die über Jahre, über Jahrzehnte verabsäumt worden sind und unberührt geblieben
sind – Probleme, vor denen sich andere Regierungen jahrelang gedrückt haben, auch weil sie ungemütlich sind. Klar ist auch, wer anpackt, wer es mit
einer ökologischen und sozialen Transformation ernst meint, der oder die macht sich natürlich nicht nur Freunde, im Gegenteil: Einen Beliebtheitswettbe­werb wird man dadurch manchmal nicht gewinnen.

Es ist natürlich schon auch typisch für Sie, Herr Kickl, dass Sie sich so an einer Frau wie Ministerin Gewessler abarbeiten (Abg. Kickl – erheitert –: Na,
die habt aber schon ihr ausgesucht!),
an einer sehr erfolgreichen, sehr starken Frau, die standhaft ist, hartnäckig und unbeirrbar ihren Weg geht (Ruf
bei der FPÖ: Das ist Sexismus! 
Abg. Steinacker: Und rechtswidrig wahrscheinlich!), damit kann die Freiheitliche Partei natürlich schlecht umgehen. Dass die Freiheitlichen ein Problem mit starken Frauen haben, können wir regelmäßig in den sozialen Medien beobachten (Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Reifenberger), wenn man sich die Kom­mentare anschaut.

Herr Kickl, wenn ich mir jetzt Ihre Reden, auch heute wieder, anhöre,
wie sehr Sie sich mit dem Thema Männlichkeit beschäftigen (Heiterkeit des Abg. Kickl), das scheint ein großes Thema zu sein, ich weiß nicht, ein Thema,
das Sie offenbar ständig verfolgt. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ich würde aber vorschlagen, dass Sie das eher in einer Therapie aufarbeiten (Abg. Bela­kowitsch: Ja geht’s Ihnen eigentlich noch?! – Widerspruch bei der
FPÖ 
Abg. Taschner: Sie sind aber keine Therapeutin! Abg. Michael Hammer: In Therapie ist er eh schon, in Behandlung soll er halt!) als hier am Redner:in­nenpult. Das hier ist der falsche Platz.

Das wichtigste Naturschutzgesetz des Kontinents wird Realität dank des mu­tigen Vorgehens und der entschlossenen Stimme von Leonore Gewess­ler, nicht nur für Österreich, sondern für den gesamten Kontinent. (Beifall bei den Grünen.)


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Das ist ein Sieg für die Natur und die kommenden Generationen, denn
die Natur in unserem Land ist unter Druck, dabei haben wir eine so wunder­schöne Heimat (Abg. Kassegger: Nur müssen wir sie vor den Grünen schützen!), vom Hochgebirge in den Alpen bis zum Steppensee im Burgenland, von den
alten Buchenwäldern in Oberösterreich (Ruf bei der ÖVP: Bis zur Parndorfer Plat­te!) bis hin zu den Hochmooren in Tirol. Es ist diese große Vielfalt, die
Österreich so besonders macht, und diese Schönheit dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.

Herr Kickl, es sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Wer seine Heimat
liebt, der schützt sie! (Abg. Belakowitsch: Vor den Grünen!) Wer seine Natur liebt, der schützt sie! – Das machen Sie ganz sicher nicht. (Beifall bei den
Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Wer seine Heimat liebt, wählt nicht Grüne! – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Auch die Märchen, die Frau Fürst hier verbreitet, was die Zustimmung
in der Bevölkerung betrifft, möchte ich gerne korrigieren: Über 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung unterstützen das Renaturierungsge­setz – über 80 Prozent. (Abg. Kassegger: Das sagen euch eure Wissenschaftler!)

Leonore Gewessler ist die erste Klima- und Umweltschutzministerin
unserer Republik, die diesem Namen gerecht wird. (Abg. Steinacker: Also das ist auch eine Behauptung! Marilies Flemming war eine super Umweltministerin!
Die hat damals die Umwelt weit nach vorne gebracht! Man vergisst
immer die Geschichte!)
Das ist auch deswegen so wichtig, weil wir keine Zeit mehr verlieren dürfen. Wir können uns nicht mit Fakenews aufhalten und dürfen nicht zusehen, wie Teile der Bevölkerung in die Irre geführt werden.
(Abg. Steinacker: ... Geschichte! Marilies Flemming war eine super Umweltministerin!)

Nur, wer wie die Freiheitliche Partei die Klimakrise leugnet, kann die
Eignung einer international anerkannten Klimaschutzministerin wie Leonore Gewessler infrage stellen.


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Ich möchte mich an dieser Stelle auch sehr herzlich bei dir bedanken,
liebe Leonore. Die nächsten Generationen werden es mir gleichtun. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordne­ter Bernhard. – Bitte.


16.11.30

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Bei all den Dingen, die jetzt hier gesagt worden sind, weiß ich
gar nicht, wo ich anfangen soll. (Ruf bei der ÖVP: Von vorne am besten!) Ich würde gerne gleich zu Beginn ein paar Punkte aufklären, denn wenn man
jetzt bei der Debatte zuhört, könnte man leicht auf falsche Annahmen kommen.

Das Erste ist einmal die Frage: Was ist denn diese Renaturierungsverord­nung? – Sie ist in Wirklichkeit, alle Umweltpolitikerinnen und -politiker wissen das, nicht das wichtigste Naturschutzgesetz der letzten oder der
nächsten Jahrzehnte. Es gibt wahnsinnig viele wesentlich strengere Umwelt­richtlinien und -verordnungen, die aus Brüssel gekommen sind, als
das, was wir heute als Renaturierungsverordnung kennen. (Abg. Steinacker: Aber die Österreich sogar vor ... gehabt hat! Unser Naturschutzgesetz gibt es schon
viel länger!)

Woran erkennen wir das? – Es ist in Wirklichkeit so, dass die Republik zwar eine Verpflichtung eingeht, dass sie aber nach innen an sich garantiert, dass sie
es nicht mit Zwang durchsetzt.

In dieser Verordnung – es sind 18 Seiten – ist ganz klar: Wenn es um Versorgungssicherheit geht, ist das ausgenommen. Jemand, der Privateigentum hat, jeder Landwirt, jede Landwirtin, der beziehungsweise die nicht freiwil­lig mitmacht, ist ausgenommen. Wenn es um erneuerbare Energie geht, ist das ausgenommen. Wenn die Republik den Plan ändern will und gute Gründe


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dafür hat, kann sie einen neuen Plan hinschicken und kann da wiederum ein paar Prozente runterholen.

All das, was Sie jetzt hier gehört haben, im Sinne von: Es ist der Tod der Landwirtschaft, es ist quasi ein Zwangsdiktat aus Brüssel!, das ist reine Fiktion, das ist Sand, den man Ihnen in die Augen wirft, und das hat nichts, nicht
einen Millimeter mit der Realität zu tun. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Das kann nur einer sagen, der kein Praktiker ist, der kein landwirtschaftlicher Praktiker ist!)

Der Unterschied zwischen dem Hinterbänkler der ÖVP und dem Hinterbänkler der NEOS ist, der von den NEOS hat die Verordnung gelesen und weiß,
wovon er redet (Beifall bei den NEOS – Ah-Rufe bei der ÖVP – Abg. Steinacker: Zum Gesetzestext: ja, aber zum Inhalt: nein! Es ist ja wohl ein Unterschied,
es zu verstehen oder zu lesen! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP)
 – inhaltlich.

Was Sie aber auf der politischen Bühne gesehen haben – Sie hören,
wie der Bauernbund jetzt langsam lauter wird –, war tatsächlich ein Armuts­zeugnis, und das von beiden Seiten:

Wir haben zuerst gesehen, dass die ÖVP Briefe nach Brüssel schickt,
man solle Ministerin Gewessler nicht ernst nehmen, die Abstimmung nicht berücksichtigen (Abg. Steinacker: So war der Brief sicher nicht verfasst!),
es gilt nicht, was sie dort macht.

Einen Tag später haben dann die Grünen ein Brieferl nach Brüssel geschickt und haben gesagt: eine kompetente Ministerin, das, was sie abstimmen wird,
zählt. – Es ist eine Peinlichkeit für die Republik. (Beifall bei den NEOS.)

Vorrednerin Herr hat das auch schon erwähnt: Wir sind in der Umwelt- und Kli­mapolitik oft der einzige Unionsstaat, der es nicht schafft, Pläne abzugeben,
der um Fristverlängerung bittet, der es im Inland dann eh nicht zustande bringt, weil man sich blockiert. Aber nicht nur, dass wir es im Inland nicht mehr schaffen, jetzt machen wir es auf der europäischen Bühne genauso. Wir zeigen


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die volle Inkompetenz dieser Bundesregierung und der Imageschaden ist
enorm. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weil jetzt die Freiheitlichen da auch auftauchen: Das, was Sie hier an Show ab­liefern, hat null Substanz. Ich habe mir die komplette Kritik angehört und
muss sagen: Weder die Rednerin Fürst noch Herr Kickl hat einen inhaltlichen Punkt gehabt, der die heutige Dringliche Anfrage begründet hätte.

Sie mögen die Grünen nicht, gut, Sie haben sie dann Giftgrüne genannt –
mag so sein –, aber das allein? (Abg. Kickl: Grün ist ja gut, aber ... ist schlecht!) Jetzt ganz ehrlich: Sie sind gegen alles. Aber wir sind in der Situation, dass die Bundesregierung nicht liefert. Gut, das haben wir jetzt viereinhalb Jahre lang ge­sehen. Sie als größte oder bald vielleicht größte Fraktion in unserem Land
(Abg. Herr: Nein, nein, nein!) zeigen heute aber nur eines: Sie bringen keine einzige Lösung – nicht eine. Sie stacheln auf. Sie liefern Unwahrheiten. Sie bringen keinen Beitrag zur Lösung der wirklichen Probleme.

Ich sage gerade, es ist nicht das wichtigste Umweltschutzgesetz,
nicht das wichtigste Naturschutzgesetz in unserem Land, wo wir nämlich wirklich Probleme haben und wo wir auch Ihre Beiträge bräuchten, nämlich wenn
sie konstruktiv wären, wäre in den Fragen: Wie senken wir denn die Steuer- und Abgabenquote? Wie senken wir denn die Lohnnebenkosten? Wie refor­mieren wir denn unser Bildungssystem? Wie stellen wir denn das Gesundheits­system auf neue Beine? Wie wird in Zukunft die Pflege finanziert?
Wie gehen wir mit dem Föderalismus um? Zu all diesen Dingen kommt von der Freiheitlichen Partei nichts. (Beifall bei den NEOS.)

Sie reden lieber von Giftgrünen, Sie reden von Verordnungen.
(Abg. Kickl: ... nicht alles gelesen, wie Sie behaupten!)
Sie reden von Verordnungen, die Sie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben (Heiterkeit
bei ÖVP und FPÖ)
, und Sie liefern in diesem Parlament keinen Beitrag. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Er bringt sich auch schon in Position als Anhängsel!)


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Herr Kickl, nicht jeder, der eine inhaltliche Debatte führt, hat gleich die Absicht, sich irgendwo als Anhängsel in Position zu bringen. (Abg. Kickl: Wir kennen
doch die Aufmarschpläne!)
Wir als NEOS haben eine sehr klare Haltung. Wir ha­ben in den letzten Jahren immer bewiesen, dass wir eine inhaltliche
Debatte führen. Wir führen eine solche jetzt auch hier.

Wenn es um die Renaturierungsverordnung geht, gibt es einen klaren Fahrplan, und die Antwort auf die Frage, wer diesen entwirft, ist relativ klar:
Das wird nämlich die nächste Bundesregierung sein und nicht die bestehende.

Es gibt jetzt diese Zusage, es gibt jetzt einen Fahrplan, aber was wir
mit der Renaturierung machen, die Ausgestaltung im Inland liegt jetzt an Österreich. Die Frage, wie wir aus der Situation, die wir jetzt vorfinden, ab dem Herbst eine Chance machen, eine Chance für die Landwirtinnen und
Landwirte, eine Chance natürlich auch für den Naturschutz und für die Gesell­schaft und die Wirtschaft, wie man da auch wirklich nach vorne schauen
kann, das ist etwas, was wir tatsächlich in der nächsten Bundesregierung im Griff haben werden, wer auch immer gewählt und darin vertreten sein wird.

Aus unserer Sicht gibt es nur eines: Wir sollten in den letzten Monaten – denn alle hier herinnen werden ja auch entsprechend bezahlt – dazu beitragen,
das Land nach vorne zu bringen, und keinen Zirkus auf offener Bühne liefern. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Belakowitsch. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.17.27

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Zuseherinnen
und Zuseher! Liebe Bauern in unserem Land! Liebe Bürger und Konsumenten in unserem Land! Worum geht es tatsächlich in dieser Renaturierungsverord-


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nung? Sehr viele schöne Worte kamen vom Vorredner, von den Grünen natür­lich sowieso, denn die müssen Ihnen ja die Mauer machen, Frau Minis­ter, die sind ja dazu verpflichtet, auch die SPÖ – wobei diese schon mit unter­schiedlicher Sprache spricht. Frau Kollegin Herr, glücklicherweise
denken nicht alle in der SPÖ so wie Sie.

Worum geht es tatsächlich? – Natürlich geht es darum, dass wir 20 Prozent unserer Ackerflächen renaturieren, also de facto nicht mehr als Acker­flächen nutzen werden können. Das bedeutet eine De-facto-Enteignung. Es ist nämlich eine Einschränkung der Verfügungsgewalt, die die Bauern über
ihre Felder haben. Nichts anderes als eine De-facto-Enteignung ist das, was da drinnen steht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, Sie haben dazu die Zustimmung gegeben. Frau Kollegin
Herr verteidigt Sie mit der Begründung, weil der Wiener Bürgermeister ein Interview gegeben hat, nur: Das Interview eines Bürgermeisters und Landeshauptmanns ist nicht rechtsbindend, denn es gab hier keine einheitliche Stellungnahme der Länder. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist nun einmal
so gewesen, Punkt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steinacker: Keine geänderte!) – Entschuldigung, keine einheitliche Stellungnahme, dass die Frau Minis­ter zustimmen kann. (Abg. Steinacker: Das glaube ich auch!) Es gab sehr wohl eine einheitliche Stellungnahme der Länder, nämlich dass sie nicht zustimmen
darf.

Zuletzt, im April 2024, wurde die Frau Minister von den Landeshauptleuten da­rauf hingewiesen; im April 2024 wurde sie darauf hingewiesen. Dass der
Wiener Bürgermeister irgendwann lustig geworden ist, das mag so sein, das hat aber keine Rechtsverbindlichkeit. So war das. (Abg. Steinacker: Aber
die 15a-Vereinbarung mit den Ländern nämlich schon!)

Aber jetzt komme ich schon zu Ihnen, weil Sie sich ja so eifrig an der ganzen De­batte beteiligen, Frau Kollegin Steinacker: Jetzt kommt die ÖVP ins Spiel.
Es ist ja nicht so, dass Frau Minister Gewessler nicht angekündigt hätte, dass sie


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dem zustimmen wird. Sie hat es nicht 24 Stunden vorher angekündigt, sondern schon Tage davor.

Ich möchte daran erinnern: Wir hatten hier herinnen eine Plenarsitzung mit einer Fragestunde an unseren Landwirtschaftsminister Totschnig. Den habe ich gefragt, ob es bereits Vorbereitungen gibt, Frau Gewessler zu entlassen, wenn sie tatsächlich weiterhin dabei bleibt, da zuzustimmen. Wissen Sie, was er geantwortet hat? Herr Minister Totschnig hat gesagt: Ach, ich gehe schon davon aus, es wird schon alles passen! – Das war die Antwort von Herrn Minister Totschnig, das hat nicht einmal 1 Minute gedauert.

Allen war klar: Diese Österreichische Volkspartei mit dem größten Feigling, den wir in dieser Republik haben, an der Spitze (Abg. Lukas Hammer: Hallo?! „Feigling“?), den Sie zum Kanzler gemacht haben, der zu feige ist, sich hinzu­stellen und im Sinne der Bevölkerung zu handeln, das ist das Problem
gewesen! (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser feige Bundeskanzler hat den Kopf in den Sand gesteckt, hat gemeint, es wird vielleicht gut gehen oder vielleicht auch nicht, wir wissen es nicht
ganz genau. Jedenfalls ist es dann passiert: Die Ministerin hat sich sozusagen in einer Pressekonferenz erklärt, damit in Brüssel noch schnell hat umgear­beitet werden können, damit man noch die Tagesordnung hat verändern kön­nen. Das war nämlich gar nicht auf der Tagesordnung, aber die Frau Bun­desminister hat ja Gott sei Dank eine Pressekonferenz gemacht.

Und was ist dann passiert? – Dann hat der Herr Bundeskanzler gesagt, er wird eine Erklärung abgeben. Ganz Österreich hat mehr als eine Stunde lang
auf diese Erklärung warten müssen, und das Erste, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat, war, er komme gerade aus einer Sitzung des Rates, in der
die EVP freudig beschlossen habe, Ursula von der Leyen wieder zur Präsidentin zu wählen. Das war die Reaktion Ihres Bundeskanzlers. Diese Ursula von
der Leyen, die ja verantwortlich ist für diesen Kommunisten-Green-Deal (Abg. Lukas Hammer: „Kommunisten-Green-Deal“?! Ist das jetzt ein roter Deal


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oder ein ...?) – das ist doch die Wahrheit –, ist wiedergewählt worden, und Ihr Bundeskanzler hat nichts gemacht.

Dann hat er gesagt, das ist ein Verfassungsbruch. Ein Verfassungsbruch!
Und was hat er gemacht? – Strafanzeige gegen die Frau Minister. Also ist die Frau Minister in den Augen der Österreichischen Volkspartei, in den
Augen des Bundeskanzlers eine Straftäterin, sonst hätte man ja keine Anzeige erstattet. Und Sie lassen es zu, dass eine Straftäterin, jemand, der Verfassungsbruch begeht, jemand, der Amtsmissbrauch begeht (Abg. Voglauer: Ordnungsruf!), meine Damen und Herren der Volkspartei, Sie lassen
es zu, dass so jemand im Amt bleibt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und kommen Sie mir nicht damit: Sonst stürzt das Parlament ins Chaos. Dieses Parlament
ist im Chaos, meine Damen und Herren, viel schlimmer kann es gar nicht mehr werden! (Abg. Voglauer: Hallo?! Jetzt hören Sie einmal auf, Frau Belakowitsch!)

Was glauben Sie denn, was ein koalitionsfreier Raum bedeutet hätte? – Kosten. Es wären möglicherweisen Maßnahmen für die Bevölkerung beschlossen worden. Möglicherweise hätte es Erleichterungen für die Bürgerinnen und die Bürger in diesem Land gegeben. Möglicherweise hätten wir zum ersten
Mal nach fünf Jahren nicht sinnlos Geld für die Ukraine ausgegeben, nicht sinn­los Geld in der EU verbrannt, sondern vielleicht hätten wir im koalitions­freien Raum für unsere eigenen Steuerzahler etwas Erleichterung geschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist die Ausrede, und das, meine Damen und Herren der Volkspartei,
das glaubt Ihnen kein Mensch! Niemand glaubt Ihnen das.

Wenn man jetzt die Anbauflächen verringert, und das geht jetzt speziell auch an die SPÖ, dann führt das zu einer künstlichen Verknappung der Lebensmit­tel und damit zu einer Preissteigerung – und damit zu einer Preis­steigerung! (Abg. Voglauer: Frau Belakowitsch, Sie waren kein einziges Mal im Aus­schuss, Sie haben keine Ahnung!) – Ist schon recht.


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In Kärnten – das ist auch spannend –, in Kärnten sind die Grünen nicht ein­mal im Landtag. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Voglauer: Ja, das werden wir
ändern!)
Das ist ja der Wahnsinn! Die Kärntnerinnen und Kärntner haben Sie aus dem Landtag rausgewählt, sind aber von diesem Gesetz betroffen. Das ist
der Irrsinn und das ist der Wahnsinn, den die Grünen hier mit Unterstützung der Österreichischen Volkspartei verursachen! Sie haben diese Kommunisten
in die Regierung geholt (Rufe bei den Grünen: Hallo! Hallo!), und die Österreiche­rinnen und Österreicher müssen diese kommunistische Sekte und die
Folgen dieser Politik jetzt ausbaden! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zorba: Kein ein­ziger inhaltlicher Punkt! Nur bla, bla, bla! – Abg. Schallmeiner: Wo sind die Argumente, Frau Kollegin?)

Frau Bundesminister, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Der Herr Bundeskanzler und die Frau Verfassungsminister, sie beide haben Sie des Amtsmissbrauchs beschuldigt und Sie gleichzeitig im Amt belassen. Das halten wir
für etwas skurril.

Ich bringe nun folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird gemäß Art. 74 B-VG durch ausdrückliche
Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“

*****


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Unseres haben Sie schon lange verloren. Es wäre jetzt an der Zeit, dass dieser Nationalrat sich dazu entschließt, dieser Ministerin das Vertrauen zu
versagen! (Beifall bei der FPÖ.)

16.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

Gem. § 26 iVm § 55 GOG-NR

des Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Schmiedlechner und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

eingebracht in der 272. Sitzung des Nationalrates am 04.07.2024 im
Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst und weiterer Abgeordneter an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt,
Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend die eigen­mächtige Zustimmung der Bundesministerin Gewessler zum
EU-Renaturierungsgesetz.

Am 19. Juni 2024 hat die Suppan/Spiegl/Zeller Rechtsanwalts OG für die Österreichische Volkspartei von Parteiobmann und Bundeskanzler Karl Nehammer eine Anzeige gegen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt,
Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, eingebracht.

Die Zustimmung der Bundesministerin zur EU-Renaturierungsverordnung,
die als Zünglein an der Waage die notwendige Mehrheit brachte, handelte ihr den Vorwurf des Amtsmissbrauchs durch den Bundeskanzler ein. Ihr droht nun­mehr eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren gem. § 302 Abs. 1 StGB. Bis zu zehn Jahren Freiheitstrafe sind möglich, wenn etwa der herbei­geführte Schaden einen Betrag von 50.000 Euro übersteigt gem. § 302 Abs. 2 StGB.


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Der schwerwiegende Vorwurf des Amtsmissbrauchs, erhoben durch den Bundeskanzler selbst, führt zur Frage, warum man eine Ministerin, der man straf­rechtsrelevantes Verhalten vorwirft, im Amt belassen soll. In der im Online­medium oe24.at veröffentlichten Anzeige der ÖVP werden schwerwiegende Vor­würfe erhoben:

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Da es ein fatales Signal wäre, eine Person des Amtsmissbrauchs zu beschuldigen, aber sie zugleich im Amt zu belassen, stellen die unterfertigten Abgeordneten den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird gemäß Art. 74 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte sehr, Frau Ab­geordnete. (Abg. Lukas Hammer: Wie wäre es mit einem Ordnungs­ruf? – Weitere Rufe bei den Grünen: Es gibt keine Ordnungsrufe, Herr Präsident?)


16.24.56

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Geschätzter
Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Belakowitsch, es ist immer eine
besondere Herausforderung, nach Ihnen zu sprechen, weil man ganz viele


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Gedanken hat, und diese dann in einer wertschätzenden Form zu
formulieren, das ist echt nicht einfach. Vielleicht kommen Sie doch einmal in den Chor, wir verpetzen Sie auch nicht. (Heiterkeit bei den Grünen.) Das tut
wirklich gut, man wird sehr viel Spannung los, und wir haben eigentlich alle Freude damit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Renaturierung – wo ist jetzt das Problem? Kurz zusammengefasst:
Ich glaube, eines der Hauptprobleme ist, dass dieses Wort einfach wunderschön ist, wenn man wenig Ahnung hat. Diese Umfragen kommen vom WWF,
und wenn man die Umfrage umdreht – das hat sogar Herr Wolf
attestiert –, kommt genau das Gegenteil raus. Das Problem ist, es kennen sich wirklich nicht viele aus. Das ist ja nicht so ein Pimperlgesetz, sondern es
ist eine riesengroße Lawine.

Ich glaube, Österreich ist seit jeher ein Musterland, ein Umweltmusterland, und zwar aus Überzeugung – nicht, weil man etwas tun musste, nicht aus
Zwang, sondern aus ganz langer Überzeugung! Dieses Wort Renaturierung ist im politischen Kontext irgendwann in den Achtzigerjahren erstmals aufge­taucht. Österreich ist seit jeher ein Land, das auch sehr intensiv darauf geschaut hat. Es ist ja auch die Grundlage allen bäuerlichen Erwerbs, es ist die Lebensgrundlage, und deswegen schaut man ja auch auf seinen Boden und darauf, dass man den quasi gut in Schuss hält. Ökosoziale Marktwirt­schaft – darauf will ich jetzt gar nicht weiter eingehen.

Ich glaube, das Problem, das wir jetzt haben, ist, dass das Gesetz in diesem Zu­sammenhang, wie es jetzt dargelegt wird, und ohne dass es ausformuliert
ist, einfach Humbug ist, weil es für Österreich nicht in derselben Form anwend­bar ist.

Der Salzburger Landeshauptmann beispielsweise sagt, in Salzburg sind 80 Prozent aller Flächen Berge, Wälder, also bereits Flächen, die man nicht nutzen kann, und der Rest, die 20 Prozent, die übrig bleiben, sind
halt die Flächen, die man braucht, um Ackerbau zu betreiben, um Viehzucht


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zu betreiben, dafür, dass die Menschen wo leben können, dass es Gewerbeflächen gibt, für Infrastruktur. Also dort ist das gar nicht möglich. Oder sollen die Menschen jetzt nach Oberösterreich ziehen? Das funktioniert
halt nicht.

Dieses Gesetz ist jedenfalls unausgegoren, und in diesem Sinne haben auch die Landeshauptleute zwei Mal – zwei Mal! – ihre Entscheidung in der Landes­hauptleutekonferenz getroffen, schwarz auf weiß, damals waren noch alle dabei, dass sie dieses Gesetz in dieser Form nicht möchten. Wenn Sie sich jetzt beinhart hier rausstellen, Frau Ministerin, und sagen, das basiere alles auf Frei­willigkeit, so tragisch sei das ja gar nicht, die EU würde Renaturierungs­projekte fördern – die werden auch so gefördert –, dann bräuchten wir ja kein Gesetz dafür. Dann hätten Sie vielleicht früher länger, klarer erklären
müssen, warum das jetzt ach so wichtig ist.

Aber für mich viel, viel wichtiger ist der demokratiepolitische Part dabei, und da kann ich den Freiheitlichen natürlich in vielerlei Hinsicht recht geben.
Wenn Sie das vielleicht ein bissl anders darbringen würden, könnte man sogar auch einmal klatschen. Ich bin eine Fremdklatscherin, ich klatsche oft
auch bei anderen Fraktionen mit, bei Ihnen tut man sich aber wirklich schwer, weil diese Herabwürdigung, diese Art, wie Sie Worte verwenden, wie
Sie über Menschen reden, einfach furchtbar ist, es ist einfach schrecklich. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

Dass dieses Gesetz jetzt nicht dem entspricht, was unsere Landeshaupt­leute wollen, was die Menschen wollen, was die Unternehmer, was die Land­wirte wollen (Abg. Voglauer: Doch, die wollen das!), ist völlig klar. Aber
ich muss auch eines sagen: Wir haben viele gemeinsame Projekte mit der Frau Ministerin auf den Weg gebracht, die ich gut fand.

Wenn man jetzt aber rückblickend schaut, ist das einfach Schema F. Man
hat das Problem eines herannahenden Parteitags, angeschlagen
nach der EU-Wahl, die Kandidatin war vielleicht nicht optimal, okay – was macht


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man dann? Und das ist eine Strategie, die ich nicht verstehe: Wir
nehmen das Gesetz, spicken das Ganze mit diesem Gefühl der moralischen Überlegenheit, nehmen bewusst – und zwar sage ich wirklich: be­wusst! – Missbrauch der eigenen Funktion in Kauf, wir servieren dann das Ganze noch mit einem Gefälligkeitsgutachten von einem Juristen, der einfach
definitiv nicht irgendwie der Jurist in dem Sinn dafür ist, und ignorieren komplett die Sachbeurteilung des Verfassungsdienstes – na wo sind wir denn da,
da muss ich den Freiheitlichen recht geben, wo kommen wir denn da hin? – und am Ende garniert man es dann mit einem schüchternen Lächeln und
versprüht das Klimaglück und sagt: Das ist schon etwas Schönes, wir können die Welt retten. – So geht es halt nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Herr: Die
Koalition ist am Ende!)

Sie sind – und das wissen Sie! – natürlich an diese einheitliche Stellungnahme der Länder gebunden gewesen. (Abg. Voglauer: Falsch!) Das ist Verfassungs­bruch! Und jetzt sind Sie in der Verpackung einer rechtschaffenen Musterschü­lerin: Wir haben alles so toll gemacht, und ich habe es nicht so gemeint.
Das ist schön und gut – Sie haben es trotzdem getan! Gut, Sie sind anscheinend in Ihrer Rolle geblieben und nicht in diese staatsfrauische Rolle hineinge­wachsen. Ich dachte etwas anderes, offen gesagt, aber Sie sind anscheinend doch mehr in Ihrer Rolle von Global 2000, sehen sich nach wie vor als
Aktivistin und finden das wichtiger.

Im Grunde genommen – jetzt kommt der Punkt –: Warum stimmen wir Ihrem Antrag heute nicht zu? (Abg. Kassegger: Jetzt bin ich gespannt!) Sie kön­nen mir glauben, ganz viele – viele Landwirte, viele Unternehmer, viele Men­schen in diesem Land, viele, viele, viele – würden sich freuen und
sagen: Tut das doch endlich, das ist doch ein aufgelegter Elfer, macht das doch endlich! Wir haben darüber nachgedacht. Natürlich ist das jetzt ein Filet­stück der ideologischen Taten, natürlich denkt man darüber nach, und wir haben uns lange Gedanken gemacht: Was machen wir jetzt?


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Summa summarum sind wir aber zur Überzeugung gekommen, dass wir das nicht machen werden, weil es völlig kurzsichtig ist. Sie erinnern sich vielleicht – viele von uns waren damals noch nicht da – an den 24. September 2008. (Abg. Belakowitsch: Kann ich mich erinnern!) – Erinnern Sie sich?

In dieser Nacht – 19-stündige Sitzung in diesem Saal, damals noch nicht umge­baut – wurden in diesem freien Spiel der Kräfte Gelder verschleudert (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Schroll) – damals Gusen­bauer, Molterer –; in dieser Nacht wurden über 30 Milliarden Euro beschlossen, und jedes Jahr zahlen wir nach wie vor über 4 Milliarden Euro für Maß­nahmen (Zwischenrufe bei der FPÖ), bei denen überhaupt keine Struktur da war. Ich habe vorhin mit Willi Molterer telefoniert. (Abg. Kassegger: Das ist nicht einmal ein Drittel von dem, was ihr die letzten drei Jahre verschleudert habt!) Er hat gesagt: Du, das war irgendetwas; dann haben die einen etwas gewollt,
da war keine Struktur, keine Strategie, kein gar nichts! – Wir als Volkspartei sehen uns aber als verantwortungsvollen Player in diesem Spiel. (Beifall
bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Kassegger: ... Teil von dem, was ihr verschleudert habt die letzten...!)

Die Volkspartei hat keinerlei Interesse an Chaos in diesem Haus.
(Abg. Kickl: Die Grünen geben nie ...!)
Die Volkspartei hat ein Interesse daran, dass wir weiter hier im Sinne des Staates verantwortungsvoll agieren.
(Abg. Herr: 10 Milliarden Euro Budgetloch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen. – Präsident Sobotka gibt neuerlich
das Glockenzeichen.) –
Sie kommen eh später noch dran.

Wir stimmen diesem Antrag heute nicht zu. – Eines aber möchte ich ganz klar sagen, Frau Ministerin: Wir sprechen Ihnen damit in keiner Weise das
Recht zu, unsere Demokratie und unsere Verfassung mit Füßen zu treten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stögmüller: ... Millionäre! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Zum Schluss: Ich glaube, wir sollten alle dann trotzdem irgendwie positiv beseelt sein. Ich bin ehrlich gesagt froh, wir sind, glaube ich, alle froh, wenn der September vorbei ist.

Daher am Schluss ein kleines Max-und-Moritz-Wilhelm-Busch-Zitat; ich glaube, das passt heute sehr gut hinein, bezogen auf alle natürlich, nicht auf eine Fraktion: „Kurz, im ganzen Ort herum Ging ein freudiges Gebrumm: Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei Mit der Übeltäterei!“ – Danke schön.
(Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schmidt. – Abg. Maurer hebt die Hand.) – Entschuldigung, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Jede Sitzung im gebundenen Verhalten kostet noch mehr ...!)

*****


16.31.54

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! In der vorigen Rede von Frau Belakowitsch ist die Ministerin als „Straftäterin“ bezeichnet worden. Das ist ein Ordnungsruf – ich bitte, diesen zu erteilen. (Beifall bei den Grünen.)

16.32

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Schmidt. – Bitte sehr.


16.32.21

Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Vielleicht vor­weg: Meine Vorrednerin, Kollegin Jeitler-Cincelli, lebt, glaube ich, in
einem Paralleluniversum. (Abg. Steinacker: Sicher nicht!) Nur zur Aufklärung für


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alle Zuseherinnen und Zuseher, falls es nicht ganz klar ist: Sie ist Teil
einer Regierungsfraktion, das war jetzt, glaube ich, nicht ganz logisch. Und zum Thema Budget: Ihr Finanzminister verantwortet mit über 10 Milliarden
Euro eines der größten Budgetlöcher und wir werden daran noch lange zu knabbern haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Aber zurück zum Thema: Es ist erfreulich, dass es durch Unterstützung der SPÖ-Landeshauptleute Michael Ludwig und Peter Kaiser letztlich doch gelun­gen ist, auf EU-Ebene das Renaturierungsgesetz zu beschließen. (Abg. Höfinger: Und was ist mit dem Doskozil? – Abg. Steinacker: Das ist eben nicht gelungen!
Sorry!)
Es ist aber schon leicht absurd, wenn dann versucht wird, vom Versagen der Bundesregierung in der Klimapolitik abzulenken. (Abg. Steinacker:
Diese Beschlüsse hat es nie gegeben!)
Ich erinnere daran, dass wir das einzige Land der Europäischen Union sind, das nicht einmal einen Entwurf zum Natio­nalen Klima- und Energieplan zustande gebracht hat, geschweige denn einen tatsächlichen Plan. (Abg. Steinacker: Ja, dann hat sie halt nicht genug
Gespräche geführt!)

Außerdem haben wir seit knapp 1 300 Tagen in Österreich kein Klimaschutz­gesetz und damit auch keine gesetzlichen CO2-Reduktionsziele. Die
Grünen wollten in der Regierung ja eigentlich etwas fürs Klima weiterbringen, stattdessen drohen uns Milliardenstrafzahlungen – sie sind einfach zu
oft gescheitert. (Ruf bei den Grünen: Geh bitte!)

Gescheitert sind die Grünen (Abg. Lukas Hammer: Ja an euch!) aber natürlich an der ÖVP. (Abg. Lukas Hammer: Na an euch!) Die ÖVP ist nämlich nur dann
für Klima- und Naturschutz, wenn es den Interessen ihrer Günstlinge dient. Sie will verhindern, dass ihre Spender oder die Reichen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Und die FPÖ leugnet den Klimawandel gleich ganz, gefähr­det die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder und nimmt Überschwem­mungen und Naturkatastrophen billigend in Kauf.


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Renaturierung ist natürlich ein Schutz gegen jene Überschwemmungen und Na­turkatastrophen, die der Klimawandel mit sich bringen wird. Die FPÖ und
ÖVP sind dennoch dagegen – bezeichnend. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Sozialdemokratie ist daher letztlich die einzige politische Kraft, die im Kampf gegen die Klimakrise auch soziale Fragen, Naturschutz, Wirtschaft und
Jobs mitdenkt und heute schon die Weichen für eine erfolgreiche österreichische Zukunft stellen möchte (Abg. Reiter – erheitert –: Witz des Ta­ges! – weiterer Ruf bei der ÖVP: Mit dem Herrn Babler?), denn es geht
beim Klimaschutz darum, wie wir unsere Wirtschaftspolitik klimafit gestalten (Abg. Steinacker: Wie geht das mit Kommunismus?), ohne dabei Jobs und
ohne unseren Wohlstand in Österreich zu gefährden, und darum, das Leben der Österreicherinnen und Österreicher dabei leistbar halten. In zehn Jahren
werden weltweit deutlich mehr Elektrofahrzeuge unterwegs sein als heute, und es wird moderne Industrieanlagen geben, die weniger oder wenn möglich
gar kein CO2 mehr ausstoßen. Das ist unausweichlich.

Es gibt daher zentrale Fragen, die wir uns heute stellen müssen: Wo wird in zehn Jahren die erneuerbare Energie produziert? (Abg. Lukas Hammer: Ja!) Wie garantieren wir leistbare Energiepreise? Und vor allem: Wo hat die nachhaltige Industrie in zehn Jahren ihre Produktionsstandorte? (Abg. Voglauer: Beim Erneuerbares-Gas-Gesetz ... zustimmen, dann!) Besonders mit Blick auf die Indus­trie stellt sich daher die Frage: Welche Technologien der Zukunft,
welche Bauteile von modernen und emissionsfreien Autos werden in zehn Jahren in Österreich gefertigt und wie viele werden wir aus dem
Ausland importieren müssen? Schaffen wir 100 000 neue, gut bezahlte Ar­beitsplätze oder verlieren wir sie an die USA oder China? (Abg. Vog­lauer: Beim Erneuerbares-Gas-Gesetz zustimmen!) Wir müssen heute das Richtige tun (Ruf bei den Grünen: Nachher bei der Abstimmung, oder?), um in zehn
Jahren die Ernte dafür einfahren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Was brauchen die Unternehmen, um diese Herausforderungen meistern zu können? – Sicher keine weiteren Steuergeschenke oder


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Unternehmensförderungen mit der Gießkanne, was offenbar das Einzige ist, was der vermeintlichen Wirtschaftspartei ÖVP immer wieder einfällt, sondern
einen aktiven und innovativen Staat, der Infrastruktur, leistbare Energiepreise, Rohstoffverfügbarkeit und vor allem Planungssicherheit gewährleistet.

Als Sozialdemokratie werden wir unsere Wirtschaft aktiv klima­sozial umgestalten, mit einem Klima-Transformationsfonds von 20 Milliarden Euro, der die österreichische Wirtschaft beim Umbau unterstützt (Abg.
Michael Hammer: Bravo! Brauch’ ma eine Vermögensteuer, nicht? – Zwischenruf des Abg. Hechenberger),
neue Jobs schafft und grüne Technologien fördert –
wir haben in diesem Bereich fantastische Facharbeiter:innen, das ist ein immen­ser Standortvorteil, den wir nutzen sollten (Beifall bei der SPÖ) –; mit
einer entschlossenen Regulierung des Energiemarktes, sodass wir sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte leistbare Energiepreise und eine
sichere Energieversorgung garantieren können; und natürlich mit einem ent­schlossenen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Verlagerung
des Güterverkehrs auf die Schiene. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Öster­reicherinnen und Österreicher natur- und klimafreundlich leben können
und die Unternehmen klimafreundlich produzieren können. Das ist unser Job als Politikerinnen und Politiker. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt können sich alle Wählerinnen und Wähler, denen der Klimaschutz
wirklich am Herzen liegt, ausrechnen, wie es im Herbst mit einer blau-schwarzen Bundesregierung weitergehen würde. Die Leugnung des Klimawandels
durch die FPÖ gefährdet nämlich nicht nur die Natur, sondern sie gefährdet auch unsere Arbeitsplätze. Die Wirtschaftspolitik der ÖVP hingegen hilft nur den Superreichen und den ÖVP-Spendern, auf Kosten der Zukunft der österreichischen Unternehmen und der Arbeitnehmer:innen. (Abg. Michael Hammer: Immer dieselbe Wuchtel! – Abg. Hechenberger: Die reden immer
das Gleiche! – Abg. Michael Hammer: Immer das Gleiche!)

Die Nationalratswahl ist eine Richtungsentscheidung. Mit Schwarz-Blau wird die Klimaschutzpolitik komplett abgesagt. Im Gegensatz dazu wird eine von


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uns geführte Regierung die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen (Zwi­schenrufe bei Grünen und FPÖ), denn Naturschutz, Kampf gegen den Klimawandel, eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Industriepolitik, die Ar­beitsplätze sichert (anhaltende Zwischenrufe bei Grünen und FPÖ – Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen) und leistbares Leben garantiert, sind kein Widerspruch. Ganz im Gegenteil: Diese Ziele bedingen einander. – Vielen
Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Maurer steht an der Regierungsbank und spricht mit Vizekanzler Kogler. – Ruf bei der SPÖ: Wirklich unhöflich! – Abg. Leicht­fried: Herr Präsident, könnten Sie dafür sorgen, dass die Regierungsmitglieder den aktuellen Redner:innen zuhören? – Ruf bei der SPÖ: Die sollen rausgehen! –
Abg. Leichtfried: Ich glaube, Frau Maurer hat genug Gelegenheit,
sonst mit dem Herrn Kogler zu reden! – Ruf bei der SPÖ: ... unhöflich jetzt! Ent­schuldige! Das ist störend!)

16.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rössler. – Bitte sehr.


16.38.39

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Besonders: Sehr geschätzte Frau Umweltministe­rin! Zurück zum Renaturierungsgesetz: Es sind jetzt schon sehr viele Themen angesprochen worden, ich würde gerne auf den Gegenstand der Dring­lichen Anfrage zurückkommen. Tatsächlich teile ich nicht, was Abgeordneter Bernhard vorhin gesagt hat, ganz im Gegenteil. Er hat gemeint, das wäre
ein nicht so wichtiges Gesetz. – Ganz im Gegenteil!

Wenn man in der Geschichte der Umweltgesetzgebung ein bisschen zurück­schaut, sieht man: Wir haben ein extrem gutes Wasserrechtsgesetz,
ein extrem starkes Forstgesetz, wir haben eine sehr gute Abfallwirtschaft und Klimaziele, aber es ist höchst an der Zeit, diese Materien endlich zusam­menzuführen. Die globalen Umweltkrisen brauchen eine gesamtheitliche Schau,


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und nur das; erstmals und deshalb so unglaublich wichtig ist das Renaturierungs­gesetz der EU. Es ist extrem wichtig! (Beifall bei den Grünen.)

Man liest in dem Antrag der FPÖ: Sie brauchen keine intakte Natur.
Sie bekämpfen intakte Natur. Sie wollen das Gesetz nicht. Sie brauchen keine Artenvielfalt (Abg. Kickl: Ach!), Sie sind gegen die Bestäuber. Wer bestäubt
denn Ihre Obstbäume und landwirtschaftlichen Kulturen?

Wir brauchen das nicht, wir brauchen keine gesunden Böden, keine renaturier­ten Flüsse. Haben wir die letzten zwei Tage nicht über nichts anderes
als über Hochwasser und Starkregen gesprochen? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und Sie sagen: Weg mit dem Gesetz! Weg mit intakter Natur! Das
wundert mich jetzt doch. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Die Zahl 20 Prozent: Frau Abgeordnete Belakowitsch, Sie haben gesagt, 20 Prozent der Ackerböden müssen außer Nutzung gestellt wer­den. – Wie kommen Sie denn zu dieser Zahl, 20 Prozent? Woher haben Sie denn die 20 Prozent? Das wüsste ich ja sehr gerne. (Abg. Belakowitsch: Sie hätten
es lesen sollen!)
 – Hätte ich es lesen sollen.

Es ist in Ihrem Antrag drinnen. Lesen wir doch einmal den Text genau!
Sie behaupten und schreiben: 20 Prozent der EU-Landfläche müssen renaturiert werden. Sie schreiben ja noch mehr da drinnen, ich suche es gerade. (Die Rednerin blättert in ihren Unterlagen. – Abg. Belakowitsch: Suchen Sie einmal!) – Ja, ich suche in aller Ruhe.

Schlagwörter: Ackerboden darf nicht bewirtschaftet werden; Rückwid­mungen, Enteignungen. Sie unterstellen ja dem Renaturierungsgesetz, sogar in die Raumordnungskompetenz der Länder einzugreifen: Rückwidmungen
und Eingriffe in das Grundeigentum. Ich kenne das nur aus Baulandwidmungen, dass man da rückwidmet. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, aber
das ist ein Teil Ihrer Information, dass Sie hier ganz krude Ideen verbreiten und die Leute verunsichern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Michael
Hammer: ... nach Brüssel!)
„Verbot der Holzernte“: Das ist ja noch spannender.


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Aber noch einmal die 20 Prozent: Wo haben Sie die 20 Prozent her? (Zwischenruf des Abg. Deimek.) – 20 Prozent, ich helfe Ihnen. Ich helfe Ihnen weiter. Es ist nämlich so, da steht, Gegenstand und Ziel des Renaturie­rungsgesetzes ist: Mit dieser Verordnung werden – und so weiter – bis 2030 mindestens 20 Prozent der Landfläche wiederhergestellt. (Abg. Hafen­ecker: Bitte bleiben Sie länger draußen! Gebt ihr noch ein paar Minuten, bitte!) Aber jetzt kommt ein entscheidender Teil in dieser Formulierung: 20 Prozent
der Landfläche und der Ökosysteme, die der Wiederherstellung bedürfen. Und jetzt frage ich Sie: Wenn Sie der Meinung sind, wir müssen 20 Prozent der Landfläche außer Nutzung stellen, dann gehen Sie davon aus, dass 100 Prozent der Fläche der EU einer Wiederherstellung bedürfen. Also so dramatisch
ist es? 100 Prozent der Landfläche sind so schlecht und so kaputt,
dass wir 20 Prozent, nämlich das Maximum, das dann möglich ist, wiederher­stellen müssen? (Abg. Deimek: ...! Es ist ganz anders! Niemand hat die
Absicht, eine Mauer zu errichten!)

Jetzt erklären Sie mir doch bitte: Wie kann man denn begründen, dass ganz Österreich in einem wiederherstellungsbedürftigen, schlechten
Zustand ist, wenn wir doch hören, so viel Ökolandbau, so viel Nationalparks, so viel gute Landschaft, und wir renaturieren Flüsse? Gestern haben wir
die ganze lange Liste an Renaturierung gelesen. Also wenn man von den Fakten redet, dann würde ich Ihnen doch einmal empfehlen, das richtigzustellen,
und das tue ich hiermit. Sie unterstellen, ganz Europa ist in einem so schlechten Zustand. Das erklären Sie einmal! (Abg. Kickl: Das, was Sie jetzt gesagt
haben, heißt, dass wir das gar nicht brauchen!)
Das erklären Sie einmal, wie man dann gegen intakte Natur sein kann! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte abschließen: Mit dieser Fehlinformation, mit dieser bewuss­ten Fehlinformation verunsichern Sie Grundeigentümer, verunsichern Sie die wichtigsten Verbündeten für den Klimaschutz, nämlich unsere Land­wirtinnen und Landwirte. (Abg. Martin Graf: ÖVP!) Sie verunsichern alle, alle verunsichern Sie, wenn es um das Renaturierungsgesetz geht. Und es


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ist das wichtigste Gesetz. Ich wünsche allen, ich wünsche mir und allen aus mei­ner Generation und nachkommenden Generationen (Abg. Hafenecker:
Sie sind ja auch die letzte Generation! Warum machen Sie dann ...?),
ich wünsche mir eine intakte Natur, mit der wir dem Klimawandel standhalten können, in
der wir Artenvielfalt erleben, in der wir an renaturierten Flüssen die Wohltat an heißen Tagen erleben können.

Und das, was das Renaturierungsgesetz besonders macht, ist: Es denkt
nämlich auch an die Lebensqualität in Städten. Das Renaturierungsgesetz befasst sich damit, wie künftig Stadtökologie ausschaut. Haben wir Schatten
in der Stadt, einen kühlenden Schatten? Können wir den Klimawandel und die Hitzeperioden in der Stadt überhaupt noch aushalten? (Abg. Belakowitsch: Wahnsinn! Können wir das?) Auch das macht das Renaturierungsgesetz. Deshalb ist es das wichtigste zukunftsweisende Gesetz, das wir derzeit in der
gesamten EU-weiten Umweltgesetzgebung haben. (Beifall und Bravoruf bei den Grünen. – Abg. Martin Graf: Die Hitzeperiode fängt ja gut an!)

16.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmiedlechner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.44.42

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Sehr geehrte Zuseher! (Abg. Leicht­fried: Was ist mit den Zuseherinnen?) Die Einheitsparteien hier haben theo­retisch von der Praxis keine Ahnung. (Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Also das, was da heute alles gesagt worden
ist: ein Schwachsinn bis zum Gehtnichtmehr! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Renaturierung, liebe Grüne, Renaturierung heißt Zerstörung von Kulturland­schaft, Verwilderung (Zwischenruf des Abg. Zorba), Reduktion der Pro­duktion, Zerstörung, Import (Abg. Reimon: Lauter!), schleichende Enteignung und im Endeffekt dann Hungersnot. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei den Grünen: Hungersnot?! – Heiterkeit bei der ÖVP.)


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Und weil heute angesprochen worden ist, es ist alles freiwillig: Ja, das freiwillig, das kennen wir Bauern schon! Freiwilliger Zwang nennt man das, denn da werden Förderungen eingeführt, und dann heißt es: Wenn ihr die Förderkrite­rien nicht einhaltet, dann kriegt ihr kein Geld! (Zwischenrufe bei den
Grünen.)
Und die Bauern sind abhängig von diesem Geld. Was ihr macht, ist einfach Zerstörung, Zerstörung der Landwirtschaft, Zerstörung der
heimischen Produktion! Es ist eine Katastrophe. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zorba: Wo steht das alles? – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Eines will ich auch sagen: Unsere Bauern arbeiten im Einklang mit der
Natur. Unsere Bauern schaffen eine einzigartige Natur. Mit diesem Gesetz zerstört ihr diese Natur und ihr, die ÖVP, habt für ein paar Silberlinge
und für ein paar Posten die Bauern verraten. Schämt euch! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Abschließend möchte ich auch noch sagen: Wenn es die FPÖ im Herbst
in die Regierung schafft, wenn wir stimmenstärkste Partei werden (Rufe bei den Grünen: Lauter!), dann werden wir mit diesem Green Deal und mit diesen Schwachsinnigkeiten aufräumen; das versprechen wir! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte wieder um Ruhe. Dadurch
kommen die Meinungen viel klarer zum Ausdruck. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Matznetter: Der Fasching ist vorbei, Herr Präsident! – Abg. Michael Hammer:
Aber auch nur theoretisch!)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmuckenschlager. –
Bitte sehr.


16.47.02

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Werte Ministerinnen, Minister! Ich glaube, Agrar­politik im Stil der Löwinger-Bühne hilft den Bäuerinnen und Bauern auch nicht.


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(Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Setz dich wieder nieder!) – Herr Klub­obmann Kickl, ich werde mich dann niedersetzen, wenn ich möchte (Abg. Kickl: Ja wenn du keine Löwinger-Bühne haben willst, kannst dich wieder nieder­setzen!), und ich werde mir von Ihnen das Wort nicht verbieten lassen – auch wenn es mich sehr freut, wenn Sie einmal im Hohen Haus sind und Ihrer
Pflicht nachkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammenarbeit ist natürlich auch eine Frage des Vertrauens, und wir haben einen Vertrauensverlust. Auch bei der Kollegialität gibt es letztendlich
eine Charakterfrage (Abg. Belakowitsch: Warum machen Sie dann eine Anzeige?), aber das sind persönliche Ebenen, die dann irgendwo als Vertrauensbruch
zu definieren sind.

Es gibt aber auch eine rechtsstaatliche Ebene (Abg. Hofer: Eben! 
Abg. Kickl: Vertrauensbruch ist ja kein Problem!),
und die spricht von Verfassungs­bruch, und das deswegen, weil Umwelt- und Naturthemen Landesmaterien
sind. Selbst wenn wir nationale Angelegenheiten hier regeln, müssen
sie dort auch entsprechend umgesetzt werden. Daher muss diese Richtlinien­übereinstimmung mit den Ländern abgearbeitet werden. Wenn sie ein­deutig mit den Ländern nicht in Abstimmung ist, dann haben wir ein Problem mit der Verfassung.

Ein Hauptproblem ist ja die Finanzierung, worauf die Bundesländer auch hinweisen. Selbst jene, die eine Kehrtwende gemacht haben, haben geschrieben, sie können nur dann zustimmen, wenn die Finanzierung gesichert ist, und
die ist nicht gesichert. Auch die Gemeinden sagen: auf der Umsetzungsebene Gemeinde 100-prozentige Finanzierung, sonst kann es nicht funktionieren.

Daher müssen wir jetzt bis 2026 einen Plan erstellen, wie auch immer der aus­sieht, aber bis dahin ist durch die von der ÖVP eingebrachten Klagen
noch Zeit, entsprechend dagegen vorzugehen.

Deswegen ist auch die Frage, ob heute die Dringlichkeit so hoch ist, eine spe­zifische Frage. Ich habe nämlich die Vermutung, dass es hier nicht um


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die 20 Prozent Renaturierung geht, sondern es ist im Vorfeld um die 98 Prozent Zustimmung am Parteitag gegangen, und bei Ihnen geht es um die Frage:
Wieso haben wir keine 30 Prozent bei der EU-Wahl bekommen? Das ist Som­mertheater, Wahlkampfgeplänkel in reinster Form. (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Amesbauer: Wieso haben Sie keine 30 Prozent bekommen?)

Wenn Sie Sommertheater möchten, lade ich Sie zum Theater- und Kultursom­mer nach Niederösterreich ein, Kultur würde auch Ihrer Fraktion sicher­lich nicht schaden. (Beifall bei der ÖVP.)

Länder und Gemeinden sprechen sich ja nicht dagegen aus, weil sie gegen Rena­turierung und gegen Naturschutz sind, sondern deswegen, weil die Kosten
und der Kostenersatz nicht klar sind. Man spricht EU-weit von 150 bis 200 Milliarden Euro. Alleine für Österreich sind das zusätzliche Kosten von 3 Milliarden Euro. Der Aufwand für die Datenerhebung beträgt Hun­derte bis Tausende Leute, die das entsprechend zusammenfügen. Das sind Millionen in der Verwaltung, die nicht vorhanden sind, und da haben
vor allem die Naturschutzbehörden der Länder gesagt: Das ist unmöglich, das können wir nicht machen!

Die Gemeinden sagen: Wir können das nicht machen, das hemmt uns in
unseren Entwicklungsmöglichkeiten! Deswegen geht man auch entsprechend dagegen vor. Das besonders Traurige daran ist: Gerade die Europapolitik
sollte da Vorreiter sein. Sie hat immer von Kompromissen gelebt, man war immer bemüht, Konsens zu finden und keine Kompromisse erzwingen zu wollen.
Das erzeugt letztendlich einen rechtsunsicheren Raum, und in dieser problemati­schen Situation befinden wir uns gerade. Das ist verantwortungslos gegen­über den Normunterworfenen, somit den Bürgern, und den Betroffenen, vor al­lem den Eigentümerinnen und Eigentümern. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich praktiziert seit Jahrzehnten Renaturierung in verschiedensten Projekten und Formen, und das erfolgreich. Rund ein Drittel unserer Staatsfläche steht heute unter Naturschutz. 90 Prozent unserer Flächen werden im


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Rahmen von Agrarumweltprogrammen bewirtschaftet. Wieso? – Weil das auf Freiwilligkeit basiert, weil man die Betroffenen mitnimmt und entspre­chend einbindet, ihnen Entscheidungsfreiheit lässt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Die Eigentümer müssen eingebunden sein! Wenn im Vorhinein
schon alle schreien, dann muss einer Ministerin ja klar sein, dass da irgendetwas nicht in Ordnung ist. Das kann man nicht plump mit dem Argument Natur
und Umweltpolitik wegstreichen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steinacker: Oder mit dem moralischen Gewissen!)

Geschätzte Damen und Herren, das ist letztendlich der qualitative Unter­schied in der Politik: Macht man entweder ein Theater anhand eines
Themas oder man macht Politik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, vor allem der betroffenen Bürgerinnen und Bürger? Diesen Fokus auf den Interes­senausgleich sollten wir immer haben. Es gibt Gott sei Dank Fraktionen in die­sem Haus, die ihn haben, die die Anliegen der Bürger ernst nehmen und
nicht so ein Sommertheater aufführen. Die Österreichische Volkspartei wird hier bis zum Schluss weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leichtfried. So braucht er nicht rauszurufen, so geht das viel leichter. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.51.59

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte
Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist fast ein bisschen absurd, dass
man das sagen muss, aber wenn man den Damen und Herren von der FPÖ und teilweise auch von der ÖVP zuhört, muss man es sagen (Abg. Meinl-Reisin­ger: Dann sagen Sie es endlich!): Die Klimakrise ist längst in Österreich angekom­men. Auch wenn Sie es nicht hören und nicht glauben wollen, es gibt den Klimawandel, und deshalb ist es gut, dass dem Renaturierungsgesetz zugestimmt wurde. Wir haben das unterstützt. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP:


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Wer bitte? – Abg. Strasser: Und heute beim Biogasgesetz? Was tun wir da,
Herr Leichtfried? – Ruf bei der ÖVP: Na nicht mitgehen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, glauben Sie, diese Überschwemmungen - - (Abg. Höfinger: Die einzige Partei, die gespalten ist, das ist die SPÖ in
dieser Frage! Alle anderen haben eine klare Meinung! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) 
– Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie wüssten,
wie sehr die ÖVP schon bei so harmlosen Bemerkungen auszuckt! Das ist be­merkenswert. (Abg. Strasser: Bei den Projekten mitstimmen, nicht nur bei
den Strategien!)

Sie ignorieren wahrscheinlich, dass es in den letzten Jahren unglaublich viele Überschwemmungen gegeben hat, Dürren, Waldbrände, hohe Tempera­turen, schmelzende Gletscher – das ist Ihnen anscheinend alles wurscht. (Ruf bei der ÖVP: Na geh bitte!) Die Menschen leiden unter diesen Problemen,
geschätzte Damen und Herren. (Abg. Belakowitsch: Jetzt hört das alles auf, oder?)

Alleine in der Steiermark ist es heuer zu Überschwemmungen gekommen,
wie es sie überhaupt noch nie zuvor gegeben hat. Denen, die den Klimawandel leugnen oder ihn ignorieren, ist das anscheinend vollkommen wurscht.
Es trifft die Menschen jeden Tag. (Abg. Hechenberger: Was tun wir beim Biogas, Kollege?) Das sind die Probleme, um die es geht, nicht Ihre künstlich auf­geblasenen, die Sie ständig vor sich hertragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr nehmt in Kauf, dass unsere schöne Heimat durch den Klimawandel zerstört wird. Das ist ein Verbrechen an der nächsten Generation, das sage ich
Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lukas Hammer.)

Gerade die Freiheitlichen: Die FPÖ erinnert mich in dieser Frage an eine Person, die im Auto sitzt – also in eurem Fall im SUV (Abg. Belakowitsch: Damit
wir es gemütlich haben!)
 – und Radio hört. Da wird angesagt, dass es einen Geis­terfahrer gibt, und die FPÖ im Auto sagt: Das ist ja nicht einer, das sind ja Hunderte! – Das ist eure Klimapolitik, ihr macht nicht Politik für die Menschen,


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ihr macht Politik auf Basis eurer wirren Ideen. Das ist alles, was ihr macht!
(Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der
Abg. Blimlinger. – Abg. Kickl: Das war jetzt ein ganz ein neuer Witz!)

Die österreichische Sozialdemokratie hingegen hat einen klaren Plan: Für uns ist der soziale und ökonomische Aspekt im Kampf gegen den Klimawandel
extrem wichtig. Ich weiß, das wollt ihr nicht hören. (Abg. Kickl: Ich fürchte, er hat den Doskozil gemeint! Der Doskozil ist der Geisterfahrer!) Ihr macht dauernd Zwischenrufe, aber das wird nichts an eurer wirren Politik ändern, es hilft nichts. Man kann nicht dauernd Schimären nachjagen, man muss konkrete Politik
für konkrete Problemstellungen machen, und das gelingt euch Populisten nie und nimmer. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau das tun wir: Wir schlagen das Richtige vor. (Abg. Kickl: Zuerst
habt ihr im Namen des Fortschrittes alles zubetoniert!)
Die Unternehmen müssen in dieser Transformation unterstützt werden, dafür braucht es intelligent aufgestellte Finanzmittel und – auch wenn Sie das so nicht gut finden – einen Transformationsfonds. (Abg. Michael Hammer: Den gibt es aber schon! Den
gibt es aber schon! – Abg. Lukas Hammer: Wir haben einen Transformationsfonds!)

Wie sollen beispielsweise die Hightechunternehmen, wie soll die
metallurgische Industrie bei uns in der Obersteiermark mit einer Exportquote knapp unter 100 Prozent auf diese Phase vorbereitet werden? Man
muss fördern, man muss intelligent fördern, man muss Innovationen fördern, man muss angewandte Forschung fördern. Das ist die Idee der SPÖ
in dieser Frage, und das ist die beste Idee, die bis jetzt zu hören war, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Vom
Sozialisten Babler! Gratuliere! – Abg. Steinacker: Vom Kommunisten! – Abg. Eßl: Die roten Gummibärli!)

Und es wurde schon erwähnt: Es braucht Infrastruktur. Es braucht auch
endlich einmal eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Das sind die Dinge, die angegangen werden müssen, wenn man gute Politik machen


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will. Das alles ignorieren Sie aber. (Beifall bei der SPÖ.) Wie kann man das alles ignorieren?, frage ich mich. Das ist ja unglaublich! (Abg. Kickl: Fragen Sie
den Doskozil!)

Es braucht, sehr geehrte Damen und Herren, Klimapolitik mit sozialer und öko­nomischer Kompetenz und Klimapolitik mit Herz und Hirn.
(Abg. Hafenecker: Wie geht das bei euch?)

Wenn Sie diese Debatten hier verfolgen, geschätzte Damen und Herren, sehen Sie, es gibt eine Debatte zwischen der SPÖ und den Grünen um die Frage,
wie man gescheite Klimaschutzpolitik macht. Da haben wir teilweise unterschiedliche Vorstellungen. Schauen Sie aber auf die andere Seite: Da sitzen die ÖVP, der der Klimaschutz in Wahrheit ziemlich wurscht ist (Ruf bei
der ÖVP: Das ist eine Unterstellung! Das ist ein Blödsinn!),
und die FPÖ, die den Klimawandel leugnet. (Abg. Belakowitsch: Nicht den Klimawandel, nur ...!) Ich kann Ihnen eines versprechen: Sollte es ab Herbst Schwarz-Blau geben (Abg. Belakowitsch: Noch einmal sagen, bitte!), wird hier kein einziges Klimaschutzpro­jekt mehr beschlossen, weil die das einfach nicht interessiert. Das ist
ihnen wurscht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Maurer: Deswegen braucht es Grüne in der Regierung!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ich weiß, ihr sagt
immer, ihr wollt mit der FPÖ nicht koalieren, tut es dann aber
ständig. Ich möchte Herrn Kickl zitieren, damit ihr wisst, was euch da blüht: Der Koalitionspartner ist zu bändigen und unter Kontrolle zu bekommen! –
So stellt sich die FPÖ eine Koalition vor. Wenn ihr das wollt, könnt ihr es tun, aber wir sind die Einzigen, die – wenn wir stark genug sind – eine Koali­tion von Blau und Schwarz verhindern können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Schreib es in eine Excel-Tabelle!)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Voglauer. – Bitte.



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16.57.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrtes
Hohes Haus! Spoštovana Visoka Hiša! Drage kmetice, dragi kmetje! Spoštovani gledalci in poslušalci! (Abg. Amesbauer: Was?) Liebe Bäuerinnen und
Bauern! Diese letzten 2 Stunden hätten auch anders verlaufen können. Wir hätten diese Zeit nutzen können, um eines vorne anzustellen, nämlich
Sie und Ihre täglichen Leistungen beziehungsweise unsere täglichen Leistungen. Was hier gerade passiert, ist, dass man sich vor intakter Natur fürchtet.
Ich kann das überhaupt nicht nachzollziehen.

Ich bin in Ludmannsdorf/Bilcovs zu Hause, aufgewachsen auf einem kleinen Bauernhof. Ich darf noch immer auf diesem Bauernhof leben, ihn bewirtschaften, ihn für die nächsten Generationen erhalten. (Abg. Schmiedlechner: Und da
hast du keine intakte Natur, oder was? – Ruf bei der ÖVP: Die Stimme aus dem Off! – Abg. Michael Hammer: Die süße Stimme aus dem Off!)
Ganz bedeutend ist
dort eines – und das wird Sie verwundern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ –, nämlich der Ausblick auf intakte Natur, den wir genießen, auf
den Karawanken, im Bärental. Dort schaue ich nämlich hin.

Ich schaue immer wieder auch mit Wehmut dorthin. Es ist ein schöner Ausblick, besonders schön im Winter, wenn es geschneit hat und alles weiß wird.
Nur weiß ich, dass meine Urenkerl dort keinen Schnee mehr sehen werden. Ich als Bäuerin weiß, dass meine Urenkerl sich wahrscheinlich schwertun
werden, Landwirtschaft so zu betreiben, wie das noch meine Oma gemacht hat. (Abg. Belakowitsch: Woher wissen Sie das?) Wir hätten jetzt die Zeit nutzen können, um das vorne anzustellen, was unsere Bäuerinnen und Bauern leisten: mit ihrem Mittun beim Agrarumweltprogramm, mit der hohen Bioquote,
die heute auch schon gelobt wurde, mit der Pflege unserer Kulturlandschaft, wodurch sie erhalten wird und wodurch ein Beitrag zum Erhalt der
intakten Natur geleistet wird.

Das Renaturierungsgesetz ist nichts anderes als ein freiwilliges Ja zum Erhalt dieser Landschaft, dieser Heimat, die wir lieben, für unsere nächsten


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Generationen. Sie fürchten sich davor, die Politikerinnen und Politiker der ÖVP und der FPÖ fürchten sich davor.

Liebe Bäuerinnen und Bauern, fallt nicht darauf rein! Umso lauter hier
von diesem Pult geschrien wird, umso lauter hier die Stimme erhoben wird, umso weniger sollte man diesen Stimmen glauben.

Ich weiß nicht, wie es euch im Leben gegangen ist. Mir ist es immer so
gegangen: Wenn jemand mit mir geschrien hat, dann konnte ich diese Person nicht ernst nehmen. Ich hoffe, das tun auch Sie zu Hause nicht und
arbeiten weiter fest daran, Ihre Ziele zu verwirklichen. (Präsidentin Bures über­nimmt den Vorsitz.)

Ich kann Ihnen eines garantieren: Dieses Renaturierungsgesetz wird
Ihnen keine Hürde sein. Es wird Sie auf Ihrem Weg unterstützen, denn wofür sorgen wir denn? – Wir sorgen dafür, dass wir in Zukunft in einer Arten­vielfalt Landwirtschaft betreiben werden, dass wir Renaturierungs- und Reten­tionsräume haben, dass wir einen intakten Wald haben. Andere, die von
diesem Pult aus schreien, wollen gerade das verhindern. Sie erzählen Ihnen Mär­chen. Fallen Sie darauf nicht rein! (Abg. Belakowitsch: Na von der Frau Holle
haben Sie ...!)

Wenn man hier an diesem Pult oder in unterschiedlichen Bauernzeitungen vom so viel zitierten Bauernsterben redet: Nicht die intakte Natur ist an diesem Bauernsterben schuld, sondern an diesem Bauernsterben ist eines
schuld, nämlich das Prinzip Wachsen oder Weichen. Im Prinzip Wachsen oder Weichen verbirgt sich auch, dass wir unsere intakte Natur eben beschä­digt haben, und das sollten wir halt nicht mehr tun. Es hilft uns nicht beim Wei­terbetreiben unserer Betriebe, und es hilft uns nicht bei der Natur, die
wir bewirtschaften. Wir sollten mit der Natur arbeiten, mit den Tieren arbeiten, um die Artenvielfalt zu erhalten, denn sobald wir das nicht mehr tun,
entsteht Business, und Business hat bis heute immer geheißen, dass unsere Landwirte und Landwirtinnen auf der Strecke bleiben.
(Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 416

Es gibt aber noch andere Mythen: wenn man hier sagt, es sei ideologiegetrieben, Hochwasserschutz zu betreiben; es sei ideologiegetrieben, intakte Wälder
zu schützen und zu erhalten; es sei ideologiegetrieben, für eine gesunde Gesell­schaft zu sorgen. – Nein, das ist nicht ideologiegetrieben, das ist einfach vernünftig. Wir wollen an vernünftigen Gesetzen weiterarbeiten. Dazu gibt es auch konstruktive Kräfte, und ich würde mir wünschen, dass wir hier
wieder mehr konstruktive Kräfte und eine Sprache anwenden, in der wir kon­struktiv zusammenarbeiten können. Das Renaturierungsgesetz ist dafür
keine Gefahr, und ich glaube, irgendwann einmal werden es auch die Letzten, die es bis heute noch nicht verstanden haben, verstehen. – Danke schön.
(Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

17.02


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte. (Abg. Zorba: Jetzt wird’s arg! – Abg. Leichtfried: Das wird jetzt noch besser wie der Herr Schmiedlechner!)


17.02.20

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren! Ja, ja, es stimmt schon: Sie haben die Bauern verraten und verkauft, aber nicht etwa die Grünen, die Roten oder die Rosaroten,
sondern die Österreichische Volkspartei, die Schwarzen, sehr geehrte Damen und Herren – alle österreichischen Bauern verraten und verkauft.
(Beifall bei der FPÖ.)

In Wahrheit haben Sie die Bauern durch diese Spielchen sogar in eine Art Leibeigenschaft gezwungen, nur halt für das 21. Jahrhundert adaptiert. Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Anschlag auf die Bauernschaft, ein Anschlag auf das Eigentum, ein Anschlag auf Generationen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann geht ausgerechnet der Chef des schwarzen Bauernbunds hier heraus
und verkündet, man macht der Ministerin der Grünen als Belohnung


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für ihr Abstimmungsverhalten zum EU-Renaturierungsgesetz die Mauer und spricht ihr das Vertrauen aus. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Der Bauern­bundchef hat das gemacht! Das werden Ihnen die Bauern nicht verzeihen, denn jetzt weiß auch jeder: ÖVP und Bauernbund sind des Bauern Todesgrund,
sehr geehrte Damen und Herren. Bei der nächsten Wahl werden Sie
die Rechnung präsentiert bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das passiert gerade allen Ernstes: Da wurden über Generationen hinweg unter Verzicht, unter widrigsten Umständen Höfe aufgebaut – da geht es um
Grund und Boden, Wertigkeiten, die die ÖVP ja nicht mehr interessieren –, und jetzt kommt die schwarz-grüne Regierung und sagt zu den Bauern: Ihr
habt das über Generationen aufgebaut, aber jetzt Schluss damit, ihr sagt jetzt nicht mehr selbst, was auf eurem Grund und Boden zu passieren hat,
denn wir wissen ja besser, was gut für eure Höfe ist, als ihr Bauern selbst! (Abg. Zorba: Das hast du wo gelesen?) – Nichts anderes machen Sie gerade.
(Beifall bei der FPÖ.)

Ja was soll denn das? Kommt irgendein Bauer auf die Idee, dass er bei Ihnen in den Büros antanzt und Ihnen vorschreibt, was Sie jetzt auf Ihren Schreib­tischen oder zu Hause zu tun haben? – Nein, aber Sie machen nichts anderes, nur umgekehrt. So verrückt ist das, was da gerade passiert. Wissen
Sie, warum die Bauern nicht zu Ihnen ins Büro kommen und das machen, was Sie machen? – Weil die Bauern im Vergleich zu Ihnen, die Sie hier herinnen
gerade die ganze Bauernschaft verraten, noch Anstand besitzen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wofür werden die Bauern verkauft? – Für nichts, sehr geehrte Damen
und Herren (Zwischenruf des Abg. Litschauer), für nichts. Damit Nehammer noch drei Monate lang Kanzler spielen darf und für eine Handvoll Posten, dafür werden die Bauern an die Grünen verkauft, weil man ja deren Zustimmung dazu braucht; Stichwort zum Beispiel: einen Minister in die Nationalbank zu


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verschieben – in Wahrheit also für nichts! Sie, die ÖVP, verkaufen die österrei­chische Bauernschaft, weil es Ihnen nur um sich selbst geht und um sonst
gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie zerstören dadurch die Arbeit von Generationen. Sie machen nichts anderes, als dass Sie die Bauern in die Knechtschaft zwingen – das ist der Punkt:
in eine Knechtschaft heute im 21. Jahrhundert.

Eines sage ich Ihnen jetzt aus tiefstem Herzen, selbst von einem Bergbauernhof abstammend: Das werden wir Bauern uns von Ihnen nicht gefallen lassen.
Ein Bauer bleibt ein Bauer und wird nicht Ihr Knecht sein. Da rücken wir vorher zum Arbeiten aus, zum Ausmisten, und dann verspreche ich Ihnen, sehr
geehrte Damen und Herren: Dann werden wir Sie alle, die Sie jetzt die österrei­chischen Bauern verraten und verkauft haben, allen voran die Österrei­chische Volkspartei, auf den Misthaufen der politischen Geschichte befördern. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Voglauer: Na, bitte! – Weitere Zwischenrufe bei
den Grünen. – Abg. Matznetter: ... Knechtschaft haben immer die Mitarbeiter der Bauern zu sein und nie ...!)

17.06


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Ulrike Maria Böker,
Sie gelangen zu Wort. Bitte.


17.06.20

Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Vizekanzler!
Wenn man in diesen eineinhalb Stunden jetzt insbesondere den Redebeiträgen der FPÖ zugehört hat: Es ist schon ein trauriges Schauspiel. Ich bin zwar
erst seit nicht einmal einem Jahr hier im Nationalrat, aber schon lange in der Politik. Es ist wirklich fast unerträglich, wie respektlos und ohne Wertschätzung (Abg. Kickl: Da haben Sie den Vizekanzler noch nicht gehört!) bei inhaltlich unterschiedlichen Ansichten hier miteinander umgegangen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Hören Sie mal Ihrem Vizekanzler zu, wenn er in Fahrt ist!)


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Ich habe viel mehr Angst davor, dass wir nicht renaturieren. (Abg. Belako­witsch: ... kann nur deswegen kommen, weil ...!) – Das sagt ein Biobauer aus meiner Gegend, aus dem Mühlviertel, den ich gut kenne, und er weiß wie viele
andere Landwirte auch: Die wahre Gefahr für unsere Landwirtschaft liegt in den Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise. Man braucht nur an die Katastro­phen der letzten Zeit zu denken.

Ich möchte aber gar nicht so sehr auf die Landwirtschaft eingehen, sondern es gibt auch andere Berufsgruppen, denen das Renaturierungsgesetz am
Herzen liegt und die sich zu Wort melden. „Österreich ist fertig gebaut!“ – So lautet die Überschrift des Positionspapieres der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen. Jährlich werden 41 Quadratkilometer an Boden in Anspruch genommen, und ein erheblicher Teil davon wird auch versiegelt. (Abg. Hafenecker: Seien Sie froh, dass ...!) Das Bodenleben stirbt ab, die Ernährungs­souveränität geht dauerhaft verloren, abgesehen von den anderen lebenswichtigen Funktionen des Bodens.

„Österreich ist fertig gebaut“, sagt die Wissenschaft, sagen unverdächtige Zu­kunftsdenker:innen der Bauwirtschaft (Zwischenruf des Abg. Hörl), so
auch in einem offenen Brief der IG Lebenszyklus Bau an die Landeshauptleute, in dem sie diese auffordert, dem Renaturierungsgesetz zuzustimmen. „Alles
andere betrachten wir der jungen Generation gegenüber als grob fahrlässig“, so die IG Lebenszyklus Bau. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg.
Steinacker: Zuerst die Rahmenbedingungen sauber verhandeln!)

Wir Grüne sehen das selbstverständlich auch so. Es ist ein Gebot der Stunde, dass bebaute Flächen sinnvoll genutzt werden. Wir müssen auf Umbau­en und Sanieren und nicht auf das Bauen auf der grünen Wiese
setzen. Der Brachflächendialog des Klimaministeriums setzt da ganz, ganz wichtige Schritte. Gegenwind kommt aber von jenen Leuten, die sich seit Jahren gegen das verpflichtende Bodenschutzziel stellen und nicht mit der


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Wimper zucken, wenn der nächste Acker für den Supermarktparkplatz zubeto­niert wird, und das, obwohl wir bei der Pro-Kopf-Einkaufsfläche – beden­ken wir das! – fast Europameister sind.

Wörter wie Hausverstand oder auch Anreize, Motivation und Freiwilligkeit werden hier immer benutzt, wie gestern auch von Herrn Abgeordneten Strasser. – Ja, wichtig und gut, aber wo sind wir gelandet? (Zwischenruf des Abg. Zanger.) – Immer noch 12 Hektar täglicher Bodenverbrauch, 19 Hektar
Wald in Ohlsdorf gerodet, das Retroverkehrsprojekt, an dem ich jeden Tag vor­beifahre – der Westring in Linz, der nun tatsächlich gebaut wird –, und
einige andere Beispiele der Bodenvernichtung.

Wir können den Hausverstand, die Anreize, die Freiwilligkeit und dann auch den Dialog gut gebrauchen, aber er braucht Beistand durch Gesetze und ver­bindliche Ziele. Das 2,5-Hektar-Ziel bis 2030 haben wir uns gemeinsam gesetzt, um die Bodenschutzstrategie zu erarbeiten. Wir haben es bis jetzt nicht geschafft. Ziehen wir uns die Laufschuhe an! Es gibt viele Trainingspläne, die vorliegen, und halten wir uns an die uns selbst gesteckten Ziele, die
verbindlich sind!

Es geht doch um nichts anderes als darum, die Bewohnbarkeit der Erde zu er­halten, und das haben wir den nächsten Generationen zu garantieren.

Zum Renaturierungsgesetz: Danke, Frau Ministerin! Du hast damit Mut und Weit­blick gezeigt (Rufe bei der ÖVP: Nein! – Abg. Michael Hammer: Einen Tunnel­blick, ja! Einen Tunnelblick!) und eine sehr weise Entscheidung getroffen.
(Abg. Höfinger: Weise ist anders!) Sie gibt uns wirklich das Fundament dazu, dass wir und die nächsten Generationen uns daran halten.

Setzen wir uns zusammen, arbeiten wir gemeinsam an der Ausgestaltung
dieses wichtigen Gesetzes, damit auch diejenigen, die nach uns kommen, auf diesem Planeten gut leben können. – Danke. (Beifall bei den Grünen. –
Abg. Steinacker: Erst muss man die Dinge ordentlich ausverhandeln!
)

17.10



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Die Grünen verschnalzen ihre Redezeit! Es wird nicht
besser!)


17.10.42

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Ruf bei der ÖVP: Es ist alles gesagt!) Das EU-Naturschutzgesetz ist Europas Antwort
auf die Klimakrise, auf die Biodiversitätskrise. (Abg. Michael Hammer: Das ist bei euch eine Fahrkarte aus der Regierung!) Wie schon gesagt wurde: Eine
gesunde und intakte Natur ist nichts, wovor wir uns fürchten müssen, sondern das ist unsere Lebensversicherung, sehr verehrte Damen und Herren.
(Beifall bei den Grünen.)

Dieses EU-Naturschutzgesetz ist von 20 Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschlossen worden und von einem vom Volk gewählten
EU-Parlament, Frau Belakowitsch von der FPÖ – von einem vom Volk gewählten EU-Parlament!

Weil Sie vorhin insinuiert haben, die Kommissionspräsidentin hätte sich
eine Mehrheit im EU-Parlament zusammengezimmert (Abg. Amesbauer: Die ist nicht vom Volk gewählt!): Das ist der Volkswille, der sich in einem
gewählten EU-Parlament abbildet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Entschuldigung, Herr Kollege, Sie haben nicht gut aufgepasst!)

Aber leider muss ich sagen, was mich ehrlicherweise schockiert hat: Wir haben eine EU-Ministerin Karoline Edtstadler gehört, die im Zusammenhang
mit dem EU-Naturschutzgesetz davon gesprochen hat, es handle sich um „ein weiteres Diktat aus Brüssel“.

Aus meiner Sicht ist das genau aus diesem Grund sehr schade und sehr enttäuschend, weil es genau das eben nicht ist. Es ist das Ergebnis eines lang­wierigen Prozesses: Die Kommission hat vorgeschlagen, das Parlament


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hat beschlossen, der Rat hat beschlossen. Es gab einen Trilog. Es gab Verhand­lungen, es waren Kompromisse. – Es ist genau das Gegenteil von
einem Diktat aus Brüssel. (Rufe bei der ÖVP: Natürlich! Natürlich ist es ein Diktat!)

Das ist die Rhetorik der Rechtspopulisten, sehr verehrte Damen und
Herren, diese gesamte Kampagne gegen das EU-Naturschutzgesetz ist ein un­würdiges Schauspiel mit Unwahrheiten, mit Angstmacherei.

Wir haben heute in dieser Debatte sehen können (Ruf bei der ÖVP:
Schlusswort! Es wird nicht besser!),
dass es dieser Seite des Parlaments, den Rechtsextremen, die die EU zerstören wollen, die kein Interesse an
Lösungen haben (Abg. Michael Hammer: Hör auf, sonst schwenken wir noch einmal um!), die die EU-Institutionen diskreditieren wollen (Ruf: Die wirklichen Extremisten, das seid ihr!), Munition liefert. Das haben wir in dieser Debatte wie­der gesehen. (Beifall bei den Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde heute auch gesagt, es wurde
nicht genug verhandelt, man ist nicht aufeinander zugegangen. Ich möchte in diesem Zusammenhang Othmar Karas zitieren. Er hat am Tag vor der Abstimmung im Rat ein Interview in der ORF-„Pressestunde“ gegeben. Er hat gemeint, er hat dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag nicht
zugestimmt. Dann gab es Verhandlungen, es gab 136 Abänderungsanträge, und ich zitiere, warum er zugestimmt hat: weil sie „nichts mit Enteignung zu
tun hat, nichts mit einem Verlust von Lebensmittelsicherheit und Versorgungssi­cherheit, sondern weil wir uns [...], auch Österreich, in allen wichtigen
Punkten durchgesetzt“ haben.

Othmar Karas war Spitzenkandidat der Volkspartei (Abg. Martin Graf: Wer über­nimmt die Verantwortung?) bei der letzten EU-Wahl. (Abg. Kickl: Das war
die Edtstadler!)
Er sagt weiters: „Ich hoffe, dass die Umweltminister“in „in Summe dieser Einigung zwischen Parlament und den Mitgliedstaaten zustimmt.“ – Genau das hat sie getan, und ich bin sehr froh, dass wir eine Umweltministerin haben (Abg. Hörl: Willst du noch länger provozieren, oder was? Hock
dich nieder! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP),
die die Umwelt schützt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 423

Ich bin sehr froh, dass wir eine Umweltministerin haben (Abg. Stein­acker: Geh bitte! Die Recht bricht und neben der Verfassung steht wegen Moralis­mus?!), die in den entscheidenden Momenten den Mut hat, das Richtige
zu tun. (Abg. Steinacker: Wirklich nicht!) – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.14


17.14.13

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend
„Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ gemäß Art. 74
Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Weiters ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Daher gehe ich auch so vor.

Die Stimmzettel, die dazu zu benützen sind, wie Sie wissen, befinden sich in den Laden Ihrer Pulte und tragen den Namen und die Bezeichnung „Ja“ oder
„Nein“. Für die Abstimmung können ausschließlich diese Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich
aufgerufen, den Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den gegenständlichen Misstrauens­antrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimm­zettel in die Urne zu werfen. Ich ersuche Sie, auch darauf zu achten, dass Sie nur einen Stimmzettel verwenden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 424

Ich bitte nunmehr die Schriftführer – zuerst Herrn Abgeordneten Zanger, dann Herrn Abgeordneten Gahr –, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Gahr werfen die Abge­ordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****


Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist nun beendet.

Ich ersuche die Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführung nun die Stimmenzählung vorzunehmen.

Zu diesem Zweck werde ich jetzt die Sitzung kurz unterbrechen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

17.21.18*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.21 Uhr unterbrochen und um 17.26 Uhr wieder aufgenommen.)

17.26.55*****


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 171; davon „Ja“-Stimmen: 28, „Nein“-Stimmen: 143.

Der gegenständliche Misstrauensantrag ist somit abgelehnt. (Beifall bei
den Grünen.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 425

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amesbauer;

Belakowitsch Dagmar, Brückl;

Deimek;

Ecker Rosa;

Fuchs, Fürst;

Graf Martin;

Hafenecker, Hauser, Herbert Werner, Hofer;

Kainz, Kaniak, Kassegger, Kickl;

Linder Maximilian;

Ragger, Reifenberger, Ries Christian;

Schmiedlechner Peter, Schnedlitz, Schrangl, Spalt, Stefan, Steger Petra;

Wurm;

Zanger Wolfgang.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Arlamovsky;

Baumgartner, Bayr, Becher, Berlakovich Nikolaus, Bernhard, Blimlinger, Bogner-Strauß, Böker, Brandstötter Henrike, Brandweiner, Bures, Bürstmayr;

Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski, Doppelbauer, Drobits;

Egger Kurt, Einwallner, El-Nagashi, Engelberg, Erasim, Ernst-Dziedzic, Eßl;

Fiedler, Fischer, Fladerer, Fürlinger;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 426

Gahr, Gerstl, Gödl, Götze, Grebien, Greiner Karin, Grünberg;

Hamann Sibylle, Hammer Lukas, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Heinisch-Hosek, Herr, Himmelbauer, Hintner,
Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Holzleitner, Holzner, Hörl, Hoyos-Trautt­mansdorff;

Jachs, Jeitler-Cincelli;

Kaufmann, Keck, Köllner, Kollross, Kopf, Koza, Krisper, Kucharowits,
Kucher Philip, Kugler Gudrun, Kühberger, Künsberg Sarre, Kuntzl;

Laimer, Leichtfried, Lindinger, Lindner Mario, Litschauer, Loacker;

Marchetti, Margreiter, Matznetter, Maurer, Meinl-Reisinger, Melchior, Minnich, Muchitsch;

Neßler, Neumann-Hartberger, Neumann, Niss Maria Theresia, Nussbaum;

Obernosterer, Oberrauner, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger,
Oxonitsch;

Pfurtscheller, Pöttinger, Prammer, Prinz;

Rausch-Amon Bettina, Reimon, Reiter, Ribo, Rössler;

Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Schatz, Schellhorn, Scherak, Scheucher-Pichler, Schmidt Michaela, Schmuckenschlager, Schnabel,
Schroll, Schwarz, Seemayer, Sieber Norbert, Silvan, Singer Johann, Smolle, Sobotka, Stark, Steinacker, Stocker, Stöger Alois, Stögmüller, Strasser;

Tanda, Tanzler, Taschner, Tomaselli, Totter, Troch;

Voglauer;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 427

Weber, Weidinger, Weratschnig, Werner, Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wöginger;

Yildirim;

Zarits Christoph, Zopf, Zorba.

*****

17.27.33Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte. Diese kurze Debatte betrifft den Antrag von Herrn Abgeordneten Josef Muchitsch, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung
über den Antrag 3146/A eine Frist bis 8. Juli zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Damit gehen wir gleich in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner, keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, der
Erstredner 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Jetzt erteile ich für 10 Minuten Herrn Abgeordneten Josef Muchitsch zur Einleitung das Wort. – Bitte.


17.28.31

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich darf in die Kurzdebatte zum Thema Aliquotierung der Pensionsanpassung eingehen.

Warum machen wir diese Kurzdebatte? – Weil die Regierungsparteien säumig sind, weil sie nicht das halten, was sie den Menschen versprochen haben,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 428

nämlich im ersten Halbjahr eine Evaluierung der Aliquotierung der Pensionsan­passung zu präsentieren.

Es ist wirklich ein Skandal, dass alle Menschen, die nächstes Jahr in
Pension gehen, Einbußen von bis zu 20 000 Euro haben werden. Es ist wirklich ein Skandal, der nicht notwendig wäre, wenn die Regierung, ÖVP und
Grüne, rechtzeitig gehandelt hätte. Aus diesem Grund erfolgt heute auch diese Fristsetzung unseres Antrages. (Beifall bei der SPÖ.)

Konkret werden 105 000 Menschen nächstes Jahr betroffen sein.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und Grünen, die Ankündigungen sind zu wenig, Beschlüsse sind ausständig; aber es ist nicht zu spät, Sie
haben heute die Möglichkeit, dem zuzustimmen.

Wie konnte es aber dazu kommen? – Seit der Beschlussfassung, seit die Ausset­zung der Aliquotierung der Pensionsanpassung für die Pensionsneuzugän­ge 2023 und 2024 für nur zwei Jahre befristet beschlossen wurde, machen wir als SPÖ darauf aufmerksam. Sie wissen, wie oft wir hier debattiert haben,
dass wir eine Nachfolgeregelung brauchen, weil die Neuzugänge 2025 wissen wollen, woran sie sind. Seitens der Regierung wurde versprochen, im
ersten Halbjahr diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen. – Heute ist der 4. Juli; ich gehe davon aus, dass jeder weiß, dass das Halbjahr vorbei ist.

Den Pensionsneuzugängen droht da wirklich ein kräftiges Minus. 2023 und 2024 haben wir es geschafft, das aufgrund unseres Drucks, aufgrund vieler
Anträge, aufgrund frühzeitiger Debatten auszusetzen, aber jetzt gilt wieder diese Regel, die niemand haben will. Für alle Pensionsneuzugänge heißt das:
Je früher in Pension, desto höher die Pension. – Das heißt, wir müssen wirklich darauf schauen, dass wir nicht noch mehr Menschen im Dezember in die Pension treiben.

Wir haben diesbezüglich viele Schreiben erhalten; ich glaube, das habt ihr auch bekommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 429

Fritz Zeilinger schreibt: Der „derzeitige Stand der Pensionsgesetze“ treibt „alle, die irgendwie können, mit 1. 12. 2024 in die Pension, weil jeder Stichtag
im Jahr 2025 zu einer lebenslang geringeren Pension führen würde.“

Karl Raber schreibt: „Eigentlich habe ich vor gehabt, zumindest noch ein Jahr länger [...] zu arbeiten; es fehlt ja auch an allen Ecken und Enden an Arbeitskräften.“

Die Wirtschaft jammert über Arbeitskräftemangel, aber da werden die Menschen vorzeitig in die Pension getrieben, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist Ihr Verschulden. Das haben Sie zu verantworten,
und das ist Ihr Werk. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch noch auf die Schutzklausel eingehen: 2024 wurden die Gutschriften auf dem Pensionskonto aufgrund eines bis dato üblichen rückwirkenden Betrachtungszeitraums um 3,5 Prozent aufgewertet. Da ist das gelungen – warum? – Weil die Inflation letztendlich 9,7 Prozent betragen
hat. Es wäre ein Delta von 6,2 Prozent gewesen, das die Pensionist:innen hätten verkraften müssen. Da ist es zu dieser Aufwertung gekommen.

Was jetzt wieder fehlt: Was ist 2025? Um diese Ungerechtigkeit zu verhindern, brauchen wir auch da eine Lösung. Also für alle, die 2024 in Pension
gingen, ist es gelungen, diesen sogenannten Erhöhungsbetrag dauerhaft zu sichern; für alle, die jetzt 2025 gehen, gibt es wieder keine Regelung.

Was ist jetzt zu tun? – Wir müssen auch da eine Lösung finden, und diese Lö­sung ist klar: Wir brauchen auch da diesen Ausgleich zwischen dem
Delta des Betrachtungszeitraumes, der rückwirkend angeschaut wird, und dem, was die Inflation dann auch tatsächlich ausmachen wird.

Wir stellen uns schon immer wieder die Frage – und Sie bekommen das ja auch über viele Anfragen mit –: Warum handelt die Regierung nicht? Warum
wird immer nur angekündigt, warum können sich die Menschen nicht darauf verlassen, dass es auch 2025 eine sichere Lösung gibt? – Viele werden


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jetzt weiterhin den ehestmöglichen Pensionsantritt nutzen. Sie werden früher in Pension gehen, als sie geplant haben, weil sie sagen: Wir wollen ja nicht die G’schnapsten sein, wenn es dann durch längeres Arbeiten weniger Pension gibt.

Es geht aber nicht nur um die Problematik Aufheben der Aliquotierung
bei der Pensionsanpassung oder Schaffung einer Schutzklausel 2025 für die Aufwertung des Pensionskontos, es gibt noch ein drittes großes Pro­blem. Das dritte große Problem ist bei den Frauen angesiedelt.

Die Frauen leiden unter ganz massiven Benachteiligungen. Mit dem verschobe­nen Pensionsantritt im zweiten Halbjahr haben Frauen einen massiven
Nachteil, das heißt, Hunderttausende Frauen werden aufgrund der Aliquotierung dauerhaft Einbußen hinnehmen müssen. Was ist die Folge? – Die Einkom­mensschere zwischen Männern und Frauen wird noch weiter auseinandergehen und noch größer werden. Und abgesehen von den hohen Verlusten:
Haben Sie es wirklich notwendig, da nicht zu handeln? – Es wäre wirklich an der Zeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundesminister hat heute in der Fragestunde wieder gesagt,
es wird eine Lösung geben. – Da entgegne ich: Das haben Sie
schon im Herbst 2023 gesagt. (Abg. Wöginger: Haben wir eh gemacht!) Im Herbst 2023 wurde, als wir die Schutzklausel beschlossen haben, hier im Parla­ment von den Regierungsparteien kundgetan, vom Herrn Bundesminister kundgetan: Im ersten Halbjahr wird es eine Lösung geben. – Fakt ist, jetzt ist der Stand so.

Die Leute informieren sich bei den Gewerkschaften, bei den Arbeiter­kammern. Fakt ist: Wer heuer in Pension geht, gewinnt, wer nächstes Jahr in Pension geht, verliert. – So macht man keine Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Menschen brauchen Sicherheit. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr habt jetzt eh die Möglichkeit, und, August Wöginger, vielleicht kommst du jetzt heraus und sagst: Es wird kommen. (Abg. Wöginger: Natürlich! So wie


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es voriges Jahr auch gekommen ist!) – Dann stimmt aber heute unserem Fristset­zungsantrag für 8. Juli zu, setzt auch morgen zusammen, präsentiert es,
und die Leute können über den Sommer planen. Viele Leute wissen nämlich nicht, was sie tun sollen – Resturlaub, wann soll man seinen Pensions­stichtag wählen? Manche können es sich nicht aussuchen, weil sie eine Verein­barung mit einer Altersteilzeit haben, die müssen 2025 in Pension gehen
und sind dann wirklich die G’schnapsten, wie es der Pensionisten­verband festgestellt hat.

Deswegen glaube ich, dass es wirklich wichtig ist, das jetzt hier zu lösen. Stimmt unserem Fristsetzungsantrag zu! Wir als SPÖ werden keine Ruhe geben,
weil die Menschen, die jahrzehntelang Beiträge einbezahlt haben, es sich nicht verdient haben, 2025 zu den Verlieren zu gehören. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr habt jetzt wirklich die Möglichkeit. Nutzt heute diese Chance,
den Ankündigungen Taten folgen zu lassen, denn die Menschen in diesem Land haben es sich mehr als verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.


17.36.25

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nur eine Bitte, lieber Kollege Muchitsch:
Ich verstehe, dass du auf diese Situation aufmerksam machst – die ist durchaus herausfordernd; so etwas haben wir in den letzten Jahren zwar gehabt,
aber wenn ich zehn Jahre zurückdenke, in diesem Ausmaß, eben durch die hohe Inflation, nicht gekannt –, aber bitte, bitte versetzt nicht alle Menschen
bewusst in Panik! (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.) Das ist wirklich nicht not­wendig.

Gerade wir haben auch in den letzten Jahren gezeigt, dass wir sehr wohl erkennen, was zu tun ist und was nicht zu tun ist, und wir werden morgen alle


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Gesetze aufmachen, die es für eine Pensionsanpassung braucht. (Zwi­schenruf des Abg. Loacker.) – Ja, lieber Gerald Loacker, wir werden Ende Juli den Wert für die Pensionsanpassung bekommen, und ich sage dir eines
ganz offen: Mir ist es lieber, es hat das eine stabile Mehrheit hier herinnen in der Hand, damit nicht das passiert, was wir in den letzten 15 Jahren schon
so oft gehabt haben (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wo ihr immer dabei wart!) – denn da setzt ja dann manchmal der normale Wissensstand aus (Abg. Meinl-Reisinger: Mit der ÖVP!) –, sondern dass wir die Pensionen so anpassen, wie es der Faktor vorsieht – aus, Ende, Amen –, dass wir uns natürlich die Schutz­klauselmechanik anschauen und dass wir uns die Aliquotierung
anschauen.

Das machen wir, aber bitte schön hört auf, alle in Panik zu versetzen! Wir reden da von über 120 000 Leuten, die pro Jahr bei uns in Pension gehen und
die jetzt höchst nervös werden. (Abg. Lindner: Aber sagen müssen wir das schon ...!) Wir haben das in den letzten beiden Jahren einer guten Lösung zuge­führt (Abg. Herr: Ja, weil wir Druck gemacht haben!), und wir werden es auch für das kommende Jahr einer Lösung zuführen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) –
Das ist meine Bitte an euch.

Wir haben ja, weil die Inflation hoch war, die Pensionen für das heurige Jahr wirklich um 9,7 Prozent angehoben, voriges Jahr um 5,8 Prozent
(Zwischenruf des Abg. Schellhorn), wir haben die Aliquotierung zwei Jahre lang ausgesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, eines möchte ich euch
schon noch zum Thema Aliquotierung sagen, denn mein Referent hat für mich direkt herausarbeiten müssen, was sich in den letzten gut 20 Jahren
bei der Aliquotierung abgespielt hat. Also bis 2003 hat es einmal gar keine ge­geben; dann hat es eine bis 2008 gegeben – das war wieder so ein be­rühmter Tag ein paar Tage vor der Wahl –, die ist natürlich ausgesetzt worden. 2008 bis 2010 hat es wieder die volle Anpassung gegeben. (Abg. Meinl-Reisinger: Da habt ihr ja mitgestimmt!)


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2011 bis 2019 – da haben wir (in Richtung SPÖ blickend) die meisten Jahre mit­einander regiert – war sie wieder ausgesetzt. Da hat es nämlich im Folge­jahr des Pensionsantritts überhaupt keine Anpassung gegeben, und wer seinen Pensionsantritt im Jänner gehabt hat, hat bis zu 23 Monate warten müs­sen, bis er wieder eine Pensionsanpassung gehabt hat. Das Ganze ist von 2011 bis 2019 gegangen.

Wieder ein paar Tage vor der Wahl – aussetzen! – ist die Aliquotierung
wieder ausgesetzt worden.

Dann haben wir in dieser Regierung – denn die Frage, ob es eine gewisse Ali­quotierung gibt, ist ja schon berechtigt –, beziehungsweise haben damals ich und Dr. Hartig, der mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand ist, uns gefragt,
was man tun kann. Dann haben wir diese Zehntelaliquotierung gemacht: Wenn jemand im Jänner in Pension geht, hat er im Folgejahr die ganze Pensions­anpassung bekommen, wenn er im Februar gegangen ist, um ein Zehntel weni­ger – das ist dann bis zum November gegangen. Wenn jemand im Novem­ber in Pension gegangen ist, hat er keine Anpassung mehr bekommen,
weil natürlich die Differenz zum Zeitpunkt der Anpassung dann schon sehr ge­ring ist. Da hat es geheißen: Das hält nie vor dem VfGH, das fliegt euch
um die Ohren! – Und siehe da, allen Unkenrufen zum Trotz: Es hat gehalten! Die Aliquotierung hat vor dem VfGH gehalten.

Wir können das ja gerne einmal in der Zukunft diskutieren, aber wir müs­sen uns auf irgendein Modell einigen.

Wir werden jedenfalls diese Themen mitnehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Daher machen wir die Gesetze auf, was Anpassungsfaktor anbelangt, was Schutzklauseln anbelangt und was Aliquotierung anbelangt. Ich bitte
aber wirklich darum, diese Panik - - (Abg. Lindner: Das hätten wir so oder so aufge­zeigt!) Das hängt ja auch nur damit zusammen, dass die Wahl am 29. Sep­tember ist, aber es ist niemandem in diesem Land geholfen, alle in eine panische


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Situation zu versetzen, denn dann haben wir nämlich genau das, Herr Kolle­ge Muchitsch, was du sagst: Dann wird hektisch und panisch geschaut,
den Pensionsantritt definitiv noch im heurigen Jahr zu machen.

Ihr habt unser Wort. Wir haben es in den vergangenen Jahren gut gelöst, wir werden es auch jetzt gut lösen, aber bitte machen wir das in einer kolle­gialen Zusammenarbeit! Wir kennen die Werte zum Teil noch gar nicht – die Schutzklausel ist ohnedies eine höchst komplexe Angelegenheit –,
sodass wir noch gar nicht wissen, auf wie viel wir beim Pensionskonto aufwerten müssen. Bei der Aliquotierung werden wir einen gangbaren Weg finden.

Ich erinnere daran, es geht auch um die Mittel, die wir aus dem Recoveryfund von der Europäischen Union erhalten. Wir reden da von Hunderten
Millionen Euro, auf die wir keinesfalls verzichten wollen. Daher ist eine kluge Lösung gescheiter als eine populistische. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.41.50

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Kollege Wöginger, Sie sind seit 2002 Teil dieses Hauses und stellen sich bei einer Debatte, die wir
nicht zum ersten Mal in diesem Haus führen, hierher und sagen: Das werden wir mitnehmen. – Gerade Sie und die Fraktion der ÖVP wären über 20 Jahre
in diesem Fall in Verantwortung gewesen (Ruf bei der ÖVP: Ihr nicht?),
endlich eine langfristige Lösung auf die Beine zu stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist wirklich vermessen, sich hierhinzustellen und zu sagen: Wir
nehmen das alles mit und werden es eh irgendwann einmal regeln. (Abg. Wöginger: Nicht irgendwann!) – Herr Kollege, Sie hätten so lange Zeit gehabt, aber machen jedes Mal wieder einen Fleckerlteppich. Genau das ist


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unsere Kritik. Wir würden gerne diskutieren, wir haben darüber diskutiert, unse­re Vorschläge liegen auf dem Tisch, aber Sie sind nicht bereit, tatsächlich
eine langfristige Lösung auf die Beine zu stellen. Es ist leider so. Man muss an dieser Stelle einfach festhalten, dass der Wille zum Dialog in diesem
Bereich nicht vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine dauerhafte, sichere Lösung für die Pensionistinnen und Pensionisten be­ziehungsweise die angehenden Pensionistinnen und Pensionisten wäre
sehr wichtig, denn wir haben diese Diskussion über die Aliquotierung jedes Jahr. Jedes Jahr gibt es dann eine halbherzige Lösung oder eine Lösung für ein,
zwei Jahre. Man muss genau deshalb wieder darüber diskutieren, weil für 2025 eben noch nichts auf die Beine gestellt worden ist.

Wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen, morgen öffnen wir alle
Gesetze, machen wir alles auf, dann muss man schon sehr stark kritisieren, dass gerade Sie es sind, die nicht langfristig und vorausschauend geplant
haben, sondern in der vorletzten Sitzung vor der Nationalratswahl das auf Druck der SPÖ beschließen wollen, weil Sie natürlich gemerkt haben, dass wir
das thematisiert haben, und jetzt zum Handeln aufgefordert sind. Sonst wäre hier nichts passiert, genauso wie bei den letzten Malen.
(Beifall bei der SPÖ.)

Aber es ist ja kein Problem, das Parlament schafft das. Das Parlament schafft es, auch noch auf die Beine zu stellen, dass die Aliquotierung auch diesmal
wieder ausgesetzt oder überhaupt abgeschafft wird. Wir stehen auch für eine langfristige Lösung bereit. Das wäre uns sehr wichtig.

Warum betone ich, dass das Parlament das schafft? – Weil es Ihr Bundes­kanzler war, der letztens in einem Interview gesagt hat, dass Parlamentarismus in der Zeit vor einer Wahl zum Kollaps des Parlaments führt. (Abg. Leichtfried:
Das ist ja unglaublich!)
Das ist eine sehr beschämende Aussage für einen ehemali­gen Abgeordneten dieses Hauses. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des
Abg. Loacker.)
Wir waren heute schon mit einer Vielzahl an Abänderungsanträ­gen, die sehr kurzfristig gekommen sind, konfrontiert (Abg. Wöginger:


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Die haben aber nicht Milliarden gekostet!) und haben unsere Kritik darüber geäu­ßert. Dieses Parlament ist grundsätzlich handlungsfähig, und ein Bundes­kanzler darf das niemals infrage stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir thematisieren diese Aliquotierung der Pension auch deshalb jedes Mal wie­der, weil Frauen natürlich eine davon extrem stark betroffene Gruppe
sind. Wir haben noch immer eine Pensionslücke von rund 40 Prozent zwischen Männern und Frauen – eine eklatante Lücke, viel zu groß. (Abg. Loacker:
Was hat das mit der Aliquotierung zu tun?)
Frauen sind auch aufgrund der Anhe­bung des Pensionsantrittsalters sehr stark davon betroffen und können
sich meistens nicht aussuchen, wann sie ihre Pension antreten. Deshalb kritisie­ren wir auch, dass die AMS-Mittel im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Programme für Frauen gekürzt worden sind. Das weisen wir auf das Schärfste zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen, dass heute nur jede dritte Angestellte und jede zweite
Arbeiterin direkt von der Erwerbstätigkeit in die Pension übertritt. Diesen Zu­stand wollen wir nicht. Wir wollen Frauen in ihrer Selbstbestimmtheit unterstützen, damit sie ihren eigenen Pensionsanspruch haben und nicht in die Altersarmut abgleiten. Wir wollen, dass Frauen ein selbstbestimmtes
Leben in Würde führen können, weil sie definitiv die Leistungsträgerinnen und vor allem die Systemerhalterinnen in diesem Land sind. Das haben wir
die letzten Jahre immer gesehen, aber Frauen sind nach wie vor sehr unbedankt. Deshalb werden wir diese Aliquotierung, die vor allem Frauen betrifft,
immer wieder thematisieren, solange es nicht endlich eine langfristig abgesi­cherte Lösung in diesem Haus gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter
Wurm. – Bitte.


17.46.58

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! – Auf der Regierungsbank sitzt niemand. Ich vermute einmal, Frau Minister Gewessler ist mit ihren


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grünen Kollegen jetzt feiern gegangen, nachdem die vier Parteien ihr das Ver­trauen ausgesprochen haben, aber gut. (Abg. Maurer – auf die ganz hinten
im Saal sitzende Bundesministerin Gewessler zeigend –: Sie ist eh da!) 
Wo? (Abg. Maurer: Hier oben! – Abg. Litschauer – auf die Sitzreihen der FPÖ zeigend –:
Zum Unterschied von deinen Kollegen!) 
– Ah, sie ist nicht feiern, gut. Frau Minister Gewessler, dann (erheitert) nehme ich das zurück. Sie haben aber heute
sicher einen Grund zum Feiern, nachdem Ihnen diese vier Parteien
das Vertrauen ausgesprochen haben.

Aber zurück zum Thema: Kollege Wöginger, auch ihr seid natürlich im Wahl­kampf, weshalb der Grund, warum ihr heute diese Aliquotierung nicht
aussetzt und das Pensionskonto nicht anpasst, relativ simpel auszumachen ist. Die ÖVP will das dann im Wahlkampf im September quasi als Wahlkampf­thema für die Pensionisten präsentieren. Das ist der Grund, warum Sie es nicht jetzt machen – weil es bis dahin verpuffen würde –, somit werden Sie es
in der Septembersitzung beschließen. Das wird also kommen, davon gehe ich aus.

Man sollte aber vielleicht noch einmal darauf hinweisen, warum das ein
Thema geworden ist: Die Ursache liegt in der galoppierenden Megainflation, die wir hatten (Abg. Loacker: Wir sind ja nicht in der Türkei!), denn in normalen
Jahren mit 1,5 Prozent, 2 Prozent Inflation war die Aliquotierung für
die Menschen nicht wirklich relevant, Kollege Loacker. Jetzt, bei Pensionserhö­hungen um 9 Prozent oder 7 Prozent, macht es sehr wohl einen Unter­schied, ob ich im Januar oder im Dezember in Pension gehe. Bei 1,5 Prozent hat das die wenigsten Leute interessiert. Deswegen hat man es in vielen Jahren
auch nicht gehabt.

Dasselbe haben wir bei der Anpassung, bei der Aufwertung des Pensionskontos, in das wir zwei Jahre oder drei Jahre verzögert diese Inflation einarbeiten.
Auch das ist natürlich ein Thema in Zeiten einer sehr, sehr hohen Inflation. Die Ursache der Inflation – das haben wir in unzähligen Sitzungen und
Gesprächen schon klargemacht – ist das Versagen dieser Bundesregierung in


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den letzten fünf Jahren. Österreich hat europaweit die höchste Inflation –
ich glaube, das sollte allgemein bekannt sein –, und die Menschen
draußen spüren es.

Was mich schon erschüttert, ist, wenn sich Herr Bundeskanzler Nehammer – weil er auch heute Thema war – vor zwei Tagen, glaube ich, bei
ProSieben oder Puls 4 – ich weiß es nicht mehr genau – hinstellt und sagt, er wird dann in der neuen Regierung sicherstellen, dass die Menschen,
die länger arbeiten wollen oder weiter in der Pension arbeiten wollen, steuerlich begünstigt werden, weil man diese Menschen braucht.

Da frage ich mich schon: Habe ich die letzten fünf Jahre irgendetwas ver­schlafen?, denn wir haben unzählige Anträge dazu eingebracht, die allesamt von der ÖVP negativ beschieden wurden. Also: Wann macht ihr das dann?
Das würde mich interessieren. Das ist wieder so ein Wahlkampfschmäh. Wir können das auch heute sofort beschließen, überhaupt kein Thema.
Aktion 60 plus heißt unser Modell, mit dem Menschen in der Pension selbstver­ständlich steuerbegünstigt arbeiten könnten. Warum das Nehammer
für die neue Regierung ankündigt, ist mir ein Rätsel, aber das kann mir vielleicht jemand von der ÖVP heute irgendwann noch erklären.

Auch ein Thema – und ich sage das zum wiederholten Male –, zu dem ich nichts von Kollegen Wöginger gehört habe, sind die Helden der Arbeit. Die Hel­den der Arbeit sind jene, die 45 Jahre zusammenbringen, die 45 Jahre arbeiten – und 45 Jahre sind genug, abschlagsfrei nach 45 Jahren in die Pension.
(Ruf bei der SPÖ: Genau!) Diese Menschen müssen wir erstens suchen und zwei­tens unterstützen. Da habe ich von der SPÖ über die letzten Jahre ein
bisschen Zuspruch bekommen, gebe ich zu (Abg. Herr: Ein bisschen? Viel!) – oder doch Unterstützung, Frau Kollegin, ja. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam noch einmal.

Genau diese Menschen erhalten das Sozialsystem in Österreich und das Steuersystem über Jahrzehnte – damit ihr dann trotzdem noch 25 Milliarden


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Euro Miese machen könnt jedes Jahr! Die erwirtschaften diese Men­schen, und die bestraft ihr. Ihr von der ÖVP seid nicht bereit, die Leistungsträger der Gesellschaft nach 45 Jahren nicht zu bestrafen. Das werden euch viele, vermute ich einmal, bei der Wahl dann auch nicht verzeihen.

Auch noch ein ganz wichtiges Thema bei den Pensionen – und auch dazu haben wir Anträge eingebracht, und auch da hat uns, glaube ich, die Sozialdemo­kratie ein bisschen unterstützt (Abg. Leichtfried: Was heißt da: glaube ich?) oder wie auch immer –: Wir würden sehr, sehr gerne seit vielen Jahren die Beitragsbeträge von Frauen in der Kindererziehung, bei denen man vier Jahre lang rund 2 000 Euro fiktiv aufs Pensionskonto eingezahlt bekommt,
erstens signifikant erhöhen und zweitens auch 14-mal im Jahr ausschütten. Wir brauchen nämlich auch die Frauen, die Kinder auf die Welt bringen – und
die sollen dann in der Pension eben nicht in der Armutsfalle landen.

Genau mit dieser Aktion – wenn das höher bewertet und dementsprechend auch 14-mal angerechnet wird (Abg. Wöginger: 14!) – wäre es für viele
Frauen, die ein, zwei, drei Kinder haben, dann überhaupt kein Problem, eine vernünftige Pension zu bekommen. (Präsidentin Bures gibt das Glocken­zeichen.) Auch da bitte ich einfach um breite Zustimmung, aber wie gesagt, ich vermute einmal – (in Richtung Präsidentin Bures) danke, Schlusssatz –,
wir werden eine FPÖ-Regierung brauchen, damit diese Dinge für die Menschen dann Wirklichkeit werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Markus Koza
zu Wort. – Bitte.


17.52.40

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher:innen! Irgendwie erle­ben wir heute ein Déjà-vu. Die gleiche Debatte wie heute haben wir ziemlich exakt vor einem Jahr gehabt, nämlich damals den Dringlichen Antrag auf


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Abschaffung der Aliquotierung – insgesamt, nicht aufs Aussetzen, sondern auf Abschaffung überhaupt.

Die SPÖ hat damals auch angekündigt, dass sie die Verfassungskonformi­tät der Aliquotierung vom VfGH prüfen lassen will. Wir haben damals einen Tag nach diesem Dringlichen Antrag das Aussetzen der Aliquotierung
für 2024 und 2025 beschlossen. Das heißt, das ist einmal so weit erledigt.

So, nun ist es ein Jahr später und wir haben im Prinzip die gleiche Diskussion, al­lerdings unter ein bisschen einem anderen Vorzeichen. Erstens hat nämlich
der VfGH gesagt, die Aliquotierung ist nicht verfassungswidrig, und
zweitens – ja, das stimmt, wir haben noch kein Gesetz da, das die Frage der Aliquotierung, der Schutzklauseln regelt, aber –: Wir haben heute relativ klar die Ankündigung vom Sozialminister und vom Klubobmann und Sozialsprecher
der ÖVP, August Wöginger, dass es etwas geben wird, dass wir natür­lich auch entsprechend handeln werden und etwas machen werden, wie wir es auch in den letzten Jahren getan haben. Der Vorteil ist: Wir haben zum
Glück so viel Flexibilität im Pensionssystem, in unserem Pensionsgesetz, dass wir entsprechend pragmatisch handeln können. – So weit einmal zu dem Thema.

Jetzt aber vielleicht ein paar grundlegende Bemerkungen. Zuallererst:
Die Aliquotierung ist ja seit dem Jahr 2023 in Kraft, aber interessanterweise gar nie in Kraft getreten – ganz einfach weil die Inflationsraten so hoch waren.
Eine Aliquotierung bei einer Inflationsrate von 1 bis 2 Prozent spürt in Wirklichkeit kein Mensch oder nur ganz gering (Abg. Wurm: Hab’ ich ja gesagt! Hab’ ich ja gesagt!) – bei hohen Inflationsraten natürlich schon, das ist
keine Frage. Darum haben wir es für richtig, für wichtig und für sinnvoll gehal­ten, dass wir in diesem Fall natürlich diese Einkommensverluste in der
Pension abfedern. Darum ist sie in Wirklichkeit seit 2023 nie in Kraft getreten. – Das einmal ganz zu Beginn der Rede.

Ob die Aliquotierung die perfekte Lösung ist, eine langfristige Lösung,
das sei auch einmal dahingestellt, darüber kann man schon diskutieren. Sie ist


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auch nicht in Stein gemeißelt. Sie ist halt auch ein Versuch, zwischen
einerseits der Vollanpassung im ersten Jahr und andererseits der Nullanpassung im ersten Jahr einen gewissen Mittelweg zu wählen – denn, meine sehr
geehrten Damen und Herren, wie war es denn tatsächlich in der Vergangen­heit? – Zum Thema langfristiger Lösungen: Diese langfristigen Lösungen, gerade bei der Erstanpassung, hat es ja überhaupt nie gegeben!

Reden wir doch dann nicht von irgendetwas! 2003 bis 2009 wurde die Erstanpassung von der FPÖ unter einem FPÖ-Sozialminister abgeschafft; das heißt, damals hat es sie nicht gegeben. Dann wurde sie 2009 kurz einge­führt, dann 2010 bis 2019 wieder abgeschafft – damals unter einem sozialdemokratischen Arbeits- und Sozialminister, Rudolf Hundstorfer, ÖGB-Chef. Er war alles andere als ein böser Neoliberaler, alles andere als
ein Pensionsräuber. Und jede Menge Abgeordnete hier – Christoph Matznetter, Josef Muchitsch, Kai Jan Krainer – waren dabei, als das damals abge­schafft wurde (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Wöginger und Loacker) und wir die Nullanpassung gehabt haben. Dann ist sie 2019
wieder eingeführt worden und 2023 dann von dieser Regierung in Richtung Aliquotierung gebracht worden, weil wir gehofft haben, dass vielleicht
einmal eine Kompromisslösung dazwischen hilft, damit wir eine längere Lösung haben.

Entschuldigung, aber warum ist gerade die Erstanpassung so oft einge­führt und wieder abgeschafft worden? – Ganz einfach auch weil in der Regel, wenn Reformen notwendig waren und wenn man der Meinung war,
man muss gewisse Sparmaßnahmen setzen – das haben alle Parteien hier ge­macht, ÖVP, FPÖ und SPÖ –, das die einfachste Methode war
und gleichzeitig auch die, die die Leute am wenigsten unmittelbar betroffen hat.

So ehrlich sollte man schon sein, dass man weiß, wenn man heute eine Vollanpassung im ersten Jahr einführt, dass sie wahrscheinlich keine besonders lange Lebensdauer haben wird und dann irgendwann abgeschafft wird.
Das will ich eigentlich nicht haben. Ich will eine Kompromisslösung, ich will eine


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Mittellösung, und wenn es gescheitere Lösungen als die Aliquotierung
gibt, nehme ich das gerne an. Eines weiß ich aber: Die Vollanpassung im ersten Jahr hat keine lange Lebensdauer, weil sie bis jetzt noch nie eine lange Lebensdauer gehabt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend noch – der Sozialminister hat es schon angekündigt –: Es wird ein Gesamtpaket für Pensionist:innen geben; ich hoffe auch, es wird möglichst
bald verkündet werden können. Wir warten, bis die Inflationszahlen –
die endgültigen – da sind. Wir haben in den letzten Jahren sichergestellt, dass wir die Teuerung sowohl bei bestehenden Pensionen als auch für künftige Pensionist:innen abgelten, und dabei wird es auch bleiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald
Loacker. – Bitte.


17.57.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Sozialdemokraten spielen sich ja hier in den letzten Wochen als die Hüter des Budgets auf – und da wird der Finanzminister dafür gebasht, dass er ein Rie­sendefizit hinterlässt. Die Kritik ist berechtigt, aber dann kommt jetzt Kolle­ge Muchitsch heraus und verlangt, dass man noch mehr Geld hinausbläst, noch mehr Schulden macht.

Wir geben im heurigen Jahr für Zuschüsse in die Pensionssysteme 29,5 Milliarden Euro aus – und davon (eine Tafel auf das Redner:innenpult stellend, auf der die im Folgenden erwähnten Ausgaben in Form eines Flächendia­gramms dargestellt sind) gehen nicht ganz 2 Milliarden Euro auf Besserstellungen im Pensionsrecht, die über die Inflationsrate hinausgegangen sind, was
diese Regierung in den letzten Jahren beschlossen hat, was an Add-ons im Pen­sionsrecht gemacht wurde.


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Diese zusätzliche Pensionserhöhung im ersten Jahr (auf die Tafel am Redner:innenpult zeigend), im Rumpfpensionsjahr, die es früher nicht gegeben hat, das ist der Teil, der im Vollausbau auf 800 Millionen Euro im Jahr geht.

Warum so viel, das ist ja nur einmal? – Ja, der Betreffende geht in Pension, be­kommt diese Extraerhöhung, nimmt die 23 Jahre lang mit – und jedes
Jahr die Erhöhung von der Erhöhung – und hat einen wunderbaren Zinseszinsef­fekt. Man hat damit eigentlich das Pensionssystem insgesamt um eine Pen­sionserhöhung verteuert.

Das wurde dann aliquotiert, weil man der Meinung war, jemand, der im Dezem­ber in Pension geht, soll nicht am 1. Jänner eine volle Erhöhung bekommen.
Was hatte die Aliquotierung zur Folge? – Jetzt, mit einer Aliquotierungslösung, ist es günstiger, im Mai in Pension zu gehen statt im Juni, weil man dann
am nächsten 1. Jänner die bessere Erhöhung bekommt. – Also war der Schluss: Dann schaffen wir die Aliquotierung ab, dann ist der Mai kein Vorteil
gegenüber dem Juni und kein Vorteil gegenüber dem Juli und dem August. – Die Folgewirkung war, dass es jetzt gescheiter ist, am 1. Dezember in Pension
zu gehen als am darauffolgenden 1. Jänner.

Das war der Vorteil der alten Lösung, als man für Rumpfjahre keine Erhöhung be­kommen hat. Vorteil des Systems Wolfgang Schüssel: Ich muss ein volles
Jahr in Pension gewesen sein; da hat sich der zusätzliche Monat jedenfalls aus­gezahlt, das war logisch, das war gerecht, das war auch besser finanzierbar
als das, was Sie da an Geld verteilen. (Der Redner zeigt auf die Tafel mit dem Flä­chendiagramm.) Da, wo der pinke Strich ist, ist diese zusätzliche Erhöhung
im ersten Pensionsjahr zu sehen.

Damit ist es aber noch nicht genug, man redet ja auch noch von einer Schutzklausel. Was heißt Schutzklausel? – Wenn jemand 45 Erwerbsjahre hat, sein Pensionskonto 45 Jahre lang aufgewertet worden ist und dann im
letzten Jahr die Inflation höher ist als der Aufwertungsfaktor, dann braucht er eine Schutzklausel!? Entschuldigung, das können nur Leute beschließen,


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die nicht verstanden haben, wie das System funktioniert, weil es,
wenn ein Pensionskonto über 45 Jahre in der Regel stärker aufgewertet wurde als die Inflationsrate, auf dieses Jahr einfach nicht ankommt.

Man muss auch sehen: Es gibt nichts zu verteilen. Was steht den
30 Milliarden Euro Zuschüssen für die Pensionen im Jahr an Ausgaben für die Jungen gegenüber? – Dem steht nichts gegenüber. Es ist ja auch eine
Frage von Generationengerechtigkeit. (Beifall bei den NEOS.) Wir brauchen ein Pensionssystem, das auch in 20 und in 30 Jahren noch funktioniert;
das heißt, dass wir nicht heute schon alles auf Kosten derer, die in 20, 30, 40 und 50 Jahren in Pension gehen, ausgeben können. Es ist in hohem
Maße sozial, an die zu denken, die in Zukunft auch noch eine Pension haben wollen – und nicht nur an die, die morgen in Pension gehen und deren
Stimme ich vielleicht gerne am 29. September hätte. Ich halte es wirklich für hochgradig unmoralisch, nur an den nächsten Wahltag zu denken. Das ist es, was hier passiert.

Lieber Klubobmann Wöginger, du sagst, wir machen das Gesetz auf –
das ist ja die Gefahr! Am 18. September, wenn das Gesetz offen ist, kann eine verrückte Parlamentsmehrheit elf Tage vor der Wahl wieder die Millionen
in Hundertschaften hinausblasen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr seid da jedes Mal dabei, im Geld verblasen seid ihr die Allerärgsten, ihr pfeift euch gar
nichts, die nächste Generation ist euch wirklich piepschnurzegal! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ja, ihr denkt immer nur an den
eigenen Vorteil – Klientelpolitik! Wirklich, es ist peinlich. (Zwischenruf des
Abg. Matznetter. – Heiterkeit des Abg. Wurm.)

Die Freiheitlichen sind mit dabei – die Sozis und die Nationalen mit in einem Boot, wie man es kennt. (Abg. Herr: Parlamentarismus!) Wir brauchen Politiker mit Verantwortung und Anstand, die nicht nur an den nächsten Wahltag, sondern
an die nächste Generation denken. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

18.02


18.00.00


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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Loacker, den Ausdruck eine „verrückte“ Mehrheit im Parlament weise ich auf das Allerschärfste als Respekt­losigkeit gegenüber diesem Haus zurück. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Zu diesem Punkt ist nun niemand mehr dazu zu Wort gemeldet.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 3146/A eine Frist bis 8. Juli 2024 zu
setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Holzleitner: Was ist, Herr Kollege Wöginger, wenn’s eh
morgen ...?! – Abg. Wöginger: Ich mach’ ja nicht, was du vorschlägst!)
 – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

18.03.3420. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2455 d.B.): Bundesgesetz über die Einfüh­rung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuer­bares-Gas-Gesetz – EGG) (2665 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich die Verhandlungen zur Tages­ordnung wieder auf, wir gelangen zum 20. Punkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.04.04

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätztes Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich präsentiere Ihnen heute die Chronologie des Scheiterns dieser Bundesregierung:


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Im Jänner 2023, vor über eineinhalb Jahren hat die Regierung sich in
Mauerbach entschlossen, ein EGG ins Parlament zu bringen; danach hat es über 14 Monate gedauert, bis dieses Gesetz hier im Parlament angekommen
ist und uns vorgelegt wurde. Wenn ich mir das Gesetz,f das uns heute vorliegt, so ansehe, dann frage ich mich wirklich: Was ist in diesen 14 Monaten
passiert?

Um es vorweg einmal ganz klarzustellen: Die SPÖ ist für erneuerbares Gas (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!), es ist und wird notwendig sein, das Potenzial
von erneuerbarem Gas zu aktivieren, damit die Industrie klimaneutral
wird. (Zwischenruf des Abg. Schnabel. – Abg. Gerstl: ... leere Worte ...!) – Ihr braucht nicht so nervös zu sein. Horcht ein bisschen zu, dann könnt ihr euch eh
melden! (Beifall bei der SPÖ.) Daher stehen wir seitens der SPÖ für ein kostenef­fizientes Erneuerbares-Gas-Gesetz, von dem alle etwas haben sollen. Statt einem Quotenmodell wollten wir von Anfang an ein Marktprämienmodell, wie es bereits bei anderen Erneuerbarenanlagen – Fotovoltaik, Wind – auch schon erprobt ist. Wofür wir nicht stehen, ist ein Gesetz, das den einen Übergewinne beschert, während die anderen erneut eine Teuerungsexplosion zu erwar­ten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

ÖVP und Grüne wollen anscheinend, dass die Gaskosten wieder explodieren. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Wir haben in Österreich nach
wie vor die höchsten Gaspreise in ganz Europa, das sei nur so erwähnt. ÖVP und Grüne wollen, dass kostbare Lebensmittel wie Mais und Getreide in den Biogasanlagen verheizt werden; das heizt die Teuerung der Lebensmittel weiter an und ist für die Umwelt eine absolute Katastrophe. ÖVP und Grüne
wollen, dass die Preise für die Fernwärme erneut ansteigen, was erneut dazu führt, dass sich viele Leute das Heizen nicht mehr leisten können, die
auch jetzt schon Probleme haben. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich kann Ihnen nicht sagen, warum die Grünen das wollen. Ich bin überzeugt davon, dass in den Reihen der Grünen sehr viele mit sozialem Haus-


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verstand sitzen (Abg. Lukas Hammer: Das Problem ist, dass du keine Gesetzesvor­schläge lesen kannst, anscheinend!), aber wahrscheinlich, Frau Ministerin,
wollen Sie mit dem Gesetz auch ihren Koalitionspartner bei Laune halten. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wir haben ja heute doch schon sehr,
sehr viel darüber gehört, welche Probleme es seit dem richtigen und wichtigen Entschluss zum Renaturierungsgesetz gegeben hat. Ich kann Ihnen aber
genau sagen, warum Teile der ÖVP dieses Gesetz so sehr wollen: weil einige wenige damit massive Übergewinne machen würden (Beifall bei der
SPÖ),
während die Haushaltskunden und Sie mit den Klein- und Mittelbetrieben wieder enorme Kostensteigerungen hätten.

Ich sage Ihnen allerdings eines: Die SPÖ steht auf der Seite der Menschen
und ist für so ein Lobbyistengesetz nicht zu haben. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Strasser: Boah, ein Wahnsinn!)
Ich weiß schon, was jetzt kommt: Die SPÖ sei gegen den Klimaschutz und gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Liebe Regierungsparteien, das geht sich nicht mehr aus. Wir haben es auch in den letzten viereinhalb Jahren bewiesen, dass wir sehr viele Gesetze
mit euch mitbeschlossen haben,

Liebe Regierungsparteien, ich frage euch: Wer hat seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine nichts unternommen, um weniger Russengas in Österreich zu haben? Wer hat es zugelassen, dass im März 2024 in Österreich
immer noch 93 Prozent des Gases aus Russland kommt? Wer hat die Infra­struktur für die Ermöglichung von Alternativen nicht ausgebaut? Wer
hat die Gaspreisexplosion einfach durchrauschen lassen, ohne etwas zu unter­nehmen? Wer blockiert das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das
Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz, das Klimaschutzgesetz, das Geothermiegesetz und viele mehr? Wer hat als einziges Land der EU
keinen Energie- und Klimaplan eingereicht und riskiert Strafzahlungen in Mil­lionenhöhe? – Das waren Sie, Sie alle von der ÖVP und von den Grünen.
(Beifall bei der SPÖ.) Man arbeitet sich aber lieber an der SPÖ ab.


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Wenn Sie jetzt sagen, dass das EGG der große Wurf ist, um sich von russischem Gas zu lösen, dann sollten wir einmal lieber bei den Fakten bleiben: Die
Ukraine wird ab 2025 kein Gas mehr von Russland nach Österreich leiten. Laut diesem Gesetz sollen 0,95 Prozent durch erneuerbares Gas in den nächs­ten zwei Jahren ersetzt werden, nicht einmal ein einziges Prozent! Gleichzeitig fordern die Landesräte von der ÖVP Sie, Frau Bundesministerin, auf, sich
für den Fortbestand der Gasleitung durch die Ukraine einzusetzen. Es wirkt fast so, als wüsstet ihr nicht mehr, dass ihr gemeinsam regiert.

Wir von der SPÖ tragen Verantwortung, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ab mit dem EGG in die nächste Legislaturperiode, und dann wird es mit einer gestärkten, starken SPÖ ein gutes Gesetz geben! – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte sehr. (Ruf bei der SPÖ: ... die Wahrheit gesagt jetzt! – Abg. Eßl: Das war
aber auch schon mal besser!)


18.09.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine
Damen und Herren! Ich darf zunächst im Namen meiner lieben Kollegen Eva-Maria Himmelbauer eine Besuchergruppe aus dem Bezirk Hollabrunn
begrüßen. Herzlich willkommen an alle Gäste heute im Haus! (Beifall bei ÖVP
und SPÖ.)

Kollege Schroll, wir reden heute über das Erneuerbares-Gas-Gesetz,
über das EGG. Es werden jetzt schon überwiegend Reststoffe eingesetzt – und laut unserem Abänderungsantrag und Vorschlag, den du kennst, würden
bis 2035 die eingesetzten Mengen von Mais und Getreide in Stufen sozusagen gegen null gehen. Es gibt bestehende Gesetzesmaterien, wo jetzt schon
drinnen steht, dass in Neuanlagen kein Mais und kein Getreide mehr eingesetzt werden.


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Ich kenne kein marktorientiertes Gesetz, das so viele Sicherheitsschleifen
in sich trägt, zum einen für die Erzeuger, damit letztendlich verhindert wird, dass es, wie wir es in den letzten zehn, 15 Jahren erlebt haben, dann Demons­trationen gibt, weil Familienbetriebe oder auch größere Anlagen sozusagen um die Existenz bangen und irgendwo kurzfristig Beschlüsse notwendig sind.

Es ist auch für die Händler Vorsorge getroffen, weil nur jene Mengen an grünem Gas, die wirklich am Markt sind, relevant für die Quotenanrechnung sind.
Es ist auch für die Konsumentinnen und Konsumenten ein Paragraf eingefügt worden, dass über die Händler preisdämpfende Maßnahmen mit Steuer­geld eingeführt werden können. Es ist also ein marktorientiertes Gesetz mit je­der Menge Sicherheitsschleifen.

Ich verstehe die SPÖ nicht: Sie fordert Klimaschutz ein, sie fordert Unab­hängigkeit von russischem Gas ein und dann stimmt sie diesem Gesetz nicht zu. Das ist einfach ein Widerspruch. Es ist, wie es ist, und ich muss meiner Ent­täuschung Ausdruck verleihen: Alois, du hättest im März beim ersten Zusammentreffen schon die Verhandlungen abbrechen können, denn schon seit März kommunizieren wir, dass in der kurzen Zeit einfach nur mehr das Quotensystem und kein marktorientiertes System möglich ist. (Abg. Herr: Und wer ist da schuld?) – Egal. Dann soll er offen mit uns reden und uns nicht
am Schmäh halten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schroll: Wer ist da schuld, wenn man verhandelt? – Abg. Matznetter: Am
Schmäh haltet ihr die anderen!)

Zur FPÖ: Hochinteressant – die FPÖ, die Bauernretter, diese Gene sind gerade wiederentdeckt, aber gestern und heute versagen Sie. Heute gegen dieses Grüngasgesetz zu stimmen bedeutet ganz eindeutig, gegen bäuerliche Interessen zu stimmen, denn wir brauchen das Projekt für die Klimabilanz der österrei­chischen Landwirtschaft und für die Ammoniakbilanz. (Abg. Matznetter:
Ihr braucht das Geld aus den Taschen der Österreicher!)
Jede Menge Vorverträge mit großen Abnehmern sind schon gemacht, dass zum Beispiel Maisstroh


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über dieses grüne Gas besser verwertet werden kann, auch finanziell besser ver­wertet werden kann. (Abg. Schroll: Aber nicht auf Kosten der Haushalte!)

Und was war gestern? – Max Linder und Peter Schmiedlechner haben sich
nicht einmal die Unterlagen durchgelesen. Wir haben gestern den Einheitswert über das rollierende Verfahren abgesichert, und die FPÖ war dagegen.
Axel Kassegger, sozusagen der Wirtschaftssprecher der FPÖ, hat sich eindeutig gegen die blauen Bauern durchgesetzt. So schaut es in der FPÖ aus: Die
Bauern gehen unter, wenn Kassegger etwas anschafft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Ragger: Das kennst du aus der ÖVP! Bei uns
ist das demokratisch!)

Abschließend darf ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (2455 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über die Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbares-Gas-Gesetz – EGG) in
der Fassung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie (2665 d.B.) – (TOP 20) einbringen.

Sinngemäß wird in diesem Abänderungsantrag die Quotenambition von 7,5 Terawattstunden auf 6,5 Terawattstunden festgelegt. Wir schauen, dass bis 2035 letztendlich Mais und Getreide der Vergangenheit angehören. Wir
haben einen Transparenzparagrafen mit einer Berichtspflicht eingefügt, und die­se Berichtspflicht gilt auch für das österreichische Parlament.

*****

Ich hoffe, das war korrekt.

Ich bedanke mich herzlich und ersuche um Zustimmung zu diesem Gesetz. Es wäre ein wichtiger Meilenstein für den Klimaschutz, die Wertschöpfung
und die Energieunabhängigkeit von Österreich. – Bitte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schroll: Mit 1 Prozent! – Abg.


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Strasser – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Dann jammere nicht wegen der Kosten!)

18.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (2455 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über die
Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuer­bares-Gas-Gesetz – EGG) in der Fassung des Berichts des Ausschusses für
Wirtschaft, Industrie und Energie (2665 d.B.) – (TOP 20)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben erwähnte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichts (2665 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In § 2 wird der Ausdruck „7,5 TWh“ durch den Ausdruck „6,5 TWh“
ersetzt.

2. § 5 samt Überschrift lautet:

„Pflicht der Versorger zur Erreichung einer Grün-Gas-Quote

§ 5. (1) Ab dem 1. Jänner 2024 haben Versorger, die Endverbraucher in Österreich entgeltlich beliefern, zumindest folgende Anteile der von ihnen im Vorjahr an Endverbraucher im Bundesgebiet verkauften fossilen Gasmengen durch national pro­duzierte erneuerbare Gase zu substituieren:


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Jahr

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

 

0,35%

0,95%

1,70%

3,05%

4,84%

7,10%

8,34%

jedoch insgesamt mindestens 6,5 TWh

(2) Auf die jährlich einzuhaltende Grün-Gas-Quote gemäß Abs. 1 können rezyklierte Gase in einem Ausmaß von maximal jeweils 5% der jährli­chen Substitutionsverpflichtung eines Versorgers angerechnet werden.

(3) Für die Zwecke des Abs. 1 und 7 kann Biogas

1.    bis zum 31. Dezember 2029 angerechnet werden, sofern die eingesetzten Brenn­stoffe bei Bestandsanlagen höchstens zu 25% aus den Kulturarten Getreide
und Mais bestehen;

2.    bis zum 31. Dezember 2034 angerechnet werden, sofern die eingesetzten Brenn­stoffe bei Bestandsanlagen höchstens zu15% aus den Kulturarten Getreide
und Mais bestehen;

3.    ab dem 1. Jänner 2035 angerechnet werden, sofern die eingesetzten Brennstoffe bei Bestandsanlagen zu 0% aus den Kulturarten Getreide und Mais bestehen;

4.    aus Neuanlagen, welche nach dem 31. Dezember 2024 in Betrieb gehen, ange­rechnet werden, sofern die eingesetzten Brennstoffe zu 0% aus den Kultur­arten Getreide und Mais bestehen.

(4) Wird die Substitutionsverpflichtung eines Jahres nicht erfüllt, ist die Fehlmenge bis zum 31. Dezember des nächsten Jahres durch entsprechende zusätzliche Gas­mengen zu substituieren. Die in einem Jahr entstehende Fehlmenge darf einen Anteil von maximal 30% der Substitutionsverpflichtung desselben Jahres gemäß


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Abs. 1 nicht überschreiten. Kann die Fehlmenge eines Jahres im Folgejahr durch zu­sätzliche Gasmengen substituiert werden, ist für diese Fehlmenge kein Aus­gleichsbetrag gemäß § 10 Abs. 1 zu entrichten.

(5) Bis zum 31. Dezember 2030 haben Versorger insgesamt zumindest 6,5 TWh der von ihnen in diesem Jahr an Endverbraucher verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase oder rezyklierte Gase zu substituieren, wobei der Anteil von rezy­klierten Gasen ein Ausmaß von 0,325 TWh nicht übersteigen darf.

(6) Die Regulierungsbehörde hat den Einsatz von rezyklierten Gasen gemäß Abs. 2 zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu evaluieren und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft bis spätestens Juni 2026 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vor­zulegen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieses Berichts kann die Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regio­nen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
mit Verordnung das maximale Ausmaß der auf die jährlich einzuhaltende Grün-Gas-Quote anzurechnenden rezyklierten Gase erhöhen.

(7) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft mit Verordnung die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote für den Zeitraum vom 1. Jänner 2031 bis zum 31. Dezember 2040 festzulegen. Die Höhe der Quote ist dabei so festzulegen, dass ab dem
1. Jänner 2035 jährlich zumindest 15 TWh der an Endverbraucher verkauften Gas­mengen durch erneuerbare Gase gedeckt werden.

(8) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und


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Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft mit Verordnung die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote (Abs. 1) erhöhen. Dabei sind insbesondere die Entwicklung des An­teils an erneuerbarem Gas am Bruttoinlandsverbrauch, die technische Machbarkeit und der technische Fortschritt zu berücksichtigen.

(9) Wenn erkennbar ist, dass die Substitutionsverpflichtung gemäß Abs. 1 nicht erreicht wird, insbesondere auf Grundlage des Marktberichts der Servicestelle gemäß § 65 Abs. 1 Z 4 EAG und darauf gestützter Prognosen, hat die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote mit Verordnung so anzupassen, dass die Erreichung des Substitutionsziels gewährleistet wird. Dabei sind insbesondere die Entwicklung des Anteils an erneuerbarem Gas am Brutto­inlandsverbrauch, die technische Machbarkeit und der technische Fortschritt zu berücksichtigen. Die EGG-Abwicklungsstelle, die Regulierungsbehörde und das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie haben der Servicestelle für erneuerbare Gase alle für die Erarbei­tung des Marktberichts gemäß § 65 Abs. 1 Z 4 EAG erforderlichen Daten zur Verfü­gung zu stellen.

(10) Der Bilanzgruppenkoordinator hat der Regulierungsbehörde bis zum letz­ten Tag im März jeden Jahres die von Versorgern an Endverbraucher in Österreich im Vorjahr verkauften Gasmengen und die auf deren Basis zu substituierenden Gas­mengen zu melden. Die Versorger haben dem Bilanzgruppenkoordinator auf Anfrage innerhalb von zwei Wochen alle Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind,
um die Richtigkeit der Angaben überprüfen zu können.

(11) Abweichend von § 87 Abs. 3 Z 1 EAG ist für die Zwecke dieses Bundesgesetzes erneuerbares Gas, welches in bis zum 31. Dezember 2023 in Betrieb befind­lichen Anlagen erzeugt wurde, im maximalen Ausmaß von 0,14 TWh auf die Grün-Gas-Quote anzurechnen.


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(12) Bis zum Jahr 2030 reduziert sich die jährliche Substitutionsverpflichtung
gemäß Abs. 1 für Versorger um jenen Anteil, welcher der jährlichen Abnahmemenge entspricht, über die er mit einem Biogasanlagenbetreiber einen Energieliefer­vertrag abgeschlossen hat, sofern

1.    für den Anschluss der Biogasanlage an das öffentliche Gasnetz bereits ein Netz­zugangsvertrag abgeschlossen wurde und alle für die Einspeisung von Gas
in das öffentliche Gasnetz erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen der jeweils zuständigen Behörde erteilt wurden oder als erteilt gelten,

2.    die Biogasanlage aus technischen Gründen, die nicht im Einflussbereich
des Anlagenbetreibers liegen, nicht in Betrieb genommen oder nicht ans Gasnetz angeschlossen werden konnte und

3.    die Biogasanlage bis zum Ablauf des Jahres 2030 in Betrieb genommen
und an das öffentliche Gasnetz angeschlossen wurde.

Versorger haben der Regulierungsbehörde bis zum letzten Tag im März jeden Jahres durch Vorlage entsprechender Unterlagen glaubhaft zu machen, dass die Voraus­setzungen nach diesem Absatz vorliegen.“

3. § 6 samt Überschrift lautet:

„Nachweis der Erreichung der Grün-Gas-Quote

§ 6. (1) Für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2030 haben Versorger der Regu­lierungsbehörde bis zum letzten Tag im März jeden Jahres die von ihnen
im vergangenen Jahr zu substituierenden Gasmengen ausschließlich mittels Her­kunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifikaten mit Grüngassie­gel gemäß §§ 85 bis 87 EAG zu belegen. Bei der Ausstellung eines Grüngassiegels gemäß § 85 Abs. 3 EAG für erneuerbaren Wasserstoff sind die Anforderun­gen und Kriterien der Verordnung gemäß § 6 Abs. 4 EAG einzuhalten. Auch Her­kunftsnachweise, die infolge der Umwandlung von Gas in Strom oder Wärme
ihre Gültigkeit verloren haben, dürfen als Nachweis verwendet werden. Abweichend


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von § 85 EAG hat die Regulierungsbehörde unter sinngemäßer Anwendung
der §§ 81 bis 83 EAG Herkunftsnachweise oder Grünzertifikate für rezyklierte Gase zum Zweck des Nachweises der Erreichung der Grün-Gas-Quote im Ausmaß
gemäß § 5 Abs. 2 auszustellen.

(2) Herkunftsnachweise, die als Beleg für die Einhaltung der Substitutionsverpflich­tung verwendet werden, müssen als Beleg für den Anteil erneuerbarer Gase
bei der Ausweisung der Herkunft gemäß § 130 Abs. 3 GWG 2011 verwendet werden. Für den Beleg der zu substituierenden Gasmengen sind jeweils Herkunftsnach­weise oder Grünzertifikate zu verwenden, die im vorhergehenden Kalenderjahr in der Herkunftsnachweisdatenbank der Regulierungsbehörde generiert wurden.

(3) Zusammen mit dem Beleg gemäß Abs. 1 haben Versorger der Regulierungsbehör­de die Einhaltung der Höchstgrenzen gemäß § 5 Abs. 3 zu bestätigen.

(4) Für den Zeitraum vom 1. Jänner 2031 bis zum 31. Dezember 2040 haben Ver­sorger der Regulierungsbehörde jährlich bis zum letzten Tag im März jeden
Jahres zumindest die von ihnen im Vorjahr zu substituierenden Gasmengen des Jah­res 2030 mittels Herkunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifika­ten mit Grüngassiegel gemäß §§ 85 bis 87 EAG zu belegen. Für darüber hinausgehen­de zu substituierende Gasmengen sind in die Verordnung nach § 5 Abs. 6
Vorgaben zur Art des Nachweises der Einhaltung der Grün-Gas-Quote aufzunehmen.

(5) Der Bilanzgruppenkoordinator hat der Servicestelle für erneuerbare Gase
und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf Anfrage die nach § 5 Abs. 8 eingereichten Unterlagen
zur Verfügung zu stellen.

(6) Die Regulierungsbehörde bestätigt bis zum letzten Tag im Juni jeden Jahres die Erfüllung der Grün-Gas-Quote des vergangenen Jahres durch den Versorger.
Bei Nichterfüllung der Grün Gas Quote ist ein Bescheid gemäß § 10
Abs. 1 zu erlassen.“


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4. § 10 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Höhe des Ausgleichsbetrages beträgt bis zum 31. Dezember 2025 12,5 Cent pro kWh. Ab dem Kalenderjahr 2026 hat die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie den Ausgleichsbetrag auf Basis eines oder mehrerer Gutachten mit Verordnung im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirt­schaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft festzulegen. Bis
zum Inkrafttreten der Verordnung gilt der erste Satz dieses Absatzes.“

5. § 13 samt Überschrift lautet:

„Transparenz und Evaluierung

§ 13. (1) Die Regulierungsbehörde hat die mit diesem Bundesgesetz geschaffene Substitutionsverpflichtung unter Heranziehung externer Fachexperten drei
Jahre nach dessen Inkrafttreten zu evaluieren und dem Nationalrat,
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft spätes­tens im Dezember 2026 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vor­zulegen. Nach der erstmaligen Evaluierung hat eine Evaluierung und Berichterstat­tung über die Ergebnisse alle fünf Jahre zu erfolgen. Die Berichte über die
Ergebnisse der Evaluierung sind von der Regulierungsbehörde in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Die Servicestelle für erneuerbare Gase, die Bilanzgruppenver­antwortlichen und die Netzbetreiber haben der Regulierungsbehörde sowie den bei­gezogenen Fachexperten auf Anfrage innerhalb von vier Wochen die zu die­sem Zweck notwendigen Daten zu übermitteln.

(2) Die Regulierungsbehörde hat bis zum 31. Juli jeden Jahres einen Bericht über die Erfüllung der Grün-Gas-Quote gemäß § 6 Abs. 6 zu veröffentlichen. Der Bericht
muss Angaben zur insgesamt abgesetzten Gasmenge, zum Absatz von erneuerbarem Gas und detaillierte Informationen zum Anteil und zur Anzahl der Versorger


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samt Absatzmenge, die die Substitutionsverpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 erfüllen oder nicht erfüllen, enthalten. Dem Nationalrat, der Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Service­stelle für erneuerbare Gase ist der Bericht einschließlich der Angabe jener
Versorger, welche die Substitutionsverpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 nicht erfüllen, samt der Zielverfehlung und der insgesamt abgesetzten Gasmenge zu
übermitteln.“

6. § 14 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1.   seinen Verpflichtungen als Bilanzgruppenkoordinator oder Versorger
gemäß § 5 Abs. 10 nicht nachkommt;“

7. § 15 Z 1 lautet:

„1.   Hinsichtlich § 5 Abs. 5 bis 9 sowie § 10 Abs. 2 die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Ein­vernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft;“

Begründung

Zu Z 2 (§ 5):

Abs. 3 sieht Höchstgrenzen für den Einsatz von Getreide und Mais als Brennstoff zur Erzeugung von Biogas vor. Biogas aus bestehende Biogasanlagen kann bis
zum 31. Dezember 2029 auf die Grün-Gas-Quote gemäß Abs. 1 angerechnet wer­den, sofern die eingesetzten Brennstoffe höchstens zu 25% aus den Kultur­arten Getreide und Mais bestehen. Für den Zeitraum zwischen 1. Jänner 2030 und 31. Dezember 2034 dürfen die eingesetzten Brennstoffe in bestehenden Biogasanlagen höchstens zu 15% aus den Kulturarten Getreide und Mais bestehen. Ab dem 1. Jänner 2035 darf Biogas aus bestehenden Biogasanlagen nur dann
auf die Grün-Gas-Quote gemäß Abs. 1 angerechnet werden, wenn die eingesetzten Brennstoffe zu 0% aus den Kulturarten Getreide und Mais bestehen.


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Gemäß Abs. 3 Z 4 kann Biogas aus einer neu errichteten Anlage zur Erzeugung von erneuerbarem Gas, die nach dem 31. Dezember 2024 in Betrieb geht, auf die
Grün-Gas-Quote gemäß Abs. 1 angerechnet werden, wenn die eingesetzten Brenn­stoffe zu 0% aus den Kulturarten Getreide und Mais besteht.

Die Abgrenzung zwischen Bestandsanlagen und neu errichteten Anlagen orientiert sich an der im EAG getroffenen Unterscheidung (vgl. etwa § 61 EAG zur „Neu­errichtung“).

Die Quote gemäß Abs. 9 ist mit Verordnung im gleichen Jahr, in dem der Marktbe­richt von der Servicestelle für erneuerbare Gase der Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vorgelegt wird, herabzusetzen, wenn erkennbar ist, dass sie von Versorgern nicht erreicht
werden kann. Der Marktbericht ist jährlich bis zum 31. März vorzulegen, die Ver­ordnung ist gegebenenfalls bis zum darauffolgenden 30. Juni zu erlassen.

Mit dem letzten Satz in Abs. 9 wird sichergestellt, dass der Servicestelle für erneu­erbare Gase alle erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt werden, um vor­handene und prognostizierte Kapazitäten an erneuerbaren Gasen gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 zuverlässig abschätzen zu können.

Zu Z 4 (§ 10 Abs. 2):

Der Ausgleichsbetrag wird zunächst auf 12,5 Cent/kWh abgesenkt und soll ab dem Jahr 2026 mit Verordnung neu festgelegt werden. Für die Weiterverrechnung von Kosten zur Erreichung der Grün-Gas-Quote gilt das Preisänderungsrecht gemäß § 12; hierbei ist jedoch eine doppelte Weiterverrechnung von Kosten unzulässig.

Zu Z 5 (§ 13):

Der Bericht, den die Regulierungsbehörde auf Grundlage der Evaluierung der Substitutionsverpflichtung erstellt, ist neben der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesmi­nister für Arbeit und Wirtschaft auch dem Nationalrat vorzulegen.


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Dies gilt ebenso für den jährlichen Bericht über die Erfüllung der Grün-Gas-Quote ge­mäß Abs. 2.

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, es wurde der Abänderungsantrag insofern korrekt eingebracht, als Sie ihn ja nur in den Grundzügen erläu­tern mussten. Er ist ohnedies verteilt worden und damit steht er auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Kassegger, Sie brauchen nur mehr das Mikrofon zu nehmen. – Bitte.


18.14.03

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Kollege Strasser spricht permanent von einem marktorientierten Modell. Was Sie hier vorgelegt haben, hat mit einem marktorientierten Modell genau gar nichts zu tun, sondern
ist ein sehr fantasieloses Modell mit zu hohen Förderungen. (Abg. Lukas Hammer: Es stehen keine Förderungen drinnen!)

Sie sind nicht etwa auf Vorschläge eingegangen, dass man eben ein markt­basiertes Premiummodell nimmt, so wie es im Ökostromregime erfolgreich zele­briert wird. Nein, Sie sagen, wir fördern das beziehungsweise wir bestra­fen diejenigen, die nicht in der Lage sind, jetzt Grüngas oder erneuerbares Gas zu besorgen.

Es stimmen einfach die Zahlen nicht. In diesem Gesetz ist zu viel Ideologie,
zu wenig Ökonomie und zu wenig Hausverstand drinnen. Dem Grunde nach ist es gut, aber die Ausführung und die Zahlen stimmen nicht. Erneuerbares
Gas ist gut, insbesondere auch um zu diversifizieren, um Abhängigkeiten auch von russischem Gas zu senken, was Ihnen im Übrigen bis dato überhaupt
nicht gelungen ist. (Abg. Reimon: Das wollt ihr aber nicht, oder?) Es gibt aber sehr wohl Möglichkeiten, bei denen Sie permanent schlafen.


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Ich sage zum Beispiel nur WAG-Loop, der natürlich die Möglichkeit öffnet, alternatives LNG aus Rotterdam oder von sonst wo zu bekommen. In Kroatien werden LNG-Terminals ausgebaut, da gibt es die Möglichkeit, sich daran
zu beteiligen. Da wird geschlafen.

Es gibt etwa in Niederösterreich große Gasvorkommen, das ist aber alles böse, das darf man nicht fördern. Es gibt riesige Geothermievorkommen im
Wiener Becken, wo die Regierung permanent blockiert, diese zu nutzen. Da könnte man halb Wien damit – und nicht mit russischem Gas – heizen.
Da reden wir von ganz anderen Quantitäten als diese Mickymausquantitäten, die in diesem Gesetz um sehr, sehr viel Geld möglicherweise erzielt werden
könnten. Da reden wir von maximal 10 Prozent, jetzt haben Sie es auf 8 Prozent, auf ungefähr 6 Terawattstunden bei einem Gesamtbedarf von 80
bis 90 Terawatt­stunden runtergesetzt.

Ich bin auch nicht von dieser Technologie überzeugt, nämlich Biomethan
über Abfall, auch über Lebensmittel zu machen. Natürlich sind auch ganz lang­fristige Übergangsregelungen drinnen, wo sie Getreide und Mais dann zu Methan machen, Pellets und Hackschnitzel zu Methan zu machen. Es gibt ande­re Technologien, die meines Erachtens erfolgsversprechender sind, nämlich Wasserstofftechnologie, womit wir das Problem lösen, hochvolatilen Überschussstrom, den wir mittlerweile aufgrund des Ausbaus der Erneuerbaren aus PV, Wind und Wasser im Sommer haben, tatsächlich über Elektrolyse umzuwandeln und zu speichern und in den Winter zu bekommen.

Jetzt haben wir diese Absurditäten, dass wir Anlagen vom Netz nehmen müssen, die um teures Geld, um viel gefördertes Geld errichtet wurden – das
soll so sein –, und die laufen dann leer durch, weil die Netze das nicht schaffen.

Bleiben wir bei den Netzen: Wasserstoffnetze – vollkommener Stillstand,
was den Ausbau, und zwar einen langfristigen Ausbau betrifft. Da müssen wir doch jetzt schon beginnen – solche Netze baut man nicht in einem halben
Jahr, sondern in fünf, sechs, sieben Jahren –, die Wasserstoffnetze entsprechend


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auszubauen und Signale zu setzen, nämlich sowohl an die Produzenten als
auch an die Verbraucher, an die Voest, an die Industrie et cetera. Man kann doch von einem Verbraucher wie der Voest nicht verlangen, einen langfristigen strategischen Prozess anzustoßen, Transformation auf Erneuerbare, auf grünen Wasserstoff, und gleichzeitig aber nicht sicherstellen, dass die Leitungen
da sind, die die Voest beliefern.

Man kann auf der anderen Seite von Produzenten auch nicht verlangen – ich sa­ge, da gibt es meines Erachtens ganz gute Ideen, etwa vom Verbund –, grü­nen Wasserstoff herzustellen, wenn die Leitungen nicht da sind.

Ich habe Gespräche geführt: Der Ausbau, das Fitmachen dieser Leitungen würde etwa 3 Milliarden Euro kosten. Da sage ich, das macht Sinn, da öffentliches
Geld einzusetzen. Das sind ungefähr die 3 Milliarden Euro, die bis zum Jahr 2030 für dieses erneuerbare Grüngas aufzuwenden wären. Da bin ich schon der Meinung, dass dieses Geld – wir reden hier von Steuergeld, vom Geld der Steu­erzahler – wesentlich besser eingesetzt werden könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordnete Lukas Hammer. – Bitte.


18.18.46

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte
Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen heute mit dem Grüngasgesetz eines der wichtigsten Klimaschutzgesetze in dieser Legisla­turperiode. (Abg. Schroll: Na, da waren alle wichtig!) Wir wissen alle, es gibt Berei­che in der Industrie, wo wir auf den Energieträger Gas nicht verzichten
können. Klimaneutralität heißt, dass wir aus dem fossilen Gas, das wir derzeit vor allem aus Russland beziehen, raus müssen und dass wir das mit Biogas
ersetzen müssen.

Dafür – und da sind wir uns wahrscheinlich auch noch alle einig – braucht es langfristige, stabile Rahmenbedingungen, damit in Österreich in Biogas


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investiert werden kann. Genau das machen wir mit dem Grüngasgesetz, das heute vorliegt, sehr verehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strasser.)

Es geht um Klimaschutz, es geht um Energieunabhängigkeit, es geht um Energiesicherheit, es geht um Krisensicherheit.

Ich bin sehr enttäuscht von der FPÖ, dass wir uns nicht auf heimische Energie­produktion, auf heimische Arbeitsplätze, auf heimische Investitionen
einigen können, sondern dass Sie stattdessen lieber aus dem Ausland weiterhin für Milliardenbeträge Gas importieren wollen. (Abg. Kassegger: Ich
habe versucht, es zu erklären!)
Aber gut, ich bin es mittlerweile gewöhnt.

Zur SPÖ: Lieber Alois Schroll, wenn ich dir so zuhöre, habe ich das Gefühl, du hast deine Rede schon vor vielen Wochen geschrieben, und ich habe
auch das Gefühl, das war ungefähr der Zeitpunkt, an dem du dich entschieden hast, dass du diesem Gesetz gar nicht zustimmen wirst und dass du Ver­handlungen nur zum Schein führst. (Abg. Schroll: Akzeptiere Verhandlungen!) – Wenn es Verhandlungen gewesen wären, die ehrlich und offen geführt
werden! Du stellst dich hier raus – deswegen sage ich, dass du das schon vor längerer Zeit geschrieben hast – und redest davon, dass wir weiterhin Lebensmittel in der Biogasanlage verheizen würden. – Das ist einfach falsch! (Ruf bei der SPÖ: Aha! – Abg. Schroll: Der Herr Kollege hat es anders erklärt –
bis 2035! Er hat es gerade anders geklärt! Ihr müsst euch absprechen! Ihr solltet
euch absprechen miteinander, Regierungsparteien!)

Wenn du den Abänderungsantrag liest, dann siehst du, dass da drin­steht: alle neuen Anlagen – 0 Prozent Lebensmittel, ausschließlich Reststoffe, ausschließlich Abfallstoffe. Du hast einem EAG zugestimmt. Wir
würden mit dem Grüngasgesetz aus der Verwendung von Lebensmitteln in Biogas aussteigen. Heute verwenden wir Lebensmittel im Biogas –
da hast du zugestimmt –, wir würden aussteigen. Das würdest du verhindern.


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Ganz ehrlich: Hier am Rednerpult Sonntagsreden, in Aussendungen
stellen sich die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ vielleicht hin und reden vom Klimaschutz, von Zielen, von Plänen (Abg. Schroll: 93 Prozent!), und
jedes Mal, wenn es konkret wird, jedes Mal, wenn es um Entscheidungen geht (Abg. Herr: Das stimmt doch nicht! – Abg. Schroll: Das stimmt ja nicht!),
jedes Mal, wenn es um reale Politik geht (Abg. Herr: Wir haben einiges gemeinsam beschlossen!), dann schaut es ganz anders aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP. –
Abg. Schroll: Stimmt doch nicht!)

Ihr habt gegen das Energieeffizienzgesetz gestimmt. Ihr habt den gesetzlichen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen verhindert. (Abg. Herr: Geh bitte, das
war aber schon der Koalitionspartner! – Abg. Schroll: Das war der Koalitionspartner! Vielleicht verwechselt ihr was!) 
– Nein. Dazwischen habt ihr Anträge gestellt
(Abg. Schroll: Es ist der Koalitionspartner, der eure Ministerin angeklagt hat!), um den CO2-Preis abzuschaffen, ihr habt Anträge gestellt, damit die Lobauautobahn gebaut wird (Abg. Schroll: Das ist irre!), und wenn ihr heute (Abg. Matz­netter: ... drauf auf dem Abänderungsantrag!) gegen dieses Klimaschutzgesetz stimmt, verliert ihr den letzten Rest an Glaubwürdigkeit im Klimaschutz,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Hörl.)

18.21


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Christoph Matznetter
zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.22.08

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben einen ziem­lich aufgeregten Lukas Hammer erlebt. Das ist natürlich kein Zufall: Wenn
Sie schauen, wer der Einbringer dieses Abänderungsantrages ist, erkennen Sie, dass derselbe Abgeordnete, der sich hierherstellt und sagt: Keine Lebens­mittel sollen in das Biogas kommen!, einen Abänderungsantrag gestellt hat, der


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gleich mit 25 Prozent Mais und Getreide beginnt. Also für so einen Um­gang mit den Zuseherinnen und Zusehern, die Wählerinnen und Wähler sind, würde ich mich entschuldigen, Lukas Hammer. (Beifall bei der SPÖ. –
Abg. Strasser: Ich würde mir die Unterlagen einmal durchlesen! Lies dir einmal die Unterlagen durch!)

In die Altanlagen wollen Sie das Geld reinschieben, nur weil Herr Strasser
mehr Geld für seine Bauern haben will. (Abg. Strasser: Ja genau, jetzt
ist es draußen!)
 – Halt, halt, halt, wir sind schon dabei: Wer zahlt die Zeche? (Abg. Strasser: Jetzt ist es draußen, SPÖ! Jetzt hat er es gesagt!) Wer zahlt die
Zeche? Ihr seid umgekippt vor den Bauernbund-Lobbyisten (Abg. Strasser: Ja, genau!), die ein Fließband haben wollen – aus der Tasche jener
(Abg. Strasser: Ja genau – danke, SPÖ!),
die die höchsten Gaspreise haben (Abg. Strasser: Super!), die von euch keinen Gaspreisdeckel bekommen haben
(Abg. Strasser: Sehr gut!)
und daher am meisten gezahlt haben. Die sollen noch mehr zahlen, damit noch mehr Geld in Anlagen fließt (Abg. Strasser: Ja
genau, genau, geht schon, gib Gas!),
die dieselben Konsumenten mit ihrem Öko­strom (Abg. Strasser: Matznetter, komm!) bereits in der Förderperiode aus­bezahlt haben. Da macht ihr mit und erwartet, dass die anderen die Räuberleiter machen? – Entschuldigung, Lukas Hammer: nein! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Weratschnig.)

Einer Förderung für einen Lobbyisten werden wir nicht zustimmen. Ihr macht einen Abänderungsantrag und ein Gesetz, mit dem nur nationales grünes
Gas reinkommen soll – wieso soll kein erneuerbares Gas aus Deutschland oder aus anderen Ländern kommen? Im 21. Jahrhundert in der Europäischen
Union schreibt ihr so ein Gesetz! Warum? – Bauernlobby, und ehrlich gesagt ist eine solche Volksvertretung nicht dazu da (Abg. Strasser: Ja genau! Danke,
SPÖ, für die Neiddebatte!
), alleine dafür zu sorgen, dass in eine Richtung Geld fließt (Abg. Strasser: Kollege, das haben wir notwendig in der Sozialdemo­kratie, die Neiddebatte!), Konsumentinnen und Konsumenten und Unternehmen aber nicht mehr wissen, wie sie die Gaspreise zahlen.


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Weil Kollege Strasser so viele Zwischenrufe macht: Kennen Sie eigent­lich einen Bernhard Karnthaler oder vielleicht sogar einen Thomas Schlager? – Das sind nämlich die Geschäftsführer der EVN Biogas GmbH. Vielleicht
sollten Sie einmal denen zuhören, die in der Branche sind. Die sagen nämlich, dass es falsch ist, die Quote zu machen, und dass man einen Marktme­chanismus braucht und dass Ihre 150 Euro pro Megawattstunde in Wahrheit ein Preisdeckel sind, der Innovation verhindert. Die Eigentümervertreterin
dort kennen Sie, das ist nämlich Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Vielleicht reden Sie zuerst einmal mit denen, bevor Sie hier behaupten, Sie
haben eine gute Lösung. Nicht einmal die wollen das! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie es sein! Wir bringen nach der Wahl eine bessere Lösung,
dann müssen sich die Grünen auch nicht von einem Bauernbund über den Tisch ziehen lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Also das war
wirklich sehr konstruktiv!)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.25.24

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin!
Hohes Haus! (Ruf bei der ÖVP: Old-style!) – Ja, old-style, um Gottes willen. Wir reden über das Erneuerbares-Gas-Gesetz und es ist alles, aber nicht
old-style. (Abg. Prinz: Die Rede von Herrn Matznetter ist old-style!) Warum ist es ein wichtiges Paket und prinzipiell wichtig, sich das anzuschauen? Ich
möchte diese Schreierei von vorher ein bisschen relativieren. Wir sind nach wie vor in einem ganz, ganz großen Ausmaß von russischem Gas abhängig.
Über 90 Prozent haben wir in den letzten paar Monaten wieder gehabt. Wir ha­ben uns in den Ausschüssen eigentlich darauf verständigt, dass es wichtig
und richtig wäre, zu diversifizieren.

Ein Punkt in dieser Diversifizierung ist halt einfach auch: Was kann man national machen? Dazu sage ich als Liberale – es fällt mir tatsächlich nicht ganz


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leicht –: Ja, wenn wir national etwas aufbauen wollen, dann müssen wir halt mit gewissen Maßnahmen vorangehen und auch investieren, damit wir tatsäch­lich eine eigene Produktion aufmachen können. Das sind keine abgeschriebenen Anlagen, Kollege Matznetter, das sind Neubauten, die jetzt geplant wer­den müssen, in die man 20 Jahre lang investieren muss. Das wissen alle – das sind nicht die Bauern –, das sind ganz viele Unternehmen, ganz viele Mittelständler, die zum Beispiel selber Lebensmittel produzieren und, und, und. Also in dem Fall finde ich dieses Bauernbashing extremst unangemessen, liebe SPÖ. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Der zweite Punkt ist: Ist dieses Gesetz perfekt gemacht? – Nein, überhaupt nicht, auch wir haben extrem viele Kritikpunkte gehabt. Der wichtigste
Punkt war für uns, dass wir sagen: Das Quotenmodell, das im Augenblick in die­sem Gesetz drinnen ist (Abg. Schroll: Nur Quoten!) – also eine gewisse
Menge muss zu einem gewissen Preis abgenommen werden –, ist nicht das, was den Markt tatsächlich herausfordern wird! – Wenn man wirklich den
Markt hineinbringen will, dann gibt es andere Modelle. Wir haben zum Beispiel das Marktprämienmodell gesehen, das man bei der Europäischen Wasser­stoffbank genommen hat – das hätte uns sehr, sehr gut gefallen –, bei dem man den Produktionspreis zum durchschnittlichen Marktpreis ausgleicht.
Damit ist man nämlich wirklich gefordert, dass man sagt: Wir wollen billiger, billiger, billiger werden, mehr produzieren!, und man so tatsächlich in
ein Marktmodell hineinkommt. Das wäre unser Weg gewesen.

Dann gibt es noch andere Dinge, legistische Dinge: Warum beginnt dieses Ge­setz 2024? – Auch das muss nicht sein; man müsste natürlich mit 2025 einsteigen, denn das rückwirkend zu fordern, ist einfach aus unserer Sicht auch nicht ganz nachvollziehbar.

Also noch einmal: Das Gesetz an sich hat schon einige Pferdefüße drinnen,
die wir nicht so gehabt hätten, aber wer A sagt, muss halt B sagen, und wenn wir von russischem Gas unabhängiger werden wollen, dann müssen wir etwas
tun, national etwas aufbauen – deswegen symbolisch von unserer Seite: Ja, wir


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müssen das machen, und deswegen gibt es auch prinzipiell unsere Zustimmung zu diesem Grüngaspaket. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

18.28


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.28.20

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher im Saal, aber
auch vor den Bildschirmen! Hier in diesem Haus steht heute ein Gesetzesvor­schlag zur Abstimmung, der unsere Abhängigkeit von russischem Gas schrittweise deutlich verringern würde, ein Gesetzesvorschlag, der unmittelbar unser Klima schützt. Jede einzelne Kilowattstunde Biogas ersetzt
unmittelbar fossiles Gas aus Russland.

Das Erneuerbares-Gas-Gesetz ist deswegen ein Energieunabhängigkeitsgesetz und ein Klimaschutzgesetz. Wir wollen die Gasimporte aus Russland schnellstmöglich ersetzen und so unsere Freiheit und Unabhängigkeit schützen. Rauszukommen aus russischem Gas dient nicht nur dem Ziel, im
Jahr 2040 Klimaneutralität zu erreichen, sondern trägt auch wesentlich zur Ab­sicherung der Versorgungssicherheit in Österreich bei.

Wir haben das Erneuerbares-Gas-Gesetz im Februar 2024 als Regierungsvorlage eingebracht. Seit damals gab es intensive Gespräche mit den Oppositions­parteien, um die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit zu erreichen.
Es liegt Ihnen jetzt ein Abänderungsantrag vor, in dem noch einmal an wesentli­chen Schrauben gedreht wurde, um die Zustimmung zu diesem wichtigen Klimaschutzgesetz zu ermöglichen.

Ich möchte aber zu Beginn noch einmal auf den Grund für dieses Gesetz einge­hen. Den Ausstieg aus russischem Gas machen wir aus gutem Grund:
weil uns diese Abhängigkeit teuer zu stehen kommt, weil darunter die Wirtschaft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 469

und die Menschen in Österreich leiden – wir haben das in den letzten
Jahren dramatisch erlebt – und weil fossiles Erdgas die Klimakrise immer weiter anheizt.

Was brauchen wir dafür? – Wir müssen den Gasverbrauch durch Energie­effizienz und Elektrifizierung reduzieren und dort, wo das technisch schwer ist, eben das fossile Gas durch erneuerbare Gase ersetzen.

Den Gasverbrauch zu reduzieren gelingt schon gut. Insgesamt war der Gasverbrauch im Jahr 2023 um rund ein Fünftel geringer als im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021.

Elektrifizierung und Energieeffizienz gelingen schon sehr gut. Von 2022
auf 2023 gab es 40 Prozent weniger Gaseinsatz in der Stromerzeugung. Man sieht, der Ausbau der erneuerbaren Energien wirkt.

Um aber das fossile Gas durch grüne Alternativen zu ersetzen, braucht
es auch ein passendes politisches Instrument, und das ist das Erneuerbares-Gas-Gesetz, das Ihnen jetzt vorliegt. (Beifall bei den Grünen.)

Ziel des EGG in der Ihnen vorliegenden Form ist es, die Menge von in
Österreich produzierten erneuerbaren Gasen bis zum Jahr 2030 auf 6,5 Tera­wattstunden zu erhöhen. Ja, 6,5 Terawattstunden ist 1 Terawattstunde
weniger als in der Regierungsvorlage. Wir haben diese Änderung vorgenommen, um auf die Bedenken der Oppositionsparteien, dass dieses Ziel zu ambi­tioniert und vielleicht auch zu kostspielig ist, Rücksicht zu nehmen. – Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Gasversorger und -versorgerinnen werde mit dem EGG verpflichtet, Grüngasquoten einzuhalten. Das bedeutet, dass wir im Jahr 2030 jährlich einen bestimmten Anteil an fossilem Gas durch grünes Gas erset­zen. Das bedeutet, dass die Unternehmen und eben nicht die einzelnen Perso­nen einen Beitrag zum Erreichen unserer Ziele leisten müssen. Genau


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 470

das ist der Charme dieser Quote. Da geht es nicht um einen einzelnen Landes­energieversorger, sondern darum, für ganz Österreich ein gutes System
zu machen.

Sofern es der Versorger in einem Jahr nicht schafft, die Grüngasquote zu er­reichen, muss er einen Ausgleichsbeitrag entrichten. Die Höhe des Ausgleichsbeitrags ist mit dem Abänderungsantrag auf 12,5 Cent pro Kilo­wattstunde im Jahr 2025 festgesetzt worden. Anschließend wird
der Ausgleichsbetrag auf Basis eines oder mehrerer Gutachten festgelegt. Auch das ist ein Punkt, mit dem wir den Forderungen der Sozialdemokratie einen großen Schritt entgegengekommen sind.

Ein weiterer Punkt, welcher der SPÖ in den Verhandlungen sehr wichtig war, ist, dass der Einsatz von Lebensmitteln, insbesondere von Mais oder Getreide,
in den Biogasanlagen aufhören muss. Ich teile dieses Anliegen. Unsere Ackerflä­chen sind zu wertvoll, um darauf Mais anzubauen, den wir dann verstromen
oder vergären. Deshalb sieht das Gesetz auch klar vor: Der Einsatz von Lebensmitteln in der Biogasproduktion muss ein Ende haben. Deswegen dürfen neue Anlagen nur noch Abfälle und Reststoffe verwenden.

Nun ist es aber so, dass durch historische Entscheidungen in diesem
Parlament einige Bestandsanlagen Biogas noch immer teilweise aus Mais erzeu­gen. Das sind nicht mehr viele, aber es gibt sie noch. Da hängt die
Erzeugung von erneuerbarem Strom dran, da hängen auch Arbeitsplätze dran.

Bereits im EAG haben wir mit unterschiedlichen Bestimmungen
dafür gesorgt, dass Biogas in Zukunft vorwiegend aus Reststoffen, Abfällen und Mist produziert wird. Einige wenige Anlagen dürfen aber noch bis zum 30. Betriebsjahr Mais einsetzen – das wurde hier in diesem Hohen Haus so be­schlossen, im Übrigen mit den Stimmen der Sozialdemokratie.

In den Verhandlungen zum Erneuerbares-Gas-Gesetz hat die SPÖ darauf gedrängt, dass wir den Einsatz von Getreide und Mais massiv reduzieren. Dafür


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 471

möchte ich mich auch bedanken. Wir haben daher intensiv mit der
Branche beraten, wie wir diesen Ausstieg beschleunigen können, ohne die Betriebe in den Konkurs zu schicken und Arbeitsplätze zu vernichten, und es ist uns gelungen, einen Ausstiegspfad vorzulegen, der rascher und strenger
ist, als es im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz festgelegt ist.

Wenn die SPÖ also diesem Gesetz zustimmt, dann beschleunigen wir den Aus­stieg aus der Verwendung von Lebensmitteln im Vergleich zum
Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das wir by the way mit den Stimmen der SPÖ beschlossen haben (Abg. Herr: Eben!), nochmals deutlich.

Das EGG ist ein Energieunabhängigkeitsgesetz. Es wird unsere Abhängigkeit verringern, inländische Wertschöpfung steigern, Arbeitsplätze schaffen, innovative Energietechnologien vorantreiben und zum Klimaschutz beitragen, damit die Auswirkungen der Klimakrise verringern und damit der
gesamten österreichischen Bevölkerung dienen.

Ich fände es daher wirklich sehr bedauerlich, wenn gerade jene, die immer von der inländischen Wertschöpfung, von den heimischen Arbeitsplätzen
reden, diesem Gesetz heute ihre Zustimmung verweigern würden. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in Österreich Potenziale für die Biogasproduktion. Diese
Potenziale sind ein Schatz, und diesen Schatz können wir nur gemeinsam heben. Deswegen hoffe ich immer noch, dass dieses Gesetz hier die notwendige Zweidrittelmehrheit findet, denn dieses Gesetz sichert Freiheit,
schützt das Klima.

Von vielen Seiten werden in Reden diese Werte immer hochgehalten. Heute gibt es im Hohen Haus eine Möglichkeit, mit diesem Gesetzesbeschluss diesen Worten auch tatsächlich Taten folgen zu lassen. – Vielen Dank.
(Beifall bei den Grünen.)

18.35



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 472

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmied­lechner. – Bitte.


18.36.00

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Zuseher! (Abg. Michael Hammer: Schmiedi, komm ein bisschen! Auf geht’s!) – „Auf geht’s“, sagt er. (Ruf bei der ÖVP: Theoretisch-praktisch packen wir das!) –
Genau.

Grundsätzlich ist vieles, was gesagt wurde, durchaus positiv. Es ist positiv, wenn man hergeht und sagt, man will Importabhängigkeit zurückdrängen, man
will Versorgungssicherheit schaffen.

Ich muss aber auch sagen, Frau Minister, das verstehe ich nicht ganz. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, unter dem günstigen Gas, das wir in den letzten Jahrzehnten gebraucht und verbraucht haben, haben wir gelitten. – Ich verstehe nicht, wie ein Konsument oder die Wirtschaft unter günstigem Gas leiden
kann.

Nichtsdestotrotz muss man zu diesem Gesetz auch offen und ehrlich sagen, es wird kaum landwirtschaftliche Betriebe betreffen. Es wird kaum ein landwirtschaftlicher Betrieb das jetzt angehen und eine Biogasanlage bauen.

Ich glaube eher, dass sehr wohl sehr viele Konzerne, wie Stromkonzerne,
oder der Lebensmittelhandel versuchen werden, Greenwashing zu betreiben, dass diese große Anlagen bauen, einen Haufen Steuergeld, einen Haufen Förderungen bekommen werden. Ob das wirklich sinnvoll ist,
ist stark zu bezweifeln.

Eines ist meines Erachtens wirklich scheinheilig und auch falsch von der ÖVP, scheinheilig und falsch aber auch von den Grünen.

18.37.54*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 473

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, für den Ausdruck „scheinheilig“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Litschauer: Das
war zwei Mal! Das hat er zwei Mal gesagt!)
Im weiteren Verlauf Ihrer Rede würde ich Ihnen empfehlen, davon Abstand zu nehmen.

*****


18.38.05

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): Im Endeffekt haben
sich bei einer Pressekonferenz Minister Totschnig und Frau Minister Gewessler hingestellt und haben groß angekündigt: Bei jedem Misthaufen wird jetzt
eine Biogasanlage gebaut (Abg. Hechenberger: Warum stimmt ihr denn dann nicht mit? Warum stimmt ihr nicht mit?), und aus jedem Misthaufen kann jetzt
Strom beziehungsweise Gas erzeugt werden! – Das ist ein totaler Schwachsinn, eine total falsche Einschätzung.

Im Endeffekt wird das eine Förderung für große Konzerne und Unterneh­men sein. In weiterer Folge werden bestehende Anlagen, die jetzt
vielleicht wirtschaftlich arbeiten und Strom produzieren, dazu gezwungen, wieder Investitionen zu tätigen. Da sind wir nicht dabei, und deswegen
lehnen wir das ab.

Eines muss man einfach auch zur grünen Politik sagen – Kollege Hechenberger hat es zuerst schon angekündigt –: Theoretisch haben Sie von der Praxis
keine Ahnung. (Beifall bei der FPÖ.)

18.39

18.39.11*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, für den Ausdruck „Schwachsinn“ erteile ich Ihnen natürlich auch einen Ordnungsruf.
(Abg. Wurm: Na geh! Frau Präsidentin!) Ich glaube, man kann sich in der Aus­drucksweise mäßigen und trotzdem einen deutlichen Standpunkt
vertreten.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 474

Nun gelangt Herr Abgeordneter Kurt Egger zu Wort. – Bitte.


18.39.28

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher auf der Tribüne, aber auch via Livestream! Es ist mittlerweile, glaube ich, sehr viel Inhaltliches gesagt worden. Es sind die Vorteile herausgestrichen worden. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir unabhängiger von ausländischen Gaslieferungen werden müssen. Die Diversifizierung
in der Gasversorgung ist dringend notwendig. Es ist aber schon spannend, zu sehen, wie sowohl die SPÖ als auch die FPÖ versuchen, wortreich zu
erklären, warum sie nicht dabei sind, wenn es dann tatsächlich um Klimaschutz geht.

Bei der FPÖ verstehe ich es ja ein wenig, denn die haben ja diesen auf­rechten Partnerschaftsvertrag mit Russland (Ruf bei der FPÖ: Meine Güte!) und haben halt wieder bei Putin anrufen müssen, wie sie in der Situation
stimmen sollen. Ich glaube, Kickl telefoniert noch immer (Zwischenruf des Abg. Wurm), denn er ist wieder nicht im Saal, er wird die Information bekom­men haben: nicht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP), deswegen sind sie nicht dabei. Herr Schmiedlechner hat noch probiert, das wortreich rüberzubringen,
es ist nicht ganz gelungen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Bei der SPÖ wird es dann schon ein wenig spannender. Man hört ja immer wie­der, wir müssen beim Klimaschutz nachbessern, wir müssen da etwas
tun. Es werden gute Gespräche geführt, aber es wird nur geredet, geredet, geredet. Wenn es um etwas geht, ist man einfach nicht dabei und versucht dann wieder, wortreich zu sagen, warum man nicht dabei ist. – Weil man einfach
nicht Verantwortung übernehmen will! Ich verstehe das (Abg. Schroll: Kollege, es gibt eine gute Aussendung von dem Fachverband!), man will keine Verant­wortung übernehmen, man ist sich wahrscheinlich in den eigenen Reihen nicht ganz einig (Abg. Schroll: Es gibt eine gute Aussendung vom Fachverband!
Schau die Aussendung an! 
Zwischenruf des Abg. Matznetter): Hat Doskozil das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 475

Sagen, hat Kaiser das Sagen, hat Ludwig etwas zu sagen oder darf doch
Babler etwas sagen? (Abg. Schroll: Was sagt die WKO dazu? Schau dir deine Aus­sendungen an!) Am Ende des Tages einigt man sich darauf, dass man halt
einfach nicht dabei ist. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne: Vielleicht noch einmal ein letztes Nachdenken kurz vor der Abstimmung, vielleicht seid ihr doch bei einer vernünftigen Geschichte
dabei (Abg. Schroll: Ich würde mir die Aussendungen anschauen! WKO- und Fach­verbandaussendungen!), wir würden uns sehr freuen. (Beifall bei der ÖVP.  Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

18.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


18.41.49

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Eigentlich liegen die Fakten zum Er­neuerbares-Gas-Gesetz auf dem Tisch.

Zum einen geht es um die bestehenden Biogasanlagen, die es in Öster­reich gibt – es sind knapp 280 –, und um die Zukunft dieser Biogasanlagen. In Wirklichkeit geht es um die zukünftige Umwandlung von Stromerzeu­gung auf Biogaserzeugung. Das betrifft auch den Abänderungsantrag. Ganz klar gesagt: Dort, wo Mais verarbeitet wird, reden wir von Futtermitteln und
nicht von Lebensmitteln. Das geht nicht in die Chips, das geht sozusagen maxi­mal in die Schnitzel; die schmecken auch gut, aber nur damit man das auseinanderhält.

In Richtung Neuanlagen geht es im Wesentlichen um Verwertung von Reststoffen, ob das in der Lebensmittelproduktion ist, ob das im kommunalen Bereich oder in der Industrie ist. In Wirklichkeit gibt es in der Industrie
sehr viel Interesse, in diesen Bereich einzusteigen, damit man auch das Ziel von 7,5 Terawattstunden bis 2030 erreichen kann. Da müssten wir eher


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 476

schnell und nicht erst übermorgen einsteigen – wir hätten schon gestern ein­steigen müssen.

Aus meiner Sicht ist es, wenn man die Diskussion Revue passieren lässt,
schade: Die SPÖ bedient Klassenkampf und Bauernbashing, dabei geht es in Wirklichkeit um Arbeitsplätze. (Abg. Lindner erheitert : Das sagt die
ÖVP!)
Bei der FPÖ ist offensichtlich der Freundschaftsvertrag zur Partei von Putin wichtiger als aus der fossilen Energie auszusteigen (Abg. Lindner:
Ist ja unglaublich!),
und die Abhängigkeit vom Putin-Gas wird sozusagen bleiben. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Beide Parteien, SPÖ wie FPÖ, handeln
in Wirklichkeit hinsichtlich der Zukunft verantwortungslos. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesminister Gewessler, als praktizierender Bauer und Kommu­nalpolitiker sage ich nur ein paar Worte zur Nachmittagsdebatte. (Ruf bei den Grünen: Nein!) Ich habe mir das Renaturierungsgesetz, das, was da drin­nen steht, auch angeschaut. Es bleibt einfach ein ungutes Gefühl (Abg. Voglauer: Was denn?), und ich sage Ihnen ganz direkt, ein ungutes Gefühl deswegen:
Wer definiert, was ein schlechter Zustand ist? Ich behaupte, in Österreich haben wir zu 99,9 Prozent einen guten Bodenzustand. Warum? – Weil die bäuerli­chen Familien nachhaltig bewirtschaften, wurscht ob konventionell
oder biologisch. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.)

Und: Es hat mir noch niemand garantieren können, dass keine Gefahr in Rich­tung Raumordnung besteht, wenn man an Widmungen denkt, egal ob
Gewerbe, Industrie oder Wohnraumbereich. Das kann uns niemand garantieren. Es wird auf jeden Fall teurer.

Was heißt es in Richtung Infrastrukturprojekte, ob das Hochwasserschutz
ist oder etwas anderes? Ehrlich gesagt, ich will keinen Sportplatz zurückbauen müssen. (Abg. Michael Hammer: Die Gewessler-Autobahn durch die Lobau,
die bauen wir!
) Wir haben viele Sportplätze in den Gemeinden, die früher einmal versumpftes Gebiet waren. Müssen wir das jetzt zurückbauen? Was heißt
das in Wirklichkeit? (Abg. Hofinger: Genau! Die Donauinsel bauen wir auch wieder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 477

zurück!) Müssen Leute, die vor 20 Jahren einen schönen Garten gehabt haben und jetzt in einem Teil des Gartens einen Swimmingpool haben, den jetzt zurückbauen?

In Wirklichkeit ist das biologisch Schlechteste aus meiner Sicht der Rasenro­boter (Zwischenruf der Abg. Voglauer), denn kaum schaut der Wurm he­raus, wird er auch schon niedergemäht.

Das Dritte ist schon wirklich die Gefahr der Enteignung, die sehe ich ganz ein­fach, denn umgesetzt wird es irgendwann einmal. Das müsste man uns
eigentlich garantieren, dass das nicht kommt. Darauf warte ich noch, dann kann ich vielleicht eher damit leben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ganz ehrlich gesagt, was Renaturierung und die Vorgangsweise betrifft:
Ich bin kein Jurist, aber eines weiß ich: Der Anstand hätte sich an die Verfassung gehalten, und: So sind wir nicht! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

18.45


18.45.12

Präsidentin Doris Bures: Das war jetzt schon ein wenig weit weg vom EGG.

Es ist jetzt dazu niemand mehr zu Wort gemeldet, deshalb schließe ich
die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu einer Reihe von Abstimmungen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2455 der
Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile sowie über die vom Verlangen auf namentliche Abstimmung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 478

betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält,
stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehe­nen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend §§ 2, 5, 6, 10 sowie §§ 13 bis 15 eingebracht.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung, über die §§ 1 und 16
in der Fassung der Regierungsvorlage entsprechend dem erwähnten Verlangen.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich wie immer in
Ihren Pulten. „Ja“ sind die grauen Stimmzettel, „Nein“ die rosafarbenen.

Gemäß der Geschäftsordnung werden Sie namentlich aufgerufen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die §§ 1 und 16 in der Fassung der Regie­rungsvorlage stimmen, „Ja“-Stimmzettel zu nehmen, und jene, die dagegen­stimmen, „Nein“-Stimmzettel einzuwerfen.

Nun bitte ich den Schriftführer, Abgeordneten Schallmeiner, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Kucharowits wird ihn später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer:innen Schallmeiner und Kucharowits werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 479

Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist nun beendet. Ich bitte, unter Aufsicht der Schriftführung die Stimmenzählung vorzunehmen. Zu die­sem Zweck unterbreche ich für wenige Minuten die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

18.51.56*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.51 Uhr unterbrochen und um 19 Uhr wieder aufgenommen.)

19.00.26*****


Präsident Ing. Norbert Hofer (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und
gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 169; davon „Ja“-Stimmen: 106, „Nein“-Stimmen: 63.

Die §§ 1 und 16 des Gesetzentwurfes wurden nicht mit der erforderli­chen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Proto­koll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Arlamovsky;

Baumgartner, Berlakovich Nikolaus, Bernhard, Blimlinger, Bogner-Strauß,
Böker, Brandstötter Henrike, Brandweiner, Bürstmayr;

Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski, Doppelbauer;

Egger Kurt, El-Nagashi, Ernst-Dziedzic, Eßl;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 480

Fiedler, Fischer, Fladerer, Fürlinger;

Gahr, Gerstl, Gödl, Götze, Grebien, Grünberg;

Hamann Sibylle, Hammer Lukas, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Himmelbauer, Hintner, Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Holzner, Hörl, Hoyos-Trauttmansdorff;

Jachs, Jeitler-Cincelli;

Kaufmann, Kopf, Koza, Krisper, Kugler Gudrun, Kühberger, Künsberg Sarre;

Lindinger, Litschauer, Loacker;

Marchetti, Margreiter, Maurer, Meinl-Reisinger, Melchior, Minnich;

Neßler, Neumann-Hartberger, Neumann, Niss Maria Theresia;

Obernosterer, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger;

Pfurtscheller, Pöttinger, Prammer, Prinz;

Rausch-Amon Bettina, Reimon, Reiter, Ribo, Rössler;

Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Schellhorn, Scherak, Scheucher-Pichler, Schmuckenschlager, Schnabel, Schwarz, Sieber Norbert, Singer Johann,
Smolle, Stark, Steinacker, Stocker, Stögmüller, Strasser;

Tanda, Taschner, Tomaselli, Totter;

Voglauer;

Weber, Weidinger, Weratschnig, Werner, Wöginger;

Zarits Christoph, Zopf, Zorba.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amesbauer;

Bayr, Becher, Beck, Belakowitsch Dagmar, Brückl, Bures;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 481

Deimek, Drobits;

Ecker Rosa, Einwallner, Erasim;

Fuchs, Fürst;

Graf Martin, Greiner Karin;

Hafenecker, Hauser, Heinisch-Hosek, Herbert Werner, Herr, Hofer, Holzleitner;

Kainz, Kaniak, Kassegger, Keck, Kickl, Kollross, Krainer Kai Jan, Kucharowits,
Kucher Philip, Kuntzl;

Laimer, Leichtfried, Linder Maximilian, Lindner Mario;

Matznetter, Muchitsch;

Nussbaum;

Oberrauner, Oxonitsch;

Ragger, Reifenberger, Ries Christian;

Schatz, Schmidt Michaela, Schmiedlechner Peter, Schnedlitz, Schrangl, Schroll, Seemayer, Silvan, Spalt, Steger Petra, Stöger Alois;

Tanzler, Troch;

Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wurm;

Yildirim;

Zanger Wolfgang.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel
und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 482

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Damit kommen wir zur dritten Lesung über jene Teile des Gesetzentwurfes,
die in zweiter Lesung angenommen wurden.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzent­wurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Diese Teile des Gesetzentwurfes sind so­mit auch in dritter Lesung angenommen.

19.01.4521. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Aus­bau-Gesetz geändert wird (2666 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Damit sind wir schon beim 21. Punkt der Tagesordnung.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Und bereits in Richtung Rednerpult: Alois Schroll. – Ich bitte dich um deine Aus­führungen, Herr Abgeordneter.


19.02.10

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin!
Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Was ist in den letzten Jah­ren passiert? – China ist Weltmarktführer in der PV-Industrie. Chinesische Unternehmen haben sehr viele PV-Module produziert und damit den Weltmarkt überflutet. Nun verlangen die USA Einfuhrzölle, deswegen laden die chine­sischen Unternehmen ihre Billigmodule in Europa ab. Das hat den Preis für PV so stark gedrückt, dass die europäischen Unternehmen nicht mehr mithalten können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 483

Das war auch der Grund, warum wir am 7. Juli 2021 das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz beschlossen haben. Wir haben damals hineinverhandelt, dass jene Erneuerbaren-Unternehmen, die gute Löhne zahlen, Lehrlinge ausbilden und für die Gleichstellung von Mann und Frau sorgen, mehr Förderung bekommen sollen. Außerdem steht im Gesetz, dass eine Erneuerbaren-Anlage dann mehr Förderungen bekommen soll, wenn viele Teile aus der EU – natürlich
auch aus Österreich – verbaut sind. Das ist gut, denn dadurch machen wir uns weniger abhängig von anderen und schaffen gute Arbeitsplätze in unserem
Land und in ganz Europa.

Bis eineinhalb Jahre nach Gesetzesbeschluss haben Sie, Frau Ministerin Gewessler, leider nichts gemacht und das Gesetz wurde nicht umgesetzt. Also haben wir eine Frist bis Juni 2023 gegeben, um die Verordnung zu erlas­sen. Überraschung, es ist auch dann nichts passiert.

Als dann der Wechselrichterhersteller Fronius einigen Hunderten Menschen die Arbeitszeit gekürzt hat, ist die Regierung wachgerüttelt worden. Man hat
sich ins Auto gesetzt, ist nach Oberösterreich zur Firma Fronius gefahren und hat dort einen Fototermin gemacht. Die Regierung hat dort dann auch
den Made-in-Europe-Bonus angekündigt und ins Leben gerufen.

Liebe Mitglieder der Bundesregierung, der Made-in-Europe-Bonus steht seit drei Jahren im Gesetz, ihr habt ihn nur nicht umgesetzt. Die Folge waren 350 Kün­digungen bei Fronius in Oberösterreich. Eigentlich müsstet ihr euch jetzt wieder ins Auto setzen, nach Oberösterreich fahren und euch bei den 350 Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, die gekündigt worden sind, entschuldigen.

Kommt uns jetzt nicht damit, dass man das Gesetz reparieren muss. Ja, das wissen wir alles. Wenn es euch wirklich ein Anliegen gewesen wäre, hätte man das schon damals – in drei Tagen sind es drei Jahre – ins Gesetz geschrie­ben und man hätte Zeit gehabt.

Um zu erwirken, dass wir die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte för­dern, bringen wir daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 484

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und
Energie über die Regierungsvorlage (2608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Er­neuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (2666 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Z 4 lautet:

„Dem § 6a werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

„(4) Sofern eine durch Investitionszuschuss nach dem 2. Teil und 3. Teil dieses Bundesgesetzes geförderte Anlage mit technischen Komponenten mit europäischer (EWR) Wertschöpfung errichtet wird, hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft per Verord­nung einen Zuschlag auf den Investitionszuschuss von bis zu 20% vorzu­sehen. Eine Differenzierung nach den relevanten technischen Komponenten ist zulässig. Die in Art. 41 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung
der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise
der Europäischen Union, ABI. Nr. L 187 vom 26.06.2014 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2023/1315, ABI. Nr. L 167 vom 30.06.2023 S. 1, festge­legten Höchstgrenzen dürfen nicht überschritten werden.

(5) Verordnungen gem. Abs. 1 und Abs. 4 sind so zu erlassen, dass sie gleichzeitig In- und wieder Außerkraft treten.““

2. Z 6 lautet:

„6. (Verfassungsbestimmung) Dem § 103 wird folgender Abs. 11 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 485

„(11) Für das Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xxx/2024
gilt Folgendes:

1. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift in der Fassung des Bundesge­setzes BGBI. I Nr. xxx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden
Tag in Kraft.

2. § 6a Abs. 1, Abs. 2 Z 3, Abs. 4 und 5 sowie § 102 Z 3 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBI. I Nr. xxx/2024 treten mit dem der Kundmachung
folgenden Tag in Kraft.““

*****

Ich ersuche euch, diesem Gesetz in zweiter Lesung zuzustimmen und auch eine Zweidrittelmehrheit in dritter Lesung zu gewährleisten. – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)

19.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll, MMMag. Dr. Axel Kassegger,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (2666 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Z 4 lautet:

„Dem § 6a werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 486

„(4) Sofern eine durch Investitionszuschuss nach dem 2. Teil und 3. Teil dieses Bun­desgesetzes geförderte Anlage mit technischen Komponenten mit europäi­scher (EWR) Wertschöpfung errichtet wird, hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft per Verordnung einen Zuschlag auf den Investitionszuschuss von bis zu 20% vorzusehen. Eine Differenzierung
nach den relevanten technischen Komponenten ist zulässig. Die in Art. 41 der Ver­ordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter
Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. L 187
vom 26.06.2014 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2023/1315, ABl. Nr. L 167 vom 30.06.2023 S. 1, festgelegten Höchstgrenzen dürfen nicht überschritten werden.

(5) Verordnungen gem. Abs. 1 und Abs. 4 sind so zu erlassen, dass sie gleichzeitig In- und wieder Außerkraft treten.““

2. Z 6 lautet:

„6. (Verfassungsbestimmung) Dem § 103 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) Für das Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 gilt Folgendes:

1. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden
Tag in Kraft.

2. § 6a Abs. 1, Abs. 2 Z 3, Abs. 4 und 5 sowie § 102 Z 3 in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag
in Kraft.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 487

Begründung

Zu Z 1 (§ 6a Abs. 4 und 5):

Die bisherige Regelung des § 6a umfasste die Investitionszuschüsse nach dem 2. und 3 Teil dieses Bundesgesetzes. Mit der Änderung soll die standortschädigende Einschränkung der Regierungsvorlage auf lediglich Photovoltaikanlagen und Strom­speicher aufgehoben werden, sodass europäische Wertschöpfung in allen
im EAG berücksichtigten Investitionszuschüssen eine Rolle spielen soll und heimische Arbeitsplätze geschützt werden. Die gegenständliche Regierungsvorla­ge (2608 d. B.) hat zur Folge, dass aus ursprünglich einer Verordnungsermächtigung zwei Verordnungsermächtigungen entstehen. Um sicherzustellen, dass die zuständigen Minister:innen ihrer Fristsetzung zur Erlassung einer Verordnung gemäß § 6a Abs. 1 EAG 2021 verspätet aber doch nachkommen und um ein Auseinanderfallen der, in der bisherigen Verordnungsermächtigung verknüpften Regelungsinhalte zu unterbinden, sind die Verordnungen gem. Abs. 1
und Abs. 4 gleichzeitig und mit der selben Geltungsdauer zu erlassen. Damit wird sichergestellt, dass neben der regionalen Wertschöpfung auch Maßnahmen
zur Förderung der Chancengleichheit, Gleichstellung und Gleichbehandlung unter der Belegschaft, Bereitstellung von besonderen arbeitsplatzbezogenen Qualitäts­sicherungsmaßnahmen hinsichtlich Sicherheit oder Gesundheit sowie arbeitsrechtli­che Bedingungen einschließlich kollektivvertraglicher Einstufungen bei den För­derkriterien berücksichtigt werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht auch in Verhandlung.

Frau Kollegin (in Richtung der sich zum Redner:innenpult begebenden Abg.
Niss),
es gibt eine tatsächliche Berichtigung, wurde mir mitgeteilt – bevor Sie zum Rednerpult schreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 488

19.07.04

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Kollege Schroll hat gerade behauptet, dass der Made-in-Europe-Bonus seit drei Jahren im Gesetz steht und
dass sie reinverhandelt hätten, dass Unternehmen mehr Förderungen bekom­men können, wenn sie soziale, ökologische Kriterien erfüllen. – Das ist
nicht richtig.

Ich berichtige tatsächlich: Ins EAG, das wir im Juli 2021 gemeinsam beschlossen haben, haben wir sozial-ökologische Kriterien hineingeschrieben, als Voraussetzung zur Gewährung einer Förderung, nicht als Bonus. Das ist der Grund, warum wir heute diesen Gesetzesbeschluss fassen müssen:
damit wir einen Bonus für eine Förderung für regionale Wertschöpfung gewäh­ren können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des
Abg. Matznetter.)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, aber jetzt ist das Rednerpult für Sie frei. – Bitte schön.


19.08.04

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident!
Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Mit diesem Europabonus oder Made-in-Europe-Bonus fördern wir innovative Komponenten für PV-Module, für Wechselrichter, für Strom­speicher – alles Produkte, die für die Erneuerbaren-Energiewende be­nötigt werden. Wir zahlen diesen Bonus von bis zu 20 Prozent dann, wenn
diese Komponenten in Österreich oder in Europa produziert werden.

Um vielleicht gleich am Anfang kritischen Bemerkungen entgegenzutreten, weil ich ja an und für sich auch gegen viele zusätzliche Förderungen und auch
gegen ein Europe-first-Prinzip bin: Wir geben da nicht mehr Geld aus, der För­derpott von 150 Millionen Euro bleibt gleich, aber wir hätten gerne, dass
dieses Geld in Österreich, in Europa bleibt und nicht nach China überwiesen wird. Dieser Bonus ist nämlich die Antwort darauf, dass wir quasi mit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 489

chinesischen Modulen überschwemmt werden. Es liegen 150 Millionen Solarmo­dule in europäischen Lagern. Die Chinesen haben, wie wir wissen, starke Überkapazitäten, und da die Amerikaner und beispielsweise auch die Inder Han­delshemmnisse haben, kommen diese alle nach Europa – das ist sozusagen
der continent of preferred destination –, und das schadet natürlich
unserer Industrie extrem.

Wir haben diesen Fehler schon vor 15 Jahren gemacht, als wir unseren Solar­markt kampflos China überlassen haben. Das wollen wir nicht wieder­holen, sondern wir wollen unsere innovativen Unternehmen stärken, und wir wollen sie nicht verlieren.

Leider wurde tatsächlich schon Porzellan zerschlagen, Fronius musste
Leute entlassen. Sie haben aber hochqualifizierte Leute, und genau deswegen wollen wir, dass diese Kapazitäten, die es auch in Österreich gibt – und
die haben sehr starke Kapazitäten –, ausgenutzt werden. (Beifall und Bravoruf
bei der ÖVP.)

Abgesehen vom unfairen Wettbewerb durch China ist eine weitere
große Gefahr, dass wir uns hier natürlich vor allem auch in der Lieferkette von China abhängig machen. 80 Prozent der Module kommen aus China,
90 Prozent der Wechselrichter kommen aus China. Das wollen die Chinesen natürlich, dass wir uns abhängig machen. Ich glaube aber, wir wollen
das nicht und sollen das auch nicht wollen.

Der dritte Punkt ist, dass es ein enormes Sicherheitsrisiko für die Stromversor­gung ist, denn diese Module können aus China manipuliert werden, weil
sie von dort auch ferngesteuert werden können.

Also: Was wollen wir mit dem Europabonus bewirken? – Wir wollen einerseits die Resilienz der erneuerbaren Energieversorgung stärken und eine
problemlose Stromversorgung für unsere Haushalte und Industrie gewährleisten. Wir wollen uns nicht von anderen Ländern, Kontinenten et cetera in der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 490

Lieferkette abhängig machen und wir wollen – und deswegen wundert es mich, dass die Sozialdemokraten heute anscheinend nicht dafürstimmen –
uns für unsere Unternehmen und vor allem für unsere hoch qualifizierten Arbeitsplätze einsetzen. Wir wollen diese stärken, wir wollen damit
den Wohlstand erhalten und ausbauen.

Das sind, glaube ich, drei gute Gründe, um heute für den Europabonus zu stimmen, und vielleicht überlegt es sich die SPÖ – genau wegen
dieser drei Gründe – ja noch einmal. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Matznetter: ... Abänderungsantrag, ganz einfach, Frau Kollegin!)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.11.31

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Kollegin Niss, wir kön­nen den Überlegungsprozess beschleunigen, auf 0 Sekunden. Wir haben
uns das überlegt und wir werden dem Gesetz zustimmen – nachdem wir das ur­sprünglich im Ausschuss noch abgelehnt haben, nachdem wir die Regie­rungsparteien ersucht haben, einige für uns noch nicht konkret genug ausfor­mulierte Passagen zu konkretisieren, was mit dem vorliegenden Abände­rungsantrag gemacht wurde.

Von der Argumentation her kann ich Sie (in Richtung Abg. Niss) nur wiederholen: Es ist ein Europabonus für die Solarindustrie, die europäische, die österrei­chische. Sie haben ein oberösterreichisches Unternehmen angesprochen. Wir als Freiheitliche Partei tun alles, das den Wirtschaftsstandort Österreich und
Europa stärkt. Das ist eine Maßnahme dazu. Man darf sie nicht überschätzen, aber es ist ein Signal für die österreichische und europäische Industrie
in dem Kampf, kann man durchaus sagen, gegen eine sehr, sehr starke chinesi­sche Industrie; Sie haben es schon angesprochen. Das ist unserer Mei­nung nach eine sinnvolle Maßnahme, zumal, wie Sie auch schon gesagt haben,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 491

der Topf gleich bleibt, dass es sozusagen zu keinen Zusatzkosten führt,
und sie unseren Standort und damit unsere Arbeitsplätze sichert und auch Ab­hängigkeiten – die haben Sie auch bereits angesprochen – minimiert.

Dies alles zusammengefasst kann ja nur zur Conclusio führen, dass eine ver­nünftige Partei, und als solche sehe ich die Freiheitliche Partei, einem
solchen Antrag zustimmen muss, was wir auch tun. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Haubner. – Abg. Haubner – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz bege­benden Abg. Kassegger –: Sehr gut!)

19.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.13.24

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Jahren, in den letzten viereinhalb Jahren, einen unglaublichen
Boom bei der Fotovoltaik gesehen, der, glaube ich, sehr erfreulich ist. Wir haben die Fotovoltaikleistung mehr als vervierfacht, das ist ein Rekordausbau.
Das Gute ist, es geht nicht nur um Klimaschutz, es geht nicht nur um Energieun­abhängigkeit, es geht auch um sehr viele Arbeitsplätze in Österreich, um
sehr viel Wertschöpfung.

Da immer wieder gesagt wird, es kommt alles aus China: Ganz so
stimmt das nicht. Wenn ich mein Auto betanke, dann kommt der Treibstoff jedes Mal aufs Neue nicht aus Österreich. (Abg. Kassegger: Aus Aserbaidschan!)
Ich montiere mir einmal eine Fotovoltaikanlage und die Energie kommt jedes Mal von der Sonne. (Abg. Wurm: Wieder ein Bonzi, die Fotovoltaik!)

Vielleicht nur kurz zur derzeitigen Fotovoltaikwertschöpfung in Österreich:
Die Fotovoltaikbranche hat letztes Jahr einen Gesamtumsatz von 4,3 Milliarden Euro gehabt. Davon waren über 2 Milliarden Euro österreichische


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 492

Wertschöpfung, jetzt schon. Die Branche hat ungefähr 13 000 Arbeitsplätze und wächst weiter.

Wir haben aber in den letzten Krisen gesehen, wie vulnerabel wir sind,
wie verletzlich wir sind. Wenn sich ein Frachter in irgendeinem Kanal einbaut,
dann kann es sein, dass wichtige Komponenten nicht mehr verfügbar
sind, wie zum Beispiel Wechselrichter. Wir haben zum Glück noch in Österreich,
in Europa für bestimmte Komponenten großartige Firmen, wie zum Bei­spiel die Firma Fronius für Wechselrichter. Und wir haben uns dazu entschieden – weil wir das im aktuellen EAG nicht können –, einen Made-in-Europe-Bonus einzuführen, bei dem, wenn regionale Komponenten
verwendet werden, bei der Fotovoltaikinvestitionsförderung mehr Förderungen ausbezahlt werden können.

Kollege Kassegger hat es angesprochen, wir haben Gespräche mit der Opposition geführt, wie immer, wenn wir Zweidrittelmaterien verhandeln. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass es zu Präzisierungen kommt.
Deswegen bringe ich jetzt einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (2608 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, in der Fassung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie (2666 d.B.) – (TOP 21)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben erwähnte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschuss­berichts (2666 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z 4 lautet:

„4. Dem § 6a wird folgender Abs. 4 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 493

„(4) Sofern eine durch Investitionszuschuss nach dem 2. Teil dieses Bundesgesetzes geförderte Photovoltaikanlage mit technischen Komponenten mit europäischer (EWR) Wertschöpfung oder ein durch Investitions­zuschuss geförderter Stromspeicher aus europäischer (EWR) Wertschöpfung errichtet wird, kann mit Verordnung der Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einverneh­men mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft ein Zuschlag
auf den Investitionszuschuss von bis zu 20% vorgesehen werden. Eine Diffe­renzierung nach den relevanten technischen Komponenten bei Photo­voltaikanlagen (zB Module, Wechselrichter) ist vorzusehen. Die in Art. 41 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit
bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäi­schen Union, ABl. Nr. L 187 vom 26.06.2014 S. 1, in der Fassung der Verord­nung (EU) 2023/1315, ABl. Nr. L 167 vom 30.06.2023 S. 1, festgeleg­ten Höchstgrenzen dürfen nicht überschritten werden.““

*****

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

19.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (2608 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneu­erbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, in der Fassung des Berichts des Aus­schusses für Wirtschaft, Industrie und Energie (2666 d.B.) – (TOP 21)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 494

Die oben erwähnte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussbe­richts (2666 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z 4 lautet:

„4. Dem § 6a wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Sofern eine durch Investitionszuschuss nach dem 2. Teil dieses Bundesgesetzes geförderte Photovoltaikanlage mit technischen Komponenten mit europäi­scher (EWR) Wertschöpfung oder ein durch Investitionszuschuss geförderter Strom­speicher aus europäischer (EWR) Wertschöpfung errichtet wird, kann mit Ver­ordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit
und Wirtschaft ein Zuschlag auf den Investitionszuschuss von bis zu 20% vorgesehen werden. Eine Differenzierung nach den relevanten technischen Komponenten
bei Photovoltaikanlagen (zB Module, Wechselrichter) ist vorzusehen. Die in Art. 41 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit
bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der
Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. L 187 vom 26.06.2014 S. 1, in der Fassung der Verord­nung (EU) 2023/1315, ABl. Nr. L 167 vom 30.06.2023 S. 1, festgelegten Höchstgrenzen dürfen nicht überschritten werden.““

Begründung

Zu Z 1 (§ 6a Abs. 4):

Mit der Änderung soll die Regelung dahingehend präzisiert werden, dass beispielhaft mögliche technische Komponenten von Photovoltaikanlagen aufgezählt wer­den, für die der Zuschlag („Made-in-Europe-Bonus“) zur Anwendung gelangen kann. Die Höhe des Zuschlags wird dabei nach den jeweiligen relevanten techni­schen Komponenten differenziert festgelegt. Beispielsweise kann für die technische Komponente „Module“ und für die technische Komponente „Wechselrichter“
mit Verordnung jeweils ein Zuschlag von 10% festgelegt werden. Insgesamt darf die


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Höhe des gesamten Zuschlags auf den Investitionszuschuss für die zu för­dernde Maßnahme maximal 20% betragen. Für Stromspeicher soll der Zuschlag zur Anwendung kommen, wenn dieser aus europäischer (EWR) Wertschöpfung
stammt. Auch bei Stromspeichern beträgt der maximale Zuschlag 20% des Investi­tionszuschusses. Die Abwicklung des Zuschlags erfolgt durch die EAG-För­derabwicklungsstelle im Rahmen der Gewährung von Investitionszuschüssen für Photovoltaikanlagen und Stromspeicher nach dem EAG.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing.in Karin Doppelbauer. – Bitte schön, Frau Abge­ordnete.


19.17.14

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Trotz des Rekordausbaus – wie es Kollege Hammer ja auch schon gesagt hat (Abg. Lukas Hammer: Schneller als meine Sprechgeschwindig­keit!) – der Erneuerbaren ist es im Augenblick wirklich sehr, sehr schwierig für die Industrie selber, gerade wenn es um die Produktion – Solarmodule, Wechselrichter – geht. Die stehen massiv unter Druck. Wir alle kennen das Beispiel aus Oberösterreich von Fronius. Daran ist ja auch sehr deutlich dargestellt worden, dass es eine wahnsinnig schwierige Situation ist, dass dort jetzt auch wirklich Mitarbeiter entlassen werden mussten.

Der Punkt, warum wir heute diesem Paket trotzdem nicht zustimmen werden, ist der folgende: Solarmodule sind in Wahrheit – wenn man es sich anschaut,
sieht man, das ist ein Produkt, das relativ leicht hergestellt werden kann – schon seit Jahren – und da hat Kollegin Niss natürlich recht – auch sehr gut in
China hergestellt worden und werden natürlich auch massiv auf
den europäischen Markt exportiert. Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, in


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Österreich eine zusätzliche Förderung dafür zu geben, auch wenn es im Budget sogar schon drinnen gewesen wäre, weil wir einfach sagen: Das ist nicht der richtige Weg. Das Unternehmen hat dann vielleicht einmal eine kurze Geldspritze, aber es ist halt wieder diese Symptombekämpfung. Am Ende des Tages gibt es andere Gründe, warum die Unternehmen in Österreich nicht wettbewerbsfähig sind. Das sind natürlich die hohen Lohnnebenkosten, die hohen Energiekosten und all diese Dinge, die die Regierung einfach nicht in den Griff bekommen hat. (Abg. Niss: All diese Dinge ...!)

Jetzt hier zu sagen, mit diesen 150 Millionen Euro in Österreich Wettbe­werbsfähigkeit zu schaffen, finden wir einfach nicht richtig. Deswegen sind wir hier auch nicht dabei.

Was ich schon sagen muss, ist, wie man es aus unserer Sicht lösen könnte,
weil es da darum geht, gute Unternehmen und vor allem auch die Fach­kräfte dann in Österreich zu unterstützen: Das wäre natürlich der europäische Weg. Aus unserer Sicht wäre es sehr viel besser und effizienter, wenn
man ein europäisches Paket schnüren würde, mit dem man dann ganz Europa mitnehmen kann. Denn: Was passiert? – Jetzt machen wir in Österreich
etwas, dann fangen die Deutschen an, dann fangen die Franzosen an. Das ist nicht die Idee.

In Europa gibt es gute Beispiele wie den Net Zero Industry Act, in dem
auch festgelegt wird, dass die EU zum Beispiel bis 2030 mindestens 40 Prozent ihres jährlichen Bedarfs an sauberen Technologien selbst decken können
muss. Also das wäre für uns sozusagen das bessere Modell gewesen.

Ein Punkt, der mich in der Diskussion wirklich wundert, Kollegin Niss hat es ganz kurz angesprochen – bei den Modulen ist es das eine, aber hinsichtlich
der Wechselrichter –, ist: Bei den Wechselrichtern geht es wirklich darum, und jetzt komme ich auf das Thema Cybersecurity zu sprechen, dass da sehr
viele sensible Daten, natürlich jederzeit – ich nehme da jetzt den Produzenten Huawei, ein chinesisches Unternehmen, das da wirklich sehr gut


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unterwegs ist –, wirklich quer über die Ozeane geschickt werden und nach
China gebracht werden.

Wenn ich an Ihrer Stelle, Frau Ministerin, etwas tun würde, würde ich
mich da mit dem Thema Cybersecurity auseinandersetzen. Ich glaube nicht, dass es sehr sinnvoll ist, dass man diese Daten herumschickt. Das ist natürlich
für Angriffe, aus welcher Richtung auch immer, prädestiniert. Das wäre schon ein Punkt, den ich in diesem Zusammenhang gerne besprochen hätte.

Deswegen unsere Lösung: Die Lohnstückkosten sind zu hoch, die Lohnneben­kosten gehören gesenkt. Das wäre unser Weg für die Industrie gewesen,
dann wäre es nachhaltig. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bun­desministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


19.20.35

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete!
Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Fotovoltaik, Sonnenkraft ist in Öster­reich wirklich voll angekommen, und erlauben Sie mir, dass ich auch ein
paar Zahlen mit Ihnen teile, Zahlen, die ich mir am Anfang der Legislaturperiode nicht zu versprechen getraut hätte, und zwar bei Weitem nicht.

2023 erzeugte Österreich 87 Prozent grünen Strom, 87 Prozent. Wir haben uns im ersten Halbjahr dieses Jahres quasi vollständig mit erneuerbaren Ener­gien im Strombereich versorgt. Das heißt, mit der jetzigen Ausbaugeschwindig­keit, mit der jetzigen Produktionsgeschwindigkeit kann ich sagen:
Bis 2030 100 Prozent erneuerbaren Strom, das ist nicht nur denkbar, sondern ja, das ist wirklich schnell machbar! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben uns vorgenommen: eine Million Dächer mit Fotovoltaik bis 2030.
Der Ausbau der Fotovoltaik geht im Rekordtempo voran, wir haben dieses Ziel


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zu mehr als 40 Prozent erreicht, wir haben 425 000 Dächer in Österreich,
die bereits mit einem Solarkraftwerk ausgestattet sind. Ein großes Danke an alle Menschen in unserem Land, die da mittun und die in den letzten Jahren
ihr eigenes Dach zu einem Kraftwerk gemacht haben. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben im Jahr 2022 erstmals die 1-Gigawatt-Schallmauer beim
Zubau durchbrochen. Das war ein Zubau, den sich viele kaum zugetraut haben. Wir haben 2023 was gemacht? – Wir haben 2,6 Gigawatt zugebaut, das
ist in Österreich noch nie dagewesen. Und wir haben einen höheren Pro-Kopf-Zubau bei Fotovoltaik als China und auch als Deutschland. Also wir
sind bei der Fotovoltaik jetzt wirklich Europameister! (Beifall bei den Grünen.)

Bei all diesen erfreulichen Nachrichten gibt es einen unerfreulichen
Aspekt, sowohl Abgeordnete Niss als auch Abgeordneter Kassegger haben es bereits angesprochen: Wir haben Billigimporte von PV-Komponenten, hauptsächlich aus Asien, die europäische Produzenten unter Druck setzen. Und mit dieser Novelle zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz setzen wir genau
da an, nämlich indem wir die Verwendung europäischer Komponenten beim Ausbau von Anlagen und Speichern stärker fördern. Das stärkt den Wirtschaftsstandort und treibt die Energiewende voran.

Wir haben uns auf europäischer Ebene dem Thema intensiv gewidmet, 21 europäische Energieminister, -ministerinnen, die Kommission haben im April gemeinsam die Solarcharta unterzeichnet. Das sind genau auch solche Maßnahmen, die wir uns vorgenommen haben. Abgeordnete Doppelbauer hat auf den Net Zero Industry Act verwiesen. Die Solarcharta ist ein Umset­zungsweg für diesen Net Zero Industry Act, und ich kann Ihnen auch versichern, all die Fragen zu Datensouveränität, Datensicherheit, Schutz vor unberech­tigten Zugriffen, Datenhoheit und wo die Daten gespeichert werden, sind auch im Net Zero Industry Act adressiert, und zwar in zweifacher Hinsicht: Als Voraussetzung sozusagen für Förderungen aus öffentlichen Mitteln gilt es Kri­terien einzuführen, aber auch als Kriterium in der öffentlichen Beschaf­fung. Und die Kommission arbeitet bis März 2025 diesbezüglich an einheitlichen


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europäischen Standards. Also das ist in Arbeit, und es gibt natürlich auch Themen in diesem Bereich, die wir uns anschauen müssen.

Wie soll jetzt der Made-in-Europe-Bonus, um wieder dazu zurückzukommen, funktionieren? – Bei den Investitionsförderungen über das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, da greift der Bonus. Es geht um die Entwicklung, die 100 Prozent erneuerbarer Strom bedeuten, nämlich Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich zu stärken. Mit dem Bonus werden Unternehmen in Österreich und Europa gezielt unterstützt. Ganz konkret bedeutet das
höhere Fördersätze, wenn in neuen grünen Sonnenkraftwerken Produkte aus Europa verbaut werden.

Durch diese Anpassung im EAG und die dazugehörige Verordnung wird
es ermöglicht, dass Förderwerbende ein Top-up auf die Investitionsförderung bekommen, und zwar eben dann, wenn sie europäische Komponenten,
das sind Module, Wechselrichter zum Beispiel, in ihrer Anlage oder in ihrem Speicher nutzen.

Der Bonus kann – abhängig davon, wie viele europäische Komponenten genutzt werden – bis zu 20 Prozent der Förderung betragen. Und wie der Bonus
im Konkreten ausgestaltet wird, das wurde nun – auch darauf haben Abgeordne­ter Kassegger und Abgeordneter Hammer soeben hingewiesen – in einem Abänderungsantrag noch einmal näher determiniert. Auch dafür sage ich Danke.

Die Energiewende macht uns unabhängig, sie führt in eine klimafreundli­che, gute, gesündere Zukunft. Jede neue Fotovoltaikanlage hilft uns auf diesem Weg. Wenn wir hier gemeinsam Wachstumschancen für österreichische
und europäische Vorzeigeunternehmen schaffen, langfristig sichere Lieferketten und neue nachhaltige Arbeitsplätze damit generieren, dann ist das ein
Symbol für Klimaschutz, ja, aber es ist auch ein Symbol für mehr Unabhängigkeit und einen starken Wirtschaftsstandort mit Zukunft in Österreich! – Herzli­chen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

19.26



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.26.28

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ja, Made-in-Europe-Bonus für Fotovoltaik­investitionen – wie wichtig ist uns die heimische Produktion?

Aus meiner Sicht ist dieser Bonus ein richtiger Schritt auch zur Bewusst­seinsbildung, dass es etwas wert ist, ein Stück Unabhängigkeit ge­genüber Fernost zu haben. Mit dieser Gesetzesnovelle soll die österreichische und europäische Wertschöpfung von Komponenten bei Gewährung
von Investitionszuschüssen für Fotovoltaikanlagen und Stromspeicher beanreizt werden.

Österreich ist mit diesem Beschluss ein Vorreiter zur Stärkung der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze in Europa. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Schmerzlich haben wir die Lieferengpässe in den verschiedensten Berei­chen erfahren müssen. Der Weiterbestand der europäischen Produktion ist es­senziell, ist enorm wichtig und damit wird die Abhängigkeit von Fernost reduziert.

Durch massive Exportförderung Chinas werden Fotovoltaikmodule zu Dumpingpreisen in der EU angeboten, und diese Überkapazitäten aus China – wir haben es schon gehört – überschwemmen den europäischen Markt
ganz beachtlich. Und diese strategische Komponente und das Interesse Chinas, Europa in eine gewisse Abhängigkeit zu bringen, sind natürlich sehr groß
und nicht ungefährlich.

Beihilferechtlich problematische Doppelförderungen wird es mit diesem Beschluss selbstverständlich nicht geben, spannend wird heute, welche Fraktionen diesen wichtigen Beschluss unterstützen werden, da ja eine


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Zweidrittelmehrheit gefordert wird beziehungsweise notwendig ist. Ich bin schon sehr gespannt, welchen Parteien Österreich wirklich am Herzen liegt. Ich bitte um breite Zustimmung, um den Produktionsstandort Österreich abzu­sichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.28


19.28.58

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2608 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Alois Schroll,
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abände­rungsantrag der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen
und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie einer der erwähnten Abände­rungsanträge Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erfor­derliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Die Abgeordneten Alois Schroll, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen
haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Die Abgeordneten Alois Schroll, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 6 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes
in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich
angenommen.

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrit­telmehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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19.31.4022. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2561 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle Digitalisierung) (2667 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Maximilian Linder. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.32.06

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Bei der Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes geht es in erster
Linie um Digitalisierungsangelegenheiten. Der wichtigste Punkt darin ist das Einführen eines Pfandsystems, eines Einwegpfands für PET-Flaschen
und dergleichen.

Wir Freiheitlichen waren immer für dieses System, wichtig dabei war uns aber, ein einfach administrierbares und sozial verträgliches System einzuführen.
Unser Wunsch war, dass Mehrwegpfand und Einwegpfand gleich hoch sind. – Das Mehrwegpfand beträgt 9 Cent, zum Beispiel für die Bierflasche, und umgekehrt soll das Einwegpfand für die Mineralwasser- oder Limonadenflasche 25 Cent betragen.

Wir sind auch der Meinung, dass den Österreichern diese Recyclingleis­tung abgegolten werden soll. Das heißt, unsere Vorstellung ist, dass man 6 Cent für die Flasche bezahlt und beim Recyceln, beim Zurückgeben 9 Cent
bezahlt werden.


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Auch der Pfandschlupf soll keine verdeckte Steuer sein, sondern wir würden uns erwarten, dass man den heimischen Konsumenten dieses Geld über den Recyclingbonus refundiert.

Auch sollen Produkte für den Grundbedarf wie Milch und dergleichen nicht be­pfandet werden.

Keine einzige unserer Forderungen aus unserem Antrag vom 14. Oktober
2021 wurde erfüllt, deshalb werden wir dem Antrag heute nicht zu­stimmen. (Abg. Holzleitner: Klatschen! – Abg. Michael Hammer: Ist ja niemand da! – Beifall bei der FPÖ.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.33.54

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Linder, ich glaube, wir haben eine ganz andere Ansicht darüber, was in diesem Antrag Relevanz hat. Das ist ein ganz breit gefasster An­trag mit sehr, sehr vielen technischen Anpassungen, auf die die Abfallwirt­schaft, die gesamte Branche, schon seit Langem wartet, weil sie diese Anpassun­gen auch wirklich schon dringend braucht. Insofern ist das gut gelungen.

Im Grunde genommen haben wir in Österreich eine der innovativsten Abfallwirt­schaftsunternehmen überhaupt weltweit. Die gesamte Kreislaufwirtschaft,
muss man sagen, funktioniert tadellos. Wir haben tolle, tolle Unter­nehmen – Michi Bernhard, der dann auch noch sprechen wird, wird mir sicher recht geben –, wenn man sich anschaut, was diese Betriebe leisten, was
die für eine Innovationskraft entwickeln, sieht man das. Es kommt eigentlich die ganze Welt zu uns und schaut sich an, wie wir das hier machen.

Es sind viele Dinge, die man gut finden kann. Im Grunde genommen, glaube ich, haben wir mit der Neuaufstellung des gelben Systems auch vieles erreicht.


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Wir haben gesehen, dass das massiv gewirkt hat, dass dadurch wirklich viel, viel mehr Abfall zurückkommt, viel mehr Kunststoff zurückkommt, Metallabfall zurückkommt.

Es ist vieles gelungen, aber dennoch muss man hier natürlich auch einiges an Kri­tik anbringen. Diese betrifft für mich zum einen den Transport über die
Bahn, der überhaupt nicht funktioniert. Ich habe bis jetzt noch keinen einzigen Betrieb gefunden, der jemals eine Bahnkapazität bekommen hat; die
meisten bekommen gar keine Antwort. Das Ausfüllen dauert aber halt doch eine Viertelstunde, und die müssen für jeden Transport etwas ausfüllen. Es funktioniert aber nicht, weil die Bahnkapazitäten nicht da sind. Sie sind ja nicht einmal für den Personenverkehr ausreichend vorhanden.

Es ist schön, dass wir sagen, es geht jetzt schon um 200-Kilometer-Fahrten,
und ab 2026 sind es dann noch weniger Kilometer – aber das funktioniert nicht! Sie, Frau Bundesministerin, haben eh gesagt, Sie werden das jetzt evaluieren.
Ich würde halt ganz klar dafür plädieren, dass wir das möglichst schnell
tun und dass man die Wirtschaft selbst die Lösungen finden lässt, wie es für sie funktioniert. Man braucht ihr ja nur Vorgaben zu unterbreiten, was sie
einsparen muss.

Und eines, was ich mit Ihnen wirklich auch diskutieren muss, was ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum die Primärrohstoffe komplett bevorzugt werden. Wenn wir sagen, wir wollen eine aktive Kreislaufwirtschaft, muss ja der Sekundärrohstoff jener sein, der bevorzugt wird, und nicht der Primärrohstoff, für den es überhaupt keine Vorgabe gibt, wie man ihn transportiert. Es ist
auch völlig wurscht, welches Material es ist, es fragt auch niemand, ob es giftige Schlacken sind, die man entsorgen muss, oder nicht.

Also das ist ein ganz wichtiger Punkt, und ich finde es sehr grotesk, wenn, obwohl die Kapazitäten nicht verfügbar sind, jeder einmelden muss.

Das Zweite ist das Thema Digitalpfand. Ich weiß, damals hat in dem Fall sozu­sagen der Handel gewonnen, ist man, dass der Handel dieses System


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überhaupt mit unterstützt, plötzlich umgefallen. Das wissen wir alle, wie das gelaufen ist, nur wäre ich jetzt, in Zeiten der Digitalisierung – zumal
dieser Antrag schon die Digitalisierung im Wortlaut hat–, schon dafür, dass man auch das wieder mit Blick auf eine logische Koexistenz überlegt, denn man
kann nicht verlangen – ich sage, da ist auch ein Recht auf ein digitales
Leben vorhanden –, dass der Konsument mit hohem CO2-Aufwand leere Fla­schen oder leere Gebinde zurückbringt, wenn er sie bei sich daheim direkt in den gelben Sack, in die gelbe Tonne geben kann und ganz normal über Location-based Services – wie Uber funktioniert – mit einem Incentivesystem auf seinem Handy sein Pfand sammeln könnte.

Dieses System von einem der Weltmarktführer überhaupt im Abfallwirt­schaftsbereich gibt es. Das System wird jetzt auch in anderen Ländern einge­setzt – nur in Österreich nicht. Deshalb muss ich Ihnen schon auch sagen, da gibt es meiner Meinung nach einfach Handlungsbedarf, so kann man das nicht machen.

Es lassen sich die Menschen auch nicht zwanghaft umerziehen. Also
dass sie jetzt plötzlich zu Mehrweg greifen, glaube ich nicht, sie werden trotz­dem Einweg verwenden. Es wird so sein.

Man sollte die Unternehmen auch selbst die Lösungen schaffen lassen,
damit sie den Erfolg für uns, für das gesamte System auch einbringen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter
Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.37.33

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Jetzt habe ich noch einmal nachschauen müssen, ich dachte, Carmen Jeitler-Cincelli hat
meine Rede vom Tisch genommen und gehalten (Heiterkeit der Abg. Jeitler-Cin­celli) – aber inhaltlich dann immer anders abgestimmt als ich.


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Es gibt ein paar Punkte, die ich in die Diskussion einbringen möchte, aber
ich halte vorweg fest: Gesamtheitlich können wir dem vorliegenden
Entwurf nicht zustimmen, weil ganz viele Dinge darin verpackt sind, die wir inhaltlich wirklich anders sehen.

Ich möchte mit den positiven Dingen im Bereich der Digitalisierung
beginnen, mit den Dingen, die tatsächlich auch weitergebracht werden, die wir unterstützen.

Die Verankerung der SMS-Lösung bei vollelektronischem Begleitschein
oder auch die digitale Abwicklung von Erlaubnis- und Anlagengenehmigungs­verfahren unterstützen wir als NEOS. Wir sagen klar, weniger Bürokratie,
auch digitalere Prozesse haben unsere volle Zustimmung, deswegen werden wir auch in einer getrennten Abstimmung für diese Bereiche stimmen.

Inhaltlich, Frau Ministerin Gewessler, ist es aber so, dass wir im Bereich
der Abfallwirtschaft im weitesten Sinne wirklich sehr, sehr unterschiedliche Sichtweisen haben. Beides hat Frau Kollegin Jeitler-Cincelli quasi angesprochen, bei beiden hat sie aber bei den gegenteiligen Beschlüssen mitgewirkt.

Das Erste ist die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Wir haben die Si­tuation, dass wir – das wissen Sie selbst am besten – für zunächst 300-Kilo­meter-Fahrten, dann für 200-Kilometer-Fahrten und in weiterer Folge, in knapp einem Jahr, für 100-Kilometer-Fahrten die Vorgabe haben, dass die Branche, dass die Entsorgungsbetriebe verpflichtet sind, zuerst bei der Schiene an­zufragen, und nur dann, wenn dort keine Kapazitäten frei sind, darf – mit einer entsprechenden Bestätigung, die ausgedruckt ist – die Fahrt mit dem
Lkw erledigt werden.

Es sind so oft keine Kapazitäten vorhanden, weshalb das ein Schildbürgerstreich ist, weil Sie einen bürokratischen Mehraufwand auslösen, ohne dass dann wirklich mehr mit der Bahn gefahren werden kann – die Transporte per Bahn er­ledigt werden können, meine ich jetzt.


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Daher haben wir auch einen ganz konkreten Antrag, den ich nicht zum
ersten Mal einbringe, aber heute erneut einbringe, weil wir nämlich auf die 300 Kilometer als Grundregel zurückkommen wollen – bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sichergestellt ist, dass die Verlagerung von der Straße auf die Schiene funktioniert, also wenn ein Entsorgungsbetrieb, der auf der Schiene transportieren will und anfragt, auch tatsächlich die Kapazität bekommt.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Ziffer 9. wird folgende Ziffer 9a. eingefügt:

„9a. In § 15 Abs. 9 entfallen die Ziffern 2 und 3.“

2. Nach der Ziffer 30. wird folgende Ziffer 30a. eingefügt:

„30a. In § 69 Abs. 10 entfallen die Ziffern 2 und 3

*****

Frau Ministerin, wir alle wollen weniger Bürokratie, wir wollen eine funktionierende Entsorgungsbranche. Sie haben mit dieser letzten Novelle, in der diese Regelungen enthalten waren, tatsächlich dafür gesorgt, dass Sie
eine durchaus sehr ideologisch betrachtete Transformation eingeleitet haben, ohne dafür zu sorgen, dass auch wirklich die technischen Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Ein letzter Punkt, der aber leider nicht unerwähnt bleiben darf: das digitale Pfand. Carmen Jeitler-Cincelli hat es auch schon angesprochen: Es ist vollkommen verrückt, was da derzeit passiert! Wir führen – also nicht wir, son­dern die Grünen und die ÖVP – ein Pfandsystem aus den Achtzigerjahren


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des letzten Jahrhunderts ein. Das, was in Deutschland im letzten Jahrhundert eingeführt worden ist, soll Österreich jetzt nachholen.

Nämlich: Anstatt eines digitalen Pfands, das 80 Prozent weniger Kosten verursachen würde und 4,5 Millionen Sammelpunkte in Österreich
hätte – 4,5 Millionen Sammelpunkte für neun Millionen Menschen, 80 Prozent weniger Kosten! –, machen Sie, Frau Ministerin, 7 000 Sammelpunkte
mit fünfmal so hohen Kosten. Genau das versteckt sich in dieser Novelle nämlich auch, denn natürlich: Wenn Sie die Bürokratie aufblasen, wenn Sie die Menschen an weniger Punkte schicken, wenn Sie beim Handel Investitionen auslösen, die sonst gar nicht notwendig gewesen wären, dann brauchen
Sie dafür wieder eine zentrale Stelle, die das ganze koordinieren soll – und das geht gar nicht.

Es ist mehr Bürokratie, es sind mehr Kosten, es ist weniger Nutzen für
die Menschen, und da machen wir als NEOS natürlich nicht mit. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (2561 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsge­setz 2002 geändert wird (AWG-Novelle Digitalisierung) (2667 d.B.) - TOP 22

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Ziffer 9. wird folgende Ziffer 9a. eingefügt:

„9a. In § 15 Abs. 9 entfallen die Ziffern 2 und 3.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 510

2. Nach der Ziffer 30. wird folgende Ziffer 30a. eingefügt:

„30a. In § 69 Abs. 10 entfallen die Ziffern 2 und 3

Begründung

Am 19.11.2021 wurde im Nationalrat die AWG-Novelle zum Kreislaufwirtschafts­paket beschlossen. Wie NEOS stets betont hat, enthielt dieses Paket, neben
manchen positiven Änderungen, einige praxisfremde Maßnahmen mit bürokrati­schem Mehraufwand, deren Umsetzung, wie bereits zum Zeitpunkt des Be­schlusses absehbar, problematisch werden würde. Zwei Jahre später hat sich diese Kritik vor allem bei der verpflichtenden Verlagerung des Transportes von Abfäl­len mit einem Gesamtgewicht von mehr als zehn Tonnen auf die Bahn oder andere Verkehrsmittel mit gleichwertigem oder geringem Schadstoff- oder Treib­hausgaspotential bewahrheitet. Diesbezüglich ist vorgeschrieben, dass derartige Transporte mit einer Transportstrecke auf der Straße von über 300 km in Österreich seit 1. Jänner 2023 per Bahn oder durch andere Verkehrsmittel mit gleichwer­tigem oder geringerem Schadstoff- oder Treibhausgaspotential zu erfolgen haben. Mit 1. Jänner 2024 wurde das Distanzkriterium auf 200 km verkürzt und mit 1. Jän­ner 2026 erfolgt eine weitere Anpassung auf 100 km.

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur AWG-Novelle: Kreislaufwirtschafts­paket aus 2021 wird unter anderem argumentiert, dass die Maßnahme als
Beitrag zur Emissionsminderung im Bereich der Abfallwirtschaft gut geeignet sei. Da­rüber hinaus wird die stufenweise Ausweitung damit begründet, dass der Bahn­güterverkehr in Österreich stark ausgebaut werden soll. Durch die Ende 2023 umge­setzte Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes wird die Maut für Kfz
über 3,5 t technisch zulässiger Gesamtmenge seit 2024 nach Abgasklassen und
CO2-Emissionsklassen preislich differenziert. Mit der ökosozialen Steuerreform wurde zudem eine Variante der CO2-Bepreisung eingeführt, die Verlagerungsanreize
auf den Güterstraßenverkehr in Richtung Bahn schafft. Die Wirkungsfolgenanalyse zur AWG-Novelle enthält keine Hinweise, dass diese beiden zusätzlichen Maß­nahmen in einem zu prüfenden Nullszenario berücksichtigt worden wären.


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Dementsprechend muss angenommen werden, dass die ausgewiesene Treibhaus­gaseinsparung nicht im dargelegten Ausmaß stattfindet. Branchenvertreter
beklagen nach dem ersten Jahr, in der die Bestimmung in Kraft war, dass nur ein Bruchteil, der mit der Bahn zu verbringenden Abfalltransporte tatsächlich
mit der Bahn transportiert werden kann, weil schlichtweg die Kapazitäten nicht bereitgestellt werden können. Die Bestimmung habe sich als für die Praxis untauglich herausgestellt und verursache einen bürokratischen Mehraufwand ohne erkenn­baren Mehrwert.

NEOS hat bereits 2021 betont, dass die Bepreisung von CO2 eine geeigne­tere Variante ist, um die Verlagerung von Abfalltransporten auf die Schiene anzukur­beln. Das kann jedoch nur geschehen, wenn auch die infrastrukturellen Voraus­setzungen mit einem adäquaten Kapazitätsangebot zur Verfügung stehen, was sich als nichtzutreffend herausgestellt hat. Der Ausblick aus den Gesetzeserläute­rungen, dass der Bahngüterverkehr in Zukunft stark ausgebaut werden soll, darf nicht als Argumentationsgrundlage für ein dysfunktionales System im Hier und Jetzt dienen. Mit der derzeitigen Ausgestaltung von §15 Abs. 9 und §69 Abs. 10 werden einer Branche über Gebühr regulatorische Auflagen auferlegt, deren Bedeutung in der Zukunft noch deutlich steigen wird. Zusätzlich ist im Sinne einer wirkungsvollen Kreislaufwirtschaft zu betonen, dass durch die vorliegenden Bestimmungen, Sekun­därrohstoffe einer systematischen Benachteiligung gegenüber Primärrohstof­fen unterliegen. Während Primärrohstoffe weiterhin mit einem frei wählbaren Ver­kehrsmittel nach Wahl transportiert werden können, ist bei Abfällen auch
dann keine Ausnahmemöglichkeit gegeben, wenn die beim Bahntransport anfal­lenden Kosten, jene der Alternative bei weitem übersteigen.

Um wirkungsvolle Umweltvorschriften mit einem wettbewerbsfähigen Standort, in dem Sekundärrohstoffe nicht gegenüber Primärrohstoffen benachteiligt wer­den, zu verbinden, ist es aus Sicht von NEOS angebracht, das Distanzkriterium vo­rerst bei 300 km zu belassen und etwaige zukünftige Straffungen im
Einklang mit der Schaffung einer dafür ausgerichteten Infrastruktur neu zu bewerten.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht mit in Verhandlung. – Herr Abgeordneter, es haben sich da nur Satzzeichen irgendwie auf den Weg gemacht und sind verrutscht, das
ändert aber nichts am Inhalt des Antrages.

Herr Dr. Matznetter, Sie gelangen zu Wort. Bitte schön,
Herr Abgeordneter.


19.42.04

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich sage gleich vorweg: Wir sind für Verbesserungen im Bereich der Digitalisierung in der Abfallwirtschaft
und wir haben von Anfang an Bedenken gehabt, dass in der zentralen Pfandge­sellschaft Unvereinbarkeiten da sein könnten, und da gibt es auch Verbes­serungen, daher werden wir dieser Änderung zustimmen.

Ich verlange auch nicht wie Carmen Jeitler-Cincelli so radikale Änderungen des Systems – dass man gleich auf ein neues System umsteigt (Abg. Jeitler-Cincelli: Kein neues! Ergänzung ...!) –, ich hätte aber doch eine Reihe von dringen­den Ersuchen speziell an Sie, Frau Bundesministerin.

Wir haben uns im letzten Wirtschaftsparlament mit dem Problem Klein-
und Kleinstgeschäfte befasst. Da brauchen wir nur runter zum erst­besten Würstelstand zu gehen: Dieser muss natürlich, wenn er 0,5er- und 0,33er-Gebinde verkauft, jedes annehmen, das diese Größe hat, darf
es aber nicht zerquetschen, sondern muss in Säcken die leeren Flaschen sam­meln, bis das abgeholt werden kann. Das wird rein vom physikalischen
Volumen seines Geschäfts ein Problem.

Daher meine Bitte – und das war auch der Beschluss, den das Wirtschaftspar­lament gefasst hat –: Wir brauchen eine Regelung für die flächenmäßig Allerkleinsten. (Abg. Schellhorn: Nicht nur! Die Großen haben ja genauso ...!) Das Blöde für den Würstelstand ist nämlich noch, Frau Bundesministerin:
Er könnte ja in einem 150-Meter-Umkreis ein Abkommen mit einem Supermarkt


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schließen: Dieser nimmt sein Gebinde an, dann kann er seine Kunden dorthin schicken.

Der Supermarkt sperrt aber um 19.30 Uhr zu, und er muss aber annehmen, solange er offen hat. (Abg. Bernhard: Deshalb brauchen wir längere Öff­nungszeiten!) – Ja, abgesehen von den Regelungen, am Ohr von links nach rechts zu kratzen. – Wir brauchen eine Regelung, dass die Kleinsten eine Erleich­terung bekommen.

Da wäre meine Bitte, Frau Bundesministerin, diesem vom Wirtschaftsparlament auch in Anwesenheit der Abgeordneten Jeitler-Cincelli und des Abgeord­neten Hörl beschlossenen Antrag zu folgen und eine Lösung für die Allerkleins­ten zu finden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schellhorn: Ein
Praktiker! Hast recht!)

19.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dr. Astrid Röss­ler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.44.36

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Nach der vielen Renaturierung
einmal ein etwas technischeres Thema, das in der Bevölkerung aber durchaus als wichtiger Beitrag zum nachhaltigen Konsum und nachhaltigen Leben empfun­den wird.

Insofern, liebe Carmen Jeitler-Cincelli, darf ich einmal das SDG 12, nachhaltige Konsum- und Produktionsgewohnheiten, in Erinnerung rufen. Dort haben natürlich Mehrwegsysteme starke Priorität, und es geht nicht darum, dass man jemanden überzeugen will (Abg. Jeitler-Cincelli: Aber es ist ja kein Mehrweg!), sondern es hat lange Zeit keine Alternative und kein Angebot gegeben.

Zum heutigen Tag erinnere ich: Seit 1.1.2024 sind wunderbarerweise endlich die Mehrwegquoten im Angebot, im Handel verfügbar, und das war die erste
große Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes. (Beifall bei den Grünen.) Und daher


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ist das Pfand, so wie es heute weiterentwickelt wird, mit der zentralen
Stelle und den entsprechenden Aufsichtsrechten, die sehr wichtig sind – das waren auch gute Ergänzungen in den Verhandlungen über diese Novelle –, der zweite große Schritt; denn ab 1.1.2025 hält endlich, nach gefühlten
200 Jahren, auch in Österreich das Pfand auf Einweggebinde Einzug (Abg. Schell­horn: Bei Lebensmitteln!), für Kunststoff- und Metallverpackungen im Ge­tränkebereich ab 0,1 Liter bis 3 Liter. (Abg. Wurm: Schuss ins Knie!) Das ist ein riesengroßer Fortschritt, über den ich sehr, sehr froh bin. – Applaus bitte
für das Einwegpfand! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Kompletter Schwach­sinn! Aber: Applaus!)

Ein Punkt – einiges ist schon genannt worden –: Die Distanzregelung
dürfen wir nicht mehr aufmachen. Es ist klar, dass nicht alles klappt. Im Entwurf gibt es - - (Abg. Bernhard: Es klappt gar nichts!) Wir dürfen nicht verzögern.
Wir müssen schauen, dass die Abfalltransporte in der Form stattfinden; und na­türlich müssen die ÖBB nachbessern, natürlich gibt es großen Handlungs­bedarf, keine Frage, aber da müssen wir durch. Abfalltransporte, Massentrans­porte dürfen einfach nicht wie bisher ohne Wenn und Aber auf der
Straße alles blockieren, das können wir uns nicht erlauben.

Ein wichtiger Punkt, der noch nicht genannt wurde, der mir persönlich aber sehr wichtig ist: Da geht es um Beteiligungsrechte und um Mitwirkungsrechte
der Gemeinden für Bodenaushubdeponien im vereinfachten Verfahren unter 100 000 Kubikmetern. Es war ein großes Anliegen auch aus Sicht der Gemeinden, dass diese da mit einer Parteistellung im AWG-Verfahren eingebun­den werden. Das heißt, die Gemeinden können in diesen Verfahren jetzt
die konkreten öffentlichen Interessen – da geht es um Gesundheit, da geht es um Umwelt, Bodenverbrauch, Wasser, also klassische Umweltmaterien –
mit einer Parteistellung einbringen. Auch das ist ein großer Fortschritt, ein wich­tiger Teil in einer AWG-Novelle.


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Insgesamt ist es ein weiteres gutes Paket, und ich freue mich, dass das
vor der Sommerpause noch gelungen ist. – Danke für die Zustimmung. (Beifall bei den Grünen.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister.


19.47.47

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Sehr geehrte Nationalratsabgeordnete! Ich möchte kurz auf die un­terschiedlichen Inhalte dieser Novelle eingehen, auch wenn sie in weiten Teilen – Abgeordnete Rössler hat es schon gesagt – ein bisschen
technisch scheinen. Vor allem bei Digitalisierung und Verfahrensbeschleunigung machen wir mit dieser Novelle aber wichtige Schritte.

Erstens: Antragsunterlagen können endlich in elektronischer Form vorge­legt werden. Das ermöglicht eine effizientere Abwicklung von Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren. Die elektronische Verknüpfung von anlagen­relevanten Registern ist Voraussetzung für eine beschleunigte elektronische Abwicklung von Genehmigungsverfahren durch die Behörde. Die Veran­kerung der SMS-Lösung – das hat Abgeordneter Bernhard, glaube ich, vorhin angesprochen – beim vollelektronischen Begleitschein für gefährliche
Abfälle vereinfacht die Kommunikation mit dem Abfallerzeuger. Im Bereich Di­gitalisierung ist das ein wichtiger Schwerpunkt der Novelle.

Beim zweiten Schwerpunkt dieser Novelle geht es um die Rahmenbedingungen für die Organisation des Pfandsystems für Einweggetränkeverpackungen. Abgeordnete Rössler hat die Wichtigkeit schon ausführlich erklärt. Es gibt min­destens 14 europäische Mitgliedstaaten, die jetzt so ein System haben
oder einführen, wie wir es einführen.


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Wir wissen, Sie alle wissen: Es gilt ab 2025 für Plastikflaschen und Dosen. Er­gänzt werden jetzt die Rahmenbedingungen für die Betreiberin des Pfandsystems, das ist die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH, die soge­nannte „zentrale Stelle“ – im Gesetz ist sie so bezeichnet. Da werden
eben Details zu den Aufsichtsrechten – darauf ist Abgeordneter Matznetter vorhin eingegangen – beziehungsweise auch die Meldepflichten an das Ministerium geregelt. Zudem wird festgelegt, dass ein Teil der Einnahmen für Projekte der Abfallvermeidung bereitzustellen ist. Das sind 0,5 Prozent der Produzentenbeiträge und des Pfandschlupfes, die hier verwendet werden sollen.

Ein weiterer Teil dieser Novelle betrifft Pönalzahlungen für die Systemteil­nehmer an Sammel- und Verwertungssystemen. Die werden insofern modifi­ziert, als eine Pönale nur noch bei der Unterschreitung der Gesamtlizenz­summe im Jahr um 5 Prozent einzuheben ist. Damit vermeiden wir Härtefalle, aber machen vor allem die Administration deutlich einfacher, unkompli­zierter und auch unbürokratischer. Weiters gibt es eine neue Geringfügigkeits­grenze von 50 Euro, die da eingefügt werden wird.

Zu Bodenaushubdeponien hat Abgeordnete Rössler schon die Vorteile
der neuen Regelungen im vereinfachten Verfahren für die Gemeinden beschrie­ben. Wir müssen auch einige Ausnahmetatbestände aufgrund der Änderung
der EU-Deponierichtlinie anpassen.

Wir haben in dieser Novelle auch etwas geändert, wir wollen einen Vorwurf aus einem Vertragsverletzungsverfahren betreffend die Aarhuskonvention ausräumen, deswegen erfolgt auch da eine Anpassung entsprechend der ver­wandten Bestimmungen im UVP-G 2000. Das bedeutet konkret, das erst­malige Vorbringen von Einwendungen im Rechtsmittelverfahren ist grundsätzlich zulässig, es darf aber nicht missbräuchlich oder unredlich erfolgen.

Zum Antrag betreffend Schienentransport – es ist jetzt angeklungen, ich habe es auch im Ausschuss ausgeführt –: Klar, es handelt sich um eine neue Rege­lung, die Systemteilnehmer lernen gerade auch, wo welche Mengen in welcher


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Regelmäßigkeit in welchen Gewichtsklassen mit welchen Distanzen über­haupt zu transportieren sind. Es war von vornherein klar, dass das ein sehr neues System ist, deswegen ist auch im Gesetz bereits eine Evaluierung vorgese­hen. Diese wird bis Ende 2024 durchgeführt, und wir werden das natürlich so schnell wie möglich machen.

In diesem Sinne darf ich Sie herzlich um Zustimmung zu dieser Novelle ersu­chen. – Herzlichen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen.)

19.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Michael Bernhard. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.52.20

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Kollegin Rössler hat mich motiviert, mich noch einmal zu Wort zu melden, weil sie gesagt hat, die Regelung der Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene mit den
immer kürzeren Distanzen, die in der entsprechenden gesetzlichen Vorlage steht, darf keinesfalls mehr aufgehoben werden. Das ist ein Riesenproblem. Sie gehen hier, liebe Frau Kollegin Rössler, mit einer Brille rein, die wirklich
nur als grüne Romantik zu bezeichnen ist. Als Sie die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes ursprünglich in Begutachtung geschickt haben, hat man Ihnen gesagt, man kann nicht schneller von der Straße auf die
Schiene verlagern, weil die Kapazität nicht da ist, weil die Zahl der Waggons weniger wird. Es ist nicht mehr geworden, sondern weniger.

Dann haben Sie die Novelle eines Gesetzes vorgelegt, wo Sie hineingeschrieben haben, 2023, 2024 und 2026 wird die Distanz immer kürzer, in der ein Entsorgungsbetrieb auch tatsächlich mit dem Lkw fahren darf. Das Resultat ist heute schon, dass 3 600 Abfragen negativ beschieden worden sind, dass
die Frau Ministerin mir auf eine parlamentarischen Anfrage nicht einmal das sa­gen konnte, weil sie es nicht gewusst hat, weil das System so schlecht ist.
Und Sie sagen jetzt hier heraußen, nein, man muss unbedingt daran festhalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 518

Es kann nicht sein, dass eine Wirtschaftsbranche von Ihrer Ansicht quasi gefesselt wird, dass die Transporte auf die Schiene verlagert werden können, wenn da keine Waggons stehen. Da geht es nicht darum, dass jemand
etwas nicht verändern will, sondern Sie müssen zuerst die Möglichkeit schaffen und dann können Sie auch die Transformation machen. Sie können nicht je­manden zu etwas verpflichten, wozu er nicht einmal die Möglichkeit hat. (Beifall bei den NEOS.)

Solche Gesetze sind ein Wahnsinn und bringen genau die Unternehmer­schaft auf die Palme, die wirklich gewillt ist, Innovation zu liefern. Da müssen Sie noch einmal ran. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Chris­toph Stark. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.54.10

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich vermeide,
jetzt all das in der Erklärung des Gesetzes zu wiederholen, was drei oder vier Redner vor mir schon gesagt haben, inklusive der Frau Ministerin. Also technisch ist die ganze Geschichte eigentlich hinreichend erläutert.

Ich beschränke mich vielleicht auf eine kurze andere Betrachtungsweise,
die die Sache auch verdient hat: Die Abfallwirtschaft in Summe ist in Österreich auf einem enorm hohen Level. Wenn man das international vergleicht,
dann brauchen wir uns hier nicht zu verstecken. Die Behandlung und Verwer­tung von Müll ist in unserem Lande sehr weit fortgeschritten und dient
natürlich auch dem Naturschutz. Über diesen haben wir heute ja schon lange und hinreichend diskutiert. Auch die Abfallwirtschaft ist ein Teil
dieser Naturschutzidee, dass der Abfall dorthin kommen soll, wohin er gehört.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 519

Das hängt aber auch – und da bin ich jetzt nicht mehr bei der heutigen
Novelle – mit der guten Wissensvermittlung zusammen, die bei uns in den Kin­dergärten und Schulen zum Thema Abfalltrennung und Abfallvermeidung passiert. Leider verflacht dieses Wissen dann immer mit zunehmendem Alter, aber die Kinder zwischen zehn und 14 Jahren sind da ganz gut drauf.
Es gilt, dieses Wissen aber auch zu erhalten.

Ja, all das dient der Schonung unserer Umwelt. In Wirklichkeit geht es hier natürlich um einen großen Digitalisierungsschub, den – wie Carmen
Jeitler-Cincelli schon festgestellt hat – die Wirtschaft braucht und auf den die Wirtschaft auch gewartet hat. Aber – und da schließe ich mich jetzt
meinem Vorredner an – in der Abfallwirtschaft haben wir in den letzten zehn Jahren ganz, ganz viele einzelne Innovationsschritte gemacht, einzelne
Schritte zur Besserbehandlung, zur besseren Verwertung, zur besseren Rest­stoffverwertung. Und dieser heutige Schritt ist wieder ein Schritt, auf
den weitere werden folgen müssen – einfach, weil sich die Digitalisierung weiter verbreitet, weil die Technik weitergeht und weil natürlich mehr und mehr Menschen dann auch diesen digitalen Zugang haben werden. Ich weiß schon, dann höre ich gleich immer, ja, es muss auch analog passieren, aber es
muss in Summe schon passieren, dass wir diesen Digitalisierungsschritt auch bei der Verwertung von Mehrwegpfand und so weiter irgendwann einmal ein­geführt haben werden.

Darauf freue ich mich, aber jetzt freue ich mich hier einmal darauf, dass wir die­sen ersten Zwischenschritt gehen, und da bitte ich um breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.56


19.56.34

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und
Eingang in 2561 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 520

Hiezu haben die Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeord­neten Michael Bernhard vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatzantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systema­tik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 5 bis 9 in der
Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Die Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 9a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 30 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Die Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuer Ziffer 30a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 521

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehr­heit, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf
auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.58.4123. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2601 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn-Beförderungs- und Fahr­gastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (Fahrgastrechtenovelle 2024) (2644 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird
(2645 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4036/A(E) der Abgeordneten Hermann Weratschnig, MBA MSc, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rampen an Bahn-Verkehrsstationen (2646 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4110/A(E) der Abgeordneten Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „weitere Verbesserung des transeuropäischen Bahnverkehrs“ (2647 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 522

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun kommen wir bereits zu den
Punkten 23 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter
einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ist bereits auf dem Weg. – Ich bitte Sie zum Rednerpult. Bitte, Herr Abgeordneter.


19.59.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident!
Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ja, wir haben es hier mit einem Eisenbahnpaket rund um Fahrgastrechte und einer Novellierung
des Eisenbahngesetzes zu tun, dem man einiges abgewinnen kann.

Was ich bemerkenswert finde, das sind zwei Entschließungsanträge, mit denen sich die Regierungsparteien in wiederholter Art selbst zur Arbeit auffor­dern. Einer davon ist besonders bemerkenswert, das ist der Antrag betreffend „weitere Verbesserung des transeuropäischen Bahnverkehrs“, mit dem
die zuständigen Minister und Ministerinnen ersucht werden, sich „weiterhin“ – „weiterhin“, also wurde offenbar bis jetzt wenig gearbeitet (Abg. Weidin­ger: Na, na, na, Herr Kollege!) – „zum besseren Schutz der Umwelt und des Klimas und für die Konsumentinnen und Konsumenten [...] für [...] weniger Grenz­unterbrechungen und kürzere Fahrzeiten einzusetzen.“ Das ist bemerkenswert, das haben sie offenbar bis jetzt nicht wirklich getan.

Das, was wirklich notwendig wäre, was man wirklich beantragen sollte,
steht nicht im Antrag: Durch Europa verläuft eine sehr wichtige Achse, das ist die Achse Berlin–Prag–Linz–Graz und dann weiter nach Koper oder Triest.
Das ist eine wichtige Verbindung für den Wirtschaftsraum im Nord­westen Europas mit dem Balkan und dem Schwarzen Meer.

Ich habe eine Vision (Ruf bei der ÖVP: Oje!), und das ist, dass die Strecke Prag–Linz per Bahn in 2,5 Stunden machbar ist. Das ist machbar, wie auch die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 523

Strecke Graz–Prag in 5 Stunden. Mit einer ordentlich ausgebauten Bahn wäre das möglich.

Im Bereich Straße, bei der S 10 im Mühlviertel zum Beispiel, kommt jetzt langsam Bewegung hinein – da war die ÖVP so geschickt, der Frau Ministerin ihren Evaluierungsschwindel nicht durchgehen zu lassen –, aber auf der
Bahn ist weiterhin Ruhe (Zwischenruf des Abg. Hörl), der Bahnbau schläft. Ober­österreich als Bundesland, die Steiermark als Bundesland, das Mühlviertel
als Region, die würden das brauchen. Es wäre ein Fortschritt für die Region. (Abg. Schnabel: 5 Millionen Euro pro Jahr ist nicht ...?) Wir brauchen diese Weichenstellung.

Ich stelle daher folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Aufnahme der Summerauerbahn in das Zielnetz 2040 sowie Aufnah­me der Summerauerbahn und der Pyhrnbahn in die europäischen
‚TEN-T-Kernnetze‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert,
die Summerauerbahn in das ,Zielnetz 2040‘ aufzunehmen. Weiters sollen sich die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dafür einsetzen, die Summerauerbahn und die Pyhrnbahn durch die zuständigen EU-Gremien
und Behörden in das europäische ‚TEN-T-Kernnetz‘ aufzunehmen, um die wirt­schaftliche Vernetzung Europas zu stärken.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 524

Meine Damen und Herren, vor allem Kolleginnen und Kollegen aus Oberöster­reich und vor allem von der ÖVP, stimmen Sie diesem Antrag zu! Stim­men Sie der Weiterentwicklung von Oberösterreich, der Steiermark und vor al­lem dem Mühlviertel zu! Die Menschen hätten sich das verdient. Lassen
Sie sie nicht hängen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schnabel: Die Pyhrnachse ist schon drinnen!)

20.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Rosa Ecker, MBA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Aufnahme der Summerauerbahn in das Zielnetz 2040 sowie Auf­nahme der Summerauerbahn und der Pyhrnbahn in die europäischen
„TEN-T-Kernnetze“

eingebracht in der 272. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 4. Juli 2024 im Zuge der Debatte zu TOP 26, Bericht des Verkehrsausschusses über den
Antrag 4110/A(E) der Abgeordneten Mag. Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend "weitere Verbesserung des transeuro­päischen Bahnverkehrs" (2647 d.B.)

Das „Zielnetz 2040“ bezeichnet die langfristige Ausbaustrategie für die Eisenbahn­infrastruktur in Österreich. Das TEN-T-Kernnetz ist ein transeuropäisches Eisenbahnverkehrsnetz, wodurch die wirtschaftliche Vernetzung Europas gestärkt wird. Vier Kernnetz-Korridore führen derzeit durch Österreich. Es fehlt aber
aktuell im alpinen Bereich eine direkt querende Verbindung zwischen dem Südosten Europas und dem europäischen Zentralraum. Besonders große Potentiale
hätten hier die Summerauerbahn in Kombination mit der Pyhrnbahn.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 525

Das Klima- bzw. Verkehrsministerium hat der jahrzehntelangen Forderung nach Aufnahme der Summerauerbahn als auch der Pyhrnbahn ins transeuropäi­sche Eisenbahnverkehrsnetz (TEN-T-Netz) und somit auch in das „Zielnetz 2040“ eine Absage erteilt. Eine große Möglichkeit für das überregionale Verkehrsnetz bleibt damit ungenutzt. Der Ausbau der Eisenbahnachse Berlin-Prag-Linz-Graz-Koper würde eine wichtige Verbindung zwischen dem Wirtschaftsraum im Nordwes­ten Europas und dem Balkan und der Schwarzmeer Region herstellen sowie
effiziente Handelsströme fördern.

Der Ausbau sowohl der Summerauerbahn als auch der Pyhrnbahn als
wichtige europäische Nord-Süd-Achse ist voranzutreiben. Beide Bahnen müssen umgehend in das TEN-T-Kernnetz aufgenommen werden. Die Summerauer­bahn darüber hinaus auch wieder in das „Zielnetz 2040“.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, die Sum­merauerbahn in das „Zielnetz 2040“ aufzunehmen. Weiters sollen sich die Bundesre­gierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt,
Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dafür einsetzen, die Summerauerbahn und die Pyhrnbahn durch die zuständigen EU-Gremien und Behörden in das europäische „TEN-T-Kernnetz“ aufzunehmen, um die wirtschaftliche Vernetzung Europas zu stärken.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 526

20.03.09

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Bevor ich zu den vorliegenden Gesetzent­würfen komme, vielleicht noch einen Satz zu Herrn Kollegen Deimek: Ja, das ist die Aufgabe vom Zielnetz und auch von den Rahmenplänen. Ich muss dazusagen, dass einige Dinge, die angesprochen wurden – die Pyhrnroute und die Summerauerbahn, beides wichtig –, auch ins Zielnetz aufgenommen
worden sind. (Abg. Stöger: Aber das nicht! Das leider nicht!)

Heute geht es hier auch um einen anderen wichtigen Bereich, nämlich um die Stärkung der Fahrgastrechte. Die vorliegende Novelle bringt wesentli­che Verbesserungen für die Fahrgäste: die Ausweitung der Erstattung bei Re­servierungen, Entschädigungsbestimmungen – ganz wichtig – für die Besitzer:innen von Jahreskarten, aber auch von Zeitfahrkarten mit kürzerer Laufzeit. Es wird außerdem die Agentur für Passagier- und Fahrgast­rechte – das ist eine ganz wichtige Agentur – als einheitliche Durchsetzungs- und Schlichtungsstelle für alle Mobilitäts- und Verkehrsbereiche ge­stärkt. Es wird auch der Ausschluss von rabiaten Fahrgästen für bis zu sechs Monate ermöglicht, wenn eine Gefahr für Bedienstete besteht.

Österreich ist ein Bahnland, Österreich ist innerhalb der Europäischen Union das Land, in dem am meisten Bahn gefahren wird, in dem die Eisenbahn im Vordergrund steht. Wir bauen aus, wir bieten leistbare Preise, wir
bieten Komfort.

Wir haben aber auch Probleme im Bahnnetz – bedingt durch Baustellen, durch Lieferkettenprobleme –: Verspätungen, Probleme mit den Kapazitäten.
Es ist völlig klar, dass es in unserem Bahnnetz in der Vergangenheit Probleme gegeben hat. Es ist aber jetzt unsere Aufgabe, die richtigen – und
wichtigen – Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit der Novelle des Eisenbahn­gesetzes schaffen wir die optimale Nutzung der Kapazitäten der Infra­struktur – mit bestimmten Trassenreservierungen für die Verlagerung des Ver­kehrs von der Straße auf die Schiene und einem guten Taktfahrplan.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 527

Beides muss möglich sein: die Verlagerung von der Straße auf die Schiene und der Taktfahrplan. Das ist insbesondere ein Thema bei den gesamten Stre­ckensperren, die auch in unseren Nachbarländern geplant sind.

Wir sichern hiermit die Lieferketten, das ist, glaube ich, ganz wichtig für die In­dustrie, für unsere Standorte. Wir schaffen und sichern damit die
Verlagerung auf die Bahn und den Modal Split von der Straße auf die Schiene.

Es liegt ein weiterer wichtiger Antrag vor, dieser soll mehr Rampen auf
stark frequentierten Bahnhaltestellen ermöglichen. Das ist ganz wichtig, da Lifte oft überlastet sind, und deshalb braucht es an stark frequentierten Bahn­höfen beziehungsweise Bahnhaltestellen bauliche Maßnahmen.

An dieser Stelle ein Danke auch den Vorarlberger Kollegen und Kolleginnen, dass wir hier gemeinsam mit dem Koalitionspartner – Danke dem
ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger – einen Antrag auf den Weg bringen konnten, mit dem diese Alternativen und zusätzlich auch
das Thema Rampen an frequenzstarken Bahnhöfen umgesetzt werden.

Das ist das, was wir brauchen, das ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der Bar­rierefreiheit und der Schlüssel zum Erfolg im öffentlichen Verkehr.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Alois Stöger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.06.44

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Es gibt von uns Zustimmung, wir sehen aber viel Verbesserungs­bedarf. Das haben wir, im Sinne einer konstruktiven Opposition, auch im Aus­schuss kundgetan. Leider ist es aus formalen Gründen nicht möglich,
die Anträge, die wir im Ausschuss eingebracht haben, auch hier einzubringen – das geht unter. Meine sehr verehrten Damen und Herren, immer dann,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 528

wenn die Opposition im Ausschuss Anträge einbringt, wird vertagt, und so kön­nen sie hier in der Plenarsitzung nicht diskutiert werden. (Abg. Weidinger:
Na, na, na! – Abg. Einwallner: Na sicher ist es so!)

Deshalb wollen wir heute zwei Abänderungsanträge einbringen – die Regierung kennt sie schon, ich bringe sie trotzdem ein, damit Sie sie dann auch kennen –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses (2601 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das
Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (Fahrgastrechtenovelle) (2644 d.B.) Top 23

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die dem obenstehenden Bericht angeschlossene Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2 wird nach Zi 5 eine neue Zi 5a eingefügt:

5a. Dem § 6 wird ein neuer Abs. 9 angefügt:

„(9) Die Schienen-Control GmbH hat in Verwaltungsstrafverfahren betreffend Verstöße gegen Bestimmungen gemäß §§ 78a, 232 des Eisenbahngeset­zes 1957, §§ 32b, 47 Abs. 1 und 2 des Kraftfahrliniengesetzes, §§ 139a,
169 Abs. 1 Z 1, 3 lit. s und t des Luftfahrtgesetzes, §§ 71a, 72 Abs. 2 Z 26, 87a,
88 Abs. 2 Z 6 des Schifffahrtsgesetzes Parteistellung. Sie ist berechtigt,
in alle Verfahrensakte Einsicht zu nehmen sowie alle einschlägigen Auskünfte
zu verlangen sowie Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 4 B-VG an das Landesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben und dabei die Einhaltung der Bestimmungen geltend zu machen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 529

2. In Artikel 3 wird Zi 3 wie folgt geändert:

In § 78a Abs 1 wird die Wortfolge „auf Haupt- und Nebenbahnen“ durch
die Wortfolge „auf Öffentlichen Eisenbahnen“ ersetzt.

3. In Artikel 3 wird Zi 7 wie folgt geändert:

In § 232 wird Abs. 3 durch folgenden Abs. 3 ersetzt:

„(3) Wer gegen Bestimmungen des 1. bis 3. Hauptstückes des 1. Teiles des EisbBFG oder der Beilage 1 der Verordnung über die Einführung des Klimatickets, BGBl. II Nr. 363/2021 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 136/2024 verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist
von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7 000 Euro, im Wiederholungsfalle mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.“

*****

Wir wollten mehr einbringen, aber das lässt das Verfahren nicht zu,
zum Luftverkehr und zum Schiffsverkehr.

Der zweite Abänderungsantrag, den ich einbringen will, betrifft Tagesordnungs­punkt 24:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2645 d.B.) Top 24

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die dem obenstehenden Bericht angeschlossene Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Zi 7 wird folgende Zi 7a eingefügt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 530

7a. § 13a Abs. 4 wird wie folgt geändert:

„(4) Die gemäß § 217 zuständigen Arbeitsinspektorate haben der Bundesministerin/dem Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die Ergebnisse und Erfahrun­gen, einschließlich der Anzahl der Untersuchungen, im Zusammenhang mit der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen über die Arbeits-,
Fahr- und Ruhezeiten für Triebfahrzeugführer gemäß Arbeitszeitgesetz, BGBl. I Nr. 461/1999, bis spätestens 30. Juni des dem Berichtsjahr folgenden Kalenderjahres in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.“

2. Nach Zi 50 wird folgende Zi 50a eingefügt.

50a. in § 145 Abs. 1 wird Nachfolgendes angefügt:

„Dieses Zeugnis hat auch zu dokumentieren, dass der Antragsteller über Kenntnisse der vom jeweiligen Infrastrukturbetreiber angebotenen ‚Betriebssprachen‘ auf Niveau B1 verfügt. Der sachverständige Prüfer hat vom Prüfungswerber, welcher nicht der vom jeweiligen Infrastrukturbetrei­ber angebotenen ‚Betriebssprachen‘ als Muttersprache in der Fahrerlaubnis angegeben hat, die Vorlage eines Nachweises über eine Sprachprüfung nach den Standards des „Österreichischen Sprachdiploms Deutsch“ (ÖSD) zu
verlangen.“

3. Nach Zi 59 wird folgende Zi 59a eingefügt

59a. in § 215 wird folgender Abs. 7 nach Abs. 6 hinzugefügt:

„(7) Vertreter des Personals im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die in den Un­ternehmen und Betrieben auf Grund des § 40 Arbeitsverfassungsgesetz
in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund anderer Rechtsgrundlagen be­stehenden Organe der Arbeitnehmerschaft. Sofern in den Unternehmen
oder Betrieben Arbeitnehmervertreter mit einer besonderen Funktion bei der Sicherheit und beim Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer betraut sind,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 531

sind diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit wie die Vertreter des Personals bei­zuziehen oder zu informieren. Auf Antrag erhalten die Vertreter des
Personals Parteistellung.“

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Leseübung war notwendig, weil uns das von der Regierung im Ausschuss nicht genügt hat.

Zum Abänderungsantrag der Bundesregierung, der Regierungsparteien zu Tagesordnungspunkt 24 vertreten wir die Auffassung: Die Regelung, die vorge­schlagen ist, ist eigentlich gut und bringt eine Verbesserung für die
Gemeinden. Daher werden wir eurem verschlechternden Abänderungsantrag nicht zustimmen. Und dem Entschließungsantrag der Freiheitlichen
werden wir die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé,

Kolleginnen und Kollegen

Zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2601 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz, das Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (Fahrgastrechtenovelle 2024) (2644 d.B.) Top 23

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die dem obenstehenden Bericht angeschlossene Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 532

1. In Artikel 2 wird nach Zi 5 eine neue Zi 5a eingefügt:

5a. Dem § 6 wird ein neuer Abs. 9 angefügt:

„(9) Die Schienen Control GmbH hat in Verwaltungsstrafverfahren betreffend Verstöße gegen Bestimmungen gemäß §§ 78a, 232 des Eisenbahngesetzes 1957,
§§ 32b, 47 Abs. 1 und 2 des Kraftfahrliniengesetzes, §§ 139a, 169 Abs. 1 Z 1, 3 lit. s und t des Luftfahrtgesetzes, §§ 71a, 72 Abs. 2 Z 26, 87a, 88 Abs. 2 Z 6 des Schifffahrtsgesetzes Parteistellung. Sie ist berechtigt, in alle Verfahrensakte Einsicht zu nehmen sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen sowie Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 4 B-VG an das Landesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben und dabei die Einhaltung der Bestimmungen geltend zu machen.“

2. In Artikel 3 wird Zi 3 wie folgt geändert:

In § 78a Abs 1 wird die Wortfolge „auf Haupt- und Nebenbahnen“ durch die Wortfol­ge „auf Öffentlichen Eisenbahnen“ ersetzt.

3. In Artikel 3 wird Zi 7 wie folgt geändert:

In § 232 wird Abs. 3 durch folgenden Abs. 3 ersetzt:

„(3) Wer gegen Bestimmungen des 1. bis 3. Hauptstückes des 1. Teiles des EisbBFG oder der Beilage 1 der Verordnung über die Einführung des Klimatickets,
BGBl. II Nr. 363/2021 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 136/2024 ver­stößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwal­tungsbehörde mit einer Geldstrafte bis zu 7 000 Euro, im Wiederholungsfalle mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.“

Begründung

Zu 1.

In der Regierungsvorlage fehlt die für die apf als Durchsetzungsstelle besondere wichtige Bestimmung über die Parteistellung. Die apf – als gesetzliche und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 533

nationale Durchsetzungsstelle der Flug- und Fahrgastrechteverordnungen - hat die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Rechte
der Passagiere gewahrt werden. Die durch den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber eingeräumten Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (vgl. u.a. Artikel 16 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 und Artikel 16
der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006). Die Durchsetzungstätigkeit der apf erfolgt weitestgehend im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren, da der
Schienen-Control GmbH selbst keine Befugnis zu Sanktionen eingeräumt wurde.

Mangels ausdrücklicher Nennung in § 139a Abs 4 Luftfahrtgesetz (LFG) hat
die Schienen-Control GmbH im Flugverkehr nur in Verwaltungsstrafverfahren betref­fend Verstöße gegen die Bestimmungen gemäß § 139a Abs 1 iVm § 169
Abs 1 Z 1 LFG und § 139a Abs 2 iVm § 169 Abs 1 Z 1 LFG (Verletzung der Mitwir­kungspflicht an einem Schlichtungsverfahren der apf), nicht aber betreffend
Verstöße gegen die Bestimmungen gemäß § 169 Abs 1 Z 3 lit s LFG iVm der Flug­gastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) und gemäß § 169
Abs 1 Z 3 lit t LFG iVm der PRM-Fluggastrechteverordnung (Verord­nung (EG) Nr. 1107/2006), obwohl die Ausdehnung der Parteistellung auch auf Verstöße gegen die Fluggastrechteverordnungen in den Erläuterungen
zu § 139a Abs 4 LFG (ErlRV 940 BlgNR XXVII. GP 16) vorgesehen war, jedoch – offenbar aufgrund eines Redaktionsversehens im Gesetzgebungsprozesses – nicht im Gesetzestext des Abs. 4 festgehalten wurde (vgl. bspw. auch BVwG Beschluss 21.03.2022, W282 2252719).

Im Bahn-, Bus- und Schiffsverkehr hat die apf überhaupt keine Parteistellung.

Aufgrund der fehlenden Parteistellung in Verwaltungsstrafverfahren
betreffend Verstöße gegen die Fahr- und Fluggastrechteverordnungen sowie Verstöße gegen die gesetzliche Mitwirkungspflicht an einem Schlichtungsverfahren der apf im Bahn-, Bus- und Schiffsverkehr hat die apf nach der geltenden
Rechtslage u.a. keinen Anspruch auf Auskunftserteilung seitens der Bezirksverwal­tungsbehörden über den Verfahrensstand bzw. Verfahrensausgang (z. B. über
das verhängte Strafmaß, Einstellung), keine Berechtigung, in Verfahrensakte Einsicht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 534

zu nehmen sowie Stellungnahmen abzugeben. Der apf fehlt mangels Partei­stellung ebenfalls die Möglichkeit Rechtsmittel im Instanzenweg zu erheben. Es bleibt ihr somit verwehrt, den fundamentalen Aufgaben einer Durchsetzungsstelle nachzukommen.1

Die apf erhält als gesetzliche Durchsetzungsstelle daher nicht die notwendigen Infor­mationen und Parteirechte, um ihrem gesetzlichen Auftrag – der Sicherstel­lung der Rechte der Passagiere nachkommen zu können. Auskunfts- und Beschwer­derechte sind für eine wirksame Durchsetzung der Fahr- und Fluggastrechte
sowie für die Berichterstattung über die erfolgten Sanktionierungen an die Europäi­sche Kommission notwendig. In der Verordnung (EG) Nr. 2021/782, der Neu­fassung der Bahn-Fahrgastrechteverordnung, bzw. im aktuellen Entwurf zur Revision der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist zudem vorgesehen, dass die nationalen Durchsetzungsstellen jährliche Berichte über ihre Tätigkeiten bzw. die ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen (darunter auch die verhängten Sanktionen) an
die Europäische Kommission zu erstatten haben.

Die Parteistellung ist außerdem folgerichtig, weil der apf durch die neue Verordnung (EU) 2017/2394 (Verbraucherbehördenkooperationsverordnung – VBKVO),
in Österreich derzeit durch das Verbraucherbehördenkooperationsgesetz umgesetzt, derartige Rechte für Verstöße innerhalb der EU eingeräumt werden. Derzeit
hat die apf bei Verstößen, in denen sie für eine ersuchende Behörde aus dem Ausland tätig wird, derartige Rechte, im eigenen Wirkungskreis jedoch nicht.

Der nationale Gesetzgeber muss der nationalen Durchsetzungsstelle für den
Bahn-, Bus-, Flug- und Schiffsverkehr selbst die Befugnis zur Verhängung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen einräumen (vgl. Art 31,
35 VO 2021/782 im Bahnverkehr, Art 28, 31 VO 181/2011 im Busverkehr, Art 25, 28 VO 1177/2010 im Schiffsverkehr, Art 16 VO 261/2004 und Art 14,
16 VO 1107/2006 im Flugverkehr). Die apf verfügt jedoch im Gegensatz zu anderen Durchsetzungsstellen im EU-Raum (z. B. in Deutschland oder Ungarn) über
keine Sanktionsbefugnis, etwa in Form der Verhängung von Verwaltungsstrafen oder dem Konzessionsentzug. Die apf kann, wie jedermann auch, lediglich Anzeigen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 535

bei der Bezirksverwaltungsbehörde einbringen. Es bleibt ihr somit auch verwehrt, im Rahmen der Verwaltungsstrafverfahren ihre Expertise und langjährige Erfah­rung mit Fahr- und Fluggastrechten einzubringen, um somit dem Auftrag des Unions­gesetzgebers, nämlich der Sicherstellung der Wahrung der Rechte der Passagiere, nachzukommen.

Für eine wirksame Durchsetzung der Fahr- und Fluggastrechteverordnungen in Ös­terreich ist die einheitliche, und somit im Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte statuierte, Einräumung der Parteistellung in den vier Verkehrsträgern unbedingt notwendig und eigentlich das absolute Mindest­maß. Wenn die apf als gesetzliche und nationale Durchsetzungsstelle selbst weiterhin keine Sanktionen verhängen kann, dann sollte ihr zumindest in den Verwaltungs­strafverfahren Parteistellung eingeräumt werden, um so eine effiziente Durchsetzung der Fahr- und Fluggastrechte sicherstellen zu können.

Zu 2.

Öffentliche Eisenbahnen im Abs. 1 dienen gemäß § 1 Z 1 und § 2 EisbG dem allgemeinen öffentlichen Verkehr und umfassen Hauptbahnen, Nebenbahnen und Straßenbahnen. Erst damit wird das in der Regierungsvorlage genannte Ziel
einer einheitlichen alternativen Streitbeilegungsstelle iVm. § 1 Bundesgesetz über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr umgesetzt.
Ohne diese Änderung wäre die vorgeschlagene Fassung in sich nicht schlüssig, da es keine innerstädtischen Verkehrsbetriebe gibt, welche auf Haupt oder Neben­bahnen verkehren.

Zu 3.

Ohne Ergänzung um die Beilage 1 der Verordnung über die Einführung des Klima­tickets gäbe es eine Lücke bei der Strafbarkeit bei Verstößen gegen fahrgastrechtliche Bestimmungen. In der Beilage 1: Allgemeine Geschäftsbedingungen für den
Kauf des KlimaTickets stehen Verbraucher- bzw. Fahrgastrechte (Änderungen von AGBs, Ticketgültigkeit, Ticketausstellung, ungültiges Ticket, Kündigung,
Erstattung, Vertragserneuerung, Fahrgastrechte bei Verspätung und Ausfall, usw.).


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 536

1       Die derzeitige nationale Umsetzung der Kompetenzen der apf als
nationale Durchsetzungsstelle der Fahr- und Fluggastrechteverordnungen ist vermutlich EU-verordnungswidrig (vgl. EuGH 17.03.2016, verb.
Rs C-145/ und C-146/15, EuGH 26.09.2013, C-509/11; ausführlich in Gerhard Saria, Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte: Besteht Verbesse­rungsbedarf?, ÖZV 3-4/2019).

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé,

Kolleginnen und Kollegen

Zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2645 d.B.) Top 24

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die dem obenstehenden Bericht angeschlossene Regierungsvorlage wird wie
folgt geändert:

1. Nach Zi 7 wird folgende Zi 7a eingefügt.

7a. §13a Abs. 4 wird wie folgt geändert:

„(4) Die gemäß § 217 zuständigen Arbeitsinspektorate haben der Bundesministerin/dem Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die Ergebnisse und Erfahrungen, einschließlich der Anzahl der Untersuchungen, im Zusammenhang mit der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen über die Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten für Triebfahrzeug­führer gemäß Arbeitszeitgesetz, BGBl. I Nr. 461/1999, bis spätestens 30. Juni des dem Berichtsjahr folgenden Kalenderjahres in elektronischer Form zur Verfü­gung zu stellen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 537

2. Nach Zi 50 wird folgende Zi 50a eingefügt.

50a. in §145 Abs. 1 wird Nachfolgendes angefügt:

„Dieses Zeugnis hat auch zu dokumentieren, dass der Antragsteller über Kenntnisse der vom jeweiligen Infrastrukturbetreiber angebotenen ‚Betriebssprachen‘ auf
Niveau B1 verfügt. Der sachverständige Prüfer hat vom Prüfungswerber,
welcher nicht der vom jeweiligen Infrastrukturbetreiber angebotenen ‚Betriebsspra­chen‘ als Muttersprache in der Fahrerlaubnis angegeben hat, die Vorlage
eines Nachweises über eine Sprachprüfung nach den Standards des „Österreichischen Sprachdiploms Deutsch“ (ÖSD) zu verlangen.“

3. Nach Zi 59 wird folgende Zi 59a eingefügt.

59a. in §215 wird folgender Abs. 7 nach Abs. 6 hinzugefügt:

„(7) Vertreter des Personals im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die in den Unterneh­men und Betrieben auf Grund des § 40 Arbeitsverfassungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund anderer Rechtsgrundlagen bestehenden Organe der Arbeitnehmerschaft. Sofern in den Unternehmen oder Betrieben Arbeit­nehmervertreter mit einer besonderen Funktion bei der Sicherheit und beim Gesund­heitsschutz der Arbeitnehmer betraut sind, sind diese im Rahmen ihrer Zustän­digkeit wie die Vertreter des Personals beizuziehen oder zu informieren. Auf Antrag erhalten die Vertreter des Personals Parteistellung.“

Begründung

Zu 1.

Die Darstellung der Ergebnisse und Erfahrungen sowie die Anzahl der Untersuchun­gen im Zusammenhang mit der Überwachung der Einhaltung der Bestimmun­gen über die Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten für Triebfahrzeugführer gemäß dem Ar­beitszeitgesetz soll im Tätigkeitsbericht umfassend dokumentiert werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 538

Dies ist notwendig, um außenwirksam die relevanten Erfahrungen und Überwa­chungsmaßnahmen zusammenzufassen und transparent darzustellen.
Hierzu sollen die primär zuständigen Arbeitsinspektorate verpflichtet werden, ent­sprechende Berichte zu erstellen.

Durch die vorgeschlagene Änderung wird sichergestellt, dass die fehlenden
Aspekte der Richtlinie (EU) 2016/798 Artikel 19 und der im Eisenbahngesetz §217 beauftragten Überwachung der Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten der Triebfahr­zeugführer an die zuständigen Arbeitsinspektorate, in den Jahresbericht aufgenom­men werden. Dies führt zu einer transparenten und zuverlässigen Dokumen­tation der Überwachungsaktivitäten in diesem Bereich und trägt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei.

Zu 2.

Künftige Triebfahrzeugführer:innen müssen bei der Prüfung nachweisen, dass
sie über schienenbahnbezogene Fachkenntnisse für jene Eisenbahnen, die
in der Bescheinigung ausgewiesen werden sollen, verfügen. Dieses Zeugnis hat auch zu dokumentieren, ob der Antragsteller über die gemäß Anhang VI der Richt­linie 2007/59/EG notwendigen Kenntnisse der vom Infrastrukturbetreiber angebo­tenen Sprachen (in Österreich Deutsch) verfügt.

In bestimmten Fällen ist es für die sachverständigen Prüfer:innen notwendig,
von den zu Prüfenden die Vorlage eines Zeugnisses über deren Kennt­nisse (wie Nachweise über Sprachprüfungen auf dem Niveau B1 gemäß Richtli­nie (EU) 2016/882) zu verlangen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen
sind dafür zu schaffen.

Diese Regelung ist von großer Bedeutung für die Sicherheit im Eisenbahnverkehr. Gute Sprachkenntnisse gewährleisten, dass Triebfahrzeugführer:innen in
der Lage sind, Anweisungen korrekt zu verstehen und umzusetzen, besonders in kritischen Situationen, wo klare Kommunikation lebenswichtig ist. Ein
fundiertes Verständnis der Sprache trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 539

und die Koordination mit anderen Eisenbahnmitarbeitenden sowie Rettungs­kräften zu erleichtern.

Die Schaffung der notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sicher, dass diese Sprachanforderungen verbindlich und einheitlich durchgesetzt werden.
Dies ist ein weiterer Schritt zur Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässig­keit im Eisenbahnverkehr, indem es sicherstellt, dass alle Triebfahrzeugführer über die erforderlichen Kommunikationsfähigkeiten verfügen.

Zu 3.

Die Personalvertretung ist ein verlässlicher Partner bei der Beseitigung mögli­cher Gefahrenquellen und unterstützt selbstverständlich die Unternehmen und Be­hörden in ihrem Bestreben, eine optimale Betriebsführung zu organisieren.
Letztlich haben die Gefahrenquellen unmittelbare Auswirkungen auf
die Beschäftigten.

Gemäß der Richtlinie (EU) 2016/798 über die Eisenbahnsicherheit (Erwägungsgrund 10 der Richtlinie) sollen die Mitgliedstaaten eine Kultur des gegenseitigen Ver­trauens und des wechselseitigen Lernens fördern, durch die das Personal der Eisen­bahnunternehmen und der Infrastrukturbetreiber ermutigt wird, zum Ausbau
der Sicherheit beizutragen, während gleichzeitig die Vertraulichkeit gewährleistet wird. Um diese Vorgaben zu fördern und den Anforderungen nachzukommen, erscheint es zweckdienlich, die Betriebsräte als Vertreter des Personals im Rahmen der Aufsichtsverfahren beizuziehen bzw. zu informieren.

In dieselbe Kerbe schlägt Art. 9 Z.2 derselben Richtlinie, was die Weiterentwicklung des Sicherheitsmanagementsystems betrifft. Eine solche Weiterentwicklung ist
nur möglich, wenn alle Beteiligten alle Informationen haben.

Artikel 23 Ziffer 3 der Sicherheitsrichtlinie fordert klar, dass das Personal und seine Vertreter in die Untersuchungen einzubeziehen sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 540

„Die Untersuchung wird so offen wie möglich durchgeführt, damit sich alle Beteiligten äußern können und Zugang zu den Ergebnissen erhalten. Der betroffene Infra­strukturbetreiber und die betroffenen Eisenbahnunternehmen, die nationale Sicher­heitsbehörde, die Agentur, Opfer und ihre Angehörigen, Eigentümer beschä­digten Eigentums, Hersteller, beteiligte Rettungsdienste sowie Vertreter von Personal und Nutzern erhalten Gelegenheit, technisch maßgebliche Informationen vorzu­legen, um die Qualität des Untersuchungsberichts zu verbessern. Die Unter­suchungsstelle trägt ferner den legitimen Bedürfnissen der Opfer und ihrer Angehö­rigen Rechnung und hält sie über den Fortgang der Untersuchung auf dem Laufenden.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Abänderungsanträge sind ordnungsge­mäß eingebracht und stehen somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Andreas Ottenschläger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.14.08

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Man kann Kollegen Alois Stöger durchaus zugestehen, dass er sich beim Thema Verkehr und Infrastruktur wirklich für das Detail interessiert – nach wie vor. Ich erlaube mir – ich glaube, ich darf
das im Namen aller Fraktionen machen –, mich hier noch einmal bei dir, lieber Kollege Stöger, für deine Vorsitzführung im Verkehrsausschuss zu bedan­ken. Ich glaube, wir haben heute die letzten Vorlagen des Verkehrsausschusses auf der Tagesordnung – voraussichtlich –, aber auf jeden Fall ein Danke
für deine Vorsitzführung und die konstruktiven Gespräche, die wir immer hatten! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) – So viel Zeit muss sein.

Meine Damen und Herren! Wir haben unter diesen Tagesordnungspunkten
ein paar Themen, sie wurden großteils schon angesprochen. Ich wiederhole nicht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 541

die Argumentation von Kollegen Weratschnig, was die Fahrgastrechte be­trifft, erwähnen möchte ich aber trotzdem kurz unseren gemeinsamen Antrag, was die Rahmenbedingungen für die Errichtung von Rampen zur Bahnsteig­erschließung auf Bahnhöfen betrifft.

Das ist vielleicht per se ein kleines Thema, es ist aber ein effizientes Thema, weil es grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten verursacht, aber eben dazu
führen kann, dass wir mehr Barrierefreiheit haben und dass wir sozusagen auch, wenn Sie so wollen, Fußgängerverkehr auf dem Bahnhof – wenn Fußgän­ger eben die jeweiligen Bahnsteige erreichen wollen – etwas entflechten kön­nen. Das könnte bei stark frequentierten Bahnhöfen auch da und dort zu
einer Verbesserung beitragen. Wir ersuchen deswegen da natürlich auch um Ihre Zustimmung.

Zum Eisenbahngesetz: Es wurde ja auch schon erläutert, es geht um Verfahrenserleichterungen bei öffentlichen Eisenbahnen, unter anderem die Beseitigung von Markteintrittsbarrieren und die Einführung eines Kapazitätsmodells.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auf zwei meiner Vorredner kurz ein­gehen: auf der einen Seite auf Kollegen Deimek von der FPÖ, der gemeint
hat, der Bahnausbau schläft. Ich denke, wir haben da über die letzten
Jahre immer ein Commitment gehabt. Ich bin jetzt auch schon bald elf Jahre in diesem Haus als Verkehrssprecher tätig, und wir haben in unterschiedli­chen Regierungskonstellationen beim Thema Bahnausbau eigentlich immer – wie soll ich sagen? – eine breite Mehrheit dafür gefunden, dass wir da sehr
viel Steuergeld investieren. Österreich ist in der Europäischen Union das Bahn­land Nummer eins, in Europa nach der Schweiz. Wir investieren, glaube
ich, wirklich viel.

Natürlich wünschen wir uns alle, dass das eine oder andere Projekt
schneller geht, aber ich denke, dass wir in Österreich, was das betrifft, wirklich


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unabhängig von den Verkehrsministerinnen oder -ministern verschiede­ner Couleur insgesamt in diesem Haus immer dafür Sorge getragen haben, dass da viel weitergeht.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang sagen – das sei mir gestattet,
Kollege Margreiter, und vielleicht ist es auch für Kollegen Loacker interessant, das zu hören –: Es wird ein Entschließungsantrag zum Thema eingebracht,
mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, „die Umsetzung einer Güterver­kehrstrasse für Kärnten [...] sowie [...] eine überregionale Anbindung der
durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen“ – und jetzt kommt es – „in den ÖBB-Rahmenplan sowie in das Zielnetz aufzunehmen, dies entsprechend
im BFG“ – Bundesfinanzgesetz – „finanziell zu bedecken und unmittelbar die Pla­nungsarbeit zu beginnen.“

Das ist übrigens ein Antrag von Kollegen von FPÖ und SPÖ. Inhaltlich kann
man durchaus darüber debattieren und das Thema gibt es schon lange. Bemerkenswert ist einerseits, dass man mit solchen Entschließungsanträgen kommt und jetzt so quasi kurzfristig die Bundesregierung auffordern
will. (Abg. Kucher: Ihr habts fünf Jahre lang verschlafen! Guten Morgen, um die Uhrzeit!) – Herr Kollege, Sie wissen hoffentlich, dass all diese Projekte
über Jahre geplant werden, und die Planungsphasen hätten ja auch schon unter SPÖ-Verkehrsministerinnen und -Verkehrsministern oder unter einem
FPÖ-Verkehrsminister begonnen werden können. (Abg. Kucher: Was habts ihr getan?) Das sollte man nur der Wahrheit halber auch dazusagen. – Das
ist der eine Punkt.

Was aber wirklich bemerkenswert ist, geschätzter Kollege Margreiter von den NEOS – und lieber Gerald Loacker, weil du ja auch immer wieder sagst,
wir sollen ja keine Wahlzuckerln verteilen –, ist schon das, was dieser Entschlie­ßungsantrag hier bedeuten könnte: Wir reden über ein Milliardenprojekt
(Abg. Kucher: Für eure Großspender habts Milliarden gehabt! – Abg. Schellhorn: Das sind Wahlzuckerln!),
und ohne dass es eine Zuweisung an den Verkehrs­ausschuss gibt, geschweige denn, dass man das im Rahmen der Budgetdebatte


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behandelt, in der es auch um den Rahmenplan und das Vorbelastungsge­setz geht, bringen Sie lapidar einen Entschließungsantrag ein, der ein Milliarden­projekt bedeuten kann.

Das ist schon sehr bemerkenswert und diese Kritik müssen Sie sich gefal­len lassen. Da kannst du die Tafeln rauf- und runternehmen, aber
man muss, wenn man Kritik austeilt, auch berechtigte Kritik ertragen. Vielleicht diskutiert ihr das dann miteinander aus. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schwarz und Weratschnig. – Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Schellhorn.)

Was auch bemerkenswert ist: Kollege Margreiter – wie gesagt, ich schätze ihn sehr, aber das muss man schon erwähnen – hat von einer „Milliarden­show“ gesprochen, wenn wir den Rahmenplan und das Vorbelastungsgesetz beschließen, und die NEOS stimmen dagegen. Und jetzt – aus, ich will
nicht sagen, populistischen Gründen; vielleicht hat man es nicht ganz zu Ende gedacht – bringt man lapidar einen Entschließungsantrag hier ins Plenum
und sagt, wir sollen das in den Rahmenplan aufnehmen und im Bundesfinanz­gesetz finanziell bedecken. Also, liebe Kollegen von den NEOS, stringent
ist das nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schwarz und Weratschnig. – Abg. Kucher: Mit den Milliarden, die ihr bei der Teuerung verbrannt habt, hätten wir das schon längst finanziert!)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Johannes Margreiter. –
Bitte, Herr Abgeordneter.


20.20.29

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher! Um gleich auf die Ausführungen von Kollegen Ottenschläger ein­zugehen: Das Bessere ist der Feind des Guten! Wenn wir hier konkrete Vorschläge machen, was das Zielnetz 2040 betrifft, so halten sich diese Vor­schläge natürlich in einem finanzierbaren Rahmen, während jedoch,


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wenn man sich das gesamte Zielnetz anschaut, doch davon auszugehen ist, dass hier sehr viele Showelemente dabei sind.

Das ist aber jetzt nicht das Thema, sondern mir geht es darum, eine Erfah­rung zu reflektieren, die wahrscheinlich viele Bahnbenützer in Österreich haben: Man reserviert sich einen Sitzplatz, man will von Wien nach Innsbruck
oder wohin auch immer mit dem Railjet fahren (Abg. Deimek: Mit der West­bahn!) – und dann steht man am Bahnsteig und der Zug kommt nicht, es kommt die Meldung, dass der Zug ausfällt oder ein Teil des Zuges ausfällt, genau derjenige Teil des Zuges nämlich, in dem man reserviert hat.

Weiters haben wir, die wir viel mit der Bahn fahren, natürlich auch vielfach die Erfahrung, dass Termine in Wien, die man anpeilt, wo man sich denkt,
das ist leicht zu schaffen – die Planankunft des Railjet wäre, was weiß ich, um 9.44 Uhr, bis man in der Stadt ist, ist es 10 Uhr, also ein 10-Uhr-Termin
müsste sich ausgehen –, sich nicht ausgehen, weil die Bahn, die Staatsbahn, meistens verspätet ist.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir natürlich jetzt dieses Gesetzespaket, das die Fahrgastrechte noch weiter stärkt: im Falle von Verspätungen, im
Falle von Zugausfällen und natürlich auch im Falle von Überfüllungen – denn auch das haben wir leider viel zu oft. Das alles ist aber nicht schicksalhaft,
denn es gibt in der Zwischenzeit zumindest auf der Weststrecke einen privaten Mitbewerber, der von Kunden, die die Weststrecke viel befahren, genau­so benützt wird, und das Bemerkenswerte ist schon, dass es der Mitbewerber offenbar immer wieder schafft, sehr pünktlich zu sein. Also der Pünkt­lichkeitsunterschied ist bemerkenswert.

Es ist daher, glaube ich, nicht nur notwendig, dass man mit dieser legistischen Maßnahme, die wir jetzt beschließen, sozusagen Druck aufbaut, denn
noch viel besser wäre es natürlich im Sinne der Attraktivierung des Bahnver­kehrs, wenn man sich ein bisschen mehr darauf verlassen könnte, dass
die Bahn erstens kommt, man zweitens Platz hat und sie drittens halbwegs pünktlich fährt.


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Auch Tagesordnungspunkt 24 ist da sehr wichtig, weil eine jüngste
Statistik zeigt, dass gerade auf der Weststrecke von Wien bis Salzburg eine Pünktlichkeit im Bereich von 80 Prozent erreicht wird, die dann von Salzburg bis Kufstein auf 60 Prozent sinkt. Dieses Kapazitätsmanagement, auch dieses internationale Kapazitätsmanagement, das mit der Novelle des Eisenbahngeset­zes angestrebt wird, ist daher sehr zu begrüßen. Nur wird es nicht rei­chen. Wir werden doch alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um mit unseren deutschen Kollegen, mit der Deutschen Bahn, viel strenger zu sprechen,
weil die derzeitige Situation einfach unzumutbar ist in Zeiten, in denen wir allge­mein forcieren, Flüge auf Strecken unter 400 Kilometern, Kurzstrecken­flüge zu vermeiden. Da müssen wir die Bahn so attraktiv machen, dass man sich darauf verlassen kann, dass sie einigermaßen pünktlich ist. Dass es möglich
ist, zeigt der private Mitbewerber. (Beifall bei den NEOS.)

Deshalb werden wir diesen Gesetzesvorschlägen natürlich die Zustimmung er­teilen, natürlich auch was die Rampen betrifft, aber, Frau Bundesministe­rin, ich bitte Sie wirklich, alles Mögliche dafür zu tun, dass wir die Pünktlichkeit der Bahn noch deutlich erhöhen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten
der NEOS.)

20.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme gelangt Frau Bundesmi­nisterin Gewessler zu Wort. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


20.24.54

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher auch noch hier im Saal, aber vor allem daheim vor den Bildschirmen! Österreich ist ein Bahnland. Kollege Ottenschläger
hat es gerade gesagt, wir sind in der EU wirklich das Bahnland Nummer eins. Wir haben diese Position in den letzten viereinhalb Jahren wirklich ausgebaut, aufbauend auf einem guten Grundstock. Das stimmt, das ist gut – man sieht in Deutschland, was passiert, wenn man diesen guten Grundstock nicht hat.


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Wir haben jetzt mit Investitionen in der Höhe von 21,1 Milliarden
Euro im nächsten Rahmenplan – im Vergleich zu deutlich, deutlich, deutlich weniger in Deutschland – wirklich etwas vorgelegt und einen nächsten
großen Schritt gemacht. (Abg. Deimek: In Deutschland regiert die ÖBB, wie wir aus den Videos wissen!)

Das Zielnetz 2040 ist dann der Zukunftsplan: Wie schaut unser Bahn­netz 2040 aus? Ich möchte angesichts der Diskussion hier im Hohen Haus nur noch einmal erwähnen: Was macht das Zielnetz? – Das Zielnetz analysiert Module österreichweit – also alle, die hier im Gespräch waren und sind, mit den Bundesländern abgestimmt –, analysiert sie, gewichtet und reiht sie.

Warum macht man das? – Wir schauen uns an: Wo haben wir den höchsten Nutzen in der Verlagerung? Also: Wo haben wir die meisten Menschen
oder Güter, die betroffen sind? Wo beseitigen wir bestehende Engpässe, verbes­sern bestmöglich die regionale und überregionale Erreichbarkeit? Wo bringt
es volkswirtschaftlich am meisten, wo bringt es am meisten für den Kli­maschutz? – Sie sehen also, das ist eine sehr umfassende Systematik – es ist auch öffentlich, das kann man alles nachlesen –, und danach wird gewich­tet, gereiht. Warum? – Weil wir auf der einen Seite hier mit Steuer­geld umgehen, auf der anderen Seite weil wir mit dem Ausbau momentan wirklich am auch bauwirtschaftlichen Maximum kratzen und deswegen einfach nicht alles gleichzeitig bauen können.

Bitte deswegen auch um Verständnis und um Unterstützung, natürlich
auch über 2040 hinaus. Der Bahnausbau in Österreich geht auch darüber hinaus weiter. Es stehen deswegen auch ganz viele Projekte im Zielnetz als Perspektivenprojekte natürlich auch weiterhin drinnen – weil es wichtig ist, weil es richtig ist und weil wir diesen Status als Bahnland in der EU nicht nur verteidigen wollen, sondern ich würde ja gerne in vier Jahren hier stehen und sagen: Bahnland in Europa! – Liebe Schweizer Kollegen und Kolleginnen,
das schaffen wir auch noch aus Österreich heraus. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei den Grünen: Wir sind auf Schiene!)


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Ich möchte nur ganz kurz noch zu den zwei Regierungsvorlagen Stellung nehmen. Gegenstand der einen sind die Fahrgastrechte. Warum? – Es gibt einen EU-rechtlichen Anlass, es gab eine Novellierung der EU-Verordnung über
Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr, die eine weitere Stär­kung und Vereinheitlichung der Fahrgastrechte gebracht hat, die jetzt
auch nationalen Ergänzungsbedarf aufgezeigt hat. Zudem haben wir aber ge­schaut: Wo gibt es in der Praxis Themen, wo gibt es gewisse praktische Gegebenheiten, die im Gesetz noch keine ausreichende Berücksichtigung ge­funden haben? Wir schließen also mit dieser Novelle bestehende Rege­lungslücken zugunsten der Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer.

Das betrifft vor allem auch die Ausdehnung der Entschädigungsbestimmungen für Jahreskarten. Die bisherige Rechtslage enthält nämlich nur eine Entschädigungsregelung für Jahreskarten, eine Entschädigung für kürzere Zeitfahrkarten war den Geschäftsbedingungen der Unternehmen vorbehalten. Diese Regelungslücke schließen wir. Es wird also die Entschädigung auch
auf Zeitfahrkarten mit einer kürzeren Laufzeit ausgedehnt werden,
und zusätzlich wird auch ein Erstattungsrecht für Reservierungen ermöglicht – also zwei aus Konsument:innenperspektive wirklich gute Neuigkeiten
für die Bahnfahrenden.

Und darüber hinaus, und das wurde schon erwähnt, machen wir die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte zur einheitlichen Durchsetzungs- und Schlichtungsstelle für alle Verkehrsträger. An dieser Stelle auch wirklich ein großes Danke an die Agentur. Sie ermöglicht unbürokratisch und kos­tenfrei Unterstützung in Streitfällen im Verkehrssystem und leistet da wirklich einen großartigen Dienst für alle, die im Verkehr unterwegs sind. (Beifall
bei den Grünen.)

Noch ein Wort zur Novelle des Eisenbahngesetzes: Kollege Margreiter hat den Punkt, auf den auch ich eingehen will, vorhin ausgeführt. Wir erreichen
mit der vorliegenden Novelle wirklich eine Stärkung des Verkehrsträgers Schiene


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und rüsten ihn für kommende Herausforderungen. Auch Kollege Otten­schläger hat die enthaltenen Verwaltungsvereinfachungen schon angesprochen. Betreffend einige dieser Herausforderungen müssen wir aber sozusagen
unser Auge aufs Nachbarland richten.

Wir haben ab 2026 Streckensperren im deutschen Schienennetz, die dann beginnen und die uns wirklich vor große Herausforderungen stellen. Da gibt es notwendige Umleitungen, knappere Kapazitäten, das hat natürlich Aus­wirkungen auf den Wirtschaftsstandort. Deshalb haben wir in dieser Novelle Instrumente für Infrastrukturbetreiber vorgesehen, mit sogenannten Systemtrassen, die es im Fall von hoher Auslastung der Eisenbahninfrastruktur ermöglichen, schneller zu handeln, gezielter zu handeln und damit eine optimierte Auslastung der Infrastruktur zu gewährleisten, damit sowohl Güter- als auch Personenverkehr möglichst durchgehend, möglichst verlässlich gewährleistet werden.

Herr Abgeordneter Margreiter, Sie haben recht, das ist ein Baustein dafür. Das wird natürlich nicht alle unsere Probleme lösen.

Im Zusammenhang mit der Pünktlichkeit müssen wir leider sagen, einen
großen Teil der Unpünktlichkeit, und Sie haben es mit Ihrer Statistik ja auch ge­zeigt, importieren wir leider auch. Wir sind mit dem deutschen Verkehrs­ministerium in engem Austausch und Gesprächen und wollen uns da natürlich auch verkehrsträgerübergreifend und länderübergreifend intensiv mit
der Baustellensituation auseinandersetzen, damit wir das wirklich bestmöglich managen. Wir sind da zu einem gewissen Teil auf die Kooperationsbe­reitschaft aus Deutschland angewiesen. Vielleicht darf ich Sie um Unterstützung beim Parteifreund bitten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Ulrike Fischer. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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20.32.03

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte
Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Klimaministerin! Sehr geehrte
Frau Renaturierungsministerin! (Abg. Ragger: Geh, jetzt komm aber!) Sehr
geehrte Frau Öffentlicher-Verkehr-Ministerin! (Abg. Michael Hammer: Bald-nicht-mehr-Ministerin! – Ruf bei der ÖVP: Das war jetzt eine Huldigung! –
Abg. Schnabel: Verfassungsbruchministerin!)
Österreich ist ein Bahnland und Europa muss ein Bahnkontinent werden. Ich glaube, so kann man
diesen Tagesordnungspunkt zusammenfassen: Was wir in Österreich geschafft haben, muss auch in Europa gelingen, sprich, dass man schnell von A
nach B kommt, dass es kostengünstig ist – siehe Klimaticket, siehe Ticket
für 18-Jährige – und dass man einheitlich buchen kann. Wenn man in Österreich ist und zum Beispiel nach Frankreich oder nach Deutschland oder nach
Italien möchte, dann ist das oft mit Hürden verbunden. Darauf bezieht sich auch unser Antrag, den Peter Weidinger und ich im Konsumentenschutzaus­schuss schon vortragen durften (Abg. Schnabel – in Richtung Abg. Weidinger –: Su­per, Peter!); da geht es um eine weitere Verbesserung des Bahnverkehrs.

Wenn man der Frau Ministerin lauschen durfte, dann muss man sagen, den Antrag braucht es eigentlich gar nicht, weil sich die Ministerin sowieso auf allen Ebenen konsequent für den öffentlichen Verkehr einsetzt. Dafür möchte
ich heute Danke sagen: Danke, Leonore Gewessler, dass du dich jeden Tag für den öffentlichen Verkehr einsetzt! (Beifall bei den Grünen.)

Weil aber diese Tagesordnungspunkte so viele spannende Punkte umfassen, möchte ich einen Punkt herausgreifen, der mir besonders wichtig ist,
und zwar die Schlichtungsstelle. Bisher war es so: Du fährst mit dem Bus, du fährst mit dem Zug, du fährst vielleicht mit dem Sammeltaxi, kannst aber
nicht auf eine einheitliche Schlichtungsstelle zurückgreifen, wenn es
zu Verspätungen kommt. – Das haben wir jetzt repariert.

Ein zweiter wichtiger Punkt: Du bist mit dem Rad unterwegs, du bist mit dem Kinderwagen unterwegs, und aus irgendeinem Grund funktioniert der


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Lift nicht. – Das ist jetzt mit den Rampen gelöst. Auch an dieser Stelle herzlichen Dank an die Frau Bundesministerin und an alle, die daran beteiligt waren.

Auch noch ein Satz in Richtung Koalitionspartner: Dieses Ausbauprojekt für den öffentlichen Verkehr konnte auf Bundesebene nur mit dem Koalitionspart­ner gelingen. In Niederösterreich schaut es nicht so gut aus, weil es
dort eine andere Koalition gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Weidinger. – Abg. Brandweiner: Ich bin mir nicht sicher, ich glaub’,
es war ein Danke an uns!)

20.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Julia Elisabeth Herr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.34.39

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes
Hohes Haus! Wir sind bei den verkehrspolitischen Diskussionspunkten ange­kommen, und für jeden, der hin und wieder mit dem Zug fährt und viel­leicht gerade zuhört, ist das eigentlich eine sehr spannende Debatte.

Worum geht es? – Wenn wir mit dem Zug fahren und ein Ticket kaufen, dann sind wir auch Konsument:innen. Als SPÖ setzen wir uns immer für den Konsumentenschutz ein, natürlich auch, wenn es um Fahrgastrechte geht. In dieser Hinsicht begrüßen wir auch die Novelle, die heute beschlos­sen wird, aus unserer Sicht wäre es aber gut, noch einen Schritt weiterzugehen.

Kollege Stöger hat gerade einen sehr langen Antrag verlesen. Ich
erläutere ihn vielleicht auch noch einmal kurz. Worum geht es? – Wenn ich mit dem Zug fahre und dieser ausfällt oder verspätet ist und ich meinen Anschlusszug verpasse, wenn ich eine Information nicht bekommen habe, meinen nächsten Zug verpasse und es nicht schaffe, mich mit dem jeweiligen Bahnunternehmen oder dem Verkehrsverbund zu einigen, dann richte
ich mich an die APF, an die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte. Die hilft einem dann rasch und kostenlos und vertritt einen auch.


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Aber – und jetzt kommt unser Vorschlag zum Zug –: Wir wollen, dass die
APF als zuständige Durchsetzungsstelle auch endlich ganz konkret die Parteien­stellung bekommt; denn die fehlt ganz einfach. Das bedeutet, man hängt
dann auch bei sämtlichen Verwaltungsstrafverfahren fest. Wäre diese Parteien­stellung da, dann könnte man sich da auch viel effizienter für die Konsu­menten und Konsumentinnen einsetzen. (Abg. Michael Hammer: Das war mit dem Verkehrssprecher nicht akkordiert, das passt ihm nicht!) Das ist aus unserer
Sicht notwendig, deswegen auch unser Abänderungsantrag. Im Ausschuss haben Sie ihn abgelehnt, wir probieren es aber hier noch einmal. Geben Sie
sich einen Ruck: alle gemeinsam für den Konsumentenschutz!
(Beifall bei der SPÖ.)

Ein anderer Punkt, den ich ansprechen will: Wir sprechen darüber, dass der öf­fentliche Verkehr gestärkt werden muss; und das muss er. Dabei geht es
nicht nur um den Konsumentenschutz, sondern wir müssen auch schauen, dass wir den Gütertransport endlich auf die Schiene bringen. Das ist ganz ein­fach notwendig. Die Lkws verstopfen unsere Autobahnen, sie sind viel klima­schädlicher als der Zug und sie verursachen auch einfach Kosten, die wir
in dieser Hinsicht nicht tragen müssten.

Da möchte ich schon darauf hinweisen: Wir sehen, wenn wir uns den Modal Split anschauen, dass sich dieser in den letzten fünf Jahren eigentlich
nicht zugunsten der Bahn verschoben hat (Abg. Schnabel: Wie soll sich denn das ausgehen?), sondern ganz im Gegenteil wieder in Richtung Straße. Das
heißt, es werden wieder mehr Güter per Lkw transportiert und nicht mit dem Zug. – Das ist aus unserer Sicht wirklich ein Versäumnis. Wir brauchen beispielsweise eine flächendeckende Lkw-Maut, um da endlich gegenzusteuern und auch die Bevölkerung zu entlasten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schna­bel: Das wird nix nutzen, weil die Kapazitäten nicht da sind! Das werden
wir nie schaffen! Das ist ein Wunschtraum!) –
Bitte? „Das werden wir nie schaf­fen!“, das ist aber keine gute Aussage! Also da hoffen wir doch, dass das


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nicht ernst gemeint war, Herr Kollege von der ÖVP, weil es dringend notwendig ist, dass wir das schaffen. (Abg. Schnabel: Na ja, die Realität schaut anders aus!)

Ein letzter Punkt, den ich jetzt, da wir Bilanz ziehen und diese Regierungsperiode ihr Ende nimmt, ansprechen will: Frau Ministerin, Sie haben 2021 verspro­chen, eine Verkehrsstiftung ins Leben zu rufen – es gibt sie nicht. Wir müssen das kritisieren. Es ist einfach wichtig, dass wir, wenn wir im Klimaschutz
etwas erreichen wollen, endlich auch die entsprechenden Arbeitsplätze schaffen. (Abg. Michael Hammer – in Richtung Abg. Schroll –: Dann müsst ihr einmal
wo zustimmen, Schroll! Nicht nur blockieren und sekkieren! – Abg. Schroll: Herr Schroll! Ein gutes Gesetz, dann stimme ich zu!)
Wer sind denn die Men­schen, die den Zug führen sollen, die den Bus lenken sollen? Für all das brauchen wir Personal. Wir müssen es ganz einfach wirklich unterstützen, dass es
diese Arbeitskräfte gibt. Der Klimaschutz fällt nicht vom Himmel, dazu braucht es auch die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Peter Weidinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.38.11

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zunächst geschäftsordnungsmäßig Not­wendiges: Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen zu Tagesordnungspunkt 24.) Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2645 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


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Der oben bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Ziffer 35 entfällt.

*****

Das geschieht auf ausdrücklichen Wunsch des Gemeindebundes und bedeutet eine Klar- und Besserstellung.

Jetzt aber zur Sache: Ich möchte zum Ausbau der transeuropäischen
Netze Stellung beziehen und möchte grundsätzlich festhalten: Ohne Europäische Union, ohne transnationale Zusammenarbeit würden wir diese Verkehrs­adern so nicht entwickeln, nicht erschließen. Warum? – Weil die Nationalstaaten nur innerhalb ihrer Grenzen verbleiben würden und das große gemeinsame
Haus Europa nicht fertiggestellt werden würde. Das ist also ein großes Verdienst einer europäischen Zusammenarbeit.

Was bedeutet das ganz konkret für meine Heimatregion? – Für Kärnten bedeutet das, dass die Koralmbahn als Teil der baltisch-adriatischen Achse kofi­nanziert von der EU und mit vielen Geldmitteln des Bundes fertiggestellt
wird.

Warum wurde das gemacht? – Das war keine Idee des Beamtentums. Das war ein politisches Projekt. Damals unter Schwarz-Blau wurde das eingerich­tet. Das war unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel mit Landes­hauptfrau Waltraud Klasnic und dem damaligen Kärntner Landeshauptmann ein Projekt, das man ins Regierungsprogramm hineingeschrieben hat. Das
war gut so für den Süden und das schafft Zuversicht und Perspektive. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Leider hat sich bis zum heutigen Tag diesem Projekt gegenüber immer noch
eine kritische Haltung auf Beamtenebene gezeigt.

Genauso ist es hier bei der Gütertrasse. Die Gütertrasse gehört nämlich in einem Regierungsprogramm festgeschrieben, damit man das ordentlich abarbeiten


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kann, was den Zielnetzplan betrifft, was den Rahmenplan betrifft, und natürlich auch, was das Geld dafür betrifft. Es ist nämlich schon absurd, wenn hier bestimmte Parteien auf der einen Seite kritisieren, dass viel Budget ausgegeben wird, um die Menschen zu unterstützen, und im gleichen Atemzug bringt
man dann einen Antrag ein, wie den, den Kollege Ottenschläger angesprochen und zitiert hat, in dem man so pauschal in zwei Sätzen einen Beschluss
über ein paar Milliarden Euro fassen möchte, der hier nicht einmal beziffert ist, also es gibt da nicht einmal eine Grundschätzung. Das halte ich für falsch,
das halte ich für unseriös.

Herr Kollege Kucher, ich halte es auch für unredlich – wenn du das warst, oder es war ein anderer Kollege –, wenn man dann Personen, die am Wörther­see zu Hause sind, die sich eigentlich Planungssicherheit erwarten betreffend das, was die Politik in dieser Frage macht, sagt: Na, ruf bei dem einen
oder anderen Politiker an, die sollen lei mitstimmen!, und auf einmal gibt es diesen warmen Geldsegen für den Süden. – Das kann so nicht funktio­nieren, denn wir brauchen geordnete Verfahren. Wir stehen für Sicherheit, ihr für Chaos! (Abg. Kucher: Peter, was hindert euch? Was hat euch gehindert?
Was hat euch denn gehindert? – Abg. Ottenschläger: Warum habt es nicht ihr schon längst ... gemacht? – Abg. Kucher: Ihr habt fünf Jahre Zeit gehabt! – Abg. Ottenschläger: Ihr habt 20 Jahre den Verkehrsminister ... gehabt! Was ist denn
das für ein Argument?)
 – Ein klassisches Wahlzuckerl! Ein klassisches Wahlzuckerl.

Deswegen, meine Damen und Herren, werde ich kämpfen, und zwar zu Wasser, zu Lande und in der Luft, dass Bundeskanzler Karl Nehammer auch nach
dem 29. September Bundeskanzler dieser Republik ist (Beifall bei der ÖVP) und ich Angehöriger dieses Parlaments bin und dieses Projekt unterstütze.

Deswegen möchte ich Sie – Frau Bundesminister, das richte ich an Ihre Adres­se – auch auffordern: Wenn Sie wieder mit Ihrem italienischen Amtskol­legen, Herrn Salvini, im Austausch sind, bitte verweisen Sie auf die Notwendig­keit des Plöckenpasses! Mit unserem Landeshauptmannstellvertreter


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Martin Gruber machen wir die Aufgaben auf Kärntner Seite, aber wir dürfen bitte auch – in großer Wertschätzung – bei den Italienern einfordern,
dass hier eine große Lösung nicht nur angedacht, sondern auch schnell umge­setzt wird. Das ist notwendig und das ist wichtig so.

Ich möchte Sie aber auch auffordern, dass Sie die Systemtrassen, die Sie
genannt haben, wirklich auch mit einer Priorität in die Umsetzung bekommen, weil es mit 2026 in Deutschland, vor allem im Süden, eine große Bau­stellensituation gibt, die für den Wirtschaftsstandort Österreich schwerwiegen­de und große Auswirkungen hat, und für uns hier ist es notwendig, dass
unsere Wirtschaft Planungssicherheit und Stabilität hat, dass die Infrastruktur und die Lieferketten auch funktionieren.

Ich möchte auch betreffend unseren Entschließungsantrag, den wir
gemeinsam mit Kollegin Fischer hier eingebracht haben, darauf verweisen, dass wir das genau zum richtigen Zeitpunkt tun. Warum? – Weil wir gerade
die Europawahlen im Rücken und die Gründung einer neuen Europäischen Kommission vor uns haben, und jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, dass die auf Bundesebene zuständige Ministerin hier auch beim Europäischen
Rat kraftvoll auftritt und auch einfordert, dass es für die Menschen in Europa zu Verbesserungen kommt, weil es ja nicht sein kann, dass es, wenn man
den Flieger nimmt, ausreicht, dass der Pilot Englisch kann, und du kommst in jedes europäische Land, aber wenn man den Zug nimmt, muss der Lok­führer 20 Sprachen können oder er muss an der Grenze stehen bleiben und dort dann einen Kollegen aus dem jeweiligen internationalen Nachbarstaat auf­nehmen, damit er fahren kann.

Was für Österreich, was für Europa gilt, muss auch für uns gelten: entbürokra­tisieren, entbürokratisieren, entbürokratisieren und die Wettbewerbs­fähigkeit für Österreich steigern, um die Lebensbedingungen für die Menschen zu verbessern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA, MSc

Kolleginnen und Kollegen

zu Tagesordnungspunkt 24.) Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2645 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Ziffer 35 entfällt.

Begründung

Auch wenn mit der Neufassung der Novellierungsanordnung nach dem Begutachtungsverfahren die Bedenken der Gemeinden zu der konkreten Regelung ausgeräumt werden konnten, sehen diese in der Frage der Kostenteilung grundsätzlichen Diskussionsbedarf. Im Sinne einer umfassenden Behandlung dieser Frage erscheint es daher zielführend von einer Änderung dieser Bestimmung
in Ziffer 35 Abstand zu nehmen und in vertiefende fachliche Gespräche einzutreten.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Schroll. – Bitte, ich erteile Ihnen das Wort.


20.43.45

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Unter TOP 25 wird heute ein Antrag diskutiert, in dem von Fahrrad­rampen die Rede ist. Die Frau Verkehrsministerin wird aufgefordert,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 557

für mehr Rampen an Bahnhöfen zu sorgen, um damit die Radmitnahme zu erleichtern. – Ich stimme da mit den Grünen und der ÖVP überein,
das ist vor allem im Hinblick auf eine nachhaltige Verkehrswende, glaube ich, sehr, sehr wichtig.

Was für mich aber zu kurz kommt, ist ein ganzheitlicher Blick auf den barrierefreien öffentlichen Verkehr, denn eines ist klar: Wir leben im 21. Jahr­hundert, und noch immer gibt es viel zu wenige barrierefreie Bahnhöfe
in ganz Österreich. Den meisten von uns wird das im Alltag wahrscheinlich nicht auffallen. Wenn wir auf einen Bahnhof gehen und auf einen Bahnsteig
oder auf eine andere Seite gehen wollen, ist das für uns selbstverständlich – Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die einen Rollator oder einen Rollstuhl brauchen oder auch mit Kinderwägen in einen Zug einsteigen wollen, stehen wahrscheinlich oft vor unmöglichen Herausforderungen.

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen eine Welt, in der alle gleichermaßen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können (Beifall bei
der SPÖ)
und zentral für eine gerechte Teilhabe in der Mobilität
stehen. Alle Menschen sollen mobil sein, unabhängig von ihren Möglichkeiten. Dafür wollen wir sorgen, das ist das Ziel.

Für meine Heimatregion Mostviertel kämpfe ich jetzt schon seit einigen Jahren hier im Parlament dafür, dass die Bahnhöfe umgebaut und barrierefrei
werden. Ich habe eine Petition unterstützt, in der für einen barrierefreien Bahn­hof in Ernsthofen geworben wurde, aber leider wurde die Petition von
der ÖVP und den Grünen im Ausschuss mehrmals vertagt. Nun scheint aber seitens der ÖBB auch da Bewegung hineingekommen zu sein.

In Aschbach-Markt, in Ennsdorf, in Hausmening kämpfe ich Seite an
Seite mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern und auch mit sozialdemokra­tischen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten für einen Bahnhof für
alle, und auch bei der Erlaufbahn, die gerade um 100 Millionen Euro umgebaut wird, fordere ich Barrierefreiheit ein und hoffe natürlich, dass das großen Anklang findet.


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Frau Verkehrsministerin, ich weiß, dass Ihnen der öffentliche Verkehr ein sehr zentrales Anliegen ist, und ich weiß auch, dass Ihnen die Barrierefreiheit
wichtig ist, darum: Bitte kommen Sie vom Reden ins Tun und machen Sie die Bahn endlich für alle in Österreich zugänglich! Ich glaube, das ist sehr,
sehr wichtig.

Und weil es mir als Niederösterreicher, der sehr gerne nach Kärnten fährt (Heiterkeit der Abgeordneten Herr und Ragger) – weswegen ich ein
Projekt unterstütze –, sehr wichtig ist, möchte ich folgenden Entschließungs­antrag zu TOP 24 einbringen (Abg. Ragger: Das lobe ich mir!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Chris­tian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse und Anbindung der durch die Koralmbahn erschlos­senen Regionen an das überregionale Eisenbahnnetz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

1. die Umsetzung einer Güterverkehrstrasse für Kärnten (Entlastungsstrecke samt Lärmschutzmaßnahmen nördlich des Wörthersees inkl. Umfahrun­gen der Städte Klagenfurt und Villach) sowie

2. eine überregionale Anbindung der durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen

in den ÖBB-Rahmenplan sowie in das Zielnetz aufzunehmen, dies entsprechend im BFG finanziell zu bedecken und unmittelbar die Planungsarbeit zu beginnen.“

*****

Wir bitten um Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 559

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Klaus Köchl, Dr.in Petra Oberrauner, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Christian Ragger, Maximilian Linder

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse und Anbindung der durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen an das überregionale Eisenbahnnetz“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Re­gierungsvorlage (2603 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2645 d.B.) Top 24

Mit der Fertigstellung der Koralmbahn im Jahr 2026 (laut Planung) wird Kärnten an das Schienennetz der wichtigsten Nord-Süd-Transversalen Europas ange­schlossen. Den damit verbundenen Vorteil im Hinblick auf Infrastruktur, Wirtschafts­standort und Klimapolitik steht die Frage des Lärmschutzes für die Anrainerin­nen und Anrainer – vor allem an der sogenannten Wörtersee-Trasse zwischen Kla­genfurt und Villach – gegenüber.

Auf Basis eines gemeinsamen Dringlichkeitsantrags aller im Kärntner Land­tag vertretenen Parteien zum Thema „Umsetzung der Kärntner Interessen auf der Bahntrasse im Zentralraum Klagenfurt – Villach“ wurde am 31. Mai 2017
von allen Regierungsmitgliedern des Landes Kärnten sowie vom damaligen Verkehrs­minister Jörg Leichtfried ein Memorandum of Understanding unterfertigt.
Dieses beinhaltet:

1. Lärmschutz

2. Forschungsinitiative und Testanwendungen Lärmreduktion im Infrastrukturbetrieb

3. Förderung Flüster-Güterzüge


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4. Planungsarbeiten für eine Güterverkehrsumfahrung zwischen Klagenfurt und Villach

5. einen gemeinsamen Lenkungsausschuss zwischen BMVIT (heute BMK),
ÖBB & Land Kärnten

Unverantwortlich und im Interesse der Kärntner Bevölkerung schlicht inakzeptabel ist der Umstand, dass im aktuellen Rahmenplan 2023-2028 keinerlei Planungen für
eine eigene Güterverkehrstrasse im Kärntner Zentralraum vorgesehen sind.

Im vom Güterbahnlärm betroffenen Zentralraum Kärntens leben rund
200.000 Menschen und befinden sich hunderte Tourismus- und Gastronomieunter­nehmen. Tatsache ist, dass Lärm gesundheitsschädlich ist.

Auch im Hinblick auf klimapolitische Erwägungen ist die Möglichkeit, mehr Güter­verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, von großer Bedeutung:
jede Tonne Fracht auf der Schiene bringt rund 15-mal weniger CO2-Ausstoß als mit dem Transport per Lkw.

Durch die Verlagerung des Güterverkehrs auf eine eigene Strecke lässt sich der Personenverkehr entsprechend verbessern. Dies entspricht auch der Gesamtstrategie des Kärntners Mobilitätsmasterplan 2023.

Ebenso ist das von der Koralmbahn erschlossene Gebiet durch die Planung von Haltepunkten für Schnellzüge an den Bahnhöfen samt einer entsprechen­den Infrastruktur (u.a. Verlängerung der Bahnsteige, entsprechende Adaptierungen) an den überregionalen Verkehr anzuschließen.

Diesbezüglich ist es notwendig, diese Maßnahmen im ÖBB-Rahmenplan
bzw. im ÖBB-Zielnetz zu verankern und finanziell zu bedecken.

Aus den genannten Gründen ist es notwendig rasch Maßnahmen zu ergreifen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

1. die Umsetzung einer Güterverkehrstrasse für Kärnten (Entlastungsstrecke
samt Lärmschutzmaßnahmen nördlich des Wörthersees inkl. Umfahrun­gen der Städte Klagenfurt und Villach) sowie

2. eine überregionale Anbindung der durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen

in den ÖBB-Rahmenplan sowie in das Zielnetz aufzunehmen, dies entspre­chend im BFG finanziell zu bedecken und unmittelbar die Planungs­arbeit zu beginnen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Nun gelangt Joachim Schnabel zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.47.17

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Treue Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehern! Meine Wortmeldung bezieht sich auf die Novelle des Eisenbahngesetzes,
welche sich grob in zwei Bereiche einteilen lässt.

Der erste Teil ist ein Entbürokratisierungs- und Vereinfachungspaket: Wir er­leichtern den Erwerb von Eisenbahnen, erleichtern den Markteintritt,
sorgen dadurch für mehr Wettbewerb, ermöglichen die Einführung von inlän­dischen gebrauchten Schienenfahrzeugen – was in der Situation, in der
es zu wenige Schienenfahrzeuge gibt, auch wichtig ist – und auch Genehmi­gungsverfahren werden konzentriert und somit leichter möglich.


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Im zweiten Teil – das haben Sie, Frau Ministerin, und Kollege Ottenschläger schon gesagt – geht es um die Einführung eines Kapazitätsmodells.
Es geht um Kapazitätsoptimierung auf bestimmten Strecken, wo mittlerweile ganz einfach die Effektivität erhöht werden muss, um die Trassenkapa­zitäten dort auszunützen. Das ist ein Modell, welches schon in der Schweiz er­probt ist und welches über die Europäische Kommission in den nächsten
Jahren auf uns zukommen wird, und das führen wir ein, um dementsprechend mehr Kapazität, mehr Auslastung, mehr Personenverkehr, mehr Güterver­kehr zu ermöglichen.

Ich möchte noch mögliche Anwendungsfälle nennen: Herr Kollege Weidinger hat schon die Koralmbahn angesprochen, und beispielsweise der Koralm­tunnel, also diese langen Tunnelstrecken sind ein Anwendungsfall,
um dementsprechend mehr Züge durchschicken zu können.

Auch ein zweiter Anwendungsfall wurde schon kurz angesprochen: Dieser liegt im Bereich der Deutschen Bahn, wo entlang des Rhein-Donau-Korridors
eben große Instandhaltungsmaßnahmen der Deutschen Bahn passieren. Sogar die österreichischen Fußballfans haben ja der Deutschen Bahn ein nicht
sehr positives, aber immerhin doch ein Lied gewidmet. Es ist also höchst an der Zeit, dass die Deutsche Bahn da investiert.

Welche Auswirkungen hat das aber, wenn es vor allem bei der Strecke
über Passau zu einer zehnmonatigen Vollsperrung kommt? – Dazu muss man wissen, dass zwei Drittel – zwei Drittel! – aller Bahntonnagen Öster­reichs, die importiert oder exportiert werden, eben über diesen Exportbahnhof Passau erfolgen. Da sprechen wir von 140 Güterzügen pro Tag, und auch
bei dieser Optimierung, die wir hier ermöglichen, werden uns am Ende 40 Güterzüge fehlen. Das heißt, es kommt zu einem Schienenersatzverkehr.

Das ist ein geflügeltes Wort, muss man sagen, denn was ist der Schie­nenersatzverkehr? – Es ist Lkw-Verkehr!


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Da wende ich mich jetzt an Kollegin Herr, weil sie gesagt hat, wir müssen mehr Transporte auf die Schiene bringen: No na net, das versuchen wir mit
einem Rekordbudget, aber man muss halt auch die Rahmenbedingungen sehen, die das nicht möglich machen. Wir haben viel mehr Personenverkehr.
Im Bereich der Nachtzüge muss man feststellen, dass es zu Verringerungen der Slots für den Güterverkehr kommt. Also der Güterverkehr hat in einigen Bereichen das Nachsehen. Wir verlieren mit dieser Vollsperre noch zusätzlich an Kapazität. Das heißt, es wird sehr viel mehr Lkws auf der Straße
geben müssen, um den Güterverkehr entsprechend bewerkstelligen zu können.

Deswegen möchte ich jetzt schon sagen: Wir werden in ein paar Jahren
wieder über die Treibhausgasbilanz diskutieren, und dabei wird der Verkehrs­sektor schlecht aussteigen, aber es wird halt nicht anders möglich sein,
wenn die Verlagerung auf die Schiene nicht im gewünschten Ausmaß erfolgen kann, weil die Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind.

Deswegen werbe ich dafür und, Frau Ministerin, das habe ich Ihnen
schon mehrfach gesagt: Erhöhen wir die Biodieselzumischung auf 20 Prozent, das wäre möglich, und dann hätten wir gleich einmal eine größere Einspa­rung bei den CO2-Emissionen.

Zum Schluss kommend: Man hätte viel mehr für den Güterverkehr machen kön­nen – die TEN-Netze-Vorschriften erlegen uns ja einiges auf –, da hätten
wir auch im Bereich der Asfinag Vorreiter sein können: mit Wasserstofftank­stellen oder E-Tankstellen. Da sind wir leider nur mehr im europäischen Mittelfeld, es wäre mehr gegangen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Gabriel Obernos­terer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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20.51.24

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Man sieht es schon daran, wie viele Anträge jetzt reinkommen, was laut Opposition alles noch getan werden
muss: Es ist wurscht, was das alles kostet, ganz egal. Am Ende der Legislaturperiode, 5 Minuten vor Ende der Periode, wacht auf einmal die Opposition auf. Jetzt wacht sie auf: Das müssen wir noch tun und das müssen wir noch tun!

Das Beste ist aber das, was die SPÖ macht. Herr Kucher, das Beste ist ja
das, was Sie machen: Dieser Antrag zur Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse am Wörthersee ist eine Pflanzerei gegenüber den Bürger­initiativen. Sie gehen heraus und bringen jetzt, 5 Minuten bevor diese Legislaturperiode zu Ende ist, diesen Antrag ein. (Abg. Einwallner: Was habt ihr denn gemacht in den fünf Jahren?) Ihr habt die ganze Periode über Zeit
gehabt, das in den Verkehrsausschuss zu bringen. Das habt ihr nicht gemacht.

Eines sage ich euch auch noch dazu: Dieser Antrag ist nicht einmal so
gescheit formuliert wie diese Petition, die auf dem Beschluss der Kärntner Landesregierung und auf dem Beschluss des Kärntner Landtages aufgebaut ist. Es ist ein Vierparteienantrag, den wir im Petitionsausschuss ein paar Mal bearbeitet haben. Wir waren dabei immer einhellig der Meinung,
dass das kommen muss.

Herr Kollege Kucher, horch einmal zu, weil dir offenbar gar nicht bewusst ist, was du da machst! Weißt du, was wir einstimmig beschlossen haben?
Soll ich dir sagen, was? – Zum Beispiel die Einholung einer Stellungnahme des Gemeindebundes zu diesem Projekt, beschlossen am 29.6.2023. Der
Erste Präsident des Kärntner Gemeindebundes ist Günther Vallant. Das ist ein Roter, ein SPÖler, du wirst ihn ja kennen. Jetzt haben wir Juli 2024 –
und der Gemeindebund war bis jetzt nicht in der Lage, eine Stellungnahme


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abzugeben, und das unter einem SPÖ-Präsidenten. Das ist eure Ernsthaftigkeit zu dieser Trasse: alles nur Showprogramm.

Weiters haben wir die Einholung einer Stellungnahme des Kärntner Städte­bunds einstimmig beschlossen. Wissen Sie, Herr Klubobmann, wer
der Vorsitzende des Kärntner Städtebundes ist? – Auch ein Roter, ein SPÖler: Günther Albel aus Villach. Weißt du, wer dort Stellvertreter ist, Herr
Kollege Kucher? – Das ist dein Vizebürgermeister, der jetzt zurücktreten musste: Philipp Liesnig von der SPÖ. Und weißt du, wer in Klagenfurt Parteiob­mann ist? – Das ist Philip Kucher, der Klubobmann der SPÖ. (Beifall und Ah-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP.) Bis heute ist man nicht in der Lage, eine Stel­lungnahme zur Trasse am Wörthersee abzugeben. (Abg. Michael Hammer: Da ha­ben sie überhaupt einen Saustall beieinander in Klagenfurt!) Und dann
gehst du her und verkündest in den Kärntner Medien: Jetzt werden wir die Trasse retten!

Weißt du, wer Infrastrukturminister gewesen ist? Wenn du ein bisschen die Ge­schichte kennst, weißt du es. Einer sitzt hinter dir: Alois Stöger. Ja warum
hat es denn der nicht gemacht? Von den anderen gar nicht zu reden.

Ihr Freiheitlichen seid da auch mit dabei, ihr habt auch zweimal den Infrastruk­turminister gestellt. Warum habt ihr denn die Koralmbahn nicht in den
Plan aufgenommen? – Seid ihr endlich einmal aufgewacht? Führt nicht die Bürgerinitiative am Nasenring herum! (Abg. Ragger: Jetzt soll ich mich auch noch einmelden, oder was? Okay!)

Und jetzt sage ich euch noch etwas von diesem Rednerpult aus: Ich
kandidiere wieder bei den Nationalratswahlen, an der vordersten Stelle in Kärnten (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP), und ich verspreche den
Bürgern, dieses Anliegen nicht im Papierkorb verschwinden zu lassen, so wie ihr das immer gemacht habt. Ich werde dieses Thema, wer auch immer in


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die neue Regierung kommt, mitnehmen und dafür kämpfen – ohne Showpro­gramm, sondern mit Fakten. (Abg. Kucher: Bravo!) Schämen Sie sich als
Kärntner! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lukas Brandweiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.55.40

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Frau Ministerin! Eine hitzige Debatte – ich komme wie­der zur Sache, zur Fahrgastrechtenovelle. Meine Kollegen haben schon vieles dazu ausgeführt: Es geht um Verbesserungen für die Konsumentinnen
und Konsumenten. Die Entschädigungsbestimmungen betreffend die Jahres­karten sollen verbessert werden. Die Erstattungspflicht soll auf kürzere Zeitfahrkarten und auf Reservierungen ausgeweitet werden. Zudem wird es mit der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte eine einheitliche
Durchsetzungs- und Schlichtungsstelle geben – also durchaus positive Dinge, die wir heute hier beschließen. Meine Vorredner haben es schon ausführlich dargestellt.

Aus meiner Sicht gibt es heute noch eine gute Nachricht für die Fahrgäste, näm­lich: Der Kostenersatz bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Dienstreisen soll noch attraktiver werden. Es ist geplant, die Beförderungszu­schüsse für die ersten 50 Kilometer auf 50 Cent zu erhöhen. Das war
heute eine gute Nachricht. Als Abgeordneter des NÖAAB freut es mich natürlich besonders, dass auch das amtliche Kilometergeld um 20 Prozent angeho­ben werden soll, also von 42 Cent pro Kilometer auf 50 Cent. Damit wird auch eine langjährige Forderung des ÖAAB erfüllt und wir belohnen dadurch
die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Ich freue mich schon, wenn der Entwurf hier im Haus ist und wir diese Gesetzesvorlage beschließen
können.


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Heute beschließen wir aber einmal die Fahrgastrechtenovelle. Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schellhorn: Jetzt aber!)


20.57.31

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Frau Ministerin! Ich wollte mich nicht wirklich noch melden, aber jetzt, da eine Tuffbadattacke von Herrn Abgeordneten Obernos­terer geritten wurde, gehört schon etwas dazu gesagt.

Es hat eine Koalition gegeben, bei der ihr auch dabei wart – meistens sagt ihr am Ende des Tages, ihr seid nirgends dabei gewesen. Damals ist auch ein Ver­treter von euch in der Landesregierung gesessen und hat es ein Papier gegeben, in dem Folgendes gestanden ist: Wenn 250 Züge pro Tag auf dieser
Strecke fahren, dann werden wir darüber nachdenken, eine neue Trassenfestle­gung zu machen. Das Papier habe ich sogar noch zu Hause, ich kann es dir
gerne schicken, lieber Gabriel – damit wir die Kirche im Dorf lassen.
(Abg. Obernosterer: Ich kenn das!)

Ich möchte mich jetzt gar nicht in Rage reden, sondern ich will euch einfach nur anhand eines Beispiels aufzeigen, was wir gemacht haben: Im Jahre 2018
waren alle dabei. Seinerzeit – jeder, der ein bisschen Geschichte
gelernt hat, weiß es – war die 300-Jahr-Feier des Bestehens des Freihafens Triest. Damals haben der Präsident der RFI, das ist quasi das Pendant
zur ÖBB, der ÖBB-Chef, der Minister und die zwei Landeshauptleute eine Vereinbarung unterschrieben, in der festgelegt worden ist, dass wir
ein gemeinsames Projekt mit Villach anstrengen, weil der Hafen Triest zum führenden Hafen Europas ausgebaut werden wird.

Ich sage dir auch, was die in den letzten fünf Jahren gemacht haben,
während wir geschlafen haben, während wir ein Renaturierungsgesetz oder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 568

Sonstiges beschlossen haben: Sie haben 2,5 Milliarden Euro aus euro­päischen Mitteln in die Hand genommen und haben diesen Hafen entwickelt. Dieser Hafen steht heute und über diesen werden Waren durch Öster­reich transportiert. Und wir können uns jetzt überlegen, ob wir in Zukunft dabei sein werden und einzelne Positionen mit wirtschaftlichen Punkten verse­hen werden, wie Villach oder Deutschlandsberg – oder ob sie ohne
uns durchfahren werden.

Wenn du heute hergehst und sagst, du willst Kärnten nicht vernachlässigen, dann ist deine Brandrede die falsche. Wir sollen und müssen Grips
dafür verwenden, was die adäquateste und sicherste Lösung für Kärnten ist, damit nämlich die 200 000 Leute zwischen Klagenfurt und Villach wirk­lich eine ordnungsgemäße Versorgung haben und nicht im Lärm ersticken. Auf der Hauptroute der Seidenstraße von Triest liegt schließlich Klagenfurt,
falls das in deinem Tuffbad da oben in Hermagor noch nicht angekommen ist. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Kucher. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist der Unterschied. Und wir werden auch überlegen müssen, wie wir das machen, nämlich auch für die Nordroute. (Zwischenruf des Abg.
Weratschnig.)
Weißt du, wer mittlerweile aller in Triest unten ist? – Der Hafen Hamburg, das Duisburger Unternehmen, alle fahren von dort raus.
(Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Jetzt herzugehen und zu sagen: Ja, die Opposi­tion krakelt halt irgendwann einmal und macht halt alles wieder dage­genhaltend!, ist falsch. Wir wollen einfach nur eine Lösung für die Kärntner haben, damit wir nicht überfahren werden. (Zwischenruf des Abg. Ober­nosterer.Da sollst du uns helfen, und du kannst gern noch dreimal kandidieren, wenn du es umsetzt. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht schaffen wir dann einen Tunnel von Klagenfurt nach Villach.
Das wäre eine Aufgabe für dich. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ames­bauer: Bravo!)

21.00



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 569

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kucher. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


21.01.08

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gabriel Obernosterer, es wäre schon schön gewesen, wenn du das Feuer und die Leidenschaft,
die du heute an den Tag gelegt hast, für Kärnten und nicht gegen Kärnten einge­setzt hättest. Dann wären wir ein Stück weiter gekommen – auch in den
letzten Jahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es in der Runde ganz offen, deswegen habe ich mich auch zu Wort ge­meldet: Es geht nicht, dass man sich in Sonntagsreden für Kärnten stark­macht, aber dann, sobald man über die Pack gefahren ist, die Kärntner Interes­sen vergisst und sich schützend vor die Ministerin stellt, die in dieser
Frage nichts weitergebracht hat. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Wir reden da nicht von irgendetwas Unanständigem, wir reden von ganz normalen Lösungen, die für alle anderen Bundesländer auch möglich sind: dass der Güter­verkehr nicht durch Klagenfurt, durch Villach und durch Tourismusgebiete durchfährt, dass wir eine Entlastungstrasse für Kärnten bekommen.

Es gibt auch eine ganz unanständige Forderung vom Bezirk Völkermarkt. Weißt du, was die gerne hätten? – Eine Haltestelle, als Tourismusregion eine Halte­stelle. Ist das zu viel verlangt, lieber Gabriel?

Das ist überhaupt die größte Absurdität: Da stellt sich die ÖVP heute heraus und fragt: Wer wird denn das alles bezahlen? Abgesehen davon, dass wir als
Republik die paar Euro für die Planungskosten hoffentlich doch noch aufbrin­gen – das wird es auch der ÖVP Kärnten hoffentlich wert sein –, liebe
ÖVP, habt ihr bei den Cofag-Förderungen und beim schlechten Kampf gegen die Teuerung Milliarden zum Fenster rausgeworfen. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Voglauer und Pfurtscheller.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 570

Hätten wir bei den Coronahilfen in Relation nur denselben Betrag ausgegeben wie die Deutschen, hätten wir uns 6 Milliarden Euro erspart. Damit hätten
wir die Kärntner Trasse dreimal finanziert; das Geld wäre dann vorhan­den gewesen, lieber Gabriel Obernosterer. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Und um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Es geht um einen partei­übergreifenden Schulterschluss und ich hätte gerne eine Lösung. (Zwischenruf der Abg. Voglauer.) Ich hätte gerne eine Lösung, aber bitte pflanzen wir die Leute nicht! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Jahrelang hat die Regierung in
diesem Bereich nichts zustande gebracht. Die Bürgermeister aus Völkermarkt haben in Richtung Ministerin Gewessler gebettelt, sie hätten nur bitte
gerne einen Termin. (Abg. Weratschnig: Wer hat sich denn eingesetzt ..., wer hat sich denn eingesetzt ... vor 20 Jahren?) Die Briefe sind nicht einmal beant­wortet worden. Frau Ministerin: zuhören, miteinander reden, schauen, ob die Kärntner vielleicht recht haben! Ist das zu viel verlangt, dass man ein­fach nur zuhört und über alle Parteigrenzen hinweg mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern redet?

Der letzte Punkt, das muss ich, ehrlich, noch sagen: die Pflanzerei mit den Ausschüssen. Zweieinhalb Jahre, Gabriel Obernosterer (Zwischenruf
des Abg. Obernosterer),
zweieinhalb Jahre ist eine gemeinsame, parteiüber­greifende Petition im Petitionsausschuss gelegen. Nach zweieinhalb Jahren ist die ÖVP draufgekommen und hat gesagt: Jetzt ist die Zeit reif, jetzt müs­sen wir die Petition dem Verkehrsausschuss zuweisen. Das Pech ist nur: Der Verkehrsausschuss tagt nicht mehr. Gabriel, das ist eine Pflanzerei! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben heute die Chance. Politik muss sich an den Taten messen lassen
und nicht an den Worten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Obernosterer
und Voglauer.)
Finden wir gemeinsam eine Lösung für unser Heimatbundesland Kärnten! Das ist nicht nur ein Projekt, das den Kärntnern wichtig ist, son­dern es wäre für Gesamtösterreich eine riesengroße Chance. (Zwischenruf des


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 571

Abg. Obernosterer.) Gabriel, du hast es heute in der Hand, dass wir mitein­ander mit den Planungsarbeiten beginnen, um eine Lösung für Kärnten, für den Bezirk Völkermarkt, für Klagenfurt, für Villach und für den gesamten Kärnt­ner Zentralraum zustande zu bringen.

Bitte die Leute nicht pflanzen, nicht irgendwelche Ausreden erfinden! (Zwischen­rufe bei ÖVP und Grünen.) Deine Aufgabe, Gabriel, ist es, Lösungen zustan­de zu bringen. In den letzten fünf Jahren habt ihr es verschlafen (Abg. Weratsch­nig: Was haben deine Minister in den letzten 20 Jahren gemacht?), heute hät­tet ihr die Chance, wäre die Chance, das noch miteinander zu reparieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

21.04


21.04.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend Fahrgast­rechtenovelle 2024, in 2644 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- und Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zuerst über den erwähnten Zusatz- und Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Antrag Stöger: Zusatz- und Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 und 3.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist
die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 572

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist
jetzt einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung entsprechend angenommen.

Ich habe noch eines vergessen, Entschuldigung: Wir kommen zur Abstim­mung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes. – Also
dann ist es einstimmig angenommen.

Das ist auch in der dritten Lesung – gleiches Stimmverhalten – einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Eisenbahngesetz geändert wird, in 2603 der Beilagen.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Ottenschläger, Weratschnig, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatzantrag der Abgeordneten Stöger, Kolleginnen
und Kollegen.

Ich werde daher wiederum zunächst über die von den erwähnten Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung einer Ziffer 7a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, Kolle­ginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 35 ein­gebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 573

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 50a und 59a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Das ist nun wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kucher, Margreiter, Ragger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse und Anbindung der
durch die Koralmbahn erschlossenen Regionen an das überregionale Eisenbahnnetz“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25, die dem Aus­schussbericht in 2646 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Rampen an Bahn-Verkehrsstationen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (378/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26, die dem Ausschuss­bericht in 2647 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend
„weitere Verbesserung des transeuropäischen Bahnverkehrs“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 574

Wer dafür ist, ist ebenfalls um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, an­genommen. (379/E)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme der Summerauerbahn in das Zielnetz 2040 sowie Aufnahme der Summerauerbahn und der Pyhrnbahn in die europäischen ‚TEN-T-Kernnetze‘“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

21.08.4527. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4126/A der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2648 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2501 d.B.): Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag
im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektronischen Frachtbrief (2650 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 27
und 28 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.


21.09.36

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 575

geht um das Kraftfahrgesetz und um zwei ganz wichtige Änderun­gen und Klarstellungen. Einerseits geht es darum, für all jene, die mit ukrai­nischem Kennzeichen in Österreich unterwegs sind, Rechtssicherheit
zu schaffen, auch weiterhin unterwegs sein zu können.

Zum Zweiten ist, glaube ich, eine ganz wichtige Klarstellung: Schluss mit rechtsextremem und anstößigem Gedankengut auf den Kennzeichen, ob als Buchstaben- oder Nummernkombinationen. Das Gesetz macht durch
eine Verordnungsermächtigung den Weg für mehr Rechtssicherheit frei. Der Erlass ist Vergangenheit. Mit der Verordnung binden wir auch – ganz
wichtig – Institutionen in diese Frage ein: das Mauthausen-Komitee, das Doku­mentationsarchiv und den österreichischen Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Schluss mit den Nazicodes: Das ist, glaube ich,
das Wesentliche bei diesem KFG. (Beifall bei den Grünen.)

Wir lassen uns mit rechtsextremem Gedankengut nicht auf der Nase herumtan­zen, werte Abgeordnete. An die Freiheitlichen, weil das nämlich auch Teil
der Debatte im Ausschuss war: Zeigt Verantwortung! Zeigt Verantwortung in diesem Land und sucht nicht Ausflüchte, um tatenlos dabei zusehen
zu müssen, wie Pkws mit Nazicodes auf Kennzeichen in Österreich herumfahren!

Ich hoffe, dass es im österreichischen Parlament einen Grundkonsens dafür
gibt. Das kann keine parteipolitische Frage sein und muss ein Selbstverständnis der Republik sein – gerade wenn es darum geht, gegen Rechtsextremismus einzutreten. Es kann auch nicht sein, dass man durch juristische Ausflüchte, liebe FPÖ, Kennzeichen wie Heil Hitler, Nummernkombinationen und anderen
Dingen die Mauer macht. Es ist eine klare Regelung notwendig, und die schaffen wir mit einer klaren Verordnungsermächtigung im Kraftfahrgesetz. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich appelliere an alle Kräfte, an die konstruktiven Kräfte, dass wir heute versu­chen, das einstimmig zu beschließen. Ich glaube, es ist ein wichtiger
Beschluss, es ist ein notwendiger Beschluss. Frau Bundesministerin, danke


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 576

für die Unterstützung aus dem Kabinett, nämlich dafür, ganz wichtige Möglich­keiten zu finden, um ganz klar Abhilfe zu schaffen und den Bezirkshaupt­mannschaften und all jenen, die zuständig sind, die Möglichkeit zu bieten, rasch zu unterstützen und rasch zu helfen.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine breite Unterstützung. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.


21.13.02

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr
Kollege Weratschnig hat ja schon einiges in Bezug auf Wunschkennzeichen er­klärt. 2015 wurden vom damaligen Minister Stöger Wunschkennzeichen
wie zum Beispiel die Nummer 18, Nummer 88, SS, HH und alles, was in rechts­extremen Kreisen herangezogen wurde, damit sie das öffentlich darstellen können, per Erlass verboten. Landesverwaltungsgerichte haben sich ja nicht an diesen Erlass gebunden gefühlt und haben dann viele dieser Kennzeichen erlaubt. Jetzt ist es notwendig, eine Verordnung zu machen, damit die Landesverwaltungsgerichte auch gebunden sind und das nicht mehr machen können.

Wir haben das im Ausschuss diskutiert, und da ist von Kollegen Hafen­ecker dann gekommen: Na dann müsste man auch die Nummer 18 bei den Häu­sern verbieten (Abg. Hafenecker: Ja, auf der Löwelstraße zum Beispiel!), man müsste auch ein Dienstauto, das die Nummer 8800 hat, verbieten! – Da kann ich nur sagen, lieber Christian Hafenecker: Das sind keine Wunschkennzeichen.
Eine Hausnummer ist kein Wunschkennzeichen. Wenn ein Dienstauto
die Nummer 8800 von der Behörde zugewiesen bekommt, ist das kein Wunsch­kennzeichen (Abg. Hafenecker: Dann bringen Sie eine Zusatztafel an!), aber
wenn ich mir die Nummernkombination 1312, die nichts anderes bedeutet als:


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Alle Polizisten sind Bastarde!, wenn ich mir die Nummer 18, wenn ich
mir die Nummer 88, wenn ich mir SS, wenn ich mir HH als Wunschkennzeichen wünsche, dann weiß ich, dass das Codes sind, die die rechtsextremen
Kreise wollen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), dann weiß ich, dass das wirklich zur Schau gestellt werden soll, und da sind wir wirk­lich vehementest dagegen.

Ich würde mir wünschen, dass ihr bei dem mitgeht, dass ihr ein Zeichen setzt und sagt: Auch wir als Freiheitliche Partei sind gegen diese rechtsextre­men Wunschkennzeichen, die von diesen Kreisen dargestellt werden! – Hört mit diesen flüchtigen Ausreden auf, dass man dann die Nummer 18 bei allen Hausnummern abschaffen müsste, dass man dann alle Autonummern, bei denen 88 dabei ist, abschaffen müsste. Ich sage es dir noch einmal: Das sind keine Wunschkennzeichen. Ich kann mir keine Hausnummer aussuchen. Wenn ich ein Auto normal anmelde, kann ich mir die Nummer nicht aussuchen, aber bei
einem Wunschkennzeichen kann ich mich sehr wohl und bewusst auf etwas ver­steifen, auf Codes, die wirklich eine Bedeutung haben. (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Margreiter. – Bitte.


21.15.36

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher,
sofern noch dabei! Auch wir begrüßen diese Novelle des Kraftfahrgesetzes aus den Gründen, die bereits thematisiert worden sind. Ich sehe die Situation,
was die Kennzeichen und die Zifferncodes auf Kennzeichen betrifft, etwas dif­ferenzierter, weil ich glaube, dass es im Straßenbild und im Straßenverkehr
für die Adressaten dieser Ziffern- und Buchstabenkombinationen keinen großen Unterschied macht und vielleicht auch gar nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist, ob das jetzt ein Wunschkennzeichen ist oder nicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 578

Da sich diese Novelle nur auf den § 48a bezieht, der eben die Wunschkennzei­chen betrifft, und weil es in der Verwaltungspraxis in Tirol unlängst aufge­taucht ist, möchte ich anregen, dass man doch auch Richtlinien macht, wie man derartige Ziffern- und Buchstabenkombinationen, so sie sich ergeben,
auch im Bereich der zufällig zugewiesenen Kennzeichen einfach herausfiltert, dass die gar nicht mehr vergeben werden können. – Das ist das eine.

Ein zweiter Punkt betrifft den Tagesordnungspunkt 28: Auch die Novelle, die dazu führen wird, dass es eine Entbürokratisierung im zwischenstaatli­chen Güterverkehr aufgrund des CMR-Abkommens geben wird, ist zu begrüßen. Schließlich geht es bei der KFG-Novelle zu Tagesordnungspunkt 27 um
jene Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind und jetzt schon länger hier sind, weil eben diese kriegerische Auseinandersetzung, dieser schreckli­che Angriffskrieg schon viel zu lange dauert. Die Menschen brau­chen eine Perspektive und keine Rechtsunsicherheit. Daher sieht diese Novelle vor, dass, obwohl der Aufenthalt schon länger als ein Jahr dauert, eine Kraftfahrzeugummeldung von Fahrzeugen mit ukrainischen Kraftfahrzeugkenn­zeichen nicht erforderlich ist.

Ganz interessant ist auch die Frage der Deckkennzeichen, das beschäf­tigt die breite Bevölkerung mitunter vielleicht doch: Es kommt eh sehr selten vor, dass Regierungsfahrzeuge ohne Deckkennzeichen fahren. In Tirol
kommt es jetzt wieder öfter vor, weil wir dort einen Landeshaupt­mannstellvertreter von der SPÖ haben, der sehr gerne mit dem Prestige­kennzeichen T-3 herumfährt. Üblich ist es eigentlich, dass Regierungsfahrzeuge mit dem Deckkennzeichen fahren. Diese Novelle ermöglicht es, mehrere Deckkennzeichen zuzuweisen, was insbesondere im Bereich der Kriminalistik notwendig ist, um Fahndungserfolge mit Fahrzeugen zu ermöglichen,
weil sich sonst herumspricht: Das ist ein Fahrzeug der Kripo! – Wenn es öfter und schneller gewechselt werden kann, dient das natürlich der Aufklä­rung von Verbrechen. (Abg. Hörl: Da ist eine Nummer auch dabei!) Daher stimmen wir dieser Novelle zu. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.19



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.


21.19.09

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich glaube, auf der Galerie ist doch
noch jemand – hallo! Meine Kollegen haben schon einige Themen aus diesen Tagesordnungspunkten erläutert.

Ich möchte noch ganz kurz auf die Regierungsvorlage, die uns überreicht
worden ist, eingehen. Darin geht es darum, dass im internationalen Straßengü­terverkehr die Frächter in Zukunft die Genehmigung erhalten, einen elektronischen Frachtbrief auszustellen. Ich glaube, das ist in der heutigen Zeit mehr als recht und billig. Es gibt mehrere Vorteile: Die Rechtssicherheit
wird natürlich verbessert. Es wird der Papierverbrauch mit diesen umfangreichen Frachtdokumenten vermindert. Insgesamt, glaube ich, ist es auch noch
einmal ein Ansporn für die Frächter, in Hinsicht auf die Digitalisierung weitere Schritte zu unternehmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass ich heute das letzte
Mal in meiner Karriere als Abgeordnete zu Verkehrsthemen sprechen
darf. Erlauben Sie mir bitte deswegen, einen Appell an Sie zu richten, der mein Bundesland Tirol betrifft.

Ich bin jetzt seit mehr als zehn Jahren im Verkehrsausschuss und kann
wirklich aus dieser Erfahrung sagen – und das wissen Sie alle; das
ist jetzt wahrscheinlich nichts Neues –, die Herausforderungen werden stetig größer, gerade was den Straßengüterverkehr und den Pkw-Verkehr
betrifft. Gerade das Bundesland Tirol ist aufgrund seiner geografischen Lage besonders betroffen, sowohl was den Nord-Süd- als auch den
Ost-West-Verkehr betrifft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 580

Im Vergleich zu meinen Kärntner Kollegen, die doch weiter im Süden leben und offensichtlich recht heißblütig sind und sich noch nicht darauf, was sie
wollen, haben einigen können, glaube ich, sind wir in Tirol etwas kühler und bedachter. Auch die Tiroler Kollegen von den anderen Parteien waren
immer sehr hilfreich, wenn wir versucht haben, Lösungen für Tirol zu finden, insbesondere auch Kollege Weratschnig, bei dem ich mich herzlich
bedanken möchte, aber natürlich auch Kollege Margreiter. (Abg. Loacker: Seil­bahnlösungen habt ihr natürlich auch!)

Wie gesagt: Die Herausforderungen werden immer größer. Wenn wir
auf die Autobahn, und da insbesondere auf die Brenner-Autobahn, schauen, zu der der wirklich meistbefahrene Alpenüberquerungspass gehört, sowohl
was Lkw- als auch Pkw-Verkehr betrifft, dann baut sich momentan gerade eine sehr große Herausforderung vor uns auf. Das ist das Managen des Ver­kehrs auf der Luegbrücke, die ab nächstem Jahr saniert wird und dann in beide Richtungen nur noch einspurig befahren werden kann.

Da möchte ich wirklich an alle in diesem Hohen Haus, an Sie, Frau
Ministerin, und an die Asfinag appellieren, dass sie uns in Tirol helfen, wirklich gute Lösungen zu finden, wie wir diese Herausforderung managen kön­nen. Das wird alles andere als einfach werden. Wir haben jetzt
schon große Stauprobleme auf dieser Autobahn. Wenn natürlich nur noch die Hälfte der Kapazität an einer Engstelle vorhanden ist, dann kann man
sich vorstellen, was das für uns alle bedeutet.

Es geht mir da insbesondere um die Bevölkerung im Wipptal, die einiges erleiden muss, aber auch um die Bevölkerung im ganzen Unterinntal, die sicher
auch unter den Staus, die sich zwangsläufig ergeben werden, leiden werden. Es geht aber natürlich auch darum, dass jene Menschen, die sich auf der
Straße befinden, egal ob das die Lkw-Fahrer oder die Pkw-Fahrer sind, auch einen bestimmten Anspruch haben, in einer halbwegs vernünftigen
Zeit von A nach B zu kommen, und das in großer Sicherheit.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 581

Also noch einmal, wie gesagt: Mein Appell geht an alle, da mitzuhelfen. In Tirol wird sowieso alles auf und ab überlegt, was rechtlich möglich ist und
technisch gemacht werden kann. Ich glaube, da braucht es einfach das Hirn­schmalz und den Goodwill von uns allen, damit wir da gut durchkommen.

Wie soll ich sagen? Es kommt ja nicht ganz so oft vor, aber hin und wieder habe ich schon das Gefühl, dass die FPÖ da auch einen großen Beitrag leisten
könnte. Da spreche ich ganz besonders Kollegen Hafenecker an, aber auch Kol­legen Deimek. Es wäre wirklich super, wenn ihr einmal ein Telefonat mit
eurem Bruder im Geiste, mit Matteo Salvini, führen und ihn davon abbringen könntet, uns in Tirol das Leben noch viel schwerer zu machen, als es eh
schon ist, was den Lkw-Transit betrifft. Es wäre schön, wenn er da von seinem hohen Ross heruntersteigen und verstehen würde, dass wir wirklich nur
noch quasi in Notwehr handeln und versuchen, unsere Bevölkerung zu schützen. Ich glaube, Kollege Abwerzger, euer Parteikollege in Tirol, würde das
auch super finden, denn der macht sich auch große Sorgen um die Gesundheit der Bevölkerung in Tirol.

Herzlichen Dank für eure Hilfe. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.


21.24.55

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich komme noch einmal zurück zu den Agenden des Verkehrsausschusses und
zu den Regierungsvorlagen, die sich in drei Teile gliedern. Sie betreffen die ausländischen Kennzeichen, die Deckkennzeichen und die Codes.

Zu den ausländischen Kennzeichen: Wenn jemand aus dem europäischen Aus­land nach Österreich zieht, dann hat er die Verpflichtung, nach einem


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Jahr das Auto abzumelden oder auf ein österreichisches Kennzeichen zu wech­seln. Das gilt natürlich – und das wurde mit dieser Novelle jetzt berei­nigt – für Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, nicht, weil die das in der Regel nicht freiwillig machen, sondern so schnell wie möglich wie­der nach Hause kommen wollen. Sie kommen aber mit ihrem Fahrzeug nach Österreich, und man soll sie nicht zwingen, das Fahrzeug umzumelden,
wenn der Wille ohnedies besteht, in die Ukraine wieder zurückzukehren. Darum soll eben diese Verpflichtung nicht bestehen. Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Die Polizei ermittelt oft mit Zivilfahrzeugen und mit zugewiesenen Deckkennzeichen. Da war es bisher nur möglich, dass ein Kennzeichen
einem Fahrzeug zugeordnet war. So mancher hat sich dann vielleicht gedacht: Das Auto mit diesem Kennzeichen habe ich schon einmal gesehen!,
und ist vielleicht misstrauisch geworden. Mit diesem Gesetz wird es in Zukunft möglich sein, dass man einem Fahrzeug mehrere Deckkennzeichen zuord­nen und dieses schnell wechseln kann, um kriminalpolizeiliche
Erfolge herbeiführen zu können.

Zum Dritten die bereits erwähnten und von einigen jetzt schon zitierten Codes: Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ausschuss
bin ich da schon ein wenig stutzig geworden. Als es zu diesem Thema kam, hat bei den Kollegen von der FPÖ so ein gewisser Verharmlosungsreflex ein­gesetzt, so quasi: Na ja, so schlimm ist das ja nicht! Man verunmöglicht vielleicht anderes, was man nicht verunmöglichen sollte! Darum: Essen wir die
ganze Geschichte nicht so heiß, wie sie gekocht wird! Es war jedenfalls ein Verharmlosungsreflex erkennbar, der eigentlich bestürzt macht. – Verharmlost haben wir schon vor vielen Jahren auch etwas, und das hat sich ganz böse entwickelt.

Also, meine Damen und Herren, Codes, vor allem rechtsextreme Codes,
haben auf Fahrzeugen in Österreich einfach nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Solche Codes werden mit diesem Gesetz


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verhindert. Ich hoffe, dass das auch von der FPÖ mitgetragen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.


21.27.14

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen im Hohen Haus! Diese Diskussion ist wirklich schon müßig. Ich gehe da­von aus, dass wir einen Konsens darüber haben, dass wir jedenfalls eine massive Abgrenzung zur dunkelsten Zeit unserer Geschichte vornehmen. Uns stän­dig so subkutan etwas zu unterstellen, Herr Kollege, ist einfach unred­lich, das wissen Sie ganz genau. (Abg. Stark: Das war ganz korrekt! – Abg. Lukas Hammer: Das heißt, ihr stimmt dafür, oder was?) Das ist ganz billige Pole­mik von Ihnen, genauso wie auch auf der linken Seite hier. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schellhorn: Der Sellner sagt euch was, oder?)

Wissen Sie, man muss trotzdem einmal darüber diskutieren, worüber
wir eigentlich sprechen. Die Frau Minister hat uns beim letzten Mal nicht sagen können, wie viele derartige Verdachtsfälle es eigentlich gegeben hat.
(Abg. Disoski: Jeder Einzelne ist einer zu viel, oder?)
Das heißt: Worüber sprechen wir eigentlich? Wir haben die gleiche Debatte vor zehn Jahren geführt.
Vor zehn Jahren habe ich auch zu dieser Debatte Stellung nehmen dürfen. Da­mals hat man gesagt, man muss sogar seitens der Behörde, Kollege Stö­ger, aufpassen, dass man so komische Buchstaben- und Zahlenkombinationen nicht herausgibt. – Nichts ist passiert. (Abg. Schellhorn: Es gibt sogar einen Landeshauptmann- oder Landeshauptfraustellvertreter, der da irgendein Problem hat, habe ich gehört!)

Wissen Sie, was am gleichen Tag der Fall gewesen ist, als wir das vor
rund zehn Jahren diskutiert haben? – Da war Kollegin Heinisch-Hosek noch Ministerin und ist mit einem Dienstwagen mit dem Kennzeichen 88000 vor der Tür gestanden.


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Jetzt stelle ich mir einmal grundsätzlich die Frage, worüber wir hier eigent­lich diskutieren. (Abg. Lukas Hammer: Über Wunschkennzeichen mit rechtsextremen Codes diskutieren wir!)

Wissen Sie, was mich an dieser Debatte auch furchtbar stört, ist das,
dass grundsätzlich Österreicher von Ihnen unter Generalverdacht gestellt wer­den (Abg. Voglauer: Nein, überhaupt nicht!), gerade von den Grünen.
(Abg. Lukas Hammer: Es geht um Wunschkennzeichen!)
Sie stellen Leute unter Generalverdacht. (Abg. Voglauer: Nein, überhaupt nicht!)

Jetzt muss ich noch einmal auf Kollegin Heinisch-Hosek zurückkom­men. (Abg. Disoski: Wunschkennzeichen!) Wenn Kollegin Heinisch-Hosek ein Wunschkennzeichen haben möchte, auf dem HH1 steht, was machen wir dann? Steht ihr das mit ihren Initialen zu oder nicht? (Abg. Lukas Hammer: Wie bezeichnet man jemanden, der Wunschkennzeichen mit Nazicodes nicht verbieten will?) Also welche Debatte führen wir denn hier eigentlich?

Und: Wer bewertet das dann in weiterer Folge? Macht das Dokumenta­tionsarchiv sich dann Gedanken darüber, was neue Codes sind? (Abg. Stögmüller: Was soll denn das?) Sie erfinden ständig neue Codes, die kein Mensch
kennt, womit Sie dann wieder Leuten unterstellen, dass sie irgendwelche bös­artigen Absichten hätten und so weiter. (Abg. Lukas Hammer: Sie wollen Wunschkennzeichen mit Nazicodes erlauben!) Das lasse ich mir einfach nicht ge­fallen. Ich will unsere Bevölkerung und die Inhaber von Wunschkennzei­chen nicht unter Generalverdacht stellen, so wie Sie das machen.
(Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, auch wenn es Kollege Keck vorhin erwähnt hat: In der Löwel­straße 18 ist nun einmal die SPÖ zu Hause. (Abg. Holzleitner: Unterstellungen!) Da müssen Sie zumindest eine Erklärtafel darunter aufhängen, dass man
nichts für diese Zahlenkombination kann. (Abg. Herr: Da geht es um Wunsch­kennzeichen! – Abg. Keck: ... Wunschkennzeichen! Verstehst du das nicht?)


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Wie gehen wir denn weiter damit um? Sollen wir vielleicht aus dem Alphabet Buchstaben entfernen? Sollen wir aus der Zahlenreihe Zahlen entfernen,
damit es keine Kombination geben kann, die Sie stört, Herr Kollege Keck? Also ich glaube, es ist eine wirklich müßige Debatte, die hier geführt wird.

Im Übrigen: Was machen wir mit dem Bezirk Schärding? Der kürzt sich mit SD ab. (Abg. Stögmüller: Ja, und was ist das Problem?) Das ist eine ganz schreck­liche Abkürzung aus der dunkelsten Zeit unserer Geschichte. Sperren wir jetzt den Bezirk Schärding zu oder was tun wir denn dann?

Also Ihre Debatte, die Sie hier führen, ist ehrlicherweise wirklich lächer­lich. Ich will nicht unsere Bevölkerung unter Generalverdacht stellen. Ganz ehr­lich: Also entweder wir schaffen Buchstaben und Zahlen ab oder wir
schaffen auch „guten Morgen“ ab, das in der schlimmsten Zeit unserer Ge­schichte auch verwendet worden ist. (Abg. Lukas Hammer: Wir wollen
keine Wunschkennzeichen mit Nazigruß, Herr Kollege!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz ehrlich, diese Debatte, die Sie hier führen, ist reine Polemik. (Abg. Lukas Hammer: Wir wollen keine Wunschkennzeichen mit Nazigruß! Das ist unerhört!) Ich möchte das nicht dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes überlassen
(Abg. Lukas Hammer: Hören Sie auf mit diesen Ausreden!),
sich da neue Kombina­tionen einfallen zu lassen und dann weitere Bürger unter Generalver­dacht zu stellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Also diese Debatte, die Sie hier führen, ist kindisch. Ich bin froh, dass wir darüber
reden, denn die Bevölkerung draußen sieht ja ohnehin, was Sie da gerade auf­führen. Also bitte machen Sie weiter so! (Zwischenruf der Abg. Voglauer.)

Vielleicht noch zu einem anderen Punkt, und zwar geht es da um die Verlänge­rung der Möglichkeit, dass ukrainische Fahrzeuge nach einem Jahr nicht umgemeldet werden müssen. Auch da hat die Frau Bundesminister den nächsten Bauchfleck hingelegt, weil sich niemand darüber Gedanken gemacht hat,
ob diese Fahrzeuge dann noch versichert sind. Man kann eine grüne Karte nur für ein Jahr lösen, dann müsste man das erneuern.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 586

Sie machen sich schon wieder Gedanken darüber, ob der ukrainische
Ferrari in Zukunft seine Kennzeichen draufhat und wie er mit dem ukrainischen Kennzeichen hier in Wien stehen bleiben kann. Wenn Sie es mir nicht
glauben, schauen Sie bitte in die Reichsratsstraße, da stehen ständig zwei ukrainische Fahrzeuge, die nicht billig sind. Ich glaube, wenn die Herrschaften hier sind, kann man erwarten, dass sie sich an unsere Normen anpassen
und dass sie ihre Fahrzeuge entsprechend anmelden, wie es jeder
andere Österreicher auch machen muss.

Wenn Sie in Österreich heute ein Fahrzeug betreiben, das nicht versichert ist, kommt die Polizei zu Ihnen und nimmt Ihnen das Kennzeichen weg. Wie
kommt der Österreicher im Falle eines Unfalles dazu, dass er von einem nicht versicherten, versicherungsrechtlich nicht gedeckten Fahrzeug irgendwie geschädigt wird? Ich glaube, darüber sollten wir bei aller Wertschätzung und bei aller Hilfe für die Ukraine auch einmal nachdenken, sehr geehrte Frau
Ministerin.

Vielleicht abschließend noch eines: Wenn Sie schon glauben, dass das eine wich­tige Entscheidung ist, die wir unbedingt treffen müssen, dann würde ich
Sie ersuchen, mit der Exekutive Kontakt aufzunehmen und gerade bei ukraini­schen Fahrzeugen Schwerpunktkontrollen, ob sie tatsächlich versichert
sind, zu machen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Stögmüller: Würde eher einmal bei deinen FPÖ-Kollegen schauen, ob sie alle nüchtern sind, bevor sie fahren!)

21.31


21.31.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 587

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2648 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung? – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt dem in dritter Lesung zu? Gleiches Stimmverhalten: angenommen. Damit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Verkehrsausschusses, den Abschluss des Staatsvertrages: Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beför­derungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr betreffend den elek­tronischen Frachtbrief, in 2501 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1
Bundes-Verfassungsgesetz zu genehmigen.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist einstimmig angenommen.

21.32.5029. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 4121/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Sicherstellung der raschen und kostengünstigen Pannenhilfe (2649 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nunmehr zu Tagesordnungs­punkt 29.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte sehr, Sie gelangen zu Wort.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 588

21.33.23

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Heute geht es darum, dass unsere Pannenhilfe
oft schnell vor Ort ist, aber trotzdem oft nicht helfen kann, weil die entsprechen­den Daten nicht ausgelesen werden können.

Konsumentenschutzrechtlich geht es darum, dass die Autohersteller, Auto­herstellerinnen die Daten zwar haben, aber nicht kostengünstig zur Ver­fügung stellen. Man muss sich das einmal vorstellen: Man kann in sein eigenes Auto nicht hinein, man kann aus seinem eigenen Auto nicht heraus, man
kann etwas aus dem Kofferraum nicht holen, die Software wäre verfügbar, aber der Pannendienst kann nicht zugreifen. Das führt in einem Fall zu mehr
Kosten, im zweiten Fall dazu, dass eine Scheibe eingeschlagen werden muss, im blöderen Fall dazu, dass Autos abgeschleppt werden müssen.

Aus meiner Sicht dürfen wir Autohersteller, Autoherstellerinnen nicht be­vorzugen, sondern es muss so sein, dass Konsumentenschutz im Vordergrund steht. Also es braucht beim Pannendienst eine rasche effiziente Hilfe.
Wir haben es beim Dieselskandal gesehen, oft braucht es ein kollektives Rechts­schutzinstrument wie die Sammelklage. Ich bin froh, dass wir uns heute
hier gemeinsam zu dem Allparteienantrag committet haben, dass es auf europäi­scher Ebene eine bessere Regelung braucht, denn wenn man einen Unfall
hat, wenn man ein kaputtes Auto hat, dann braucht es rasch effiziente Hilfe. Das können wir machen, wenn wir gemeinsam gegen die Autohersteller, Auto­herstellerinnen vorgehen.

In diesem Sinne bedanke ich mich für das Engagement aller Parteien und mache jetzt kurz eine Pause, dass alle, die wollen, klatschen können. (Beifall bei
den Grünen.)

Die Verbandsklage zeigt einmal mehr, dass Konsumentenschutz, Konsumentin­nenschutz funktioniert und dass man so gegen die Übermacht der Konzer­ne vorgehen kann. – Das ist gut so.


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Ich komme zum Ende, weil wir wenig Zeit haben. Wenig Zeit hat auch die Pannenhilfe, deswegen setzen wir das bitte konsequent um, dass man Daten gut auslesen kann. Dazu gibt es morgen um 9 Uhr eine Pressekonferenz, zu
der alle Konsumentenschutzsprecher:innen eingeladen sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.


21.35.53

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Was die Datenverwertung beziehungsweise die schnelle Pannenhilfe
betrifft, sind wir natürlich bei diesem Antrag dabei, weil es tatsächlich wichtig ist, dass sich Hersteller nicht irgendwelche Monopolstellungen verschaffen,
die dann dazu führen, dass Pannendienste wie der ÖAMTC oder der Arbö nicht in der Lage sind, Fahrzeuge schnell von Pannen zu befreien beziehungs­weise abzuschleppen oder Sonstiges. – Also eine ganz, ganz wich­tige Maßnahme.

Ich möchte aber trotzdem ganz kurz die Gelegenheit für eines nützen, und zwar für den Umstand, darauf hinzuweisen, dass wir generell ein Datenthema
bei den Fahrzeugen haben und dass die Europäische Union aus unserer Sicht auch da massiv überreguliert. Telemetriedaten werden mittlerweile an
die Europäische Union weitergesandt, es ist so, dass auch Spritverbrauchsdaten weitergesandt werden und so weiter. Für mich ist das ein Hinweis darauf,
dass man irgendwann einmal darüber nachdenkt, Fahrzeuge einfach nach dem Verbrauch zu besteuern, und dass damit weitere Kosten auf die Bürger zukommen.

Genauso gehe ich davon aus, dass man schlicht und ergreifend ein GPS-Tracking durchführt und dann nachmessen kann, wie schnell jemand eine Strecke gefahren ist. Das sind Dinge, auf die wir uns trotzdem noch einmal konzentrieren


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 590

sollten. Wir müssen wissen, ob wir das in dieser Art und Weise so haben
wollen.

Vielleicht noch etwas, und das zeigt noch einmal diese sensationellen Bauchflecke auf, die diese Bundesregierung ständig hinlegt (Abg. Voglauer: Ihr Wortschatz ist schon ein bisschen eingeengt, Sie reden immer von Bauch­fleck!): Es hat erst kürzlich eine Anschaffung von chinesischen Fahrzeugen ge­geben, die im Prinzip nichts anderes sind als fahrende Wanzen. Das
heißt, EDV-Techniker haben nachgewiesen, dass diese Fahrzeuge im Prinzip ständig gehackt werden können, dass man ständig aufzeichnen kann,
was in diesem Fahrzeug gesprochen wird, dass man die Außenkameras, die Einparkkameras dieser Fahrzeuge auch als Überwachungskameras nutzen kann und vieles mehr.

Ich glaube tatsächlich, dass es wichtig wäre, dass wir nicht unsere Spitzen­beamten in solche Fahrzeuge setzen, die im Prinzip ein Sicherheitsrisiko
sind (Zwischenruf der Abg. Voglauer), sondern da, glaube ich, sollte man wirklich einmal einen Riegel vorschieben und dieser Big-Data-Sammlung,
die da stattfindet, entsprechend entgegentreten. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichtsdestotrotz unterstützen
wir den Antrag, aber bitte seien wir auf dem Datenauge nicht blind! (Beifall bei der FPÖ.)

21.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


21.38.07

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich stamme aus Villach und bin viel bei
uns in der Region unterwegs. Bei einem Betriebsbesuch in Nötsch habe ich mich mit Michael Schnabl unterhalten, der hat dort eine Kfz-Werkstätte und ist
in der Wirtschaftskammer der Fachgruppenobmann der freien Werkstätten. Der


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hat mir das Thema, das es heute gibt, genau geschildert: Autos sind
fahrende Computer. Man hat heute die Situation, dass man natürlich eine ge­setzliche Vorgabe hat, dass es einen Stecker gibt, dass man die Basisin­formationen teilen kann, aber das Problem besteht darin, dass der Zugang immer weiter beschränkt wird.

Es kann nicht sein, dass zum Beispiel der ÖAMTC oder ein anderer Pannen­dienst kommt, das Auto starten will, weil vielleicht der Fahrer, die Fah­rerin vergessen hat, Adblue zu tanken und sich das Auto nicht mehr starten lässt. Man muss es dann abschleppen und in eine Vertragswerkstätte des jeweili­gen Automobilherstellers bringen.

Da vertreten wir die Auffassung, dass jemand, der ein Auto kauft, natürlich auch der Eigentümer dieser Daten sein soll, die dieses Auto als fahrender
Computer, wie ich es bezeichnet habe, auswirft. Da muss es im Sinne einer fairen Marktwirtschaft die Möglichkeit geben, dass sich der Autofah­rer aussuchen kann, zu welcher Werkstätte er geht, und er nicht aufgrund einer vertraglichen Bindung, nämlich über den Automobilhersteller, zu einer bestimmten Werkstätte fahren muss. Genau das wollen wir, und dafür setzen wir uns mit diesem Antrag ein.

Wir wollen aber auch auf ein demokratiepolitisches Defizit hinweisen,
das es in Europa ohne Zweifel gibt. Wir haben delegierte Rechtsakte. Delegierte Rechtsakte sind rechtliche Schritte, die zwischen der Kommission und den Nationalstaaten direkt – zum Beispiel in der Typenscheinverordnung – durchgreifen können und damit unserem Parlament bei der Mitsprache entzogen sind. Diesbezüglich haben wir die klare Forderung an die Frau Bundesmi­nisterin, sich dafür einzusetzen, dass so maßgebliche Veränderun­gen der Rahmenbedingungen – in diesem Fall für Autofahrerinnen und Auto­fahrer – einer Kontrolle und einer Beschlussfassung hier im Hohen
Haus zugeführt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Diese Maßnahme ist aber auch ein wichtiger Schritt, dass wir den europäischen Binnenmarkt weiter verwirklichen. Worum geht es da? Wir wollen, dass


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Europa als so starker Wirtschaftsraum enger zusammenarbeitet
und seine Potenziale vollkommen ausschöpft. Wie schaffen wir das? – Indem wir gemeinsame, gleiche Spielregeln haben und vor allem auf die ländlichen Strukturen Wert legen. Es gibt in Kärnten zum Beispiel über 900 Kfz-Werkstät­ten, die Nahversorger für die Menschen sind, die Arbeitsplätze schaffen,
die dafür Sorge tragen, dass unsere Täler bewohnt sind, und Perspektiven schaf­fen, dass sich Familien niederlassen. Das heißt, wenn wir faire Marktbe­dingungen haben und eine Wettbewerbsfähigkeit herstellen,
gibt es vor Ort auch lokale Perspektiven für die Menschen zum Leben.

Ich möchte auch noch folgenden Punkt anführen: Wir haben ja gerade über die Gütertrasse und über eine Petition diskutiert, die ich einbringen durfte,
die von neun von zehn Abgeordneten aus Kärnten auch mitgetragen wurde. Ich freue mich darüber, dass es in diesem Punkt gelingt, dass wir das einstim­mig beschließen, weil überparteiliches, gemeinsames Engagement die Lebensbedingungen für die Menschen verbessert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.41


21.41.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2649 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Sicherstellung der raschen und kostengünstigen Pannenhilfe“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. (Einige Abgeord­nete erheben sich langsam beziehungsweise bleiben auf ihren Plätzen sitzen.) 
Ein bisschen zackiger! (Abg. Stögmüller: Hallo?! – Heiterkeit des Abg.
Lindner. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Ruf: Zack, zack, zack!)
Na ja, da dauert der Abstimmungsvorgang länger als die Diskussion. (Abg. Lindner: Da tun
sich ja komplett neue Seiten auf! – Ruf: Nach Ibiza fährt der nimmer ...!)
 – Es ist einstimmig angenommen. (380/E)


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21.42.1530. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2563 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem
Land Oberösterreich über die Finanzierung des Baus der Regionalstadtbahn Linz (2651 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition Nr. 107/PET betreffend „Entlastung des ÖBB-Parkdecks in Wels“, überreicht von den Abgeord­neten Ing. Klaus Lindinger, BSc, Ing. Manfred Hofinger und Laurenz Pöttinger (2652 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 30
und 31 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


21.42.56

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Ich glaube,
die 15a-Vereinbarung zur Linzer Regionalstadtbahn ist ein ganz wichtiger und toller Beschluss heute. Blicken wir vielleicht kurz darauf zurück, was wir
in dieser Legislaturperiode schon gemacht haben! Wer sich erinnert, weiß, wir haben einen Zweckzuschuss für die Straßenbahn in Graz gewährleistet: 76 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen.) Wir haben 36 Millionen Euro für die Regionalbahn in Innsbruck gesichert, die bereits läuft wie ein Glöckerle
und von den Innsbruckerinnen und Innsbruckern angenommen wird – ein tolles Projekt! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 594

Jetzt steht ein Beschluss über 470 Millionen Euro für eine Regionalstadt­bahn in Linz auf der Tagesordnung – eine Top-S-Bahn-Verbindung (Beifall bei den Grünen) mit einer sehr guten Anbindung zur Linzer Lokalbahn und zur Mühlkreisbahn, und vor allem ist in dieser 15a-Vereinbarung auch eine Klima­partnerschaft dabei, in der auch der Ausbau der aktiven Mobilität gere­gelt ist. Erstmalig ist aktive Mobilität bei einer 15a-Vereinbarung dabei. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt: die Petition zum Parkhaus in Wels vulgo Wös, oder wie auch immer die Oberösterreicher das aussprechen – ein Kärntner und ein Tiroler können das ein bisschen schlechter. (Die Abgeordneten Holzleitner und Stögmüller: Wös!) Die Parkhäuser sind eine ganz wichtige Drehscheibe im Bereich der öffentlichen Mobilität. Wir haben ungefähr 740 Parkanla­gen bei Bahnhalten in Österreich. 15 davon werden bewirtschaftet, davon auch ein wichtiges Parkhaus in Wels. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass mit
der Bewirtschaftung weitere 150 bis 200 Plätze für die Pendlerin­nen und Pendler gewährleistet werden.

Der dritte Punkt: noch einen Satz zur vorherigen Debatte mit den Wunschkenn­zeichen. Es geht da bitte darum, dass wir mit einer Verordnung verunmögli­chen, dass Zulassungsbesitzer bewusst Wunschkennzeichen mit NS-Ge­dankengut wählen. Das verunmöglichen wir, deshalb ist das so wichtig. (Beifall bei den Grünen.) Und es gibt eine Partei hier im Hohen Haus, die dagegen
ist und die Mauer für Nazicodes in dieser Republik macht. Das ist bitte zu verur­teilen. Das kann es wohl nicht sein! Da wird es wohl einen Konsens hier
im Hohen Haus geben. Deshalb noch einmal ein absoluter Appell: Ich verstehe es überhaupt nicht, wie hier die Mauer für Nazicodes und für jene Bezeichnungen, die Leute wirklich auf Wunsch wählen, gemacht werden kann. Es geht nicht darum, dass irgendwo automatisiert irgendein 18er
oder 88er rauskommt. (Beifall bei den Grünen.)

21.46



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 595

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stö­ger. – Bitte.


21.46.08

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reden wir
über die Regionalstadtbahn in Linz! Als Oberösterreicher bin ich froh, dass wir da etwas tun, aber ich sage euch etwas: 1997 bin ich bei der Gemeinderats­wahl in Gallneukirchen angetreten. Da habe ich schon gemeinsam mit Kindern die Stadtbahn gebaut; wir haben sie angezeichnet und haben deutlich
gemacht, dass da etwas gemacht gehört.

Das war 1997. Die Kinder, die damals mitgebaut haben, sind heute Eltern – und jetzt wird es noch lange dauern. (Abg. Stögmüller: Oder Großeltern schon, mittlerweile!) Ich möchte es gerne noch erleben. Zaht’s an! Macht es schnell! Zaht’s an! (Beifall bei der SPÖ.) Wie lange manchmal solche Infrastruk­turdinge dauern, das ist fast nicht zum Aushalten. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Die zweite Sache: Wenn man die Regionalstadtbahn baut, dann ist es
wichtig, dass man weiterbaut, bis nach Gallneukirchen und weiter. (Ruf bei den Grünen: Also 1 Milliarde ist zu wenig!) Das ist leider nicht erfasst. Aber es
ist auch da zum Anzahn. Da gehört etwas gemacht. Bitte, bitte, schneller! Die Leute brauchen es – und wenn man den Leuten eine Bahn zur Verfügung
stellt, dann fahren sie auch. (Abg. Holzleitner: Ja! – Zwischenrufe bei den Grünen.) In Wels sehen wir das. (Ruf: Wös!)

Wenn wir vernünftige Verkehrssysteme anbieten, dann nützen die Leute
diese – und dann haben wir natürlich auch ein Problem mit den Park­plätzen. Was auch in Wels gescheit wäre – danke den Abgeordneten, die das eingebracht haben –: Verbindungen aus Wels hinaus zu schaffen, im Halbstundentakt. Wenn man den Halbstundentakt in die Region hinaus schafft, dann braucht man in Wels nicht so viel Parkfläche, sondern dann kommen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 596

die Leute mit der Bahn oder mit dem Bus – und damit sind die Umsteigplätze besser. (Abg. Stögmüller: ... S-Bahn geht’s eh!) Das haben wir in unserem Verkehrszielegesetz eingebracht. Bitte beschließt es! Das wäre wichtig für den öffentlichen Verkehr. (Abg. Lukas Hammer: Geh Alois!) – Frau Bundesminis­terin, das ist unser Auftrag. (Beifall bei der SPÖ.)

21.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Deimek. – Bitte.


21.48.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Endlich ist diese Finan­zierungsvereinbarung da. Planungen laufen für das Projekt in Oberösterreich seit 2022, und Gott sei Dank hat man eine Vereinbarung gefunden, dass auch
die Planungskosten und die Vorausvalorisierung inkludiert sind.

Oberösterreich braucht diese Durchbindung und diese Bahn genauso wie den Anschluss weiter in das Mühlviertel hinein, wie es Kollege Stöger schon
gesagt hat. Es ist die Verbindung des Mühlviertels über die Donau rüber. Es ist eine wichtige Verbindung und ohne diese wäre der Großraum Linz nicht
weiter vernünftig entwicklungsfähig.

Ich bin sehr froh, dass man jetzt gemeinsam diesen Entschluss gefunden hat. Er ist vor ein paar Stunden im Landtag von Oberösterreich einstimmig
beschlossen worden und ich bin mir sicher, auch wir werden ihn heute einstim­mig beschließen.

Oberösterreich wartet auf die Vereinbarung, auf das Geld und auf den
Bau, nämlich nicht wegen des Baus, sondern darauf, dass er fertig wird und die Bahn in Betrieb geht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 597

21.49.49

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben das wichtige Projekt für Oberösterreich und für die Stadt Linz schon angesprochen und erläutert. Es ist aus meiner Sicht
wirklich ein Jahrhundertprojekt für Linz, für die Umlandgemeinden
und fürs Mühlviertel. Das war deshalb möglich, weil die Repräsentanten des Bundes, des Landes und der Stadt Linz eine gemeinsame Lösung gefun­den haben. Für alle, die die Situation nicht kennen: Es sind vier Parteien, die an diesem Unternehmen beteiligt waren, und es ist ein wichtiges Zeichen
für die Bevölkerung daraus geworden. Warum? – Weil die staugeplagte Bevöl­kerung rund um Linz massiv davon profitiert. Für mich ist es auch deshalb wichtig, weil der öffentliche schienenbezogene Verkehr für diesen Bereich einen Meilenstein bedeutet. Es ist auch ein bedeutender Beitrag für den Klimaschutz.

Es ist schon angesprochen worden: Es sind 15a-Vereinbarungen. Schon Mitte 2021 haben wir in diesem Haus entsprechend die Planung beschlossen und heute beschließen wir die Finanzierung dieses Baus. Es geht um 939 Millionen Euro, die jeweils zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte vom Land getragen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusammenfassend: Dieses große zukunftsweisende Projekt bedeutet eine enorme Steigerung der Lebensqualität der betroffenen Bevölkerung. Herzlichen Dank! Ich freue mich sehr, dass
es zustande gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminis­terin Gewessler. – Bitte sehr.


21.52.10

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und zu Hause! Vielleicht


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sind auch einige von Ihnen aus Oberösterreich. Ich freue mich wirklich, dass wir diesen Plenartag heute für mich – ich weiß, Ihrer geht noch ein bisschen
weiter – jetzt mit so einem schönen Beschluss abschließen können.

Wir haben es mit folgender Entwicklung zu tun: Auf der einen Seite gibt es eine steigende Nachfrage im öffentlichen Nahverkehr in den Ballungsräumen,
auf der anderen Seite einen politischen Wunsch zur Ausweitung umweltgerech­ter Mobilitätsformen. Wo kommt das besser zusammen als in Beschlüssen
zu Regionalstadtbahnen?

Wir haben in dieser Legislaturperiode erstmals eine Ausweitung der Fördermöglichkeiten auf den Weg gebracht, insbesondere für die städtischen Ballungsräume. Wir können nicht mehr nur Vollbahnen über die Privat­bahnfinanzierung finanzieren, sondern eben auch Straßenbahnprojekte mit stadtgrenzüberschreitender Wirkung mit einer 15a-Vereinbarung auf den Weg bringen. (Abg. Stöger: Das ist keine Straßenbahn!) Das ist wichtig, weil das kosteneffizient und für die Städte oft rascher sowie einfach sinnvoller umzuset­zen ist.

Deswegen freue ich mich, dass Sie heute die vierte diesbezügliche Verein­barung zur Finanzierung beschließen. Die erste – Innsbruck und Rum – ist schon von Abgeordnetem Weratschnig angesprochen worden. Das war die erste
15a-Vereinbarung vor rund zwei Jahren. Mittlerweile ist die Regionalbahn in Be­trieb und gut genutzt. Im Dezember 2023 haben wir erstmals überhaupt Verantwortung übernommen, auch in Graz ein Projekt mitzufinanzieren: Stra­ßenbahnprojekte, die grenzüberschreitende Wirkung haben. Nunmehr
geschieht das im Anschluss an die Planungs-15a-Vereinbarung für Linz mit der Vereinbarung für die Errichtung der Linzer Regionalstadtbahn.
(Beifall bei den Grünen.)

Abgeordneter Stöger hat gerade darauf hingewiesen: Das hat eine lange Ge­schichte. Ja, tatsächlich, es ist schön, dass wir jetzt endlich eine 30 Jahre
lange Planungsgeschichte abschließen können und in die Errichtung gehen. Ich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 599

habe jetzt nachgeschaut, lieber Alois Stöger, du verzeihst: Seit 1997,
worauf du verwiesen hast, gab es 14 Minister und Ministerinnen im Verkehrsmi­nisterium, eine Unabhängige darunter, sieben Sozialdemokraten und
sechs Freiheitliche. Was ist jetzt anders? – Es gibt eine Koalition ÖVP-Grüne und eine grüne Ministerin – und wir bringen es fertig. Insofern: Großes Danke! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei den Grünen: Ja! Juhu! – Abg. Stöger: Wenn’s fertig wär, wäre es super!)

Das Gesamtprojekt, das wir heute hier auf den Weg bringen, verfolgt
folgende Ziele: Einerseits schafft es ein neues stadtregionales S-Bahn-Teilnetz mit hoher Kapazität und andererseits eine klima- und umweltfreundliche Erfüllung der Mobilitätsnachfrage der Hauptstadtregion Linz. Dazu sollen – auch für die Zuseherinnen und Zuseher – die bestehenden Eisenbahnstrecken,
die Linzer Lokalbahn, die Lilo, wie sie genannt wird, im Westen und
die Mühlkreisbahn im Nordwesten, verbunden werden. Weiters soll die spätere Einbindung der geplanten neuen Bahnstrecke Linz Auhof und Gallneu­kirchen/Pregarten im Nordosten ermöglicht werden. Und innerstädtisch geht es um die Anschließung der östlichen Linzer Stadtteile unter Anbindung
wichtiger Ziele auch innerhalb der Stadt, wie zum Beispiel dem Krankenhaus­viertel und der Universität. Damit werden die Konnektivität verbessert,
aber natürlich auch bestehende Regionalbus- und Straßenbahnlinien entlastet.

Es geht um viel Geld, auch das ist schon gesagt worden. Konkreter
Gegenstand für diesen ersten Teil ist die Errichtung der erforderlichen Neubau­strecken in der Linzer Innenstadt, also Linz Hauptbahnhof, Mühlkreis­bahnhof und Johannes-Kepler-Universität. Da geht es im Zeitraum bis 2032 um 939 Millionen Euro, wovon der Bund einen Zuschuss in Höhe von
50 Prozent, das heißt eben rund 470 Millionen Euro, leistet.

Darüber hinaus – und das freut mich wirklich, weil das auch die Benchmark für weitere Projekte in dieser Förderschiene ist – ist es erstmals gelungen,
mit dem Land Oberösterreich, der Stadt Linz und dem BMK eine sogenannte


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Klimapartnerschaft abzuschließen. Das Instrument der Klimapartner­schaft geht auf den Mobilitätsmasterplan zurück. Damit wollen wir insbesondere für Schienenbauprojekte, in die ja viel öffentliches Geld und viel Bundes­geld fließt, begleitende verkehrspolitische Maßnahmen mit den betroffenen Ge­bietskörperschaften vereinbaren, damit diese Schienenprojekte auch tat­sächlich ihre volle Verlagerungswirkung ausspielen können und wir die Kraft Richtung Mobilitätswende und CO2-Einsparung noch steigern.

Ich freue mich sehr, dass im Zusammenhang mit der Regionalstadtbahn
Linz wirklich eine gute Klimapartnerschaft und wirklich herzeigbare Inhalte in einem breiten politischen Konsens gelungen sind. Deswegen auch ein
großes Danke an die Partner für die gute Zusammenarbeit in Linz, im Land Oberösterreich und natürlich hier auf Bundesebene.
(Beifall bei den Grünen.)

Ich darf Sie in diesem Sinne ganz herzlich um breite Zustimmung zu dieser
15a-Vereinbarung ersuchen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeord­neten der Grünen.)

21.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttin­ger. – Bitte.


21.57.57

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident!
Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der sehr sinnvolle Einsatz von knapp 470 Millionen Euro der so­genannten Öffimilliarde für die Regionalstadtbahn Linz ist eine groß­artige Geschichte. Die 50-prozentige Kostenbeteiligung des Bundes ist not­wendig, um auch außerhalb von Wien den öffentlichen Verkehr attraktivieren zu können. 40 000 Fahrgäste werden die neue Regionalstadtbahn
täglich nützen. Danke an Landeshauptmann Thomas Stelzer und sein Team für die professionelle Vorbereitung und danke auch an alle Abgeordneten
hier im Haus für die Zustimmung – und Gratulation an Linz!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 601

Zu unserer Petition betreffend Entlastung des Parkdecks in Wels: Es war vor über einem Jahr, dass wir diese Petition hier eingebracht haben. Dieses
Parkhaus war aus mehreren Gründen permanent überfüllt. Es war oft schwierig, dass man irgendwo parkt, dass man den Zug nicht versäumt. Dafür hat
es mehrere Gründe gegeben. Einen Grund – dass manche Menschen es als Dau­erparkfläche für ihr Kfz genutzt haben – wird mein Kollege Klaus Lindinger
dann noch näher erläutern. Ein weiterer Grund war, dass die Zugverbindungen in die Regionen zu später Stunde unzureichend waren – Gott sei Dank:
waren, denn da hat sich einiges geändert. Daher habe ich mich bereits damals, 2019, bemüht, dass diese Verbindungen verbessert werden.

Man hat um 22.30 Uhr nur von Linz bis Wels fahren können. Dort ist
man angestanden. Es hat sehr viele aus dem Innviertel und aus dem Hausruck­viertel, aus dem ländlichen Bereich, gegeben, die einfach bis zu 75 Kilo­meter weit fuhren, das Auto im Parkhaus Wels abgestellt haben, weil sie sonst nicht mehr nach Hause gekommen wären. Das war auch der Grund,
warum eine späte Zugverbindung unbedingt notwendig war.

Das ist gelungen. Seit Ende Februar 2024 fährt dieser gewünschte Nachtzug bis nach Passau, und man kann kurz nach Mitternacht in Wels einsteigen und kommt zu jedem Bahnhof an dieser Strecke. Das ist Lebensqualität, entlastet das Parkhaus, hilft den Menschen und ist zugleich Klimaschutz. Danke dafür!
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist dazu als Letzter Abge­ordneter Lindinger. – Bitte.


22.01.04

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Frau
Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Wir diskutieren hier bei diesem Antrag zwei verschiedene Punkte,
die sich extrem positiv auf viele Pendlerinnen und Pendler und vor allem auf den öffentlichen Verkehr auswirken.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 602

Das ist zum einen – das haben meine Vorredner schon gesagt – die Regionalstadtbahn Linz, bei der es jetzt auch die Finanzierung mit einer Aufteil­ung 50 : 50 zwischen Bund und Land gibt. Danke an alle Beteiligten, dass
dieses Projekt jetzt in Richtung Umsetzung geht. Fertig umgesetzt wird es erst 2032 sein. Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung, dass vor allem das Umland von Linz bestmöglich den Pendelverkehr nutzen kann.

Zum Zweiten – das hat Kollege Pöttinger schon angesprochen –: Wir, Kollege Pöttinger, Kollege Hofinger und ich, haben vor rund einem Jahr eine
Petition eingebracht, in der es um die Parksituation im ÖBB-Parkdeck in Wels geht, wo rund 550 Stellplätze zur Verfügung stehen. Dieses Parkhaus
war immer maßlos überfüllt. Warum war es überfüllt? – Weil viele dieses Park­haus als Jahresparkmöglichkeit genutzt haben und damit den Pendlerinnen
und Pendlern die Chance genommen wurde, es zu nutzen.

Jetzt hat es eine Umstellung des Systems gegeben. Es wurde ein Parksystem, ein Gebührensystem, eingeführt, leider Gottes nicht ganz nach unseren Wün­schen. Es ist jetzt zwar die Parksituation besser, aber Bürgermeister Rabl hat das so eingeführt, dass man ab dem ersten Tag zur Kasse gebeten wird – sprich
auch der Tagespendler.

Daran sollten wir, glaube ich, schon noch arbeiten, dass wir das wegbringen, weil wir ja wollen, dass diese Tagespendler das Parkhaus nutzen – das ist wirk­lich eine gute Möglichkeit, dass sie diesen Weg dort nutzen –, und nicht, dass wir den öffentlichen Verkehr da unterstützen und dann der Bürgermeister der
Stadt Wels, Rabl, die Pendler wieder zur Kasse bittet. Also daran müssen wir noch ein bisschen arbeiten.

Was aber auch gelungen ist – Kollege Pöttinger hat es angeführt –, ist,
dass wir jetzt einen Spätzug von Linz oder Wels weg nach Passau zusammen­bringen, der wirklich an allen Haltestellen hält. Es ist notwendig, dass
die Menschen, die bei einer Kultur- oder Sportveranstaltung die Möglichkeiten von Linz und Wels nutzen, dann mit dem öffentlichen Verkehr bis nach
Hause kommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 603

Es ist eine gute Lösung, die mit diesem Spätzug eingeführt wurde. Danke an alle Beteiligten, vor allem an Landeshauptmann Thomas Stelzer, der sich da eingesetzt hat, und an die ÖBB, die mit im Boot war, dass wir einen Schritt in Richtung positiver öffentlicher Verkehr weiterkommen, sodass wir die
Leute unterstützen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.03


22.03.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Verkehrsausschusses,
den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzie­rung des Baus der Regionalstadtbahn Linz in 2563 der Beilagen zu genehmigen.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist einstimmig.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht in 2652 der Beilagen zur Kenntnis
zu nehmen.

Wer das tut, möge ein dementsprechendes Zeichen geben. – Auch
das ist einstimmig.

22.04.4032. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorla­ge (2609 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 ge­ändert wird (2687 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 604

Wir kommen nunmehr zum 32. Tagesordnungspunkt.

Ich darf die Frau Staatssekretärin recht herzlich begrüßen und Frau Bundesmi­nister Gewessler verabschieden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Arlamovsky. – Bitte.


22.05.17

Abgeordneter MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin
ja als Kontraredner eingemeldet. Das heißt aber nicht, dass wir alle Elemente dieser Novelle schlecht finden, was wir dann auch in einer getrennten Abstimmung zeigen wollen. Ich möchte ausdrücklich auf ein paar Punkte ein­gehen, die wir sehr positiv sehen.

Ich möchte mit dem Papamonat beginnen, der jetzt auch für Zivildiener eingeführt wird, wenn auch ohne Rechtsanspruch. Das sehen wir sehr positiv.

Weiters wird jetzt auch möglich, dass der Zivildienst mit Zustimmung der Trägerorganisation in zwei Teile geteilt, also in zwei Portionen abgeleistet wird. Das begrüßen wir auch.

Zudem können die zwei Tage Sonderdienstfreistellung, die es gibt, in Zukunft auch stundenweise in Anspruch genommen werden. Das macht es für die Trägerorganisationen ein bisschen schwieriger, weil es weniger gut planbar ist. Wir finden aber, dass auch das für die Zivildiener eine Verbesserung
darstellt.

Wir begrüßen auch die Härtefallregelung beim einkommensabhängigen Kinder­betreuungsgeld und beim Familienzeitbonus in Zusammenhang mit der
Leistung des Zivildienstes.

Warum stimmen wir dann aber insgesamt trotzdem dagegen? – Weil nämlich die negativen Komponenten leider überhandgenommen haben. Insbesondere


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aufgrund des demografischen Wandels durch die sinkenden Geburten­zahlen merken wir nämlich, wie stark unser Gesundheitssystem von den Zivil­dienern abhängig ist oder wie sehr es von den Zivildienern abhängig
gemacht wurde.

Die Regierung reagiert darauf aber nicht mit Bemühungen, das Gesundheitssys­tem auf stabile Beine zu stellen und ordentlich mit vollwertigen Arbeits­kräften zu staffen, sondern geht in die andere Richtung und behilft sich mit den Zivildienern.

Das merkt man insbesondere an drei Punkten: Der bisherige § 8 Abs. 6
des Zivildienstgesetzes wird gestrichen. Da ist nämlich drinnen gestanden, dass bei der Zuweisung darauf Bedacht zu nehmen ist, dass dadurch weder bestehende Arbeitsplätze gefährdet werden noch Arbeitsuchenden das Finden geeigneter Arbeitsplätze erschwert wird. Das soll gestrichen werden.

Der zweite Punkt ist, dass Zivildiener, von denen vermutet wird, dass sie
doch nicht dienstunfähig sind, ärztlichen Untersuchungen unterzogen werden können, um ihre Dienstfähigkeit zeigen zu können.

Da geht es aber insbesondere um Personen, die für den Wehrdienst taug­lich sind, nicht um Personen, die für den Wehrdienst untauglich sind, denn diese sind auch nicht zivildienstpflichtig. Der Zivildienst ist ja nur ein Wehrersatz­dienst. Nur deswegen kann er verpflichtend sein, und nur deswegen ist
der Zivildienst eine Ausnahme vom Zwangsarbeitsverbot in Art. 4 Abs. 3 lit. b der Menschenrechtskonvention.

Deswegen ist auch, wie sich die Älteren vielleicht erinnern können, in der Wehrpflichtvolksbefragung im Jänner 2013 ausdrücklich in die Fragestellung die Beibehaltung des Zivildienstes aufgenommen worden, um so auch Stim­mung für die damaligen Regierungsparteienwünsche zu machen.

Schließlich der dritte Punkt: Der Gesundheitssektor, insbesondere die Einrich­tungen der Altenbetreuung und die Krankenanstalten, soll in Zukunft
bei der Zuteilung von Zivildienern Vorrang bekommen.


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Diese drei Punkte machen den großen Unterschied für uns, warum wir dem Ganzen nicht zustimmen können, denn diese Änderung des Zivildiens­tes im Gesundheitsbereich zeigt, dass es sich nicht um eine Reform handelt, sondern nur um ein Pflaster auf einem System, das nicht funktioniert. –
Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

22.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Brandweiner. – Bitte sehr.


22.09.13

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Für mich als Zivildienstsprecher der ÖVP ist heute ein besonderer Tag, weil wir wieder eine Zivildienstgesetzes­novelle einbringen dürfen.

Die Periode war durchaus schon sehr erfolgreich für den Zivildienst,
und auch wenn die NEOS heute nicht zustimmen, darf ich mich bei allen Kolle­ginnen und Kollegen, auch bei jenen von den anderen Fraktionen, bedan­ken. Ich glaube, wir haben wirklich viel weitergebracht, wie ich sehe, wenn ich mir allein die Grundvergütung, die seit Amtsantritt mittlerweile um
60 Prozent erhöht worden ist – übrigens nicht nur für den Zivildienst, sondern auch für den Grundwehrdienst –, oder auch das Gratisklimaticket anschaue.

Es sind also wirklich schon viele gute Dinge passiert. Es freut mich
auch immer, wenn ich in den Einrichtungen bin und die jungen Burschen frage, ob alles passt und was sie sich wünschen. Da kommt doch dort und da
auch ein Danke und sie sind sehr glücklich, dass es Verbesserungen gegeben hat.

Nun aber zur aktuellen Novelle: Ich darf drei Punkte hervorstreichen:
Das eine ist vielleicht etwas Unangenehmeres, aber doch wichtig, und zwar kann die Zivildienstbehörde zukünftig bei Systemumgehern auch fachärztliche Untersuchungen vorschreiben. Unsere Zivildienstbehörde hat sich


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das angeschaut. Es handelt sich doch um etwas mehr als 200 junge Männer, die aus gesundheitlichen Gründen den Zivildienst nicht antreten, aber –
wie man erfährt, wenn man bei der ÖGK nachfragt – eigentlich einer normalen Beschäftigung nachgehen. Da können in Zukunft eben auch Untersu­chungen von einem Facharzt angeordnet werden.

Erfreulicherweise haben wir auch die Teilbarkeit des Zivildienstes hineinbekom­men. Unsere Staatssekretärin Plakolm hat das bereits im Vorjahr in Ab­stimmung mit dem Verteidigungsministerium in Prüfung gegeben. In besonderen Fällen soll es möglich sein, den Zivildienst zu teilen, sodass man, wenn wirtschaftliche oder familiäre Gründe vorliegen, schon am Anfang, wenn man den Zivildienst beginnt, angeben muss, von wann bis wann man den
Zivildienst leistet und wann man in der Mitte eine Pause macht, aber immer in Abstimmung mit der Einrichtung. Das ist auch wichtig, das haben uns
die Einrichtungen auch gesagt.

Ein weiterer Punkt ist die Flexibilität, wenn es um Dienstfreistellungen geht. Im Zivildienst wird die Zeit natürlich auch genutzt, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. Man hat vielleicht Vorstellungsgespräche oder schaut sich einen Betrieb an. Da sollte es auch möglich sein, die Dienstfreistellung stunden­weise in Anspruch zu nehmen. Das ist gescheit, weil es oft nur eine Stunde dau­ert. Wenn man dafür den ganzen Tag verbrauchen muss, ist es schade
darum. So hat man definitiv mehr Möglichkeiten.

Natürlich haben wir auch das Papamonat drin – in diesem Fall brauchen wir nicht zu gendern, beim Zivildienst geht es um Burschen –, das heißt, alle jungen Männer, die da schon Papa werden, können das Papamonat in An­spruch nehmen.

Frau Staatssekretärin, liebe Claudia, ich darf mich wirklich für die Zusammenar­beit bedanken, da wir fast am Ende der Gesetzgebungsperiode angekom­men sind. Wie gesagt: Es ist ein Freudentag für den Zivildienst und auch für mich als Zivildienstsprecher. Ich bitte natürlich um Zustimmung und freue


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mich, dass wir wieder ein tolles Paket geschnürt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter See­mayer. – Bitte.


22.12.38

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Vorab: Wir werden der Novelle des Zivildienstgesetzes zustimmen, auch
wenn sie unserer Ansicht nach nicht der große Wurf ist. Positiv zu bewerten sind die Einführung des sogenannten Papamonats und die Vereinfachung bei
der Wahl der Vertrauenspersonen. Ob das ausreicht, um den Zivildienst attrakti­ver zu gestalten, wie Sie, Frau Staatssekretärin, ja auch hoffen, darf aller­dings bezweifelt werden.

Dass der Bedarf an Zivildienern stetig steigt und gleichzeitig geburtenschwache Jahrgänge in das Alter für die Wehrpflicht kommen, ist unbestritten. Dass Zivildiener in ihren Einrichtungen unverzichtbar sind und oftmals ohne Zivildie­ner der Betrieb in einer Einrichtung nicht aufrechterhalten werden könn­te, ist aber auch eine Tatsache.

Wenn Sie, Frau Staatssekretärin, sagen, Sie wollen Zivildienern mehr zutrauen und sie flexibler machen, steckt in Wahrheit dahinter, dass die Bundesre­gierung nicht in der Lage war, den eklatanten Personalmangel im Gesundheits­system in den Griff zu bekommen, und dass Zivildiener oftmals vollwer­tige Arbeitskräfte in den Einrichtungen darstellen.

An diesem Personalmangel wird auch die Zivildienstgesetzesnovelle nichts än­dern. Auch die künftige Möglichkeit, dass die Zivildienstserviceagentur
ein fachärztliches Gutachten einholt, wenn junge Burschen aus gesundheitlichen Gründen den Zivildienst nicht antreten können, wird daran nichts ändern.

Hilfreich wäre es, wenn man sich die Gründe anschaut, aus denen die
Anzahl derjenigen steigt, die gesundheitliche Schwierigkeiten haben, statt ihnen


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indirekt vorzuwerfen oder zu unterstellen, dass sie sich vor dem Zivil­dienst drücken wollen. Viel wichtiger wäre es, sich der Frage zu widmen, warum eine immer größere Anzahl an jungen Burschen die Tauglichkeit gar
nicht mehr erreicht. Der Anteil der untauglichen jungen Burschen steigt seit Jahren.

Da müsste man ansetzen. Es braucht Maßnahmen für eine bessere Ge­sundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Eine tägliche Bewegungseinheit, eine gesunde warme Mahlzeit an unseren Schulen, ein Ausbau der Kinder-
und Jugendpsychotherapie: Das würde in Wirklichkeit etwas bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Allerdings wirkt das nicht unmittelbar und würde ein langfristiges Den­ken voraussetzen. Leider ist die Novelle des Zivildienstgesetzes lediglich ein Stückchen Symptombekämpfung und widmet sich nicht den tatsächli­chen Herausforderungen, die wir im Zivildienst zweifelsohne haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lindinger und Stögmüller.)

22.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt die Frau Staatssekretärin. – Bitte sehr.


22.15.39

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzter
Herr Präsident! Geschätzte Nationalratsabgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher der Nationalratssitzung auch zu dieser späten Stunde! Der Zivil­dienst und die Zivildiener in unserem Land sind eine unverzichtbare Säule, nicht nur in den unterschiedlichsten Einrichtungen, sondern ganz generell in
unserer Gesellschaft. Sie helfen vielfach in Bereichen, in denen vulnerable Grup­pen darauf angewiesen sind, und sind deswegen ganz unverzichtbar in
den unterschiedlichsten Bereichen, in denen sie eingesetzt sind. Wir sind sehr dankbar, dass sich jedes Jahr so viele für den Zivildienst entscheiden.


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Der Bedarf an Zivildienern ist in den letzten Jahren klar gestiegen. Dem gegen­über steht leider eine Zeit, in der geburtenschwache Jahrgänge zu den Stellungen zugewiesen werden und in denen es deswegen auch schwieriger wird, den Bedarf bei den unterschiedlichen Einrichtungen zu decken.

Aus diesem Grund ist es notwendig, dass wir den Zivildienst laufend an die sich verändernden Gegebenheiten anpassen, denn eines darf man nicht ver­gessen: dass unsere Zivildiener nicht nur die tragende Säule sind, sondern auch für das Miteinander der Generationen und generell für das Miteinander
in unserer Gesellschaft sorgen.

Wir stärken mit der Novelle des Zivildienstgesetzes den Zivildienst per se und machen ihn auch flexibler. Wir trauen Zivildienern insgesamt mehr zu
und schaffen damit insbesondere auch eine Attraktivierung auf allen Ebenen.

Verbesserungen wie diese sind möglich, weil wir in den letzten Monaten
sehr, sehr gute Verhandlungen geführt haben. Ich möchte mich ganz herzlich bei den unterschiedlichen Verhandlungspartnern aus allen Parteien bedanken,
die zu diesem Ergebnis beigetragen haben, sodass wir eine ordentliche
Reform des Zivildienstgesetzes sozusagen über die Bühne bringen. Unser An­spruch war eine moderne Reform. Ich danke auch den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und in der Zivildienstserviceagentur, insbesondere auch jenen im Verteidigungsministerium. Da haben wir
seit Jahren eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit, und die wollen wir auch unbe­dingt weiterführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf die einzelnen Punkte dieser Novelle ist bereits von den Abgeordneten eingegangen worden. Vielleicht noch einmal kurz zusammengefasst: In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen ist eine Teilung der Zivildienstzeit möglich. Das trägt zur Flexibilität insbesondere in familiären Ausnah­mesituationen bei und ist eine Ergänzung zur bereits bestehenden befristeten Befreiung.


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Wir schaffen den Papamonat für Zivildiener und passen das damit auch
einer Änderung im Wehrrechtsänderungsgesetz an, in der das bereits auf den Weg gebracht wurde.

Wir schaffen eine Handhabe, gegen Systemverweigerer vorzugehen.

Bei einer entsprechenden Befähigung ermöglichen wir Zivildienstleistenden einen uneingeschränkten qualifizierten Einsatz in vielen unterschiedli­chen Bereichen. – Herr Abgeordneter, ich finde es schon sehr zentral, dass Zivildienern auch etwas zugetraut wird, dass die neun Monate nicht
einfach verstreichen, sondern dass man sie auch nutzen kann, um sich Quali­fikationen anzueignen, die vielleicht in der weiteren Ausbildung oder
im weiteren beruflichen Leben von großer Relevanz sind.

Es ist ganz wichtig, dass wir junge Männer begeistern können, in manchmal scheinbar typisch weibliche Berufe zu gehen, für eine Ausgewogen­heit zu sorgen und den Zivildienst als Sprungbrett in den Sozial- und Gesund­heitsbereich zu nutzen. Sie haben den Fachkräftemangel bereits
angesprochen.

Zivildienstleistende können somit auch Berufsausbildungen, beispielsweise zum Rettungssanitäter, absolvieren. Das entlastet die unterschiedlichsten Ein­richtungen, und es sorgt auch für mehr Vertrauen bei den Zivildienern, dass sie in diesen neun Monaten tatsächlich eine verantwortungsvolle Arbeit ma­chen können. Es wird der Zivildienst insgesamt aufgewertet.

Abschließend: Wir weiten auch die bevorzugte Zuweisung an die Einrichtungen aus. Bei der Anerkennung zusätzlicher Einrichtungen ist auf die Bedarfs­deckung Bedacht zu nehmen. Wird diese unterschritten, werden Anerkennun­gen nur in Sparten möglich sein, die bei der Zuweisung zu bevorzugen
sind. Diese Sparten weiten wir eben aus, um den Kernbereich des Zivildienstes dort abzubilden.


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Danke schön für die Rückmeldungen auch in der Begutachtungsphase.
Wir sind auf vielfachen Wunsch der Einrichtungen darauf eingegangen, indem wir die Wahl der Vertrauenspersonen im Zivildienst deutlich vereinfachen.

Ich freue mich, dass wir das heute im Parlament beschließen. Es ist eine Reform, eine Novelle mit vielen, vielen unterschiedlichen Aspekten, an denen Sie
und wir alle mitgewirkt haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

22.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


22.20.27

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Vor ein paar Wochen
sind wir schon dagestanden und haben mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz eine Reform beschlossen, mit der wir das Bundesheer moderner machen.

Heute stehen wir hier, damit wir den eingestaubten Zivildienst endlich auch moderner machen, sodass wir ihn ans 21. Jahrhundert anpassen, ihn
auch in den verschiedensten Bereichen nach vorne bringen.

Das heißt auch, dass wir Strukturen modernisieren, Dienstzeiten anpassen, entsprechend auch diesen Dienst für die, die ihn für die Republik leisten, ein Stück weit einfacher und moderner machen. Dabei liegt
der Fokus ganz klar auf den Zivildienern, für die die Strukturen heute den Ge­gebenheiten angepasst werden müssen. Gleichzeitig geht es auch
darum, die Verrichtung des Zivildienstes wieder ansprechender und attraktiver zu machen.

Die Herausforderungen sind da, die Frau Staatsekretärin hat sie schon
genannt. Da ist einerseits die steigende Zahl von Nichtantritten aus medizini­schen Gründen, andererseits gibt es auch eine sich wandelnde demo­grafische Lage, die immer mehr Pflegebedürftige einer – relativ gesprochen –


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fallenden Antrittsrate gegenüberstellt. Wir brauchen also mehr, haben
aber weniger, und dementsprechend sollen wir auch anpassen. Da haben wir Bedarf an strukturellen Lösungen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, der Zivildienst ist die tragende Säule
unseres Sozialsystems. Es sind fleißige Hummeln. Ohne diese 300 000 jungen Menschen, die jedes Jahr neun Monate ihres Lebens dem Dienst am Gemeinwohl widmen, könnten unser Gesundheitssystem, unsere Altenpflege, egal ob es in Attnang-Puchheim oder in Feldkirch ist, nicht in ihrer
jetzigen Form funktionieren. Das haben wir so erkannt, und wir haben auch entsprechend gehandelt. Um das System zu erhalten, müssen wir auch in diesem Sinn denken und handeln.

Wir haben in den letzten Monaten und Jahren auch bereits einige wich­tige Schritte in diese Richtung getätigt. Ich erinnere, Frau Staatssekretärin, an die Entlohnungserhöhung, die wir bereits 2022 durchgeführt haben. Das war
auch ein riesiger Schritt. Damit bekommen die Zivildienstleister nicht
nur Kopfsalat, sondern wirklich reichhaltiges Essen. Die Verpflegung wird auf­gestockt. Das sind Maßnahmen, die wir umgesetzt haben, um den Zivil­dienern ihren Monat besser zu gestalten.

Worauf wir Grüne auch besonders stolz sind, ist das Papamonat, dieses Eltern­monat, das junge Familien entlastet, sodass Junge die Möglichkeit haben,
ihren Zivildienst zu leisten, beziehungsweise keine Angst haben müssen, wenn die Freundin, die Frau schwanger ist, und eine entsprechende Möglichkeit haben, ihren Zivildienst zu unterbrechen.

Also, Frau Staatsekretärin, ich glaube, uns ist da etwas gelungen, mit
dem wir dieses System besser, moderner machen. Ich bedanke mich bei allen, die heute hier zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.23


22.23.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.


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Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2609 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten
Loacker vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf
getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 4, 5, 12, 13 und 16 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um eine dementsprechende Bekundung. – Das
ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

In der dritten Lesung gibt es das gleiche Stimmverhalten. Damit ist der Gesetz­entwurf auch in der dritten Lesung angenommen.

22.24.2933. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über
den Antrag 4092/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das E-Government-Gesetz geändert wird (2664 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 33. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. Bei ihm steht das Wort. – Herr Abgeordneter, bitte.


22.25.00

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ja, es steht da so schön „E-Government-Gesetz“, doch eigentlich ist das ein Anti-E-Government-Gesetz, weil sich die Regierungsmehr­heit von der Kampagne von Rot und Blau für ein – unter Anführungszei­chen – „Recht auf analoges Leben“ treiben lässt und jetzt ins Gesetz hineinschreibt, dass immer alles auf jeden Fall auch in Papierform möglich sein muss.

Das zeigt ein bisschen, wie es mit Österreich läuft. Wir waren Anfang der 2000er-Jahre in Europa unter den führenden Staaten bei der Digitalisierung und sind jetzt im EU-Vergleich auf Platz 14 von 27. Das ist dieser Populismus: Es muss alles analog gehen, wir brauchen alles in Papierform.

Auch wenn man einen Gewerbeschein bei der Bezirkshauptmannschaft
neu beantragt, muss man das in Papierform machen können. Ich meine, man kann von einem Jungunternehmer doch erwarten, dass er das digital macht! Man muss nicht alles in Papierform anbieten, manche Dinge vielleicht schon, aber eben nicht alles.

Genau das schreiben Sie aber ins Gesetz hinein. Das muss man leider als zu rückwärtsgewandt und frei von Ambition bewerten. (Beifall bei den NEOS.)

22.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.



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22.26.20

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer:innen und Zuseher! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärinnen! Wir haben in der letzten Junisitzung sehr intensiv und sehr lebhaft darüber gesprochen, wie Amtswege Bürgerinnen
und Bürgern zugänglich sind. Das Thema Recht auf analoges Leben wurde da propagiert.

Wie auch damals im Juni schon ausgeführt, verfolgen wir als ÖVP einen
sehr pragmatischen Zugang und Weg: Es soll die Wahlfreiheit zwischen analo­gem und digitalem Zugang geben.

Persönlich finde ich es von Vorteil, wenn ich voll digital viele Tätigkei­ten durchführen kann: Meldezettel beantragen und abrufen, meine Wahlkarte beantragen, Unternehmen gründen, Gewerbe anmelden oder Ähnliches.

Tatsache ist: Das gilt aber nicht für jeden, sei es aufgrund fehlender digitaler Kompetenzen oder auch Ressourcen, sei es auch allein aufgrund der
bewussten Entscheidung, weniger digital leben zu wollen.

Sicherlich ist das auch eine Generationenfrage, aber ich will nicht in die Situation kommen, älteren Menschen etwas zu unterstellen, weil ich gerade auch
in der Praxis erlebe, dass viele ältere Menschen Kompetenzen aufbauen wollen, die Bereitschaft haben, zu lernen, und auch im digitalen Raum unterwegs
sein wollen.

Um diese Wahlfreiheit in Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben abzusi­chern, schreiben wir das heute auch im E-Government-Gesetz fest.
Neben der digitalen Form soll es auch Alternativen wie Antragstellung per Post oder telefonische Antragstellung geben, und es darf wegen der gewählten
Form zu keinen Nachteilen für die Bürgerin oder den Bürger kommen.

Auch da, glaube ich, ist wieder ein sehr pragmatischer Zugang angebracht. Ich glaube, dass sich über die kommenden Jahre der digitale Weg teilweise


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durchsetzen wird, wenn spürbar ist, dass er Vorteile für die Bürgerin und den Bürger bringt, und wenn er gut gemacht ist.

Wir sind auch bereits gut unterwegs. Wenn wir vergleichende Indizes
wie den Desi-Index oder die E-Government-Benchmark anschauen, dann sehen wir, dass wir, was Verfügbarkeit und Nutzung von E-Government betrifft,
vorne mit dabei sind.

Ich möchte aber auch klarstellen: Dieses E-Government-Gesetz legt zum einen diese Alternativen, diese Wahlfreiheit fest, zum anderen regeln wir in
dieser Gesetzesnovelle aber auch Digitalisierungsschritte, wenn es um die öffentliche Verwaltung geht. Wir wollen Digitalisierung vorantreiben, wenn es um die Kommunikation von Bundeseinrichtungen geht, sodass diese voll
digital stattfindet und der postalische Weg, der Papierakt eigentlich nur mehr die Ausnahme sind, wenn es nicht anders geht.

Wir regeln, dass bei der Registrierung einer ID Austria in Zukunft kein
Lichtbild, kein Foto mehr mitgenommen werden muss, wenn aufgrund eines Passes oder eines Führerscheins, die in der Vergangenheit ausgestellt
worden sind, schon eines vorrätig ist.

Wir regeln auch, dass der digitale Ausweis dem analogen gleichgestellt wird, dass er gleichermaßen Rechtsgültigkeit hat, wenn man unterwegs ist.

Ich glaube, wir haben in dieser Legislaturperiode sehr vieles im Digitalbereich auf den Weg bringen können. Wir haben die Weichen für die Zukunft gestellt
und eine gute Basis geschaffen, um da in Zukunft weiterarbeiten zu
können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ku­charowits. – Bitte sehr.



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22.29.36

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frauen Staatssekretärinnen! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, falls noch jemand da ist! Ich möchte gerne das unterstreichen,
was Kollegin Himmelbauer gesagt hat. Wir unterstützen, kurz gefasst,
das Gesetz. Es sind einfach Erweiterungen im E-Government-Gesetz, die, glaube ich, sehr zentral, sehr hilfreich für uns alle sind.

Das eine ist – das wird jetzt sehr prominent erwähnt, das freut uns auch
sehr –, dass es ganz klar die Wahlfreiheit im Kommunikationsbereich gibt. Das bedeutet, man kann weiterhin unterschiedliche Anliegen in Form von Papieranträgen oder telefonisch kundtun, Anträge stellen, was auch immer, aber das Ganze eben auch auf digitalem Weg. Diese Wahlfreiheit ist also ganz,
ganz zentral für uns.

Ich möchte aber noch gerne zwei oder drei Punkte hervorheben, die, glaube ich, nicht unpraktisch sind: Es soll künftig so sein, dass E-Ausweise endlich
als gültige amtliche Lichtbildausweise gelten. Das ist praktisch, wenn man unter­wegs ist und nicht extra noch den Reisepass oder Personalausweis mit­führen muss, sondern einfach der Führerschein am Handy reicht. Ich denke mir, das ist eine Erleichterung für uns alle.

Ein zweiter Aspekt – das kommt vielleicht ein bisschen seltener vor –: Dokumente, die man ausschließlich in Papierform hat – ich denke dabei an Staatsbürger:innenschaftsurkunden, Geburtsurkunden, irgendwelche Bebauungspläne, was auch immer –, sollen künftig eingescannt werden. Dieser Scan muss natürlich, logischerweise auf Echtheit überprüft werden, damit
er gilt, ganz klar – dazu ist die Behörde verpflichtet. Dieser Scan gilt dann aber auch als Originalakt. Ich finde, das sind praktische Dinge, und deshalb un­terstützen wir das auch; im Besonderen wie gesagt die Wahlfreiheit.

Ich stelle mir nur die Frage: Jetzt habe ich Wahlfreiheit beim Meldezettel, ich habe Wahlfreiheit beim – keine Ahnung – Bebauungsplan, wie schon


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erwähnt, bei der Staatsbürger:innenschaftsurkunde. Wieso gilt diese Wahlfrei­heit nicht, wenn es um Förderanträge geht? Die Frage stellen wir uns
wirklich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zorba: Ein Förderantrag, ein einziger!) Da gibt es nur die digitale Variante, Stichwort Handwerkerbonus – bis jetzt nicht bereinigt (Abg. Loacker: Das macht ja der Handwerker ...!) –, Sanierungsbonus – bis jetzt nicht bereinigt – oder Kesseltausch – bis jetzt nicht bereinigt. Ein
Bereich, bei dem Sie eingelenkt haben, ist der Bundesschatz: Dazu gab es ges­tern die Meldung, dass man dafür auch analog Anträge stellen kann.
Aber trotzdem: Beim Handwerkerbonus und dem anderen, das ich erwähnt ha­be, schließen Sie eine Million Menschen in Österreich aus – das ist unge­recht und das ist unfair –, nämlich jene, die im digitalen Bereich vielleicht nicht fit sind. Das muss man jetzt einmal ehrlich sehen. Das betrifft oftmals
auch die ältere Generation, jene, die vielleicht keine Smartphones oder Laptops haben, oder jene, die das nicht wollen – ich finde, das ist legitim. Auch das
muss man sehen, das ist einfach die Realität.

Deshalb finden wir den Istzustand, was diese Förderanträge anbelangt, immer noch mehr als ungerecht. Es muss dieses Recht auf den analogen Zugang
einfach geben – dafür treten wir ein –, weil es sozusagen wurscht sein muss, ob man einen Antrag digital oder eben analog einbringt. Aus meiner Sicht widerspricht das so, wie es jetzt geregelt ist, nämlich nur digital, dem Gleich­heitsgrundsatz. Deshalb der Appell: Das gehört dringend, dringend
geändert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Deimek. – Bitte.


22.33.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin, Sie werden nach unserer Kritik in den letzten Sitzungen ver­wundert sein, aber dieses Mal kann man zustimmen. Man kann nicht
nur zustimmen, sondern ich glaube, Sie haben sich auch einen Teil der Kritik zu


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Herzen genommen und berücksichtigt: Digitalisierung im Behördenweg –
da stimme ich Kollegen Loacker schon zu –, Digitalisierung bei der Kommunikation zwischen Behördenstellen ist das oberste Gebot der Stunde. Wir werden produktiver und wir sparen vor allem bei der Manpower
ein, einem Bereich, in dem es in den kommenden Jahren sowieso ein Problem geben wird.

Was in diesem Fall berücksichtigt wurde, ist sozusagen die analoge Schnitt­stelle, dass all jene, die nicht können, wollen oder sonstwie ein Problem haben, auch an diesem Prozess teilhaben können. Das ist das, was wir besonders herausstreichen und wozu wir sagen: weiter auf diesem Weg; das
heißt, der Prozess digital, aber die Schnittstelle auch für analog denkende
und arbeitende Menschen möglich.

Ich glaube, auf den Bereich des elektronischen Datenverkehrs zwi­schen Behördenstellen sollte man noch einmal ein bisschen schauen, denn jeder redet vom Elektronischen Akt, der auf jedem – unter Anführungszeichen – „Misthaufen“, in jedem Amt unterschiedlich ist; Sie wissen es wahrscheinlich von zu Hause. Da reden wir nicht nur von den Gemeinden, die eine unter­schiedliche Datenbasis haben. Ich gehe davon aus und habe auch schon be­merkt, dass es auch in den Ministerien durchaus unterschiedliche Stan­dards gibt. Das trägt nicht zur Harmonisierung bei. Dass man jetzt zum Beispiel bei den Fotos, beim Lichtbild und so weiter, auf die aktuelle Basis zurück­greift, ist positiv – weiter auf diesem Weg!

Wenn es richtig ist, werden wir Ihre Arbeit unterstützen, auch wenn es nur mehr kurz sein wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Staatssekretärin Plakolm: Danke!)

22.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Staats­sekretärin. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 621

22.35.17

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das E-Government in Österreich feiert heuer seinen 20. Geburtstag, und ich möchte mit Ihnen
eine kurze, sportliche Zeitreise in das Jahr, in dem dieses Gesetz entstanden ist, unternehmen: 2004.

Damals hat Griechenland den Europameistertitel gewonnen, und Öster­reich war auf der Weltrangliste noch auf Platz 74. Der Begriff E-Government war, glaube ich, zu dieser Zeit noch einer, mit dem die wenigsten etwas
anfangen konnten, und doch hat die Politik schon damals die notwendigen Schritte gesetzt – mit Erfolg, sodass wir uns heute zu einem der Frontrunner in diesem Bereich zählen können. Es ist bereits von unterschiedlichsten inter­nationalen Studien die Rede gewesen. Ich bin sehr stolz, dass Öster­reich im soeben veröffentlichten E-Government-Benchmark drei Plätze aufholen konnte und mittlerweile auf Platz neun liegt.

Die nun vorliegende Novelle aus dem Bereich E-Government steht ganz
im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Wir schaffen die rechtlichen Grundla­gen, um die weitere Digitalisierung in der Verwaltung voranzutreiben und
damit die digitale Transformation zu verwirklichen. Gleichzeitig bekräftigen wir in der Novelle, dass alle Menschen mitgenommen werden und dass Selbst­bestimmung und Wahlfreiheit über allem stehen.

Ganz kurz möchte ich auf die Punkte in der Novelle eingehen. Zum Ersten: Die Wahlfreiheit stellt sich so dar, dass die Bürgerinnen und Bürger unter­scheiden können und auswählen können, auf welche Art sie mit Behörden kommunizieren wollen. Es muss immer auch zwingend eine Alterna­tive zum elektronischen Weg geben, und das stellen wir auch bei dem von Ihnen, geschätzte Frau Abgeordnete (in Richtung Abg. Kucharowits), angespro­chenen Handwerkerbonus sicher, oder eben auch beim Bundesschatz, wie dieser Tage bekannt geworden ist. Ich denke, es ist sehr relevant, dass wir dabei


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 622

an alle Generationen denken und auch die ältere Bevölkerungsgruppe sowie Men­schen, die keinen Zugang zu digitalen Behördenwegen oder digitalen End­geräten in diesem Sinne haben, mitnehmen können und ihnen diese Möglichkei­ten eröffnen.

Wir setzen die Digitalisierung auch innerhalb der Bundesverwaltung
weiter um – dass auch dort einheitlich elektronisch kommuniziert werden kann, was für einen Digitalisierungsschub sorgt. Die vorhandenen Papierakten
werden mittlerweile so digitalisiert, dass Scans die Originale ersetzen können. Das spart Platz bei Lagerflächen und natürlich auch Verwaltungskosten. Ebenfalls gibt es Erleichterungen bei der Ausstellung der ID Austria, was schon angesprochen wurde. Wenn bereits ein Foto hinterlegt ist, muss man
das nicht mehr zur Registrierung für die ID Austria mitnehmen.

Und: Wir stellen endlich die elektronischen Ausweise, die E-Ausweise, den hap­tischen Ausweisen gleich. Das sorgt für die gleiche Rechtsqualität und
für die gleichen Verwendungsmöglichkeiten bei den Behörden. Beispielsweise kann man dann bei der Nationalratswahl am 29. September in die Wahl­behörde, in das Wahllokal gehen und sich mit einem E-Ausweis ausweisen. Es ist ein ganz zentraler Schritt, dass diese beiden Ausweise rechtlich dieselbe
Qualität haben. (Abg. Loacker: Und der Wahlleiter hat kein Recht auf analoges Le­ben?! Der muss den digitalen Ausweis ...!)

Das bringt insgesamt deutliche Zeitersparnisse, Rechtssicherheit für die Wahlfreiheit, und es bringt uns einen weiteren Schritt vorwärts. Ich freue mich, dass nach dieser intensiven Ausschusssitzung, die wir vor einigen Wochen
erlebt haben, nun endlich auch die FPÖ diesem Gesetz zustimmt. Ich freue mich, dass wir Sie überzeugen konnten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

22.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zorba. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 623

22.38.49

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Staatssekretärin und – nochmals – Frau Staatssekretärin! Mein Lieblingsthema: die digitale Verwaltung. Man muss schon sagen, digitale Lösungen kom­men an: Vergangenen Dezember hatte das Digitale Amt die Nutzer:innenzahl von zwei Millionen geknackt, und letzten März gab es bei Finanzonline
mehr als 6,4 Millionen Nutzerinnen und Nutzer.

Warum ist das so? – Es spart Zeit und bietet Komfort für die Nutzerinnen und Nutzer. (Beifall des Abg. Loacker.) Egal, wo ich bin – ob in Traismauer
oder in Attnang-Puchheim –, ich kann mit den Behörden kommunizieren und Dinge erledigen, die ich erledigen muss. Der vorliegende Entwurf ist ein
weiterer wichtiger Schritt für die Digitalisierung der Verwaltung. (Beifall bei den Grünen.)

Ein paar Eckpunkte aus dem vorliegenden Entwurf: Es wird eine aus­drückliche Verpflichtung aller Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs geben, miteinander digital zu kommunizieren. Es wird endlich klargestellt, dass gescannte Dokumente dieselbe Beweiskraft haben wie originale analoge Doku­mente, das bedeutet endlich ein Ende der Brieffreundschaften und der Zettelwirtschaft in der Verwaltung. Als Drittes: Der E-ID wird mit diesem Gesetz die Beweiskraft eines amtlichen Lichtbildausweises gegeben, das heißt,
ich kann mich mit meinem digitalen Ausweis genauso wie mit dem analogen Aus­weis ausweisen.

In den vergangenen Wochen haben wir hier ja sehr viele Diskussionen
(Abg. Schellhorn – erheitert –: Geh, hör auf!) bezüglich eines Rechts auf ein ana­loges Leben gehabt. Das kam von der FPÖ und auch von den Kolleginnen
und Kollegen der SPÖ. Auch daran haben wir gedacht: In § 1 wird jetzt festge­stellt und festgelegt, dass es die Wahlfreiheit geben muss und geben soll.
(Beifall bei den Grünen. – Abg. Herr: Wow!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 624

Da gebe ich den Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ schon recht: Es gibt Menschen, die dabei Support brauchen (Abg. Herr: Viele!), es gibt Men­schen, die das vielleicht auch nicht ganz alleine lösen können. Auf der anderen Seite muss man aber dazusagen: Wir leben jetzt im digitalen Zeitalter,
das wird sich nicht mehr umkehren lassen, und auch daran haben wir gedacht: Es gibt jetzt ein Roll-out der digitalen Workshops auf Kommunalebene, und
für Schülerinnen und Schüler gibt es jetzt die digitale Grundbildung
in der Schule. Damit versuchen wir, die wichtigen Schritte zu gehen, die zu ge­hen sind. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.41


22.41.17

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel
und Eingang in 2664 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zei­chen der Zustimmung. – Es ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zu? – Es ist
das gleiche Stimmverhalten: mit Mehrheit angenommen.

22.42.0234. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 4093/A der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medienkooperations- und -förderungs-Transpa­renzgesetz geändert wird (2653 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 625

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 34.

Ich darf die Frau Staatssekretärin für Tourismus recht herzlich begrüßen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


22.42.35

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte meine Rede mit etwas sehr Positivem beginnen, nämlich: Das Beste, das in dieser Legisla­turperiode passiert ist, war der Wechsel von der damaligen Ministerin Köstinger zur Staatssekretärin Kraus-Winkler, weil damit eine kompetente Frau,
der der Tourismus ein wirkliches Anliegen ist, den Platz auf der Regierungsbank eingenommen hat. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Schellhorn. –
Abg. Schellhorn – in Richtung ÖVP –: Ein bisserl klatschen, dort drüben! – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mich an dieser Stelle auch für die gute Zusammenarbeit bedanken, die gerade in persönlicher Hinsicht von Wertschätzung getragen war. Nur
leider ist das auch schon das Ende meiner positiven Worte (Ruf bei der ÖVP: Es ist eh schon so spät!), denn diese Wertschätzung hat leider in der Ausschuss­debatte und vor allem bei den Abstimmungen in den Ausschüssen keinen Nie­derschlag gefunden.

Für Sie, Zuseherinnen und Zuseher, möchte ich kurz zusammenfassen:
Am 20. Juni hatten wir die letzte Sitzung des Tourismusausschusses dieser Gesetzgebungsperiode; einer Gesetzgebungsperiode, in der alleine
rund 40 Anträge der Sozialdemokratie vertagt wurden; rund 40, ja, es sind sehr, sehr viele seit Beginn der GP. Wer glaubt, dass es bei der letzten Sitzung
eine Art Großreinemachen mit Zustimmungen oder Ablehnungen gegeben hätte, der irrt leider: Auch dort wurden schändlicherweise alle Oppositionsanträge vertagt und somit in den parlamentarischen Mistkübel verfrachtet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 626

Der einzige Grund – das muss man sich einmal vorstellen –, warum wir heute überhaupt die Möglichkeit haben, über Tourismus zu reden, ist ein Fehler
der Regierung beim Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz. Das klingt kompliziert, ist es auch ein wenig, denn damit sollen sehr weit gefasste Ausnahmen, unter anderem für die Österreich-Werbung, beschlossen werden – zu weit gefasste Ausnahmen unserer Meinung nach, die jegliche Transparenz in diesem Bereich außer Kraft setzen. Deshalb werden wir gegen diesen Antrag stimmen.

Sie sehen aber: Es ist ein sehr technisches Thema, das mit Tourismus, Hotellerie oder Gastronomie gar nichts – oder nur sehr am Rande – zu tun hat.

Lassen Sie mich deshalb kurz unsere wichtigsten Anträge zusammenfassen: zum Beispiel der Antrag auf Maßnahmen für Lehrlinge – mehrfach vertagt. Ich
weiß, es gibt jetzt Beschlüsse, durch die Erneuerungen – die vegetarisch-vegane Lehre – umgesetzt werden können, aber auch da wurden Chancen
vertan, ein modernes Lehrlingskonzept – Internationalität, verschiedene Küchen – auszuarbeiten. Auch was die Feststellungsbescheide und die Lehrpläne betrifft, hätte man weitaus mehr machen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Antrag zur Tourismus-Urlaubs- und Abfertigungskasse – mehrfach vertagt ‑; ein Thema, bei dem man zumindest über die Verbesserung der Beschäfti­gungsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte diskutie­ren können: vom Tisch gewischt. Was mich aber am meisten schockiert:
Der Antrag bezüglich sexueller Übergriffe am Arbeitsplatz im Tourismus, in dem wir gemeinsam mit den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern gefordert
haben, Konzepte dazu auszuarbeiten – Präventionskonzepte, Schutzkonzepte –, wurde ebenso vertagt.

Warum vertagt man in der letzten Sitzung etwas? Man kann dem Antrag zustimmen, man kann ihn ablehnen, aber sollte ihn wie gesagt nicht in den parla­mentarischen Mistkübel verfrachten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Auch der Antrag zur Aufstockung der Quadratmeter bei Dienstwohnun­gen wurde mehrfach vertagt. Heute haben Sie in einer Presseaussendung ver­lautbaren lassen, dass genau diese Aufstockung, die ich in meinem An­trag mehrfach gefordert habe, vertagt wird. Ja, ich weiß, dies haben mehrere Stellen gefordert, aber einen Antrag dazu im Tourismusausschuss hat
es in der gesamten Gesetzgebungsperiode ausschließlich seitens der Sozialde­mokratie gegeben, und heute verkünden Sie es: dieser Antrag – ebenfalls vertagt. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht die Chance genutzt haben, unserem Antrag zuzustimmen und damit einen eigenen Tagesordnungspunkt zu
haben, um darüber diskutieren zu können.

Diese Periode hat mit der Blackbox Cofag begonnen und mit einer Vertagungs­orgie geendet. Ich hoffe, dass im nächsten Tourismusausschuss über die persönliche Wertschätzung hinaus im Sinne des Tourismus gearbeitet werden kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Obernosterer. – Bitte sehr.


22.47.31

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretä­rin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und
Herren auf der Galerie – es sind nicht mehr viele – und zu Hause vor den Bild­schirmen! Frau Kollegin Erasim, man sieht ja, welchen Wert der Tourismus
in der SPÖ hat: Ich glaube, Sie sind in dieser Periode die dritte oder gar schon die vierte Tourismussprecherin. (Abg. Erasim: Nein, das stimmt ja nicht!
Dann können Sie nicht zählen!) 
– Das ist auch möglich: dass ich vergessen habe, weiterzuzählen.

Den Seitenhieb, den Sie bei Ihrer jetzigen Rede gegenüber der ehemali­gen Tourismusministerin Köstinger getätigt haben, hätten Sie sich sparen kön­nen (Abg. Erasim: Das ist zum Glück meine Entscheidung, was ich mir spare!),


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 628

denn eines wissen wir alle, gerade in der Wirtschaft: Was in dieser Zeit, in der Frau Köstinger Tourismusministerin war, für den Tourismus getan wor­den ist (Abg. Erasim: Inserateausgaben, genau, die sind in die Höhe geschnellt, sonst gar nichts!) – das sage ich ganz ehrlich –, muss jemand anders erst einmal machen. Sie kennen sich im Tourismus nicht aus, denn sonst könnten Sie so et­was nicht sagen (Abg. Erasim: Ja, genau!), das sage ich Ihnen ganz ehrlich
für Ihre Zwischenrufe. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Staatssekretärin, wir wissen, worum es heute geht: Medientransparenzge­setz, Werbung im Ausland. Ich glaube, die Österreich-Werbung ist dafür
da, zu arbeiten, und nicht dafür, Bürokratie zu machen. Wenn jemand nach­schauen will, wie im Ausland geworben wird, braucht er nur auf die Homepage der Österreich-Werbung zu schauen. Der Medienplan ist für jeden einsehbar.

Über die Wertigkeit des Tourismus: Österreich ist, glaube ich, eines der stärksten Tourismusländer der Welt. Der Anteil alleine der Tourismus- und Freizeit­wirtschaft am BIP beträgt circa 14 Prozent, bei den Beschäftigten gibt es über­haupt einen Anteil von 16,6 Prozent. Vom letzten Jahr wissen wir, dass
wir das zweitbeste Tourismusergebnis gehabt haben.

Ich muss aber eines dazusagen – für die Tourismuswirtschaft sehr, sehr wichtig ‑: Die Umstände der vergangenen Zeit und die ganzen Preissteigerungen
haben Österreich als Tourismusland schwer getroffen. Die Preise sind in die Höhe gegangen, und laut Statistik, muss ich leider sagen, sind die Erträge zurückgegangen. Es wird eine schwierige Zeit, auch die heurige Sommersaison. Das sage ich jetzt, gerade in der Anfangsphase. Ich kann es nur für Kärn­ten sagen; was den Städtetourismus betrifft, so weiß ich es nicht, da ist es ein bisschen anders. Die Fußballeuropameisterschaft, auch die Fußballwelt­meisterschaft, hat man immer gespürt. In der Ferienhotellerie spürt man sie heuer relativ stark, aber schauen wir einmal, was der Herbst bringt.
Wir sind zuversichtlich.


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Wir wissen, dass es Saisonbetriebe sehr schwer haben, gerade was Mitarbeiter betrifft. Die Landregionen ohne Tourismus – da müssen wir schauen, wie
es dort ausschaut, auch im Kleingewerbebereich.

Wenn im Tourismus wenig investiert wird, hat der Gewerbebereich
auch weniger Aufträge; denn es ist ja bekannt, dass 80 Prozent der Investitionen im Tourismus im Umkreis von 60 Kilometern wertschöpfungswirksam
werden.

Bei der letzten Sitzung des Tourismusausschusses, Frau Staatssekretärin, hat man wieder einmal gesehen: Sie sind vom Fach, Sie kennen die Praxis.
Sie haben da zum Teil einen wirklich praktischen Zugang. Sie haben die Sachen angegriffen, die uns wirklich wehgetan haben. Es ist Ihnen wirklich einiges gelungen. Sie haben zum Teil Oppositionsparteien überzeugen können, dass das gut und gescheit ist, was die Regierung da gemacht hat. Ich möchte Ihnen
dafür wirklich recht herzlich danken.

Wir kennen uns schon relativ lange (Abg. Hörl: Ihre Zeit ...!), wie gesagt,
aus der Praxis her, von den Tätigkeiten her. (Abg. Erasim: Warum redet eigentlich nicht der Herr Hörl?) Und heute kam die Nachricht über eine gerade für
den Tourismus wichtige Neuregelung, nämlich bezüglich Sachbezug für Dienst­wohnungen. Da ist etwas passiert (Abg. Erasim: Warum lassen sie dich nicht
mehr reden, Franz? Ich find das nicht in Ordnung!),
wovon gerade der Ferientouris­mus sehr stark profitiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Wohnungen nämlich, die wir den Mitarbeitern gratis zur Verfü­gung gestellt haben (Abg. Erasim: Die ÖVP hat mehr Tourismussprecher gehabt als die SPÖ in der GP!), sind bisher, wenn sie größer waren als 30 Quadrat­meter, mit allen Sozialleistungen praktisch dazugerechnet worden, und das hat die Tourismuswirtschaft viel Geld gekostet.


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Die Größe ist von 30 auf 35 Prozent (Abg. Schellhorn: 35 Quadratmeter!),
pardon, von 30 auf 35 Quadratmeter erhöht worden, und es gibt auch eine Ali­quotierung, wenn die Wohnungen aufgeteilt sind. Ich werde das jetzt
nicht ausführlich erklären; wer vom Fach ist, weiß, was ich meine.

Frau Staatssekretärin, ich gratuliere Ihnen! Das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig gewesen. Wie gesagt, wir sehen uns ja wohl noch, aber weil neulich die
letzte Sitzung des Tourismusausschusses in dieser Gesetzgebungsperiode war, möchte ich sagen: Frau Staatssekretärin, es war ein Genuss, es war eine
Freude, mit Ihnen zu arbeiten! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski. – Abg. Erasim: Eine schreckliche Rede war das!)

22.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter
Spalt. – Bitte.


22.52.20

Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatsse­kretärin! Geschätzte Abgeordnete! Werte Zuseher! Bei diesem Tagesord­nungspunkt geht es, wie schon erwähnt, um das Medienkooperations-
und -förderungs-Transparenzgesetz. Geschätzte Damen und Herren, dass sich das Wort Transparenz mit schwarz-grüner Politik nicht verträgt, dass Transparenz zu schwarz-grüner Regierungsarbeit im Widerspruch steht, zeigt uns heute dieser Antrag.

Es sollen hier nämlich Ausnahmen vom Medientransparenzgesetz ge­schaffen werden, und zwar für touristische Werbebotschaften im Ausland. Be­gründet wird diese Ausnahme von den Transparenzbestimmungen mit
einem Bürokratieabbau. Ein Bürokratieabbau wäre und ist natürlich wichtig, geschätzte Damen und Herren, aber bitte nicht auf Kosten der Trans­parenz. (Abg. Obernosterer: Mein Gott na, du schaust nicht auf die Homepage!) – Warte, ich komme gleich dazu. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Grundsätzlich stelle ich mir da schon die Frage – und jetzt dürfen Sie
vom ÖVP-Flügel bitte gerne zuhören –, wie groß der hochgelobte Bürokratie­abbau sein soll. Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass die Österreich-Werbung zumindest ihre Buchhaltung korrekt führt. Ich gehe auch davon aus, dass, wenn mit Steuergeld Werbung im Ausland geschaltet wird und
Steuergeld im Ausland ausgegeben wird, es zumindest eine Erfolgsmessung, eine Kosten-Nutzen-Rechnung und somit ein Monitoring dieser Kosten gibt.
(Abg. Hörl: Gibt’s ja! Am Ende des Jahres gibt’s eine Abrechnung!)

Wenn wir jetzt die Argumente hören, dass es das alles ja gibt, dann frage ich mich: Wenn Sie die Daten alle haben, wo bitte ist dann der riesengroße Bürokratieaufwand, diese Daten korrekt in eine Liste und in eine Transparenzda­tenbank einzutragen?

Da wurde dann argumentiert – auch Sie, geschätzte Frau Staatssekretärin,
haben das im Ausschuss gesagt –, die Transparenz sei mit dem jährlich erschei­nenden Jahresbericht der Österreich-Werbung gegeben, denn alle Daten werden darin veröffentlicht.

Ich habe mir natürlich den Jahresbericht 2022 der Österreich-Werbung, den ak­tuellsten verfügbaren, angeschaut (das genannte Druckwerk in die Höhe
haltend),
und siehe da: Im 59-seitigen Bericht steht über Werbeausgaben genau diese eine Randnotiz hier auf Seite 18. In dieser Randnotiz steht dann
zum Beispiel:

„Sommer

Anzahl Märkte: 9

Budget: € 6 Mio.“

Und dann steht die Reichweite online und die Reichweite offline. – Geschätzte Damen und Herren von Schwarz-Grün! Ich stelle mir unter Transparenz
ein bisschen etwas anderes vor. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 632

Geschätzte Damen und Herren, vor allem liebe Regierungsparteien! Ich kann mit folgenden Worten abschließen: Sie beschließen hier heute nichts anderes
als eine millionenschwere Blackbox mit einem grünen Mascherl.
(Beifall bei der FPÖ.)

22.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.


22.55.46

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Was tun wir mit diesem Antrag? – Wir verlängern eine Ausnahmeregelung für die Meldepflicht
von touristischer Werbung, die seit 2014 bestand und die auch von allen damals beschlossen wurde.

Gerade weil sich Kollege Schellhorn und jetzt auch Kollegin Erasim unnöti­gerweise aufgeregt haben – von der FPÖ erwarte ich mir nichts Konstruktives –, muss ich sagen: Wir haben ein Medientransparenzgesetz umgesetzt, um Inseratenkorruption zu verhindern, und ich bin froh, dass uns das gelungen ist. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hörl.)

Durch verschärfte Transparenzbestimmungen und das Schließen von Schlupflöchern können wir den Missbrauch öffentlicher Inserate abstellen. Diese Ausnahmeregelung baut lediglich den bürokratischen Aufwand ab. Da
müssen wir schon die Kirche im Dorf lassen.

Zu einem anderen Thema, weil gerade in letzter Zeit immer wieder Fragen hin­sichtlich Renaturierung und Tourismus gekommen sind: Ich muss sagen, Tourismus und Renaturierung gehen Hand in Hand.

Ein kleines Beispiel, der Wildfluss Lech in Tirol: Auch da gab es gegen eine Renaturierung am Anfang großen Widerstand, und jetzt ist der Lech
ein Naturjuwel (Abg. Hörl: Kein Tourismuswert!), das nicht mehr wegzudenken


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 633

ist – nicht nur für viele Tierarten, sondern auch für die Bevölkerung.
Nicht nur Hummeln – Hummel-Brummel – profitieren davon, sondern auch die heimische Bevölkerung, weil gerade der Hochwasserschutz für diese
Region extrem wichtig ist. (Beifall bei den Grünen.) Und es ist ein Anziehungs­punkt für Erholungssuchende, für die einheimische Bevölkerung, aber
auch für Naturliebhaber und ‑liebhaberinnen aus allen Ländern.

Wir brauchen, aus touristischer Sicht gesehen, nicht weniger, sondern mehr von diesen Projekten. Gerade in Zeiten verstärkter Naturkatastrophen bietet
das nicht nur Sicherheit, sondern wir schaffen dadurch attraktive Naturjuwele, die einen touristischen Mehrwert haben können.

Ein weiteres kleines Beispiel, an dem man sieht, wie positiv sich die Renaturie­rung auswirken kann: Gerade im Sommer ist es nicht attraktiv,
bei 32, 33, 34 Grad in betonierten, dicht verbauten Ortskernen herumzuspa­zieren, egal ob in Attnang-Puchheim oder in Wien (Beifall bei den
Grünen),
weder für die einheimische Bevölkerung noch für unsere Gäste. Daher brauchen wir ganz dringend Grünflächen, damit wir unsere Städte,
unsere Dörfer runterkühlen können. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich könnte jetzt noch zahlreiche Beispiele aufzählen: von der Wiederherstellung der Moore in Seefeld, Stichwort Gesundheitstourismus, bis hin zur Wie­derherstellung der Auenlandschaft entlang des Inns, Stichwort Erholungstouris­mus. Wir dürfen jedenfalls eines nicht vergessen: Die Schönheit der Natur
ist der Grund, wieso Gäste zu uns kommen. Sie ist unsere touristische Geschäftsgrundlage, und darum müssen wir sie dringend schützen. (Beifall bei den Grünen.)

Für den Fall, dass ich im September keine Gelegenheit dazu habe, ge­schätzte Staatssekretärin, liebe Susanne, möchte ich dir danken für die wirklich gute Zusammenarbeit. Ich glaube, wir haben vieles im tourismuspoliti­schen Bereich durchbekommen. Vielen, vielen Dank für deine Hartnäckigkeit und dein Engagement! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.59



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 634

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner zu Wort. – Bitte. (Abg. Stögmüller: Ein Experte!)


22.59.29

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schaue jetzt in Richtung ÖVP, vor allem auf Herrn Obernosterer. Es ist ja bezeichnend,
dass wir ein Medienkooperationsgesetz beschließen müssen, damit wir hier in diesem Haus überhaupt irgendwann einmal über Tourismus reden (Abg.
Hörl: So ein Blödsinn!),
weil ihr alles vertagt, weil ihr im Ausschuss jeden konstruk­tiven Antrag, den die Opposition einbringt, vertagt und vernichtet. Das ist
das, was ihr in diesen Ausschüssen tatsächlich macht!

Da müssen Sie sich nicht so arrogant herstellen, sich aufplustern und Kollegin Erasim abkanzeln. Das ist keine gute Art (Beifall bei der SPÖ sowie des
Abg. Schellhorn – Abg. Schellhorn: Da wird auch geklatscht!),
und es ist eigentlich unwürdig, dass Sie das so machen.

Ich sage es Ihnen ganz bewusst, weil Sie diesen Antrag auf Erweiterung bezüglich der Quadratmeter bei Dienstwohnungen beziehungsweise Aliquotie­rung gerade gelobt haben: Den hätten wir im letzten Ausschuss gehabt,
den hätten wir beschließen können oder wir hätten hier herinnen darüber de­battieren können. Aber das wollen Sie nicht. (Abg. Hörl: Doch, Blödsinn!
Reg dich nicht so auf! – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)
Es ist Ihnen offenbar kein Anliegen gewesen, denn Sie haben das nur vertagt. Und da gibt es
eine Menge von Anträgen, die immer nur vertagt werden. (Abg. Hörl: Euer Antrag, ja der ist vollkommen!) – Nein.

Ich bin in vielen Ausschüssen in diesem Haus, aber eine derartige Ignoranz
wie die, mit der die ÖVP und die Grünen im Tourismusausschuss vorgehen (Ruf bei der ÖVP: Furchtbar!), gibt es hier in keinem anderen Ausschuss. Bei
der letzten Sitzung gab es elf Tagesordnungspunkte, und zehn davon wurden vertagt, vernichtet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 635

Dabei geht es da um Themen im Tourismus, die durchaus wichtig sind,
eine breite Palette, ganz unabhängig davon, von welcher Oppositionspartei das vorgeschlagen wird. Da gibt es das Mittelstandspaket von Sepp Schellhorn,
und Kollege Hauser hat einen Antrag eingebracht, dass man bei der
alpinen Infrastruktur etwas tun muss. – Na selbstverständlich muss man da etwas tun! Die Schutzhütten sind an der Grenze der Kapazität. Da sind
viele, viele Schutzhütten über hundert Jahre alt, da muss man etwas tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Die letzte Anpassung hat es 2013 gegeben. Das können die alpinen
Vereine alleine in dieser Form nicht stemmen. Aber das ist euch alles wurscht. Das ist euch so egal, da passiert nichts! (Abg. Hörl: Das stimmt ja nicht!)
Das ist das, was wir kritisieren.

Da muss man nicht hier herauskommen und sich oberlehrerhaft herstellen wie Herr Obernosterer und dann jemanden zu tadeln anfangen. Das ist
keine Art, wie man in diesem Haus miteinander umgeht! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder Frau Neßler, die schon weiß, dass Herr Schellhorn vielleicht kri­tisch ist: Das ist auch interessant. Wurde da vielleicht die Rede zu früh gehalten oder zu früh geschrieben? (Abg. Neßler: Ich höre im Ausschuss zu!) – Ja,
ich auch, und ich höre Ihre Vertagungsargumente – na gute
Nacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wissen Sie, was ich mir wirklich wünsche? Ich wünsche mir eine zukünftige Bundesregierung, die die Tourismuswirtschaft wertschätzt und die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus wertschätzt, und ich hoffe, dass das die zukünftige tut! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.02


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 636

23.02.41

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren Zuseher, die um diese Uhrzeit noch zusehen! Der Tourismus ist heute relativ spät dran. Das tut
mir immer sehr leid, weil er ein ganz wichtiger Teil der österreichi­schen Wirtschaft ist, aber auch einen großen Teil der österreichischen Bevöl­kerung betrifft. Deswegen ist es mir ein besonderes Anliegen, dass der Tourismus auch immer den Platz bekommt, den er haben sollte.

Grundsätzlich darf ich mich für alles bedanken, was heute im positiven Sinn schon gesagt wurde. Trotzdem würde ich gerne noch einmal auf den Initiativantrag eingehen und kurz erklärend noch einmal dazu Stellung nehmen, damit das richtig zugeordnet werden kann.

Bis Anfang 2024 war nämlich das touristische Auslandsmarketing zur
Gänze von den medienrechtlichen Meldepflichten ausgenommen. Aufgrund der Novellierung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgeset­zes zu Beginn des Jahres hat es eine Uneinheitlichkeit gegeben.

Wie sieht diese aus? – Bestimmte Formen des touristischen Auslandsmarketings sind weiterhin von den Meldepflichten ausgenommen, wie zum Beispiel Zeitungswerbung, andere Formen des touristischen Auslandsmarketings sind neuerdings aber medienrechtlich unter die Meldepflichten gefallen, wie
zum Beispiel die Plakatwerbung.

Eine bruchstückhafte Meldepflicht – da, denke ich, werden Sie alle zustimmen, vor allem wenn ich höre, dass man volle Transparenz will – bedeutet
nicht nur ein Mehr an Bürokratie, sondern auch eine Unübersichtlichkeit. Des­halb ist es darum gegangen, das wieder zu reparieren. Daher gibt es
diesen Initiativantrag, dass genau wie vor 2024 das touristische Auslandsmarke­ting wieder zur Gänze von diesen medienrechtlichen Meldepflichten – die
sonst für politisches Marketing gelten – ausgenommen werden soll.


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Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einige Dinge betonen: Erstens ist die Missbrauchsgefahr im touristischen Auslandsmarketing ausgesprochen
gering, weil diese Ausnahme ja ausschließlich für Werbung in ausländischen Medien gilt und alle Tourismusorganisationen strengen Rechenschafts­pflichten unterliegen.

Ich darf daher auch noch kurz zur Österreich-Werbung Stellung nehmen. Die Österreich-Werbung arbeitet in 27 Märkten mit 21 Büros. Sehr viele
dieser Auslandsmedienaktivitäten werden auch von diesen Experten in diesen Büros quasi festgelegt, weil sie wissen, wie man sich dort mit dem öster­reichischen Angebot am besten platziert.

Darüber hinaus hat die Österreich-Werbung seit Jahresbeginn einen eigenen Aufsichtsrat mit acht Teilnehmern, die alle Experten, und zwar neutrale Experten, sind und hier ganz genau begleiten und schauen, welche Medienarbeit gemacht wird. Darüber hinaus wird die Österreich-Werbung vom Rech­nungshof geprüft. Das heißt, auch da wird ganz genau geschaut, wie dieses Geld eingesetzt wurde.

Das heißt, ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir hier wirklich Rechenschaftspflichten haben, aber – das haben uns sowohl die Lan­destourismusorganisationen als auch die Österreich-Werbung mehrfach sehr plakativ vor Augen geführt – die Bürokratie, um dieser Auslandswerbung
im Transparenzgesetz gerecht zu werden, wäre ein ungemein großer Aufwand, der auch für sie mit großen Kosten verbunden wäre.

Bevor ich Sie aber um Zustimmung zu diesem Initiativantrag bitte, würde
ich ganz gerne noch auf den Bericht Tourismus in Österreich 2023 hinweisen. (Die Rednerin hält das genannte Druckwerk in die Höhe.) Für alle die, die ihn
noch nicht gesehen haben: Es gibt ihn sowohl in gedruckter Form als
auch online. Sie brauchen nur im Internet einzugeben: Tourismusbericht Öster­reich 2023, und können ihn sich herunterladen. Sie werden darin sehr,
sehr viele interessante Daten finden.


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Abschließend ist mir persönlich noch wichtig, Folgendes zu sagen: Heute und in Zukunft, vor allem in einer Zeit, in der sich so viel verändert, in der wir
so viel Transformation haben und in der wir gerade in diesen alpinen Naturräu­men und in diesem Kulturland, in dem wir sind, den Tourismus ganz be­sonders zukunftsfit gestalten müssen, müssen wir auch auf Bundesebene eine Tourismuspolitik machen, die ein Prozess ist, der alle Stakeholder quasi
managet und der uns in Zukunft mehr als je zuvor fordern wird.

Wir haben daher die Aktivitäten schon jetzt, in den letzten zwei Jahren intensiv nach dem Plan T – Masterplan für Tourismus, der übrigens von Frau Bun­desminister Köstinger initiiert und auch finalisiert wurde, ausgerichtet. Das Be­sondere in diesem Masterplan T: Die Zieldefinition und das Leitmotiv
bedeuten, dass es eine ausbalancierte Tourismuspolitik geben soll zwischen Bevölkerung, den Unternehmen, den Gästen, den Mitarbeitern und
den Lieferanten. Bei allen Aktivitäten, die wir gesetzt haben, haben wir immer versucht, dem auch gerecht zu werden.

Ich darf Ihnen auch sagen: Wir haben nicht nur sehr vieles umgesetzt in
dieser kurzen Zeit. Da darf ich mich jetzt bei allen Tourismussprechern trotzdem sehr herzlich bedanken, weil sie vieles begleitet haben. Ich weiß, Herr
Hauser, der jetzt anschließend sprechen will, hat noch seine offenen Punkte, die er jetzt vorbringen wird, aber es ist halt nicht alles so gegangen. Es sind
auch sehr viele Stakeholder involviert. Gerade beim Privatzimmervermietungsge­setz hätte ich auch gerne einen Abschluss gehabt – ist aber nicht so
schnell gegangen. Wir haben bis zum Schluss Verhandlungen geführt. Trotzdem haben wir sehr, sehr viel umgesetzt. Auch haben wir viele Pflöcke einge­schlagen, die in der nächsten Legislaturperiode noch weiter umzusetzen sind, und ich hoffe sehr, dass das dann auch der Fall sein wird.

Ich darf aber trotzdem ganz kurz auf folgende Dinge hinweisen: Wir ha­ben die Werkzeuge für die nachhaltige Entwicklung in allen drei Dimensionen ins Leben gerufen. Das ist einerseits die gewerbliche Tourismusförderung
mit der Neuausrichtung, dem grünen Kredit und dem Nachhaltigkeitsbonus; das


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ist die Messung der Tourismusakzeptanz, die Sie als Verordnung hier in
diesem Plenum beschlossen haben, wofür ich mich auch sehr bedanke; das ist auch ESG Data Hub, mit dem wir messen wollen, wie sich die Nachhaltig­keitsindikatoren wirklich entwickeln.

Zu erwähnen ist auch die nationale Zertifizierungsstrategie, die
sehr, sehr wichtig ist für unsere Entwicklung. Wir hatten erst kürzlich das Gemeindedashboard Resy, das regionale Monitoringsystem vorge­stellt. Wir haben die Forschungslandkarte vorgestellt, die Basis für die Zukunft sein soll, damit wir eben verbessert Grundlagenforschung im Tourismus betreiben können.

Wir haben gemeinsam mit der Österreich-Werbung sehr viele Digitalisierungs- und Innovationsinitiativen entwickelt. Für mich ist auch eines der Dinge,
die für die Zukunft wichtig sind, ganz wichtig: Wir haben jetzt gerade den Pro­zess für Winter 2040 gestartet. Wie muss das Winterangebot in Öster­reich sich entwickeln, dass wir auch bei Klimaveränderungen in Österreich ein zukunftsfittes Winterangebot haben werden?

Schauen Sie sich bitte diesen Tourismusbericht an! Sollten Sie Fragen
haben, stehe ich Ihnen natürlich auch jederzeit zur Verfügung. Ich hoffe sehr, dass der gegenständliche Antrag zum Medientransparenzgesetz dennoch
Ihre Zustimmung findet. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

23.10


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gerald Hauser
zu Wort. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung des sich mit einem halb gefüllten Glas in der Hand zum Redner:innenpult begebenden Abg. Hauser –: Wo ist
das Taferl? – Ist da Wodka drin? – Abg. Erasim: ... redest ja sonst schon so lang!)


23.10.59

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir kommt zum Schluss eine Bilanz: Ich finde es traurig, es wurde schon angesprochen, dass wir heute


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über ein Medientransparenzgesetz sprechen müssen, damit wir überhaupt über den Tourismus, der wirklich eine tragende Säule für die österreichische Wirtschaft, für den ländlichen Raum, für die Beschäftigung von 260 000 Mitar­beitern et cetera und für die Kooperation von Landwirtschaft und Touris­mus unglaublich wichtig ist, sprechen.

Da die Vertagungen, auf die ich noch zu sprechen komme, und auch die Stim­mung und das Engagement im Tourismusausschuss angesprochen wur­den: Ich denke, die Stimmung war ja grundsätzlich gut. Es hat sich jeder für sich bemüht, Initiativen weiterzubringen, die dem Tourismus helfen. Herr
Kollege Obernosterer, ich habe es also wirklich überhaupt nicht für passend gehalten, auf Kollegin Erasim so hinzuschlagen, die sich bei der Frau Staatssekretärin eh bedankt hat. Was das Auskommen und das Engagement betrifft, da stimme ich zu. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Da liegt
sicher Kompetenz bei Ihnen, Frau Staatssekretärin, hundertprozentig. Nur haben wir das nicht erhoben. Das ist der springende Punkt, weil der Tourismus
von schönen Worten leider Gottes zu wenig hat. Es gibt unglaublich viele Bau­stellen, zu denen wir über die letzten fünf Jahre auch passende Initiativen eingebracht haben, die aber alle vertagt wurden, und zwar mehrmals. Das ist das Erschreckende. Die Leistung der Parlamentarier für den Tourismus in den
letzten fünf Jahren war deswegen überschaubar, weil die Regierungs­parteien nicht bereit waren, sinnvolle, notwendige Maßnahmen umzusetzen und auch über diese Maßnahmen zu diskutieren.

Wie schon von Kollegen Einwallner angesprochen: Um Gottes willen, ich
habe jetzt das zweite oder dritte Mal einen Antrag eingebracht, um die alpine Infrastruktur zu unterstützen. Österreich hat einmal mit dem Werbe­slogan geworben: „Wanderbares Österreich“. Im Sommertourismus ist das nach wie vor eine tragende Säule. Wir brauchen dafür die Schutzhütten.
(Abg. Hörl: Die kriegen eh ein Geld!) Wir brauchen die 25 000, 26 000 Kilometer Wanderwege, die zu erhalten sind, was aber die alpinen Vereine wirklich


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nicht mehr schaffen. Die sagen schon seit zwei Jahren flehend, händeringend: Bitte erhöht die Förderungen!

Wir haben einen Antrag eingebracht, dass Sie die Bundesförderung
für die alpinen Vereine von 2,7 Millionen Euro auf 3,8 Millionen Euro erhöhen. (Zwischenruf bei den Grünen.) Das ist wirklich keine große Summe, wenn
man bedenkt, dass die ganze Covid-Politik über 50 Milliarden Euro gekostet hat. Und dann ist man nicht in der Lage, 1 Million Euro für die alpinen Vereine aufzubringen?! (Abg. Hörl: Kriegen eh 5 Millionen, 5 Millionen kriegen sie!) – Lieber Franz Hörl, bitte komm nachher raus, du kannst ja reden. (Ruf bei der
SPÖ: Nein, bitte nicht!)
Das ist aber das Erschreckende: Dann wird im Ausschuss argumentiert, wir können und wir wollen den Budgetberatungen nicht vorgreifen. Da frage ich mich schon: Wozu haben wir die Ausschusssitzungen überhaupt? Man spricht immer von einem mutigen und selbstbestimmten Parlament – und dann sind wir nicht in der Lage, vor Beginn einer Sommersaison dieses Signal in Richtung der alpinen Vereine zu senden und zu sagen:
Jawohl, wir nehmen 1 Million Euro zusätzlich in die Hand, denn die brauchen
sie eh!

Sie sprechen selbst von einem Notfallpaket von 95 Millionen Euro und
sind dabei nicht in der Lage, einem Antrag von uns, der Freiheitlichen Partei, im Bundesbudget 1 Million Euro mehr zur Verfügung zu stellen, zuzustim­men. Und dann geht man hier zum Rednerpult und sagt: Eh alles super, es war ja so klasse! Wir haben ja so grandios gearbeitet. – Nein! Wir sind gut ausgekommen, das stimmt: höflich, charmant, und, Frau Staatssekretärin, Sie haben sich mit Sicherheit bemüht (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen so­wie des Abg. Loacker), aber wir haben unglaublich viele Baustellen im Tourismus, und diese Baustellen haben wir nicht abgearbeitet! Ich brauche da nicht irgendjemanden zu zitieren, ich zitiere den Fachmann Dr. Oliver Fritz vom Wifo, der in die letzte Tourismusausschusssitzung eingeladen war. Schauen
wir uns seine Bilanz an! Das ist nicht die Bilanz von Gerald Hauser oder der


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Freiheitlichen Partei (eine Tafel mit der Überschrift „Aktuelle Herausforde­rungen“, unter der fünf Punkte angeführt sind und das Logo des Wifo abgebildet ist, auf das Redner:innenpult stellend – Abg. Schellhorn: Kann ich nicht lesen! –
weitere Zwischenrufe bei ÖVP, Grünen und NEOS),
das ist die Bilanz des Experten Dr. Oliver Fritz, der gesagt hat: Wie schaut es denn aus? – „Aktuelle He­rausforderungen“.

Ja, noch ein paar Punkte, die - - Es ist schön, wenn jene von (in Richtung ÖVP) der Wirtschaftskammer den Kopf schütteln. Das ist toll, das ist euer Experte –
das ist euer Experte! Ich verstehe dich da überhaupt nicht, überhaupt nicht. Das war einmal die Wirtschaftspartei ÖVP – die jetzt den eigenen Experten anzweifelt. Da wird der Kopf geschüttelt, wenn euer Experte hergeht und sagt: Das fehlt! Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist im internationalen Ver­gleich gesunken. (Abg. Lukas Hammer: Zum letzten Mal: Man kann es nicht lesen!) Ja, es ist so. Das hat der Experte festgestellt. (Abg. Stögmüller: Was
steht da? Vorlesen!)
Die wirtschaftliche Lage der Tourismusunternehmen hat sich verschlechtert. (Abg. Zorba: Man kann seit Jahren keinen Fragebogen le­sen, weil Sie’s so klein drucken! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, sie hat sich ver­schlechtert. Und der Arbeitskräftemangel hat sich auch ausgedehnt.
Auch zum Arbeitskräftemangel haben wir ja unglaublich viele Initiativen ein­gebracht, Frau Staatssekretärin. (Staatssekretärin Kraus-Winkler: ..., wir
haben viel gemacht!)
 – Nein, sie wurden vertagt. Viel gemacht? – Zu wenig ge­macht! (Abg. Schallmeiner: Man kann es nicht lesen!) Das hilft ja nichts,
wenn wir uns da gegenseitig beweihräuchern.

Jetzt schauen wir uns wirklich die Bilanz einmal an: In 15 Sitzungen – in 15 Sit­zungen! –, die wir in dieser Legislaturperiode abgehalten haben, wurden 121 Oppositionsanträge vertagt – 121! (Der Redner stellt eine Tafel mit einem Text unter der Überschrift „Vertagungswahn von ÖVP und GRÜNE im Tourismus­ausschuss“ auf das Redner:innenpult.  Zwischenrufe bei den Grünen.) Ja bitte, ist das eine Leistung? Davon waren allein (auf die Tafel weisend) 60 Anträge
von der Freiheitlichen Partei. Ich habe da nur zwei Anträge, die uns wirklich über


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Jahre begleitet haben, herausgestellt. Die Eigenkapitalstärkung: Elf Mal
vertagt, bitte! Das ist ein Thema, das die Experten - - (Zwischenrufe bei den Grü­nen.) – Da gibt es viele Zwischenrufe. Vielleicht kommt ihr heraus, viel­leicht meldet ihr euch zu Wort. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit! – Abg. Stögmüller: Weil wir’s nicht lesen können! – Ruf bei den Grünen: Wir können’s ja nicht lesen,
heast! 
Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Dann hört bitte zu! (Abg. Stög­müller: ... überhaupt nicht barrierefrei! – Neuerliche Zwischenrufe bei den
Grünen.)
Ist das normal? (In Richtung Präsidentin Bures): Ist das normal? – Ist das normal, was ihr aufführt? (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Zuerst
gibt es Diskussionen, in denen ihr euch beschwert, dass die Diskussionskultur nicht vorhanden ist – und jetzt führt ihr euch auf (Abg. Zorba: Ist es Ih­nen aufgefallen, dass das nur bei Ihnen so ist? – Rufe bei den Grünen sowie der Abg. Krisper: Man kann das nicht lesen! Zwischenruf der Abg. Disoski) wie
Kasperle. Das ist ja unfassbar!

Für die österreichische Tourismuswirtschaft: Eigenkapitalstärkung – elf Mal bitte, elf Mal vertagt! Das haben die Experten eingefordert. Die öster­reichische Hotellerie (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Abg. Weratschnig), die höchste Investitionen meistern muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben,
wird in Wahrheit im Regen stehen gelassen. (Abg. Steinacker: Besser wird’s nim­mer!) Wir haben Anträge eingebracht, wir haben das argumentiert. Wir
haben gesagt: Na bitte, Aufwertungsbilanz hinsichtlich Grund und Boden! Italien hat das gemacht. Werten wir das auf, heben wir die Schätze! (Ruf bei den
Grünen: Wann ist die Angelobung in Brüssel?)
Es gibt konkrete Vor­schläge. Bei Eigenkapital, das Unternehmer in den Betrieb einbringen, ließen sich die Eigenkapitalzinsen in der Bilanz ansetzen. Das waren ja alles Vorschlä­ge von Experten, die das in den Ausschüssen kundgetan haben. Was habt ihr ge­tan? – Ihr habt das einfach alles vertagt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu den Privatvermietern (Ruf bei den Grünen: Ja! Privatvermieter!): Es gab elf Ver­tagungen, bitte. Das sind die kleinen und kleinsten Betriebe im häuslichen


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Zu- und Nebenerwerb, die seit Jahren im Regen stehen gelassen werden. Wieso tut ihr das? Wir verstehen das nicht.

Servicequalität, Ausweitungen der Bettenanzahl von zehn auf zwölf,
15 Betten: Die privaten Vermieter haben Ferienwohnungen, zwei, drei Ferien­wohnungen. Wenn sie mehr als zehn Gäste im Haus haben (Heiterkeit
bei den Grünen),
bekommen sie Anzeigen, weil sie maximal zehn Gästebetten ha­ben dürfen. Da tut ihr nichts. Dazwischenschreien: Das ist die Initia­tive, die ihr macht. Ich würde mich genieren. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Es sind die 43 000 Privatvermieter, die im Tourismusbericht richtiger­weise als notwendig und wesentlich dargestellt werden, die den häuslichen Zu- und Nebenerwerb absichern. Die habt ihr im Regen stehen gelassen.
Das ist das Bedauerliche.

Also was bleibt unterm Strich? – Gute Stimmung – keine Frage –, mit Sicherheit eine Tourismusstaatssekretärin, die kompetent ist. Im Ausschuss habt
ihr aber die vielen sinnvollen Initiativen der Opposition mehrmals vertagt und abgeschmettert. Unterm Strich hätte man viel mehr für die Tourismus­wirtschaft erreichen müssen, was man nicht getan hat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.21


Präsidentin Doris Bures: Ich kann ja gut nachvollziehen, dass man, da
es sich voraussichtlich um die letzte Vorlage des Tourismusausschusses handelt (Abg. Stögmüller: Er ist eh bald weg!), insgesamt Bilanz über die Tätigkeit
des Ausschusses ziehen möchte. Ich möchte nur trotzdem darauf hinweisen, weil wir auch so etwas wie einen Ruf zur Sache haben, dass es jetzt um das Bundesgesetz, mit dem das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenz­gesetz geändert wird, geht. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und
Grünen. – Heiterkeit bei den Grünen.)

Ich habe mir die Vorlage jetzt auch noch einmal angeschaut. Ich weiß – ich bin während dieser Debatte in die Vorsitzführung eingestiegen –, es scheint


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schon vorher so eine Bilanzdebatte gewesen zu sein, ich wollte wirklich nur da­rauf hinweisen, dass wir uns vielleicht in der nächsten GP auf die Ver­handlungsgegenstände konzentrieren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Prinz: Frau Präsidentin, wenn das Herz voll
ist, geht der Mund über! Es hilft nichts!)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Josef Schellhorn zu Wort. – Bitte.


23.22.36

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretär! Ich will eh nur noch einmal betonen, was ich eigentlich schon die ganze Woche betont habe: dass wir Sie wirklich als sehr gute Staatssekre­tärin im Sinne des Tourismus empfunden haben, auch wir in der Opposition, dass wir sehr gut zusammengearbeitet haben und dass ich mich auch dafür bedanke.

Wenn es jetzt um das Medientransparenzgesetz geht, stimmt schon
auch, was Einwallner und unsere Vorredner von der Opposition gesagt haben. Ich glaube, wenn man nicht will, dass man die Politikverdrossenheit wei­ter vorantreibt, dann muss man sich auch darüber Gedanken machen, wie wir mit den Vertagungsorgien umgehen. Auch für eine Oppositionspartei
ist das schwierig. Wir, alle Oppositionsparteien, haben sehr viele Anträge ein­gebracht. Das Problem bei den Vertagungen ist einfach, dass die Anträ­ge nicht im Plenum behandelt werden.

Wir sollten eigentlich wieder zueinanderfinden und miteinander diskutieren, wie wir gemeinsam zu einer Sache kommen.

Auch in der Werbung muss man in Dekaden denken. Wenn es um Digitali­sierung geht, dann braucht man eine klare Strategie, und wenn wir wissen, dass es fünf verschiedene Ebenen gibt, die touristische Werbung betreiben,
vom Hotel bis zur Österreich-Werbung, und diese 100 bis 120 Millionen Euro im Jahr ausgeben, dann brauchen wir auch eine Strategie, die uns heute
gemeinsam nach vorne bringt.


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Was ich einfach noch einmal sagen will: Nicht nur ein Medientransparenzgesetz sollte für den Tourismus verankert werden, sondern es braucht auch ers­tens ein Bundesraumordnungsrahmengesetz, zweitens die Senkung der Kosten des Faktors Arbeit, vor allem für dienstleistungsorientierte Betriebe,
und es braucht zum Dritten endlich Tourismus im Ganzen gedacht und nicht in neun verschiedenen Bundesländern mit 15 verschiedenen Bezirken
und 15 verschiedenen Experten, die irgendetwas sagen.

Ich glaube, Tourismus ist eine Angelegenheit Österreichs für sich selbst für die nächsten zehn Jahre. Darüber sollte nachgedacht werden. – Danke.
(Beifall bei den NEOS.)

23.24


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Franz Hörl zu Wort. – Bitte.


23.24.51

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Mir bleibt nur zu sagen: Wir hatten eine tolle Zusammenarbeit! Liebe Melanie, liebe Barbara – die Damen haben diesen Ausschuss wirklich bereichert, auch die Damen von uns, die dabei waren. Es gibt keinen Grund, hier heute aggressiv zu sein, und ich bin froh, dass Sepp Schellhorn das ganze
Thema jetzt wieder auf die sachliche Ebene zurückgeholt hat.

Ich denke mir nur eines: Was im Ausschuss passiert ist, interessiert den einzel­nen Wirt und den Hotelier nicht, auch nicht den Privatzimmervermieter.
Ich war aber am 13. März 2020 dabei, als wir in Tirol das Licht abgedreht haben, und dann haben alle anderen erst das Licht abgedreht.

Ich erinnere mich an die Stimmung, die es damals an diesem Wochenende
gab. Dankenswerterweise hat dieses Parlament am Sonntag getagt,
und dankenswerterweise wurden damals einstimmig in diesem Parlament ent­sprechende Förderungen aufgelegt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 647

Wenn wir heute am Ende dieser Legislaturperiode stehen, dann denke
ich mir, es zählt nur, wie viele Betriebe es überlebt haben, nämlich fast alle, die großen und die kleinen.

Wir haben peu à peu alles abgearbeitet, vom Unternehmerverbund bis
hin zu anderen Dingen.

Ich möchte jetzt dir, liebe Staatssekretärin, meinen Dank aussprechen. Mit dir haben wir eine Fachfrau gehabt, eine internationale Hotelierin, die in
der Wirtschaftskammer ihr ganzes Leben lang gearbeitet hat, die in der Gast­stube aufgewachsen ist, die in der Gaststube ihre Jugend verbracht
hat, die Topfrau. Ich möchte mich bei dir ganz herzlich für die tolle Leistung, die du hingelegt hast, für die tolle Vorarbeit, die geleistet wurde, bedanken.
Du warst ein Segen für diese Periode, und ich hoffe, dass wir dich auch in der nächsten haben werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen,
bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Krisper. – Abg. Hörl überreicht Staats­sekretärin Kraus-Winkler ein Geschenkpäckchen.)

23.26


23.26.31

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.
Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel
und Eingang in 2653 der Beilagen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 648

23.27.0835. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesverwaltungsgericht – Reihe BUND 2023/5
(III-886/2568 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Resozialisierungsmaßnahmen der Justiz – Reihe BUND 2024/8
(III-1130/2569 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmen­vollzugs; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2024/9 (III-1131/2570 d.B.)

38. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gewalt- und Opferschutz für Frauen – Reihe BUND 2023/21
(III-1004/2571 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohnrechtliche Schlichtungsstellen mit Schwerpunkt in Inns­bruck und Salzburg – Reihe BUND 2022/24 (III-703/2572 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zu den Tagesordnungspunk­ten 35 bis 39, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 649

Ich begrüße Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker recht herzlich im Hohen Haus und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Andreas Küh­berger das Wort. – Bitte.


23.27.42

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Öster­reicherinnen und Österreicher! Mit Stichtag 1. Juni 2024 waren in
unseren Justizanstalten 9 508 Insassinnen und Insassen – wenn man es sich genauer anschaut: davon waren 657 Frauen; das ist ein Anteil von
circa 7 Prozent –, und das in 28 Justizanstalten über das ganze Bundesland verteilt.

Der Rechnungshof hat voriges Jahr, im Jahr 2023, von Jänner bis Mai
vor allem die Resozialisierungsmaßnahmen, was den Strafvollzug betrifft, über­prüft. Meine Damen und Herren, Resozialisierung ist ein sperriges, aber wichtiges Wort, vor allem – was auch ein wichtiger Grundgedanke in der Justiz ist – wenn es darum geht, dass man straffällige Täterinnen und Täter,
die in diesen Anstalten sind, wieder in die Gesellschaft eingliedern kann. Wie passiert das? – Indem man gezielte Maßnahmen setzt, zum Beispiel
eine Lehrausbildung oder den Erwerb von Sprachkenntnissen und vieles mehr.

Diese Anstalten wurden vom Rechnungshof überprüft. Da ist man auch draufgekommen – und das wird ja auch kritisiert –, dass dort die Arbeitsquoten unterschiedlich sind. Das geht von Anstalten mit 69 Prozent bis zu sol­chen mit 94 Prozent. Auch die Stundenleistung ist mit 3,16 Stunden an einem Werktag nicht gerade eine große Summe, und diese Stundenleistung ist
im Vergleich zu früher im Sinken.

Darum gibt der Rechnungshof dazu viele Empfehlungen ab, die man auch ernst nehmen sollte, vor allem die, diese Beschäftigungsquote zu steigern und
dabei alle Justizanstalten gleich zu behandeln, die Beschäftigungsmaßnahmen zu evaluieren, sich diese anzuschauen, sie zu optimieren und vieles mehr.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 650

Eine weitere Empfehlung ist, dass man die Wissenschaft einlädt, um noch besse­re Maßnahmen sicherzustellen.

Diese Resozialisierung ist nicht nur für die Täterinnen und Täter wichtig,
damit sie sich nach ihrer Strafe wieder in die Gesellschaft integrieren, sondern, glaube ich, auch für uns, damit wir Sicherheit und sozialen Frieden in Öster­reich haben. Darum, Frau Präsidentin, möchte ich mich nochmals für
diese Überprüfung bedanken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie
des Abg. Schwarz.)

23.30


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.


23.30.28

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Frau Präsidentin des Rechnungshofes, willkommen hier zu später Stunde! Ich beziehe mich kurz auf den Bericht betreffend das Bundesverwaltungsge­richt, auf einen der vielen Berichte, die wir heute debattieren. Wir debattieren heute hier die Arbeit von zwei Ausschüssen, also eine Fülle.

Jetzt aber zum Bundesverwaltungsgericht: Ich möchte drei Punkte kurz ansprechen. Ein Punkt, der uns sehr aufgefallen ist, war der Personalstand, der sich zwar ein wenig verbessert hat, aber dennoch unzureichend ist. Wir sprechen von 200 Richterinnen und Richtern. Da bräuchte es wirklich einige Personen mehr.

Wir sprechen aber auch über einen Mangel beim Unterstützungsper­sonal. Warum wäre mehr juristisches Unterstützungspersonal so wichtig? – Zum Beispiel wäre es wichtig für das Verfassen von Aktenvermerken, für die Protokollführung, für die richtige Protokollierung. Das ginge alles schneller und kostengünstiger, würden es Praktikanten machen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 651

Es wäre auch im Hinblick auf die Rückstände gut, den Personalstand zu erhöhen. Wir haben im Ausschuss von immerhin 15 000 Rückstandsfällen gespro­chen, da sollte man also beschleunigend wirken.

Was uns auch aufgefallen ist, ist die Personalaufnahme. Da könnte man Verbes­serungen andenken, das wäre auch eine Empfehlung. Bei den ordentli­chen Gerichten haben wir ein sehr ausführliches Auswahlverfahren, beginnend mit einem Praktikum. Wenn man Richter an einem ordentlichen Gericht
werden möchte, dann gibt es einen wesentlich penibleren Auswahlprozess als beim Bundesverwaltungsgericht, wo eine fünfjährige Berufserfahrung
genügt – also da sollte man wirklich schauen, ob man das etwas angleichen könnte.

Ein dritter Punkt, der unserer Fraktion wichtig ist: Es wurde in diesem
Bericht festgestellt, dass ein automatisiertes Übermittlungsverfahren zwischen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungs­gericht nicht möglich ist. Es wäre natürlich toll, wenn es das gäbe, ein­fach um Verfahren schneller abwickeln zu können. Auf unsere Frage hin hat die Frau Ministerin gesagt, dass erste Testbetriebe für den Herbst zugesagt
sind. Unser Appell: Bitte den Zeitplan einhalten! Es ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig und wirklich von großer Bedeutung, Verfahren schneller abwi­ckeln zu können.

Danke für die gute Berichtsvorlage und für die große Anzahl, die da abgearbeitet wurde. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


23.33.05

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte
Präsidentin des Rechnungshofes! Der Rechnungshofbericht zu Gewalt- und Opferschutz bestätigt das, was wir als FPÖ und auch die anderen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 652

Oppositionsparteien schon ganz oft aufgezeigt und kritisiert haben: Es gibt in Österreich keine langfristige Strategie zum Schutz von Frauen vor Ge­walt, keine Strategie, die ressortübergreifend koordiniert wird, um diese Taten im Vorfeld zu verhindern. Schon seit der Studie, die Frau Haller gemacht
hat, wüsste die Frauenministerin, dass Maßnahmen dringend notwendig sind.

Es ist bis jetzt nicht gelungen, die Gewaltschutzeinrichtungen flächende­ckend so bekannt zu machen, dass jede Frau weiß, wohin sie sich wenden kann. Es ist kein Wunder, wenn auch der Bericht aufzeigt, dass es bundesweit
nicht einmal die Info gibt, welchen Bedarf und welches tatsächliche Angebot an Frauenhausplätzen es gibt.

Bundesweit einheitliche Mindeststandards oder Qualitätsstandards gibt
es offensichtlich auch nicht. Das ist erschreckend, weil Frauen wiederholt, immer und immer wieder, von Gewalt eingeholt werden. Wenn sie nicht wissen,
wohin sie sich wenden können, dann stehen sie ziemlich ratlos da.

Auch der Bericht stellt fest, dass man früher ansetzen muss, nicht erst, wenn Täter schon aktenkundig sind. Es gibt oft konkrete Gefährdungsmel­dungen, und es ist oft absehbar. Wir kennen das alle, jeder sagt: Es muss erst etwas passieren! Es braucht viel stärkere präventive Maßnahmen, um
Gewalt im Vorfeld zu verhindern.

Das alles ist so trotz der enormen finanziellen Mittel, die eingesetzt werden. Das bestätigt wieder einmal, dass Geld nicht alles löst. Es braucht neue Ansät­ze, es braucht koordinierte Maßnahmen von allen Akteuren in diesem Bereich, so wie Sie, Frau Präsidentin, es im Bericht auch feststellen.

Gewaltschutzambulanzen werden eingerichtet – bis jetzt zwei, flächende­ckend noch nicht.

Die verpflichtenden Fortbildungen und Ausbildungsdienste bei den Opferschutzeinrichtungen – aber wirklich für alle Richter – zum Beispiel, wie es der Rechnungshofbericht fordert, sehen wir sehr positiv.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 653

Eines zeigt der Bericht auch ganz klar auf: Die Datenlage in Österreich ist für zielgerichtete präventive Maßnahmen nicht aussagekräftig.

Kritisiert wird auch, dass im Bundeskriminalamt keine Dunkelfeldforschung durchgeführt wird. Diese Dunkelfeldanalyse könnten wir in Österreich
längst haben. Es gibt einen freiheitlichen Antrag dazu, der seit 2022 mehrmals im Ausschuss vertagt wurde, immer mit der Begründung, dass er doch nichts bringen würde. (Beifall bei der FPÖ.) Auch andere Anträge wurden immer wieder vertagt.

Was für mich auch noch sehr bedenklich ist: In der Sitzung des Gleichbe­handlungsausschusses im November 2023 sagte die zuständige Ministerin von der ÖVP, Ministerin Raab, seitens des Rechnungshofes gebe es keine Beanstandung im Hinblick auf die verwendeten Mittel. Sie sehe das so, dass damit belegt sei, dass die Budgetmittel vernünftig eingesetzt worden seien.

Dem widerspricht aber der Bericht ganz eindeutig, denn dieser stellt
fest, dass wegen fehlender Daten die Gesamtausgaben von Bund und Ländern für den Bereich Gewalt und Opferschutz nicht realistisch dargestellt
werden.

Ich habe diesen Satz heute schon einmal gesagt und schließe meine Rede damit: Ich bedanke mich für den Bericht, aber durch die Vorgangsweise der
Regierung wird die Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Gewalt an Frauen nicht verbessert. (Beifall bei der FPÖ.)

23.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr. – Bitte sehr.


23.36.49

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Sehr geehrte Da­men und Herren! Auch ich möchte mich für den Bericht zum Bundesverwal­tungsgericht bedanken und vielleicht kurz darauf eingehen, was wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 654

an diesem Gericht haben, das es erst seit zehn Jahren gibt, das aber für uns in der Praxis, für die Anwaltschaft, für die Behörden, schon so wichtig
und so selbstverständlich geworden ist: Die Schaffung dieses Gerichts war vor zehn Jahren eine Revolution. Behördliche Entscheidungen werden ge­richtlich überprüft – und nicht noch einmal, ein drittes Mal, behördlich, sodass man da politisch hineinregieren kann. Das ist nicht mehr möglich.

Jetzt kann man sich vom Bodensee bis zum Neusiedler See, von Attnang-Puch­heim bis Zwettl an dieses Gericht wenden, wenn man mit der Entschei­dung einer Bundesbehörde nicht einverstanden ist, und bekommt
dort nach rechtsstaatlichen Maßstäben von einem unabhängigen Gericht Recht gesprochen.

Deshalb ist es so wichtig, dass diese unabhängige Verwaltungsjustiz in
ihren Rahmenbedingungen immer wieder Kontrolle erfährt und Verbesserungs­vorschläge erhält. Dafür möchte ich mich bei Ihnen, Frau Präsidentin,
und dem Rechnungshof ausdrücklich bedanken (Beifall bei den Grünen), denn es ist wichtig, dass wir in den kleinen Fragen – wenn es um die Frage geht,
welches Pflanzenschutzmittel wir für unseren Kopfsalat verwenden dürfen und ob das richtig zugelassen worden ist – und in den großen Fragen – zum
Beispiel wenn es darum geht, ob und wie und wann der Flughafen Wien Schwe­chat seine dritte Piste eröffnen darf – ordentliche rechtsstaatliche
Verfahren in angemessener Zeit bekommen und ordentliche Urteile erhalten.

Wie gesagt: in angemessener Zeit – daran ist zu arbeiten, denn, das
haben Sie und der Rechnungshof, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr richtig aufgezeigt, da fehlt es noch an Personal.

Daher wäre auch meine Bitte an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen, auch in Zukunft darauf zu achten, dass unser Rechtsstaat ausreichend finanziert ist. – Danke für’s Zuhören. (Beifall bei den Grünen.)

23.39


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Karl-Arthur Arla­movsky zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 655

23.39.38

Abgeordneter MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS): Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja in dieser Debatte fünf Rechnungshofberichte
aus dem Justizbereich. Ich möchte aus jedem kurz herausgreifen, wel­che von den Empfehlungen des Rechnungshofes uns besonders wichtig sind
und welche in der Umsetzung besonders effizient wären.

Erster Rechnungshofbericht, betreffend Bundesverwaltungsgericht, Prüfungszeitraum von 2018 bis 2021: Da wäre uns wichtig, die Empfehlung aufzugreifen, dass die Verfahrensrückstände durch gezielte Maßnah­men zur personellen und organisatorischen Unterstützung der besonders be­lasteten Rechtsbereiche abgearbeitet werden und dass die vorhande­nen Personalressourcen optimiert eingesetzt werden.

Was auch ein wesentliches Thema ist: Die Verwaltungsgerichte – Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht, Bundesfinanzgericht – sind so ein bisschen hybrid, weil sie schon Justiz sind, aber nicht ganz,
was sich insbesondere auch an den Richterinnen und Richtern zeigt, die nach einem anderen Dienstrecht beschäftigt werden und insbesondere auch
eine andere Ausbildung als die Richterinnen und Richter in der ordentlichen Justiz genießen.

Da ist eine der Rechnungshofempfehlungen, dass eine Durchlässigkeit
zwischen der ordentlichen Justiz und der Verwaltungsgerichtsbarkeit gefördert wird und dass eine entsprechende Grundausbildung für die Richterinnen
und Richter an den Verwaltungsgerichten mit den entsprechenden Anforderun­gen begründet wird.

Der zweite Rechnungshofbericht, betreffend Resozialisierungsmaßnah­men: Da geht es um etwas ganz Wichtiges, nämlich um die Rückfallprävention, die bei den Häftlingen eingesetzt werden soll. Das ist ja auch mehr oder
weniger Sinn der Sache in den Haftanstalten. Da müssten im Wesentlichen zwei


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 656

Sachen gemacht werden, nämlich auf der einen Seite muss die Beschäfti­gung von Häftlingen in den Haftanstalten ausgeweitet werden – da gibt es im Untersuchungsbereich große Mängel – und das Bildungsprogramm
muss den geänderten Umständen, dass nämlich immer mehr Häftlinge zum Beispiel die deutsche Sprache nicht beherrschen, angepasst werden. Da braucht es mehr Strategien.

Dritter Rechnungshofbericht, betreffend die Steuerung und Koordinie­rung des Straf- und Maßnahmenvollzugs: Das ist ein Follow-up-Bericht aus dem ersten Quartal 2023 zum Bericht aus 2020. Dazu kann man sagen, dass
der Großteil der Empfehlungen umgesetzt worden ist. Fünf Empfehlungen wur­den komplett umgesetzt, acht teilweise und nur zwei nicht. Da muss ins­besondere entsprechend den zwei noch offenen Empfehlungen, zum Beispiel was die Justizwache betrifft, die immer noch bei der Rekrutierung hinter­herhinkt, mehr gemacht werden.

Vierter Punkt, ein sehr wichtiger Punkt: Gewalt- und Opferschutz für Frauen. Da ist die Bezeichnung natürlich ein bisschen irreführend, weil der Großteil der Maßnahmen, um die es geht, nicht Gewaltschutz im Sinn von Präven­tion darstellt – und das ist auch schon der große Kritikpunkt –, sondern erst ansetzt, wenn Gewalt bereits passiert ist, und sich auf Opfer bezieht.
Das sind auch sehr wichtige Maßnahmen. Wo aber unserer Meinung nach mehr Schwerpunkte gesetzt werden sollen, das ist beim Schutz vor Gewalt.

Wenn man sich im Rechnungshofbericht zum Beispiel die Struktur, wie viele ver­schiedene finanzierende Stellen es gibt, anschaut – da ist eine Grafik drin­nen: zehn verschiedene finanzierende Stellen, 13 wesentliche Arten
von Empfängerinnen und Empfängern –, wie da die Mittelflüsse über Kreuz hin- und hergehen: Das ist fast so wild wie im Gesundheitssystem in Öster­reich. Da kann man sehr viel mehr Effizienz schaffen.

Um Gewalt zu vermeiden, müssen insbesondere die Fallkonferenzen ausgebaut werden, bei denen man sich um die Risikofälle kümmert, bevor Gewalt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 657

tatsächlich passiert. Da sieht man, dass es länderweise unterschiedliche Ansätze gibt. Kurioserweise sind aber nicht die Bundesländer schuld, ist nicht die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern schuld, sondern es sind die Landespolizeidirektionen, die aber in Wirklichkeit Bundesbehörden sind,
die das Ganze umsetzen. Da ist das BMI säumig (Beifall bei den NEOS), das dieser Bundesbehörde voransteht, beziehungsweise das Bundeskriminalamt,
das da für eine einheitliche Vorgangsweise in den Fallkonferenzen sorgen sollte.

Die Täterarbeit, die bei den Männern ansetzt, die in diesem Bereich meis­tens Täter sind, sollte über die 6 Stunden, die es momentan gibt, hinaus weiter ausgebaut werden.

Ich denke an die Rednerin, die zu diesem Tagesordnungspunkt nach mir
kommt, und beende meine Ausführungen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS so­wie des Abg. Stögmüller.)

23.44


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Präsidentin Margit Kraker zu
Wort. – Bitte, Frau Präsidentin.


23.44.32

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich möchte zu später Stunde sehr kurz reden, weil wir ja jetzt doch
zwei Blöcke von Rechnungshofberichten auf der Tagesordnung haben.

Im ersten Block finden Sie Berichte zum Ressortbereich des Justizministeriums. Wir haben das im Rechnungshofausschuss am 4. Juni besprochen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um ein wenig zurückzublicken,
denn der Rechnungshofausschuss hat in dieser Legislaturperiode insgesamt 39 Mal getagt. In dieser Zeit hat der Ausschuss insgesamt 220 Berichte
des Rechnungshofes behandelt, sieben Berichte davon waren Sonderprüfungen, die von Abgeordneten des Nationalrates verlangt wurden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 658

Wir haben seit einem Jahr eine andere Präsentation im Ausschuss. Es
finden stets aus meiner Sicht sehr fokussierte und auch inhaltsreiche Debatten mit den zuständigen Bundesministerinnen und Bundesministern statt.
Dafür, für die Art und Weise, wie wir an die Berichte herangehen, und für die Wertschätzung, die Sie dem Rechnungshof entgegenbringen, möchte
ich mich an dieser Stelle bei Ihnen, bei den Mitgliedern des Rechnungshof­ausschusses, bedanken.

Ich denke, dass unsere Berichte eine Fundstelle für Handlungsempfehlungen sind und auch Handlungsanleitungen darstellen, die sicherlich über Legislaturperioden hinausgehen. Das wollte ich Ihnen an dieser Stelle auch sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen
und NEOS.)

Die Berichte zum Justizressort wurden kurz angesprochen. Beim Bericht zum Bundesverwaltungsgericht ging es sicherlich um die Frage, ob mit der Einrichtung die Ziele der Verfahrensbeschleunigung sowie der Aus- und Weiter­bildung des richterlichen Personals erreicht wurden und ob auch das Ziel
des Abbaus der hohen Rückstände erreicht wurde.

Ein weiterer Bericht betrifft Resozialisierungsmaßnahmen. Bei der Steuerung und Koordinierung des Maßnahmenvollzugs blicken wir schon auf einen Vorbericht zurück. Wir haben auch da festgestellt, dass natürlich in
den Justizanstalten eine sehr angespannte Personalsituation vorherrscht und dass es da noch verstärkte Rekrutierungsmaßnahmen braucht.

Das Thema Gewalt- und Opferschutz ist natürlich ein besonders sensibles Thema, ein Thema, das alle betroffen macht – mit diesem Thema hat
sich auch der Rechnungshof in einer Querschnittsüberprüfung beschäftigt – und bei dem es gemeinsame Anstrengungen aller Akteure braucht, damit aus­reichende Maßnahmen gesetzt werden.


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Alles Weitere finden Sie in den Berichten. – Ich bedanke mich für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

23.47


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hermann Gahr
zu Wort. – Bitte.


23.47.46

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde: Es wurde bereits vieles erwähnt. Gerade der Maßnahmenvollzug hat in Öster­reich durchaus noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Es wurde
ja bereits erwähnt, dass vieles umgesetzt wurde, bewiesen durch die Follow-up-Überprüfung.

Es gibt aber aus meiner Sicht zwei Baustellen im Maßnahmenvollzug:
Einerseits haben wir natürlich steigende Häftlingszahlen in Österreich, 9 400, und wir haben Kapazitätsengpässe. Das heißt also, wir müssen entwe­der Kapazitäten ausbauen oder uns überlegen, ob man Straftäter in ihren Hei­matländern einsperren oder dort halt den Maßnahmenvollzug durchführen kann.

Das Zweite ist, dass wir in Österreich in den Haftanstalten leider auch Personalmangel haben. Es sind 130 Planstellen offen. Es ist bei der Polizei in den letzten Jahren gelungen, fast alle Planstellen wieder zu besetzen, doch in
der Justiz haben wir durchaus Nachholbedarf und Aufholbedarf.

Es ist aber auch wichtig, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Anstalten psychisch und physisch gut betreuen. Die Anforderungen
steigen eben. Wir haben hohe Krankenstandszahlen in den Justizanstalten, wir haben Burn-out, wir haben andere Krankheitsbilder und -erscheinungen.

Ich glaube, insgesamt ist das natürlich kein angenehmes Thema, aber es gehört halt zu unserer Gesellschaft dazu. Wir müssen da, glaube ich, die Haus-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 660

aufgaben machen. Ich habe auch einige Anfragen an die Frau Justizminister ge­stellt. Ich glaube, es ist fünf vor zwölf, dass wir in Zukunft Sicherheit in
unseren Justizanstalten gewährleisten können.

In diesem Sinne: Frau Präsident, danke für den Bericht. Er hat die Dinge klar aufgezeigt. Jetzt brauchen wir Maßnahmen, damit wir das Ganze wieder
in eine positive Richtung lenken können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.49


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Michael Seemayer, Sie
gelangen zu Wort. – Bitte.


23.49.48

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Kurz nur zum Bericht betreffend Resozialisierungsmaßnah­men der Justiz: Danke, Frau Präsidentin, für die wichtige Prüfung.

Wir haben im Justizausschuss ja immer wieder aufgezeigt, dass die Resozialisie­rungskomponente im Strafvollzug immer mehr wegfällt. Es darf aber im Strafvollzug nicht dazu kommen, dass dieser nur noch das Wegsperren als Ziel hat. Das Ziel muss natürlich Resozialisierung sein, und dieser Bericht zeigt
ganz gut, woran es im Strafvollzug fehlt.

Für eine erfolgreiche Resozialisierung braucht es unter anderem ausreichende Beschäftigung der Häftlinge und einen strukturierten Tagesablauf. Dazu
gehört, dass die Häftlinge einer Arbeit nachgehen können oder eine Ausbildung machen können.

Die Beschäftigungsquote in den Justizanstalten ist sehr unterschiedlich
und liegt zwischen 69 und 94 Prozent. Die Beschäftigungsdauer
von rund 3,16 Stunden pro Tag konnte im Prüfzeitraum nicht gesteigert werden.

Dazu kommt noch, dass es regelmäßig Betriebsschließungen gegeben
hat, was sich nicht nur negativ auf die Häftlinge, sondern auch negativ auf die Motivation der Beschäftigten auswirkt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 661

Der generelle Personalmangel macht sich dazu auch noch bemerkbar.
Aufgrund von zu wenig Personal und infolge der stark belastenden Tätigkeit liegt die krankheitsbedingte Abwesenheit der Exekutivbediensteten bei mehr
als 28 Tagen pro Jahr. Das wiederum wirkt sich negativ auf die eigentlich not­wendige Tagesstruktur der Häftlinge aus und führt dazu, dass diese in gerichtlichen Gefangenenhäusern teilweise bis zu 23 Stunden am Tag in den Hafträumen bleiben mussten.

Auch ist die Anzahl der in den sozialen Diensten Beschäftigten im Prüf­zeitraum fast um ein Viertel zurückgegangen. Die sozialarbeiterische Betreuung war daher nur mehr sehr eingeschränkt möglich.

Um das Ziel einer bestmöglichen Resozialisierung mit einer möglichst
geringen Rückfallquote zu erreichen, braucht es also neben ein paar anderen Geschichten vor allem mehr Personal. Kolleginnen und Kollegen, das gilt
es jetzt zu finden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


23.52.28

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich möchte mich vor allem auf die beiden Berichte beziehen, die sich mit dem Strafvollzug beschäftigt haben.

Da sei einmal der Follow-up-Bericht genannt, in dem man sich damit befasst hat, wie die Empfehlungen umgesetzt wurden. Von 15 Empfehlungen wurden tatsächlich fünf zur Gänze umgesetzt, acht teilweise umgesetzt und zwei noch nicht umgesetzt. Man sieht daran schon, es ist sehr viel Bewegung drin­nen und es werden die Empfehlungen des Rechnungshofes auch gut angenom­men, was gerade in diesem Bereich auch sehr wichtig ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 662

Gerade beim Maßnahmenvollzug, aber auch wenn Häftlinge sonst erkran­ken, gibt es genau die gleichen Probleme, wie wenn man heraußen erkrankt, nur dass die Häftlinge die Erledigungen eben nicht selbst machen können.
Ob sie jetzt Stützstrümpfe brauchen oder eine Zahnprothese: Sie müssen immer nach draußen, sie müssen immer raus, und da muss immer die Justizwache mitgehen.

Genauso ist es bei dem zweiten Bericht, der sich mit der Resozialisie­rung beschäftigt: Es geht vor allem auch um die Beschäftigung innerhalb der Anstalt. Da geht es vor allem auch um die Werkstätten, und auch in
den Werkstätten ist es notwendig, dass ausreichend Personal vorhanden ist. Das sind teilweise Tischlereien, das sind teilweise auch Metallverarbeiter, aber
auch in der Küche, wenn es nur um das Waschen von Kopfsalat geht, ist es not­wendig, dass die entsprechende Betreuung, die entsprechende Beaufsich­tigung und vor allem auch die fachgerechte Anleitung der Insassen
und Insassinnen da ist.

Es fällt also immer alles auf die gleichen Füße: Es gibt zu wenig Personal in der Justizwache. Das ist das große Problem bei dieser Geschichte. Es wurden mittlerweile die Planstellen aufgestockt, man beschäftigt sich mit dem Problem. Es wurde wirklich versucht, den Personalstand zu erhöhen, und es wurde
auch erfolgreich versucht. Er wurde also erhöht, aber es ist immer noch viel zu wenig.

An diesem Problem werden wir weiterhin arbeiten. Es braucht mehr Per­sonal. Es gibt auch Maßnahmen dazu. Eine ganz besondere, die mir besonders am Herzen liegt, wird am Montag vorgestellt. Ich freue mich schon
darauf. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

23.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Hei­nisch-Hosek. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 663

23.54.39

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Als stellvertretende Teilnehmerin im Rechnungs­hofausschuss am 4. Juni möchte ich mich natürlich auch konkret auf den Bericht betreffend Gewalt- und Opferschutz für Frauen konzentrieren.

Was vom Rechnungshofbericht als Hauptproblem definiert wurde, ist eine gesamtheitliche Strategie. Es gab einmal Ansätze, es gab ja den Natio­nalen Aktionsplan Gewaltschutz, im Rahmen dessen über zwei Jahre intermi­nisteriell nicht nur viele Ziele definiert, sondern auch viele Maßnahmen geschaffen und durchgeführt wurden.

Zweites Problem: die Prävention – sie ist auch schon von Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen worden. Ich glaube, dass es bei der Verdreifa­chung der Budgetmittel und beim Schwerpunkt auf Gewaltschutz ganz wichtig wäre, dass sich Ministerin Raab vielleicht in ihrem Bemühen, Koordi­nierungsstelle zwischen den Ressorts zu sein, noch mehr auf Prävention hätte konzentrieren können, wie Sie auch feststellen.

Die nicht verpflichtende Ausbildung der Richter und Richterinnen: Weil
das Missverhältnis zwischen Anzeigen und Verurteilungen noch immer eklatant hoch ist, könnte man sich – wie empfohlen wird – eventuell eine Verpflich­tung überlegen. Das wäre auch in meinem, in unserem Sinne.

Die Sicherung der Gewaltspuren und die Dokumentation von Verletzungen sind auch als eines der Hauptprobleme definiert. Es gibt jetzt erste Ansätze,
denn die Opferschutzgruppen arbeiten seit Jahren, die Dokumentation ist in fast allen Krankenhäusern gewährleistet. Schon die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte diese forensischen Fragebögen freigegeben. Da exis­tiert ja schon einiges. Die statistischen Daten sind ein weiteres Problem,
also zusammenzufassen, was Opfer und Täter betrifft: Auch da bestünde noch Bedarf.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 664

Das heißt, die Empfehlungen liegen somit auf der Hand. Es gab einmal –
als Kickl kam, wurde es abgeschafft – Marac-Konferenzen, das waren diese Fall­konferenzen für Hochrisikoopfer. Es gab damals viel weniger Suizide,
als es heute gibt – wenn Sie den Zusammenhang jetzt knüpfen. Ich denke mir und glaube, dass das wichtig wäre. Er hat damals sozusagen die Polizei
von diesen Konferenzen abgezogen, alles neu aufgestellt, und es ist in Wahrheit nichts besser geworden.

Das heißt, Rahmenbedingungen zu schaffen und verknüpfend tätig zu
sein, wäre die Aufgabe der Frauenministerin, der sie leider nicht nachkommt. Da­her soll sie die Empfehlungen bitte lesen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


23.57.36

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Rech­nungshofpräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich werde mich in meiner Rede auf den Bericht des Rechnungshofes zum Gewalt- und Opfer­schutz für Frauen in Österreich beziehen. Dazu hat der Rechnungshof
ja einen sehr umfangreichen, 124 Seiten umfassenden Bericht vorgelegt, der eben die Gewaltschutz- und Opferschutzstrukturen in Österreich prüft.

Gleich ganz zu Beginn halten Sie richtigerweise fest, dass das eine sehr komplexe Materie ist, die sowohl in der Bundes- als auch in Länder-, Städte- und Gemeindeverantwortung liegt, und weisen darauf hin, dass es unser aller Aufga­be ist, Gewaltschutz, Gewaltprävention umzusetzen und zu tun.

Ein Satz, gleich auf Seite 8, freut mich als grüne Frauensprecherin besonders. Sie haben dort geschrieben: „Grundsätzlich“ ist eine „positive Entwicklung des Gewalt- und Opferschutzes“ für Frauen in Österreich feststellbar.

Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass in den vergangenen fünf Jahren auch in vielen Beschlüssen, die wir parteiübergreifend gefasst haben –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 665

auch das möchte ich hier deutlich sagen und mich dafür bedanken –, doch sehr viele Maßnahmen umgesetzt worden sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Viele waren auch ganz im Sinne der Prävention, wie es Kollegin Heinisch-Hosek gerade angesprochen hat und auch Kollege Arlamovsky von NEOS vorhin
gesagt hat, beispielsweise das Präventionsprojekt Stop, Stadtteile gegen Gewalt an Frauen, oder auch die Präventionskampagne Mann spricht’s an. Es gibt
viele Initiativen, die auch im Bildungsministerium gesetzt worden sind. Ich denke, da ist einiges passiert.

Was uns in dieser Bundesregierung sehr wichtig war, war, tatsächlich etwas umzusetzen, was auch vom Rechnungshof vehement eingefordert wird, nämlich die Gewaltambulanzen, bei denen es darum geht, dass niederschwellig
und kostenlos Spuren von Gewalt gesichert werden können, damit sie später in Gerichtsverfahren auch wirklich als Beweise verwendet werden können.
Das ist eine sehr konkrete Empfehlung, die mittlerweile umgesetzt worden ist; viele andere auch.

Der Prüfzeitraum umfasst ja die Jahre 2018 bis September 2022. Seit­her ist einiges passiert, und ich glaube, diesen Weg müssen wir alle überpartei­lich weitergehen, denn Gewaltschutz, Gewaltprävention kennt keine Far­be, und jede Frau, jedes Mädchen hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Es ist unsere Verantwortung als Politikerinnen und Politiker, alles dazu beizu­tragen, um das auch möglich zu machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

23.59


23.59.41

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag
getrennt vornehme.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 666

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht betreffend Bundesverwaltungsgericht,
III-886 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Bericht betreffend Resozialisierungs­maßnahmen der Justiz, III-1130 der Beilagen.

Ich bitte um Kenntnisnahme. – Dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag über den Bericht betreffend Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzuges;
Follow-up-Überprüfung, III-1131 der Beilagen.

Ich bitte um Kenntnisnahme. – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Antrag über den Bericht betreffend Gewalt- und Opferschutz für Frauen, III-1004 der Beilagen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Bericht ist auch einstimmig zur Kenntnis genommen. – Oder habe ich jemanden überse­hen? Ich habe geglaubt, es hat einen Einspruch gegeben – pardon. Der
Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 39: Antrag, den Bericht betreffend Wohnrechtliche Schlichtungsstellen mit Schwerpunkt in Innsbruck und Salzburg, III-703 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist einstimmig zur Kennt­nis genommen.

00.01.4140. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bildungsdirektionen – Reihe BUND 2023/3 (III-863/2630 d.B.)


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41. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Administratives Unterstützungspersonal an allgemeinbildenden Pflichtschulen – Reihe BUND 2024/14 (III-1154/2631 d.B.)

42. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulbetrieb während der COVID-19-Pandemie – Reihe
BUND 2023/24 (III-1016/2632 d.B.)

43. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichische Akademie der Wissenschaften – Reihe
BUND 2023/6 (III-888/2633 d.B.)

44. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Filmakademie Wien – Reihe BUND 2023/12 (III-932/2634 d.B.)

45. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend FFoQSI GmbH – Austrian Competence Centre for Feed and
Food Quality, Safety and Innovation – Reihe BUND 2024/2
(III-1090/2635 d.B.)

46. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gesellschafterzuschüsse an die Österreichische Mensen-Betriebsgesellschaft m.b.H. – Reihe BUND 2023/25 (III-1017/2636 d.B.)


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47. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreichischer Hochschulraum; Follow-up-Überprüfung –
Reihe BUND 2020/40 (III-195/2637 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 bis 47 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich erteile Frau Abgeordneter Gertraud Salzmann das Wort. – Bitte.


0.02.03

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Zur mitternächtlichen Stunde werden wir jetzt die letzten Tagesordnungspunkte angehen. – Geschätzte
Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Wir sehen uns ja immer zu sehr später Stunde, das tut aber dem keinen Abbruch,
dass der Rechnungshof eine ganz wichtige Institution in unserer Demokratie in Österreich ist, weil der Rechnungshof einfach auch die Zweckmäßigkeit
und Sparsamkeit der finanziellen Gebarungen in Bund, Land und Gemeinde überprüft.

Ich darf heute zur Überprüfung der Bildungsdirektionen und zum Bericht, der uns vorgelegt worden ist, sprechen, meine Damen und Herren. Das Prü­fungsziel war es, alle neun Bildungsdirektionen zu überprüfen, und zwar im Zeit­raum von 2017/2018 bis zum Schuljahr 2020/2021.

Ich kann nur sagen, Frau Präsidentin des Rechnungshofes: Dieser Bericht,
der von Ihrem Haus vorgelegt worden ist, ist ein sehr genauer, ein
sehr detailreicher und bringt eigentlich auch das zutage, was wir im Zuge der Neugründung der Bildungsdirektionen mit 1.9.2019 ja auch schon als Schwachstellen gesehen haben.

Ich darf auf das Prüfungsziel eingehen: Einerseits war es die Neuorganisation der Schulbehörden und auch die landesgesetzliche Umsetzung. Es waren auch


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die Personalausstattung und die Auswahlverfahren der Leitungsfunktionen Prü­fungsziel. Ein weiteres Prüfungsziel war es, die finanzielle Entwicklung und
vor allem auch die Organisationsstrukturen anzuschauen.

Die Bildungsreform 2017 hatte die Einrichtung der Bildungsdirektionen in allen neun Bundesländern veranlasst, die wir jetzt seit 2019 haben. Einerseits
war die Neuordnung der Schulbehörden, das heißt die Weiterentwicklung der Landesschulräte in die Bildungsdirektionen, das Ziel, andererseits der Aus­bau der Schulautonomie, der ja für uns im Bildungsbereich auch sehr wesentlich ist. Zum Dritten hat man auch die Einrichtung der Schulcluster beschlossen.

Die Problembereiche, die aufgezeigt worden sind, sind meines Erachtens inso­fern durchaus beachtlich, als man natürlich in den Bildungsdirektionen
ansetzen sollte, um das auch weiterzuentwickeln.

Die Schule an sich und auch die Schulgesetze sind in der Kompetenz auf Bund und Land aufgeteilt, und das macht es somit auch ein bisschen schwerer,
weil die Weisungsgebundenheit natürlich auch in beiden Richtungen gegeben ist. Einerseits ist man beim Bund letztendlich dem Bundesminister unter­stellt, und andererseits ist diese gemischte Behörde – je nachdem, in welcher Ausübung sie tätig ist – auch der Landesregierung unterstellt. Somit ha­ben wir natürlich eine doppelgleisige Weisungskette, die vorliegt.

Das Zweite, das aufgezeigt worden ist, ist eine finanzielle Gesamtheit, die im Überblick nicht gegeben ist, eine zum Teil intransparente und unein­heitliche Kostentragung, die durch den Rechnungshof aufgezeigt worden ist.

Ein weiterer Punkt scheint mir auch sehr wesentlich zu sein, nämlich die Personalbewirtschaftung. Da hat der Rechnungshof das aufgezeigt, was wir in der Praxis auch als Thema haben, nämlich dass wir ein uneinheitliches
Dienst- und Besoldungsrecht für die Landesbediensteten und die Bundesbe­diensteten haben. Das hat etwa zur Folge, dass zum Beispiel eine Juris­tin, die im Bundesdienst tätig ist und die sich dann für den Landesdienst für, ich


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sage jetzt einmal, die gleiche Tätigkeit bewirbt, im Monat 800 Euro
netto mehr verdient. Das ist natürlich schon ein erheblicher Unterschied. Zudem kommen auch Unterschiede im IT-System und bei der Nutzung von Dienstwägen.

Summa summarum wurde auch die Besetzung der Bildungsdirektoren in der Funktion an sich überprüft.

Man kann sagen, dass der Bericht, der vorgelegt worden ist, wirklich
sehr detailreich ist. Unterm Strich, denke ich, ist es eine Weiterentwicklung im Bereich der Schulbehörden, der Schulorganisation.

Aus meiner Sicht ist es notwendig, dass die Kinder und die Schüler und
natürlich auch die Lehrkräfte im Mittelpunkt stehen. Die Bildungsdirektionen müssen Zentren für die Bildung, aber auch ein attraktiver Arbeitgeber
für die Bediensteten in Bund und Land vor Ort sein. – Herzlichen Dank für diesen detaillierten Bericht. (Beifall bei der ÖVP.)

0.06


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Karin Grei­ner zu Wort. – Bitte.


0.06.47

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frauen Präsidentinnen! Ich darf kurz auf die Reform bei den Bildungsdirektionen eingehen. Wir erin­nern uns: zuvor Landesschulräte, jetzt Bildungsdirektionen – damit wollte man dem Dschungel in der Weisungskompetenz entgegenwirken.

Das ist nicht ganz so gelungen, wie man sich das vorgenommen hat. Das Ergebnis ist, dass man jetzt mehr Strukturen vorfindet, die aber nicht günstiger geworden sind. Da sollte man noch einmal drüberschauen und neu ansetzen.

Was uns aufgefallen ist und was ganz wesentlich ist, um aus budgetärer
Sicht richtig planen zu können: Es gibt kein finanzielles Gesamtbild über die Be-


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hörden. Ich glaube, dass das etwas ganz Wichtiges ist. Wir haben unter­schiedliche Dienst- und Besoldungsrechte, die sich natürlich aus
den verschiedenen Strängen Bund und Länder ergeben. Ich glaube, es ist aber wichtig, dass man, wo möglich, wirklich Angleichungen macht, weil das
Klima unter den Bediensteten natürlich nicht gerade gefördert wird, wenn man sieht, da gibt es andere Ansprüche bei Urlaubsregelungen oder bei Boni.
Das sollte man sich also gut anschauen.

Ein Punkt noch: Dieser Bericht zeigt, die Schulqualitätsmanager haben
im städtischen Bereich eine wesentlich höhere Verantwortung, weil sie für mehr Schülerinnen und Schüler als im ländlichen Bereich zuständig sind. Klar, die Brennpunkte finden sich eher in den Städten. Ich glaube, es wäre wichtig, dass man da eine möglichst gleichgewichtige Belastung herbeiführt.

Sehr geehrte Damen und Herren, summa summarum ist uns als Fraktion wichtig, dort, wo möglich, Angleichungen im Dienst- und Besoldungsrecht vorzuneh­men, die Weisungskompetenzen klar zu gestalten und – ganz wichtig als abschließender Punkt – wirklich ein finanzielles Gesamtbild für die Behörden darzulegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Rechnungshofpräsidentin, Sie haben es schon angesprochen: Der Rechnungshofausschuss ist einer der arbeitsintensivsten Ausschüsse: 220 Be­richte in 39 Sitzungen in der letzten Gesetzgebungsperiode. Ich glaube,
das ist eine beachtliche Bilanz. Namens meiner Fraktion darf ich
mich sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit bedanken, bei Ihnen persönlich und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPÖ.)

0.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Her­mann Brückl. – Bitte.



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0.09.20

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Wir behandeln hier – meine Vorred­nerinnen haben es ja schon angesprochen – eine Reihe von Berichten des Rechnungshofes, der verschiedene Bereiche im Bildungsressort ge­prüft hat. Zusammenfassend hat sich, wenn ich alle Berichte im Überblick nehme – es war ja auch nicht anders zu erwarten –, sehr viel Kritik
offenbart.

Der Bericht über die Bildungsdirektionen wurde bereits angesprochen. Diese neuen Bildungsdirektionen hätten eine Neuordnung der Schulbehörden
werden sollen. Ich sage ganz bewusst hätten werden sollen, denn am Ende des Tages, wenn man sich den Bericht genau durchliest, ist sehr schonungslos aufgezeigt und auch dargestellt worden, wie groß sich diese unendlichen Weiten der Bürokratie in diesem Bereich darstellen. Da ist von komplexen Weisungs­zusammenhängen die Rede, von Treuekonflikten – das hat die Kolle­gin auch schon angesprochen –, Intransparenz und mangelnder Flexibilität.

Am Ende des Tages ist damit einem rot-schwarzen Postenschacher
wirklich Tür und Tor geöffnet worden. Man feiert da wirklich fröhliche Urständ. Ich sage deswegen bewusst rot-schwarz, weil es natürlich von den Bundes­ländern abhängt, wie die regiert werden, und wir haben halt nun einmal drei rote und sechs schwarze Bundesländer.

Anstatt diese Bildungsdirektionen in echte Servicestellen zu verwandeln,
nämlich in Servicestellen für Lehrer, genauso wie für Schüler und Eltern, die Tä­tigkeit dieser Bildungsdirektionen in Richtung Bildungsauftrag zu verschie­ben und vor allem die Lehrer, die Pädagogen, die Pädagoginnen zu entlasten, hat man in Wahrheit reine Verwaltungsapparate, reine Verwaltungsmonster
ohne wirkliche Qualitätssicherung, ohne wirkliche Qualitätsverbes­serung geschaffen.


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Stichwort Qualitätsverbesserung, Qualitätssicherung: Das ist offensichtlich im Bildungsressort eher ein Fremdwort als dass es dort ein Leistungsmerkmal
wäre, denn anders ist das sonst nicht erklärbar.

Damit komme ich jetzt auf einen zweiten Bericht, den wir Freiheitliche verlangt haben, was wir den Rechnungshof gebeten haben zu prüfen: den Schulbe­trieb während der Covid-19-Pandemie. Da hat sich am Ende des Tages heraus­gestellt, dass von allen diesen Tests, die angeschafft wurden, insgesamt 35 Millionen verschwunden sind. Keiner weiß in Wirklichkeit, wohin
die verschwunden sind. Der Rechnungshof stellt dazu fest, dass
es kein Monitoring vonseiten des Ministeriums gegeben hat. Ich denke, das sollte uns auch für die Zukunft zu denken geben.

Am Ende des Tages bin ich sehr froh und sind wir sehr dankbar, Frau
Präsidentin, dass Sie das geprüft haben, dass dieses Ergebnis herausgekommen ist, sodass man auch Lehren für die Zukunft daraus ziehen kann.

Zum Abschluss kommend darf ich noch sagen: Es ist für uns im Nachhi­nein betrachtet grundsätzlich ein Wahnsinn – diese Testsache hat es ja aufge­zeigt –, wie vonseiten dieser schwarz-grünen Bundesregierung mit Steu­ergeldern umgegangen worden ist. Danke an den Rechnungshof, dass Sie das aufzeigt haben und dass Sie gezeigt haben, wie schnoddrig, wie nachlässig tatsächlich oftmals mit Steuergeldern umgegangen wird. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird. (Beifall bei der FPÖ.)

0.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


0.13.11

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Frau Präsi­dentin! Ein paar kurze Sätze zum wichtigen Bericht über das administrative Supportpersonal an den Schulen:


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Wir haben ein Grundproblem in unserem Bildungssystem, nämlich dass wir im­mer ausschließlich auf die Lehrkräfte fixiert sind und alle anderen Berufe,
die im Schulbetrieb so wichtig sind und Bildung erst ermöglichen, sträflich ignorieren: von der Sozialarbeit über das psychosoziale Supportpersonal hin zum hier erwähnten administrativen Personal. Diese Leute sind nicht irgendwer, das sind die Leute, die das Büro organisieren, die Stundenpläne aus­hängen, die Pakete entgegennehmen, das Telefon abheben und Veranstal­tungen organisieren. Sie machen einen riesigen Unterschied für das Schulklima und für die Qualität in der Schule.

Bloß herrscht, wie Sie in diesem Bericht richtig ausführen, was das be­trifft, ein heilloses Durcheinander in Österreich. Wer ist für diese Leute zustän­dig? Wer stellt sie an? Wer zahlt sie? – Das sind derzeit die Gemeinden
als Schulerhalter. Konkret heißt das – Hausnummer –, wenn die Gemeinde Att­nang-Puchheim diese Leute nicht anstellt, dann müssen alle Schuldirek­tor:innen in Attnang-Puchheim das Telefon abheben und die Pakete entgegen­nehmen. Das ist eine riesige Dysfunktion in unserem System, die Sie zu
Recht anmerken. Sie legen den Finger in diese Wunde und tun das schon seit Jahren immer wieder, und ich sehe, dass das wirkt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben jetzt erstmals im Finanzausgleich die dauerhafte Finanzierung zwi­schen Bund und Ländern verankert. Auch in der aktuellen Dienstrechts­novelle kommt dieses Thema vor. Sie haben aber mit dem Befund völlig recht: Da muss noch viel mehr passieren. Wir müssen Wege finden, die multi­professionellen Teams und die verschiedensten Berufsgruppen dauerhaft und gut in unserem Bildungssystem zu verankern. Das halte ich persönlich
für eine der Hauptherausforderungen in der Bildungspolitik der nächsten Jahre.

Ich möchte Sie bitten, dass Sie in diesem Punkt so hartnäckig bleiben wie
bisher, damit wir in diesem Sinne diesen fundamentalen Wandel in den nächsten Jahren endlich hinkriegen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

0.15



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Küns­berg Sarre. – Bitte.


0.15.29

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin!
Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal einen herzlichen Dank an den Rechnungshof, an Sie, Frau Präsiden­tin, und an Ihre Mitarbeiter für diesen sehr eindrucksvollen Bericht
über die Bildungsdirektionen.

Was kann man sagen? – Meine Vorredner haben es ja schon sehr ausführlich geschildert: Eigentlich ist dieses Vorhaben mit dem Ziel des Bürokratie­abbaus und der Entpolitisierung des Schulsystems durch die Bildungsdirektionen total misslungen. Es ist ein totaler Rohrkrepierer geworden. Herausgekom­men sind nämlich komplexe Weisungszusammenhänge und null oder
wenig Flexibilität. Das ist ein Bürokratieungetüm. Ich kenne keinen Direktor und keine Lehrer, die sagen würden, dass die Bildungsdirektion eine wahn­sinnige Unterstützung oder eine tolle Einrichtung ist. (Beifall bei den NEOS.)

Sie sind auf Bund und Land aufgeteilt. Man muss sich das einmal vorstellen – für die, die Bildungsdirektionen nicht kennen –: Es gibt Bundesakten, es gibt Landesakten in einer Behörde. Man muss sich das echt einmal vorstellen, dass es so etwas gibt! Es gibt unterschiedliche Besoldungssysteme. Alle Bundesbe­diensteten wollen in den Landesdienst, weil es dort mehr Geld gibt –
in einer Behörde. Es gibt Weisungen vom Bildungsminister, es gibt Weisungen von der Landesregierung – alles in der Bildungsdirektion.

Es gibt in allen Bundesländern unterschiedliche Ansprechstellen für die­selben schulischen Angelegenheiten. Es ist also ein richtig gut gelungener öster­reichischer Bürokratieabbau.

Wir glauben – im Gegensatz zu meinen Vorrednern –, dass es nicht aus­reicht, dass man diese Maßnahmen oder diese Vorschläge des Rechnungshofes


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umsetzt, sondern dass man in der nächsten Legislaturperiode dieses ge­samte Ungetüm der Bildungsdirektionen auf neue Beine stellen muss, dass man die aufgeblasene und ineffiziente Struktur grundlegend ändern muss, so­dass die Bildungsdirektionen wirklich echte Supportagenturen für Schulen wer­den und nicht nur Bürokratiemonster sind. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

0.17


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt die Frau Rechnungshofpräsiden­tin zu Wort. – Bitte.


0.17.54

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Hohes Haus! Lassen Sie mich noch kurz zu den Bildungsberichten Stel­lung nehmen, die wir im letzten Ausschuss diskutiert haben: Natürlich sticht die Prüfung zur Bildungsdirektion ins Auge, weil das eine Querschnittsprüfung
über neun Länder ist und es eine erste Prüfung des Rechnungshofes von einer Behörde ist, die es seit dem 1. Jänner 2019 als gemeinsame Bund-Land-Schulbehörde gibt.

Mit der Bildungsreform 2017 wurde diese Einrichtung als Behörde zur Vollzie­hung grundsätzlich aller Angelegenheiten des Schulrechts im öffentli­chen Bereich geschaffen, ohne aber das Grundproblem, nämlich die Kompetenz­zersplitterung im Schulwesen, zu lösen.

Im Gegenteil: Es ist eben so, dass sich in dieser neuen gemischten Behör­de sui generis eben Bundes- und Landeszuständigkeiten unmittelbar vereinen, und das wirft wieder zusätzliche Probleme auf – früher waren ja Landes­schulräte Schulbehörden des Bundes in den Ländern –: Das führte dazu, dass es eben zu komplexen Weisungszusammenhängen kam; da kann es zu Patt­stellungen kommen. Es gab ungleiche Übertragung von Agenden zwischen den Ländern und das Ministerium hat keine zusätzlichen Bundesagenden
übertragen. Es entstand eine mangelnde Flexibilität der Personalbewirtschaf­tung, vor allem auch deshalb, weil es ein unterschiedliches Dienstrecht


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zwischen Bundes- und Landesbediensteten gibt. Die finanzielle Gesamtsicht fehlte noch. Die Bildungsregionen sind länderweise unterschiedlich,
auch unterschiedlich groß eingerichtet. Bei den Außenstellen und Dienstorten gibt es Intransparenz und es gab unterschiedliche IT-Systeme sowie unterschiedliche datenschutzrechtliche Unklarheiten. Es gibt noch die Funktion der Präsidentin oder des Präsidenten, und von der Bestellung wird jetzt
auch wieder verstärkt Gebrauch gemacht.

Die Weisungszusammenhänge habe ich schon geschildert. Es gibt obligatorische und fakultative Zuständigkeiten. Das führt zu einer uneinheitlichen Hand­habung der Übertragungskompetenzen.

Was das Ziel der Kostenneutralität betrifft, so hat sich der Personal­stand nach Dienstpostenstellen erhöht. Das hängt natürlich mit den zusätzlich übertragenen Aufgaben zusammen, hängt aber auch damit zusammen:
Wenn man Bundesbedienstete durch Landesbedienstete ersetzt und dann die Zahl der Bundesbediensteten nicht abbaut, entstehen in Summe mehr
Kosten.

Die finanzielle Gesamtsicht fehlt. Das heißt also, das Thema Kosten- und Leis­tungsrechnung und Ressourcen-, Ziel-, und Leistungsplan sind we­sentliche Punkte, die man zur Steuerung noch entsprechend aufbauen muss.

Was die Schulaufsicht betrifft: Das ist ein wichtiger Punkt, ein zentraler
Punkt des Bildungswesens. Es gibt ein neues Qualitätsmanagementsystem. Da gibt es jetzt eine eigene Prüfung des Rechnungshofes dazu, bei
der wir uns ganz genau anschauen, wie die Qualitätsentwicklung funktioniert.

Wir haben eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, damit eben
in dieser Behörde im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten dieser organisa­torische Wandel gut gelebt wird. Was wir festgestellt haben, ist, dass
während der Pandemie die Bildungsdirektionen schon einheitliche Ansprech­stellen waren. Natürlich gibt es aber Grenzen für die Zusammenfügung


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dieser Behörde, denn diese Grenzen bestehen in der Kompetenzzersplitterung. Dieses Problem hat man realpolitisch noch nicht gelöst.

Das stellt sich auch beim administrativen Unterstützungspersonal so
dar, bei dem es eben eine unklare Lage betreffend die Frage gibt, wer dafür zuständig ist und wer verpflichtet ist, es zu bezahlen. Es werden freiwil­lige Leistungen gemacht, es gibt eine Finanzierung nach dem Finanzausgleich, aber auch da sollte man zusätzliche Maßnahmen setzen. Das ist alles,
was ich jetzt zu den vielen Bildungsberichten zu sagen habe. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

0.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


00.22.20

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat ja mehrere Prüfungen zur Covid-19-Pandemie durchgeführt. So hat
er auch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und For­schung geprüft, was die Beschaffung betrifft. Überprüft wurden dabei eben das Ministerium, die Bildungsdirektionen Oberösterreich, Salzburg und Wien
sowie die Bundesbeschaffung GmbH.

Prüfungsziel war es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Schulbetrieb zu beurteilen. Der Rechnungshof hat für die Jahre 2020 und 2021 –
das war der Überprüfungszeitraum – insgesamt 41 Empfehlungen ausge­sprochen.

Oberstes Ziel war ja das Offenhalten der Schulen, weil es eigentlich durch die Lockdowns und die Phasen mit Distancelearning durchaus negative Entwicklungen bei den Schülerinnen und Schülern gegeben hat, was zu Lern­rückständen und anderen Umständen geführt hat. Der Rechnungshof


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hat dabei kritisiert, dass sich natürlich die Rechtslage sehr oft geändert hat. Ins­gesamt wurden 302 Millionen Euro ausgegeben, dazu noch 19 Millionen
Euro für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und IT-Ausstattung.

Der Rechnungshof hat kritisiert, dass es gerade bei den Tests durchaus wenig Überblick gegeben hat. Es konnten von 97,5 Millionen Tests nur 62 Mil­lionen nachgewiesen oder erklärbar gemacht werden. Da hat es durchaus Fehler gegeben. Das hat auch der Herr Bundesminister im Rechnungshofaus­schuss betont.

Insgesamt hat sich aber natürlich die Rechtslage geändert. So hat der Rech­nungshof Dinge fixiert und festgestellt, was die Abläufe und die Ver­antwortlichkeiten betrifft. Es hat Doppelgleisigkeiten und Informationslücken und natürlich auch Qualitätskriterien gegeben, die nicht eingehalten
wurden.

Abschließend kann man sagen: Der Rechnungshof hat einen umfassenden Be­richt abgewickelt, der uns für die Zukunft auf solche Dinge besser vorbe­reiten sollte und der uns auch für die Zukunft solches besser abwickeln lassen sollte.

Minister Polaschek hat im Ausschuss erklärt, dass bereits rechtliche Anpassungen im Pandemiegesetz vorgenommen wurden und dass es für die Zukunft in solchen Krisenfällen zu weniger Schwierigkeiten und Proble­men kommen sollte. – Vielen Dank für diesen Bericht, Frau Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

0.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch. – Bitte.


0.25.08

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich glaube, das Wesentliche an Rechnungshofberichten ist


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ja letztendlich nicht, dass wir sie nacherzählen, sondern dass man versucht, ein paar Schlüsse zu ziehen.

Zwei Anmerkungen von meiner Seite zum schon angesprochenen Bericht
über die Bildungsdirektionen: Es war ja diese Prüfung grob zwei Jahre nach der Schaffung der Bildungsdirektionen. Was man aus meiner Sicht schon beim
Lesen feststellen kann, ist: Man hat sich eigentlich zwei Jahre – und
das wäre meiner Ansicht nach eine wesentliche Aufgabe des Ministeriums gewesen – nicht den Mühen der Ebene unterzogen, um sicherzustellen, dass es eben zu einheitlicheren, zwischen den Bundesländern vergleichbaren
Strukturen kommt. Man hat einfach ein Gesetz beschlossen und hat dann geschaut, wie es sich entwickelt. Ich glaube, dabei hat ein Ministerium eigentlich eine zentrale Aufgabe.

Man kann nur hoffen, dass eine nächste Ministerin oder ein nächster Minis­ter diese Aufgabe letztendlich auch wahrnimmt, im Dialog mit diesen Bildungsdirektionen dafür zu sorgen, dass es wirklich zu funktionierenden Strukturen kommt. Da ist ja, wie im Rechnungshofbericht nachzulesen ist, noch einiges zu tun.

Ein zweiter Schluss zum Bericht betreffend das administrative Personal:
Wir haben ja festgestellt, welch unterschiedliche Modelle es in diesem Bereich des administrativen Personals gibt – der Rechnungshof sagt: zumindest
einmal vier verschiedene Modelle. Ich finde es eigentlich ganz interessant, dass man dann als Ministerium zum Schluss kommt: Jetzt machen wir ein fünf­tes Modell!, indem man auf einmal die Agenden noch Lehrern und Lehrerinnen übertragen will, dafür auch in einer Ankündigung – mehr kennen wir ja
nicht – 80 Millionen Euro zur Verfügung stellt und sagt, jetzt sollen Lehrer dann administrative Arbeiten machen.

Eigentlich wäre es ja die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es mehr helfende
Hände in den Schulen gibt (Beifall bei der SPÖ), sodass ich keine Lehrer brauche, und nicht die Aufgabe, dass ich Lehrer vielleicht noch in einen anderen


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Job gebe, wenn ich sie eigentlich eh ganz dringend brauche und wir versuchen, mit Quereinsteigermodellen et cetera zu arbeiten.

Ich hoffe also, dass man da vielleicht auch noch einmal diesen Rechnungshofbe­richt zur Hand nimmt und zu den richtigen Schlüssen kommt. Jeden­falls herzlichen Dank für diese beiden Berichte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois
Kainz. – Bitte.


0.27.26

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsiden­tin! Geschätzte Damen und Herren! Der vorliegende Rechnungshofbe­richt zu den Bildungsdirektionen zeigt auf, dass einiges in Schieflage ist. Die Bil­dungsdirektionen haben mit 1. Jänner 2019 die Funktionen der Landes­schulräte und des Stadtschulrates übernommen und hätten deren Aufgaben ef­fizienter weiterführen sollen.

Zuallererst war der Wunsch, die Länder- und Bundeskompetenzen zu
bündeln. Das hat aber nicht funktioniert. Genau bei diesem Punkt setzen die zentralen Empfehlungen des Rechnungshofes an. So wird zugleich am
Bund wie an den Ländern die massive Kritik geübt, beide sollten die Zuständig­keiten endlich weiter an die Bildungsdirektion übertragen. Nur so kann
dem Wunsch einer zieleffizienten Arbeit entsprochen werden.

Weiters sind natürlich wie so oft die Kosten ein riesengroßes Problem. Diese Dinge sind sehr undurchsichtig. Es ist nicht ganz ersichtlich, wie die
Ressourcen genutzt werden oder wie die gesetzten Ziele erreicht werden sollten. Kennzahlen werden sowieso kaum bis wenig dokumentiert.
Aus Sicht des Rechnungshofes ist ein solches Arbeiten nicht dazu geeignet, die Kostenneutralität zu erreichen.

Auch der fromme Wunsch der Entpolitisierung ist weit verfehlt worden,
ganz im Gegenteil: Es wurde damit sogar eine Verpolitisierung geschaffen, denn


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jetzt können die Landeshauptleute den Bildungsdirektionen als Präsiden­ten vorgesetzt werden oder das in Betracht kommende Landesregierungsmit­glied damit betraut werden. Kurz gesagt: mehr Einfluss durch das tages­politische Geschehen.

Ich hoffe, dass der Rechnungshofbericht Anlass dazu gibt, das als Kritik Ange­führte abzustellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


0.29.36

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin, zu später Stunde! Ich glaube, die Ärztinnen und Ärzte werden mir darin folgen: Um Thrombosen zu vermeiden, sollten wir uns vielleicht Stützstrümpfe besorgen, um diese langen
Sitzungen krankheitsfrei gut zu überstehen. (Beifall bei Abgeordneten der Grü­nen. – Heiterkeit der Abg. Disoski.)

In diesem Sinne möchte ich auf zwei Berichte Bezug nehmen, nämlich
zu den Bildungsdirektionen, die schon angesprochen wurden, und zur Akademie der Wissenschaften.

Zu den Bildungsdirektionen: Ja, „helfende Hände“: Kollege Oxonitsch,
wenn ihr bei den Freizeitpädagog:innen ein bissel vernünftiger gewesen wärt, hätte man das gut machen können, aber sei’s drum.

Zu den Bildungsdirektionen ist schon vieles gesagt worden. Ich glaube,
wenn man ein bissel in die Zukunft schaut, sollte man sehen, dass diese Länder-Bundes-Kompetenz einfach nicht zu lösen ist, wer da was machen soll,
und es eigentlich immer schlimmer wird, auch wenn jetzt die Kollegen von den NEOS ihren Stadtrat haben. Ich würde sagen, wenn man es in Nang-Pu
macht, dann wäre es am einfachsten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten von SPÖ und NEOS.)


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Zur Akademie der Wissenschaften: Die Akademie der Wissenschaften
ist, was ihre Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen betrifft,
natürlich großartig. Das reicht von der Quantenphysik über Hummelbrummeln über Archäologie bis hin zu Forschungen über Kopfsalat. Dann ist es
natürlich so, dass es eine Organisation braucht, die tatsächlich auch die ganze Geschichte managt, was, wie dem Bericht zu entnehmen ist, nicht immer
gut der Fall ist. Da geht es natürlich auch darum, zu sagen: Wie kann man so eine Experten-, Expertinnensituation tatsächlich so managen, dass nicht
nur geforscht wird, sondern dass diese Forschung auch bestens organisiert ist?

Lassen Sie mich zum Schluss meinen Dank an Sie und Ihre Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter aussprechen. Ich bitte, das auch auszurichten. Die Berichte sind großartig, wir profitieren davon für unsere politische Arbeit. Wenn
ich einen Wunsch an die nächste Legislaturperiode schicken darf, dann würde ich mir wünschen, dass die Frau Präsidentin nicht immer um Mitternacht hierherkommen muss, sondern dass die Rechnungshofberichte auch
einmal tagsüber präsentiert und diskutiert werden, denn ich glaube, es ist tat­sächlich sehr wichtig, dass diese politische Arbeit wahrgenommen wird.
(Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner.)

0.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Tasch­ner. – Bitte.


0.32.24

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Der Rechnungshof ist als Rechen-Cammer ja
1761 gegründet worden. Die Akademie der Wissenschaften war von der Idee her schon von Leibniz gegründet worden, aber das ist in Österreich unter
Karl VI. nicht gelungen, obwohl Prinz Eugen dafür war, sondern erst
1847. Da hat man schon gewusst, dass es so einen Rechnungshof gibt, die Aka­demie der Wissenschaften war aber immer eine Gelehrtengesellschaft,


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bei der sozusagen die genaue Rechnung, was das Groschenzählen anbelangt, nicht so im Vordergrund gestanden ist.

Insofern muss man das auch in der Jetztzeit sehen, wobei sich die Aka­demie der Wissenschaften von der Gelehrtengesellschaf hin zu einer großen wissenschaftlichen Institution, wo auch große wissenschaftliche Projek­te bearbeitet werden, ja sehr geändert hat. Die Gelehrtengesellschaftsidee ist aber natürlich bei Präsident Zeilinger viel stärker im Kopf gewesen als
beim jetzigen Präsidenten Faßmann. Insofern kann man auch sagen, dass es bei Präsident Zeilinger natürlich eine freiere Denkweise gegeben hat, bei
der man nicht daran gedacht hat, dass es dann ja doch die strenge Prüfung einer Rechenkammer geben wird.

Der Campus, also das Postsparkassengebäude, wurde ja bezogen, und da
hat man vergessen, davor beim Akademierat anzufragen. Das ist in gewisser Hin­sicht also großzügig bearbeitet worden. Ebenso sind die Drittmittel verge­ben worden, ohne das Controlling genau zu beachten. Das alles ist von Ihnen be­obachtet und beanstandet worden.

Ich weiß, dass der jetzige Präsident Faßmann ziemlich genau weiß, wie ein Rechnungshof funktioniert, es wird also viel besser gehen. Man muss
das einsehen: Eine Akademie der Wissenschaften ist eine Art Republik sui generis, eine Gelehrtenrepublik. Insofern sind wir dem Rechnungshof
dankbar, dass man so genau kontrolliert, aber auch dankbar, dass man Ver­ständnis dafür hat, dass es diese Gelehrtenrepublik in dieser Weise
eben gibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

0.34


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ruth Becher zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 685

0.34.45

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin
des Rechnungshofes! Abschließend noch ein paar Worte zur Akademie der Wis­senschaften, die ja vom Rechnungshof überprüft wurde und die mit
25 Instituten eine zentrale Forschungseinrichtung der außeruniversitären Forschung ist.

Die Budgetmittel wurden vom Bund erhöht, die Leistungen sind aber leider nicht sehr transparent erfasst worden und können daher auch nicht wirklich
beziffert werden.

Ich möchte aber nur ganz knapp ein paar negative Punkte herausgreifen, die auf­gezeigt wurden: Das Rechnungswesen ist eigentlich vor dem Hintergrund
des EU-Beihilfenrechts und des Unionsrahmens nicht in den wissenschaftlichen und den nicht wissenschaftlichen Tätigkeitsbereich getrennt, wie es gefor­dert ist.

Die Regelungen zu den Verwaltungskostenbeiträgen waren uneinheit­lich, die Einsparungsziele sind leider nicht erreicht worden und
die Compliancerichtlinien haben auch nur die Mitarbeiter des Instituts, nicht aber die Organisationsträger und Töchterunternehmen erfasst.

Daher hat der Rechnungshof zahlreiche Empfehlungen ausgesprochen,
unter anderem sollen die Wirtschaftlichkeit und die Standorte evaluiert werden. Das Fazit daraus ist, dass die Österreichische Akademie der Wissenschaf­ten eigentlich noch einen langen Weg vor sich hat, um zeitgemäßen Standards von Transparenz und Wirtschaftlichkeit zu entsprechen.

Auf diesem Weg wünschen wir Ihnen und den Mitarbeitern viel Erfolg.
Vielleicht wird es in der nächsten Bundesregierung auch möglich sein, da Fort­schritte zu erzielen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

0.36


00.36.57


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 686

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist
nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 40: Bericht betreffend Bildungsdirek­tionen, III-863 der Beilagen.

Ich bitte um Kenntnisnahme. – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung, Tagesordnungspunkt 41: Bericht betreffend Administratives Unter­stützungspersonal an allgemeinbildenden Pflichtschulen, III-1154 der Beilagen.

Ich bitte um Kenntnisnahme. – Einstimmig zur Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 42: Antrag, den Bericht betreffend Schulbetrieb während der COVID-19-Pandemie, III-1016 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Einstimmig zur Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 43: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht be­treffend Österreichische Akademie der Wissenschaften, III-888 der
Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen. (Unruhe bei der SPÖ. – Pst-Rufe bei der ÖVP.)

Einstimmig zur Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 44: Antrag, den Bericht betreffend Filmakademie
Wien, III-932 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 687

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 45: Antrag, den Bericht betreffend Austrian Competence Center for Feed and Food Qualities,
Safety and Innovation, III-1090 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 46: Antrag, den Bericht betreffend Gesellschafterzuschüsse an die Österreichische Mensen-Betriebsge­sellschaft m.b.H., III-1017 der Beilagen. zur Kenntnis zu nehmen.

Einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abstimmung Tagesordnungspunkt 47: Antrag, den Bericht betreffend Österrei­chischer Hochschulraum; Follow-up-Überprüfung, III-195 der Beilagen.
zur Kenntnis zu nehmen.

Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

00.39.10Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 24, 27, 28, 30 und 32
bis 34 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten. (Abg. Krainer: Wer wollte das? – Ruf bei der ÖVP: Wunderbar!)

Jetzt geht es los. – Ich verlese:

„Tagesordnungspunkt 1:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2658 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags Beilage 1/1 in zweiter
und dritter Lesung angenommen.“ (Unruhe bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Pst!)

„Tagesordnungspunkt 2:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2659 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 688

Tagesordnungspunkt 4:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2661 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 5:

Der Rückverweisungsantrag Beilage 5/I wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2662 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 5/1 in zwei­ter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 6:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2663 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 6/1 in zwei­ter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 3:

Der Rückverweisungsantrag Beilage 3/I wird abgelehnt.

Der Abänderungsantrag Beilage 3/1 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2660 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 3/2 in zwei­ter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 7:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2694 unter Berück­sichtigung des Abänderungsantrages Beilage 7/2 in zweiter und dritter
Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 8:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2697 der Beilagen in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung und in dritter Lesung
angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 689

Tagesordnungspunkt 9:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2695 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 10:

Der Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG wird gemäß dem Aus­schussantrag in 2696 der Beilagen genehmigt.

Tagesordnungspunkt 11:

Der Abänderungsantrag Beilage 11/2 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2698 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 11/1 in
zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 12:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2699 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 13:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2692 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 14:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2688 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 14/1 in
zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 15:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2689 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 15/1 in
zweiter und dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 690

Tagesordnungspunkt 16:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2690 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 17:

Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 2691 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Weiters wird gemäß dem gegenständlichen Ausschussantrag beschlossen, dass dieser Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung
von Gesetzen zu erfüllen ist.

Tagesordnungspunkt 18:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2668 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 19:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2669 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 20:

Die §§ 1 und 16 des Gesetzentwurfs werden – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in namentlicher Abstimmung mangels der erforderlichen Zweidrittelmehrheit abgelehnt.

Die restlichen Teile des Gesetzentwurfs werden gemäß dem Ausschussantrag in 2665 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beila­ge 20/1 in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 21:

Der Abänderungsantrag Beilage 21/1 wird abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 691

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2666 der Beilagen – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – unter Berück­sichtigung des Abänderungsantrages Beilage 21/2 – in zweiter und
dritter Lesung – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittel­mehrheit – angenommen.

Tagesordnungspunkt 22:

Der Abänderungsantrag Beilage 22/1 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2667 der Beilagen in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung und in dritter Lesung
angenommen.

Tagesordnungspunkt 23:

Der Abänderungsantrag Beilage 23/1 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2644 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 24:

Der Abänderungsantrag Beilage 24/1 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2645 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 24/2 in
zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 27:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2648 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 28:

Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussan­trag in 2650 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 692

Tagesordnungspunkt 30:

Der Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG wird gemäß
dem Ausschussantrag in 2651 der Beilagen genehmigt.

Tagesordnungspunkt 32:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2687 der Beilagen in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung und in dritter Lesung
angenommen.

Tagesordnungspunkt 33:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2664 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 34:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 2653 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.“

*****

Ich frage Sie jetzt, ob es Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls gibt. (Abgeordnete aller Fraktionen: Nein! – Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist anscheinend nicht der Fall. Diese Teile des Amt­lichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung
mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 4138/A(E) bis 4140/A(E) eingebracht worden sind.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll272. Sitzung, 272. Sitzung des Nationalrats vom 4. und 5. Juli 2024 / Seite 693

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilun­gen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.47 Uhr – das ist
gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.47.05Schluss der Sitzung: 00.47 Uhr

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien