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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

245. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 14. Dezember 2023

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

245. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode          Donnerstag, 14. Dezember 2023

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 14. Dezember 2023: 9.05 – 18.52 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird

4. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer ge­bietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das


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Kommunalsteuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungsgesetz)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlassen wird
und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Mindestbesteuerungsreformgesetz – MinBestRefG)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Kör­perschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebüh­rengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformge­setz 2023 – GemRefG 2023)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 3777/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahrzeug­steuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden

9. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 3738/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Sicherstellung des reibungslosen Breitbandausbaus

11. Punkt: Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird


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13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 3774/A der Abgeordneten Tanja Graf, Her­mann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

15. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basis­bildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulab­schlusses für die Jahre 2024 bis 2028

16. Punkt: Bericht über den Antrag 3641/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederverlei­hung des Staatspreises Erwachsenenbildung

17. Punkt: Bericht über den Antrag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Prävention vor Extremismen

18. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 106 und 112 bis 115

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................... 22

Ordnungsrufe ...................................................................................................  139, 139

Geschäftsbehandlung


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Antrag des Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E)
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Unabhängiger Bundesstaatsanwalt“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG
eine Frist bis 31. Jänner 2024 zu setzen –Ablehnung ..................................  69, 392

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG               ............................................................................................................................... 70

Fragestunde (24.)

Inneres .......................................................................................................................... 23

Dr. Christian Stocker (304/M); Petra Steger, Michel Reimon, MBA

Ing. Reinhold Einwallner (301/M)

Mag. Hannes Amesbauer, BA (311/M); Maximilian Köllner, MA,
Mag. Ernst Gödl

Mag. Georg Bürstmayr (319/M)

Dr. Stephanie Krisper (315/M)

Eva-Maria Himmelbauer, BSc (305/M); Christian Ries, Katharina Kucharowits

Sabine Schatz (302/M); Mag. Romana Deckenbacher

Werner Herbert (312/M)

Mag. Faika El-Nagashi (320/M); Mario Lindner

Dr. Helmut Brandstätter (316/M); Andreas Minnich

Mag. Wolfgang Gerstl (306/M)


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Christian Oxonitsch (303/M); Martina Diesner-Wais, Mag. Yannick Shetty, Mag. Nina Tomaselli

Ing. Manfred Hofinger (307/M); Dr. Stephanie Krisper

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................. 22

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................................ 69

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (2080 d.B.) „BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!“ (2374 d.B.) ................................................................. 70

Redner:innen:

Peter Haubner ............................................................................................................... 71

Andreas Kollross ........................................................................................................... 74

Peter Wurm ................................................................................................................... 80

Mag. Nina Tomaselli ..................................................................................................... 83

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 85

Dr. Susanne Fürst ......................................................................................................... 86

Mag. Ulrike Fischer ....................................................................................................... 89

MMMag. Dr. Axel Kassegger ....................................................................................... 90

Mag. Hannes Amesbauer, BA ...................................................................................... 92

Dr. Dagmar Belakowitsch ............................................................................................ 94

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Bargeldversorgung und der An­nahmepflicht von Bargeld“ – Ablehnung    77, 98


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Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2374 d.B. ............................................... 98

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlas­sen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförde­rungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenz­datenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden (2375 d.B.) ................................. .... 99

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2306 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird (2376 d.B.) ...... 99

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2314 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (2377 d.B.) ........................................................................... 99

Redner:innen:

Maximilian Linder ......................................................................................................... 99

August Wöginger ........................................................................................................ 108

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 115

Maximilian Lercher ..................................................................................................... 126

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 128

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 131

Angela Baumgartner .................................................................................................. 136

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 138

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 140

Andreas Kollross ......................................................................................................... 147

Ing. Klaus Lindinger, BSc ............................................................................................ 150

Christoph Stark ........................................................................................................... 152


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortentlastung: Nein zu ORF-Zwangssteuer
und CO2-Strafsteuer!“ – Ablehnung ............................................................  104, 287

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform des Finanzausgleichs und echte Transparenz für die Transparenzdatenbank“ – Ablehnung ..........................................................  118, 287

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2375 und 2376 d.B. ........................... 285

Genehmigung der Vereinbarung in 2377 d.B. ....................................................... 285

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2321 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kom­munalsteuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungsgesetz) (2378 d.B.) ...................................................................................................................................... 155

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2322 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlas­sen wird und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetz­buch geändert werden (Mindestbesteuerungsreformgesetz –
MinBestRefG) (2379 d.B.) ........................................................................................ 155

Redner:innen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................... 155

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 157

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 170

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 179

Mag. Verena Nussbaum ............................................................................................. 181

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 183


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Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 185

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 188

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................... 190

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 192

Dr. Josef Smolle .......................................................................................................... 194

Mag. Gerhard Kaniak (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 196

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2378 und 2379 d.B. ........................... 288

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Ge­bührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsre­formgesetz 2023 – GemRefG 2023) (2380 d.B.) .................................................. 197

Redner:innen:

Dr. Christoph Matznetter .......................................................................................... 197

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 200

Maximilian Linder ....................................................................................................... 203

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 204

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 206

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 208

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA .......................................................................... 212

Annahme des Gesetzentwurfes in 2380 d.B. ........................................................ 291

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 3777/A der Ab­geordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuerge-


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setz 1994, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsab­gabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bun­desabgabenordnung geändert werden (2381 d.B.)             ............................................................................................................................. 218

9. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf ei­nes Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung
einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz –
WettbG) geändert wird (2382 d.B.) ........................................................................ 219

Redner:innen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 219

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 222

Michael Bernhard ....................................................................................................... 224

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 226

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 229

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 231

Mag. Christian Ragger ................................................................................................ 236

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................... 238

Maximilian Lercher ..................................................................................................... 240

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 243

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „temporäres Aussetzen der CO2-Steuer für die Dauer der Energiepreiskrise“ – Ablehnung           242, 245

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2381 und 2382 d.B. ........................... 244

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitali­sierung über den Antrag 3738/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Him­melbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung des reibungslosen Breitbandausbaus (2333 d.B.) .................................................................................................................. 247

Redner:innen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 10

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .............................................................................. 247

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................... 249

Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 252

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 254

Süleyman Zorba .......................................................................................................... 256

Staatssekretär Florian Tursky, MBA MSc ................................................................. 257

Joachim Schnabel ....................................................................................................... 259

Melanie Erasim, MSc .................................................................................................. 262

Christian Oxonitsch .................................................................................................... 263

MMag. Michaela Schmidt .......................................................................................... 265

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2333 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die Sicherstellung des reibungslosen Breit­bandausbaus“ (352/E)                         267

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2312 d.B.): Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz) (2348 d.B.) .................................................................................................................. 267

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (2246 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird (2347 d.B.) ............................................................... 267

Redner:innen:

Martina Kaufmann, MMSc BA .................................................................................. 268

Dr. Christoph Matznetter .......................................................................................... 270

Maximilian Linder ....................................................................................................... 272

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 274

Mag. Yannick Shetty .................................................................................................. 275

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher .................................................................. 276

Dipl.-Ing. Andrea Holzner .......................................................................................... 278

Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 279


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 11

Ing. Martin Litschauer ................................................................................................ 281

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................... 282

Mag. (FH) Kurt Egger .................................................................................................. 284

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2348 und 2347 d.B. ........................... 285

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosen­versicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbil­dungspflichtgesetz geändert werden (2394 d.B.)         ............................................................................................................................. 292

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3774/A der Abgeordneten Tanja Graf, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (2395 d.B.) ................................................................................... 292

Redner:innen:

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 293

Mag. Markus Koza ..................................................................................................... 294

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 297

Rebecca Kirchbaumer ................................................................................................ 299

Michael Seemayer ...................................................................................................... 301

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 305

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher .................................................................. 307

Peter Wurm ................................................................................................................. 309

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 313

Kira Grünberg ............................................................................................................. 315

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................... 317


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 12

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Personalaufstockung beim Arbeitsmarktservice
und der Arbeitsinspektion“ – Ablehnung .....................................................  303, 321

Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stichtagsregelung bei Arbeitsunfähigkeit“ – Ablehnung ......  319, 322

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2394 und 2395 d.B. ........................... 321

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2311 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund
und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028 (2330 d.B.) ........................................................................................................ 322

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 3641/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Wiederverleihung des Staatspreises Erwachsenenbildung (2331 d.B.) .................................................... 323

Redner:innen:

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 323

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................... 325

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 327

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 328

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 330

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ...................................................................... 331

Ing. Johann Weber ..................................................................................................... 333

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 334

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................... 335


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 13

Genehmigung der Vereinbarung in 2330 d.B. ....................................................... 338

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2331 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Wiederverleihung des Staatspreises Er­wachsenenbildung“ (353/E)                    338

17. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Dr. Rudolf
Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prä­vention vor Extremismen (2332 d.B.) .......................................................................................... 338

Redner:innen:

Hermann Brückl, MA .................................................................................................. 339

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................... 345

Christian Oxonitsch .................................................................................................... 348

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................... 354

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................... 356

Nico Marchetti ............................................................................................................ 358

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ...................................................................... 360

Sabine Schatz ............................................................................................................. 362

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................... 364

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „9-Punkte Plan als Antwort auf das zuneh­mende Gewalt- und Konfliktpotenzial an Schulen“ – Ablehnung ....................................................................................  341, 369

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinder und Jugendliche durch politische Kri­sen begleiten und Demokratiebildung ausbauen“ – Ablehnung ..................................................................................  351, 369

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurt­scheller, Mag. Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die strafrechtliche Verfolgung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 14

von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt durch Hamas-Terroris­ten“ – Annahme (355/E) ..............................................................................................................  366, 369

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2332 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Prävention von Extremismus“ (354/E) .............................................. 369

18. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitia­tiven über die Petitionen Nr. 106 und 112 bis 115 (2339 d.B.) ................................................... 370

Redner:innen:

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 370

Petra Wimmer ............................................................................................................ 371

Christian Ries .............................................................................................................. 373

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................... 374

Mag. Yannick Shetty .................................................................................................. 376

Dipl.-Ing. Andrea Holzner .......................................................................................... 378

Robert Laimer ............................................................................................................. 379

Christian Lausch ......................................................................................................... 381

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 382

Hans Stefan Hintner ................................................................................................... 385

Peter Schmiedlechner ................................................................................................ 387

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 388

Andreas Minnich ........................................................................................................ 390

Christoph Zarits .......................................................................................................... 390

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2339 d.B. hinsichtlich der Petitio­nen 106 und 112 bis 115............................................................................................................................... 392

Eingebracht wurden

Bericht .......................................................................................................................... 69

Ill-1073: Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende; BM f. Bil­dung, Wissenschaft und Forschung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 15

Anträge der Abgeordneten

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend erweiterter Beobachtungs­zeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängi­gen Kinderbetreuungsgeld (3802/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative zur Erweiterung des Römer Statuts, um genderbasierte Apartheid zu verbieten (3803/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative zur Erweiterung des Römer Statuts, um genderbasierte Apartheid zu verbieten (3804/A)(E)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinder und Jugendli­che durch politische Krisen begleiten und Demokratiebildung ausbauen“ (3805/A)(E)

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ORF-Finanzierung so­zial gestalten“ (3806/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Publikumskam­pagne „Auch anders“ (17091/J)

Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dubiose Vorgänge rund um das ICMPD (17092/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend eines möglichen Bergbauprojekts nahe der österreichischen Grenze in der tschechi­schen Gemeinde Novè Hrady (17093/J)


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Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend eines möglichen Bergbauprojekts nahe der österreichischen Grenze in der tschechischen Gemeinde Novè Hrady (17094/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Finanzen betreffend Mehr Details zum Projekt Digitale Kompe­tenzoffensive (17095/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Im Agressionskrieg Russlands gegen die Ukraine kämpfende Österreicher (17096/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Warten auf die Familienbeihilfe (17097/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sicherstellung guter Durchimpfungsraten in Österreich (17098/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Folgeanfrage: Einnahmen aus Prüfungen der Wirt­schaftskammern (2013-2022) (17099/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität im Burgenland 2023 (17100/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Kärnten 2023 (17101/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Niederösterreich 2023 (17102/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Oberösterreich 2023 (17103/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 17

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Salzburg 2023 (17104/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in der Steiermark 2023 (17105/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Tirol 2023 (17106/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Vorarlberg 2023 (17107/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Wien 2023 (17108/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Österreich 2023 (17109/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Insider-Deals: Wer finan­ziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17110/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Insider-Deals: Wer fi­nanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17111/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17112/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17113/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17114/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 18

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17115/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17116/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunterneh­men? (17117/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die
ÖVP-Parteiunternehmen? (17118/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Partei­unternehmen? (17119/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17120/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen? (17121/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Partei­unternehmen? (17122/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Insider-Deals: Wer finanziert die ÖVP-Parteiunternehmen?
(17123/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 19

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Marketingverträge
des Kunsthistorischen Museums (17124/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend LGBTIQ-Agenda des Kunsthistorischen Museums (17125/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Ciao ohne au!“ – Inserate des BMF in der Kleinen Zeitung
vom 14. Februar 2023 (17126/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Freihan­delsabkommen Mercosur würde „Bauernsterben“ befeuern und Lebensmittel­souveränität unseres Landes gefährden! (17127/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft betreffend Freihandelsabkommen Mercosur würde „Bauernsterben“ befeuern und Lebensmittelsouveränität unseres Landes gefährden! (17128/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Finanzen betreffend Freihandelsabkommen Mercosur würde „Bauernsterben“ befeuern und Lebensmittelsouveränität unseres Landes gefährden! (17129/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Freihan­delsabkommen Mercosur würde „Bauernsterben“ befeuern und Lebensmit­telsouveränität unseres Landes gefährden! (17130/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sind weitere Corona-Maßnahmen sinnvoll? (17131/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 20

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten der Philippinen-Reise von Staatssekre­tärin Kraus-Winkler (17132/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend SIGNA, TPA und der Bundesrevisionsverband für gemeinnützige Bauvereinigungen (17133/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Was wurde eigentlich aus dem Projekt „Zielland Österreich“? (17134/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalitätsbelastungszahlen Fremdenkriminalität
im Jahr 2023 (17135/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie betreffend Wurde Langenwang beim Regionalexpress ignoriert? (17136/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ärger wegen Eintrag
in einer Bonitätsdatenbank (17137/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend HG Wien beurteilt Klauseln zur Servicegebühr bei Ö-Ticket als gesetzwidrig (17138/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Befreiung des öster­reichischen Staatsbürgers Christian Weber, welcher im Iran gekidnappt
und verschleppt wurde und als politischer Gefangener und Geisel gehalten wird (17139/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Befreiung
des österreichischen Staatsbürgers Herbert Fritz, welcher in Afghanistan gekid­nappt und verschleppt wurde und als politischer Gefangener und Geisel festgehalten wird (17140/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Videoaufzeichnungen der Polizei bei Veranstaltung des Freiheitlichen Bildungsinstituts (17141/J)


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Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Was geschieht mit be­reits bezahlter ORF-Haushaltsabgabe bei Todesfall? (17142/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Eisenbahnverkehr auf der Ennstalstrecke (17143/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-19 Datenplattform nicht mehr öffentlich zugänglich (17144/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Planen Sie die Einführung des Straftatbestandes „Ökozid“? (17145/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Teilnahme einer über 40-köpfigen Abordnung an der Klimakonferenz 2023 (COP28) in Dubai (17146/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Jus­tiz betreffend Bearbeitungsstau in Bezirksgericht sorgt für Skandal (17147/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Überstundenkontingente in Justizanstalten, Generaldirektion und Kabinett (17148/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Einsatz von Suchtmittel- und Mobiltelefonspürhunden in Justizan­stalten (17149/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Häftling der Justizanstalt Stein aus Spital entflohen (17150/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Drogen in den Justizanstalten (17151/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung von einem Freiwilligendienst im Ausland (17152/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend „Stabsstelle Zollamt“
im ÖIF (17153/J)


 


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09.05.09Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.10*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Her­ren Abgeordneten! Ich darf Sie herzlich zur 245. Sitzung des National­rates begrüßen, die damit eröffnet ist.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Bettina Rausch-Amon, Julia Elisabeth Herr, Klaus Köchl, Petra Tanzler, MMag. DDr. Hu­bert Fuchs, Wolfgang Zanger, Heike Grebien, Bedrana Ribo, MA, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer und Mag. Julia Seidl.

Ich darf auch die Damen und Herren auf der Journalistengalerie und auf der Besuchergalerie herzlich begrüßen, ebenso die Damen und Herren, die
uns zu Hause vor den Bildschirmen folgen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bun­deskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Ale­xander Schallenberg, LL.M. wird durch Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation
und Technologie Leonore Gewessler, BA durch Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch vertreten.


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Ferner wird die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt be­kannt gegeben:

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Staatssekretärin im Bun­deskanzleramt Claudia Plakolm vertreten.

*****

Wie üblich wird die Sitzung auf ORF 2 bis 13 Uhr, auf ORF III bis 19.15 Uhr und anschließend in der TVthek übertragen. Auch private Sender übertragen
unsere Sitzung zum Teil.

09.06.17Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Fragestunde.

Ich darf den Herrn Bundesminister recht herzlich begrüßen.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren werden von beiden Redner­pulten aus vorgenommen, der Herr Bundesminister wird vom zentralen Rednerpult aus antworten.

Sie kennen die Vereinbarungen: 1 Minute die Frage, 2 Minuten die erste Ant­wort, 1 Minute die zweite Antwort.

Inneres


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf zur 1. Anfrage kommen, die Herr Abgeordneter Stocker stellt. – Bitte sehr.


09.06.51

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Situation der illegalen Migration ist eine, die ganz
Europa und insbesondere auch Österreich beschäftigt. Wir haben im vergange­nen Jahr gesehen, dass die illegale Migration mit sehr hohen Antragszahlen


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im Asylwesen verbunden war. Österreich hat ja auf europäischer Ebene, aber natürlich auch auf nationaler und auf bilateraler Ebene eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, die dazu geführt haben, dass die Flüchtlingszahlen, die Zahlen der illegalen Migration drastisch gesunken sind.

Auf europäischer Ebene wurde eine neue Regelung beschlossen, und ich würde Sie bitten, dass Sie die für Österreich wesentlichen Neuerungen, die in
dieser europäischen Regelung enthalten sind, kurz darstellen.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 304/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche der neuen Regelungen bei der Einigung der EU-Innenminister auf den Asyl- und Migrationspakt sind aus Ihrer Sicht für Österreich wesentlich?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich darf Ihnen allen
einen schönen guten Morgen wünschen.

In diesem Asyl- und Migrationspakt, der am 9. Juni vom Rat der Innenminister beschlossen wurde, ist eine Vielzahl an Regelungen enthalten, die jetzt
auch diskutiert werden. Aus meiner Sicht sind drei Punkte in diesem Asyl- und Migrationspakt essenziell, aber ich möchte vorher noch kurz darauf hin­weisen, dass Voraussetzung für den Beschluss dieses Asyl- und Migrationspak­tes am 9. Juni der Beschluss der Staats- und Regierungschefs am 9. Fe­bruar war, bei dem man sich erstmals zu einem gemeinsamen EU-Außengrenz­schutz bekannt hat und gesagt hat: Ja, das ist eine Aufgabe für alle Län­der der Europäischen Union. – Das war die Voraussetzung dafür.


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Daher hat der Beschluss vom 9. Juni das klare Ziel: erster Punkt: funktionieren­der robuster EU-Außengrenzschutz; zweiter Punkt – aus meiner Sicht
zentral –: schnelle Verfahren an der EU-Außengrenze vor allem für jene, die praktisch keine Chance auf Asyl haben; und der dritte Punkt, der auch
intensiv und heftig diskutiert wurde – da hat es auch eine Sitzungs­unterbrechung gegeben –: die Zusammenarbeit mit sogenannten sicheren Drittstaaten.

Das sind aus meiner Sicht jene Bereiche, die in diesem Asyl- und Migrationspakt essenziell sind, und dieser wird derzeit im sogenannten Trilog – Trilog heißt,
das wissen Sie, Verhandlungen zwischen der Kommission, dem Vorsitz und dem Parlament – behandelt, in dem wir darauf drängen und das zuletzt be­stärkt haben, dass dieser Pakt, dieses Paket, das durch die Innenministerinnen und Innenminister beschlossen wurde, nicht aufgeweicht wird.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Keine Zusatzfrage von Ab­geordnetem Stocker.

Die nächste Frage stellt Abgeordnete Steger. – Bitte sehr.


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben einen wesentlichen Aspekt bei diesem Asyl- und Migrationspakt ausgelassen, nämlich die Krisenverordnung.

Mit Ihrer Enthaltung, mit Ihrem Umfaller haben Sie mit diesem Pakt wieder einmal – genauso wie die Europäische Union – bewiesen, dass Sie nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems sind, denn der notwendige System­wechsel findet damit jedenfalls nicht statt – ganz im Gegenteil: Unter dieser Kri­senverordnung verlangt die EU von den EU-Mitgliedstaaten einen soge­nannten verbindlichen Solidaritätsmechanismus, was nichts anderes bedeutet als eine Zwangsverteilung von Migranten, sodass wir in Zukunft eben nur
noch die Wahl haben, entweder Migranten aufzunehmen oder für jeden, den wir nicht aufnehmen, Summen zu zahlen – als Nettozahlerstaat, muss ich dazusagen. 


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Sie, die ÖVP und viele Ihrer Politiker, haben diese verpflichtende Verteilung oder die alternativen Zahlungen in der Vergangenheit mehrfach als absolutes
No-Go bezeichnet, angefangen beim ehemaligen Bundeskanzler Kurz über Bun­desministerin Edtstadler bis zu Bundeskanzler Nehammer.

Herr Bundesminister, selbst Sie haben auch noch im Mai dieses Jahres
gesagt – ich zitiere –: „Wir werden einer Pflichtquote bei der Verteilung von Flüchtlingen nicht zustimmen, denn Österreich hat bereits mehr als
genug geleistet.“ – Beim EU-Innenministerrat sind Sie dann umgefallen.
(Ruf bei der ÖVP: Frage!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, Sie haben 1 Minute. Sie müssen bitte zur Frage kommen.


Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Das heißt, dass man Ihnen kein
Wort glauben kann.

Daher meine Frage: Warum sind Sie trotz jahrelanger gegenteiliger Versprechen umgefallen, haben sich bei der Abstimmung enthalten und so dieser zwangs­weisen Flüchtlingsverteilung den Weg geebnet? (Abg. Baumgartner: ... Fragestel­lung!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Nur eine kleine Korrektur: Ich habe mich nicht enthalten, sondern ich habe diesem Asyl- und Migrations­pakt entsprechend zugestimmt, weil ich es für einen notwendigen, wichtigen Schritt halte, dass wir in diesem Bereich vorankommen.

Sie kennen die aktuellen Zahlen, Frau Abgeordnete, und wissen, dass wir
auf europäischer Ebene in diesem Jahr eine Steigerung von 25 Prozent an Asyl­anträgen hatten, dass über 2 500 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind,
weil sie sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg gemacht ha­ben. Daher müssen wir Fortschritte machen. Jede Regelung, die jetzt getroffen wird, muss und wird besser sein als die jetzige. Das ist das klare Ziel.


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Sie haben die verpflichtende Verteilung angesprochen: Ja, gegen diese haben wir uns ganz klar ausgesprochen. Ich halte das für den völlig falschen Schritt,
weil man damit Menschen Hoffnungen macht, in ihnen Hoffnungen weckt, dass sie, wenn sie es bis Europa schaffen, dann auch innerhalb Europas verteilt werden. Das halte ich für den falschen Schritt, da bin ich völlig Ihrer Meinung. Zudem würde Österreich sogar davon profitieren, wenn wir verteilen
würden, weil Österreich im Vergleich zu anderen Ländern über Gebühr belastet ist.

Daher: Verteilung: falscher Schritt. Ich habe diesem weiteren Schritt zugestimmt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Ramon. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Reimon!)


Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin ein bisschen entspannter, aber deswegen ist mir das Thema nicht weniger wichtig.

Ich möchte das Thema aus Sicht der Menschenrechte und des Völkerrechts noch ein bisschen besser erklärt haben: Inwiefern wird diese neue Screening-Ver­ordnung garantieren, dass die Einhaltung des Unionsrechts und des Völkerrechts in Zukunft systematisch überwacht und evaluiert wird, insbesondere der Grundsatz der Nichtzurückweisung, das Wohl des Kindes, das Recht
auf Gesundheitsversorgung, die einschlägigen Vorschriften über die Inhaftierung und die Verfahrensgarantien für die Betroffenen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie haben die sogenannte Screening-Verordnung angesprochen, die ja Teil des Asyl-
und Migrationspaktes ist, der derzeit wie gesagt im Trilog zwischen Parlament, Kommission und Vorsitz verhandelt wird. Gerade in diesem Bereich
wird sehr intensiv verhandelt. Sie haben einige wichtige Punkte angesprochen.


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Warum die Screening-Verordnung? – Das Ziel der Screening-Verordnung
ist ja, möglichst rasch Klarheit zu haben: Wer ist die Person? Welches Verfahren benötigt diese Person? Kommt sie in ein Asylverfahren? Wir sind uns ja einig, denke ich, dass Asylverfahren möglichst rasch gestartet und dann auch möglichst rasch durchgeführt werden sollen. Das ist auch Teil dieser Screening-Verord­nung. Da gibt es derzeit noch – da kann ich dem Ergebnis nicht vorgrei­fen – intensive Diskussionen darüber, wie die Punkte, die Sie angesprochen haben, gewährleistet werden können.

Ich glaube, es braucht einen vernünftigen Mix zwischen dem, was notwendig ist, welche Daten zu erheben sind und durch wen sie zu erheben sind. Das
darf aber nicht über Gebühr sein, sonst haben wir wiederum eine Verlängerung des Verfahrens. Diese Punkte werden jetzt intensiv in diesem Trilog
diskutiert.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Ein­wallner. – Bitte sehr.


09.14.29

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Herr Bundesminister, seit gut 20 Jahren trägt die ÖVP die Verant­wortung im Asyl- und Migrationsbereich. Sie haben im Juni in einem
„ZIB 2“-Interview davon gesprochen, dass das österreichische Asylsystem ver­sagt hat und kaputt ist. Man kann Ihnen anrechnen, dass Sie der erste Innenminister sind, der das Versagen der ÖVP in diesem Bereich öffentlich zugegeben hat.

Darum stelle ich Ihnen folgende Frage:

301/M

„Herr Minister, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um das kaputte Asylsys­tem, von dem Sie im Juni in der ZIB 2 gesprochen haben und das in Ihrer Ressortverantwortung liegt, zu reparieren?“

(Beifall bei der SPÖ.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, vielen Dank für die Frage. Ich kann mich sehr gut an dieses Interview in der
„ZIB 2“ erinnern. Viele können sich an dieses Interview in der „ZIB 2“ erinnern, ich weiß das. (Abg. Einwallner: Gott sei Dank!) Sie haben mir nur nicht ganz
genau zugehört, denn ich habe nicht vom kaputten Asylsystem gesprochen, son­dern sehr oft vom kaputten Schengensystem, und das nicht nur einmal.
Ich glaube, ich habe es sogar fünfmal erwähnt, weil ich danach gefragt wurde.

Das Schengensystem ist ein europäisches System, wie Sie wissen, Herr Abgeordneter. Ich gehe einmal davon aus, dass sich die Frage auf das Asylsys­tem bezieht und nicht auf das Schengensystem. (Abg. Einwallner: Ich habe
vom österreichischen Asylsystem gesprochen!)
Daher schlage ich vor, dass wir über das Asylsystem, für das ich in Österreich die Verantwortung trage, spre­chen. Wir haben zuvor sehr intensiv diskutierte Fragen besprochen, nämlich was auf europäischer Ebene im Asylsystem passieren muss, Stichwort Asyl-
und Migrationspakt. Ich konzentriere mich jetzt aber auf die nationale Ebene. Ich gehe davon aus, dass das Ihre Frage wahrscheinlich beinhaltet oder meint,
denn man könnte es vermischen.

Österreich betreffend: Was ist notwendig im Asylsystem? – Vernünftige, ordent­liche Kontrollen. Diese haben wir im letzten Jahr deutlich verstärkt, indem
wir Grenzpunkt- und auch Grenzraumkontrollen eingeführt haben. Wir haben auch die Verfahren deutlich beschleunigt – das ist ebenfalls wichtig für
ein vernünftiges, funktionierendes Asylsystem –, beispielsweise die Schnellver­fahren. Allein von Jänner bis Oktober dieses Jahres wurden 7 200 soge­nannte schnelle Verfahren für jene Asylwerber, für die es aufgrund ihrer Lan­deszugehörigkeit praktisch keine Chance auf Asyl gibt, durchgeführt.

Es wurde national ein Bündel an Maßnahmen gesetzt, um das System zu verbes­sern, weil wir im letzten Jahr gesehen haben, dass das österreichische Asyl-


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system über die Grenze der Belastbarkeit gekommen ist und Maßnahmen not­wendig waren, damit wir das Asylsystem für jene zur Verfügung stellen
können, die das System tatsächlich brauchen. Das haben wir, indem wir vielen Menschen, vor allem Frauen und Kindern, aus der Ukraine geholfen haben
und nach wie vor helfen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? –
Bitte. (Abg. Kickl: Das hat aber nichts mit Asyl zu tun! – Ruf bei der SPÖ: Die Frage wurde nicht beantwortet!)


Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Na ja, eine Zusatzfrage erübrigt sich eigentlich, Herr Präsident, weil die Frage ja nicht wirklich beantwor­tet wurde. Also nehme ich zur Kenntnis, dass der Herr Innenminister und die ÖVP offenbar keine Lösungsvorschläge zu diesem Thema haben, und
ich habe daher keine Zusatzfrage. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


09.17.55

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Wir alle wissen ja, dass unter Ihrer Verantwortung, unter der türkis-grünen Bundesregierung ein Missmanagement im Migrationsbe­reich vorherrscht. Mit 112 272 Asylanträgen im Jahr 2022 haben wir sogar ein absolutes Rekordjahr gesehen. Auch heuer geht die Zahl der Asylanträge
in Österreich wieder durch die Decke. Mit über 50 000 Asylanträgen
heuer in Österreich ist das die dritthöchste Zahl an Asylanträgen in den letzten 50 Jahren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Die ÖVP spricht ja immer wieder von einer Asylbremse, die es, wie die Zahlen ja beweisen, nicht gibt.

Meine Frage, Herr Bundesminister:


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311/M

„Wie gedenken Sie Österreich und speziell das Burgenland, das schon jetzt das ‚Lampedusa Mitteleuropas‘ genannt wird, nach dem massiven Versagen
der Europäischen Union endlich vor dem Massenzustrom illegaler Migranten zu schützen?“

(Abg. Zarits: Das ist ein Wahnsinn, die Frage!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Vielen Dank für die Frage. Herr Abgeordneter, ich habe diesen Begriff noch nie so gehört, erstmals
jetzt durch Ihre Worte. (Abg. Michael Hammer: Das hat ihm der Kickl aufgeschrie­ben!  Abg. Kickl: Das ist aber gut!) Ich halte diesen Begriff für nicht sehr zielführend, weil er den Schleppern genau den Anreiz bieten würde (Zwischenruf bei der ÖVP – Abg. Kickl: Traiskirchen könnte man auch nehmen!) und man
ihnen so sagen würde: Hier hat man die Möglichkeit, zu schleppen. – Daher wür­de ich Sie einfach bitten, Herr Sicherheitssprecher, diesen Begriff so nicht
zu verwenden; ich halte das nicht für zielführend. (Abg. Michael Hammer: Sie sind ja eine Sicherheitsrisikopartei!)

Sie haben aber recht – und darauf habe ich sehr, sehr oft hingewiesen –:
Von den 112 000 Asylanträgen sind allein 75 000 in zwei Bezirken im Burgen­land gestellt worden, und zwar in den Bezirken Neusiedl am See und Oberpullendorf – Sie wissen das. Daher haben wir im letzten Jahr – ich wieder­hole es – Maßnahmen ergriffen, um diese Zahlen deutlich zu senken.
Ja, die Zahlen – auch da gebe ich Ihnen recht – sind mit 54 000 Anträgen von Jänner bis Oktober nach wie vor sehr, sehr hoch.

Wir sehen aber auch, dass wir im Gegensatz zum europäischen Trend
einen deutlichen Rückgang bei den Anträgen und auch bei den Aufgriffen haben, von Jänner bis Oktober um 42 Prozent, und jetzt im Oktober nochmals
einen deutlichen Rückgang um fast 50 Prozent. Also: nach wie vor hoch, das


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wiederhole ich. Das ist kein Grund zum Jubeln, das ist ein Auftrag, in
dieser Richtung hart weiterzuarbeiten, und das ist unser Ziel. (Abg. Kickl: Wie, das wäre die Frage gewesen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Ja, eine Zusatzfrage:
Wie stellen Sie sich das konkret vor? Sie sagen immer wieder, Sie werden wei­terhin auf der Asylbremse stehen – wir sehen die Asylbremse überhaupt
nicht. In Wahrheit bräuchten wir bei diesen Zahlen einen völligen Asylstopp, ein Aussetzen der Asylanträge.

Meine konkrete Frage wäre – Sie verweisen ja gerne auf die EU, teilweise zu Recht, darauf, dass der Außengrenzschutz nicht wirklich funktioniert –: Welche Maßnahmen setzen Sie in Ihrem Wirkungsbereich auf nationalstaatlicher
Ebene, um der Situation Herr zu werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Auch da haben Sie völlig recht mit dem, was Sie angesprochen haben, dass es da ein Bündel an Maßnah­men braucht, zunächst auf europäischer Ebene – das haben wir vorhin schon diskutiert oder besprochen –, aber natürlich auch auf nationaler Ebene,
wo wir auch Maßnahmen gesetzt haben: mit den Grenzpunktkontrollen, mit den Kontrollen direkt an der Grenze, und den Grenzraumkontrollen, das ist die sogenannte Schleierfahndung, wie das im internationalen Sprachgebrauch auch heißt. Beispielsweise gibt es auch die sogenannte Operation Fox, bei der
wir gemeinsam mit den ungarischen Kollegen auf ungarischem Boden sozusagen Grenzkontrollen oder Grenzraumkontrollen durchführen.

Durch diese Maßnahmen ist es gelungen, die Routen der Schlepper massiv zu stören, und das war ein wesentlicher Punkt. Warum? – Die Asylantrags­zahlen und die Aufgriffszahlen sind in Österreich zurückgegangen, während sie


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überall in den Nachbarländern – Deutschland, Italien – und in vielen an­deren Ländern gestiegen sind, weil wir die Routen der Schlepper gestört haben. Das ist das klare Ziel bei diesen Maßnahmen.

Ich kann wiederholen: Wir haben auch die Verfahren deutlich beschleunigt. Auch das führt dazu, dass sich viele sehr rasch dem Verfahren entzie­hen und damit zurückkehren oder weiterreisen, sodass es insgesamt eine hohe, aber geringere Belastung als im letzten Jahr gibt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeord­neter Köllner. – Bitte sehr.


Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Über Begrifflichkeiten kann man natürlich streiten. Ich würde aber
sehr wohl auch sagen, dass das Burgenland nach wie vor der Hotspot der inter­nationalen Schlepperkriminalität ist; Sie haben es selber angesprochen.
Der Bezirk Neusiedl am See und der Bezirk Oberpullendorf sind besonders be­troffen. Aufgrund Ihrer Zuständigkeit als Innenminister ist die burgenlän­dische Bevölkerung auch auf Ihre Taten angewiesen, aber sie ist es gleichzeitig leid, dass man immer nur Worte hört und keine Taten sieht.

Wie wollen Sie also ganz konkret und auch vor dem Hintergrund, dass
Ihr ungarischer Parteifreund Orbán immer wieder Schlepper auch freilässt (Abg. Michael Hammer: Das ist dem Kickl sein Freund!), die Schlepperkriminalität bekämpfen? Gibt es auch im Rahmen Ihres Schengenstreits eine Einigung bezüg­lich Asylverfahrenszentren an den EU-Außengrenzen? (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie kommen ja aus dem Burgenland. Ich habe die Szenerie schon beschrieben, wie sie vor allem im letzten Jahr war, mit zum Teil dramatischen Zuständen in manchen Bezirken, in manchen Gemeinden – Deutschkreuz –; viele Gemeinden


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waren über Gebühr belastet. Wir sehen aber auch, dass es aktuell, in den
letzten Wochen, einen deutlichen Rückgang gibt.

Da bitte ich wirklich, dass wir an dieser Stelle – und das möchte ich ausdrücklich tun – vor allem den Kolleginnen und Kollegen der Landespolizeidirektion Burgenland, vom Landespolizeidirektor bis hin zu all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ein großes Danke aussprechen. (Beifall bei Abgeordneten
der ÖVP.)

Was da im letzten Jahr und in diesen Tagen an Arbeit geleistet wird, ist sensa­tionell. Das bitte ich Sie einfach mitzunehmen und, wenn Sie in diesen Ta­gen vor Weihnachten Gelegenheit dazu haben, die Polizei zu besuchen, diesen Dank an die Bediensteten weiterzugeben, denn sie haben sich diesen Dank redlich verdient. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Einen Satz noch: Ich glaube, das ist das Ziel, und es zeigt sich – das wissen Sie auch, Herr Abgeordneter, denn Sie kommen aus dem Burgenland –, dass
in den letzten Wochen die Aufgriffe Gott sei Dank deutlich zurückgegangen sind. Es gab viele Tage, an denen wir null Aufgriffe hatten, weil die Schlepperrouten sich völlig verändert haben. – Vielen Dank.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Gödl. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Bundesminister! Im Vergleich zum Vorjahr gehen heuer die Asylantragszahlen tatsächlich stark zurück, also
die Asylbremse wirkt. Das hat vielerlei Gründe, einer davon ist, dass beispiels­weise unter einem Innenminister Kickl, der hier in der ersten Reihe sitzt,
die Asylverfahren viele Mal so lange gedauert haben, über 21 Monate, jetzt dauern sie nur mehr kurz, dreieinhalb Monate. (Zwischenruf der
Abg. Steger.)

Es gibt viele Gründe. Einer der Gründe – den haben Sie schon angesprochen – ist die Operation Fox. Die ist meines Wissens jetzt ungefähr seit einem


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Jahr im Einsatz. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) In diesem Zusammenhang wäre mei­ne Frage an Sie, Herr Minister: Können Sie eine Art Jahresbilanz legen?
Was hat diese Aktion gebracht? (Abg. Shetty: Was für eine kritische Frage! – Abg. Scherak: Das wird eine kurze Antwort!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr gerne. – Die Operation Fox hat die Tätigkeit im Dezember 2022 aufgenommen, nach diesen dra­matisch hohen Antragszahlen und Aufgriffszahlen vor allem im September, Ok­tober und November des letzten Jahres. Daher haben wir Maßnahmen ge­setzt. Die Operation Fox war eine zentrale und wichtige, nämlich bereits vor der österreichischen Staatsgrenze die Kontrollen zu intensivieren und zu
verstärken.

Wir haben mit dieser Maßnahme – bei der aktuell knapp 40 Polizistinnen und Polizisten von uns in Ungarn stationiert sind beziehungsweise aktuell
dort tätig sind – insgesamt 188 Schlepper gemeinsam mit den ungarischen Kol­legen aufgegriffen und damit, was ich gesagt habe, die Routen der Schlep­per massiv gestört – die Schlepper reagieren sehr, sehr rasch auf derartige Maß­nahmen –, sodass sich die Schlepper andere Routen suchen und Öster­reich in vielen Fällen umgehen, andere Länder wählen – was für Europa nicht erfreulich ist; für Österreich aber ist es gut, dass die Antragszahlen bei
uns zurückgegangen sind, wenngleich, ich wiederhole es noch einmal, auf sehr hohem Niveau.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeord­neter Bürstmayr. – Bitte.


09.26.22

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Meine Frage:


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319/M

„Bis wann soll das im Strategischen Maßnahmenplan gegen den Fachkräfte­mangel formulierte Ziel, das Verfahren zur Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte samt Familienzusammenführung vollständig zu digitalisieren, gänzlich voll­zogen worden sein?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Vielleicht zu Beginn der Antwort eine Klarstellung – es ist mir wichtig, das zu betonen, weil wir jetzt sehr viel über den Kampf gegen Schlepper, über den Kampf gegen illegale Zu­wanderung gesprochen haben –: Es ist mir besonders wichtig, legale Zuwande­rung über die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte, die natürlich möglich sein
muss und bei der es auch klare Regeln geben muss, und den Kampf gegen die illegale Zuwanderung auseinanderzuhalten.

Das wird in der öffentlichen Diskussion leider immer wieder vermischt, was dazu führt, dass Menschen Hoffnungen gemacht werden, die wir nicht erfüllen können – also klare Trennung: legale Zuwanderung und Kampf gegen illegale Zu­wanderung.

Was die Rot-Weiß-Rot-Karte und die Digitalisierung betrifft, so haben
wir mit der Datenbankanwendung für Niederlassung und Aufenthalt bereits einen großen Digitalisierungsschritt vollzogen. Im Jahr 2022 wurden
alle Behörden an die bundesweite Datenbank angeschlossen, und die Bot­schaften sind seit Beginn 2023 angebunden. Im nächsten Schritt er­folgt die Anbindung des AMS.

Der Strategische Maßnahmenplan, den Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, wurde vor Kurzem, nämlich am 1. Dezember, im Ministerrat beschlossen.
Wir sind auf einem guten Weg, auch diesen Teil mit der Rot-Weiß-Rot-Karte zu digitalisieren. Staatssekretär Florian Tursky ist ja in diesem Bereich sehr
initiativ und sehr fleißig, daher gehe ich davon aus, dass das auch bald kommen wird.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Da man sich von Digitalisierung im Allgemeinen Verwaltungsvereinfachung und Ersparnis erhofft: Wie
hoch ist denn die geschätzte Summe der Einsparungen, die sich durch diese digi­talisierte Antragstellung für Ihr Ministerium ergibt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das würde ich als Kaffeesud­lesen bezeichnen, wenn ich jetzt schon einschätzen könnte, wie viel
wir uns ersparen. Wir ersparen uns durch schnellere Verfahren sicherlich Zeit, aber mittelfristig natürlich auch Geld.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abge­ordnete Krisper. – Bitte.


09.28.51

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Innenminister! Österreich arbeitet ja unter den ÖVP-Innenministern schon seit vielen
Jahren sehr intensiv gerade mit Staaten zusammen, die sich sehr unsolidarisch in Sachen Asyl benehmen, nämlich zum Beispiel mit Griechenland und Ungarn. Beide Länder behandeln Asylwerber derart schlecht – Ungarn ist ja schon mehr­fach verurteilt worden, weil es dort nicht einmal möglich ist, einen Asylan­trag zu stellen –, sodass die Menschen natürlich weiterziehen, auch insbesonde­re zu uns.

Ich habe Ministerin Edtstadler einmal auf diese Thematik angesprochen,
in einem Ausschuss vor dem Sommer, und sie hat gemeint, sie ist nicht meiner Meinung, dass man deswegen bei der Kommission ein Vertragsver­letzungsverfahren anregen sollte, denn das käme – Zitat – einer Kriegserklärung gleich. Sie würde aber mit dem Vis-à-vis, mit Ihren Amtskolleg:innen dieser Länder, sehr wohl ins Gespräch gehen.


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Dementsprechend frage ich auch Sie, bei welchen Amtskolleg:innen wiederum aus Staaten, die bereits mehrmals – eben wie Griechenland und Ungarn – aufgrund von Rechtsbrüchen vom EuGH oder dem EGMR verurteilt wurden, Sie jeweils wann einen gesetzeskonformen Umgang im Sinne auch der Inter­essen Österreichs mit Asylwerber:innen gefordert haben.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 315/M, hat folgenden Wortlaut:

„Bei welchen Amtskolleg:innen aus Staaten, die bereits mehrmals aufgrund von Rechtsbrüchen durch den EuGH oder den EGMR verurteilt wurden – wie Griechenland und Ungarn – haben Sie jeweils wann einen gesetzeskonformen Umgang mit Asylwerber:innen eingefordert?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Frau Abgeordnete, Sie haben es angesprochen: dass ich in intensivem Kontakt und immer wieder in inten­sivem Kontakt mit den Nachbarländern bin, aber natürlich auch auf europäischer Ebene bei den Ratssitzungen, bei denen wir diese Themen – Asyl und Migra­tion – intensivst besprechen.

Vor wenigen Tagen tagte das sogenannte Forum Salzburg in Slowenien, wenige Wochen davor beispielsweise gab es ein Treffen mit meinen Amtskollegen
der Visegrádstaaten, mit Deutschland, wo wir all diese Themen – und es sind vielfältige Themen, wie: Welche Fortschritte machen wir im Asyl- und Migrationspakt?, Was ist notwendig, dass wir Schengen funktionierend machen?, Wie können wir den Außengrenzschutz verbessern? – bilateral, also zwi­schen den einzelnen Ländern, multilateral, also auf unterschiedlichsten Ebenen, ansprechen und auch immer wieder diskutieren.


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Eines möchte ich an dieser Stelle auch sehr klar sagen – da werden viele Dinge auch der Öffentlichkeit präsentiert und öffentlich diskutiert, andere Din­ge selbstverständlich nicht, weil das auch eine Vertrauensbasis darstellt, die bei solchen Gesprächen notwendig ist –: Bei diesen Gesprächen, bei diesen
Treffen sehe ich mich nicht als Oberschiedsrichter – für mich ist die Kommission die Hüterin der Verträge, auch das sei klar angesprochen –, sondern als je­mand, der die Interessen Österreichs, die nationalen Interessen Österreichs, bei diesen Treffen auch zu vertreten hat. Das ist meine Aufgabe und das
tue ich.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wusste, ich muss keine vorbe­reiten, weil ich meine erste Frage wiederholen muss. Ich würde schon
bitten, dass Sie mir darauf antworten, ob Sie zur Frage des Umgangs mit Asyl­werbern im Sinne des Interesses Österreichs auch in bilaterale Gespräche
gehen (kurz ohne Mikrofon weitersprechend) ..., auch dies wäre möglich, wahrlich, aber zumindest bilateral. (Bundesminister Karner: Entschuldigung, ich habe
Sie akustisch nicht verstanden!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich muss immer die Mikros umschalten, da­rum bitte ich immer um ein bisschen Zeit, bis wir so weit sind.

Frau Abgeordnete, stellen Sie die Frage bitte noch einmal.


Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (fortsetzend): Ich wiederhole einfach meine Frage: ob Sie zum Thema Umgang mit Asylwerbern im Sinne des Interesses Österreichs – dass dieser rechtsstaatlich werden sollte – mit den ent­sprechenden rechtsbrechenden Staaten ins Gespräch kommen. Es wäre
wichtig, es auch medial zu tun und zumindest hier zu bestätigen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


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Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Wenn es Ihre Meinung ist, dass das medial zu tun ist, mag das sein. Ich halte es für vernünftig, dass
man unter guten Nachbarn, unter guten Partnern die Dinge offen und ehrlich anspricht und auch deutlich anspricht. Vor allem geht es mir darum,
unsere Interessen, die Interessen Österreichs, in diesem Bereich zu vertreten. Das tue ich sehr klar, manches öffentlich, manches im Vieraugenge­spräch. – Vielen Dank.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.


09.32.53

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Die Steigerung der Rückkehr und die Verbesserung der Kooperation, der Zusammenarbeit mit Her­kunftsstaaten gehört zu den Schwerpunkten des Bundesministeriums und von Ihnen als Innenminister. Erfolgreich kann man da die Vereinbarung bei­spielsweise mit Marokko oder auch Indien nennen.

Meine Frage:

305/M

„Im vergangenen Jahr konnten mehr als 12 000 Außerlandesbringungen durch­geführt werden, können Sie für das heurige Jahr aktuelle Zahlen nennen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Die Statistik wurde, glaube ich, vor Kurzem durch das Innenministerium auch veröffentlicht. Was
die Außerlandesbringungen betrifft: Es waren insgesamt 10 478 Außerlandes­bringungen. Das ist eine Steigerung von 24,7 Prozent gegenüber
dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. 52 Prozent der angeordneten Ausreisen erfolgten selbstständig, nämlich 5 496, und bei 48 Prozent, die außer
Landes gebracht wurden, erfolgte dies zwangsweise. Das ist wiederum eine Steigerung bei den Abschiebungen von 34,7 Prozent. Da die Zahlen


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sehr hoch waren, war es auch notwendig, mehr Menschen außer Landes
zu bringen.

Bei 45,2 Prozent der zwangsweisen Außerlandesbringungen lag auch eine strafrechtliche Verurteilung vor. Bis Ende Oktober erfolgten 42 Charterrückfüh­rungen in 13 Zieldestinationen, der größte Teil innerhalb Europas und ein anderer Teil eben in viele andere Staaten dieser Welt. Das ist das Ergebnis dieser Statistik.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein, keine Zusatzfrage.

Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Ries. – Bitte.


Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Bundesminister! Laut einer Anfragebeantwortung aus Ihrem Hause wurden im Zeitraum von Januar bis September dieses Jahres 3 489 Personen außer Landes gebracht. Ein
Großteil davon sind Bürger aus EU-Staaten. Abgeschoben werden hauptsächlich Personen aus Osteuropa, die aber durch die Bank gar keine Asylwerber
sind. Von den 3 489 durchgeführten Abschiebungen betrafen 1 032 slowakische Staatsbürger, dem gegenüber steht ein slowakischer Asylantrag. Auf den
Plätzen folgen dann Ungarn, Polen und Rumänien.

Im selben Zeitraum haben 14 000 Syrer hier in Österreich einen Asylantrag ge­stellt, abgeschoben wurden ganze 25. Circa 6 000 Marokkaner haben Asyl begehrt, abgeschoben wurde kein einziger. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Werter Herr Bundesminister, warum unternehmen Sie keinerlei Anstren­gungen, nicht nur illegal aufhältige EU-Bürger, sondern auch illegal eingereiste und abgelehnte Asylwerber außer Landes zu bringen? (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sie haben die Statistik Jänner bis September gebracht, ich habe davor schon die Statistik Jänner bis Okto­ber skizziert (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), was die Außerlandesbringungen


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betrifft. Ich sehe das völlig wertfrei: Sie haben völlig recht, der Großteil wird Richtung europäische Staaten außer Landes gebracht. Sie wissen auch, dass wir in manche Staaten gar nicht abschieben können. (Abg. Belakowitsch: Unter­nehmen Sie was dagegen!) Ich habe das ja zuletzt auch immer wieder
bei den Europäischen Räten angesprochen, dass wir mittelfristig auch darüber diskutieren sollten (Abg. Belakowitsch: ..., dann brauchen Sie sie nachher
nicht abschieben!):
Wie können wir beispielsweise wieder Richtung Syrien, in die Region um Damaskus Menschen zurückbringen? (Abg. Kickl: Schaut nach Ab­schiebebremse aus!) Wie diskutieren wir auch Afghanistan – Taliban, bei­spielsweise, gibt es nicht die Möglichkeit, die auch zurückzubringen? Die sind möglicherweise dort sicherer als hier. (Abg. Belakowitsch: Na, gar nicht rein­lassen!) Das sind aber Diskussionen, die auf europäischer Ebene geführt werden müssen.

Ich weiß, Sie sind ein Experte, Sie kennen sich da aus, aber andere Möglich­keiten gibt es rechtlich einfach nicht. Wir tun alles Menschenmögliche
(Abg. Kassegger: Null!), um möglichst viele außer Landes zu bringen (Ruf bei der FPÖ: Aber nicht sehr erfolgreich!), vor allem natürlich diejenigen, die straf­fällig geworden sind. Ich denke, die Zahlen sprechen wertfrei für sich (Abg. Bela­kowitsch: Ja, die sprechen für sich! Leider!), und auf diesem Weg müssen
wir auch weiterarbeiten und werden wir auch sehr intensiv weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.


Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben mir diese Woche eine parlamentarische Anfrage zum Thema „Abschiebungen
von Kurd:innen in die Türkei“ beantwortet. Darin sagen Sie, es gäbe keine ge­nauen Statistiken zu Abschiebungen von Kurd:innen in die Türkei. Gleich­zeitig behaupten Sie aber in derselben Beantwortung, dass jede Abschiebung einer Einzelfallprüfung unterzogen werden würde.


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Wie erklären Sie dann, dass Sie angeblich keine Statistiken führen? (Beifall
bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Also ich denke, dass das Innenministerium sehr viele, sehr umfangreiche Statistiken führt, und Sie haben natürlich völlig recht, dass jedes Asylverfahren auch im Einzelfall geprüft
werden muss. Das ist ja der große Unterschied beispielsweise zur Vertriebe­nenrichtlinie, die auf europäischer Ebene aufgrund des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine eingeführt wurde, bei der es keine Einzelfallprüfung gibt.

In diesen Fällen gibt es eben klarerweise die Einzelfallprüfungen, und klarerweise gibt es auch sehr viele umfangreiche Statistiken, die auch auf der Homepage
des Innenministeriums einsehbar sind. Ich habe jetzt auch Teile dieser Statistik – mit den Rückflügen, mit den Außerlandesbringungen – präsentiert. Auch
über die Nationalitäten gibt es umfangreichste Statistiken, aber aus Schutz für den Einzelnen wird natürlich nicht auf den Einzelfall – und ich gehe davon
aus, dass Sie das meinen –, aus Schutz für den Einzelnen kann in dieser Befra­gung nicht auf den einzelnen Fall eingegangen werden; ich nehme an,
dass Sie diesen Fall meinen. (Abg. Kucharowits – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz in Richtung Bundesminister Karner –: Da gibt’s Statistiken, die Sie mit Passwort versehen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


09.38.22

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister!
Ich gehe weg von dem Themenkomplex Asyl und gehe zu einem anderen aktuell brennenden Thema: Seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel und
dem Konflikt im Nahen Osten vernehmen wir auch in Österreich einen massiven Anstieg von antisemitischen, aber auch antimuslimischen Tatbeständen. –
Herr Bundesminister, was machen Sie, um dem entgegenzuwirken?

*****


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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 302/M, hat folgenden Wortlaut:

„Mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und den militärischen Gegenschlägen auf den Gazastreifen sind in Österreich die Meldungen von antisemitischen, aber
auch von antimuslimischen Tatbeständen massiv in die Höhe gegangen – wie geden­ken Sie darauf zu reagieren?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ja, Frau Abgeordnete, Sie ha­ben völlig recht, seit dem 7. Oktober, seit diesem abscheulichen Angriff
der Hamas auf die israelische Bevölkerung, hat sich in der Tat auf der ganzen Welt, in Europa, aber auch in Österreich einiges verändert und diese antisemitischen Vorfälle haben massiv zugenommen.

Was haben wir in Österreich getan? – Unmittelbar danach haben wir die sichtba­re, aber auch die verdeckte Präsenz erhöht und waren und sind vor allem
in engster Abstimmung mit der Israelitischen Kultusgemeinde, mit dem Präsi­denten, mit den Sicherheitsverantwortlichen – vor allem durch die Lan­despolizeidirektion Wien, aber auch durch die Direktion Staatsschutz und Nach­richtendienst. Auch ich persönlich halte intensiven Kontakt mit dem Prä­sidenten der IKG in Wien, aber auch in Graz und Salzburg, auch mit Elie Rosen.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir so eine Situation – und das war
so, ist aktuell nicht mehr so –, in der jüdische Kinder nur zu 11 Prozent in Schule und Kindergarten gegangen sind, weil sie Sorgen und Ängste hatten, nicht tolerieren können! Da muss man alles Menschenmögliche unternehmen, dass sie das wieder tun können.

Durch intensivste Maßnahmen – ich habe es gesagt: polizeiliche Präsenz sichtbar erhöhen, was ein Sicherheitsgefühl gibt, obwohl die verdeckte Präsenz oft erfolgreicher ist, um die Sicherheit zu gewährleisten – haben wir viele Bereiche


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verändert, beispielsweise haben wir auch die Terrorwarnstufe von 3 auf 4 erhöht – also ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das notwendig war und ist, weil wir sehen, dass sich die Bedrohungslage seit dem 7. Oktober welt­weit, in Europa, aber auch in Österreich verändert hat.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?


Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie und auch der Direktor der DSN verwei­sen immer auf die zusätzlichen Gefahren im Extremismusbereich, im The­menbereich Rechtsextremismus. Es gibt im nächsten Jahr den Rechtsextremis­musbericht mit zwei Jahren Verzögerung nach den Ausschreibungspan­nen, wir warten aber auch seit zweieinhalb Jahren – nach dem Beschluss hier im Hohen Haus – auf den Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus,
in dem ja auch spezielle Maßnahmen gegen Antisemitismus vorge­sehen sein sollen.

Ich wollte fragen, Herr Bundesminister: Können wir noch in dieser Legislatur­periode mit diesem Aktionsplan rechnen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Was den Rechtsextremis­musbericht und Ausschreibungspannen betrifft, Frau Abgeordnete, wür­de ich das so nicht sehen, weil wir dafür verantwortlich sind und auch dem Par­lament zu Recht Rechenschaft schuldig sind, dass Ausschreibungen kor­rekt durchgeführt werden. Darauf haben wir, das Innenministerium, klarerweise bestanden, und daher kam es zu einer neuerlichen Ausschreibung, weil
die erste Phase nicht so durchgeführt worden war, dass es eben rechtskonform gewesen wäre. Daher haben wir – leider, sage ich – diese Zeitverzöge­rung. Sie haben recht, dieser Rechtsextremismusbericht wird im nächsten Jahr auch entsprechend vorgelegt werden.

Ich gehe davon aus, dass wir auch im Nationalen Aktionsplan, wo wir ja
schon viele Schritte gesetzt haben, weitere Schritte gegen Rechtsextremismus setzen werden.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abge­ordnete Deckenbacher. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Guten Morgen, Herr Minister! Kollegin Schatz hat es schon angesprochen, antisemitische, rassistische Vor­fälle nehmen seit dem Terrorangriff der Hamas weltweit, aber auch in Österreich zu. Es wurde vor einigen Tagen auch ein konkreter Anschlagsplan eines
16-Jährigen gestoppt, der sich dem Islamischen Staat anschließen wollte. Die Kol­leginnen und Kollegen des Staatsschutzes und des Nachrichtendienstes
leisten da ungemein wertvolle und wichtige Arbeit.

Gibt es weitere strukturelle Änderungen, die Sie setzen, um diesen Herausforde­rungen auch gerecht zu werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Zunächst gilt mein Dank der DSN, der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, die vor ziemlich
genau zwei Jahren ihre Arbeit aufgenommen hat. Diese ist besonders in diesem Jahr in unterschiedlichen Bereichen, vor allem im Bereich des islamisti­schen Extremismus, Gott sei Dank sehr, sehr erfolgreich.

Frau Abgeordnete, Sie haben es angesprochen: Ich erinnere an die Regenbo­genparade, bei der drei junge Männer – 14, 17 und 20 Jahre – festge­nommen wurden. Ich erinnere an den Hauptbahnhof, wo es eine Festnahme und auch eine Gefährdungsszenerie gab. Zuletzt wurde vor wenigen Tagen in
Steyr ein 16-jähriger österreichischer Staatsbürger mit türkischem Migrations­hintergrund festgenommen, weil er konkrete Anschlagsplanungen hegte.

Daher an dieser Stelle mein Dank für diese exzellente Arbeit, auch für die wie­dergewonnene internationale Vernetzung, die besonders in diesem Be­reich ganz entscheidend ist, weil es auch aufgrund von internationalen Hinwei­sen zu der einen oder anderen Festnahme, die ich skizziert habe, kam. Da­her werden wir diesen Weg auch weitergehen und diese Form des


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Staatsschutzes, wie wir sie in der Direktion haben, auch auf Länderebene mit den sogenannten Landesämtern für Staatsschutz und Extremismusbe­kämpfung weiterentwickeln.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Herbert. – Bitte sehr.


09.44.11

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! In jüngster Vergangenheit ist es wieder verstärkt vorgekommen, dass die Ar­beit und das Einschreiten der Polizei, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen die sogenannten Klimakleber, die ja die Bevölkerung mit
ihren Maßnahmen in einer unzumutbaren Art und Weise terrorisieren, negativ und abschätzig, teilweise auch verfälscht dargestellt wurden.

Daher meine Frage:

312/M

„Wie werden Sie künftig den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Exekutiv­beamten in Bezug auf unangemessene oder diskriminierende Veröffentlichungen in sozialen Medien sicherstellen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, ich möchte Ihre Frage nutzen, um mich bei Ihnen, nämlich nicht nur bei
Ihnen, sondern bei der gesamten Personalvertretung im Bereich der Polizei, im Bereich des Innenministeriums, wirklich bei allen Fraktionen zu bedanken,
weil wir besonders in diesem Jahr sehr intensive und sehr konstruktive Gesprä­che in vielen Bereichen hatten. Es ging darum, dass wir die Personal­offensive gestartet und intensiviert haben und auch fortsetzen werden, wobei es Diskussionen in unterschiedlichsten Bereichen gab. Der persönliche
Schutz der Kolleginnen und Kollegen ist allen in der Personalvertretung – das ist auch ihre zentrale Aufgabe – ein zentrales und wesentliches Anliegen.


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Sie haben völlig recht, es ist notwendig, dass wir die Kolleginnen und Kollegen noch besser schützen und sie auf ihre Rechte hinweisen. Das wird in
vielen Bereichen getan, wir haben beispielsweise das sogenannte E-Learning-Tool Recht am eigenen Bild ins Leben gerufen, und da bitte ich auch
die Personalvertretung, dass sie mitmacht und aufzeigt, was da notwendig ist.

Ich möchte aber auch auf ein Beispiel hinweisen, das ich sehr gerne er­wähne, weil es sehr effektiv ist, nämlich auf die sogenannten Körperkameras, von denen es aktuell 370 gibt, die vor allem in Wien im Einsatz sind
und österreichweit ausgerollt werden. Bis Ende nächsten, spätestens Anfang übernächsten Jahres werden zusätzlich 3 000 solcher Körperkameras angeschafft, um zum Eigenschutz der Kolleginnen und Kollegen mitfilmen zu können, weil mittlerweile sehr oft durch Smartphonevideos sehr rasch
verkürzte Sequenzen dargestellt werden, in denen der Beamte, die Beamtin möglicherweise in ein völlig verzerrtes oder gar falsches Bild
gerückt wird.

Ich glaube, all das sind ganz entscheidende Maßnahmen, damit unsere Kollegin­nen und Kollegen für die so schwierige Arbeit – Sie haben es angespro­chen: Klimakleberdemos, Hamas-verherrlichende Aktionen, die es zum Teil ge­geben hat, ganz schwierige, sensible Situationen im Bereich der Demons­trationen und Kundgebungen – das richtige Handwerkszeug haben, um für die Sicherheit der Menschen zu sorgen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Ich darf mich eingangs für das Lob und die Wertschätzung der Personalvertretung bedanken.

Meine Zusatzfrage geht in eine ähnliche Richtung, allerdings in ein anderes Segment, nämlich: Auch in den sogenannten Qualitätsmedien findet man immer wieder interessante Artikel, so gelesen am 9.12. in der Zeitschrift „Öster­reich“, in der unter dem Titel „Hilferuf an ÖVP-Sobotkas Büro“ ein Artikel über


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das Ableben des ehemaligen Sektionschefs Pilnacek dargestellt wurde,
in dem auch festgestellt wurde, dass Fremdverschulden laut Obduktion ausge­schlossen wird.

Interessant an diesem Artikel ist aber, dass der Akt beim Geheimdienstchef liegt. Daher würde mich interessieren: Warum ist das so und was sind die Um­stände dafür, dass die DSN in diese Sache eingebunden wurde?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ich würde Sie bitten, die Frage etwas zu präzisieren, aber ich gehe davon aus und weiß, dass die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst auch in der Öffentlichkeitsarbeit
nach bestem Wissen und Gewissen ihre Aufgabe macht und es natürlich auch Geheimdienstinformationen sind, mit denen besonders sensibel umge­gangen werden muss; und das tut die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage ist noch eingemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Ich darf noch einmal vertiefend nachfragen: Es ist ungewöhnlich, dass beim Ableben eines Sektionschefs, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird, gleich der Staatsschutz auf den Plan gerufen wird. Warum ist das so?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ich gehe davon aus, und das wissen Sie ja, da Sie ein erfahrener Polizist sind, dass in bestimmten Fällen
auch die entsprechenden Stellen eingebunden werden und dass das auch in dem von Ihnen genannten konkreten Fall so war.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte, Frau


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Abgeordnete.


09.49.12

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Guten Morgen, Herr Innenminis­ter! Wir müssen nun über Rassismus und insbesondere über antimuslimi­schen Rassismus sprechen. Wir wissen nicht zuletzt durch den Hatecrime-Lage­bericht, dass Religion eines der häufigsten, nämlich eines der drei häufigs­ten Vorurteilsmotive bei Hassverbrechen ist, und zwar sowohl gegen Christen und Christinnen als auch gegen Musliminnen und Muslime und gegen
Jüdinnen und Juden.

Im Lichte dessen muss ich noch einmal die Frage, die Kollegin Schatz auch schon angesprochen hat, stellen:

320/M

„Wie beurteilen Sie die Anstiege von gewaltsamen Hassverbrechen seit
dem 7. Oktober im Bereich des Anti-Semitismus und Anti-Muslimi­schen Rassismus?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Wenn Sie mich nach meiner Einschätzung und nach meiner Beurteilung fragen, dann sage ich, dass
das natürlich besorgniserregend und auf das Schärfste zu verurteilen ist und auch entsprechende Maßnahmen zu ergreifen sind. Das haben wir ja in
vielen Bereichen auch getan.

Ich halte es zum Beispiel auch für sehr sinnvoll, dass gerade der Bundeskanzler – ich bedanke mich diesbezüglich auch bei ihm – nach dem 7. Oktober das Gespräch mit den Religionsgemeinschaften gesucht hat, um da wirklich einen Ausgleich zu finden, dass versucht wurde, in dieser Stimmung, die seit
dem 7. Oktober in manchen Bereichen herrscht – Sie kennen die
Bilder von manchen Kundgebungen, bei denen bewusst versucht wurde, aufzuheizen –, einen Ausgleich herbeizuführen, um dagegenzuhalten und nicht etwas aufkommen zu lassen, was wir leider in anderen europäischen
Ländern sehen mussten.


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Wenn ich bedenke, dass nach dem 7. Oktober bei Kundgebungen in Berlin über 60 Polizisten verletzt wurden, es verletzte Demonstranten gab, so sehe
ich, dass wir das in Österreich Gott sei Dank nicht gehabt haben, weil man hier durch die Exekutive, durch die Politik, durch die Glaubensgemeinschaf­ten wirklich versucht hat – man hat es nicht nur versucht, sondern man hat es getan –, da einen möglichst guten Ausgleich zu finden.

Ja, das Thema Hatecrime, Hassverbrechen, ist ein wichtiger Punkt, und
Sie wissen, dass wir da ja auch gemäß dem Regierungsprogramm Akzente setzen wollen und auch werden und dass seit dem 1.11.2020 systematisch Vor­urteilsmotive aufgelistet werden, um da klar anzusprechen, was sie sind, nämlich dass aus rassistischen oder aus Glaubensgründen Menschen verurteilt
werden und Hassverbrechen begangen werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete
El-Nagashi.


Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sie haben die Maßnahmen ange­sprochen; ich möchte noch einmal den antimuslimischen Rassismus an­sprechen. Wir sehen zwischen dem Hatecrime-Lagebericht 2021 und jenem über das Jahr 2022 einen Anstieg von Hassverbrechen um 7 Prozent, aufgeschlüsselt in neun Kategorien – wie gesagt, Religion ist das dritthäufigste Motiv.

Welche Maßnahmen setzen Sie konkret, um Hassverbrechen zu bekämpfen, insbesondere im Bereich des antimuslimischen Rassismus?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Also ich meine, dass da bereits unterschiedlichste Maßnahmen gesetzt wurden. Ich kann nur wiederholen, dass wir in einem intensiven Dialog mit den Glaubensgemein­schaften sind, mit den unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften.
Auch die Radikalisierung über das Internet, sage ich einmal, ist ein Punkt, der uns


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besonders beschäftigt, daher haben wir auch einen Aktionsplan im Bereich Fakenews, Deepfakes gemeinsam mit der Justizministerin auf den
Weg gebracht. Das alles sind laufende Maßnahmen.

Auch in der Prävention tun wir sehr viel. Ich darf da hervorheben, dass ich zu­letzt gemeinsam mit dem Bildungsminister ein Projekt vorgestellt habe,
bei dem wir auch über den Staatsschutz in die Schulen gehen, bei dem wir auch Jugendlichen bewusst machen, was sie da tun – vielen Jugendlichen ist manchmal nämlich gar nicht bewusst, dass sie, wenn sie gewisse Sharepics, oder wie man das nennt, teilen und weiterschicken, damit auch ein Hassver­brechen begehen.

Ich glaube also, es ist wirklich vieles von vielen zu tun – nicht nur im polizeili­chen, auch im Bildungsbereich, an unterschiedlichsten Stellen, und auch
wir als Politik sind gefordert, da Akzente zu setzen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abge­ordnete Lindner. – Bitte.


Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die letzten Jahre haben ja insgesamt eine massive Welle an Hasskriminalität
in Österreich verursacht. Von den 6 779 Anzeigen im Jahr 2022 wa­ren Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Hautfarbe, ihrer Welt­anschauung, ihrer Religion oder auch ihres sozialen Status betroffen. Wir
wissen, dass die Zahlen seit dem Bericht von Quartal zu Quartal steigen. Die Dunkelziffer dürfte um ein Zehnfaches höher sein – das sagt zumindest
eine Studie aus Deutschland.

Seit Jahren fordern die Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten von der Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan gegen Hasskriminalität,
die Regierung bleibt aber untätig.


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Welche konkreten neuen Schritte werden Sie in dieser Legislaturperiode noch setzen, um sowohl der Hasskriminalität entgegenzutreten als auch die mas­sive Dunkelziffer der nicht angezeigten Hatecrimes zu senken?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, es ist schade, dass Sie das, was da geschehen ist – und es ist viel passiert, aber
es sind weitere Maßnahmen notwendig –, so sehen, dass Sie das als Untätigkeit bezeichnen. Es obliegt aber Ihnen, das so zu beurteilen.

Ich möchte als nur ein Beispiel einen polizeilichen Bereich herausgreifen,
den ich auch in diesem Zusammenhang für besonders wichtig halte, nämlich die sogenannte Kriminaldienstreform. Das mag aus Ihrer Sicht jetzt damit nicht unmittelbar etwas zu tun haben, aber Sie wissen auch, Herr Abgeordneter, dass gerade diese Steigerungen sehr intensiv mit den Delikten, mit den Aktionen
in sozialen Netzwerken zu tun haben – sprich: Cybercrimedelikte, Hassverbre­chen im Netz, Hatecrime. Es gibt – Sie erinnern sich sicher an diesen tra­gischen Fall Kellermayr – unterschiedlichste Bereiche. Diese Delikte finden vor allem auch im Netz statt, daher müssen wir auch im Netz verstärkt poli­zeiliche Maßnahmen setzen.

Die Kriminaldienstreform hat als eines ihrer Ziele, die Expertinnen und Experten beziehungsweise die Polizei in diesem Bereich stärker und intensiver aus­zubilden und dass wir stärker in die Regionen kommen. Wir haben exzellente Expertise im Bundeskriminalamt, zum Teil auch in einzelnen Bezirken,
aber das muss jetzt strukturiert werden, damit, wenn so etwas passiert, die Be­völkerung einerseits sehr rasch und direkt – wenn Sie so wollen – zur
nächsten Polizeiinspektion gehen kann und dass dann mit den Experten in den Landeskriminalämtern beziehungsweise in den neu zu schaffenden soge­nannten Assistenzdienststellen auch Maßnahmen ergriffen werden können, da­mit man das sehr rasch wieder abstellen kann.


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Diese Ermittlungen sind schwierig genug, weil sie international stattfinden, aber da bitte ich einfach darum – vielleicht haben Sie einmal Gelegenheit –,
dass wir das auch intensiver erläutern. Wenn Sie aber sagen, dass wir untätig waren, muss ich Ihnen entgegenhalten, dass auch in diesem Bereich sehr
vieles passiert ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeord­neter Brandstätter. – Bitte.


09.55.41

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Verwirrspiel um Schengen geht weiter. Sie haben heute wieder vom kaputten Schengensystem gesprochen; gleichzeitig haben
Sie vor wenigen Tagen gesagt, es soll ein Schengen light, ein Schengen air oder so etwas für Rumänien und Bulgarien geben. Gleichzeitig weiß ich,
dass der Schaden für Österreich immer größer wird und auch österreichische Unternehmen bei Ihnen vorstellig werden, weil sie wissen, wie sehr uns
das schadet – unseren Unternehmen, die dort ja viel investiert haben, aber auch den Menschen hier, die Pflegerinnen und Pfleger brauchen.

Da sich überhaupt niemand mehr auskennt, ist mir jetzt auch wieder eine Frage ganz klar eingefallen, nämlich: Haben Sie die Bedingungen, die Sie jetzt
stellen, auch bei der Zustimmung zu Kroatien gestellt, beziehungsweise welche Bedingungen haben Sie eigentlich bei Kroatien gestellt und welche Bedin­gungen haben Sie den Ungarn gestellt, dass sie bei Schengen bleiben dürfen, ob­wohl sie sich nicht daran halten?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 316/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Bedingungen wurden für die Schengen-Aufnahme von Kroatien gestellt?“

*****



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das waren jetzt drei Fragen. Ich werde trotzdem versuchen (Abg. Brandstätter: Danke!), diese drei Fra­gen für Sie als eine zu interpretieren (Abg. Brandstätter: Danke!) und daraus eine Antwort zu skizzieren. (Abg. Brandstätter: Na, nicht interpretieren, beant­worten!) Ich werde versuchen, auf drei gestellte Fragen eine Antwort zu geben. (Abg. Brandstätter: Gut!)

Aus meiner Sicht ist eine Schengenerweiterung ein zweistufiges Verfahren. Warum ein zweistufiges Verfahren? – Zunächst gibt es den Statusbericht durch die zuständige EU-Kommission, die feststellt, welchen Status ein Land im Zusammenhang mit einer möglichen Schengenerweiterung hat – erste Stufe. Die zweite Stufe umfasst eine Beratung und Schlussfolgerung auch im Rat –
das ist vorgesehen –, einen einstimmigen Beschluss im Rat der Innenminister darüber, ob ein Land zu Schengen dazukommt oder nicht.

Faktum ist auch – das möchte ich jetzt auch noch sagen, weil ich gesagt
habe, dass Schengen kaputt ist –, und ich glaube, Sie stimmen mit mir da voll­kommen überein und Sie sehen das wahrscheinlich auch so: Wir haben derzeit in elf europäischen Ländern des Schengenraums Grenzkontrollen, das heißt, 70 Prozent der europäischen Bevölkerung in diesen Ländern haben derzeit Bin­nenkontrollen, und das beschreibt den Zustand für Schengen wohl leider –
ich sage das bewusst dazu: leider! – am besten. (Abg. Stöger: Dann machts es net!) – Das wird gemacht – weil ich diesen Zwischenruf gehört habe –,
weil es eben notwendig ist; nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil die Zahlen so aussehen, wie sie aussehen.

Wir haben zu Beginn sehr intensiv über das Asyl- und Migrationsthema diskutiert. Wir haben seit dem 7. Oktober sehr intensiv darüber diskutiert, wie wir auch Radikalisierte wieder in ihre Länder zurückbringen. Es ist aus Sicherheitsgründen einfach notwendig, dass wir die Kontrollen durchführen.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Na ja, Entschuldigung! Moment! Es wurde ja gar keine Frage beantwortet, weil die ganz konkrete Frage
war: Welche Bedingungen wurden an Kroatien gestellt? Wenn Schengen kaputt ist, warum hat man dann Kroatien hereingelassen? Und gibt es eigentlich
im Innenministerium Berechnungen, wie groß der Schaden für österreichische Unternehmen bereits ist?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das sind wieder zwei Fragen, und ich werde wieder versuchen, auf beide eine Antwort zu formulieren.

Zweistufiges Verfahren – erstens: Statusbericht der Kommission; zweitens: Be­ratungen der Innenminister. Bei diesen Beratungen im letzten Jahr war
klar, dass der Großteil der illegalen Migration über die sogenannte Westbalkan­route – das heißt Rumänien, Bulgarien, Ungarn –, also über diesen Bereich
und nicht direkt über den Süden kommt.

Die Situation hat sich jetzt in vielen Bereichen geändert: Wir sehen,
dass der Druck aus dem Süden stärker wird, weil die Schlepper eben ihre
Routen geändert haben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass nach § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung jede Frage nur aus einer Frage
bestehen darf. Ich war ein bisschen tolerant, ich würde aber bitten, dass man wieder auf dieses Regime zurückkommt.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Minnich. – Bitte.


Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Sie haben in den Medien mehrmals betont, dass das Schengensystem so nicht
mehr funktioniert. Was muss Ihrer Ansicht nach getan werden oder


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gemacht werden, damit das Schengensystem wieder funktionstüchtig gemacht wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Die Reisefreiheit war und ist eine der großen Errungenschaften dieser Europäischen Union. Aufgrund
der Situation, der Sicherheitssituation in den einzelnen Mitgliedsländern, hat sich das eben leider dramatisch verändert, und in vielen Ländern mussten wie­der Binnengrenzkontrollen eingeführt werden.

Wir haben diese schon seit längerer Zeit Richtung Ungarn und Slowenien
und haben zuletzt, weil Deutschland Richtung Österreich, Richtung Tschechien und Richtung Polen kontrolliert, auch in Österreich die Grenzpunktkontrol­len an den Grenzen zur Slowakei und zu Tschechien wieder eingeführt – leider –, weil es einfach notwendig ist, weil wir darauf reagieren müssen und nicht
zur Ausweichroute für Schlepper werden dürfen.

Was ist notwendig, damit das wieder funktioniert? – Das ist völlig klar – und ich glaube, da sind wir uns Gott sei Dank einig, ich kenne dazu Stellungnahmen
von allen Parteien aus diesem Haus –: ein robuster oder besser gesagt ein funk­tionierender Außengrenzschutz, im Zuge dessen an der Außengrenze fest­gestellt werden kann, wer das Recht hat, legal nach Europa zu reisen, und wer eben nicht. Wenn es diesen gibt, ist es auch wieder möglich, sich inner­halb dieses Raumes frei zu bewegen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


10.01.21

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich habe mir die Entwicklung der Gesamtkriminalität in den letzten zehn Jahren ange­sehen. Dabei ist mir besonders aufgefallen, dass es in der Zeit des einzigen In­nenministers der Zweiten Republik, der wegen Gefährdung verfassungs­mäßiger Einrichtungen vom Bundespräsidenten entlassen wurde, nämlich unter


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Innenminister Kickl (Abg. Amesbauer: Das steht aber nicht in der Begrün­dung! Was reden Sie schon wieder für einen Topfen in aller Früh?), die höchste Zahl an Tatverdächtigen, nämlich 2018/19 fast 600 000, gab.

Kommen wir aber in die Jetztzeit: Jetzt ist es so, dass die Gesamtkrimi­nalität niedriger als in den ersten fünf Jahren der letzten Zehnjahresperiode ist; der Wert liegt unter 500 000. Es fällt dabei besonders auf, dass die Eigentumskriminalität rückgängig ist, die organisierte Kriminalität rückläufig ist, dass aber die Gewaltkriminalität und vor allem die Wirtschaftskriminalität steigen, dass besonders die Internetkriminalität ganz stark steigt, insbesondere Cybercrime mit 44,5 Prozent.

306/M

„Was wurde getan, um neue Kriminalitätsformen bekämpfen zu können?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ja, Sie haben völlig recht. Eine der großen Herausforderungen in der inneren Sicherheit ist der Bereich Cybercrime und Cybersecurity, das heißt auf der einen Seite die Kriminalität im Internet, auf der anderen Seite das Thema Netzsicherheit: Wie sicher sind unsere Netze, vor allem im Bereich der kritischen Infrastruktur?

Im Bereich Cybercrime liegen mittlerweile Zahlen vor – Sie haben einige auch in Ihrer Frage genannt –, und die für mich eindrucksvollste Zahl ist leider: 100 Betrugsdelikte im Netz pro Tag. Es gibt zwar Gott sei Dank kaum mehr Banküberfälle, aber ähnliche Überfälle gibt es leider nach wie vor, sie
finden eben im Netz statt und praktisch jede und jeder von uns ist mittlerweile betroffen.

Es wird nicht jeder direkt zum Opfer, weil man sich eben zu schützen
weiß, weil man vorsichtig ist und nicht jedes Mail oder jedes SMS öffnet. Ich bit­te wirklich alle, da immer wieder Vorsicht walten zu lassen und das nicht


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zu tun, wenn solche Mails, solche SMS scheinbar von der Bank, von der Polizei kommen. Die Polizei würde nie über ein Mail oder ein SMS jeman­den auffordern, etwas zu zahlen. Daher bitte ich darum, da vorsichtig zu sein.

Was haben wir getan? – Wir haben die Kriminaldienstreform in Umset­zung gebracht und 38 sogenannte Kriminalassistenzdienststellen geschaffen – ich habe es schon bei der Anfrage zuvor kurz skizziert –, mit denen
wir in die Regionen hinausgehen und gerade die Expertise im Cyberbereich, zu Cybercrime intensivieren, vergrößern, verstärken wollen.

Es gibt eine strukturierte Ausbildung in diesem Bereich. Wir haben schon sehr viele gute Experten, aber wir werden da massiv aufrüsten müssen, so­dass wir in den nächsten vier Jahren rund 700 zusätzliche Arbeitsplätze in den Regionen – bewusst in den Regionen, vom Neusiedler See bis zum Boden­see – für Cybercrime-Ermittler in den Kriminaldienstgruppen schaffen werden. Wir werden in den Landeskriminalämtern in den einzelnen Bundesländern sogenannte Cybercrime-Training-Center einrichten, wir schaffen eine Grundausbildung für alle Kolleginnen und Kollegen und eine Spezialausbildung für bestimmte Bereiche. Es sind also umfangreiche Maßnahmen
notwendig, weil es einfach der Bereich ist, der in der Kriminalstatistik am stärksten steigt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.

Dann stellt die nächste Frage Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte.


10.04.52

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In den letzten Tagen hat es ja durchaus einiges an zumindest medialer Ver­wirrung rund um das Thema der Arbeitspflicht gegeben. Es hat ja schon mehrere negative Stellungnahmen zu diesem Thema gegeben. Das, was jetzt unter
dem Motto grünes Licht präsentiert wurde, erweckt den Eindruck, als ob das In­nenministerium die Möglichkeit zu irgendeiner Genehmigung der zumin­dest medial kolportierten Lösung hätte. Da es ja bisher schon einige negative


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Stellungnahmen – auch aus Ihrem Ministerium – gegeben hat, würde mich interessieren:

303/M

„Welche veränderten Parameter haben dazu geführt, dass die Prüfung der von Ihnen medial propagierten ‚Arbeitspflicht‘ für Asylsuchende, die bereits
mehrfach als rechtlich problematisch eingeschätzt wurde, nun ein positives Ergebnis gebracht hat?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Da muss man kurz auf den September dieses Jahres zurückblicken, als es eine Landesflüchtlingsre­ferent:innenkonferenz in Kärnten in Faak am See gegeben hat, bei
der die Flüchtlingsreferentinnen und -referenten über einen Antrag – ich den­ke – des Bundeslandes Oberösterreich beraten haben. Ich halte es prin­zipiell für sinnvoll, über dieses Thema nachzudenken, dass nämlich jene, die in Österreich Schutz und Hilfe bekommen, unserem Land auch etwas zurück­geben sollen. Dieses Thema wurde bei der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz sehr intensiv beraten, und nach dieser Beratung gab es einen einhelligen Beschluss darüber – einhellig, das heißt
von allen im Parlament vertretenen Parteien außer den NEOS, die nicht Teil der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz sind –, das Innenministerium aufzufordern, zu ersuchen – mit welchem Begriff auch immer Sie das in einem föderalen Staat bezeichnen wollen –, etwas dazu zu erstellen, wie es mög­lich wird, Asylwerber dazu zu verpflichten, dem Staat, der ihnen hilft – im Kon­kreten Österreich –, auch etwas zurückzugeben.

Das war ein einhelliger Beschluss aller dort Vertretenen, und dieser Auf­gabe kommt das Innenministerium natürlich nach. Da hat es dann eben ein Er­gebnis gegeben, das ich bei der Landesflüchtlingsreferent:innenkon­ferenz zunächst mündlich präsentiert habe, das dann auch noch schriftlich


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ausgefolgt wird, damit die einzelnen Bundesländer diese Punkte in
ihrer Verantwortung, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch umsetzen können. Ein Vorschlag ist beispielsweise die Kürzung des Taschengeldes, wenn
jemand nicht bereit ist, unterstützende Arbeit aufzunehmen. Es gibt unter­schiedlichste Maßnahmen, und es liegt jetzt wiederum in der Verantwortung der Bundesländer – das war das Ersuchen –, solche Maßnahmen in ihrem Wir­kungsbereich auch konkret umzusetzen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner (fortsetzend): Auch Sie wissen, davon bin ich überzeugt, dass die gesamte Materie Asyl und Grundversor­gung eine sehr komplexe ist, die in einer 15a-Vereinbarung festgelegt ist und dass dementsprechend neun Länder und auch der Bund dabei sind.
Wir haben da die rechtliche Expertise, um die wir gebeten wurden, geliefert.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?


Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Danke für die Information. Man sollte nicht vergessen, dass bei dieser Flüchtlingsreferentenkonferenz, glaube
ich, nur fünf Länder anwesend waren, aber sei’s drum, ein Beschluss ist ein Be­schluss. Es wundert mich nur, dass die Länder nicht wissen, dass sie das eigentlich bisher auch schon hätten umsetzen können, weil das ja nichts Neues ist. Also insofern: Wozu das grüne Licht?

Meine konkrete Zusatzfrage bezieht sich aber auf den Menschenrechtsbefund, der von der Liga für Menschenrechte präsentiert worden ist. Eine der Anmerkungen dazu betrifft die Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in diesem Bereich: Es gibt ja die Initiative Gemeinsam für Kinderrechte, die sich um Beratung betreffend Obsorge bemüht, und eine der Anmerkungen war, dass diese Initiative keinen Zutritt zu den Bundesein­richtungen bekommt, um ihre Beratungstätigkeit bei Kindern und Jugendlichen hinsichtlich der Obsorge durchführen zu können. Haben Sie vor, daran
etwas zu ändern?



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Zunächst: Sie haben recht, dass nicht alle Bundesländer anwesend waren, aber das habe ich auch
nicht gesagt; ich habe gesagt, alle Parteien waren bei dieser Flüchtlingsrefe­rent:innenkonferenz anwesend – nur um das klarzustellen. Wien war nicht dabei, da haben Sie recht, aber den Vorsitz hat beispielsweise Kärnten. Es wurde in­tensiv beraten, und daher habe ich das gemacht.

Was die Obsorge ab dem ersten Tag betrifft: Sie wissen, dass das nicht unmittelbar in meine direkte Zuständigkeit fällt, aber das Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist eines, das uns – auch wieder in diesem komplexen System der Grundversorgung – intensiv fordert. Dazu haben wir uns wie­derum bei der letzten Konferenz beraten und beschlossen, dass wir die Tagsätze erhöhen, die ja die längste Zeit nicht erhöht wurden, nämlich von 95 Euro
auf – so der Vorschlag, glaube ich – etwa um die 120 Euro. Das wird also erhöht, damit wir die Versorgung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge besser­stellen können.

Obsorge ab dem ersten Tag – ich weiß, dass es diese Initiative gibt – ist eine An­gelegenheit, die im Justizministerium liegt und über die dort beraten wer­den muss. (Abg. Oxonitsch: Zum Zutritt gibt’s nichts? Die Frage war zum Zutritt! – Abg. Krainer: So kann man Fragen auch nicht beantworten!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordnete Dies­ner-Wais. – Bitte.


Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich komme wieder zum Thema Arbeitspflicht für Asylsuchende zurück:
Die Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbern für gemeinnützige Arbeit ist in der Landesflüchtlingsreferentenkonferenz schon diskutiert worden,
aber auch medial. Die Länder, wie Sie schon gesagt haben, waren dort vertreten.


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Jetzt ist meine Frage: Wie sehen die derzeitige Situation in den Bundes­ländern und deren Vorhaben für die Umsetzung aus? Gibt es da schon etwas Näheres?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Derzeit ist mir bekannt, dass in dieser Frage unter dem Titel Arbeitspflicht für Asylsuchende – oder
wenn jemand nicht bereit ist, gemeinnützige Arbeit zu erledigen – beispielsweise die Kürzung des Taschengeldes sozusagen die Sanktionsmöglichkeit ist,
die die Bundesländer haben und die einzelne Bundesländer in Zukunft auch an­wenden werden, wenn ich die Berichte oder das, was von der Konferenz mitgeteilt wurde, richtig sehe. Das wird möglicherweise in Vorarlberg und mögli­cherweise in Oberösterreich der Fall sein, auch Salzburg prüft da. Andere Bundesländer haben das bisher abgelehnt. Letztendlich aber liegt es wie gesagt in der Verantwortung und in der Möglichkeit der einzelnen Bundesländer,
solche Schritte zu setzen. Ich glaube, das ist auch ein positives Zeichen für den lebendigen Föderalismus.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur nächsten Zusatzfrage ist Herr Ab­geordneter Shetty zu Wort gemeldet. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Vielleicht einleitend: Wir NEOS sind ja der Meinung, dass es einen straffen Rahmen für alle, die zu uns kommen, braucht. Das ist im Sinne
derer, die zu uns kommen – der Zugewanderten –, aber auch im Sinne unserer Gesellschaft. Wir fordern daher für alle Asylwerberinnen und Asylwer­ber ein verpflichtendes Integrationsjahr. Es beinhaltet verpflichtende Deutsch-, Werte- und Orientierungskurse. Das heißt aber auch, dass man sie zur Verfügung stellen muss, was derzeit ab Tag eins leider nicht der Fall ist. – Also fördern und fordern, aber halt wirklich.


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Jetzt muss ich schon noch einmal zu dieser Forderung zurückkommen,
die ja nicht, wie Sie es geschildert haben, von der Flüchtlingsreferentenkon­ferenz aufgestellt wurde, sondern von Ihrer Partei, der ÖVP. Sie fordern eine Ar­beitspflicht, also quasi Zwangsarbeit für alle Asylwerberinnen und Asyl­werber (Zwischenrufe bei der ÖVP), gleichzeitig aber verhängt die ÖVP seit Jahren ein Arbeitsverbot für alle Asylwerberinnen und Asylwerber. Das führt zu
der Situation, dass eine gut ausgebildete Pflegekraft nicht als Pflegerin tätig sein darf, aber Sie wollen, dass sie zum Rasenmähen verpflichtet werden kann.

Deswegen ist meine konkrete Frage: Können Sie bitte konkret – und zwar auch für alle außerhalb der ÖVP verständlich – erklären, wie Sie diesen Wider­spruch auflösen können?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ich habe das bei einer Frage davor schon gesagt: Ich halte es für absolut notwendig, dass wir klar
zwischen legaler Zuwanderung, natürlich verbunden mit dem Arbeitsmarkt, und Kampf gegen illegale Zuwanderung trennen. Wenn wir den Zugang zum Arbeitsmarkt über die Hintertür zulassen, werden wir noch mehr Menschen ani­mieren, über den oft so todbringenden Weg – beispielsweise über das Mittelmeer – nach Europa und nach Österreich zu kommen. Das halte ich für falsch. Wir brauchen die klare und strikte Trennung zwischen legaler Zuwanderung – der Rot-Weiß-Rot-Karte, die wir brauchen, das ist beispiels­weise im Pflegebereich notwendig, Sie haben es angesprochen – und
dem Kampf gegen illegale Zuwanderung. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Während des Verfahrens halte ich es für sinnvoll, dass Asylwer­ber – sie bekommen ja auch Unterkunft und etwas zu essen, werden
versorgt – dem Staat, in dem sie sind, auch etwas zurückgeben. Daher gibt es den Vorschlag der Kürzung des Taschengeldes – die Möglichkeit, dass
die Bundesländer das tun.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 65

Wenn jemand dann asylberechtigt ist, müssen wir sehr intensiv und sehr rasch in die Integration gehen – da bin ich völlig bei Ihnen. Das Ziel muss aber sein,
die Verfahren rasch durchzuführen, während des Verfahrens mögli­cherweise dem Land, von dem man unterstützt wird, eine Gegenleistung zu ge­ben und dann, wenn es die Asylberechtigung gibt, die Menschen rasch
in den Arbeitsmarkt zu integrieren, damit sie auch die Möglichkeit haben, sich selbst zu versorgen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Tomaselli. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Minister! Kollege Shetty
hat es ja bereits ausgeführt: Die Diskussion, die um die Beschäftigung von Ge­flüchteten in Asylverfahren entbrannt ist, stammt ja nicht von der Landes­flüchtlingsreferent:innenkonferenz, sondern aus Vorarlberg, angestoßen von der dortigen ÖVP. Tatsächlich – ich glaube, da sind wir uns einig – ist Arbeit, Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben, einer der Schlüssel überhaupt zur Integration. Sie haben ja auch selber gesagt, dass alles, was Asylbe­rechtigte in den Arbeitsmarkt und nicht in das Sozialsystem bringt, unterstüt­zenswert sei und helfe. Da ist es aber schon fraglich, wie so ein Zwangs­programm dem tatsächlich Rechnung tragen würde.

2016 musste leider das höchst erfolgreiche Programm der Nachbarschaftshilfe der Caritas Vorarlberg aufgrund eines Gesetzeskonfliktes eingestellt wer­den. In diesem Projekt geht es um gemeinnützige Arbeit, aber es ist ein Projekt auf Augenhöhe, bei dem vor allem die Integration und die Begegnung im Vordergrund stehen.

Jetzt wollte ich Sie fragen: Unterstützen Sie das einstimmig befürwortete Vorha­ben des Vorarlberger Landtages, gemeinsam mit der Vorarlberger Caritas
das langjährig bewährte Programm der Nachbarschaftshilfe für Asylwerber:innen wieder einzuführen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.



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Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Frau Abgeordnete, ich muss nur noch eine Korrektur mitteilen: Ich habe gesagt, dass alle im Parlament vertretenen Parteien außer den NEOS bei der Landesflüchtlingsreferent:innen­konferenz dabei waren, aber die Grünen waren auch nicht dabei, weil sie
nicht mehr Teil der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz sind.

Der Beschluss, diesen Vorschlag vom Innenministerium zu prüfen, geht auf einen Beschluss der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz – ich glaube, es
war am 20. September – zurück. Vorarlberg hat neben Oberösterreich dieses Thema als Erstes aufgegriffen. Wenn es in Vorarlberg ein sinnvolles Pro­jekt gibt, bei dem sich alle Parteien einig sind, dann begrüße ich das natürlich, aber es ist nicht meine Aufgabe, dieses Projekt durchzuführen. (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


10.16.33

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Bundesminister, wir sehen, dass die illegale Migration in Europa eine große Herausforderung dar­stellt, aber im Gegensatz zu Österreich steigt die Zahl der Asylanträge in Deutschland und Spanien oder auch in Italien und Frankreich.

Meine Frage dazu lautet: Welche Maßnahmen hat Österreich da ergriffen, dass bei uns die Zahlen nicht steigen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 307/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen hat Österreich gesetzt, dass in unserem Land die Asylzahlen sinken während sie in Europa steigen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.



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Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Wir haben es heute schon kurz skizziert, aber ich wiederhole es, weil es wichtig ist: Faktum ist –
das möchte ich an dieser Stelle auch sagen –, dass wir nach wie vor hohe Asylantragszahlen haben – von Jänner bis Oktober waren es
knapp 54 000 –, aber es sind deutlich weniger als beispielsweise im letzten
Jahr: Im Oktober hatten wir 9 893 Asylanträge, im Oktober 2022 waren es fast doppelt so viele – ein Rückgang von 46 Prozent. Von Jänner bis Oktober
hatten wir einen Rückgang von 42 Prozent.

Was haben wir getan? – Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen. Was war das Ziel dahinter – Operation Fox, sie wurde heute schon kurz erwähnt –? –
Das Ziel dahinter war, die Routen der Schlepper zu stören. Wir müssen das Ge­schäft der Schlepper kaputtmachen. Wir müssen versuchen, die großen
Fische und nicht nur die kleinen Fische zu fangen. Das war ein wesentlicher Punkt, dass sich da einiges geändert hat.

Ein wesentlicher Punkt war auch – das wurde heute noch nicht erwähnt –, dass die Visapolitik in manchen Ländern geändert wurde, beispielsweise in
Serbien. Im letzten Jahr durften indische und tunesische Staatsbürger visumsfrei nach Serbien einreisen. Bundeskanzler Karl Nehammer hat da massiv
Druck auf Serbien gemacht, er hat sich auch mit dem Regierungschef getroffen. Er wurde dafür vielfach kritisiert, aber – und das ist das Entscheidende –
es hat Erfolg gebracht: Serbien hat die Visapolitik für Tunesien und Indien geän­dert, sodass es im heurigen Jahr praktisch überhaupt keine Asylanträge
aus diesen Ländern mehr gibt. Im letzten Jahr hatten wir aus Indien und Tune­sien noch 13 000, jetzt sind es, glaube ich, 200 bis 300 – also eine deutli­che Reduktion, weil sich da die Visapolitik geändert hat.

Wir haben die Verfahren in vielen Bereichen deutlich beschleunigt, und wir ha­ben vor allem die Schnellverfahren an der Grenze intensiver gemacht,
denn wenn potenzielle Asylwerber oder jene, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa kommen, sehen, sie haben keine Chance auf einen positiven


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 68

Bescheid, dann ziehen sie sehr rasch weiter oder kehren in ihre Heimat zurück. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Krisper. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Innenminister, wer über die Situation bei Asylverfahren redlich informieren möchte,
müsste ergänzend zu den Asylantragstellungen ja auch immer ein Phänomen thematisieren, nämlich die Verfahrenseinstellungen. Dementsprechend ist meine Frage: Wie viele Asylverfahrenseinstellungen gab es in diesem Jahr bis jetzt
im Verhältnis zur Anzahl der gestellten Asylanträge?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ich hoffe, ich habe die Zahl richtig im Kopf: Ich glaube, es waren in diesem Jahr an die 26 000 Ver­fahrenseinstellungen – zwischen 20 000 und 30 000, ich glaube, das ist ziemlich die richtige Zahl.

Zur Erklärung, auch für jene, die über das Fernsehen dabei sind: Verfahren werden dann eingestellt, wenn sich Asylwerber selbst freiwillig dem Verfahren entziehen. Wenn sie zu den sogenannten Asylgesprächen nicht bereit sind – ich glaube, sie heißen anders, also die Aufnahmegespräche oder die inhaltli­chen Gespräche, nämlich zum Asylgrund, warum sie um Asyl ansuchen –, wenn sie sich diesem Verfahren entziehen, wird das Verfahren nach drei Tagen eingestellt und damit auch negativ beschieden. Das ist auch eine sehr hohe Zahl an negativen Asylbescheiden, die in diesem Jahr schon erstellt wurden,
weil eben viele weiterziehen und viele in andere Länder ziehen wollen, weil sie die Hoffnung haben, dort irgendwo am Schwarzarbeitsmarkt unterzukommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.) – Da alle An­fragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet
erklären und darf mich beim Herrn Bundesminister für Inneres recht herzlich bedanken.


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10.20.48Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 17091/J bis 17153/J

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Wissenschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-1073 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Abgeordneter Scherak beantragt hat, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Margreiter, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 31.1.2024 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendi­gung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.


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Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 2 bis 4, 5 und 6, 8 und 9, 11 und 12, 13 und 14 sowie 15 und 16 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Dementspre­chend haben wir eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart. Die Redezeiten ergeben sich wie folgt: 156 Minuten für die ÖVP, 108 für
die SPÖ, 88 für die FPÖ, 80 für die Grünen sowie 64 Minuten für die NEOS.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören,
je 32 Minuten. Deren Redezeit wird auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Reimon: Wie viel hat die FPÖ? – Ruf: 88!) – FPÖ: 88! (Abg. Reimon –
erheitert –: 88? – Ruf: Jessas! – Heiterkeit des Abg. Wurm. – Abg. Kassegger:
Das ist aber echt witzig, oder?) –
Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.22.291. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (2080 d.B.) „BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!“ (2374 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte sehr.



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10.22.54

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Einen wunderschönen guten Morgen den Kolle­ginnen und Kollegen und den Damen und Herren auf der Galerie! Ich möchte im Namen meines Kollegen Laurenz Pöttinger besonders die Freiwillige Feuer­wehr Grieskirchen bei uns begrüßen.  Herzlich willkommen im Hohen
Haus! (Allgemeiner Beifall.) Ich danke auch für Ihren tagtäglichen Einsatz, noch einmal herzlich willkommen!

Wir beschäftigen uns heute mit dem Volksbegehren zum Thema Bar­geld (Bundesminister Brunner – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Entschuldigung, guten Morgen!) – Guten Morgen, Herr Finanzminister! –, das knapp über
120 000 Österreicherinnen und Österreicher unterschrieben haben. Dass dieses Thema, nämlich die Beibehaltung des Bargeldes, die österreichische Bevöl­kerung sehr bewegt, haben wir ja schon aufgrund eines anderen Volks­begehrens, das wir vor Kurzem hier im Hause behandelt haben und das von 530 000 Österreicherinnen und Österreichern unterschrieben worden
ist, gesehen, und diese Volksbegehren werden ja auch hier bei uns im Hohen Haus behandelt.

Ich möchte den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Volksbegeh­rens recht herzlich für ihren Beitrag danken und möchte ihnen auch versichern, dass es von unserer Seite nicht vorgesehen ist, das Bargeld abzuschaffen;
ganz im Gegenteil, wir sind massive Verfechter des Bargeldes, und dies aus meh­reren stichhaltigen Gründen.

Für mich persönlich ist die persönliche Freiheit ein sehr hohes Gut, und Bar­geld ist persönliche Freiheit. Ohne Bargeld gibt es keine persönliche Freiheit, meine Damen und Herren, und darum wird auch das Bargeld erhalten bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bargeld ist bei der Ausübung der Grundrechte von essenzieller Bedeutung, Bargeld ermöglicht ja natürlich auch die soziale Eingliederung. Wir wissen, dass


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in Europa 13 Millionen Menschen kein Konto haben, das heißt, es ist
für das tägliche Leben eben total wichtig, dass es Bargeld gibt, um die soziale Eingliederung zu schaffen.

Darum gibt es auch auf europäischer Ebene kein definitives - - (Abg.
Wurm: Achtung, aufpassen, Kollege Haubner!) –
Kollege Wurm, auf europäischer Ebene gibt es ein definitives Bekenntnis zum Bargeld (Abg. Belakowitsch:
Ja, aber nur definitiv, genau! – Abg. Kassegger: Ja, aber nur bis zum Be­trag von 3,70 Euro!),
und es ist auch da nicht an die Abschaffung des Bargeldes gedacht.

Aber (Abg. Belakowitsch: Aber! – Abg. Kassegger: Niemand hat die Absicht,
eine Mauer zu ...!)
als gelernte Europäer wissen wir zwei Dinge: zum einen, dass es gut ist, wenn wir das gleiche Ansinnen haben wie die europäische
Ebene (Abg. Belakowitsch: Das haben wir aber nicht!), und zum anderen, dass es große Sicherheit gibt, wenn wir uns auch auf nationaler Ebene klar zum
Bargeld bekennen; und das tun wir auch, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Ja, dann stimmt dagegen, gegen die Abschaffung!)

Dass das Bargeld hohe Akzeptanz hat, beweisen die Zahlen (Abg. Belakowitsch: Das brauchen Sie uns ja nicht erzählen!): Die Zahl der im Umlauf befindli­chen Banknoten ist seit dem Jahr 2002, seit der Einführung des Euro, kontinuier­lich gestiegen, und es ist nach wie vor das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel.

Die Vorteile des Bargeldes liegen ja auf der Hand: Es ist günstig, es ist schnell und es ist verlässlich. Allen, die alles nur digital haben wollen, kann man
ganz klar sagen: Bargeldzahlungen sind eben die sicherste Zahlungsart, und es kann alles in einem erledigt werden. Jeder hat schon die Erfahrung ge­macht, dass, wenn er zum Beispiel im Taxi sitzt und das Gerät nicht funktioniert, es gut ist, wenn man Bargeld zur Hand hat, sodass man seine Rechnung be­gleichen kann.


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Persönlich kann ich auch sagen: Ich bin nicht für eine Obergrenze, ganz einfach deshalb, weil sie, wenn sie einmal eingeführt ist, dann wahrscheinlich permanent abgesenkt werden wird (Abg. Belakowitsch: Ah wirklich?! – Abg. Wurm: Peter, komm zu uns! – Abg. Kassegger: Richtig!), und damit ist uns auch nicht geholfen.

Das Bargeld ist das beste Mittel zum Umgang mit den eigenen Finanzen. (Abg. Belakowitsch: Also in der EU nicht zustimmen! – Abg. Kassegger: ... der Herr Finanzminister dazu!) Ich glaube, es ist besser, wenn man dem Kind Taschengeld gibt, nicht eine Kreditkarte – bei Taschengeld merkt man rechtzeitig, dass
man nur das ausgeben kann, was man in seiner Tasche hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Es ist aber auch Vorsicht geboten, wenn gleichzeitig mit dem Bargeld immer wie­der der digitale Euro ins Rennen geschickt wird, eine Währung, die zurzeit
keiner nachfragt, die keiner braucht und die eigentlich keine Probleme löst, son­dern mehr davon schafft. Die digitale Einführung bringt wahrscheinlich
mehr Probleme, als sie löst. Und wenn man in der letzten Sitzung des Finanz­ausschusses dem Herrn Gouverneur der Oesterreichischen National­bank zugehört hat, hat man gehört: Er hat als funktionierendes Land einer digi­talen Währung China genannt – da schrillen bei mir alle Alarmglocken. Deshalb ist hier höchste Vorsicht geboten.

Ich sage: Bargeld: ja; digitaler Euro: Seien wir vorsichtig! Setzen wir auf Bewähr­tes, setzen wir also auf Bargeld, meine Damen und Herren! (Abg. Belako­witsch: Nicht Vorsicht! Wir lehnen es ab!)

Lassen Sie mich abschließend noch einmal festhalten: Bargeld ist ein essenzieller Beitrag zur persönlichen Freiheit, und deshalb werden wir es auch nicht abschaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wurm. – Abg. Kassegger: Jetzt kennen wir uns aber nicht mehr aus! Sind wir jetzt dafür oder dagegen? –
Abg. Belakowitsch: Was ist jetzt? Sind wir jetzt vorsichtig oder lehnen


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wir es ab? – Abg. Gerstl – in Richtung FPÖ –: Brauchts euch nicht mehr zu Wort melden!)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koll­ross. – Bitte.


10.28.21

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vor allem aber auch werte Initiatorinnen und Initiatoren beziehungsweise Unterstüt­zerinnen und Unterstützer des Volksbegehrens! Danke für diese Initiative, weil sie mir die Möglichkeit gibt, noch einmal zu einem anderen Thema Stellung
zu beziehen, das nach meinem Verständnis ein viel dringenderes ist.

Es geht nach meinem Verständnis nämlich weniger darum, dass wir über Bargeld in die Verfassung diskutieren, sondern es geht vielmehr darum, dass wir
über eine Bargeldversorgung in unserer Republik diskutieren.
(Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben mittlerweile das Problem, dass wir in vielen Gemeinden nicht einmal mehr einen Bankomaten haben! Zuerst verschwindet die Bankfiliale, und
sehr schnell verschwindet dann auch der Bankomat. Mittlerweile gibt es in Ös­terreich in 317 Gemeinden keinen Bankomaten mehr und somit keinen Zugang zum eigenen Bargeld. In manchen Gemeinden gibt es ihn noch, weil die Bankomatbetreiber, die Banken, hergehen und sagen: Liebe Gemeinde,
wenn du dazuzahlst, dann sind wir gerne bereit, dass wir einen Bankomaten aufstellen!

Ich glaube, wir alle hier herinnen sind uns einig, dass es wohl nicht Aufgabe der Gemeinden und Städte ist, für die Bargeldversorgung ihrer Bürgerinnen
und Bürger zu sorgen, sondern es ist doch wohl Aufgabe der Banken, da ihrem Versorgungsauftrag gerecht zu werden! (Beifall bei der SPÖ.)


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Viele Gemeinden haben sich aber natürlich darauf eingelassen – verständlicher­weise, weil sie die Möglichkeit der Nutzung eines Bankomaten ihren Bür­gerinnen und Bürgern anbieten wollen – und sind heuer vor dem Sommer vor die Situation gestellt worden, dass die Betreiber ihnen gesagt haben:
Die 3 000, 4 000 oder 5 000 Euro, die ihr bisher bezahlt habt, gelten nicht mehr, ab jetzt müsst ihr 20 000, 25 000, 35 000 Euro im Jahr zahlen, wenn ihr in
eurer Gemeinde noch einen Bankomaten haben wollt!

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist unanständig! Das ist schlicht und einfach unanständig (Beifall bei der SPÖ), denn die Banken haben
voriges Jahr 10,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Das Ergebnis ist: Der Ge­winn wird privatisiert, und der Rest und die Aufgaben werden soziali­siert. So kann es wohl nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, ich freue mich ja, dass Sie hier sind, denn Sie haben ja dann das Problem irgendwie aufgegriffen und haben gesagt: Jetzt machen wir ei­nen Bankengipfel! – Dann haben Sie sich zu einem Kaffeeplauscherl getroffen, haben sich mit den Banken getroffen und haben gesagt: Und jetzt ist alles anders!

Jetzt frage ich Sie ganz konkret: Gibt es seit Ihrem Treffen um einen Bankomaten mehr in unserer Republik? Gibt es eine Gemeinde weniger, die für einen Bankomaten, den sie bisher gehabt hat, jetzt zahlen muss? – Ich sage Ihnen das Ergebnis Ihres Gipfels: Jetzt haben die Gemeinden neue Vorschreibungen bekommen, und jetzt sind es halt nicht 35 000 Euro, sondern 17 000 Euro, die die Gemeinden und Städte jetzt zahlen müssen, wenn sie noch einen Ban­komaten haben wollen! Das ist das Ergebnis Ihres Kommunalgipfels, Ihres Gip­fels mit den Gemeinden. Na gratuliere, danke! Das ist ein Bombenver­handlungserfolg! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie kann man verhandeln lassen, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht noch eine An­merkung zur ÖVP: Ihr wart ja zugegebenermaßen lange Zeit durchaus eine Par-


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tei für den ländlichen Raum, aber das habt ihr abgelegt. Ihr seid mittler­weile nur mehr eine Partei für Landwirtschaft und Folklore und schaut zu, wie in Wirklichkeit die Infrastruktureinrichtungen in dieser Republik – eine
nach der anderen – verschwinden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lercher: Aber er hat die Seilbahnen vergessen! – Abg. Leichtfried: Seilbahnen!)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich abschließend fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Siche­rung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1. eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken, bzw. soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische National­bank, durch Bankomaten sichergestellt wird;“ (Abg. Hörl: ... wir wieder
in die Staatswirtschaft? Die DDR lässt grüßen!)

„2. die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenen­falls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch
die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden;

3. zu prüfen, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig
sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu ver­hindern;


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4. Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewähr­leistet sein muss.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen einen Bankomaten pro Gemeinde, wir brauchen ein Bargeldversorgungsgesetz! – Danke schön.
(Beifall bei der SPÖ.)

10.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (2080 d.B.) "BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!" (2374 d.B.)
(Top 1)

Das Volksbegehren wirft wichtige Fragen auf.

1. Bargeldversorgung

Die Bargeldversorgung (Bankfilialdichte bzw. Bankomatdichte) ist in Österreich noch deutlich besser als in vergleichbaren Staaten. Jene Länder, die über eine unzu­reichende Bargeldversorgung verfügen, verpflichten entweder ihre Geschäftsbanken, Bargeldinfrastruktur (Bankomaten) (wieder) aufzubauen, oder ihre Notenban­ken, die Bargeldversorgung in unterversorgten Gebieten (durch Bankomaten) herzu­stellen. In Österreich entstehen leider auch bereits erste Lücken bei der Ver­sorgung mit Bargeld (Bankomaten) – vor allem im ländlichen Raum. Österreich sollte rechtzeitig diese Lücken schließen und das Entstehen weiterer Lücken verhindern.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 78

Der Nationalrat fordert eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Bankoma­ten. Dies soll durch eine Verpflichtung der Geschäftsbanken erreicht werden.
Wenn die Geschäftsbanken (Markt) dies nicht leisten können, muss die Oesterreichi­sche Nationalbank (Staat) die wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Ban­komaten sicherstellen.

2. Annahmepflicht

In § 61 Abs. 2 Nationalbankgesetz ist die unbeschränkte Annahmeverpflichtung von Eurobanknoten gesetzlich verankert. Trotzdem gibt es in der Praxis nachvoll­ziehbare Einschränkungen dieser Annahmepflicht (z.B. aus Sicherheitsgründen im Gelegenheitsverkehr) und andererseits auch weniger nachvollziehbare Ein­schränkungen (z.B. bei Sportveranstaltungen oder Konzerten).

Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, die bestehende Annahmeverpflich­tung durchzusetzen oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parla­ment vorzulegen, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden.

3. Geldwäsche

Die geltenden Geldwäschebestimmungen, die erhöhte Sorgfaltspflichten und Legiti­mationspflichten vorsehen, sind auf Grund der organisierten Kriminalität im Bereich des Drogenhandels eingeführt worden. In der Zwischenzeit wurden sie um die Bereiche Terrorismusfinanzierung, Steuerhinterziehung etc. erweitert. Eine uneingeschränkte Bargeldzahlung darf derartige Schutzbestimmungen nicht aus­hebeln.

Der Nationalrat spricht sich dafür aus, zu prüfen, welche Legitimations- und Sorg­faltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organi­sierte Kriminalität, zu verhindern.

4. Datenschutz

Als Argument für uneingeschränkte Bargeldzahlung wird immer wieder auf den man­gelnden Datenschutz hingewiesen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 79

Der Nationalrat vertritt die Auffassung, dass Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bun­desministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1.   eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken, bzw. so­weit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische National­bank, durch Bankomaten sichergestellt wird;

2.   die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die An­nahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvoll­ziehbaren Ausnahmen klargestellt werden;

3.   zu prüfen ist, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern;

4.   Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Ver­handlung.

Abgeordneter Wurm ist als Nächster an der Reihe. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 80

10.34.01

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Schönen guten Morgen! Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Zuerst einmal möchte ich mich bei
über 121 000 Österreicherinnen und Österreichern, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben, bedanken. Es ist die letzten Jahre fast ein halbes
Dutzend an Volksbegehren zum Thema Bargeld unterwegs, das bisher erfolg­reichste erhielt 530 000 Unterschriften. Man sieht also, dass das Thema
Bargeld die Bevölkerung bewegt.

Ich bin dann immer wieder verblüfft, wenn ich hier zuhöre, wie sich die ÖVP oder auch die Sozialdemokratie immer in schönen Worten für das Bar­geld äußert. Die Realität, liebe Zuseher, ist leider eine andere, nämlich: Dann, wenn Beschlüsse – sowohl in den Ausschüssen als auch hier im Plenum –
zu fassen sind, bleiben wir Freiheitliche seit Jahren immer alleine übrig, wenn es um einen effektiven Schutz des Bargeldes für die Bevölkerung geht. Das
ist leider die Realität. Wir werden nicht aufhören, dafür zu kämpfen (Abg. Kucher: Ihr habt ja das Bargeld im Kofferraum!), und irgendwann haben wir entwe­der als Partei die Mehrheit oder wir können auch eine andere Partei mitnehmen, damit endlich dieser Mehrheitsbeschluss für die Sicherung des Bargelds ge­fasst wird.

Vielleicht jetzt noch einmal zum heute vorliegenden Volksbegehren ganz kon­kret: Dieses hat sich mit dem Thema Bargeldobergrenzen beschäftigt.
Dazu muss man vielleicht auch noch einmal aufklären: Da geht es nicht darum, dass irgendein Krimineller mit Bargeld herumläuft, sondern da geht es da­rum, dass Ihnen, liebe Bürger, wenn Sie sich über Jahre 10 000 Euro, 12 000 Euro erspart haben, jetzt die Europäische Union unter Mithilfe von ÖVP, Sozialdemokratie, Grünen und NEOS verbieten wird, dieses eigene, ehrlich verdiente, versteuerte Bargeld auszugeben. (Abg. Loacker: Auch das in Sporttaschen!) – Das ist einfach die Realität, die Sie erwartet.

Eines ist natürlich ganz klar, liebe Bevölkerung: Zwischen 6. und 9. Juni finden die Europawahlen, die Wahlen zum Europäischen Parlament statt, und


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alle diese vier Parteien versuchen jetzt, ein bissl Sand in Ihre Augen zu streuen und zu sagen: Nein, alles ist super, und es ist nicht so. – Sie werden dann
nach den europäischen Wahlen die böse Überraschung erleben, wenn dann die Realität eintritt.

Ich persönlich und wir als Freiheitliche haben seit Jahren die Wahrheit erzählt. Im Frühling war ich in Straßburg und habe dort die Ehre gehabt, mit dem Vizepräsidenten Karas – ehemals ÖVP oder noch ÖVP, weiß ich nicht – informell zu sprechen, und der ÖVP-Karas hat mir schon gesagt, dass auf europäi­scher Ebene bereits vereinbart ist: Die Bargeldobergrenze kommt. – Parallel dazu stellt die ÖVP sich hin und sagt: Es wird niemals eine Obergrenze
geben, das werden wir verhindern! – Bundeskanzler Nehammer
sagt das sowieso.

Also - - Falotten darf man nicht sagen, Herr Präsident? Nein? – Gut, dann sage ich nicht Falotten, aber: Diese Unehrlichkeit, die hier betreffend dieses
Thema seit Jahren an den Tag gelegt wird, ist kaum noch erträglich.

Ich zeige es Ihnen noch einmal (zwei mehrseitige Schriftstücke in die Höhe haltend), weil es immer ganz prägnant ist. Es gibt zwei EU-Verordnungen (Abg. Lukas Hammer: Es gibt mehr EU-Verordnungen! Es gibt viele!): Die eine ist jene zum digi­talen Euro und die andere ist jene zum Bargeld. So, das ist jene zum Bar­geld, die ist halb so dick wie jene zum digitalen Euro. Daran sehen Sie schon, wo­hin die Reise geht. Das können Sie nachlesen, bezüglich der EU-Verordnung
liegt alles schon auf dem Tisch, das wird man nach dem 6. beziehungs­weise 9. Juni dann in Brüssel wie gewohnt einfach durchwinken. (Abg. Lukas Hammer: Lies die Seiten! Nicht nur schauen, wie viele Seiten!)

Kollege Haubner, Bundeskanzler Nehammer, der gehört ja zu euch, noch, hat ja im Sommer angekündigt, es wird – er hat plötzlich das Bargeld entdeckt –
diesen großen Bargeldgipfel geben. Ich habe Anfragen gemacht: Der Finanzmi­nister ist nicht involviert, der Sozial- und Konsumentenschutzminister
Rauch sowieso nicht. Ich habe mich erkundigt: Okay, was ist da passiert bei


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dieser Taskforce oder bei diesem Gipfel? – Den hat es natürlich überhaupt noch nicht gegeben, da passiert auch nichts. Es ist eine reine PR-Maschinerie,
die da losläuft.

Ich kann daher nur noch einmal sagen: Geschätzte Bevölkerung, glauben Sie bitte diesen vier Parteien kein Wort! Was das Bargeld betrifft, sind die
einzige verlässliche Quelle die Freiheitlichen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Michael Hammer: Genau, ihr braucht das Bargeld in euren Taschen!)

Ja, es ist nachweislich so, und wenn es um das Bargeld geht und wenn Sie das Bargeld erhalten wollen, werden Sie nicht darum herumkommen, bei
den kommenden Wahlen das Kreuz bei der FPÖ zu machen. (Abg. Schallmeiner: Sporttaschenlobbyistenkompetenz!) Alle anderen vier Parteien werden
Ihnen Ihr Bargeld, ob jetzt 10 Euro, 20 Euro oder 100 Euro, über kurz oder lang wegnehmen, und wir steuern natürlich eins zu eins in Richtung China:
digitale Überwachung und Kontrolle durch den Staat. Genau in diese Richtung steuern wir, das ist sehr einfach nachzuvollziehen.

Deshalb bin ich ja schon gespannt, was der Finanzminister sagt. Der wird wieder sagen: Nein, passiert alles nicht! – Die Realität, geschätzte Zuseher, kön­nen Sie nachlesen (neuerlich die beiden Schriftstücke in die Höhe haltend), es ist relativ einfach im Internet zu finden. Dahin geht die Reise: Bargeld wird
zuerst zurückgedrängt und dann abgeschafft, und Sie landen im digitalen Geld, was bedeutet, dass der Staat Ihnen sofort den Hebel zudrehen kann.

Das werden wir Freiheitliche verhindern. Ich wiederhole es: Freiheitliche Partei, Festung Österreich, Volkskanzler Herbert Kickl! (Beifall bei der FPÖ.)

10.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Toma­selli. – Bitte.



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10.39.45

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Was man fest­stellen kann: Bargeld bleibt. Und übrigens: Es gibt überhaupt keine Diskussion zur Abschaffung von Bargeld, weder in Europa noch in Österreich. (Abg. Amesbauer: Aber über eine Obergrenze!) Viele verwechseln – bewusst oder unbe­wusst – die Schaffung von Obergrenzen für die Barzahlung mit der Abschaf­fung des Bargelds. Das stimmt natürlich nicht und das dient einzig und allein zur Verunsicherung der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Haben Sie gesehen, was das Volksbegehren fordert? Haben Sie das gelesen?)

Dass es hier um Verunsicherung geht, sieht man schon daran, dass bei die­sem Tagesordnungspunkt nicht ein freiheitlicher Abgeordneter, nicht zwei, nicht drei, sondern gleich vier eingemeldet sind. (Abg. Kassegger: Fünf, fünf!) –
Kollege Kassegger sagt, es sind fünf gemeldet. (Abg. Amesbauer: Weil es wichtig ist! – Abg. Kassegger: Weil es uns wichtig ist!) Das wissen wir: Das politische Lebenselixier der FPÖ ist die Verunsicherung, und genau das will sie bei diesem Thema betreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bargeld wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, das ist gar keine Frage. Es gibt auch von der EU-Kommission – und dort sehen wir übrigens die Zuständigkeit für den Euro, für die Zahlungsmittel – Bestrebungen einerseits zur Absicherung des Bargeldes und andererseits auch zur Stärkung eines digi­talen Euro. Das ist sehr, sehr wichtig, denn der große Unterschied eines digitalen Euro zu der Ihnen bekannten Karte ist jener, dass die Oberhand über den digitalen Euro die Zentralbank und nicht irgendein privater Konzern hat. (Abg. Amesbauer: Das ist ein billiger Vorwand! – Abg. Kassegger: Scheinargument!)

Kollege Wurm, ich habe ganz genau zugehört, was Sie zur Bargeldobergrenze ge­sagt haben: Bürgerinnen und Bürger draußen, hören Sie zu, da geht es
nicht um Kriminelle, da geht es um Ihre Ersparnisse, um die 10 000, 12 000 Euro,


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die Sie angespart haben! – Liebe Zuseherinnen und Zuseher, bitte bewahren
Sie nicht so viel in bar daheim auf.

Ich erkläre Ihnen jetzt, wie das mit der Bargeldobergrenze gemeint ist: Bargeld­obergrenzen sind vor allem dazu da, um Kriminalität und Geldwäsche zu verhindern. Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Theoretisch macht
ein Parteichef den Kofferraum eines Autos auf (Ruf bei den Grünen: Theoretisch! – Abg. Brandstätter: Wer war das?) und da liegt eine schwarze Sporttasche
mit Stapel voller Bargeld drinnen. (Heiterkeit bei den Grünen.) Es ist sichtbar, dass es mehrere Zehntausend Euro sind.

Eine Bargeldobergrenze führt dazu, dass dieser Parteichef (Abg. Brand­stätter: Wer war das?) – ich nenne keine Namen, das ist ja nur ein theoretisches Beispiel, es ist natürlich nicht praktisch –, obwohl er jetzt stapelweise
Bargeld hat, dieses Bargeld nicht so leicht in den Verkehr bringen kann, um es waschen zu können. Genau dafür ist die Bargeldobergrenze da, Herr
Kollege Wurm. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Eben nicht! – Abg. Kassegger: Das ist ein Blödsinn! – Ruf bei den Grünen: Da fühlt sich jemand angesprochen! – Abg. Stögmüller: ... Goldobergrenze! ... legt jetzt alles in Gold an! – Zwischenruf des Abg. Wurm.) – Ich gebe Ihnen vollkommen recht.

Für den Fall, dass Sie es nicht gemerkt haben, liebe Zuseherinnen und Zuseher: So theoretisch war mein Beispiel gar nicht. Bei der FPÖ sitzen tatsäch­lich die Expertinnen und Experten für Bargeld, vor allem für den Transport via Sporttasche. Ich sage Ihnen da draußen noch einmal: Die Freiheit, zu zah­len, wie Sie wollen, wird bleiben, das ist mit den bestehenden gesetzlichen Rah­menbedingungen im Übrigen auch so gewährleistet. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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10.43.21

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Da teilen alle aus und in Wirklichkeit fliegen die Steine
durchs Glashaus, dass es nur so kracht.

Beginnen wir bei denen mit den vier oder fünf Rednern auf der Liste: Zu Recht prangert Kollege Wurm den digitalen Euro an. Das ist eine gefährliche Geschichte für Ihre Privatsphäre. Man muss sich überlegen: Woher kommt denn diese Idee? – Von der Europäischen Zentralbank. Dort bilden immer fünf nationale Nationalbankchefs das Direktorium. Als diese Sache mit dem digitalen Euro beschlossen wurde, war dort auch der Österreicher Robert Holzmann vertreten, der auf einem FPÖ-Ticket in die Nationalbank gekommen ist. (Beifall bei den NEOS. – Oh-Rufe bei ÖVP und Grünen. – Abg. Stögmüller: Ich bin ent­setzt!) Wir verdanken den Freiheitlichen und ihrem Repräsentanten diesen digi­talen Euro. Danke für nichts! – So viel einmal dazu. (Beifall bei den NEOS
sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Auf der anderen Seite befinden sich die Grünen, die Bargeld immer mit Krimina­lität in Verbindung bringen. (Oh-Rufe bei den Grünen.) Sie sind daher für Obergrenzen, sehen aber nicht, dass man sich, wenn man heute eine Obergrenze von 10 000 Euro einführt – und darum geht es ja in concreto – und wir
ein paar Jahre lang eine solch hohe Inflation haben, wie wir sie die letzten zwei Jahre hatten, in 15 Jahren um die 10 000 Euro nicht einmal mehr ein ge­scheites Fahrrad kaufen kann. So schaut es nämlich aus! Und darum geht es Ih­nen: Sie wollen schon das Bargeld abschaffen, nur eben indirekt mit einer Obergrenze, die dann nicht indexiert wird. (Abg. Stögmüller: Für die FPÖ ist das so! – Abg. Maurer: Das ist ein mittelgutes Argument! – Abg. Wurm: Also habe
ich doch recht gehabt!)

Ich komme zu den Nächsten – den Sozialisten kann man keinen Vorwurf machen, die können nicht rechnen (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP – Beifall des Abg. Amesbauer) –: Zahlungsverkehr kostet immer Geld, ob Sie eine Kreditkarte haben, ob Sie eine Debitkarte haben, ob Sie ein Bankkonto haben


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oder ob Sie Bargeld verwenden. Jede Form des Zahlungsverkehrs kostet
Geld, und so kosten auch Bankomaten Geld, denn diese technischen Geräte muss jemand aufstellen, diese technischen Geräte muss jemand warten, die muss jemand befüllen. Wenn der Bankomat an einem Ort steht, an dem es keine Bankfiliale gibt, müssen sicherheitshalber zwei Leute hinfahren, um
ihn zu befüllen, das müssen sie versichern, das alles muss jemand bezahlen.

Unter Minister Stöger kam dann die grandiose Idee: Wir schaffen die Bankomatgebühren ab! – Jetzt kann ich mit einer Karte der Z-Sparkasse bei der R-Bank abheben und muss keinen Cent Gebühr zahlen. (Abg. Stögmüller:
Ja, zum Glück! – Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Lercher.)
Natürlich rentiert sich dieses Geschäft nicht und die Bank sagt: Dann betreibe ich
den Bankomaten halt nicht! Dass es weniger Bankomaten gibt, ist eine Schuld der SPÖ (Bravoruf bei der ÖVP), sie hat das verursacht. (Beifall bei den
NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

An die geschätzten Zuschauerinnen und Zuschauer: Wenn Ihnen Bargeld wichtig ist, gibt es ein gutes Mittel, sich für Bargeld einzusetzen: Verwenden Sie es,
so oft Sie können! Das ist der beste Schutz für das Bargeld. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Obernosterer: Ja, genau! So ist es!)

10.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr.


10.46.33

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Frage, Herr Finanzminister: Können Sie bitte Bundeskanzler Nehammer daran erinnern, dass er uns im Sommer ganz fix – mehrmals auch in peinlichen Videos – ver­sprochen hat, dass es im September einen Bargeldgipfel geben würde? Ich glau­be, er hat es vergessen.


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Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten le­sen wir in den Schlagzeilen sehr, sehr häufig zwei Arten von Meldun­gen. Die eine Art betrifft den akuten Finanzbedarf der EU: Die EU braucht dringend Geld!, die andere: Die EU plant mit der EZB, der Europäi­schen Zentralbank, die Einführung des digitalen Euro. Diese zwei Themen haben angeblich nichts miteinander zu tun; der digitale Euro dient ja nur der Bequemlichkeit der Bürger, der Digitalisierung, der Gebührenfreiheit und so weiter. Die Wahrheit ist: A stimmt: Die EU, Brüssel braucht dringend
Geld. Und B: Der digitale Euro eignet sich in Wahrheit vorzüglich als Geldbe­schaffungsmethode für Brüssel.

Die EU gibt unser Steuergeld, das Steuergeld der Europäer aus, sie wirft es mit Händen beim Fenster hinaus. Es gibt den Mehrjährigen Finanzrahmen
von 2021 bis 2027, der umfasst 1 200 Milliarden Euro, das reicht aber nicht aus. Dann gibt es noch den schuldenfinanzierten Coronaaufbaufonds, der hier eigentlich vertragsrechtswidrig eingesetzt wurde, mit 800 Milliarden Euro. Das reicht der EU-Kommission auch nicht aus, man meldete einen Mehrbe­darf von 65 Milliarden Euro an. Warum? – Wegen der gestiegenen Zinsen für den aufgenommenen Fonds, natürlich wegen des Migrationsmanage­ments und wegen Technologieprogrammen, heißt es. Und was wiegt am schwersten? – Natürlich die Ukrainehilfen. Sie wurden jetzt einmal
mit 17 Milliarden Euro budgetiert, aber man weiß schon, für die nächsten Jahre muss man schon 50 Milliarden Euro bereitstellen. Es heißt, das sei zur De­ckung des unmittelbaren Bedarfs der Ukraine, für den Wiederaufbau, die Moder­nisierung auf dem Weg in die EU. All das ist von uns zu bezahlen – was auch wirklich realistisch ist, da die USA ja schon ausgestiegen sind.

Die EU hat bisher keine Steuerhoheit, das soll sich ja ändern, man plant schon Unternehmensabgaben, man will eine höhere Beteiligung am Emissions­handelssystem und man möchte die Verschuldensregelungen weiter aufheben.

Sie braucht aber kurzfristig Geld. Und so treibt man die Einführung des digitalen Euro voran. Wie hängt das damit zusammen? – Ganz eng, denn man kann


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sich dank des digitalen Euro auf Knopfdruck auch am Geld der EU-Bürger bedie­nen. Es kommt zu einer schrittweisen Verdrängung des Bargelds. Erst ein­mal ist wieder die Obergrenze im Gespräch, die EU-Kommission möchte noch großzügig eine Bargeldobergrenze von 10 000 Euro, das links-grüne
EU-Parlament sagt dazu natürlich: Nein, 7 000 Euro sind bitte genug an Freiheit für die EU-Bürger! Man ist schon in der zweijährigen sogenannten Vor­bereitungsphase, es soll jetzt schon die Anwendung des digitalen Euro getestet werden.

Laut EZB soll der digitale Euro den Anforderungen in Bezug auf das Nutzungs­erlebnis, den Datenschutz, die finanzielle Inklusion und den ökologischen Fußabdruck gerecht werden. – Da muss man schon hellhörig werden.

Das heißt, die Möglichkeiten sind ja dann mit dem digitalen Euro unendlich. Du willst zweimal im Jahr mit dem Flugzeug verreisen? – Na sicher nicht! Das
zweite Mal wird nicht freigegeben und du fährst mit dem Zug. Du möchtest dir ein Verbrennerauto kaufen? – Na sicher nicht! Das wird nicht freigegeben,
aber natürlich, wenn du ein E-Auto kaufst, dann ist das kein Problem.

Also wie gesagt: Die Möglichkeiten sind dann unendlich, wenn wir das einmal aufgeben. Ein ehemaliges hohes EZB-Vorstandsmitglied sagte wortwört­lich: Der digitale Euro ist „so unattraktiv wie alkoholfreier Wein“. Es gibt keinerlei relevante Vorteile gegenüber dem bestehenden elektronischen Zahlungs­verkehr. Wir haben das ja alles. Das heißt, das Motiv für die Einführung ist ein ganz anderes. Wenn man es uns offiziell einfach mit der großen Bequem­lichkeit und Gebührenfreiheit schmackhaft machen will, dass wir dann nur mehr mit der App am Handy den gesamten Zahlungsverkehr abwickeln können
und nicht mehr mit lästigem Bargeld zahlen müssen, dann kann man nur sagen: Ja, wir haben jederzeit Zugriff mit der App – aber nicht nur wir, sondern
auch die Europäische Zentralbank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.51



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeord­nete Fischer. – Bitte.


10.51.30

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst einmal
bei allen Bürgerinnen und Bürgern herzlich bedanken, die sich immer wieder da­für einsetzen, dass ihre Anliegen als Volksbegehren hier in den Nationalrat kommen.

Natürlich ist Bargeld ein wichtiges Thema. Zahlen ist ein wichtiges Thema. Ich habe drei Töchter – meine kleinste ist neun und meine größte ist 19.
Wenn ich zu meiner neunjährigen Tochter sage: Schau, da hast du das Ta­schengeld mittels Visa-Karte!, wird das nicht funktionieren. Wenn ich auf der anderen Seite meiner 19-jährigen Tochter sage: Da hast du Bargeld, geh
doch was zahlen!, dann wird sie sagen: Geh, Mama, ich zahle alles mit der Karte und mit dem Handy! Das heißt, was wichtig ist, ist die Wahlfreiheit, und
diese Wahlfreiheit erhalten wir. Es wird Bargeld nicht abgeschafft. Wir erhalten Bargeld, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

Ja, Österreich ist ein bissel altmodisch. (Abg. Belakowitsch: Was hat das mit altmo­disch zu tun?) In Österreich werden 50 Prozent aller Transaktionen – also:
ich kaufe etwas – mit Bargeld gemacht. (Abg. Belakowitsch: Na grandios! Willkom­men in der Zukunft!) Ich war jetzt gerade in Brünn – hören Sie bitte zu, Frau Kollegin – und war in einem Supermarkt, und in diesem Supermarkt konnte man nur mit Karte bezahlen. Das ist ärgerlich. Natürlich, für Geschäfte des tägli­chen Lebens muss es die Möglichkeit geben, sowohl in bar als auch mit Karte zu bezahlen.

Ich möchte noch einen wesentlichen Punkt sachlich beitragen: Ein Professor, der sich in Salzburg mit dem Thema beschäftigt hat, sagt, § 907a ABGB regelt in


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Österreich bereits eine Annahmepflicht. Wir haben eine gesetzliche An­nahmepflicht in Österreich. (Abg. Wurm: Falsch, haben wir nicht! – Abg. Belako­witsch: Haben wir ja gar nicht!) – Ja, dann führen Sie die Gespräche mit
dem Professor in Salzburg (Abg. Wurm: Wer ist das?), der wörtlich sagt: „Zum einen sei der Zwang zur Annahme von Bargeld bereits in § 907a ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch [...]) geregelt. ‚Selbstverständlich gibt es in Österreich [...] eine Annahmepflicht‘“ – so der Salzburger Professor Johan­nes Flume.

Auch OGH-Urteile weisen in die gleiche Richtung, aber natürlich müssen wir uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen (Aha-Rufe bei der FPÖ), dass es ne­ben dem digitalen Euro eine entsprechende Bargeldannahmeverpflichtung gibt, und da ist allen voran natürlich unser Herr Finanzminister gefordert. – Dan­ke für Ihren Einsatz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


10.54.23

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Ja, wenn man die Dinge zu Ende denkt –
und das versuche ich jetzt; Klubobmann Kickl hat ja gestern auch schon gesagt, dass es vielen Parteien, ÖVP, SPÖ, Grünen vor allem, an der Fähigkeit fehlt,
die Dinge zu Ende zu denken –, dann muss man sagen: Selbstverständlich
ist diese Bargeldbegrenzung ein Schritt auf einem Weg, an dessen Ende steht, dass es kein Bargeld mehr gibt und ein digitales Konto für eine Person,
das heißt, auf einem Weg, an dessen Ende jeder von uns eine Nummer ist und wir dann einen Systemadministrator haben, der das Konto verwaltet und
der dann unser aller soziales Verhalten beurteilt und Zahlungen freigibt oder nicht. (Abg. Lercher: Was tut denn der Orbán?)

Wenn Sie dann bei der falschen Demo waren, wenn Sie das falsche Wort sagen, wenn Sie ungeimpft sind und ähnliche Dinge – da kann man sich ja viele,


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viele Sachen aus dem täglichen Leben vorstellen, bei denen einem dann das Schaudern kommt –, dann wird die Zahlung nicht funktionieren, dann
ist nichts mehr mit bequem mit der Uhr zahlen, sondern dann gibt es eine Feh­lermeldung. Das ist das, wo Sie hinwollen.

Das ist legitim, weil das Ihrem Gesellschaftsbild entspricht – ich zeige
jetzt vor allem auf die Grünen, aber auch auf die linke Seite (Richtung SPÖ weisend) –, Sie wollen eine Gesellschaft, in der der Staat, von dem Sie vorgeblich sagen, er kümmert sich um die Menschen, die Menschen – das ist die ande­re Seite der Medaille – aber von der Wiege bis zur Bahre kontrolliert, und das ist überhaupt nicht das freiheitliche Menschenbild. Wir wollen einen Staat,
der sich auf seine Kernaufgaben beschränkt und sonst die Menschen in Ruhe lässt, auch in ihrer Privatsphäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen keinen solchen Staat. Die technischen Möglichkeiten, die wir
heute haben, sind ja groß. Ich würde sagen, die Stasi hätte eine Riesenfreude mit den technischen Möglichkeiten, die es heute gibt. Man stelle sich das vor: Te­lefone (Abg. Lercher: Telefon hat es aber bei der Stasi auch schon gegeben!), elektronische Gesundheitsakte, Smartmeter – da sind wir im Übrigen auch der Meinung, es sollte eine Opt-out-Möglichkeit für Menschen geben, die
sagen: Wir wollen das nicht! Zugegeben, die Smartmeter sind ein wichtiges Instrument für eine erfolgreiche Energiewende, aber man muss den Menschen, die sagen, sie wollen das nicht, diese Freiheit geben, und man muss auch
allen Menschen die Freiheit geben, dass ihnen Bargeld – und Bargeld ist Frei­heit – zur Verfügung steht. All die Argumente mit der Kriminalitätsbe­kämpfung sind, bitte, Scheinargumente. Das lassen wir so nicht gelten. Noch einmal: Das ist der erste Schritt in eine vollkommen falsche Richtung.

Sie können uns jetzt Sand in die Augen streuen und sagen: Nein, nein, das wird immer erhalten bleiben!, aber es ist ein Schritt in die Richtung, und der End­punkt dieses Weges ist ein digitales Konto, der totale Überwachungsstaat. China ist genannt worden – da gehen wir hin. (Abg. Lercher: Die Taliban reichen eh!)


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Wir Freiheitliche wollen dort auf keinen Fall hingehen. Es ist dieses Thema: Bar­geld ist Freiheit!, nur vermeintlich ein nebensächliches, aber nein, das ist es
nicht, da geht es um des Pudels Kern. Das ist ein ganz wichtiges Thema,
und deswegen melden sich auch fünf Freiheitliche hier zu Wort (Abg. Wurm: Genau!): weil das für uns als Freiheitliche Partei ein wichtiges Thema ist. Bargeld ist Freiheit, und der Erhalt dieser Freiheit ist uns ein ganz ernstes Anliegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe noch etwas vergessen, nämlich die Schüler des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums Porcia aus Spittal an der Drau mit Frau Klassenvor­stand Elisabeth Dieringer-Granza zu begrüßen. – Herzlich willkommen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Leichtfried: Wie kann man das vergessen? – Rufe bei der ÖVP: Das ist die, die jetzt angeklagt wird, oder? Die Coronaleugnerin! Genau, da sind wir wieder beim Thema! Die alle angesteckt hat im Landtag, eine sehr vorbildliche Frau!)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


10.58.24

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Zuseher! Bargeld ist Frei­heit, und wer das Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab. (Beifall bei Ab­geordneten der FPÖ.) Dass sich die Freiheitliche Partei, die die Freiheit in ihrem Namen trägt, für diese Freiheit des Bürgers einsetzt, zeigt auch, dass
wir als einzige Partei hier mehrere Redner, nämlich fünf Redner, aufbieten und uns für dieses berechtigte Anliegen einsetzen, das im aktuellen Volksbe­gehren Thema ist, aber auch schon in vorigen Volksbegehren immer wieder von den Bürgern unterstützt wurde.

Man sollte schon auch auf die Bürger hören und sich einmal überlegen, was eine Welt ohne Bargeld bedeuten würde: Wir hätten einerseits die totale Über­wachung, den gläsernen Bürger: Jedes Seidel Bier, das ich mir irgendwo kaufe,


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wird nachvollzogen!, wir haben andererseits die Situation bei Cyber­attacken, Cyberangriffen, also Ihr Kriminalitätsargument können Sie kübeln, das ist nur ein Vorwand, um das Bargeld abzuschaffen. Wir haben natürlich
auch das Problem, dass man, wenn Schadensereignisse wie Stromausfälle, Black­outs, Systemausfälle eintreten, keinen Zugang mehr zum Geld hat.
Also: Das Bargeld muss erhalten bleiben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man schon einmal in skandinavischen Ländern war, vor allem
in Schweden – dort war ich schon öfters –, dann weiß man: Dort ist die Bar­zahlung de facto unmöglich. Dort ist das Bargeld auch nicht verboten
oder abgeschafft, aber man kann de facto nicht mehr bar zahlen, quasi nirgends im gesamten Land, das wird nicht mehr angenommen.

Man hat aber angesichts des Krieges in der Ukraine gesehen, dass auch in Schweden die Nachfrage der Bevölkerung nach Bargeld jetzt wieder steigt, also das sieht man schon: In Krisensituationen verlassen sich die Leute auf das Vertraute.

Ich muss sagen, ich bin einer, der immer wieder gerne mit der Kreditkarte zahlt – ich zahle aber auch genauso gerne bar, so wie es mir gerade passt. Das ist
das, worum es geht: Wahlfreiheit für die Bürger – und nicht eine staatliche Vor­schrift von den Eurokraten, die über die Menschen drüberfahren!

Mit diesem digitalen Euro, der angesprochen wurde, ist es ja das Gleiche: Wer hat denn den gefordert? Welcher Bürger hat denn das verlangt? Wer
braucht denn das, und wohin geht denn die Reise beim digitalen Euro in Wirk­lichkeit? – Da bewegen wir uns dann in Richtung Sozialkreditsystem, wie
es das in China schon gibt, bei dem ein Bonus-Malus-System geschaffen wird, mit dem der Bürger für Wohlverhalten belohnt und für Fehlverhalten be­straft wird.


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Zur SPÖ: Euer Antrag betreffend die Bankomaten – okay, ja, das haben auch wir in unserem Programm, dass der Zugang zu Bargeld natürlich niederschwel­lig erhalten bleiben muss, da habt ihr völlig recht. Was ich aber bei der SPÖ nicht verstehe – gleich wie bei den Grünen –, ist, dass ihr so begeistert seid
von diesen Bargeldobergrenzen. Das Volksbegehren richtet sich ja explizit gegen jegliche Obergrenzen, und warum gerade die Sozialisten und die Grünen
so für Obergrenzen schwärmen, kann ich nicht nachvollziehen.

Man muss ja eines wissen: Freiheit stirbt stückweise, und diese Bargeldabschaf­fung ist eine Salamitaktik. Zuerst wird der 500-Euro-Schein abgeschafft –
da kann man sagen, na ja, den hat man ja kaum –, und dann wird die jetzt disku­tierte Bargeldobergrenze von 7 000 oder 10 000 Euro eingeführt. Klar hat
man 7 000 oder 10 000 Euro im Regelfall nicht in bar mit, aber es kann durchaus Situationen geben – zum Beispiel beim Gebrauchtwagenkauf –, bei denen
das der Fall ist.

Das gebe ich Ihnen also mit auf die Reise: Ist einmal eine Obergrenze eingezo­gen, kann diese immer weiter nach unten herabgesetzt werden, bis am
Ende des Tages nichts mehr übrig bleibt. Das wollen wir nicht! Wir stehen zu diesem Volksbegehren, und wir stehen zur Freiheit der Bürger. Wir ste­hen zu der uneingeschränkten Möglichkeit und dem Recht, in Österreich bar zu zahlen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch
zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.02.36

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie dieser Debatte hier folgen!
Es geht um das Volksbegehren Bargeld-Zahlung: Obergrenze – Nein, und offen­sichtlich haben das viele hier im Saal gar nicht verstanden, zumindest
jene aus der linken Reichshälfte, die stets argumentieren, das Bargeld bleibe ja,


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es werde nur eine Obergrenze eingezogen. – Genau darum geht es eben:
Wir wollen keine Obergrenze!

Meine Damen und Herren, ich mache eine kurze Zeitreise mit Ihnen allen. Heute vor zwei Jahren befand sich Österreich im Lockdown für Ungeimpfte. All
jene, die damals ungeimpft und auch nicht genesen waren, können sich sicherlich noch sehr gut daran erinnern, ich kann es jedenfalls. Das war die Zeit vor Weihnachten, und man durfte als Ungeimpfter und nicht Genesener – als je­mand, der keinen grünen Pass hatte – nicht einkaufen gehen. Man war
aus den Geschäften ausgesperrt, das war ein bisschen kompliziert, das musste noch kontrolliert werden.

Stellen Sie sich aber vor, es hätte damals schon den digitalen Euro gegeben: Sie hätten überhaupt keine Chance gehabt, in ein Geschäft, ich sage jetzt ein­mal, unter Anführungszeichen, „illegal“ hineinzugehen, das wäre denkunmöglich gewesen! Genau das ist auch das Ziel hinter diesem digitalen Euro: den Überwachungsstaat über Europa zu legen und genau zu kontrollieren, welcher Bürger wann wo einkauft! (Ruf bei der ÖVP: Geh!)

Dann gnade Ihnen Gott, wenn Sie sich nicht sozial konform verhalten haben, Sie vielleicht nicht geimpft sind, möglicherweise auf einer Demonstration wa­ren, auf der Sie nicht hätten sein sollen, oder sonst etwas gemacht haben, das der Regierung nicht gefällt, dann dürfen Sie schon nicht mehr ins Geschäft hinein.

Das kann man ganz schön weiterspinnen, Kollegin Fürst hat das schon ausge­führt: Die Flugreise wird abgedreht, weil vielleicht umweltschädlich –
was weiß man schon –, aber das geht noch viel, viel weiter. Vielleicht ist es dann irgendwann einmal so weit, dass Sie an der Supermarktkasse stehen und vielleicht noch Brot kaufen dürfen und Milch auch noch, aber bei der Schokolade heißt es dann: Nein, nein, so weit sind wir nicht; Sie nicht mehr! (Ruf bei
der ÖVP: Um Gottes willen!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 96

Das ist genau das Thema, und das haben die Österreicher erkannt. Sie, meine Damen und Herren, die Sie da jetzt den Kopf schütteln – auch bei
der ÖVP –, waren genauso dabei, als den Österreichern die Freiheit genommen wurde (Abg. Schmuckenschlager: Das war aber 38!): die Freiheit, darüber
zu entscheiden, was sie mit ihrem Körper machen! Genau da waren Sie dabei, genau das war es. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Dieser digitale Euro ist deswegen so gefährlich, weil es nicht um die Ban­komatkartenzahlung geht, wie es sie derzeit gibt, nein: Beim digitalen Euro, mei­ne Damen und Herren, geht es um reine Überwachung und Kontrolle!
(Ruf bei der ÖVP: So wie es der Herbert Kickl will!)

Wenn Sie alle hier jetzt nervös werden: Ich weiß schon, dass Ihnen das Spaß ge­macht hat, die Österreicher einzusperren. Sie haben das mit einer Leichtig­keit hier beschlossen, Sie haben die Kinder aus den Schulen ausgesperrt, Sie ha­ben die Leute aus den Geschäften ausgesperrt, Sie haben bis zur Impfpflicht
alles durchgezogen. (Zwischenruf der Abg. Voglauer.)

Österreich war da tatsächlich - - (Abg. Jeitler-Cincelli: Jetzt haben Sie gerade der „Kronen Zeitung“ gesagt, Sie wollen mehr Respekt in diesem Haus haben,
mehr Wertschätzung – das haben Sie gerade ...!)
 – Ich frage mich ja nur, was das mit Respekt zu tun hat, irgendein sinnloser Zwischenruf. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
 – Ja, meine Damen und Herren, Sie sehen die Nervosität. (Ruf bei der ÖVP: ... Verfolgungswahn ist ja krankhaft!)

Sie alle können sich erinnern, was vor zwei Jahren in diesem Land los war. Sie alle wissen, dass diese Regierung aus ÖVP und Grünen mit Unterstüt­zung der SPÖ dieses Land in einen Dauerlockdown geschickt hat. Sie können sich erinnern, dass es in diesem Land möglich war, dass vier Parteien hier
nahezu geschlossen eine Impfpflicht eingeführt haben – eine Impfpflicht mit ei­nem Impfstoff, dessen Folgen wir tatsächlich heute noch überall haben
und sehen! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 97

Diese vier Parteien werden offensichtlich nicht klüger, sondern ganz im Gegen­teil, jetzt soll auch noch der digitale Euro kommen, damit man Sie weiter­hin knechten kann, damit man Ihnen weiterhin Ihre Freiheit nehmen kann und damit man Sie in Ihrem Handeln beschränken kann.

Wir Freiheitliche, wir werden uns mit aller Kraft dagegenstemmen und wir wer­den uns auch nicht scheuen, uns da mit Brüssel anzulegen, das kann ich
Ihnen versichern. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Die reden aber nicht einmal mit euch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird daher dringend notwendig sein – und da können Sie noch so schreien –: Es wird der Volkskanzler Herbert Kickl sein, der sich gemeinsam mit der Freiheitlichen Partei auch mit Brüssel anlegt, um die Freiheit der Österreicherin­nen und Österreicher zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried:
Das war wohl die sinnloseste Rede ...!)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.07.23

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mehrere Redner der Freiheitlichen haben jetzt die Frage gestellt, wieso die Sozialdemokraten über Bargeldober­grenzen nachdenken. (Abg. Amesbauer: Ja, ich habe das gefragt!) Das tun ja gar nicht wir, das gibt es in ganz Europa.

Wenn man den Experten zum Thema Bargeld, die wir im Hearing hatten, genau zugehört hat, dann weiß man, dass es einen Bereich gibt, in dem Bargeld
eine große Rolle spielt, und das ist das ganze Drogengeschäft. Ja, wir sind für Bargeld und für die Freiheit, mit Bargeld zu zahlen – aber wir sind nicht
für die Freiheit von Drogengeld. (Ruf bei der FPÖ: ... Drogen kaufen ... auch mit Bitcoins!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 98

Ich stelle mir aber die Frage, wieso die Freiheitlichen sich so vehement gegen Bargeldobergrenzen aussprechen; ich fürchte, das könnte sehr stark da­mit zu tun haben, dass ja bekannt ist, dass die Vorsitzenden der Freiheitlichen gerne Sporttaschen voll mit Bargeld – ich weiß nicht, was das war, Be­stechungsgelder, Schmiergelder – haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und Grünen.)

Ich sage Ihnen eines: Freiheit, mit Bargeld zu bezahlen, ja, aber nein zur Freiheit, dass FPÖ-Parteivorsitzende Schmiergelder in Sporttaschen im Koffer­raum spazieren führen! (Abg. Amesbauer: Was ist mit den Sozialisten in Brüssel?)

Darüber sollten Sie auch einmal nachdenken, dass Sie in Wahrheit genau
das schützen wollen – wir sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

11.08


11.08.44

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der
Fall.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 2374 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Bar­geldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 99

11.09.412. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das
Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden (2375 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2306 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird (2376 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2314 d.B.): Ver­einbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer gebiets­körperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (2377 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte.


11.10.52

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Mi­nister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuhö­rerinnen und Zuhörer auf der Galerie und zu Hause! Das Finanzausgleichsgesetz war sehr lange in Verhandlung und wurde zu guter Letzt mit großem Pomp
fast gefeiert. Wir von den Freiheitlichen sehen das Ganze aus Sicht der Gemein­den sehr kritisch.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 100

Ein Punkt ist zum Beispiel der Zukunftsfonds, jährlich mit 1,1 Milliarden Euro gestützt oder befüllt und in erster Linie für Kinderbetreuung, Elementar­pädagogik, Wohnen, Klima und Umwelt gedacht. (Abg. Maurer: Da geht es um Zukunft, das ist natürlich schlimm!) Die Richtlinien dazu werden von den Län­dern erlassen. Damit Sie, liebe Bürger, das auch verstehen: Dieser Finanz­ausgleich, dieses Geld, steht den Gemeinden zu. Faktum ist (Abg. Kollross: Sie kriegen es nicht!), dass plötzlich die Länder eine Richtlinie erlassen,
wir uns anstellen und Bitte sagen müssen, damit wir das Geld bekommen.

Immer wieder erleben wir Gemeinden es, dass neue Projekte gefordert werden, neue Ziele gesetzt werden und es eine Anschubfinanzierung gibt, und dann
wir Gemeinden mitfinanzieren müssen und schauen müssen, dass wir das Geld irgendwo aufbringen, um diese Projekte dauerhaft abzusichern. Alle haben
Ideen dazu, was die Gemeinden tun sollen und was die Gemeinden investieren sollen. Die Endfinanzierung beziehungsweise die dauerhafte Finanzierung
fehlt uns aber dann.

Ein schönes Beispiel ist das Thema Communitynurse, ein sehr gutes Projekt, das in den Gemeinden sehr gut angenommen wird, ein Pilotprojekt, das zu 100 Prozent vom Bund finanziert wird. Wir Gemeinden haben die Organisation zu tragen und sehr viel Arbeit damit. Jetzt aber wissen wir: Das Projekt
läuft aus, und plötzlich wird der Bund nur noch zwei Drittel finanzieren, ein Drit­tel davon müssen wir Gemeinden finanzieren. Das ist etwas, wofür wir eigent­lich gar nicht zuständig sind; wir haben aber ein Drittel zu finanzieren.

Beim vorherigen Tagesordnungspunkt wurde heute die Bargeldversorgung dis­kutiert. Wie selbstverständlich verlangt der Gouverneur der Nationalbank
in jeder Gemeinde einen Bankomaten, aber die Gemeinden haben den mitzufi­nanzieren. Wir haben den mitzufinanzieren. Dass wir die Bargeldversor­gung finanzieren, Kollege Kollross, ist unser Problem. Das wird uns, ohne mit der Wimper zu zucken, aufgedrückt, und es wird gesagt: Ihr müsst es machen! –
Das hat System, bitte. Herr Minister, das wissen Sie ganz genau. Immer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 101

wieder fehlt uns Gemeinden die dauerhafte Basisfinanzierung für solche Projek­te. Jeder hat Ideen, wir sollen sie finanzieren.

Ein weiteres schönes Beispiel ist die Siedlungswasserwirtschaft. Es wird ganz groß verkauft: Die Zuschüsse für die Siedlungswasserwirtschaft durch
den Landwirtschaftsminister werden von 80 auf 100 Millionen Euro pro Jahr erhöht. Zusätzlich kommen einmalig 100 Millionen Euro dazu. Das hört sich sehr gut an. Faktum ist, dass der Landwirtschaftsminister verpflichtet ist, diese Projekte mitzufinanzieren, nur war dieser Fonds bis jetzt dauerhaft unterdotiert. Es kommt zu jahrelangen Rückstellungen der Förderungsauszahlungen. Wir kommen nicht zu dem Geld, wir müssen bei der Umsetzung der Projekte auf das Geld warten. Jetzt holt man das Versäumnis nach und rühmt sich damit,
was man für die Gemeinden tut. – Nein, das ist eine Verpflichtung, der ihr schon längst nachkommen müsst und die ihr schon längst erfüllen müsst.

Ich bringe auch ein kleines Beispiel aus Kärnten zu den Folgen des Finanz­ausgleichs. Für mich ist nämlich bis heute noch unerklärlich, wie der Gemeinde­bund und der Städtebund diesem Finanzausgleich zustimmen konnten.
(Ruf bei der ÖVP: Die FPÖ hat auch ...!)

In meiner Gemeinde, in der ich Bürgermeister bin, haben wir ein Budget von rund 4 Millionen Euro. (Abg. Hörl: Bisschen sparen!) Seit 18 Jahren schaf­fen wir es, das Budget auszugleichen. Von 2023 auf 2024 steigen unsere Um­lagenbelastungen um 18 Prozent. Das ist ein Mehrbetrag von 180 000 Euro. (Zwischenruf der Abg. Götze.) Das ist nicht Geld, über das wir mitentscheiden. Das wird uns vom Land und vom Bund aufgedrückt. Wir sind verantwortlich
dafür. Im Gegenzug steigen unsere Ertragsanteile an den Steuern um 0,6 Prozent mit dem Ergebnis, dass wir nach 18 Jahren erstmals Abgangsgemeinde sind.

Deshalb ist mir unerklärlich, wie der Finanzausgleich die Zustimmung
von Gemeindebund und Städtebund bekommen konnte, und noch unerklär­licher, dass Städtebund und Gemeindebund plötzlich in Kärnten gemeinsam mit der Gewerkschaft dazu aufrufen, gegen den Finanzausgleich und gegen das


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Land Kärnten zu demonstrieren – das ist ein Kärntner Thema, das ich trotzdem zum Besten geben will – und es dann plötzlich eine Jubelmeldung gibt und
es heißt: Na ja, ihr kriegt 11 600 Euro zum Verkehrsverbund dazu, und ihr kriegt beim Bildungsfonds 15 Millionen Euro.

Auch da dasselbe: Der Bildungsfonds wurde ausgeräumt, weil das Land Kärnten neue Gesetze gemacht hat und plötzlich ganz viele Kindergartengruppen gebraucht wurden. Man war nicht in der Lage, diesen Bildungsfonds zu dotieren. Das heißt, die Gemeinden hätten investieren müssen, hätten etwas tun
müssen und kriegen das Geld vom Bund nicht.

Wir sehen bei all diesen Dingen, dass man zwar Ideen hat, was man tun kann, aber nicht in der Lage ist, das Geld dafür zu stellen. Die restlichen Maß­nahmen dieser Einigung – es ist auch ganz interessant, es wurde ja plötzlich die Einigung zwischen dem Land Kärnten und dem Städtebund und dem Gemeindebund verkündet – sind einzig und allein Maßnahmen zum Ziel der Mehrbelastung der Bevölkerung: zusätzliche Steuern in Form von Leerstandsab­gaben und Infrastrukturabgaben. Wir sollen die Zweitwohnsitzabgaben er­höhen, wir sollen Terminalabgaben einführen, wir sollen die Vergnügungsabgabe für die Veranstaltungen erhöhen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist anscheinend wirklich das Ziel
von Bund und Land, die Gemeinden auszuhungern, damit wir neue Steuern ein­führen müssen, damit wir die Bürger noch mehr belasten müssen und den Bürgern noch mehr Geld aus der Tasche ziehen müssen.

Dieselbe Vorgangsweise macht der Staat auch beim ORF. Der ORF ist nicht in der Lage, zu sparen, ist nicht in der Lage, sein Budget in den Griff zu be­kommen. Dann geht man ganz einfach her und stellt die Finanzierung des ORF um und macht eine ORF-Haushaltsabgabe. Das heißt, anstelle zu sparen, belastet man die Österreicher:innen.

Deshalb bringe folgenden Entschließungsantrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 103

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortentlastung: Nein zu ORF-Zwangssteuer und CO2-Strafsteuer!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorla­ge zuzuleiten, mit welcher die Einführung der ORF-Steuer oder ORF-Haus­haltsabgabe revidiert wird. Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit welcher die CO2-Ab­gabe durch das Außerkrafttreten des Nationalen Emissionszertifikatehandelsge­setzes 2022 abgeschafft wird.“

*****

Bezeichnend für diese Vorgangsweise und für diese Bundesregierung ist, dass es das Ziel ist, die österreichischen Bürger mit neuen Abgaben und neuen
Steuern zu belasten, damit das Geld dann woanders ausgegeben werden kann.

Deshalb bringe ich einen zweiten Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordnete Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Veto gegen Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine sowie gegen
neue Milliardenzahlungen an das Selenski-Regime“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die von der Europäischen Kommission geforderte Aufstockung des Mehrjährigen Finanzrahmens, inklusive der geplanten Fazilität für die Kriegspartei Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro, abzulehnen und diesem Vorschlag mit einem Veto Österreichs zu begegnen.


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Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, sich im Rahmen der Institutionen der Europäischen Union gegen die Eröffnung von EU-Bei­trittsverhandlungen mit der Ukraine auszusprechen, sowie eine Beendigung der Sanktionen gegen die Russische Föderation einzufordern.“

*****

Meine Damen und Herren, wir Freiheitliche stehen dafür, dass in erster Linie unsere Bürger zu gelten haben und dann erst alle anderen. Deshalb
ist es höchste Zeit für einen Volkskanzler Herbert Kickl. (Beifall bei der FPÖ.)

11.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Linder

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sofortentlastung: Nein zu ORF-Zwangssteuer und CO2-Strafsteuer!

eingebracht in der 245. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz,
mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichs­gesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzu­schussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitions­gesetz geändert werden (2375 d.B.) (TOP 2).

Der Finanzausgleich ist den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge als Gesamtkompromiss zu verstehen, „der nur als Summe aller Regelungen der finan­ziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften verstanden wer­den kann und mit dem alle offenen Punkte der abgelaufenen Finanzausgleichsperiode erledigt sind“. Die neue ORF-Zwangssteuer und die CO2-Strafsteuer werden
dabei jedoch ausklammert, obwohl sie eine massive Mehrbelastung der Bevölkerung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 105

zugunsten des Bundes bedeuten. Vor diesem Hintergrund gilt es der Kritik der Ös­terreicherinnen und Österreicher Ausdruck zu verleihen.

Nein zur ORF-Zwangssteuer

Die Bundesregierung von ÖVP und Grünen wäre in Zeiten der Teuerung gefordert, die Anliegen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Die Bezieher kleiner Einkommen
und in zunehmendem Maße auch der Mittelstand geraten unter immer stärkeren finanziellen Druck. Viele Menschen können sich das Leben nicht mehr leisten
und müssen bereits bei Grundbedürfnissen wie Wohnen, Heizen, Essen und Trinken massive Abstriche machen. Statt die Menschen zu entlasten, sollen jedoch ab
dem 1.1.2024 alle Haushalte Monat für Monat netto 15,30 Euro an den ORF über­weisen. In der Steiermark (4,79 Euro), Burgenland (4,59 Euro), Kärnten
(4,18 Euro) und Tirol (3,26 Euro) kommt noch eine ebenfalls monatliche Länderab­gabe dazu. Insgesamt fallen durch die ORF-Zwangssteuer Kosten von bis zu
rund 20 Euro pro Monat an.

Künftig müssen außerdem rund 525.000 zusätzliche Haushalte für den ORF zahlen. Ferner werden auch rund 100.000 Unternehmen ab 2024 zur Kasse gebeten.
Eine saftige Erhöhung kommt auch auf 206.000 Haushalte zu, die bisher zwar GIS, aber nur den deutlich geringeren Radiobeitrag zahlten. Für diese Personen ver­doppelt sich nun sogar der Beitrag von 6,31 Euro auf mindestens 15,30 Euro im Mo­nat. In Summe nimmt der ORF damit mindestens rund 60 Millionen Euro
mehr im Jahr ein. Laut manchen Schätzungen könnten die Jahreseinnahmen des ORF durch die Haushaltsabgabe sogar auf bis zu 800 Millionen Euro steigen – das
wären dann sogar mehr als 100 Millionen Euro mehr als derzeit!

Die notwendige Motivation zu Reformen und Objektivität entsteht beim ORF durch die geplante Haushaltsabgabe an keiner Stelle. Wenn jeder Österreicher ohne­hin zwangsweise für den ORF bezahlen muss, hat man in den gut dotierten Chefeta­gen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keinerlei Grund, für eine faire und
vor allem konkurrenzfähige Berichterstattung zu sorgen, die auch der verfassungs­mäßig verankerten Unparteilichkeit gerecht wird.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 106

Es braucht daher anstelle eines aufgeblähten Rundfunks einen verschlankten „Grund­funk“, der den grundlegenden Bildungsauftrag wahrnimmt. Gerade weil Millio­nen Österreicher einer ungewissen Zukunft in Zeiten von Teuerung, Krieg und Infla­tion entgegenblicken, darf es unter keinen Umständen zu einer weiteren
Steuer-Mehrbelastung für die Bürger in Form einer ORF-Haushaltsabgabe kommen.

Nein zur CO2-Strafsteuer

Als ob damit die heimische Bevölkerung nicht schon genug belastet wäre,
hat die Bundesregierung von ÖVP und Grünen mit der sogenannten „ökosozialen“ Steuerreform bewiesen, dass sie vor weiteren enormen Belastungen für die Österreicherinnen und Österreicher nicht zurückschreckt. Anstatt in den Markt einzugreifen, um die Menschen zu entlasten, wird aus ideologischen
Gründen zusätzlich verteuert.

Bis Mitte Dezember 2023 muss ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner im Bun­desgesetzblatt kundmachen, wie hoch die CO2-Bepreisung 2024 ausfal­len wird. Noch im Oktober betonte er vollmundig: „Ich bin ganz klar gegen neue Steuern“. 1 Dem erteilte jedoch ÖVP-Jugendstaatsekretärin Claudia Pla­kolm eine Absage: Die stufenweise Erhöhung des CO2-Preises sei entschieden. 2

Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift, Zahl enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Quelle: https://www.oeamtc.at/thema/verkehr/mineraloelsteuer-co2-bepreisung-17914742


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 107

Medienberichten zufolge ist mit einem Anstieg des Preises pro Tonne CO2 von derzeit 32,5 auf künftig 45 Euro zu rechnen. 3 Das bedeutet eine massive Verteuerung
an den Zapfsäulen. Der Preis pro Liter Diesel steigt inklusive Mehrwert­steuer auf 13,5 Cent, der von Benzin auf 12,3 Cent.

Bis 2025 soll der CO2-Preis weiter auf 55 Euro pro Tonne steigen. Über die Höhe des vermeintlich kompensierenden Klimabonus wird erst Mitte des Jahres 2024 entschieden. „Die […] CO2-Abgabe in Österreich wird – trotz Klimabonus – die Infla­tion zusätzlich treiben“, ist WIFO-Chef Felbermayr überzeugt: „Ja, sie wird weitergegeben werden und die Preise nochmal in die Höhe treiben.“ 4

So werden sich die Kosten für das Heizen und die Mobilität weiter massiv erhöhen und in Folge viele Menschen vor enorme finanzielle Probleme stellen. Wohnen, Heizen und Autofahren drohen so nahezu unleistbar zu werden.

Statt die Bevölkerung weiter zu belasten und damit die Inflation in die Höhe zu treiben, braucht es eine Sofortentlastung. Die unterfertigten Abgeordneten stellen da­her folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, mit welcher die Einführung der ORF-Steuer oder ORF-Haushaltsab­gabe revidiert wird. Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit welcher die CO2-Abgabe durch das Außerkrafttreten des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes 2022 abgeschafft wird.“

1     https://www.puls24.at/news/politik/brunner-praesentiert-budget-knapp-21-milliarden-neue-schulden/310770

2     https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6324663/Claudia-Plakolm_OeVP-will-trotz-Kritik-an-hoeherer-COBepreisung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 108

3     https://kurier.at/politik/inland/neuer-co2-preis-ab-2024-wird-sprit-um-mehr-als-12-cent-pro-liter-verteuern/402662015; https://bauernzeitung.at/
preise-fuer-treibstoffe-steigen-ab-2024-wegen-co2-steuer/

4        APA0155/17.02.2022

*     Für die steigende zusätzliche CO2-Bepreisung gibt es einen sogenannten "Preis­stabilitätsmechanismus". Steigen die Preise für fossile Energie für private Haushalte deutlich, dann steigt die zusätzliche CO2-Bepreisung trotzdem, aber nicht in vollem Umfang. Sinken diese Preise wiederum deutlich, dann ist
sogar eine Verdoppelung der Steigerung geplant. Trotz der ungebremsten Teue­rung seit 2022 wurden die Spritpreise auch 2023 aus ideologischen Grün­den um knapp einen Cent verteuert.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag betreffend Einführung der ORF-Steuer oder ORF-Haushaltsabgabe ist ausreichend unterstützt und
steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Entschließungsantrag betreffend EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine ist in keinem inhaltlichen Zusammenhang zum heutigen Tagesordnungspunkt.

Ich weise darauf hin, dass wir erst in der letzten Präsidialsitzung darüber diskutiert haben, dass dieser inhaltliche Zusammenhang herzustellen ist. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann das selbstverständlich als Selbstän­diger Antrag auch eingebracht werden. Dieser Antrag wird nicht zugelassen.

Nächster Redner ist Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.


11.20.33

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ersten, Frau Präsidentin,
danke ich Ihnen, dass das, was wir in der Präsidialkonferenz einhellig besprochen haben, auch zur Umsetzung gebracht wird. Wir sollten uns auch ernst


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 109

nehmen, indem wir Unselbständige Entschließungsanträge zu Themenbereichen einbringen, mit denen sie in einem Zusammenhang stehen. Danke für
diese korrekte Vorsitzführung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Zum Zweiten: Man müsste gleich mehrere tatsächliche Berichtigungen
machen. Kollege Linder ist Bürgermeister und ich schätze ihn an und für sich sehr; aber, Herr Kollege Linder, Sie sagen aber immer nur einen Teil
der Wahrheit, so wie es halt in die Kickl-Doktrin passt.

Wie ist das wirklich mit der Haushaltsabgabe für den ORF? – Es gibt drei Mil­lionen GIS-Gebührenzahlerinnen und -zahler. Das ist der derzeitige
Stand. Für die GIS-Gebühr hat man über 22 Euro pro Monat bezahlt. Jetzt bezahlen diejenigen, die immer ordentlich ihre Abgaben geleistet ha­ben, nicht mehr 22 Euro, sondern gut 15 Euro. Das heißt, das ist eine Senkung dieser Gebühr, es wird weniger für drei Millionen GIS-Gebührenzahlerin­nen und -zahler. Das ist die Wahrheit.

Das könnte man unter tatsächlicher Berichtigung laufen lassen, aber ich habe es in meine Rede eingebaut. Bleiben Sie bei der Wahrheit, Herr Kollege Lin­der, wie wir es eigentlich auch von Ihnen gewohnt sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun aber zum Finanzausgleich: Der Finanzausgleich ist eigentlich ein riesi­ges Werk, eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Bundesländern,
dem Städte- und dem Gemeindebund. All diese Teilnehmer, die über Monate die Verhandlungen führen, unterschreiben dieses Paktum auch. Wir beschließen heute das Finanzausgleichsgesetz. Es muss dem natürlich auch eine 15a-Verein­barung zugrunde liegen, weil die Grundlagen dieses Gesetzes auch in allen
neun Bundesländern abgesegnet und beschlossen werden müssen.

Jetzt kommt die nächste Krux der Freiheitlichen Partei: Die regieren in drei Bun­desländern. (Abg. Kollross: Mit euch!) – Na, das ist ja auch kein Problem, um


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 110

Gottes Willen. (Heiterkeit und Widerspruch bei der SPÖ.) – Ja warum soll­ten wir nicht? Ihr habt ja auch schon mit den Freiheitlichen regiert. Also tu nicht so! Ich kann mich noch gut erinnern: Im Burgenland hat es eine rot-blaue Koalition gegeben. Im Übrigen: Die Ersten, die eine rot-blaue Koalition ins Leben gerufen haben, waren von der SPÖ (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), zu­erst unter Kreisky – von der FPÖ geduldet –, und dann hat es ja mit Sinowatz eine rot-blaue Koalition gegeben. (Abg. Scherak: Die waren aber ein biss­chen anders damals!) Also wenn demokratische Wahlen ein derartiges Ergebnis ermöglichen, was ist dann bitte für demokratisch gesinnte Menschen das Problem, wenn man derartige Koalitionen macht?! Wir haben sie in Oberöster­reich, Niederösterreich und Salzburg.

Herr Kollege Linder, Sie haben jahrelang in Kärnten den Landeshaupt­mann gestellt. Dort hat es zuständige Landesrätinnen und Landesräte Ihrer Partei gegeben. Die waren auch für Kinderbetreuung, Wohnen, Umwelt­schutzmaßnahmen zuständig. Die Landesräte und Landesrätinnen von der FPÖ, die jetzt tätig sind, verwalten auch diese Landesbudgets, und sie müssen
dem auch zustimmen.

Im Übrigen: Auch Ihre Abgeordneten, mit denen Sie in den Landesparteivor­ständen zusammensitzen und über die Strategie der FPÖ beraten, werden in den Landtagen die Zustimmung geben. Sonst kann dieses Paktum nicht zur Gänze
in Kraft treten. Also eines geht nicht, meine Damen und Herren von der
FPÖ: hier die Kritik aussprechen und in den eigenen Bundesländern, wo Sie mit­regieren, zustimmen. Da passt etwas nicht zusammen, und daher kann man
nicht so argumentieren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Götze.)

Zum Zweiten verstehe ich eines auch nicht. Wenn man sich den letzten Finanz­ausgleich aus dem Jahr 2016 hernimmt, dann sieht man: Damals hat es zusätzliche 300 Millionen Euro – insbesondere für den Bereich Pflege, Gesund­heit – gegeben. Es ist damals abgefeiert worden, dass zusätzliche 300 Mil­lionen Euro in diesem Finanzausgleich beinhaltet waren. Wir haben jetzt in die­sem Finanzausgleich zusätzlich 2,4 Milliarden Euro pro Jahr für Länder


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und Gemeinden. Das ist frisches Geld, das ist wirklich neues Geld, das da da­zukommt.

Ich möchte auch noch kurz erläutern, wo es hinkommt. Das ist acht Mal so viel wie das, was vor sieben Jahren abgeschlossen wurde. Jetzt wissen wir –
das ist richtig –, dass natürlich auch die Gemeinden unter den explodierenden Kosten, vor allem im Spitalsbereich, in der Pflegefinanzierung, leiden.
Wir helfen da aber, obwohl wir eigentlich gar nicht zuständig sind. Wir halten die Verfassung schon ein und bekennen uns zu einem föderalen Staat. Es ist
nun einmal so, dass wir für den Pflegebereich eigentlich laut Verfassung nicht zuständig sind, für die Spitalsfinanzierung, bei der wir unsere Anteile zu
leisten haben, schon.

Daher möchte ich den Fonds im Finanzausgleich kurz erläutern: nächstes Jahr Spitalsfinanzierung: plus 550 Millionen Euro. Die Gesundheitsreform –
und es ist eine Reform, die hier gestern abgesegnet wurde –, durch die es zu­sätzliche Kassenarztstellen, eine Entlastung im ambulanten Bereich gibt, hilft den Bundesländern und damit auch den Gemeinden am meisten, weil wir auch
in die Sozialversicherung hineininvestieren. Die ersten 100 Kassenarztstellen, um die man sich auch in manchen Bereichen der Sozialversicherung so gesorgt
hat, sind jetzt ausgeschrieben. Das heißt, wir setzen das um, was wir versprochen haben. Bundeskanzler Nehammer hat für heuer noch 100 Kassen­arztstellen angekündigt. Sie sind jetzt von der ÖGK ausgeschrieben wor­den, und die Finanzierung ist in diesem Haus beschlossen worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur Pflege: Das ist überhaupt mein Leibthema als Sozialsprecher, der ich bereits seit 14 Jahren sein darf. Wir haben 1,1 Milliarden Euro im Pflegefonds.
Der Pflegefonds ist ein gutes Instrument. Das haben wir unter dem damaligen Minister Hundstorfer gemeinsam mit der SPÖ verabschiedet. Ich kann
mich noch gut an die Gespräche erinnern. Da war irgendwo auch eine gewisse Skepsis da: Na, wird sich dieser Fonds gut entwickeln? Wie wird das ausschauen? – Er hat sich gut entwickelt. Wir haben heuer, im Jahr 2023,


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455 Millionen Euro im Pflegefonds, nächstes Jahr 1,1 Milliarden Euro, und es ist festgelegt, dass in den nächsten Jahren dieser Pflegefonds um rund 4,5 Pro­zent infolge der Inflationsprognose plus 2 Prozent separat aufgestockt wird. Das ist gestern auch beschlossen worden.

Wir haben die 24-Stunden-Betreuung, bei der wir im Bereich der selbstständi­gen Tätigkeit von 550 Euro auf 800 Euro Unterstützungsleistung für Men­schen, die eine 24-Stunden-Betreuung benötigen, aufgestockt haben.

Der Gehaltsbonus: Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Gesundheits- und Pflegeberufen tätig sind, kommt ein Bonus von rund 2 000 Euro brutto
pro Jahr dazu. Das ist für das Pflegepersonal im Durchschnitt ein 15. Gehalt, weil wir diese Arbeit schätzen, respektieren und sie auch anerkennen wollen,
und weil das, was in den Spitälern und im Pflegebereich, auch im mobilen Be­reich, geleistet wird, wirklich eine herausfordernde Tätigkeit ist – ein Danke auch an diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall bei der ÖVP sowie der
Abg. Maurer.)

Wir haben einen Ausbildungsbonus von 600 Euro eingeführt. Das ist alles zu zwei Dritteln vom Bund, zu einem Drittel vom Land finanziert. Zu diesen 600 Euro Ausbildungsbonus gibt es auch eine Einigung mit allen Referent:innen auf der Landesebene.

Wir haben Arbeitsbedingungen verbessert. Es gibt analog zum Bundesdienst
jetzt die sechste Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr in allen Pflegebereichen, egal wie lang man in seinem Beruf schon tätig ist.

Zu den Communitynurses, weil sie angesprochen wurden, Herr Kollege Linder: Die sind eine positive Ergänzung zu den Strukturen, die wir bereits haben.
Und es stimmt nicht: Wir vom Bund haben um über 150 Millionen Euro den Pflegefonds zusätzlich aufgestockt, sodass für diese Maßnahmen den
Ländern und Gemeinden keine Mehrkosten entstehen. Das ist ein Nuller. Dort entstehen keine Mehrkosten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten


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der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Linder.) Wir haben extra diese Gelder dazu­gegeben, damit bei der Verlängerung der Einrichtung der Community­nurses keine zusätzlichen Kosten auf die Gemeinden abgewälzt werden können.

Zum Schluss möchte ich noch auf den Zukunftsfonds eingehen. Der ist überhaupt ein neues Instrument, das wir im Finanzausgleich haben: 1,1 Milliar­den Euro für Kinderbetreuung. Wir setzen um. Der Bundeskanzler hat angekündigt, 4,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 zusätzlich vom Bund in die Kinderbetreuung investieren zu wollen. Warum? – Weil es notwendig
ist. Wir müssen den Ausbau bei den unter dreijährigen Kindern vorantreiben. (Abg. Kollross: Können wir nicht schnell ein Bundesland aufhetzen?) Wir
können nicht auf der einen Seite sagen, alle, die arbeitsfähig sind und arbeiten können, sollen auch in die Arbeit gehen, und auf der anderen Seite fehlen
die Kinderbetreuungsplätze. Daher gibt es da einen Schub in Richtung Kinderbe­treuung: 500 Millionen Euro. Die Hälfte davon muss zu den Gemeinden, 250 Millionen Euro müssen in die Gemeindekassen fließen, das ist paktiert, das ist von den Stakeholdern unterschrieben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Das Zweite ist: 300 Millionen Euro für Wohnen und Sanieren. Wir wollen die Renovierungsquoten bei öffentlichen Gebäuden auf 3 Prozent erhöhen: Wohnraum schaffen, weniger Versiegelung!

Entweder ein Land verwendet 3 Prozent der Wohnbaufördermittel für Sanie­rungen, oder die Anzahl der Wohnungen bei Sanierungen und Nachver­dichtung muss größer sein als der Anteil der Wohnungen durch Versiegelung. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, weil wir so der Versiegelung entge­gentreten – die Ortskernbelebung kennen wir als Kommunalpolitiker, ich durfte auch ein paar Jahre Vizebürgermeister sein – und auch wieder mehr in den Bereich Sanierung geben. 300 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Zu Umweltschutz und Klimaschutz: die Erhöhung des Erneuerbarenanteils. Wenn man unter 50 Prozent Anteil ist, dann muss man 1 Prozent steigern, wenn man über 50 Prozent ist, sind das 0,5 Prozent.


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Ich möchte auch den Heizkesseltausch erwähnen, der da mit im Gepäck ist: Ja, das ist eine sehr großzügige Förderung, aber wir haben uns bewusst dazu entschieden, Raus aus Öl und Gas mit bis zu 75 Prozent Förderanteil auch kräftig zu unterstützen. 50 Prozent wird der Bund übernehmen, und wenn die Län­der das, was sie bisher bezahlt haben, auch weiterhin bezahlen, dann wird diese 50-prozentige Förderung auch ausgeschüttet. Das ist vereinbart.

Daher ist der Weg frei und offen auch für all jene, die noch Ölheizungen und Gas­thermen haben, diese zu wechseln und auf erneuerbare Heizungsmetho­den umzusteigen. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, mit der wir auch im Bereich des Klimaschutzes in die Zukunft blicken. (Beifall bei der ÖVP sowie der
Abg. Maurer.)

Meine Damen und Herren, man kann vieles differenziert betrachten. Man kann natürlich auch hier Kritik üben, nobody is perfect, aber eines möchte ich festhalten: Dieser Finanzausgleich kann sich sehen lassen. Es ist ein Projekt mit über 12,9 Milliarden Euro für die Finanzausgleichsperiode. Wir decken da­mit die wesentlichsten Bereiche ab, die wichtig für die Menschen in diesem Lan­de sind, und die auf der kommunalen Ebene betreut werden. Das muss
man einmal sagen. Die Kindergärten stehen ja nicht neben dem Stephansdom oder neben den Landhäusern, sie stehen in unseren Kommunen, in unse­ren Städten. Dorthin muss das Geld auch kommen, das ist auch Auftrag an die Länder, dafür zu sorgen – und sie tun es ja auch. Sie tun es ja auch, damit
diese Gelder dorthin kommen, wo sie hingehören, nämlich zu unse­ren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, zu den Menschen in unseren Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte. (Abg. Lercher – erheitert –: Gerald fehlt die Bankomatsteuer im Finanz­ausgleich! – Heiterkeit des Abgeordneten Lindner.)



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11.32.34

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Sie können die Zwischenrufe nicht hören, die da kommen, aber ich finde das lustig, wenn schon mein Auftritt zu Zwischenrufen begeistert. (Abg. Leichtfried:
Da würde ich mich nicht wundern!)

Herr Klubobmann Wöginger hat weit ausgeführt, was dieser Finanzausgleich alles umfasst. Das ist ein kompliziertes Paket, wie der Bund die Steuereinnahmen an die Länder und an die Gemeinden weitergibt. Eigentlich ist es ein intrans­parentes Netz von Transfers, das sich da über Jahrzehnte entwickelt hat. Selbst Experten tun sich schwer, das bis in das kleinste Detail zu durchschauen.

Für die nächsten vier Jahre ist vorgesehen, 146 Milliarden Euro auf diesem Weg an die Länder und Gemeinden in Form der Ertragsanteile zu verteilen. Von diesen 146 Milliarden Euro entfallen 4,6 Milliarden auf den Zukunftsfonds. Also das so gelobte neue Konzept, bei dem endlich einmal zumindest ange­schaut wird, ob die Länder mit dem Geld das machen, was sie mit dem Geld machen sollen, macht 4,6 Milliarden von 146 Milliarden Euro aus. Das kann man eigentlich vernachlässigen.

Die Länder, denen man auf die Finger schauen soll, haben schon via Peter
Kaiser ausrichten lassen: Ja, aber bitte, ob wir die Ziele einhalten oder nicht, darf keine Rolle spielen! Wenn wir sie nicht einhalten, wird es keine Konsequen­zen haben!

Da komme ich zu einem Punkt, bei dem mir die Beteiligten, die das auf Bundesebene verteidigen müssen, ehrlich leidtun, denn ein Finanzausgleich, das muss man fairerweise sagen, ist kein Spaß. Da kommen neun Landeshaupt­leute, jeder mit einem Ego so groß wie ein Zeppelinflugschiff (Heiterkeit des Abg. Schwarz), und da muss man sich dann denen gegenüber mehr oder weniger alleine durchsetzen. Das ist keine einfache Aufgabe. Trotzdem:
Das sind schwierige Aufgaben in der Politik, und für die wird man bezahlt.


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Was wir uns gewünscht hätten – ich komme jetzt dazu, das auszuführen –, ist: dass Ziele an Konsequenzen geknüpft sind. Wenn die Länder Gelder für
die Kinderbetreuung bekommen – und das ist gut –, dann wollen wir auch sehen, dass diese für die Kinderbetreuung eingesetzt werden. Wenn die Länder das nicht tun, dann muss das Konsequenzen haben.

Noch besser wäre es aber, wenn die Länder und Gemeinden Steuer­autonomie hätten: wenn sie auf die Ertragssteuern individuell einen Aufschlag einheben könnten und dann ihre eigenen Aufgaben selbst finanzieren und
nicht alle paar Jahre beim Finanzminister als Erpresser aufschlagen und diesen wie eine Zitrone auspressen. Das darf nicht das Ergebnis sein.

Wenn Länder und Gemeinden ihre Gelder für ihre Aufgaben selbst einheben würden, dann würde das insbesondere die Gemeinden stärken. Jetzt ist
der Bürgermeister oft Bittsteller bei der Landesregierung, damit er überhaupt Geld bekommt. Da können ein paar – Kollege Kollross – ein Lied davon
singen: Wenn man in einem Bundesland die falsche Farbe hat, dann ist das kein Spaß. Wenn man als roter Bürgermeister beim schwarzen Landeshaupt­mann – oder mit umgekehrten Farbenspiel – auftanzen muss und Geld für seine Gemeinde braucht, dann ist das schwierig. Steuerautonomie für die Ge­meinden würde die Position der Gemeinden gegenüber den Ländern massiv stärken. Davon hätten dann insbesondere immer die etwas, die zu den Minderheitsparteien im jeweiligen Bundesland gehören.

Was wir auch vermissen, ist eine Transparenzdatenbank, die funktioniert. Jetzt wird das auf die Länder ausgeweitet, aber da gehören natürlich die Ge­meinden erfasst. Wir haben einen Föderalismus, in dem zu oft die Linke nicht weiß, was die Rechte tut, und manchmal die Linke auch gar nicht will,
dass die Rechte weiß, was sie den ganzen Tag so macht.

Das ist ja immer Ihr Steuergeld, das da verteilt wird, nicht? Ich singe ja selber auch in einem Chor, und der Chor bekommt Förderungen. Da muss man sich manchmal fragen: Entschuldigung, wieso bekommen wir eine Förderung?


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Der Chor funktioniert gut, wir haben das gut im Griff. Aber klar, es wäre
ja unverantwortlich, wenn man Geld, das einem zusteht, nicht beansprucht. Da ist ja der Vereinsvorstand auch in der Verpflichtung, das zu tun.

Das ist Ihr Steuergeld, das ausgegeben wird. Immer wenn Sie eine Förderung be­kommen, denken Sie daran, Sie haben sich das eigentlich selbst bezahlt.
Noch effizienter wäre es, wir würden uns dieses Zirkelspiel sparen, dass man 100 Euro Förderung bekommt, für die man vorher 150 Euro Steuern gezahlt hat. Da sind nämlich 50 Euro dazwischen, die irgendwo in der Finanzverwaltung aufgehen. (Beifall bei den NEOS.)

Damit wir uns auch das Theater mit dem Finanzausgleich sparen, und die Länder und Gemeinden ihre Steuerautonomie bekommen, bringe ich nachstehen­den Entschließungsantrag ein. Es wird ja oft die Eleganz der Verfassung gelobt. Mit dieser Eleganz kann die Geschäftsordnung des Nationalrates nicht mit­halten, deswegen muss ich Ihnen jetzt den Text vorlesen.

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform des Finanzausgleichs und echte Transparenz für die Transpa­renzdatenbank“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert,

1. für mehr Aufgabenorientierung im Finanzausgleich und mehr Steuer­autonomie für Österreichs Länder und Gemeinden zu sorgen,

2. die Voraussetzungen für einen vollständigen Überblick über alle von öster­reichischen Gebietskörperschaften angebotenen und ausgezahlten Förderungen


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im Rahmen einer gebietsübergreifenden Transparenzdatenbank als Grund­lage für einen effizienten und zielgerichteten Einsatz von Steuermitteln
zu schaffen,

3. sowie alle ausgezahlten Förderungen an Unternehmen, Vereine und Non-Profit-Unternehmen oberhalb einer Bagatellgrenze öffentlich einsehbar
zu machen.“

*****

Das ist ein großes Ziel, aber wer alle seine Ziele erreicht hat, hat sie sich zu niedrig gesteckt. Daher sind wir Freunde von großen Zielen. Herr Finanzminister, wir freuen uns, wenn Sie große Ziele in Angriff nehmen. (Beifall bei den NEOS.)

11.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Reform des Finanzausgleichs und echte Transparenz für die Trans­parenzdatenbank

eingebracht im Zuge der Debatte in der 245. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz,
mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichs­gesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzu­schussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitions­gesetz geändert werden (2375 d.B.) – TOP 2

Mit dem neuen Finanzausgleich haben Bund und Länder eine Riesenchance ver­spielt, endlich veraltete Strukturen aufzubrechen und Österreich zukunfts­fit zu machen. Anstatt das intransparente und selbst von Expert:innen kaum über­blickbare Netz von Transfers und Zahlungen zu entwirren und endlich für


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mehr Aufabenorientierung und Abgabenautonomie bei Ländern und Gemeinden
zu sorgen, wurde das bestehende System einfach um weitere fünf Jahre ver­längert. "Grundlegende Reformen wurden erneut nach hinten verschoben, wie etwa die Grundsteuerreform, die Transferentflechtung oder die Finanzierbarkeit
der kommunalen Daseinsvorsorge oder Finanzierungslösungen für Investitionen in Klimaschutz und Klimawandelanpassung", merkt auch das KDZ in seinem
Blog kritisch an (https://www.kdz.eu/de/aktuelles/blog).

FAG 2024 - eine verpasste Chance

Insgesamt rund 146 Mrd. EUR wird der Bund laut Strategiebericht des Finanzministe­riums in den Jahren 2024-27 wie gehabt über Ertragsanteile an Länder und Ge­meinden überweisen, rd. 12,5 Mrd. an zusätzlichen Mitteln über den neuen Finanz­ausgleich. Aber nur ein Bruchteil dieser Mittel, nämlich 4,6 Mrd. EUR, soll
2024-27 über den sogenannten Zukunftsfonds gezielt in wichtige Zukunftsaus­gaben - Kinderbetreuung, Klimainvestitionen, thermische Sanierung - fließen. Positiv ist, dass die Mittel für die Kinderbetreuung zu 50% direkt an die Gemeinden
fließen, was für mehr Planungssicherheit bei den Gemeinden sorgt. Zu kurz gekom­men ist allerdings auch beim Zukunftsfonds die Aufgabenorientierung, nämlich
dass die Mittel nach konkretem Bedarf, im Falle der Kinderbetreuung zB nach Anzahl der in der Gemeinde gemeldeten Kleinkinder, verteilt werden. Stattdessen wird
das Geld - wie ganz generell beim Finanzausgleich - nach Bevölkerungszahl
und Größe der Gemeinde verteilt. Dabei wäre es gerade angesichts der derzeitigen Herausforderungen (mehr Aufgaben, Inflation) "umso wichtiger, die Mittel möglichst effizient zu verteilen. Das bedeutet Aufgabenorientierung und Wirkungsbezug statt Gießkanne und Aufrechterhaltung ineffizienter Strukturen" (KDZ: https://www.kdz.eu/de/aktuelles/blog).

 


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Steuerautonomie auf der langen Bank - Zu viel Macht für die Länder, zu wenig Autonomie für die Gemeinden

Auch auf einen Ausbau der Steuerautonomie von Ländern und Gemeinden wurde beim aktuellen Finanzausgleich verzichtet. Die Landeshauptleute bekom­men weiterhin die Steuermillionen überwiesen, ohne im Gegenzug Verantwortung für Einnahmen und Ausgaben übernehmen zu müssen. Den Gemeinden wiederum
fehlt das eigene Aufkommen, das sie in ihrer Gemeindeautonomie auch gegenüber den Ländern stärken würde. Tatsächlich ist in nur wenigen Ländern der Anteil
der Steuern, die von Gemeinden und Ländern eingehoben werden, derart gering wie in Österreich (siehe Grafik).

 


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Dabei gilt: Steuern, die man selbst festlegen und verantworten muss, werden meist besser überlegt und begründet werden, die Mittel dann wieder effizienter ein­gesetzt (https://www.derstandard.at/story/1345164958871/steuerautonomie-wuerde-effizienz-steigern). NEOS fordert aus diesem Grund, dass Teile des Einkommenssteuertarife innerhalb einer gewissen Bandbreite jeweils von Ländern und Gemeinden festgelegt werden können und Gemeinden zudem über eine Grundsteuerreform endlich zu einem angemessenen eigenem Steueraufkommen kommen.

Der "Transferzirkus" des Österreichischen Finanzausgleichs mit seiner fehlen­den Bündelung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung und die kaum vorhandene Steuerautonomie der Länder und Gemeinden und kosten Österreichs Steuerzahlerinnen Jahr für Jahr unnötig viel Geld und stehen nicht nur einer Entlastung im Weg, sondern reduzieren zudem Finanzierungsspielräume
für Zukunftsinvestitionen.


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Österreich: Föderalismus-Kaiser und Förderweltmeister

Bereits vor der Covid-Krise gab Österreich viel (Steuer-)Geld für staatliche Förderungen aus. Seit Ausbruch der Covid-Krise ist das Volumen der Förderungen aber regelrecht explodiert: In den Jahren 2020 und 2021 verzeichneten
die Förderunge (Subventionen i.w.S. laut VGR) einen massiven Anstieg um nahezu
15 Mrd. EUR bzw. 76 % im Vergleich zum Vorkrisenniveau. Nicht zuletzt
aufgrund der Anti-Teuerungssubventionen der Folgejahre scheinen sich die Sub­ventionen auf deutlich höherem Niveau zu stabilisieren als es noch vor den Krisenjahren üblich war.

 

Quelle: BD Analyse zum Förderbericht 2021

Dabei gehörte man bereits vor der Krise zu den eher förderfreudigen EU-Ländern: Während man im Jahr 2019 noch Platz 6 der EU-weit höchsten Fördersum­men (als Prozent des BIPs) belegte, katapultierte die Koste-was-es-wolle Politik der Bundesregierung Österreich auf Platz 2 (2020), bzw. Platz 4 (2021). (Budget-


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dienst, Analyse zum Förderbericht 2021). Auch im internationalen Vergleich ist Ös­terreich also ein Förder-Schlaraffenland. Der unliebsame Nebeneffekt: Eine
hohe Staatsverschuldung trotz hoher Abgabenquote.

Förderpolitik ist grundsätzlich keine schlechte Sache. Der Staat greift dort ein, wo der Markt allein nicht die gesellschaftlich wünschenswerten Ergebnisse produzieren würde. Das macht auch eine soziale Marktwirtschaft aus. Problematisch
wird es dann, wenn der Überblick über geförderte Zwecke oder eingesetzte Mittel verloren geht, Doppelförderungen auf der Tagesordnung stehen, Förderpoli­tik mit Klientelpolitik verwechselt wird oder einmal aufgesetzte Förderungen nie wieder abgeschafft werden (https://www.agenda-austria.at/publikationen/
der-staat-foerdert-alle/).

Aber gerade Österreichs föderale Struktur, wo die rechte Hand nicht weiß, was die die linke macht, führt zu einem regelrechten Förderdschungel. Denn von der Bürgermeisterin, über die Landeshauptfrau, bis hin zur Ministerin will jede besonders großzügig sein - somit stehen Doppel- und Mehrfachförderungen, inklusive Überförderung udn Wettbewerbsverzerrungen in Österreich auf der Tagesordnung.

Schluss mit Blindflug - mehr Vollständigkeit und Transparenz für die Transpa­renzdatenbank

Eine gebietskörperschaftübergreifende Transparenzdatenbank, wie sie heute be­schlossen werden soll, wäre so gesehen absolut zu begrüßen und könnte
dazu beitragen, einen vollständigen, transparenten und öffentlich einsehbaren Überblick über sämtliche von den verschiedensten Gebietskörperschaften angebotenen und ausgezahlten Förderleistungen zu bieten. Allerdings wird die neue gebietskörperschaftsübergreifende Transparenzdatenbank ( siehe:https://
www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/2314 ) diesem Anspruch nicht gerecht.

Die darin nun gesetzlich geregelte Verpflichtung von Bund und Ländern,
nicht nur Leistungsangebot, sondern auch getätigte Förderzahlungen nach einheitli­chen Kriterien einzumelden, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es


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fehlt allerdings nach wie vor die sowohl von Rechnungshof (Bericht des Rechnungs­hof 2021/ 11, Transparenzdatenbank – Kosten und Nutzen, Ziele und Zielerrei­chung; Follow–up–Überprüfung) als auch vom Budgetdienst des Parlaments (siehe: Analyse des Budgetdienst – Novelle zum Transparenzdatenbankgesetz 2012 (626 d.B.)) eingemahnte gesetzlich verpflichtende Einmeldung von Leistungsangebot und Zahlungen der Gemeinden. Damit ist die Vollständigkeit der Datenbasis -
zB für die angekündigte gesamtstaatliche Förderstrategie - nach wie vor
nicht gegeben.

Für 2022 belaufen sich laut Eurostat die Zahlungen der Gemeinden für Transfers und Subventionen auf rd. 7,2 Mrd. € oder 19,3% der Gesamtausgaben der Gemein­den. Nicht alle dieser Zahlungen sind tatsächlich Förderungen, weil in dieser Summe auch die Landesumlage und der Gemeindebeitrag zur Krankenanstaltenfinan­zierung enthalten ist. Der wesentliche Punkt ist aber: Wir wissen im Grunde nicht, wie viel die Gemeinden für FÖrderungen ausgeben, und auch nicht, welche Mittel in welche Förderschienen fließen.

Intransparenz droht daher gerade bei den für die Bevölkerung und Zivilgesellschaft sehr wesentlichen Gemeindeförderungen auch in Zukunft auf der Tagesord­nung zu stehen. Im Falle der Landeshauptstädte, allen voran Wien, die Förderungen sowohl als Länder als auch als Gemeinden anbieten und auszahlen können, verhindert eine umfassende Einmeldung der Gemeinden die notwendige Transparenz. Allein in der Gemeinderatssitzung vom 18.10.2023 beschloss der Wiener Gemeinderat Förderungen in Höhe von 68 Mio. € (und der Wiener Gemeinderat tagt 10mal im Jahr), die nicht in der TDB stehen werden. Hier muss also die heute
zu beschließenden Regelungen umgehend nachgeschärft werden.

Echte Transparenz bei allen Förderungen

In einem weiteren Schritt muss eine öffentliche Abfrage aller (oberhalb einer Bagetell­grenze) geleisteten und ausgezahlten Förderungen an Unternehmen, Vereine
und Non-Profit-Organisationen ermöglicht werden. Im Jahr 2022 wurden von der


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Bundesregierung - wie von der Öffentlichkeit, NEOS und anderen Opposi­tionsparteien gefordert - die von der Cofag ausgezahlten Covid-Förderungen für eine personenbezogene Abfrage öffentlich zugänglich gemacht. Man wollte über
die Möglichkeit einer öffentliche personenbezogene Abfrage mehr Transparenz und Kontrolle über den Ensatz öffentlicher Mittel schaffen (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2734). Ebenso können Förderungen im Zusammehang mit der Energiekrise und des Aufbau-
und Resilienzplans personenbezogen öffentlich eingesehen
werden (https://transparenzportal.gv.at/tdb/tp/berichte/). Im Sinne echter Transparenz sollen über die Transparenzdatenbank in Zukunft alle an Unternehmen, Vereine und Non-Profit-Organisationen gezahlten Förderungen öffentlich
einsehbar sein, um eine umfassende Transparenz über den Einsatz von Steuermitteln zu gewährleisten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert,

1.   für mehr Aufgabenorientierung im Finanzausgleich und mehr Steuer­autonomie für Österreichs Länder und Gemeinden zu sorgen,

2.   die Voraussetzungen für einen vollständigen Überblick über alle von österreichischen Gebietskörperschaften angebotenen und ausgezahlten Förderungen im Rahmen einer gebietsübergreifenden Transparenzdatenbank als Grundlage für einen effizienten und zielgerichteten Einsatz von Steuermit­teln zu schaffen,


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3.   sowie alle ausgezahlten Förderungen an Unternehmen, Vereine und Non-Profit-Un­ternehmen oberhalb einer Bagatellgrenze öffentlich einsehbar zu machen."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte.


11.38.32

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit meiner
Rede beginne, darf ich im Auftrag meiner Kollegin Becher die 6c des BRG Franklinstraße aus Wien-Floridsdorf recht herzlich begrüßen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Also bei aller Wertschätzung für dich, lieber Gerald Loacker: Ich habe unzählige Gespräche über alle Parteifarben hinweg mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern geführt, aber niemand, auch nicht ein Einziger hat gesagt, die Steuerautonomie würde ihre Probleme lösen. Im Gegenteil, ich glaube,
es würde zu einer Verschärfung und zu einem Standortnachteil in Österreich, aber zu keinem Vorteil für unsere Städte und Gemeinden führen. (Beifall
bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Loacker: Es ist bequemer ...?)

Ehrlicherweise, gleich am Beginn: Natürlich ist mit diesem Finanzausgleich etwas gelungen. Es wäre, glaube ich, gelogen, wenn man sagt, da ist nichts Gelun­genes. Es ist definitiv besser als nichts. Die Sozialdemokratie wird diesem aus un­serer Sicht Minimalkompromiss auch zustimmen. Nichtsdestotrotz, glaube
ich, muss man auch betonen: Löst es die Herausforderungen auf der kommuna­len Ebene? – Nein. Löst es die Drucksituation für unsere Gemeinden? –
Nein, und das weiß die ÖVP.


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Geschätzter Herr Finanzminister, Sie und auch viele in Ihrer Fraktion wissen ganz genau: Es wird in Zukunft noch ein Gemeindepaket brauchen, weil unglaublich viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit diesem vorhande­nen Werk die nächsten zwei Jahre nicht überstehen werden. Diese Druck­situation müssen wir auflösen, wenn uns die Demokratie und die
Städte und Gemeinden am Herzen liegen, denn die sind in Wahrheit das Kraft­werk unserer Demokratie. Die Gemeinden und Städte haben in der Coro­nakrise, bei allen Krisen, die hier behandelt wurden, Maßgebliches geleistet, Ver­antwortung und Aufgaben übernommen, aber sie bekommen leider nicht
die notwendigen Mittel, die sie in Zukunft brauchen, um zu bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sind die Fakten? – Die eigene BMF-Prognose weist sinkende Ertragsanteile für 2023 aus, erst 2024 soll eine Steigerung kommen. Das heißt, 2024 werden die Ertragsanteile der Gemeinden knapp über dem Niveau von 2022 liegen. Das KDZ, ein renommiertes Institut, prognostiziert: Wenn wir
nicht gegensteuern, wird jede zweite Gemeinde und Stadt in Österreich Ab­gangsgemeinde werden. – Das können wir nicht wollen!

Ich meine, die ÖVP ist die Partei der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Ihr habt auch unglaublich gute Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpoliti­ker. Die erwarten sich aber auch von euch, dass ihr liefert. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Es ist für mich völlig unverständlich, dass ihr bis dato ignoriert,
dass wir weitere Gelder auf kommunaler Ebene brauchen – wir werden das hier beschließen –, weil die Gemeinden damit nicht auskommen werden. Und
wenn die damit nicht auskommen, bedeutet das eines: Sie müssen im Ermes­sensspielraum sparen, das bedeutet bei den Vereinen vor Ort, bei jenen,
die sich bemühen – bei den Sportvereinen, bei den Bildungsvereinen, bei den Kindervereinen, bei den Jugendvereinen. Dort, wo es direkt um das Zusammenleben geht, bei den kleinsten Einheiten wird dann gespart werden, und das können wir nicht zulassen, meine sehr verehrten Damen und
Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn Kollege Wöginger von Verfassung und verfassungsmäßigen Aufgaben spricht, steht dort auch die Gemeindeautonomie drinnen. Die Gemeinde­autonomie ist ein hohes Gut in unserer Republik. Das bedeutet für mich, dass es denen auch zusteht, dass sie die Mittel bekommen, die sie brauchen,
um zu wirtschaften. Wenn es darum geht, Aufgaben auf die kommunale Ebene zu übertragen, dann geht alles schnell, aber wenn es darum geht, dass
wir sie finanziell so ausstatten, dass sie überleben können, dann geht es nicht.

Das ist die Kritik am Zukunftsfonds. Ja, da gibt es Mittel, aber viele Städte
und Gemeinden brauchen keine Kofinanzierung mehr, da geht es um
den laufenden Haushalt. Da geht es nicht mehr darum, dass man diskutiert: Was werde ich bauen, was werde ich investieren, wo bekomme ich eine Förde­rung? Es geht darum, den laufenden Haushalt zu bestreiten. Wenn sie das nicht können, dann bricht uns die wichtigste demokratische Ebene in diesem
Land weg. Und wenn das passiert, trägt die ÖVP die Verantwortung.

Deswegen hoffe ich, Herr Finanzminister, dass eingelenkt wird. In nächster Zukunft werden wir hier wieder stehen und ganz, ganz sicher darüber diskutieren, was wir den Gemeinden nicht alles geben müssen, damit sie die Zukunft gut überstehen. Und es wäre richtig und gut, das zu beschlie­ßen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


11.43.22

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Wir diskutieren hier über die Gemeinden, nicht nur heute, sondern immer wieder, auch während Corona, auch während der vergangenen Jahre im­mer wieder. Und immer wieder haben wir es geschafft, die Gemeinden gut zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Auch das diesjährige Budget ist ein wichtiger Schritt und eine wichtige Unter­stützung für die Gemeinden. Ganz grundsätzlich einen Schritt zurück
zum Budget: Das Budget ist ein absolutes Zukunftsbudget, mit dem wir in eine bessere Zukunft investieren. (Abg. Einwallner: Da runzelt sogar der Finanz­minister die Stirn, wenn er hier steht! Da runzelt sogar der Finanzminister die Stirn! Es ist unfassbar!) Ein Teil davon ist der Finanzausgleich, von dem wir heute sprechen. Der Finanzausgleich – es wurde schon gesagt – bedeutet die Auftei­lung der Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden. Ein Teil da­von ist der Zukunftsfonds, auf den ich mich jetzt konzentrieren möchte, der spe­ziell für Gemeinden ist und der mehr Geld als bisher bedeutet. (Abg. Koll­ross: Wenn er dort ankommt!) Das möchte ich schon ganz deutlich sagen: mehr Geld als bisher! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist ein Verfassungsgesetz, weil auch die Länder und die Gemeinden zustim­men müssen, zugestimmt haben beziehungsweise zustimmen.

Ganz grundsätzlich gehen wir mit dem Budget und auch mit dem Zukunftsfonds doch einige wichtige strukturelle Reformen an. Ich möchte mit der ökoso­zialen Steuerreform anfangen, die wirklich eine Umsteuerung bedeu­tet. Die CO2-Bepreisung beispielsweise bedeutet, dass wir gewisse Einnahmen aus Bereichen generieren, die klimaschädlich sind. Ich möchte aber auch
sagen: Es sind Einnahmen, die nicht irgendwo versickern, sondern die unmittel­bar an die Bürgerinnen und Bürger in Form des Klimabonus zurückgege­ben werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kollross: Herr Minister, wo steht denn das im Finanzausgleich? – Abg. Hoyos-Trautt­mansdorff: Verwaltungstechnisch eine großartige Konzeption!)

Wir haben auch die Abschaffung der kalten Progression beschlossen. Auch das bedeutet, dass wir weniger Einnahmen haben und mehr Geld bei den Bürge­rinnen und Bürgern bleibt. Das ist also ebenso eine wichtige strukturelle Reform.

Dann gibt es eben den Finanzausgleich. Auch da gab es mit dem Zukunftsfonds eine strukturelle Reform, da erstmals nicht nur Gelder an die Gemeinden


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gehen, sondern diese mit gewissen Zielen verbunden sind. Ich habe jetzt ver­nommen, die Ziele sind zu vage oder es macht keinen Sinn, Ziele zu for­mulieren, weil die Gemeinden einfach mehr Geld brauchen. Ich habe auch von Kollegen Loacker, ich sehe ihn jetzt nicht - - Von Kollegen Lercher – Ent­schuldigung (Abg. Kollross: Das ist aber eine Beleidigung! Das lässt er sich aber nicht gefallen!), ist er noch hier?; ja, da hinten (Abg. Loacker: Der ist im Doskozil-Lager,
der muss hinten sitzen! – Abg. Kollross: Da seid ihr beide beleidigt worden!) –
habe ich gehört, die Gemeinden wollen das Geld nicht einnehmen, sondern nur ausgeben. Ja, das ist schon ein Zugang, aber dann ist es doch legitim, zu sagen: Wenn ihr Gelder wollt, dann möchten wir wenigstens sagen, wofür.
Ich habe schon gesagt: zukunftsgerichtet, in zukunftsgerichtete Bereiche.

Das sind drei Bereiche: nämlich die Elementarpädagogik, bei der wir wissen – das haben schon meine Vorrednerinnen und Vorredner, aber ich glaube,
es waren eh nur Männer, gesagt –, da gibt es Nachholbedarf, da gibt
es Ausbaubedarf. Ich möchte auch sagen, da ist ganz klar definiert, wie viel Geld die Gemeinden unmittelbar bekommen: nämlich 250 Millionen Euro im kommenden Jahr und steigend in den nächsten Jahren. Ich glaube, das ist eine gute Nachricht für die Gemeinden. Das ist wirklich in der Elementarpäda­gogik zu verwenden.

Der zweite Bereich: Sanierung, Wohnraum, wie zum Beispiel Wohnraummobili­sierung, aber überhaupt auch leistbaren Wohnraum zu schaffen, zu sanie­ren und so weiter.

Im Bereich Umwelt und Klima muss der Anteil der erneuerbaren Energien ausge­baut werden. Das tun die Gemeinden zum Teil schon, aber wir schaffen da­für zusätzliche Anreize. Das sind übrigens auch Dinge, die sich dann wieder rech­nen, denn wenn eine Gemeinde in PV-Anlagen investiert, wird die Energie,
die sie sozusagen verwenden muss, günstiger.

Noch einmal zu den Zielen: Es sind Ziele, messbare Ziele im Finanzausgleich for­muliert. Ja, sie sind nicht unmittelbar mit Sanktionen verknüpft – ich sage


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einmal: noch nicht. Vielleicht wird das in Zukunft auch einmal so sein, aber zu­nächst ist es doch schon gut, zu sagen: Das sind die Ziele, und wir als Bür­gerinnen und Bürger haben den Anspruch, zu sagen: Sind die Ziele in meiner Ge­meinde oder in meinem Bundesland erreicht worden oder eben nicht? – Evaluierung 2026 und 2028.

Dann möchte ich noch einen Punkt erwähnen, der uns mit diesem neuen Finanz­ausgleich gelungen ist. Wir setzen eine wichtige Forderung des Rechnungs­hofes um: dass auch alle Förderungen in die Transparenzdatenbank eingemeldet werden. Wir schaffen also auch da mehr Transparenz für das, was an För­derungen passiert. Dadurch vermeiden wir Doppel- oder Mehrfachförderungen, können messen, ob die richtigen Förderungen auch dort ankommen, wo
sie ankommen sollen, und damit erreichen wir einen effizienten Ein­satz der Mittel.

Ich glaube, es sind wirklich gute Perspektiven für die Zukunft, und ich bitte im Sinne der Gemeinden um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Finanzminister Magnus Brunner gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.49.03

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehr­te Zuschauerinnen und Zuschauer! Vielleicht nur zu Beginn einen kurzen Satz, weil das Wort Finanzausgleich doch etwas technisch klingt: Worum
geht es? – Es geht darum, wie die Steuereinnahmen geregelt werden, wie die Steuereinnahmen an die Länder, an die Gemeinden verteilt werden. Es
sind Steuergelder, die überwiegend, zum großen Teil natürlich vom Bund einge­hoben werden. Es geht darum, wie diese Steuergelder dann auf die ein­zelnen Gebietskörperschaften, also an den Bund, die Länder, Städte und Ge­meinden gerecht verteilt werden, nämlich so, dass die Aufgaben auch


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entsprechend erledigt werden können. Das war ein wichtiger Zugang, den wir auch in den Finanzausgleichsverhandlungen im letzten Jahr gehabt haben.

Da es um viel Geld geht, verwundert es natürlich wenig, dass es intensive Ver­handlungen waren. Es hat über ein Jahr gedauert und es wurden 100 Sit­zungen abgehalten, nämlich auf technischer und auf politischer Ebene, und zwar mit den Bundesländern, mit den Städten und Gemeinden. In diesem Falle
haben diese intensiven Verhandlungen zu einem Abschluss geführt, der aus mei­ner Sicht für beide Seiten entsprechend fair ist.

Ich möchte mich wirklich an dieser Stelle bei allen Verhandlern, Verhandlerinnen bedanken, denn verhandeln bedeutet ja auch immer, dass man gegensei­tig aufeinander zugeht, dass man Schritte aufeinander zu macht. Man kann nicht immer 100 Prozent aller ursprünglichen Forderungen durchsetzen, aber
ich glaube, dass das im gesamtstaatlichen Sinne ein sehr gutes Ergebnis ist. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, genau das erwarten sich die Österreicherinnen und Österreicher von der Politik: dass man am Schluss zu einem Ergebnis kommt, das für alle Sei­ten akzeptabel ist, das für alle Seiten am Ende des Tages ein gutes ist.
Diese Zusammenarbeit über die Gebietskörperschaften und auch über die Par­teigrenzen hinweg hat man in diesem Finanzausgleich und in diesen Ver­handlungen im letzten Jahr gesehen. Das ist genau das, was die Menschen er­warten.

Dieser Finanzausgleich spricht zum ersten Mal Themen an, die in der Vergangenheit – Klubobmann Wöginger hat es erwähnt – vielleicht zu kurz gekommen sind. Vor sieben Jahren war der letzte Finanzausgleich, der verhandelt worden ist. Normalerweise passiert das alle fünf Jahre, aber aufgrund der Coronapandemie hat man das um zwei Jahre verlängert.

In der Vergangenheit war es immer so, dass man lange verhandelt hat und
am Ende des Tages über die Größenordnung dessen gesprochen hat, was den


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Ländern, Städten und Gemeinden einfach zusätzlich zur Verfügung ge­stellt wird. Das war dieses Mal nicht der Fall. Deswegen waren vielleicht die Verhandlungen auch etwas intensiver – weil man sich dieses Mal wirk­lich über Inhalte unterhalten hat, über Ziele unterhalten hat, über Reformen unterhalten hat, aber auch die Herausforderungen der Zukunft, insbe­sondere den demografischen Wandel entsprechend adressiert hat. Und gerade was den demografischen Wandel betrifft, sind wir natürlich alle auf allen
Ebenen angehalten, entsprechend Verbesserungen zu erwirken.

Wir müssen verstärkt in die Gesundheit, in die Pflege und in die Kinderbe­treuung investieren. Alleine im Gesundheits- und im Pflegebereich haben wir für die Länder und Gemeinden für die nächsten Jahre 14 Milliarden Euro an zu­sätzlichem Geld vorgesehen.

Insgesamt erhalten die Länder und Gemeinden zusätzlich 2,4 Milliarden Euro pro Jahr! Nur zum Vergleich: Letztes Mal, bei der letzten Finanzausgleichsver­handlung vor sieben Jahren, waren es 300 Millionen Euro zusätzlich.

Also dieser Paradigmenwechsel, den wir mit diesem neuen Finanzausgleich ein­leiten, ist, glaube ich, für alle relativ offensichtlich. Das ist ein Paradig­menwechsel: auf der einen Seite eben besonders im Pflege- und Gesundheits­bereich die Verknüpfung von zusätzlichem Geld mit Reformen und dann
eben die Schaffung eines ganz neuen Instruments, des Zukunftsfonds, den wir mit 1,1 Milliarden Euro pro Jahr dotiert haben. Insbesondere wird den Herausforderungen im Bereich der Kinderbetreuung, der Elementarpädagogik Rechnung getragen, aber natürlich wird auch dem Umweltgedanken,
unter anderem durch Sanierungen, Rechnung getragen. Das ist, glaube ich, ge­rade auch für die Gemeinden ein sehr, sehr gutes Ergebnis.

Vielleicht noch zwei Sätze zum Thema Sanktionen und Zielerreichung: Kollege Loacker hat, wenn ich das richtig verstanden habe, davon gesprochen,
dass die „Eleganz der Verfassung“ hier im Parlament nicht ganz abgebildet wird. – Die Eleganz der Verfassung sieht aber eben auch keine Sanktionen vor.


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Das ist aber auch die Grundvoraussetzung, also sind wir einen anderen
Weg gegangen. Wir haben es an Ziele geknüpft, die, ja, nicht sanktioniert wer­den, aber wir haben Anreize gesetzt: Auf der einen Seite können dann,
wenn die Ziele erreicht werden, die Mittel von den Ländern, Städten und Ge­meinden für andere Projekte entsprechend verwendet werden. Das ist
natürlich ein Anreiz, den Länder, Städte und Gemeinden da haben.

Wir haben auch zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, insbesondere für strukturschwache Gemeinden. Beispielsweise haben wir die Mittel bei strukturschwachen Gemeinden verdoppelt, was natürlich auch ein großer Teil des Finanzausgleichs ist; wir haben den Personennahverkehr entspre­chend unterstützt, die Schülertransporte – also da geht es jetzt schon ums Detail.

Ja, Kollege Loacker, das ist natürlich ein sehr komplexes System, da haben Sie schon recht. Umso wichtiger ist es, dass eben die Länder, Städte und Gemeinden auch entsprechend eingebunden werden.

Was die Anreize betrifft und die Frage, ob die Ziele erreicht werden oder nicht: Da sind auf der einen Seite die Anreize, aber andererseits natürlich auch
die Bevölkerung, die selbstverständlich schauen wird, ob im eigenen Bundesland, in der Gemeinde, in der Stadt die Ziele auch entsprechend erreicht werden. Außerdem gibt es auch den Rechnungshof, der da selbstverständlich
auch entsprechend hinschauen wird.

Was mir auch noch wichtig ist, weil das von Herrn Abgeordneten Lercher dargestellt worden ist: Das stimmt schon, das nächste Jahr, 2024, wird für die Gemeinden eine besondere Herausforderung sein. Genau deswegen ha­ben wir einen Vorgriff auf die Ertragsanteile der nächsten Jahre für 2024 ge­macht (Abg. Kollross: Müssen sie ja wieder zurückzahlen! – Abg. Lercher: Das werden wir ihnen schenken!), damit für die Länder im nächsten Jahr, in dem insbeson­dere die Grunderwerbsteuer beispielsweise zurückgehen wird, eine Vorwegmög­lichkeit (Abg. Kollross: Ist aber nur ein Darlehen!) für die späteren Jahre, für


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nächstes Jahr auch gegeben wird, damit diese Herausforderung eben adressiert wird.

Ein wichtiges Thema im Finanzausgleich – das kommt immer etwas zu kurz, Abgeordnete Götze hat das angesprochen – ist die Transparenz. Das waren auch schwierige Verhandlungen mit den Gebietskörperschaften, das gebe ich zu,
aber auch da haben wir einen durchaus großen Fortschritt erzielt. Es
gibt ja seit 2013 die Transparenzdatenbank, das Transparenzportal, anhand dessen sich die Bürgerinnen und Bürger auch einen Überblick über die vielfältige Förderlandschaft, die wir in Österreich haben, verschaffen können.

Mit diesem Finanzausgleich wird diese Datenbank nun auch gebietskörperschaf­tenübergreifend ausgebaut. Also erstmals in der Geschichte, seit es die Transparenzdatenbank gibt, verpflichten sich auch die Länder, ihre Förderungen in die Datenbank entsprechend einzumelden. Dadurch wird es in Zu­kunft einfacher möglich sein, beispielsweise Doppelförderungen aufzuspüren. Mit dieser verpflichtenden Einmeldung erfolgt nämlich auch eine ver­bindliche Zusage, dass vor Inangriffnahme einer neuen Maßnahme eine Abfrage in der Transparenzdatenbank zu erfolgen hat.

Das ist unsere Pflicht. Da geht es um Steuergeld der Österreicherinnen und Ös­terreicher, und mit diesem Steuergeld müssen wir sorgsam umgehen. Es
kann nicht sein, dass wir einfach zusätzliche Mittel verschieben und zur Verfü­gung stellen, sondern diese zusätzlichen Mittel müssen auch mit mehr Transparenz, mit Zielen und mit Reformen verknüpft werden. Ich glaube, der Finanzausgleich zeigt, dass das möglich ist.

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle Verhandler, parteiübergrei­fend, gebietskörperschaftenübergreifend! Es ist ein gutes Ergebnis für die Länder, für die Gemeinden, aber auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzah­ler. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 136

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baum­gartner. – Bitte.


11.57.46

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Namen meines Kollegen Reinhold Lopatka darf ich
den Seniorenbund aus Greinbach bei Hartberg recht herzlich begrüßen! (Allge­meiner Beifall.)

Mit dem Finanzausgleich legen wir unter anderem den Grundstein für weitreichende Investitionen in die Pflege und in den Gesundheitsbereich. Mit diesen Mitteln können wir nicht nur die Qualität heben, sondern auch
die Quantität erhöhen.

Konkret werden 300 Millionen Euro zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs zur Verfügung gestellt. Der Schwerpunkt liegt zum Beispiel bei den Haus­ärztinnen und Hausärzten, bei den Gynäkologinnen und Gynäkologen, bei den Kinderärztinnen und Kinderärzten und generell bei der Versorgung in Ordi­nationen, Primärversorgungseinrichtungen und Gruppenpraxen.

Es sollen, das ist auch ganz wichtig, 100 neue Kassenstellen geschaffen werden. Durch diese Maßnahmen soll, und das ist mir ganz besonders wichtig, der ambulante Bereich entlastet werden. Zusätzlich gibt es mehr als 550 Millionen Euro für die Länder für die Reform im Spitalsbereich – auch ein ganz
wichtiger Aspekt.

Auch im Finanzausgleich enthalten sind jährlich 2,4 Milliarden Euro, die den Ländern, Städten und Gemeinden für die Finanzausgleichsperiode 2024 bis 2028 zur Verfügung stehen. Unser Klubobmann August Wöginger hat es schon gesagt: Das ist wirklich frisches Geld und es ist achtmal so viel wie in der letzten Finanzausgleichsperiode.

Ein wesentlicher Teil der Mittel, nämlich 1,1 Milliarden Euro pro Jahr, wird durch den Zukunftsfonds für die Bereiche Kinderbetreuung, Wohnen, Pflege und Betreuung sowie Klima- und Umweltschutz bereitgestellt.


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Erstmals werden für eine gezielte Förderung Gelder im Rahmen des Finanzaus­gleiches an konkrete Ziele geknüpft.

Das unterstreicht unser Versprechen zur Kinderbetreuungsoffensive, die Bundeskanzler Karl Nehammer bereits im September angekündigt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Kinderbetreuungsoffensive ist nicht nur eine finanzielle Investition, sondern ein Versprechen an die Zukunft. Um eine flächendeckende und hochwer­tige Versorgung zu gewährleisten, werden insgesamt bis 2030 4,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert. Als Bürgermeisterin
weiß ich sehr gut, wie wichtig eine Kinderbetreuung ist, bei der sich die Eltern sicher sein können, dass die Kinder ordentlich und professionell versorgt
sind und dass sie mit gutem Gewissen ihren Beruf ausüben können, und auch, wie wichtig eine ordentliche Gesundheitsvorsorge in den ländlichen
Regionen ist.

Herr Kollege Lercher oder Herr Kollege Kollross von der SPÖ, ich weiß, wie wichtig die Gelder für die Gemeinden sind. Ich bin seit 2014 Bürger­meisterin und habe heuer meinen zehnten Voranschlag erstellt, und auch ich bin im Minus, aber wir sparen nicht bei den Vereinen, wir erhöhen nicht die Gebühren für die Bürger, wir stellen halt Projekte, die geplant waren, ein Jahr nach hinten. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Ich denke, dass wir die letzten
Jahre von der Bundesregierung nicht im Stich gelassen wurden, haben wir doch 2 Milliarden Euro bekommen, und ich glaube auch nicht, dass uns die Bundesregierung oder der Herr Finanzminister in Zukunft im Stich lassen wird, wir werden weiterverhandeln.

In Wahrheit, Herr Bürgermeister, ist der Rechnungsabschluss eigentlich das, wo­rauf es ankommt, das, was dann im neuen Jahr rauskommt – der Voran­schlag ist ein Zahlenspiel. (Abg. Schroll: Sonst habt ihr eh keine Probleme!) Ja, wir sind im Minus, aber wir werden das schon schaffen, ich bin überzeugt da­von, ebenso davon, dass uns niemand im Stich lassen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)


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Ich bin überzeugt, mit diesem Finanzausgleich werden wir die kommenden Herausforderungen bewältigen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kollross: Für den Herrn Minister ist das Budget eh ein Zahlenspiel! Da können wir eh beschließen, was wir wollen!)

12.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


12.02.17

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz besonders begrüße ich die SPÖ-Frauen aus der Gemeinde Wiener Neustadt: Herz­lich willkommen bei uns im Parlament! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS.)

Sehr gut, dass die Frauen hier sind, denn wir diskutieren jetzt den Finanz­ausgleich, und, liebe Frauen, bei dem Finanzausgleich zahlt ihr drauf. (Abg. Mi­chael Hammer: So ein Blödsinn!) Ihr zahlt deswegen drauf, weil das Geld nicht mit Rechtsanspruch in die Gemeinden kommt. Ich kann euch sagen, was in
meinem Bezirk, in Urfahr-Umgebung, vorgestern stattgefunden hat. Da sitzen die Gemeindevertreter im Sozialhilfeverband und sagen (Abg. Lindinger:
Da redet einer, der in den Gemeinden nicht aktiv ist und sich in den Kommunen nicht auskennt!):
Wir müssen die Rücklagen vom Sozialhilfeverband auflösen,
damit wir das Gemeindebudget ausgleichen können. (Abg. Michael Hammer: Da haben deine Genossen im Vorstand auch zugestimmt!) – Haben sie nicht.

Was bedeutet es, Rücklagen im Sozialhilfeverband aufzulösen? – Das bedeutet ganz maßgeblich, dass das Seniorenheim Engerwitzdorf nicht gebaut wer­den kann (Abg. Michael Hammer: So ein Blödsinn!) und dass wir dafür keine Rück­lagen haben. (Abg. Michael Hammer: Ist ja ein Blödsinn! Ist ja ein Blödsinn!)

12.03.38*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 139

Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, Herr Abgeordneter Stöger! – Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Michael Hammer für seinen Zwischenruf: Das ist „ein Blödsinn“!, einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ist aber einer! Ich bin in diesem Vorstand und weiß, was geplant ist – er nicht!) Und ich ersuche Sie, das auch in Zukunft zu unterlassen.

*****

Bitte, Herr Abgeordneter Stöger.


12.03.57

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (fortsetzend): Und das ganz Entscheidende ist: Es wird dann um ein oder zwei Jahre oder vielleicht fünf Jahre später
gebaut werden. (Abg. Michael Hammer: Ist ja nicht wahr!) Das bedeutet, liebe Frauen, das sage ich ganz deutlich, dass ihr die Pflege der Menschen,
die sonst im Alten- und Pflegeheim wären, zu Hause selbst machen müsst. (Abg. Michael Hammer: So ein Blödsinn!) Und das bedeutet auch in anderen Bereichen - -

12.04.22*****


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile Herrn Abgeordneten Hammer abermals einen Ordnungsruf und ersuche Sie noch einmal, sich in Ihrer Ausdrucksweise zu mäßigen. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Hahaha! – Abg. Holz­leitner: Der lacht noch darüber! Schämen sollten Sie sich!)

*****


12.04.32

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (fortsetzend): Das bedeutet in den Gemein­den einen Druck bei Essen auf Rädern, das bedeutet einen Druck bei der Schulausspeisung, das bedeutet – auch das gibt es –, dass eine Gemeinde vom Land vorgeschrieben bekommt, weil sie kein Geld mehr hat, dass sie in der
Nacht nicht mehr Schnee räumen darf, weil sie dann ja Nachtüberstunden zahlen müsste. (Abg. Schnabel: Das kann das Land nicht vorschreiben!) Das heißt, sie


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dürfen erst ab 6 Uhr Schnee räumen. Das bedeutet weiters, dass man kein Geld für Jugendzentren hat, das bedeutet, dass Kultur- und Sportvereine nichts bekommen. (Abg. Schnabel: Was hat das mit dem Finanzausgleich zu tun? – Abg. Holzleitner: Weil es die Gemeinden spüren! Das müssten Sie als Bür­germeister wissen!)

Herr Bundesminister, ich habe eine Frage: Wie viel aus diesem Zukunfts­fonds – ich finde das ja super – bekommt meine Gemeinde mit Rechtsanspruch? Können Sie mir das sagen?

Und jetzt bin ich bei der Demokratie. Wenn wir die unterste Ebene in unserer Republik, die Bürgermeister:innen in den Gemeinden, die dort eine gute Arbeit machen, zu Bittstellern machen, dann bekommen wir ein Demokratiepro­blem. (Beifall bei der SPÖ.) Ich sage es noch einmal: Die meisten Bürgermeis­ter:innen in Österreich sind von der ÖVP (Abg. Michael Hammer: Gott sei Dank!), die machen keine schlechte Arbeit, ich streite das ja gar nicht ab, aber wenn man die zu Bittstellern, zu Handlangern von irgendjemandem macht, dann haben wir ein Demokratieproblem, deshalb dürfen wir das nicht tun.

Abschließend, Herr Bundesminister: Es ist besser als nichts, aber was wir brau­chen, das sind endlich klar ausfinanzierte Gemeinden. Und was wir über­haupt nicht mehr zulassen dürfen, ist, dass die Länder Landesumlagen von den Gemeinden verlangen dürfen, das geht nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofin­ger. – Bitte.


12.06.43

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Herrn Kollegen Stö­ger möchte ich schon etwas sagen: Man merkt an seinen Ausführungen, dass er in der Gemeindepolitik nicht verhaftet ist. Das muss man schon einmal ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wir diskutieren hier eines der größten Reformprojekte für den ländlichen Raum, für die Städte, für die Bürger dieser Gegenden sozusagen, für alle Öster­reicherinnen und Österreicher. Es beinhaltet drei große Projekte:
die Pensionsreform, die Gesundheits- und Pflegereform sowie den Ausbau
der Kinderbetreuung.

Betreffend Gesundheitsreform möchte ich – weil es für uns im ländlichen Raum besonders wichtig ist – die Stärkung des niedergelassenen Bereiches an­führen, ebenso die Spitalsfinanzierung, die für uns Gemeinden besonders wichtig ist, da wir auch bei der Spitalsfinanzierung mitzahlen. Zur Pflegereform:
Die 24-Stunden-Pflege wird weiter unterstützt, aber auch der Pflegefonds wird auf 1,1 Milliarden Euro aufgefüllt. Diese zwei Punkte, Gesundheit und
Pflege, sind die großen Kostenfaktoren in den Gemeinden, und genau in diesen Bereichen werden wir Unterstützung erhalten, um Spielraum für andere
Projekte zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Neben diesen drei großen Bereichen Gesundheitsreform, Pflegereform und Aus­bau der Kindergartenbetreuung möchte ich noch andere Punkte anspre­chen, weil dieser Finanzausgleich so umfassend ist: die Unterstützung bei der Sicherung von Eisenbahnkreuzungen und beim Schülergelegenheitsver­kehr. Beim Schülergelegenheitsverkehr – vor allem im ländlichen Raum ist das ein ganz wichtiger Punkt für unsere Familien und Kinder – werden wir
die Mittel um 15 Millionen Euro auf 115 beziehungsweise insge­samt auf 120 Millionen Euro aufstocken. Aber auch die Strukturfondsmittel für den kurzfristigen Finanzbedarf der Gemeinden werden wir von 60 auf 120 Millionen Euro aufstocken, und es wird einen Vorschuss an die Gemeinden auf deren Ertragsanteile in der Höhe von 300 Millionen Euro geben.

Insgesamt ist das Finanzausgleichsgesetz ein sehr umfassendes Werk, mit dem über 36 Milliarden Euro bewegt werden und wir eine Steigerung von 2,4 Milliarden Euro plus den Zukunftsfonds mit 1,1 Milliarden Euro haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 142

Warum ist das so wichtig? – Weil die Gemeinden aus mehreren Gründen einen hohen Finanzbedarf haben: Die Reformen im Spitalsbereich, im Pflegebe­reich kosten viel Geld und die Kosten steigen sehr, sehr stark an, aber genauso machen die Personalkosten und auch die hohen Zinsen den Gemeinden
zu schaffen. Daher ist es umso wichtiger, dass wir dieses Finanzausgleichsgesetz beschließen, weil wir dadurch klar Planungssicherheit haben und Stabilität
in die Gemeinden hineinbringen.

Ich möchte mich bei dir, Herr Finanzminister Magnus Brunner, und bei deinem Kabinett recht herzlich dafür bedanken, dass wir dieses große, umfassen­de Werk zustande bekommen haben, aber natürlich auch beim Gemeindebund, beim Städtebund und bei den Verhandlern der einzelnen Länder.

Ich möchte mich dafür bedanken, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder Unterstützungspakete für die Gemeinden gegeben hat, aber
möchte auch darauf hinweisen – wie Sie selber angeführt haben –, dass das Jahr 2024 das große Herausforderungsjahr für die Gemeinden sein wird und sie, wenn es notwendig sein sollte, auch noch Unterstützung brauchen.
(Abg. Lercher: Ah ja!)

Ich möchte einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolle­ginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und
das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden (2375 d.B.) – Top 2


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Ich möchte ihn in den Grundzügen erläutern. Es ist so, dass im Zuge der Finanz­ausgleichsverhandlungen eines festgeschrieben wurde: dass wir eine ge­bietskörperschaftenübergreifende Transparenzdatenbank einführen, in die Ge­bietskörperschaften, auch Länder, einmelden werden, und es ermöglicht
wird, diese Transparenzdatenbank zu befüllen.

Des Weiteren möchte ich in diesem Zusammenhang erläutern, dass die Entschä­digungen von NS-Opfern in der Transparenzdatenbank nicht eingepflegt
werden sollten. – Das ist der Abänderungsantrag.

*****

Ich möchte fortfahren. Den Dank an den Bundesminister habe ich schon ange­führt.

Etwas macht mich aber schon ein wenig stutzig und da möchte ich auf die
FPÖ verweisen: Kollege Linder hat die Nadel im Heuhaufen beim FAG 2024 bis 2028 gefunden. Es ist absolut unverständlich für mich, da Sie in drei Bun­desländern in der Regierung sind, den Finanzbedarf der Gemeinden genau ken­nen und hier nicht mitstimmen. Das ist fast unglaublich. Die Menschen in Österreich sollen sich wirklich selber ein Bild machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Gegensatz zur FPÖ glauben wir an Österreich. Wir glauben an den föderalistischen Staat Österreich – in diesem Sinne: herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Deimek: Das glaube ich eher nicht!)

12.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA

Kolleginnen und Kollegen


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zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2305 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungs­investitionsgesetz geändert werden (2375 d.B.) – Top 2

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird in Artikel 5 (Änderung des Trans­parenzdatenbank-gesetzes 2012) wie folgt geändert:

1. Nach Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. Dem § 1 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Dieses Bundesgesetz gilt für alle Organe des Bundes. Es gilt weiters für vom Bund mit der Abwicklung von Leistungen betraute Rechtsträger, soweit die Leistung
der Gesetzgebung des Bundes unterliegt.““

2. In Z 12 wird in § 4a Abs. 1 Z 2, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 jeweils das Wort „verschiede­nen“ durch das Wort „betrauten“ ersetzt.

3. In Z 14 wird in § 8 Abs. 1 Z 6 und Abs. 9 jeweils das Wort „Wiedergutmachun­gen“ durch das Wort „Entschädigungen“ ersetzt.

4. In Z 22 wird in § 21 Abs. 1 Z 6 das Wort „verschiedenen“ durch das Wort „betrauten“ ersetzt.

5. Nach Z 22 wird folgende Z 22a eingefügt:

„22a. In § 23 Abs. 2 wird im zweiten Satz nach der Wortfolge „Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 lit. f“ die Wortfolge „sowie Entschädigungen gemäß § 8
Abs. 1 Z 6“ eingefügt.“

6. Nach Z 25 wird folgende Z 25a eingefügt:


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„25a. In § 25 Abs. 2 wird im ersten Satz nach der Wortfolge „für die Mitteilung von Sachleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 lit. f“ die Wortfolge „sowie von Ent­schädigungen gemäß § 8 Abs. 1 Z 6“ eingefügt.“

7. Z 28 lautet:

„28. § 29 Abs. 1 Z 4 entfällt.“

8. Z 38 lautet:

„38. In § 43 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/202x treten in Kraft:

1.   das Inhaltsverzeichnis, § 1 Abs. 1 Z 6, Abs. 2 und Abs. 4, § 4 Abs. 1, § 4a,
§ 6 Abs. 2, § 15 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 2, § 28 sowie § 32 Abs. 9 mit Ablauf des Tages, an dem die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund
und den Ländern über eine Transparenzdatenbank, BGBl. I Nr. 73/2013, außer Kraft tritt; zugleich treten § 1 Abs. 1 Z 2, § 4 Abs. 3 und 4, § 20 Abs. 2 Z 3
und 4 sowie § 29 Abs. 1 Z 4 außer Kraft;

2.   § 1 Abs. 1 Z 4, § 2, § 4 Abs. 2, § 8, § 11, § 16, § 21 Abs. 1, § 23 Abs. 2,
§ 25 Abs. 1 bis 2, § 30, § 32 Abs. 1 und 6, § 35, § 36, § 39g Abs. 1 und 4 sowie
§ 42 Abs. 1 mit Ablauf des Tages der Kundmachung; zugleich tritt § 1
Abs. 1 Z 5 außer Kraft.“ .“

Begründung

Zu Z 1 und 7 (§ 1 Abs. 4, § 29 Abs. 1):

Anlässlich der Überführung von Definitionen, insbesondere jener der Landes­leistungen, aus der derzeit geltenden Vereinbarung nach Art. 15a B-VG über eine Transparenzdatenbank, BGBl. I Nr. 73/2013, in das Transparenzdatenbank­gesetz 2012 soll der Geltungsbereich des Transparenzdatenbankgesetzes in § 1 Abs. 4 aufgenommen werden. Klargestellt werden soll in diesem Sinne, dass
das Transparenzdatenbankgesetz 2012 einerseits als ein Selbstbindungsgesetz des


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Bundes die Organe des Bundes, nicht aber jene der Länder oder Gemeinden,
bindet. Da es sich bei der Transparenz im Förderungswesen andererseits um eine Annexmaterie zu jener Materie handelt, der eine konkrete Leistung zuzuord­nen ist, soll zudem klargestellt werden, dass das Transparenzdatenbankgesetz 2012 außenwirksam nur dann normative Anordnungen treffen kann, wenn dem
Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung der Leistung zukommt. Anlässlich dieser Klarstellung können die in § 29 Abs. 1 Z 4 enthaltenen Ausnahmen zur Mit­teilungspflicht entfallen.

Zu Z 2 und 4 (§ 4a Abs. 1, 2 und 4, § 21 Abs. 1):

Wird eine Leistung von einem vom Bund oder einem Land verschiedenen Rechtsträ­ger abgewickelt, soll klargestellt werden, dass diese Leistung als Bundesleis­tung gilt, wenn die Betrauung des Rechtsträgers durch den Bund erfolgt, bzw. diese Leistung als Landesleistung gilt, wenn die Betrauung des Rechtsträgers durch
ein Land erfolgt.

Zu Z 3, 5 und 6 (§ 8 Abs. 1 und Abs. 9, § 23 Abs. 2, § 25 Abs. 2):

Entschädigungen werden aus staatlicher Verantwortung gegenüber Personen, die Unrecht oder Schaden erlitten haben, geleistet und weisen – im Unterschied
zu direkten Förderungen - in der Regel symbolischen Charakter auf. Aus diesem Grund sollen personenbezogene Daten zu Entschädigungen nicht mehr verpflichtend in die Transparenzdatenbank übermittelt werden müssen.

Zu Z 8 (§ 43 Abs. 15):

Infolge der obigen Änderungen ist die Inkrafttretensbestimmung anzupassen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, wurde an die Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Andreas Kollross, Sie haben das Wort.



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12.12.33

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister,
wir haben es abgewartet! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Der Finanzausgleich, über den wir gerade diskutieren, kurz zusammengefasst: Der Bund muss zahlen, die Bundesländer haben
es sich gerichtet und für die Städte und Gemeinden ist es eine Mogelpackung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verstehe ja, dass es vonseiten der Grünen nicht viel Verständnis – das hört man aus den Reden heraus –
gibt, denn das kann man ja irgendwo unter der Rubrik einordnen: Denn sie wis­sen nicht, was Sie tun.

Dass aber ihr von der ÖVP so tut, als ob es kein Problem in den Gemeinden gäbe, das verstehe ich überhaupt nicht. In euren Reihen sitzen unheimlich viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, noch viel mehr sind bei euch in der Partei. Die werden ja auch zu euch kommen und sagen: Das geht sich hinten und vorne nicht mehr aus.

Kollege Lercher hat es eh schon gesagt. 50 Prozent aller Gemeinden werden voraussichtlich nächstes Jahr Abgangsgemeinden. Was heißt das? – Das
heißt, dass sie weniger einnehmen, als sie ausgeben. Das ist ein Angriff auf die Gemeindeautonomie, das ist aber auch ein Angriff auf das soziale, wirt­schaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in unserer Republik. (Beifall
bei der SPÖ.)

Machen wir doch den Test! Da sitzen eh die ganzen ÖVP-Bürgermeister aufge­fädelt. Wie viele von euch können das Budget noch ausgleichen? Zeigt
einmal der Reihe nach auf! – Schweigen im Walde. (Abg. Hörl hebt die Hand.) – Einer, gratuliere! Du bist schon gar nicht mehr Bürgermeister, du bist Seilbahnschaffner. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Ho­sek. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Einer kann das Budget noch ausgleichen.


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Herr Finanzminister, das ist Ihr Ergebnis – gemeinsam mit den Bundesländern, mit dem Gemeindebund, mit dem Städtebund. Das kann doch nicht euer
Ernst sein! Wir beschließen heute ein Gesetz und das Ergebnis ist, dass die Ge­meinden und Städte auf die Leich’ gehen, dass 50 Prozent ihren Haushalt
nicht mehr ausgleichen können?! Das ist das Ergebnis Ihres Finanzausgleichs?! – Das kann es ja wohl nicht sein! Das kann ja wohl auch nicht in eurem Sinne
sein. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Wenn Sie von den 300 Millionen Euro als Vorauszahlung reden, dann sagen Sie aber auch dazu: Es ist eine kreditfinanzierte Vorauszahlung. – In den Jah­ren 2025, 2026, 2027 müssen sie das wieder zurückzahlen. Wenn man sich die Entwicklung in den Gemeinden anschaut, dann weiß man, dass wir für die Folgejahre alle – (in Richtung Bundesminister Brunner) Sie wissen das wahrschein­lich auch, (in Richtung ÖVP) ihr wisst es auch, (in Richtung Grüne) ob ihr
es wisst, weiß ich nicht – eine Mittelfristige Finanzplanung machen müssen.

Das heißt, wir sehen nicht nur, dass wir nächstes Jahr, 2024, lauter Abgangsgemeinden haben, wir sehen es ja auch für 2025, 2026, 2027 und folgende. Es wird ja nicht besser.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird ja nicht besser! Es werden noch mehr Abgangsgemeinden dazukommen.

Ich schicke jetzt eine letzte Geschichte hintennach: Ich war ja immer der Meinung, man muss den vertikalen Schlüssel verändern, also die Verteilung der Steuergelder und wie groß der Anteil ist, den die Gemeinden bekommen.
Man hat sich für etwas anderes entschieden – okay. Man hat jetzt diesen Zu­kunftsfonds, wegen dem ihr euch jetzt abfeiert, mit 1,1 Milliarden Euro geschaffen – okay. Das Problem ist nur, Herr Finanzminister – ihr wisst das auch –: Das Geld kommt nicht bei den Gemeinden an. Das versickert in visionslosen Landesbudgets, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall
bei der SPÖ.)


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Ich habe es mir für meine Gemeinde ausgerechnet. Das gilt für eure Gemeinden genauso. Der Zukunftsfonds würde bedeuten: 121 Euro pro Einwohnerin
und Einwohner, die jede einzelne Gemeinde mehr bekommen würde. Mit dem könnten die Gemeinden die Budgets wieder ausgleichen. Wie viel kommt
da an? – Bestenfalls ein Drittel; zwei Drittel nähen sich die Bundesländer ganz einfach ein. Das ist euer Ergebnis des Finanzausgleichs.

Deshalb: Ja, wir werden zustimmen, weil es besser ist als nichts, aber ja,
es braucht zusätzliche Hilfen, und ja, wir müssten dafür sorgen,
dass die 121 Euro pro Bürgerin und Bürger aus dem Zukunftsfonds wirklich bei den Städten und Gemeinden ankommen, denn das Leben – das soziale und
das kulturelle Leben – in unserer Republik geschieht in den Städten und Gemein­den. (Beifall bei der SPÖ.)

(In Richtung Abg. Baumgartner:) Frau Bürgermeisterin, da kannst du schon heraus­kommen und sagen, du wirst dort nicht einsparen, du wirst dort nicht ein­sparen. Das lässt die Gemeindeordnung gar nicht zu. Abgangsgemeinde heißt, dass du alle Ausgaben, die nicht zwingend sind, reduzieren musst (Zwi­schenruf der Abg. Baumgartner), das heißt Förderung von Vereinen, das heißt alle möglichen anderen Dinge; und es heißt vor allen Dingen noch eines: Den Gemeinden fehlt jegliches Geld für Investitionen. (Abg. Baumgartner: Aber die Vereine brauchen ...!)

Ihr wollt eine Wirtschaftspartei sein?! (Abg. Schnabel: Genau zuhören, Herr Kollross!) Ihr wisst doch ganz genau, dass die Städte und Gemeinden die größten wirtschaftlichen Auftraggeber sind. Wenn es 50 Prozent Abgangsgemein­den gibt, heißt das, 50 Prozent der Gemeinden investieren nicht mehr! Das ist euer Ergebnis des Finanzausgleichs. Ihr wollt eine Wirtschaftspartei sein?!
Lernt einmal etwas darüber! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Baumgartner:
Warum stimmt ihr dann zu?)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.



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12.18.24

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher hier im Hohen Haus und vor den Bildschirmen! Ich darf kurz auf Kollegen Kollross eingehen, denn er behauptet, wir unterstützen die Gemeinden nicht. Ich frage dich, Herr Kollege Kollross: Kannst du ausgleichen? (Abg. Kollross: Ja!) – Dann zahle bitte den Gemeinden, die nicht ausgleichen können, die 121 Euro, dann kannst du auch einen Beitrag dazu leisten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kollross: Das hat mit Arbeitsplätzen zu tun! Kommunalsteuern ...!)

Diese Bundesregierung, diese Koalition hat in den letzten Jahren bewiesen (Abg. Kollross: ... wahrscheinlich ... diese Gemeinden finanzieren, heast!) – Herr Kol­lege Kollross, jetzt passen Sie einmal auf (Abg. Matznetter: Sie müssen einmal auf­passen!), denn das ist die Wahrheit, dass die Gemeinden bestmöglich unter­stützt werden! Da hat es die kommunalen Investitionsgesetze und -programme gegeben, mit denen die regionale Wirtschaft unterstützt wird. Da hat es die Einmalzahlungen an die Gemeinden gegeben, damit sie finanziell entsprechend unterstützt werden und damit die Liquidität in den Gemeinden gegeben
ist. (Abg. Linder: Das stimmt ja nicht!) Das beschließen wir auch hier mit diesem Finanzausgleichsgesetz, sodass es 300 Millionen Euro zusätzlich im
Jahr 2024 für die Gemeinden gibt.

Ich sage nicht, dass es einfach wird; es ist eine Herausforderung, aber eines ist klar: Die Gemeinden sind in den meisten Ländern keine Bittsteller. Bitt­steller sind sie im Burgenland (Abg. Holzleitner: Und in Oberösterreich! Geh bitte!), wo Doskozil die Gemeinden und die Bürgermeister zu Bittstellern macht.
(Beifall bei der ÖVP.)

Eines darf ich zu Kollegen Stöger schon auch noch sagen, wenn er hier heraus­kommt und wohlwissend die Unwahrheit sagt: Er sitzt nicht im SHV-Vor­stand, Kollege Hammer sitzt im Vorstand. Dort ist ein einstimmiger Beschluss gefasst worden, bei dem Ihre beiden SPÖ-Bürgermeisterkollegen zuge­stimmt haben. Es wird kein Heimbau verschoben. Es gibt auch die Heimplätze, es


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fehlt keiner. Es geht lediglich um einen Sanierungsvorschlag. Kollege Stö­ger aber stellt sich hier heraus, hat von der Kommunalpolitik wirklich null Ah­nung und behauptet Dinge, die einfach nicht stimmen. (Abg. Einwallner: Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das funktioniert nicht, Herr Kollege Stöger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Finanzausgleich – und es ist wirklich ein guter Finanzausgleich (Zwischenruf bei der ÖVP – Abg. Matznetter: Zum Glück sind die Bürger:innen ... als Sie,
Herr Ing. Lindinger!) –
sichert strukturelle Maßnahmen im Bereich der Gesundheit, strukturelle Maßnahmen und Verbesserungen im Bereich der Pflege (Zwi­schenruf der Abg. Kucharowits) und hat einen riesengroßen Zukunftsfonds, der heute schon mehrmals erläutert worden ist. Die Kinderbetreuung ist drin,
der Bereich des Wohnens ist drin, die Umwelt und das Klima sind drin. Ein klei­ner Bereich, der vielleicht für viele nicht wichtig ist, ist der sogenannte Strukturfonds für finanzschwache Gemeinden, der von 60 Millionen auf 120 Mil­lionen Euro aufgestockt wird. Das ist die Unterstützung für jene Gemeinden,
die es gar nicht so einfach haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen Bereich darf ich auch noch her­vorheben, weil er für unsere Jüngsten ganz, ganz wichtig ist. Das ist der Be­reich des Schülergelegenheitsverkehrs, der Transport, für den es zusätz­lich 15 Millionen Euro gibt, damit wir sicherstellen können, dass die Kinder auch abgeholt und in die Schule gebracht werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Abschließend darf ich noch auf einen Punkt eingehen. Die FPÖ stimmt bei diesem Tagesordnungspunkt nicht zu. (Abg. Wurm: Logisch, ja!) Obwohl in drei Bundesländern in Verantwortung, von denen die Zustimmung vorliegt, sa­gen die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei hier herinnen: Dem stimmen wir nicht zu!

Welchen Stellenwert dieser Finanzausgleich für die Freiheitlichen hat, hat
sich hier herinnen einmal mehr gezeigt. Bei der vorigen Debatte, bei der es um


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das Bargeld ging, waren es fünf Redner – übrigens hat die ÖVP es ganz
klar ins Regierungsprogramm geschrieben, dass wir zum Bargeld stehen und das Bargeld absichern (Abg. Deimek: Das ist ja nichts wert!) –, und bei dieser
Debatte meldet sich ein Einziger zu Wort (Zwischenrufe bei der FPÖ),
weil ihr in den Gemeinden anscheinend nicht das Sagen habt. (Abg. Kaniak: ... bissl
mehr als 88 Minuten Redezeit! In der nächsten GP schaut’s besser aus!)
Das ist die Wertigkeit des Finanzausgleichs für die Freiheitliche Partei, meine sehr
geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Wir als Volkspartei, als Bürgermeisterpartei stehen dazu, dass dieser Finanz­ausgleich ein guter ist, ein historischer, der die Gemeinden unterstützt, der den Menschen in den Gemeinden zugutekommt. Deshalb noch einmal die Auf­forderung: Stimmt diesem Finanzausgleich zu! Das haben sich die Menschen in Österreich verdient. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

12.22


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Christoph Stark. – Bitte.


12.22.55

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Frau Ministerin! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuhörer:innen hier im Saal!
(Abg. Wöginger – erheitert –: Frau Ministerin?)
Sie haben gerade turbulente Reden zu einem sehr komplexen Thema erlebt, das über viele Wochen und Mona­te viele Menschen, viele Expertinnen und Experten beschäftigt hat. Heute erle­ben wir quasi den Sukkus aus all diesen Verhandlungen zum Thema Finanz­ausgleich.

Wenn Sie unter anderem Kollegen Kollross zugehört haben – und da meine ich Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal und zu Hause –, dann
müssen Sie wirklich den Eindruck haben, es wird doch bald die Welt untergehen: So kann es ja doch nicht weitergehen! Mit diesem Finanzausgleich können


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wir wohl alle nicht mehr wirtschaften! Die Gemeinden gehen grosso modo und flächendeckend zugrunde! – Geschätzte Damen und Herren, ich kann Sie
auf der Galerie und auch die Kollegen hier im Saal beruhigen: Es wird
nicht so sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wurm: Sondern?)

Es wird deswegen nicht so sein, weil der bisherige Finanzausgleich im Rahmen von 300 Millionen Euro jetzt auf 2,4 Milliarden Euro aufgestockt wurde.
(Ruf bei der SPÖ: 1,2!) Jetzt rechne ich einmal damit, dass hier im Saal lauter Men­schen sitzen, die über das Volksschuleinmaleins hinausgekommen sind. 2,4 Milliarden Euro sind doch deutlich mehr als 300 Millionen Euro, da werden Sie mir vermutlich alle recht geben, auch die Kollegen von der SPÖ.

Mit diesen 2,4 Milliarden Euro wird so viel ermöglicht, was bisher nicht möglich war (Abg. Kollross: Warum gibt es dann so viele Abgangsgemeinden? Das ver­stehe ich nicht!), und all das, Herr Kollege, mit der Zustimmung von Städtebund (Abg. Kollross: Erklären Sie das!), Gemeindebund und Ländern, nämlich
auch SPÖ-geführten Ländern (Ruf bei der SPÖ: Aber das kann er nicht erklären! – Abg. Kollross: Warum gibt es 50 Prozent Abgangsgemeinden?) und ÖVP-geführten Ländern, die in Summe am Ende gesagt haben: Ja, es ist ein gutes Paket, und wir unterschreiben dieses Paktum! (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich erinnere mich an die Zeit während Corona (Zwischenruf bei der SPÖ), da kam auch der Vorwurf: Um Gottes willen, die Bundesregierung und das Parla­ment lassen die Gemeinden im Stich! Das kann doch nicht sein, die Gemeinden gehen zugrunde! – Und was ist passiert, liebe Kolleginnen und Kollegen? –
Zwei Mal je 1 Milliarde Euro an die Gemeinden, um genau die Investitionen zu stützen, um den Motor der Gemeinden am Laufen zu halten. Es ist gelun­gen, dank einer verantwortungsvollen Politik, und das wird auch jetzt wieder passieren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

Ich verhehle nicht, dass es für viele Gemeinden angesichts von Teuerung, Ener­giekosten, Personalkosten und vielen anderen Dingen im kommenden


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Jahr schwierig wird, gar keine Frage. Auch ich hatte große Mühe, mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Budget zustande zu bringen. Ich
und viele, viele andere, wir vertrauen aber darauf, wenn das Jahr ins Land zieht und wir erkennen und auch im Finanzministerium der Herr Finanzminister erkennt: Liebe Leute, das wird zu eng, das geht sich nicht aus!, dass eine verant­wortungsvolle Politik dann auch die nötigen Entscheidungen trifft, um zu verhindern, dass bei den Gemeinden etwas Gröberes passiert. Und das wird pas­sieren, darauf vertraue ich, weil der Finanzminister dafür Sorge tragen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Fischer.)

Noch einmal zurück zu Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer: In Kürze wird eine Abstimmung über dieses gesamte Paket Finanzausgleich erfolgen.
Ich bin gespannt, wer sich hier vom Sitz erheben wird, um diesem gesamten Pakt, diesen 2,4 Milliarden Euro für Pflege, für Gesundheit, Gemein­den, Zukunftsfonds et cetera, zuzustimmen, und wer dieser Entscheidung nicht zustimmen wird. (Abg. Deimek: Das ist ja nichts Neues! Wenn man im Croquis nachschaut, kann man es lesen!)

Die, die zustimmen werden, tragen Verantwortung für Österreich, egal in wel­cher Rolle, ob in einer Regierungsfraktion oder in der Opposition. Es wird
sich zeigen, wer Verantwortung tragen kann und wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt dazu nun keine Wortmeldung mehr vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Mir liegt jetzt noch kein fertiges Abstimmungscroquis vor, weil der Ab­änderungsantrag relativ spät eingebracht wurde und die Parlamentsdirektion mit dem Croquis noch nicht fertig ist. Ich kann einmal kurz nachfragen, wie lange
es dauert. – Das Croquis braucht noch 5 bis 10 Minuten. Wir können die Abstimmung nach den Tagesordnungspunkten 8 und 9 (Rufe bei der


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ÖVP: 5 bis 6!), nein, 5 bis 6 machen. Ich verlege die Abstimmung auf den Ab­stimmungsblock nach TOP 5 und 6. Die Abstimmung wird verlegt.

Ich fahre in der Tagesordnung fort.

12.28.565. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2321 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgaben­ordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kommunal­steuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungsgesetz) (2378 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2322 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlassen wird und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Mindestbesteuerungsreformgesetz – MinBestRefG) (2379 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 5 und 6, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.29.31

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Dringend benötigte hoch qualifi­zierte Mitarbeiter:innen sollten mit einer angemessenen Entlohnung und guter Behandlung an Unternehmen gebunden werden. Die Beteiligung am


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Unternehmenserfolg ist grundsätzlich gut – darum geht es in diesem vorliegen­den Start-Up-Förderungsgesetz –, und es klingt verlockend und ist auch
jetzt schon möglich.

Mit dieser Vorlage, über die wir jetzt diskutieren, ändern sich unter anderem folgende Punkte: Der Arbeitgeber kann Anteile seines Unternehmens an einzelne dringend benötigte hochqualifizierte Mitarbeiter:innen übertragen. Der Betriebsrat muss bei der Entscheidung nicht mehr eingebunden werden.
(Abg. Loacker: Wenn ich was verschenke, muss ich nicht fragen!) Die Mitarbeiter werden zwar wirtschaftliche Eigentümer, können aber zwei Jahre lang
nicht darüber verfügen. Wird das Dienstverhältnis vorzeitig beendet, haben Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer womöglich gar keinen Profit und in Wirklichkeit einen Verlust. Daher sollten Mitarbeiter:innen, um sie an ein Un­ternehmen zu binden und sie am Unternehmenserfolg teilhaben zu las­sen, unserer Ansicht nach an erster Stelle gut behandelt und angemessen ent­lohnt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Gesetzentwurf, sehr geehrte Damen und Herren, sind zu viele Widersprüche und Unklarheiten enthalten. (Abg. Loacker: Auch in Ihrer Rede sind zu viele Widersprüche!) Eine Abgrenzung zu den Dienstverträgen – wann
ist man selbstständig, unselbstständig – verschwimmt. (Abg. Loacker: Um Gottes willen!) Hinzu kommen verfassungsrechtliche Bedenken, die auch Sie in
den Stellungnahmen verschiedener Proponenten bekommen haben, und auf­grund dieser vielen Widersprüche und Bedenken werden wir dem Ge­setzentwurf in dieser Fassung nicht zustimmen. (Abg. Loacker: Bei welcher Kam­mer ist der dann Mitglied, wenn das so schwer ist?)

Zustimmen werden wir hingegen dem sogenannten Mindestbesteuerungsre­formgesetz, und zwar weil eine 15-prozentige Besteuerung für interna­tionale Multikonzerne endlich umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei dieser Mindestbesteuerung geht es um jene internationalen Multikonzerne, die weltweit Rekordumsätze erzielen, Rekordgewinne erzielen, aber kaum


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bis gar keine Steuern zahlen, es geht um diese Konzerne, die ihre Gewinne mit durchwegs kreativen Tricksereien in Steuersümpfen verstecken – höchste
Zeit, dass diese Steuersümpfe trockengelegt werden!

Das ist ein erster, wenn auch – zugegeben – ein kleiner Schritt (Abg. Wurm – erheitert –: 15 Prozent ist wenig!), um in die richtige Richtung zu gehen,
daher wird die SPÖ dieser Regierungsvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf zu
Wort gemeldet. – Bitte.


12.33.10

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Sehr geehrte Damen
und Herren Zuhörerinnen und Zuhörer und Zuseher vor den Empfangsgeräten! Wir behandeln mehrere Themen unter diesen zwei Tagesordnungspunkten:
zum einen – Frau Kollegin Yildirim ist schon darauf eingegangen – das Start-Up-Förderungsgesetz. Österreich ist Gott sei Dank ein Land mit vielen Unter­nehmerinnen und Unternehmern, mit vielen Unternehmen, und jedes Jahr kom­men durch Neugründungen etwa 35 000 dazu. Das ist für den Lebenszyklus
von Unternehmen genauso wichtig, wie es sonst auch in der Gesellschaft wichtig ist, Nachwuchs zu bekommen.

Es gibt eine Reihe von Förderungen – auch ab dem ersten Tag – für neuge­gründete Unternehmen, und eine besondere Rolle nehmen bei den Gründern die sogenannten Start-ups ein, also Unternehmen, die besonders neuartige Geschäftsideen kreieren, die auch ein hohes Wachstumspotenzial haben und die damit auch große Zukunftschancen haben, aber natürlich oft in Risikobe­reiche hineingehen. Das ist sehr wünschenswert und es ist auch lobenswert und sinnvoll, dass wir das entsprechend unterstützen und dies auch im Rahmen
eines eigenen Gesetzes tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Es ist aber schon eine ganz spezielle Art von Unternehmen, wie gesagt: Risiko, innovativ. – Und ja, Frau Kollegin Yildirim, selbstverständlich sollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen gut behandelt und auch angemessen entlohnt werden, aber in diesen Unternehmen ist es ganz besonders interessant, wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch durchaus zu Mitunternehmerinnen, Mitunternehmern zu machen, und dieser Gesetz­entwurf bietet die Möglichkeit dazu. Selbstverständlich sollen die Fir­men die Möglichkeit haben, da selektiv vorzugehen, das jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzubieten, die sie langfristig halten wollen. Es ist auch
völlig sinnvoll und klug, diese Partnerschaft natürlich an den Verbleib
im Unternehmen zu binden, weil es ja nicht Sinn und Zweck dieser Idee ist, viele Gesellschafterinnen und Gesellschafter außerhalb solcher Start-up-Unter­nehmen zu haben. Also die Start-up-Szene ist mit diesem Gesetzentwurf sehr, sehr zufrieden, hat ihn auch sehr, sehr gelobt. Ich glaube, trotz Ihrer Kritik, wir tun damit etwas Gutes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)

Zweiter Punkt, und da bin ich völlig d’accord mit Ihnen: Die globale Mindestbe­steuerung, also dieses Mindestbesteuerungsreformgesetz, ist notwendig.
Es gibt nach wie vor Unternehmen, die versuchen, ihre Steuerleistung so zu opti­mieren, dass sie ihre Steuerpflicht in Länder mit niedriger oder ganz niedri­ger Besteuerung auslagern, denn letzten Endes ist niemand von uns daran inter­essiert, Hochsteuerländer zu haben. Österreich ist ein Hochsteuerland, allerdings wird mit diesen Steuern auch das Gemeinwesen finanziert, werden
die Sozialleistungen finanziert, und das ist schon okay so.

Es soll aber nicht so sein, dass sich einzelne Länder und einzelne Firmen
quasi aus dieser Verantwortung des gemeinschaftlichen Finanzierens stehlen können. Deswegen ist es sinnvoll, dass bei multinationalen Unterneh­men – es geht ohnehin nur um ganz große – dieser Steuerflucht oder diesen Gewinnverlagerungen ein Stück weit ein Riegel vorgeschoben wird, und
das ist selbstverständlich in Ordnung.


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Eines sei vielleicht noch gesagt: Mindestbesteuerungsreformgesetz, das klingt sehr sperrig. Das ist ein Riesengesetzeswerk, hinter dem eine Reihe,
eine Vielzahl diffiziler Detailarbeit und in diesem Zusammenhang auch viel an Kompetenz steckt. – Einen herzlichen Dank an die Steuersektion im Finanzministerium, an Herrn Prof. Mayr, herzlichen Dank auch an deine Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, ein ganz tolles Werk, sehr komplex und nicht einfach. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Noch zwei Punkte: Ich bringe noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Schwarz zum Start-Up-Förderungsgesetz ein:

Um diesen in den Grundzügen auch zu erläutern: Was steckt dahinter? – Zum einen eine Verlängerung der Steuer-, SV- und Kommunalsteuerfreiheit
für Einmalzahlungen, also Mitarbeiterprämien; zuvor Teuerungsprämien, die wir schon aus der Coronazeit kennen.

Was steckt hinter dieser Verlängerung? – Sie alle bekommen im Augenblick mit, dass Kollektivvertragsverhandlungen laufen, dass diese für beide Seiten
sehr, sehr schwierig sind – für die Arbeitgeberseite angesichts der zurückliegend hohen Inflation besonders schwierig, weil diese mit Forderungen konfron­tiert ist, die natürlich im Wettbewerb da oder dort ganz, ganz schwer in der un­ternehmerischen Gebarung unterzubringen sind. Da ist ein Instrument –
das jetzt in der einen oder anderen Kollektivvertragsverhandlung auch schon genutzt wurde –, die Möglichkeit, eine Kombination zu machen: aus nach­haltiger Erhöhung durch einen Erhöhungsprozentsatz und auf der anderen Seite da oder dort auch – im Einvernehmen zwischen Gewerkschaft und Arbeitge­bervertretung – mit Einmalzahlungen zu operieren.

Deswegen macht es natürlich Sinn, diese bisher gelebte Steuer- und SV-Freiheit auch für das Jahr 2024 fortzusetzen. Ich denke, das ist ganz, ganz wichtig
für bereits abgeschlossene, für laufende, aber auch noch kommende
KV-Verhandlungen: einfach als Möglichkeit, die man hoffentlich auch da oder dort gut nützt, um für beide Seiten ein gutes Ergebnis zustande bringen
zu können.


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Der zweite Punkt im Abänderungsantrag ist eine sozialversicherungsrechtliche Regelung. Dabei geht es um das bewährte Preisregime für erstattungs­fähige Arzneimittel. Das soll mit dieser zweiten großen Änderung in diesem Abänderungsantrag fortgeschrieben werden. Es gibt größtes Einverneh­men, auch in der Sozialversicherung zwischen den dort agierenden Playern, mit dem Sozialministerium soll diese besondere Form der Preisregelung fortge­schrieben werden.

*****

Das sind die wesentlichen Punkte in diesem Abänderungsantrag. Er wird ob seiner Länge ohnedies auch schriftlich im Saal verteilt werden.

Ich darf Sie also bitten, diesen beiden Gesetzesmaterien inklusive der Ände­rungen zuzustimmen. Ich denke, die Start-up-Szene hat es sich verdient,
eine solche sehr fortschrittliche Regelung zu bekommen. Der Steuerflucht und Gewinnverlagerung soll durchaus ein Riegel vorgeschoben werden, oder zumindest sollen Unternehmen, die das tun wollen, einen Beitrag, auch zur Fi­nanzierung des Gemeinwesens, leisten.

Die beiden letztgenannten Dinge im Abänderungsantrag habe ich schon er­läutert. Ich bitte Sie um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA

Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Finanzausschusses 2378 der Beilagen über die Regierungsvorlage 2321 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem


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das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Um­gründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Familienlasten­ausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungsgesetz) –
Top 5

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben zitierte Regierungsvorlage (2321 d. B.) in der Fassung des Ausschussbe­richts (2378 d. B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

Ziffer 6 lautet:

„6. In § 124b werden folgende Ziffern 445 bis 447 angefügt:

„445.   § 41 Abs. 1 Z 17, § 41 Abs. 4, § 42 Abs. 1 Z 3 und § 67a, jeweils in der Fas­sung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/2023, sind erstmalig für Anteile anzu­wenden, die nach dem 31. Dezember 2023 abgegeben werden, wenn

–    die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalender­jahr 2024,

–    die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veran­lagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. De­zember 2023 enden.

446.    § 33 Abs. 3 Z 1 und Abs. 3a Z 1 lit. b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 ist für Kalendermonate ab Jänner 2024 anzuwenden.

447. a) Zulagen und Bonuszahlungen, die der Arbeitgeber im Kalenderjahr 2024 ge­währt (Mitarbeiterprämie), sind bis 3 000 Euro pro Jahr steuerfrei, wenn die Zahlung aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 5 oder 6 erfolgt. Kann im Falle des § 68 Abs. 5 Z 5 oder 6 keine Betriebsverein­barung abgeschlossen werden, weil ein Betriebsrat nicht gebildet ist, ist von einer


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Verpflichtung des Arbeitgebers auszugehen, wenn eine vertragliche Verein­barung für alle Arbeitnehmer vorliegt.

Es muss sich dabei um zusätzliche Zahlungen handeln, die üblicherweise bisher
nicht gewährt wurden. Sie erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 und werden nicht auf das Jahressechstel angerechnet.

b)    Mitarbeiterprämien sind beim Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2024 insgesamt bis zu einem Betrag von 3 000 Euro pro Kalenderjahr steuerfrei. Werden im Kalenderjahr 2024 sowohl eine Gewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 als auch eine Mitarbeiterprämie ausbezahlt, sind diese nur insoweit steuerfrei,
als sie insgesamt den Betrag von 3 000 Euro pro Jahr nicht übersteigen. Werden im Kalenderjahr mehr als 3 000 Euro steuerfrei berücksichtigt, ist der Steuer­pflichtige gemäß § 41 Abs. 1 zu veranlagen.

c)    Soweit Zulagen und Bonuszahlungen nicht durch lit. a erfasst werden oder 3 000 Euro übersteigen (lit. b), sind sie nach dem Tarif zu versteuern.““

2. Art. 5 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1c“ und folgende Z 1 bis 1b werden vorangestellt:

»1. § 18a Abs. 2 Z 3 entfällt.

1a. Im § 30a Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 38 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 39 angefügt:

„39.     über die Abgabe von parallel importierten Heilmitteln; in diesen Richtlinien, die für die Apotheker/Apothekerinnen (§ 348a) sowie die Hausapotheken führen­den Ärzte und Ärztinnen verbindlich sind, soll bestimmt werden, inwieweit paral­lel importierte Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungs­träger abgegeben werden können; durch die Richtlinien darf der Heilzweck nicht gefährdet werden; die Richtlinien sind vom Dachverband im übertrage­nen Wirkungsbereich zu erlassen; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband


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den Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.“

1b. § 49 Abs. 3 Z 30 lautet:

„30.     steuerfreie Zulagen und Bonuszahlungen nach § 124b Z 350 lit. a, steuerfreie Teuerungsprämien nach § 124b Z 408 lit. a und b sowie steuerfreie Mitarbei­terprämien nach § 124b Z 447 EStG 1988;“«

b) Die Z 2 wird durch folgende Z 2 bis 10 ersetzt:

»2. § 54b Abs. 2 lautet:

„(2) Bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten ist die Bei­tragsübernahme durch den Bund für den jeweiligen Kalendermonat grundsätzlich mit dem Ausmaß nach Abs. 1 begrenzt. Die versicherte Person hat Beitragsteile,
die infolge dieser Begrenzung nicht durch die Beitragsübernahme gedeckt sind und auch sonst nicht entrichtet wurden, auf Grund der Vorschreibung durch den zuständigen Versicherungsträger nachzuentrichten. Das Nähere über den für die Vorschreibung der Nachentrichtung zuständigen Versicherungsträger sowie
die Nachentrichtung in Teilbeträgen bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Um­stände im Sinne des § 107 Abs. 3 ist in den Richtlinien nach § 30a
Abs. 1 Z 33 festzulegen. Aus verwaltungsökonomischen Gründen kann darin lediglich eine stichprobenartige Kontrolle bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer Erwerbs­tätigkeiten vorgesehen werden.“

3. Im § 350 Abs. 1 Z 2 lit. c entfällt das Wort „und“.

4. Im § 350 Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 3 durch die Wort- und Zeichenfolge „, und“ ersetzt und folgende Z 4 angefügt:

„4.  Erfüllung der Vorgaben der Richtlinien über die Abgabe von parallel importierten Heilmitteln (§ 30a Abs. 1 Z 39).“


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5. Im § 351c Abs. 15 erster Satz entfällt das Wort „letztmalig“.

6. Im § 351c wird nach dem Abs. 16 folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) Im Jahr 2025 ist das in Abs. 15 vorgesehene Verfahren zu den Stichtagen 1. Fe­bruar 2025, 30. Juni 2025 und 1. Oktober 2025 erneut durchzuführen. Abs. 16
ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die am 1. Februar 2025 geltende Rezeptge­bühr zu berücksichtigen ist.“

7. Im § 443 Abs. 1 entfällt der zweite Satz.

8. § 705 Abs. 3 lautet:

„(3) § 351c Abs. 10 tritt mit 31. Dezember 2025 außer Kraft. § 351c Abs. 10 in der am 30. April 2017 geltenden Fassung tritt mit 1. Jänner 2026 in Kraft. Für Ver­fahren, in denen die Antragstellung durch das vertriebsberechtigte Unternehmen oder die Einleitung des Verfahrens durch den Dachverband vor dem 1. Jänner 2026 erfolgt, ist § 351c Abs. 10 in der am 31. Dezember 2025 geltenden Fassung weiter­hin anzuwenden.“

9. In § 791 Abs. 1 wird vor dem Ausdruck „135 Abs. 1 Z 2“ der Ausdruck „49 Abs. 3 Z 11 lit. d, Z 16, Z 16a und Abs. 9 Z 2,“ eingefügt.

10. § 792 lautet:

„Schlussbestimmungen zu Art. 5 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023

§ 792. (1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 in Kraft:

1.   mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag die §§ 351c Abs. 15 und 17
sowie 705 Abs. 3;

2.   mit 1. Jänner 2024 die §§ 49 Abs. 3 Z 30, 50a samt Überschrift und 443 Abs. 1.

(2) Die §§ 30a Abs. 1 Z 38 und 39 sowie 350 Abs. 1 Z 2 lit. c und Z 3 und 4
in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.


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(3) § 18a Abs. 2 Z 3 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.

(4) Sofern die Preise für die vom § 351c Abs. 17 erfassten Arzneispezialitäten
bis 1. Oktober 2025 innerhalb des Preisbandes gesenkt werden, sind Streichungen für diese Arzneispezialitäten nach § 351f Abs. 1 aus gesundheitsökonomischen Gründen bis 31. Dezember 2025 ausgeschlossen.“«

3. Artikel 6 (Änderung des Kommunalsteuergesetzes 1993) wird wie folgt geändert:

a) Die bisherige Novellierungsanordnung (Änderung des § 5 Abs. 2) erhält die Bezifferung „1.“.

b) Es wird folgende Z 2 angefügt:

„2. In § 16 wird folgender Abs. 20 angefügt:

„(20) Steuerfreie Zulagen und Bonuszahlungen gemäß § 124b Z 447 EStG 1988 (Mitarbeiterprämie) sind von der Kommunalsteuer befreit.““

4. Artikel 7 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) wird wie folgt geändert:

a) Z 1 lautet:

„1. In § 41 Abs. 4 wird am Ende der lit. h der Punkt durch einen Beistrich ersetzt; folgende lit. i und j werden angefügt:

„i)   der gemäß § 67a Abs. 4 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (Start-Up-Mit­arbeiterbeteiligung) mit einem festen Satz zu versteuernde geldwerte Vorteil

j)     die in § 124b Z 447 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Zula­gen und Bonuszahlungen (Mitarbeiterprämie).““

b) Z 2 lautet:

„2. In § 55 wird folgender Abs. 64 angefügt:


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„(64) § 41 Abs. 4 lit. i und j in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 tritt mit dem der Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag
in Kraft und ist erstmalig ab dem Kalenderjahr 2024 anzuwenden.““

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu § 124b Z 447

Im Oktober 2023 stieg der Verbraucherpreisindex, der als Maßstab für die allgemeine Preisentwicklung bzw. für die Inflation in Österreich fungiert, um 5,4% gegenüber dem Vorjahresniveau. Laut Statistik Austria ist das weniger als die Hälfte der Inflationsrate vom Jänner 2023 und der niedrigste Wert seit Jänner 2022. Dennoch stellt die Preisentwicklung eine nach wie vor besondere Herausforderung für die Österreicherinnen und Österreicher dar. Trotz wirksamer Maßnahmen zur Gegensteuerung und objektiv nachweisbarer Erfolge bei der Teuerungsbekämpfung sind die Menschen nach wie vor mit hohen Lebenshaltungskosten belastet.

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll – in modifizierter Form – die mit dem Teuerungs-Entlastungspaket, BGBl. I Nr. 93/2022 erstmals für die Jahre 2022 und 2023 vorgesehene und von den Betrieben breitflächig in Anspruch genomme­ne Möglichkeit, den Beschäftigten zusätzlichen Arbeitslohn aufgrund der Teuerung steuerfrei zu gewähren, aufgegriffen und verlängert werden.

§ 124b Z 447 in der vorgeschlagenen Fassung knüpft in materieller Hinsicht an § 124b Z 408 EStG 1988 idF des Teuerungsentlastungs-Pakets, BGBl. I Nr. 93/2022, an. Für das Kalenderjahr 2024 soll eine eigens geschaffene Regelung einer „Mitar­beiterprämie“ vorgesehen werden, die den Beschäftigten von Betrieben in der
nach wie vor hohen Inflation als zusätzliche steuerliche Unterstützungsleistung die­nen soll. Wird in einem Kollektivvertrag für 2024 die Bezeichnung „Teuerungs­prämie“ statt „Mitarbeiterprämie“ verwendet, so soll dies - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - für die Steuerbefreiung nicht schädlich sein.


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Gewährt der Arbeitgeber im Kalenderjahr 2024 Zulagen und Bonuszahlungen (Mit­arbeiterprämien), sollen diese bis zu 3 000 Euro pro Jahr unter folgenden Vo­raussetzungen steuerfrei sein:

-     Die Zahlung muss aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 5 oder 6, d.h. aufgrund eines Kollektivvertrages, erfolgen. Im Unterschied
zur Regelung des § 124b Z 408 soll für die Anwendung der Steuerbefreiung erfor­derlich sein, dass die „Mitarbeiterprämie“ im vollen Umfang im Rahmen einer kollektivvertraglichen oder betrieblichen Vereinbarung, die aufgrund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigung abgeschlossen worden ist, ausbezahlt
wird. Bei Fehlen eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles auf Arbeitgeber­seite, kann die Zahlung auch aufgrund einer Betriebsvereinbarung erfol­gen. Bei Fehlen eines Betriebsrates kann die Zahlung aufgrund einer entspre­chenden kollektivvertraglichen Ermächtigung und einer vertragli­chen Vereinbarung des Arbeitgebers für sämtliche Arbeitnehmer erfolgen.

-     Es muss es sich ferner um eine „zusätzliche Zahlung“ handeln, d.h. um eine Zah­lung, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurde. Als steuerfreie Zahlun­gen sollen daher Zahlungen etwa aufgrund von Leistungsvereinbarungen, regel­mäßig wiederkehrenden „Bonuszahlungen“ oder „außerordentlichen Gehalts­erhöhungen“ nicht in Betracht kommen. In den Kalenderjahren 2022
und 2023 gewährte Teuerungsprämien stellen hingegen keine Zahlungen dar, welche bisher üblicherweise gewährt wurden und stehen daher einer
steuerfreien Mitarbeiterprämie nicht im Wege (lit. a). Wird für das Kalender­jahr 2024 kollektivvertraglich vorgesehen, dass als Interessensausgleich für eine geringere Erhöhung der Ist-Monatslöhne eine Mitarbeiterprämie gezahlt
wird, dann ist dies – wenn es sich dabei nicht um bereits bezahlte Löhne handelt – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ebenfalls nicht schädlich
für die Steuerbefreiung.

-     Eine Mitarbeiterprämie soll – unter den vorgenannten Voraussetzungen der lit. a – im Ausmaß von insgesamt 3 000 Euro im Kalenderjahr 2024 beim Arbeit-


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nehmer steuerfrei bleiben. Werden im Kalenderjahr 2024 sowohl eine Mitarbei­terprämie ausbezahlt als auch eine Gewinnbeteiligung (§ 3 Abs. 1 Z 35) ge­währt, kann insgesamt nur ein Betrag von 3 000 Euro steuerfrei blei­ben, andernfalls kommt der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1
zum Tragen (lit. b).

-     Klargestellt wird abschließend, dass nicht unter lit. a fallende Zulagen und Bo­nuszahlungen nach dem Tarif zu versteuern sind (lit. c).

Zu Art. 5 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

Zu Art. 5 Z 1 (§§ 18a ASVG):

Nach § 18a Abs. 2 Z 3 ASVG ist derzeit die Selbstversicherung in der Pensionsver­sicherung für die Pflege eines behinderten Kindes für Zeiten einer Teilpflicht­versicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. a bis c oder g ASVG ausgeschlossen. Diese Teilpflichtversicherungen in der Pensionsversicherung betreffen Zeiten des Bezuges von Wochen- und Krankengeld, von Arbeitslosengeld und anderen Leistungen aufgrund arbeitsrechtlicher Materien sowie Kindererziehungszeiten. Ebenso ist die genannte Selbstversicherung für entsprechende Ersatzzeiten aufgrund die­ser Leistungsbezüge und infolge Kindererziehung ausgeschlossen (diese Ersatz­zeiten gelten nur mehr für Personen, die vor 1955 geboren sind).

In der korrespondierenden Regelung für die Pflege naher Angehöriger nach § 18b ASVG ist keine derartige Einschränkung der Selbstversicherung bei der Pflege
naher Angehöriger vorgesehen, d. h. diese Selbstversicherung bleibt auch bei Bezug einer der genannten Leistungen bzw. bei Teilpflichtversicherung aufgrund Kindererziehung bestehen und erhöht damit die Gutschrift im Pensionskonto.

Aus Gründen des Gleichklangs der beiden Regelungen soll daher auch in § 18a ASVG die Ausnahme von der Selbstversicherung bei den erwähnten Leistungsbezü­gen bzw. bei Teilpflichtversicherung aufgrund Kindererziehung aufgehoben werden.

Zu Art. 5 Z 1a, 3, 4 und 10 (§§ 30a Abs. 1 Z 39, 350 Abs. 1 Z 2 lit. c und Z 4
sowie 792 Abs. 2 ASVG):


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Um dem in der Sozialversicherung geltenden Ökonomiegebot Rechnung zu tragen und den aus der Abgabe von parallel importierten Heilmitteln resultierenden finanziellen Nachteilen für die Krankenversicherungsträger zu begegnen, wird eine gesetzliche Grundlage für die Erlassung von Richtlinien über die Abgabe sol­cher Heilmittel durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger geschaffen. Da die Auswirkungen der Richtlinien evaluiert werden sollen, werden die Bestim­mungen vorläufig auf zwei Jahre befristet.

Zu Art. 5 Z 1b (§ 49 Abs. 3 Z 30 ASVG):

Die steuerfreie Mitarbeiterprämie nach § 124b Z 447 EStG 1988 soll auch von der Beitragspflicht nach dem ASVG befreit werden und gilt daher nicht als Entgelt
nach § 49 ASVG.

Zu Art. 5 Z 2 (§ 54b Abs. 2 ASVG):

Es soll verhindert werden, dass die Beitragsvorschreibung bei Vorliegen mehrerer die Pflichtversicherung begründender Erwerbstätigkeiten unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursacht. Den Versicherungsträgern soll daher die Möglich­keit eingeräumt werden eine stichprobenartige Kontrolle vorzusehen, wenn
dies aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten ist.

Zu Art. 5 Z 5 und 6 (§ 351c Abs. 15 und 17 und 792 Abs. 4 ASVG):

Wie in den Jahren 2017, 2019, 2021 und 2023 soll auch im Jahr 2025 ein Preis­band für wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten festgelegt werden, um nach
wie vor bestehende Preisunterschiede zwischen wirkstoffgleichen Arzneispezialitä­ten zu reduzieren.

Zu Art. 5 Z 7 (§ 443 Abs. 1 ASVG):

Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung soll die Verpflichtung der Österreichischen Gesundheitskasse entfallen, Jahresvoranschlag und rollierende Gebarungsvor­schaurechnung auch je Bundesland zu erstellen.


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Zu Art. 5 Z 8 (§ 705 Abs. 3 ASVG):

Die mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 49/2017 eingeführte und bis 31. Dezember 2023 in Kraft stehende Regelung zur Preisbildung von Generika und Biosimilars (Nach­folgeprodukte von Biopharmazeutika) soll um 2 Jahre bis zum Ablauf des 31. Dezember 2025 verlängert werden.

Zu Art. 5 Z 9 und 10 (§§ 791 Abs. 1 und 792 ASVG):

Die Schlussbestimmungen werden redaktionell richtiggestellt.

Zu Artikel 6 (Änderung des Kommunalsteuergesetzes 1993):

Die Mitarbeiterprämie soll – neben der Befreiung von der Einkommensteuer – auch von der Kommunalsteuer befreit werden.

Zu Artikel 7 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967):

Die von der Einkommensteuer befreite Mitarbeiterprämie soll nicht zur Beitrags­grundlage zur Berechnung des Dienstgeberbeitrages gehören.

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Kopf hat diesen Abänderungsan­trag natürlich ordnungsgemäß eingebracht, er steht daher mit in Verhand­lung. (Abg. Kopf – erheitert –: Danke für „natürlich“!)

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


12.41.06

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Was da an Regelungen für die Mitarbeiterbeteili­gung an Unternehmen vorgelegt wird, ist gut. Es ist besser als das, was wir bisher hatten, denn bisher war es de facto nichts. Es könnte aber schon viel besser sein, denn die Deutschen lösen gerade eine Regelung ab, die


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jetzt schon weiter ist als die unsrige, und gehen noch weiter. Das ist halt
zu wenig ambitioniert, und da haben auch zu viele mitgefuhrwerkt.

Gesellschaftsrechtlich – darauf wird meine Kollegin Henrike Brandstötter morgen noch im Detail eingehen – hat die Notariatskammer ihre
Pflöcke eingeschlagen, damit alles für die neue Flexco möglichst kompliziert wird.

Was die Arbeitnehmer angeht, hat die Arbeiterkammer möglichst viel hineingewürgt, damit es möglichst kompliziert wird, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen – anders als Kollegin Yildirim, die Angst hat: Um Gottes Willen, was passiert denn da? Wichtig ist, dass
man die Mitarbeiter gut behandelt, aber nicht, dass man sie am Unternehmen beteiligt.

Entschuldigung, denken Sie doch einmal nach: Kein Unternehmer
behandelt seine Mitarbeiter schlecht und gibt ihnen dann eine Unter­nehmensbeteiligung. Ich meine, in welcher Welt bitte? (Beifall bei den NEOS.)

In Wirklichkeit sprechen wir hier von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um die es auf dem Arbeitsmarkt ein richtiges Griss gibt. Es geht dabei um die Leis­tungsträger in den Unternehmen. Die Chefs möchten, oft auch weil vielleicht die Liquidität in der Wachstumsphase des Unternehmens nicht reicht, diese Arbeitskräfte am Unternehmen beteiligen. Das sind attraktive Chancen. Da geht es nicht darum, dass man einen Verlust macht, sondern es geht eben darum,
dass man sich unternehmerisch an den Chancen, die der Eigentümer wahrnimmt, beteiligt. Eigentlich ist es ja immer Ihre Fraktion, die behauptet, die Unter­nehmer würden so unverschämt hohe Gewinne machen. Sie müssten ein Inter­esse daran haben, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer an diesem unverschämt hohen Erfolg beteiligt sind und auch etwas davon haben. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Taschner. – Zwischenruf der
Abg. Yildirim.)


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Weil das alles noch viel großzügiger sein könnte, als es hier vorgesehen ist, bringe ich einen Abänderungsantrag ein, der relativ umfangreich ist und
daher auch einer Verteilung zugeführt wird.

Uns geht es um mehrere Kritikpunkte: Der eine ist, dass die Besteuerung dieser Unternehmensanteile sehr kompliziert gefasst ist. Das hätte man auch ein­facher machen können, indem man einfach Kapitalertragsteuer sagt, weil es ja um Kapitalanteile geht; 27,5 Prozent, und dann ist es einfach und klar.

Die Voraussetzungen dafür, wie lange die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer in dem Unternehmen gewesen sein muss und wie lange er, sie die Anteile hal­ten muss, hätte man noch ein bisschen kürzer fassen können. Wenn
man das kürzer fasst, dann wäre auch ein Anliegen von Frau Yildirim ausgeräumt, nämlich dass jemand möglicherweise um seine Beteiligung umfallen könnte.

Die Mitarbeiterzahlen, für die das maximal möglich ist, sind niedrig gesetzt, das Unternehmen darf nämlich maximal 100 Mitarbeiter haben und maximal 40 Millionen Euro Umsatz machen. Wir können uns das viel sportlicher vorstel­len: die Mitarbeiterzahl höher ansetzen und auch die Umsatzgrenze höher ansetzen, damit mehr Erwerbstätige in den Genuss kommen, solche Unternehmensbeteiligungen zu bekommen, und damit auch mehr Unternehmen die Möglichkeit eröffnet wird, das zu nützen.

*****

Diese Punkte umfasst unser Abänderungsantrag.

Wie gesagt, das geht in die richtige Richtung, aber es wäre auch ein bisschen sportlicher gegangen. (Beifall bei den NEOS.)

12.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum TOP 5 Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2321 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und
das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungs­gesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 Z4 lautet: "Nach § 67 wird folgender § 67a samt Überschrift eingefügt:

„StartUp-Mitarbeiterbeteiligung

§ 67a. (1) Bei Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen (Abs. 2) gilt der geldwerte Vorteil (§ 15 Abs. 2 Z 1) aus der unentgeltlichen Abgabe von Kapitalanteilen (Beteili­gungen) nicht im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile, sondern erst bei Veräußerung oder dem Eintritt sonstiger Umstände (Abs. 3) als zugeflossen.

(2) Eine StartUp-Mitarbeiterbeteiligung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

1.   Der Arbeitgeber oder ein Gesellschafter des Arbeitgebers gewährt einem oder mehreren Arbeitnehmern aus sachlichen, betriebsbezogenen Gründen unentgeltlich Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers, wobei die Abgabe gegen eine Gegenleistung bis zur Höhe des Nennwerts für die Anwendung die­ser Bestimmung als unentgeltliche Abgabe gilt.

2.   Das Unternehmen des Arbeitgebers erfüllt bezogen auf das dem Zeitpunkt
der Abgabe der Anteile vorangegangene Wirtschaftsjahr folgende Voraussetzungen:


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a)    Im Jahresdurchschnitt werden nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt.

b)    Die Umsatzerlöse (§ 189a Z 5 UGB) betragen nicht mehr als
100 Millionen Euro.

c)    Das Unternehmen ist nicht vollständig in einen Konzernabschluss einzubeziehen.

d)   Die Anteile am Kapital oder den Stimmrechten am Unternehmen werden
nicht zu mehr als 25% durch Unternehmen gehalten, die in einen Konzernab­schluss einzubeziehen sind.

Der Wert gemäß lit. b ist bei Vorliegen eines nicht zwölf Kalendermonate umfassenden Wirtschaftsjahres zu aliquotieren.

3.   Der Arbeitnehmer hält im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile weder unmittelbar noch mittelbar eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers von 10% oder mehr am Kapital und hat auch davor zu keinem Zeitpunkt 10% oder mehr gehalten. Übersteigt durch die Abgabe der Anteile die Beteiligung am Unterneh­men des Arbeitgebers 10% des Kapitals, liegt eine StartUp-Mitarbei­terbeteiligung insoweit vor, als die Anteile diese Grenze nicht übersteigen.

4.   Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber vereinbaren schriftlich, dass eine Ver­äußerung oder Übertragung durch den Arbeitnehmer unter Lebenden nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich ist (Vinkulierung).

5.   Der Arbeitnehmer erklärt dem Arbeitgeber bei Erhalt der Anteile schriftlich, die Regelung in Anspruch zu nehmen (Option zur StartUp-Mitarbeiterbeteili­gung) und diese Erklärung sowie die Höhe der Beteiligung werden in das Lohn­konto aufgenommen; in diesem Fall sind die Befreiungen gemäß § 3
Abs. 1 Z 15 lit. b und c nicht anwendbar und für Zwecke des § 20 Abs. 1 Z 7 ist das Entgelt mit den Anschaffungskosten des Arbeitgebers für die Kapital­anteile zu bemessen.


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(3) Der geldwerte Vorteil (§ 15 Abs. 2 Z 1) aus der unentgeltlichen Abgabe gilt als zu­geflossen:

1.   soweit der Arbeitnehmer die Anteile veräußert, wobei die Rückübertragung der Anteile an den Arbeitgeber insbesondere in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses als Veräußerung gilt;

2.   bei Beendigung des Dienstverhältnisses; dies gilt nicht für Anteile, die kein Stimmrecht und kein generelles Recht auf Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen vorsehen und deren Inhaber entweder individuell
im Firmenbuch eingetragen oder in einem Anteilsbuch oder vergleich­baren Verzeichnis erfasst werden (insbesondere Unternehmenswert-Anteile gemäß § 9 des Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetzes – FlexKapGG,
BGBl. I Nr. xx/2023), wenn der Arbeitgeber bei Beendigung des Dienstver­hältnisses am Lohnzettel des Arbeitnehmers erklärt, dass der Zufluss
erst nach Maßgabe der Z 1 und 3 bis 5 erfolgen soll. Der Arbeitgeber hat in
den Fällen der Z 1 und 3 den späteren Zufluss nach Beendigung des Dienstverhältnisses dem Finanzamt Österreich mitzuteilen und haftet dabei für die Entrichtung der Einkommensteuer;

3.   soweit die Vinkulierung (Abs. 2 Z 5) aufgehoben wird und im Kalenderjahr
der Aufhebung keine Veräußerung (Z 1) oder Beendigung des Dienstverhältnisses (Z 2) stattfindet;

4.   im Falle der Liquidation des Arbeitgebers oder des Todes des Arbeitnehmers;

5.   wenn der Arbeitgeber die Pflichten gemäß § 76 bis § 79, § 84 und § 87
nicht mehr wahrnimmt.

(4) Für die Besteuerung der Einkünfte gilt Folgendes:

1.   Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen Abgabe bemisst sich


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–    im Falle der Veräußerung nach dem Veräußerungserlös, wobei Anpassungen des Veräußerungserlöses in Folgejahren als rückwirkendes Ereignis ge­mäß § 295a BAO gelten;

–    in allen anderen Fällen nach dem gemeinen Wert in dem nach Abs. 3 maß­geblichen Zeitpunkt; der gemeine Wert gilt in weiterer Folge als Anschaffungs­kosten

und ist um Zahlungen gemäß Abs. 2 Z 1 zu vermindern.

2.   Der geldwerte Vorteil ist als Einkunft aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 a Abs. 1 Z 2 mit einem festen Satz von 27,5% zu erfassen, wenn das Dienst­verhältnis zumindest ein Jahr gedauert hat. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers sind diese Fristen nicht maßgeblich. Soweit der feste Satz auf den geldwer­ten Vorteil nicht anzuwenden ist, hat die steuerliche Erfassung nach § 67 Abs. 10 zu erfolgen.

3.   Gewinnausschüttungen während der in Z 2 genannten Frist von drei Jahren gelten als Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 10, soweit sie den Anspruch übersteigen, der sich aus dem quotenmäßigen Anteil am Kapital ergeben würde.

4.   Die Abgabe von Anteilen durch den Gesellschafter des Arbeitgebers stellt beim Arbeitnehmer unmittelbar einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis von
dritter Seite dar und die Anteile gelten nicht als in das Unternehmen des Arbeit­gebers eingelegt und von diesem abgegeben. Beim abgebenden Gesell­schafter erhöhen die Anschaffungskosten (Buchwerte) der abgegebenen Anteile die Anschaffungskosten (Buchwerte) der bestehenden Anteile; empfan­gene Zahlungen gemäß Abs. 2 Z 1 senken die Anschaffungskosten (Buchwerte) der bestehenden Anteile.

(5) Die auf die StartUp-Mitarbeiterbeteiligung entfallenden Sozialversicherungsbei­träge (§ 50a ASVG) sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn vor Anwendung
des Lohnsteuertarifs (§ 66) vom Arbeitslohn abzuziehen. § 67 Abs. 12 ist nicht an­zuwenden.“


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Begründung

Ad I.

Mitarbeiterbeteiligung hat sich international als probates Mittel erwiesen, um die besten Köpfe zu gewinnen, zu halten und zu Bestleistungen zu motivieren.
Flexible und modernere Gesellschaftsstrukturen sind ein wichtiges Instrument, ins­besondere für neue Unternehmen wie für internationale Investoren. Einer der
größten Vorteile der Übertragung von Geschäftsanteilen an Mitarbeiter:innen ist eine engere Bindung von Talenten ans Unternehmen. Mitarbeiter:innen die einen
Anteil am Unternehmen besitzen, identifizieren sich oft stärker mit dem Unterneh­men und sind daher eher geneigt, längerfristig zu bleiben. Die Möglichkeiten
der Mitarbeiterbeteiligung in Österreich entsprechen aktuell jedoch nicht interna­tional gängigen Modellen. Ganz im Gegenteil: Die bestehenden Möglichkeiten
sind schwer verständlich und eine teure Ausarbeitung durch große Anwaltskanzleien ist für solche Konstruktionen nötig. Dazu kommt die sogenannte "dry income"-Problematik: Die Steuerpflicht wird im Erwerbszeitpunkt der Beteiligung begründet, sodass Arbeitnehmer eine erhebliche Steuerbelastung treffen kann, ohne dass
ihm liquide Mittel zufließen.

Die eingelangten Stellungnahmen zur neuen Form der Mitarbeiterbeteiligung zeigen, dass der für Startups zuständige Wirtschaftsminister Kocher, der Rat für For­schung und Technologieentwicklung sowie zahlreiche Vertreter von Unternehmer:in­nen bzw. Investor:innen noch einiges an Verbesserungsbedarf sehen. Kritisiert
wird, dass der getroffene Kompromiss unnötig komplex sei und nicht internationalen Standards entspricht.

Hauptkritikpunkte im Überblick

1.   Besteuerung: Der Mischsteuersatz ist unnötig kompliziert und entspricht nicht internationalen Standards. Es wäre sachgerechter, einheitlich den Steuer­satz der KESt von 27,5 % anzuwenden.


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2.   Voraussetzungen für Arbeitnehmer (Steuervorteil nur, wenn die Dauer des Dienstverhältnisses mindestens 2 Jahre ist und Anteile 3 Jahre gehalten wurden): International üblicher wären kürzere Fristen, damit Branchen mit schnelle­rem Time-to-Exit sowie später eintretende Mitarbeiter nicht benach­teiligt werden.

3.   Voraussetzungen des Unternehmens (max. 10 Jahre alt, 100 Arbeitnehmer und 40 Mio. EUR Umsatz): Es wird völlig ignoriert, dass in manchen Branchen
die Entwicklung länger dauert (z. B. Life Science). Die Schwellenwerte sind viel zu niedrig, da z.B. auch Scale-ups eine attraktive Mitarbeiterbeteiligung brau­chen. In der eigenen Problemanalyse (WFA) steht, dass "bestehende Steuerbe­freiungen für Mitarbeiterbeteiligungen den Herausforderungen von Start-Ups und von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht hinreichend Rechnung tragen können" und dennoch wurden die Schwellenwerte unterhalb der gängigen Definition für KMU von 249 Mitarbeiter angesetzt.

Das vorliegende Gesetz entspricht weder den Erwartungen des Wirtschaftsmi­nisters Kocher, noch denen von Wirtschaftsexperten sowie Branchenvertreter:innen und ist in der Ausgestaltung im internationalen Vergleich auch wenig attraktiv.
Die vorgeschlagenen Änderungen sind an die Stellungnahmen aus dem Begutach­tungsverfahren angelehnt und dienen der Stärkung der Wettbewerbsfähig­keit des Wirtschaftsstandorts Österreich.

Quellen

•    Start-Up-Förderungsgesetz: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ME/275/fnameorig_1566816.html

•    Stellungnahme BM Kocher: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/SNME/251009/
imfname_1575370.pdf

•    Stellungnahme Rat für Forschung und Technologieentwicklung: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/f4d9cb95-83fa-49b3-a51d-6820afa65dd2


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•    Stellungnahme Austrian StartUps: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/7e024606-
c167-4ca2-bb35-9ac64801850e

•    Stellungnahme Invest Austria https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/cff364e0-5338-42fc-a900-d7e90d866390

•    Stellungnahme Speedinvest: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/6ba749f8-
1a80-4d88-ae71-76d53b7282ee

•    DE Zukunftsfinanzierungsgesetz: https://dip.bundestag.de/drucksache/gesetz-zur-finanzierung-von-zukunftssichernden-investitionen-zukunftsfinanzie­rungsgesetz-zufing/271145?term=Gesetz%20zur%20Finanzierung%20von%20zu­kunftssichernden%20Investitionen%20(Zukunftsfinanzierungsgesetz%20-%20ZuFinG)&rows=25&pos=3

*****


Präsidentin Doris Bures: Auch dieser Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert, wird verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


12.45.02

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Dem Start-Up-Förderungsgesetz wird meine Fraktion zustimmen. Auch wenn es vielleicht das eine oder andere Verbesserungspotenzial gäbe, halten wir es für einen Schritt in die richtige Richtung.

Worauf ich aber in meinem Redebeitrag vielmehr eingehen muss, ist der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Kollegen Kopf und Schwarz, weil er


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ein klassisches Beispiel dafür ist, wie diese Bundesregierung arbeitet. Hier wird tagesaktuell ein fünfseitiger Abänderungsantrag eingebracht, der nicht nur
die hier zur Debatte stehenden Materien behandelt, sondern in den eine Novelle im ASVG einfach mit hineingeschmuggelt wird – wie mit einem trojanischen Pferd – und der ohne Debatte einfach durchgewunken werden soll. Offensicht­lich hat keiner von denen, die sich bisher zu Wort gemeldet haben – wahr­scheinlich auch nicht Herr Bundesminister Brunner –, irgendeine Ahnung, was da beschlossen werden soll. (Abg. Reiter: Hauptsache, wir wissen das! – Zwischen­ruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Ich werde Ihnen erklären, was hier beschlossen wird. Es wird nämlich eine Richt­linie in § 30a Abs. 1 ASVG beschlossen, mit der die Kostenerstattung für
parallel nach Österreich importierte Arzneimittel geregelt werden soll. Im Endef­fekt geht es darum, dass Parallelimporte nach Österreich weiter verhin­dert werden sollen beziehungsweise der Kostenersatz dafür eingeschränkt wer­den soll.

Was bedeutet das? – Wir sprechen davon, dass es um Originalpräparate,
meist patentgeschützte, der Hersteller geht, die über andere Vertriebswege als die offiziellen Primärvertriebswege der Hersteller nach Österreich kom­men und zugelassen werden, das heißt, Versorgungswege, die eine Versorgung der österreichischen Patienten absichern, die in vielen Fällen eine schnel­lere und verlässlichere Verfügbarkeit der Präparate für die Patienten bedeuten. Aus rein ökonomischen Gründen – vonseiten der Sozialversicherung offensichtlich lobbyiert – wird eine Gesetzesnovelle durchgebracht, und es sollen Einschränkungen in vollkommener Intransparenz stattfinden.

Man muss dazu auch wissen, dass es sich dabei um Verträge zwischen der Sozialversicherung und den Pharmaherstellern handelt, die völlig intransparent sind, die wettbewerbseinschränkend sind und die in weiterer Folge die Versorgungssicherheit der österreichischen Patienten gefährden. Aus ökono­mischen Gründen wird ein Gefälligkeitsdienst für die Sozialversicherung geleistet. Das sollen die Abgeordneten hier beschließen.


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Dem werden wir definitiv nicht zustimmen. Ich stelle das Verlangen auf getrennte Abstimmung über Art. 5 Z 1a, 3 und 4 und habe dieses Verlangen auch schriftlich eingebracht. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP, Grü­nen und NEOS. – Abg. Kaniak: – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ich bin auch sprachlos über das Verhalten! – Beifall der Abgeordneten Ragger
und Reifenberger.)

12.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


12.47.56

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich werde auf den Abänderungsantrag, den Kollege Kopf eingebracht hat, eingehen.

Nur ganz kurz zu den Mitarbeiterprämien: Ja, es ist gut und schön und wird natürlich begrüßt, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Prämie auszahlen wollen, aber zu Ihrer Anmerkung, Kollege Kopf, es
könnte auch bei Kollektivvertragsverhandlungen zu Einmalzahlungen kommen, möchte ich schon sehr definitiv sagen: Zum Glück konnten bisher Einmal­zahlungen bei Kollektivvertragsverhandlungen erfolgreich abgewendet werden, denn dort haben sie definitiv nichts zu suchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben gestern im Plenum zu den Berichten des Gesundheitsausschusses einige Gesetze zur Sicherstellung der Medikamentenversorgung in Öster­reich beschlossen. Im Zuge dieser Debatte wurde von einem Redner – ich glau­be, es war Kollege Loacker – das Auslaufen der Regelung zum Preisband
mit 31.12. dieses Jahres erwähnt. Offensichtlich ist dadurch die Regierung auf­gewacht und draufgekommen, dass sie noch handeln sollte, um ein völli­ges Chaos bei der Finanzierung von Medikamenten und bei der Medikamenten­versorgung in Österreich zu vermeiden.


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Siehe da, heute wurde ein Abänderungsantrag eingebracht, demzufolge
die Preisbandregelung auf zwei Jahre verlängert werden soll. Da frage ich mich schon: Hat die Regierung ein Jahr lang geschlafen und gar nichts gemacht? (Beifall bei der SPÖ.) 1 Minute vor 12! 1 Minute vor 12 kommt man drauf, dass man jetzt noch handeln muss? Also das ist wirklich ein Skandal. (Neuerli­cher Beifall bei der SPÖ.)

Wo bitte bleibt denn die Pharma-Standortgarantie, wo bleibt denn ein Plan zur Arzneimittelversorgung? Wir als Sozialdemokratie fordern: Wer in Europa verkaufen will, muss auch in Europa produzieren!

Das ist aber noch nicht alles an Änderungen, und das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen: Heute – nämlich schon heute! – reparieren wir ein Gesetz, das wir gestern beschlossen haben. Der Bund übernimmt in Zukunft die Pensionsversicherungsbeiträge von Pensionisten und Pensionistinnen,
wenn sie bis zu 1 000 Euro dazuverdienen. Dass es sich dabei aber auch um mehrere Beschäftigungsverhältnisse handeln könnte, wurde einfach
vergessen – einfach Pfusch. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt noch eine weitere Regelung – diese wurde erst vor circa einem halben Jahr beschlossen –, die jetzt mit dem Abänderungsantrag repariert werden
soll. Wir haben schon immer auf diesen Missstand hingewiesen, jetzt
wird er einfach geändert beziehungsweise beseitigt. In Zukunft wird es nämlich auch möglich sein, bei der Pflege eines behinderten Kindes bei der Sozial­versicherung eine Selbstversicherung abzuschließen.

In diesem Fall muss ich sagen: Lieber Herr Bundesminister als Vertreter der Regierung, es sollte Ihnen in der Zwischenzeit wirklich peinlich sein, so schlecht zu arbeiten, dass man ständig etwas reparieren muss! Das sind einfach nur Husch-pfusch-Aktionen in letzter Sekunde – Sie können es einfach nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Da waren die Zeiten der SPÖ-Regierung ...!)

12.51



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 183

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


12.51.27

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Noch einmal: Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerin­nen und Zuhörer! Ich spreche zum Start-up-Paket und möchte erklären, warum mir das ein so großes Anliegen ist und in den letzten Jahren auch war und warum ich mich dafür wirklich intensiv eingesetzt habe.

In Österreich haben wir pro Jahr circa 40 000 Neugründungen – das ist die Zahl vom letzten Jahr: knapp unter 40 000, und die hat gegenüber der Zahl
vor 1996 massiv zugenommen, da waren es unter 15 000. Das heißt, wir haben eine Zunahme der Unternehmensgründungen. Das ist grundsätzlich etwas Erfreuliches, denn ja, wir brauchen junge Unternehmen mit innovativen Produk­ten, innovativen Dienstleistungen, um unsere heutigen Probleme zu lösen,
und dafür stehen diese Unternehmen.

Gerade für junge Unternehmen ist es jedoch schwierig, attraktive Mitarbeiter, gescheite Köpfe zu bekommen, weil diese natürlich auf einem kompeti­tiven Arbeitsmarkt hohe Gehälter verlangen, und das können sich viele Unter­nehmen nicht leisten. Das heißt, was wir machen, ist: Wir fördern Jung­unternehmen, Unternehmensgründungen, aber das Wachstum ist dann relativ schwierig, wenn man sich beispielsweise die attraktiven Mitarbeiter:innen
nicht leisten kann, und wir sehen auch im internationalen Vergleich, dass wir da Aufholbedarf haben.

Es gibt ein paar Modelle, wie man Mitarbeiter:innen beteiligen kann, um grund­sätzlich Anreize zu schaffen. Das eine ist die Gewinnbeteiligung – das kann
jedes Unternehmen machen, bis zu 3 000 Euro sogar steuerfrei –, und das ande­re ist, indem man Anteile übergibt. Da stellt sich jetzt aber ein Problem,
denn wenn ich als Mitarbeiterin, als Mitarbeiter Anteile bekomme, muss ich die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 184

nach geltendem Steuerrecht sofort versteuern, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt ja gar kein Geld bekomme – ich habe ja nur einen fiktiven Anteil.

Das wird in der Start-up-Branche intensiv diskutiert, das ist die sogenannte Dry-Income-Problematik, und dafür schaffen wir jetzt eine Lösung. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir schaffen eine Lösung dahin gehend, dass wir für eine neue Rechtsform – diese werden wir morgen diskutieren und hoffentlich beschließen – sogenannte Unternehmenswertanteile schaffen, und die können unter bestimmten Um­ständen zu einem späteren Zeitpunkt besteuert werden, nämlich für Unterneh­men, die nicht allzu groß sind – wir wollen damit also nicht Riesenkon­zerne fördern –, und auch nur – das ist vielleicht die Antwort auf Kollegen Loacker; ausweiten kann man es später noch immer, aber zunächst geht es ein­mal wirklich um die Jungunternehmen – während eines bestimmten Zeit­raums ab Unternehmensgründung (Abg. Loacker: Ob du dann noch da bist, wenn wir das später erweitern sollten?!), nämlich zehn Jahre. Zehn Jahre ab Unter­nehmensgründung können diese Unternehmenswertanteile ausgegeben werden.

Das Ziel ist folgendes: Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen,
wenn sie das wollen, Anteile, sind damit auch – das finde ich sehr interessant – am Bilanzgewinn beteiligt, und die Unternehmenswertanteile selbst wer­den erst zu dem Zeitpunkt besteuert, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbei­terin sie verkauft – ich denke, das ist legitim, denn dann hat man ja Geld
dafür erhalten und dann muss man es versteuern – oder auch wenn er bezie­hungsweise sie das Unternehmen verlässt und damit diese Bindung an
das Unternehmen aufgibt. Zu diesem Zeitpunkt findet also im Normalfall die Besteuerung statt.

Vielleicht noch zu einem Punkt, der mir sehr wichtig ist, weil er auch gekommen ist: fair bezahlen. Auch ich bin absolut für faire Bezahlung, und natürlich
bleiben alle kollektivvertraglichen Rechte unbenommen. Der Mitarbeiter, die


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Mitarbeiterin muss also selbstverständlich als Minimum kollektivvertraglich be­zahlt werden – oder auch darüber hinaus –, und das ist wirklich ein Add-on.

Das ist etwas, was viele – gerade junge – Mitarbeiter:innen auch suchen: sich am Unternehmen zu beteiligen und damit auch am Erfolg beteiligt zu sein. Dort,
wo man sich reinhaut, wo man sich einbringt, möchte man auch etwas davon ha­ben. Ich glaube, damit haben wir nach internationalem Vorbild wirklich ei­nen wichtigen, riesigen Schritt gemacht in die Richtung, ein attraktiver Standort für Start-ups zu sein. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.56.06

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Werte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zu­seherinnen und Zuseher! Ja, wir haben in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um den heimischen Standort auch insgesamt zu stär­ken – ich denke an die ökosoziale Steuerreform, ich denke an die Konjunkturpa­kete, die wir auf den Weg gebracht haben (Heiterkeit des Abg. Lercher),
weil es für den österreichischen Wirtschaftsstandort natürlich auch ganz zentral ist, dass wir international wettbewerbsfähig bleiben. (Präsident Hofer über­nimmt den Vorsitz.)

Ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Österreich sind eigentlich schon längst die heute bereits öfters genannten Start-ups geworden. Im Vorjahr haben
Start-ups hierzulande Investitionen in der Höhe von rund 1 Milliarde Euro ausge­löst. Sie sind also auf der einen Seite ein wirklich wichtiger Wirtschafts­faktor, und auf der anderen Seite leisten sie auch einen ganz wesentlichen Bei­trag, wenn es um Digitalisierung, um die digitale Transformation, auch um
die ökologische Transformation unserer Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft insgesamt geht.


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Diese Start-up-Szene wächst. Sie wächst auf jeden Fall, sie könnte aber
natürlich noch stärker wachsen – und genau deswegen haben wir dieses Paket, das hoffentlich heute auch beschlossen wird, jetzt präsentiert.

Wir haben uns auch intensiv sozusagen mit der Szene, mit der Branche ausein­andergesetzt – ich war vor ein paar Tagen bei einem Start-up, um auch
die Auswirkungen ganz konkret auf einzelne Unternehmen zu besprechen – und haben ein Gesetzespaket erarbeitet, das durchaus auch die größten Heraus­forderungen, die es gibt – also wenn es um den Cashflow geht, wenn es auch um Liquidität geht –, entsprechend aufgreift.

Am Ende des Tages ist ein Start-up-Paket herausgekommen, das sich aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten in zwei Teile aufteilt: Am Freitag diskutieren Sie hier mit der Justizministerin die flexible Kapitalgesellschaft – eine ganz wesentliche gesellschaftsrechtliche Verbesserung, die auch auf die speziellen Bedürfnisse der Start-ups verstärkt eingeht –, und in der heutigen Diskussion geht es um den abgabenrechtlichen Teil des Paketes.

Ein von Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern doch häufig geäußerter Wunsch war immer, eben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt
ans Unternehmen zu binden, sie auch entsprechend am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Diesbezüglich haben wir eine Lösung erarbeitet,
mit der die Besteuerung der Unternehmensanteile aufgeschoben und durch eine Pauschalregelung ersetzt wird – es geht also um diese berühmte
Dry-Income-Problematik, die hiermit beendet beziehungsweise verbessert wird.

Mit diesem Paket stärken wir auch den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt, verbessern auch das Umfeld für junge Unternehmen und können gleichzeitig – das ist eigentlich der dritte Punkt – junge Talente besser
in Österreich halten, als das bisher möglich war.

Beim zweiten Gesetzesvorhaben, beim Mindestbesteuerungsreformgesetz – dem zweiten Gesetzentwurf, den Sie in diesem Zusammenhang heute


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 187

hoffentlich beschließen werden –, beschäftigt uns diese globale Mindestbe­steuerung für Unternehmen natürlich schon länger, schon seit einiger
Zeit. Deshalb ist es eigentlich umso erfreulicher, dass wir jetzt auch endlich zu einer Einigung gekommen sind und diese neue Regelung nun auch Teil
des österreichischen Steuerrechts wird.

Worum geht es da ganz konkret? – Es geht eigentlich schon darum, die Steu­ergerechtigkeit international auszubauen und auch für faire Wettbe­werbsbedingungen zwischen den Unternehmen zu sorgen. Es ist natürlich eine Frage der Gerechtigkeit, dass die heute bereits erwähnten Digitalgigan­ten nicht nur auf der einen Seite wirtschaftliche Vorteile aus ihren Tätigkeiten in ganz Europa ziehen, sondern auf der anderen Seite eben auch entspre­chende Steuerabgaben zu leisten haben. Was für heimische Unternehmen gilt, soll natürlich auch für internationale Multikonzerne gelten. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit der Einführung dieser globalen Mindestbesteuerung sorgen wir für mehr Ge­rechtigkeit. Dadurch wird ein weltweit gültiges Mindestniveau bei der Be­steuerung von Unternehmen geschaffen, und zwar unabhängig davon, wo auf der Welt diese Unternehmen angesiedelt sind.

Es ist mir auch wichtig, Folgendes zu betonen: Österreich war schon seit
vielen Jahren Vorreiter, wenn es darum gegangen ist, für eine global faire Be­steuerung zu sorgen – ich denke dabei an die EU-Ratspräsidentschaft im
zweiten Halbjahr 2018, als sich Österreich bereits massiv für eine Digitalkon­zernsteuer auf EU-Ebene eingesetzt hat. Wir haben dann mit Wirksam­keit ab 2020 in Österreich eigenständig ja auch eine nationale Digitalkonzern­steuer für Onlinewerbung umgesetzt und sind dadurch in diesem Bereich
zu einem Vorreiter auf internationaler Ebene geworden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 188

Diese österreichischen Initiativen haben jedenfalls – und das hat man in letzter Zeit auch schon gemerkt – gerade auf OECD-Ebene eine gewisse Dyna­mik hineingebracht. Es wurde ein Gremium eingerichtet, dem mittler­weile 140 Staaten weltweit angehören und in dem – das möchte ich besonders hervorheben, Abgeordneter Kopf hat es bereits erwähnt  unsere Sektion Steuerpolitik und Steuerrecht eine ganz zentrale Rolle eingenommen und diesen Prozess auch international weiter fortgeführt, unterstützt und vorange­trieben hat, angeführt von Herrn Prof. Mayr – dafür auch von meiner Seite herz­lichen Dank an dich und deine Kollegen und Kolleginnen. (Beifall bei der
ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Österreich hat also in diesem Gremium die grundlegende Arbeit vorangetrieben. 140 Staaten weltweit haben ihre Zustimmung zur globalen Steuerreform gegeben. Das ist doch eigentlich ein Meilenstein in der globalen Steuerpolitik, und diesen Meilenstein setzen wir heute hoffentlich auf nationaler Ebene
in nationales Recht um.

Es geht also um zwei sehr wichtige – äußerst wichtige – Gesetzesvorhaben: auf der einen Seite um das Start-up-Paket zur Stärkung des Standorts insge­samt und auf der zweiten Seite um mehr steuerliche Fairness und vor allem faire Wettbewerbsfähigkeit für unseren Standort. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Gabriel Ober­nosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.03.05

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren
auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Ich glaube, eine Gruppe aus Schladming ist gerade angekommen: Die Mitglieder des Rotary-Clubs


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aus Schladming haben gerade Platz genommen und ich darf sie im Auftrag mei­ner Kollegin natürlich recht herzlich hier im Hohen Haus begrüßen. (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Der Herr Finanzminister hat beide Gesetzespunkte, die wir jetzt beschließen, wirklich noch einmal tiefgehend erklärt und ich möchte nicht viel davon wiederholen. (Abg. Reifenberger: ... der Rede, danke!) Ein bisschen stolzer könnte man aber eigentlich schon sein. Es ist nämlich wirklich so, dass Österreich – und im Speziellen Sie, Herr Finanzminister, als Verantwortlicher bei
den Verhandlungen, gemeinsam mit Sektionschef Mayr – bei diesem Gesetz­entwurf, mit dem die globalen Konzerne weltweit mit mindestens 15 Pro­zent besteuert werden, federführend war. Da ist Österreich vorangegangen.

Wer schon länger in diesem Haus ist, weiß auch, wie lange wir uns schon damit auseinandersetzen. In dieser globalen Welt versuchen Großkonzerne natür­lich, in Billiglohnländern zu produzieren und ihre Gewinne in Niedrigsteuerlän­dern – und nicht dort, wo sie verkaufen, in diesem Fall in Österreich –
zu versteuern.

Ich kann mich an die Anfänge der Verhandlungen erinnern. Nur ein bisschen Geschichte: Angefangen zu verhandeln hat man mit 5 Prozent. Wir sag­ten, wir müssen schauen, dass wir eine globale Mindestbesteuerung von 5 Pro­zent bekommen. Der Abschluss war bei 15 Prozent, und 140 Länder,
die G20, alle haben dabei mitgemacht – da kann ich wirklich nur gratulieren.

Warum spreche ich als Vorsitzender des Budgetausschusses jetzt
noch zu diesem Thema? – Wir beschließen hier im Haus nicht alle Tage einen Gesetzentwurf, der die Österreicher nichts kostet und das Budget nicht
belastet, mit dem sogar Geld hereinkommt, aber nicht von uns Österreichern, sondern von Konzernen, die in Österreich eigentlich etwas verkaufen,
was in Österreich aber nicht richtig versteuert wird, und das wird jetzt damit ge­regelt. Als Vorsitzender des Budgetausschusses bin ich froh, dass wir auch einmal irgendwo ein bisschen Geld hereinbekommen – weil die Ausgaben sonst


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immer nur nach oben gehen –, dass da auch einmal ein bisschen etwas mög­lich ist.

Wie gesagt, Herr Sektionschef Mayr, Herr Finanzminister, ich meine,
das hat wieder einmal gezeigt, dass Österreich auch Vorreiter sein kann.

Unsere Budgetpolitik wird im eigenen Land nämlich nicht sehr gewürdigt. In Deutschland bekommen Sie (in Richtung Bundesminister Brunner) einen
Preis für Ihre ordentliche Budgetpolitik, in Österreich sieht man das – zumindest vonseiten der Opposition – nicht so. (Abg. Scherak: Von der eigenen Partei überreicht!) – In Deutschland haben wir keine eigene Partei, muss ich auch noch dazusagen. Der deutsche Finanzminister ist, glaube ich, von der Ideologie
her nicht so weit weg von euch (in Richtung NEOS) und ist ein Fan von unserem Finanzminister. Sie tauschen sich auch regelmäßig aus. Der deutsche Finanzminister wäre glücklich, wenn er solche Dinge zustande brächte, wie sie unser Finanzminister mit unseren Beschlüssen hier erreicht. (Beifall bei
der ÖVP.)

Das heißt, wir beschließen einen Gesetzentwurf, mit dem wir Geld hereinbekom­men und der die Österreicher nichts kostet. – Danke vielmals. (Beifall bei
der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Dr. Jakob Schwarz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.06.46

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es gibt Probleme, die zwar allgemein von fast allen als Problem anerkannt wer­den, die prinzipiell auch technisch lösbar sind, bei denen es aber trotzdem kaum Aussichten darauf gibt, sie zu lösen. Ein solches Thema ist der Klima­wandel. Ein einzelner Staat hat kein Interesse oder wenig Interesse daran, seine Emissionen zu senken, wenn alle anderen Staaten nicht mitmachen. Um


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dieses Problem in den Griff zu bekommen, gibt es die internationalen Klimaver­handlungen, die aktuell stattgefunden haben und erfolgreich abgeschlos­sen wurden – vielen Dank an alle Verhandlerinnen und Verhandler. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Ein anderes solches Problem ist der internationale Steuerwettbewerb. Wenn ein Staat seine Steuersätze senkt, erreicht er damit typischerweise mehr Steu­ereinnahmen und nicht weniger, und deshalb gibt es sozusagen einen Anreiz, sie zu senken. Die Lösung dieses Problems hat, wie das auch schon von Vorred­nern angesprochen wurde, lange Zeit eigentlich als Träumerei gegolten. Insofern ist die Tatsache, dass wir heute hier, in einer der letzten Sitzungen vor Weihnachten, eine globale Mindeststeuer national umsetzen können, schon in einer gewissen Art und Weise ein steuerpolitisches Weihnachtswunder.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man sich das ein bisschen anschaut, dann sieht man, dass es insbesondere US-amerikanischen Techkonzernen gelungen ist, über die Verrechnung
von Lizenzgebühren – in diesem Bereich geht das besonders einfach – und über viele verschiedene Tochterunternehmen – das ist mitunter gar nicht so ein­fach; man spricht da beispielsweise von der Praxis eines Double Irish
with a Dutch Sandwich, bei der man zwei irische Unternehmen, eines davon mit Sitz in einer Steueroase, und zusätzlich noch ein Tochterunternehmen in
Holland gebraucht hat – die Steuersätze auf effektiv unter 0,05 Promille zu sen­ken. (Abg. Loacker: Steueroasen ... sonst überall ...!) Das ist beispielsweise
Apple 2014 gelungen; Apple war damals und ist auch heute noch nach Marktka­pitalisierung das größten Unternehmen der Welt.

Die EU-Kommission ist dann zum Teil eh schon eingeschritten, aber auch
heute geht in Österreich durch solche Praktiken noch immer ein Steuervolumen von geschätzt 1,3 Milliarden Euro jährlich verloren. Da sich größere Kon­zerne leichter damit tun, so etwas zu machen und ihre Gewinne zu verschieben, als kleine Unternehmen, gibt es da natürlich eine gewisse Ungleichbe­handlung zwischen Unternehmen. Letztlich fehlt das Geld aber natürlich im


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Staatsbudget – und irgendwie zahlen es dann immer die, die wenig oder
mittel verdienen, weil der Staat entweder Leistungen kürzen oder andere Steu­ern, denen man weniger leicht ausweichen kann, erhöhen muss.

Die Mindeststeuer, die wir heute hier national umsetzen, ist auch sehr
schlau designt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch sehr herzlich bei der Steuersektion und bei Prof. Mayr, der da sozusagen bestimmend mit­gewirkt hat, bedanken. Es ist nämlich nicht so, wie man sich das als
Laie typischerweise vorstellen würde. Ich hätte es mir so vorgestellt: Man macht eine Vereinbarung und zwingt jeden Staat dazu, seine effektiven Steuer­sätze einfach auf 15 Prozent zu erhöhen. – Stattdessen dreht man
dieses Dilemma des Steuerwettbewerbs quasi um und erlaubt den Sitzstaaten der Mutterkonzerne, Gewinne, die bei den Töchtern in Niedrigsteuer­ländern beispielsweise zu niedrig besteuert wurden, im Sitzland
des Mutterkonzerns ergänzend zu besteuern. Das nennt sich Primär-Ergänzungssteuer.

Damit haben die Niedrigsteuerländer plötzlich einen Anreiz, von sich aus ihre effektiven Steuersätze anzuheben, das machen sie über nationale Ergän­zungssteuern. Insofern ist in diesem Fall sozusagen dieses Gefangenendilemma und damit auch das Problem des Steuerwettbewerbs sehr geschickt auf­gelöst worden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Dr. Ru­dolf Taschner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.10.34

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nun komme ich dazu, über dieses Mindestbesteuerungsre­formgesetz zu sprechen. Ich möchte nur zwei Fußnoten unterbringen.


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Die eine Fußnote betrifft die Tatsache – Herr Bundesminister, Sie haben davon gesprochen –, dass dadurch Gerechtigkeit herrscht. – Das ist der eine
Punkt.

Der andere Punkt, den ich sehe, ist, dass der Staat gegenüber diesen großen Konzernen wieder zu seiner Macht zurückfinden kann. Das ist ja sehr
wichtig. Ich bin als alter Anhänger von Hobbes der Meinung, dass es keine Macht auf Erden geben soll, die über die Macht des Staates geht. Diese großen Konzerne sind unter Umständen gar nicht dieser Ansicht, die ich da ver­trete, und ich finde, man sollte ihnen schon erklären, dass die Macht des Staates doch größer ist.

Wenn aber ein Staat selbst kleiner als dieser Konzern ist, müssen sich
die Staaten zusammenfinden, und es ist gut, dass sich 140 Staaten für diese Min­destbesteuerung zusammengefunden haben. Ich glaube, dass es auch ein
gutes Zeichen ist, dass wir sehen, dass staatliches Denken doch über das Kon­zerndenken hinausgehen sollte – auch in der Machtfrage.

Der nächste Punkt ist folgender: Kollege Obernosterer hat gesagt, man hat mit 5 Prozent begonnen, jetzt ist man bei 15 Prozent. Manche wollen natürlich 25 Prozent haben, aber wenn wir 25 Prozent verhandelt hätten, hätten wir nicht 140 Staaten gehabt, sondern vielleicht 14 oder nicht einmal die, also sind
wir doch mit den 15 Prozent ganz glücklich.

Ich möchte sagen: Dass diese Verhandlungen so gelungen sind, liegt auch – wie schon gesagt worden ist – an der Fähigkeit der österreichischen Beamten.
Man darf nicht vergessen, die Beamten sind die Sehnen und die Knochen des Staates, und das zu sehen und zu würdigen, glaube ich, sollten wir uns
auch in Erinnerung rufen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Herr Prof. Mayr, in dieser Hinsicht sind Sie ein paradigmatischer Beamter besten Sinnes, wie es in Österreich schon ewig Tradition hat, also insofern meine höchste Gratulation – und auch dem Herrn Finanzminister, dass Sie diesen Mann


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so gut beschäftigen konnten, wirkliche Gratulation dafür. (Beifall bei
der ÖVP.)

Warum aber nicht 25 Prozent? – Kollege Kopf hat gesagt: Ein Hochsteuerland sind wir. – Ich möchte über Steuern sprechen, und da gibt es ein gewis­ses Problem. Hans Karl Schneider, ein großer deutscher Ökonom, hat, glaube ich, gesagt: Wenn man mehr als die Hälfte seines Einkommens dem Staat zur Verfügung stellt, dann denkt man mehr darüber nach, wie man Steuern sparen kann, bevor man Geld verdient. – Das wäre natürlich gefährlich.

Man muss sich schon überlegen: 15 Prozent, das ist ganz gut, bei 30 Prozent wird man dann schon ein bisschen nervös. Es ist auch ein gutes Zeichen, dass wir bei den Steuerreformen und auch mit der Abschaffung der kalten Progres­sion dafür gesorgt haben, dass die Steuerlast nicht mehr so groß ist.

15 Prozent bei den Konzernen – da ist ja im Vergleich zu dem, was wir an Ein­kommensteuer zahlen, ein großer Unterschied. Dass wir die Steuerlast
senken, könnte dazu führen, dass wir doch mehr einnehmen, weil dann die Leute mehr an das Geldverdienen denken, und zum Schluss bekommen wir doch
mehr.

Vielleicht ist das also ein kleiner Hinweis darauf, dass wir in zukünftigen Zeiten, wenn wir dann wieder eine größere Produktivität haben, auch mit einem niedrigeren Steuersatz glücklichere Österreicherinnen und Österreicher schaf­fen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Josef Smolle. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.13.59

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe auf den Abänderungsantrag ein, der die Preisge­staltung bei den Arzneimitteln betrifft.


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Wie kommt denn ein Arzneimittel auf den Markt und wie läuft es dann mit dem Preis? (Abg. Loacker: Wie kommt das in den Finanzausschuss?) – Zuerst gibt
es einen Originalanbieter, das ist die Firma, die das entwickelt hat, die Geld in die Forschung investiert hat. Die kommt dann mit einem neuen Medikament auf
den Markt, mit einem meistens vertretbaren, aber doch hohen Preis.

Wenn der Patentschutz ausgelaufen ist – meistens nach einigen Jahren (Abg. Loacker: ... den Abänderungsantrag schon ...?) –, dann kommen Konkurrenz­anbieter mit Generika oder Biosimilars. Da führen wir eine Regelung weiter, die dann zu einer Preisreduktion führen muss. Kommt das erste Konkurrenz­präparat, gehen die Preise deutlich hinunter, ebenso beim zweiten und beim dritten Konkurrenzpräparat, bis man dann bei einem gewissen Preisni­veau angekommen ist, das weniger als die Hälfte des Ausgangspreises oder sogar nur ein Drittel des Ausgangspreises ausmacht – eine an und für
sich wirklich sehr vernünftige Regelung.

Wenn man einmal in diesem Bereich ist und das realisiert hat, dann gilt ein so­genanntes Preisband von 20 Prozent. Das heißt, alle Anbieter, die sich
bei maximal 20 Prozent über dem Billigstanbieter befinden, bleiben im Erstat­tungskodex der Sozialversicherung und werden nicht hinausgeworfen.
Das hat den Vorteil, dass wir uns nicht von einem einzelnen Billigstanbieter abhängig machen, sondern durchaus mehreren Anbietern, auch aus Österreich und aus Europa, eine Chance geben, auf dem Markt zu bleiben. Das dient der Arzneimittelsicherheit.

Diese Abstufungen werden nach zwei Arzneimittelgruppen differenziert. Da gibt es einmal die eher einfachen chemischen Wirkstoffe, da nennt man die Konkurrenzpräparate dann Generika, da wird stark abgestuft, und dann gibt es komplexe Moleküle, sogenannte Biologika, schwieriger nachzubauen,
und da sind die Abschläge etwas geringer. Dass man so differenziert, ist sehr vernünftig.

Ich sage nur dazu: Die Biologika sind neue Substanzen aus den letzten
15 bis 20 Jahren, die einen ungeheuren Durchbruch gebracht haben, und bei


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vielen Erkrankungen, bei denen ich jahrzehntelang erlebt habe, dass sie
fast unweigerlich tödlich verlaufen sind, können nun viele gute Lebensjahre in hoher Qualität, oft auch Heilungen, bewerkstelligt werden.

Man kann jetzt darüber diskutieren: Sind diese Abschläge zu hoch, sind sie zu niedrig? Macht man nur geringe Abschläge, könnte man sagen: Nein, zu
gering, wir könnten uns ja mehr Geld ersparen!, macht man aber die Abschläge zu hoch, dann kann es passieren, dass gar keine Konkurrenzanbieter
kommen, man am Originalpreis hängenbleibt und für die Allgemeinheit über­haupt keine Kostenreduktion hat.

Man hat hier jetzt ein ausgewogenes Modell, das wir so fortführen werden. Das ist wirklich auch im Interesse der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln.
Ich bitte um Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Mag. Gerhard Kaniak zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.17.31

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! (Abg. Hanger: Jetzt kommt der Lobbyist!) Abgeordneter Smolle hat gerade ausgeführt, dass der
in Verhandlung stehende Abänderungsantrag die Preisbandregelung betreffe.

Ich berichtige tatsächlich: Es handelt sich um eine unter § 30a Abs. 1 neu ein­geführte Richtlinie betreffend Parallelimporte – und nicht betreffend
Generika oder Biosimilars. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist
nicht der Fall.


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Meine Damen und Herren! Da umfangreiche Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträge sowie Verlangen auf getrennte Abstimmung vorliegen
und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmungen nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung zu den Tagesordnungspunk­ten 5 und 6 bis nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 8 und 9.

Die Abstimmungen über die Punkte 2 bis 4 der Tagesordnung werden
ebenfalls mitverlegt.

Wir fahren in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.18.337. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebüh­rengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz
und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformge­setz 2023 – GemRefG 2023) (2380 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


13.18.55

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem sehr geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer, sowohl jene im Saal als auch jene, die sich
die Übertragung anschauen! Vor rund vier Jahren – da haben wir noch nicht hier getagt, sondern noch im Großen Redoutensaal –, kurz vor der Bildung der Regierung Kurz/Kogler, habe ich vor allem meine Freunde von der grünen Frak­tion recht harsch kritisiert, dass sie vorsichtig sein müssen und eher Nein
als Ja sagen müssen.


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Viele meiner persönlichen Freundinnen und Freunde, die zum Teil auch Funktionärinnen und Funktionäre der Grünen sind, haben mich damals gefragt: Warum kritisierst du die Grünen so? – Ich habe gesagt: weil sie in dieser Koalition – damals mit Sebastian Kurz – in eine Falle geraten, in der sie am Ende alles an ihrer politischen Seele verkaufen müssen.

Leider habe ich recht behalten, denn die Kolleginnen und Kollegen der
grünen Fraktion werden bei diesem Tagesordnungspunkt in ein paar Minuten aufstehen. Sie werden darüber hinwegsehen, dass sie dringend gemahnt
worden sind, dieser Orbanisierung (Abg. Hörl: Hallo, hallo! – Abg. Hanger: Geh bitte!) in unserem Gesetzessystem Einhalt zu gebieten. (Abg. Niss: Entschuldigung, das ist ...!) Ich erinnere an die Kritik, die allein Greenpeace genannt hat,
gebeten hat, gefleht hat, vor dem Finanzausschuss: Ändert das ab! (Zwischenruf der Abg. Reiter.)

Aber nein! Es wird jetzt ein System geschaffen, bei dem Verwaltungsbeamte
unter der Weisungskette des einzelnen Ministers darüber entscheiden, ob zum Beispiel ziviler Protest noch stattfinden kann oder nicht. (Abg. Taschner: Ha­haha! – Abg. Hanger: Geh bitte! – Ruf bei der ÖVP: Überleg dir einmal was Gschei­tes!) Wenn Greenpeace etwas an einer Hausfassade aufhängt und wieder­holt Verwaltungsstrafen stattfinden, was passiert dann? Das habt ihr euch nicht überlegt im Zusammenhang mit dem Aufstehen hier. Darüber habt ihr nicht nachgedacht. (Abg. Schwarz: Da hätten wir schon nachgedacht! – Abg. Weratsch­nig: Bitte nachlesen, Herr Kollege!)

Das ist ja noch der geringste Fall, ihr könntet es ja auch absichtlich gemacht ha­ben. (Abg. Reiter: Lest es!) Spätestens aber, als die Protestierer von der Süd­autobahn in Untersuchungshaft genommen wurden, als dann eine Weisung – rechtswidrig, denn sonst hätte das Gericht ja nicht sofort die Enthaftung beschlossen (Abg. Reiter: Sie sind nicht am aktuellen Stand!) –, als vom Ministerium der Alma Zadić die Weisung kam, das in Rechtskraft erwachsen zu lassen,
hättet ihr schon hellhörig werden müssen. Dass der Mafiaparagraf, 278 StGB, angewendet werden soll: Da hätten alle Alarmglocken bei euch läuten


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müssen. (Abg. Bürstmayr: 278a, Herr Kollege!) Schon die Tierschützer wurden jahrelang in Wiener Neustadt in einen ruinösen Prozess geschickt. Ihr
hättet erkennen müssen, was passiert. (Abg. Tomaselli: Ja, wer hat ... Paragrafen beschlossen? ... Paragrafen ... beschlossen!)

Ich weiß schon, die alte Steigerungsform Feind – Todfeind – Parteifreund gehört eigentlich durch Feind – Todfeind – Koalitionspartner ersetzt. Aber: Nein
zu sagen hättet ihr in den vier Jahren lernen können (Abg. Tomaselli: Ja, ja, ja!); einfach Nein sagen!

Ich weiß, dass es schwierig ist. Ich war von Anfang an bei den Scheinver­handlungen mit Wolfgang Schüssel 2002 dabei (Abg. Schwarz: Nein sagen habt ihr gut gelernt, ja! Sonst gar nichts!), bei allen Regierungsverhandlungen. Man
muss diese Menschen mit ihren Vorhaben stoppen! (Ruf bei den Grünen: ... eine Vergangenheitsbewältigung, oder was?) Und ihr habt versagt, weil ihr diesem Gesetz die Zustimmung gebt.

Der Abänderungsantrag ändert gar nichts daran. Welche Absurdität: Die Behör­de, die sagt: Du fällst nicht mehr rein!, entscheidet selbst über die aufschie­bende Wirkung, weil es voraussichtlich keine Aussicht hat? – Bitte, wo sind wir denn in einem Rechtsstaat? (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Wieso schafft
ihr nicht ordentliche Verhältnisse? Wieso lasst ihr es zu, dass Verwaltungsstrafen Grundlage für die Frage der Gemeinnützigkeit sind? (Abg. Reiter: Lesen Sie einmal ordentlich nach!) Das habt ihr euch entweder nicht überlegt – das ist die netteste Form – oder ihr habt es endgültig abgegeben. Das täte mir dop­pelt leid, denn dann hätte ich nämlich mit meinen mahnenden Worten von vor vier Jahren im Großen Redoutensaal noch mehr recht gehabt.

Ich hoffe auf eine Auferstehung der Grünen. (Abg. Wurm: Haha... eure Wähler!) Einfach Nein sagen – möglicherweise müsst ihr es dann beenden, aber die
GP ist sowieso zu Ende. Zieht die Konsequenz, bleibt heute sitzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bürstmayr: Das grenzt ja an ...! Lern einmal ein Gesetz lesen, bitte!)

13.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 200

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Andreas Hanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.23.30

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesfinanz­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kollege Matz­netter, nur eine ganz kurze Replik: Das, was Sie hier ausgeführt haben, hat mit der Realität gar nichts zu tun (Ruf bei der ÖVP: Das ist eh normal!), da wir
dieses Gesetz ja über Wochen intensiv verhandelt haben. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich will mich aber gar nicht näher mit Ihnen beschäftigen, sondern ich will
mich mit dem Gesetz an und für sich beschäftigen und möchte es einleitend ein­mal in die große Diskussion einordnen, die wir jetzt über viele Wochen
und Monate geführt haben.

Wir haben in Österreich die Situation, dass wir drei Millionen ehrenamtliche Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Das ist ein Wert, das ist ein Schatz,
der nicht hoch genug einzuschätzen ist, und das sage ich hoffentlich fraktions­übergreifend.

Wir haben bei uns in Österreich mit immerhin 250 000 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern den Sektor der Gemeinnützigkeit, der in unserer Republik eine unglaublich wichtige Arbeit macht. Die Intention all dessen, was wir in den letzten Wochen und Monaten getan haben, war, genau diesen Sektor, genau die freiwillige, ehrenamtliche Arbeit in Österreich zu stärken.

Wir haben ein Freiwilligengesetz auf den Weg gebracht, das unter anderem das freiwillige soziale Jahr stärkt; wir loben einen Staatspreis für Freiwilligkeit
aus; wir haben die Freiwilligeninfrastruktur auf Bundes- und Landesebene ge­stärkt; wir haben in der letzten Parlamentssitzung ein Gesetz auf den
Weg gebracht, mit dem wir unsere Rettungsdienstorganisationen massiv stär­ken – alle sieben sind übrigens zur Stunde zusammengekommen und


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haben dieses Gesetz noch einmal erörtert, auch stark getragen vom ehrenamt­lichen Engagement. Und wir haben – das ist wahrscheinlich das größte
Paket – ein Gemeinnützigkeitsreformgesetz auf den Weg gebracht.

Die Intention dieses Gesetzes war und ist, den gemeinnützigen Sektor mit seinen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
zu stärken. Wie machen wir das? – Indem wir indirekte Unterstützung geben: Wir weiten die Spendenabzugsfähigkeit aus.

Ich sage es ganz offen: Wir haben lange verhandelt. Ich kann mich an die Gespräche mit Frau Kollegin Blimlinger noch sehr gut erinnern. Wir haben auf Basis des Regierungsprogramms begonnen, dieses Thema zu diskutieren,
weil schon im Regierungsprogramm verankert ist: Wir überlegen, wir evaluieren eine „Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit“. Und ich bin schon sehr stolz,
dass am Ende des Tages ein großer Wurf herausgekommen ist, nämlich dass wir die Spendenabsetzbarkeit auf alle gemeinnützigen Träger ausweiten – auf
alle. – Frau Kollegin Blimlinger, ich stehe nicht an, und ich möchte es auch tun, zu sagen: Es war immer deine Intention und deine Idee, es in einer Breite
zu machen, die wirklich Kraft im Sektor hat – und das gelingt jetzt. Darauf kön­nen wir gemeinsam schon sehr stolz sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten von Grünen und NEOS.)

Es sind viele Detailfragen diskutiert worden, denn man hat eine politische Idee, wir müssen uns aber natürlich auch die Vollziehung überlegen. Wir haben
sehr gut überlegt, wie wir das System so gestalten, dass es nicht miss­brauchsanfällig ist. Es ist ein für den gemeinnützigen Sektor großzügiges System, aber wir brauchen auch einen Rahmen, in dem es sich bewegt.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen will, hat mich persönlich sehr beschäftigt: Wir haben jetzt im Gesetz auch eine sogenannte kleine und große Freiwil­ligenpauschale verankert. Ich sage es Ihnen ganz offen: Das war auch für mich persönlich ein Thema, das gar nicht so einfach zu beantworten ist, weil


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der Grundsatz gilt: Ehrenamt muss immer Ehrenamt bleiben, denn wenn wir Eh­renamt zu bezahlen beginnen, dann wird es irgendwann einmal schwierig.
Wir verändern dann das Ehrenamt im Wesen.

Es gab aber hier im Parlament im Zuge eines Freiwilligenprozesses auch die Aus­sage: Wenn durch das Ehrenamt Aufwände entstehen, sollen diese Auf­wände abgegolten werden! – Das gelingt uns jetzt auf eine aus meiner Sicht sehr ausgewogene Weise im Rahmen einer kleinen Freiwilligenpauschale – wir
reden von 100 Euro Aufwandsersatz pro Monat –, aber auch einer großen Frei­willigenpauschale: 250 Euro pro Monat, einkommensteuerfrei und sozial­versicherungsfrei, zum Beispiel für mildtätige Organisationen, für Menschen, die intensiv im Katastropheneinsatz tätig sind, für Übungsleiter; wir meinen
damit auch Kapellmeister, Chorleiter und so weiter, aber immer mit einer Grenze von 250 Euro und immer als Aufwandsersatz gedacht. Das ist schon auch
ein wichtiger Schritt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Blimlinger.) – Danke sehr.

Ich möchte mich abschließend, weil es für mich schon ein großer Wurf ist
und wir uns über Monate intensiv damit auseinandergesetzt haben,
wirklich auch bedanken; in allererster Linie natürlich bei den Experten, die ein­gebunden waren – da war viel Fachwissen notwendig. (In Richtung Galerie:) Günther Lutschinger ist, glaube ich, heute hier, ich möchte aber
auch Stefan Wallner nennen, den Geschäftsführer vom Bündnis
für Gemeinnützigkeit, Peter Kaiser vom Roten Kreuz und viele andere – es
gibt ja auch diesen Spendenbeirat.

Ich möchte mich noch einmal explizit beim Koalitionspartner, bei Kolle­gin Blimlinger für sehr, sehr konstruktive, allerdings auch sehr, sehr
lange Gespräche bedanken, die wir jetzt, glaube ich, wirklich in einem sehr ausgewogenen Gesetzespaket formuliert haben. Ich möchte mich aber
auch beim Finanzministerium bedanken, bei dir natürlich, Herr Finanzminister, zu allererst, aber auch bei deinen Fachsektionen – Prof. Mayr wurde heute
schon mehrmals im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesmaterie ge­lobt –; auch da war unglaublich viel Fachwissen notwendig, um dieses


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Gesetz auch in der Vollziehung auf den Weg zu bringen. Ich möchte mich, Herr Finanzminister, auch bei deinem Kabinett bedanken, insbesondere bei Lilly
Kunz. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel Zeit gemeinsam ver­bracht, und ich glaube, dass wir wirklich ein gutes Gesetz auf den Weg bringen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter
Maximilian Linder. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.29.08

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen, sehr geehrte Zuhörer! Das Gemeinnützigkeitsreformgesetz findet absolut unsere Zustimmung, wir werden voll dahinterstehen. Es wurde
von Kollegen Hanger schon sehr viel erwähnt und hervorgehoben: zum einen die Ausweitung der Spendenbegünstigten beziehungsweise die Erleichterung für
die Spendenbegünstigung, auch bei Bildung und Sport. Der Zugang zur Spenden­begünstigung wird vereinfacht.

In diesem Zusammenhang ist es mir schon sehr wichtig, anzumerken, dass vonseiten der Freiheitlichen Partei, speziell von unserer Sportsprecherin Petra Steger, schon unzählige Anträge zu diesem Thema eingebracht wurden,
die leider immer wieder von den Regierungsparteien schubladisiert wurden, ver­tagt wurden, wodurch man bisher eigentlich viel an möglichen Spenden
verloren hat beziehungsweise die Möglichkeit, spenden zu lukrieren, nicht um­gesetzt werden konnte.

Zum Thema der einkommensteuerfreien Freiwilligenpauschale: Auch das, glaube ich – und da spreche ich jetzt als Bürgermeister aus der Praxis –, ist ein
ganz, ganz wichtiger Bereich, und ich darf vielleicht ein kleines Beispiel nennen: In einer Nachbargemeinde hat ein Traditionschor, in dem auch ganz viele
junge Sänger mitwirken, plötzlich den Chorleiter verloren, da dieser verstorben


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ist. Dann bestand die Schwierigkeit, wo sie einen Chorleiter finden.
In der kleinen Gemeinde war niemand zu finden, im Bezirk war niemand zu finden – und dann wird jemand Chorleiter, der aber viele Kilometer an­reisen muss, viel Zeit aufwenden muss, um diesen Chor weiterzuführen. In einem solchen Fall ist es wirklich möglich, mit dieser kleinen Freiwilli­genpauschale drüberzuhelfen und zu ermöglichen, dass der Chor bestehen bleibt und somit die jungen Leute auch die Bindung an das Dorf erleben.

In Summe ist es ein sehr gutes Gesetz. Es geht bei dieser steuerfreien Pauschale wirklich nicht darum, ein steuerfreies Einkommen zu bekommen, sondern
darum, das Freiwilligenamt zu unterstützen. Wir freuen uns, dass da­mit eine langjährige Forderung von uns Freiheitlichen umgesetzt wurde. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete
Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.31.43

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auch auf der Galerie! Es freut mich außerordentlich, dass wir heute hier ein Gesetz beschließen
werden, das wirklich eine ganz grundlegende Wende in der Berücksichtigung des gemeinnützigen Sektors bedeutet. Sehr oft wird ja auf die Dualität Staat –
privat Bezug genommen, ohne dass dabei dieser Bereich des Gemeinnützigen überhaupt einbezogen wird. Das ist einfach der dritte Sektor, der immer
stärker wächst und natürlich auch volkswirtschaftlich gesehen ganz zentral ist.

Österreich ist ein Land der Vereine. Die Österreicher und Österreicherin­nen lieben Vereine: Es gibt ungefähr 125 000 Vereine und ungefähr vier Millio­nen Mitglieder – oder 3,8 Millionen, das variiert, ganz genau wissen wir
es ja nicht. Österreich hat damit die höchste Vereinsdichte in ganz Europa. Jeder


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ist gern ein Vereinsmeier, ein Funktionär, eine Funktionärin. Ein Verein
ist in Österreich relativ einfach zu gründen: Man muss auf den sogenannten Nichtuntersagungsbescheid warten – ein Relikt aus dem Jahr 1848;
auch diesbezüglich könnten wir uns einmal verständigen, tätig zu werden.

Bis dato war es so – Kollege Hanger hat es schon angesprochen –,
dass es höchst kompliziert war, wie Spendenabsetzbarkeit zustande kommt. Im Bereich Kunst und Kultur – und das hat mich besonders motiviert und
eben immer sehr für eine große Lösung eingenommen – war es zum Beispiel so, dass nur Spenden an jene gemeinnützigen Organisationen absetzbar wa­ren, die schon eine staatliche Förderung bekommen haben, wobei die, die keine bekommen haben, sie natürlich zum Teil notwendiger gebraucht hätten.
Man wollte allerdings nicht, dass das Finanzamt darüber entscheidet, was Kunst und Kultur ist, und hat daher diese Lösung gefunden.

Zu den Anmerkungen von Herrn Kollegen Matznetter betreffend Weisungsge­bundenheit: Ja, so ist es eben in einem funktionierenden Rechtsstaat. Ich
bin froh, dass es eine Weisungsbindung gibt, und ich kann mir kaum vorstellen, dass dem Finanzamt in Einzelfällen eine Weisung erteilt wird, zu sagen:
Der oder die darf nicht spendenbegünstigt sein. – Was da gesprochen wird, ist einfach kompletter Unsinn. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt dieses schon erwähnte Freiwilligenpauschale, und dabei geht es darum: Natürlich muss Ehrenamt bleiben, aber es muss auch klar sein, dass man,
wenn man ohnedies selber schon die Arbeit investiert, dann nicht auch noch zusätzliche Kosten wie zum Beispiel Reisekosten tragen muss, weil man
als Ehrenamtlicher wo teilnehmen will.

Insgesamt sind es rund 3,7 Millionen Menschen, die sich freiwillig engagieren, und es entsteht dadurch eine Bruttowertschöpfung von ungefähr 11,5 Milliarden Euro.

Mit diesem heutigen Gesetz – für das ich sehr inständig um breite Zustimmung bitte, weil es wirklich ein absoluter Meilenstein für diesen dritten Sektor ist –


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gibt es in Zukunft Rechtssicherheit, und es ist zum ersten Mal so, dass zwar nicht die Gemeinnützigkeit, aber die Spendenabsetzbarkeit per Bescheid festge­stellt wird. Es gibt – wie Sie sehen, wenn Sie den Abänderungsantrag lesen, Kol­lege Matznetter – auch die aufschiebende Wirkung. Es ist also alles ganz
in Ordnung und aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht ist alles wirklich super.

An dieser Stelle möchte ich mich wirklich bedanken – wir haben das nahe­zu drei Jahre lang verhandelt. Es war ein bisschen eine Folge von Corona, als Kollege Hanger und ich schon den Non-Profit-, also den NPO-Fonds verhandelt haben. Damals haben eigentlich alle gesagt: Wovon redet ihr da? Warum brauchen die Geld? Die Vereine, wer ist das überhaupt, wie geht das überhaupt? Und eine Folge dieses NPO-Fonds ist sozusagen jetzt der Beschluss dieses Gesetzes, über den ich mich besonders freue.

Mein Dank geht an Andreas Hanger und insbesondere an Lilly Kunz aus dem Fi­nanzministerium. Sie waren diejenigen, die immer wieder neue Versuche gemacht haben, und ich glaube, wir haben das mit all denen, die schon erwähnt worden sind, wirklich wunderbar geschafft. Herzlichen Dank!

Im Übrigen bin ich der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei Grünen
und ÖVP.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Mag.a Martina Künsberg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.36.33

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für die Bildung ist ja nicht oft ein guter Tag – man kann sich nicht sehr oft über Maßnahmen in diesem
Bereich freuen –, aber heute ist, glaube ich, ein sehr erfreulicher Tag. Die Ausweitung der Spendenbegünstigung auch auf den Schulbereich,
auf Schulinitiativen ist wirklich ein großer Wurf, und ich finde das sehr, sehr großartig.


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Wir NEOS haben uns seit vielen Jahren für die Spendenbegünstigung eingesetzt, waren da auch in gutem Kontakt – das möchte ich auch erwähnen – mit Kol­legen Hanger. Auch vielen Dank!

Warum ist die Ausweitung der Spendenbegünstigung auf den Schulbereich so wichtig? – Weil, wie wir ja gestern von unserem Bildungsminister auch ein­drucksvoll dargestellt bekommen haben, aus dem System relativ wenig Innova­tion kommt und wir NEOS sehr, sehr stark davon überzeugt sind, dass Bildungsinnovationen natürlich ganz, ganz stark von externen Initiativen, von Vereinen, von Stiftungen getrieben werden. Deswegen erwarten wir uns
künftig auch deutlich mehr an Initiativen und Innovationen, die in den Schulbe­reich kommen werden. Das ist sehr, sehr positiv, und wir glauben auch,
dass es wichtig ist, dass sich mehr Leute beteiligen, wenn es um den wichtigen Bereich Kinder und Jugendliche geht.

Ich möchte mich an dieser Stelle sehr, sehr herzlich bei allen Bildungsinitiativen, die es bereits gibt, bedanken – ohne Sie, ohne euch wäre all das, was be­reits jetzt in vielen Bereichen geht, nicht möglich (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP), wie etwa in der Chancenfairness –, und ich freue
mich auf alle, die dieses Gesetz abgewartet haben und jetzt etwas Neues begin­nen werden, etwas Neues aufsetzen werden. Das wird sehr, sehr gut werden.

Was wir schade finden, ist, dass die freien Schulen im Gegensatz zu den konfes­sionellen Schulen nicht bedacht sind. Das ist schade, und man wird sich viel­leicht überlegen können, ob man diese in einem weiteren Schritt, wenn man das Gesetz einmal novelliert, dann auch mitnimmt.

Was wir sehr, sehr kritisch sehen – und deswegen beantragen wir in zweiter Le­sung getrennte Abstimmung –, ist dieses Freiwilligenpauschale, das Sie
jetzt einziehen, weil wir eben glauben, dass es die kleineren Vereine gegenüber den großen benachteiligen wird. Die können sich das wahrscheinlich
nicht so locker leisten wie große, die auch staatliche Unterstützung bekommen. Deswegen sind wir da sehr, sehr dagegen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

13.39



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 208

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Mag­nus Brunner. – Bitte, Herr Bundesminister.


13.39.24

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das ist heute wirklich ein spezieller Tag im Parla­ment – das wird eigentlich zu wenig gewürdigt und kommt fast zu kurz –:
Es ist heute ein historischer Finanzausgleich beschlossen worden. Es ist ein rie­siges Start-up-Paket beschlossen worden. Die globale Mindestbesteue­rung ist umgesetzt worden. Und jetzt folgt noch einmal ein riesengroßes Paket (Abg. Belakowitsch: Da muss es ja ganz super toll laufen im Land!), bei dem
es um das Ehrenamt, um die Gemeinnützigkeit und um die Spendenabsetzbar­keit geht.

Wir haben in Österreich die Situation, dass rund 3,3 Millionen Menschen ehrenamtlich, freiwillig tätig sind. Ich als Finanzminister kann das entsprechend nüchtern in trockenen Zahlen ausdrücken: Dieser sogenannte dritte Sektor,
wie er oft genannt wird, also die Arbeit im gemeinnützigen, auch im freiwilligen Bereich, von Freiwilligenorganisationen trägt in Österreich rund 10,3 Mil­liarden Euro zur Wertschöpfung bei. Das entspricht etwa 4 Prozent unseres BIPs. Das ist doch gewaltig! Die Leistungen, die damit für unsere Gesell­schaft insgesamt erbracht werden, sind eigentlich sprichwörtlich unbezahlbar, wenn man ehrlich ist. Der Bundesregierung ist es daher ein besonderes Anliegen, dieses freiwillige Engagement bestmöglich zu unterstützen.

Ich möchte mich wirklich ganz speziell bei Abgeordnetem Hanger und bei Abge­ordneter Blimlinger, die das intensiv verhandelt haben, bedanken. Sie ha­ben gemeinsam mit meinem Haus, mit den Expertinnen und Experten im Finanz­ministerium, aber auch mit all den Organisationen verhandelt. Sie sind
relativ häufig in unserem Haus ein- und ausgegangen, um das ganz konkret, mit großer Wertschätzung zu verhandeln. Bei all den beteiligten Personen


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möchte ich mich ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeord­neten Disoski und Fischer.)

Wir haben ja in diesem Bereich in den letzten Monaten und Jahren bereits einiges auf den Weg gebracht. Abgeordneter Hanger hat es erwähnt, wir haben im Vorjahr weiters beispielsweise das Katastrophenfondsgesetz novelliert,
den Feuerwehren zusätzlich 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt,
oder eben, wie Herr Abgeordneter Hanger erwähnt hat, das Freiwilligengesetz beschlossen, das im Juli in Kraft getreten ist. Wir haben in der letzten Ple­narsitzung beispielsweise das Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unter­stützungsgesetz auf den Weg gebracht. Es sind in den letzten Wochen
und Monaten also wirklich viele Dinge passiert. Das heute ist sozusagen der Höhepunkt dieser umfassenden Bemühungen.

Wir wissen natürlich alle, dass die gemeinnützige Arbeit selbstverständlich eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft ist, und umso mehr und umso erfreulicher ist es natürlich, dass das heute wirklich eines der umfassendsten Gemeinnützigkeitspakete der österreichischen Geschichte ist, wenn man ehrlich ist. Ich will nicht übertreiben, aber heute ist wirklich – auch in diesem Zusam­menhang – ein besonderer Tag. Dass es eines der umfassendsten Pakete ist, das sagen ja nicht wir, sondern das sagt beispielsweise das Bündnis für Gemein­nützigkeit, also die Organisationen selber, die davon betroffen sind.

Das Spendenaufkommen – um ein paar Zahlen einzuwerfen, um zu veranschau­lichen, wie wichtig das ist – betrug im Vorjahr rund 1,1 Milliarden Euro.
Das ist auf jeden Fall ein Rekordwert und auch angesichts der doch schwierigen Situation, der Herausforderungen der letzten Jahre, bemerkenswert. Mit
der Spendenabsetzbarkeit setzen wir durchaus ein wichtiges Zeichen der Aner­kennung, der Förderung auch des privaten Engagements, und – und das
kommt dazu – die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ersparen sich dank dieses neuen Pakets jährlich über 100 Millionen Euro.


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Wir haben uns gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Gemeinnützig­keitsbereiches um diese umfassende Reform bemüht, mit der wir auf der
einen Seite den Kreis der Begünstigten erweitern, aber auch die Voraussetzun­gen für den Zugang insgesamt erleichtern.

Man hat in der Vergangenheit die Situation gehabt, dass die Abzugsfähigkeit schrittweise um einzelne Zwecke erweitert worden ist. Das jetzt ist
aber ein ganz anderer Zugang, weil wir nunmehr generell an die Gemeinnützig­keit anknüpfen, und dadurch können, und auch das ist eine Zahl, die, glau­be ich, wichtig ist, potenziell rund 45 000 zusätzliche Organisatio­nen in den Kreis der begünstigten Organisationen aufgenommen werden.

Es wurde von den Damen und Herren Abgeordneten erwähnt: Der gesamte Bil­dungsbereich ist jetzt auch erfasst. Das soll, das haben wir ja im Ausschuss bereits diskutiert, natürlich nicht die notwendigen staatlichen Investitionen in die Bildung ersetzen. Es geht rein darum, zusätzliches Engagement auch finan­ziell zu honorieren und zusätzlich möglichst viel – das hat die Abgeordnete der NEOS vorhin gesagt – an Innovationen zu ermöglichen.
(Beifall bei der ÖVP.)

Der gesamte Bereich des Sports ist nunmehr umfasst, und ich verstehe die Kritik nicht ganz. Ich bin Mitglied eines mittelgroßen Tennisklubs, also selbstverständlich wird der davon profitieren. Es geht nicht nur um die Großen, sondern selbstverständlich profitieren auch kleine Vereine entsprechend.
Für den
Sport auf der einen Seite und die Kunst und Kultur – das wurde ange­sprochen – auf der anderen Seite ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten,
die durch dieses Gesetz zum Tragen kommen.

Vielleicht auch noch ein kurzer Satz zum Freiwilligenpauschale, um das es vorhin schon gegangen ist: Zusätzlich zur Ausweitung der Begünstigung werden in Zukunft auch Zahlungen von gemeinnützigen Organisationen an ihre freiwilligen Helfer steuerfrei sein. Es wird ein kleines und eine großes Freiwilligenpau­schale geben. Da geht es nicht darum, irgendwelche Lohnzahlungen


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zu umgehen, ganz im Gegenteil, es geht ausschließlich darum, ehrenamtliche Arbeit zu erleichtern, weil, und auch das wurde bereits erwähnt, Ehren­amt natürlich Ehrenamt bleiben muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Noch drei Sätze zum Missbrauch, weil das in der Diskussion oft gekom­men ist: Wir müssen neben der Ausweitung und neben dem vereinfachten Zu­gang auch besser vor Missbrauch schützen. Es geht natürlich um das
Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und daher braucht es auch klare Regeln, was die Voraussetzungen für die Absetzbarkeit betrifft. Da geht
es um Vertrauensschutz für die Spenderinnen und Spender, der natürlich ge­wahrt werden muss.

Organisationen, deren Verhalten einfach nicht im Einklang mit der öster­reichischen Rechtsordnung steht, werden von dieser Spendenbegünstigung Gott sei Dank ausgeschlossen.

Wir haben uns die kritischen Rückmeldungen selbstverständlich ganz genau angeschaut, vor allem die sachlich begründeten Rückmeldungen, insbesondere, das haben wir schon diskutiert, die von Prof. Mayer betreffend die auf­schiebende Wirkung – also der andere Prof. Mayer, nicht Sektions­chef Prof. Mayr –, und auch entsprechende Änderungen vorgenommen, weil wir solch sachliche Kritik selbstverständlich ernst nehmen. Rechtssicherheit ist gerade in diesem Zusammenhang ganz entscheidend.

Klar aber ist auf der anderen Seite, dass die Möglichkeit zur Absetzung nur be­stehen kann, wenn es um Organisationen geht, die sich im Rahmen des demokratischen Rechtsstaates bewegen, und damit wird, wie ich vorhin erwähnt habe, auch das Vertrauen der Spenderinnen und Spender geschützt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Berechnungen haben ergeben, dass aufgrund der Maßnahmen das Spendenvolumen um rund 250 Millionen Euro pro


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Jahr steigen wird. Für die gemeinnützigen Organisationen in Österreich, die na­türlich gegenwärtig die Teuerung spüren, bedeutet dieses Gemeinnützi­genpaket eine massive Erleichterung.

Noch einmal: Das ist ein historischer Tag für die Republik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Dr.in Maria The­resia Niss. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.48.25

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Als letzte Rednerin zu diesem Thema darf ich meine ganz besondere Freude über den heutigen Beschluss des Ge­meinnützigkeitspakets ausdrücken. Ein solches fordern wir ja mittlerweile seit Jahren. Das nun vorliegende ist das größte Paket seit dem Gemeinnützig­keitspaket unter Bundesminister Pröll.

Es kommt zu einer massiven Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit, in Zukunft sind alle Bereiche erfasst, die die Allgemeinheit fördern, und das umfasst
auch, wie heute schon öfters angesprochen, die Bereiche Bildung, Sport oder auch Demokratie, denn, und das ist ganz interessant zu wissen, früher
konnte man zwar eine Schule in Indonesien fördern, weil das dem Thema Mild­tätigkeit unterworfen werden konnte, aber nicht eine Schule in Favoriten
oder im Zillertal. Gerade im Bereich der Bildung ist es eine Investition
in die Chancengerechtigkeit, denn diese Spenden werden vor allem an Schulen fließen, die beispielsweise aufgrund eines hohen Migrantenanteils vor Herausforderungen stehen.

Wir finden es besonders schade, dass die SPÖ da heute nicht mitgeht. Herr Kol­lege Matznetter, Sie hören mir zwar jetzt nicht zu, aber Ihre Rede war
etwas diffus, wenn ich das so sagen kann (Abg. Zarits: Erbärmlich!), Sie haben sich


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überhaupt nicht auf das Thema konzentriert. (Abg. Zarits: Erbärmlich!) Ich verstehe das natürlich auch, weil das eigentlich ziemlich peinlich ist. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Haubner: Das stimmt!)

Die Reformen beziehen sich aber nicht nur auf die Ausweitung auf zusätz­liche Bereiche, sondern auch darauf, dass in Zukunft Vereine oder Stiftungen nicht eine dreijährige Wartefrist haben, sondern bereits nach einem Jahr berechtigt sind, die Spendenabsetzbarkeit zu beantragen, und es wird außerdem die Bürokratie reduziert – wichtige Schritte, um gute, mutige und inno­vative Initiativen zu unterstützen.

Auch die fixe Schranke von 500 000 Euro in einem Zeitraum von fünf Jahren wird aufgehoben, und das ist gut so, denn, meine Damen und Herren,
im Bereich Bildung werden momentan rund 35 Millionen Euro gespendet und da ist Luft nach oben. Rund 42 Prozent der Österreicher und Österreicherin­nen würden nach einer Umfrage Bildungszwecke unter der Voraussetzung, dass das eben steuerlich absetzbar ist, mit Spenden unterstützen.

Ein wesentliches Thema, das wir mit der Novelle auch reformieren, ist die erleichterte Gründung eines Endowments bei wissenschaftlichen Einrichtungen. Ein Endowment ist ein langfristiger Vermögensaufbau, aus dessen Erträ­gen mittelfristig Ausbildung oder auch Forschung finanziert werden sollen. Da­mit dieser Vermögensaufbau auch gelingt, müssen Vermögen und Erlöse
vorerst einmal investiert und in eine Rücklage gestellt werden. Da erhöhen wir die Prozentsätze für die Rücklage vor allem auch in den ersten Jahren.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei allen bedan­ken, die so stark für dieses Thema gekämpft haben, allen voran bei Andreas Hanger, bei Eva Blimlinger, aber auch beim Herrn Finanzminister – wie gesagt, das wurde auch bei früheren Finanzministern schon gefordert –, vor allem natürlich auch bei seinem Haus – Lilly Kunz wurde schon erwähnt, Sektionschef Mayr wurde schon erwähnt –, aber auch bei der gesamten Community,
Günther Lutschinger darf ich hier stellvertretend für alle ebenfalls erwähnen.


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Herzlichen Dank! Ich glaube, es ist uns ein ganz, ganz großes Paket
gelungen.

Ganz am Ende darf ich noch den schon erwähnten Abänderungsantrag ein­bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 2319 der Beilagen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 –
GemRefG 2023) – Top 7

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben zitierte Regierungsvorlage (2319 d. B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geän­dert:

1. In Z 1 lit. d (§ 3 Abs. 1 Z 42) wird die Wortfolge „im Zweifel“ durch das
Wort „insoweit“ ersetzt.

2. Z 2 (§§ 4a und 4b) wird wie folgt geändert:

„a) § 4a Abs. 3 Z 2 lautet:

„2. Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988;“

b) § 4a Abs. 5 wird wie folgt geändert:

„aa) In Z 3 wird das Wort „führenden“ durch das Wort „führende“ ersetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 215

bb) Die bisherige Z 5 erhält die Bezeichnung „6.“ und es wird folgende
Z 5 eingefügt:

„5. Erfolgt ein Widerruf wegen Wegfalls der Voraussetzung des Abs. 4, kommt der Beschwerde auf Antrag aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung ist nicht zu bewilligen, wenn die Beschwerde keine hinreichende Aus­sicht auf Erfolg hat. Bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, ist der Einrichtung
ein Zuschlag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 20% der ab dem
in Z 4 genannten Tag zugewendeten Beträge vorzuschreiben; die Einrichtung
ist verpflichtet, diese Zuwendungen zu dokumentieren.““

c) In § 4b Abs. 1 Z 2 wird der Verweis „§ 18 Abs. 1 Z 8 lit. a bis c“ durch
den Verweis „§ 18 Abs. 1 Z 8“ ersetzt.““

3. In Z 7 lit. c (§ 124b) wird in Z 441 lit. d der Verweis „§ 4a Abs. 5 Z 2 und 4“ durch den Verweis „§ 4a Abs. 5 Z 1 und 2“ ersetzt.

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 2319 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bun­desabgabenordnung, das Gebührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemein­nützigkeitsreformgesetz 2023 – GemRefG 2023) - Top 7


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 216

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben zitierte Regierungsvorlage (2319 d. B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 lit. d (§ 3 Abs. 1 Z 42) wird die Wortfolge „im Zweifel“ durch das
Wort „insoweit“ ersetzt.

2. Z 2 (§§ 4a und 4b) wird wie folgt geändert:

„a) § 4a Abs. 3 Z 2 lautet:

„2.  Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988;“

b) § 4a Abs. 5 wird wie folgt geändert:

„aa) In Z 3 wird das Wort „führenden“ durch das Wort „führende“ ersetzt.

bb) Die bisherige Z 5 erhält die Bezeichnung „6.“ und es wird folgende Z 5 eingefügt:

„5.  Erfolgt ein Widerruf wegen Wegfalls der Voraussetzung des Abs. 4, kommt
der Beschwerde auf Antrag aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wir­kung ist nicht zu bewilligen, wenn die Beschwerde keine hinreichende Aus­sicht auf Erfolg hat. Bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, ist der Einrichtung ein Zu­schlag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 20% der ab dem in Z 4 genann­ten Tag zugewendeten Beträge vorzuschreiben; die Einrichtung ist verpflichtet, diese Zuwendungen zu dokumentieren.““

c) In § 4b Abs. 1 Z 2 wird der Verweis „§ 18 Abs. 1 Z 8 lit. a bis c“ durch den Verweis „§ 18 Abs. 1 Z 8“ ersetzt.““

3. In Z 7 lit. c (§ 124b) wird in Z 441 lit. d der Verweis „§ 4a Abs. 5 Z 2 und 4“ durch den Verweis „§ 4a Abs. 5 Z 1 und 2“ ersetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 217

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Z 1 (§ 3 Abs. 1 Z 42)

Es soll eine Klarstellung erfolgen.

Zu Z 2 lit. a, lit. b sublit. aa sowie lit. c und Z 4 lit. a (§ 4a Abs. 3 Z 2 und Abs. 5 Z 3, § 4b Abs. 1 Z 2, § 124b Z 441 lit. d)

Es sollen Redaktionsversehen beseitigt werden.

Zu Z 2 lit. b sublit. bb (§ 4a Abs. 5 Z 5)

Mit der Regelung soll die Effizienz des Rechtsschutzes verbessert werden: Erfolgt ein Widerruf wegen Wegfalls der Voraussetzung des Abs. 4, soll der Beschwerde
auf Antrag aufschiebende Wirkung zukommen. Somit bleibt die Spendenbegünsti­gung während des Rechtsmittelverfahrens aufrecht und die Einrichtung
wird weiterhin auf der Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen ausgewiesen. Eine aufschiebende Wirkung soll aber nicht möglich sein, wenn der Widerruf aufgrund des Unterbleibens einer fristgerechten Meldung gemäß § 4a Abs. 5 Z 1 oder 2
erfolgt. Zudem soll die aufschiebende Wirkung mit Bescheid nicht zu bewilligen sein, wenn die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Bleibt die Beschwerde der Einrichtung ohne Erfolg und wird somit die Spendenbe­günstigung aberkannt, soll der Einrichtung – wie auch im Falle des § 18
Abs. 8 Z 4 lit. b – ein Zuschlag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 20% der ab
dem Tag des Widerrufs zugewendeten Beträge vorzuschreiben sein. Mit dieser Rege­lung soll in pauschaler und verwaltungsökonomischer Weise ein Ausgleich für
die Steuerminderung aufgrund der von den Spendern geltend gemachten Beträge erfolgen. Durch die aufschiebende Wirkung verbleibt die Einrichtung (vorerst)
auf der Liste und die Spenderinnen und Spender können weiter auf die Abzugsfähigkeit ihrer Spende vertrauen. Die – nur im Falle einer endgültigen Ab­erkennung der Spendenbegünstigung – eintretende Nachversteuerung gleicht diesen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 218

Vorteil aus und sorgt damit dafür, dass nicht allein durch das Ergreifen eines Rechtsmittels stets ein Vorteil besteht, sodass eine Gleichbehandlung mit anderen Einrichtungen, die die Voraussetzungen auch nicht erfüllen und denen daher
die Spendenbegünstigung nicht zuerkannt wird, sichergestellt ist. Die Einrichtung soll verpflichtet werden, die ab dem Tag des Widerrufsbescheids bis zur Streichung
von der Liste erhaltenen Zuwendungen, die der Bemessungsgrundlage des Zuschlags zugrunde zu legen sind, zu dokumentieren.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlaments­direktion arbeiten mit Hochdruck an der Vorbereitung der Abstimmungsvor­gänge, aber da wir insgesamt zahlreiche Abänderungs-beziehungsweise Zusatz­anträge und Verlangen auf getrennte Abstimmung haben, und zwar zu meh­reren Punkten der Tagesordnung, wird auch hier eine kurze Unterbrechung der Sitzung nicht ausreichen.

Ich verlege daher die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7 bis nach den Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 8 und 9 und fahre in
der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.54.388. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 3777/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das


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Erdgasabgabegesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (2381 d.B.)

9. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundes­wettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) geändert
wird (2382 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 8 und 9 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde wieder verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.55.20

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt ja das ganze Jahr und eigentlich schon das letzte Jahr
ein wesentliches Thema und das ist die Teuerung. Gemessen wird der Erfolg der Arbeit der Bundesregierung am Ende ja nicht daran, ob man am meisten Steuergeld ausgegeben hat, sondern daran, ob man die Teuerung, die Inflation erfolgreich bekämpft hat oder nicht.

Das Zeugnis, das diese Zahlen ausstellen, ist: Die Bundesregierung hat die schlechteste Teuerungspolitik in ganz Europa gemacht. (Abg. Michael Hammer: Falsch! – Abg. Jeitler-Cincelli: Das stimmt nicht! Das stimmt einfach nicht!
Nein!)
Kein einziges Land in Westeuropa hat eine derart hohe Teuerung wie wir. Wir Sozialdemokraten haben sehr frühzeitig, vor mehr als zwei Jahren
bereits, gesagt, worum es geht, nämlich im ersten Schritt um die hohen Energie­preise – die haben Sie aber nicht bekämpft.

Sie haben ganz viel Geld ausgegeben, haben jedem in Österreich 500 Euro gege­ben, damit er sich einmal die höheren Energiepreise leisten kann. Das Geld


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ist dann zu den Energiekonzernen gewandert. Dann hat der Finanzminister vor einem Jahr gemeint, er holt es sich, 2 bis 4 Milliarden Euro von dem Geld
holt er sich. Geholt hat er sich 240 Millionen. Ein Vielfaches ist an die Aktionäre ausgeschüttet worden, das Geld ist bereits weg – das ist unser Steuergeld.

Das Problem ist, die Energiepreise sind weiter gestiegen. Sie haben die Inflation angeheizt. Die Einmalhilfen sind vorbei, aber die hohen Energiepreise sind geblieben und das Geld ist nicht bei uns, sondern das Geld ist bei irgendwelchen Aktionären von Energiekonzernen. Da kann man nur sagen: Gratuliere, so schlecht kann man es ja wirklich normalerweise nicht machen, nicht einmal, wenn man sich bemüht!

Im Bereich der Mieten haben wir frühzeitig gesagt, wir müssen die Miet­anstiege verhindern. Sie haben es nicht getan. Jetzt, da die Mieten um 20, um 22 Prozent gestiegen sind, sagen Sie: Na in den nächsten Jahren werden
wir das deckeln! – Das ist alles viel zu spät und viel zu wenig.

Im Bereich der Lebensmittel, als wir gesagt haben, man kann die Preise, indem man die Umsatzsteuer auf Lebensmittel senkt oder gar für eine gewisse
Zeit streicht, sofort um 10 Prozent senken, haben Sie Folgendes gesagt: Erstens einmal wäre das schlechte Politik, weil das Politik mit der Gießkanne wäre,
weil auch Personen mit einem höheren Einkommen dann einen Vorteil davon hätten. Bei all Ihren Maßnahmen haben Personen mit hohen Einkommen
immer Vorteile gehabt, aber wenn die SPÖ etwas vorschlägt, darf das nicht der Fall sein.

Das Zweite, was Sie gesagt haben, ist, dass die Senkung der Umsatzsteuer
nicht weitergegeben wird, sondern dass sich die Konzerne das einstecken wer­den. Das haben Sie gesagt, und Sie haben gesagt, das kann man ja alles
nicht kontrollieren. Jetzt kommen Sie mit einer Maßnahme, mit einer Förde­rungsmaßnahme bei der Fotovoltaik – da schauen wir uns an, wie da
die Wirkung ist. Das Erste: Ist das Gießkanne? – Nein, ist es nicht, weil 90 Pro­zent der Förderung zu den Allerreichsten in diesem Land gehen. Das stört


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 221

Sie nicht – 90 Prozent für die Reichsten, für die obersten 10 Prozent, und da ha­ben Sie überhaupt kein Problem, aber wenn 90 Prozent in die untere Hälf­te fließen wie bei den Lebensmitteln, da haben Sie ein Problem. Sie machen also offenbar nur Politik für die, die sehr, sehr viel Geld haben, und für die breite Masse haben Sie nichts übrig. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema der Weitergabe, ob das weitergegeben wird oder nicht, wie
das kontrolliert wird, haben wir vor einem Monat die Frage gestellt:
Wieso macht das nicht die Bundeswettbewerbsbehörde? Minister Kocher hat gesagt, das machen die Bezirksverwaltungsbehörden. Ob er die darauf vorbereitet hat, ob das kontrolliert ist, ob es eine Markterhebung gibt? – Nichts ist passiert. Jetzt, Wochen später, greifen Sie unseren Vorschlag auf und sa­gen, okay, stimmt, die Bundeswettbewerbsbehörde kann das besser.

Wissen Sie, wann die Bundeswettbewerbsbehörde überhaupt erst eine Rechts­grundlage hat, um das zu machen? – Nächste Woche darf sie erst anfan­gen – zehn Tage vor Jahresende, wenn dann nämlich die Senkung der Umsatz­steuer auf Fotovoltaikanlagen in Kraft treten soll, darf die Behörde über­haupt erst zu arbeiten beginnen. Dilettantischer kann man es gar nicht machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist purer Dilettantismus. Ich muss den Schüler:innen des Europagymnasiums Baumgartenberg, die auf Einladung meines Kollegen Schroll hier sind, auch sagen: Bitte kein Beispiel an dem nehmen, wie das diese Bundesregierung macht! Die macht das leider wirklich dilettantisch. (Abg. Jeitler-Cincelli: Herzlich will­kommen!)

Wenn man auf die Sozialdemokratie hört, dann weiß man, wie man es
besser macht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 222

14.00.33

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gleich einmal zu den Ausführungen von Herrn - - – Nein! Vorher begrüße ich gerne auf Wunsch von Herrn Kollegen Hammer eine Gruppe des Bundesverwaltungsgerichtes
der Außenstelle Linz. Herzlich willkommen bei uns im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.)

Herr Kollege Krainer! Es ist schon interessant; wir führen immer ähnliche Diskus­sionen. Du kritisierst immer die Bundesregierung für die Unterlassung aller möglichen aus deiner Sicht sinnvollen, manche davon aus unserer Sicht
nicht sehr sinnvollen Maßnahmen, wie man die Inflation hätte dämpfen können. Du hast die Energiekosten als einen wesentlichen Kosten- und Preistreiber genannt. Wenn ich mir anschaue, dass bei der Fernwärme beispielsweise, und die gibt es halt hauptsächlich in Wien, der Preis jetzt doch um 86 Prozent
höher ist als noch im Jahre 2021, dann würde ich einfach vorschlagen, zuerst einmal vor der eigenen Tür zu kehren, bevor man den anderen gute Rat­schläge gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Normalerweise habe ich Sie als seriös erlebt! Und derartig unseriöse Vergleiche sind an und für sich Ihrer
nicht würdig!)

Und ein zweiter Punkt: Zur Umsatzsteuerbefreiung für PV-Anlagen, die in diesem Gesetz oder in einem dieser beiden verankert ist: Bitte auch da auf dem Boden der Seriosität bleiben! Das eine sind die Energiekosten, die die Men­schen in ihrer Haushaltsführung belasten. Und das da sind Fördermaßnahmen. Generell: Fördermaßnahmen der Regierung auf ihre Verteilungswirkung
zu überprüfen ist selbstverständlich in Ordnung. Das ist wichtig. Da ist man im­mer ein bisschen im Zwiespalt zwischen möglichst großer Einfachheit ei­ner Fördermaßnahme; das heißt dann aber halt, sie hat auch eine gewisse Streu­ung und ist nicht immer ganz treffsicher. Es geht oft auch um Schnelligkeit.
Oder man macht sie sehr treffsicher auf Einkommen und so weiter abgestellt,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 223

dann wird sie halt bürokratisch. Wo das aber nicht so zutrifft, ist die Um­satzsteuerbefreiung bei den PV-Anlagen. Das ist keine Maßnahme, die von der Verteilungswirkung und von einem sozialen Gedanken getrieben ist, son­dern von einem umweltpolitischen Gedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Da geht es schlicht und einfach darum, dass möglichst viele Menschen – Klam­mer auf – die es sich leisten können – Klammer zu – Fotovoltaikanlagen
auf ihre Dächer, an ihre Hauswände montieren, montieren lassen, um eben mög­lichst viel Strom aus der erneuerbaren Energiequelle Sonne zu gewinnen.
Da geht es nicht in erster Linie darum, die soziale Verteilungswirkung zu beach­ten, sondern dass das überhaupt geschieht. Das soll ein Anreiz dazu sein,
und deswegen werden natürlich Förderungen ausgeschüttet, damit es sich eben für die Menschen rentiert. Also das mit der Verteilungswirkung oder Be­trachtung der Verteilungswirkung von sozialen Maßnahmen in einen Topf zu werfen, das ist schlicht und einfach nicht gerechtfertigt. Und lieber Jan, das wird in dem Fall auch deinem intellektuellen Anspruch nicht gerecht, dass du das vorhin angesprochen hast. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Punkt noch zur Inflationsbekämpfung beziehungsweise zur Vermeidung von Inflationseffekten nach oben: Wir verlängern mit einem Abänderungsantrag,
den mein Kollege Eßl dann noch formell einbringen wird, auch die Senkung der Erdgasabgabe und der Elektrizitätsabgabe auf das europäische Mindest­maß, a) um die Entlastung, die wir damit schon vor Jahren geschaffen haben, für die Menschen in der preislichen Auswirkung beizubehalten, aber vor allem
auch, um jetzt nicht zur Unzeit, da die Maßnahme auslaufen würde, einen infla­tionstreibenden Effekt in die andere Richtung zu bekommen, wenn wir ausgerechnet jetzt diese Abgabensenkung auslaufen ließen. Also selbstver­ständlich achten wir sehr gut und sehr genau darauf, welche Maßnah­men, welche politischen und steuerpolitischen Maßnahmen letzten Endes wel­che Wirkung auf die Inflation haben. Da ist es geboten, das entsprechend
zu verlängern, was da auch geschieht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 224

Eines noch, zurück noch einmal zur Umsatzsteuerbefreiung bei den PV-Anlagen: Eine Änderung des Wettbewerbsgesetzes, die da auch mit abgestimmt wer­den wird, dient ja dann genau dazu, dass die Weitergabe dieser Mehrwertsteuer­befreiung von den Herstellern oder von den Installierenden an die Konsu­menten und Konsumentinnen auch tatsächlich stattfindet; deswegen die Ände­rung im Wettbewerbsgesetz. Bitte um Zustimmung zu all diesen Mate­rien! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.06.29

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für uns NEOS ist ein zentra­les Element, dass wir Wirtschaft und Umwelt verbinden wollen. Der Tagesord­nungspunkt ist wirklich bestens dafür geeignet, dass man zeigt, wie es
diese Bundesregierung falsch macht.

Ich möchte das etwas ausführen, und zwar den Umstand, dass Fotovoltaik für viele nicht leistbar ist. Das hat aus unserer Sicht zwei Ursachen. Die erste Ursache ist: Arbeit ist auf der unternehmerischen Seite zu teuer. Die Lohnnebenkosten führen dazu, dass die Installation einer Fotovoltaikanlage teurer wird, als sie wäre, gäbe es günstigere Lohnnebenkosten. Und andererseits wird Einkommen zu hoch besteuert. – Herr Kollege Schwarz, da müssen
Sie zuhören. Ich glaube, der Argumentation können Sie schon folgen. – Einkom­men wird zu hoch besteuert, was dazu führt, dass Menschen zu wenig
netto rausbekommen, um sich aus eigener Kraft leichter eine Fotovoltaikanlage leisten zu können.

Sie senken jetzt nicht die Lohnnebenkosten in einem relevanten Ausmaß
und Sie senken auch nicht die Besteuerung von Einkommen in einem ausrei­chenden Ausmaß und versuchen, dieses Problem, das Sie nicht lösen, durch eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 225

Umsatzsteuerbefreiung von Fotovoltaikanlagen in den Griff zu bekom­men. Das ist aber, wenn man eine Wirtschaft haben möchte, in der umwelt­wirksame Maßnahmen den Vorrang haben, langfristig einfach nicht treffsicher. Aus unserer Sicht wäre es wesentlich sinnvoller, die Besteuerung von Ein­kommen und die Lohnnebenkosten zu senken. Dann wird es auch leistbarer umzusteigen. Durch die hohen Gaskosten und die hohen Stromkosten gibt es ja am Markt Anreize genug.

Ein anderer Punkt, und da gebe ich Kollegen Krainer durchaus recht: Es ist
ja keine Lappalie, die wir heute beschließen. Es sind in etwa 650 Millionen Euro, die diese Maßnahme kosten wird, und die schütten wir ganz frei, unab­hängig von jedem weiteren Umstand aus. Man muss sich ja nur eine Fotovoltaik­anlage kaufen. Jetzt ist das bei der ÖVP sozusagen eine langjährige Tradi­tion, dass man auf seine Klientel schaut. Bei den Grünen hat es uns schon ein bisschen überrascht, dass sie in letzter Zeit tatsächlich nur noch Politik
für Wohlhabende auf Kosten derjenigen, die aus der Mitte heraus die Steuern bezahlen, machen.

Was wir heute und auch in den nächsten Tagen diskutieren werden, ist ja
nichts anderes, als dass diejenigen, die schon Eigentum haben, belohnt werden und alle anderen dafür bezahlen müssen. Besitze ich Eigentum, dann wird
mir die Wärmepumpe gefördert. Besitze ich Eigentum, dann wird mir die Foto­voltaikanlage gefördert. Besitze ich ausreichend Einkommen, dann profi­tiere ich von all diesen Maßnahmen, die ich natürlich mit meinen Steuern mitfi­nanziere. Aber der Mittelstand, der nicht im gleichen Ausmaß Eigentum
hat, muss dafür löhnen. Dass das ÖVP-Politik ist, ist mit freiem Auge erkennbar.

Die Grünen sollten spätestens dann wachsam werden, wenn Karlheinz
Kopf hier herauskommt und sich quasi feurig freut, dass umweltpolitische Maß­nahmen gesetzt werden. Dann muss wirklich Gefahr in Verzug sein, denn
gerade wenn Wirtschaftskammerfunktionäre, die ja weiter an der fossilen Ener­gie festhalten wollen, sich über umweltpolitische Maßnahmen freuen, dann
kann es nicht wirklich richtig sein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 226

Aus unserer Sicht ganz klar: Umwelt und Wirtschaft verbinden heißt Steuern senken, damit wir Wirtschaft und Haushalte transformieren können,
anstatt weiter Fördermillionen auszuschütten. – Vielen Dank. (Beifall bei
den NEOS.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.09.53

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich finde es erheiternd, dass die wirtschaftsliberale
Partei NEOS sich jetzt Sorgen um die Umverteilung und um die ach so große Be­nachteiligung der Nichtbesitzenden macht. (Abg. Bernhard: Steuersenkungen!)

Das passt irgendwie, für mich zumindest, von der Logik her nicht in das Profil ei­ner wirtschaftsliberalen Partei, die sich das Leistungsprinzip auf ihre Fah­nen heftet, aber soll so sein. (Abg. Scherak: Das ist nur, weil du besitzend bist, Axel! – Abg. Krainer: Man kann die eigenen Vorurteile manchmal auch ... überdenken!)

Ich bin auch – in negativem Sinne – darüber amüsiert, dass sich die Kollegen Kopf und Krainer offensichtlich wechselseitig vorwerfen, wer jetzt noch schlechter performt.

Herr Krainer sagt, der Bund performe schlecht, und Kollege Kopf sagt, Wien sei aber noch viel schlechter – derartige Feststellungen, oder wie auch immer
man das bezeichnen mag, helfen den Menschen in Österreich aber überhaupt nicht!

Die Umsatzsteuerbefreiung für Fotovoltaikanlagen ist ja im Übrigen etwas, das die Deutschen schon längst haben – und wir befinden uns ja in einem ge­meinsamen Wirtschaftsraum mit den Deutschen –, und wo wir de facto nachzie­hen, und es ist eine Forderung der Freiheitlichen Partei, insoweit ist es


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wenig verwunderlich, dass wir dem Ganzen natürlich zustimmen. (Ruf bei der FPÖ: Danke, Magnus!)

Ich möchte aber auch die von Kollegen Krainer gestellte Frage noch ein­mal aufwerfen und eine ebenfalls langjährige Forderung der Freiheitlichen Partei wiederholen: Warum geht eine Umsatzsteuerbefreiung bei Lebensmitteln,
bei Grundnahrungsmitteln nicht, aber bei Fotovoltaik schon? Da fehlt mir jetzt das logische Verständnis, also das sollte man doch auch auf diesen Bereich ausdehnen können.

Ganz grundsätzlich ist die Förderung von Fotovoltaik eine gute Sache. Wir wis­sen aber, dass es in der Abwicklung massivste Probleme im Ablauf gibt,
mit den Fördercalls et cetera. Es ist alles schön und gut, dass man diese Ansprü­che hat, aber wenn man dann bei den Fördercalls nicht zum Zug kommt
und monatelang warten muss und so weiter – also da gibt es erhebliche Mängel im Ablauf. – Das ist das eine.

Das andere ist, dass unser Standpunkt lautet, man muss Energiepolitik und
die Energiewende natürlich systemisch als Ganzes betrachten. Was Sie machen, ist eine massive Förderung. Wir werden morgen auch wieder einen Ge­setzentwurf beschließen – oder besser gesagt: Sie werden ihn beschließen –, mit dem die maximale Investitionsförderung für innovative Fotovoltaikanlagen
auf 45 Prozent der Investitionskosten erhöht wird.

Sie fördern also die Erzeugung hochvolatiler Energie und vergessen dabei vollkommen den Ausbau der Netze. Es kommt damit zur Situation – und erklären Sie mir bitte jetzt nicht, dass das effizient und effektiv wäre –, dass produ­zierter Strom sozusagen weggeschmissen werden muss, also dass er nicht ins Netz geht. Es gibt diese Fälle, in denen die Netzbetreiber sagen: Deinen
Strom speise ich einfach nicht ein! Natürlich kollabieren damit die Investitions­rechnungen für all jene, die sich derartige Fotovoltaikanlagen angeschafft
haben, weil die Erlösseite dann vollkommen unplanbar ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 228

Ihre Lösung für das Thema, das ist jetzt meine Vermutung, wird dann sein: Dann schütten wir halt wieder Geld ins System hinein und beschließen eine weite­re Förderung, um das zu kompensieren – und dann wundern Sie sich über Infla­tionsentwicklungen! Das geht sich ja von der Logik auch nicht aus.

Ich möchte noch zwei Sätze zum zweiten hier diskutierten Tagesordnungspunkt sagen, dem Antrag betreffend die Bundeswettbewerbsbehörde. Wir sind
auch da dafür, und wir sind überhaupt dafür, die Bundeswettbewerbsbehörde, die unseres Erachtens hervorragende Arbeit leistet, auch entsprechend
mit Aufgabenbereichen und mit Ressourcen auszustatten. Da gibt es also eine klare Zustimmung der Freiheitlichen Partei.

Ich möchte aber auch den aus unserer Sicht sehr erhellenden, aus Sicht der Regierung und der Regierenden eigentlich desaströsen Bericht der Bun­deswettbewerbsbehörde betreffend den Strommarkt in Österreich in Erinnerung rufen. Die stellen fest: Den Markt gibt es eigentlich nicht, sondern es gibt
ein Oligopol von Landesenergieversorgern und dem Verbund, die wechselseitig die Kunden diskriminieren und so weiter und so fort. Das geht zum Scha­den und zulasten des „berühmten“ – unter Anführungszeichen – Endkunden, al­so des Haushaltes, aber auch der Unternehmen, die das Ganze zu bezahlen haben. Auch da zeigt sich also ein Geldkarussellspiel.

Kollege Krainer hat es ja auch schon gesagt: Wo bleibt das Geld, das wir zu be­zahlen haben? – Bei den Aktionären der Energiekonzerne! Wer sind diese Aktionäre? – Zu 80, 85 Prozent wieder Sie beziehungsweise die Landesfinanz­referenten. (Abg. Krainer: Bei der OMV gerade mal ein Drittel!)

Sie hätten natürlich die Möglichkeit, hier auch diese Oligopolstrukturen aufzu­lockern und ein bisschen mehr Markt auch in den Strombereich in Öster­reich zu bringen.

Sie hätten natürlich auch die Möglichkeit, wenn der Wille besteht, die Merit­order abzuschaffen und andere Modelle einzuführen. Die Spanier können es, wir


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können es offensichtlich nicht. Warum können wir es nicht? – Weil der politische Wille nicht da ist. Es ist auch der politische Wille nicht da, in diesem Oligopol irgendetwas zu verändern, und das geht zulasten der Endkun­den, der Stromkunden, die nach wie vor zu hohe Preise zahlen, und zum Wohle, zur Freude der Aktionäre – und das sind wie gesagt dann ja wieder Sie.
Auch in diesem Bereich also ein relatives Versagen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Elisabeth
Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.15.21

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Auch ich spreche zu diesem Tagesordnungspunkt, fo­kussiere aber auf den Teil, der mir persönlich sehr wichtig ist, nämlich
das Funktionieren des Wettbewerbs. Es ist ja schon interessant, ich habe ein bisschen zurückgeblickt: Es ist eigentlich eine ganz kleine Gesetzesände­rung, zwei kleine Abänderungen im Wettbewerbsrecht, und trotzdem mit sehr großer Wirkung im Vergleich zu dem, was wir auch bisher alles an großen Projekten umgesetzt haben: 830 Ausschusssitzungen in dieser Legislaturperiode, 90 reguläre Plenarsitzungen und viele Sondersitzungen.

In diesem Fall ist es eigentlich nur ein kleiner technischer Punkt, den wir hier diskutieren, aber doch mit sehr großer Wirkung, und zwar sind es Ände­rungen im Wettbewerbsrecht. Der Anlass ist vor allem der bisher diskutierte Entfall der Umsatzsteuer auf Fotovoltaikanlagen ab 1. Jänner. Hinter­grund ist, dass wir da die Bürokratie abschaffen wollen, das heißt, was es bisher an Förderungen gegeben hat, wird jetzt in eine automatische Begünstigung durch den Entfall der Umsatzsteuer übertragen, also quasi null Büro­kratie. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Prinz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 230

Nur um ein Gefühl für die Größenordnung zu bekommen: Im vergangenen Jahr gab es mehr als 100 000 Förderanträge von Haushalten, also das ist wirk­lich viel Aufwand, den wir somit ersparen wollen.

Wir wollen uns aber nicht nur den Aufwand ersparen, sondern gleichzeitig si­chergehen, dass die günstigeren Preise weitergegeben werden, und jetzt kommt die BWB ins Spiel: Die Bundeswettbewerbsbehörde ist dafür zuständig,
zu sorgen, dass der Wettbewerb funktioniert, dass also niedrigere Preise ohne Umsatzsteuer tatsächlich weitergegeben werden, und dafür statten wir
sie mit erweiterten Kompetenzen aus. Sie kann nämlich bei dieser Branchenun­tersuchung, die sie machen kann, zukünftig auch Einschau in die Unter­nehmen nehmen. Bisher ist das noch nicht möglich, nun bekommt sie diese Kompetenzen. Ich glaube, das ist wirklich wichtig und das ist ein Game­changer, mit dem wir sichergehen können, dass die günstigen Preise bei den Haushalten ankommen. (Beifall bei den Grünen.)

Ja, Deutschland hat mit einer kürzlich beschlossenen Novelle des Wettbe­werbsrechts seiner Wettbewerbsbehörde ebenfalls zusätzliche Kompetenzen übertragen, und wir werden auch nach Deutschland schauen. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.

Vielleicht schaut heute auch jener Herr zu, der mir eine E-Mail geschrieben hat, warum ich denn in meiner Rede zu dieser Untergliederung des Budgets so begeistert darüber gewesen sei, dass die Bundeswettbewerbsbehörde substan­ziell mehr Personal bekommt: Ich bin wirklich davon überzeugt, dass ein funktionierendes Wettbewerbsrecht und ausreichend Personal für diese Behör­de ganz wichtige Voraussetzungen für fairen Wettbewerb und faire Preise
sind. Ich glaube, zu diesem Ziel trägt auch diese Novelle jetzt bei, ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 231

14.18.51

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Energiewende ist ein Ziel dieser Bundesregierung, und daher fördern wir auch die Erzeu­gung erneuerbarer Energie. Die Förderung soll nicht nur effizient, sondern auch unbürokratisch und bürgernah sein, deshalb haben wir bereits im Novem­ber in einer Sitzung eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes beschlossen, wo­nach bei kleineren PV-Anlagen 0 Prozent Mehrwertsteuer anfallen. Das
heißt, es ist kein Antrag nötig, kein Bewilligungsverfahren nötig, kein Abrech­nungsverfahren nötig: Der Anlagenbetreiber bekommt eine Rechnung
mit dem Nettobetrag und dazu 0 Prozent Mehrwertsteuer.

Es muss aber natürlich auch sichergestellt werden, dass keine Doppelförderung passieren kann. Deshalb kann ein Anlagenbetreiber diese unbürokratische Förderung nur in Anspruch nehmen, wenn er nicht gleichzeitig einen Antrag auf Förderung nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz stellt oder diesen schon vorher gestellt hat.

Allerdings soll diese unbürokratische Art der Förderung mit 0 Prozent Mehrwertsteuer auch bei einer Anlagenerweiterung genutzt werden können. Dies gilt allerdings immer nur, wenn die Anlage danach nicht 35 Kilowatt
Peak überschreitet. Für größere Anlagen – das sei klargestellt – kann man nach wie vor einen Antrag auf Förderung nach dem EAG stellen.

Zudem stellen wir sicher – wie das hier in der Diskussion schon eingeworfen wurde –, dass die Wettbewerbsbehörde in der Lage sein muss, darauf zu achten, dass diese 0 Prozent dann nicht zu einem Aufschlag beim Nettopreis führen.

Diese Regelung setzt effiziente Anreize. Auch diese Regierung setzt
effiziente Anreize zum Bau von PV-Anlagen und zum Umstieg auf erneuerbare Energie. Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir für viele auch einen unbürokratischen Zugang zur Förderung. Wir liegen da gut und sollten diesen Weg weitergehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 232

Es gibt aber – da gebe ich Kollegen Kassegger auch recht – mittlerweile
für viele den Zugang zum Netz nicht mehr in dem Ausmaß, wie sie bereit wären, Anlagen zu errichten. Es gibt mittlerweile auch ganze Bezirke, wo keine Leistungskapazitäten mehr vorhanden sind. Daher das dringende Ersuchen vor allem in Richtung der Frau Infrastrukturministerin, Schwerpunkte zu set­zen, was den Netzausbau und die Verstärkung der Netze betrifft. Das ist not­wendig, um die Energiewende weiter vorantreiben zu können. (Beifall
bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Wir diskutieren auch den Themenbereich Besteuerung von Energie. In diesem Zusammenhang darf ich einen Abänderungsantrag einbringen, bei dem es
darum geht, die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe als Preis­dämpfungsmaßnahme um ein Jahr zu verlängern.

Ich bringe hier also folgenden Abänderungsantrag ein und ersuche um ein biss­chen Geduld, weil ich ihn wortwörtlich verlesen muss:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 3777/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf,
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahrzeugsteuer­gesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Kohle­abgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden
(2381 d. B.) – Top 8

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag in der Fassung des Ausschussberichts (2381 d. B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 3 (Änderung des Elektrizitätsabgabegesetzes) wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 233

a) Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 7 Abs. 11 und 12 wird jeweils der Ausdruck „1. Jänner 2024“ durch
den Ausdruck „1. Jänner 2025“ ersetzt.“

b) Z 3 (§ 7 Abs. 15) lautet:

„3. Dem § 7 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) § 5 Abs. 4 und § 7 Abs. 11 und 12, jeweils in der Fassung des Bundesge­setzes BGBI. I Nr. xx/202x, treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 5 Abs. 4
in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/202x ist erstmalig auf Abga­benerklärungen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betref­fen, der nach dem 31. Dezember 2022 endet.““

2. Artikel 4 (Änderung des Erdgasabgabegesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. In § 8 Abs. 6 wird der Ausdruck „1. Jänner 2024“ durch den Aus­druck „1. Jänner 2025“ ersetzt.“

b) Z 2 (§ 8 Abs. 9) lautet:

„2. Dem § 8 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) § 6 Abs. 4 und § 8 Abs. 6, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/202x, treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 6 Abs. 4 in der Fassung
des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/202x ist erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, der nach dem 31. Dezember 2022 endet.““

*****

So weit der Abänderungsantrag. Ich bitte, den Anträgen zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 234

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 3777/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatz­steuergesetz 1994, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabe­gesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesab­gabenordnung geändert werden (2381 d. B.) –Top 8

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag in der Fassung des Ausschussberichts (2381 d. B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 3 (Änderung des Elektrizitätsabgabegesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 7 Abs. 11 und 12 wird jeweils der Ausdruck „1. Jänner 2024“ durch den Aus­druck „1. Jänner 2025“ ersetzt.“

b) Z 3 (§ 7 Abs. 15) lautet:

„3. Dem § 7 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) § 5 Abs. 4 und § 7 Abs. 11 und 12, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. 1 Nr. xx/202x, treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 5 Abs. 4 in der
Fassung des Bundesgesetzes BGBI. 1 Nr. xx/202x ist erstmalig auf Abgabenerklärun­gen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, der nach dem
31. Dezember 2022 endet.““

2. Artikel 4 (Änderung des Erdgasabgabegesetzes) wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 235

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. In § 8 Abs. 6 wird der Ausdruck „1. Jänner 2024“ durch den Ausdruck „1. Jän­ner 2025“ ersetzt.“

b) Z 2 (§ 8 Abs. 9) lautet:

„2. Dem § 8 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) § 6 Abs. 4 und § 8 Abs. 6, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBI. I Nr. xx/202x, treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 6 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xx/202x ist erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, der nach dem 31. Dezem­ber 2022 endet.““

Begründung

Nach wie vor hohe Erdgas- und Elektrizitätspreise für Endverbraucher(innen) sowie eine Inflation in Österreich, die immer noch hoch über dem langjährigen Durch­schnitt früherer Jahre liegt, machen weitere Preisdämpfungsmaßnahmen erforderlich. Dementsprechend soll die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe auf das
in der Europäischen Union zulässige Mindestbesteuerungsniveau gemäß EU-Energie­besteuerungsrichtlinie (Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der ge­meinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABI. Nr. L 283 vom 31. 10.2003, S. 51, zuletzt geändert
durch den Durchführungsbeschluss (EU) 20 18/552 zur Aktualisierung der in der Richtlinie 2003/96/EG angeführten Bezugnahmen auf die Codes der Kombi­nierten Nomenklatur für bestimmte Erzeugnisse, ABI. Nr. L 91 vom 9.4.2018, S. 27) um ein Jahr verlängert werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht. Er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 236

14.26.06

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Ich möchte sozusagen in die Tiefe der Fotovoltaik einsteigen. Ich habe früher auch mit Kollegen Schwarz darüber geredet.
Im Grunde ist es einmal ein wichtiger erster Schritt gewesen, dass man – neben anderen Möglichkeiten und auch der Landesförderung – auch in dieser
Richtung versucht, ein autonomeres Wohnen zu ermöglichen.

Eine der wesentlichen Voraussetzungen wird es auch in Zukunft sein, autarkes Wohnen einfach zu unterstützen. In diesem Bereich haben die Fotovoltaik
und vor allem dieser Investitionszuschuss eine gute Wirkung gezeigt.
Das war natürlich mit Anfangsproblemen verbunden, weil man ja auf der einen Seite die Förderung des Bundesfinanzministers hat, auf der anderen Seite
muss man diese Energie aber natürlich wegbringen.

Das ist ja das Kernproblem: dass nämlich die Netze derzeit schwerst gefährdet sind und im Grunde genommen nicht in den Ausbau miteinbezogen worden
sind. Denn was hilft es, für einen Privaten die schönste Förderung zu be­kommen, wenn auf der anderen Seite die Netze das nicht aushalten? (Abg. Lukas Hammer: Warst du nicht einmal dafür zuständig? Landesregierung!)

Ich war in keiner Weise für irgendein Netz zuständig, lieber Kollege, denn
das ist letztendlich noch immer eine Kompetenz der jeweiligen Energieversorger. Das ist das kleine Einmaleins der Information. (Beifall bei der FPÖ. – Abg.
Lukas Hammer: Landesenergieversorgung!)
 – Sei nicht so forsch! Ich tue dir ja eh nichts, keine Sorge. (Heiterkeit des Abg. Lercher.) Ich sage sogar dazu, dass
das positiv ist.

Was aber jetzt natürlich mit zu berücksichtigen ist: Man hat ja beihilfenrechtlich eine Regelung aufgemacht, die das in der Krise erlaubt hat. Es gibt jetzt
diese Übergangsfrist, dass man diese Investitionszuschüsse auf den Entfall der Umsatzsteuer umstellt. Man muss auch, wenn man Schritt A setzt, auch
Schritt B machen.


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Jetzt bin ich nicht beim Netz, sondern wenn man heute als autonomer Betreiber Energie produziert, dann hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man
speist sie ins Netz ein oder man behält sie für sich. Daher muss der zweite Schritt sein, dass man diesen Umsatzsteuerentfall auch auf die Batterie
wird umlegen müssen, weil das letztendlich auch damit verbunden ist. Denn was ist am Ende des Tages die Intention des Gesetzgebers? – Die Autonomie
des Hauses und diese Investition zu ermöglichen.

Das ist unsere Überlegung. Deswegen haben die Freiheitlichen auch gesagt: Wir sind dafür, dass wir diesen Investitionszuschuss heute umstellen und die Umstellung auf den Entfall der Umsatzsteuer durchführen. Der nächste Schritt muss aber sein, dass man, so wie es damals gefördert worden ist – um näm­lich auch eine Eigenversorgung ins Leben zu rufen –, letztendlich auch
den zweiten Schritt im Umsatzsteuergesetz macht und den Stromspeicher mit­nimmt. Wenn das der Fall ist, dann sind wir zufrieden. Dann ist das ein wei­terer Schritt, den wir umzusetzen haben. (Abg. Eßl: Das ist dabei! Das ist inkludiert!)

Zweiter Punkt: die Wettbewerbsbehörde: Die Wettbewerbsbehörde muss – na no, na net! – letztendlich auch stärker unterstützt werden. Da ist es in ers­ter Linie so, dass es ja irgendwann einmal eine Wohltat wäre, wenn
man alle Energieversorger – sowohl die Landes- als auch die Bundesenergiever­sorger – einmal der Kontrolle durch die Wettbewerbsbehörde unterzieht.

Denn wenn wir uns heute die Energiepreisentwicklungen der einzelnen Unter­nehmen anschauen, dann sehen wir sehr deutlich, dass wir in Österreich
wirklich auf einer Insel der Seligen sind – nämlich für die Energiebetreiber, die letztendlich im geschützten Bereich agieren, ob das jetzt die Wien Ener­gie ist, ob das die Kelag ist, ob das die Tiwag ist oder ob das die Vorarlberger sind. Egal wer, jeder kocht sein eigenes Süppchen und ist weitgehend
der Kontrolle entzogen.


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Da wünsche ich mir, dass die Wettbewerbsbehörde noch viel tiefer hineingeht, weil das im Grunde genommen ja auch ein wesentlicher Bereich ist,
der die Inflation in den letzten Jahren in Österreich in die Höhe getrieben hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Dr. Jakob
Schwarz. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.30.15

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe eine kleine Quizfrage: Kann man etwas verlängern, das gar nicht existiert?

Sie haben doch sicher schon einmal gehört, dass die Bundesregierung keinen einzigen Preis gesenkt hat. Zumindest ist das eine Geschichte, die die Sozialdemokratie sehr gerne verbreitet, aber mitunter auch die Freiheitlichen, und deshalb würde ich vermuten, das ist vielleicht auch Ihnen schon untergekommen.

Sehr spannend ist in diesem Zusammenhang der jetzige Tagesordnungspunkt, weil wir jetzt eine preissenkende Maßnahme verlängern, nämlich das Ab­senken der Energieabgaben auf das europarechtlich zulässige Minimum. Diese Maßnahme muss natürlich schon existiert haben, wenn man sie jetzt um
ein Jahr verlängert. Das heißt, die Regierung setzt preissenkende Maßnahmen, und sogar einige davon. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

Die nächste Verlängerung einer preissenkenden Maßnahme steht schon morgen an, jene der Strompreisbremse, die Ihnen allen die Strompreise deckelt, näm­lich bei 10 Cent pro Kilowattstunde.

Diese beiden Verlängerungen haben eine Auswirkung auf die Inflation, die rela­tiv groß ist, nämlich jeweils 0,3 Prozentpunkte. Das heißt, in Summe kann


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die prognostizierte Inflation um 0,6 Prozentpunkte nach unten korri­giert werden. Das ist schon einmal eine gute Sache. Allein durch diese Senkung der Energieabgaben spart man sich im Schnitt als Haushalt in Österreich
über 100 Euro im Jahr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte auch noch ganz kurz auf die PV-USt-Senkung, die ja nicht
jetzt beschlossen wird, sondern schon im letzten Plenum beschlossen worden ist – das nur zur Aufklärung, falls irgendjemand verwirrt worden wäre –, eingehen.

Was aber durchaus ein Thema ist – Kai Jan Krainer hat es in seiner Rede ange­sprochen –: dass man natürlich Maßnahmen, die man setzt, ob es zur Inflationsbekämpfung ist oder auch jetzt bei den PV-USt-Senkungen, nicht danach beurteilen soll, wie viel Geld man dafür ausgibt, sondern danach, welche Wirkung damit erzielt wird. Da bemisst Kai Jan Krainer unsere Maßnahmen gegen die Teuerung immer sehr gerne daran, ob der VPI, also die Inflation, sinkt oder nicht.

Das ist schon auch eine interessante Kenngröße, aber viel interessanter für uns und auch für die Bundesregierung ist ja: Können sich die Menschen auf­grund unserer Maßnahmen das Leben noch leisten, auch wenn die Preise stei­gen? Da zeigen der Budgetdienst und auch viele andere Untersuchungen:
Ja. Es ist sogar so, dass die Kaufkraft, die genau das ermittelt, in den letzten Jahren gestiegen ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das heißt, wenn man die inflationsbekämpfenden und die anderen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Teuerungskrise an der Wirkung bemisst, dann
war das ein Erfolg.

Zweiter Punkt – das war auch ein Tipp, glaube ich, an die Schülerinnen
und Schüler, die anwesend waren, sie sollen sich nichts von der Bundesregierung abschauen, denn einerseits werden Maßnahmen wie USt-Senkungen bei
den Lebensmitteln abgelehnt, andererseits werden sie dann bei den PV-Anlagen


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aber erst recht beschlossen –: Diese zwei Dinge haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Bei der USt-Senkung auf Lebensmittel ist es der Sozialdemo­kratie darum gegangen, die Preise auf Lebensmittel zu senken – und dann
ist das eine schlechte Idee. In diesem Fall gibt es viele, viele Ziele, die damit er­reicht werden sollen, aber jedenfalls ist das Hauptziel, die Anzahl der instal­lierten PV-Anlagen zu erhöhen und diese Installationen zu beschleunigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Insofern sind das ähnlich klingende Maßnahmen, aber zwei ganz unter­schiedliche Ziele, und deshalb braucht es auch eine unterschiedliche Behand­lung. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Abgeordneter Max Lercher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.33.45

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter
Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schwarz, bei allem Respekt: Wenn alles so erfolgreich und so preissenkend ist, was ihr gemacht habt: Warum kann ein Großteil der Menschen in Österreich sein Leben fast nicht mehr be­streiten? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarz: Weil ihr uns das Russengas ...!)

Das ist doch die Frage: Warum gibt es so viele Menschen, die von Monat zu Mo­nat immer stärker unter Druck kommen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Da hat Kollege Krainer doch das vollkommen Richtige gefragt: Wo ist die Verteilungswirkung? (Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.) Na, wenn
man in den Hörl investiert, wird man nicht so einen Effekt haben, wie wenn man in die breite Masse investiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Argumentation ist ja hanebüchen. Bei den Fotovoltaikanlagen ist alles an Steuerstreichungen möglich, wenn es aber um die Grundnahrungsmittel geht, bei denen die gleichen Argumente gebracht werden, ist gar nichts möglich. Da


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fehlt die Verteilungswirkung und das ist keine nachhaltige Politik. (Beifall bei
der SPÖ.)

Wenn wir schon bei den preisdämpfenden Maßnahmen sind, möchte ich eines erwähnen: dass diese Bundesregierung es noch geschafft hat, bei der
höchsten Teuerungskrise, bei der höchsten westeuropäischen Inflation noch preistreibende Maßnahmen zu setzen, nämlich die CO2-Bepreisung. Ihr
schafft es ja sogar, bei explodierenden Energiekosten eine Maßnahme zu setzen, die keinen Lenkungseffekt besitzt und durch die die Menschen in den länd­lichen Regionen doppelt belastet werden. Eine alleinerziehende Mutter in einer Landgemeinde, die auf ein Auto angewiesen ist, wenn sie zum Kindergar­ten fahren muss, wenn sie die Kinder zu den Vereinen bringt, wird belastet, weil sie keine Alternative hat. Das macht ihr mit euren Maßnahmen, geschätzte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch der Grund: Wenn man Preise senken will, dann machen wir heute doch die Prüfung! Nehmen wir gemeinsam einen Entschließungsantrag
von Philip Kucher – der Name steht bekanntlich für Qualität (Heiterkeit bei Ab­geordneten der ÖVP) – an:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „temporäres Aussetzen der CO2-Steuer für die Dauer der Energiepreiskrise“ (Abg. Holzleitner: Das unterschreibe ich!)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die CO2-Steuer temporär auszusetzen bis die Energiepreise auf ein vernünftiges Niveau zurückgeführt werden können.“

*****


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Wenn ihr Preise senken wollt, tut es jetzt! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend temporäres Aussetzen der CO2-Steuer für die Dauer der Energiepreiskrise

eingebracht in der Sitzung des Nationalrats am 14. Dezember 2023 im Zuge
der Debatte zu TOP 8 Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 3777/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgas­abgabegesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (2381 d.B.)

Die Bundesregierung hat Österreich zum Inflationseuropameister gemacht. Es gibt heute kein einziges Land in Westeuropa mit einer höheren Teuerung als Öster­reich. Alle Warnungen der Oppositionsparteien wurden in den Wind geschlagen. Man war nicht bereit, regulatorisch in die Preise einzugreifen, sodass die Preise wie in anderen Länder wieder sinken, statt weiter zu steigen.

Wenn es allerdings darum geht Maßnahmen zu setzen, die preiserhöhend wirken, ist die österreichische Bundesregierung nicht so zimperlich.

Von der nationalen CO2-Bepreisung erwartete sich die Bundesregierung eine Reduk­tion der Triebhausgasemissionen. Auf Grund der Energiepreisschocks in den vergangenen Jahren sind die Preise aber um ein Vielfaches dessen gestiegen, was als CO2-Preis eine Lenkung herbeiführen hätte sollen. Diese Energiepreisschocks


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hatten daher tatsächlich Auswirkungen auf die CO2-Emissionen, haben aber gleich­zeitig dazu beigetragen, dass die Menschen in diesem Land sich die Lebenshal­tungskosten (vor allem Energie und Wohnen) nicht mehr leisten können und die Wirt­schaft in eine Rezession schlittert. Die Energiepreise befinden sich nach wie
vor deutlich über Vorkrisen-Niveau, dennoch hält die Bundesregierung an der Ver­teuerung vieler Energieträger fest und ignoriert die bereits bestehende Belas­tung für Menschen und Wirtschaft.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die CO2-Steuer temporär auszusetzen bis die Energiepreise auf ein vernünftiges Niveau zurückgeführt werden können.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Klaus Fürlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.36.40

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Herr Bundesminis­ter! Wir sind gerade wieder Zeugen einer SPÖ-Rede geworden, die aus­schließlich darauf ausgelegt war, das Land krank- und die Menschen armzure­den, was sie einfach nicht sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)

Herr Kollege Lercher, wenn man Ihnen zuhört und dann weggeht, denkt man sich, wir werden gleich alle in eine Massendepression verfallen. (Abg. Krainer: Der Bundeskanzler will die Psychopharmaka verteilen!) Gleichzeitig veröffent­licht Eurostat eine Statistik, laut der im europäischen Raum die Österreicher die


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glücklichsten Menschen in ihrem Land sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lercher: Die roten Länder! ...!)

Da frage ich mich, wie das mit dem zusammenpasst, was Sie und Ihre Genossen hier Woche für Woche völlig faktenfrei daherreden, oder wie es Vizekanz­ler Kogler schön gesagt hat, „ungetrübt“ durch die „Faktenlage“ stellen Sie sich hier heraus, jammern dieses Land in einer Tour krank, reden von Massen­armut. – Ich darf Ihnen sagen: Dieselbe Eurostat-Studie sagt, dass wir 2,3 Pro­zent deprimierte Personen, wie das so schön in der Fachsprache heißt,
haben. Auch diesen 2,3 Prozent werden wir noch helfen, weil diese Bundesre­gierung allen hilft. Diesem Land geht es gut, viel besser, als Sie hier
in Ihren Reden sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.38


14.38.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz, das Kraftfahrzeug­steuergesetz, das Elektrizitätsabgabegesetz sowie weitere Gesetze ge­ändert werden, in 2381 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kol­leginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsan­trag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Kai Jan Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung


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betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließ­lich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 und 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist
die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (Abg. Michael Hammer: Depressions­antrag!) betreffend „temporäres Aussetzen der CO2-Steuer für die
Dauer der Energiepreiskrise“. (Zwischenruf der Abg. Voglauer.)


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend Wettbewerbsgesetz, samt Titel und Eingang in 2382 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

*****

Meine Damen und Herren! Ein ehemaliger Unterrichtsminister und Bundeskanz­ler hat einmal gemeint, die Dinge wären sehr kompliziert geworden. Das
trifft auch auf unsere Abstimmung zu. Wir müssen die Abstimmungen betref­fend die Punkte 2 bis 7 der Tagesordnung leider noch einmal verschieben.

Herr Bundesminister, ich nehme an, Sie werden dann wahrscheinlich bei der Abstimmung nicht mehr hier sein. Wir werden die Abstimmung um zwei Tagesordnungspunkte nach hinten verschieben. Oder Sie bleiben hier? Oder wir schicken ein Foto? Wie es Ihnen recht ist, Herr Bundesminister. Es wird
aber noch ein bissel dauern. (Bundesminister Brunner: Ich komme wieder!) Ich muss aufgrund der eingebrachten Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträge
und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung, auf namentliche Abstimmung (Abg. Wöginger: Namentliche?) – eine namentliche gibt es nicht, gut, wenigs­tens das bleibt uns erspart – die Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 2


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bis 7 bis nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 und 12 verlegen.

Ich fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.41.4210. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 3738/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung des reibungslo­sen Breitbandausbaus (2333 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.42.12

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Diese Regierung ist jetzt
seit vier Jahren im Amt, und der Ausbau der Netze, insbesondere der Breitband­ausbau, ist natürlich ein Thema, was nicht nur seitdem, sondern schon
davor eines war, das wir hier im Haus regelmäßig besprochen und diskutiert haben.

In diesen vier Jahren wurde sehr, sehr viel Geld ausgegeben, nur sehen
wir leider, dass der Breitbandausbau trotzdem stockt und wir nach wie vor nicht wirklich weiterkommen, insbesondere wenn wir uns den Schnitt in Europa anschauen. Da sind wir nach wie vor abgehängt. Dafür gibt es viele Gründe, die teilweise auch hausgemacht sind. Wir sehen aber auch, dass das viele
Geld – alleine im Jahr 2022 über 900 Millionen Euro, also Milliarden, die da in


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den letzten Jahren investiert wurden – nicht so ankommt, wie wir uns das wünschen.

Was macht die Bundesregierung? – Anstatt dass sie jetzt einmal beginnt,
darüber nachzudenken, ob die Varianten und die Art und Weise, wie man dieses Geld investiert, richtig sind, wird weiter Geld hineingeschossen, wird weiter
Geld ausgegeben – und es kommt nach wie vor nicht an. Es gibt Berichte,
die von Ihrem Haus, also dem Haus, in dem Sie ansässig sind, vom BMF, beim Wifo in Auftrag gegeben wurden, und das Wifo vernichtet die aktuelle
Strategie der Bundesregierung und sagt sogar, der ursprünglich vorgelegte Evaluierungsplan ist nach Sichtung mit dem Breitbandbüro als stark überarbeitungsbedürftige Basis für die Evaluierung vorausgesetzt. Wenn wir weiterschauen, steht da, dass der Evaluierungsplan wenig durchdacht ist.
Das ist genau das Problem. Dieses Papier zeigt ganz klar, dass der
Weg der falsche ist.

Es ist aber nicht nur die Statistik, es ist nicht nur die Evidenz von Studien, die Sie beauftragen, die sagen, das ist der falsche Weg, sondern es sind auch die Unternehmen, die diesen Breitbandausbau vorantreiben sollen (Abg. Schnabel: Es gibt mehr als diese drei Unternehmen!), die sagen: Bitte, Herr Minister, schüt­ten Sie nicht in derselben Art und Weise weiter Geld hinein, sondern
schauen wir darauf, wie das System funktioniert! – Genau das passiert aber nicht, dass darüber nachgedacht wird, sondern man versucht weiter, da einfach Geld hineinzuschießen. (Beifall bei den NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade Sie auf der Zuschauergalerie!
Viele von Ihnen werden zu Hause sitzen und sich denken, das Internet ist bei mir nicht schnell genug. Sie werden sich im ersten Moment denken: Ja, die Bundesregierung schmeißt da weiter Hunderte Millionen Euro rein!, aber das Internet wird bei Ihnen trotzdem nicht schneller werden. Warum wird
es nicht schneller? – Weil wir wahnsinnig viel Bürokratie auf dem Weg haben, wahnsinnig viele Hürden.


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Es gibt einen Punkt, bei dem die Europäische Union absolut recht hat, nämlich dass man diese Hürden abbauen sollte. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Genau deswegen gibt es auf europäischer Ebene die Bewegung und den Versuch, eine Gigabit-Infrastrukturverordnung auf den Weg zu bringen.

Einer der zentralen Teile dieser Gigabit-Infrastrukturverordnung ist, dass man versucht, die Bauhürden abzubauen. In Österreich ist das ein Riesenthe­ma, es gibt neun Bauordnungen. Was macht der Staatssekretär, anstatt dass wir da mitgehen und versuchen, zum positiven Beispiel zu werden? – Er rühmt
sich dafür, dagegen zu arbeiten. Er rühmt sich dafür, da nicht mitzuma­chen – was ja absurd ist.

Der Grund dafür, dass das so ist, ist ganz einfach – das, liebe Damen und Herren, ist leider der Stand, den wir in dieser Republik haben –: Es geht nicht da­rum, dass Sie schnelleres Internet haben, es geht um Eigeninteressen der Partei­en. (Abg. Schnabel: Na bitte!) Das Eigeninteresse der Partei liegt immer auf
der Gemeindeebene, weil sich der Bürgermeister nicht hineinpfuschen lassen will. Dann müssen Sie sich überlegen, wo der Herr Staatssekretär bald
sein will. Er will Bürgermeister in Innsbruck sein. Das ist der Grund, warum im Infrastrukturausbau beim Breitband nichts weitergeht. (Beifall bei den
NEOS. 
Abg. Strasser: Das ist aber ein billiger Schmäh! Die Schmähs der NEOS werden immer billiger!)

14.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Herrn Staatssekretär Tursky
offiziell im Parlament willkommen heißen.

Zu Wort gelangt nun Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.46.12

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher! Sie haben gerade eine sehr zynische Sicht der NEOS auf das The­ma Breitband gehört. Ich glaube, es ist ein Resümee, das so in der Praxis


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absolut nicht zutreffend ist, denn: Wenn ich mir die Zahlen anschaue, dann sehe ich, in Österreich ist vor allem in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel
passiert, wenn es um den Breitbandinfrastrukturausbau geht.

Am Anfang der Legislaturperiode standen wir bei 13 Prozent an Gigabitan­schlüssen in Österreich. Heute stehen wir bei 69 Prozent der Haushalte, die ei­nen Zugang zu einer gigabitfähigen Leitung haben. Die Verfügbarkeit hat
sich somit sehr positiv entwickelt. Wir, die Bundesregierung, wollen bis 2030 sicherstellen, dass alle Haushalte einen gigabitfähigen Zugang haben können, wenn sie ihn brauchen. Deswegen investieren wir auch weiterhin dort in den Ausbau von Glasfaserinfrastruktur, wo der Markt eben nicht ausbaut, gerade im ländlichen Raum.

Erst im November wurden 375 Millionen Euro für den Ausbau von offenen Net­zen in unterversorgten Gebieten ausgeschrieben. An den Kollegen von
den NEOS: Gerade für dieses System wurde durch Studien dargelegt, dass es ei­ne gute Investition ist, weil es eben in ländlichen Regionen mit offenen
Netzen den Wettbewerb vor Ort fördert und eine gute Ausbaualternative ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Zorba.) Das heißt: Netze, die allen Internetanbietern offenstehen und somit den Konsumenten auch mehr Wahlfreiheit bieten.

Die Telekommunikationsunternehmen selbst bauen aber auch privatwirtschaft­lich aus, ohne Förderung. Das begrüßen wir, denn letzten Endes bedeutet
das, dass Förderungen und somit Steuergelder eingespart werden.

Was aber diskutieren wir heute? – In vielen Gesprächen mit Gemeinden, Län­dern, Konsumenten, Telekommunikationsunternehmen und Infrastruk­turgesellschaften haben sich einige Baustellen gezeigt, die den Ausbau, egal ob privatwirtschaftlich oder auch im geförderten Bereich, behindern. Aus
diesen Themen ist nun dieser diskutierte Entschließungsantrag entstanden: eine Sammlung an Problemstellungen, denen wir in Gesprächen, aber in weite­rer Folge natürlich auch mit Lösungen begegnen wollen.


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Ein Punkt ist das Thema Überbauung beziehungsweise Mitverlegen. Wir haben die Rückmeldung aus dem Markt bekommen, dass Initiativen oder Aussa­gen, wir wollen mitverlegen, teilweise auch zu Verzögerungen von bis zu zwei, drei Jahren in den Bauarbeiten führen, zu erhöhten Kosten und mit erhöh­tem administrativen Aufwand. Mitverlegung soll tatsächlich möglich sein – das ist auch die Zielsetzung –, aber wir müssen auch darauf schauen, dass
die Projekte weiterhin wirtschaftlich sind und dass es nicht zu Bauverzögerun­gen kommt. Gute Gespräche gibt es in diesem Zusammenhang mit der
RTR, um Lösungen und Leitlinien aufzustellen.

Ein zweiter Bereich: Wir setzen Förderungen in Bereichen, in denen der Markt nicht ausbaut und es unterversorgte Gebiete gibt. Da sind natürlich neue Marktteilnehmer in Österreich aktiv geworden, haben Ausbaugebiete angekün­digt, die eigenwirtschaftlich ausgebaut werden sollen. Das führt dazu,
dass sich unsere Förderlandkarte ändert und vielleicht Projekte, Initiativen, die in förderbaren Gebieten geplant gewesen wären, nicht mehr realisiert oder umgesetzt werden können. Natürlich soll das auch dort, wo privatwirtschaftlich ausgebaut wird, stattfinden können. Wir wollen bloß Mechanismen haben,
dass dieser Ausbau am Ende des Tages auch tatsächlich stattfindet, weil es uns wichtig ist, dass diese Regionen tatsächlich versorgt werden und diese länd­lichen Gebiete auch über schnellen, leistbaren Internetzugang verfügen.

Ein weiterer Punkt betrifft geförderte Ausbaugebiete. Was nicht stattfinden kann, ist, dass Ausbaugebiete blockiert werden, weil es fehlende Sanktio­nen gibt, wenn in einem Fördergebiet nicht ausgebaut wird und dann einfach Zeit verstreicht. Auch das ist nicht förderlich.

Der letzte Punkt, den ich aus diesem Entschließungsantrag ansprechen möchte, ist die Entwicklung, die Nachfragesteigerung von breitbandigen Angeboten. Wir haben in Österreich aus unserer Historie heraus einen hohen Mobilfunkan­teil, auch beim Internet zu Hause sind die sogenannten Cubes immer noch
sehr beliebt. Das führt aber dazu, dass wir in Bereichen der Take-up-Rate, also


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da, wo es um die Anschlussquote geht, hinterherhinken, gerade beim Glas­faseranschluss, da liegen wir bei circa 20 Prozent. Ich habe schon am Anfang ge­sagt: 69 Prozent sind anschlussfähig, 20 Prozent nutzen ihn tatsächlich.
Das führt auch dazu, dass wir in Indizes, dem Desi-Index beispielsweise, auch im Bereich der Konnektivität eher hinten liegen.

Mit diesem Punkt wollen wir auch das Thema adressieren, wie wir mehr Infor­mationen nach draußen transportieren können: was die Sichtbarkeit
von Anwendungen im Breitbandbereich und auch das Thema Wertsteigerungen betrifft, wenn es um das eigene Haus oder das Grundstück geht, und vie­les, vieles mehr.

Insgesamt ist es ein Entschließungsantrag, mit dem wir den Breitbandausbau för­dern wollen, weil es eine Investition in die Zukunft ist. Ich hoffe, dass wir
diesen Antrag gemeinsam unterstützen können und dass wir diese Hürden auch abbauen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.51.44

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucher
und geschätzte Damen und Herren, die von zu Hause zusehen! Die Sicherstel­lung des reibungslosen Breitbandausbaus muss ein Anliegen der Regie­rung sein. Das ist vollkommen klar. Das muss als kritische Infrastruktur wirklich funktionieren und vor allem rasch funktionieren.

Die Digitalisierung und damit die Abhängigkeit von solchen Infrastrukturen schreitet voran, und zwar in jedem Bereich: in der Schule, in der Durchsetzung der Bürgerrechte, Digitales Amt zum Beispiel, oder in der Wirtschaft. Das


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Tempo hat zugenommen, und entsprechend müssen wir auch weiter­hin und schneller die Verlegung von Glasfaserleitungen forcieren. (Beifall bei
der SPÖ.)

Warum ist das wichtig? – Es ist für die Lebensqualität der Menschen wich­tig, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Es ist aber
auch wichtig für öffentliche und kommerzielle Dienstleistungen. Es ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und Forschungsein­richtungen und es ist wichtig für die Städte und Gemeinden, die als Vorausset­zung für einen guten Standort existenziell eine gute und funktionierende Internetanbindung brauchen.

In diesem Zusammenhang wäre es selbstverständlich gewesen, letztere ein­zubinden, und zwar umfassend: in die Planung, in die Umsetzung, in den Bedarf. Die Städte und Gemeinden wissen genau, worum es geht. 70 Prozent der Kosten sind Grabekosten. Wir hätten uns da doch ziemlich viel Geld ersparen können, wenn wir sie als Partner eingebunden hätten. Sie würden auch
die Nutzer garantieren, weil sie genau wissen, wo die Nutzer sind. Das können wir, sage ich einmal, auf Bundesebene, glaube ich, nicht beurteilen.

Eine strategische Planung auf Bundesebene gemeinsam mit den Städten und Ge­meinden, die betroffen sind, hätte die Umsetzung deutlich beschleunigt
und diese Vergabe von einzelnen Zellen an viele Förderwerber unnötig gemacht, die das System dann irgendwie zersprageln.

Das Problem der Städte und Gemeinden, dass sie keinen Ausbaupartner finden, hätte sich dann auch relativiert, weil Unternehmen strategisch Dinge vorbe­reiten und dann blockieren und die Gemeinden und die Städte dann
keine Umsetzer bekommen.

Aus dieser Sicht möchte ich sagen, der Antrag adressiert einige Themen, und wir werden ihn auch unterstützen. Was uns fehlt, ist aber, dass die Regierung
die Städte und Gemeinden nicht nur besser informiert, sondern auch in die um-


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fassende Planung einbindet und ihnen auch die finanziellen Unterstüt­zungen bereitstellt, damit sie den Ausbau auch selbstständig vorantreiben kön­nen – dann wären wir jetzt schon fertig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Dipl.-Ing. Gerhard Dei­mek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.54.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Der Tagesordnungspunkt heißt Sicherstellung des reibungslo­sen Breitbandausbaus. Das ist ja grundsätzlich ein sehr sinnvolles Unterfangen, denn die Digitalisierung schreitet voran, der Datenverbrauch steigt und
so weiter. Jetzt wird in diesem Antrag die Regierung aufgefordert, zu prüfen, ob man oder wie man die Zusammenarbeit bei Überbauung verbessern kann,
wie man sicherstellen kann, dass ein nicht erfolgter Ausbau in gefährdeten Ge­bieten trotzdem stattfindet, und wie man die Nachfrage stärken kann.
Das sind durchaus alles positive Dinge.

Was ich mich wieder einmal frage, ist: Alles das ist ja nicht neu. Das ist ja be­kannt. Das ist den Leuten bekannt, das ist den Gemeinden bekannt, das
ist der Bundesregierung bekannt. Warum wählt man diesen Weg? Ich gehe jetzt nicht auf den Text ein und breite mich mit technischen Fachausdrücken
aus, ich bringe einfach ein Beispiel.

Wir haben in einem Gebiet einen marktbeherrschenden Anbieter, egal wie wir den jetzt nennen wollen, und dann kommt eine andere Firma und möchte
dort – im eigenwirtschaftlichen Gebiet – ausbauen. Dann kommt dieser markt­beherrschende Anbieter und sagt: Moment, du hast ja die Verpflichtung,
dass ich dort mit hineingehe, dass ich in den Bau mit hineingehe – der sogenann­te strategische Überbau. Im Endeffekt haben beide – unter Anführungs­zeichen – einen „geteilten Markt“, haben beide eine niedrigere Rentabilität, und


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im Endeffekt baut keiner. Das heißt, der, der bewusst draufgeht, provo­ziert Stillstand, provoziert Rückzug, und den Open-Access-Ausbau, wie es so schön heißt, können wir uns irgendwohin schmieren. Die Leute, die gerne
einen Breitbandanschluss wollen, bekommen keinen.

Das Zweite ist: Es sind heute schon die Gemeinden geschimpft worden: Ja, die blockieren! – Was soll man denn in einer Gemeinde machen? Man möchte
einen Straßenzug neu asphaltieren oder sanieren und bittet vorher alle, die ir­gendwelche Dinge in der Straße verlegen wollen, das zu tun. Keiner mel­det sich, dann wird saniert, und kaum ist die letzte Asphaltdecke drauf, kommt irgendein Open-Access-Ausbauer und sagt: Ich würde da gerne hinein­gehen. Wer zahlt denn der Gemeinde das, wenn nach ein paar Jahren die Firma vielleicht pleitegeht, wenn Garantien nicht eingehalten werden können,
wenn die Straßen ausschauen wie eine Mondlandschaft, aber nicht mehr wie eine ordentliche Gemeindestraße?

Diese Missstände sind alle bekannt. So, und was machen wir jetzt? Die Regierung könnte ein Lösungskonzept anbieten. Herr Staatssekretär, Sie sind geschimpft worden, weil Sie als Bürgermeister kandidieren. Das kann
schon sein, aber bevor Sie noch als Bürgermeister irgendwohin gehen, wäre es halt geschickt gewesen, wenn Sie vorher noch ein fertiges Lösungskonzept angeboten hätten. Das haben Sie leider nicht gemacht.

Jetzt fordern wir als Nationalrat Sie dazu auf. Ich weiß nicht, ob Sie in dieser Periode, in Ihrer Schaffensperiode noch dazu kommen werden. Geschickter wäre es gewesen, mehr zu tun und sich weniger vom Nationalrat zu irgendet­was auffordern zu lassen. Das wäre Lösungskompetenz. Nach Innsbruck gehen ist halt nur der halbe Spaß. (Beifall bei der FPÖ.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Süleyman Zorba. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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14.58.18

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Die Digitalisierung und die Verfügbarkeit von Breitband sind essenziell für eine moderne Gesellschaft und heute auch gar nicht mehr wegzudenken. Wir arbeiten im Homeoffice, nutzen digitale Unterhaltungsangebote, unsere Unternehmen sind Teil dieser vernetzten Wirt­schaft. Das soll auch in Zukunft so bleiben, denn unabhängig von ihrem Standort soll es ihnen auch ermöglicht werden, ihre Geschäfte abwickeln zu kön­nen. Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist hierfür ein Schlüssel.

Auch die Zahlen belegen das: Im Zeitraum von 2012 bis 2021 gingen
rund 10 Prozent des Wirtschaftswachstums allein auf die zunehmende Anwen­dung von Breitbandanschlüssen zurück. In Summe macht das in diesem Zeitraum rund 39 Millionen Euro aus.

Ich weiß nicht, ob Kollege Hoyos nicht viel unterwegs ist, aber es gibt, glaube ich, derzeit keine Region, wo nicht Bagger auffahren, um Glasfaserkabeln
zu verbuddeln, oder wo keine Projekte in Planung sind. (Abg. Hoyos-Trauttmans­dorff: Doch, bei mir!) Das ist aber auch kein Zufall. (Abg. Lausch: Der Hoyos
wohnt im Park!)
In dieser Legislaturperiode wurden Fördergelder von über 1 Mil­liarde Euro auf den Weg gebracht, um Österreich bis 2030 flächendeckend
mit gigabitfähigen Netzen auszustatten. Diese Investitionen zahlen sich eben auch aus. Durch den Boost in den letzten Jahren wurden auch erhebli­che Fortschritte gemacht. Kollegin Himmelbauer hat es schon angesprochen: von 13 Prozent auf 69 Prozent gigabitfähiger Anschlüsse. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In der Praxis gibt es natürlich Probleme, die wurden auch schon angesprochen. Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir eben an Lösungen arbeiten,
damit da der Ablauf reibungsloser funktioniert. So muss zum Beispiel zur Be­schleunigung des Breitbandausbaus sichergestellt werden, dass die Abstimmung beziehungsweise die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Marktteil­nehmern besser funktioniert. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Der Kollege hat ein gutes Beispiel gebracht: Wenn die Straße zugemacht wird, soll nicht drei Monate später der Nächste kommen und die Straße wie­der aufreißen; die Gespräche und die Zusammenarbeit bei Mitverlegungen sollen besser funktionieren. Außerdem soll der Ausbau auch an Orten erfolgen
und forciert werden, wo der freie Markt nicht funktioniert, wo blinde Flecken entstehen. Auch darauf soll forciert weiter hingeschaut werden. Durch
diese verbesserte Absprache spart man Ressourcen, Geld und Zeit.

Auch die Gemeinden sollen aktiver miteinbezogen werden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Förderung für eine Region bestätigt wird, soll diese Region bezie­hungsweise die Gemeinde oder der Bürgermeister proaktiv informiert werden – und nicht erst, wenn der Marktteilnehmer vorhat, auszubauen. Darüber
hinaus soll geprüft werden, wie man die Nachfrage und die Entwicklung dieser Angebote weiter verstärken kann.

Wir haben jetzt schon ein solides Netz, das stetig ausgebaut wird, damit
auch der letzte blinde Fleck Österreichs beseitigt wird und die Menschen auch dort Zugang zu gigabitfähigen Anschlüssen bekommen. Wir müssen
weiter dranbleiben, und mit diesem Antrag möchten wir den Prozess opti­mieren. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Tursky. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.


15.01.32

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Ich möchte mit etwas vielleicht Ungewöhnlichem beginnen. Man kann
nämlich durchaus auch einen Fehler zugeben. Wir haben in den frühen 2000ern, was den Glasfaserausbau betrifft, eindeutig Fehler gemacht. (Abg. Lukas Hammer: Das war Schwarz-Blau!)


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Wir haben nämlich damals nicht erkannt – auch aufgrund der damaligen Marktsi­tuation, und das betrifft, glaube ich, alle Parteien –, dass Glasfaser zur Da­seinsvorsorge gehört, dass ein Glasfasernetz genauso wie der Kanal, das Strom­netz und das Straßennetz entscheidend sein wird für einen Wettbe­werbsvorteil, den wir in den Regionen brauchen, und dass es notwendig sein wird, nicht nur die großen Ballungsgebiete an die Glasfaser anzuschlie­ßen, sondern auch den ländlichen Raum, um eine Wettbewerbsgleichheit der Regionen in Österreich zu erzielen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP
und Grünen.)

Was ist dann passiert? – Dann hatten wir die Situation, dass wir seit den frühen 1990er-Jahren in Österreich ein liberalisiertes Mobilfunknetz hatten, das
ein absoluter Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger war. Und dann mit dem Aus­bau von LTE, von 4G war schlussendlich auch schnelles mobiles Internet
da, und das mit einer Ausbreitung, die wir derzeit im 5G-Bereich sehen, nämlich von 95 Prozent aller Haushalte.

Was hatte das zur Folge? – Das hatte zur Folge, dass die Notwendigkeit
von schnellerem Internet zu Hause insbesondere in der Zeit vor der Pandemie so nicht gesehen wurde.

Was aber diese Bundesregierung und auch die Bundesregierung davor gemacht haben, war, darauf zu reagieren, und zwar mit der ersten und mit der
zweiten Breitbandmilliarde, weil man gesehen hat: Es kann nicht ewig so wei­tergehen, dass man alles der Privatwirtschaft überlässt und dass am Ende
des Tages die Privatwirtschaft nur dort ausbaut, wo es sich im Moment auszahlt, und dadurch viele weiße Flecken in Österreich übrig bleiben.

Was in den letzten Jahren, seit Ende 2019, gelungen ist, ist wirklich historisch: Wir konnten die Gigabitabdeckung in Österreich von 13 Prozent auf
69 Prozent erhöhen. Das heißt, wir haben 56 Prozent aller österreichischen Haushalte an eine gigabitfähige Internetversorgung herangeführt.


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Was sich aber grundlegend verändert hat in diesen vier Jahren, sind die Rah­menbedingungen. Vor vier Jahren waren wir alle narrisch froh, wenn irgendjemand ausgebaut hat. Wir waren alle narrisch froh, wenn sich irgend­jemand für ein Projekt zur Verfügung gestellt hat. Selbst wenn es ge­fördert wurde, war es oft schwierig, Leute zu finden, weil die Nachfrage in der Bevölkerung nicht da war. Jetzt hat sich diese Situation Gott sei Dank endlich komplett verändert. Das bedeutet aber auch, dass wir die Rahmenbe­dingungen leicht anpassen müssen. Das bedeutet, dass wir uns an­schauen müssen, wer aller verlegt. Das bedeutet, dass wir ganz konkret auch
die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister informieren müssen, wer ver­legt. Das war früher alltäglich.

Mittlerweile haben wir aber das Problem, dass wir dafür gar nicht die rechtliche Grundlage haben. Aus diesem Grund begrüße ich diese Initiative sehr. Ich
danke den Regierungsparteien für diese Initiative. Ich danke insgesamt allen Di­gitalisierungs- und Breitbandsprechern für die gute Zusammenarbeit.

Abschließend: Herr Abgeordneter Hoyos! Innsbruck hat eine Gigabitabdeckung von 98 Prozent, da habe ich nicht mehr viel zu tun. – Vielen herzli­chen Dank! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Zorba: Danke!)

15.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. – Bitte sehr.


15.05.18

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe junge Zuseher oben auf der Zuschauergalerie! Gerade
zu diesem Tagesordnungspunkt möchte ich euch ganz besonders begrüßen. Ihr seid eine Generation, die mit digitalen Endgeräten aufgewachsen ist, ihr
seid Digital Natives, und für eure Generation, für euch bauen wir diese zukunfts­fähige Glasfaserinfrastruktur. Herzlich willkommen hier im Hohen Haus!
(Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)


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Der Herr Staatssekretär und auch meine Kollegin, Frau Himmelbauer, haben schon umfassend ausgeführt, worum es in diesem Tagesordnungspunkt geht und auch was in den letzten Jahren erfolgreich gelungen ist. Ich kann das viel­leicht jetzt zusammenfassen, und zwar nicht nur in Zahlen, sondern vielleicht auch im Erzählen, wie es sich in der Praxis darstellt, wenn man als Region,
als Gemeinde in den Glasfaserausbau geht.

Wir haben gehört, am Anfang der Legislaturperiode waren 13 Prozent der Haushalte an das Breitbandnetz angeschlossen, zurzeit sind es 69 Prozent. Es ist also ein wirklicher High-Speed-Ausbau, der mit beiden Breitbandmilliarden­paketen mittlerweile gelungen ist. Da gilt es aber weiter vorzuarbeiten.

Was ist notwendig, damit wir überhaupt zu den Haushalten einen Glasfaseran­schluss hinbekommen? – Wir, die Region Südweststeiermark, 44 Gemein­den, haben uns dazu entschlossen, gemeinschaftlich einen Masterplan zu erstel­len, wie dieser Ausbauplan funktionieren kann. Bei einer Kostenanalyse ist herausgekommen, wir hätten, Faktenlage 2020, 413 Millionen Euro benötigt, um diesen Ausbau flächendeckend zu bewerkstelligen.

Da haben wir eine etwas andere Erfahrung als Frau Kollegin Oberrauner:
Die Gemeinden können einen Breitbandausbau in Einzelorganisation nicht stem­men. Es braucht den Verbund, es braucht einen größeren Zusammen­schluss zwischen den Ländern, den Gemeinden und dem Bund, um diesen Aus­bau in diesem Ausmaß wirklich flächendeckend umsetzen zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Zorba.)

Was ist uns wichtig und weshalb gibt es diesen Entschließungsantrag? Wir haben jetzt beim letzten, beim dritten Fördercall gesehen, dass viele zusätzliche, viele neue Player am Markt sind, die diesen Glasfaserausbau machen kön­nen und auch wollen. Wir haben uns jahrelang gewünscht, dass da privates Ka­pital eingesetzt wird, und das ist mittlerweile vorhanden. Was haben wir
aber gesehen? – Dass es da unterschiedliche Prüfanalysen aus der Vergangen­heit gibt, dass allein die wirtschaftliche Prüfung, ob ein Anbieter befähigt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 261

ist, eine Region großflächig auszubauen, aus unserer Sicht nicht reicht. Es gehört im Zuge der Erstellung der Förderlandkarte genauso eine fachliche und tech­nische Prüfung gemacht, damit ein flächendeckender Ausbau, auch in zeitlichem Kontext gesehen, funktioniert.

Was braucht es dazu aus unserer Sicht? – Es braucht Sanktionen für die,
die sagen: Wir bauen selbst aus!, und es braucht Sanktionen für die, die eine För­derung erhalten haben, aber dann nicht ausbauen.

Jetzt kommen wir zurück zu den Gemeinden, denn es sind vor allem die Bürgermeister:innen und die Gemeinderäte, die in Kommunikation mit den Bür­gerinnen und Bürgern stehen und dafür werben, dass es zu einem Glas­faserausbau kommt. Deswegen müssen auch – und das steht auch hier in diesem Entschließungsantrag – entsprechende Kommunikationsformen mit den Gemeinden und den Bürgermeistern gefunden werden, um diesen Glasfaseraus­bau entsprechend umzusetzen.

Abschließend: Für die Steiermark, aber auch für die Bundesländer
Kärnten und Burgenland wird es im nächsten Jahr einen Fördercall in der Höhe von 120 Millionen Euro geben, 90 Millionen davon sind für die Steiermark vorgesehen. – Danke, Herr Staatssekretär, dafür, dass das im Zuge des dritten Fördercalls so funktioniert hat, dass wir hier diese Rahmenbedingungen
so abgeändert haben.

Uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den Regionen ist es wichtig, dass die dementsprechenden Rahmenbedingungen zeitnah, in nächster Zeit aufgestellt werden, denn wir wollen keine digitale Kluft zwischen dem urbanen und dem ländlichen Raum haben, wir wollen Smartvillages und
Smartcities! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Erasim. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 262

15.09.52

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich denke,
ich muss da schon etwas zurechtrücken, denn wenn man meinen Vorredner:in­nen seitens der Regierungsfraktionen zugehört hat, würde man ja glauben,
dass hier wirklich etwas beschlossen wird, also eine Maßnahme, eine Initiative – ganz das Gegenteil ist der Fall: Sie geben sich selbst Hausaufgaben in Form
von Entschließungsanträgen, innerhalb der Regierung miteinander zu reden. Als Bürgerin würde ich es eigentlich als selbstverständlich erachten, dass Sie
Ihre Arbeit machen und sich nicht hier selbst Hausaufgaben mittels Entschlie­ßungsanträgen geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich muss ich all dem, was über den Breitbandausbau gesagt wurde,
der Wichtigkeit eines reibungslosen Breitbandausbaus zustimmen. Ich würde so­gar noch viel weiter gehen und behaupten, dass eine leistungsfähige Kom­munikationsinfrastruktur in Zukunft eine der wichtigsten Lebens­adern überhaupt sein wird. Bei vielen wichtigen Lebensadern haben wir es als Sozialdemokratie durch kluge politische Entscheidungen in der Vergan­genheit geschafft, zur absoluten Weltspitze zu gehören. Das haben wir beim Zugang zu Trinkwasser geschafft, aber zum Beispiel auch in puncto Bahnland Österreich. Beim Breitbandausbau sieht das leider noch anders aus,
da gehören wir alles andere als zur Weltspitze, und da jetzt mit Entschlie­ßungsanträgen zu arbeiten ist, so finde ich, nicht das adäquate Mittel, wiewohl wir dem Antrag zustimmen werden.

Viel wichtiger wäre, die Frage zu stellen: Was ist mit den Mitteln aus dem Recoveryfund? Was wird von dort abgeholt? Holt Österreich alles ab,
was es abzuholen gibt, um hier finanziell bestmöglich aufgestellt zu sein? (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Nichtantrag – für mich ist ja das ein Nichtantrag – ist symptomatisch
für die Mut- und Visionslosigkeit dieser Bundesregierung. Der gestrige Auftritt von Bundesminister Polaschek, der ja auch für Forschung zuständig ist,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 263

war eine Chuzpe sondergleichen. So etwas Unambitioniertes habe ich schon lange nicht gesehen, aber ich nehme zur Kenntnis, dass das anscheinend jetzt bis zu den nächsten Wahlen so weitergehen wird.

Anstatt sich um wichtige Themen zu kümmern, werden tolle Anträge wie
zum Beispiel von den Kolleginnen Oberrauner und Kucharowits wieder und wie­der und wieder vertagt, wichtige Themen wie der Antrag betreffend „Be­reitstellung von höheren finanziellen Mitteln für die KI-Grundlagenforschung“. Warum treten Sie hier nicht in Gespräche mit uns ein? Die Hände sind gereicht, die Anträge liegen auf dem Tisch. Die dringend notwendigen Bildungs­reformen sind anscheinend genauso verschlafen worden wie die Regelung
des Umganges mit künstlicher Intelligenz. Werden Sie bitte munter, bevor es zu spät ist! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte.


15.13.16

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann ja
fast nahtlos anschließen. Ich glaube, wir sind uns alle einig darüber – und das ist ja aus allen Redebeiträgen auch hervorgegangen –, wie wichtig und wesent­lich der Breitbandausbau ist. Da freue ich mich natürlich auch über das Bekennt­nis zur Daseinsvorsorge, also durchaus auch ein bisschen über die Selbst­kritik, die es gegeben hat, denn gerade von unserer Seite wurde ja immer wieder ganz klar formuliert, dass das nicht nur der Privatwirtschaft überlassen
werden kann. Da hat es schon zahlreiche Initiativen gegeben, aber gut, man kann auch gescheiter werden. Ich glaube, das ist immer ein Anspruch, den wir letztendlich hier haben, aber ich tue mir ein bisschen schwer, zu glauben, dass dieses Bekenntnis, dieses Engagement die Grundlage war, dass man gesagt
hat, da brauchen wir diesen Antrag.


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Warum gibt es diesen Antrag? Machen wir uns doch nichts vor: Man ist vor einer Ausschusssitzung gestanden, hat eine Tagesordnung gehabt und hat fest­gestellt: Ups, wir vertagen alles, wir haben noch keine eigene Initiative einge­bracht. Wer bastelt schnell was? – Das war der einzige Grund, warum
es den Antrag gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Man kann es sich ja anschauen. Gestern hat ein Kollege von der ÖVP gesagt, ich bin ja noch nicht so lange hier, aber zumindest in den einigen Monaten,
muss ich sagen, habe ich so einen Antrag eigentlich noch nicht erlebt, bei dem man dann noch die Formfehler schnell ausbessern muss, damit man ihn überhaupt noch irgendwie hineinbringt. Da ist noch handschriftlich ausgebessert worden. Druckfehler können passieren, kein Problem, aber wir sehen es
auch an der heutigen Tagesordnung: Es ist die einzige Initiative, die es aus dem Bereich Innovation, Forschung, Digitalisierung gibt. Also das kann ja nicht
wahr sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal: Wir befinden uns im Bereich Forschung, Innovation, Digitalisie­rung. Und dann fordert man in einem Antrag die Bundesregierung auf,
„zu prüfen, [...] wie Gemeinden zum Zeitpunkt einer Förderzusage automatisch informiert werden können, um die Entwicklung der Projekte zu beschleu­nigen“. – Also ein Briefkuvert und E-Mail gibt es schon. Ich weiß nicht, was man da jetzt noch Besonderes entwickeln muss. (Staatssekretär Tursky: Daten­schutz gibt es aber auch!) – Genau, auf das habe ich jetzt gewartet. Jetzt baut man seit fünf Jahren Breitband aus, und nach fünf Jahren kommt man drauf:
Boah, wenn wir denen jetzt etwas sagen wollen, dann müssen wir es uns daten­schutzrechtlich anschauen. Also von Ambition kann man da nicht sprechen.

Dieser Antrag (Abg. Krainer: Ist peinlich!) wird trotz alledem inhaltlich von
uns beurteilt. Man kann nicht dagegen sein, wir stimmen ihm sogar zu. Da gehen wir einen anderen Weg als die Regierung, die schaut sich nämlich unsere Anträge gar nicht an und vertagt einfach. Wir gehen den Weg und sagen: Okay, die Intention passt – auch wenn ich nicht verstehe, warum man fünf Jahre


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braucht, um auf solche Ideen zu kommen, die sich in diesem Antrag wiederfinden. Es ist peinlich, aber sei’s drum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Schmidt. – Bitte.


15.16.01

Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherin­nen und Zuseher! Ich möchte die Gelegenheit auch noch nutzen und das Ganze in einen breiteren Kontext stellen, weil es, wie mein Kollege schon gesagt
hat, eigentlich um die Fragestellung im Bereich Forschung, Innovation und Digi­talisierung geht. Der Breitbandausbau ist halt das Einzige, was es hier ins
Plenum geschafft hat.

Es ist unbestritten, dass Österreich bei der Forschungsquote im europäischen Spitzenfeld liegt. Seit mehr als zehn Jahren erfüllen wir das bekannte
3-Prozent-Ziel. Ich glaube, es ist überparteilicher Konsens, dass das gut, wichtig und notwendig ist, weil Digitalisierung, Forschung und Innovation öster­reichische Unternehmen und natürlich auch gut bezahlte Arbeitsplätze sichern.

Das Problem ist allerdings, dass Österreich zwar überdurchschnittlich
hohe Forschungsausgaben hat, die Wirksamkeit dieser Ausgaben – das ist heute auch schon erwähnt worden – aber weiterhin zu wünschen übrig lässt. Der nachhinkende Breitbandausbau ist eine der Ursachen dafür, warum wir da nicht weiterkommen, warum wir immer noch das selbst auferlegte Ziel, Innovationleader zu werden, nicht erfüllen.

Damit sich das wirklich ändert, brauchen wir vor allem in drei Bereichen endlich größere Maßnahmen. Zuallererst, und das ist das, was hier diskutiert
wurde, müssen wir beim Glasfaserausbau endlich in die Gänge kommen. Das ist die Basis für Digitalisierung, die Basis für KI. Ohne das wird es nicht


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gehen. Österreich war im Vorjahr mit knapp 45 Prozent in Bezug auf die Glasfa­serkabelnetzabdeckung noch immer unter den europäischen Schlusslich­tern. (Abg. Himmelbauer: 69 Prozent der Haushalte!) – Das ist der Breitbandaus­bau, nicht der Glasfaserausbau! Aber wir können ja den Unterschied
noch diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens muss die Bundesregierung – auch das ist kurz erwähnt worden – beim Thema künstliche Intelligenz endlich etwas tun, denn auch da sind wir –
da darf ich den Ausschussexperten Klaus Schuch zitieren – zweifellos mehr „Mit­läufer“ als Vorreiter. Das zeigt auch der Blick auf die Zahlen: Bei den finan­ziellen Mitteln für die KI-Grundlagenforschung können wir mit den
anderen europäischen Ländern schlichtweg nicht mithalten. Zum Vergleich: In Schweden werden in diesen Bereich 500 Millionen Euro investiert, in den Niederlanden waren es 2 Milliarden Euro. Und wie schaut es in Österreich aus? – Heuer geben wir 7 Millionen Euro für die KI-Grundlagenforschung aus.
Das ist ungefähr so viel, wie Uganda und Mexiko dafür ausgeben. Das ist ein­deutig zu wenig.

Der dritte Bereich, der noch nicht angesprochen wurde, aber der einer
der Gründe ist, warum wir bei den Innovationrankings immer abfallen, ist der Frauenanteil, der Digital Gendergap, den wir endlich schließen müssen.
Der Frauenanteil im Bereich Forschung und Wissenschaft ist immer noch sehr niedrig. Im IKT-Bereich liegt er bei rund 20 Prozent und er war in den Vor­jahren sogar rückläufig. Dieser niedrige Frauenanteil ist nicht nur gesellschaftlich problematisch, er bringt uns auch in diesen Innovationrankings immer
den - - (Abg. Schnabel: Wir haben aufgeholt, von acht auf sechs!) Der Frauenanteil in der IKT-Branche war in den Vorjahren rückläufig – rückläufig! (Beifall
bei der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Schnabel.)

Ich weiß nicht, welche Zahlen Sie anschauen, laut meinen Zahlen ist er rück­läufig. Das ist natürlich nicht nur ein gesellschaftspolitisches Problem, sondern es ist vor allen Dingen auch ein Problem für die Unternehmen, es ist ein Pro­blem für die Wirtschaft. Hier darf ich die Wirtschaftskammer Österreich zitieren,


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die ausgerechnet hat, dass durch diesen niedrigen Anteil die Fachkräfte in
der IT fehlen und dadurch ein Wertschöpfungsverlust von knapp 5 Milliarden Euro entsteht.

Trotzdem werden wir natürlich diesem Entschließungsantrag betreffend „die Sicherstellung des reibungslosen Breitbandausbaus“, mit dem es zu klei­nen Verbesserungen kommen soll, zustimmen. Wir würden den Vertreter:innen der Regierungsparteien aber gleichzeitig dringend dazu raten, unsere im Ausschuss immer wieder vertagten Anträge zu den Themen KI und
Digital Gendergap nicht mehr weiter zu vertagen, sondern ihnen endlich zuzu­stimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.20


15.20.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2333 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Sicherstellung
des reibungslosen Breitbandausbaus“.

Wer dafür ist, den darf ich um ein dementsprechendes Zeichen ersuchen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (352/E)

15.20.3311. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (2312 d.B.): Bundesgesetz über die höhere berufliche Bil­dung (HBB-Gesetz) (2348 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (2246 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzge­setz für Kesselanlagen geändert wird (2347 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt
werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kaufmann. Bei ihr steht das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte sehr.


15.21.05

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und zu Hause! In Österreich sind wir stolz auf unsere berufliche Ausbildung – zu Recht, denn unsere berufliche Ausbildung, die Lehre, wird in vielen Ländern ko­piert. In Österreich haben 1,6 Millionen Menschen eine Lehre absol­viert. 108 000 junge Menschen befinden sich aktuell in solch einer Lehrlings­ausbildung. Das ist insofern wichtig, als die Lehre das Fundament unse­rer Fachkräfteausbildung in Österreich ist, aber nicht nur das alleine, sondern auch unseres gesamten Wirtschaftssystems. So stellen wir sicher, dass
wir in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte für unsere Unternehmen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit dem vorliegenden HBB-Gesetz, dem Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung, ermöglichen wir es Menschen in Lehrberufen, bei denen es heute noch nicht möglich ist, eine Befähigungsprüfung oder eine Meister­prüfung im Anschluss draufzusetzen und damit die Karriereleiter weiter hinauf­zusteigen. Wir schaffen also Ausbildungen und ermöglichen jenen, bei de­nen das heute wie gesagt noch nicht so eindeutig möglich ist, diese
auch zu absolvieren.

Geben Sie mir kurz die Gelegenheit, ein Beispiel zu geben – was heißt das ganz konkret? – Wenn man zum Beispiel heute den Lehrberuf als Einzelhandels­kauffrau oder -mann macht, dann hat man wahrscheinlich mit 18 die LAP und ist


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ausgelernt, wie das so schön in Österreich heißt, und hat keine Weiterbil­dungsmöglichkeit. Das Gesetz gibt die Grundlage dafür, dass es möglich ist, zum Beispiel eine Regionalmanagerausbildung draufzusetzen. Damit hat man in seinem Beruf die Möglichkeit, direkt eine Ausbildung weiterzumachen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein richtiger Paradigmenwechsel, den wir herbeiführen, weil wir die Berufsausbildung stärken, klare Karriere­möglichkeiten in dieser Berufsausbildung eröffnen und nicht vorgeben, dass es notwendig ist, weiter auf eine Universität oder auf eine Fachhochschule
zu gehen; das ist möglich, definitiv. Es ist auch wichtig und richtig so, dass es diese Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem gibt. Es ist aber auch
eine klare Aufwertung und ein Bekenntnis zu unserer Lehre in Österreich und zu den Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Lehre. (Beifall bei der ÖVP.)

Was haben die Unternehmerinnen und Unternehmer davon? – Sie haben davon, dass sie gut ausgebildete Fachkräfte haben, ihre Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter eine international anerkannte Ausbildung haben, somit auch an Ausschrei­bungen teilnehmen können, aber natürlich auch insgesamt wettbewerbs­fähig sind, weil sie nachweisen können, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter in einem bestimmten Level im NQR haben.

Hinsichtlich der Meisterprüfung haben wir es schon vor einiger Zeit ge­schafft, dass diese in der beruflichen Ausbildung auf dem gleichen Level wie der Bachelor in der schulischen und universitären Ausbildung ist. Auch die HBB
wird auf der gleichen Ebene des Bachelors sein. Damit haben wir eine gleichwer­tige Ausbildung, aber eine nicht gleichartige Ausbildung. So gelingt es uns wirklich, den Paradigmenwechsel zu schaffen, sodass man die Karriereleiter in seinem Beruf hinaufsteigen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ein langer Weg, der in einzelnen Verhandlungen hinter uns liegt, und ich möchte das an dieser Stelle mit einem großen Danke zum Ausdruck bringen. Viele Stakeholder waren in den
letzten Jahren involviert, haben mitgearbeitet. Rudi Lichtmannecker von der


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Wirtschaftskammer – er ist heute mit dabei, er sitzt auf der Galerie –
hat das vorangetrieben, weil er genau weiß, wie wichtig es für junge Menschen ist, eine gute Ausbildungsperspektive zu haben, aber natürlich auch für
uns Unternehmerinnen und Unternehmer. Natürlich haben sich auch alle So­zialpartner, die involviert waren, wirklich ins Zeug gelegt, um eine gute Ausbildung, eine gute Perspektive zu schaffen.

Danke auch an das Unterrichtsministerium, das Wirtschaftsministerium mit Alex Hölbl, an alle, die das mitverhandelt haben, nicht zuletzt natürlich auch an
den Koalitionspartner, an Süleyman Zorba und Eva Blimlinger. Ich weiß, wir ha­ben hart über gewisse einzelne Punkte diskutiert, aber ich glaube, wir ha­ben am Ende des Tages ein wirklich herausragendes Gesetz herausgebracht, bei dem wir erst in Zukunft sehen werden, welche gute Ausbildungen es geben
wird.

Ein gutes Beispiel dafür, was möglich sein wird, kommt aus dem Bereich des Kli­maschutzes: Die Rauchfangkehrer sind schon mit einigen Ideen vorange­gangen. Es wird möglich sein, nach der Lehrlingsausbildung zum Rauchfangkeh­rer noch den Energieeffizienztechniker als HBB draufzusetzen und viel­leicht erst später den Rauchfangkehrermeister zu machen.

Ich glaube, in genau solchen Bereichen ist es besonders wichtig, dass wir neue Ausbildungen schaffen, denn – und davon bin ich überzeugt, werte Kolle­ginnen und Kollegen –: Bildungspolitik und Wirtschaftspolitik sind Zukunftspoli­tik und da haben wir für die Zukunft vieles und Gutes zu gestalten. –
Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte sehr.


15.26.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuhörerinnen und Zuhörer!


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Zuseher und Zuseherinnen! Ich kann den ersten Teil zu den beiden Geset­zesvorschlägen relativ kurz machen. Kollegin Kaufmann hat uns das HBB-G ja schon in extenso dargelegt. Es stimmt, wir dürfen die Lehrausbildung kei­nesfalls als bildungspolitische Sackgasse belassen, sondern es muss für die jun­gen Leute die Chance geben, danach jede Form höherer Ausbildung in Anspruch zu nehmen. In diesem Sinn werden wir diesem Gesetz zustimmen.

Das zweite Gesetz – das sind hauptsächlich Umsetzungsvorschriften
der Europäischen Union, was die Emissionen der Kesselanlagen betrifft – findet ebenfalls unsere Zustimmung.

Was ich mehr bedauere, Herr Bundesminister, ist, dass wir als Land in ei­ner Situation sind, in der wir noch viel dringendere und viel wichtigere Tätigkei­ten der Regierung und des Gesetzgebers bräuchten. Wir beklagen uns seit
bald eineinhalb Jahren, dass wir die höchste Inflation in Westeuropa haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Auch der „Economist“ ...!) Jetzt haben wir drei Quartale Re­zession hinter uns, ich fürchte, wir werden ins vierte hineinrutschen. Sie haben bisher immer gesagt: Aber zum Glück ist die Arbeitslosigkeit nicht gestie­gen. – Diese Haltung ist leider nicht mehr sachgerecht.

Wenn man den Befürchtungen, was die Pleitewelle betrifft, glaubt, steht uns nicht nur bevor, dass wir die schlechteste Performance während der Infla­tion, eine schrumpfende Wirtschaft und eine Pleitewelle haben, sondern dann auch eine weiter ansteigende Arbeitslosigkeit.

Ich glaube, dass das ein Mix an Problemen in der Wirtschaftspolitik ist, der
mehr als das HBB-G und das Kesselanlagenemissionsgesetz erfordert. Ich glau­be, dass rigide Maßnahmen notwendig wären. Wir haben heute schon
einen Teil im Zuge der Debatte über Umsatzsteueränderungen für PV-Anlagen diskutiert. Es sind zum Teil absurde Positionen der Regierungsparteien
genannt worden wie: Wir wollten die Preise bei Grundnahrungsmitteln senken, das konnten wir nicht machen, aber wir können es bei PV-Anlagen machen,


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denn dort ist es ja eine Förderung. – Also das ist zumindest einmal, was das intel­lektuelle Niveau betrifft, hinterfragenswert.

Wir haben festgestellt, man könnte mit einer Fülle von Maßnahmen handeln. Man könnte ordnungspolitisch eingreifen. Wir könnten schon lang eingefrorene Mieten haben. Wir hätten einen Finanzausgleich machen können, bei
dem wir den Gemeinden, die verhindern wollen, dass sie wegen der Knappheit der Gelder ihre Gebühren erhöhen müssen, gesagt hätten: Du kriegst
zusätzliche Mittel, wenn du eine Abgangsgemeinde bist und die Gebühren
nicht erhöhst. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Wir hätten im Bereich der Energiepreise eingreifen können. Schauen Sie sich das Beispiel auf der Iberischen Halbinsel an! Wir hätten bei den Sparbuchzin­sen eingreifen können. Schauen Sie sich Frankreich an (Abg. Egger: Das ist ja die Rede vom Lercher von vorhin!), wo man bis 30 000 Euro Einlage einen garan­tierten vernünftigen Zinssatz zulasten der Bankguthaben bekommt!

All das, Kollege Egger, hätten wir machen können. Und was ist gekommen? – Niente. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wir lassen Österreich in die Rich­tung weiterlaufen: höchste Inflation in Westeuropa, drei Quartale Rezession, ansteigende Arbeitslosigkeit. Ehrlich gesagt: Zum Glück zwingt uns die Verfassung zu Neuwahlen, denn mit dieser Regierung wird das alles nichts mehr. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: So ein Populismus,
Herr Matznetter!)

15.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Maximilian Linder. – Bitte.


15.30.29

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zu­hörer! Der Änderung des Emissionsschutzgesetzes für Kesselanlagen wer­den wir zustimmen, aber auch dem Gesetzentwurf für höhere Bildung.


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Der Fachkräftemangel ist, glaube ich, jedem von uns sehr bekannt, und wir wis­sen, wie schwierig es ist, heute gute Handwerker zu bekommen, Leute zu bekommen, die bereit sind, in den Firmen handwerkliche Arbeiten zu machen. Leider hat das Handwerk ein sehr negativ behaftetes Image. Viele Men­schen glauben, ihren Kindern muss es besser gehen, die müssen in die Schule gehen, die müssen studieren, auch wenn sie oft dafür nicht geeignet oder
noch nicht reif genug sind. Viele Eltern haben dann ein Aha-Erlebnis, wenn ihre Kinder ein Studium oder eine Schule abbrechen, einen handwerklichen Be­ruf erlernen und dort plötzlich aufblühen und zeigen, dass auch das sehr wohl Chancen bietet.

Mit dieser Ausbildung und der Möglichkeit, sich da weiterzubilden, wird
das, glaube ich, noch verstärkt und diese Möglichkeit wirklich noch unterstützt. Zum einen schafft es berufliche Aufstiegsmöglichkeiten, zum anderen
auch gesellschaftliche Anerkennung, wenn man einen Abschluss hat, wenn
man eine zusätzliche Prüfung hat und sich weiterentwickeln kann.

Ein kleiner Wermutstropfen ist für uns, dass die Prüfungsgebühren nach wie vor selber zu bezahlen sind. Wir haben es gerade jetzt bei der Meisterprüfung gesehen: Es hat sehr, sehr lange gedauert. Wir Freiheitliche haben die Forderun­gen sehr lange einbringen müssen, damit endlich auch die Prüfungsgebüh­ren vom Staat übernommen und getragen werden. Ich bin der Meinung, dass das auch in diesem Fall so geregelt gehört, dass die Prüfungsgebühren nicht vom Ausgebildeten zu zahlen sind.

Grundsätzlich gibt es unsere Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, wir würden uns aber sehr freuen, wenn sehr bald auch die Gebühren übernommen
werden. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ –: Hallo?! – Rufe bei der SPÖ – in Rich­tung FPÖ –: Hallo?! Applaus! – Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Blimlinger. – Bitte.



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15.32.37

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es freut mich, dass ich heute zu einem
zweiten Lieblingsgesetz sprechen kann. Das erste war Spendenbegünstigung, das zweite ist das HBB-Gesetz – höhere berufliche Bildung. Es ist ja in Österreich die Situation so, dass wir eine private und eine berufsbezogene Weiterbildung haben. Im privaten Bereich ist es im Wesentlichen die Erwachsenenbildung, und da sind die Volkshochschulen sozusagen an der Spitze der Trägerschaft, und im beruflichen sind es BFI, Wifi et cetera.

Bis dato gab es keine formalisierte Situation. Das HBB-Gesetz ist – wie meine Kollegin Kaufmann schon gesagt hat – tatsächlich ein grundlegender Para­digmenwechsel, nämlich hin zu diesen formalisierten Abschlüssen und auch zur Einreihung in den sogenannten Nationalen Qualifikationsrahmen. Das ist sozusagen ein ganz wichtiger Schritt, weil diese beiden Teile, die höhere hoch­schulische Bildung – das ist der andere Teil, den wir ja schon vor eineinhalb Jahren beschlossen haben – und die höhere berufliche Bildung, nun gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Es sind nicht nur die Lehrlinge, die dann alle Möglichkeiten der Weiterbildung haben sollen, sondern auch jene, die vielleicht nicht einmal einen Lehrab­schluss, aber schon eine jahrelange berufliche Praxis haben, die es vielleicht während der Pubertät oder in jüngeren Jahren nicht so recht geschafft
haben, die Abbrecher waren, die aber dann zu einem späteren Zeitpunkt sehr gerne eine Weiterbildung machen wollen. Mit diesem Gesetz schaffen
wir die Möglichkeit, dass das passiert. Das heißt, dass die Zugänge zu formali­sierter Weiterbildung festgesetzt werden, und das ist tatsächlich eine ab­solute Neuerung und – wie ich meine – ein ganz wesentlicher Punkt nicht nur für die österreichische Wirtschaft, sondern tatsächlich für die gesamte ös­terreichische Gesellschaft.

Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist, dass diese Qualifika­tionen zum Teil neu entwickelt und natürlich auch immer weiter evaluiert und


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begleitet werden und dass man schaut, wie sich die Entwicklung der beruf­lichen Situation natürlich auch in diesen Weiterbildungssituationen widerspiegelt.

Das heißt: Ich bitte wirklich um eine breite Zustimmung, weil ich denke, dass man damit ungefähr 3,5 Millionen Österreicherinnen und Österreichern,
die in diese Gruppe fallen würden, die Möglichkeit zu beruflichem Erfolg, zur beruflichen Weiterbildung, zu Qualifikationen bietet und ihnen damit
tatsächlich ein besseres Leben ermöglicht.

In diesem Sinne bin ich im Übrigen leider immer noch der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da bin ich auch Ihrer Meinung.

Abgeordneter Shetty ist der Nächste. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.35.54

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen!
Liebe Zuseher! Ich spreche zum Tagesordnungspunkt Änderung des Bundesge­setzes über die höhere berufliche Bildung. Ich möchte vielleicht eingangs
sagen, dass wir NEOS als Bildungspartei ja immer klar gesagt haben, dass die be­rufliche und die akademische Bildung gleichrangig sind. Sie sind nicht gleich­artig, aber sie sind gleichwertig, und deswegen begrüßen wir auch, dass
wir das heute so beschließen, weil da dieser Leitgedanke fortgesetzt wird, dass kein Abschluss ohne Anschluss stattfinden soll, und dass es jetzt auch mög­lich sein wird, im Anschluss an die Lehrabschlussprüfung weitere Bil­dungsabschlüsse zu machen, auch dann, wenn kein Meisterabschluss vorliegt. – Das ist gut, und deswegen stimmen wir diesem Gesetzentwurf auch zu.
(Beifall bei den NEOS.)


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Ich möchte an dieser Stelle aber auch etwas sagen: Ich werde nie müde, zu beto­nen, dass Lehrlinge, dass junge Menschen, die eine Lehre machen, Berufs­schülerinnen und Berufsschüler in unserem System immer noch als Schüler und Schülerinnen zweiter Klasse behandelt werden, und das ist unfair. Es ist gesellschaftlich gesehen auch dumm, weil wir wissen, wenn wir durch eine ande­re Brille auf diese Thematik schauen, dass der Fachkräftemangel von
heute der Lehrlingsmangel von gestern war. Wir brauchen deswegen dringend mehr junge Menschen, die eine Lehre machen, und nicht weniger. Des­wegen sollten wir beispielsweise auch über andere Maßnahmen diskutieren.

Liebe Regierungsfraktionen, vielleicht nehmen Sie das ja auch als Anlass, um bei­spielsweise Berufsorientierung stärker in den Mittelschulen zu verankern,
aber auch grundsätzlich in der Unterstufe. Es sollte so sein, dass jeder
junge Mensch im Alter von 14, 15 Jahren sich einmal umfassend damit befasst hat, welche Möglichkeiten denn die Arbeitswelt bietet, welche Ausbil­dungsmöglichkeiten es gibt, und nicht starr nur eine Sache reingehämmert be­kommt, weshalb sehr viele dann nur über Umwege in die Lehre kom­men – zuerst die HAK machen, die HTL machen, abbrechen und dann in die Lehre gehen. Das sollten wir verhindern, weil das doch auch verlorene Lebenszeit ist.

Wir sollten deswegen die Lehre zur Priorität machen. Ich glaube, heute ist wie­der ein guter Anlass, das zu betonen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS
sowie des Abg. Schallmeiner.)

15.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesmi­nister Kocher, den ich auch herzlich begrüße; ich habe das zuerst überse­hen, Entschuldigung. – Bitte.


15.38.12

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsi­dent! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus!


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Ich möchte in aller gebotenen Kürze doch ein paar Worte zur höheren berufli­chen Bildung sagen, weil ich glaube, dass da im Berufsbildungsbereich
die größte Reform seit etwa 30 Jahren passiert, und ich mich sehr freue, dass die grundsätzlichen Ziele unterstützt werden.

Es gibt derzeit 108 000 Lehrlinge in Österreich. Etwa 40 Prozent eines Altersjahrgangs gehen in die Lehre, 103 000 davon in die betriebliche Lehre. Wir werden auf der ganzen Welt um diese duale Ausbildung beneidet. Es gibt
wenige Staaten, die ähnliche Systeme haben. Wir haben mit den verschiedens­ten Ländern der Welt Abkommen geschlossen, die wir im Aufbau von
dualen Ausbildungssystemen unterstützen – von den USA bis nach Indonesien.

Bisher war es eben so, dass im Bereich der Berufsbildung für viele der
etwa 230 Lehrberufe nach dem Abschluss der Lehre keine weiteren anerkannten Qualifizierungsschritte mehr möglich waren. Es gibt ungefähr 120 Meister-
und Befähigungsprüfungen. Das heißt, für viele gab es keine Möglichkeit mehr, sich im Rahmen des Qualifikationsrahmens formell anerkannt weiterzubilden.

Mit dem Gesetz, das heute beschlossen wird, wird genau diese Möglichkeit ge­schaffen. Es wird in bewährter Art und Weise den Sozialpartnern, den Ministerien die Befüllung der Inhalte in Verordnungen überantwortet. Damit können eben – wie schon genannt – zum Beispiel Dachdecker:innen zu Energieeffizienztechniker:innen weitergebildet werden oder Rauchfangkeh­rerinnen und Rauchfangkehrer auch in diesem Bereich weitergebildet
werden. Ich halte das für eine sehr gute Möglichkeit. Die Lehre ist keine Sack­gasse, sie ist eine der besten Ausbildungsformen.

Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei allen, die mitgearbeitet haben:
bei den Sozialpartnern, beim Bildungsressort, bei allen Institutionen.
Wir brauchen in den nächsten Jahren eine Befüllung dieser Inhalte – qualitäts­gesichert, zertifiziert –, um eben neue Chancen für viele junge Menschen,
die diese Chancen nutzen werden, aufzuzeigen. Und wir brauchen die Fachkräfte aufgrund der Demografie noch viel stärker als in den letzten Jahren. Ich


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glaube, es wird eine Blütezeit der Lehre und der Berufsausbildung werden. Vie­len Dank für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Holzner. – Bitte.


15.40.48

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher! Der Herr Arbeitsminister hat es schon gesagt: Mit diesem Gesetz zur höheren beruflichen Bildung stehen wir vor der größten Innova­tion im Bildungssystem seit der Einführung der Fachhochschulen vor 30 Jahren.

Die Bundesregierung hat bereits im Regierungsprogramm bekundet, das Ansehen der Lehre und der berufspraktischen Ausbildung zu heben.
Einige Schritte wurden schon umgesetzt: die Einführung des Meistertitels,
der Entfall der Gebühren für die Meisterprüfung.

Heute, mit diesem Gesetz zur höheren beruflichen Bildung, kurz HBB genannt, sprechen wir die rund 1,6 Millionen Österreicher:innen an, die eine abge­schlossene Lehre als höchsten Bildungsabschluss aufweisen, und die
rund 870 000 Personen, die nach einem Pflichtschulabschluss eine mehrjährige berufliche Erfahrung erworben haben. Bildung ermächtigt, die eigene Per­sönlichkeit zu entwickeln, Bildung ermächtigt, die eigenen Talente zu entfalten, und Bildung ermächtigt eine ganze Gesellschaft, die sich stellenden He­rausforderungen zu bewältigen.

Wie und worauf bereiten nun HBB-Qualifikationen vor? – HBB-Qualifikationen bereiten berufstätige Personen auf Leitungsaufgaben und spezialisierte fachliche Tätigkeiten in den Unternehmen vor. Und ganz wichtig: Sie werden transparent im Nationalen Qualifikationsrahmen eingestuft. Diese Qua­lifikationen sind dann im nationalen, europäischen und teilweise auch im inter­nationalen Kontext vergleichbar.


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Ein paar Beispiele wurden schon von Kollegin Kaufmann und dem Herrn Arbeitsminister genannt: zum Beispiel aufbauend auf einen Servicetechniker die HBB-Qualifikation technischer Projektleiter oder für einen Rauchfangkeh­rer die Qualifikation zum Energieeffizienzberater, zur Energieeffizienzberaterin.

Mitarbeiter mit Fachpraxis sollen sich also das Know-how zum Beispiel für
die Bewältigung der digitalen und ökologischen Transformation aneignen und entsprechende Karrierewege einschlagen können. Diese HBB-Qualifika­tionen bis zum höheren Fachdiplom werden in die Stufen fünf bis sieben ein­geteilt.

Wieder ein Beispiel: Der Meister ist im Nationalen Qualifikationsrahmen
auf Stufe sechs wie ein Bachelor eingestuft. Das heißt, ein Meister auf fachprak­tischer Ebene ist gleichwertig einem Bachelor auf der akademischen Ebene.

Ich glaube, es wird ein einstimmiger Beschluss. Ich freue mich darauf. Nun heißt es, die Ärmel für die Entwicklung dieser praxisorientierten Angebote aufzu­krempeln (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Maurer), denn der Bedarf an höher qualifizierten Fachkräften mit Leitungsma­nagementfähigkeiten und Schlüsselqualifikationen ist hoch. Packen wir
es an! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrauner. – Bitte.


15.43.55

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Das vorliegende Gesetz wird Personen mit Lehrabschluss und mehrjähriger Bildungserfahrung neue Bildungschancen und Bildungswege eröffnen. So­mit ist eine durchgängige Weiterbildungsperspektive geschaffen, und das ist si­cher eine wichtige Maßnahme, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Meine Fraktion wird diesem Gesetz deshalb zustimmen.


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Insgesamt kann man jedoch – jetzt kommen wir zur aktuellen Situation – Folgen­des feststellen: Die Regierung hat nicht genug getan, um die gewaltigen Herausforderungen wirtschaftlicher Natur zu bewältigen. Die Zeit drängt, aber es gibt immer noch keine Strategie und keinen durchgehenden Plan, wie
sich Wirtschaft und Gesellschaft weiterentwickeln sollen, wie man die Menschen schützen kann und wie man in die Preisgestaltung eingreift.

Das Gegenteil ist leider der Fall: Nach vier Jahren Türkis-Grün haben wir eine schrumpfende Wirtschaft in Österreich, die höchste Inflation in Westeuro­pa, die Arbeitslosigkeit ist im November um 6,5 Prozent gestiegen, die Insolven­zen sind in Österreich um 59,7 Prozent angestiegen und damit ist Öster­reich Spitzenreiter. (Abg. Michael Hammer: Wieder die depressive Grundstimmung! Der Ogris hat gute Arbeit geleistet, die Depression ist schon verinnerlicht bei
euch! 
Weiterer Ruf bei der ÖVP: In der Statistik!)

Ich möchte gerne Kollegen Fürlinger fragen, wo er da das Glück in Österreich findet, von dem er redet. Wir haben das nämlich auch gecheckt: Unter
den ersten zehn glücklichsten Ländern Europas befindet sich Österreich nicht.

Das Zweite, was ich sagen möchte, ist: Wir haben Ihnen wirklich immer wieder die Hand gereicht und Sie gebeten, Dinge umzusetzen, die diese Situa­tion entschärfen. Nur weil Sie glauben, es geht Ihnen gut, geht es den Menschen noch lange nicht gut. Die sind wahrscheinlich auch unter Ihrer Wahrneh­mungsgrenze. Wir brauchen aber ein Einfrieren der Mieten bis 2025 und eine Begrenzung des Mietanstieges auf maximal 2 Prozent im Jahr, auch für
kleinere Unternehmen, die für ihre Geschäftsraummieten genauso hohe Preise zahlen. Das ist alles ungebremst. Das kann Ihnen ja nicht wurscht sein!

Wir brauchen ein sofortiges temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Le­bensmittel für den täglichen Bedarf unter Einsetzung einer Kontrollkom­mission, die schaut, ob das wirklich mit rechten Dingen zugeht – in sozialpartner­schaftlich guter Manier. Warum ist das ein Problem für Sie? Ich verstehe
nicht, was Sie dagegen haben können.


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Die Regulierung des Energiemarktes und die Einführung einer befristeten Übergewinnsteuer für alle Konzerne wären wichtig, denn dann können wir aus diesen Einnahmen wieder sozial gestaffelt und zielgerichtet jene Men­schen unterstützen, die sich das einfach nicht mehr leisten können.

Das sind keine Forderungen, die ideologisch begründet sind. Das sind die Forde­rungen, die der jetzigen Situation entsprechen. Ich glaube, da wäre es drin­gend notwendig, einen Schulterschluss zu machen (Beifall bei der SPÖ) – für die Menschen in diesem Land und nicht gegen eine Partei, die halt irgendwel­che guten Vorschläge bringt. Wir sind offen für Kooperation – auch wenn wir uns Dinge zehnmal anschauen und nicht immer zufrieden sind –, damit
wir hier weiterkommen. Ich bitte Sie von der Regierung wirklich, wenigstens im letzten Jahr einmal die Menschen in den Fokus zu setzen und Ihr Ego
zu überwinden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Scheucher-Pichler.)

15.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte.


15.47.34

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte mich jetzt kurz mit dem Emissionsschutzge­setz für Kesselanlagen beschäftigen. Worum geht es im Prinzip? – Es ist eine EU-Vorgabe, und wir wollen die Emissionen aus diesen großen Kes­seln, die Dampf erzeugen, reduzieren und auch senken. Das ist ganz wichtig.

Raus aus Gas ist ganz wichtig, denn Gas in Heizungen zu verheizen, die
weniger als 100 Grad Celsius Temperatur erzeugen, vernichtet Erdgas, das wir für die Industrie brauchen. Wir sehen, in sehr vielen Bereichen ist es ein­fach auch notwendig, Gas einzusetzen, und trotzdem müssen wir uns überlegen, wie wir rauskommen. Deswegen wollte ich dieses Beispiel auch kurz heranziehen, um zu zeigen, dass auch in der Industrie einiges möglich ist, und zwar nicht nur die Kesselanlagen besser zu machen und die Emissionen


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zu reduzieren, denn unsere Fachkräfte, von denen jetzt auch sehr viel geredet worden ist, sind sehr innovativ.

Da wurde zum Beispiel im Jänner zu Dampf ohne Gas das Forschungsprojekt Ahead vorgestellt. Worum geht es da? – Da geht es um eine Hochtempe­raturwärmepumpe, die dann ohne Gas arbeiten kann und Dampf erzeugt, Dampf mit bis zu 260 Grad Celsius, und das kann Erdgas dann direkt ersetzen.
Damit wollte ich nur unterstreichen, dass wir mit innovativer Technik aus Öster­reich auch aus Erdgas aussteigen können.

Das ist auch vom BMK unterstützt, und ich denke, diese Forschungs- und Innovationsprojekte sind da ganz notwendig, denn in sehr vielen Bereichen – ich habe das auch im Waldviertel gesehen – müssen wir die Dampferzeugung
aus Erdgas ersetzen. Ich bin sehr froh, dass Österreich da ganz innovativ ist und im Bereich Wärmepumpenentwicklung auch weiter voranschreitet. Es
braucht nicht nur Feuerungsanlagen, die kann man auch direkt ersetzen. Ich denke, das muss dann eigentlich überhaupt der bessere Weg in Zukunft
sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttin­ger. – Bitte.


15.49.36

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zum HBB-Gesetz ist schon vieles gesagt worden: Es ermöglicht eine noch breitere Palette an Angeboten für die höhere Bildung nach der Lehre.
Das ist richtig und wichtig. Die höhere berufliche Bildung wird als gleichwertige Alternative zur hochschulischen, akademischen Bildung in Österreich ge­setzlich verankert. Dieser Rahmen ist wichtig, wir haben es schon von den Vor­rednerinnen und Vorrednern gehört.


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Ich kann eine Empfehlung abgeben: Besuchen Sie im Internet die Seite
der WKO, geben Sie höhere berufliche Bildung ein, dann werden Sie sehr gut und ausführlich darüber informiert! Es ist wichtig, dass man sich auch
die Beispiele dazu ansieht.

Nun aber noch einige Worte zu meinen Vorrednerinnen und Vorrednern: Herr Kollege Linder, Einspruch, euer Ehren! Handwerk hat kein schlechtes
Image, Handwerk hat goldenen Boden. Sie alle wissen, wenn Sie einen tollen und guten Handwerker bekommen, haben Sie eine Freude. Es ist eine Freude,
wie manche Jugendliche diesen Beruf erlernen. Das sind tolle und wirklich moti­vierte junge Menschen, die diesen Beruf ergreifen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe selbst zwei junge Frauen in meinem Betrieb, die diesen Beruf im Be­reich Schmiedetechnik und Metalltechnik erlernen. – Sie können gerne
zu mir kommen und sich das ansehen: Diese sind motiviert, gut drauf und haben wirklich eine Freude bei der Arbeit.

Frau Kollegin Oberrauner, Sie haben gesagt, die Regierung hat viel falsch gemacht, was die Wirtschaft betrifft. Das widerspiegelt aber zum Beispiel die GfK-Studie, die gemacht wurde, absolut nicht. GfK ist die fünftgrößte Ins­titution in diesem Bereich, die erforscht, wie hoch die Kaufkraft ist. Das ist ein in Deutschland beheimatetes Unternehmen und es hat herausgefunden, dass
wir bei der Kaufkraft unter 42 Ländern von Platz neun auf Platz sieben gestiegen sind, und wir haben Länder wie Deutschland und Norwegen hinter uns gelassen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Maurer.)

Also: Diese Regierung hat nicht viel falsch gemacht, sondern sie hat viel
ganz richtig gemacht. Wir lassen uns das Land nicht krankjammern. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Maurer.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Egger. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 284

15.52.32

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her im Saal und zu Hause via Livestream! Ein bisschen verwundert bin ich schon, dass man es als SPÖ selbst bei einem sehr positiven Thema, wie es die
höhere berufliche Bildung ist, anscheinend nicht schafft, die dauerdepressive Stimmung abzulegen. Sora scheint großartige Arbeit dahin gehend geleis­tet zu haben, dass man versucht, alles schlechtzureden, was einem in den Weg kommt, es madig zu machen, die Bundesregierung anzupatzen und für
eine schlechte Stimmung in diesem Land zu sorgen. Ich glaube, das ist einer ehemals staatstragenden Partei nicht würdig und es tut auch der Stim­mung im Land nicht besonders gut.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um mich bei 30 000 Unternehmerinnen und Unternehmern zu bedanken, die in ihren Betrieben 108 000 Lehrlinge ausbilden, wie es Martina Kaufmann schon formuliert hat. Damit geben sie die­ser Jugend eine Zukunft, ermöglichen ihr einen Weg ins Erwachsenenleben
und tragen dafür Sorge, dass sie in Zukunft gut ausgebildete Mitarbeiter haben, denn sie werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen. Die de­mografische Entwicklung in diesem Land sagt für 2040 voraus, dass zu den be­reits 200 000 offenen Stellen zusätzlich 350 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebraucht werden, und diese müssen gut ausgebildet werden. Die­ses Gesetz bildet dazu eine gute Grundlage. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Ich danke allen, die dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Es gibt heute so­gar eine einstimmige Beschlussfassung – das ist ja nicht ganz üblich in die­sem Haus, sagt aber auch viel über dieses Gesetz aus. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.54


15.54.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 285

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das scheint auch nicht der Fall zu sein.

Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag
getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend HBB-Gesetz samt Titel und Eingang in 2348 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist jetzt einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist daher auch in dritter
Lesung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird, samt Titel und
Eingang in 2246 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Auch in dritter Lesung das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

15.56.03Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 7


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 7, die ich ebenfalls über jeden Aus­schussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 286

sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz,
das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 2305 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile unter Berücksichtigung des Ver­langens auf getrennte Abstimmung und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Artikel 5, Änderung der Ziffer 14 sowie Einfügung einer neuen Ziffer 22a.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist
mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer und Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betref­fend Artikel 5, Einfügung neuer Ziffern 5a und 25a sowie Änderungen
der Ziffern 12, 22, 28 und 38 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, möge das mit einem Zeichen tun. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortentlastung: Nein
zu ORF-Zwangssteuer und C02-Strafsteuer!“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform des Finanzausgleichs
und echte Transparenz für die Transparenzdatenbank“.

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz geändert wird, samt Titel und
Eingang in 2306 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest – die ist gegeben.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen, daher ist die verfassungsmäßige Feststellung der Zweidrittelmehrheit nicht notwendig.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Finanzausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über die Etablierung einer gebietskörperschaften­übergreifenden Transparenzdatenbank in 2314 der Beilagen zu genehmigen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das
ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über jeden Ausschussantrag getrennt vorge­nommen wird.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betref­fend Start-Up-Förderungsgesetz in 2378 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag
der Abgeordneten Kopf und Schwarz vor.

Weiters liegen Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Krainer und Kaniak vor.

Ich werde daher wiederum über die von den erwähnten Zusatz- beziehungswei­se Abänderungsanträgen sowie von den Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche die Damen und Herren, die diesem Teil in der Fassung des Ausschussberichtes zustimmen, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Kopf und Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 6 § 124b Z 445 eingebracht.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Art. 1 § 124b Z 446 und Z 447.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1 sowie Umnummerierung der alten Ziffer 1 in Artikel 5 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeord­neten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung
einer neuen Ziffer 1a in Artikel 5.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1b in Artikel 5.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 290

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 5 Z 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeord­neten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung
neuer Ziffern 3 und 4 in Artikel 5.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Die Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 5, Einfügung
neuer Ziffern 5 bis 10, sowie Artikel 6 und Artikel 7 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist
die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Ebenfalls das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 291

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend Mindestbesteuerungsreformgesetz samt Titel und Eingang in 2379 der
Beilagen.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

In der dritten Lesung gibt es das gleiche Stimmverhalten: einstimmig ange­nommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7 betreffend Gemeinnützigkeitsreformge­setz 2023 in 2319 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Jakob Schwarz, Kollegin­nen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Loa­cker vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile
und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen somit zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Art. 1 Z 1 lit. d.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Art. 1 Z 2 und 7 eingebracht.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 292

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist nunmehr einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer gibt auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung? – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung
mit Mehrheit angenommen.

16.05.3113. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2394 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3774/A
der Abgeordneten Tanja Graf, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbe­schäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (2395 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt
werden.

Ich darf mich beim Bundesminister für Finanzen für seine Anwesenheit herzlich bedanken.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. Bei ihm steht das Wort. – Herr Ab­geordneter, ich bitte Sie ans Pult.


16.06.24

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt wieder
eine Serie von Themen aus dem Sozialausschuss zu diskutieren. Über die posi­tiven Themen wird Abgeordneter Seemayer berichten; für die Themen,
bei denen wir intensive Diskussionen gehabt haben, bin ich zuständig. Dabei geht es um die Fragen, wie wir mit dem Ausländerbeschäftigungsge­setz umgehen, welche Berufe auf die Mangelberufsliste kommen und welche Personen dazu einen Arbeitsmarktzugang in Österreich haben sollen.

Ganz konkret – ich habe im Ausschuss danach gefragt –: Man möchte Schülerinnen und Schüler – hört zu! (Abg. Steinacker: Aufpassen!, sagt der Herr Lehrer!) –, man möchte Schülerinnen und Schüler von außerhalb der Europäischen Union für Österreich anwerben – Schülerinnen und Schüler!

Dann habe ich die Frage gestellt – die kommen aus Moldawien, möglicherweise aus asiatischen Ländern nach Österreich –: Und wovon sollen diese
Schülerinnen und Schüler für Sozialberufe leben? – Auf diese Frage habe ich keine Antwort bekommen, weil Schülerinnen und Schüler kein Einkom­men haben, wenn sie – möglicherweise in anderen Ländern – angeworben wer­den. Wenn sie schon hier sind, dann brauchen sie einen Aufenthaltstitel,
dann sollen sie bitte in die Schule gehen, die in Österreich verfügbar ist – dann haben wir kein Problem –, aber die Anwerbung von außerhalb, die Zusage,
dass man ihnen eine Rot-Weiß-Rot-Karte gibt, und sie dann mit keinem Einkom­men zu versehen, das kann sich nicht ausgehen und das ist nicht die Art von Politik, die wir unterstützen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten: Ich bin ja ein Vertreter davon, dass man den öffentlichen Verkehr stärkt, dass man diesbezüglich bessere Maßnahmen setzt und vor allem,
dass man Menschen, die im öffentlichen Verkehr tätig sind, auch vernünftig be­zahlt. – Jetzt hat man das Problem, dass es keine Busfahrer gibt, und hat


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das Problem, dass man keine Menschen bekommt, die auch Lokführer werden. Da will man mit der Rot-Weiß-Rot-Karte diese Personengruppen – ich
sage es noch einmal: von außerhalb der Europäischen Union – nach Österreich holen. Wisst ihr, wo die Grenzen der Europäischen Union liegen? – Die
liegen mittlerweile weit im Osten, und von dort wollen Sie Menschen für den österreichischen Arbeitsmarkt holen, um in dem Bereich, das sage ich
ganz deutlich, Menschen unter Druck zu bringen.

Ich sage das sehr, sehr deutlich. Wenn man bei einem 400-Millionen-Menschen-Arbeitsmarkt keine geeigneten Kräfte für den öffentlichen Verkehr findet,
dann liegt es nicht daran, dass wir die in Österreich nicht haben, sondern es liegt an den Arbeitsbedingungen dieser Menschen. (Beifall und Bravoruf bei
der SPÖ.)

Da muss man etwas anderes ändern! Da muss man die Arbeitsbedingungen än­dern, da muss man die Rahmenbedingungen verändern. Was wir hier für
ein geeignetes Personal brauchen, das sind geeignete Ausbildungsmaßnahmen und ist ein geeignetes Einkommen dafür – und das werden wir machen.
Wir stimmen einem Öffiausbau mit Lohn- und Sozialdumping nicht zu. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter
Koza. – Bitte.


16.10.13

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, heute ist ein sehr wichtiger Tag für Menschen (Abg. Belakowitsch: Aus aller Herren Länder!) mit Behinderung.

Wir machen heute für Jugendliche mit Behinderungen den Weg für mehr Inklusion am Arbeitsmarkt frei. Wir durchbrechen heute den Automatismus von Sonderschule, Werkstatt und Sozialhilfe, den bislang so viele Menschen


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mit Behinderungen erleben mussten. Das, was wir heute beschließen, bedeutet tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der gesellschaftlichen Achtung
von Menschen mit Behinderungen und einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis jetzt war es so, dass Jugendliche – unter 25-Jährige –, die sich beim AMS vormerken ließen, eine verpflich­tende Überprüfung ihrer Arbeitsfähigkeit bei der Pensionsversicherungsanstalt durchführen lassen mussten, sobald ein Zweifel an der Arbeitsfähigkeit bestanden hat. Diese Überprüfung ist nur nach medizinischen Kriterien erfolgt und hat meistens oder sehr häufig damit geendet, dass sie arbeitsunfähig geschrieben wurden.

Dadurch haben sie den Zugang zu sämtlichen Arbeitsintegrationsleistungen des AMS verloren. Zusätzlich war es auch so, dass Menschen mit Behinderung,
die einen arbeitslosenversicherungspflichtigen Job hatten und diesen
dann verloren haben, die beispielsweise gerne eine Leistung des AMS in An­spruch genommen hätten, diese nicht erhalten haben – auch sie wurden
quasi automatisch arbeitsunfähig geschrieben und waren damit nicht mehr im AMS-System.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ändern wir heute. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ab nächstem Jahr, ab 1. Jänner 2024, wird für Jugendliche – für junge Menschen unter 25 – mit Behin­derung die Überprüfung der Arbeitsfähigkeit ausgesetzt beziehungsweise ab­geschafft. Die Betroffenen erhalten damit Zugang zu den Leistungen
des Arbeitsmarktservice und des Sozialministeriumservice. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Anstelle des automatischen Abschiebens in eine Werkstatt beziehungsweise in die Sozialhilfe wird künftig die Zusammenarbeit von AMS und Sozialminis­teriumservice gefördert beziehungsweise wird das dahin gehend zusammenge-


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führt, dass für Jugendliche mit Behinderungen ein Perspektivenplan er­stellt wird, und zwar mit ihnen gemeinsam, der die Möglichkeiten zur Arbeits­marktintegration für die Betroffenen aufzeigt. Dabei werden bewährte Programme wie das Jugendcoaching, Ausbildungsfit, Teilqualifizierungslehren oder auch verlängerte Lehren zur Anwendung kommen, es können aber
genauso auch bereits bestehende Qualifizierungsprogramme in den Werkstätten in Anspruch genommen werden.

Bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wird nicht mehr nach rein medizinischen Kriterien vorgegangen, sondern es wird künftig darauf geachtet, welche Fähigkeiten der junge Mensch hat, welche Potenziale ausgebaut werden können, und vor allem, welche Maßnahmen zur Unterstützung notwendig sind, damit
die Arbeitsmarktintegration auch bestmöglich erfolgen kann.

Dafür stehen dem Arbeitsministerium, dem AMS mit den zuletzt im Rahmen des Budgets zusätzlich beschlossenen 50 Millionen Euro an Arbeitsmarktgel­dern für Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit und mit Behinderung auch die ent­sprechenden budgetären Mittel zur Verfügung. Wichtig ist auch, dass Menschen mit Behinderung, die bereits im Arbeitsmarkt waren, wenn sie in die Arbeitslosigkeit kommen, künftig alle Leistungen des Arbeitsmarktservice
zur Verfügung stehen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Grünberg und Deckenbacher.)

Der heutige Beschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein wichtiger, ganz zentraler Schritt zu einer weiteren Inklusion am Arbeitsmarkt. Natürlich werden weitere folgen müssen und wir werden auch dranblei­ben. Wir bitten aber auch um breite Zustimmung für diesen Paradigmenwech­sel. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Kirchbaumer
und Scheucher-Pichler.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Be­lakowitsch. – Bitte.



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16.14.48

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem, was mein Vorredner gesagt hat: Ja, dass es für junge Menschen, junge Erwachsene mit beson­deren Bedürfnissen jetzt besser wird, das ist natürlich begrüßenswert. Das war es dann aber auch schon wieder mit den positiven Punkten, die Sie hier be­schließen.

Interessant ist auch, Herr Kollege Koza, dass Sie kein Sterbenswörtchen
zur Erleichterung beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte gesagt haben. (Abg. Ko­za: Wir haben auch einen zweiten Sprecher!) Wahrscheinlich genieren Sie sich selber für diese Rot-Weiß-Rot-Karte, weil das jetzt nämlich ein Hereinlassen von Menschen aus aller Herren Länder bedeutet, ohne dass es irgendwelche Qualifikationen geben muss. Das ist in Wahrheit das Öffnen des österreichi­schen Marktes, des Arbeitsmarktes für die ganze Welt. (Abg. Koza: ... Millionen an Lokführern, wir warten ...!) Das ist nicht mehr positiv, Herr Bundesminister,
und es verwundert mich jetzt irgendwie, dass Sie das immer noch so machen und so handhaben.

In den letzten Jahren hat es in Österreich zig Scheinfirmen gegeben. Dage­gen haben Sie auch sehr wenig unternommen: Die Finanzpolizei hat aufgedeckt, Sie haben es erfahren, dann wurden die Firmen zwar geschlossen, aber es erfolgte kein Entzug der Gewerbeberechtigung. An derselben Adresse ist wenige Monate später die nächste Scheinfirma zu finden – und all diese Scheinfirmen kosten Geld: Sie haben Förderungen, Kurzarbeitsförderungen, AMS-Förde­rungen bekommen! –, und dann wird die nächste Scheinfirma aufgedeckt. Sie sind der Verwalter dieser Scheinfirmen. Wir wissen – und das wissen Sie
noch besser als wir –, dass weit über 80 Prozent dieser Scheinfirmen, die alle unser Sozialsystem, vorwiegend eben das AMS, betrogen haben, nicht
von österreichischen Staatsbürgern gegründet worden sind.


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Was machen Sie jetzt? – Ihre Antwort darauf ist: Kommt alle rein, der österrei­chische Arbeitsmarkt möchte Sie alle gerne haben!, und das vor dem Hin­tergrund einer massiv steigenden Arbeitslosigkeit. Das verleugnen Sie ja schon die längste Zeit. Sie machen eine reine Vogel-Strauß-Politik. (Ruf bei den
Grünen: Es geht um den öffentlichen Verkehr! Öffentlicher Verkehr!)

Sie fördern Firmen wie diese: Ich habe vor wenigen Tagen eine interessante Anfragebeantwortung von Ihnen bekommen – genau am 12. Dezember
haben Sie mir die geschickt, oder an dem Tag habe ich sie bekommen, Sie haben sie wahrscheinlich schon früher abgeschickt –, in der es um die Media
Data Vertriebs- und Verlags GmbH geht. Auch die wurde gefördert. Das ist zwar ein österreichisches Unternehmen, aber ich bringe das, damit Sie als Zuse­her ein bisschen ein Gespür dafür bekommen, wie der Herr Bundesminister da agiert.

Für diese Firma gibt es eine große Förderung: „Seit 1. Jänner 2020“ – lautet Ihre Anfragebeantwortung – „wurden an die Media Data Vertriebs- und Ver­lags GmbH € 254.105,65 an AMS Förderungen [...] ausbezahlt.“ Das inkludiert auch die Kurzarbeitsförderung. (Abg. Koza: Was hat das mit Lokführern
zu tun? Öffentlicher Verkehr ...!)
Und was ist jetzt? „Am 26. September 2023 wur­den durch die Media Data Vertriebs- und Verlags GmbH 31 Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter“ beim AMS „zur Kündigung angemeldet.“ (Bundesminister Kocher: Das kann passieren!)

„Das kann passieren“, sagt der Herr Bundesminister. Wir fördern diese
Firma, und das ist ja nicht irgendein Unternehmen, Herr Bundesminister. Meine Damen und Herren, ich kläre Sie jetzt auf: Diese Media Data Vertriebs-
und Verlags GmbH steht im Eigentum des „Volksblatt“, und das „Volksblatt“ ist die Parteizeitung der ÖVP Oberösterreich.

„Das kann passieren“! – Diese Firma bekam in den letzten paar Jahren Förde­rungen im sechsstelligen Bereich und meldet aus Dankbarkeit 31 Mitar­beiter beim AMS an. „Das kann passieren!“ – Ja, da haben Sie recht.


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Die Arbeitslosigkeit steigt, Herr Bundesminister, und in Zeiten, in denen die Ar­beitslosigkeit steigt, ist es ein völlig falsches Signal, die Kriterien für die
Rot-Weiß-Rot-Karte hinunterzuschrauben. Sie hätten sie strenger machen müs­sen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Kirchbaumer. – Bitte.


16.18.31

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier
bei uns auf der Galerie und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Wenn man den Kollegen von der Opposition, Kollegin Belakowitsch und auch Kollegen
Stöger, so zuhört (Abg. Wurm: Titanic! Titanic!), dann bekommt man den Eindruck, dass es absolut in die falsche Richtung geht. Da heißt es, dass wir Sozial­dumping betreiben. – Wir haben eine Sozialpartnerschaft. Wir haben einen Kol­lektivvertrag und der ist einzuhalten. Der wird eingehalten und der hat
auch eingehalten zu werden.

Grundsätzlich stellt sich für mich schon die Frage, ob man da nicht Äpfel mit Bir­nen vertauscht. Die Kurzarbeit, die Kollegin Belakowitsch gerade erwähnt
hat, war ein Instrument, damit Menschen in Beschäftigung bleiben können, da­mit Mitarbeiter:innen ihre Beschäftigung, ihren Arbeitsplatz behalten
können. Damit hat sich kein einziges Unternehmen bereichern können. (Abg. Belakowitsch: Darf ich sie Ihnen geben, die Antwort?)

Um es einmal für die Bevölkerung zu skizzieren, für diejenigen, die viel­leicht keine Unternehmer sind und Kollegin Belakowitsch gerade nicht folgen konnten: Wenn man einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin in die Kurz­arbeit schickt, dann arbeitet der Mitarbeiter während dieser Zeit nicht im Unter­nehmen, sondern bekommt Geld vom AMS. (Abg. Stöger: Das stimmt nicht!)
Ich verstehe jetzt noch nicht ganz, warum man Profiteur davon ist, wenn ein Mitarbeiter nicht im eigenen Unternehmen arbeitet, also nicht vor Ort ist.


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Es war ein gutes Instrument, ein wichtiges Instrument, dass wir die Arbeitsplätze in Österreich haben erhalten können, dass die Menschen ihren Arbeitsplatz haben behalten können. Das war weder Sozialdumping noch eine Bereicherung für Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich bitte wirklich inständig, mit
dieser Falschaussage aufzuhören, denn sonst erkläre ich Ihnen ganz gerne noch einmal bilateral, wie das genau funktioniert hat, wenn Sie es nicht verstan­den haben. (Abg. Belakowitsch: Ich habe ja gar nicht behauptet, dass sich
wer bereichert hat!)
 – Das haben Sie jetzt mehrfach behauptet (Abg. Belakowitsch: Nein, schade, dass Sie nicht zugehört haben!), und immer wieder wird be­hauptet, dass sich Unternehmen an der Kurzarbeit bereichert haben. Das möch­te ich vehement zurückweisen, weil es einfach nicht stimmt. (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Schade, dass Sie nicht zugehört haben!)

Zum Thema: Es geht heute darum, dass wir versuchen, mit einem Instru­ment – der Rot-Weiß-Rot-Karte – unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten. Ich möchte ein plakatives Beispiel bringen: Wenn ein Busfahrer 40 Stunden fährt, der Kollege krank ist und der dritte Bus nicht besetzt werden kann, weil man keine Mitarbeiter hat, was ist das Resultat daraus? (Abg.
Wurm: Wo kommt denn der Busfahrer her, Rebecca? Wo kommt der her? Äthiopien, oder? – Abg. Belakowitsch: Kambodscha!)
 – Der Mitarbeiter macht Überstun­den und versucht, mit Gemeinschaftlichkeit diese Linie abzudecken.

Wenn wir mehr Mitarbeiter:innen rekrutieren können, entlasten wir auch da­durch unsere Buslenker:innen (Abg. Belakowitsch: Hoffentlich liegt dann
kein Schnee!)
 – wir veranstalten kein Sozialdumping, sondern wir entlasten unsere Mitarbeiter:innen.

Es gibt Schlagzeilen vom 3. August 2022: „Personalmangel im Tiroler Busver­kehr“. – Am 15. Oktober 2022: „Beim Personalmangel kratzt man an der kritischen Grenze“; „Ganz Tirol mangelt es an Busfahrern“; „Viele Linienbusaus­fälle durch Fahrermangel“.


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Was bedeutet es für den Einzelnen zu Hause (Abg. Wurm: Dass die Regie­rung am Ende ist, Rebecca, wenn ihr keine Busfahrer mehr habt!), dass wir Linien ausfallen lassen müssen, dass der öffentliche Verkehr nicht mehr funk­tioniert, dass Pendlerinnen und Pendler (Abg. Belakowitsch: Dann schaffts halt die Pendlerpauschale nicht ab!), die von A nach B zu ihrer Arbeit fahren müssen,
nicht mehr rechtzeitig zur Arbeitsstätte kommen, weil der Bus ausfällt, dass die Schüler:innen nicht in die Schule kommen, weil der Bus ausfällt?

Wenn wir am Arbeitsmarkt keine Mitarbeiter:innen finden, müssen wir uns so behelfen, dass wir versuchen, Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu finden,
die selbstverständlich den Kriterien der Rot-Weiß-Rot-Karte unterliegen. (Abg. Belakowitsch: Gibt ja keine mehr!) – Selbstverständlich gibt es diese Richt­linien, ich kann sie Ihnen gerne mailen und Sie können Sie gerne lesen, wenn Sie lesen und verstehen können. (Abg. Belakowitsch: Wir können sie jetzt aber
auch den Zuhörern hier erzählen, diese Kriterien!)

Es ist wirklich beschämend, wie man hier ein Bashing gegen alle Maßnahmen, gegen die Bundesregierung, gegen die Unternehmerschaft und auch –
das sage ich abschließend – gegen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter macht, denn die wollen wir auch entlasten, und das ist ein wichtiger
Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter See­mayer. – Bitte.


16.23.51

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Zu Beginn darf ich den Bundesjugendsekretär des DGBs mit
der Delegation der Österreichischen Gewerkschaftsjugend auf der Galerie begrüßen – herzlich willkommen bei uns! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Kollegin Kirchbaumer, eines muss ich schon richtigstellen: Die Kurzarbeitsab­wicklung ist, glaube ich, nicht recht geläufig, denn wenn man Mitarbeiter
in Kurzarbeit hat, dann kriegen die Mitarbeiter weiterhin Lohn oder Gehalt vom Unternehmen, und das Unternehmen bekommt eine Kurzarbeitsbeihilfe
vom AMS. Es ist also eine Kurzarbeitsbeihilfe für die Unternehmen, damit sie die Löhne und Gehälter weiter bezahlen können. – So dürfte es richtig sein.
(Beifall bei der SPÖ.)

Wo ich Ihnen recht gebe: Wenn man die Kurzarbeit richtig anwendet, dann kann man sich nicht bereichern – wenn man sie falsch anwendet, schon. (Heiter­keit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lindner.)

Ich werde jetzt aber kurz auf TOP 13 eingehen, bei dem sehr wohl eine sinnvolle Maßnahme, die die Situation von jungen Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt verbessert, umgesetzt wird.

Personen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr können künftig nicht mehr verpflichtet werden, an einer Untersuchung der Arbeitsfähigkeit teilzunehmen. Diese Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen werden
künftig vom AMS betreut und können somit auch die Leistungen entsprechend in Anspruch nehmen. Das verbessert nicht nur ihre finanzielle Situation,
sondern bringt auch mehr Chancengleichheit, wenn es um den Zugang zum Ar­beitsmarkt geht. Das ist natürlich gut und wir werden dem auch zustimmen.

Diese Verbesserung bringt aber auch ein Mehr an Arbeit und Aufwand für die Beschäftigten beim AMS. Es ist nicht nur diese Maßnahme, die ein Mehr
an Aufgaben und Arbeit für die Beschäftigten beim AMS bringt, sondern auch die Integration von zugewanderten Menschen in den Arbeitsmarkt
bedeutet mehr Arbeit. Auch die verstärkte überregionale Vermittlung von Arbeitssuchenden, die das AMS in den Zielvorgaben hat, bedeutet mehr Arbeit, und nicht zuletzt stellen Beratung und Integration von Menschen mit Behinderung und Langzeitarbeitslosen eine immer größere Herausforderung dar.


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Daher braucht es mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht weniger, sondern mehr Personal für das AMS. (Beifall bei der SPÖ.)

Ähnlich gelagert ist auch die Personalsituation beim Arbeitsinspektorat. Da er­reichen wir die Richtwerte der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisa­tion, bei Weitem nicht mehr. Für eine industrielle Marktwirtschaft, wie wir es sind, sieht das ILO-Übereinkommen ein Aufsichtsorgan pro 100 000 Be­schäftigten vor. Das bedeutet, dass wir, nur um diesen Wert zu erreichen, 35 neue Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren brauchen würden. Wenn man vorausschauend die steigenden Beschäftigtenzahlen und die notwen­digen Nachbesetzungen berücksichtigt, dann brauchen wir 50 neue Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter in den Arbeitsinspektoraten.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Per­sonalaufstockung beim Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektion“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, den Personal­abbau im AMS sofort zu stoppen und statt dessen, eine Personaloffensive
für mehr qualifiziertes Beratungs- und Betreuungspersonal im AMS zu starten und auch das Personal in den Arbeitsinspektionen um zumindest 50 zu­sätzliche Mitarbeiter:innen aufzustocken.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Personalaufstockung beim Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektion

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 13.) Bericht des Ausschusses für
Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz
und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2394 d.B.)

Durch die vorliegende Gesetzesnovelle zum ALVG dürfen Menschen im Alter
unter 25 Jahren nicht mehr als arbeitsunfähig klassifiziert werden. Diese Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf fallen zukünftig auch in die Zuständigkeit
des AMS. Für diese Personen ist jedoch mit einem weit höheren Betreuungsbedarf zu
rechnen. Trotzdem ist für das Jahr 2024 wieder der Abbau von Personal beim
AMS vorgesehen, obwohl die Personalressourcen bisher schon nicht gereicht hatten
und obwohl der Anteil an Arbeitssuchenden, die besonders intensive Betreuung benötigen steigt.

Weitere neue Aufgaben des AMS umfassen etwa die Integration von zugewanderten Menschen in den Arbeitsmarkt und die verstärkte überregionale Vermittlung
von Arbeitssuchenden, die der Arbeitsminister dem AMS in seinen arbeitsmarktpoliti­schen Zielvorgaben aufgetragen hat. Zudem stellen die Beratung und Integration
von Menschen mit Behinderungen und Langzeitarbeitslosen eine immer größer wer­dende Herausforderung dar. Um all diese Aufgaben gut bewältigen zu können,
ist eine Abkehr von den beabsichtigten Personalkürzungen und eine bessere personel­le Ausstattung des AMS unbedingt erforderlich.

Auch in der Arbeitsinspektion wächst die Personallücke weiter. Die Internationale Ar­beitsorganisation (ILO) legt im Übereinkommen Nr. 81, Artikel 10, als Richtwert
für industrielle Marktwirtschaften eine Aufsichtsbeamt:in pro 10.000 Beschäftigte


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fest. Dieser ILO-Richtwert wurde bundesweit gesehen durch die Untätigkeit
der Bundesregierung nicht erreicht!

Alleine um das Mindestmaß wieder zu erreichen, benötigen wir dringend 35 Arbeits­inspektor:innen zusätzlich. Wegen der stetig steigenden Zahl der Arbeitneh­mer:innen sollte jedoch vorausschauend die Erhöhung des Personalstandes um min­destens 50 Arbeitsinspektor:innen und die uneingeschränkte Nachbesetzung
für ausscheidende Arbeitsinspektor:innen erfolgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, den Personalabbau im AMS sofort zu stoppen und statt dessen, eine Personaloffensive für mehr qualifiziertes Beratungs- und Betreuungspersonal im AMS zu starten und auch das Personal in den Arbeitsinspektionen um zumindest 50 zusätzliche Mitarbei­ter:innen aufzustocken.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in
Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Entschuldigung, ich habe einen übersprungen. Wie konnte ich?

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


16.28.15

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zum Antrag, den Kollege Seemayer gerade vorgetragen


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hat: Da müssen ja die Zuschauerinnen und Zuschauer den Eindruck bekommen, beim AMS seien keine Leute. Ich kann Sie aber beruhigen: Es sind ein
Drittel mehr Mitarbeiter als 2008 bei ungefähr der gleichen Arbeitslosigkeit – ein Drittel mehr Mitarbeiter!

Wenn Sie sich fragen: Welche Digitalisierung hat im AMS stattgefunden, welche Prozesse haben sie automatisiert?, und denken: Die müssten doch mit
gleich vielen Mitarbeitern mehr Arbeitssuchende betreuen können!, muss ich sagen: Das können sie nicht.

Nun zur Frage der Beschäftigung von Mitarbeitern aus Drittstaaten im Perso­nenverkehr und im Güterverkehr – praktisch Rot-Weiß-Rot-Karte für
einen Busfahrer, auf Deutsch gesprochen –: Wir finden das gut – anders, als die SPÖ das sieht. Warum finden wir das gut? (Abg. Belakowitsch: ... Vorarl­berg!) – Es gibt die österreichischen Busfahrer nicht. (Beifall der Abgeordneten Jeitler-Cincelli und Kirchbaumer.) Wenn ein Unternehmen die bekommen
würde, dann würde es sie sofort nehmen. (Abg. Hörl: ... Deutsch! Es gibt auch keine Kellner!)

Versetzen Sie sich in die Lage, Sie hätten ein Unternehmen – das ist für
einen Sozialisten schwer (Abg. Kucharowits: Wirklich, so lächerlich!), aber verset­zen Sie sich in die Lage –, Sie hätten ein Busunternehmen und Sie hätten Bewerber. Dann nehmen Sie doch lieber die, die Deutsch können und die in Krupping-Neusiedl jedes Eck kennen, wenn sie mit dem Bus durchkur­ven, als jemanden, der aus einem Drittland kommt und dem Sie zuerst einmal sagen müssen, wo Krems ist, wo Sankt Pölten ist und wo Scheibbs ist. Es ist total logisch. Diese Leute bekommen die Rot-Weiß-Rot-Karte nur, weil es hier
keine gibt, die den Job machen. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen sowie Bravoruf des Abg. Hörl.)

Dass man jetzt diese Ausnahme extra ins Gesetz zimmern muss, zeigt aber
auch, dass das Rot-Weiß-Rot-Karte-Verfahren zu kompliziert und zu restriktiv


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ist. (Abg. Meinl-Reisinger: Wäre super, wenn ... in der Regierung wären!) Es ge­hen in den nächsten Jahren jedes Jahr ungefähr 100 000 Leute in Pension, und ungefähr 80 000 rücken auf den Arbeitsmarkt nach. Uns fehlen die Leute überall! Sie fehlen in der Gastronomie, sie fehlen im Tourismus, sie fehlen im Verkehr. (Abg. Meinl-Reisinger: In der Schischule!) Schauen Sie sich an der Tankstelle in Ihrer Nachbarschaft um! Schauen Sie sich in der Bäckerei in Ihrer Nachbarschaft um: Jeder nimmt Leute. Komm rein, sag mir, wie viele Stun­den du arbeiten willst und um welche Uhrzeit! – Wir haben vorne und hinten zu wenig Personal. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Vielleicht war es vor 30 Jahren richtig, dass Sie sich so schützend vor die Arbeiterschaft gestellt haben, weil Sie Angst haben mussten, dass Ausländer den Menschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Ich glaube, es war damals schon falsch – aber mögen Sie damals recht gehabt haben. Heute liegen Sie ganz sicher falsch! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Kocher. – (In Richtung Abg. Wurm:) Du darfst noch einmal warten, Herr Ab­geordneter.


16.31.05

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Das tut mir leid, Sie kommen gleich dran! – Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde gerne zu Ta­gesordnungspunkt 13 sprechen, weil die Inklusion von Menschen mit Behinderung ein ganz wichtiges Anliegen ist und ich auf sehr große Unterstüt­zung hoffe.

Davor aber ganz kurz zur Debatte: Ich finde es immer schwierig, wenn Unternehmen, die Kurzarbeitsbeihilfen bezogen haben, generell skandalisiert werden. Das ist eine Maßnahme gewesen, die viele Arbeitsplätze gesi­chert hat, und es ist natürlich so, dass auch in den nächsten Jahren in dem einen


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oder anderen Fall bei einem Unternehmen, das Kurzarbeitsbeihilfen bezo­gen hat, ein Konkurs erfolgen wird. Das ist in der Marktwirtschaft so. Das ist nicht erfreulich, aber es ist in der Marktwirtschaft so.

Und wenn von der FPÖ die verschiedenen Aspekte wie Scheinfirmen, qualifizierte Zuwanderung und Kurzarbeit in einen Topf geworfen werden, dann zeigt das, welche wirtschaftliche Kompetenz dort vorhanden ist. Ich hoffe
sehr, dass alle, die zuhören, das auch einschätzen können. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Abg. Belakowitsch: Ja, das
glaube ich schon!)

Noch kurz zu den Beschäftigten im Verkehrswesen, im öffentlichen Verkehr: Wenn es so wäre, dass die Schwierigkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter zu finden, nur daran liegt, dass die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich so schlecht wären, dann wäre das ja zum Beispiel auch ein Vorwurf an die
Stadt Wien – diese hat zu wenige Straßenbahnfahrerinnen und -fahrer, hat zu wenige Busfahrerinnen und Busfahrer. (Abg. Loacker: Die gehen alle in Früh­pension! Alle weg!) Es ist tatsächlich so, dass wir in diesem Bereich insgesamt eine große Knappheit haben und einfach Arbeitskräfte brauchen. Ich glaube, das
kann jeder nachvollziehen, der gelegentlich – weil es zu wenig Arbeits-
und Fachkräfte gibt – länger auf die Bahn, den Bus oder die Tram warten muss.

Jetzt aber zu dem Thema, das mir wirklich am Herzen liegt: Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt. Wie war das bisher? – Bisher war es so, dass in vielen Fällen, in fast allen Fällen, im Alter von 15 durch die Pensionsversi­cherungsanstalt eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Das hat die jungen Menschen mit Behinderungen von Angeboten des AMS ausgeschlossen, sowohl von Qualifizierungsangeboten als auch von anderen Angeboten, wie zum Beispiel eben von finanziellen Unterstützungen, die es im Rahmen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gibt.

Das wird jetzt anders. Jetzt soll zusätzlich zu bestehenden Angeboten die Möglichkeit geboten werden, auch die AMS-Angebote zu nutzen. Das schafft die


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Chance auf Inklusion, das ist ein Paradigmenwechsel im Rahmen der Arbeits­marktinklusion, und ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, damit gemeinsam – und das ist wichtig: AMS, Sozialministeriumservice und die Bundesländer, die
für die Werkstätten, für die tagesstrukturellen Einrichtungen zuständig sind, gemeinsam – möglichst vielen jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, Chancen zu bieten und damit mehr Inklusion am Arbeits­markt sicherzustellen.

Das ist wie gesagt ein Paradigmenwechsel. Es ist sicher nicht der letzte Schritt, der notwendig ist, aber ich bitte um breite Unterstützung dieses Vorha­bens im Sinne eines inklusiven Arbeitsmarkts. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist Abgeordneter Wurm an der
Reihe. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.34.40

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Hinsichtlich des TOPs, der die Behinderten betrifft: Da
sind wir natürlich dafür, kein Thema. Der wesentlich spannendere Teil unserer heutigen Diskussion, Herr Minister, ist der zweite Teil.

Vielleicht muss man das noch ein bisschen aufdröseln. Es ist halt – wir haben es in den letzten Tagen ja auch in anderen Bereichen gesehen – leider Gottes dieses Land wirklich am Ende. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Wir haben
überall Baustellen, Problemstellungen; auch am Arbeitsmarkt, Herr Minister. Ich darf daran erinnern: Das, was Sie jetzt vorlegen, ist im Prinzip der Offenba­rungseid, dass man am Arbeitsmarkt komplett versagt hat.

Aktuell, im November – ich darf das noch einmal sagen –, ist die Arbeitslosigkeit in Österreich um 7 Prozent gestiegen, um 2 Prozent bei Inländern und um 14 Prozent bei Ausländern; Tendenz weiterhin stark steigend, wie wir wissen. Es


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gibt laufend Konkurse von Unternehmen. Vor allem Klein- und Mittelbe­triebe haben Probleme, weil eben die ÖVP ihren Job nicht macht und diese Be­triebe nicht mehr schützt.

Das heißt, die Aussichten sind sehr, sehr schlecht. Die Arbeitslosigkeit –
und der Minister weiß das – wird jetzt über den Winter und auch ins Frühjahr hinein sehr stark zunehmen. Wir sprechen bereits von mehr als 350 000 Menschen. Ich mache einen Rückblick auf die Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts. Wenn Sie sich an die Krisenjahre der Dreißiger­jahre erinnern: Da waren es in Österreich knapp 300 000 Arbeitslose – damit man sich einmal ungefähr das Verhältnis vorstellen kann. Das ist eine
Riesenzahl an Arbeitslosen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Dann wiederhole ich noch einmal – ich habe es auch gestern gesagt –: Sie haben mittlerweile 50 000 Ukrainer im Land, Sie haben aktuell in der Bundesver­sorgung 80 000 Asylwerber und Sie haben 200 000 in der Mindestsicherung – damit man die Dimensionen einmal sieht. Auf der anderen Seite haben
Sie – oder der Minister will das – eben heute diese berühmte Rot-Weiß-Rot-Card mit der Mangelberufsliste vorgestellt. Diese können Sie online
abrufen, wenn es Sie interessiert. Das sind jetzt bundesweit 120 Berufe und in den Bundesländern noch einmal 80. Da wäre es gescheiter, eine Liste zu machen, welche Berufe in Österreich keine Mangelberufe sind, denn da haben Sie alles drinnen, vom Journalisten über den Diplomingenieur Maschinen­bau bis zum Intendanten, alles, was es nur irgendwie gibt, ist da
drinnen.

Auch eine interessante Zahl – wir haben auch darauf hingewiesen –: Der höchste Anstieg der Arbeitslosigkeit im November 2023 in Österreich betrifft die Gruppe der Akademiker. Die Gruppe der Menschen mit akademi­scher Ausbildung verzeichnete im November eine Steigerung der Arbeitslosig­keit von 16 Prozent. Auch darauf haben wir immer wieder hingewiesen –
dieser Akademisierungswahn, der noch vor zehn Jahren vorgeherrscht hat, ich


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kann mich erinnern, scheint sich jetzt auch in der Arbeitslosenstatistik wie­derzufinden. Das kann man sich alles anschauen.

Warum sind wir da so kritisch? – Wir haben Ihnen damals schon das Märchen nicht geglaubt: Wir gehen in die Europäische Union und alles wird super!
Der portugiesische Koch kommt nach Tirol und arbeitet als Kellner oder sonst was! – Das hat sich alles nicht bewahrheitet (Abg. Hörl: Koch bleibt Koch!),
das heißt, die Europäische Union und auch die Ostöffnung des Arbeitsmarktes hat unsere Probleme nicht gelöst.

Dann kam die nächste Märchenstunde, Sie von dieser berühmten Einheitspartei waren immer alle vier dabei. Auch die Sozialdemokratie hat Arbeiter und Angestellte in Österreich verraten, die ÖVP sowieso, aber auch NEOS und Grü­ne. Nächstes Märchen: Jetzt kommt die Zuwanderung, und damit kom­men der Atomwissenschaftler, der Gehirnchirurg und so weiter. (Abg. Loacker: Wir reden von Busfahrern!) – Was ist gekommen? (Abg. Disoski:
Bus-Fahrer!) 
– Unqualifizierte Zuwanderung – über eine halbe Million, die
jetzt das System belasten! Also: wieder ein Märchen, das sich nicht bewahrheitet hat. Wir haben es prophezeit, wir haben recht behalten.

Jetzt kommen Sie mit dem nächsten Vorschlag daher und die ÖVP verteidigt
ihn. Wo ist denn Kollege Karlheinz Kopf? Er sucht ja jetzt schon weltweit Mitarbeiter und sagt das noch ganz stolz. (Abg. Kopf: Ja!) Das ist ja ein Offenbarungseid, wenn man heute keinen Busfahrer mehr findet. Da ist ja viel schiefgegangen. Gestern war Bildungspolitik ein von den NEOS einge­brachtes Thema. Bitte schön, das ist ja nur mehr das Ende der Fahnenstange! (Abg. Hörl: Wenige Leute ...!)

Was dazukommt, Kollege Hörl: Wir sind bankrott. Wie heute Nachmittag, bitte schön, beim Thema Gemeinde gehört – da hat die SPÖ, da habt ihr ja recht gehabt –: 50 Prozent der Gemeinden schaffen kein Budget mehr, mit allen Aus­wirkungen. Trotzdem stimmt ihr aber wieder zu, liebe Sozialdemokratie,
ihr seid immer dabei! (Zwischenruf des Abg. Lercher.) Ihr kennt das Problem,


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stimmt aber immer zu. (Abg. Stöger – erheitert –: Habt ihr nicht zugestimmt,
oder wie?)

Also: Dieses Land ist leider Gottes, weil viele dramatische Fehlentscheidungen passiert sind, komplett am Ende – finanziell, am Arbeitsmarkt, wirtschaftlich. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ich erkläre es den Zuschauern noch einmal: Diese Regierung aus ÖVP und Grü­nen will uns jetzt, unter Beihilfe der anderen beiden Parteien, erklären,
dass der Busfahrer im Tiroler Mittelgebirge aus Äthiopien kommt. Das hat Frau Kollegin Rebecca Kirchbaumer uns zu erklären versucht. Also: Im Mittel­gebirge fährt jetzt der Busfahrer aus Äthiopien. Sie suchen jetzt überall, in den Ländern der Dritten Welt, weltweit, Busfahrer für Tirol.

Gut, das kann man zur Kenntnis nehmen. Wir hätten ja eigentlich einen für den Arbeitsmarkt zuständigen Minister. – Herr Minister, wie erklären Sie das?

Jetzt darf ich zum Abschluss – es gäbe ja viele Dinge zu erzählen – noch
auf Folgendes zu sprechen kommen: Es war im Ausschuss recht lustig. Die Frau Kollegin hat ja den Minister gefragt: Was ist falsch gelaufen? Der Minister
hat gesagt – Herr Minister, es ist ja mehr oder weniger eine öffentliche Sitzung gewesen –, wenn er eine Zeitmaschine hätte (Heiterkeit bei Abgeordneten
der SPÖ)
 – die Kollegen, die dabei waren, lachen jetzt schon –, dann würde er sich 25 Jahre zurückbeamen und die Familienpolitik in Österreich an­ders machen, damit wir dieses Problem demografisch lösen. – Das waren Ihre Worte, Herr Minister. Wir haben ja gestern die aktuellen Zahlen von den Fraktionen gesehen. Die will ich jetzt gar nicht mehr aufwärmen. (Abg. Hörl: Wir sind die Besten!)

Sie haben die Familienpolitik der einheimischen Bevölkerung zerstört, sodass sich keiner mehr Kinder hat leisten können – Punkt, aus, Amen. Deshalb
haben wir so wenige. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek
und Greiner.)


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Und das Zweite, was Sie falsch gemacht haben: Sie haben jetzt über Jahrzehnte Hunderttausende unqualifizierte Menschen ins Land geholt, die uns am Arbeitsmarkt nicht helfen, uns aber Milliarden Euro an Kosten verursachen – Milliarden, die hier in Österreich fehlen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hei­nisch-Hosek: Treten Sie ab! – Abg. Greiner: Es gibt auch andere Unqualifi­zierte! – Abg. Heinisch-Hosek: Die gerade weggehen vom Pult!)

16.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter We­ratschnig. – Bitte.


16.41.55

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wenn es nach der FPÖ ginge, dann sind wahrscheinlich sogar nationale Grenzen zu weit gegriffen. Dann gibt
es neun Bundesländer mit Landesgrenzen, jeder kriegt ein Gartenwerkzeug und es gibt ein paar Gartenzwerge, die das Land bestellen. Busfahrer braucht
es keinen mehr, denn über die Landesgrenze kommt man ohnedies nicht mehr hinaus. Das findet alles innerhalb der Landesgrenze statt, und die Wirt­schaft funktioniert und der Arbeitsmarkt funktioniert. – Also diese Begrifflichkeit von Wirtschaft, von Arbeitsmarkt, die ist ja völlig jenseitig! So funktio­niert das gesamte System nicht. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Wenn es um die Buslenkerinnen und Buslenker geht, sei an dieser Stelle
einmal gesagt, dass in Österreich 1 100 Unternehmen mit circa 15 000 Beschäf­tigten und 9 000 Bussen, die tagtäglich betrieben werden, arbeiten, da­von 240 Unternehmen im Linienbusverkehr. Öffentlicher Verkehr, dieses Werkl muss laufen, und es läuft auch gut – aber es kommt an seine Grenzen. Und
was fordern wir zu Recht? – Dass wir den öffentlichen Verkehr ausbauen. Es braucht dafür mehr Ressourcen und es braucht natürlich auch mehr Per­sonal. Auch mit den bestehenden Ressourcen findet man nicht das Auslangen, deshalb wird es da Pakete brauchen, und es ist richtig, es wird – wie
die SPÖ und wie auch Herr Stöger gesagt hat – auch Sozialpakete brauchen.


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Was die Länder betrifft, so blicke ich da jetzt nach Vorarlberg, nach Wien
und nach Tirol. In Tirol hat der dortige SPÖ-Landesrat René Zumtobel ein Sozial­paket geschnürt – völlig richtig gemacht! –, mit dem man sehr klar auch die Arbeitsbedingungen verbessert, indem man geteilte Dienste nicht mehr zulässt, indem man Öffitickets auch für die Busfahrer:innen und für die Angestell­ten und für die Beschäftigten bereitstellt. Also alles Dinge, die notwendig sind, und trotzdem befinden wir uns auch in Tirol in der Situation, dass ein ekla­tanter Personalmangel besteht, auch trotz der Tatsache, dass die Arbeitsbedin­gungen wesentlich verbessert worden sind.

Es wird also mehrere Maßnahmen brauchen, und eine der Maßnahmen ist natürlich eine gezielte Arbeitsmigration für den öffentlichen Verkehr (Abg. Hörl: Für alle!), eine gezielte Aktion im Bereich der Rot-Weiß-Rot-Karte (Abg.
Hörl: Für alle!),
in der Mangelberufsliste. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt und wird von uns auch unterstützt. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen
und ÖVP.)

Natürlich braucht es da faire Bedingungen und die Einhaltung der strengen Re­geln gegen Lohndumping, die wir in Österreich auch haben. Ja, selbstver­ständlich wird das auch eingehalten, ganz gleich woher, aus welchem Land je­mand nach Österreich kommt. Und es braucht auch ein gutes Betriebs­klima und vor allem auch Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten. (Abg. Wurm: Das ist dem Äthiopier sicher wichtig!) Es braucht auch ein gutes Arbeitsklima und vor allem auch Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten. (Abg. Wurm: Das Betriebsklima ist dem Äthiopier sicher wichtig!)

Weil wir bei den besseren Bedingungen sind, auch ein ganz kritischer
Punkt: Es braucht in allen Bundesländern – da sind auch die Verkehrsverbünde und auch die Busunternehmen gefragt, das wissen sie auch – bessere Be­dingungen, auch was die Frauenbeschäftigung im Bereich des öffentlichen Bus­verkehrs betrifft. Auch da ist viel zu tun, auch das wissen wir. (Beifall bei
den Grünen.)


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Auch für all jene, die bei uns beschäftigt sind, gilt in gleicher Weise: faire Bedingungen, Aufrechterhaltung der strengen Regeln betreffend Lohndumping. Da bin ich ganz derselben Meinung wie die Gewerkschaft.

Was die Fachkräfte betrifft: Die Buslenkerei ist ein Ganzjahresbetrieb, das ist natürlich kein Saisonbetrieb, und dementsprechend müssen wir auch die Bedingungen dafür schaffen – was auch Bestrebungen betreffend Personalun­terkünfte umfasst –, dass hier jemand das ganze Jahr auch sein Auslangen
findet und ein gutes Leben führen kann. Das gilt auch im Bereich des öffentlichen Verkehrs.

Wir müssen den öffentlichen Verkehr mit allen Takten und zukünftigen Verkeh­ren unterstützen und die vorhandenen Mitarbeiter:innen entlasten, denn –
Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer hat das ganz gut gesagt – der eklatante Personalmangel führt nämlich derzeit auch dazu, dass das bestehende Per­sonal mehr Überstunden machen muss, weniger Möglichkeiten für den Zeitaus­gleich hat (Abg. Hörl: Das ist auch in der Gastronomie so!), weniger Möglich­keiten hat, auf Urlaub zu gehen, dass auch ein gewisser Druck entsteht, ja nicht krank zu werden. All diese Dinge belasten ein Arbeitsverhältnis, und des­halb muss man, glaube ich, auch im Sinne des Arbeitnehmer:innenschutzes und der Arbeitnehmer:innen sagen, dass sie da einfach Unterstützung brau­chen – und diese Unterstützung gewährleisten wir mit dem heuti­gen Beschluss. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Grünberg. – Bitte.


16.46.57

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Von den Buslenkerinnen und Buslenkern komme ich jetzt wieder zum Thema der Menschen mit Behinderungen.


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Das Recht auf Arbeit ist ein Menschenrecht. Arbeiten zu gehen ist für einige wenige vielleicht einfach nur ein Mittel zum Zweck, um Geld zu verdienen, doch die meisten sehen Arbeit als etwas Sinnstiftendes, Erfüllendes, etwas, das
sie gerne machen und wofür sie auch wertgeschätzt werden. Die Arbeit kann das Selbstbewusstsein stärken, und man kann bei der Arbeit auch Freunde
fürs Leben finden. Im Großen und Ganzen ist Arbeit durchaus etwas Positives, und man leistet dabei auch einen Beitrag zu unserer Gesellschaft.

Junge Menschen mit Behinderung haben nun lange darum kämpfen müs­sen, überhaupt arbeiten gehen zu können, denn bis jetzt wurden sie oft bereits im jungen Alter von nur 15 Jahren verpflichtet, an einer Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit teilzunehmen – oft leider mit dem Resultat, als arbeitsunfähig eingestuft zu werden, und damit wurde ihnen der Weg zum Arbeitsmarkt und auch viele weitere beruflichen Chancen verbaut.

Wir sollten nicht vergessen, auch Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf Arbeit. Wie mein Kollege Koza und auch der Bundesminister schon gesagt haben, findet mit dem Gesetz, das heute vorliegt, ein Paradigmen­wechsel statt, was die Inklusion für Menschen mit Behinderungen am Arbeits­markt betrifft: Ab dem 1.1. des nächsten Jahres kann die Feststellung
der Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit frühestens im 25. Le­bensjahr stattfinden. Damit erhalten alle Betroffenen den Zugang zu
den Leistungen des Arbeitsmarktservice und somit auch mehr Chancen in ihrer beruflichen Karriere. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie können somit an den Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen des AMS teilnehmen und werden bei der Arbeitssuche unterstützt. Es kommt zu
einer Gleichstellung von Menschen ohne Behinderungen und Menschen mit Behinderungen. Diese benötigen manchmal etwas mehr Zeit, um ihre
Talente und Fähigkeiten zu erkennen und voll entfalten zu können – und diese Zeit bekommen sie nun. Ich bin mir sicher, dass unsere Arbeitswelt
davon profitieren wird und extrem bereichert wird, wenn junge Menschen mit Behinderungen ihre Chance bekommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 317

Mein besonderer Dank gilt nun auch noch unserem Arbeitsminister
Martin Kocher, der für dieses Thema auf Anhieb ein offenes Ohr hatte und die Umsetzung konsequent vorangetrieben hat. – Vielen Dank. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


16.50.16

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Es wurde schon mehrfach erwähnt, dass es diese Regierungs­vorlage, die wir nun besprechen, betreffend Arbeitsunfähigkeit
schafft, eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Istzustand zu erreichen – deswegen haben wir im Ausschuss auch zugestimmt.

Bisher war es so, dass Menschen mit Behinderungen nach der Pflichtschule meistens von der PVA auf Arbeitsunfähigkeit überprüft worden sind.
So eine Arbeitsunfähigkeitsfeststellung macht es für diese Menschen nahezu unmöglich, am Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Weg führt
dann in eine Tagesstruktur, wo man mit einem Taschengeld abgespeist wird, keinen Urlaubsanspruch hat und auch sozialversicherungsrechtlich
nicht abgesichert ist.

Dass diese Prüfung auf Arbeitsunfähigkeit jetzt erst mit 25 erfolgen soll, begrü­ßen wir ausdrücklich, das möchte ich festhalten. Allerdings hat Kollege
Koza von einer Abschaffung und von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Soweit wir das in dieser Vorlage gesehen haben, ist das nur ein Verschie­ben bis zum 25. Lebensjahr, dann läuft alles wieder wie gehabt.

In den Abschlussbemerkungen der Vereinten Nationen im Zuge der Staatenprü­fung wurde auch angemerkt, dass man vom medizinischen Modell hin


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 318

zum menschenrechtlichen Modell kommen muss, was diese Einschätzungen betrifft. Ein Paradigmenwechsel in dieser Angelegenheit wäre die kom­plette Abschaffung der Arbeitsfähigkeitsbeurteilung, einfach zu schauen, wo die Talente der Menschen liegen, zu schauen, was sie können – glauben Sie mir, jeder Mensch hat Talente –, und sie danach einer Arbeit zuzuweisen.

Es gibt aber auch noch einen zweiten Kritikpunkt an dieser Novellierung. Es hat sich ein Bürger bei uns gemeldet. Er hat uns freundlicherweise erlaubt,
sein Beispiel hier zu bringen. Es geht um den 19-jährigen Sohn dieses Bürgers, der fatalerweise vor dem 1.1.2023 seine Arbeitsunfähigkeitsbescheini­gung bekommen hat. Und da stellt man sich die Frage: Warum fällt jemand, der am 31.12.2022 diese Bescheinigung bekommen hat, raus, wenn der, der
sie am 1.1.2023 bekommen hat, drinnen ist?

Ihre Antwort war, beim neuen Gesetz handle es sich um eine grundlegende Sys­temumstellung, die leider eine Stichtagsregelung unumgänglich macht. Sie
haben davon gesprochen, dass das noch nicht der letzte Schritt war. Ich nehme Sie da wirklich beim Wort. Wir sehen das aber trotzdem anders, das muss
besser gehen, und deshalb bringen wir auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stichtagsregelung bei Arbeitsunfähigkeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, das auch jene Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 von
der vorgelegten Novellierung der Arbeitsunfähigkeitsprüfung profitieren lässt, die ihren Bescheid vor dem Stichtag 1.1.2023 ausgestellt bekommen
haben.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 319

Es ist absolut notwendig, dass wir diesen Antrag mit breiter Mehrheit annehmen und eine Verbesserung gegenüber der Stichtagslösung schaffen, damit wirk­lich alle Menschen unter 25 von der angestrebten Änderung profitieren. Das wä­re der Paradigmenwechsel, auf den wir alle warten, weil Inklusion nicht
karitativ ist, sondern ein Menschenrecht. Ich glaube, wir verzichten auf wertvolle Arbeitskräfte, wenn wir diesem Antrag nicht mit breiter Mehrheit zustim­men. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke.
(Beifall bei den NEOS.)

16.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Stichtagsregelung bei Arbeitsunfähigkeit

eingebracht im Zuge der Debatte in der 245. Sitzung des Nationalrats über den Be­richt des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage
(2307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2394 d.B.) – TOP 13

Mit einer Regierungsvorlage (2307 d.B., 1), die am 7. Dezember 2023 im Sozialaus­schuss angenommen wurde, plant das Bundesministerium für Arbeit und Wirt­schaft eine Änderung der Arbeitsunfähigkeitsprüfung. Zukünftig soll die Prüfung auf Arbeitsfähigkeit erst mit dem 25. Lebensjahr erfolgen. Bisher war es üblich,
diese Prüfung bereits im Jugendalter durchzuführen, was zur Folge hatte, dass Ju­gendliche und junge Erwachsene mit Behinderungen frühzeitig vom (ersten) Arbeitsmarkt ausgeschlossen wurden und ein späterer Einstieg somit enorm er­schwert wurde.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 320

Die geplante Änderung geht hier einen Schritt in die richtige Richtung (2), jedoch ist in der Regierungsvorlage eine Übergangsregelung mit Stichtag gewählt. Dort heißt
es bei der Änderung des ASVG:

"Dem § 81 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungs­anstalt zur

Beurteilung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG sind, sofern
sie nicht vom AMS

angeordnet wurden, für Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres außer Acht zu lassen.

Gutachten, die nach dem 1. Jänner 2023 vom Arbeitsmarktservice ange­ordnet wurden, sind bis zur

Vollendung des 25. Lebensjahres unbeachtlich.“"

Das Problem, das sich aus der Regelung ergibt, ist, dass Personen, die vor
dem 1.1.2023 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten haben und jünger als 25 sind, nicht von der Novellierung profitieren und die Arbeitsunfähigkeit so­mit bestehen bleibt. Diese Handhabe kann nicht im Sinne des Artikel 27 der UN-BRK (3) sein. Sinnvoller wäre es, alle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Men­schen unter 25, unabhängig von einem Stichtag, für nichtig zu erklären - und somit eine Diskriminierung bei diesen Fällen zu verhindern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 321

das auch jene Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 von der vorgelegten No­vellierung der Arbeitsunfähigkeitsprüfung profitieren lässt, die ihren Bescheid
vor dem Stichtag 1.1.2023 ausgestellt bekommen haben."

1.   https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/2307

2.   https://www.behindertenrat.at/2023/06/ams-angebote-bei-arbeitsunfaehigkeit-fuer-unter-25-jaehrige/

*****


16.54.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussan­trag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden samt Titel und Eingang in 2307 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, möge das bekunden. – Auch in dritter Lesung: einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Personalaufstockung beim Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektion“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 322

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiedler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stichtagsregelung bei Arbeits­unfähigkeit“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden samt Titel und Eingang in 2395 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist
die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, möge das bekunden. – Das ist auch in dritter Lesung das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in
dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

16.56.1815. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2311 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Län­dern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulab­schlusses für die Jahre 2024 bis 2028 (2330 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 323

16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 3641/A(E) der Abgeordne­ten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie­derverleihung des Staatspreises Erwachsenenbildung (2331 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatten wieder unter einem durchgeführt werden.

Ich begrüße den Herrn Bildungsminister und bedanke mich beim Herrn Wirtschaftsminister.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brückl. – Bitte.


16.57.14

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt
unter anderem um eine Artikel-15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, mit der im Zeitraum von 2024 bis 2028 insgesamt 117,2 Millio­nen Euro Steuermittel zur Verfügung gestellt werden sollen, um Lehrgänge für Erwachsene, die den Pflichtschulabschluss nachholen, beziehungsweise Lehrgänge im Bereich der Vermittlung von Grundkompetenzen zu finanzieren.

Grundsätzlich darf ich sagen, dass diese Vereinbarung erstmals im
Jahr 2011 geschlossen wurde. Wir Freiheitliche haben damals auch mitgestimmt, es gab damals einen einstimmigen Beschluss. Wir haben aber damals schon darauf hingewiesen, dass wir als FPÖ es als unbedingt notwendig emp­finden, dass es da eine Kontrolle gibt, dass es eine laufende Evaluierung im Sinne dessen gibt: Was bringt dieses Programm?, Kommen diese Menschen tatsäch­lich am Arbeitsmarkt unter?, Was ist der Erfolg insgesamt?, und so weiter.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 324

Am Ende des Tages verlängern wir diese 15a-Vereinbarung zum dritten Mal. Wir stopfen sehr, sehr viel Geld hinein, aber wir wissen am Ende nicht, was es
bringt. Was ist der Erfolg? – Wir wissen es nicht. Man tut ganz einfach so weiter wie bisher – ähnlich wie wir das von den Pisa-Testungen kennen, worüber
wir gestern schon gesprochen haben. Man erhält ein Ergebnis, man
schaut es sich an, aber man reagiert nicht darauf, und genau das ist auch da wiederum der Fall.

Da verpufft wirklich sehr, sehr viel Geld in einem System, in einem Parallelsys­tem nämlich, muss man fast sagen, das man neben einem grundsätzlich
wirklich guten Bildungssystem, das heruntergewirtschaftet ist – das darf man
so festhalten –, als zweite Schiene aufbaut.

Diese Parallelstrukturen sind aus unserer Sicht ganz einfach nicht notwendig. Wir geben in Österreich sehr, sehr viel Geld für Bildung aus. Im welt­weiten Vergleich liegt Österreich, was die Pro-Kopf-Ausgaben je Schüler betrifft, ganz, ganz weit vorne, gleichzeitig aber ernten wir nicht den Erfolg, den
wir gerne hätten, weil die Visionen fehlen, weil die Vorstellungen fehlen, weil der Weitblick einfach nicht gegeben ist.

Es ist am Ende des Tages eine Loch-auf-Loch-zu-Politik ohne Strategie,
ohne Weitblick. Im Grunde genommen ist das auch sinnbildlich für diese Regie­rung, der es einfach am notwendigen Weitblick fehlt.

Es kracht und knarrt in unserem ganzen Bildungssystem. Wir brauchen
eine Generalsanierung, das muss man so sagen. Wir brauchen eine Generalsa­nierung und keine kosmetischen Korrekturen, und zwar insgesamt bei den Lehrplänen, die wir unbedingt erneuern müssen, neu schreiben müssen, genauso wie in der Bürokratie, in der Besoldung. Wir müssen mehr Wert auf die
Sprache vor allem eben schon in den elementaren Bildungseinrichtungen legen. Das ist unbedingt notwendig. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 325

Es geht darum, dass wir Bildung und Leistung in diesem Land so verknüpfen, dass unsere Kinder am Ende des Tages wissen, was sie zu tun haben,
dass sie auch eine Perspektive haben und dass sie positiv in die Zukunft gehen können. (Beifall bei der FPÖ.)

17.00


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Romana Deckenbacher. – Bitte.


17.00.55

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher und Besucherinnen und Besucher hier bei uns! Die Piaac-Studie aus dem Jahr 2013 – das ist eine internationale Studie, die alle zehn Jahre stattfindet und über Grundkompetenzen von Erwachsenen Bescheid geben und Aussagen darüber treffen soll – sagt aus, dass eine Vielzahl von Personen in Österreich lei­der nicht über ausreichende Alltagskompetenzen – das heißt, Lesen, Schreiben, Rechnen, aber auch digitale Grundkompetenzen – verfügt, um angemes­sen am sozialen Leben, aber auch erfolgreich am Arbeitsmarkt teilhaben zu kön­nen. Jede und jeder Einzelne von ihnen ist einer zu viel! (Beifall bei der ÖVP
sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg und zur persönlichen und beruflichen Entfal­tung und, ja, trägt natürlich auch zu einem besseren, aber vor allem zu
einem selbstbestimmten Leben bei. So ist es wichtig, dass auch Menschen mit geringer Basisbildung die Möglichkeit bekommen, den Pflichtschulab­schluss nachzuholen beziehungsweise durch Teilnahme an Programmen in
der Erwachsenenbildung Bildungslücken zu schließen.

Bereits im Jahr 2012 wurde ein österreichweit einheitliches Förderprogramm von Bund und Ländern beschlossen. Mehrmals wurde diese Vereinba­rung seither verlängert, und sie soll auch in Zukunft weitergeführt werden. Für diese Fortführung des Förderprogramms werden für den Zeitraum 2024


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 326

bis 2028 circa 117,2 Millionen Euro an Fördermitteln aufgebracht, aufgeteilt zwischen Bund und Ländern. Die Mittel des Bundes für diese 15a-Verein­barung werden ab 2024 sogar jährlich um rund 30 Prozent erhöht.

Mit diesen Investitionen sollen weitere 23 000 Personen die Möglichkeit be­kommen, Basisbildungsangebote in Anspruch zu nehmen, und weite­ren 11 000 Personen, die über keinen Pflichtschulabschluss verfügen, soll
es ermöglicht werden, diesen nachzuholen.

Diese Programme sind für Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr, und es sollen dort Grundlagen der schriftlichen und mündlichen Kommunikation
der deutschen Sprache gelehrt werden, aber auch mathematische sowie digitale Kompetenzen sollen erweitert werden.

Es ist ein klares Ziel, dass es dadurch weniger Personen mit Mindestquali­fikation geben soll und mehr Personen einen Platz am Arbeitsmarkt bekommen, denn uns darf niemand verloren gehen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bildung ist somit auch im Erwachsenenalter für jeden und jede zugänglich. Sie trägt immer zur persönlichen Entwicklung, aber auch zum gesellschaftli­chen Wohl bei.

Diese 15a-Vereinbarung wird Jugendlichen ohne positiven Bildungsabschluss sowie geringqualifizierten Erwachsenen in ganz Österreich das kosten­lose Nachholen von Bildungsabschlüssen ermöglichen.

Das ist ein ganz wesentlicher Schritt, einerseits natürlich um Menschen Per­spektiven zu geben, aber andererseits natürlich auch um dem Arbeits­kräftemangel entgegenzuwirken, denn wir geben Menschen Zukunft für unsere Zukunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucha­rowits. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 327

17.04.36

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Menschen, die schlecht oder gar nicht lesen oder auch schreiben können, haben es mit Sicherheit sehr, sehr schwer im Leben – nämlich jene, die einfach noch nicht die Chance bekommen haben. Da gibt es dann oftmals
auch das Phänomen, das Ganze zu verstecken, auch ein bisschen zu verheimli­chen, zu überspielen, und man ist natürlich in vielen, vielen Lebenslagen
und Situationen total abhängig von allen anderen. Auch das Phänomen des Sich-dafür-Schämens kommt noch ganz, ganz verstärkt hinzu.

Ich bin der Meinung, niemand soll sich, darf sich und muss sich dafür schämen, wenn er oder sie nicht ausreichend oder gar nicht lesen oder schreiben
kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben eine Verantwortung als Gesellschaft, aber vor allem als Politik, diese Scham, diese Tabuzone endlich wegzubekom­men und Angebote auf die Füße zu bekommen, um eben allen Menschen zu ermöglichen – wurscht, in welcher Lebenslage sie stecken, und egal,
wie alt sie sind –, lesen und schreiben zu lernen. Warum ist das so wichtig? – Kollegin Deckenbacher ist schon darauf eingegangen: weil es halt total schwierig ist, wenn man über diese Schlüsselkompetenzen nicht verfügt. Sie hat
auch die Studie erwähnt: Eine Million Menschen in Österreich sind nach dieser Studie davon betroffen.

Wenn man in diesen Schlüsselkompetenzen nicht ausreichend bewandert
ist, tut man sich halt total schwer, am sozialen Leben teilzuhaben – das ist das eine –, aber auch einen Job zu finden oder im Job zu bleiben – das ist
das andere. Das ist einfach ungemein schwer.

Viele von dieser einen Million Menschen haben auch keinen Pflichtschulab­schluss, das muss man auch einmal in dieser Form sagen. Deshalb ist
es ganz, ganz dringend notwendig, dem wirklich entgegenzuwirken und ein An­gebot auf die Füße zu bekommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 328

Bereits 2012 gab es die Initiative Erwachsenenbildung. Sie ist damals einge­führt worden. Heute, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, beschließen wir mit­tels der 15a-Vereinbarung mehr als 170 Millionen Euro. Das finanzieren
der Bund, die Bundesländer, und Teile davon kommen auch aus dem Europäi­schen Sozialfonds. Mit diesen 170 Millionen Euro sollen rund 23 000 Men­schen im Bereich der Basisbildung einfach unterstützt und fit gemacht werden, und 11 000 Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihren Pflichtschulab­schluss nachzuholen. Das ist ganz, ganz wichtig, um eben selbstbestimmt leben zu können und im Leben bestehen zu können. Deshalb ist das heute ein
ganz, ganz wichtiger und guter Beschluss.

Lassen Sie mich aber abschließend auch noch zum Staatspreis für Erwachsenen­bildung kommen: Seit der ÖVP-FPÖ-Regierung ist der irgendwie abge­schafft worden. Er war nicht mehr da, warum auch immer, das ist offen gesagt unklar.

Kollegin Holzleitner hat das Thema aber wieder auf die Agenda gebracht, und es ist gelungen – wir werden das heute gemeinsam beschließen –, den Staats­preis für Erwachsenenbildung wieder einzuführen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Dieser wird alle zwei Jahre vergeben werden. Deswegen sage ich an dieser Stelle: Danke für den gemeinsamen Be­schluss! (Beifall bei der SPÖ.)

17.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


17.08.03

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Frau Präsidentin! Lieber Herr Bundesminister! Auch ich freue mich sehr über dieses Thema und über diese 15a-Vereinbarung, die wir heute diskutieren. Ich kann gleich an die Worte meiner Vorrednerin anschließen. Warum ist es denn überhaupt notwendig,
dass wir Angebote für das kostenlose Nachholen eines Pflichtschulabschlusses


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 329

oder für den Erwerb von Basisbildung haben? – Das ist einfach so, weil Biografien oft nicht so geradlinig verlaufen, wie wir es uns vielleicht manchmal wünschen.

Es gibt manchmal Brüche in unserem Leben. Das können Krisen sein, das
können Fluchterfahrungen sein, das können auch Krankheiten oder schwierige familiäre Umstände sein. Manchmal hat man von Anfang an schon einen schlechten Start und bricht die Schule ab, manchmal gibt es Ereignisse, die einen erst später aus der Bahn werfen. Wir brauchen in unserer Gesellschaft
aber alle Menschen, auch die Menschen, die Krisen durchlaufen haben, und wir brauchen jedes einzelne Talent und jedes Potenzial, das noch schlummert,
weil wir alle Ressourcen heben müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ.)

Wir brauchen jeden Einzelnen dieser Menschen auf dem Arbeitsmarkt,
aber auch als vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft. Wir müssen die Men­schen mit Programmen dort abholen, wo sie stehen. Kollegin Deckenba­cher hat einige der Inhalte, die in diesen Basisbildungsangeboten enthalten sind, bereits erwähnt. Ich möchte vielleicht noch einige Punkte herausgreifen,
die aus unserer Sicht besonders wichtig sind. Basisbildungsprogramme sind grundsätzlich für alle Menschen da, die in Österreich leben – unab­hängig zum Beispiel auch vom Aufenthaltsstatus. Das heißt, sie sind auch für Asylwerbende da. Aus unserer Sicht ist das Integration ab Tag eins und entspricht genau unserem grünen Zugang. (Beifall bei den Grünen.)

Basisbildungsangebote brauchen auch einen ganzheitlichen Zugang zur Person. Sie müssen sich auf vielfältige, vielleicht auch schwierige Lebensverhält­nisse einstellen. Sehr oft muss man da Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen mitdenken oder auch manche Elemente einer Ausbildung
in der Erstsprache anbieten. Kommunikation und Persönlichkeitsbildung sind ganz wesentliche Elemente, auch die sind wichtig.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 330

Ein letzter Punkt: Es geht meistens doch um noch junge Leute, die diese Ange­bote in Anspruch nehmen. Da gibt es jetzt in dieser Neufassung der Ver­einbarung eine Neuerung: Die haben künftig in der Steuerungsgruppe, von der diese Bildungsprogramme entworfen werden, eine Stimme, eine beraten­de Stimme. Die Bundesjugendvertretung wird in diesem Gremium neben den Sozialpartnern vertreten sein. Wir finden es extrem wichtig, dass auch Jugendliche ihre Lebenswirklichkeit, ihre Bedürfnisse, ihre Perspektiven in die Konzeption einfließen lassen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Das heißt, auch ich freue mich sehr über diese neue, wesentlich ausge­weitete Vereinbarung, und ich freue mich ebenso auch über die Wiederver­leihung des Staatspreises für Erwachsenenbildung.– Danke schön.
(Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Küns­berg Sarre. – Bitte sehr.


17.11.24

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin!
Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Auch wir stimmen dieser 15a-Vereinbarung zu. Wir finden
das natürlich gut, und es sind wichtige Maßnahmen, die da beschlossen werden.

Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass circa eine Million Menschen
in Österreich nicht über ausreichende Kompetenzen in Lesen, Schreiben und Rechnen verfügen, und das sind natürlich nicht nur Zugewanderte, son­dern ganz deutlich auch andere, hier geborene und schon lange in Österreich befindliche Menschen. Das ist natürlich schwierig. Wenn man nicht
über die Mindestvoraussetzungen in den Grundkompetenzen verfügt, kann man am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen, man kann nicht Teil des Ar­beitsmarktes werden und man kann auch nicht für sich persönlich
gute Entscheidungen treffen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 331

Wir unterstützen diese Maßnahmen. Der Anspruch muss natürlich sein, dass die Zahl der Menschen, die als Erwachsene nicht lesen, schreiben und rech­nen können, verringert wird, dass vor allem aber auch in den Schulen die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die mit 15 Jahren aus der Pflichtschule rausgehen und von denen jeder vierte eben nicht sinnerfassend lesen kann, ver­ringert wird.

Das ist ein Drama: Leute, die neun Jahre in der Schule waren und dann rauskommen und einfachste Texte nicht lesen können – das ist ein Totalver­sagen der Schule oder der Bildungspolitik. – Herr Minister, auch da
sind Sie gefordert, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die nicht lesen können, nicht gut lesen können, zu minimieren. Ich freue mich sehr auf Ihre Vor­schläge dazu, die Sie uns sicherlich in Kürze mitteilen werden. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.13


Präsidentin Doris Bures: Ja, und jetzt gelangt Herr Bundesminister Martin Pola­schek zu Wort. – Bitte.


17.13.21

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bereits
von verschiedenen Seiten angesprochen worden, welch wichtige Funktion diese Artikel-15a-Vereinbarung hat, und es ist auch bereits angesprochen wor­den, dass es leider Menschen gibt, die aus dem Bildungssystem kommen und die Grundkompetenzen aus verschiedensten Gründen nicht haben oder irgend­wann einmal auch wieder verlernt haben. Es ist ja so, dass Lesen, Schreiben und Rechnen Kulturtechniken sind, die man, wenn man sie längere Zeit nicht verwendet und längere Zeit nicht übt, auch wieder vergessen kann. Es muss aber natürlich unser Ziel sein, dass die jungen Menschen, die aus dem Schul­system hinausgehen, diese Qualifikationen haben und diese Qualifikationen
auch behalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 332

Deshalb sind wir auch bereits tätig geworden. Deshalb steht ja dieses Schuljahr auch unter dem Motto Lesekompetenz. Wir haben bereits verschiedene Maßnahmen auf Schiene gebracht, und in den nächsten Monaten werden weite­re Maßnahmen folgen, um gerade das Lesen vermehrt im Schulbereich zu verankern und vor allem auch die Jüngeren noch mehr zum Lesen zu motivieren. Das wird natürlich auch über dieses Jahr hinausgehen, denn Lesen ist die
erste Grundkompetenz, die man braucht, um später sowohl schulisch als auch im gesellschaftlichen Leben den Anschluss zu behalten und beruflichen Erfolg
zu haben.

Wir brauchen trotzdem dieses Sicherheitsnetz, denn wir haben keine Garantie dafür, dass Menschen da nicht, aus welchen Gründen auch immer, hinaus­fallen. Deshalb danke ich Ihnen allen sehr, dass Sie dieses Netz gemeinsam mit uns nun wieder einmal knüpfen. Die Budgetmittel steigen auf insgesamt 114,2 Millionen Euro für den Bund – da kommen noch 55,6 Millionen Euro durch den Europäischen Sozialfonds dazu – und 58,6 Millionen Euro
für die Länder, sodass insgesamt – es wurde bereits gesagt – Mittel in Höhe
von fast 173 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Wir werden dadurch die Möglichkeit haben, Menschen, die es wirklich
für sich, für ihr berufliches Fortkommen brauchen, zu unterstützen, damit sie sich auch in der Gesellschaft sicher bewegen können. Gerade auch in Anbetracht dessen, dass wir einen Fachkräftemangel haben, leisten wir damit einen wichtigen Beitrag dazu, dass diese Menschen am Arbeitsmarkt entsprechend vermittelt werden können und die Möglichkeit haben, zumindest zu
einem kleinen Wohlstand zu kommen.

Ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, deshalb sehr für die breite Unterstützung dieser so wichtigen Maßnahme. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 333

17.16.28

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf
der Galerie – ein paar sind ja noch hier – und vor allem zu Hause vor
den Bildschirmen! Ich habe schon öfter gesagt: Bildung schafft Chancen, Bildung schafft Perspektiven, Bildung schafft einfach Zukunft. Bildung bedeutet
für eine Person einen ungeheuren Mehrwert und auch für die Gesellschaft – das haben auch schon meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt –, und das
gleich in mehrfacher Hinsicht. Bildung öffnet nämlich auch die Augen
und ermöglicht einen ganz anderen Blick auf die Dinge des Lebens. Bildung hilft, Vorurteile und Vorbehalte gegenüber anderen abzubauen. Bildung erleich­tert somit indirekt das Zusammenleben und stärkt den gesellschaftlichen Zusam­menhalt. Ausbildung und Bildung stärken aber auch das wirtschaftliche Zusammenleben in der Gesellschaft, denn wer gut ausgebildet ist, kann sich und seine Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbringen und die Türen zum Wohl­stand öffnen.

Bildung – darauf möchte ich ganz besonders hinweisen – ist das einzige krisen­feste Kapital. Das kann einem niemand mehr wegnehmen, und man hat
es selber in der Hand, es entsprechend auszubauen, zu vermehren.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird genau dem Rechnung getragen. Wir wollen vorerst bis 2028 Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung
sowie Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses – was auch schon angesprochen worden ist – besonders fördern. So sollen auch
in den nächsten Jahren – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, wie man immer wieder hört – Potenziale für den Arbeitsmarkt mobilisiert und
ein individueller sozialer und wirtschaftlicher Aufstieg für viele Menschen er­möglicht werden.

Deswegen werden künftig die Mittel des Bundes für die 15a-Vereinba­rung Erwachsenenbildung auf mindestens 11,7 Millionen Euro erhöht, was eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 334

Steigerung von 30 Prozent bedeutet. Somit steigen die jährlich der Er­wachsenenbildung zur Verfügung stehenden Beträge von Bund, Ländern und dem Europäischen Sozialfonds von rund 28 Millionen Euro auf rund 35 Mil­lionen Euro, das ist ein Plus von 7 Millionen Euro. Diese Gelder, ge­schätzte Damen und Herren, sind sehr gut eingesetzt, denn sie geben Men­schen – ich komme damit wieder zum Beginn meiner Rede – Chancen, Perspektiven und Zukunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


17.19.12

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Debatte ist von meinen Vorred­ner:innen schon sehr viel Richtiges gesagt worden. Es gibt in diesem
Punkt erfreulicherweise eigentlich einen sehr breiten Konsens hier im Haus. Es ist ein unerträglicher Zustand – das sehen wir, glaube ich, alle so –, dass ungefähr eine Million Menschen in unserem Land nicht über die allernotwen­digsten Grundkompetenzen verfügen, und daher ist es unsere größte Verpflichtung, etwas dagegen zu tun und Angebote auf die Beine zu stellen, um diesen Menschen unter die Arme zu greifen und damit zu einer Selbster­mächtigung beizutragen.

Wir verlieren viel zu viele junge Menschen auf dem Weg zum Pflicht­schulabschluss, aber es ist offensichtlich auch so, dass viel zu viele junge Men­schen die Schule verlassen, ohne über die Grundkompetenzen in aus­reichendem Ausmaß zu verfügen. Es ist daher sehr wichtig, dass da eben die entsprechenden Angebote kommen, dass wir das heute beschließen
und diese Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

Der Grundsatz, der für uns in der Bildungspolitik seit vielen, vielen Jahren gilt, nämlich kein Kind zurückzulassen, muss nämlich erweitert werden:


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keinen Menschen zurücklassen! Auch die ein bisschen älter gewordenen Kinder, die Jugendlichen und Erwachsenen, die über diese notwendigen Fähig­keiten nicht verfügen und diese Qualifikation später erwerben wollen, verdienen eine Chance und unsere Unterstützung dabei. (Beifall bei der SPÖ sowie
des Abg. Taschner.)

Aus diesem Grund sind wir sehr gerne dabei, unterstützen dieses Vorhaben und werden heute dafürstimmen.

Der zweite Punkt, den wir jetzt diskutieren, ist die Wiederverleihung des Österreichischen Staatspreises für Erwachsenenbildung. Da ist aus unserer Sicht gar nicht einsichtig, warum der in den letzten Jahren nicht vergeben wurde. Kollegin Holzleitner hat jetzt die Initiative ergriffen, dass dieser Preis wieder ver­liehen werden soll, um innovative, wichtige Projekte vor den Vorhang zu
holen, eine entsprechende Wertschätzung auszusprechen und Motivation zu wecken. Wir sind sehr froh, dass es zu diesem Antrag Zustimmung geben
wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Taschner.)

17.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.


17.21.54

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich
darf zuallererst einige Grüße ausrichten: Im Namen meiner Kollegen
Fritz Ofenauer und Christoph Zarits begrüße ich eine Abordnung des NÖAAB aus Sankt Pölten. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen
sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Im Namen meines Kollegen Hans Stefan Hintner begrüße ich außerdem
eine Delegation der Unicredit NÖ-Süd/Burgenland, bei der auch der Bruder meines Kollegen, Mag. Herbert Hintner, dabei ist. – Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)


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Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen!
Wer über zu wenig Bildung und Qualifikation verfügt, kann am gesellschaftlichen Leben gar nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen und bringt sich auch
um die Chance, ein selbstbestimmtes und wirtschaftlich unabhängiges Leben
zu führen.

Als ausgebildete Pädagogin und im Bildungsbereich Tätige bin ich mit dem Bil­dungswesen in Österreich bestens vertraut. Zugleich bin ich auch Abge­ordnete meiner lebenswerten Region Südoststeiermark, und mittlerweile spre­chen mich dort auch viele Unternehmer an und teilen mir mit, dass sie
nur schwer qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden. Sie können dadurch Aufträge nicht annehmen, und das schwächt durch nicht gene­rierte Wertschöpfung und dadurch verlorene Kaufkraft die gesamte Region.

Gleichzeitig gibt es leider noch immer zu viele Menschen, die – aus wel­chen Gründen auch immer – über keinen Pflichtschulabschluss verfügen und denen wir eine höhere Qualifikation ermöglichen müssen. Mit den aus
diesem Gesetzentwurf resultierenden Maßnahmen fördern wir das Erlangen von Pflichtschulabschlüssen und ermöglichen so eine Höherqualifikation, um
in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können. Konkret wird es bis 2028 zusätzliche Förderungen für Bildungsmaßnahmen im Bereich der Basisbildung sowie
für Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses
geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zählt man die Beträge von Bund, Ländern und dem Europäischen Sozialfonds zusammen, so steigen die jährlich für die Erwachsenenbildung zur Verfü­gung stehenden Mittel von rund 28 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro. Dass der Bund nun die genannten Maßnahmen setzt, ist richtig und wichtig,
denn von SPÖ-Bildungsministerinnen verschuldete Versäumnisse in der Bil­dungspolitik müssen dringend behoben und ausgeglichen werden.
(Beifall bei der ÖVP.)


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Aus den Fehlern der Vergangenheit müssen wir lernen und erkennen, dass sich eine Investition in die schulische Basisbildung – und diese erfolgt in erster
Linie in der Volksschule – jedenfalls lohnt. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

Gerade in der Grundstufe I, der Volksschule, werden die so wesentlichen Grundkompetenzen vermittelt. Häufig müssen auch Versäumnisse im Elternhaus ausgeglichen werden. Daraus resultierend können die Entwicklungsunter­schiede der Kinder im Schuleingangsbereich bis zu fünf Jahre betragen. Für die Kolleginnen und Kollegen in den Volksschulen ist es eine wirkliche Heraus­forderung, diese Unterschiede auszugleichen und alle Kinder bes­tens zu fördern. – Ich danke ihnen für diese großartige Arbeit! (Beifall bei
der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Dank gebührt auch unserem Herrn Minister Polaschek für seine Bereitschaft, auf diesen so sensiblen Bereich gut zu achten, denn da sind zusätzliche Res­sourcen dringend notwendig.

Geschätzte Damen und Herren! Die administrative Unterstützung an den Pflicht­schulen ist ein Meilenstein, und sie ist eine Unterstützung nicht nur für Schulleitungen, sondern auch für alle Lehrkräfte und somit eine große Unter­stützung für die gesamte Schule. In diesem Bereich müssen wir dran­bleiben, denn eine flächendeckende Umsetzung der administrativen Assistenz
ist wichtiger denn je.

Ich wünsche allen Schülerinnen und Schülern und auch allen Lehrkräf­ten ein gesegnetes Weihnachtsfest und erholsame, wirklich verdiente Ferien und bedanke mich bei allen Pädagoginnen und Pädagogen an unseren Pflicht­schulen für die wertvolle Arbeit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.26


17.26.24

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist damit geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 338

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Unterrichtsausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungs­maßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnah­men zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028
in 2311 der Beilagen zu genehmigen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit
Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16, die dem Aus­schussbericht 2331 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Wiederverleihung des Staatspreises Erwachsenenbildung“.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist mit Mehrheit angenommen. (353/E)

17.27.3517. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 3717/A(E) der Abgeord­neten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Dr. Rudolf Taschner,
Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention vor Extremismen (2332 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Hermann Brückl, ich erteile Ihnen das Wort.



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17.28.06

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um
einen Entschließungsantrag, in dem der Bildungsminister ersucht wird,
„in seinem Wirkungsbereich Maßnahmen zu ergreifen“, um wirksam Antisemitis­mus zu bekämpfen „sowie Extremismus von linker, von rechter oder von islamistischer Seite präventiv“ entgegenzuwirken.

Das ist eine Präambel, die wir selbstverständlich auch unterstützen können, aber in diesem Entschließungsantrag finden sich Punkte, mit denen wir einfach
nicht einverstanden sind. Wir haben im Vorfeld Gespräche geführt, und das wa­ren auch sehr konstruktive, gute Gespräche, wir haben aber von Anfang an klargestellt, dass wir ganz einfach nicht wollen, dass wir mit einem sol­chen Antrag wieder dafür eintreten, schulfremde Personen, schulfremde Ins­titutionen in die Schulen zu holen. Es gibt gut ausgebildete Pädagogin­nen und Pädagogen an den Schulen, und das ist einfach eine Maßnahme, die nicht notwendig ist, daher haben wir uns schlussendlich auch dazu entschlossen, bei diesem Antrag nicht mitzugehen.

Ich möchte aber auch betonen, dass es ja bereits im 2022 einen ähnlich lautenden Entschließungsantrag gegeben hat, der auch angenommen wurde. In diesem Antrag ist unter anderem die Rede von einem „Ausbau der Ange­bote der Demokratiewerkstatt“ und einer bundesweiten Initiative, „um das In­teresse an Demokratiebildung zu stärken“. Es geht darum, „das Vertrauen
in die Demokratie zu stärken“, und um die „Aufbereitung von Mate­rialien für Schulen sowie Lerninhalte“ und so weiter.

Da frage ich mich jetzt: Was bitte sehr ist denn aus diesem Antrag geworden? Das verhält sich ja genau so, wie ich es heute bereits in meiner vorigen
Rede gesagt habe: Man beschließt etwas, aber man kontrolliert es nicht, man verfolgt es nicht, und das verschwindet einfach in einer Schreibtischlade.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 340

Daher bringt uns dieser Antrag aus unserer Sicht nicht weiter. Wir haben da als Freiheitliche ganz einfach einen anderen Zugang. Wir fordern hier konkrete Maßnahmen, einen ganz konkreten Plan und einen ganz konkreten Katalog, den wir hier auch vorlegen, weil an unseren Schulen – das wissen wir ja alle – tatsächlich zum Teil erschütternde Zustände herrschen.

Weil das so ist und es an unseren Schulen teilweise wirklich so schlimm ist, hat zum Beispiel die Stadt Wien vor Kurzem ein neues Antigewaltpaket vorge­stellt. Eine Tageszeitung berichtet darüber und schreibt: „Pädagogen schlagen Alarm. In Wiens Schulen regiert die Angst. [...] Österreich ist ein tole­rantes Land. Doch das wird mitunter schamlos ausgenutzt. Religiöse und ge­waltverherrlichende Ideologien finden immer öfter den Weg in die Klas­senzimmer.“ Dann geht es so weiter: Die Gewaltspirale dreht sich, Suspendie­rungen. Es gibt Anzeigen. „Lehrer berichten von immer heftigeren Atta­cken gegen die Pädagogen und andere Mitschüler.“

Also das, was sich in den Schulen abspielt, ist teilweise wirklich dramatisch. Es ist erschütternd. Daher wollen wir, dass man hier konkrete Maßnahmen ein­leitet. Wir bringen daher einen Entschließungsantrag ein, einen Neunpunkteplan als Antwort auf dieses zunehmende Gewalt- und Konfliktpotenzial an unse­ren Schulen.

Dieser Antrag umfasst neun Punkte. Im ersten Bereich geht es um die Präven­tion, da geht es um die Konfliktprävention. Da geht es darum, dass wir
in den Schulen Gruppenbildungsprozesse einführen. Da geht es darum, dass wir den Lehrern die notwendige Ausbildung geben. Da geht es auch darum, dass
wir einfach dieses Selbstbildnis der gewaltfreien Schule stärken.

Im zweiten Teil geht es dann um die Stärkung der Resilienz. Es geht darum, die Konfliktresilienz zu stärken.

Im dritten Teil geht es um Eskalation und Deeskalation beziehungsweise darum, dass falsches Handeln auch tatsächlich Konsequenzen haben muss. Das ist


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etwas, das wir heute nicht haben. Die Lehrer sind ja vielfach machtlos, etwas zu tun, wenn ein Schüler völlig aus der Rolle fällt. Die Lehrer sind nahezu macht­los, da etwas zu tun. Das ist es, was wir ändern wollen. Das fordern wir hier ein: dass man einfach auch so weit geht, dass man Konsequenzen ziehen kann.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „9-Punkte Plan als Antwort auf das zunehmende Gewalt- und Konflikt­potenzial an Schulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die die Umsetzung der dargestellten Maßnahmen
des 9-Punkte-Programms gegen das Konflikt- und Gewaltpotenzial an Schulen beinhaltet.“

*****

Ich ersuche hier um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

17.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend 9-Punkte Plan als Antwort auf das zunehmende Gewalt- und Konflikt­potenzial an Schulen


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eingebracht in der 245. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 14. Dezem­ber 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 17, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre,
Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Prävention vor Extremismen (2332 d.B.)

Das österreichische Schulwesen sieht sich insgesamt mit neuen und größeren Herausforderungen im Bereich der Gewalt- und Konfliktprävention konfrontiert. Sie sind das Ergebnis eines längerfristigen Prozesses dem nun gegengesteuert wer­den muss.

Im Wissen um die Dringlichkeit der Problemlage hat die türkis-blaue Bundesregierung bereits 2019 einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der aber vom ÖVP-geführ­ten Bildungsministerium bis heute nicht umgesetzt wurde. Prävention, Konflikt-Resi­lienz und Eskalation sind die Eckpfeiler des 9-Punkte-Programms.

Prävention

1.   Gruppenbildungs-Prozesse in Neuklassen: Am Beginn der jeweiligen Bildungs­übergänge werden in neu eingerichteten Klassen der Sekundarstufe 1
und 2 Gruppenbildungs-Maßnahmen vorgesehen. Diese werden auf Basis ei­nes Konzepts durchgeführt.

2.   Verbesserte Ausbildung von Lehrkräften, insbesondere der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger: Im Rahmen der Ausbildung der Pädagoginnen und Pä­dagogen wird ein stärkerer Fokus auf die Bewältigung von Konfliktsituationen gelegt. Derzeit sind entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaß­nahmen nicht standardisiert vorgesehen. Bestehende Modelle (z.B. wie jenes des Programms Teach for Austria) sollen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung verbindlich und standardisiert Eingang finden.

3.   Stärkung des Selbstbildes „Gewaltfreie Schule“: Durch verstärkte Anwendung von Verhaltensvereinbarungen soll das gewaltfreie Selbstbild von Schulen geför­dert und forciert werden.


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Konflikt-Resilienz

4.   Abkühlphase: Schülerinnen und Schüler, die einmalig ein bestimmtes Verhalten an den Tag legen, es sich hier aber um keine regelmäßige Verhaltensauf­fälligkeit handelt, sollen ihre Klasse vorübergehend – für ein paar Stunden bzw. einen Halbtag – verlassen und die Möglichkeit zur Beruhigung geschaffen werden.

5.   Plattform für betroffene Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler: Abseits aller bestehenden Weisungsketten wird von Seiten des Ministeriums eine ano­nyme Online-Plattform eingerichtet. Dadurch soll eine unbürokratische Ansprech­stelle für Notsituationen geschaffen werden. Ein zügigeres Eingreifen der
jeweils zuständigen Stellen soll dadurch ermöglicht werden.

6.   Qualifizierung von Lehrkräften zu Streitschlichterinnen bzw. Streitschlichtern: Im Rahmen der Pädagogischen Hochschulen werden Ausbildungsformate zur Streitschlichtung und Deeskalation eingeführt. Lehrerinnen und Lehrern sollen die Möglichkeit haben, sich dafür ausbilden zu lassen. Solche eigens ausgebil­deten Lehrkräfte sollen an ihren jeweiligen Schulstandorten im Bedarfsfall dees­kalierend einwirken.

7.   Schulmanagement – Direktionen und Schulaufsicht: Um das Wissen über bereits jetzt bestehende schuldisziplinarische Maßnahmen auf allen Ebenen der Schulaufsicht zu stärken werden umfangreiche Informations- und Schulungsmaß­nahmen vorbereitet und durchgeführt.

Eskalation

8.   Verbindliche Einrichtung von „Auszeit-Gruppen“ für (dauerhaft oder regelmäßig) aggressive und auffällige Schülerinnen und Schüler: Schülerinnen und Schü­ler, die durch massive disziplinarische Verfehlungen den Unterricht in der Klasse bzw. an der Schule behindern, sollen verbindlich und unverzüglich einer
Auszeit-Gruppe zugewiesen werden können. Die entsprechenden Regelungen
für die allenfalls zügige Anwendung des Verfahrens werden präzisiert


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Eine Auszeit-Gruppe an einem Schulstandort bewegt sich im Ausmaß von 5 bis maxi­mal 8 Schülerinnen bzw. Schüler. Diese Gruppen sollen möglichst außerhalb
der Schule in geeigneten (bereits bestehenden) Einrichtungen betreut werden. Im Fall einer geringeren Anzahl sollen auch regionale oder individuelle Lösungen ange­wandt werden können. Eigens geschultes Personal zur Leitung der Gruppen wird zum Einsatz kommen.

Ziel der Auszeit-Gruppe ist es, eine möglichst rasche Rückkehr der betreffenden Schülerinnen und Schüler in die Regelklasse zu ermöglichen. Sie stellen deshalb ein dynamisches Modell dar, das strikt an den jeweiligen Problemlagen ausge­richtet ist. Die Zuweisung in eine Auszeit-Gruppe kann bedeuten, dass eine Schülerin oder ein Schüler lediglich ein, zweimal in der Woche an entsprechenden Maßnahmen der Auszeit-Gruppen teilnimmt, ansonsten jedoch in der Regelklasse verbleibt. Es wird jedoch auch Fälle geben, in denen es notwendig erscheint,
dass zunächst die gesamte Unterrichtszeit in der Auszeit-Gruppe verbracht wird und erst nach einigen Wochen eine schrittweise - und gut begleitete - Rückkehr in
die Klasse erfolgt.

Auszeit-Gruppe sollen bei Vorliegen entsprechender Fälle in der Primarstufe und Se­kundarstufe I verbindlich eingerichtet werden.

9.   Klarere, Regeln für die zügige und permanente Wegweisung von aggressiven und verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern: Im Fall von nicht mehr schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern, die durch sehr aggressives Verhalten die Arbeit in einer Klasse oder der ganzen Schule stören, sollen die Bestim­mungen für den Schulausschluss präzisiert werden. Der zügige(re) Ausschluss auf Basis klarer(er) Regeln soll ermöglicht werden.

Damit diese Schülerinnen und Schüler nicht einfach ohne jegliche Ausbildung verbleiben, wird (in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend und dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aufgrund des Ausbildungspflichtgesetzes) konkret


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 345

durch das AMS bzw. das Sozialministeriumsservice (SMS) und seinen Koordinierungs­stellen in den Bundesländern ein Perspektiven- und Betreuungsplan erarbeitet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage
zuzuleiten, die die Umsetzung der dargestellten Maßnahmen des 9-Punkte-Pro­gramms gegen das Konflikt- und Gewaltpotenzial an Schulen beinhaltet.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


17.32.56

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Künsberg Sarre! Ich möchte mich
in zweifacher Weise bedanken. Sie haben die Initiative zu diesem Antrag ergrif­fen. Das ist von Ihnen ausgegangen, und es hat wirklich breite Zustim­mung gegeben. Es hat auch eine prinzipielle Zustimmung vonseiten der Frei­heitlichen Partei gegeben – also ich bin allen Gruppen dankbar. Dass
es da noch gewisse Differenzen gibt, müssen wir halt zur Kenntnis nehmen.

Die Probleme, die Herr Kollege Brückl aufgezeigt hat, sind ja auch ernst
zu nehmen. Insofern ist auch sein Antrag sicherlich zu erwägen, wenn man auch – wie soll ich sagen? – darüber nachdenken muss. Man muss halt immer nachdenken. (Zwischenruf des Abg. Brückl.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 346

Ich danke Ihnen auch aus persönlichen Gründen, nämlich weil ich damit die Gelegenheit habe, über dieses Thema zu sprechen, das mir als außerordentlich wichtig erscheint, weil es von grundsätzlicher Natur ist. Hegel hat ja das eigenartige Wort gesagt: „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbre­chenden Dämmerung ihren Flug.“ Man weiß ja nicht ganz genau, was
das bedeuten soll: „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug.“

Ja, das ist das Grau in Grau. Da beginnt erst das Denken, sagt Hegel, denn vorher hat man Schwarz und Weiß, und wenn man Schwarz und Weiß hat, dann hat man zwei Seiten. Man weiß genau, auf welcher Seite man ist, ohne
dass man darüber nachgedacht hat. Das ist etwas Gefährliches. In der Schule sollte eigentlich gelehrt werden, dass man da nicht stehen bleiben darf.

Es gibt natürlich Schwarz und Weiß. Ich habe mich bei der gestrigen Diskussion anlässlich des Dringlichen Antrages so gefreut, dass Herr Kollege Oxo­nitsch gesagt hat: Also, ich bin überhaupt nicht einverstanden; ich bin mit kei­nem Satz einverstanden, den Herr Taschner gesagt hat, aber es hat mir
in gewisser Weise gefallen, wie er seine Argumente vorgebracht hat. – Insofern kann ich ihm das auch wieder zurückgeben. (Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Wir werden sachlich nicht zusammenkommen, aber wir verstehen, dass wir nicht zueinanderkommen. Wir können auch darüber sprechen, dass wir nicht zu­einanderkommen und welche Motive uns bewegen. Da gehen wir plötzlich von dem Schwarz und Weiß, das wir natürlich in Leidenschaft schon vertreten,
dann hinauf in das Grau dieses Denkens, wo die Eule der Minerva ih­ren Flug beginnt. Wir schätzen einander und können das sozusagen in einem sinnvollen Dialog miteinander aushandeln.

Genau das soll in der Schule gelehrt werden, genau dieser Punkt. Wenn
das nicht gelehrt wird, wenn einfach nur Schwarz und Weiß gelehrt würde, dann wäre das nicht Schule, wie man sie sich vorstellt. Diese Schule sollen wir
haben. (Beifall bei der ÖVP.) Um diese Schule zu haben, brauchen wir eigentlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 347

keinen neuen Gegenstand – bei Gott nicht –, sondern in jedem Gegen­stand soll diese Art des Denkens erwogen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie
der Abgeordneten Shetty und Hoyos-Trauttmansdorff.)

Es ist ja Russell gewesen, der gesagt hat: Das Schrecklichste in dieser Welt ist, dass die Strotzdummen immer von ihrer Sache überzeugt sind und die
Klugen immer voller Zweifel. – Wir müssen den Zweifel in uns tragen, um selbst, wenn wir von etwas überzeugt sind, immer zu wissen: Manche sind nicht überzeugt. Ich weiß, dass der andere nicht davon überzeugt ist, sogar
vom Gegenteil überzeugt ist, und ich akzeptiere das.

Der Extremismus ist es, der das nicht macht. Jeglicher Extremismus akzeptiert nicht, dass jemand anders anders denkt. Genau das muss verhin­dert werden, egal welcher Art dieser Extremismus ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Um das zu erreichen, muss das in jedem Schulfach von jeder Lehrerper­sönlichkeit gemacht werden: diese Abkehr von Schwarz und Weiß hin zur Eule der Minerva.

Das sollte ja auch in der Politik der Fall sein. Nicht umsonst steht Minerva in Form der Pallas Athene – Athene und Minerva sind dieselbe Göttin, ein­mal griechisch, einmal römisch – ja hier beim Parlament. Sie zeigt uns zwar ihren Rücken – ich weiß nicht, warum –, aber sie steht jedenfalls auf den Eulen.
Das sind die Eulen der Minerva. Wir hoffen, dass auch hier der Flug beginnt, denn wir müssen ja dann auch für die Schule in gewisser Hinsicht ein Vorbild sein, indem wir zeigen, dass wir so denken können, obwohl wir voll von Leidenschaft sind.

Auch im Journalismus müsste das der Fall sein. Es kommt mir manchmal komisch vor, wenn eine Zeitung behauptet, sie sei: „Der Haltung gewidmet.“ Ich
muss gestehen: Eine Zeitung, die der Haltung gewidmet ist, interessiert mich nicht. (Abg. Holzleitner: Schade für Sie!) Mich interessiert nur eine Zei­tung, die mich informiert. Der Haltung gewidmet? – Haltung habe ich selbst,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 348

dafür brauche ich die Zeitung nicht. (Abg. Holzleitner: Aber informiert
hätte die blaue Seite, die man ja einschränkt!)
Das ist lächerlich. Eine Zeitung,
die der Haltung gewidmet ist, ist verfehlt.

Friedrichs, dieser große Journalist Deutschlands, hat gesagt: Guter Journalismus besteht darin, dass man sich keiner Sache zu eigen macht, nicht einmal ei­ner guten, sondern dass man immer zurückgesetzt bleiben kann und immer auch das andere mit ins Kalkül zieht. – Wir müssen das in der Politik auch ma­chen können, obwohl es uns sehr schwerfällt, und mit Recht sehr schwerfällt, weil wir ja von etwas überzeugt sind – also Leidenschaft, aber nicht
extrem.

Das Allerschrecklichste ist, wenn diese extreme Leidenschaft noch mit Moral gespickt wird. Moral ist sehr gefährlich in dieser Hinsicht, denn wenn
man das moralische Argument – das kein Argument ist – ins Spiel bringt, ist der andere nicht mehr diskussionsfähig, weil er ja dann unmoralisch ist. Davor müssen wir uns schützen.

Moral, das Gute, ist etwas, das ich mir selbst in meinem Privaten behalten muss, das ich aber nicht jemand anderem aufdrängen will. Wir haben zu viel Mora­lismus, viel zu viel. Das vergiftet die sinnvolle, objektive Diskussion. Das vergiftet die Möglichkeit des Flugs der Eule der Minerva, der erst in der einbrechen­den Dämmerung beginnt. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der
Abg. Meinl-Reisinger.)

17.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch. – Bitte.


17.38.51

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Ja, wir
stimmen diesem Antrag zu, wenngleich er ehrlich gesagt ein bisschen sehr oft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 349

die Vokabel fortsetzen, „ausgeweitet“, „fortgeführt“ und „intensiviert“ ver­wendet und man etwas bewerben soll, das es schon gibt. Ich glaube aber, es ist ein wichtiger und wesentlicher Antrag.

Nichtsdestotrotz stellen wir einen eigenen Entschließungsantrag zu diesem The­ma, weil es mir – ich habe das ja auch schon in einer Rede vor etwa einem Monat betont – eigentlich ein bisschen um etwas Grundsätzliches geht.

Wir alle wissen, dass die letzten Jahre für Kinder und Jugendliche unheimlich fordernd waren: von einer Wirtschaftskrise nach Corona zu einem Krieg
auf europäischem Boden, mit dem Jugendliche konfrontiert werden, mit den Auswirkungen der Teuerung, mit denen sie konfrontiert werden, und
jetzt natürlich mit dem Nahostkonflikt.

Was war immer wieder die erste Antwort des Bildungssystems? – Die erste war einmal: Wir werden die Schulen mit Unterrichtsmaterialien ausstatten. –
Ja, das ist natürlich eine flotte Antwort, das ist mir völlig klar. Ich wüsste auch keine, die sich rasch umsetzen lässt, aber ich glaube, gerade wegen dieser
immer wiederkehrenden Herausforderung für das Schulsystem, auf Krisen zu reagieren, müssen wir eine grundsätzliche Antwort finden. Die kann
nicht nur heißen, ein Maßnahmenpaket nach dem anderen zu schnüren, sondern wir müssen tatsächlich in die Richtung arbeiten, dass Jugendliche im Unter­richt – ob es das eigene Fach ist oder nicht – wirklich einen eigenen Raum – und mit Raum meine ich zeitliche Ressourcen – bekommen, um Krisen aufar­beiten zu können, und zwar grundsätzlich und nicht immer nur ad hoc. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Natürlich war die erste Antwort auf den Nahostkonflikt – um beim aktuells­ten Beispiel zu bleiben –: Wir werden die Schulen mit zusätzlichen Info­materialien ausstatten. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber das reicht nicht!) Ich muss aber sagen, ich habe mich am selben Tag hingesetzt – und da rede ich jetzt gar
nicht über den Antrag, sondern das gilt grundsätzlich –: Wenn man Unterrichts­materialien und Antisemitismus eingibt, erhält man 1 400 Einträge, wenn


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man Unterrichtsmaterialien und Extremismus eingibt, gibt es 2 000 Einträge. Al­so die gibt es ja.

Ja, die bereitet man für die Schulen auf, das ist wichtig. Die Lehre, die wir
daraus ziehen sollten, ist aber einfach, tatsächlich zu überlegen, wie Kinder und Jugendliche im schulischen Kontext mit diesen Krisen arbeiten können,
mit ihren Lehrer:innen arbeiten können und wie die Lehrerinnen und Lehrer oder spezielle Lehrerinnen und Lehrer letztendlich dafür fit gemacht werden
können, solche Krisen mit den Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten. Darum geht es in dem Antrag, den ich hiermit auch einbringen möchte – und
wenn Sie zuhören: es geht nicht nur um ein eigenes Fach; das steht nur als Bei­spiel drinnen –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen
betreffend „Kinder und Jugendliche durch politische Krisen begleiten
und Demokratiebildung ausbauen“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung, wird aufgefordert, unverzüglich ein umfassendes
und nachhaltiges Maßnahmenpaket zur Bewältigung und Verarbeitung von Kri­sen an Schulen vorzulegen, basierend auf dem in der AK Wien Vollver­sammlung verabschiedeten Antrag ,Nahostkonflikt: Jugend durch politische Krisen begleiten und Demokratiebildung ausbauen‘. Dieses Paket soll
nicht nur Unterstützungs- und Lernangebote für Pädagog:innen im Bereich der politischen Bildungsarbeit umfassen, sondern auch einen dauerhaften
Rahmen schaffen, beispielsweise durch die Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfachs ,Politische Bildung‘ in allen Schultypen, um eine konti­nuierliche und professionelle Begleitung von Schüler:innen durch politische Kri­sen sicherzustellen. Zusätzlich ist es dringend erforderlich, kurzfristig ein


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Budget bereitzustellen, auf das Schulen zugreifen können, um speziell benötigte Fachkräfte zur professionellen Unterstützung an die Schulen zu holen.“

*****

Ich glaube, es ist – auch für uns – an der Zeit, gerade aus den vergangenen Jahren zu lernen und zu fragen: Wie können wir das grundsätzlich angehen, statt immer nur Ad-hoc-Maßnahmen zu setzen? Ich glaube, die Zeit für Ad-hoc-Maßnahmen ist vorbei. Wir brauchen eine grundsätzliche Lösung. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Oxonitsch,

Genossinnen und Genossen,

betreffend „Kinder und Jugendliche durch politische Krisen begleiten und Demokra­tiebildung ausbauen“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über
den Antrag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre,
Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention vor Extremismen (2332 d.B.) (TOP 17)

Globale Krisen wie die Corona-Pandemie sowie derzeit die Kriege in Nahost und
der Ukraine haben weitreichende demokratiepolitische und psychosoziale Auswirkun­gen, die sich auch an Österreichs Schulen bemerkbar machen. Auch wenn das Vertrauen in öffentliche Institutionen langsam wieder steigt, wie der aktuelle Demo­kratie Monitor zeigt1, bleibt es insgesamt dennoch niedrig und antidemokra­tische Bewegungen wachsen. Inzwischen spricht sich jede vierte Person für demokra­tiepolitische Einschränkungen aus. Das sind doppelt so viele Menschen
wie 2018.


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Obwohl Schulen grundsätzlich Raum für Demokratiebildung und eine offene Auseinandersetzung mit aktuellen Krisen dauerhaft bieten könnten, mangelt es im gegenwärtigen Schulalltag an ausreichenden zeitlichen Ressourcen und fachli­chen Unterstützungen. Dadurch können aktuell soziale Prozesse und inhaltliche Aus­einandersetzungen im Klassenzimmer nicht angemessen begleitet werden, auch
eine ernstzunehmende Demokratiebildung bleibt auf der Strecke.

Gleichzeitig bedienen sich antidemokratische Akteur:innen zunehmender Möglich­keiten im Internet, um mit Falschinformation im Speziellen Jugendliche zu er­reichen. Die Jugendlichen müssen daher lernen, Falschmeldungen zu identifizieren und Informationen kritisch zu verarbeiten. Ziel politischer Bildung und digi­taler Grundbildung an Schulen muss es somit sein, Medienkompetenz zu vermitteln, Alternativen aufzuzeigen und die Menschenrechte sowie die Demokratie als gesellschaftliche Basis zu festigen. Dafür braucht es jetzt dringend kurzfristige Maß­nahmen und Hilfestellungen an Schulen, um Pädagog:innen nicht allein mit
der Aufgabe zu lassen.

In ihrer Vollversammlung am 14.11.2023 hat die Arbeiterkammer Wien einen weg­weisenden Antrag beschlossen. Zur sofortigen, unkomplizierten und professio­nellen Unterstützung von Schulen und Lehrkräften im Umgang mit politischen Krisen wird ein kurzfristiges Maßnahmenpaket gefordert. Gleichzeitig braucht es lang­fristige Umstrukturierung und die Schaffung von Räumen, die es Schulen ermöglicht Kinder und Jugendliche professionell und kontinuierlich durch politische Krisen
zu begleiten.2

Der Entschließungsantrag (3717/A(E)) der Regierungsfraktionen, der am 23.11.2023 eingebracht wurde und sich mit der Prävention vor Extremismen befasst, the­matisiert zwar die bestehende Problematik. Dennoch erscheinen die vorgeschlagenen Maßnahmen, nämlich 1.200 zusätzliche Workshops durch den OeAD, zusätz­liche Unterrichtsmaterialien und die Betonung bereits vorhandener schulischer Ange­bote als unzureichend, um Lehrkräfte angemessen zu entlasten und nachhal­tige Verbesserungen in der Demokratiebildung zu erwirken. Es braucht


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eine umfassendere Herangehensweise, um Schüler:innen effektiv vor den gegen­wärtigen Bedrohungen durch Radikalisierung zu schützen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, unverzüglich ein umfassendes und nach­haltiges Maßnahmenpaket zur Bewältigung und Verarbeitung von Krisen an Schulen vorzulegen, basierend auf dem in der AK Wien Vollversammlung verabschie­deten Antrag "Nahostkonflikt: Jugend durch politische Krisen begleiten und Demo­kratiebildung ausbauen". Dieses Paket soll nicht nur Unterstützungs- und Lernangebote für Pädagog:innen im Bereich der politischen Bildungsarbeit umfassen, sondern auch einen dauerhaften Rahmen schaffen, beispielsweise durch
die Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfachs „Politische Bildung“ in allen Schultypen, um eine kontinuierliche und professionelle Begleitung von Schü­ler:innen durch politische Krisen sicherzustellen. Zusätzlich ist es dringend erforder­lich, kurzfristig ein Budget bereitzustellen, auf das Schulen zugreifen können,
um speziell benötigte Fachkräfte zur professionellen Unterstützung an die Schulen zu holen.“

1     Sora Demokratie Monitor.2023. Demokratie in stürmischen Zeiten. Erste Ergebnisse Demokratie Monitor

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Faika El-Nagashi. – Bitte.



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17.42.57

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und werte Zuseherinnen und Zuseher! Es stimmt mich vorsichtig optimistisch, dass ich den bisherigen Redebeiträgen und auch den Diskussionen im Ausschuss ent­nommen habe, dass die Fraktionen da grundsätzlich viele Anknüpfungspunkte haben und den Inhalt in der Dringlichkeit, aber auch in der Herangehens­weise ähnlich sehen wie wir. Über die Unterschiede können wir noch diskutie­ren, aber ich glaube, dass sich sehr viele der angesprochenen Maßnah­men in diesem Antrag wiederfinden, aber nicht nur in dem Antrag, sondern in dem, was wir bislang schon machen.

Wir haben bereits Ende 2020, nach dem Terroranschlag in Wien, einen Schwerpunkt in der Extremismusprävention gesetzt. Wir haben damals gesagt: Wir werden einen Zugang finden, ein umfassendes Maßnahmenpaket
schaffen, nicht nur im Bildungsbereich, um jeden Extremismus – ob politisch oder religiös begründet – zu verhindern und zu bekämpfen. Dieses Maß­nahmenpaket findet sich in verschiedenen Bereichen wieder, ist budgetär mit 8 Millionen Euro jährlich ausgestattet und beinhaltet natürlich auch im Bil­dungsbereich entsprechende Maßnahmen.

Der Bildungsbereich ist aus vielen Gründen sehr wichtig – einige davon
sind schon angesprochen worden –, unter anderem deswegen, weil wir früh ansetzen müssen und werden, weil nämlich auch die Radikalisierungen
früh ansetzen, und zwar besonders auch in Phasen der Vulnerabilität, in denen junge Menschen auf der Suche nach Erklärungen, nach Orientierung, nach
etwas Sinnstiftendem, nach Zukunftsperspektiven sind.

Eine der begleitenden Maßnahmen, die vielleicht in diesem Bereich der Extre­mismusprävention nicht gleich als logisch erscheinen, ist zum Beispiel das Integrationsjahr, das Menschen näher an die Berufswelt heranführt; zum Beispiel Integrationsmaßnahmen können da Perspektiven schaffen.


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Im Bildungsbereich – und da bin ich nicht ganz mit Ihnen einverstanden,
Kollege Taschner – müssen wir aber natürlich allen, die dort tätig sind, Werkzeu­ge in die Hand geben. Die Situation hat sich verändert, in den Klassenzim­mern haben wir nicht die Eulen der Minerva oder der Athene, sondern die Abbil­dung von komplexen, globalen Konflikten. Wir haben die Herausforde­rungen, die sich in einer ganz anderen Dimension abbilden, wir haben Social Media, über die radikalisierende Narrative auf junge Menschen einströmen, aber auch Influencer, die radikalisieren und natürlich gegen die Erzählungen ar­beiten, die wir mit einem Demokratieverständnis den Schülerinnen und Schülern näherzubringen versuchen.

Weil die FPÖ das angesprochen hat: Was passiert denn mit den Maßnahmen, die in den anderen Anträgen erwähnt wurden? Was passiert mit den Maßnahmen, die wir bereits seit 2020 setzen? – Ja, das haben wir öfters im Ausschuss angesprochen und bei anderer Gelegenheit auch schon hier
im Plenum erläutert. Wir haben schon mehr als 4 000 Workshops angeboten, und ja, diese Workshops müssen von Externen angeboten werden.

Was wir sicherstellen, ist eine Qualitätssicherung. Das sind qualifizierte Organi­sationen mit Expertise in diesem Bereich, die nicht nur Bereiche wie Me­dienkompetenz oder auch Demokratiebildung abdecken müssen, Diskussions­räume schaffen und begleiten müssen, sondern natürlich auch eine the­matische Expertise zu Extremismusprävention haben müssen.

Es haben bereits nahezu 4 000 dieser Workshops stattgefunden. Es wird in die Lehrkräfteausbildung und -fortbildung als Thema eingebaut. Auch da gab
es bereits über 400 Veranstaltungen mit etwa 10 000 Teilnehmenden. Also ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Ansatz, und mit diesem Antrag stärken
wir die Maßnahmen, die wir in diesem Bereich bereits gesetzt haben. (Beifall der Abg. Hamann.)

Wie ich aber schon gesagt habe, geht es nicht nur um den Bildungsbereich, sondern auch darum, umfangreiche Maßnahmen zu setzen und das abzufangen,


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wo extremistische Ideologien und Radikalisierungen versuchen, eine Tür aufzumachen oder eine Tür zu finden, das heißt, Perspektiven zu schaffen, Zuge­hörigkeit entstehen zu lassen. Da gibt es auch ganz starke Projekte, die
mit jungen Menschen arbeiten und Themen von Identität und Zugehörigkeit bearbeiten, Zusammenhalt schaffen, Perspektiven und vor allem Räume
für Begegnung zu finden versuchen.

Wobei ich Ihnen zustimme, Herr Kollege Taschner, ist, dass die Politik ein Vor­bild sein muss. In dieser Hinsicht werden wir auch in Bezug auf das kom­mende Jahr – ein großes, intensives Wahljahr; weltweit, aber natürlich auch in Österreich – wieder Aspekte von Demokratiedefiziten haben, die sich ma­nifestieren werden, die wir jungen Menschen werden erklären müssen: warum so viele von demokratischer Partizipation ausgeschlossen sind und – was
die noch größere Herausforderung sein wird – warum auf der politischen Ebene Diskriminierungserfahrungen, rassistische Themen und Zugänge immer
wieder gespielt werden. Wir können keinen Fortschritt erzielen, wenn wir auf der einen Seite versuchen, Extremismus zu bekämpfen, und auf der ande­ren Seite die Politik ein schlechtes Beispiel liefert.

Von meiner Seite aus auch noch einmal herzlichen Dank an die Kollegin von den NEOS für diese Initiative und für den gemeinsamen Antrag. (Beifall bei Grü­nen und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Küns­berg Sarre. – Bitte.


17.48.01

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich sehr herzlich bei allen meinen Bildungssprecherkollegen bedanken,
auch bei Herrn Kollegen Brückl, der leider seine Fraktion nicht über­zeugen konnte, da mitzugehen. Trotzdem: Es war, finde ich, eine gute Gele­genheit, zu zeigen, dass wir relativ schnell zusammenkommen können


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und zu sehr, sehr wichtigen Themen eine gemeinsame Meinung beziehungs­weise ein gemeinsames Bild haben.

Dieser Antrag, glaube ich, ist sehr wichtig, auch um der Bevölkerung zu zeigen, dass es hier im Parlament nicht nur Opposition und Regierung gibt, die ge­geneinander arbeiten, sondern dass es ganz, ganz viele Themen – und das ist ein sehr wichtiges Thema, glaube ich – gibt, bei denen wir uns zusammenrau­fen können, miteinander reden können.

Ich habe ja auch schon gestern bei der Dringlichen gesagt, dass das wichtig ist, weil wir diese Dinge nur gemeinsam schaffen werden. Eine Partei allein
wird es nicht schaffen, diese Themen – Demokratiebildung, Extremismusprä­vention – anzugehen, sondern wir werden es gemeinsam schaffen. Die­ser Antrag ist ein erster guter Schritt, glaube ich, und er gibt Ihnen, Herrn Mi­nister, wieder einige Punkte, die Sie in Ihrem Ressort umsetzen können.

Kollegin El-Nagashi hat es ja schon gesagt: Es gibt einiges, das bereits da und am Laufen ist. Es ist, glaube ich, wichtig, dass diese Dinge intensiviert werden
und gerade auch in der Lehreraus- und -fortbildung etwas passiert.

Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in einer liberalen Demokratie leben – das sieht man rund um uns herum in einigen Ländern, wo es meiner Meinung
nach nicht mehr so schön zu leben ist –, das fällt nicht vom Himmel, sondern da­für müssen wir tagtäglich kämpfen und einstehen und ganz entschlossen
die Demokratie und unsere Freiheit verteidigen.

Dieses Verständnis für Dialog, dieses Verständnis, dass es unterschiedliche Mei­nungen gibt und man sich zusammenraufen kann und muss, die Entwick­lung dieses Verständnisses für ein friedvolles Miteinander beginnt in jungen Jahren, das beginnt in der Schule. Deswegen ist es uns so wichtig gewe­sen, da auch im Schulbereich anzusetzen und diese Bereiche noch auszubauen. Dafür braucht es Raum, Zeit und Geld – das ist wichtig –, denn ohne das
geht es nicht.


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Sie haben auch gesagt, dass es kein eigenes Fach braucht. – Ja, wenn wir Flä­chenfächer einführen, in denen es einen Ethikunterricht für alle gibt und
die Demokratiebildung dort auch abgebildet ist, können wir gerne darüber re­den. Wir versteifen uns ganz sicher nicht nur darauf, aber es muss selbst­verständlich mehr abgebildet sein. Das ist jetzt zu wenig. Die Möglichkeiten, die die Lehrpläne in den einzelnen Fächern zulassen, um Demokratiebildung anzubieten, sind sicherlich nicht so gegeben, wie wir uns das wünschen würden. (Beifall bei den NEOS.)

Nochmals herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen und an Sie alle, die hier mitstimmen. Ich glaube, es ist ein sehr, sehr schönes Zeichen auch
für Kinder und Jugendliche, dass wir da etwas weitergebracht haben. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


17.51.26

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich möchte zuallererst im Namen meines hochgeschätzten Sitznachbarn Dr. Werner Saxinger eine Gruppe begrüßen, und zwar die pensio­nierten Ärzte aus Oberösterreich, die heute im Hohen Haus sind. Herz­lich willkommen! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Abg. Rauch.)

Das Thema Extremismusprävention im Bildungsbereich kann man glaube ich sehr grundsätzlich und sehr konkret diskutieren. Ich würde das gerne zu­erst ein bisschen mit ein paar grundsätzlichen Gedanken unterfüttern. Wahr­scheinlich haben die meisten von uns diese – ich glaube sehr viral gegan­gene – Anhörung im US-Kongress gesehen, in der die drei Eliteunis dazu befragt wurden, was sie konkret tun würden, wie sie damit umgehen würden, wenn Studierende bei ihnen zum Völkermord an den Juden aufrufen würden.
Die Antwort war: Das kommt auf den Kontext an.


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Natürlich ist das eine tiefergehende Diskussion, aber selbst wenn man es auf den Punkt bringt und so verkürzt, müsste man da einfach sagen: Nein, es ist eben nicht in Ordnung, wenn man zu einem Völkermord an Juden aufruft.

Das ist genau der Punkt, um den es, glaube ich, geht: Es geht darum, dass man in der Schule Diskurs schafft. Den braucht man, um Verständnis zu schaffen,
um Meinung zu bilden, zu hinterfragen, aber es braucht auch klare Grenzen, bis wohin es geht und dass das dann nicht mehr im Rahmen des Diskurses ist,
der an Bildungsinstitutionen stattfinden sollte.

Ich glaube, das war ein gutes Beispiel, wie es nicht geht. Ich hoffe, dass wir es anders machen, ich habe es bis jetzt auch immer so erlebt. Diesen Grund­konsens sollten wir uns auf jeden Fall behalten, besonders wenn es – in Zeiten wie jetzt – schwieriger wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Was kann man konkret machen? Da bedanke ich mich, genauso wie meine Vor­rednerinnen und Vorredner, für die überparteiliche Einigkeit. Ich glaube,
dass es wichtig ist, dass man gerade jetzt, bei dem schwelenden Nahostkonflikt, wenn es ganz viele Emotionen, auch ganz viele familiäre Hintergründe
gibt, die das von der Sachlichkeit hin zur Emotionalität bringen, sagt, dass man den Schulen Hilfestellungen gibt, denn die brauchen sie. Da finde ich
sehr, sehr gut, dass es eine Initiative der DSN gemeinsam mit dem Innenministe­rium, dem Bildungsministerium und auch den Bundesländern gibt, dass
man da sagt, dass man den Lehrkräften ganz gezielt und konkret Hilfe zur Verfü­gung stellt, wenn es solche Konflikte in den Klassenzimmern gibt.

Das wird schon umfassend in Anspruch genommen; ab Jänner wird es
noch mehr ausgerollt, noch qualitätsgesicherter gemacht. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass man die Lehrkräfte da nicht alleine lässt, denn
das sind keine einfachen Probleme, die sie da mit ihren Schülerinnen und Schülern diskutieren müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie der
Abg. Hamann.)


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Das ist eine Akutmaßnahme; ich glaube, es braucht auch viele – die sind auch im Antrag erwähnt –, die laufend passieren müssen. Die sind natürlich absolut uneingeschränkt zu unterstützen. Es ist wichtig, dass wir diesen Grundkonsens und diese konkreten Maßnahmen gemeinsam vertreten, damit eben der Extremismus in der Schule keine Chance hat. In der Gesellschaft greift er leider trotz der Maßnahmen in der Schule eh schon um sich; es soll zumindest
die Schule ein Ort sein, wo wir als Gesellschaft etwas dagegen tun können. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und El-Nagashi.)

17.54


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.54.56

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur kurz noch ein paar Dinge ergänzen, wenn Sie gestatten.

Zum einen habe ich eine kleine Ergänzung zu Herrn Abgeordneten Oxonitsch: Sie haben angesprochen, dass es sehr viele Materialien im Internet gibt,
die man abrufen kann. – Ja, das ist richtig. Weil sehr rasch große Nachfrage ein­gemeldet wurde, haben wir uns aber bemüht, über die sogenannte Edu­thek des Bundes neue Materialien übersichtlich und strukturiert zur Verfügung zu stellen, die Lehrerinnen und Lehrer, aber natürlich auch andere Interes­sierte, etwa auch Eltern, abrufen können, weil man eben, wenn man es einfach nur über eine Suchmaschine holt, untergeht. Wir haben wie gesagt aktuel­le neue Materialien über die Eduthek ins Netz gestellt. Das darf ich nur ergän­zend anmerken.

Wir haben auch rasch reagiert, indem wir in jeder Bildungsdirektion Ansprech­personen eingesetzt haben, die die Lehrerinnen und Lehrer rasch und
kurzfristig unterstützen können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 361

Weil das Thema mit den Lehrplänen angesprochen worden ist: Ja, die Lehrpläne haben immer wieder eine lange Vorlaufzeit. Gerade deshalb habe ich ja
auch das System der Lehrplanänderungen umgedreht. Wir haben ab jetzt die Möglichkeit, Lehrpläne punktuell und kurzfristig anzupassen, falls es
konkrete neue Herausforderungen gibt.

Damit darf ich auch noch einmal auf das Thema kommen: Auf Basis dieser Erfahrungen, die wir in den letzten etwas mehr als zwei Monaten leider gemacht haben, müssen wir die gesamte Arbeit zum Thema Antisemitismus in den Schulen völlig neu denken. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, ob die Art und Weise, wie wir es unterrichten, wie wir es den jungen Menschen nahebringen, richtig ist. Ich habe bereits eine eigene Arbeitsgruppe mit Exper­tinnen und Experten dazu eingesetzt, mit Personen aus der Praxis, die
sich intensiv darüber Gedanken machen, wie wir uns mit dem Thema Antise­mitismus künftig in den Schulen neu auseinandersetzen.

Das betrifft auch das Thema Demokratiebildung. Ja, wir werden darüber nachdenken müssen, wie wir den jungen Menschen Demokratie auf eine andere Art und Weise nahebringen. Ich glaube, das, wie wir es bisher gemacht
haben – das sehen wir leider gerade –, reicht nicht aus. Wir werden da etwas Neues finden müssen und wir sind bereits an der Arbeit.

Deshalb danke ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, auch sehr für das Signal, das Sie mit diesem wichtigen Antrag setzen, denn das ist ein klares
Signal an alle Menschen in unserem Land und vor allem auch in den Schulbereich hinein, dass uns allen, als Staat und auch uns als Menschen, die politische Verantwortung haben, dieses Thema wichtig ist. – Deshalb: Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und El-Nagashi.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.



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17.57.35

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht erst seit dem Terroranschlag der Hamas
auf Israel, seit dem Konflikt im Nahen Osten, nicht erst seit dem russischen An­griffskrieg auf die Ukraine müssen wir feststellen, dass Extremisten immer wieder probieren, vor allem auf jüngere Zielgruppen konkret zuzugehen und zu versuchen, sie für ihre Ziele, für ihre Ideologien anzuwerben und zu gewin­nen. Das gelingt ihnen über die sozialen Medien immer leichter und
immer intensiver.

Dass sich das auch auf den Schulalltag auswirkt, ist, glaube ich, nicht länger überraschend. Wir haben Kontakt zu Lehrer:innen, die uns berichten, dass Israel beispielsweise auf Wandkarten, auf Landkarten herausgeschnitten, über­malt, überklebt wird. Das ist tatsächlich Realität an Österreichs Schulen. Es ist wichtig, dass wir mit diesem Antrag auch ein konkretes Zeichen dage­gen setzen und dagegen vorgehen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)

Es sind aber dieser Antrag und dieses Maßnahmenpaket, das sozusagen
darin enthalten ist – Kollege Oxonitsch hat schon darauf hingewiesen –, ein etwas Mehr von dem, was es ohnehin schon gibt, eine Intensivierung,
eine Ausweitung der Programme, der Maßnahmen, die ohnehin schon vor­handen sind, aber neue, zusätzliche Initiativen, die jetzt in die Extremis­musprävention verstärkt eingreifen, die Lehrerinnen und Lehrern entsprechend unter die Arme greifen, suchen wir in diesem Antrag vergeblich. Sie haben
es gerade selbst gesagt, Herr Minister, dass wir viele Dinge neu werden denken und neu aufsetzen müssen, um da konkret auch entsprechend entgegenzu­wirken.

Anfang November haben Sie unter anderem auch mit dem Innenminister das neue Projekt vorgestellt – Kollege Marchetti hat schon darauf hingewiesen –, im Rahmen dessen ausgebildete Polizistinnen und Polizisten an Schulen kommen, um dort in der Präventionsarbeit gegen Extremismus aktiv zu werden. Das
ist wichtig. Wir brauchen aber unbedingt auch zusätzliche Ressourcen und Zeit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 363

für Schulsozialarbeit. Wir brauchen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter,
die kontinuierlich an den Schulen sind und dort auch ihre Tätigkeit entsprechend wahrnehmen können.

Eines ist mir besonders wichtig, Herr Minister: Keine einzige Initiative und Maßnahme für Schülerinnen und Schüler darf daran scheitern, dass sich diese die Maßnahme nicht leisten können, dass die Finanzierung nicht sicherge­stellt ist. (Beifall bei der SPÖ.) Sie müssen wirklich die Mittel dafür sicherstellen und aufstellen, damit gerade in der Extremismusprävention keine Schülerin
und kein Schüler zurückgelassen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen alle, dass es mit dem einen oder anderen oder auch mehreren zusätz­lichen Workshops, so wie es jetzt vorgesehen ist, nicht getan sein wird –
das wird nicht ausreichen –; wir wissen aber auch alle, dass im Regelschulbetrieb wenig Platz für zusätzliche Workshops, für zusätzliche Maßnahmen bleibt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir diesen Antrag, den Kollege Oxonitsch eingebracht hat, entsprechend unterstützen. Wir brauchen an den Schulen
mehr Zeit, wir brauchen mehr Raum für politische Bildung, wir brauchen unbe­dingt Zeit und Raum und Ressourcen für Demokratiebildung und die
Förderung von Medienkompetenz bei den Kids. Das ist jetzt essenziell wichtig.

Abschließend noch zum Entschließungsantrag betreffend „die strafrecht­liche Verfolgung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt
durch Hamas-Terroristen“, den Kollegin Pfurtscheller dann gleich nach mir einbringen wird: Es ist ganz, ganz wichtig, sehr geehrte Damen und
Herren: Sexuelle Gewalt und Vergewaltigung sind eine brutale Kriegswaffe, die wir gemeinsam jetzt hoffentlich aufs Allerschärfste verurteilen. (Beifall bei
der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Wir werden uns gemeinsam mit den betroffenen Mädchen und Frauen in den Kriegsgebieten solidarisch zeigen und wir werden hier gemeinsam ein
starkes Zeichen setzen. – Danke dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.01



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 364

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.


18.01.40

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich freue mich natürlich sehr, dass der Unterrichtsausschuss wirklich parteiübergreifend
und in großer Einstimmigkeit Extremismus auf der einen Seite natürlich verur­teilt, aber eben auch Maßnahmen im schulischen Bereich einleiten will,
um Extremismus bestmöglich zu bekämpfen beziehungsweise um sehr viel Prä­ventionsarbeit durchzuführen.

Ein Teil dieser Präventionsarbeit kann und soll auch sein, jungen Menschen
vor Augen zu führen, was die Folgen von Extremismus sein können, der immer gerade auch Frauen und Mädchen ganz besonders trifft. Wichtig ist aber
in dem Zusammenhang auch, glaube ich, dass die jungen Menschen sehen, dass solche Taten auch geahndet werden, dass die Extremisten, egal aus welchem Bereich sie kommen, vom Recht verfolgt werden und dass die Taten dann auch Folgen haben.

Der Entschließungsantrag zu diesem Tagesordnungspunkt befasst sich ja
unter anderem eben auch mit dem Krieg im Nahen Osten und den Auswirkungen der dortigen schrecklichen Ereignisse auf die Radikalisierungs­gefahren in den Schulen. Am 7. Oktober, wir wissen es alle, wurde Israel
brutal und heimtückisch von den Hamas-Terroristen überfallen. Neben den stei­genden Opferzahlen und den Meldungen über Geiselnahmen hat man dann
auch immer mehr schreckliche Nachrichten über Frauen gehört, die im Rahmen dieses Überfalls vergewaltigt worden sind, die anderen Arten von sexuellen
und geschlechtsspezifischen Handlungen ausgesetzt waren. Bilder von Frauen mit blutverschmierter Kleidung, die bespuckt worden sind, die vorgeführt worden sind, gingen um die Welt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 365

Kollegin Schatz hat es schon gesagt: Vergewaltigung ist eine Kriegswaffe. Sie ist rechtswidrig, sie ist besonders grausam und sie ist ein gezieltes Mittel des Terrors und eine Taktik, die weitreichende soziale und psychische Belastungen sowie generationenübergreifende Traumata nach sich zieht.

So etwas kann aber geahndet werden, und zwar laut dem Römischen
Statut des Internationalen Strafgerichtshofes.

Deswegen darf ich den folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die strafrechtliche Verfolgung von sexueller und geschlechtsspezi­fischer Gewalt durch Hamas-Terroristen“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschus­ses über den Antrag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention vor Extremismen (2332 d.B.) – TOP 17

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz,
der Bundesminister für Inneres, der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für Landesverteidi­gung, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz werden dazu aufgefordert, sich auf allen Ebenen für eine rasche, unabhängige und koordinierte Untersuchung, gendersensible Aufarbeitung und strafrechtliche Verfolgung aller in Israel und Gaza durch die Hamas und andere Terrororga­nisationen begangene sexuelle und geschlechterspezifische Gewalt sowie für die


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psychotherapeutische und medizinische Unterstützung von Opfern wie auch Zeuginnen und Zeugen einzusetzen.“

*****

Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die große und breite Unterstützung und freue mich, dass wir ein so eindeutiges Zeichen setzen können. –
Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten
von SPÖ und NEOS.)

18.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Elisabeth Pfurtscheller, Meri Disoski, Eva-Maria Holzleitner und Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend die strafrechtliche Verfolgung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt durch Hamas-Terroristen

eigebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Unterrichtsausschusses über den An­trag 3717/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre,
Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention vor Extremismen (2332 d.B.) – TOP 17

Begründung

Der behandelte Entschließungsantrag betreffend Prävention vor Extremismen befasst sich unter anderem mit dem Krieg im Nahen Osten und den Auswirkungen der dortigen schrecklichen Ereignisse auf Radikalisierungsgefahren in Schulen. Auslöser war insbesondere auch schwerste sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt:

Am 7. Oktober 2023 überfielen Hamas-Terroristen Israel brutal und heimtückisch. Sie überfielen Dörfer, töteten wahllos Frauen, Kinder, Männer auf grausame


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Weise und nahmen auch zahlreiche Geiseln. Allein am 7. Oktober 2023 waren mehr als 1.200 Todesopfer auf israelischer Seite zu und, 1.590 Verletzte zu beklagen.
Rund 240 israelische Geiseln wurden durch die Hamas-Terroristen nach
Gaza verschleppt.

Gleichzeitig mit den steigenden Todesopferzahlen und Geiselmeldungen häuften sich auch die Meldungen über Frauen, welche im Rahmen dieses Terroraktes Folter, Vergewaltigungen und anderen Arten sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt waren. Bilder von Frauen und Mädchen in blutverschmierter Klei­dung gingen um die Welt.

Vergewaltigung als Kriegswaffe ist eine rechtswidrige, besonders grausame und weitverbreitete Kriegstaktik, sie ist ebenso ein gezieltes Mittel des Terrors. Es ist eine Taktik, welche in der Regel zu weitreichenden sozialen und psychischen Belas­tungen sowie generationenübergreifenden Traumata führt.

Laut dem im Jahr 2002 in Österreich in Kraft getretenen Römer Statut des Interna­tionalen Strafgerichtshofs sind solche Gewalttaten je nach Kontext als Verbre­chen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar. In Österreich wurde das Römer Statut 2015 und 2016 durch entsprechende Novellen in das österreichische Strafgesetzbuch (XXV. Abschnitt) umgesetzt

Wie relevant Opferanerkennung, Hilfsprogramme und die systematische Aufarbeitung sexueller und geschlechtsspezifischer Kriegsverbrechen ist, zeigt nicht zuletzt die Geschichte: Im Jugoslawienkrieg wurden 20.000 - 60.000 bosnische Frauen
Opfer geplanter, systematischer Massenvergewaltigungen und folgender, ungewollter Schwangerschaften. Die Aufarbeitung der Verbrechen dauert bis heute an.

Es liegt an uns, aus der Geschichte und den Schicksalen zu lernen und sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt auch in Kriegszeiten weitreichend zu bekämp­fen ungeachtet dessen, von wem sie begangen werden. Denn auch wenn die physi­schen Wunden heilen, können diese Taten – vor allem so sie nicht aufgear­beitet werden und keine strafrechtlichen Folgen für die Täterinnen und Täter nach sich ziehen– langfristig Schmerz, Leid und Trauer verursachen.


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Davor gilt es, Frauen und Mädchen zu schützen und auch für Männer und Buben maßgeschneiderte Hilfsprogramme anzubieten. Eine umfassende Aufarbei­tung der Tatensamt individueller strafrechtlicher Verfolgung ist ein wesentlicher Teil der Heilung individueller und gesellschaftlicher Traumata sowie des Versöh­nungsprozesses.

Bereits am 8. März 2022 hat sich der Nationalrat mit der Annahme des Antrages Un­terstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in
der Ukraine (782/UEA) dafür ausgesprochen, Frauen und Mädchen, welche vor den Kriegshandlungen in der Ukraine flüchten mussten, in besonderer Weise zu unterstützen. Ebenso wurde seitens des Parlaments ein Entschließungsantrag im
Juni 2022 zum Thema Ahndung von sexueller und geschlechterspezifischer
Gewalt im Ukrainekrieg angenommen. In Anlehnung an diese Anträge gilt es nun, einen besonderen Fokus auf Personen zu legen, welche Opfer von sexueller
und geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind und die Verantwortlichen auch strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Das österreichische Parlament und die unterzeichneten Abgeordneten wollen dieses Zeichen auch im Zusammenhang mit dem brutalen Terror der Hamas gegen
Israel setzen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesmi­nister für Inneres, der Bundesminister für europäische und internationale An­gelegenheiten, die Bundesministerin für Landesverteidigung, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz werden dazu aufgefordert, sich auf allen Ebenen für eine rasche, unabhängige und koordinierte Untersuchung, gender­sensible Aufarbeitung und strafrechtliche Verfolgung aller in Israel und Gaza durch


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die Hamas und andere Terrororganisationen begangene sexuelle und ge­schlechterspezifische Gewalt sowie für die psychotherapeutische und medizinische Unterstützung von Opfern wie auch Zeuginnen und Zeugen einzusetzen.“

*****


18.06.10

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2332 der Beilagen angeschlossenen Entschließung.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. –
Das ist einstimmig angenommen. (354/E)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „9-Punkte Plan
als Antwort auf das zunehmende Gewalt- und Konfliktpotenzial an Schulen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinder und Jugendliche durch politische Krisen begleiten und Demokratiebildung ausbauen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Pfurtscheller, Meri Disoski, Eva-Maria Holzleitner, Henrike Brand­stötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die strafrechtliche Verfolgung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt durch Hamas-Terroristen“.


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Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Dieser ist einstimmig angenommen. (355/E)

18.07.4218. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen
über die Petitionen Nr. 106 und 112 bis 115 (2339 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 18. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte.


18.08.05

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze zur letzten Petitionsausschusssitzung am 30.11.:

Die Sitzung war ja an sich sehr konstruktiv, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion beziehungsweise den Klubreferent:innen gut vorbereitet. Bei einer vernünftigen Vorsitzführung durch den Obmann
geht man die Punkte sozusagen flott durch. Festhalten darf ich, dass wir drei Ausschusszuweisungen vorgenommen haben – durchaus jede sinnvoll.
Das digitale Klimaticket gibt es ja eigentlich schon, aber man darf immer über Verbesserungen nachdenken. Was ich beim Klimaticket toll finde, ist, dass
es in Zukunft auch Zivildienern oder Wehrdienern kostenlos zur Verfü­gung steht. Das ist eine tolle Sache.

Lärmschutzmaßnahmen entlang der Südbahnstrecke im Bereich Neunkirchen werden im Verkehrsausschuss weiter erörtert.

Ein ganz wichtiges Thema ist ein kleines niedliches Tier: Es nennt sich Wombat und ist offensichtlich in Australien vom Aussterben bedroht. Da gibt es von


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einigen Kolleginnen und Kollegen die Überlegung, man möge doch eventuell in Schönbrunn das vielleicht vom Aussterben bedrohte Tier in Zukunft
züchten. Das werden wir in einer der nächsten Sitzungen im Umweltausschuss besprechen. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt!

Zu den zwei Kenntnisnahmen ist nur so viel zu sagen: Die Finanzierung von ORF Sport plus ist gesichert, da besteht also derzeit keine Gefahr der Einstellung.
Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt.

Betreffend die Petition „Fachholschulentwicklungs- und Finanzierungsplan neu verhandeln!“ ist zu sagen, dass im Budget für die nächsten Jahre entspre­chende Mittel für die Fachhochschulen vorgesehen sind. Das ist also auch sehr positiv.

In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Grünen.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


18.09.53

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Ja, das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Mitgestaltung in unserem Land ist groß, das zeigt auch die Vielzahl der Bürgerinitiativen und Petitionen, mit denen wir uns im Ausschuss be­schäftigt haben. Die verschiedensten Themen, Anliegen werden hier in Form ge­gossen und von uns dann begutachtet. An dieser Stelle möchte ich allen Bürgerinnen und Bürgern, die diese Gelegenheit nutzen und diese Form der Bür­gerbeteiligung so lebendig halten, herzlich Danke sagen.

Schade ist es, dass diese Initiativen von Regierungsseite leider oft nicht so wert­geschätzt werden, wie sie es verdient hätten. Der optimale Ablauf wäre,
dass wir die Petitionen und Bürgerinitiativen in den Ausschuss bekommen, dass dann die Stellungnahmen eingeholt werden und wir dann diese Anliegen


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in den Fachausschüssen weiterdiskutieren können. Das ist ganz, ganz selten der Fall. In den meisten Fällen werden sie zur Kenntnis genommen und dann
leider nicht mehr weiter bearbeitet. In der letzten Ausschusssitzung war es so, dass erfreulicherweise doch einige Initiativen den Weg in jene Ausschüs­se gefunden haben, in denen sie dann weiter behandelt werden.

Leider nicht zugewiesen wurde die Petition „Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan neu verhandeln!“ von meinen Kolleginnen Eva Maria Holzleitner und Andrea Kuntzl. Warum wurde sie eingebracht? – Aus gutem Grund: Der vorliegende Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungs­plan wurde nämlich von den Fachhochschulen zurückgewiesen. Es gab laut­starke Kritik aus den Bundesländern, von den Sozialpartnern, vom
Rat für Forschungs- und Technologieentwicklung und der Österreichischen Hochschülerschaft.

Warum wurde der Plan so stark kritisiert? – Weil er keine neuen Studienplätze vorsieht, und das trotz Fachkräftemangels. Das zeigt auch eine aktuelle Anfragebeantwortung des Bildungsministers. Die bestätigt nämlich, dass im
FH-Studium Soziale Arbeit tatsächlich keine zusätzlichen Studienplätze geschaffen werden, und das, obwohl wir einen eklatanten Mangel an Sozialpä­dagog:innen und Sozialarbeiter:innen haben. Es ist unverständlich, wa­rum da nicht mehr Plätze geschaffen werden, denn an Bewerber:innen mangelt es nicht. In Wien gibt es 1 099 Bewerbungen auf 314 Anfängerplätze. Al­so man sieht, es wäre Bedarf da, die Zahl der Studienplätze auszubauen. Warum das nicht gemacht wird, entzieht sich leider unserer Kenntnis, es ergibt kei­nen Sinn.

Auch wenn weitere finanzielle Mittel im Budget vorhanden sind, werden die an­gekündigten oder veranschlagten Mittel nicht ausreichen, weil diese be­reits durch die Teuerung aufgefressen werden. Somit wird eine Weiterentwick­lung von Forschung, Lehre oder eine Internationalisierung unmöglich ge­macht. Die angewandte Forschung wird eingeschränkt. Es ist also insgesamt
ein Rückschritt für Österreich.


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All diese Themen wären es wert gewesen, im Wissenschaftsausschuss diskutiert zu werden. Die Regierungsfraktionen haben das anders gesehen – ja, eine vertane Chance. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


18.13.16

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kollegen
des Hohen Hauses! Der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen ist dieses Mal einigermaßen kurz geraten, und das
liegt erfreulicherweise daran, dass es diesmal doch einige Petitionen in die zuständigen Fachausschüsse geschafft haben. Wir werten das einmal
als positives Zeichen und hoffen, dass die Regierungsfraktionen auch in anderen Ausschüssen das Mauern endlich beenden werden.

Unter anderem ist die Petition des Kollegen Schmiedlechner zur Errichtung einer Lärmschutzwand entlang der Südbahnstrecke bei Neunkirchen dem Ver­kehrsausschuss zugewiesen worden. In diesem Zusammenhang hat Kollegin Fi­scher von den Grünen ganz etwas Interessantes gesagt, wenn ich sie rich­tig verstanden habe, nämlich dass man Lärmschutzwände auch mit PV-Anlagen bestücken könnte. Dem stehen wir einmal vorsichtig positiv gegenüber.

Werte Damen und Herren, an Österreichs Straßen gibt es laut Asfinag 5 Qua­dratkilometer oder anders gesagt 1 400 Kilometer Lärmschutzwände –
eine riesige Fläche, die jetzt schon vorhanden ist und teilweise ungenutzt ist. Und auch wir sind der Meinung, diese sollte man besser, wirtschaftlicher nutzen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine neue Petition meiner Kollegen Lausch und Schmiedlechner, deren Titel lautet: „Photovoltaikanlagen
auf Dächern öffentlicher Gebäude installieren statt auf Ackerflächen!“. Wie es der Titel schon sagt, soll heimisches Ackerland der Landwirtschaft erhalten bleiben und nicht mit PV-Anlagen bestückt werden, denn wohin das


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führt, das sehen wir im Burgenland: Da gibt es bereits über 2 000 Hektar Acker­land, die mit PV-Anlagen bestückt sind –wohlgemerkt natürlich von der
Energie Burgenland, an der das Land beteiligt ist. Private bekommen derzeit
bei uns im Burgenland praktisch keine Genehmigung.

Ja, aber so ist das halt bei uns im Burgenland: Von der Energie über die Pflege, über die Jagd bis zur Feuerwehr, überall hält das Regime Doskozil die
Hand darüber – ein Hauch von DDR 30 Jahre nach dem Mauerfall, just dort,
wo viele DDR-Bürger den Weg in die Freiheit gefunden haben.

Werte Damen und Herren, wir ersuchen wirklich die Bürgerinnen und Bürger, dieser Petition zuzustimmen, denn neben Lärmschutzwänden gibt es
noch viele öffentliche Gebäude, die wir besser ausnützen könnten, wodurch es möglich wäre, Ackerland zu sparen. Es gibt große Flächen auf Schulen,
Ämtern, Kasernen, Feuerwehrhäusern und vieles mehr. Diese Flächen haben für uns den absoluten Vorrang, Acker- und Grünland sollen weiterhin der Produktion von Lebensmitteln erhalten bleiben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike
Fischer. – Bitte.


18.16.17

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Da­men und Herren! Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen darf
auch diesmal im Plenum nicht fehlen, und zwar mit einem Sammelbericht. Kolle­ge Ries vor mir hat es schon angesprochen: Wir haben in der letzten Sit­zung des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen ein paar Petitionen den zuständigen Fachausschüssen zugewiesen, bei denen es vor allem
um Umweltanliegen, um Verkehrsanliegen geht.

Was sich in diesem Ausschuss immer wieder zeigt: Während wir im Nationalrat Themen oft auf einer Metaebene diskutieren, schauen wir uns im Ausschuss


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für Petitionen und Bürgerinitiativen die Basis an: die Basis unserer Gemeindear­beit, die Basis unserer Bezirksarbeit, die Basis dessen, wie Zukunft funktio­nieren kann. Zukunft kann dann funktionieren, wenn wir eine funktionierende Infrastruktur haben, wenn wir einen funktionierenden öffentlichen Ver­kehr haben, wenn wir nicht unter Lärm leiden, wenn wir Geschäfte vor Ort ha­ben, in die wir einkaufen gehen können, wenn es Poststellen gibt, wenn
es Polizei gibt. Das heißt, in Wirklichkeit sind die im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen behandelten Anliegen ein Abbild der Probleme un­serer Gesellschaft. Ich finde es sehr wichtig, dass wir uns diesen Themen wid­men und dass wir genau in diesen Ausschuss die Wahlkreisarbeit hinein­tragen. Ich bedanke mich hier für das Engagement von allen engagierten Abge­ordneten. Danke für euer Engagement! Danke! (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der ÖVP.)

Keiner von uns will vor einer verschlossenen Post stehen oder die Polizei nicht mehr vorfinden, und deswegen ist es wichtig, dass Bürger und Bürgerinnen
auch die Möglichkeit haben, sich an Petitionen und Bürgerinitiativen zu beteili­gen. Ich bin gefragt worden: Wie macht man das? – Das ist ganz einfach:
Gebt in eine Suchmaschine Parlament und Petitionen ein, dann kommt ihr auf die entsprechende Seite! Dann gebt ihr ein: Verhandlungsgegenstand,
dann seht ihr, wie weit die Verhandlung fortgeschritten ist. Dann könnt ihr euch anschauen, ob eure Gemeinde da schon etwas gemacht hat oder nicht.

Wenn man sich die Themen anschaut, dann reichen sie querbeet von Bankomat, Postschließung, Lärmschutz bis Baumhaftung. Es handelt sich um viele Angelegenheiten, wo man sagen kann: Na ja, wenn das Problem nicht in meiner Gemeinde ist, dann finde ich das eigentlich lächerlich, aber wenn es mich
in der Gemeinde direkt betrifft, dass die Post zu ist, dass die Bahn zu laut ist, dass die Autobahn zu laut ist, dass es keine Fotovoltaik gibt, dann bin ich betroffen und dann will ich mich dafür einsetzen. Und das ist eine Möglichkeit der Ausübung von direkter Demokratie.


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Weil ich immer wieder gefragt werde, möchte ich das auch hier ansprechen: Un­ser Parlament ist offen. Sie können sich über das Internet registrieren oder
Sie können einfach mit einem Lichtbildausweis vorbeikommen. Dann können Sie sogar an unseren Sitzungen teilnehmen, wenn Sie sich drei Werktage vor­her anmelden. Das heißt, wir haben ein offenes Parlament, der Ausschuss für Pe­titionen und Bürgerinitiativen steht Ihnen zur Verfügung.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, ich freue mich sehr, dass auch für meine Gemeinde, für Sankt Andrä-Wördern, im Zusammenhang mit der Postschlie­ßung eine gute Lösung in Aussicht ist: Wir werden in Kooperation mit der Post wahrscheinlich einen geeigneten Postpartner finden. Auch dazu hat es eine Petition gegeben.

Und die zweite Sache, Kollege Ries hat es angesprochen: Lärmschutz kann tat­sächlich mit Fotovoltaik funktionieren. Auch da braucht es eine Stärkung.

Ich möchte mich für die Aufmerksamkeit bedanken und wünsche eine geruh­same Zeit in der Weihnachtszeit. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


18.20.13

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher!
Zuerst die positive Nachricht: Zwei Jahre nach Einführung des Klimatickets gibt es das Klimaticket jetzt digital am Handy. Zwei Jahre hat das gebraucht.
Das ist zwar positiv – bitte verstehen Sie mich nicht falsch; ich glaube, es ist schon durchgeklungen –, es ist jedoch schon etwas absurd, 2021 ein Produkt wie das Klimaticket auf den Markt zu bringen und es im Jahr 2023 nicht zustande zu bringen, es digital am Handy, in der Wallet – es ist im Übrigen
noch immer nicht in der Wallet verfügbar –, verfügbar zu machen.


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Ich glaube schon, dass es da um etwas Grundsätzliches geht – jetzt will ich es nicht größer machen, als es ist –: Es ist gut, dass es das Klimaticket jetzt
digital gibt, aber es geht schon um etwas Grundsätzlicheres. Wenn
solche selbstverständlichen Dinge nicht funktionieren, ohne dass es Druck gibt, wie zum Beispiel – deswegen spreche ich ja auch hier – eine Petition im Petitionsausschuss, viele Anträge dazu, wenn sich viele Menschen beschwert haben, dass es eben ohne diesen Druck nicht funktioniert, dass so etwas
Banales tatsächlich umgesetzt wird, dann zweifeln schon viele Menschen an der Fähigkeit der Behörden und in diesem Fall an der Regierung. (Beifall bei
den NEOS. – Abg. Lukas Hammer: Großartig!)

Hey, es geht darum – ich wiederhole es noch einmal –, ein Klimaticket, also das, was beispielsweise bei den Wiener Linien oder anderen Verkehrsbetrie­ben selbstverständlich schon seit Jahren funktioniert – oder wenn man einen Flug bucht oder wenn man ein Ticket bucht –, am Handy verfügbar zu
machen!

Das ist deswegen so tragisch, weil es ja darum geht, dass man ein Signal aus­sendet – ein Signal, dass die Staatlichkeit, dass Behörden solch einfache
Dinge nicht zustande bringen. Wenn man es nicht schafft, ein Klimaticket zu di­gitalisieren, wie soll man dann die großen Dinge schaffen? Wie soll man
dann beispielsweise eine große Bildungsreform schaffen? (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lukas Hammer: Sie haben keine Ahnung, wie so ein Klimaticket funktio­niert! Das ist das Problem!) Ja, das wirft natürlich auch die Fragen auf, die wir in dieser Plenarwoche schon mehrfach diskutiert haben: Wo bleiben die großen Reformen? Wir können nachvollziehen, warum es so ist, weil wir in un­terschiedlichen Fragen ja sehen, wie langsam die Dinge gehen.

Da möchte ich auch noch auf eine andere Petition zu sprechen kommen, die heute nicht Teil des Sammelberichts ist, aber über 20 000 Unterschrif­ten erreicht hat, die wir NEOS initiiert haben, nämlich dass Psychotherapie end­lich eine Kassenleistung wird, dass ein gebrochener Haxen gleich behandelt
wird wie eine gebrochene Seele – natürlich nicht mit den gleichen Methoden –,


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finanziell gleich behandelt wird, dass es da keine Diskriminierung mehr
gibt. Wir weisen schon so lange darauf hin, und gerade die Pandemie hat die Situation noch einmal so verschärft.

Sie als Bundesregierung, als Regierungsfraktionen, die – und da will ich
jetzt gar nicht werten – scharfe Maßnahmen auch gegen junge Menschen ver­hängt haben, die ihnen immer noch nachhängen, wären es gerade jenen
jungen Menschen schuldig, dass Sie die psychische Gesundheit endlich ernst nehmen und Psychotherapie endlich als Kassenleistung ermöglichen.
(Beifall bei den NEOS.)

Also gut, dass im Kleinen – Klimaticket – etwas weitergegangen ist, es wird Zeit, dass sich auch bei den großen Dingen, bei der Psychotherapie endlich etwas bewegt. (Beifall bei den NEOS.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Andrea Holz­ner. – Bitte.


18.23.25

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren! Ich glaube, Kollege Shetty
hat versäumt, was wir in diesen drei dicht gedrängten Plenartagen an Reform­vorhaben für die Menschen, die in Österreich leben, für unsere Bürgerin­nen und Bürger auf den Weg bringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Kollegin Wimmer! Petitionen, deren Anliegen erfüllt sind, behandeln wir nicht weiter. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass im Finanzierungs-
und Entwicklungsplan für Fachhochschulen das Budget 2024 um 25 Prozent erhöht wurde, dass jeder Studienplatz wie gefordert mit 10 Euro geför­dert wird – und das bereits ab Juni –, dass 1 050 FH-Studienplätze bis zum Wintersemester 2025/26 neu geschaffen werden und wir den erfolg­reichen Weg des bedarfsorientierten Ausbaus der Fachhochschulen fortsetzen.


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Zur Petition „Digitales Klimaticket jetzt!“: Ich freue mich sehr, dass das Klimaticket seit 27.11. digital ist. Einfach die App von ÖBB, Westbahn, Wiener Linien herunterladen, Klimaticket anzeigen und abrufen. Weitere Apps
werden von den Verkehrsverbünden demnächst folgen.

Was ich auch erwähnen möchte: Junge Menschen in Österreich erhalten
ab 2024 zu ihrem 18. Geburtstag das österreichweit gültige Klimaticket kosten­los. Sie können dann ein Jahr lang gratis Öffis nutzen. Sie haben ab
dem 18. Geburtstag drei Jahre Zeit, das kostenlose Klimaticket in Anspruch zu nehmen. So macht CO2-Einsparen Spaß. Und nicht umsonst sind die Öster­reicher laut Eurostat die glücklichsten EU-Bürger.

Es gibt zum Glück in diesem Land Bürger, die leistungsbereit sind, die gerne ar­beiten, die sich ehrenamtlich betätigen. Auch wir als Parlament arbeiten un­beirrt weiter. Wir übernehmen in diesen Krisenjahren Verantwortung und leiten das Land nach bestem Wissen und Gewissen durch diese Krisenjahre; ich
denke, durchaus erfolgreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


18.25.52

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Petition „Retten wir den Sport! Keine Einstel­lung von ORF Sport plus auf Kosten unserer Sportvereine“ behandelt ein wichti­ges, ein breites Gesellschaftsthema.

Dieser ORF-Kanal, der Sport in seiner Vielfalt zeigt, wird nunmehr doch befristet bis 2026 weitergeführt und ausgestrahlt. Sportarten, mit denen nicht Millio­nen oder gar Milliarden zu verdienen sind, fristen oftmals ein Schatten­dasein. Konzerne, Ölscheichs, andere Heilsbringer stellen sich ohnehin via Champions League, Fußball-WM, Sommer-, Winterolympiaden ins Rampenlicht,


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um ihre schmutzigen Geschäfte teilweise einer Imagepolitur zu unter­ziehen. Ihr Sponsoring wird von Welt- und Europaverbänden auch willfährig unterstützt.

Der Begriff Randsportarten, meine Damen und Herren, zeugt von einer Men­talität, jene Sportarten zu ignorieren, mit denen nicht das große Geld zu verdienen ist. Breitensport ist nicht nur mit einem gesellschaftlichen Mehrwert verbunden, Breitensport hat seine Wurzeln im Arbeitersport des 19. Jahr­hunderts. Denken wir zum Beispiel an die nicht kommerziellen Arbeiterolympia­den im 20. Jahrhundert in unserer Ersten Republik vor Beginn des
Faschismus!

Dabei ist es heute wichtig, besonders wichtig, auch Genderbarrieren, wie zum Beispiel im Frauenfußball, abzubauen.

Gerade im Breitensport braucht es ehrenamtliche Funktionäre, die Kinder an den Sport heranführen und dabei auch die soziale Kompetenz im Nachwuchs­bereich fördern. Dafür kann man nicht oft genug Danke sagen.
(Beifall bei der SPÖ.)

Aber auch im Erwachsenenamateursport sind viele helfende Hände und Köpfe nötig, um die notwendigen Strukturen zu erhalten. Die ehrenamtlichen Funktionäre müssen ohnehin jedem Cent nachlaufen.

Leider ist es den Regierungsparteien nicht wert, die nachhaltige Weiterentwick­lung des ORF-Kanals Sport plus im Sportausschuss zu diskutieren und zu debattieren. Ihre Kenntnisnahme der Petition zeugt nur davon, das Thema vom Tisch haben zu wollen.

Die Einstellung von ORF Sport plus wäre nicht nur ein Schlag ins Gesicht
aller Sportbegeisterten gewesen, sondern auch ein Ausdruck der Ignoranz ge­genüber sozialen und gesundheitlichen Vorteilen, die der Sport für
unsere Gemeinschaft bietet, und zwar in allen Altersklassen und Lebenslagen.


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Schauen wir gemeinsam in die Zukunft: Wenn wir ORF Sport plus unter­stützen, setzen wir nicht nur ein Zeichen für die Erhaltung der sportlichen Viel­falt und dafür, sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, son­dern auch für die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Lassen Sie uns gemeinsam sicherstellen, dass sie die Chance haben, aus einer breiten Palette von Sportarten auswählen zu können und sich zu entfalten, um auch neue Sportarten kennenzulernen, die unsere Gesellschaft reicher machen. – Sport frei!
(Beifall bei der SPÖ.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.


18.29.22

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Dieses Mal ist es erfreulich, dass es doch drei Petitionen geschafft haben, einem Fachausschuss zugewiesen zu werden, was ja immer unsere Forderung ist und immer unsere Forderung war.

Es freut mich besonders, dass die Petition Lärmschutz an der Südbahnstrecke von Peter Schmiedlechner den Weg in den Verkehrsausschuss gefunden
hat. Man weiß ja, mit Lärmschutz kann man sehr viel anfangen, da kann man innovativ sein. Da haben wir auch schon einige Ideen gehört, wir stehen
dem positiv gegenüber, und das freut uns sehr.

Zu ORF Sport plus: Ja, da muss ich meinem Vorredner recht geben, es heißt im­mer: Das ist schon vom Tisch, das ist schon gegessen, diese Petition ist
schon überholt! – das hört man immer –, aber das sehe ich auch ein bisschen kritisch. Es ist wichtig, dass man Breitensport im ORF bringt. Man sieht
ja eh, dass Servus-TV schon viel mehr Sportarten wie Champions League und Formel-1-Rennen überträgt und der ORF immer weniger Spitzensport,
weil zu teuer und nicht leistbar. Darum ist es natürlich wichtig, dass dieser Sportkanal bleibt.


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Man weiß ja, Spitzensport ist teuer im Übertragen, aber Breitensport ist etwas für die Jugend, das ist etwas für die Schüler, da kann man natürlich et­was weiterbringen. (Abg. Hörl: Olympia ...!) Darum hätten wir diese Petition auch gerne nicht nur zur Kenntnis genommen – aber es ist halt einmal so. Seien
wir froh, dass wir jetzt, 2024, in ein Wahljahr kommen, dass jetzt die Regierungs­parteien doch die eine oder andere gute Petition der Oppositionsparteien
in die Fachausschüsse durchlassen, in die diese Petitionen eigentlich
auch gehören.

Darum werden wir dieses Mal mit ruhigem Gewissen diesem Sammelbericht auch zustimmen, da man sagen muss: Ja, das ist ein richtiger Weg,
die Fachausschüsse, die zuständig sind, zu beschäftigen; dafür hat man sie ja eigentlich auch. Man sollte den Petitionsausschuss nicht immer degra­dieren, so im Sinne von: Ja, den gibt es halt auch!, oder, wie es beim letzten Mal vonseiten der ÖVP gefallen ist: Die meisten Petitionen kommen ja eh von Abgeordneten! –Na no na net! Man weiß ja, dass das auf der Parlamentshome­page von Bürgern unterstützt werden kann, und das wird es ja auch sehr,
sehr oft.

Unsere Argumente vom letzten Mal dürften gewirkt haben, dieses Mal schaut es schon wieder besser aus. Hoffen wir halt, dass der Petitionsausschuss in
Zukunft mit Zuweisungen an Fachausschüsse aufgewertet wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte.


18.32.14

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zur
Petition Digitales Klimaticket von den NEOS: Ich glaube, ganz entscheidend wichtig ist, das digitale Klimaticket (eine Tafel, auf der ein Klimaticket ab­gebildet ist, in die Höhe haltend) ist da. Das Klimaticket ist eine Erfolgsgeschichte


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 383

(Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Berlakovich und Gahr – Zwi­schenruf bei den NEOS): 266 000 Nutzer:innen, ein Klimaticket für alle neun Bun­desländer. (Abg. Bernhard: Das ist digital?)

Herr Abgeordneter Yannick Shetty, digitales Klimaticket – zur Veranschauli­chung habe ich es heute noch einmal ausgedruckt, damit wir es alle
sehen. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Ausgedruckt! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)
Das digitale Klimaticket funktioniert (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist wirklich ... Digi­talisierung!), es hat eine Zeit gebraucht – du hast recht. (Abg. Loacker: ... di­gitales Kaufhaus!) Es ist mit allen Verkehrsverbünden zu verhandeln, dass es in allen Apps vorhanden ist. Es ist auch zu klären, dass es zu keinem Miss­brauch kommt (Abg. Hörl: Was steht denn da drauf?), also es sind da ganz viele technische Schritte notwendig.

Ich habe mich noch einmal informiert, wie es dazu gekommen ist, dass
das doch einige Zeit gebraucht hat. Auf jeden Fall hat ja jeder auch ohne digi­tales Klimaticket das Klimaticket nutzen können, auch in Kartenform; da habe ich kein Problem. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Shetty: Ja eh,
aber auch digital!)
Ich glaube, die 266 000 Menschen haben große Freude, dass sie es nutzen können.

Das Klimaticket für 18-Jährige – auch in Richtung NEOS –: Ich glaube, das
ist ein wichtiger Anreiz, um junge Menschen im öffentlichen Verkehr zu halten (Abg. Meinl-Reisinger: Ihr blast das Geld raus gerade! Geld der Steuerzahler! – Zwischenruf des Abg. Hörl), um den jungen Menschen auch Kosten zu ersparen, nämlich weiter mit dem öffentlichen Verkehr zu fahren, ihn auch zu nut­zen. – Das zum Ersten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Disoski: Bravo!)

Zum Zweiten die Petition „Schutz der Wombats“ von der SPÖ: Ganz interessant, dass das heute noch kein großes Thema war. Kollege Prinz hat es bereits


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präsentiert. Ich glaube, wichtig ist schon auch, zu erklären: 130 Tier- und Pflan­zenarten sterben täglich aus – täglich! 16 Prozent aller Spezies weltweit
sind bedroht, 4 000 Arten sind akut bedroht, 60 Prozent weniger Tierarten in den letzten 40 Jahren: Das sind schon sehr dramatische Zahlen.

Ich verstehe die Argumentation, da auch gewisse Tierarten herauszunehmen und zu schauen: Können wir da etwas tun? Gibt es da Möglichkeiten? Es stellt
sich die Frage: Bei welchen Arten haben wir eine Möglichkeit, diverse Erhaltungszuchten auch hier im Lande zu machen? Ihr kennt es, es gibt die Stel­lungnahme vom Tiergarten Schönbrunn (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass das
in Österreich nicht so leicht ist, und die Frage ist auch, ob es sinnvoll ist.

Bei den Wombats gibt es drei Arten (eine Tafel, auf der ein Wombat abgebildet ist, in die Höhe haltend): Es gibt den nördlichen Haarnasenwombat (allge­meine Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zwischenrufe bei NEOS und Grünen), es gibt den südlichen Haarnasenwombat und es gibt den Nacktnasenwombat. Er ist ein australischer Beutler (Heiterkeit des Abg. Loacker), der in Australien vom Aussterben bedroht ist – es gibt noch 110 Exemplare.

Ich habe mich selbst in meiner Jugendzeit mit diesen Tieren befasst. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Es gibt zu diesem Tier auch unterschiedlich gute Stu­dien. (Anhaltende Heiterkeit bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.) Die Beson­derheit vom Wombat – wer es noch nicht weiß, es gibt auch eine Studie
dazu und sogar einen Preis (Abg. Hörl: Der schaut ja aus wie ein Wolf! – allgemeine Heiterkeit – Ruf: Es gibt immer noch Wölfe!) – ist vor allem sein würfelför­miger Kot.

Man muss zu den Wombats vielleicht abschließend noch dazusagen (Zwischenru­fe bei ÖVP, NEOS und FPÖ), dass es, glaube ich, für Österreich, für den Tiergarten Schönbrunn sehr schwierig ist, denn das Tier gräbt sich zu 80 Prozent seiner Lebenszeit ein. Das Tier ist sehr nachtaktiv, es braucht wahnsinnig
viel Platz und Lebensraum (Abg. Hörl: So wie der Egger!) und vor allem braucht es auch eine bestimmte Klimatisierung.


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Ich würde abschließend einmal sagen, wichtig im Artenschutz ist – wir soll­ten darauf zurückkommen, glaube ich –: Welche heimischen Tierarten können wir hier in Österreich fördern? (Abg. Hörl: Rotwild! Hirsche!) Was tun wir,
um dem Artensterben entgegenzutreten? Da sind natürlich die Themen Land­nutzung und Erhaltung der Lebensräume wichtig. Das Thema Verdrängung
ist im Auge zu behalten, auch das Thema Klimawandel und natürlich
auch die chemische Belastung. Deshalb ein Appell von unserer Seite: heimische Tierarten, Fauna und Flora schützen und natürlich auch, was die Tiergär­ten betrifft, schauen, wo es sinnvolle Erhaltungszuchten geben kann! – In diesem Sinne: für einen aktiven Artenschutz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Wuh! )

18.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hans
Stefan Hintner. – Bitte sehr. (Abg. Loacker: Das ist jetzt schwer zu übertreffen!)


18.37.30

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Hohes Haus! Wir haben uns beim letzten Mal darüber unterhalten, dass der Pe­titionsausschuss vor allem ein Instrument aus der Mitte der Bevölkerung
sein sollte, er brennende Bürgeranliegen behandelt – natürlich auch mit Unter­stützung der Politik, das ist legitim, aber eben aus der Mitte der Gesell­schaft. Ein solches Anliegen ist zum Beispiel der Lärmschutz für die Anrainer
der Südbahnstrecke in Neunkirchen. Das ist schon erwähnt worden. Das kommt in den Verkehrsausschuss, das ist gut so.

Vielleicht darf ich aber auch etwas aus eigener Erfahrung bemerken: dass auch die physikalischen Gesetze beachtet werden sollten, dass sich nämlich
Schall wie ein Kegel ausbreitet. Wir haben in der Nähe von Mödling, in Wiener Neudorf, jetzt die größte Schallschutzwand in Niederösterreich mit über 13 Metern. Früher haben wir nichts gehört, jetzt aber hören wir – 6 Kilometer weit weg –, wenn der Wind da ist, den Verkehrslärm von der Süd-Autobahn.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 386

Die Petition Rettet den Sport, keine Einstellung von ORF Sport plus ist
auch bereits erörtert worden. Wir sind da auf einem guten Weg. Wie ich ver­nommen habe, gibt es bereits Gespräche mit den Sportverbänden, um den Kanal ORF Sport plus weiterzuentwickeln.

Ebenfalls eine Petition, die mir persönlich ein Anliegen ist, ist die Petition „Rettet den Wienerwald“ – ein besonderes Anliegen eines der Nachfolger des legen­dären Retters des Wienerwalds Josef Schöffel, nämlich von Wolfgang Gerstl, der sich da wirklich toll einsetzt.

Eine aktuelle Petition, die wir noch nicht behandelt haben – für mich bemer­kenswert –, hat den Titel „Women’s soccer without boundaries“. Da geht es pri­mär um den Kampf für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern,
was den Sport betrifft. Da gibt es eine bemerkenswerte Geschichte: Die legen­däre Tennisspielerin Billie Jean King, die in den Sechziger- und Siebziger­jahren so ziemlich alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, hat 1973 Bobby Riggs geschlagen, der damals einer der besten Tennisspieler der Welt war.
Das ist eingegangen in The Battle of the Sexes, und seither – seit 1973 – werden die Damen und Herren bei den US-Open das Preisgeld betreffend gleich
bezahlt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe abschließend noch ein persönliches Anliegen: Heute gegen 7 Uhr war in den ORF 2-Nachrichten eine Programmvorschau, in der angekündigt wurde,
was am zweiten Weihnachtstag in Österreich für ein Programm gespielt wird. Ich habe mir gedacht: Eigentlich heißt doch in Österreich der zweite Weihnachts­tag – den es für mich gar nicht gibt – Stefanitag.

Lieber ORF, vielleicht könnten wir bei Stefanitag für den 26. und bei Christtag für den 25. Dezember bleiben, das würde auch den Traditionen der österreichi­schen Feiertage zu Weihnachten entsprechen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

18.40


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Peter Schmied­lechner zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 387

18.40.53

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Zuseher! Zur Petition zum Lärmschutz an der Südbahnstrecke in Neunkirchen: Gerade in diesem Gebiet ist erkenntlich, dass die Anrainer dieser Süd­bahnstrecke in Neunkirchen seit Langem unter dem Lärm leiden und dort kein Lärmschutz besteht. Das Interessante oder das Seltsame bei der ganzen Geschichte ist, dass bis zur Stadtgrenze hin ein Lärmschutz besteht. Im Stadt­gebiet ist kein Lärmschutz vorhanden und dann, kaum beginnt die Ge­meinde Ternitz, kaum ist man außerhalb der Stadtgemeinde Neunkirchen, beginnt der Lärmschutz wieder. Unser Ansinnen und unsere Aufgabe ist und war, dieses Problem aufzuzeigen. Ich finde es sehr gut, dass auch die
anderen Parteien es so sehen, dass dort ein Lückenschluss unbedingt not­wendig ist.

Ein hoher Lärmpegel bedeutet gesundheitliche Belastung, Stress, Kopfschmer­zen und auch andere, oft körperliche Manifestationen. Keiner von uns
will das haben. Jeder von uns will auch für seine Familie, für seine Kinder ein ruhiges Zuhause. Außerdem bedeutet Lärm finanzielle Kosten durch die Notwendigkeit, dass man oft eine besondere Dämmung oder besondere Fenster einbauen lassen muss, und er bedeutet leider oft auch für die Immobilie,
die man dort in der Nähe der Bahn hat, einen Wertverlust.

Das müssen die Anrainer in Neunkirchen seit Jahrzehnten hinnehmen. Sie haben schon mehrere Versuche getätigt, um das zu ändern, um dort etwas zu verbessern. Sie sind leider immer auf taube Ohren gestoßen. Deswegen habe ich die Petition eingebracht, um das Problem hier zu diskutieren und um das Problem in den Nationalrat zu tragen. Gerade aus diesem Grund finde ich es sehr gut, dass die Petition dem Verkehrsausschuss zugewiesen worden ist.

Man muss bei der ganzen Geschichte auch wissen, dass ja jetzt – hoffentlich bald – der Semmeringbasistunnel fertiggestellt wird. Dadurch wird der Zugverkehr noch mehr zunehmen. Dadurch werden aber auch die Züge schneller


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 388

fahren. Dadurch wird die Lärmbelastung um ein Wesentliches mehr. Des­wegen ist gerade dort jetzt Lärmschutz notwendig.

Das Interessante, wenn man sich die Thematik anschaut, ist, dass die ÖBB ja nicht untätig ist, sondern dort jetzt eine Bahnunterführung baut. Für
mich ist dann nur fraglich, warum man nicht gleich auch den Lärmschutz mit­macht, wenn man dort schon Bautätigkeiten durchführt.

Ich bedanke mich dafür, dass die anderen Parteien das ähnlich sehen, dass wir dort endlich etwas weiterbringen. (Abg. Schmuckenschlager: ... kann ja
der Verkehrslandesrat von Niederösterreich machen!)
Ich hoffe natürlich auch, dass Frau Minister Gewessler, anstatt dass sie Millionen ins Ausland verschenkt
und verbrät, endlich die Probleme, die wir im eigenen Land haben, angeht – und Probleme gibt es genug, nicht nur den Lärmschutz. Wenn ich sehe, dass heutzutage jeder zweite Zug ausfällt, dann werden es immer mehr Probleme. Die Ministerin ist nicht im Land, kümmert sich nicht um die Probleme, geht ins Ausland und verschenkt dort die Millionen. – Das ist eure Politik, und mit dieser Politik werden wir nächstes Jahr aufräumen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


18.44.47

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher!
Hohes Haus! Ich beziehe mich auch auf die Petition betreffend „Digitales Kli­maticket jetzt!“ (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Man kann natürlich vieles kritisieren – zum Beispiel, dass die Digitalisierung nicht sofort Einzug gehalten hat –, man muss aber schon festhalten, dass das Kli­maticket ein großer Wurf der Koalition ist, auf den man zu Recht stolz sein kann und den wir uns auch nicht schlechtzureden lassen brauchen, meine Damen
und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 389

Es steht mittlerweile auch auf der Homepage klimaticket.at, wo es jeder nachle­sen kann: Seit 27. November gibt es das Ticket auch in digitaler Form.

Es war aber in jedem Fall ein großer Wurf und das gilt es auch festzuhalten, denn Mobilität ist ein Motor für unsere Wohlstandsgesellschaft, meine Damen
und Herren. Sie verbindet Menschen, sie schafft soziale Teilhabe. Sie ermöglicht Zugang zu Bildung, zu Arbeit und Freizeit und verbindet auch Stadt und Land.

Wir investieren mit dem Budget 2024 wirklich viel in den öffentlichen Verkehr. Jetzt geht es natürlich auch darum, den öffentlichen Verkehr besser und bequemer zu machen und die Angebote auszubauen – auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes, denn der funktioniert vor allem über eine Verlagerung des Verkehrs hin zum öffentlichen Verkehr, hin zur sogenannten Mobilitätswende.

Mit dem kürzlich beschlossenen Budget bekennen wir uns zu einer Transforma­tion in Richtung klimafreundliche Mobilität, aber auch zur Wahlfreiheit bei
der Mobilitätsform. Wichtig ist uns die Wahlfreiheit, denn es hat nicht jeder die Möglichkeit, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Es gibt eine erkleck­liche Anzahl von Pendlerinnen und Pendlern, die nicht aus Jux und Tollerei durch die Landschaft fahren, sondern die das schlicht und ergreifend brauchen, weil
sie zur Arbeit fahren müssen, weil eben das öffentliche Verkehrsangebot in ihren Bereichen nicht so ausgebaut ist. Sie fahren mit dem Auto, weil es ihr Arbeits­platz verlangt. Das kostet Geld, das kostet vor allem auch Zeit und das be­trifft 1,3 Millionen Menschen, die das Pendlerpauschale beziehen.

Meine Damen und Herren, vonseiten der ÖVP können wir ganz klar sagen, dass wir uns gegen eine Abschaffung der Pendlerpauschale aussprechen. (Beifall
bei der ÖVP. 
Abg. Prinz – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Ofenauer –: Klare Worte!)

18.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 390

18.47.06

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Zuseher! Im heutigen Sammelbericht des Petitionsausschusses findet
sich eine Petition, die ein digitales Klimaticket fordert.

Mein Vorredner Fritz Ofenauer hat diese Petition gerade angesprochen,
und auch ich möchte mich bei den Initiatoren dieser Petition herzlich bedanken. Seit Ende des letzten Monats ist die Forderung umgesetzt. Das Klimaticket, kombiniert mit dem Klimabonus, ist mit Sicherheit ein Leuchtturmprojekt dieser Bundesregierung – eine Successstory, um die wir auch international sehr beneidet werden.

Dieses Paket ist ökologisch, nachhaltig und sozial. Mit der Digitalisierung dieses Tickets gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Nutzer­freundlichkeit. Ich glaube, es ist unumstritten, dass das Klimaticket und der Kli­mabonus eine gute Sache sind und auch sehr gut funktionieren. Leider
gibt es aber auch Ausnahmen. Bei den Gemeinden Großmugl und Niederleis gibt es leider Unschärfen. Bei über 2 000 Gemeinden in Österreich wird es in
ein paar Fällen auch notwendig sein, sich diese gesondert anzusehen, um den re­gionalen Ansprüchen gerecht zu werden.

In Ihre Richtung, sehr geehrte Frau Bundesminister: Wir sind uns mit Sicher­heit einig, dass unsere Gemeinden unsere wichtigsten Partner sind.
Bitte nehmen wir uns Zeit, schenken wir den Bürgermeistern ein Ohr für diese Unschärfe und lösen wir dieses Problem bitte direkt mit den betroffenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Chris­toph Zarits. – Bitte.


18.49.06

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte als letz­ter Redner eigentlich die Gelegenheit nutzen, um mich auch zur Petition zu den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 391

Wombats zu äußern. Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um mich bei Kollegen Weratschnig ganz herzlich zu bedanken. Ich kann deiner Rede natürlich vollinhaltlich zustimmen. Darum ersparen wir uns heute etwas Zeit.

Ich möchte nun nur ganz kurz etwas zum Klimaticket sagen. Es war eines
der Leuchtturmprojekte dieser Bundesregierung. Die gute Nachricht: Der Preis wird im nächsten Jahr auch nicht erhöht, weil wir die Gebührenbremse eingeführt haben, und Gott sei Dank ist dieses Klimaticket jetzt auch digital abrufbar. Ich möchte mich bei allen bedanken, die hier ihren Beitrag
dazu geleistet haben.

Als Sportsprecher der Volkspartei ist es mir auch wichtig, zu sagen, dass wir natürlich alles darangesetzt haben, dass die Plattform beziehungsweise
der Sender ORF Sport plus in vollem Umfang erhalten bleibt. Es hat intensive Gespräche mit allen wichtigen Stakeholdern, mit den Verbänden des
Sports gegeben, dass eben der ORF-Sportkanal bis Ende 2026 in dieser Form bestehen bleibt.

Es werden natürlich auch Gespräche mit den Verbänden geführt, um parallel zum TV-Programm beziehungsweise zu ORF Sport plus eine digitale Platt­form anzubieten. Wir brauchen den Platz für den Sport. In ORF Sport plus – das wurde auch von meinen Vorrednern angesprochen – ist Platz für jene
Sport
arten, die sonst in der medialen Berichterstattung nicht so oft vorkommen, beispielsweise für den Nachwuchssport, den Gesundheitssport und
den Behindertensport. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit den Verbänden und vor allem mit der Sport Austria eine Lösung dafür finden
werden, wie wir diese digitale Plattform über das Jahr 2026 hinaus weiterent­wickeln werden.

Ich danke allen, die beim letzten Mal im Petitionsausschuss einen sachlichen Beitrag geleistet haben. Es war eine sehr, sehr gute Diskussion, und ich
freue mich auf den nächsten Petitionsausschuss. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.51


18.51.13


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 392

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit
ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses
für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 2339 der Beilagen hin­sichtlich der Petitionen 106 und 112 bis 115 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist einstimmig, daher so angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

18.51.52Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 361/A(E) der Abgeord­neten Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängiger Bundesstaatsanwalt“ eine Frist bis 31. Jänner 2024 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

18.52.26Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung
die Selbständigen Anträge 3802/A(E) bis 3806/A(E) eingebracht worden sind.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll245. Sitzung, 245. Sitzung des Nationalrats vom 14. Dezember 2023 / Seite 393

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilun­gen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 18.53 Uhr – das ist
gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.52.54Schluss der Sitzung: 18.52 Uhr

 

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