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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Freitag, 29. Mai 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                        Freitag, 29. Mai 2020

Dauer der Sitzung

Freitag, 29. Mai 2020: 10.05 – 20.15 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Ab­satz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Vorstellung der neu ange­lobten Staatssekretärin, Frau Mag. Andrea Mayer, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport“

2. Punkt: Bericht über den Antrag 536/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (20. COVID-19-Gesetz)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 527/A(E) der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederaufnahme der Musik­proben im Musikland Österreich, insbesondere der Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik

4. Punkt: Bericht über den Antrag 499/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringliche Herstellung von Plan­barkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kultur­bereich

5. Punkt: Bericht über den Antrag 134/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunst­schaffenden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Biozidproduktegesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisie­rende Strahlung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 521/A(E) der Abgeordneten Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den Antrag 449/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Mittel für den Biodiversitätsfonds im Budget 2020

10. Punkt: Bericht über den Antrag 471/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notfallplan gegen Artensterben in österreichi­schen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten

11. Punkt: Bericht über den Antrag 160/A(E) der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Einleitung einer umfassenden „Bio-Wende“ in der österreichischen Landwirtschaft

12. Punkt: Bericht über den Antrag 451/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis der Bundesregierung und insbesondere der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität und des Wassers sowie zur Überarbeitung des Nationalen Aktions­plans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln 2017-2021

13. Punkt: Bericht über den Antrag 450/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Stärkung der landwirtschaftlichen Krisenresilienz

14. Punkt: Bericht über den Antrag 500/A(E) der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekämpfung der Mäuseplage

15. Punkt: Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Armenien andererseits

16. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für inter­nationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Öster­reich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds

17. Punkt: Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965

18. Punkt: Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011

19. Punkt: Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen

20. Punkt: Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Be­schlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus

21. Punkt: Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stiftung

22. Punkt: Bericht über den Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine substantielle Auf­stockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwick­lungszusammenarbeit

23. Punkt: Bericht über den Antrag 75/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen für Syrien

24. Punkt: Bericht über den Antrag 122/A(E) der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung der gesamten Hisbollah als ter­roristische Organisation


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 3

25. Punkt: Bericht über den Antrag 394/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksames Vorgehen gegen die Hisbollah

26. Punkt: Bericht über den Antrag 479/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus rücken

27. Punkt: Bericht über den Antrag 516/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Arbeiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds

28. Punkt: Bericht über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahme zur effizienten und treffsicheren Kurzarbeit

29. Punkt: Bericht über den Antrag 480/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozial­ver­sicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert werden

30. Punkt: Bericht über den Antrag 200/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl Nr. 200/1967, geändert wird

31. Punkt: Bericht über den Antrag 528/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­marktservicegesetz geändert wird

32. Punkt: Bericht über den Antrag 426/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Gesamtstrategie für COVID-19-Testungen

33. Punkt: Bericht über den Antrag 520/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19-Blutplasmaspendeninitiative für Wis­sen­schaft & Forschung und Akuttherapie

34. Punkt: Bericht über den Antrag 512/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Immunität

35. Punkt: Bericht über den Antrag 473/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersuchung von Umwelteinflüssen als Faktoren bei COVID-19 Erkrankungen

36. Punkt: Bericht über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grippeschutz: rechtzeitige Beschaffung von Impfstoffen gegen Influenza

37. Punkt: Dritte Lesung: Bericht über den Antrag 409/A der Abgeordneten Dr. Niko­laus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des National­rates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

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Inhalt

Personalien


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 4

Verhinderungen .............................................................................................................. 24

Ordnungsrufe ........................................................................................................  99, 136

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                     25

Ersuchen der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic um Prüfung einer durch Abgeordneten Herbert Kickl getätigten Aussage auf Entsprechung der Würde des Hauses .................................... 35

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried betreffend Halten von Redebeiträgen zur Tagesordnung ................................................................................................................ 99

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ............................................................................................ 215

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 216

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Sebastian Kurz betreffend Amtsenthebung der Staatssekretärin Mag. Ulrike Lunacek bei gleichzeitiger Ernennung von Frau Mag. Andrea Mayer zur Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport durch den Bundespräsidenten        ............................................................................................................................... 24

Ausschüsse

Zuweisung ...................................................................................................................... 24

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Vorstellung der neu angelobten Staatssekretärin, Frau Mag. Andrea Mayer, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport“                            25

Bundeskanzler Sebastian Kurz .................................................................................. 25

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ................................................................................ 27

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 GOG .......................... 25

RednerInnen:

Sigrid Maurer, BA ................................................................................................... ..... 28

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 30

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 31

August Wöginger .................................................................................................... ..... 36

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 38

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ........................................................................ 39

Mag. Eva Blimlinger ..................................................................................................... 42

Mag. Thomas Drozda ............................................................................................. ..... 44

Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... ..... 45

Maria Großbauer ..................................................................................................... ..... 47

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ..... 48


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich“ – Ablehnung     49, 54

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kultur ist systemrelevant – Rettungsschirm aufspannen und Zukunftsperspektiven schaffen“ – Ablehnung       51, 54

2. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 536/A der Abgeord­ne­ten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (20. COVID-19-Gesetz) (186 d.B.)         ............................................................................................................................... 54

RednerInnen:

Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... ..... 54

Mag. Eva Blimlinger ............................................................................................... ..... 55

Petra Steger ............................................................................................................. ..... 60

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ........................................................................... ..... 61

Maria Großbauer ..................................................................................................... ..... 63

Nurten Yılmaz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 64

Henrike Brandstötter ................................................................................................... 64

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (tatsächliche Berichtigung) ......................... 66

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ........................................................................... ..... 66

Hermann Weratschnig, MBA MSc ........................................................................ ..... 71

Maximilian Köllner, MA .......................................................................................... ..... 72

Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... ..... 73

Petra Bayr, MA MLS .................................................................................................... 74

Ing. Mag. Volker Reifenberger (tatsächliche Berichtigung) ........................................ 75

Michael Seemayer ........................................................................................................ 75

Annahme des Gesetzentwurfes in 186 d.B. .................................................................. 87

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 527/A(E) der Abge­ord­neten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Wiederaufnahme der Musikproben im Musikland Österreich, insbesondere der Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik (166 d.B.)                76

4. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 499/A(E) der Abge­ordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich (167 d.B.) ........ 76

RednerInnen:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 76

Mag. Sibylle Hamann ............................................................................................. ..... 77

Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... ..... 78

Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... ..... 79

Claudia Plakolm ...................................................................................................... ..... 81

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 166 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Wiederaufnahme der Musikproben im Musikland Öster­reich, insbesondere der Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik“ (39/E) ....................................................................................... 87

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 167 d.B. ....................................................... 88


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 6

5. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 134/A(E) der Ab­geordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden (168 d.B.) ........................................................................................................................ 82

RednerInnen:

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ..... 82

Hermann Weratschnig, MBA MSc ........................................................................ ..... 83

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 84

Mag. Maria Smodics-Neumann .................................................................................. 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Veröffentlichung der WIFO Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich“ – Annahme (41/E) ......................................................................................................  85, 88

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 168 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 134/A(E)                  88

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 168 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Fair Pay“ (40/E) .............................................................................................................................. 88

6. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Biozidproduktegesetz geändert wird (161 d.B.) ...................................................... 88

RednerInnen:

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................ ..... 88

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ ..... 89

Walter Rauch ........................................................................................................... ..... 90

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ..... 90

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 92

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .............................................................. 92

Annahme des Gesetzentwurfes in 161 d.B. ................................................................ 114

7. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (114 d.B.): Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020) (162 d.B.).. ............................................................................................. 93

RednerInnen:

Robert Laimer ......................................................................................................... ..... 93

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................ ..... 95

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 96

Yannick Shetty ........................................................................................................ ..... 97

Franz Hörl ................................................................................................................ ..... 98

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ............................................................ 100

Annahme des Gesetzentwurfes in 162 d.B. ................................................................ 114

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 521/A(E) der Ab­geordneten Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie (163 d.B.) ................................................. 101

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 449/A(E) der Abg­eordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Mittel für den Biodiversitätsfonds im Budget 2020 (164 d.B.) ...................................................................................................................... 102


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 7

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 471/A(E) der Ab­geordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notfallplan gegen Artensterben in österreichischen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten (165 d.B.) ............................................................................................ 102

RednerInnen:

Andreas Kollross ....................................................................................................... 102

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................... 103

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 104

Michael Bernhard ................................................................................................... ... 106

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... ... 107

Peter Schmiedlechner ............................................................................................ ... 109

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 109

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 111

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 112

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben“ – Annahme (43/E)  105, 115

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 163 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie“ (42/E)                        115

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 164 d.B. ..................................................... 115

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 165 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Notfallplan gegen Artensterben in österreichischen Flüs­sen, Seen und Feuchtgebieten“ (44/E)              ............................................................................................................................. 115

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 160/A(E) der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einleitung einer umfassenden „Bio-Wende“ in der österreichischen Landwirtschaft (188 d.B.) ......................................... 115

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 451/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis der Bundesregierung und insbesondere der Bun­desministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Bio­diver­sität und des Wassers sowie zur Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln 2017-2021 (189 d.B.) ............................................................... 115

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 450/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Stärkung der landwirtschaftlichen Kri­senresilienz (190 d.B.) ...................................... 116

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 500/A(E) der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Bekämpfung der Mäuseplage (191 d.B.) ...................................................................................................................... 116

RednerInnen:

Cornelia Ecker ...................................................................................................  116, 134


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 8

Dipl.-Ing. Georg Strasser ..................................................................................  118, 125

Peter Schmiedlechner ............................................................................................... 119

Ing. Markus Vogl (tatsächliche Berichtigungen) .......................................  121, 126, 130

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 121

Dipl.-Ing. Georg Strasser (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 122

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 122

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 124

Robert Laimer ......................................................................................................... ... 125

Clemens Stammler ................................................................................................. ... 127

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 128

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................ ... 129

Klaus Köchl ............................................................................................................. ... 130

Ing. Johann Weber .................................................................................................. ... 131

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 132

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 133

Andreas Kühberger ................................................................................................ ... 135

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „verstärkte Förderung von Blühstreifen für mehr Bienen- und In­sek­tenschutz durch das Programm für die Ländliche Entwicklung“ – Ablehnung ...................................................................................  117, 136

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 188 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 160/A(E)                  136

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 188 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Fortsetzung des österreichischen Wegs der regionalen, nachhaltigen und qualitätsorientierten Produktionsweisen mit dem Schwerpunkt der biologischen Landwirtschaft sowie der Ländlichen Entwicklung und den Maßnahmen des Agrarumweltprogramms“ (45/E) ........................................ 136

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 189 d.B. hinsichtlich des Antrages 451/A(E)                  137

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 189 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Förderung des integrierten Pflanzenschutzes inklusive einer Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Sinne einer ökosozialen Agrarpolitik“ (46/E) ........................................................... 137

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 190 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 450/A(E)                  137

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 190 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Krisenresiliente Landwirtschaft“ (47/E) ....................................................................... 137

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 191 d.B. ..................................................... 137

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regie­rungs­vor­lage (4 d.B.): Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwi­schen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits (77 d.B.)        ............................................................................................................................. 137

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (5 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds (78 d.B.) ............................................................................... 137


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 9

17. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (6 d.B.): Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außerge­richt­licher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (79 d.B.) ............................................................................... 138

18. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (7 d.B.): Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011 (80 d.B.)                       138

19. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (22 d.B.): Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Überein­kom­men über die Überstellung verurteilter Personen (81 d.B.)     ............................................................................................................................. 138

20. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (23 d.B.): Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermitt­lung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (82 d.B.) .......... 138

21. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (38 d.B.): Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stif­tung (83 d.B.) .......... 138

RednerInnen:

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 138

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................................................... 140

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 141

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .......................................................................................... ... 142

Dr. Helmut Brandstätter ........................................................................................ ... 145

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ...................................... ... 146

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ......................................................................... ... 148

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von intergeschlecht­lichen und Trans*-Personen in Europa“ – Annahme (48/E)      144, 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn“ – Ablehnung  150, 164

Genehmigung der sieben Staatsverträge in 77, 78, 79, 80, 81, 82 und 83 d.B. .......... 163

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine substantielle Aufstockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit (84 d.B.) ........................................................................................................................ 152

23. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 75/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen für Syrien (85 d.B.)        ............................................................................................................................. 152

24. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 122/A(E) der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung der gesamten Hisbollah als terroristische Organisation (86 d.B.) ............................................................................ 152


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 10

25. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 394/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksames Vorgehen gegen die Hisbollah (87 d.B.) ....................................................................................... 153

RednerInnen:

Petra Bayr, MA MLS .................................................................................................. 153

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 154

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 155

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .......................................................................................... ... 157

Henrike Brandstötter .............................................................................................. ... 157

Mag. Martin Engelberg ........................................................................................... ... 158

Michel Reimon, MBA ............................................................................................. ... 160

Dr. Helmut Brandstätter ........................................................................................ ... 160

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................... 161

Nico Marchetti ............................................................................................................ 162

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 84 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „eine substantielle Aufstockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit“ (49/E) ......................................................................... 165

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 85 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 75/A(E)                       165

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 85 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Maßnahmenpaket Syrien und Griechenland“ (50/E) ................................................... 165

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 86 d.B. ....................................................... 165

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 87 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „wirksames Vorgehen gegen die Hisbollah“ (51/E) ...................................................... 165

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 479/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus rücken (187 d.B.) .......................................................................................................... 165

RednerInnen:

Eva Maria Holzleitner, BSc .................................................................................... ... 165

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 167

Michael Bernhard ................................................................................................... ... 167

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 169

Petra Wimmer ......................................................................................................... ... 169

Barbara Neßler ........................................................................................................... 170

Julia Elisabeth Herr .................................................................................................... 171

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 172

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 173

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 187 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 479/A(E)                  173

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 187 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Kinder und Jugendliche in der Krise stärken“ (52/E) ............................................................... 174

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 11

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 516/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Arbeiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds (169 d.B.) ................................................................. 174

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 503/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahme zur effizienten und treffsicheren Kurzarbeit (170 d.B.) .................................................................................................... 174

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 480/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommen­steuer­gesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert werden (171 d.B.) .......................................................................................... 174

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 200/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl Nr. 200/1967, geändert wird (172 d.B.)   ............................................................................................................................. 174

RednerInnen:

Mag. Markus Koza .................................................................................................. ... 174

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ........................................................................ ... 178

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 180

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 181

Peter Wurm ............................................................................................................. ... 181

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 182

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ... 187

Rebecca Kirchbaumer ........................................................................................... ... 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Runder Tisch zur Sicherung der Arbeits­plätze“ – Ablehnung ..........  179, 197

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 169 und 170 d.B. .............................. 196

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 171 und 172 d.B. ......................................... 196

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 528/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (194 d.B.) ................................................... 189

RednerInnen:

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 189

Mag. Markus Koza .................................................................................................. ... 190

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 191

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ... 192

Tanja Graf ................................................................................................................ ... 194

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 195

Michael Bernhard ................................................................................................... ... 196

Annahme des Gesetzentwurfes in 194 d.B. ................................................................ 197


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 12

Gemeinsame Beratung über

32. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 426/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Gesamtstrategie für COVID-19-Testungen (156 d.B.)          ............................................................................................................................. 198

33. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 520/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19-Blutplasmaspendeninitiative für Wissenschaft & Forschung und Akuttherapie (157 d.B.) ....................................................................... 198

34. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 512/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elek­tronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Immunität (158 d.B.) ...................................................................................................................... 198

35. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 473/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unter­suchung von Umwelteinflüssen als Faktoren bei COVID-19 Erkrankungen (159 d.B.) ......................................................................................... 198

36. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grip­peschutz: rechtzeitige Beschaffung von Impfstoffen gegen Influenza (160 d.B.) ...................................................................................................... 198

RednerInnen:

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 198

Ralph Schallmeiner ................................................................................................ ... 199

Mag. Gerhard Kaniak ............................................................................................. ... 200

Gabriela Schwarz .................................................................................................... ... 202

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 202

Bundesminister Rudolf Anschober ..................................................................... ... 204

Dr. Josef Smolle ..................................................................................................... ... 207

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 208

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................ ... 209

Peter Wurm ............................................................................................................. ... 210

Dr. Werner Saxinger, MSc ..................................................................................... ... 211

Michael Bernhard ................................................................................................... ... 212

Rudolf Silvan ........................................................................................................... ... 213

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 156 und 157 d.B. .............................. 214

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 158 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Im­mu­nität“ (53/E) ......................... 214

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 159 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 473/A(E)                  214

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 159 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Umweltfaktoren und COVID 19“ (54/E) ....................................................................... 214

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 160 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Grippeschutz: rechtzeitige Beschaffung von Impfstoffen gegen Influenza“ (55/E) .... 214

37. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 409/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kai Jan Krainer,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 13

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (147 d.B.) ....................................... 215

Annahme des Gesetzentwurfes in 147 d.B. in dritter Lesung ..................................... 215

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kultur ist system­rele­vant – Rettungsschirm aufspannen und Zukunftsperspektiven schaffen (591/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-inklusive Lehr- und Lernmaterialien und Anlaufstellen in Österreichs Schulen (592/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein starkes Zeichen gegen Hassverbrechen und Diskriminierung von LGBTIQ-Personen setzen (593/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von IGM bei Kindern und Jugendlichen und entsprechende Schulungen des medizinischen und Pflegepersonals (594/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung und offizielle Entschuldigung bei homosexuellen Strafrechtsopfern (595/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Drittes Geschlecht – VfGH-Urteil endlich umsetzen! (596/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der massiven Be­schneidung von LGBTIQ-Rechten in Europa (597/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz geändert wird (598/A)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend unbürokratische Soforthilfe für die Unternehmen durch vollständige Entschädigung für den durch erzwungene Schließungen entstandenen finanziellen Schaden (599/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verdoppelung der Fami­lienbeihilfe in Monaten mit coronabedingter Schulschließung (600/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Miteinbeziehung der privaten Vermieter von Ferienwohnungen im Rahmen des häuslichen Zu- und Nebenerwerbs mit maximal zehn Betten in den Coronavirus-Härtefallfonds (601/A)(E)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzsiche­rung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebene Gutscheine (602/A)(E)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan Frauengesund­heit (603/A)(E)

Sabine Schatz, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unter­sagung der ultranationalistisch-faschistischen Veranstaltung in Bleiburg/Pliberk (604/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 14

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, über einen Zweckzuschuss an die Länder aufgrund der COVID-19-Krise (COVID-19-Zweckzuschussgesetz) (605/A)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entscheidung der öster­reichi­schen Bevölkerung für den Zivildienst Rechnung tragen – Organisationen die Möglichkeit geben Zivildiener aufzunehmen“ (606/A)(E)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Stellung­nahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich (607/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Haftungsobergrenze für Gemein­den (608/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum österreichischen Gesundheitssystem nach COVID-19 (609/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausführungsgesetze zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und Adaptierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in COVID-19-Zeiten (610/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich (611/A)(E)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Amnestie für „Corona-Sün­der“ (612/A)(E)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Amnestie für „Corona-Sün­der“ (613/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der allge­meinen COVID-19-Maskenpflicht in Österreich (614/A)(E)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Die Gedanken sind frei – Ja zu Debatten ohne Denkverbote (615/A)(E)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Meinungsäußerungsfreiheit auf Plattformen mit Monopolstellung (616/A)(E)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Amnestiegesetz im Zusammenhang mit der zum Teil fragwürdigen bzw. unverhältnismäßigen Vollziehung der COVID-19 Gesetzgebung (617/A)(E)

Mag. Peter Weidinger, Sabine Schatz, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersagung der Feier im Gedenken an das „Massaker von Bleiburg“ (618/A)(E)

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend Begleitmaß­nahmen zu COVID-19 in der Justiz (1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz – 1. COVID-19-JuBG), das 2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID‑19 in der Justiz (2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz – 2. COVID-19-JuBG), die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter und das Gesell­schaftsrechtliche COVID-19-Gesetz geändert werden (619/A)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundesgesetzes über das Inverkehrbringen von Mund-Nasen-Schnellmasken während der Corona COVID-19-Pandemie) (620/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 15

Martina Kaufmann, MMSc BA, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Sicherung der betrieblichen und überbetrieblichen Lehrlingsausbildung in Österreich vor Auswirkungen der Covid-19-Krise in Bezug auf den Lehrstellenmarkt (621/A)(E)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (622/A)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Entwicklung hei­mischer Verpackungsalternativen (623/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgenossen­schaft für Pflege und Betreuung (624/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Preismonitoring und Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten (625/A)(E)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion bzw. Erlass von Sozialversicherungsbeiträgen für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe in der COVID-19-Krise (626/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend CO2 durch Humusaufbau binden (627/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsmarktpolitische Sofort­maßnahmen zur Beschäftigungsförderung (628/A)(E)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Barriere­freiheit bei der Gewährung von Bundesförderungen (629/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausfallshaftung des Bundes für die Krankenversicherung (630/A)(E)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abdeckung der KV-Fusions­de­fizite durch den Bund (631/A)(E)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (632/A)

Anfragen der Abgeordneten

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend den Brand im Österreichisch-Somalischen Kulturverein (Wien) (2065/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend den Brand im Österreichisch-Somalischen Kulturverein (Wien) (2066/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Lokalaugenschein von Bundesministerin Tanner und Bundesminister Nehammer im Burgenland (2067/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Lokalaugenschein von Bundesministerin Tanner und Bun­desminister Nehammer im Burgenland (2068/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Neonazis (2069/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 16

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend die Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Neonazis (2070/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Ausgestaltung der Förderschienen des Corona-Familien­härte­ausgleichs (2071/J)

Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ver­schlechterung der Fahrpläne und mangelnde Verbesserung durch Wiedereinführung gestrichener Zugverbindungen (2072/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besuch des Bundeskanzlers in der Gemeinde Mittelberg im Klein­walsertal (2073/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kommt die Nahverkehrsmilliarde in Graz an? (2074/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Insassen planten Gefängnisaufstand in der Justizanstalt Asten (2075/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tumult in Obdach­losen­unterkunft in Wien in COVID-19-Zeiten (2076/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Kündigungen wegen Betreuungspflichten in COVID-19-Zeiten (2077/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Leiharbeiter, Zeitarbeiter, Neue Selbständige in COVID-19-Zeiten (2078/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­vertei­digung betreffend Unterstützung der Post durch das Österreichische Bundesheer (2079/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI-EVN-Vergleich: Frist für An­trä­ge auf Rückzahlung von Preiserhöhungen endet (2080/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schutz der Risikogruppe im Gesundheits- und Sozialbereich (2081/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sonderregelungen betreffend Bahn-Fahrgastrechte vor dem Hintergrund von COVID-19 (2082/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Aus­bau von Wasserkraft (2083/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stil­berater und sonstige Repräsentationskosten (2084/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 17

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2085/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2086/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2087/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentations­kos­ten (2088/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2089/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Reprä­sen­tationskosten (2090/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2091/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsen­tationskosten (2092/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsen­tationskosten (2093/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2094/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Aufwen­dun­gen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2095/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2096/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2097/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Aufwendungen für Friseure, Visagisten, Stilberater und sonstige Repräsentationskosten (2098/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 18

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Inszenierungsmillion für den Kanzler – Vervierfachung der Repräsentationsausgaben (2099/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahrensstand nach Anzeige betreffend der Stopp-Corona-App (2100/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylstatus für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene (2101/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kapazitätsauslastungen von Asyleinrichtungen (2102/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Social-Scoring-Systeme in Österreich (2103/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Ver­waltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2104/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2105/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2106/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfun­gen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2107/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2108/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2109/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2110/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Voll­ziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2111/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechts-


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ordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2112/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2113/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechts­ordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prü­fungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2114/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Ver­waltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Ände­rungen“ (2115/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Voll­ziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2116/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend „Anpassung der Österreichi­schen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prüfungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2117/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Anpassung der Österreichischen Rechtsordnung und Vollziehung (Verwaltung) an die EU-DSGVO: Legistische Prü­fungen und notwendige (legislative) Änderungen“ (2118/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frontex – Einsätze, Steuerfreiheit von EU-Taggeldern (2119/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Posten­besetzungen in der Austro Control – Aus Blau mach Grün? (2120/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2121/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffent­lichen Verwaltung (2122/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2123/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kabi­netts­personalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2124/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffent­lichen Verwaltung (2125/J)


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Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2126/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2127/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2128/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffent­lichen Verwaltung (2129/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Ver­waltung (2130/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kabinettspersonal­politik in der öffentlichen Verwaltung (2131/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2132/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kabinettspersonalpolitik in der öffentlichen Verwaltung (2133/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend angekündigte Bundesländertour des Bundeskanzlers und der MinisterInnen (2134/J)

Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Reduktion der Fernzug-Halte in Wiener Neustadt (NÖ) (2135/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend drängende Gewaltschutzmaßnahmen für Frauen (2136/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend drängende Gewaltschutzmaßnahmen für Frauen (2137/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend drängende Gewaltschutzmaßnahmen für Frauen (2138/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend drängende Gewaltschutzmaßnahmen für Frauen (2139/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umweltsüden der OMV im Jemen (2140/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderungen Kuratorium Sicheres Österreich (2141/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Testungen von Mitarbeiter_innen in Tourismusbetrieben (2142/J)


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Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Testungen von Mitarbei­ter_in­nen in Tourismusbetrieben (2143/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Testungen von Mitarbeiter_innen in Tourismusbetrieben (2144/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Sonderbudget für Werbe­kampagne (2145/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Einsatz von Soldat_innen während der Coronakrise (2146/J)

Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Organisation einer ultranationalistisch-faschistischen Gedenkveran­staltung in Bleiburg/Pliberk durch den Verein „Bleiburger Ehrenzug“ (2147/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Abwicklung des Corona-Härtefonds durch die Wirtschaftskammer (2148/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze in zwei exemplarischen Fällen (2149/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aktenlieferungen an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss (2150/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auszahlungen nach dem Budgetprovisorium (2151/J)

Michael Seemayer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde (2152/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2153/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2154/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan-desverteidigung betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2155/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2156/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2157/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2158/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 22

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2159/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend zusätz­liche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2160/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2161/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Presse­konferenzen während der Corona-Krise (2162/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2163/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend zu­sätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen während der Corona-Krise (2164/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pres­sekonferenzen während der Corona-Krise (2165/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend zusätzliche Kosten durch vermehrte Pressekonferenzen wäh­rend der Corona-Krise (2166/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Daten zum FLAF und seinem Reservefond (2167/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Anzahl der Meldungen von Genitalverstümmelungen (2168/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Korridorzüge für 24h-Betreuer_innen (2169/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend der aktiven Insentivierung zum Umstieg auf Schülerzeitungen des ÖRK/ÖRJK durch das BMBWF (2170/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend BESK (2171/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Hygienehandbuch für Schulen (2172/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Unklarheiten bei der Dienst­freistellung von Risikopatienten (2173/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Evidenz für Maskenpflicht (2174/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Rechtsextremismus im Österreichischen Bundesheer (2175/J)


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Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tragen eines Mund-Nasenschutzes (MNS) während der Geburt (2176/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlung gegen Georg Willi im Innsbrucker Datenschutzskandal (2177/J)

*****

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend faktenwidrige Kommunikation zu den Ergebnissen der Präsidial­konferenz am 23.5.2020 (3/JPR)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend unzulässige Weitergabe von E-Mails an die Klubs von ÖVP und Grünen (4/JPR)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1340/AB zu 1334/J)


 

10.05.08


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 24

Beginn der Sitzung: 10.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

10.05.19 *****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die 34. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kira Grünberg und Mag. Christian Ragger.

Auch in dieser Sitzung finden die Abstimmungen über die Verhandlungsgegenstände jeweils am Ende der Verhandlungen über alle Vorlagen eines Ausschusses statt. Da­rüber hinaus kann die Sitzung vor den Abstimmungen jeweils kurz unterbrochen wer­den.

Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vom Bundeskanzleramt ist folgendes Schreiben eingelangt:

„Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 20. Mai 2020 [...] Frau Staatssekretärin Mag. Ulrike LUNACEK ihrem Wunsch ent­sprechend vom Amt als Staatssekretärin enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes Frau Mag. Andrea MAYER zur Staatssekretärin ernannt und sie zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport beigegeben.“

*****

Ich darf an dieser Stelle Frau Staatssekretärin Ulrike Lunacek, nunmehr außer Dienst, für ihre Arbeit und für ihren Dienst an der Republik sehr herzlich danken. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Einlauf und Zuweisung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2065/J bis 2177/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

3/JPR und 4/JPR

2. Anfragebeantwortung: 1340/AB


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B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (193 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 3 und 4, 8 bis 10, 11 bis 14, 15 bis 21, 22 bis 25, 27 bis 30 sowie 32 bis 36 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es wurde zwischen den Mitgliedern der Prä­sidialkonferenz vereinbart, die Dauer der Debatten betreffend eine entsprechende Ta­ges­blockzeit von 8 „Wiener Stunden“ ein­zuhalten. Die folgenden Redezeiten ergeben sich daraus: ÖVP 156, SPÖ 108, FPÖ 88, Grüne 80 sowie NEOS 64 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 32 Minuten, die Redezeit wird pro Debatte auf 5 Minuten beschränkt.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über die Redezeiten.

Wer für den Vorschlag der Redezeiten ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

10.08.00 1. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Vorstellung der neu ange­lobten Staatssekretärin, Frau Mag. Andrea Mayer, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ord­nung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden ausreichend unterstützten Verlangen eine Debatte statt­finden.

Ich darf nun dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteilen. – Bitte.


10.08.31

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Herr Präsident! (Abg. Belakowitsch: Den Anzug glatt streichen, Herr Bundeskanzler! Haare richten, schön machen!) Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! (Der Redner streicht sich die Haare hinter die Ohren und schließt den Knopf seines Sakkos. – Abg. Belakowitsch: Danke!) Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Österreich ist eine Kulturnation, das wissen wir, dafür werden wir im eigenen Land, aber auch in aller Welt geschätzt.


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Die Kultur ist ein Teil unserer österreichischen Identität, unserer Seele, und sie ist auch ein entscheidender Wirtschaftsfaktor, ganz gleich, ob die Hochkultur oder die vielen Menschen, die vor Ort in den Gemeinden kulturell aktiv sind. Die Kultur ist auch ein ganz wesentlicher Teil unseres gesellschaftlichen Lebens, unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts, des Miteinanders in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP, bei Ab­geordneten der Grünen sowie der Abg. Hammerschmid.)

Die Kultur ist ein Bereich, in dem unzählige Menschen ehrenamtlich aktiv sind und so unser Land schöner, bunter, fröhlicher machen. Die Kultur ist aber auch ein Bereich, in dem es viele Menschen gibt, die davon leben müssen und die von der Coronakrise ganz besonders hart getroffen wurden.

Es sind gerade Künstlerinnen und Künstler, es sind Kulturschaffende, die in der Coronakrise nicht nur dabei behindert sind, ihrer Leidenschaft nachzugehen, sondern auch um ihr tägliches Einkommen umfallen. Es ist daher das erklärte Ziel der Bundes­regierung, diesen Menschen, aber genauso allen anderen betroffenen Berufsgruppen, bestmöglich zu helfen und sie in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich dafür bedanken, dass Andrea Mayer bereit ist, die Aufgabe der Kulturstaatssekretärin in einer nicht einfachen Zeit zu übernehmen. Es ist eine Zeit, in der gerade Künstlerinnen und Künstler ganz beson­ders leiden, in der aber auch das kulturelle Leben in Österreich nur in einer sehr eingeschränkten Form stattfinden kann. Andrea Mayer ist als ehemalige Sektionschefin eine, die den Kulturbereich kennt, dort vernetzt ist und auch die Anliegen der Künst­lerinnen und Künstler kennt. Sie ist darüber hinaus aber aufgrund ihrer Tätigkeit bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine, die den politischen Bereich in Öster­reich wie kaum eine andere kennt und daher herausragend für die Tätigkeit als Staats­sekretärin für Kultur geeignet ist.

Liebe Andrea, ich freue mich sehr, dich jetzt auch offiziell im Parlament im Team begrüßen zu dürfen. Vielen Dank, dass du der Einladung gefolgt und ein neues Mitglied in unserem Regierungsteam geworden bist. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich möchte nicht verhehlen, dass mit jedem Neubeginn, mit jeder Neubesetzung einer Funktion natürlich oftmals auch ein bitterer Beigeschmack einhergeht, weil es not­wendig ist, sich von jemandem, der eine Funktion innehatte, zu verabschieden. Ich möchte mich daher an dieser Stelle auch ganz herzlich bei Ulrike Lunacek für ihre Arbeit in der Bundesregierung bedanken. (Abg. Kickl: Das ist jetzt wirklich ein bitterer Beigeschmack!)

Es war keine einfache Zeit für die Kulturlandschaft in Österreich, es war aber sicher auch keine einfache Zeit für sie persönlich. Ich weiß, dass sie sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Ich glaube, es ist am heutigen Tag angebracht, nicht nur auf die eine oder andere Pressekonferenz oder die schwierigen letzten Wochen zurück­zublicken, sondern auch auf ihr ganzes politisches Wirken. Dazu möchte ich, auch wenn ich Vertreter einer anderen Partei bin, sagen: Danke für die Arbeit, die sie für Österreich international geleistet hat, danke für die Arbeit, die sie im Europäischen Parlament geleistet hat!

Ich habe sie stets als eine interessante und sehr gebildete Gesprächspartnerin erlebt, die immer eine Bereicherung für die österreichische und europäische Politik war. In diesem Sinne ein großes Danke für ihre Arbeit, nicht nur in der Zeit als Staats­sekretärin, sondern darüber hinaus, generell in all ihren zahlreichen politischen Funk­tionen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie


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der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Martin Graf: Die Ulrike habts ja gemeuchelt! – Wei­terer Zwischenruf bei der FPÖ.)

10.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bedanke mich für die Ausführungen und darf dem Herrn Vizekanzler das Wort erteilen. – Bitte.


10.13.47

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich drehe es um und möchte mit dem Dank an Ulrike Lunacek beginnen. (Abg. Lausch: Das ist ein Wahn­sinn!) Es war jetzt sicherlich eine schwierige Zeit, es ist einiges gelungen, lange nicht alles. Wir haben – wir, das betrifft jetzt natürlich die Regierungsfrauschaft und -mann­schaft der Grünen und meine Person – die Entscheidung gemeinsam getroffen. Es war eine einvernehmliche und harmonische Vorgangsweise. Ulrike Lunacek hat viele, viele Stärken, die sie genau an dieser Stelle in dieser schwierigen Situation in der Form nicht mehr zur Anwendung bringen konnte, und deshalb auch diese gemeinsame Ent­scheidung. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Es wird Sie nicht wundern, wenn ich feststelle, dass gerade Ulrike Lunacek und ich sehr viel gemeinsames Auf und Ab erlebt haben, aber man muss schon auch immer die Gesamtleistung der politischen Person sehen und, ich denke, auch würdigen – und da war Großartiges dabei, in Österreich, aber vor allem natürlich auch international auf der europäischen Ebene, wenn wir nur an ihr durchaus anerkanntes und dort auch herausragend eingeschätztes Engagement in und rund um und für den Kosovo denken. Das wissen ja einige hier ganz genau, und denen, die es nicht so genau gewusst haben, habe ich es jetzt in Erinnerung gerufen.

Jetzt aber zu Andrea Mayer: Wir haben in kürzester Zeit, wie von mir angestrebt und angekündigt, eine Nachfolgerin gefunden, die jetzt für diese Situation und eigentlich überhaupt optimal ist, denke ich. Ich danke ihr einmal für die intensiven und tief­gehenden Gespräche, die wir hatten, ich danke auch für die Bereitschaft, dieses Risiko zu übernehmen. Woher kommt das? – Weil sich Andrea Mayer mit Herzblut im Kultur­bereich engagiert, dort auch entsprechend vernetzt ist, wieder nicht nur in Österreich, sondern eigentlich auch international. Das ist ja bei der Bedeutung der Kunst und Kultur in diesem Land ein zusätzliches Asset und wichtig.

Apropos Asset: Andrea Mayer hat ja durch mehrere Entwicklungen in ihrer Biographie die besten Managementfähigkeiten, die es gerade jetzt in dieser Situation für diese Her­aus­forderung auch braucht. Sie ist stand- und krisenfest, also rundum erprobt, wie wir wissen, nicht zuletzt durch ihre Arbeit als – wenn man so will, wie man so sagt in Öster­reich – oberste Beamtin beim Bundespräsidenten. Grundsätzlich gilt für mich als Ent­schei­dungskriterium ihre Kompetenz und ihr Engagement im Kunst- und Kultur­bereich.

Ich denke, sie wird selber etwas dazu sagen, länger als wir: Ihr Einstand kann sich ja schon sehen lassen. Dadurch, dass jetzt ein paar Tage vergangen sind, bis Andrea Mayer sich Ihnen hier auch präsentieren kann, ist ja auf der Etappe schon einiges gelungen. Ich sage wirklich nur die Stichworte, etwa betreffend die sogenannten Auf­sperrpläne, die das Hochfahren, das Öffnen im Kunst- und Kultur- und damit eigentlich auch im Veranstaltungsbereich betreffen. Die Absicherung – danke da auch der ÖVP-Seite – im Bereich der Filmwirtschaft kann man in Österreich nur unterschätzen. Dort kann wieder in die Produktion gegangen werden, indem wir mit einer bestimmten Konstruktion Risikoausfälle übernehmen. Auch da ist ganz schnell etwas gelungen.

Wie Sie gestern wahrscheinlich vernommen haben, kommt jetzt auch der zugegeben lange erwartete Hilfsfonds, Unterstützungsfonds für die freischaffenden Künstlerinnen


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und Künstler, also für die, die es individuell – wie das der Herr Bundeskanzler aus­geführt hat – in dieser Zeit ja besonders trifft. Jetzt kann man sagen: Na gut, den haben alle gefordert, das war schon klar et cetera. – Na ja, ich meine, man muss das halt auch einmal zusammenbringen – vielen Dank dafür. Wir haben jetzt eben die Situation, dass man der Person, die hier vorgestellt wird, zu den vorläufigen Erfolgen schon gratulieren und danken kann.

Apropos Freischaffende: Die Kunst- und Kulturszene in Österreich ist ja derart viel­fältig, dass wir auf alle zu schauen haben, und das geht natürlich von den indi­viduellen Künstlern bis hin zu den ganz großen Häusern, die ja in letzter Konsequenz in Bundesbesitz, also bei uns, sind. Da ist vieles dazwischen, vielleicht haben wir beim nächsten Tagesordnungspunkt noch Gelegenheit, darüber zu reden.

Mir ist es nur ein Anliegen, abschließend zu sagen: All das zusammen ist ein ganz, ganz großer Schatz für unser Land. In dieser Situation ist er natürlich auch bedroht, weil, wenn man so will, aus wirtschaftlicher Sicht das Kapital ein bisschen wegschmilzt, aber es ist ein großer Schatz, den gilt es zu schützen, und das bedeutet in dem Sinn, die Betreffenden auch zu fördern, und das ist unsere Absicht: die Menschen, die dort kreativ tätig sind, und auch die Institutionen, die so wertvoll sind für unser Land.

Wir reden oft vom kulturellen Erbe in Österreich – ja, da kann man mit Stolz auf etwas zurückblicken. Wir machen jetzt keine kulturphilosophischen Ausflüge mehr, jedenfalls ich nicht, aber so viel sei schon auch gesagt – die aktuelle, die kritische Szene; Kunst und Kultur hat ja immer auch etwas mit Widerstand in der Zeit zu tun –: Das schaffende, das kreative Engagement und Wirken von heute ist das kulturelle Erbe von morgen. Dieses weiter zu ermöglichen und auch in diesem Sinne Öffnung zu betreiben und unser Land in allen geistigen Dimensionen offen zu halten, das ist das Anliegen dieser Bundesregierung. Ich habe mich auch sehr über das, was wir im Regierungs­programm dazu vereinbaren konnten, gefreut – jetzt hatten wir einen kleinen Corona­stopp eingelegt, aber wir hoffen, dass wir das überwinden und dass es wieder nach oben geht.

Ich denke, mit der Wahl von Andrea Mayer haben wir da genau die richtige Wahl getroffen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Martin Graf: Im Sport brauchen wir auch endlich wen, der etwas daherbringt!)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herrn Vizekanzler für seine Ausführungen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte.


10.20.35

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Liebe Andrea Mayer! Die letzten Monate waren coronabedingt für alle Menschen in Österreich eine sehr große Herausforderung, insbesondere natür­lich auch für die Künstlerinnen und Künstler, für die Veranstalter, für die Frei­schaf­fenden. Sie waren auch eine große Herausforderung für die Politik und für die zu­ständige Staatssekretärin Ulrike Lunacek, bei der ich mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich für ihren Einsatz über viele, viele Jahre für grüne Politik, für europäische Politik in Österreich bedanken möchte. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt, da wir wieder beginnen können, unser Leben, unsere Arbeit und unsere Freizeit langsam, aber doch einer gewissen Normalität zuzuführen, können wir auch die sehr


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schwierige Situation im Kunst- und Kulturbereich wieder ändern. Es gibt da einen frischen Wind, und es gibt erste Erfolge. Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, Andrea Mayer für diese extrem herausfordernde Aufgabe zu gewinnen, und möchte vonseiten unseres Klubs hier im Hohen Haus ein herzliches Willkommen aussprechen! Wir freuen uns auf eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dass wir die beste Kandidatin gewinnen konnten, wird gerade landauf, landab in jeder Zeitung beschrieben. Sie verfügt über sehr langjährige Erfahrung, hat bereits 1993 unter Rudolf Scholten angefangen. Sie ist eine Expertin in der Verwaltung, im Vollzug der Politik, und das ist ja ein ganz wichtiger Punkt, dass sich jemand in der Ausführung der Gesetze, die wir hier beschließen, gut auskennt. Sie ist da absolute Expertin und hat – angefangen unter Rudolf Scholten über viele, viele verschiedene Stationen – gezeigt, dass sie extrem engagiert und ausgezeichnet in der Umsetzung ist.

Sie war maßgeblich involviert in die Reform, die Kunsthochschulen zu Universitäten machte, was auch einen sehr großen Impact auf den Wissenschafts- sowie auf den Kunst- und Kultursektor hatte. Sie war ab 2007 Leiterin der Sektion Kunst bezie­hungsweise Kunst und Kultur und saß in zahlreichen Vereinsvorständen, Aufsichts­räten und anderen Gremien, wie zum Beispiel im Kuratorium der Salzburger Festspiele oder auch im Kuratorium des Belvedere. An dieser Liste zeigt sich schon, über welch umfangreiche Expertise Andrea Mayer verfügt und welche Anerkennung sie genießt, und ich bin mir sicher, dass sie diese Erfahrungen in dieser neuen Funktion gut ein­bringen kann.

2017 ist sie unter Sascha Van der Bellen als erste Frau zur höchsten Beamtin der Republik ernannt worden und hat sich auch in dieser Funktion hervorragend vernetzt. Sie ist in der Kunst- und Kulturszene, aber auch in der österreichischen Verwaltung insgesamt bestens vernetzt. Sie hat immer gezeigt, dass sie alle Sparten abdeckt: von der Vereinsszene bis zum Denkmalschutz, vom Film und von der Tanzperformance über die Bundestheater bis zu den Museen. Andrea Mayer hat sich auch stets für Frauen und Gleichbehandlung im Kunst- und Kulturbetrieb eingesetzt und ist inter­national extrem gut vernetzt.

Sie kennt die Akteurinnen und Akteure der Szene seit vielen Jahren sehr gut, was man an den Meldungen in den österreichischen Zeitungen der letzten Tage – Wochen sind es ja noch gar nicht – sehr gut ablesen konnte. Das umfassende Lob, das man da hört – von Interessenvertretungen, von Institutionenvertretern –, dieses Vertrauen und die Vorschusslorbeeren sind, meine ich, ein sehr, sehr gutes Zeichen, dass wir in diesem sehr schwierigen Bereich jetzt wieder vorankommen.

Es hat in ihren ersten Tagen schon die ersten Erfolge gegeben, sie hat eindrucksvoll bewiesen, wie schnell sie an die Umsetzung geht und wie engagiert sie das tut. Es gibt seither eine Lockerungsverordnung für den Kunst- und Kulturbereich, die gut anwend­bar ist, die von den Künstlerinnen und Künstlern und vor allem von den Veranstalte­rin­nen und Veranstaltern gut angenommen wird.

Es gibt einen Überbrückungsfonds für freischaffende KünstlerInnen in Höhe von 90 Mil­lionen Euro sowie eine Absicherung der Filmwirtschaft mittels Ausfallshaftungen – ich würde sagen, das ist für die ersten Tage eine Bilanz, die sich wirklich sehr sehen lassen kann. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Hammerschmid.)

Im Regierungsprogramm sind zahlreiche sehr ambitionierte Projekte im Kunst- und Kulturbereich enthalten, und ich bin äußerst zuversichtlich, liebe Andrea, dass wir die mit deiner Unterstützung und durch deine Arbeit erfolgreich umsetzen können! (Ruf bei der FPÖ: Habts keine Grüne gehabt?)


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Andrea! Ich freue mich auf ausgezeichnete Zusammenarbeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. – Bitte.


10.26.42

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Liebe Frau Staatssekretärin! Kunst und Kultur – ein wirklich abrupter Themenwechsel im Vergleich zu den letzten Stunden und vor allem Tagen; vielleicht aber auch nicht, denn die Frage ist: Warum stehen wir heute eigentlich hier bei der Vorstellung einer neuen Kunst- und Kulturstaatssekretärin? – Wir stehen hier, weil schon nach nicht einmal sechs Monaten die erste Regierungsumbildung notwendig wurde, und das ist nicht erfreulich, würde ich einmal sagen.

Wir stehen auch hier, weil die letzte Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek – an dieser Stelle auch von unserer Seite Dank an sie – die Verantwortung dafür übernehmen musste, dass die Bundesregierung offenbar einen gesamten Bereich unserer Gesell­schaft vergessen hat! Die Institutionen im Bereich Kunst und Kultur – die Theater, die Kabaretts, die Kinos, die Vorlesungssäle – waren nämlich die ersten, die im Rahmen des Shutdowns schließen mussten, und sie sind die letzten, die jetzt, sehr zögerlich und langsam, wieder beginnen dürfen zu arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Die Kulturschaffenden und alle Menschen, die hinter den Künstlerinnen und Künstlern stehen – das sind die Portiere, das sind die Kartenverkäufer, das sind die Garde­robieren und Garderobiers –, wurden jetzt wochenlang ignoriert. Es war ein monate­langer Stillstand in diesem Bereich – wenn man noch weiter gehen will: eine Plan­losig­keit –, und das Ergebnis sind Tausende bedrohte Existenzen unter den Künstlerinnen und Künstlern.

Die versprochenen Hilfen in diesem Bereich sind zu wenig, sie kommen zu spät an, sie sind in ganz vielen Fällen auch für den Alltag und die Realitäten vieler Künstlerinnen und Künstler ungeeignet, sie sind zu bürokratisch oder sie kommen gar nicht an. Wenn man nach Luxemburg, nach Deutschland oder in die Schweiz schaut, sieht man, die Welt der dortigen Künstlerinnen und Künstler während Corona sieht etwas anders aus, dort gibt es zum Beispiel hundertprozentige Entschädigungszahlungen für die Kultur­schaffenden, die Institutionen und Künstler für die Dauer des Shutdowns im Kulturbe­reich.

Was wir jetzt hier zu Kunst und Kultur diskutieren, kommt mir alles irgendwie bekannt vor, denn wir kennen es aus ganz vielen Bereichen, die wir in den letzten Wochen – und auch in dieser Woche – hier im Haus diskutieren mussten. Es ist ein türkis-grüner Faden, der sich durch die Struktur des Coronakrisenmanagements, durch die Bewäl­tigung der sozialen und wirtschaftlichen Krisenfolgen zieht: Es fehlt offenbar an Kom­petenz, vor allem in wirtschaftlichen und sozialen Fragen; es fehlt offenbar an Nullen im Budget, wie wir seit gestern Abend wissen, es fehlt an einem konkreten Plan, wie Österreich aus dieser schweren sozialen und wirtschaftlichen Krise herauskommt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ja, und in dieser Situation und zu diesem schwierigen Zeitpunkt startet die neue Kunst- und Kulturstaatssekretärin. Es ist nicht leicht und, liebe Andrea Mayer, ich kenne Sie und dich als hoch kompetente Expertin in der Kulturpolitik, die Künstlerlinnen und Künstler schätzen dich. Ich schätze dein Engagement der vergangenen Jahre – und es sind Jahrzehnte, wie wir heute schon gehört haben –, deine Erfahrung in diesem Be­reich.


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Ja, Andrea Mayer ist eine gute Wahl, sie ist eine sehr gute Wahl, aber all ihr Können, all ihre Erfahrung, all diese Expertise werden nicht ausreichen, wenn sie nicht die notwendige Unterstützung, wenn sie nicht den notwendigen Rückhalt seitens des Bundeskanzlers, des zuständigen Kunst- und Kulturministers, ja, und auch seitens des Finanzministers – da ist meine Hoffnung, dass sich das ändern wird, nicht sehr groß – bekommt. Ihr Können wird nicht ausreichen, um die Situation der Künstlerinnen und Künstler zu ändern. – Ja, in den letzten Tagen hat sich diesbezüglich etwas getan. Gut, dass auf Druck reagiert wurde.

Abschließend, liebe Frau Staatssekretärin: Ich freue mich persönlich sehr. Ich rate dir so am Rande: Vergiss nie, die Nullen zu zählen, wenn du an Verhandlungen gehst! Ich wünsche dir persönlich viel Kraft, viel Ausdauer, viel Erfolg. Ich wünsche es dir des­wegen, weil es um unsere Kulturnation Österreich geht, auf die wir alle stolz sind. Das ist Teil unserer Identität – das wurde gesagt –, aber Kunst und Kultur sind viel mehr als Unterhaltung, sind niemals auf Unterhaltung reduzierbar, Kunst und Kultur sind der lebensnotwendige Kontrapunkt – und ich wähle ganz bewusst ein musikalisches Stil­mittel – unserer Gesellschaft. Wir brauchen Kunst und Kultur! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Kickl. – Bitte.


10.32.20

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Vizekanzler Kogler, heute möchte ich mich in besonderem Maß mit Ihnen auseinandersetzen, einfach deshalb, weil ich glaube, dass Sie gegenwärtig in einer Situation sind, in der man Sie ein wenig be­dauern muss, und ich werde Ihnen auch erklären, warum.

Erstens einmal, weil wir heute zum wiederholten Male vor den Augen der Öffentlichkeit etwas vorgeführt bekommen haben, was ich als ÖVP-Projekt vom betreuten Regieren bezeichnen möchte: Ihr Betreuer hat gerade den Raum verlassen, aber etwas anderes als betreutes Regieren ist es ja nicht, wenn Sie als der Vizekanzler, und das sind Sie nun einmal, bei der Präsentation einer Staatssekretärin – und das ist jetzt nicht eine Megageschichte oder ein epochales Ereignis –, die in Ihr Haus gehört, nicht einmal alleine agieren dürfen, sondern dass Sie da als Zweitredner nach dem Bundeskanzler aufgestellt werden. Also das nenne ich betreutes Regieren, das ist eine Art koalitionäre Besachwaltung, die sich von Anfang an bis zum heutigen Tag in dieser Koalition ja durchgezogen hat! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Und, Herr Kogler, jetzt weiß ich nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist, aber ich würde an Ihrer Stelle etwas nachdenklich werden: Ihre Wunschkandidatin als Staatssekretärin ist weg, Ihr Wunschkandidat im Kabinett ist weg. Na was glauben Sie, wer als Nächster weg sein wird, wenn er nicht schön langsam in die Gänge kommt, Herr Vizekanzler? – Also ich wäre an Ihrer Stelle etwas nachdenklich. Ich glaube, es wird Abend auf der Puszta, was Sie betrifft.

Zum Zweiten sind Sie wegen der Tragödie zu bedauern, die Sie ja gemeinsam mit der – na ja, sagen wir es so – halb vertriebenen und halb selbst geflüchteten Ex-Staatssekretärin Lunacek im Kunst- und Kulturbereich bisher während Ihrer Regie­rungstätigkeit aufgeführt haben.

Meine Güte, Herr Vizekanzler, was wäre das nicht für eine tolle Sache gewesen, grüne Kunst- und Kulturpolitik, ein ganzer Strauß von vielen, vielen bunten Zutaten! Was ist da alles drin? Das Hofieren der linken Kunstszene: Die anderen werden natürlich igno-


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riert oder ausgegrenzt, das ist eine Selbstverständlichkeit, man hat immer stramm antifaschistisch zu agieren und die selbsternannten linken Eliten auch im Kunst- und Kulturbereich zu subventionieren und zu unterstützen, ganz in gutem gutmenschlichem Stil. – Das wäre eine solche Zutat gewesen.

Sehr viel Ausdruck, unglaublich viel Moderne und Fortschritt – oder dasjenige, was Sie dafür halten – hätte es gegeben. Eine unglaubliche Menge an Pluralität, ja fast so etwas wie eine pluralistische Pluralität wäre über dieses Land hereingebrochen – unter normalen Umständen –, ein ordentlicher Schuss Ethno – das hat es ja auch gebraucht in der Kunst- und Kulturszene –, Multikulti allerorts, selbstverständlich ein Herum­tran­sen und Herumgendern in vielen Bereichen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das wären alles großartige Zutaten Ihrer Kulturpolitik gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

So wäre es gewesen, ja! Und während die einen im Kleinen Walsertal traditionell beflaggt haben, hätten Sie halt überall, bei jedem Kulturevent Ihre Regenbogenfahnen hinausgehängt. Jetzt tragen Sie sie teilweise vorm Gesicht.

Vernissagen hätte es gegeben, Lesungen, Auszeichnungen, Preisverleihungen, ein bisserl was vom Opernball, damit man auch dazugehört, aber ich glaube, der Höhe­punkt des Kulturjahres wäre gewesen: ein elektrobetriebener Lastwagen mit der Frau Lunacek am Ring bei der Regenbogenparade. Das wäre das Highlight des Kultur­be­triebs aus Sicht der Grünen gewesen. – So schön wäre es gewesen, Herr Vizekanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

So schön wäre es gewesen, und im Gegenzug hätten Sie natürlich Dankbarkeit er­warten können – ich glaube, die wäre fast ins Uferlose gestiegen – seitens Ihrer linken Schützlinge aus diesem Bereich, und die hätten sich dann natürlich auch mit einem entsprechenden politischen Aktionismus gegen all diejenigen, die Ihnen nicht ins Kon­zept passen, revanchiert.

So war das angedacht! Das war der Masterplan, und das war die Grundkonzeption dieses Staatssekretariats – einer seltsamen Kreuzung aus Versorgungsposten für eine ehemalige Parteiobfrau eben mit dem Bedürfnis, in diese Zielgruppe ganz speziell hineinzuwirken.

Ja, aber wer hat wissen können, dass dann dieses Virus daherkommt? Das hat ja wirklich niemand wissen können, und das hat Ihnen einen Strich durch diese Rech­nung gemacht. Aber Ihnen, Herr Kogler, kann man da überhaupt gar keinen Vorwurf machen, Sie sind da konsequent ans Werk gegangen. Sie sind geradezu grund­satztreu vorgegangen, möchte ich sagen, denn wir wissen ja alle, dass es eine linke Doktrin in Sachen Kunst gibt, und die lautet ungefähr so, dass die Kunst idealerweise möglichst wenig oder noch besser überhaupt nichts mit Können zu tun haben soll. Ja und wenn das so ist, verdammt noch einmal, warum soll das dann nicht auch für die Staatssekretärin gelten?

So ist es dann auch zur Auswahl von Frau Lunacek gekommen. Das ist ja nur logisch, da sind Sie grundsatztreu geblieben. Und wenn Sie es mir nicht glauben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann rufe ich an dieser Stelle Herrn Resetarits in den Zeugenstand, der es so schön auf den Punkt gebracht hat, der gesagt hat: Weil es eh wurscht ist! (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) – Das war seine Zusammen­fas­sung zu Ihrer Personalbesetzung. (Beifall bei der FPÖ.)

So, aber jetzt ist dieses Weltoffenheitsprojekt in die Hose gegangen, und zwar in vollem Umfang, und ich denke, es wäre eine Riesenchance für Sie gewesen, jetzt ein wirklich vernünftiges und positives Signal zu setzen, ein positives Zeichen angesichts der 1,9 Millionen Menschen in Österreich, die arbeitslos oder von Kurzarbeit betroffen


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sind, angesichts der Pleitewelle, die über dieses Land im Herbst noch herein­schwap­pen wird, ein echtes Symbol der Einsparung, und es wäre so einfach gewesen: Sie hätten nur den Gürtel bei Ihrer Regierungsmannschaft enger schnallen müssen. Sie hätten einfach auf dieses Staatssekretariat verzichten und diese Arbeit selbst schultern sollen, Herr Vizekanzler. Das wäre ja nicht zu viel verlangt, dass Sie Ihr selbst ge­wähltes Kurzarbeitsprogramm im Vizekanzleramt durch einen Vollzeitjob ersetzen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Hätten Sie die Kultur doch zur Chefsache gemacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre einmal ein vernünftiger Ansatz gewesen. Und weil ich weiß, dass das natür­lich ein gewisses Ungleichgewicht in diesem koalitionären Gefüge gebracht hätte: Die ÖVP hätte ja nachziehen können und den Staatssekretär im Infrastrukturministerium, dessen Namen ohnehin niemand kennt und der bis jetzt nur in einem Zusammenhang aufgefallen ist, nämlich, ja wie soll man denn sagen, fast als Fanboy in dieser Kara­wane, in diesem Andachtszug des Kanzlers durchs Kleine Walsertal (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch) – da ist er aufgefallen –, auch gleich mit einsparen können. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Ottenschläger und Haubner.)

Und ich sage Ihnen: Das wäre eine strukturelle Einsparung gewesen, das wäre etwas Vernünftiges und tausendmal effizienter als Ihre seltsame Spendenshow, die Sie da vor ein paar Wochen abgezogen haben.

Auf diese Idee aber sind Sie nicht gekommen. Sie machen etwas ganz anderes, aber das ist auch ein interessanter Zugang: Sie haben ja bis jetzt, wie soll man sagen, in dieser Koalition eine feste Zweierbeziehung gehabt, nicht? Der schwarze Gust und die grüne Sigi waren quasi symbolisch diese Zweierbeziehung der Koalition.

Diese Zweierbeziehung machen Sie jetzt auf und zu einer offenen Partnerschaft. Das ist jetzt eine offene Partnerschaft, und Sie machen es dadurch zur offenen Partner­schaft, dass Sie eine Sozialistin mit in die Regierung hineinnehmen. Die neue Frau Staatssekretärin ist natürlich eine Sozialistin, die ist so rot wie der knallrote Autobus, den wir alle kennen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das hat nur noch niemand gesagt. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Wir erleben heute etwas sehr, sehr Interessantes, wir erleben auf offener Bühne das­jenige, was sich hinter den Kulissen der grünen Regierungsmitglieder schon seit län­gerer Zeit in Gestalt von Generalsekretären und führenden Beamten abspielt. Da gibt es ja schon so etwas Ähnliches wie eine rote Machtübernahme. Den Regierungseintritt der Sozialdemokratie in die Koalition Kurz & Kogler erleben wir jetzt also auch auf offener Bühne. Das ist das Ergebnis dieser Neubesetzung im Staatssekretariat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Koza.)

Na ja, ich sage das ja nur deshalb, weil Sie immer so tun, als wollten Sie mit der Sozialdemokratie überhaupt nichts zu tun haben. Das ist ja sozusagen Ihr allererster Glaubensgrundsatz: Bei der Sozialdemokratie bitte nur nicht anstreifen. Dann nicken Sie es ab, dass Sie, wie der Herr Bundeskanzler es zum Ausdruck gebracht hat, der heute ein überraschend langes Telefonat da draußen vor der Tür führt (Heiterkeit bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ), in diesem so wichtigen Kunst- und Kultur­bereich ausgerechnet die SPÖ zum Zug kommen lassen. Wie auch immer, das zeigt, dass bei Ihnen nicht immer alles so zu nehmen ist, wie Sie es sagen.

Ich wünsche der Frau Staatssekretärin trotzdem auf jeden Fall alles Gute für ihre Arbeit, vor allem deswegen, weil es mir um die Künstler geht, und zwar um die Künstler und Kulturschaffenden in der breiten Masse. Da gehört natürlich die Volkskultur genauso dazu, über die Sie verächtlich die Nase rümpfen – ich sehe es Ihnen ja schon an (Beifall bei der FPÖ) –, nicht nur diese linke Blase, die von vielen, auch in der grünen Fraktion, immer mit der Kunst- und Kulturszene gleichgesetzt wird. Nicht nur


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die Kunst- und Kulturschaffenden selbst brauchen wirkliche Unterstützung – das ist wichtig –, sondern mit ihnen auch all diejenigen, die in der Organisation und im Betrieb dieses ganzen Systems mit dabei sind.

Bevor ich es vergesse: Eine tut mir ganz besonders leid, das ist die Frau Blimlinger. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn da passiert? Jetzt wird sie zum zweiten Mal politisch verschmäht, zum zweiten Mal! Das erste Mal, Herr Kogler, deswegen, weil sie für den Versorgungsposten einer geschei­terten Parteichefin Platz machen musste, das war ja noch irgendwo einzusehen, aber dass Sie jetzt nicht auf die eigenen Personalressourcen, die auf Ihrer Nationalratsliste gelandet sind, weil sie der Ausdruck der Kunst- und Kulturkompetenz der Grünen gewesen sind, zurückgreifen, das ist doch einigermaßen überraschend, möchte ich sagen, und sagt auch einiges über Ihre Glaubwürdigkeit aus. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Sie tun mir also ein bisserl leid, Frau Kollegin Blimlinger, das wollte ich Ihnen gegenüber hier einfach zum Ausdruck bringen.

Ich möchte noch etwas loswerden, weil es, wie ich glaube, wichtig ist: Sie werden schon herausgehört haben – unschwer zu erkennen –, dass ich kein besonderer Freund der Ex-Staatssekretärin Lunacek bin. Das hat jetzt weniger mit diesem Kunst- und Kulturintermezzo als mit ihren verqueren Ideen in der Europapolitik zu tun, wo sie ja gar nicht europäisch genug sein konnte. Das habe ich wirklich noch in schauder­hafter Erinnerung. Ich weiß gar nicht, warum man sich als österreichischer Bundes­kanzler hierherstellen und diese Europapolitik im Nachhinein auch noch loben kann. Alleine das ist ja ein Affront für jeden heimatliebenden Österreicher.

Ich bin kein großer Freund von ihr und sage: Natürlich ist die Kritik an ihr für ihren Bereich, für den ganzen Wahnsinn, den sie da zu verantworten hat, indem sie einen Schaden viel größer gemacht hat, als es notwendig gewesen wäre, angebracht ge­wesen. Sie hat das allerdings nie in einem Alleingang gemacht, sondern immer in einer Koproduktion, im wunderschönen Verbund mit anderen Regierungsmitgliedern, denn jede einzelne ihrer Maßnahmen oder Nichtmaßnahmen braucht die Einstimmigkeit im Ministerrat, und da waren Sie alle mit dabei, und aus dieser Verantwortung können Sie sich nicht herausstehlen.

Mit dem gleichen Recht aber, mit dem man Frau Lunacek kritisiert, oder vielleicht sogar noch mit viel mehr Recht kann man diese Kritik an jedem anderen der Regierungs­mitglieder anbringen. Ja viel mehr noch ist die Kritik am Bundeskanzler, der immer noch telefoniert – das ist etwas ganz Neues, aber immerhin nicht hier herinnen, immer­hin draußen (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch) –, für seine Angstmacherei ange­bracht, von der wir schon gehört haben – Stichwort die 100 000 Toten –, für sein Ge­schwafel von Geldern, von Strömen von Finanzflüssen, die sich auf den Weg zu den Hilfsbedürftigen in Österreich gemacht haben, bei denen bis jetzt noch nicht einmal ein Tropfen angekommen ist. Das ist doch alles noch viel, viel schlimmer als das, was Frau Lunacek zu verantworten hat! (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Oder: Kritik am Finanzminister für sein Fakebudget, in dem Sie vieles finden, nur keinen einzigen Ansatz, wie wir die Arbeitslosigkeit in diesem Land bekämpfen und wie wir unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Das ist kein kleines Vergehen, wie man es Frau Lunacek vorwerfen kann, das ist eine Todsünde, würde ich sagen, für einen Finanzminister in dieser Situation. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder: Kritik am Gesundheitsminister, der sich mit seinem Verordnungswahnsinn schon selber überdribbelt. Es kennt sich ja kein Mensch mehr aus, was man wo noch darf. Da brauchst du ja einen solchen Beipacktext (mit den Händen etwa einen halben Meter andeutend), wenn du dich in der Öffentlichkeit bewegst und vielleicht irgendein Lokal


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oder irgendeine Räumlichkeit aufsuchst, weil du schon nicht mehr weißt, was du tun sollst.

Im Übrigen steht er auf Kriegsfuß mit der österreichischen Rechtsordnung. – Das ist ja alles viel, viel schlimmer!

Oder: Der Bildungsminister, der die Eltern und die Schüler mit seiner seltsamen Vor­gangsweise bei der Schulöffnung und dem Beibehalten einer Maskenpflicht, die man in diesem Bereich wirklich nur noch als absurd bezeichnen kann, traktiert. Das ist reine Schikane und sonst gar nichts. – Das ist ja mindestens genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder: Der Herr Innenminister – weil er heute wieder da sitzt –, der jeden Infizierten am liebsten von der Kriminalpolizei einvernehmen lassen möchte, aber gleichzeitig irgend­welche aufgegriffenen Asylwerber ohne jede Quarantäne in einen Zug setzt und quer durch Österreich verfrachtet – da ist dann alles wurscht. Das ist dann der Beitrag des Herrn Innenministers zur österreichischen Volksgesundheit.

Das alles ist viel schlimmer als das, was Frau Lunacek aufgeführt hat, aber Frau Lunacek musste gehen. Sie war das berühmte Bauernopfer. Irgendjemanden muss man dann quasi vor die Tür hinausstellen, damit die Verhaltensauffälligkeiten der an­deren damit unter den Teppich gekehrt werden können – ein Bauernopfer!

Abschließend sage ich Ihnen aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren: Irgendwann einmal ist dann auch der Punkt erreicht, wenn die Bauern geopfert sind, dann kommen die Herrschaften dran. – Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle: Jede Stunde rücken wir diesem Zeitpunkt näher. (Beifall bei der FPÖ.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abge­ord­nete Ernst-Dziedzic zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


10.47.08

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Dass die FPÖ mit der allzu sichtbaren Sichtbarkeit von Frauen ein Problem hat, das wissen wir schon länger, aber das Wort „Herumtransen“, Herr Klubobmann Kickl, ist nicht nur der Würde des Hauses nicht entsprechend, sondern sagt schon sehr viel darüber aus, wie Ihr Weltbild aussieht.

Sie wissen, weltweit werden Menschen für ihre sexuelle Orientierung und Identität verfolgt (Abg. Deimek: Das ist keine Geschäftsordnungsmeldung! – weitere Zwischen­rufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), mit dem Tod bedroht, im Iran werden sie gehängt. In Europa, in Ungarn, in Polen werden Menschen dafür, dass sie Regenbogenmasken tragen, verprügelt, und Sie stellen sich hier heraus und sagen Wörter, die diese Diskriminierung wirklich noch untermauern.

Ich bitte Sie sehr, das zurückzunehmen, und Sie, Herr Präsident, bitte ich, zu prüfen, ob so eine Aussage wirklich der Würde des Hauses entsprechend ist. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

10.48

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wöginger. – Bitte.



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10.48.18

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Insbesondere sehr geehrte Frau Staatssekretärin Andrea Mayer! Herr Kollege Kickl, jetzt weiß ich, warum du an den ersten zwei Sitzungstagen krank warst, denn bei diesen Verschwörungstheorien, die du da in 10 oder 15 Minuten dar­geboten hast, würden viele Menschen, wenn sie so denken würden, krank werden; schön aber, dass du wieder unter uns bist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischen­rufe der Abgeordneten Belakowitsch und Deimek.)

Es wird auch immer die Usance des Hauses eingefordert: Natürlich kann jeder Abge­ordnete unter den Aspekten der Würde des Hauses hier am Rednerpult sagen, was er oder sie für richtig hält, aber es gibt schon eine Art Usance in diesem Haus, dass man, wenn ein neues Regierungsmitglied von der Bundesregierung hier vorgestellt wird – und es wurden alle Regierungsmitglieder in der Reihenfolge Bundeskanzler und Vize­kanzler vorgestellt, egal, welcher Fraktion sie angehörten –, diesem respektvoll entge­gen­tritt und dass man einem Regierungsmitglied, das neu ins Amt berufen wurde, jedenfalls auch einmal die Chance gibt, sich unter Beweis stellen zu können. – Wir tun das, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, wir heißen Sie auch ganz herzlich willkom­men. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Kassegger.)

Wir stehen auch nicht an, uns bei der ausgeschiedenen Staatssekretärin zu bedanken. Die FPÖ fordert doch immer die demokratiepolitischen Maßnahmen ein, dass das eingehalten wird.

Ulrike Lunacek ist über zwei Jahrzehnte in vielen Kammern gesessen – hier herinnen im Nationalrat, im Europaparlament – und zum Schluss war sie in der Bundesregierung vertreten. Wenn man die demokratiepolitischen Entscheidungen der Wählerinnen und Wähler ernst nimmt, dann ist es keine Schande, Danke zu sagen, auch wenn man inhaltlich anderer Meinung ist. Ich war auch kein persönlicher Freund von Ulrike Lunacek (Abg. Kickl: ... auch nicht! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), aber ich sage ihr Danke dafür, dass sie in den gesetzgebenden Körperschaften als Vertreterin für Österreich gearbeitet hat. Unterschiedliche Meinungen sind ja wohl in einer Demo­kratie zulässig. (Abg. Kickl: Ach jetzt, ...! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich danke ihr für ihre Tätigkeiten über zwei Jahrzehnte in den unterschiedlichen Kammern und auf den jeweiligen Ebenen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dass das vielleicht Ihnen nicht in den Kram passt (in Richtung FPÖ), weil Sie halt lieber eher nur die rechte Seite haben und dann die linke Seite kritisieren – ich sage Ihnen eines: Gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir die Kraft der Mitte und den Zusammenhalt in der Gesellschaft und nicht Links-Rechts-Diskussionen, die bringen dieses Land nicht weiter, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Zur neuen Staatssekretärin: Wir haben uns im vorigen Jahr, in der koalitionsfreien Zeit nach dem Ibizawahnsinn, in der der Bundespräsident die Klub- und Parteiobleute einige Male zu sich geladen hat, ein bisschen kennenlernen dürfen. Eines muss man auch betonen – die Runde der fünf Fraktionen hier im Haus ist zwar noch nicht ganz fertig –: Es gibt keine Kritik, was die Qualifizierung anbelangt.

Andrea Mayer ist aus unserer Sicht sehr für diese Tätigkeit als Kunst- und Kultur­staatssekretärin qualifiziert, sie war ja auch ehemalige Leiterin der Sektion Kunst und Kultur im Bundeskanzleramt und verfügt über verschiedene Expertisen in diesem Be­reich. Sie hat auch ihre Expertise durch Aufsichtstätigkeiten bei der Österreichischen Galerie Belvedere, den Bregenzer und den Salzburger Festspielen sowie beim Wiener Konzerthaus weiter vertieft. Zum Schluss war sie sozusagen die oberste Beamtin der


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Republik beim Bundespräsidenten. Ich bedanke mich ganz herzlich für die Phase im vorigen Jahr, wir haben das, glaube ich, auch immer ganz gut gemeistert, was die Klubzusammenarbeit anbelangt – das wünsche ich mir auch für ihre kommende Zeit als Staatssekretärin. Ich sehe dem sehr, sehr positiv entgegen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Staatssekretärin Mayer nickt.)

Ich möchte schon noch eines sagen – weil ja dieses Amt der Staatssekretärin in einer sehr herausfordernden Zeit aufgenommen wird, nämlich in Zeiten von Corona, in denen gerade die Kunst und Kultur eine besondere Herausforderung zu bewältigen hat –: Österreich ist ein Kulturland. Das geht von der Volkskultur bis hin zur Hochkultur, und ich möchte auch betonen: Alles in diesem Bereich ist wichtig! Ich sage nicht, das eine ist gut und das andere ist schlecht. Wir sind natürlich am Land daheim, bei uns domi­nieren Blasmusikverbände und örtliche Kulturvereine, wir stehen aber genauso zu Film und Fernsehen und zu unseren Theatern, zu unseren Museen, zu unseren Opern. Österreich ist weltbekannt für das, was wir auf diesem Gebiet bieten, das sollte uns auch stolz machen!

Ich bin auch wirklich sehr froh, dass diese Pakete nun auch auf den Weg gebracht wurden. Gestern ist eines eingebracht worden, nämlich der Künstler-Überbrückungs­fonds mit 90 Millionen Euro. Wir haben den Künstler-Sozialversicherungsfonds mit 5 Millionen Euro aufgestockt, den Härtefallfonds gibt es auch für die Künstler, eine Unterstützung zur Abfederung von Einnahmeausfällen in diesem Bereich. Es gibt diesen NPO-Unterstützungsfonds mit 700 Millionen Euro, bei dem auch die Kultur­vereine bis hin zu Sport, Feuerwehren und Kirchen mit inkludiert sind. (Abg. Martin Graf: Lass doch der Staatssekretärin was über ...!) Es sind also wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht und bereits in Umsetzung, das heißt, das Handwerkszeug, glaube ich, ist schon gezeigt worden. Im Juni werden die meisten dieser Maßnahmen auch hier im Parlament behandelt.

Ganz wichtig, glaube ich, ist heute, dass Lockerungsmaßnahmen im Bereich der Kultur eingeleitet werden. Wer mit seinen Blasmusikverbänden und Chören in enger Ver­bindung steht, der weiß, dass man sehnsüchtig darauf gewartet hat, dass wieder Proben zugelassen werden, damit man auch seiner Leidenschaft und seinem Hobby wieder nachgehen kann, und das ist ab dem heutigen Tag wieder der Fall; man darf für eine gewisse Zeit auch zusammenrücken.

Ich bin sehr froh, dass wir diese Lockerungen durchführen können. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) – Na ja, man muss schon eines sagen: Das ist ja gar nicht so lustig und geht wieder dorthin; Kickl, ihr habt ja - - (Abg. Schellhorn: Na, weil es so ver­schieden ist!) – Ihr habt ja alle, auch Kickl, am 13. März den Lockdown gefordert. Tut doch nicht so, als ob ihr nicht dafür gewesen wäret (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), dass man dieser Gesundheitskrise mit aller Vehe­menz entgegentritt! Sich dann hierherstellen und alles zu Tode kritisieren! Alle habt ihr gesagt: Zusperren müssen wir, ist doch klar!, was letzten Endes auch gemacht worden ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Nun öffnen wir in diesem Bereich wieder schrittweise, und das ist gut und richtig so. (Abg. Belakowitsch: ... sofort aufmachen!) Wir haben aber in Oberösterreich einen Fall mit einem Chorverband gehabt. Man hat gesehen, wie das gestreut hat. Man muss wissen, dass das natürlich eine besondere Gefahrenquelle – wenn man das so sagen darf – in diesem Bereich ist, aber die Zahlen lassen es zu, und wir haben immer gesagt, wenn die Zahlen es zulassen, dann wird wieder geöffnet. Ich bin froh, dass diese Lockerungsmaßnahmen da sind.


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Frau Staatssekretärin, alles Gute! Ich bitte um eine gute Zusammenarbeit, ich gehe aber davon aus, dass wir die haben werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Staats­sekretärin Mayer nickt.)

10.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schellhorn ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.55.34

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Ministerinnen und Minister auf der Regierungsbank! Liebe Frau Staatssekretär, herzlich willkommen! Es freut mich ganz besonders, dass Sie hier sind, weil damit offensichtlich auch bestätigt wurde, was der Herr Bundes­kanzler und der Herr Vizekanzler – vor allem – gesagt haben, nämlich dass Sie außer­ordentlich gut vernetzt sind, dass Sie Fachwissen haben, dass Sie kompetent und einfach mit der Kunst- und Kulturszene vertraut sind.

Ich muss mir da die Frage stellen: Warum nicht gleich? Warum hat das nicht gleich funktioniert? Warum hat man zuerst Frau Lunacek – ich will nicht sagen, verheizt (Abg. Belakowitsch: Na, das kann man schon so sagen!) – im Stich gelassen? (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Nun geht alles einfach wirklich sehr schnell, und das ist gut so. Wir sind aber mitt­lerweile in der Woche zwölf, und ich weiß nicht, wie es gelaufen wäre, was passiert wäre, wäre diese Kulturszene, wären die Freischaffenden nicht so engagiert gewesen und hätten nicht mobilgemacht. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.) Gott sei Dank gibt es aber Zivilcourage – was man bei den Unternehmern leider nicht immer hat, weil sie Angst haben, dass sie keine Förderungen kriegen, muss man irgendwie sagen. Ich bewundere die Kunst- und Kulturszene dafür, dass sie das gemacht hat, sonst säßen Sie heute nicht hier!

Das Bedauerliche ist offensichtlich – das ist wirklich beschämend! –, dass man Frau Lunacek faktisch im Stich gelassen hat, denn derjenige, der die budgetäre Verant­wor­tung hat, jener, der schlussendlich darüber entscheiden sollte, ist ja der Herr Vize­kanzler, weil es in sein Ressort fällt.

Dass es nun schnell geht, das ist die besondere Verantwortung, dass Eva Blimlinger, dass wir im Kulturausschuss etwas auf den Weg bringen, um den Freischaffenden, den Kunst- und Kulturschaffenden zu helfen. Es ist aber wie gesagt halt auch eine Verantwortung. Ich sage immer, die Wirtschaft ist das Herz und die Pumpe, die das Blut im Blutkreislauf in Schuss hält und diesen sozusagen auch wieder beleben muss, Kunst und Kultur sind dann die Lunge, die Luft, die wir zum Atmen brauchen.

Es ist schon richtig, was der Herr Bundeskanzler sagt, und es freut mich, dass er dieses Bekenntnis abgegeben hat: Wir sind eine Kulturnation! – Das ist auch richtig, weil es Berge und Seen eh überall gibt, aber das, was wir geschaffen haben, und das, was über Jahrhunderte in diesem Land geschaffen wurde, ist einzigartig, und das liegt jetzt auch in der Verantwortung der Frau Staatssekretär. Der Bund muss nämlich eine Verantwortung nach außen haben, auch kulturell, und zwar in folgender Hinsicht: Österreich will eine Kulturnation und – das ist besonders wichtig – ein Land der Künste sein, und das erkennt man daran, wie viel Kunst in einem Land entsteht, und nicht daran, wie viele Menschen Kunst kaufen können.

Dass viel Kunst im Land entsteht, das wird Ihre Verantwortung sein (in Richtung Staatssekretärin Mayer), dass Sie das ermöglichen. Darum wünsche ich Ihnen auch alles Gute! Wir werden auch genau darauf schauen. Wir werden, wenn Sie unsere Unterstützung brauchen, unsere Unterstützung geben. Wir werden aber auch genau


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darauf schauen, dass Sie nicht so im Stich gelassen werden wie Frau Lunacek. Das wird aber, glaube ich, nicht passieren, weil man Ihnen ja Rosen gestreut hat: über Ihre Vernetzung, über Ihre Kompetenz, über Ihr Fachwissen.

Die Frage stellt sich halt: Warum hat das so lange dauern müssen? – Das ist eine Frage der Regierungsbildung, das ist eine Frage der Grünen und das ist auch eine Frage der Verantwortung, wer Frau Lunacek so lange zappeln lassen und im Stich ge­lassen hat.

Es scheint schon auch ein guter Punkt von der neuen Frau Staatssekretär gewesen zu sein, dass ihre Bedingung gewesen sein wird, dass sie diese Punkte, glaube ich, nun schnell umsetzen kann, zum Wohle der Kunstschaffenden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.59 


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte.


11.00.12

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wertes Regierungsteam – vielen Dank auch für die Rückendeckung am heutigen Tag bei meiner Vorstellung hier im Nationalrat! (Prä­sidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es ist ein historischer Moment in meinem Leben. Vielen Dank auch für den Zuspruch, den Sie mir schon in den ersten Redebeiträgen haben zuteilwerden lassen und den ich auch bei den Gesprächen am Rande der Sitzungen erfahren durfte. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, sind Kunst und Kultur nicht nur persönlich wichtig für mich, sondern bilden seit vielen Jahren einen zentralen Bestand­teil meiner beruflichen Laufbahn. In unterschiedlichen Funktionen habe ich mir umfas­sende Kenntnis der österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft in all ihren Facetten, von der Hochkultur bis zur freien Szene, aneignen können. Diese Expertise und das Wissen um die Bedürfnisse und die Herausforderungen des Kunst- und Kulturbetriebs und der in ihm Tätigen werde ich mit voller Kraft einsetzen – ganz im Sinne der Kultur­nation, als die wir international bekannt sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich ist ein Land der Künstlerinnen und Künstler. Es ist ein fruchtbarer Ort für un­zählige kleine und große, vielfach weltberühmte Kultureinrichtungen und Kultur­initiativen. Wir sind zu Recht stolz auf das breite Spektrum an kulturellen Angeboten und künstlerischen Ausdrucksformen: von zeitgenössischer Kunst bis zum Brauchtum, von digitaler Kunst bis zu den großen Bundesmuseen, von den Musikschulen bis zu den Tanzfestivals, von Pop bis Oper, von Mode bis Architektur und Design.

Kunst und Kultur sind ein zentraler und unverzichtbarer Teil unseres Lebens, sie tragen wesentlich zu unserem Selbstverständnis bei. Kunst und Kultur übernehmen wichtige Funktionen in einer globalisierten und digitalisierten Welt. Kreativität treibt Innovation an und fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Die Rahmenbe­din­gungen für Kunst und Kultur in Österreich zu gestalten und zu verbessern – das ist der Grund, weshalb ich als Staatssekretärin für Kunst und Kultur heute vor Ihnen stehe. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die derzeitige kulturpolitische Agenda wird von einer globalen Gesundheitskrise be­stimmt. Die Konsequenzen dieser Krise sind für uns alle noch nicht in vollem Umfang


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absehbar, wir lernen jeden Tag dazu, sie hängen natürlich auch von ihrem weiteren Verlauf ab. Die aktuelle Krise zeigt uns aber deutlich, wie verletzlich Kunst und Kultur sind, wenn plötzlich aufgrund einer Pandemie die Grundlagen für ihre Ausübung weg­fallen. Das stellt uns alle vor unerwartete Herausforderungen.

Unsere kulturelle Vielfalt gilt es jetzt zu erhalten, und diejenigen, die sie ermöglichen, nämlich die Künstlerinnen und Künstler, gilt es zu unterstützen. Die Bundesregierung, aber auch die Länder und Gemeinden haben in den letzten Wochen bereits einen brei­ten Fächer an Unterstützungsmaßnahmen bereitgestellt, und es freut mich sehr, dass es uns in diesen ersten Tagen in meinem Amt bereits gelungen ist, eine maßge­schneiderte Überbrückungsfinanzierung für selbstständige Künstlerinnen und Künstler in der Höhe von 90 Millionen Euro auf die Beine zu stellen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Die rechtliche Grundlage dafür ist gerade in parlamentarischer Beratung.

Ebenfalls diese Woche haben wir ein Paket für die Filmbranche erarbeitet, damit Pro­duktionsfirmen ihre Dreharbeiten wieder aufnehmen können. Im Zentrum dieses Pake­tes steht die Übernahme der Kosten von Covid-19-bedingten Produktionsabbrüchen. Dahin gehend stellt die Bundesregierung bis zu 25 Millionen Euro an Zuschuss bereit.

Die Rahmenbedingungen für den mit 700 Millionen Euro dotierten NPO-Fonds, der den gemeinnützigen Kulturinstitutionen zur Verfügung stehen wird, werden auch gerade finalisiert.

Ich danke an dieser Stelle auch – wie die Vorredner und Vorrednerinnen – meiner Amtsvorgängerin Ulrike Lunacek für ihre Arbeit in den vergangenen Monaten und für alles, was sie in Kunst und Kultur bewegen konnte, zum Beispiel die Umschichtungen von Förderungen im Ressort in der Höhe von mehr als 3 Millionen Euro zur Unter­stützung der Bereiche Musik, Film, bildende Kunst und Literatur oder die 50 Millionen Euro an zusätzlichen und vorgezogenen Förderungen, die die Sektion für Kunst und Kultur in diesem Jahr zur Abfederung von Liquiditätsproblemen bereits ausbezahlt hat. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten Tage sind aber ganz sicher die Lockerungen im Veranstaltungsbereich ab 29. Mai, also ab heute, zusammen mit der seit 15. Mai möglichen Öffnung der Museen, Ausstellungshäuser und Büchereien. Dies ist durch die niedrigen Infektionszahlen jetzt möglich geworden, und es ist gut und es ist enorm wichtig, dass es so ist. Ich freue mich wirklich von Herzen, wenn ich daran denke, dass wir schon ab diesem Wochenende wieder in Konzerte, ins Theater, ins Kabarett oder ins Kino gehen können! Es ist für uns alle wichtig, es gehört zu unserer Lebensqualität und zu unserer Lebenskultur. Somit können auch viele in der Kunst und Kultur Tätige ihre Arbeit und Beschäftigung wieder aufnehmen. Auch diesbezüglich kann nicht genug betont werden, wie wichtig das ist.

Natürlich sind wir noch nicht beim Kunst- und Kulturbetrieb, wie wir ihn vor der Coronazeit gekannt haben, und natürlich gibt es da auch noch viele offene Fragen und Bereiche, die noch nicht aktiv öffnen und tätig sein können. Das ist jetzt aber keine Auseinandersetzung zwischen Hochkultur und Eventkultur, sondern da geht es um Sitzplatz oder Stehplatz. Ich bin mit Herrn Bundesminister Rudolf Anschober einer Meinung, dass wir im Juni die bisherigen Öffnungsmodalitäten evaluieren und den Häusern aller Art noch im Juni Orientierung dahin gehend geben, wie der Betrieb ab September weitergehen kann.

Es wird natürlich so sein, dass die globale Gesundheitskrise auch in den kommenden Monaten, wenn nicht Jahren auf den Kunst- und Kulturbetrieb nachwirkt. Wichtig ist, dass wir daher schon heute Schritte für die Zukunft setzen, den Künstlerinnen und Künstlern Hoffnung und Chancen geben und den Kunst- und Kultureinrichtungen


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Planungssicherheit. Wir müssen auf die Folgewirkungen der Krise mit zukunftsträch­tigen Lösungsvorschlägen reagieren und die entsprechende staatliche Finanzierung sicherstellen. Das Regierungsprogramm bietet nicht nur einen Leitfaden dazu, sondern auch Antworten.

Ich freue mich auf die Zeit, in der wir auch die wichtigen Themen des Regierungs­programms umsetzen können und nicht nur coronabedingt Akutmaßnahmen ergreifen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Als ganz zentral sehe ich die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie von Bund, Ländern und Gemeinden zum Thema faire Bezahlung und soziale Absicherung von allen, die im Bereich Kunst und Kultur tätig sind. Dazu zählt auch ein modernes Urhe­berrecht mit einer angemessenen Vergütung für Urheberinnen und Urheber.

Ich bekenne mich ausdrücklich zu einer öffentlichen Finanzierung von Kunst und Kultur. Das ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit und die Kreativität unserer Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Die Verantwortung für Kunst und Kultur liegt aber nicht nur bei der öffentlichen Hand, sondern sollte auch aus der Mitte der Gesellschaft, also von uns allen, wahrgenommen werden. Wir werden Anreizmodelle für vermehrtes privates Engagement und finanzielle Absetzmöglichkeiten prüfen, und wir wollen in Digitalisierungsprojekte investieren.

Wir haben in Österreich eine sehr gute kulturelle Infrastruktur in den Städten, aber auch im ländlichen Bereich ist Kunst und Kultur ein wichtiger und spannender Faktor. Daher ist es wichtig, auch die Regionalkultur entsprechend zu fördern, auch im Hinblick auf die Umsetzung der baukulturellen Leitlinien des Bundes zur Stärkung des länd­lichen Raums. Die Stärkung der regionalen Kultur fördert das Miteinander der Men­schen, ist wichtig für die lokale Wirtschaft und für den Zusammenhalt unserer Gesell­schaft.

Darüber hinaus müssen wir uns der Gedenkkultur in besonderer Weise zuwenden und sie stärken. Heuer war der 75. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik und damit des Endes des Nationalsozialismus. Auch wenn uns coronabedingt einiges da­zwischengekommen ist, soll das Gedenkjahr 2020 als Ausgangspunkt für eine neue, auf breiter gesellschaftlicher Basis stehende Gedenkkultur dienen.

Auch eine gut aufgestellte Provenienzforschung, mündend in einer systematischen Rückgabe von Kunst- und Kulturgütern – und zwar auch über den Bereich der Zwangs­enteignungen durch den Nationalsozialismus hinausgehend –, ist mir ein sehr großes Anliegen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Und auch wenn es im Bereich Kunst und Kultur vielleicht nicht das erste Thema ist, das einem einfällt: Auch ich in meinem Aufgabenbereich habe mich, wie die gesamte Bundesregierung, der Nachhaltigkeit verschrieben. Beim Ministerrat am Mittwoch die­ser Woche hat die Bundesregierung den ersten nationalen Fortschrittsbericht zur Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele beschlossen. Dabei wurde auch festgelegt, dass sich das Wiederhochfahren aller Bereiche des öffentlichen Lebens in Österreich nach Corona auch an den Zielen der Agenda 2030 orientieren soll.

Kultur, Kulturerbe, kulturelle Vielfalt, interkulturelles Verständnis und Teilhabe am Kul­turleben sind wesentliche Elemente für nachhaltige Entwicklung. Mir ist es daher ein wichtiges Anliegen, dass wir auch im Kunst- und Kulturbereich sowohl national als auch international starke Signale in diese Richtung setzen.

Lassen Sie mich zum Abschluss nochmals Folgendes bekräftigen: Der Bundesregie­rung ist bewusst, dass dies derzeit eine sehr, sehr schwierige Zeit für alle in der Kunst


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und Kultur Beschäftigten ist, und wir wissen, dass die Nachwehen der Corona­pan­demie noch länger andauern werden.

Ich möchte mich mit meinen Erfahrungen und mit aller Kraft für den österreichischen Kunst- und Kulturbereich einsetzen, damit wir gut durch diese Krise kommen. Als Staatssekretärin möchte ich dafür Sorge tragen, die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in Österreich aktiv mitzugestalten und spürbar zu verbessern. Ich möchte eine mutige, eine zielgerichtete Kulturpolitik betreiben, die ein wirksames Instrument, die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft, positiv beeinflusst.

Mögen uns die notwendigen Schritte in diese Richtung gemeinsam gelingen. Dafür darf ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, um Ihre tatkräftige Unterstützung ersuchen. Viele von Ihnen kenne ich ja schon lange aus verschiedenen Funktionen, und auch an diejenigen, die ich noch kennenlernen werde: Meine Hand ist ausgestreckt, meine Tür steht offen, wir sind nur gemeinsam stark! – Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus und auf den ersten Kulturausschuss, der, glaube ich, schon übernächste Woche anberaumt ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Staatssekretärin.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.16.00

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zu­seher und Zuseherinnen! Liebe Andrea Mayer, herzlich willkommen in der Bundes­regierung, herzlich willkommen im Hohen Haus! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Bevor ich mich zum Themenbereich Kunst äußere, noch zwei Sätze zu Abgeordnetem Kickl: Ich bekomme richtig Angst oder frage mich, was ich falsch gemacht habe, wenn mich Kickl als Staatssekretärin empfiehlt beziehungsweise dem Vizekanzler an­empfiehlt (Abg. Kickl: Das hat sie schon selber gemacht!) und fragt, warum ich nicht genommen wurde. – Ich muss mir das wirklich überlegen (Abg. Kickl: Das hat sie schon selber gemacht!), weil ich da etwas falsch gemacht habe (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Martin Graf), wenn ich von Kickl empfohlen werde.

Ein Grund, warum ich das Amt nicht annehme, ist, um hier im Hohen Haus zu bleiben, um Ihnen und der FPÖ immer wieder insbesondere in gedenkpolitischen Fragen, aber auch in universitäts- und hochschulpolitischen Fragen – ich könnte das jetzt aus­dehnen, aber so viel Zeit habe ich nicht – Paroli zu bieten. Das ist mir wichtig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Ich kenne Andrea Mayer schon sehr lange. Wir kennen uns vor allen Dingen aus einer Zeit, als wir beide im hochschulpolitischen Bereich gearbeitet haben: sie im Minis­te­rium, ich war damals an der – damals noch – Hochschule für angewandte Kunst. Sie war maßgeblich daran beteiligt, dass die Kunsthochschulen zu Universitäten geworden sind, und sozusagen in dieser Zeit habe ich sie schätzen gelernt: ihre Kompetenzen schätzen gelernt und auch ihre Durchsetzungskraft, weil es nicht ganz einfach war, die Kunsthochschulen zu Universitäten zu machen.

Mittlerweile ist es so, dass einige dieser sechs österreichischen Kunstuniversitäten in den Rankings an der Spitze sind, immer an vorderster, erster Stelle – die Universität für Musik und darstellende Kunst, aber auch die Akademie der bildenden Künste und


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die Universität für angewandte Kunst. Auch die anderen drei Kunstuniversitäten – die in Linz und Graz und das Mozarteum – sind in manchen Sparten top und an der Spitze.

Dort wird unter anderem der künstlerische Nachwuchs ausgebildet, dort finden die Künstler und Künstlerinnen das vor, was sie für das Leben als Künstler oder Künstlerin brauchen, und das ist viel: Sie brauchen viel Energie, sie brauchen viel Kraft, sich dieser Herausforderung, Künstler oder Künstlerin zu sein, auszusetzen, dem nachzugehen, ihrem Talent nachzugehen und es so zu professionalisieren, dass man tatsächlich als Künstler oder Künstlerin leben kann – das ist schwer genug.

Wir kennen die Zahlen! Es ist auch in Nicht-Corona-Zeiten eine Herausforderung, von der Kunst leben zu können, ohne drei, vier Nebenjobs zu haben, ohne kellnern zu gehen, ohne digitale Arbeiten machen zu müssen. Wer sich dazu entscheidet, Künstler oder Künstlerin zu werden, dem oder der gilt meine größte Bewunderung. Es ist ein schwerer Weg, den man zu gehen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Andrea Mayer hat bereits vieles von dem, was wir im Regierungsprogramm betreffend die Vorhaben vereinbart haben, kurz angerissen. Es gibt viele Vorhaben, die wir für Kunst und Kultur haben, und einige davon verzahnen sich sozusagen auch mit der Frage Corona, Kunst, Kultur.

Es gibt einen großen Punkt, den wir vorhaben, nämlich eine Kunst- und Kulturstrategie zu erarbeiten – das heißt: eine kunst- und kulturpolitische Strategie zu erarbeiten, denn eine Kunststrategie müssen die Künstler und Künstlerinnen selber erstellen, das ist ihr Job. Wir müssen schauen, dass die Rahmenbedingungen so sind, dass sie für alle, die in diesem Bereich arbeiten und tätig sind, die besten werden. Sie sind teil­weise gut, aber sie sind teilweise auch ganz schlecht.

Wir müssen schauen, dass es im Vergleich zu dem Erbe der Vorgänger­bundes­regie­run­gen – die sich im Gegensatz zur jetzigen Bundesregierung nicht wirklich darum gekümmert haben –, das wir angetreten haben, besser wird. Seit Jahrzehnten steht eine Erhöhung der Basissubventionierung aus, es gibt kein Fair Pay auf Bundesebene; all das wollen wir machen, all das werden wir machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin ganz sicher, dass die Bundesregierung dahintersteht, wenn wir all die Maß­nah­men, die wir in der nächsten Zeit beschließen und die Mittel auch auszahlen werden, noch verbessern werden, wenn sich herausstellt, dass es im Sommer notwendig ist, Finanzierungen zu finden, die auch die Jahre 2021 und 2022 absichern. Sie wissen, ohne Tourismus, und zwar internationalen Tourismus, wird es für Kunst und Kultur schwierig – das ist auch die Perspektive der Kunst und Kultur.

Ich glaube, es war Landeshauptmann Haslauer, der gesagt hat, dass Salzburg, wenn es keine Salzburger Festspiele gäbe, eine kleinere Stadt wäre. – Genau so ist es; das ist sozusagen – wenn man so will – eine besondere Perspektive, aber auch die kleinen Kinos, sei es in Freistadt, sei es in der Steiermark, und auch die kleinen Kultur- und Kunstinitiativen sind betroffen. Sie sind wichtig, aber auch sie hängen sehr oft vom Tourismus ab, und das wird sich auch noch in den nächsten Jahren auswirken.

Wir beschließen in den nächsten Tagen einmal weitere Unterstützungsmaßnahmen, aber wir werden ab Herbst weitere Maßnahmen brauchen, und zwar keine Unter­stüt­zung, sondern eine tatsächliche Finanzierung dieses Bereichs für die nächsten zwei, drei Jahre. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Thomas Drozda. – Bitte.



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11.22.29

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung, ich lobe Sie ja – das liegt in der Natur des Oppositionellen – eher selten, aber mit der Bestellung Andrea Mayers, muss ich sagen, haben Sie wirklich die Richtige vor den Vorhang geholt. Aus eigener Erfahrung weiß ich – Achtung, Werner Kogler!, Achtung, Sebastian Kurz! –, dass ihre Durchsetzungsstärke auch und besonders ihren Vorgesetzten gilt. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) Sie ist fachlich qualifiziert, sie kennt die Schnittstellen zwischen Politik und Verwaltung. Ich erlaube mir jetzt, sie als Veteranin zu bezeichnen, aber als Veteranin im Feld der Kunst- und Kulturpolitik ist sie mit den großen Tankern genauso vertraut wie mit den Lebensrealitäten der frei­schaf­fenden Künstlerinnen und Künstler.

Dennoch zahlt es sich jedenfalls aus, immer wieder die alte Frage: Cui bono?, zu stellen. Ein weiteres Mal ist es meiner Ansicht nach den Türkisen gelungen, einen Koalitionspartner in die Bredouille zu bringen. Bundeskanzler und Finanzminister haben die Künstlerinnen und Künstler gewogen, gemessen und für unwichtig befun­den. Die kreativ-kritischen Stimmen aus Kunst und Kultur nerven die Türkisen genauso wie die kritischen Medien. Die Coronakrise war natürlich ein guter Zeitpunkt für eine Machtdemonstration in diesen beiden Bereichen. Mit dem Nichtentscheiden und Nicht­kümmern zeigte man der Medienszene, aber auch der Kulturszene, was Sache ist. Gleichzeitig provozierte man Widerspruch und Wut aus den Reihen der wortmächtigen Künstlerinnen und Künstler. Dies hat nicht nur Ulrike Lunacek, sondern auch den Grünen insgesamt geschadet.

Obwohl Andrea Mayer hoch kompetent ist, bleibe ich misstrauisch, und zwar miss­trauisch, ob sie unter diesen kulturpolitischen Bedingungen mit diesem Koalitions­part­ner reüssieren kann. Sie ist als Staatssekretärin kein Regierungsmitglied. Sie ist keine Ministerin, aber nur eine Ministerin hat Vetorecht im Ministerrat. Fehlt dieses Vetorecht, fehlt es an Macht. Fehlende Macht schlägt sich meist in einem kleinen Budget nieder. Da draußen warten aber Hunderte große und kleine Theater, Museen, Kinos, Festivals und Konzerte auf eine wirkliche Perspektive, ebenso wie Tausende Künstlerinnen und Künstler auf finanzielle Unterstützung.

Zweifellos sind die aktuellen Lockerungen im Kulturbereich begrüßenswert, ein erster Schritt. Zumindest ermöglichen sie jetzt Hilfe zur Selbsthilfe, aber die Einnahmen durch Aufführungen vor kleinerem Publikum werden die Coronaausfälle nicht ersetzen. Es braucht einen wirklichen Kraftakt, damit unsere Kulturnation wieder auf die Beine kommt. Neben der finanziellen Absicherung der Kulturinstitutionen braucht es einen Rettungsschirm für die Kreativen in diesem Land. Unzählige Betroffene haben bis heute trotz eines Totalausfalls der Einnahmen keinen Cent an Unterstützung erhalten.

Dass dafür die Wirtschaftskammer zuständig ist, verdanken wir dem Blender Blümel. Dieser hat mit der jüngst vorgelegten verfassungswidrigen Attrappe von einem Budget seinem Ruf als Poseur alle Ehre gemacht. Wäre die Lage nicht so tragisch, wäre sie fast komisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Drama geht also weiter. Auch nach dem Wechsel an der Spitze des Staats­sekretariats bleiben die kulturpolitischen Herausforderungen groß. Es gilt, budgetäre Widerstände in der Koalition zu überwinden. Ich bleibe skeptisch, dass das mit einem türkisen Koalitionspartner auf die Reihe zu bekommen ist.

Wir kennen diesen wichtigen Satz von Adorno, und den möchte ich insbesondere den grünen Kolleginnen und Kollegen zum Nachdenken geben, liebe Sigi Maurer. Die­ser Satz lautet: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ (Abg. Maurer: ... falschen


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Satz ...!) – Du kannst ja eine tatsächliche Berichtigung machen. Für die Grünen heißt das: Ob es eine richtige Politik mit den Türkisen gibt, wird sich zeigen.

Ulrike Lunacek weiß bereits, dass dem nicht so ist. Werner Kogler ahnt es wohl und hat seine personellen Konsequenzen daraus gezogen. Allen anderen wird es mög­licherweise auch schon dämmern.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es der Kunst- und Kulturpolitik derzeit an einem Ministerium und einem ordentlichen Budget mangelt. Wird die Kunst um der Kunst willen unterstützt oder führt der große Koalitionspartner trotz neuer Staatssekretärin weiter politische Winkelzüge auf dem Rücken der Kulturschaffenden aus? Wir werden das in den nächsten Wochen sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Präsidium wurde angekündigt, dass im Zuge der Debatte noch ein Entschließungsantrag ein­gebracht wird. Ich sage das, weil dieser Entschließungsantrag, wenn er eingebracht wird, gleich am Ende dieser Debatte zur Abstimmung kommen wird und ich daher zu läuten beginnen werde – das, damit Sie wissen, warum das der Fall ist.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.


11.28.11

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Eigentlich wollte ich jetzt den Bundeskanzler hier bei seiner eigenen Erklärung begrüßen. Ich habe meine Rede schon ein paarmal umgeschrieben, einmal mit Begrüßung, einmal ohne, weil er immer raus und rein geht. Jetzt ist nicht nur er abhandengekommen, sondern auch der Herr Vizekanzler ist bei der gemeinsamen Erklärung abwesend. (Rufe bei den Grünen – in Richtung Vizekanzler Kogler, der sich zur Regierungsbank begibt –: ... eh da!) Viel­leicht habe ich die Chance, diese Begrüßung am Ende meiner Rede noch nach­zuholen. Ich begrüße jetzt einmal alle anderen Regierungsmitglieder, die anwesend sind, und ganz im Speziellen natürlich auch die neue Frau Staatssekretärin.

Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Wir haben also die erste kleine Regierungsumbildung bei einem Staatssekretariat. Die Kunst- und Kulturszene atmet auf, denn – ohne ihr nahetreten zu wollen, aber so ehrlich muss man sein – Ulrike Lunacek war zumindest in dieser Position die größte politische Fehlbesetzung seit Norbert Darabos als Verteidigungsminister. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Ich habe es schon mutig gefunden, dass sie es sich ursprünglich überhaupt zugetraut hat, diesen Job anzutreten. Immerhin hat sie sich – und das rechne ich ihr hoch an –jetzt dazu entschlossen, zurückzutreten, und richtig erkannt, dass sie nicht die Richtige für diesen Job ist, weil sie eben nicht aus dem Kunst- und Kulturbereich kommt.

Sie muss nun – Klubobmann Kickl hat es schon gesagt – als Bauernopfer für eine völlig verfehlte Krisenpolitik herhalten, die nicht Lunacek zu verantworten hat, sondern Kurz und Kogler, Blümel und Anschober. Den politischen Dolchstoß hat sie aber von der eigenen grünen Kultursprecherin erhalten, und das ist auch ein bemerkenswerter Umstand.

Es wäre zu billig, sich jetzt an Frau Lunacek abzuputzen. Mit Andrea Mayer haben wir jetzt eine neue Staatssekretärin, die wirklich auch eine fachliche Expertise mitbringt. Sie ist zwar keine Grüne, aber das macht nichts, es ist vielleicht sogar besser so. Ich freue mich auch - - (In Richtung Staatssekretärin Mayer, die mit Abg. Wöginger spricht:) Leider hört die Frau Staatssekretärin auch mir nicht zu. Wenn ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte, ich würde Sie nämlich ganz gerne jetzt persönlich ansprechen! – Es gelingt mir nicht, ich sage es trotzdem: Es freut mich, dass die Frau


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Staatssekretärin als ehemaliges Kuratoriumsmitglied der Salzburger Festspiele auch für unsere Festspiele in Salzburg – ich bin Salzburger Abgeordneter – sicher ein offe­nes Ohr haben wird und diese Festspiele nicht im Stich lassen wird.

Ich rechne es der Frau Staatssekretärin auch hoch an, dass sie binnen weniger Tage auch den Kultursprechern der Oppositionsparteien einen Gesprächstermin angeboten hat, um sich auszutauschen. Die Vorgängerin hat es bis zum Schluss nicht für nötig gehalten, und ich hoffe, dass wir es zeitnah auch wirklich schaffen, einen gemein­samen Termin zustande zu bringen.

Es ist schade, dass Sie bei diesem Tagesordnungspunkt – ich weiß schon, weil Sie Staatssekretärin sind – so weit weg sitzen, aber es zeigt auch ein bisschen den Stellenwert von Kunst und Kultur in der Regierung. So gut Sie auch fachlich qualifiziert sind – das kann Ihnen niemand absprechen –, fürchte ich trotzdem, dass es für Sie schwierig werden wird, nämlich aus folgendem Grund: Sie kommen aus keinem Parteiapparat, zumindest aus keinem der Regierungsfraktionen, und damit fehlt es Ihnen auch an der nötigen Hausmacht, die Sie brauchen. Sie sind daher mit den ein­geschränkten Möglichkeiten als Staatssekretärin wieder von Kurz’ und Koglers Gnaden abhängig. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf diesem Ritt auf der sprichwörtlichen Rasier­klinge, um den ich Sie wirklich nicht beneide.

Die Regierungsparteien hingegen haben eine Chance vertan, eine Chance auf eine strukturelle, umfassende Regierungsumbildung. Nichts gegen Sie, Frau Staatssekre­tärin, aber es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen – es wurde heute schon ge­sagt –, dieses Staatssekretariat ersatzlos zu streichen. Vizekanzler Kogler, der ja Kulturminister ist, hätte in diesen schwierigen Zeiten diese Agenden zur Chefsache erklären, an sich ziehen und das Ruder übernehmen müssen. – Fehlanzeige! – Der grüne Fast-Food-Genießer scheut den möglichen Konflikt mit den Kunst- und Kultur­schaffenden, möchte sich selbst aus der Schusslinie nehmen und zeigt damit der ganzen Republik seine Führungsschwäche.

Das Experiment, sich im eigenen Ministerium eine Staatssekretärin auf dem gleichen Parteiticket zu halten – bevor Frau Kollegin Kucharowits jetzt einen Herzinfarkt be­kommt, halte ich ausdrücklich fest: das ist nicht frauenfeindlich gemeint, ausdrücklich, das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun! –, ist doch eigenartig: Man holt sich eine Person aus dem eigenen Nahebereich sozusagen als Assistenten ins Ministerium. Auf jeden Fall macht dieses Experiment keinen Sinn, außer wenn sich Bundesminister Kogler vielleicht lieber um das Sportressort kümmern will und sich damit die lästigen Kulturagenden vom Leib hält. Vielleicht hätten die Grünen mit der Streichung des Staatssekretariats ein statutarisches innerparteiliches Problem gehabt, weil das Ge­schlechterverhältnis nicht mehr zusammenpasst. Dann hätte man eigentlich auch gleich den Oberlehrer Anschober gegen eine Expertin aus dem Gesundheitsbereich austauschen können. Anschober ist nämlich der nächste Rücktrittskandidat.

Letzte Woche wurde bekannt, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, indem es eine 600-Euro-Strafe aufgehoben hat, festgestellt hat, dass es de jure nie verboten war, sich in privaten Räumen zu treffen. Anschober, Nehammer und Kurz haben das aber wissentlich stets anders kommuniziert. Diese verhunzte Verordnung, die in diesem Land so vielen so viel persönliches Leid zugefügt hat, hat Minister Anschober zu verantworten. Ein durchschnittlicher Jusstudent im dritten Semester hätte diese Verordnung besser zusammengebracht. Sie haben diese Chance auf eine Regierungsumbildung nunmehr verpasst.

Der neuen Staatssekretärin wünsche ich aber im Sinne der durch die völlig über­zo­genen Maßnahmen der Regierung schwer gebeutelten Kunst- und Kulturszene viel


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Erfolg. Übernehmen Sie nicht zu viele extrem linke Fantastereien von den Grünen und lassen Sie sich von der ÖVP bitte nicht zermürben! (Beifall bei der FPÖ.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.


11.34.10

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Kunst gehört zum Menschen und die Kunst macht uns zu Menschen. – Diesen Satz hat unsere neue Staatssekretärin And­rea Mayer in ihrem ersten Statement gesagt – ein tolles Statement, das ich zu 100  Prozent unterstreichen kann und möchte.

Die neue Staatssekretärin bringt ganz viel mit, das haben wir schon gehört. Andrea Mayer kann und ist sehr, sehr vieles. Sie ist vor allem eine erfahrene, kompetente Fachfrau, und genau das brauchen wir jetzt.

Österreich ist ein Kulturland, wir sind in diesem Bereich Weltspitze. Das hat sie natürlich auch in ihrer Position als Kabinettsdirektorin beim Bundespräsidenten erfah­ren, da viele Staatsgäste immer wieder – wie sie erzählt hat – in Österreich ganz be­sonders Kultur erleben wollten und wollen und Österreich auch damit verbinden. Wir haben auch schon gehört, dass Kultur und Tourismus eng miteinander verbunden sind. Deswegen brauchen wir sicher auch noch länger Unterstützung für die Kultur.

Ich möchte aber besonders betonen, was die Staatssekretärin mitbringt: Sie spricht die Sprache der Kultur. Sie versteht Kulturschaffende, Künstlerinnen und Künstler, sie versteht große Institutionen und sie versteht die freie Szene.

Ich durfte Andrea Mayer vor ein paar Jahren kennenlernen. Wir hatten schon ein tolles, konstruktives, sehr, sehr gutes erstes Gespräch, und ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Herr Kollege Drozda, ich möchte Ihnen Ihr Misstrauen nehmen und Ihnen sagen: Wir haben sicher nichts auf dem Rücken von Künstlerinnen und Künstlern gemacht oder nicht gemacht – auch von sonst niemandem. Es ist diese Woche Gott sei Dank mithilfe aller in dieser Bundesregierung viel weitergegangen. Wir haben schon gehört, der Härtefallfonds der Wirtschaftskammer ist ausgebaut worden, verlängert auf sechs Monate, auf 1 000 Euro erhöht. Es sind 25 Millionen Euro Ausfallszuschüsse für den österreichischen Film zugesichert worden. Der Film ist auch ganz wichtig für die kulturelle Identität.

Kollegin Blimlinger und ich haben den neuen Künstlerfonds, den Überbrückungsfonds für Freischaffende, für selbstständige freischaffende Künstlerinnen und Künstler ein­gebracht: 90 Millionen Euro,1 000 Euro pro Monat für sechs Monate.

Ich möchte betonen, diese Regierung hat in dieser Woche viel für die Kultur auf den Weg gebracht, und ich möchte mich dafür auch bei allen, die dazu beigetragen haben, herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Es liegt noch sehr viel Arbeit für die Kultur, für das Kulturland Österreich vor Ihnen und vor uns allen. Ich weiß, wir beide haben eine Leidenschaft dafür, und deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir eine sehr gute Zusammenarbeit haben werden. Ich danke schon jetzt dafür. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.37



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 48

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits ist die nächste Rednerin. – Bitte.


11.37.42

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zwei Worte zu Kollegen Kickl: Es ist unerträglich, wie umfassend Ihr Gel­tungsdrang ist! (Abg. Kickl: Na geh!) Es ist unerträglich, dass Sie hier vom RednerIn­nenpult aus menschenverachtende Inhalte abgeben. Sie spielen auf der Klaviatur der Diskriminierung! (Abg. Kickl: Hören Sie doch auf!) – Es ist wirklich unfassbar, dass Sie Menschen aufgrund ihres Geschlechts, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angrei­fen. Wir werden bei jeder Gelegenheit dagegen auftreten und für Diskriminierungs­schutz eintreten! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich möchte gerne zu Ihrer Vorstellung kommen. Ich freue mich wirklich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und hoffe, dass sich die Welt für Künstlerinnen und Künstler um ein ganzes Stück weit verbessert, vor allem was die finanzielle und die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern anbelangt. Ich habe ganz große Hoffnung, dass Ihnen als ungemein erfahrene Kennerin der Kunst- und Kulturszene die wirklich brenzlige Situation, die durch Corona potenziert wurde, die es aber auch schon vor Corona gab, für viele Kunst- und Kulturschaffende völlig bewusst ist.

Es ist Feuer am Dach, weil Künstlerinnen und Künstler aufgrund von Corona kein Einkommen haben und die Ankündigungspressekonferenzen der vergangenen Monate keine Mieten, keine Lebensmittel, keine Überlebenskosten zahlen. KünstlerInnen stehen ganz einfach vor dem Nichts. Ganz ehrlich, weder die Soforthilfe noch der Härtefallfonds funktioniert. Es ist für Tausende Kunst- und Kulturschaffende schreck­lich.

Es ist aufgrund der Krise also dringend notwendig, jetzt aktiv Soforthilfe zu leisten, die Gelder endlich auch wirklich auszubezahlen. Ja, es ist positiv, dass 90 Millionen Euro aufgestellt und ab dem 1. Juli an die Freischaffenden ausbezahlt werden. Das gilt aber nur für Selbstständige. Was ist mit den Unselbstständigen?

Es ist auch positiv, dass der Fonds für die Gemeinnützigen heute höchstwahrscheinlich im Nationalrat beschlossen werden wird, aber auch dazu kennen wir noch keine Richtlinien und wissen nicht, wann er wirklich greifen wird. Ich möchte dazu sagen, das ist nicht nur eine Kritik von uns, sondern das sieht auch die Landeshauptleute­konferenz so, die am 15.5. eine Stellungnahme dazu abgegeben hat.

Ich darf deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Um­setzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Öster­reich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um langfristig die Kulturlandschaft in Österreich zu sichern, wird die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport dazu aufgefordert, dem Nationalrat raschest möglich ein Maßnahmenpaket vorzulegen,


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das die in der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Öster­reich vom 15. Mai 2020 aufgestellten Forderungen umfassend umsetzt.“

*****

Ich freue mich auf aller Zustimmung. Es ist aber auch Feuer am Dach, weil die Armutsgefährdung bei Kulturschaffenden ungemein groß ist. Ich darf einfach an die Studie zur sozialen Lage erinnern. Wir haben als Sozialdemokratie auf vieles aufmerk­sam gemacht: Fair-Pay-Maßnahmen, ein umfassendes UrheberInnenvertragsrecht, die Reform des KünstlerInnen-Sozialversicherungsfonds, weil der Fonds ja kein Spar­verein ist.

Ich darf deshalb einen weiteren Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Tho­mas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kultur ist systemrelevant – Ret­tungsschirm aufspannen und Zukunftsperspektiven schaffen“ einbringen, den ich in seinen Kernpunkten erläutern möchte.

Wir fordern die Absicherung der Existenzen von Kulturschaffenden und Kreativen – Stichwort Grundsicherung für KünstlerInnen –, Kurzarbeit auch für kurzfristig Be­schäftigte, den Fortbestand von Kulturinstitutionen und Kreativunternehmen zu unter­stützen, langfristige Perspektiven zu schaffen und einen Wiederaufbauplan. Fair-Pay-Maßnahmen habe ich erwähnt, wie auch die Reform des KünstlerInnen-Sozialver­sicherungsfonds.

Ich freue mich, wenn wir alle auch diesen Weg gemeinsam gehen und Sie zustimmen. Bisweilen sind wir in der letzten Gesetzgebungsperiode beim Scheinkulturminister Blümel auf Granit gestoßen, bisweilen leider auch jetzt. Die Hoffnung auf Veränderung liegt bei Ihnen, Frau Staatssekretärin, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Thomas Drozda, Katharina Kucharowits,

Genossinnen und Genossen

betreffend Umsetzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich

eingebracht im Zuge der Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR betreffend Ernennung einer neuen Staatssekretärin samt Debatte in der Sitzung des Nationalrates am Freitag, 29-5.2020 (TOP 1)

Bei der Landeshauptleutekonferenz am 15. Mai 2020 in Linz wurde folgende Stel­lungnahme verabschiedet:

„Kultur ist das, was unser Land und unsere Menschen ausmacht. Kulturschaffende und alle in der Kultur Tätigen tragen mit ihrer Arbeit, ihrem Engagement und ihrer Kre­ativität im hohem Ausmaß zum Ruf Österreichs als vielseitiges internationales und hochgeachtetes Kulturland bei. Kultur ist daher auch eine wesentliche Säule des gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Ein großer Anteil unserer internationalen Gäste kommt auch der Kultur wegen nach Österreich.

Die Wochen der Schließungen haben uns noch mehr vor Augen geführt, wie sehr Kunst und Kultur unser Leben und unser Zusammenleben prägen. Das „virtuelle“, kann


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das „reale“ Kunst- und Kulturleben nicht ersetzen. Kunst und Kultur brauchen die unmittelbare menschliche Begegnung.

Unter bestimmten Bedingungen dürfen Museen, Galerien und Bibliotheken oder auch Restaurants und Kaufhäuser wieder öffnen. In Kirchen darf der Gottesdienst wieder gefeiert werden. Doch auch wenn mit dem heutigen Tag gewisse Einschränkungen wieder zurückgenommen bzw. gelockert wurden, so befindet sich nach wie vor ein Großteil der Kulturschaffenden und Kulturveranstalter in einer zermürbenden Situation der Ungewissheit.

Den Musik- und Sprechtheatern, der Kleinkunst, den Kinos, Filmschaffenden und Medienkünstler/innen, den Musikern, Orchestern und Blasmusikkapellen, den Tanz­ensembles etc. – ihnen allen fehlen klare Planungsperspektiven und Handlungsanlei­tungen. Es braucht rasch zielgerichtete Maßnahmen für jeden Bereich und praxisnahe rechtliche Vorgaben.

Auch die zahlreichen ehrenamtlichen Kulturvereine, unsere kulturellen Nahversorger in den Regionen, sind von der Krise schwer getroffen. Der vom Bund in Aussicht gestellte Fonds, welcher allen gemeinnützigen Vereinen Unterstützung geben soll, wurde mitt­lerweile zwar mit 700 Millionen Euro präsentiert – aber es fehlen klare Richtlinien und Vorgaben dazu.

In den Ländern wurden seit Beginn der Krise vielfältige Hilfsmaßnahmen zur Unter­stützung von Kulturschaffenden und Kulturvereinen getroffen. Die Landeshaupt­leute­konferenz spricht sich daher für die Schaffung von umfassenden und effektiven Maß­nahmen für Kunst und Kultur durch den Bund, die zur langfristigen Sicherung der Kulturlandschaft in Österreich rasch und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden können, aus.

Jedenfalls sind die wirtschaftlichen Nachteile aller Kulturbetriebe mit hohem Eigen­deckungsgrad bis zur Herstellung des Normalbetriebs, sozialrechtliche Maßnahmen für freie Kulturschaffende zur Vermeidung von Armut in Kombination mit Maßnahmen zur Reduzierung der Steuerlast zu regeln.

Darüber hinaus ersucht die Landeshauptleutekonferenz den Bund um klare Richtlinien, welche gemeinsam mit Ländern, medizinisch-virologischen Teams und VertreterInnen der Kunst- und Kulturszene erarbeitet werden, damit künstlerisches und kulturelles Leben in Österreich auch vor Publikum wieder stattfinden kann.“

In dieser Stellungnahme betonen die Landeshauptleute die große Bedeutung der Kultur in Österreich und verweisen auf deren existenzbedrohende Lage aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise. Dabei üben sie auch Kritik an der Bundesregierung. Sie fordern:

- Klare Planungsperspektiven und Handlungsanleitungen

- Umfassende, effektive, rasche und unbürokratische Maßnahmen für Kunst und Kultur durch den Bund

- Maßnahmen gegen wirtschaftliche Nachteile aller Kulturbetriebe mit hohem Eigen­deckungsgrad bis zur Herstellung des Normalbetriebs

- Sozialrechtliche Maßnahmen für freie Kulturschaffende zur Vermeidung von Armut

- Maßnahmen zur Reduzierung der Steuerlast

- Praxisnahe rechtliche Vorgaben, damit künstlerisches und kulturelles Leben in Österreich auch vor Publikum wieder stattfinden kann

- Klare Richtlinien für den Unterstützungsfonds für gemeinnützige Vereine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 51

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um langfristig die Kulturlandschaft in Österreich zu sichern, wird die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport dazu aufgefordert, dem Nationalrat raschest möglich ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das die in der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Öster­reich vom 15. Mai 2020 aufgestellten Forderungen umfassend umsetzt.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Thomas Drozda, Katharina Kucharowits,

Genossinnen und Genossen

betreffend Kultur ist systemrelevant – Rettungsschirm aufspannen und Zukunftsper­spek­tiven schaffen

eingebracht im Zuge der Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR betreffend Ernennung einer neuen Staatssekretärin samt Debatte in der Sitzung des Nationalrates am Freitag, 29-5.2020 (TOP 1)

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kunst, Kultur, Event- und Kreativ­wirt­schaft sind dramatisch. Sie wurden als erste zugesperrt und werden zu den letzten gehören, die ihre Arbeit wieder voll aufnehmen können. KünstlerInnen und Kreative wollen aber keine BittstellerInnen sein. Und es betrifft auch nicht nur die KünstlerInnen allein. Vom Ton bis zum Licht, von der Kamera bis zum Ticketbüro, von der Event­agentur bis zu VeranstalterInnen und noch viele mehr wissen nicht, wie sie den Fort­bestand ihrer Unternehmen sichern sollen. Die Bundesregierung muss alle unter­stützen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie ihrem Beruf nicht oder nur eingeschränkt nachgehen können. Unterstützung braucht es auch bei der Wiederaufnahme von kulturellen Veranstaltungen, wenn es aufgrund von verordneten Maßnahmen zu Min­der­einnahmen kommt.

KünstlerInnen, Kulturschaffende und Kreative gehörten bereits vor der Pandemie zu jenen, die oft prekär beschäftigt sind und in vielen Fällen kein regelmäßiges Ein­kommen haben. Für viele sank dieses durch das Veranstaltungsverbot auf null. Das gilt auch für die tausenden größeren und kleineren kulturellen Institutionen, die Mitte März sperren mussten, keine Einnahmen haben und nur schrittweise den Betrieb wiederaufnehmen können. Die bisherigen Hilfen kommen bei den KünstlerInnen nicht an.

Durch die Wiederaufnahme entstehen auch neue finanzielle Herausforderungen, kön­nen doch viele VeranstalterInnen aufgrund der verordneten gesundheitspolitischen Schutzmaßnahmen und der dadurch reduzierten Publikumszahlen nicht kosten­deckend arbeiten. Kulturbetrieben, denen z.B. durch die Sitzplatzbeschränkungen Einnahmen entgehen, müssen diese ersetzt werden.

Wesentlich ist auch die Umsetzung von Fair-Pay-Maßnahmen. Nur durch eine ge­sicherte und faire Bezahlung von künstlerischer Arbeit kann langfristig die soziale Lage von Kunstschaffenden verbessert werden. Die Stadt Wien hat hier wesentliche Maß-


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nahmen gesetzt und bereits vor der Covid-19-Pandemie eine Budgeterhöhung von zehn Prozent erreicht, um Fair Pay Maßnahmen zu finanzieren. Diesen Weg gilt es auch im Bund einzuschlagen.

In der Kultur und der Kreativwirtschaft stehen viele am Rande ihrer wirtschaftlichen Existenz. Das ist umso dramatischer, als die Kultur auch wirtschaftlich enorme Bedeutung für Österreich hat. Im Kreativbereich werden fast 4 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs erarbeitet, das sind über 20 Mrd. Euro. Zehntausende Arbeitsplätze hängen daran.

In einer solchen Krise braucht es von der Politik besonderes Engagement, Klarheit, Wissen um künstlerische Lebens- und Arbeitsrealitäten, Verlässlichkeit und Mut. Dies vermissen wir aktuell. Die Maßnahmen der Regierung, um die Auswirkungen der Krise abzumildern, sind bei weitem nicht ausreichend. Völlig unklar ist auch noch, wie die Kultur aus der Krise finden wird und welche Unterstützungen von Seiten der Bun­desregierung dabei vorgesehen sind.

Kunst und Kultur sind zentrale Elemente unseres gesellschaftlichen Zusammen-lebens. Daher braucht es Taten statt Ankündigungen. Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffent­licher Dienst und Sport und die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschafts­standort werden aufgefordert, raschest einen umfassenden Rettungsschirm für den Kulturbereich inklusive der Kulturvermittlung, für Kulturinstitutionen und die Kreativ­wirtschaft über die derzeit bestehenden Einzelmaßnahmen hinaus vorzulegen, um nachhaltigen Schaden vom Kulturland Österreich abzuwenden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat ein Maßnahmenpaket für Kultur­institutionen vorzulegen, das die Wiederaufnahme eines lebendigen und vielfältigen kulturellen Lebens in Österreich unterstützt.

Rettungsschirm und Wiederaufbaupaket sollen dabei auf jeden Fall folgende Maß­nahmen enthalten:

Klare und realistische Vorgaben und Rechtssicherheit für den Kulturbetrieb

Existenzen von Kulturschaffenden und Kreativen sichern

- Grundsicherung für KünstlerInnen während der Coronakrise und solange die Aus­wirkungen weiterbestehen.

- Kurzarbeit auch für kurzfristig Beschäftigte: Kulturschaffende und Kreative müssen sich oftmals lange auf ihr Engagement vorbereiten oder umfassende Vorarbeiten leisten, sind dann jedoch nur kurzfristig angestellt. Für diese Personengruppe braucht es ebenfalls die Möglichkeit der Kurzarbeit mit Ersatz von bis zu 90 Prozent des Letzteinkommens (maximal bis zu Höchstbeitragsgrundlage) durch den Staat.

- Abschlagszahlungen für KünstlerInnen bei Vertragskündigungen wegen höherer Gewalt: Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden zahlreiche Verträge – oftmals auch auf mangelnder vertraglicher Grundlage – aufgelöst. Bei Nicht-Einhaltung der Verträge sind den KünstlerInnen Abschlagszahlungen zu leisten. Diese werden den Veran­stalterInnen vom Bund ersetzt.

- Leistungen des Covid-19-Fonds beim Künstler-Sozialversicherungsfonds ausbauen.


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- Härtefallfonds endlich so gestalten, dass auch KünstlerInnen davon profitieren.

Den Fortbestand von Kulturinstitutionen und Kreativunternehmen unterstützen – Insol­venzen vermeiden

- Finanzielle Kompensation für fehlende Ticketverkäufe: Der Staat muss umfassend einspringen und Einbußen aus dem fehlenden Kartenverkauf kompensieren, organi­siert über die Finanzämter. Sonst straft die Krise vor allem die, die zuvor ohne oder mit wenig öffentlicher Unterstützung agiert haben.

- Verlängerung der Kurzarbeitsregelungen und Corona-Hilfsfonds: Zeitliche Auswei­tung, wenn notwendig auch bis 2021, bis Kulturschaffende, KünstlerInnen, Kreative und jene, die in der Event- und Unterhaltungsbranche tätig sind, ihre Arbeit wieder zu 100 Prozent aufnehmen können.

- Öffentliche Förderungen garantieren – Keine Rückzahlungen von Fördermitteln!

Wahrnehmung der Eigentümerverantwortung bei Bundeskulturinstitutionen: Die Exis­tenz von Bundeskulturinstitutionen muss gesichert werden. Der Bund als Eigentümer hat hier eine besondere Verantwortung – Vorkehrungen im Budget treffen und ein Notfallpaket schnüren!

Langfristige Perspektive schaffen – Wiederaufbauplan

- langfristiges Investitionsprogramm von einer Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativwirtschaft

- spezielle Förderungen für VeranstalterInnen, die derzeit nicht kostendeckend pro­grammieren können: Kulturbetrieben, denen z.B. durch die Sitzplatzbeschränkungen Einnahmen entgehen, müssen diese ersetzt werden.

- Umfassende Fair Pay Maßnahmen, um langfristig die finanzielle Situation von Kunst­schaffenden zu verbessern.

- Künstler-Sozialversicherungsfonds durch eine Reform zu einem umfassenden Siche­rungs­instrument ausbauen: Streichen der unteren Einkommensgrenze bei Zuschüs­sen, Ausweitung des BezieherInnenkreises, Berücksichtigung von Kunstvermittlung und Vortragstätigkeit, Schaffung eines speziellen Instruments zur Vermeidung von Altersarmut, Ausweitung der Ruhendmeldung auf alle Neuen Selbständigen etc.“

*****

11.42.03


Präsidentin Doris Bures: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß einge­bracht und stehen daher mit in Verhandlung und zur Abstimmung.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Auch ich wünsche Ihnen, Frau Staatssekretärin Mag.a Andrea Mayer, viel Erfolg für Ihre Tätigkeit im Sinne unserer Republik.

Ich frage die Klubs, ob wir zur Abstimmung schreiten können. Oder möchten Sie vorher eine Sitzungsunterbrechung? – Gut, wenn das so ist, dann können wir gleich zur Abstimmung kommen.

Wir kommen zur Abstimmung.


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Wir gelangen zur Abstimmung über die während dieser Debatte eingebrachten Unselb­ständigen Entschließungsanträge.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kultur ist systemrelevant – Rettungs­schirm aufspannen und Zukunftsperspektiven schaffen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

11.43.472. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 536/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (20. COVID-19-Gesetz) (186 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.44.14

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! – Jetzt habe ich die Möglichkeit, meine Begrüßung von vorhin nachzuholen. – Hohes Haus! Grundsätzlich haben wir in den letzten Wochen immer wieder moniert, dass es eine Unterstützung auch im Bereich der Gemeinnützigen braucht, die ja noch immer nicht gegeben ist. Dies ist wirklich unbestritten.

Jetzt liegt mit enormer Verspätung – und diese Verspätung liegt vermutlich am Bremsen der ÖVP – ein neuer Fonds vor. Damit aber für die Öffentlichkeit nicht der falsche Eindruck entsteht, dass die Regierung neues Geld in die Hand nehmen würde, erlaube ich mir festzuhalten, dass es sich bei diesen 700 Millionen Euro um keine neuen Mittel handelt, sondern dass das aus dem bereits versprochenen Topf der 38 Milliarden Euro kommt.

Die Regierungsfraktionen verlangen von uns wieder einmal, dass wir mit einer Zu­stimmung zu diesem Gesetz die sprichwörtliche Katze im Sack kaufen sollen, denn die eigentlichen Inhalte sind noch völlig offen.

Unser anfängliches Vertrauen in einen professionellen Umgang der Regierung mit einem großen Handlungsspielraum ist allerdings nicht mehr gegeben. (Abg. Leichtfried: Ja, aber dass ..., ist schon eigenartig!) Was die umfassende Verordnungsermächtigung angeht sind wir gebrannte Kinder aus den letzten Wochen.

Was sind unsere Kritikpunkte? – Erstens einmal: Die Richtlinie liegt noch nicht vor, aber in dem Fall kommt es geradezu auf die inhaltliche Ausgestaltung dieser Richtlinie an. Der Gesetzgeber delegiert mit diesem Gesetz so ziemlich alles – nämlich die Ziele


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der Förderung, die Voraussetzungen und die Höhe der Förderung – an den Verord­nungsgeber.

Der zweite Punkt, der uns stört: Warum muss hierzu das Einvernehmen mit Frau Bun­desminister Köstinger hergestellt werden? Was haben gemeinnützige Organisationen mit Landwirtschaft oder Tourismus zu tun? Oder sollen etwa nur touristisch relevante Organisationen unterstützt werden? Augenscheinlich geht es aber wohl nur darum, dass auch die Schwarzen bei der Richtlinie entsprechend mitreden können. Man will wohl dem grünen Schoßhündchen keinen eigenen Handlungsspielraum überlassen.

Der dritte Punkt, der uns stört: Es gibt keinen Rechtsanspruch auf diese Unter­stützung. – Warum nicht? Sie degradieren damit die gemeinnützigen Organisationen zu Bittstellern. Damit ist der Klientelpolitik – um nicht zu sagen, der Freun­derlwirt­schaft – Tür und Tor geöffnet.

Bezeichnend war auch der Redebeitrag des Vizekanzlers im letzten Kulturausschuss, als er gemeint hat – ich zitiere –, man müsse schauen, dass es zu keiner Über­förderung kommt. – Also Ihre Sorgen möchte ich haben, Herr Vizekanzler! Das sollten Sie sich einmal den Vertretern der gemeinnützigen Organisationen öffentlich ins Ge­sicht sagen trauen!

So gut und sinnvoll der Grundgedanke hinter diesem Gesetzesantrag auch ist, so mangelhaft ist die Umsetzung. Umfassende Verordnungsermächtigungen ohne klare gesetzliche Vorgaben wird es mit uns definitiv nicht mehr geben.

Ich habe Ihnen im Ausschuss schon gesagt, dass wir Ihnen die Chance geben, bis zum Plenum nachzubessern, und dass wir uns vorbehalten, im Plenum diesem Antrag vielleicht noch zuzustimmen. Gestern Abend haben wir einen Abänderungsantrag übermittelt bekommen, der zumindest in die richtige Richtung geht, das gebe ich zu, daher werden wir auch dem Artikel 1 dieses Abänderungsantrages zustimmen. Insge­samt ist es aber immer noch zu wenig, weshalb wir das Gesetz in dritter Lesung ableh­nen werden.

Was die gemeinnützigen Organisationen auch noch ganz gerne wissen möchten: Wann fließt denn dieses Geld? – Und bitte sagen Sie jetzt nicht wieder wie im Aus­schuss: So schnell wie möglich. (Beifall bei der FPÖ.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


11.47.47

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Wenn wir wieder einmal die Bundeshymne ändern, sollte es vielleicht heißen: Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome, Land der Vereine zukunftsreich.

Österreich ist eines der Länder mit der, gemessen an der Bevölkerung, höchsten Zahl an Vereinen. Es sind ungefähr 116 000 Vereine, und ich traue mich zu wetten oder würde jede Wette eingehen, dass es hier im Saal niemanden gibt, der nicht Mitglied in einem Verein ist. Oft sagen dann Leute: Nein, ich bin sicher nicht Mitglied. – Dann sage ich: ÖAMTC, Arbö oder VCÖ. (Allgemeine Heiterkeit.) – Schon verloren, oder? Schon verloren. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Die sind noch dazu gemeinnützig. Ich wette also viel Geld, dass es niemanden gibt, der nicht in einem Verein ist. In diesem Sinne ist es umso notwendiger, diesen Unter­stützungsfonds beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport endlich – das muss ich auch sagen – einzurichten. Es hat lange gedauert, das


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gebe ich gerne zu, aber es ist wirklich eine sehr komplexe Materie. Die gemeinnützigen Vereine, Stiftungen, Fonds, andere juristische Personen reichen einerseits von – ich sage jetzt einmal – den Bregenzer Festspielen bis zur Caritas, vom SV Gerasdorf bis zum Depot, bis zu kleinen baukulturellen Vereinen. Wir haben da ein Potpourri. Es sind Tierschutzvereine, es sind Frauenvereine, Bildungsvereine. Wir waren in den letzten Wochen sehr intensiv damit beschäftigt, möglichst alle zu unterstützen und für mög­lichst alle – ob groß oder klein und egal, welche Sparte – Optionen zu finden, um das Vereinsleben abzusichern.

Wie gesagt: Es war nicht leicht, es hat lange gedauert, es hätte schneller gehen können. Wir machen alle Fehler. Wir haben uns aber überhaupt erst einmal vergegen­wärtigen müssen, was das ist, und so sind wir das einzige europäische Land, das für die gemeinnützigen Träger – ich formuliere es jetzt einmal so allgemein – eine Lösung gefunden hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist umso wichtiger, weil gerade der Verein eine Errungenschaft der Revolution von 1848 ist. Es geht immer auch um die Versammlungsfreiheit, um die Freiheit, sich zu treffen. Jede und jeder, die oder der schon einmal einen Verein gegründet hat, wird sich wundern, dass es einen sogenannten Nichtuntersagungsbescheid gibt – und nicht eine Genehmigung. Das heißt, jede/jeder kann diesen Verein gründen, die Behörde darf es nur untersagen, sie hat nicht das Recht, es zu genehmigen. Das ist, wie so vieles, eine Errungenschaft der Revolution von 1848.

Ich komme zu der Frage: Um wen geht es da überhaupt? – Grundsätzlich richtet sich dieses Gesetz an jene juristischen Personen, die nach der Bundesabgabenordnung gemeinnützig sind. Nun ist es so, dass es in Österreich über Gemeinnützigkeit keine Bescheiderlassung gibt, wie etwa in Deutschland, was das Ganze wirklich äußert verkompliziert. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Vielleicht können wir uns nach Coronazeiten darauf verständigen, dass wir endlich eine Situation schaffen, in der die Gemeinnützigkeit per Bescheid festgestellt wird, man Rechtsmittel dagegen erheben kann, wenn sie nicht festgestellt wird und man wirklich einmal klar sehen kann, welche Rolle diese gemeinnützigen Vereine in der österreichischen Gesellschaft spielen. Das wäre mir ein ganz wichtiger Punkt.

Zur Anmerkung des Abgeordneten Reifenberger, dass es die Richtlinien noch nicht gibt: Ja, das ist richtig, aber das war bei keinem Fonds so. Wir wollen ja die Fehler, die zum Beispiel beim Härtefallfonds begangen worden sind, vermeiden und machen das parallel. Das heißt, wir sind dran, es wird die Entwürfe demnächst geben, wir werden da zu einem guten Ergebnis kommen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Zarits.)

Lassen Sie mich jetzt abschließend noch etwas zu dem Abänderungsantrag sagen: Wir haben eben immer hauptsächlich die Vereine im Blick gehabt, und wie der Vize­kanzler in einer seiner Pressekonferenzen schon gesagt hat: Auch die freiwilligen Feuerwehren gehören dazu. Diese sind aber sehr oft schon Körperschaften öffent­lichen Rechts und wären dadurch nicht abgedeckt gewesen. Wir haben das daher in den Abänderungsantrag hineingenommen.

Mein Appell richtet sich an die NEOS, die natürlich grobe Bedenken dagegen haben, dass auch kirchliche Institutionen und Körperschaften unterstützt werden: Gebt euch einen Ruck, stimmt zu! (Abg. Loacker: Wir sind nicht so fromm wie die Grünen!) Da geht es im Wesentlichen darum, dass es zum Beispiel Klöster gibt, die auf den Touris­mus angewiesen sind, die jetzt keine Einnahmen haben, die auch Seminarzentren haben. Es geht also nicht um eine Querfinanzierung der gesamten Katholischen Kirche – da verstehe ich die Bedenken –, sondern es geht um einzelne Rechtsträger. Da würde ich sehr appellieren, dass ihr dem zustimmt! Das wäre mir eine Freude.


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Ganz wichtig ist auch, dass damit jene Bereiche im Sport, in denen es sehr verschach­telte Konstruktionen und Verzahnungen gibt – GesmbHs und Vereine, zum Beispiel bei den Bundesligavereinen ist das der Fall –, abgedeckt sind.

Ich glaube, wir haben mit den 700 Millionen Euro ein wunderbares Paket auf den Weg gebracht! Wir brauchen noch die heutige Abänderung und werden dann nach dem Bundesrat auch gleich in Zusammenarbeit mit dem AWS die Richtlinien erstellen. Diese werden ja gemeinsam mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus erstellt, was sehr sinnvoll ist, weil das natürlich über ganz Österreich sehr kleinteilig verteilt ist und somit ein Gleichklang gefunden werden kann, wie es für klein, für groß, für Sport, für Kunst, für Kultur, für Tierschutz, für Frauen, für wen auch immer in diesem gemeinnützigen Bereich möglich ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Hammerschmid.)

11.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christoph Zarits, Mag. Eva Blimlinger, Maria Großbauer, Mag. Agnes Sirkka Prammer,

Kolleginnen und Kollegen,

zum Antrag 536/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Christoph Zarits, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines NonProfit-Organisationen Unterstützungsfonds erlassen wird und ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-l9-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (20. COVID-l9-Gesetz) idF des Berichts des Kulturausschusses (186 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag (536/A) wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Bundesgesetz über die Errichtung eines NonProfit-Organisationen Unter­stützungsfonds) wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 2 lautet:

„(2) Aus Mitteln des NPO-Unterstützungsfonds können Unterstützungsleistungen als privatwirtschaftliche Förderungen an Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit und an Rechtsträger, an denen diese beteiligt sind und die durch ihre Tätigkeit die satzungsmäßigen Aufgaben der Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit sicherstellen, gewährt werden, wenn diese

1.          im Sinne des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfah­ren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl. Nr. 194/1961, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen,

2.          Aufgaben, die nach den landesgesetzlichen Vorschriften der Feuerwehr oblie­gen, wahrnehmen oder

3.          eine gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft sowie eine Ein­rich­tung, der auf Grund religionsrechtlicher Bestimmungen nach staatlichem Recht Rechtspersönlichkeit zukommt, darstellen.“

2. § 2 Abs. 2 lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 58

„(2) Keine Förderung ist jedenfalls nach § 1 Abs. 2 zu gewähren

1.          an politische Parteien gemäß § 2 Z 1 des Bundesgesetzes über die Finan­zierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl. I Nr. 56/2012,

2.          an Kapital- und Personengesellschaften, an denen Bund, Länder oder Gemeinden unmittelbar oder mittelbar mehr als 50% der Anteile bzw. des Grund- oder Stammkapitals halten,

3.          an beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, welche im Inland, einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993 (BWG)) oder einem Drittland (§ 2 Z 8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbeson­dere Kreditinstitute gemäß BWG, Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungs­aufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl. I Nr. 34/2015, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl. I Nr. 107/2017, sowie Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl. Nr. 281/1990.“

3. In § 3 Abs. 1 werden nach Z 6 folgende Sätze eingefügt:

„Für die Zuerkennung einer Förderung müssen die Angaben im Antrag vollständig und schlüssig sowie plausibel insbesondere mit präsenten öffentlich zugänglichen Infor­mationen sein. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben ist durch das vertre­tungsbefugte Organ des Antragstellers zu bestätigen. Die Vollständigkeit und Rich­tigkeit der Angaben ist zusätzlich durch einen fachkundigen Experten, der gemäß dem Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017), BGBl. I Nr. 137/2017, dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater angehört, im eigenen Namen zu Gunsten des Bundes zu bestätigen. Die Vorlage dieser Bestätigung und eine nähere Überprüfung der Angaben können bei antragstellenden Rechtsträgern unterbleiben,

1.          die nicht an anderen Rechtsträgern beteiligt sind,

2.          an denen kein Rechtsträger, der gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt, beteiligt ist, und

3.          die im letzten Geschäftsjahr vor der Antragstellung nicht mehr als eine in der nach diesem Bundesgesetz zu erlassenden Richtlinie festzulegende Anzahl an Dienst­nehmern beschäftigt und nicht höhere als die in der nach diesem Bundesgesetz zu erlassenden Richtlinie festzulegenden Einnahmen erzielt hat und die beantragte Förderung eine in der nach diesem Bundesgesetz zu erlassenden Richtlinie festzu­legende Höhe nicht überschreitet, und

4. die nicht unter § 1 Abs. 2 Z 3 fallen.“

4. In § 3 Abs. 2 wird das Wort „Bundesgesetz“ durch das Wort „Bundesgesetzes“ ersetzt.

5. In § 3 Abs. 3 wird die Zeichenfolge „BGBL.“ durch die Zeichenfolge „BGBl.“ ersetzt.

6. Der bisherige § 5 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und folgender Abs. 2 wird eingefügt:

„(2) Der Bund ist überdies von der Entrichtung der im GGG geregelten Gebühren in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten befreit, die Angelegenheiten des Vollzugs dieses Bundesgesetzes zum Gegenstand haben.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 59

II. Artikel 2 (Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1 werden folgende Z 1a und Z 1b eingefügt:

„1a. Nach § 1 wird folgender § 1a eingefügt:

„§ 1a. Gegenstand einer Plausibilisierung nach diesem Bundesgesetz sind in struk­turierter Form im Wege von FinanzOnline übermittelte Anträge auf einen Zuschuss gemäß § 1 Z 1 lit. a.“

1b. Nach § 8 werden folgende § 8a und § 8b, jeweils samt Überschrift, eingefügt:

„Plausibilisierung

§ 8a. (1) Wird ein Antrag betreffend einen Zuschuss (§ 1 Z 1 lit. a) in strukturierter Form im Wege von FinanzOnline gestellt, hat der Bundesminister für Finanzen eine automatisierte Plausibilisierung der im Zuge der Antragstellung übermittelten Daten durchzuführen und das Ergebnis in einem Bericht darzustellen. Der Bericht ist der COFAG zum Zweck der Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses elek­tronisch zu übermitteln.

(2) Für die Durchführung der automatisierten Plausibilisierung ist der Bundesminister für Finanzen berechtigt, zusätzlich zu den vom Antragsteller für Zwecke der Zuschuss­gewährung übermittelten personenbezogenen Daten auch für Zwecke der Abgaben­erhebung vorhandene personenbezogene Daten zu verarbeiten. Er ist weiters be­rechtigt, eine Transparenzportalabfrage durchzuführen. Der zu übermittelnde Bericht darf ausschließlich personenbezogene Daten des Antragstellers oder dessen Bevoll­mächtigten enthalten.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend die Übermittlung von Daten betreffend die Kurzarbeitsbeihilfen gemäß § 37b Abs. 7 AMSG zu regeln, soweit diese für die Plausibilisierung erforderlich sind.

(4) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Übermittlung von sozialversicherungsrechtlichen Daten zu regeln, soweit sie für diese Plausibilisierung erforderlich sind.

Ergänzungsgutachten

§ 8b. Hat die COFAG auf Grund des übermittelten Berichts (§ 8a) begründete Zweifel am Ergebnis der automationsunterstützten Risikoanalyse kann sie vom Bundesminister für Finanzen im Einzelfall eine ergänzende Analyse (Ergänzungsgutachten) anfordern. In der Anforderung ist der Grund für den Zweifel anzugeben. Für die Erstellung des Ergänzungsgutachtens kann eine Förderungsprüfung gemäß § 7 beauftragt werden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Erstellung des Ergänzungs­gutachtens mit Verordnung näher zu regeln.““

2. Nach Z 2 wird folgende Z 3 angefügt:

„3. Nach § 19 wird folgender § 20 samt Überschrift angefügt:

„Inkrafttreten

§ 20. § 1a, § 8a und § 8b treten mit 20. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 60

Begründung

Zu Artikel 1:

Es soll klargestellt werden, dass auch (theoretisch nicht gemeinnützige) „Töchter“ von NPOs antragsberechtigt sein sollen, wenn sie zur Zweckerreichung der NPO beitragen. So wird auch eine klare Abgrenzung zum COVID-Fonds der COFAG ermöglicht. Für selbständig antragsberechtigte Organisationen soll eine möglichst einfache Antrag­stellung ermöglicht werden. Ebenfalls klarer gefasst werden die Bestimmungen, welche Organisationen nicht für den NPO-Unterstützungsfonds antragsberechtigt sein sollen.

Zu Artikel 2:

Die Ergänzung des COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes ermöglicht die automa­tisierte Plausibilisierung der im Zuge der Antragstellung auf einen Zuschuss gemäß § 1 Z 1 lit. a übermittelten Daten. Da dafür auch Daten externer Organisationen erforderlich sind, werden entsprechende Verordnungsermächtigungen geschaffen.

Weiters wird die Möglichkeit der Erstellung von Ergänzungsgutachten durch den Bun­desminister für Finanzen geschaffen, falls die COFAG im Einzelfall begründete Zweifel am Ergebnis der automationsunterstützten Risikoanalyse hegt (Pkt. 5.5 der Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)).

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an alle Abgeordneten verteilt, in den Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Petra Steger, Sie sind als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.54.49

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist eine Premiere für mich hier im Plenum, da ich das erste Mal als Sportsprecherin auch zu einem Antrag aus dem Kulturausschuss sprechen kann.

Warum? – Weil es heute um die 700 Millionen Euro an Hilfszahlungen an die ge­meinnützigen Vereine geht, zu denen auch die Sportvereine gehören. Warum erwähne ich das überhaupt? – Ganz einfach deswegen, weil es symbolhaft zeigt, welchen Stellenwert der Sport nicht nur für diese Regierung, sondern vor allem für Sie, Herr Sportminister, hat: nämlich gar keinen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihnen geht es vielleicht um Kunst und Kultur, zumindest um den linken Bereich, mit Sicherheit aber nicht um den Sport. Das haben Sie in der Vergangenheit zur Genüge gezeigt: Bereits am 19.3. gab es die Ankündigung für die ersten Hilfszahlungen im Bereich Kunst und Kultur, damals in der Höhe von 5 Millionen Euro. Heute wurde bereits der dritte Topf für Kunst und Kultur präsentiert – wahrscheinlich immer noch nicht genug in diesem Bereich –, bis heute gab es aber noch keinen einzigen Cent für den Sport, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nichts anderes als eine komplette Missachtung der Sportlerinnen und Sportler in diesem Land.

Diese Vorgehensweise ist aber nicht nur ein Symbol dafür, dass der Sport Ihnen nichts bedeutet, sondern sie ist auch das erste Indiz dafür, dass meine Befürchtungen tatsächlich eintreten werden, nämlich dass der Sport, so stiefmütterlich, wie er in den letzten Jahren behandelt wurde, am Schluss wieder einmal auf der Strecke bleiben


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 61

wird, ganz einfach, weil Sie alle möglichen Vereine – Vereine, die unterschiedlicher nicht sein könnten – gemeinsam in einen Topf werfen.

Da weiß ich jetzt schon, dass sich der Sport ganz hinten wird anstellen müssen, wahr­scheinlich hinter allen anderen Vereinen. Es ist mir absolut unverständlich, warum Sie da einen gemeinsamen Topf schaffen und nicht zum Beispiel für den Sport einen eigenen Topf; noch dazu kann man den Schaden im Bereich des Sportes sehr gut berechnen.

Warum stellen Sie nicht von diesen 700 Millionen Euro zum Beispiel für den Sport einen fixen Teil zur Verfügung? Wieso machen Sie das nicht? Wenn ich mir den Antrag so anschaue, frage ich mich auch: Haben Sie überhaupt Ihre Hausaufgaben gemacht? Wissen Sie, wie hoch der Schaden ist? Gibt es Berechnungen? Haben Sie mit den Betroffenen Gespräche geführt? – Soweit ich weiß, hat der organisierte Sport mehrfach einen öffentlichen Brief an Sie gerichtet, weil Sie diese Hausaufgaben eben gerade nicht gemacht haben! Anstatt Tausender PKs hätten Sie sich lieber einmal in Ihr Büro setzen sollen, um genau diese Hausaufgaben zu machen, sehr geehrter Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Gesetz und dieser Antrag in dieser Form sind einfach nicht genügend! Sie wol­len zwar eine Generalermächtigung zum Auszahlen, liefern jedoch keinerlei Infor­ma­tionen. Es gibt keine Richtlinien, es besteht keinerlei Rechtsanspruch für die Vereine, und das Schlimmste ist: Bis es das Ganze einmal gibt, wird es einfach zu spät sein! Es wird noch Monate – Wochen, wenn nicht Monate – dauern, bis die ersten Hilfszah­lungen tatsächlich fließen. Dann wird es für viele Vereine in diesem Land einfach zu spät sein! Aus diesem Grund haben wir bereits am Dienstag in der Budgetdebatte einen Antrag auf 150 Millionen Euro Soforthilfe im Bereich des Sportes gestellt. Auch das haben Sie unverständlicherweise gemeinsam mit den Schwarzen abgelehnt, sehr geehrter Herr Minister.

Ich bitte Sie noch einmal – und ich richte diesen Appell dringend an Sie –: Wenn diese Hilfe nicht sofort kommt, wenn Sie jetzt mit den Hilfen an die Sportvereine in diesem Land nicht endlich ein paar Gänge zulegen, wird es zu spät sein! Wenn Sie nicht in der Lage sind, diese Aufgaben zu erfüllen, machen Sie Platz für jemanden, der es ist! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: Das ist der Minister für Formel-1, Golf und Probefußball!)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sonja Hammerschmid. – Bitte.


11.58.44

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Fernsehschirmen! Nach langem Hin und Her, nach langem Zögern, nach langem Ringen und sehr viel Druck seitens der Opposition und vor allem der Kunst- und Kulturschaffenden, sich Gehör zu verschaffen, ihnen zuzuhören, ihre Situation, aber auch jene der NPOs und EPUs ernst zu nehmen – der vielen, vielen NPOs in ihrer Breite, wie Eva Blimlinger schon ausgeführt hat –, stehen wir heute hier und diskutieren erstmals diesen Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds, und das ist gut so.

Ich hatte mir vorgenommen, im Lauf des Herbstes und des Winters mit Menschen zu sprechen, die die Zukunft schon gestalten, die ganz Besonderes leisten, von denen wir als Sozialdemokratie sehr viel lernen können. Da kam ich ganz, ganz schnell auf Organisationen, die diesen Bereichen zuzurechnen sind, Organisationen, die sich im


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Social-Business-Bereich bewegen, und natürlich Organisationen aus dem NPO-Be­reich. Darunter fallen Institutionen wie Magdas, ein Hotel, das von Gabriela Sonnleitner geleitet wird und das geflüchteten Menschen in Form einer Ausbildung und oftmals Anstellung im Tourismusbereich Perspektiven bietet. Das ist aber auch Judith Pühringer von Arbeit plus, einem Netzwerk an gemeinnützigen arbeitspolitischen Organisationen; 200 und mehr Organisationen sind da engagiert, um benachteiligten Menschen Optionen zu geben. Das sind nur zwei Beispiele.

Diese Organisationen leben heute schon das, was wir uns wünschen: Sie sind be­sonders nachhaltig, sie sind besonders innovativ, sie sind auch sozial engagiert, und sie verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlichem und ökologischem Nutzen. Sie sind ein Schatz, um es kurz zusammenzufassen, und diese Schätze sollten wir uns bewahren und sie auch besonders unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade im Bereich Social Entrepreneurship bin ich auf viele Probleme gestoßen, denn diese Organisationen sind oftmals als Vereine organisiert, sind non-profit, gestalten aber Zukunft. Das heißt, sie kommen nicht an Förderungen, weil diese Förder­instrumente anders aufgestellt sind, weil sie dort nicht einreichen können. Das war schon vor Coronazeiten so, und man kann sich natürlich vorstellen, wie das jetzt, in Coronazeiten, aussieht. – Das zum Thema Social Entrepreneurship.

Zweite Geschichte: Kunst und Kultur – dieser Antrag wurde im Kunst- und Kultur­aus­schuss diskutiert –, da sind natürlich ganz viele betroffen: ob das der Musikverein oder das Konzerthaus ist; ob das Superar ist, ein Kinderchor, in dem benachteiligte Kinder musikalische Ausbildung und Unterstützung finden, der mir sehr ans Herz gewachsen ist; ob das die Viennale ist; ob das Impulstanz ist, und viele mehr – aber auch die Kindergärten.

Ja, das heißt, der NPO-Unterstützungsfonds ist ein ganz wichtiges Instrument, um all diese Organisationen aufzufangen und ihnen über diese schwierige Zeit hinwegzu­hel­fen, aber ich muss schon sagen, es ist schön, dass wir heute über dieses Gesetz diskutieren können; die Richtlinie fehlt noch.

Liebe Eva Blimlinger, ich glaube dir aufs Wort – wir kennen uns lange genug –, dass du gemeinsam mit deinen Kolleginnen und Kollegen alles versuchst, diese Richtlinie und diesen Fonds gut zu gestalten, aber wir haben in der Vergangenheit auch ge­sehen, welche Überraschungsboxen – im negativen Sinn – es immer wieder gab: ob das der Härtefallfonds war; ob das – in meinem Bereich – die Angelegenheit im Zu­sammenhang mit dem Schulreisekostenstornofonds war. Genau diese Feinheiten machen es am Ende des Tages aus, und genau diese Richtlinie brauchen wir.

Worum geht es jetzt? Wer ist wirklich antragsberechtigt? Wir wissen jetzt, wer nicht antragsberechtigt ist, aber wer ist wirklich antragsberechtigt? Wie sind die Förder­höhen, wie sind die Eigenfinanzierungsanteile? Gibt es welche und, wenn ja, wie hoch sind sie? Welche Kriterien gibt es? – Das sind genau die Feinheiten, die wir eigentlich kennen müssten, um dieses Gesetz besser beurteilen zu können. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Nichtsdestotrotz und last, but not least: Wir werden dem zustimmen, weil wir es brauchen, weil es Unterstützung für diese Organisationen und Institutionen braucht, aber wir kaufen wieder einmal die Katze im Sack. (Beifall bei der SPÖ.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 63

12.03.27

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu­seher! Ja, wir besprechen, debattieren heute die Errichtung eines Non-Profit-Organi­sationen-Unterstützungsfonds, also eines Unterstützungsfonds für gemeinnützige Organisationen und Vereine in der Höhe von 700 Millionen Euro, denn die Coronakrise hat natürlich auch sie voll getroffen.

Österreich ist reich, reich an Vielfalt und an Engagement, organisiert in gemeinnützigen Vereinen, und zwar in ganz vielen Lebensbereichen: in der Kunst, in der Kultur, im Sport, im Sozialen – in vielen Bereichen, wir haben schon einiges gehört.

Es gibt Zigtausende Vereine in Österreich, und ich möchte im Folgenden näher auf Kunst und Kultur eingehen und Ihnen da einen kleinen Überblick geben. Stellvertretend für alle Kulturvereine – Theatervereine, Jazzclubs, Jazzfestivals, Tanzvereine, Lite­raturvereine – möchte ich hier zwei Bereiche, die nicht nur seit Jahrzehnen wichtige gesellschaftliche Säulen in unserem Land sind, sondern auch viel für Kinder und Jugendliche beitragen und sehr engagiert sind, näher beleuchten, einen Blick darauf werfen, das auch ein bisschen mit Zahlen und Fakten untermauern, und zwar erstens Chöre und zweitens die Blasmusik.

Aus der Statistik betreffend Chöre des Chorverbands Österreich kann man ablesen, es gibt über 3 500 Chöre in Österreich – das sind sogar mehr, als es Fußballvereine gibt – mit über 100 000 Sängerinnen und Sängern. Sie geben pro Jahr 13 000 Konzerte, gestalten 20 000 Messen und Gottesdienste, machen über 90 000 Chorproben, 11 000 gesellschaftliche Veranstaltungen, über 500 Radio- und Fernsehproduktionen. Auch der internationale Aspekt ist wie überall in der Kultur auch bei den Kulturvereinen wesentlich: Die Chöre haben über 1 000 Gastchöre empfangen und selbst über 1 500 Reisen in die Welt unternommen.

Der Chorverband, Chöre an sich sind auch sehr aktiv in den Schulen, haben viele Ko­operationen mit Schulen, auch gemeinsam mit Bundesländern und Landesschulräten. Sie haben zum Beispiel gemeinsam Gütesiegel für Schulen zum Thema Singen erarbeitet: In Niederösterreich gibt es das Gütesiegel Singende, klingende Schule, in Oberösterreich und in der Steiermark die Meistersingerschulen, in Salzburg das Sin­gende Klassenzimmer.

Da ist es ganz wichtig, dass eigentlich nicht eine Singelite ausgebildet werden soll, sondern dass diese jungen Menschen, diese jungen Gehirne sozusagen flächen­deckend diese tolle, fantastische Emotion und Energie des gemeinsamen Singens entdecken. Die vielfältigen positiven Auswirkungen des Singens auf die Entwicklung sind ja schon lange in Studien untersucht und nachgewiesen. Wie beliebt das Chor­singen in Österreich ist, hat nicht zuletzt auch eine eigene Fernsehsendung im ORF gezeigt: „Die große Chance der Chöre“ war sogar im Hauptabendprogramm und war sehr beliebt.

Die Blasmusik möchte ich auch noch kurz ansprechen, auch dazu ein paar Zahlen: Es gibt über 2 000 Vereine in ganz Österreich, über 1 000 Jugendblasorchester, über 150 000 aktive Mitglieder, über 70 000 Auftritte pro Jahr, über 100 000 Proben.

Blasmusik hört man bei Frühlingskonzerten, bei Kurkonzerten, bei kirchlichen und gesellschaftlichen Festen und Feiertagen, von Fronleichnam bis zum Dorffest, für Einheimische, aber auch für Touristen – auch für den Tourismus sind die Vereine ganz, ganz wichtig –; das gehört zu Österreich und ist auch ein Teil unserer musikalischen und kulturellen Identität.


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Gestatten Sie mir, dass wir betreffend Blasmusik noch ein bisschen tiefer blicken, speziell für Kollegen Schellhorn! Blasmusik ist ja nicht nur Marsch und Tradition, wie wir wissen, vor allem in den letzten Jahren und Jahrzehnten – wirklich Jahrzehnten! – hat sich eine großartige moderne Literatur für diese Klangkörper entwickelt; das nennt man jetzt symphonische Blasmusik, und das ist sicher auch stark von der Filmmusik beeinflusst. Googeln Sie zum Beispiel einmal den österreichischen Komponisten Otto M. Schwarz! Seine Kompositionen für Woodband, wie das Blasorchester international genannt wird, werden in über 60 Ländern der Welt aufgeführt, auch in Singapur, in Japan, in Thailand. Da sind ganz spannende neue Aspekte zu entdecken.

Blasmusik gibt es eigentlich auf der ganzen Welt, auf jedem Kontinent, aber Österreich ist auch in diesem Bereich ein großes Vorbild in der ganzen Welt. Betreffend Blas­musikvereine ist natürlich auch noch zu erwähnen und zu unterstreichen, dass sie seit vielen, vielen Jahren viele Kooperationen und Projekte mit Musikschulen, mit Volks­schulen pflegen und im Bereich kulturelle Bildung ganz Wichtiges leisten und auch zum Ruf des Musiklandes Österreich beitragen.

All diese Kulturvereine machen Österreich zu einem Kulturland, weil sie so viele Menschen erreichen, bereichern, weil aus dieser Breite eine starke Spitze hervorgeht, Profis hervorgehen. So funktioniert unser Kulturland, deshalb sind wir ein Kulturland, weil es in jedem Dorf, in jeder Kleinstadt, in jedem Bundesland, in jeder Stadt ganz viele Kulturvereine gibt – und deshalb müssen wir sie natürlich auch finanziell unter­stützen, damit auch sie diese Krise gut überstehen.

Ab heute sind wieder Proben möglich, beim Ausüben der Tätigkeit muss man natürlich keinen Mund-Nasen-Schutz tragen, 1 Meter Abstand oder andere Schutzmaßnahmen wie fixe Teams oder Schutzwände sind zu beachten. Ich wünsche auf jeden Fall allen viel Freude bei der ersten Probe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

12.09


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt eine Wortmeldung zu einer tatsächlichen Be­richtigung von Frau Abgeordneter Nurten Yılmaz vor. – Bitte, Frau Abgeordnete. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.


12.09.22

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Kollegin Großbauer hat gesagt, es gibt mehr Blasmusikkapellen als Fußballmannschaften in Österreich. (Abg. Großbauer: Chöre! Chöre! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich berichtige tatsächlich: Es gibt 3 600 Männerkampfmannschaften und 104 Frauen­kampfmannschaften in Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard. – Ruf bei der ÖVP: Sie haben wirklich Sorgen! – Abg. Haubner: Was war das jetzt? Ist das mehr oder weniger?)

12.09


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.10.03

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wir kommen von der tatsächlichen Berichtigung zu den Tat­sachen. – Ist das Kunst oder kann das weg? Diese Frage hat man sich in den letzten Wochen oft gestellt, wenn man die Gesetzesvorlagen der Regierung auf den Tisch bekommen hat.


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Momentan ist auch das Gesetz zur Unterstützung von NPOs noch eher Kunst als Politik, weil die dazugehörige Richtlinie natürlich noch fehlt. Wir fragen uns, weshalb das alles so lange dauert und wann die Organisationen Geld erhalten, und hoffen sehr, dass es nicht so lange dauert wie bei den Unternehmen, bei den EPUs und KMUs. Wir sind auch darauf gespannt, was Werner Kogler mit Elli Köstinger ausarbeitet und dann am Parlament vorbei in Kraft setzen wird, aber – Spoileralert! – unabhängig davon werden wir dem NPO-Unterstützungsfonds zustimmen.

Eine Sache ist mir da aber wichtig: In der letzten Kulturausschusssitzung hat Werner Kogler auf meine Frage, wie er sicherstellt, dass parteinahe Vereine keine Gelder aus dem NPO-Unterstützungsfonds erhalten, gemeint, dass er sich nicht vorstellen kann, dass es parteinahe gemeinnützige Vereine gibt, die davon profitieren. – Ja, das ist eine steile Ansage. (Beifall bei den NEOS.)

Also ich kann mir kaum das Gegenteil vorstellen. Österreich ist voll mit parteinahen Vereinen, die Zeltfeste veranstalten, deren Funktionäre mit Adventmärkten reich werden und die Steuergelder für Mittelalterfeste erhalten, die sie in Schlössern abhalten, die ebenfalls mit Steuergeld saniert und betrieben werden. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe der Abgeordneten Pfurtscheller und Loacker.)

Man muss sich ja gar nicht weit aus der Stadt hinausbewegen. In Wien gibt es dazu gerade eine Untersuchungskommission im Zusammenhang mit der Verwendung von Fördergeldern. (Zwischenruf der Abgeordneten Meinl-Reisinger.) Das klingt vielleicht ein bisschen unglamourös, aber untersucht wird das Who’s who der Politszene.

Um nur einige zu nennen: Von den Grünen ist Christoph Chorherr mit seiner Orga­nisation Ithuba zu nennen. Auch die SPÖ Wien ist wie immer ganz vorne mit dabei, von den Kinderfreunden bis zum Verein zur Förderung der Musikschule Wien. Das muss man sich überhaupt einmal auf der Zunge zergehen lassen! Statt einfach als Stadtregierungspartei Musikschulen zu gründen und von Profis betreiben zu lassen, gibt es einen Verein der SPÖ, der Musikschulen in verschiedensten Angelegenheiten finanziell unterstützt. Das klingt ja schon vom Konstrukt her ein bisschen wie ver­schachtelte Offshoregeschäfte. Ungekrönter Kaiser ist aber die ÖVP, die es sogar im rot-grünen Wien schafft, Vereine zu gründen, Subventionen zu kassieren und ordent­lich auf den Putz zu hauen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Das geht vom Stadt­fest, das zuletzt gegen Vorlage von bloß drei Belegen gleich mit einer halben Million Euro gefördert wurde, bis zu Nichtgeldflüssen und fiktiven Spenden an Vereine, in denen unser Finanzminister Präsident war.

Nichtgeldfluss ist eine Wortschöpfung von Gernot Blümel, unserem Finanzminister. Er ist ja überhaupt ein geschickter Vereinsmeier (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) und lässt sich sogar seine Homepage von einem Verein finanzieren, der aber wiederum, wie man uns versichert, nur von der ÖVP finanziert wird. Wozu man da also einen Verein braucht, erschließt sich mir nicht.

Wir unterstützen also den NPO-Unterstützungsfonds, aber wir wollen sichergestellt haben, dass die schiefen Vereinskonstrukte von Parteien keinen Cent daraus erhalten. Das schulden wir auch den vielen tollen Vereinen und NPOs in Österreich, in denen Hunderttausende Menschen engagiert und begeistert dabei sind. Sie haben sich jeden Cent an Unterstützung verdient. Es soll aber keinen schalen Beigeschmack geben, es sollen sich nicht Parteivereine aus diesem Fonds ein Körberlgeld holen, das dann wieder an Parteien und Vereine zurückfließt.

Dann noch ein Wort zu den Grünen: Ihr habt zu Recht den jenseitigen Ton von Herbert Kickl kritisiert. Wenn Sie aber gleichzeitig alle LGBTIQ-Anträge von uns ablehnen, dann ist das Bigotterie in Reinkultur. (Beifall bei den NEOS.)

12.13



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 66

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Pfurtscheller zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.13.57

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Kollegin Brandstötter von den NEOS hat gerade behauptet, Parteifunktionäre würden Adventmärkte veranstalten, um sich persönlich zu bereichern.

Ich berichtige tatsächlich: Es gibt Parteifunktionärinnen, zum Beispiel meine ÖVP-Frauen, die Adventmärkte veranstalten. Das Geld, das damit verdient wird, wird immer für einen guten Zweck gespendet und meistens in der Ortschaft verwendet, in der die Veranstaltung stattfindet.

Wäre das nicht so, gäbe es dann immer noch das Parteienfinanzierungsgesetz, das es verhindern würde, dass Parteifunktionäre das Geld für sich verwenden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Brandstötter. – Abg. Meinl-Reisinger: Wir untersuchen das ja gerade in Wien! – Abg. Loacker: ... sich nicht bereichern!)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bei der Vorsitzführung immer eine sehr großzügige Auslegung bei tatsächlichen Berichti­gungen. Ich würde nur in der weiteren Debatte doch darum ersuchen, sich bei mög­lichen tatsächlichen Berichtigungen an die Bestimmungen, die wir uns selbst in der Geschäftsordnung gegeben haben, ein wenig strikter zu halten, als das bei den letzten tatsächlichen Berichtigungen insgesamt der Fall war. (Abg. Belakowitsch: ... Prä­sident Sobotka!)

Nun hat sich Herr Vizekanzler Werner Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.15.00

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte keine Generalrede mehr halten, sondern in der gebotenen Knappheit auf ein paar aufge­worfene Punkte eingehen – dafür ist man als Regierungsmitglied ja auch anwesend – und abschließend ein paar Grundgedanken sagen.

Es wurde gleich vom Erstredner, Kollegen Reifenberger, erwähnt, dass das ja aus dem 38 Milliarden-Euro-Topf kommt. – Ja eh, woher denn sonst? Die Story ist doch die: Die Bundesregierung hat vorgeschlagen – das ist schon einige Wochen her –, im Zuge des Whatever-it-takes einmal eine Stellgröße zu visieren, damit die Bundesfinanzierungs­agentur überhaupt agieren kann, damit wir aus diesem heraus Töpfe beschicken können, und das passiert natürlich, das ist ja ganz logisch.

Sollten die 38 Milliarden Euro 38 Milliarden Euro bleiben und sollte jeder Hilfstopf, der kommt, wieder extra sein, was wäre denn dann mit den 38 Milliarden Euro? Dann hätten wir 38 Milliarden Euro und würden einen Topf für die Kurzarbeit machen, dann einen Topf für diesen Fonds, einen für diesen Fonds und noch einen Topf für jenen Fonds. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist ja geradezu dafür geschaffen worden, dass man mit verschiedenen Instrumenten – im Übrigen sind da verschiedene Instrumente drinnen wie auch Garantieprodukte – agieren kann, dass man daraus, wenn Sie so wollen, schöpfen kann.

Das sind ja alles Stellgrößen. Ich beglückwünsche – wir kennen das vielleicht schon – an dieser Stelle all jene, die ganz genau wissen, was es am Schluss braucht, die jetzt schon wissen, ob es 25 Milliarden Euro oder 45 Milliarden Euro werden. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)


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Wir wussten am Anfang, dass es mehr als die 4 Milliarden Euro werden. Da kann man sagen, okay, da haben ein paar länger gebraucht. Dass wir da aber ungefähr bei 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes landen werden – wenn Sie nachdenken, kom­men Sie drauf, dass das genau die 38 Milliarden Euro sind –, hat man nicht gewusst. Das ist jedenfalls einmal eine sinnvolle Stellgröße.

Es ist eine Stellgröße, eine angezielte Summe, mehr kann es ja gar nicht sein. Da gelten ja die gleichen Grundsätze wie bei vielem aus dieser Budgetdebatte. Also mir würde es komisch vorkommen, wenn wir das extra wo hernehmen würden, solange die 38 Milliarden Euro noch gar nicht ausgeschöpft sind. – So viel dazu.

Vielleicht haben wir da ja ein Missverständnis kreiert. Bei allem Lob, das ich immer über Vorgängerregierungen ausstreue, weil Österreich wirtschaftlich so gut dasteht, sodass wir uns de facto um 0 Prozent verzinsen können, eigentlich immer noch mit Minuszinsen, wenn man die Inflation einrechnet: Das wird im Übrigen noch ein oder zwei Jahre so bleiben. Wir brauchen also die Sorge nicht zu haben, wenn es 50 Mil­liarden Euro werden würden. Wenn es weniger wird, wird es auch allen recht sein.

Das ist jedenfalls eine Summe, mit der man etwas veranstaltet, das ist ja klar. Wir werden ja nicht, nur weil wir keine Zinsen zahlen, 38 Milliarden Euro aufnehmen und sie irgendwo verstecken. Ich kann also dieser Logik nicht folgen. Das hat ja genau den Sinn gehabt, es so, wenn Sie so wollen, abzuschöpfen; und wenn es mehr braucht, dann wird es mehr brauchen, everything it takes. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Die nächste Geschichte hat auch mit Geld zu tun: die Schadenerhebung. Die bezieht sich, wie ich schon mehrmals erläutert habe, auf eine Perspektive von sechs Monaten. Deshalb ist die Summe auch relativ hoch und das sind ebenfalls Schätzgrößen.

Richtig ist allerdings – und ich glaube, da habe ich schon zweimal in diesem Haus hier und auch bei anderer Gelegenheit eine gewisse Übereinstimmung mit Abgeordnetem Drozda erzielt –, dass wir, wenn wir jetzt bis zum Frühherbst einmal absichern und überbrücken wollen – das hat sehr viel mit Kostenersätzen zu tun, ich kann dazu dann auch noch etwas sagen, also ein paar Gedanken gibt es natürlich, die sich dann in der Richtlinie wiederfinden werden –, dann vom Spätherbst hinaus ins neue Jahr mög­licherweise eine andere Berechnungsgrundlage für jene Sparten brauchen, wo immer noch etwas zu tun ist. Das wissen wir jetzt noch gar nicht so genau, mit Verlaub.

Dann zu der Frage, warum die jetzt alle gleich behandelt werden und warum es nicht lauter unterschiedliche Töpfe sind: Also die Töpfe, die da wären, sind: Jener für den Bereich Sport. Dafür habe ich eh Verständnis, wir haben eine eigene Bundes-Sport GmbH. Dann haben wir natürlich den Bereich Kunst und Kultur, und auch da gibt es viele verschiedene Genres, wie wir wissen. Es gibt viele sozial engagierte Vereine, die sehr viel für die Gesellschaft leisten, ein paar wurden ja erwähnt. Weiters haben wir den Bereich Entwicklungszusammenarbeit. Wir haben aber auch die Feuerwehren, die ja genannt wurden. Im Übrigen auch interessant: Wir übernehmen da etwas, wofür eigentlich die Bundesländer mit zuständig wären. Wir machen es aber!

Es wäre überhaupt vernünftig – das habe ich den Kommunen und Ländern ange­boten –, mit kleineren Beträgen aus den eigenen Budgets schnell zu helfen, denn das kommt ja über die zur Gänze zu aktualisierenden Ergebnisse der Finanzaus­gleichs­verhandlungen durch – wenn Sie so wollen – einen Posten Schadensausfälle an die Kommunen und an die Bundesländer wieder zurück, aber die sind ja näher dran, die könnten schnell handeln. Es muss also aufgrund dieser Vorgänge, die Sie hier be­schreiben oder auch kritisieren, in unserem Land kein Verein übrig bleiben, wenn alle zusammenspielen. Die, die näher dran sind, können das auch schneller beurteilen.


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Was wir anbieten, ist, dass niemand von diesem Fördertopf ausgeschlossen ist, nur weil er vielleicht einen kleineren Betrag von der Kommune oder von einem Bundesland erhalten hat. Dieses Problem hat es an anderer Stelle tatsächlich gegeben, und das wird jetzt vermieden. Man kann also schon vorwärtskommen, wenn man will, man kann auch das Licht sehen, man muss nicht immer – ich weiß nicht, was das für eine Neigung ist, vor allem aufseiten der freiheitlichen Fraktion, die sich da immer nur ins Finstere versteigt – schwarz sehen. Also so finster ist es dann auch wieder nicht, es gibt schon eine gewisse Hoffnung, denke ich, und die zu geben, dazu sind wir auch da.

Ja, es hat ein bisserl länger gedauert. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Welches Zitat hätte damit wieder zu tun? – Ich sage nichts zu: so schnell wie möglich, aber zu: Überförderung. – Das habe nicht ich erfunden, das können Sie sich ausrechnen, aber ein gewisses Verständnis für die Verhandlungsbasis seitens des Finanzministeriums habe ich schon gefunden, wenn es darum geht, Förderrichtlinien oder auch dieses Gesetz so zu konstruieren, dass dieses Ding am Schluss mit einer gewissen Treff­sicherheit ausgestattet ist und dass nicht einfach drauf los und ohne besondere Kriterien ausbezahlt werden kann. Das war dort das Anliegen.

Dass uns die Klärung dieser Frage länger aufgehalten hat, als ich es selber für wün­schenswert gehalten habe, habe ich sogar schon öffentlich annonciert, und irgendwann muss auch wieder einmal Schluss sein. Ich freue mich über einen Kompromiss, wenn etwas weitergeht. So ist es ja nicht, dass wir diese Verhandlungen in gewisser Weise nicht schon bald transparent geführt hätten – im Interesse des Sports und auch all der anderen Bereiche.

Ich sagen Ihnen, warum das jetzt eine einheitliche Richtlinie ist. Man hätte es sich auch anders denken können. Das war ja die ganze Kette, wir hätten 20 Töpfe, wenn man sich das alles anschaut. Ich will das gar nicht denunzieren oder so, das kann man schon machen, und müssen wir vielleicht eh, wenn wir überlegen, wie wir über den Spätherbst in das neue Jahr hineinfördern, weil ja beim Wiederaufbau, beim Wieder­beginnen unterschiedliche Bedürfnisse vorliegen (Abg. Leichtfried: War das die Idee ...!) und gerade auch die Einnahmenkomponente vielleicht eine stärkere Rolle spielen soll.

Um da kein Missverständnis zu erzeugen: Es kann mit einer ersten Überbrückungshilfe nicht gleichzeitig alles und jedes abgedeckt werden, nämlich alle Einnahmenausfälle, alle Kosten, die quasi tote Kosten sind, denen nicht sehr viel gegenübersteht, die man auch nicht verhindern konnte. Wir werden ein großzügiges Kostenersatzmodell machen, mit dem man ganz gut über die Runden kommen sollte.

Was dieses Nicht-Überfördern betrifft – wie gesagt, nicht von mir –, hat es auch einen Grundgedanken gegeben – den wir beiseitegeräumt haben –, im Rahmen dessen auch argumentiert worden ist, dass die Non-Profits bei den Zuschüssen im jetzt vergleichbar großen Coronahilfsfonds ja nicht bessergestellt sein können als die Wirtschafts­be­triebe. Wir haben uns aber auf etwas anderes geeinigt, denn es sind eben – ich habe es Ihnen im Ausschuss, denke ich zumindest, schon einmal erklärt – gemeinnützige Non-Profit-Organisationen. Sie heißen ja schon so: Sie können wenig Rücklagen bilden, im üblichen Sinn eigentlich gar keine, sie können auch nicht aus zukünftigen Gewinnen schöpfen, ganz klar. Deshalb soll für diese Vereine, wenn sie nun einmal gemeinnützig sind, hoffentlich auch gemeinnützige Dinge treiben, langfristig gelten: Einnahmen gleich Ausgaben gleich gemeinnützige Tätigkeit, wenn alles richtig rennt.

So ist das zu verstehen, und deshalb ist es so gekommen, dass diese Richtlinien mit Sicherheit – mit Sicherheit! – aus Sicht der Non-Profit-Organisationen einen wesentlich höheren Kostenersatz ermöglichen als nach dem anderen Fonds.


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Das war ja auch ursprünglich die Idee: dass die ganzen Vereine dem Coronahilfsfonds zugedacht werden. Es ist aber eben so unterschiedlich. Was allerdings gleich ist und warum wir diese Non-Profits jetzt alle in dieser Linie haben, ist die Berechnungsformel für die Gemeinnützigen, die dann einmal herauskommen wird. Ich kann noch immer keinen großen Schaden erkennen, weder für die Sozialeinrichtungen noch für den Sport, wenn die Berechnungsformel eine ähnliche oder die gleiche ist.

Wichtig ist, dass Kosten, die in dieser Krise nicht vermeidbar waren, jedenfalls ersetzt werden – jetzt wahrscheinlich bis zu 100 Prozent – und dass die Zutrittsberechti­gun­gen, nach bestimmten Erlösausfällen definiert, ebenfalls gleich sind. Also ich wäre auf die Debatte gespannt gewesen, wenn es im Sportbereich so, im Kunstbereich so, im Sozialbereich so und in einem weiteren Bereich so gewesen wäre. Die wären auch eifersüchtig aufeinander losgegangen.

Diesen Appell habe ich eh schon einmal abgesetzt, denn teilweise merkt man diese Tendenzen ja draußen – draußen ja, aber hier herinnen habe ich weniger Verständnis dafür –: Ich halte überhaupt nichts davon, Kunst und Kultur gegen Sportvereine, gegen Sozialvereine, gegen Entwicklungszusammenarbeitsvereine so in Stellung zu bringen. Entweder tun sie etwas für die Gesellschaft – sie sind gemeinnützig, da gibt es Krite­rien –, dann sollte man das auch so akzeptieren, oder man sollte das österreichische Vereinswesen hinterfragen. Das kann man auch, aber die Vereine gegeneinander auszuspielen, das halte ich überhaupt nicht für sinnvoll! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Möglicherweise war ich da zu salopp, wenn ich die Begriffe und die Zitate durchsehe; eines, nämlich das mit den parteinahen Vereinen, wurde ja mir zugerechnet. Also, das könnte so gewesen sein, was ich allerdings meinte (Zwischenruf bei der SPÖ) – Moment!, ja, genau, passt schon –, und das finden Sie im Gesetzestext, und zwar schon im alten, nicht erst im Abänderungsantrag (Zwischenruf der Abg. Steger): dass die Parteien selber überhaupt keine Zutrittsberechtigung haben und dass die anderen gemeinnützige Vereine sind. Es sind eben Gemeinnützige, genau wie vorher gesagt. Es ist halt in Österreich so, dass es relativ viele Parteimitgliedschaften gibt. Dass jemand, der in einer Partei ist, auch in einem Verein ist, das kann man kritisieren oder nicht – ich würde es gar nicht machen –, ob deshalb ein Verein schon ein parteinaher ist, nur weil eines seiner Mitglieder von mir aus ein Grüner ist, ob das die Gemein­nützigkeitsfähigkeit beeinträchtigt, das weiß ich nicht.

Wichtig ist nur, dass man nicht unter dem Dach der Gemeinnützigkeit Veranstaltungen ansetzt und dann, wenn diese ausfallen, die Kosten irgendwie alimentiert und dieses Geld dann in eine Parteikassa getragen wird. Das geht nicht, das ist klar! Dass es aber Vereine gibt, die gemeinnützig sind und vielleicht mit Parteien in Verbindung stehen, na das wird Sie, die Sie ja viel länger als wir – nur die NEOS sind jünger als wir – mit der Tradition der österreichischen Politik vertraut sind, ja wohl nicht wundern. Ich habe überhaupt keinen Grund, daran herumzumeckern, wichtig ist nur, dass nichts in die Parteikassen kommt, ganz einfach. In dieser Sache würde das Parteitransparenz­ge­setz helfen, das wir uns ja auch vorgenommen haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das wäre es, glaube ich, im Wesentlichen gewesen.

Ich habe schon angedeutet, wie die Konstruktion ausschaut: dass wir in erster Linie einmal – das aber viel großzügiger als in den bisher bekannten Fonds – Kosten erset­zen und dass das, je nachdem, wie der Verlauf ist, unterschiedliche Auszahlungshöhen erzeugen wird, die dann aber objektivierbar sind. Wir werden die erste Auszahlung relativ rasch veranlassen, ohne große Gegenkontrollen, und bei der zweiten oder dritten am Schluss dann schauen, ob das ungefähr hinkommt; Stichwort: Anliegen des Finanzministeriums, was ich auch verstehe. Das könnte zum Beispiel so ausschauen,


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dass man am Jahresende stichprobenartig kontrolliert und sich eine allfällige Rück­verrechnung vorbehält. Wir kennen das bei uns im Haus von der Sportförderung. Grosso modo geht es darum, dass das Geld einmal in zwei oder drei Tranchen aus­bezahlt wird.

Die letzte damit in Verbindung stehende Frage war ja zur Konstruktion - - (Abg. Leichtfried: ..., Herr Vizekanzler, die vorletzte!) – Ich habe es immer gehört; es war eine vertraute Stimme, jetzt kann ich sie zuordnen, aber mit diesem Plexiglas ist das - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Abg. Haubner: Der Leichtfried spricht gerne! – Abg. Matznetter: Wir sind für die Zugabe zu haben, Herr Vize­kanzler!) – Also meinen Aufzeichnungen zufolge ist es die letzte gewesen; aber gut. Aber wenn Sie möchten, kann ich ja Abgeordneter Steger noch eine Antwort geben, dann haben Sie recht und es war die vorletzte. Das mache ich hiermit auch. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abgeordnete Steger hat gesagt, wir hätten uns nicht bemüht. Sie engagiert sich ja ganz stark und wirklich sehr glaubwürdig – das meine ich jetzt ernst – für die Anliegen der Sportvereine, eigentlich auch der Verbände, und das hat sie hier wieder zum Ausdruck gebracht. Richtig ist allerdings schon, dass wir intensiv im Austausch waren, wir haben uns sogar physisch getroffen – mit den berühmten Meterabständen, keine Sorge –, aber es gab mindestens so viele Videokonferenzen. Wir wissen schon, was die Anliegen der Sportvereine sind, wir wissen auch, dass einige lieber einen eigenen Sporttopf gehabt hätten, das ist richtig, das sagen die auch öffentlich. Und man interessiert sich eben auch dafür, wie hoch diese Mittel sein werden. Na ja, wenn wir die Richtlinien haben, braucht keiner Sorge zu haben, dass man nicht entlang der Richtlinien auszahlt.

Jetzt bin ich auch beim letzten Punkt angelangt, den ich Ihnen noch sagen wollte: Es ist mit Sicherheit so – das können Sie so schon vorausschätzen –, dass das, sowohl was den Kunst- und Kulturbereich, der hier ja sehr beliebt debattiert wird, als auch was den Sportbereich betrifft, nach unseren Vorausschätzungen jedenfalls in eine drei­stellige Millionenhöhe geht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Ja, drei! Das sind, weil das gerade im Haus ein Thema ist, 100 Millionen Euro aufwärts – nur zum Mit­schreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin da wirklich zuversichtlich, dass das genau so ausgeht und dass sich das im Vergleich mit den uns vorgehaltenen internationalen Förderstrukturen durchaus sehen lassen kann. Anderswo wird auch nicht immer so schnell gezahlt, wie man vielleicht glaubt. Wir verfolgen das ja sowohl in der Kunstsektion als auch in der Sportsektion, was sich in allen Ländern Europas tut: Da wird halt auch oft mehr annonciert als gezahlt, aber soll sein.

Am Schluss, sage ich Ihnen, wird sich das nicht nur sehen lassen können, es wird sich auch herausstellen, dass wir, gerade was Kunst und Kultur oder Sport betrifft, zu den höchsten Fördergebern gehören werden; das traue ich mich jetzt zu sagen, auch wenn die Summe noch nicht feststeht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das liegt aber in der Natur der Sache. Man weiß es im Übrigen auch bei den anderen Fonds nicht von vornherein. Da hat man halt gesagt, für den Härtefallfonds 2 Milliarden Euro und für den Corona-Krisenfonds 15 Milliarden Euro, aber es gibt Richtlinien, und entlang deren wird sich das bewegen – ganz einfach! Und wenn mehr gebraucht wird, wird mehr gebraucht.

Wir haben aber ja die viel größere Aufgabe schon vor uns, nämlich zu schauen, wenn das abgeschlossen ist, wie wir überhaupt – denn das ist einmal eine Überbrückung und eine Absicherung – in den ganzen Neustartbereich hineinkommen. Und vielleicht


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schaffen wir es ja, dass wir dann schon wieder friedlicher miteinander diskutieren. Meine Hand ist jedenfalls ausgestreckt. Wir haben genug zu tun! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Matznetter: Das war aber eine kurze Rede, Herr Vizekanzler! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte.


12.32.47

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Wenn ich zusammenfasse, was der Herr Vizekanzler referiert hat, dann, glaube ich, sind zwei Bereiche ganz wichtig: erstens 700 Millionen Euro für NPOs, die wir heute auf der Grundlage eines Gesetzes beschließen – das ist der wesentliche Punkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

700 Millionen Euro für Anspruchsberechtigte, mit 31.12.2018 sind es 124 000 aktive Vereine in Österreich – das sind viele, und ich glaube, es ist der völlig falsche Zeit­punkt, dass man hergeht, wie auch der Herr Vizekanzler schon erwähnt hat, und gegenseitig Sport gegen Kunst und Kultur oder auch Vereine kontra Gastrono­miebetriebe ausspielt. Das ist, glaube ich, der völlig falsche Ansatz.

Der Lockdown hat uns genau gezeigt, was es in den Ortschaften in Österreich braucht: Es braucht ein gutes Zusammenspiel, damit wir Frequenz haben, zwischen Vereinen, Gastronomiebetrieben und Institutionen. Wenn das gegeben ist, dann ist was los, dann gehen wir gerne in die Ortschaften und dann werden die Ortskerne auch belebt. Wir werden alle brauchen und brauchen auch alle. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Werte Abgeordnete, drei von zwölf Menschen in Österreich sind ehrenamtlich tätig: 2,3 Millionen Menschen, und wenn man alles dazunimmt, auch die Freiwilligen, dann sind es 3,4 Millionen Menschen, die im Freiwilligen- und Vereinswesen tätig sind. Über 220 000 Vertragsverhältnisse werden begründet, liebe SPÖ, das sind 5 Prozent der Erwerbstätigen, die im Bereich des Vereinswesens tätig sind.

Werte Abgeordnete, mit dem vorliegenden Paket entlasten wir auch den Staat, die öffentliche Hand, stärken wir auch eine unverzichtbare Kontrollfunktion in Form von bürgerlichem Engagement, gewährleisten wir auch Bürgerbeteiligung und fördern die Bewusstseinsbildung in vielen Bereichen, wenn es um NGOs und auch NPOs geht.

An dieser Stelle möchte ich selbst als Vorstandsmitglied eines kleinen Vereines in Tirol allen in der Szene Mut machen, Zuversicht geben und Verständnis für sie zeigen – auch im Namen aller KultursprecherInnen möchte ich das sagen –: Wir tun das Mög­lichste! Wir tun das Möglichste, um die Tür für die Szene weit aufzumachen, um zu hören, um zu unterstützen, um zu fühlen und um ehrliche Wertschätzung zu zeigen, und wir werden euch nicht alleine lassen. Das ist ein wesentlicher Baustein dieses Paketes.

Es ist richtig: Heute beschließen wir die gesetzliche Grundlage und nicht die Richtlinie. Was ist denn das für eine Rechtsstaatlichkeit, jetzt schon eine Richtlinie einzufordern, wenn wir über das Gesetz noch gar nicht abgestimmt haben? – Also ich bitte alle: zuerst das Gesetz, dann die Richtlinie, und daran werden wir alle sehr aktiv mit­bauen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Köllner. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 72

12.36.24

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vizekanzler, zunächst möchte ich mich bei Ihnen bedanken: Ich habe mittlerweile die Info aus Ihrem Büro erhalten, dass wir Sportsprecher einen Termin bei Ihnen bekommen, um über die Zukunft des Sports zu diskutieren. Ich stelle somit fest, dass man bei Ihnen sekkant sein muss. Woran das liegt? Ich kann nur mutmaßen: Vielleicht haben Sie den Sport durch das Chaos im Staatssekretariat für Kunst und Kultur einfach aus den Augen verloren. Sie haben umgekehrt aber sicher schon bemerkt, dass mir der Sport ein Herzensanliegen ist und ich mich konstruktiv einbringen möchte.

Sie selbst sind in Ihrer langen politischen Karriere ja fast ausschließlich nur hier ge­standen, wo ich gerade stehe, und kennen die Notwendigkeit, aus der Oppositionsrolle heraus Druck zu machen, hart in der Sache zu sein, damit etwas weitergeht. Es überrascht mich daher nach wie vor, wie Sie mit dieser Situation umgehen, denn: Sowohl der Breitensport als auch der Spitzensport haben in den letzten Wochen und Monaten das Gefühl gehabt, gegen Windmühlen zu kämpfen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle eine Nachricht eines beunruhigten Funktionärs vorlesen:

„Lieber Max! Wie du weißt, haben wir erst in der Winterpause unser Kabinengebäude saniert, Heizung getauscht, Sanitärräume neu gemacht [...]. Die Rechnungen für Materialkosten und externe Arbeiten sind fast zeitgleich mit dem Coronalockdown eingetroffen. Zur Finanzierung haben wir natürlich die durchschnittlichen Einnahmen aus Kantine, Eintritten und Veranstaltungen einkalkuliert. Durch die Absage der Meis­terschaftsspiele fallen diese Einnahmequellen bei bleibenden Fixkosten aber komplett weg. [...] Ich befürchte, dass uns auch noch Sponsoren wegbrechen könnten. [...] Ich bitte um deine Unterstützung.“

Genau das ist ein Paradebeispiel, wie es ehrenamtlichen Funktionären, die mit Leib und Seele bei ihrem Herzensverein tätig sind, in Zeiten von Corona geht. Die ver­sprochene rasche und unbürokratische Hilfe war ein Märchen. Ich vermisse wirklich die Wertschätzung gegenüber dem Sport und dem Vereinswesen. (Beifall der Abg. Steger.) – Danke, Frau Kollegin! – Und Sie können sich auch nicht mehr rausreden, denn die Hilferufe haben Sie wirklich bereits sehr früh ereilt.

Erlauben Sie mir eine kurze Chronologie: Schon vor dem Lockdown hat es erste Stimmen gegeben, dass der Sport eine Entschädigung braucht. Am 27. März habe ich erstmals eine sofortige Ersthilfe in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro gefordert. (Beifall bei der SPÖ.) Sie sind dann im April zumindest kurzfristig munter geworden und haben angekündigt, ein Hilfspaket zu schnüren. Wir haben unsere Forderung in der Zwischenzeit mehrmals wiederholt, aber es hat bis heute, 29. Mai, gedauert, dass ein Papier auf dem Tisch liegt. Im Fußball hätte Sie der Trainer längst gegen einen schnelleren Spieler ausgewechselt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Steger.)

Herr Sportminister, ich kann Sie aber beruhigen, es gibt mindestens einen Player in dieser Regierung, der sich noch viel mehr Schnitzer geleistet hat, und Sie wissen spätestens seit dieser Pleiten-Pech-und-Pannen-Budgetwoche, wen ich meine, näm­lich unseren Schätzmeister Gernot Blümel. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Abg. Steger.)

Wir können die Spieluhr nicht mehr zurückdrehen, wir sind bereits in der Nachspielzeit. Jetzt ist Tempo gefordert. Zwar gibt es erneut keinen Rechtsanspruch auf das Hilfs­paket, aber ich hoffe, dass die Unterstützung dennoch rasch und zielsicher ankommt, bevor die Nachspielzeit um ist und der Schaden für den Sport nicht mehr zu reparieren


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ist, sonst dribbeln Sie sich, Herr Sportminister, endgültig ins Aus. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Steger.)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


12.39.52

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir hier heute das 20. Covid-19-Gesetz diskutieren, dann sagt es der Titel schon aus: Es hat 19 Pakete davor gege­ben, und hier liegt nun das 20. Paket für unsere gemeinnützigen Organisationen vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sport und Kultur schließen einander an sich auch nicht aus. Wichtig ist, dass diese Vereine und Organisationen eine rasche Hilfe bekommen, und dafür wird dieses Paket sorgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: 19 Pakete, und nichts ist pas­siert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Bereich des Sports ist vor allem eines wichtig: Wir haben ein riesengroßes Netzwerk mit 15 000 Vereinen, mit über 2 Millio­nen Mitgliedern. Jeder Vierte in Österreich ist im Sportbereich aktiv, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, über eine halbe Million Menschen engagieren sich ehrenamtlich, betreuen 570 000 Kinder und Jugendliche.

Der Bereich des Sports ist nicht nur ein wirtschaftlicher Faktor, sondern vor allem auch ein Gesundheitsfaktor, der die Unterstützung braucht (Abg. Steger: Deswegen sollte man den Turnunterricht ...! Sind Sie auch dafür?!) und der mit diesen 700 Millionen Euro diese Unterstützung auch bekommt. Dieses Paket bringt für unsere Verbände und Vereine die notwendige Sicherheit, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der zweite Bereich, den ich ansprechen möchte, ist der Bereich Kultur. Ich wünsche Ihnen, liebe Frau Staatssekretärin, in Ihrer neuen Aufgabe alles Gute! Sie werden das bestimmt hervorragend machen.

Ich komme aus einer kleinen Gemeinde am Land, da gibt es verschiedenste Chöre, Blasmusikkapellen, Brauchtumsvereine und, und, und. Genau diese Vereine und Orga­nisationen machen das Leben in unseren Gemeinden aus, genau diese Vereine stellen die Identität Österreichs dar.

Meine Damen und Herren, diese Vereine bringen nicht nur Wertschöpfung, wenn es um Anschaffungen, wenn es um Investitionen geht, sondern sie bringen unserer Ge­sellschaft vor allem Wohlbefinden und Gemeinschaftsgefühl, und das ist nicht zu unter­schätzen. Es freut mich ganz besonders, dass heute, am Freitag – der Tag, der bei vielen Blasmusikkapellen normalerweise der Probentag ist –, die Lockerungen so weit vorangeschritten sind, dass dieser Probentag wieder stattfinden kann, meine Damen und Herren.

Eines möchte ich schon noch anmerken: Es gab zu diesem Abänderungsantrag zwi­schen den unterschiedlichen Fraktionen im Hohen Haus sehr konstruktive Gespräche, und ich möchte euch, lieben Österreicherinnen und Österreichern, eines mitgeben: Wir haben in dieses Paket die Feuerwehren mit aufgenommen – dafür bedanke ich mich ganz herzlich.

Wenn Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – vor allem von den Freiheitlichen, die anderen unterstützen das ja –, gegen dieses Paket stimmen, dann ist das ein Stich


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mitten ins Herz von 350 000 Kameradinnen und Kameraden. (Abg. Steger: Stimmt nicht! – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Wollen Sie verhindern, dass die Vereine das Geld schnell bekommen, oder stimmen Sie diesem Paket zu, damit wir auch diese rasche Hilfe bringen können? (Beifall bei der ÖVP. Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

12.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.


12.43.29

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Die Gesetzesvorlage ist nicht schlecht; sie hat zwar auch Schönheitsfehler, auf die komme ich noch, aber was das Problem ist – das ist eh gesagt worden –: Sie kommt einfach viel zu spät. Es ist für einen gemein­nützigen Verein, der keine Rücklagen bilden kann und Liquiditätsprobleme hat, wirklich irre – ein Wahnsinn! –, bis Woche zwölf der Coronagesetzgebung zu warten.

Es ist auch irre verwirrend gewesen. Es war ein ewiges Hü und Hott. Die ersten zwei Wochen des Bestehens des Härtefallfonds ist auf der Homepage gestanden, dass eine Richtlinie für EPUs und NGOs in Ausarbeitung ist, dann waren die NGOs auf einmal weg, auf Reklamation sind sie dann wieder dort gestanden, dann hat es schon eine gesetzliche Grundlage gegeben, durch die klar war: Sie kommen raus. Die WKO hat auf ihrer Homepage immer noch geschrieben: Es ist eine Richtlinie in Ausarbeitung. Es war wirklich, wirklich schwierig und verwirrend und hat wirklich sehr lange gedauert. – Ich habe meinen ersten Antrag dazu im März eingebracht.

Was Sie nicht beantwortet haben, Herr Vizekanzler – das hat aber, glaube ich, bis jetzt noch niemand gefragt –, ist, wann denn mit der Verordnung zu rechnen sein wird. Das ist ja auch noch einmal sehr relevant, denn erst dann kann es ja mit einer Unter­stüt­zung wirklich losgehen.

Was ich wirklich zu bedenken ersuche, ist, dass die NGOs oder NPOs, von denen wir jetzt reden, einfach unglaublich divers sind, denn zwischen dem FavAC bei mir in Favoriten und dem VIDC als Kulturverein, dem Integrationshaus als soziale Einrich­tung, dem Club behinderter Menschen und ihrer Freunde, den freiwilligen Feuerwehren und einer entwicklungspolitischen NGO wie dem Entwicklungshilfeklub liegen wirklich Welten – in der Dimension, im Aufbau, in der Ausrichtung.

Ich würde wirklich darum ersuchen, immer alle zu bedenken. Es macht mich ein bisschen stutzig, wenn in dieser Verordnungsermächtigung steht, dass es eine maxi­male Anzahl von DienstnehmerInnen, maximale Einnahmen und eine maximale Höhe des beantragten Förderbetrags geben soll.

Es gibt wirklich sehr relevante – gerade in dieser Krise sehr relevante – sehr große NGOs wie die Volkshilfe, den Samariterbund, die Caritas, das Rote Kreuz. Diese darf man nicht über die Klinge springen lassen! Ein großer Teil ihrer Einnahmen kommt von Spenden – nicht bei allen Vereinen, aber bei manchen –, die jetzt zum Teil vollkommen wegbrechen. Organisationen wie zum Beispiel Licht für die Welt haben jetzt wirklich ein Problem, denn sie haben viele ältere ErlagscheinzahlerInnen, die normalerweise jeden Monat zur Bank gehen und jetzt nicht auf der Bank waren.

Ich befürchte sehr, dass es aufgrund dessen, was wir jetzt gerade ausgeben – no na ned! – Sparpakete geben wird. Diese Not der NPOs darf dann aber nicht in weiteren Budgets prolongiert werden, sodass Sparmaßnahmen dann wieder genau diese NGOs treffen. Es ist mir wirklich sehr, sehr wichtig, darauf hinzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist auch wichtig, dass Sie in diese Verordnung die Überlegung mitnehmen, dass es sehr viele Mehrausgaben gegeben hat, die es ohne Covid-19 gar nicht gegeben hätte.


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Die Organisation Jugend Eine Welt hat Leute aus der ganzen Welt zurück nach Österreich einfliegen lassen. Das ist seriös und gut, aber das waren Kosten, die natürlich nirgendwo kalkuliert und nirgendwo vertraglich festgelegt waren.

Apropos Verträge: Es ist so unglaublich relevant – das ist jetzt gar keine Förderfrage –, Rechtssicherheit insofern zu geben, als dass viele ihre Förderverträge nicht erfüllen konnten. Ich sage jetzt einmal: Bibliotheken konnten nicht offen gehalten werden, Veranstaltungen konnten nicht stattfinden – das geht von der Gemeinde über das Land, den Bund bis hin zur EU, da gibt es überall Verträge, und ich ersuche, dass sich die Bundesregierung bei der Kommission dafür einsetzt, dass in dieser Hinsicht Flexibilität und Rechtssicherheit herrschen.

Zum Schluss: Ich vermute, diese 700 Millionen Euro Dotierung basieren auf dem Rechtsgutachten von Professor Meyer von der WU – er kommt auf diese 700 Millionen Euro. Mich macht das deswegen ein bisschen stutzig, weil ich weiß, dass allein die Arbeitsgemeinschaft Globale Verantwortung nur im Bereich der Entwicklungs­hilfe­organisationen und Katastrophenhilfeorganisationen mit einem Ausfall von 45 Millionen Euro rechnet – und die werden im Meyer-Gutachten nicht einmal erwähnt.

Ich bitte, mit der Zeit wirklich flexibel zu sein, was eventuell höhere Geldbeträge betrifft, denn es ist wirklich notwendig. Es geht nicht nur um 250 000 Beschäftigte, es geht nicht nur um 2,6 Millionen Ehrenamtliche, sondern es geht bei der ehrenamtlichen Tätigkeit um die Identität und um die Kultur, um ganz vieles von dem, was Österreich ausmacht. – Vielen lieben Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Reifenberger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich habe vorhin auf die geschäftsordnungsmäßigen Bestimmungen hingewiesen. Bitte.


12.48.24

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Kollege Lindinger hat in seiner Rede behauptet, die Freiheitliche Partei würde dem Abänderungsantrag mit dem Punkt, dass die Förderungen auch für Feuerwehren gestatten werden, nicht zustim­men.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe vorhin bereits ausgeführt, dass die Freiheitliche Partei in einer getrennten Abstimmung genau diesem Artikel 1, in dem das mit den Feuerwehren steht, sehr wohl zustimmen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Danke.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Michael Seemayer. – Bitte.


12.49.01

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Wir sind eine Spur später dran, als sich viele gewünscht hätten.“ – Herr Vizekanzler, das war Ihre Aussage bei der Prä­sentation des Hilfsfonds für gemeinnützige Organisationen. Angesichts der prekären Lage, in der sich viele Organisationen schon befinden, denen das Wasser bis zum Hals – oder auch darüber – steht, und vor dem Hintergrund, dass man auf die Um­stände schon zwei Monate zuvor hingewiesen hat, erscheint die Aussage „eine Spur später dran“ eher ein bissel untertrieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der gemeinnützige Sektor weist rund 250 000 Beschäftigte auf. Viele der Beschäftigten leisten derzeit Hervorragendes in den unterschiedlichsten Organisationen und leisten einen wichtigen Beitrag, um die Auswirkungen dieser Covid-19-Krise zu überstehen,


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denkt man etwa an die Vereine, die in der Pflege oder auch in der Kinder- und Jugend­bildung tätig sind.

Der gemeinnützige Sektor ist aber auch der Sektor, der versucht, viele dieser Arbeits­verhältnisse aufrechtzuerhalten, und der die Leute nicht zur Kündigung anmeldet oder entlässt. Umso wichtiger ist es, dass wir heute eine Unterstützung auf den Weg brin­gen, und wirklich nur auf den Weg bringen, denn wir beschließen nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen weiteren Hilfsfonds. Die Rahmenbedingungen und die Vergabekriterien werden wieder per Verordnung folgen und fehlen derzeit natürlich noch. Viele Vereine bangen aber derzeit um ihre Existenz und wissen nicht, ob sie von der Hilfe überhaupt etwas abbekommen. Da braucht es ganz schnell Sicherheit.

Wenn man allerdings an die Geschwindigkeit bei manchen Verordnungen denkt, insbesondere die zu den Risikogruppen, und wenn man auch noch daran denkt, dass die Verordnung das Einvernehmen zweier Ministerien braucht, dann schwindet die Hoffnung auf rasche Hilfe.

Schnelle Hilfe wäre die beste Hilfe gewesen, das wurde da schon verabsäumt. Notwendig ist jetzt Hilfe, die ankommt; Hilfe, die spät kommt, ist oft zu spät. Sorgen Sie bitte dafür, dass die gemeinnützigen Organisationen nicht sterben und dass die Hilfe, die notwendig ist, nicht erst im Herbst zur Auszahlung kommt! Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Kulturausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

12.51.503. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 527/A(E) der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie­deraufnahme der Musikproben im Musikland Österreich, insbesondere der Pla­nungssicherheit im Bereich der Blasmusik (166 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 499/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich (167 d.B.)

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


12.53.00

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren, debattieren über zwei Anträge, bei denen es um die bessere Planbarkeit


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im Kunst- und Kulturbereich geht. Es kann nicht oft genug betont werden, dass es sich dabei um einen Bereich handelt, der durch die Covid-Maßnahmen besonders hart getroffen wurde und es hier wirklich tatkräftiges Handeln braucht, um zu unterstützen. In diesem Sinne werden wir diese beiden Anträge unterstützen, da wir mit der Stoß­richtung dieser beiden Anträge übereinstimmen.

Unser Kultursprecher, Kollege Thomas Drozda, hat mit einigen Kunst- und Kultur­schaffenden eine Petition ausgearbeitet, in der es darum geht, Maßnahmen für einen umfassenden Rettungsschirm zu definieren, den es jetzt braucht, um auch wirklich darzustellen, welche konkreten Schritte jetzt tatsächlich für den Kunst- und Kultur­bereich dringend gebraucht werden und notwendig und hilfreich wären.

Ich möchte diese Punkte kurz darstellen: Zuerst geht es darum, klare und realistische Vorgaben und Rechtssicherheit für den Kulturbetrieb zu schaffen.

Weiters geht es darum, Existenzen von Kulturschaffenden und Kreativen zu sichern. Ein Punkt, der uns ganz besonders wichtig ist, und eine der Maßnahmen, die wir hier vorschlagen beziehungsweise die wir uns für die Betroffenen auch überlegt haben, wäre eine Grundsicherung für KünstlerInnen, jedenfalls während der Coronakrise und solange diese Auswirkungen weiter bestehen. Es wäre sinnvoll, Kurzarbeit auch für kurzfristig Beschäftigte möglich zu machen. Es wäre sinnvoll, Abschlagszahlungen für KünstlerInnen bei Vertragskündigungen wegen höherer Gewalt zu haben.

Es wären noch einige Maßnahmen mehr notwendig, wie auch darum den Fortbestand von Kulturinstitutionen und Kreativunternehmen zu unterstützen und dort Insolvenzen zu vermeiden, zum Beispiel durch finanzielle Kompensationen für fehlende Ticket­verkäufe, was ganz hilfreich und wichtig wäre, und weitere Maßnahmen.

Viertens: Der Bund muss unbedingt seine Eigentümerverantwortung bei Bundeskultur­institutionen wahrnehmen.

Fünftens geht es darum, langfristige Perspektiven zu schaffen. Wir brauchen quasi einen Wiederaufbauplan für den Bereich der Kunst- und Kulturschaffenden.

Diese Petition wurde vorhin in der Debatte betreffend die Präsentation der neuen Staatssekretärin als Antrag von unserem Kultursprecher eingebracht. Er ist ein bisschen untergegangen. Ich denke, das wären wirklich Maßnahmen, die wir sinnvol­lerweise diskutieren sollten. Frau Staatssekretärin, ich baue da sehr auf Sie. Ich hoffe auch, das Sie die notwendige Unterstützung des Koalitionspartners bekommen, denn angesichts der Erklärung des Bundeskanzlers, in der wir zwei Sätze über die Bedeu­tung von Kunst und Kultur in unserem Land gehört haben, aber keinen einzigen Satz über die Wichtigkeit, hier auch unterstützend tätig zu sein, fürchte ich, wird es das Boh­ren dicker Bretter bedeuten. – Ich wünsche Ihnen alles Gute, Frau Staatssekretärin. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


12.56.50

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Frau Präsidentin! Liebe Frau Staatssekretärin, schön, dass Sie hier sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen ein bisschen etwas aus dem letzten Kulturausschuss erzählen. Das war ganz lustig. Da gab es einen Moment großer Verstörung. Es gab nämlich einen Antrag, da stand Blasmusik drinnen und auf dem standen auch die Grünen. Und ja, das konnten die NEOS, das konnte die SPÖ und das konnte auch die FPÖ nicht wirklich fassen, und sie haben sich gedacht: Was ist denn da mit den Grünen los? – Offenbar hat man da Klischeebilder von den urbanen Bobos, die mit so etwas nichts anfangen


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können, im Kopf. (Ruf: Das ist kein Klischee!) Ich kann Ihnen aber versichern, ich unterstütze auch die Blasmusik aus tiefster innerer Überzeugung und aus voller Leidenschaft. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Warum? – Da ich nämlich weiß, was gemeinsames Musizieren mit Menschen macht und wie unglaublich existenziell wichtig es sein kann. (Abg. Wurm: Ich find’ die Grünen super!)

Es geht ja nicht nur um die Blasmusik, es geht auch um die schon erwähnten Chöre, es geht um Punkbands, es geht um Popbands, es geht um Jazzensembles, es geht um Kammermusikensembles, und es geht um Profis und um Amateure und es geht um die vielen, vielen Gelegenheiten in Österreich, wo gerade Profis und Laien miteinander musizieren; und das macht die unglaublich breite Basis des Musiklebens in Österreich aus und das ist auch dessen ganz, ganz wichtige gesellschaftliche Funktion. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich singe ja selber auch in einem Chor – ich erzähle Ihnen jetzt auch noch etwas Persönliches –, und ich kann mich auch noch sehr gut, Sie vielleicht auch, an die Zeit der wirklich dramatischen Spaltung in unserer Gesellschaft erinnern, am Höhepunkt der Flüchtlingskrise während der Bundespräsidentschaftswahl: zum Beispiel dass man einander ganz häufig aus dem Weg gegangen ist, weil man schon so Angst gehabt hat, was der oder die andere wohl sagen wird und dass man vielleicht zum Streiten anfangen wird müssen. Ich kann mich total gut daran erinnern, was in dieser Zeit trotz allem immer funktioniert hat: Das war die wöchentliche Probe; dass man nämlich mit Menschen, mit denen man vielleicht diametral anderer Meinung ist, nicht unbedingt immer reden muss, sondern dass man eine Zeit lang einfach singen kann und das Reden bleiben lässt und dann geht es schon irgendwie.

Ja, und da ist mir klar geworden, dass wir es übers Musizieren in diesem Land geschafft haben, Beziehungen aufrechtzuerhalten, selbst in einem Moment der tiefen Krise. Und ich glaube, dass das auch in diesem Moment der Krise extrem wichtig sein kann. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben ja jetzt auch Isolation erlebt, persönliche Isolation, wir haben Vereinzelung vor den Bildschirmen erlebt, wir haben auch Einsamkeit erlebt. Ich bin fest davon überzeugt, dass uns auch daraus das gemeinsame Musizieren wieder herausholen kann; deswegen finde ich es großartig, dass wir ab sofort wieder proben können. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.00.13

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Offensichtlich sind die Parlamentsklubs der Regierungsfraktionen nicht wirklich überzeugt von der Umsetzungskraft und von den Ankündigungen von Kogler und auch Lunacek, die ja damals noch im Amt war, als der Antrag eingebracht wurde, sonst bräuchten sie keine Entschließung an die eigene Bundesregierung, in der sie fordern, „Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik“ herzustellen sowie „Möglichkeiten zur Durchführung von Musikproben auch mit Blasinstrumenten zu schaffen“.

Das Skurrile in diesem Zusammenhang ist, dass man sich da auf den wohl sehr wich­tigen Teil der Blasmusik, das gebe ich zu, aber doch auf diesen Teil beschränkt. Das wirkt ein bisschen wie ein Kniefall der Grünen vor der ÖVP, vielleicht speziell vor Klubobmann Wöginger. Keine Angst, wir werden dem Antrag schon zustimmen, er ist ja grundsätzlich gut, nur: Als Regierungspartei käme ich mir schon ein bisschen blöd vor, wenn man so einen Antrag über so einen Teilbereich an die eigene Regierung


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richtet, obwohl es ja die Regierung bis jetzt schon in der Hand gehabt hätte, das entsprechend umzusetzen.

Wenn man schon einen Antrag macht, warum macht man dann nicht einen allum­fassenden, wenn es um Planungssicherheit geht, sondern nur einen sehr einge­schränkten Antrag, wie Sie das machen? – Wir haben einen allumfassenden Antrag eingebracht. Man könnte auch glauben, dass vielleicht das Vertrauen in die Regie­rungsmitglieder der Grünen bei der Blasmusik endet. Bei diesem Thema kennen die Schwarzen keinen Spaß, da kennt der Gust Wöginger keinen Spaß. Unter diesem Gesichtspunkt haben wir eben zu dem gleichen Thema auch einen Antrag eingebracht.

Für unseren Antrag war damals die Pressekonferenz von Kogler und Lunacek am 17. April die Ausgangssituation. Diese Pressekonferenz hat mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben. Uns war es wichtig, die Verunsicherung, die in der Kunst- und Kulturszene herrscht, zu beenden, Rechtssicherheit, Planbarkeit und ein realitätsnahes und umsetzbares Maßnahmenpaket zu schaffen – und das umgehend. Auch die neue Staatssekretärin hat heute in ihrer Antrittsrede – und das habe ich sehr gut gefunden – genau das inhaltlich gefordert.

Ich nenne hier aber nur das Beispiel der Kinos: Es ist ja grundsätzlich gut, dass die jetzt aufsperren dürfen, aber mit Planbarkeit hat das nichts zu tun gehabt. Was ist mit den Veranstaltern von Rock- und Popkonzerten? Die hängen überhaupt noch total in der Luft.

Skurril war in diesem Zusammenhang auch die Aussage von Vizekanzler Kogler – und ich zitiere ihn wieder einmal, weil es immer so amüsant ist –: „Man muss selber auf­passen, dass man nicht skurril wird als Regierung“. Dann stellte er noch fest: „Theoretisch möglich ist viel, Praktisches ist eine andere Frage.“ – Damit hat er einfach nur Ratlosigkeit bei den Verantwortlichen hinterlassen.

Inzwischen haben sich die Ereignisse teilweise überholt. Es sind entsprechende Locke­rungen im Kunst- und Kulturbereich zumindest angekündigt worden. Dies ist zwar ein Fortschritt, aber die Regelungen, die Beschränkungen, die bleiben, sind immer noch vollkommen überzogen.

Der Ordnung halber weise ich für das Publikum auch noch darauf hin, dass dieser Antrag, der von uns eingebracht wurde und der wahrscheinlich heute von den Regie­rungsfraktionen wieder abgelehnt werden wird, bereits im Bundesrat eine Mehrheit erhalten hat. Daher ist die Regierung an den Inhalt dieses Antrages schon einmal gebunden. Wir haben den Antrag sogar schon am 28. April hier im Plenum einge­bracht, auch da ist er leider abgelehnt worden. Das sollen die Kunst- und Kulturschaf­fenden ruhig wissen.

Jetzt geben wir den Regierungsfraktionen eine neue Chance, wenngleich diese sich offensichtlich nur für diesen wichtigen, aber doch nur für diesen Teil der Blasmusik interessieren, da wirklich nachzubessern und einem allumfänglichen Antrag für die gesamte Kunst- und Kulturszene ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner ist zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

13.04.09


Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Herr Abgeordneter Reifenberger, nur zur physikalischen, wenn ich so sagen darf, Erklärung zur Blasmusik: Es ging eben darum, dass der Eindruck entsteht, dass das Blasinstrument für Schallwellen und damit natürlich Tröpfchen sorgt, die austreten und dadurch Viren spreaden (Zwischenruf des Abg. Vogl), aber tat-


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sächlich ist ja in einem Blasinstrument eine stehende Welle. Aufgrund dieser Tatsache hat man sich also auf die Blasmusik konzentriert. Es war keine böse Absicht und keine andere Intention dahinter.

Da aber diesbezüglich bereits Bereinigungen durchgeführt worden sind, darf ich mir erlauben, etwas allgemeiner auszuholen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Ich möchte der Frau Staatssekretärin sagen, dass sie eine beneidenswerte Position, um für Kunst und Kultur in diesem Land zu wirken, bekommen hat. Das ist tatsächlich prägend für dieses Land gewesen. Ich denke da zum Beispiel nur an Claudia Schmied, die Sie ja sehr gut kennen, eine kunstsinnige Kulturministerin, die in einer legendären Art und Weise mit der Bestellung von Dominique Meyer – an sich gegen die Intention eines ebenso kunstsinnigen Kanzlers, das muss man auch sagen – dafür gesorgt hat, dass die Blütezeit der Staatsoper fortgesetzt werden konnte.

Ich darf Sie an Rudolf Scholten erinnern, diesen unglaublichen Protagonisten und Förderer von Claus Peymann, der ja auch noch jetzt im Waldviertel, also im ländlichen Bereich, kulturell tätig ist, da gibt es Literatur im Nebel.

Ich darf Sie an den Antagonisten dazu, an Franz Morak, den großen Burgschauspieler und jetzt auch Rockmusiker erinnern, der ja gegen Peymann aufgetreten ist, weil er darin eine ästhetische Verengung der Kultur durch die deutsche Sichtweise gesehen hat.

Ich darf an dessen Chef, an Wolfgang Schüssel erinnern. Er ist ebenfalls ein kunstsinniger Mensch: Ich kann mich erinnern, dass er nicht nur fantastisch zeichnen und gut Cello spielen kann, sondern ich erinnere mich auch daran, als er einmal mit einem kunstsinnigen Auge die gigantischen Bilder von Max Weiler vorgestellt hat.

All diese gaben der Zeit ihre Kunst. „Der Zeit ihre Kunst“, das steht über dem Portal der Secession. Das ist jetzt gerade in dieser Zeit interessant, um jetzt dieser Zeit nach Corona ihre Kunst zu geben.

Vielleicht ist es ein interessanter historischer Vergleich, da die Salzburger Festspiele ja Gott sei Dank stattfinden werden – zwar reduziert, aber nur in Bezug auf die Quantität reduziert und sicherlich nicht in Bezug auf die Qualität –: Die Salzburger Festspiele feiern ihr hundertjähriges Jubiläum. Vor 100 Jahren wurden die Salzburger Festspiele von Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss initiiert. Wissen Sie, was im Jahre 1920 vorbei war? – Eine Krise, nämlich die Krise der Spanischen Grippe, einer Pandemie. Da gibt es also eine eigentlich recht interessante Parallele.

„Der Zeit ihre Kunst / der Kunst ihre Freiheit“. So steht es über dem Portal der Secession. „Der Zeit ihre Kunst / der Kunst ihre Freiheit“, diesen Leitspruch hat sich Sebastian Kurz als Bundeskanzler in seinem Regierungsprogramm gegeben, und sogleich haben die Künstler der Secession mahnende Worte gesprochen: „Der Kunst ihre Freiheit“, „Mit der Freiheit der Kunst ist unabdingbar Internationalität, Diversität und Dialog verbunden.“ (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist ja recht schön formuliert und auch politisch korrekt, aber man muss vielleicht noch weiterfragen: Ist das wirklich wahr? – Eigentlich ist das nicht richtig. Wissen Sie, die Freiheit der Kunst ist, weil die Freiheit mit nichts verbunden ist. Sie ist frei. Das haben die Secessionisten gewusst, als sie die Secession besiedeln konnten, denn die Secession wurde damals von Karl Wittgenstein hingestellt, dem Vater des großen Philosophen, dem Vater des einarmigen Pianisten und dem Vater der großen Mäzenin Margarethe. Dieser Karl Wittgenstein – unendlich reich – hat die Secession hingestellt und den Künstlern gegeben – ohne irgendeine Bedingung für irgendetwas, in völliger Freiheit.


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Dieser Karl Wittgenstein hat Georg Trakl einfach so ohne Bedingung von nichts heraus so viel Geld, wie ein österreichischer Beamter damals in drei Jahren verdiente, gegeben. Die Freiheit der Kunst ist jedenfalls damals bedingungslos gewesen. Das ist heute, in dieser Gegenwart unfassbar schwer zu übertragen.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, Sie haben eigentlich eine unlösbare Aufgabe vor sich: die Freiheit der Kunst. Diese unlösbare Aufgabe werden Sie, da bin ich über­zeugt, mit Kraft mit Fortune großartig bewältigen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Claudia Plakolm. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.09.26

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Heute ist ein guter Tag, nicht nur weil wir heute endlich das Budget beschlossen haben (Zwischenruf des Abg. Vogl), sondern auch deshalb, weil ab heute viele Lockerungen in vielen Bereichen gelten – insbesondere in der Kultur.

Vielerorts findet ja normalerweise an einem Freitag die klassische Musiprob statt; passend dazu reden wir heute im Parlament über das kulturelle Ehrenamt, über die unglaublich vielen Musikvereine, Blasmusikkapellen, Theatergruppen, Chöre und viele mehr, die sich in unserem Land engagieren.

Ab heute kann wieder geprobt werden, wir setzen da ganz stark auf die Eigen­verantwortung. Wir wollen das Leben jedes Einzelnen nicht überregulieren, sondern setzen auf Maßnahmen mit Hausverstand. Der Österreichische Blasmusikverband hat dazu auf seiner Homepage dankenswerterweise praktische Hilfestellungen für den Probenbetrieb veröffentlicht, die sich heute jeder noch vor der Musiprob durchlesen kann.

In weiterer Folge wird auch der Veranstaltungsbetrieb unter entsprechenden Schutz­maßnahmen schrittweise wiederaufgenommen, dadurch können beispielsweise ausge­fallene Frühjahrskonzerte oder Wertungsspiele nachgeholt werden. Diese Lockerung ist ein wesentlicher Schritt für das Comeback unseres örtlichen Lebens. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bedanken möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei unserer Kultursprecherin Maria Großbauer, die da in den letzten Wochen ganz großartige Arbeit geleistet hat und immer eine Kämpferin für die Blasmusik und die Kultur ist. Sie hat, denke ich, auch hier sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet, denn jetzt weiß jeder Abgeordnete, dass aus einem Blasinstrument nicht Luft, sondern nur Schall kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte noch ganz kurz auf die vorige Debatte über den NPO-Unterstützungsfonds in Höhe von 700 Millionen Euro, den wir heute noch beschließen werden, eingehen. Wegen der Coronakrise mussten ja viele Vereine ihre Veranstaltungen absagen, dadurch ist oft die einzige Einnahmequelle eines Vereins verloren gegangen. Wir haben daher im Ausschuss darüber beraten, wie wir Vereine und das Ehrenamt generell entlasten können – und wen ich in dieser Debatte im Ausschuss gar nicht verstanden habe, das sind die NEOS.

Kollege Sepp Schellhorn ist im Ausschuss sofort mit dem Vorschlag gekommen, die Vereinsfeste zu besteuern – ich glaube, das würde unser Ehrenamt nicht nur finanziell immens belasten, sondern generell das Engagement in Vereinen zerstören. Jeder von uns kennt bestimmt viele Vereine und kann sich einmal die Frage stellen, wer denn


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dann noch Verantwortung übernehmen würde, wer noch Feuerwehrkommandant, Musikvereinsobmann oder Sektionsleiter im Sport werden würde.

Unsere Vereine brauchen Sicherheit, aber mit Sicherheit nicht mehr Regulierungen, und bei diesem Thema sieht man wieder, wem das Ehrenamt tatsächlich ein Anliegen ist, wer sich hier im Parlament für das Ehrenamt einsetzt und wer das nur in Wahl­kampfzeiten macht und sich damit schmückt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Unsere Vereine mit ihren vielen Ehrenamtlichen sind für die gute Lebensqualität in unseren Gemeinden mitverantwortlich, sie sorgen für Zusammenhalt – insbesondere in Zeiten der Krise – und sie erhalten auch stark das Brauchtum.

Abschließend wünsche ich Ihnen, Frau Staatssekretärin Mayer, alles Gute für Ihre neue Aufgabe, ich freue mich auf die Zusammenarbeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstatterinnen ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Kulturausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.12.46 5. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 134/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden (168 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


13.13.23

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Malen ohne Zahlen“, so titelte „Der Standard“ in einem Artikel am 22. No­vember 2018 – was für eine passende Symbolik für die Situation von KünstlerInnen, wie recht der Redakteur oder die Redakteurin damals hatte!

Führen wir uns die Fakten einmal vor Augen! Sie kennen die Studie – ich habe sie heute schon erwähnt und erwähne sie immer wieder – „Soziale Lage der Kunst­schaffenden und Kunst- und Kulturvermittler/innen in Österreich“ aus dem Jahr 2018. Das war damals eine Neuauflage, und seit damals ist zwei Jahre lang nichts passiert.

Laut dieser Studie verdienen Kunst- und Kulturschaffende im Schnitt heiße 5 000 Euro pro Jahr durch künstlerische oder kunstvermittelnde Tätigkeit. Im Bereich der bilden­den Kunst ist das Ganze noch dramatischer, da sind es heiße 3 500 Euro – das ist erschütternd, oder? Davon kann nämlich niemand, wirklich niemand leben. Die Realität ist daher folgende: Viele Menschen – vor dem Vorhang, symbolisch gesprochen, aber auch dahinter – haben ganz einfach mehrere Jobs, weil man von Kunst und Kultur allein nicht leben kann.


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Dieses ewige Hin und Her – Sie kennen das, einmal selbstständig beschäftigt zu sein, einmal unselbstständig beschäftigt zu sein – hat enorme Auswirkungen: natürlich auf das Einkommen – dramatisch schlecht –, aber klarerweise auch auf Versiche­rungs­zeiten, Stichwort Pension, und auch, was den Anspruch auf Arbeitslosengeld anbe­langt. Da braucht es dringend eine Reform, die der Lebensrealität von KünstlerInnen entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, ich rufe Sie auf, wirklich zu handeln, denn es ist einfach beschämend, dass Künstlerinnen und Künstler in Österreich von der Hand in Mund leben müssen! Immer wieder machen wir auf diese Situation aufmerksam: KünstlerInnen sind im Vergleich zu allen anderen Branchen doppelt so oft von Armut betroffen. Vertröstungen helfen da nicht weiter – und ganz ehrlich, geschätzte Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen, Ihr Antrag ist eine Vertröstung!

Was soll das denn heißen: Es werde „ersucht, den bereits eingeleiteten Prozess einer Kulturstrategie ‚Fairpay‘ den Anforderungen durch die COVID-19 Krise anzupassen“ – welcher eingeleitete Prozess? Wir kennen keinen! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Ich appelliere erneut an Sie, weil Sie BündnispartnerInnen sind, was die Armutsbekämpfung anbelangt: Wir haben einen Antrag eingebracht, der ganz konkrete Forderungen enthält. Es geht um eine Budget­erhöhung, analog zum Wiener Modell, gekoppelt an eine faire Bezahlung – und Sie sind dagegen, das versteht kein Mensch mehr, und schon gar nicht die Menschen aus Kunst und Kultur.

Wir werden nicht lockerlassen, wir lassen uns nicht mit irgendwelchen Anträgen ohne Inhalt und ohne Aussagekraft abspeisen, denn, symbolisch gesprochen: Malen mit Zahlen muss für alle Künstlerinnen und Künstler endlich möglich sein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte schön.


13.16.41

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Kulturstaatssekretärin! Ich möchte das Thema mit folgendem Einstieg beginnen: Dieser Zeit ihre Kunst. Nicht zu verges­sen: Dieser Zeit ihre sozial gerechten Arbeitsbedingungen, denn Fair Play braucht Fair Pay, und ich denke, wir sind uns hier ganz klar einig, dass es eine Änderung dieser Bedingungen braucht.

Als Antwort auf die Coronakrise gibt es die Überbrückungshilfe für Künstler, den Härte­fallfonds, den NPO-Unterstützungsfonds. Bei diesen und den bereits davor definierten Unterstützungen möchten wir anknüpfen und Bewusstsein dafür schaffen, dass es in der Kunst- und Kulturszene in Zukunft Veränderungen braucht: Was mache ich als MusikerIn ohne Auftritte, als freie Schauspielerin ohne Ensemble, als Kunstmaler oder Kunstmalerin ohne Aufträge? Was ist mit Beleuchtung, Maske und Produktion, wo viel auf Honorarnotenbasis läuft und es keine Möglichkeit gibt, auf Kurzarbeit zurück­zu­greifen? Was ist mit jenen, die kein fixes Ensemble haben, in einer Theaterszene, wo es einen Kollektivvertrag gibt? Diese Dinge müssen uns klar werden, Frau Abgeord­nete Kucharowits, da braucht es Veränderungen, die in den letzten 36 Jahren auch die Sozialdemokratie – in unterschiedlichen Regierungskonstellationen – nicht geschafft hat!

Wir werden versuchen, im Hohes Haus diesen an uns selbst gestellten Anspruch zu erfüllen, und wir werden versuchen, einen wesentlichen Schritt für die Kunst- und


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Kulturszene weiterzukommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Staatssekretärin Mayer hat gestern in der Pressekonferenz bereits das Stichwort Flexibilität angesprochen. Sie hat auch zur Überbrückungshilfe gesagt, dass es nach dem Beschluss im Parlament bereits ab Juli zu Auszahlungen kommen wird, und ich finde, das ist eine ganz wesentliche Aussage und bietet auch Sicherheit für die Kunst- und Kulturszene.

An dieser Stelle, wenn es um die Weiterentwicklung von Fair Pay geht, möchte ich meinen Dank an die Interessengruppen aussprechen, die da hervorragende Expertise liefern. Sei es die IG Bildende Kunst, sei es die IG Kultur Österreich: Es gibt dort wirklich viel Datenmaterial und viele Fakten, auf deren Grundlage wir dann arbeiten können.

Ja, die KünstlerInnen haben zu oft wenig Unterstützung – und ich möchte betonen: Unterstützung ist vielleicht die falsche Formulierung, es geht vielmehr um eine öffent­liche Finanzierung von Kunst und Kultur. Das ist unser gesellschaftlicher Anspruch, und das brauchen wir für ein gesellschaftliches Zusammenleben.

Am Schluss noch ein Zitat von Joseph Beuys, dem Aktionskünstler, den wir alle ken­nen: „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit.“ – Joseph Beuys hat damit ganz deutlich und klar den Kunst- und Kulturbegriff vergesellschaftet. Ich glaube, auch das ist unsere Aufgabe, das gemeinsam zu sehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scheucher-Pichler.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Josef Schellhorn ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.20.49

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Wenn das nächste Mal der Vizekanzler sagt: in aller gebotenen Kürze, dann machen Sie sich auf etwas gefasst, denn dann dauert es ein bisschen länger. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Er ist gerade nicht im Saal, aber ich wollte es nur erwähnen. – Ich werde mich kurz fassen.

Kollegin Plakolm, wenn Sie mich zitieren, dann zitieren Sie mich richtig! Richtig wäre, dass ich natürlich dafür bin, dass Vereinsfeste genau die gleichen Steuern wie die Gastwirte zahlen müssen. Sie setzen sich in einem populistischen Wirtepaket dafür ein, dass die Wirte sozusagen ein paar Netsch kriegen, aber gleichzeitig wollen Sie alles steuerfrei haben, nämlich die Vereinsfeste. Ich setze mich als Gastwirtesprecher, als Gastronom auch dafür ein, dass diese Vereine die gleichen bürokratischen Auflagen haben wie die unseren. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.)

Es muss so sein, da kann man nicht unterscheiden. Ich möchte das nur richtig sagen, das ist nämlich total schizophren: Sie wollen auf einmal eine Gastwirtepartei sein (Abg. Eßl: Sind wir auch!), und auf der anderen Seite beschädigen Sie damit die Gastwirte.

Ja, Frau Staatssekretär – ich wollte das nur klarstellen –, wir sind natürlich für (Ruf: Die Demokratie!) diese Fair-Pay-Geschichte, die begrüßen wir, aber es geht ja auch um ganz etwas anderes. Frau Kollegin Blimlinger hat bei einem der Tagesordnungspunkte davor auch davon gesprochen, dass wir eine Strategie brauchen. Für eine Strategie braucht man eine Datenlage, und diese Datenlage könnte auch mit einem Kultur­satellitenkonto geschaffen werden. Transparenzdatenbank nennt man das, was schon immer und immer wieder eingefordert wurde. Diesbezüglich hat das Wifo auch schon Daten im Ministerium – beim Herrn Vizekanzler, bei Ihrer Vorgängerin, der Staats­sekretärin – abgeliefert, und ich möchte, dass Sie diese auch veröffentlichen, damit wir einmal eine Basis haben. Es geht nämlich auch um die Absicherung.


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Da wir letzte Woche oder vor allem heute Vormittag beziehungsweise in der Früh noch das Budget beschlossen haben: Inflationsbereinigt verliert das Kulturressort bis 2024 an die 50 Millionen Euro. Da haben wir noch gar nicht miteinberechnet, was sonst noch durch Corona verlorengeht. Es wird noch viel mehr sein, und gleichzeitig wissen wir, dass es gilt, das Burgtheater, auch von den Löhnen her, abzusichern, denn da werden in den nächsten zwei Jahren 6 Millionen Euro fehlen. Da müssen wir auch daran denken, Transparenz walten zu lassen. Wir brauchen diese Daten! Ich bitte Sie, diese zu veröffentlichen.

Noch ein wichtiger Punkt: Ich weiß nicht, Frau Staatssekretär, ob Sie es gelesen haben, aber Philippe Bischof von der Pro Helvetia hat in den „Salzburger Nachrichten“ am Wochenende – ich glaube, Bernhard Flieher hat ihn interviewt – ein wirklich interessantes Interview gegeben, wie man in der Schweiz Zeitgenössisches auch in das Ausland trägt. Ich glaube, wir sollten deshalb versuchen, ein Büro für zeitge­nös­sische Kunst hier in Wien zu etablieren, um auch die Künstlerinnen und Künstler von heute der Welt näherzubringen. Sie müssen ja zu uns kommen und wir brauchen nicht so Kulturinstitute - - Vielleicht brauchen wir sie, aber warum brauchen wir die Wirt­schaftskammer dazu? Die schafft es ja nicht einmal beim Härtefallfonds! Wie geht dann das? (Beifall bei den NEOS.)

Man sollte wirklich daran denken, ein ähnliches Muster zu wählen. Schauen wir uns das gemeinsam an: Was können wir für die Zeitgenössische jetzt machen? Ich würde daher noch einmal darum bitten – wir werden das hoffentlich auch tun –, dass wir nächste Woche besprechen, was wir zu tun haben.

Das sind also diese Punkte, um die ich bitten würde, und ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­öffent­lichung der WIFO Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Kunst und Kultur wird aufgefordert, die WIFO Studie zur volks­wirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich sofort zu veröffentlichen, damit die wenigen Daten, die es im Kulturbereich gibt, auch der Öffentlichkeit zugäng­lich sind.“

*****

Ich würde mich über eine Zustimmung sehr freuen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Veröffentlichung der WIFO Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 86

eingebracht im Zuge der Debatte in der 34. Sitzung des Nationalrats über Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden (168 d.B.) – TOP 5

Die Datenlage im Kunst und Kulturbereich ist erschreckend schwach. Die Transparenz­datenbank wird gar nicht oder nur schlecht befüllt, es gibt kein Satellitenkonto (wie z.B. im Tourismus) und keine validen Daten um eine evidenzbasierte Kulturpolitik zu be­treiben, die begründen könnten, warum das Kunst und Kulturministerium gewisse Maßnahmen umsetzt bzw. gewisse Förderungen vergibt. Die momentane Corona-Krise verdeutlicht sehr gut, dass es hier Handlungsbedarf gibt und die jetzt vom WIFO erhobenen Daten jedenfalls auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Diese Studie wurde mit dem Steuergeld aller Steuerzahler_innen finanziert weshalb es daher nur logisch ist, dass besagte Studie auch allen zur Verfügung stehen muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Kunst und Kultur wird aufgefordert, die WIFO Studie zur volks­wirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich sofort zu veröffentlichen, damit die wenigen Daten, die es im Kulturbereich gibt, auch der Öffentlichkeit zugäng­lich sind."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.25.11

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Hohes Haus! Vielleicht können Sie mir helfen, Frau Kucharowits? Sie haben vorhin, auch in Ihrer Erläuterung zu dem ursprünglichen Antrag, darauf hin­gewiesen, dass Künstlerinnen und Künstler in prekären Situationen sind, dass für sie nicht vorgesorgt ist, dass sie von Altersarmut bedroht sind – all das, was wir ja ken­nen –, und nehmen dann im Antrag Bezug auf das Wiener Modell.

Ich habe mir dieses Wiener Modell angeschaut. Es ist ein sehr, sehr guter Ansatz und eine sehr, sehr gute Idee, allerdings geht es da um Mitarbeiter von Kulturarbeit und Kultur­vereinen und nicht um die Künstlerinnen und Künstler selber. Ich glaube, das kann man besser machen. Es ist ein schöner Ansatz und ein guter Ansatz – soweit ich weiß, wurde dieser Vorschlag auch im Wiener Gemeinderat von allen Parteien unter­stützt –, aber ich glaube, das geht besser, und da setze ich ganz, ganz große Hoff­nungen auf die Frau Staatssekretärin.

Ich möchte Sie, Frau Staatssekretärin, hier auch von meiner Seite herzlich willkommen heißen. Ich freue mich auf eine sehr gute Zusammenarbeit, ich freue mich auch auf Ihre Kreativität, und damit bringen wir das – so kann ich mir gut vorstellen – besser und vernünftiger hin.

Ich freue mich. Alles Gute auch für die zukünftige Arbeit! Viel Kreativität wünsche ich Ihnen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.26


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 87

13.27.00 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 5


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Kulturausschusses.

Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Kultur­aus­schusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich, ob die Klubs eine Sitzungs­unterbrechung benötigen. – Das ist offenbar nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend 20. COVID-19-Gesetz in 186 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Zarits, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Zarits, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 §§ 1 bis 3 und § 5.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Artikels 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Zarits, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügungen in Artikel 2.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hen­des Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3, die dem Ausschuss­bericht 166 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Wiederaufnahme


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der Musikproben im Musikland Österreich, insbesondere der Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (39/E)

Weiters gelangen wir nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 167 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 5.

Zunächst lasse ich über den Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 168 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 134/A(E) zur Kenntnis zu nehmen, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 168 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung betreffend „Fair Pay“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (40/E)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Veröffentlichung der WIFO Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (41/E)

13.30.456. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (113 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Biozidproduktegesetz geändert wird (161 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Martin Litschauer. – Bitte schön, Herr Abge­ord­neter.


13.31.06

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich darf heute zum Biozidproduktegesetz sprechen. Manche haben sich da schon im Vorfeld ein bissl die Frage gestellt: Was sind eigentlich Biozide? – Im Prinzip sind das ähnliche Produkte wie Pflanzenschutzmittel. (Unruhe im Saal.) Es ist etwas laut hier im Saal, aber da das trotzdem nicht ganz unbedeutend ist, setze ich jetzt einmal fort.

Biozidprodukte werden dafür eingesetzt, um Menschen, Produkte oder Materialien zu schützen. Es sind unter anderem zum Beispiel auch Holzschutzmittel, aber auch Des­infektionsmittel, und diese werden gewerblich-industriell, aber auch im privaten Be­reich eingesetzt.


Präsident Ing. Norbert Hofer: Einen Moment, Herr Abgeordneter!


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Ich darf im Saal um etwas mehr Ruhe bitten, auch aus Respekt gegenüber jenem Kollegen, der gerade am Rednerpult steht. – Danke schön.


Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (fortsetzend): Wir setzen damit die EU-Ver­ordnung 528/2012 um, die eben auch die Zulassung von solchen Produkten regelt. Mit diesem Gesetz sichern wir die Finanzierung dieser Zulassungen und regeln auch die Anwendung. Dabei ist mir ganz wichtig, dass auch der Sachkundeausweis umgesetzt wird, sodass diese Produkte in Zukunft von fachkundiger Hand eingesetzt werden und damit in der Anwendung die Anwender und im Endeffekt auch die Umwelt geschützt werden. Ähnlich wie bei den Pflanzenschutzmitteln erwarte ich mir durch diesen sorg­fältigen Umgang mit diesen Produkten auch einen Rückgang der Gifte in der Umwelt, und deswegen finde ich es sehr gut, dass wir dieses Gesetz jetzt umsetzen. Ich bin zuversichtlich, dass dadurch auch die Menschen, die das anwenden, besser geschützt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.33.24

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin! Hohes Haus! Vor uns liegt ein neues Biozidproduktegesetz, bei dem es um Vereinheit­lichun­gen, um Ergänzungen von Datenschutzvorschriften und so weiter geht. Das ist alles unterstützenswert, und deshalb werden wir auch mitstimmen, aber wenn wir uns schon über Chemikalien unterhalten und über Biozide sprechen, dann will ich auch gleich zum Thema Pestizide etwas sagen, denn da gibt es nichts zum Zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Pestizid Glyphosat ist Ausdruck einer rein auf Profit getrimmten, industriellen Landwirtschaft, die wir so nicht mehr haben wollen. Es muss klar sein, sobald man über dieses Thema redet, geht es um knallharte Profitinteressen. Der ehemalige Konzern Monsanto, jetzt Bayer – es gab eine große Übernahme –, machte allein mit dem Glyphosatmittel Roundup 2 Milliarden Dollar im Jahr, und das ist ein Konzern! Erinnert man sich jetzt aber daran, dass Glyphosat das Pestizid ist, das weltweit am meisten verwendet wird, dann sieht man schon, dass es um ziemlich viel Geld geht.

Auf der einen Seite (in Richtung ÖVP weisend) – ich nehme jetzt ganz zufällig hier die ÖVP-Seite für Demonstrationszwecke her – will man diese Gewinne mit Glyphosat auch weiterhin machen. (Abg. Leichtfried: Das ist ja unglaublich!) Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die sagen: Es ist uns absolut egal, wie viel Profit ihr macht, dass ihr euch dumm und deppert mit Glyphosat verdient, wir wollen ein Giftmittel, das wahrscheinlich krebserregend ist, nicht mehr haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich selbst würde mich jetzt auch zu dieser Gruppe zählen und vielleicht auch erklären, warum: Wissen Sie, wo man Glyphosat überall findet? – Glyphosat finden wir in unserem Boden, in unseren Pflanzen, in unseren Lebensmitteln, auf unseren Tellern am Esstisch und dadurch auch in unserem Körper. Drei von zehn Österreicherinnen und Österreichern haben Glyphosat im Urin, es wurde sogar in der Muttermilch gefunden. Es ist ein höchstwahrscheinlich krebserregendes Gift, vor dem sogar die Weltgesundheitsorganisation warnt. – Ja, weg damit! Es gibt so viele Bauern, die vorzeigen, wie es geht, nämlich umweltfreundlich und ohne dieses Pflanzengift – weg damit! Steigen wir um! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum sage ich jetzt hier dauernd endlich? – Weil wir ja eigentlich, Sie erinnern sich, schon im Dezember letzten Jahres einen Beschluss dazu gefasst haben, dass wir Glyphosat in diesem Land nicht mehr haben wollen, auch mit der ganz konkreten


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Aufforderung, die zuständige Ministerin – in diesem Fall ÖVP – Köstinger soll an die EU-Kommission notifizieren. Was aber ist für die ÖVP-Ministerin ein Antrag? Was ist das schon? – Das kann man generell nach dieser Budgetdebatte fragen: Was ist der Parlamentarismus für die Regierung an dieser Stelle überhaupt wert? (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde vom Ministerium einfach nicht notifiziert – es wurde nicht notifiziert! Wenn die ÖVP-Bauern Nein sagen, dann fährt der Traktor drüber, dann wird das nicht notifiziert; so ist es. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Nationalratspräsident ist dann eingesprungen und hat es notifiziert, auf welcher Grundlage genau, das wissen wir noch nicht. Man muss ihm ja fast dankbar sein, wobei ich glaube, dass es dann doch eher die parteipolitischen Überlegungen waren, Ministerin Köstinger da aus der Patsche zu helfen. (Abg. Strasser: Das war von der SPÖ, der Antrag! Das ist Ihr Antrag, Frau Kollegin!) – Sie brauchen sich nicht aufzuregen, ich komme schon zum Wesentlichen: Ich nehme zur Kenntnis, dass die Profitinteressen der ÖVP-Bauern offenbar über der Gesundheit von Millionen Men­schen in Österreich und auch über unserer Umwelt stehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Berlakovich.– Keine Sorge, ich nehme es nur zur Kenntnis, ich akzeptiere es nicht. Wir wollen es jetzt wissen: Was ist mit dem Glyphosatverbot in Österreich? – Wir bleiben dran! Machen wir Österreich glyphosatfrei! – Danke schön, genau so ist es! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.38.01

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Man merkt gerade die Aufregung über diese Brandrede (Abg. Leichtfried: Das war jetzt eine sehr gute Rede, eine wirklich gute Rede!) der Frau Kollegin Herr betreffend Glyphosat. Wir sind da gleicher Meinung, wir haben dem Antrag auch gemeinsam zugestimmt. Durch all die Tricksereien im Parlamentarismus ist das aber nicht zustande gekommen, weshalb wir dieses Verbot nicht umsetzen konnten.

Im Endeffekt ist es Profitgier, es ist eine reine Profitgier von Konzernen, die kein Patent mehr darauf haben. Nichtsdestotrotz bleiben wir dran und werden auch versuchen, eine Lösung zu finden, sodass es ein entsprechendes Verbot von Glyphosat geben wird. Der entscheidende Faktor im Umweltbereich ist der Schutz der Insekten, der Schutz der Umwelt, der Schutz der Menschen, aber nicht die Interessen von Kon­zernen und Industrien.

Diesem Biozidproduktegesetz werden wir natürlich zustimmen. Das ist ein gutes Gesetz, bei dem es auch darum geht, fachkundige Personen auszubilden, um natürlich die Gifte zu reduzieren, und zu vereinheitlichen, sodass sowohl für den privaten als auch für den gewerblichen Bereich einheitliche Regeln im Sinne der Umwelt und im Sinne der Insekten, der Bienen gelten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.39.39

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Dieser Tagesordnungspunkt hat ja eigentlich sehr konsensual begonnen, aber ich fürchte,


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nach den Aussagen des Kollegen Rauch und vor allem der Kollegin Herr wird er nicht so enden.

Diese Aussagen, vor allem von Kollegin Herr, sind nämlich absolut zurückzuweisen, und zwar deswegen (Zwischenruf bei der SPÖ), weil sie mit ihren Aussagen unterstellt, den Bäuerinnen und Bauern, der Landwirtschaft wären die Profitinteressen von großen Firmen wichtiger als die Gesundheit der Menschen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine solche Unterstellung ist absolut zurück­zuweisen, weil das nicht stimmt. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist nicht richtig. Unsere Landwirtinnen und Landwirte waren diejenigen, die während der Coronakrise die Ver­sorgung der Bevölkerung sichergestellt haben (Zwischenruf des Abg. Loacker), und sie tun das immer noch auf eine großartige Art und Weise. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die vormalige Kanzlerin Bierlein hat beim Thema Glyphosat auch klargestellt, wie das mit der Notifizierung ist, wer da zuständig ist und wer nicht.

Nun aber von der Polemik wieder zurück zur Sachpolitik, zum Biozidproduktegesetz: Biozide sind im Wesentlichen chemische Stoffe zur Bekämpfung von Schadorga­nis­men, wenn Materialien wie Holz zum Beispiel vor dem Befall mit Mikroorganismen geschützt werden müssen oder – gerade in der Coronakrise auch wichtig – wenn Objekte desinfiziert werden müssen oder auch wenn Nagetiere vernichtet werden müs­sen.

Diese Stoffe vernichten bestimmte Organismen und können allerdings bei unsach­ge­mäßem Umgang auch Schäden an Mensch und Tier, an der Natur und an unserer Umwelt verursachen. Deshalb ist es wichtig, sachgemäß damit umzugehen. Diese Novelle sieht vor, dass entsprechende Leitlinien für einen sachgerechten Umgang erlassen werden können, die auch die vorhandenen Risiken minimieren.

Bis zu einem gewissen Grad ist wahrscheinlich in einer modernen Gesellschaft der Einsatz von Chemikalien und auch von Biozidprodukten notwendig. Wie so oft ist schlicht und ergreifend das Problem ein Zuviel oder wenn ein falsches Mittel verwendet wird, weil das zu unerwünschten Nebenwirkungen führen kann.

Ich halte es deswegen auch für wichtig, neben gesetzlichen Regelungen, Leitlinien, Richtlinien und so weiter Programme umzusetzen, die die Menschen informieren und aufklären und vielleicht auch zeigen, dass man auch ohne Chemie Schädlinge be­kämpfen kann, vor allem im Privatbereich, vor allem in den Privatgärten.

Ich möchte da auf eine Aktion verweisen, die mittlerweile seit über 20 Jahren sehr erfolgreich ist, die Aktion Natur im Garten in Niederösterreich. Das ist eine Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Ökologisierung von Gärten und Grünräumen populär zu machen. Die Kernkriterien dieser Bewegung Natur im Garten legen fest, dass Gärten und Grünräume ohne chemisch-synthetische Pestizide und Dünger und ohne Torf gestaltet und gepflegt werden sollen. Das ist wichtig zum Erhalt der natürlichen Vielfalt (Abg. Vogl: ... homöopathisch ist besser?), und Vielfalt ist auch wichtig, gerade wenn es um unsere Umwelt geht.

Deswegen ist es auch sehr zu begrüßen, wenn es landauf, landab Gruppen gibt, wie die Landjugend zum Beispiel (Zwischenruf des Abg. Vogl), die Nützlingshotels bauen, die Bienenweiden anpflanzen, und auch wenn Gemeinden Schmetterlingshecken set­zen oder Trockenrasen anpflanzen, auf denen blühende Blumen wachsen können. (Abg. Cornelia Ecker: Da gibt es einen Antrag ...!) Ich glaube, es muss auch zu einer Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Umwelt werden, im eigenen Garten oder auf Balkonen so gut es geht auf solche Chemikalien zu verzichten. – Ich bedanke mich für


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Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen alles Gute, Frau Minister! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Kommt jetzt die Entschuldigung? – Abg. Herr – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, es kommt eine tatsächliche Berichti­gung!)


13.43.25

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Abgeordneter Ofenauer hat in seiner Rede behauptet, dass ich den Bauern im Land unterstellt hätte, die Profitinteressen wären ihnen wichtiger als die Gesundheit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe es nicht den Bauern, ich habe es der ÖVP unterstellt, und ich würde es wieder machen. – Danke schön. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


13.43.53

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ich werde mich wieder aufs Biozidproduktegesetz konzentrieren.

Was passiert in diesem gegenständlichen Entwurf? – Ganz kurz: Wir passen an EU-Recht an, das sind flankierende Regeln zu einer Verordnung. Wir adaptieren das Bio­zidproduktegesetz, um aufgrund abgelaufener Übergangsbestimmungen auch eine Rechtsbereinigung vorzunehmen. Wir valorisieren Gebühren, damit man die hohe Qualität der Zulassungsverfahren in Österreich auch weiter gewährleisten kann. Wir passen einige Bestimmungen an das Chemikalienrecht und natürlich auch an den Datenschutz an.

Warum ist das alles so wichtig? – Es geht gerade im Zulassungsverfahren von Pro­dukten wie Biozidprodukten darum, besondere Sorgfaltspflicht walten zu lassen, und es geht auch darum, ein besonderes Vorsorgeprinzip walten zu lassen. Beides setzen wir mit dieser Novelle um. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in dieser Novelle auch spezifische Zulassungsstrategien vorgelegt, um auch weiterhin rasche Verfahren garantieren zu können. Wir haben gerade in der Corona­krise gesehen, wie wichtig das sein kann. Wir haben durch ein wirklich innerhalb von 24 Stunden abgeführtes Verfahren einer Notfallzulassung ermöglicht, dass wir die Des­infektionsmittelversorgung in Österreich großräumig sicherstellen konnten. Die Qualität dieser Verfahren, das Tempo dieser Verfahren, die rechtliche Basis dieser Verfahren sichern wir mit der Novelle zum Biozidproduktegesetz.

Ich möchte mich ganz herzlich bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Abteilung Chemiepolitik und Biozide bedanken, die heute auch teilweise hier anwesend sind, und darf Sie um Ihre breite Zustimmung ersuchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 93

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Nein, das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Umweltausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.45.537. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (114 d.B.): Bun­desgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strah­lung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020) (162 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.46.08

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das österreichische Volk hat vor mittlerweile 42 Jahren einen eindeutigen Weg einge­schlagen, der an Klarheit nichts vermissen lässt: Nein zur Atomenergie!

Genauso konsequent wie in der Ablehnung der Energienutzung sollten wir aber auch bei den Schutzstandards im Umgang mit ionisierender Strahlung, bei der Gewähr­leis­tung nuklearer Sicherheit sowie im Umgang mit radioaktiven Abfällen sein. Das sind wichtige Bereiche, die unbedingt aus gesundheitspolitischen, aus umweltpolitischen, aber auch aus sicherheitspolitischen Aspekten geregelt gehören.

Die Umsetzung der Euratom-Richtlinie dient nur als Anlass für die vorliegende Neu­fassung des Strahlenschutzgesetzes. Erfreulich ist dabei, dass damit einige positive Inhalte umgesetzt werden. So werden etwa Schutzbestimmungen bei Tätigkeiten in Radonschutzgebieten festgelegt oder auch Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien besser geregelt.

Meine Damen und Herren, schade ist – besonders bei einer grünen Ministerin –, dass die Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle im Strahlenschutzgesetz aus unserer Sicht jedoch viel zu kurz kommt. Noch immer gibt es keinen konkreten Plan, wie und wo ein solches Endlager entstehen soll. Als wir Ihnen diese Kritik schon vor Wochen persönlich im Umweltausschuss mitgeteilt haben, haben Sie mit einem Verweis auf eine Arbeitsgruppe reagiert. Es bleibt zu hoffen, dass diese Arbeitsgruppe auch unver­züglich in die Gänge kommt.

Lassen Sie mich aber nun zusammenfassen, aus welchen Gründen wir dieser Geset­zes­vorlage nicht zustimmen können:

Die Neufassung des Strahlenschutzgesetzes bringt nicht nur die Umsetzung der letzten Euratom-Richtlinie, sondern sie wird auch dazu benutzt, um das Schutzniveau bei Schwangeren, also bei Frauen in einer sehr sensiblen Phase, abzusenken. Da machen wir sicher nicht mit, meine Damen und Herren! Bisher waren Schwangere zu deren Schutz im Strahlenbereich verboten, und das soll und muss so bleiben. Es gibt in Österreich schutzbedürftige Gruppen, und das Minimierungsgebot des Strahlen­schutzes sollte etwa bei Schwangeren dazu führen, dass sie nach Möglichkeit gar nicht erst durch die Strahlung belastet oder einer Strahlung ausgesetzt werden.

Der folgende Abänderungsantrag der Abgeordneten Herr, Laimer und GenossInnen, den ich hiermit einbringe, behandelt das Strahlenschutzgesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes Nr. 133/2015 und sieht zum Schutz des ungeborenen Kindes ein


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Tätigkeitsverbot von Schwangeren im Strahlenbereich, in Überwachungs- und Kontroll­bereichen vor.

Um dem Schutzbedürfnis von Schwangeren Rechnung zu tragen, soll die Tätigkeit nur für jene schwangeren Arbeitskräfte erlaubt werden, die das ausdrücklich wünschen. Dieser Wunsch ist vom Arbeitgeber zu dokumentieren; denn der Arbeitnehmerschutz ist uns nicht wurscht, im Gegensatz zu den Regierungsparteien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter! Bitte verlassen Sie nicht das Rednerpult, Herr Genosse! (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grü­nen.) Ich bitte Sie, den Antrag so vorzulesen, wie er dargestellt ist, ansonsten kann er nicht eingebracht werden. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: „Herr Genosse“!)


Abgeordneter Robert Laimer (fortsetzend): Es ehrt mich, Herr Präsident, aus Ihrem Munde! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kugler.) „Genosse“ ist für mich immer eine Auszeichnung – weil es von genießen kommt. (Beifall und Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage (114 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (162 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

„1. § 11 Abs. 1 lautet:

‚Schwangere und stillende Arbeitskräfte

§ 11. (1) Schwangere dürfen nur dann in Überwachungs- und Kontrollbereichen tätig sein, wenn dies ausdrücklich auf eigenen Wunsch erfolgt und dieser Wunsch doku­mentiert wird. Für diesen Fall sind für eine schwangere Arbeitskraft die Arbeitsbedin­gungen so zu gestalten, dass dem ungeborenen Kind ein Schutz gewährt wird, der dem Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung vergleichbar ist.‘“

Das Strahlenschutzgesetz in der Fassung des BGBl. I Nr. 133/2015 sieht zum Schutz ‑ ‑


Präsident Ing. Norbert Hofer: Das müssen Sie nicht mehr vorlesen, Herr Abge­ord­neter, es reicht der eigentliche Text. Vielen Dank, danke schön.


Abgeordneter Robert Laimer (fortsetzend): Gerne! (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr, Robert Laimer,

Genossinnen und Genossen

zur Regierungsvorlage (114 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (162 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

„1. § 11 Abs. 1 lautet:

„Schwangere und stillende Arbeitskräfte

§ 11. (1) Schwangere dürfen nur dann in Überwachungs- und Kontrollbereichen tätig sein, wenn dies ausdrücklich auf eigenen Wunsch erfolgt und dieser Wunsch doku­men­tiert wird. Für diesen Fall sind für eine schwangere Arbeitskraft die Arbeits­bedin­gun­gen so zu gestalten, dass dem ungeborenen Kind ein Schutz gewährt wird, der dem Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung vergleichbar ist.““

Begründung

Das Strahlenschutzgesetz in der Fassung des BGBl. I Nr. 133/2015 sieht zum Schutz des ungeborenen Kindes ein Tätigkeitsverbot von Schwangeren in Strahlenbereichen (Überwachungs- und Kontrollbereiche) vor.

Die Regierungsvorlage des Strahlenschutzgesetzes 2020 sieht vor, dass für Schwan­gere die Arbeitsbedingungen so zu gestalten seien, dass dem ungeborenen Kind ein Schutz gewährt wird, der dem Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung vergleich­bar ist und somit eine Tätigkeit in Überwachungs- und Kontrollbereichen nicht mehr untersagt wird.

Um dem Schutzbedürfnis von Schwangeren Rechnung zu tragen, soll die Tätigkeit nur für jene schwangeren Arbeitskräfte erlaubt werden, die dies ausdrücklich wünschen. Dieser Wunsch ist vom Arbeitgeber zu dokumentieren.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist somit ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Martin Litschauer. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


13.51.12

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Es freut auch mich, dass jetzt, nach 50 Jahren, das Strahlenschutzgesetz neu gefasst wird. Ich denke, das war schon ganz dringend notwendig. Darin sind ein paar ganz wichtige Dinge enthalten, vor allem freut es mich, dass in diesem Gesetz die Kompetenz für dieses Gesetz im Klimaschutzministerium verankert wurde und dass wir mit diesem Gesetz die Trennung zwischen der Aufsichtsbehörde für solche Atom­anlagen und dem Betreiber von Atomanlagen geschaffen haben. Das ist ein erster großer Meilenstein, das geht in die richtige Richtung.

In weiterer Folge fehlt da natürlich noch mehr, denn auch betreffend andere Anlagen, die derzeit zum Beispiel in den Bundesländern zugleich betrieben und überwacht wer­den, könnte man durchaus den Schritt überdenken, den Bereich, der die Aufsicht betrifft, ins Klimaschutzministerium zu delegieren.

Die Radonbelastung in Österreich ist ein ganz wesentlicher Punkt. Nach dem Rauchen ist das Radongas, das natürlich vorkommt, zum Beispiel vor allem bei uns im Wald­viertel, aber auch in anderen Regionen Österreichs, die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs und gar nicht so unbedeutend. Deswegen, glaube ich, ist es ganz, ganz


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wichtig, dass wir hier Maßnahmen setzen, damit die Radonbelastung für die Öster­reicherInnen reduziert wird, und dafür legt dieses Gesetz die Grundlage.

Mit dem 1.1.2021 wird das BMK unter anderem die Zuständigkeit für den Forschungs­reaktor übernehmen. Das beinhaltet ganz wesentliche Punkte. Ich möchte kurz darauf eingehen, dass das Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften an der Boku eine ganz wichtige Institution in Österreich ist, weil sie dafür Sorge trägt, dass wir auch Wissenschaftler haben, die sich im Strahlenschutz und im Atombereich auskennen. Die werden wir auch brauchen, damit wir ernst genommen werden, wenn wir weiter international mit unserer Expertise auftreten wollen. Ich erinnere daran: Beim Melker Abkommen wurden die Sicherheitsmängel im AKW Temelín vor allem durch dieses Risikoforschungsinstitut aufgedeckt, und da müssen wir wirklich dafür sorgen, dass wir diese Wissenschaftler weiter zur Verfügung stellen.

Zum Antrag betreffend Schwangere: Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Abän­derungsantrag vielleicht schon im Ausschusses da gewesen wäre, dann hätten wir uns das ein bisschen besser und länger anschauen können. Soweit ich die Unterlagen studieren konnte und meine Rückmeldungen da sind - - (Abg. Leichtfried: ... dem nicht vorhandenen Ausschuss! – Abg. Yılmaz: Wir sollen ja das Budget be­schließen!) – Lassen Sie mich ausreden, ich habe Sie auch ausreden lassen!

Nach Rückfrage bei den Experten konnten wir keine Nach-unten-Nivellierung des Schutzstandards für Schwangere feststellen. Wir schauen uns das im Nachgang aber durchaus sehr gerne an, weil wir für Kritik ja offen sind. Wie Sie aber sehen, haben wir noch einige Aufgaben (Zwischenruf bei der SPÖ), aber ich kann nicht herauslesen, dass da eine Nach-unten-Nivellierung stattgefunden hat. Deswegen bitte ich Sie auch, zuzustimmen, und wir reden gerne noch darüber, wie wir dieses Gesetz auch für die Zukunft weiterentwickeln. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.54.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Neufassung des Strahlenschutzgesetzes von 1969 behandelt natürlich einen Bereich, auf den man sehr genau schauen muss, gerade – wie es schon erwähnt wurde – in Österreich, wo wir eine sehr starke, sage ich einmal, Sensibilisierung rund um dieses Thema haben.

Die vorliegende Umsetzung der EU-Richtlinie in österreichisches Recht bringt vor allem sehr viele Vereinfachungen und Verbesserungen, zum Beispiel betreffend nukleare Sicherheit, das Thema Schutz vor Radon.

Was in Österreich auch immer wieder ein sehr kritisches Thema ist, ist die sichere Entsorgung von Elementen, wobei wir auf sehr niedrigem Niveau spielen. Wir haben ja keine Atomkraftwerke, aufgrund derer wir Massen an Elementen oder Ähnlichem entsorgen müssten, wir bewegen uns eher im Bereich von Versuchsreaktoren, von Laborabfällen, wodurch eine geringe, aber doch vorhandene Menge entsteht.

Ein großes und wichtiges Thema ist der Personenschutz, ist die Gesundheit. Dahin gehend bringt das Gesetz auf der einen Seite, inklusive finanziellem Aufwand, durch­aus viele Verbesserungen – Verbesserungen hinsichtlich der Gesundheit der betrof­fenen Personen durch Informationen, durch Schulungen und durch all das, was sen­sibilisiert, auch für das Personal, das geschult ist und das unter Einbeziehung dieser Thematik arbeiten muss.


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Wir werden in diesem Fall auch den Antrag der SPÖ mitnehmen, aber nicht, weil er jetzt das Letzte und Beste an Erkenntnissen bringt. (Abg. Leichtfried: Na geh! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) Da gibt es einen Punkt, bei dem man schon einmal auch ein bisschen diskutieren muss: Immer, wenn wir in Österreich Verbesserungen für bestimmte Personengruppen umsetzen wollen, wirkt das im ersten Ansatz gegen die betroffene Gruppe. Ich nenne als Beispiel die über 55-Jährigen: Dem guten Schutzprogramm folgt als Erstes, dass sich das negativ auf die Betroffenen auswirkt. Da muss man überlegen, wie man das so gestaltet, dass der Schutz, den man ge­setzlich schafft, sofort und direkt wirkt.

Ich glaube aber, dass das Gesetz genau diesen Platz bietet, nicht nur mit Schulung und Information, sondern auch dahin gehend – wie es der Kollege von den Grünen erwähnt hat –, dass man das in der nächsten Zeit umsetzt und wirken lässt. Ich hoffe, dass wir das für die betroffenen Personen, für die Frauen, auch bald entsprechend umsetzen können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Yannick Shetty ist der nächste Red­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.57.45

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht eines vorweg: Weil wir in der Opposition heute schon und grundsätzlich sehr kritisch gegenüber der Bundes­re­gierung sind, möchte ich etwas sagen, was ich schon im Ausschuss gesagt habe und was mir auch im Vergleich zu anderen Ausschüssen – sagen wir zu Ausschüssen, in denen türkise Regierungsvertreter da waren – aufgefallen ist: Ich schätze es wirklich sehr und möchte auch ein Lob explizit an Sie (in Richtung Bundesministerin Gewessler) dafür aussprechen, dass da ein Austausch auf Augenhöhe stattfindet und auch mit den Abgeordneten ein wertschätzender Umgang besteht.

Ich habe im Ausschuss aber auch schon gesagt – das möchte ich auch hier noch einmal betonen –, dass wir gerade in der Klima- und Umweltpolitik ganz genau darauf schauen werden, ob sich das so ähnlich wie bei den Türkisen in der Migrationspolitik zu sehr viel PR und sehr viel Show entwickelt, oder ob tatsächlich die Maßnahmen kommen, die wirklich erforderlich sind.

Zu diesem Tagesordnungspunkt ist ja schon einiges gesagt worden. Wir halten diese Neufassung für sinnvoll, es ist die erste Neufassung des Strahlenschutzgesetzes überhaupt und sie ist auch dringend notwendig, weil ja auch ein Vertragsverlet­zungs­verfahren gegen Österreich in dieser Sache läuft.

Was wir problematisch sehen – auch das haben wir im Ausschuss diskutiert –, ist, dass keine langfristige Perspektive im Zusammenhang mit der Endlagerung vorgesehen ist. Besonders problematisch ist der § 141, wo in Absatz 1 gesagt wird, dass die Letzt­verantwortung bei Österreich liegt, und in Absatz 2 wird diese irgendwie auf die euro­päische Ebene geschoben. Da würden wir uns wünschen, dass es mehr Rechtssicher­heit gibt, damit wir diesbezüglich nicht wieder Probleme vonseiten der Europäischen Union bekommen.

Insgesamt finden wir dieses Gesetz gelungen. Wir unterstützen auch den Abände­rungsantrag der SPÖ, und wir hoffen, dass die Schwachstellen, die von mir bezeichnet wurden, vor allem im Zusammenhang mit der Endlagerung, in naher Zukunft noch angegangen werden können. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.59



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 98

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.59.43

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Grüß Gott, Frau Bundesminister! Das Gesetz ist eh schon beschrieben worden, es ist relativ unspektakulär, 50 Jahre alt.

Es sind viele Vereinfachungen enthalten – aber natürlich läuft auch ein Vertrags­ver­letzungsverfahren, was das Thema Edelgas Radon betrifft, und da gab es Handlungs­bedarf. Das ist ja auch der Streitpunkt aus der letzten Legislaturperiode gewesen, weil einerseits natürlich Menschen vor Radon geschützt werden sollen, es aber anderer­seits aufgrund der notwendigen Maßnahmen in den Gebäuden auch zu ent­sprechen­den Kosten kommt.

In Gebieten mit erhöhter Konzentration sollen eben Arbeitnehmer während der Arbeits­zeit, aber natürlich auch Menschen, die dort wohnen, vor dem radioaktiven Gas Radon geschützt werden. Als Grenzwert wurde 300 Becquerel angenommen – das ist genau das, was die EU vorschreibt.

Für viele Regionen, die durch die natürliche Geologie ein hohes Radonpotenzial auf­weisen, werden Referenzwerte festgelegt, bei Neubauten wird an bauliche Vorsorge­maßnahmen gedacht und auch bei Altbauten werden entsprechende Sanierungs­arbeiten gemacht. Das verursacht natürlich Kosten. Bei Neubauten ist das weniger schwierig, weil mit dem Einbau einer dichten Bodenplatte und einer entsprechenden Lüftung das Gas relativ gut in den Griff zu kriegen ist.

Ungefähr 15 000 Betriebe in Österreich sind davon betroffen, aber auch Kindergärten, Schulen, Gemeindegebäude, Tourismusbetriebe müssen sich mit diesem Thema be­schäftigen. Deswegen kommt natürlich Kritik gerade auch aus Tirol, weil wir dies­bezüglich eines der am stärksten betroffenen Bundesländer sind und die Bürgermeister da natürlich auch Kosten auf sich zukommen sehen. Selbstverständlich steht bei uns in Tirol aber der Schutz der Gesundheit, Herr Leichtfried (Abg. Leichtfried: Ja ...!), immer an erster Stelle (Beifall des Abg. Loacker – neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – und gerade in dem Fall, wenn es um Kinder geht, gilt das doppelt und dreifach.

Mein alter Freund und Klubobmann der Tiroler Volkspartei Mag. Jakob Wolf ist Bürger­meister der Gemeinde Umhausen, eine der am stärksten betroffenen Gemeinden. Sein Leitsatz ist immer, Teil der Lösung und nicht Teils des Problems zu sein – das sollten sich auch einige hier bitte hinter die Ohren schreiben –, aber gerade Umhausen zeigt den Widerspruch am besten auf: Diese Tourismusgemeinde profitiert einerseits vom Gesundheitshotel Vivea, dort werden Kuren angeboten, auf der anderen Seite sind natürlich auch die Gebäude in dieser Gemeinde massivst belastet, wodurch Kosten entstehen.

Liebe Frau Bundesminister, bei einem Budget von 19,2 Millionen Euro sollte man vielleicht überlegen, ob man da auch Förderungen für die Sanierungsmaßnahmen hin­bekommt.

Ich bin jetzt einigermaßen enttäuscht: Alle, die sich heute mit dem Untersuchungs­ausschuss beschäftigt haben, sind nicht hier – Kollege Einwallner, Frau Yildirim, Frau Belakowitsch. (Abg. Belakowitsch: Oja! – Rufe bei der FPÖ: Doch! – Abg. Belakowitsch: Hallo!) – Ah, Sie ist hier! Gott sei Dank; da bin ich froh, sehr gut! (Rufe bei der SPÖ: Hörl! ... auch da! ... um Strahlenschutz! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ist auch da, gut wunderbar!


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Aus meiner Sicht gehört untersucht, was untersucht gehört, weil wir nichts zu verber­gen haben. (Ruf bei der SPÖ: ... viel zu verbergen!) Ich bin froh, dass man für diese Expertenkommission (Abg. Einwallner: ... Ausschuss! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – lassen Sie sich Zeit! (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – zum Krisenmana­ge­ment in der Causa Ischgl Ronald Rohrer, den ehemaligen Vizepräsidenten des OGH, gewinnen konnte (Abg. Scherak: ... wollte wen anderen eigentlich, oder?) – einen, der Tirol angeblich nicht kennt.

Ich denke, dass da vieles zu untersuchen ist, beispielsweise wäre ja auch eine Antwort auf die Frage interessant, Frau Belakowitsch: Was hat eigentlich Ihre Ministerin Hartinger-Klein bezüglich dieser Frage (Abg. Belakowitsch: Zu Ischgl?), nämlich Viren, Pande­mien (Ruf: Herr Präsident, ... Wortmeldung!), in ihrem Ministerium getan? Oder gibt es eine Antwort auf die interessante Frage, was (in Richtung SPÖ) Ihre Klubobfrau, Frau Dr. Pamela Rendi-Wagner (Abg. Loacker: Ein wildes Ablenkungsmanöver! – Zwischenruf des Abg. Scherak), die ja Expertin auf diesem Gebiet ist – die sich im Übrigen während der Krise sehr gut verhalten hat, das muss ich ihr zugestehen –, getan hat? Sie war seit 2011 Sektionschefin (Zwischenrufe bei der SPÖ) im Ministe­rium, war dann eineinhalb Jahre lang Ministerin. (Abg. Loacker: ... schwarze Landes­hauptleute ...! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scherak.) Habt ihr einmal etwas von Bill Gates gehört oder von den Berichten im Deutschen Bundestag?

Was bitte ist in eurer Verantwortung, in der Zeit, als man sich mit Pandemien und mit der Vorsorge dafür hätte beschäftigen können, passiert? (Ruf bei der SPÖ: Auf alle Fälle keine Ausbreitung ..., wo du verantwortlich bist dafür! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr habt Experten, und ihr verlangt von uns – von Wirten, von Gastronomen, von Touristikern, von Skilehrern (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Scherak) –, dass wir gescheiter sind als jene Ärzte, die das studiert haben. Geht also in eure eigenen Reihen und schaut, dass ihr es dort hinbringt!

Und, Frau Belakowitsch (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scherak), Sie sollten nicht die Kriemhild, sondern die Brunhild sein – wenn Sie die Nibelungensage kennen. Sie sollten nicht die Furie, die römische Rachegöttin (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP – He-Rufe bei der SPÖ – Ruf bei der SPÖ: He, was soll denn das? – Ruf: Eine Frechheit! – Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich! Sexist! – Ruf bei der SPÖ: Zur Ge­schäftsordnung!), sondern - -

14.04

14.04.14*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen einen Ord­nungsruf für den letzten Satz und für die Aussage – Sie wissen, welches Wort ich meine. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Hörl. – Abg. Scherak: Ist auch besser, man klatscht einmal nicht!)

*****

Zur Geschäftsbehandlung gelangt Herr Abgeordneter Leichtfried zu Wort. – Bitte.


14.04.37

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Ich möchte anmerken, dass die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Hörl zum Strahlenschutz sehr interessant waren, aber mit Strahlenschutz eigentlich nichts zu tun gehabt haben. (Abg. Yildirim: Themenverfehlung!) Ich darf Sie vielleicht bitten,


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für die weitere Debattenführung Redner à la Hörl darauf aufmerksam zu machen, dass man doch zur Tagesordnung zu sprechen hat. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Ruf bei der SPÖ: Eine fulminante Hörl-Rede!)

14.05

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.05.18

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde jetzt wieder tatsächlich zum Strahlenschutzgesetz zurückkommen, weil ich in einem Punkt widersprechen muss. Es gab die Aussage, das Gesetz sei nicht spektakulär, aber ich finde, auch wenn es eine Materie ist, von der wir hoffen, dass wir sie nicht oft brauchen werden: Es ist spektakulär, wenn man nach 50 Jahren wirklich eine komplette Neufassung eines Gesetzes auf die Beine stellt. Da stecken viele Jahre Arbeit einer Abteilung drin, die heute auch hier ist, von der ich auch weiß, dass sie uns jetzt, bei dieser Abstimmung, zuschaut, und deswegen starte ich mit einem Danke für diese wirklich große Menge Arbeit und die tolle Arbeit, die auch in diesem Entwurf steckt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was also leistet dieser Entwurf? – Viele der Themen wurden schon genannt, ich möchte trotzdem auch noch auf ein paar Punkte eingehen, die jetzt in der Debatte erwähnt wurden.

Ganz grundsätzlich: Mit dieser Neufassung wird die Strahlenschutz-Grundnormen-Richtlinie in Österreich umgesetzt. Gemeinsam mit fünf Verordnungen, die auch schon in Begutachtung waren, sorgt das Strahlenschutzgesetz für den langfristigen Schutz der menschlichen Gesundheit vor den Gefahren durch ionisierende Strahlung. Ein – der wirklich wesentliche – Teil der Neuregelung ist der Schutz vor dem natürlich vorkommenden radioaktiven Gas Radon.

Es gab Hinweise beziehungsweise Kommentare auch zu den in Gesetz und Ver­ordnung sowie auf Landesebene vorgesehenen Maßnahmen. Diese sind aus unserer Sicht gut – fachlich begründet, verhältnismäßig, ausgewogen –, um die Radon­belas­tung in Österreich wirklich nachhaltig zu senken und, ganz wichtig, die Gesundheit von Arbeitskräften sowie der österreichischen Bevölkerung insgesamt besser zu schützen. Deswegen möchte ich auch noch auf das Thema Schutzniveau für Schwangere und Stillende eingehen.

Selbstverständlich ist mir ein hohes Schutzniveau für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich sehr, sehr wichtig, deswegen ist die vorgesehene neue Regelung auch eine, die das gleiche Schutzziel verfolgt wie die alte Regelung, nämlich eine nicht außer Acht zu lassende Exposition des Säuglings durch radioaktive Stoffe in der Muttermilch zu verhindern. Was aber anders ist, ist, dass es grundsätzlich möglich ist – grundsätzlich –, dass stillende Frauen weiterhin in den betreffenden Bereichen arbeiten dürfen, sie dürfen jedoch nicht mit Arbeiten betraut werden, bei denen eine Inkorporation von Radionukliden auftreten kann. Das heißt, das Schutzniveau, das Schutzziel ist in der Neufassung dasselbe, und die Festlegung der Strahlenbereiche erfolgt auch unter äußerst konservativen Annahmen.

Ich möchte hier einfach auch sagen, dass das ein sehr, sehr wichtiges Thema für mich ist. Wir haben das in dieser Novelle mit etwas mehr Flexibilität als vorher, aber mit demselben Schutzziel umgesetzt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strasser.)


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Zum zweiten Punkt: In radiologischen Notfällen haben wir die Zuständigkeiten klarer gefasst – das war der Punkt, auf den ich vorhin eingegangen bin. Ich hoffe, dass der Fall eines großräumigen Unfalls in einem Kernkraftwerk an unserer Grenze nicht eintritt, aber wenn, dann ist jetzt klar, wer zuständig ist, nämlich das Bundes­minis­terium, dem ich vorstehen darf, und zwar sowohl für die Bewertung der Lage als auch für das Setzen von behördlichen Schutzmaßnahmen. Bei kleinräumigeren Themen sind die Landeshauptleute zuständig. – Das ist eine Praxis, die jetzt schon vorgesehen war, die nun aber auch gesetzlich verankert ist.

Auch die Zuständigkeiten für nukleare Sicherheit wurden gebündelt. Die behördliche Regulierung des Forschungsreaktors Seibersdorf ist jetzt an mein Ressort übertragen. Das ist auch wirklich ein wichtiger, notwendiger erster Schritt zur Bündelung der aktuell sehr zersplitterten Zuständigkeiten im Strahlenschutz.

Das leitet über zur Frage Entsorgungsprogramm, auch die wurde in der Debatte zweimal angesprochen. Es gab einen Beschluss zum Nationalen Entsorgungs­pro­gramm 2018. Ich habe im Umweltausschuss die Arbeitsgruppe angekündigt; die Einladungen zur Arbeitsgruppe gehen noch vor dem Sommer hinaus.

Ich darf Ihnen versichern, dieses Thema wird von uns mit aller notwendigen Seriosität, die dieses Thema braucht, behandelt, auch wenn wir – auch das wurde in der Debatte erwähnt – das Glück haben, keine hoch radioaktiven Abfälle entsorgen zu müssen. Das ist aber natürlich ein Thema, das wir auch in Österreich gut lösen müssen.

Die vorliegende Neufassung des Strahlenschutzgesetzes wird auch durch fünf Durch­führungsverordnungen ergänzt; diese waren bereits in Begutachtung. Aufgrund der eingelangten Stellungnahmen werden wir die Entwürfe auch noch einmal überarbeiten. Dazu steht das Ressort auch in engem Kontakt mit den Bundesländern, Gemeinden, Kammern und anderen Stakeholdern, die auch Rückmeldungen geschickt, Fragen aufgeworfen haben. Die fünfte Durchführungsverordnung, das ist die Medizinische Strahlenschutzverordnung, soll nun auch noch novelliert werden. Das Gesundheits­ressort wird damit bald in Begutachtung gehen, und dann liegen alle fünf Durchfüh­rungsverordnungen zum Strahlenschutzgesetz 2020 vor. Damit könnte dann ein komplett neues Strahlenschutzrecht am 1. August 2020 in Kraft treten, und auch dafür darf ich um Ihre Unterstützung bitten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Umweltausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.11.308. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 521/A(E) der Abgeordneten Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiver­sitätsstrategie (163 d.B.)


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9. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 449/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Mittel für den Biodiversitätsfonds im Budget 2020 (164 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 471/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notfallplan gegen Arten­sterben in österreichischen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten (165 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.12.23

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Man sollte, glaube ich, Kollegen Hörl nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken, aber vielleicht eine Anmerkung zu seinen Ischglausflügen: Man hat ja fast den Eindruck, dass die SPÖ schuld an den Vorkommnissen in Ischgl ist und nicht das wirtschaftliche Interesse so manchen Tourismusbetriebes. (Ruf bei der ÖVP: Zur Sache! – Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wahrscheinlich wird man, wenn Herr Nehammer ein bisschen nachforscht, draufkommen, dass es nicht die SPÖ, sondern die SPÖ Wien ist, und wenn der Herr Bundeskanzler noch ein bisschen nachforscht, wird er drauf­kommen, dass es schon vor 15 Jahren ein rotes Netzwerk in Ischgl gegeben hat (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak) und dass eigentlich die dafür verantwortlich sind, dass sich das Virus in ganz Europa ausgebreitet hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rauch und Scherak. – Ruf bei der ÖVP: ... eine tatsächliche Berichtigung machen!)

Zum eigentlichen Thema, zum Biodiversitätsfonds, den wir heute beschließen: Das begrüßen wir natürlich prinzipiell, aber noch mehr würden wir es begrüßen, wenn es nicht nur eine Ankündigung wäre, sondern wenn der Biodiversitätsfonds auch seinen Weg ins Budget gefunden hätte. (Abg. Schmuckenschlager: ... jetzt erst be­schließen!) Andererseits kann man bei diesem Budget und bei diesem Finanzminister vielleicht Lukas Resetarits zitieren und sagen: „Es ist schon wurscht.“ – Das gilt wahrscheinlich auch für diese Frage.

Ich möchte mich – ich glaube nämlich, dass es wichtig ist, dass wir von der Ankün­digung ins Tun kommen – im Zusammenhang mit dieser Frage mit einer bestimmten Geschichte, nämlich mit dem Insektensterben und der Frage, welche Maßnahmen es diesbezüglich brauchen würde, auseinandersetzen.

Wir wissen ja, dass es in Summe circa 40 000 Insektenarten gibt, und wir wissen genauso, dass circa ein Drittel davon mittlerweile gefährdet ist. Wir wissen vor allen Dingen, dass das an sich keine natürliche Entwicklung, sondern natürlich ein men­schengemachtes Artensterben ist. Ich glaube daher, dass es wichtig ist, dass wir uns bei dieser Thematik mit vielen kleinen Rädchen beschäftigen.

Es braucht erstens endlich ein Insektenmonitoring in unserem Land, damit man sich das wirklich genauer anschauen kann. Es braucht zweitens wirklich ein Ende der Ver­wendung von Pestiziden. Kollegin Herr hat bei einem anderen Tagesordnungspunkt


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schon das unwürdige Schauspiel betreffend Glyphosatverbot erwähnt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

Es braucht endlich auch wirksame Maßnahmen betreffend die Frage von Blühstreifen. Ich bin ja auch Bürgermeister, wie bekannt ist, und ich weiß und erlebe alle Jahre wieder, dass die Feldwege kleiner werden, weil gleichzeitig die Felder größer werden. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Da sucht man manchmal schon den einen oder anderen Feldweg, und dann muss man es eben wieder korrigieren. (Abg. Schmuckenschlager: ... immer größer werden!) Ich meine das jetzt gar nicht als Kritik, ich verstehe natürlich: Wenn man Blühstreifen will, dann muss man das der Landwirtschaft auch abgelten. Ich verstehe das ja eh, aber da gehört endlich etwas gemacht, und dann muss man das endlich auch umsetzen, anstatt nur anzukündigen.

Ein letzter Punkt noch: Es geht natürlich auch um die Frage der Versiegelung des Bodens. Ich glaube, es geht darum, dass man sich folgende Frage einmal anschaut, über sie diskutiert – und das sage ich jetzt auch als Bürgermeister –: Warum schießt in manchen Regionen so viel aus dem Boden? Warum passiert das in anderen Ge­meinden anders? – Weil wir halt teilweise auch ein Stadt-Land-Gefälle haben, weil es letztendlich viele gibt, die aus Regionen, die strukturschwach sind, woanders hin­ziehen. Ich glaube daher, wenn man über die Versiegelung debattiert, dann muss man vor allen Dingen auch darüber diskutieren, wie man das Leben in struktur­schwachen Regionen wieder lebenswerter macht, damit die Abwanderung nicht statt­findet. Anders wird man die Versiegelung nicht in den Griff bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.16.27

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher! Das Thema Biodiversität ist schon ausführlich in den Ausschüssen diskutiert worden, und ich möchte mich hier nochmals für den breiten Konsens und auch für die Bereitschaft, gemeinsam die Anträge zu unterstützen, bedanken. Ich freue mich, dass es heute noch einen gemeinsamen Antrag zum Thema Bienen- und Insektensterben gibt. Das zeigt, dass dieses Thema angekommen ist.

Meistens schaut man ja auf das Thema Biodiversität mit dem Fokus auf Zahlen – so viel Prozent der Arten, so viel Prozent der Lebensräume sind gefährdet. Wenn man es umgekehrt macht und fragt, wo es denn besser wird, dann ist die Antwort leider: nur bei 4 Prozent. In der Dekade der Biodiversität der Europäischen Union 2010 bis 2020 sind also nur bei 4 Prozent Verbesserungen eingetreten, aber bei 20 Prozent der Arten ist die Lage schlechter geworden, und bei den Lebensräumen sind es sogar 30 Pro­zent. Der Trend ist also eine ganz, ganz schiefe Ebene, und wir müssen realisieren, dass die Maßnahmen besser werden müssen.

Die Ursachen sind relativ schnell aufgezählt: Flächenversiegelung, Flächenverlust, Flächenumnutzung, natürlich auch Schadstoffeinträge, Nutzungen. Es ist relativ klar ersichtlich, was die Ursachen sind.

Aber: Was ist denn der Nutzen von Ökosystemen? Ist es ein Hobby von Biologen, Arten zu zählen, oder steckt da ein Nutzen, ein Vorteil dahinter, der für die ganze Gesellschaft von größter Bedeutung ist? – Bei der Bestäubung im Obstbau ist es offensichtlich. Die Trinkwasserreinigung und Trinkwasserfilterung durch unsere Böden sind eine absolut lebensnotwendige Funktion intakter Ökosysteme. Hochwasserpuffer


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von Böden: Die Qualität der Böden bestimmt das Rückhaltevermögen, die verzögerte Abgabe des Wassers sorgt für den Schutz unserer Siedlungen. Nicht zuletzt die Erho­lungsfunktion, insbesondere in den Naherholungsräumen, und die Funktion für den Sport, vom Schwammerlsuchen bis zum Bergsport. Aber natürlich profitieren wir auch von der wunderbaren Schönheit unseres Landes. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es gibt den direkten Nutzen für den Tourismus, man sieht blühende Wiesen auf jedem Touris­musprospekt. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte aber noch eine andere Sichtweise einbringen: Die Österreichischen Bun­des­forste, die ja relativ viele Flächen bewirtschaften, haben einmal die spannende Frage gestellt: Was verbinden eigentlich Menschen, die in Österreich leben, mit Öster­reich, was taucht da bei ihnen auf? Das war spannend. Was taucht denn bei Ihnen auf, wenn Sie an das Land Österreich denken? (Ruf bei der FPÖ: Berge!) – Ja. Die top vier waren: Berge, Wälder, Seen – Seen waren an vierter Stelle, denn an dritter war die Gemütlichkeit. Was für eine wunderbare Beschreibung unseres Landes: Berge, Wälder, Seen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Als Nächstes – jetzt kommen noch einmal so schöne Sachen –: Mozart und Donauwalzer auf den Plätzen vier und fünf, Schifahren und Volksmusik auf sechs und sieben, dahinter Gastlichkeit, Heuriger, Kaffeehaus und dann die Dialekte, die regionalen Eigenheiten. 

Das zeigt uns doch eigentlich die Vielfalt einer Gesellschaft, die Vielfalt einer Land­schaft und auch die Vielfalt – die manchmal sehr raue Vielfalt – in einem Parlament, in der parlamentarischen Debatte, mit Sturm und Unwetter, aber das, was sich wechsel­seitig ergänzt, auch im Austausch ist, was auch zusammenarbeitet, die Interaktion in der Natur ist mindestens genauso wichtig und überlebensnotwendig wie die Koope­ration in einem guten Parlament, eine gute parlamentarische Kultur, und deshalb freut es mich sehr, dass heute noch ein neuer Konsens zustande gekommen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Bernhard.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.20.40

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Rössler, ich kann hundertprozentig unterstreichen, was Sie gerade in Ihren Schlusssätzen von sich gegeben haben, aber nichtsdestotrotz: Mit Ihren Coronamaßnahmen haben Sie in den letzten Wochen und Monaten auch viel von dieser Kultur und dieser Gastlichkeit zerstört. Auch das muss man auf den Punkt bringen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic.) Ich weiß schon, das berührt Sie in einer gewissen Art und Weise tiefer (in Richtung Abg. Ernst-Dziedzic) als diesen Bereich (in Richtung ÖVP), das verstehe ich auch.

Bei allen drei Anträgen, über die wir jetzt diskutieren, geht es um das Artensterben, die Artenvielfalt und den Schutz des Ökosystems, und ich bin sehr dankbar und sehr froh, dass wir es über alle Fraktionsgrenzen hinweg geschafft haben, dazu einen gemein­samen Entschließungsantrag zustande zu bringen, den ich jetzt gleich einbringen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walter Rauch, Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Julia Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird dringend aufgefordert den Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben umzusetzen.“

*****

Dafür bin ich sehr dankbar. Im Ausschuss hat es nicht so harmonisch, einhellig ge­klungen. Weil ich gerade Bienen-Niki anschaue, Herrn Berlakovich: Das ist schon eine alte Geschichte, aber man kann auch über dieses Thema stolpern, und deshalb ist es umso wichtiger, das Ökosystem in einer gewissen Art und Weise zu schützen. Es freut mich, dass wir hier einen einstimmigen Beschluss zustande bringen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Walter Rauch, Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Julia Herr

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben

eingebracht in der 34. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 29. Mail 2020 im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 521/A(E) der Abgeordneten Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiver­sitätsstrategie (163 d.B.) (TOP 8)

Die Biodiversitäts-Studie1 der Umweltbundesamt GmbH hat bereits 2016 gezeigt, dass Österreich im Hinblick auf die Förderung der Insektenvielfalt Nachholbedarf hat.

Eine Anfragebeantwortung2 der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zeigt nunmehr auf, dass in Österreich bereits 2009 27% der Tagfalter in irgendeiner Form gefährdet waren, d.h. gemäß den IUCN Kategorien als "vom Aussterben bedroht", "stark gefährdet" oder "gefährdet" galten. Bei den Heuschrecken betrug dieser Anteil 38%, bei den Nachtfaltern 25%, bei den Netzflüglern 24%, bei Schnabelfliegen 20%, bei Zikaden 37%, bei Libellen 57% und bei Köcherfliegen 50%. Von einer Erholung der Zahlen in den letzten Jahren kann nicht ausgegangen werden.

Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten sind die etwa 702 in Österreich lebenden verschiedenen Wildbienenarten, die neben der Honigbiene essentiell für die Befruch­tung vieler Wild- und Kulturpflanzen sind, in diesen Erhebungen nicht eigens erfasst.

Von einzelnen Wildbienenarten leben heute nur mehr wenige Weibchen an zwei bis drei Standorten, sie sind vom Aussterben bedroht3, betonen jedoch diesbezüglich Experten. Als Wildbienen werden alle Bienen bezeichnet, die nicht domestiziert und weitergezüchtet wurden, unter anderem gehören auch Hummeln zu diesen.

Der "Österreichische Wildbienenrat" fordert daher dringend die Erstellung einer solchen Roten Liste, wie auch die Einrichtung eines fundierten Monitorings nach dem Vorbild Deutschlands und der Schweiz.4

Es gilt daher dringend den Bienen unter die Flügel zu greifen und das Insektensterben mit einem Maßnahmenplan, der folgende Punkte umfasst, wirksam zu bekämpfen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 106

Bestäuberschutz: Insektenbestäubung ist für Mensch und Tier überlebenswichtig, wes­halb es das Aussterben von Bestäubern zu verhindern gilt. Die neue Biodiversitäts-Strategie 2030 soll dahingehend präzisiert werden, dass ein wirksames Bekämpfen des Bienen- und Insektensterbens sichergestellt wird.

Sicherstellung der Biodiversität: Durchführung einer neuen Biodiversitätsstudie zur Evaluierung der seit 2016 gesetzten Maßnahmen, Aktualisierung der roten Listen der gefährdeten Arten und Monitoring der heimischen Wildbienen.

Bekämpfung des Bienen- und Insektensterbens: Die Bedeutung von Nisthilfen und Freiflächen für Wildbienen in Gärten und Wäldern soll durch eine Informations­kam­pagne hervorgehoben werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird dringend aufgefordert den Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben umzusetzen."

1 Biodiversitätsstudie 2016: https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/REP0542.pdf

2 NAbg. Walter Rauch betreffend Maßnahmen gegen Insektensterben: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_01077/imfname_793762.pdf

3 https://science.orf.at/stories/3200108/

4 https://naturschutzbund.at/newsreader-505/items/der-neu-konstituierte-oesterreichische-wildbienenrat-fordert-eine-forschungs-und-bildungsoffensive.html

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.22.51

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Es geht um die Biodiversität, es geht um die Artenvielfalt in unserem Land. Ich würde gerne bei einem Punkt anfangen, der uns NEOS immer besonders wichtig ist. Wir sprechen sehr gern über die Generationengerechtigkeit, und die ist uns sehr wich­tig.

Wenn man in der Frage des Wertes der Natur und auch der Artenvielfalt in unserem Land über die Generationengerechtigkeit nachdenkt, dann muss man ganz klar festhalten: Das Einzige, was generationengerecht ist, ist, wenn wir die Artenvielfalt nach uns zumindest in dem Ausmaß hinterlassen, in dem wir sie vorgefunden haben. Alles andere ist nicht generationengerecht, alles andere ist egoistisch. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Herr.)

Die Vorrednerin, Frau Kollegin Rössler, hat gesagt, man spricht bei der Artenvielfalt oft über Zahlen. Das ist, glaube ich, im Moment auch wichtiger, als über die Schönheit an sich zu sprechen, weil wir ganz weit davon weg sind, generationengerecht zu sein. Wir sind im Moment noch sehr egoistisch.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 107

Wir als NEOS sind ein sehr junger Parlamentsklub. Ich bin mir ziemlich sicher, dass 1986 noch nicht alle geboren waren, die heute hier sitzen. Seit 1986 – damals war ich fünf Jahre alt –, seit dem damaligen Zeitpunkt, als ich wahrscheinlich noch in der Sandkiste gespielt habe, dem Jahr von Tschernobyl, gibt es bei den Wildtieren einen Rückgang von 70 Prozent. Wenn man das herunterbricht und auch auf die Insekten schaut, auf die Fische in den Flüssen und Seen, dann sieht man, dass es dort nor­malerweise nicht besser ist. Das ist eine Situation, in der wir tatsächlich auch über Zahlen sprechen müssen und ganz konkrete Maßnahmen treffen müssen.

Wenn man sich anschaut, was die Ursache dieser Generationenungerechtigkeit ist, die derzeit besteht, dann kann man sagen: Das ist bei der Artenvielfalt im Wesentlichen die Zerstörung von Lebensraum, aus unterschiedlichsten Gründen und meistens aus unnötigen Gründen, aus einer Form von Verantwortungslosigkeit, die vielfach zu finden ist. Das ist – da wissen Sie alle, dass mir das ein großes Anliegen ist – bei der Frage der Flächenwidmung und der Flächenversiegelung der Fall. Wir versiegeln europaweit die meisten Flächen, wir haben eine der höchsten Einkaufscenterdichten, und bei den Kreisverkehren ist es auch nicht viel besser. Man fragt sich, ob wir all das brauchen und ob es das wert ist, dass wir dafür eine Welt hinterlassen, die weniger genera­tionengerecht ist als jene, die wir vorgefunden haben.

Damit komme ich jetzt auch zu den Anträgen, die wir dazu heute diskutieren. Da geht es einmal um den Biodiversitätsfonds. Ich habe für meine Fraktion den Antrag gestellt, dass diese Maßnahme, die im Regierungsprogramm auch zu finden ist, ab 2020 budgetiert wird. ÖVP und Grüne haben sich dagegen entschieden, haben daraus das Jahr 2021 gemacht. Dennoch unterstützen wir Ihren Antrag, weil 2021 besser als nie ist, aber 2020 wäre besser als 2021 gewesen.

Der andere Punkt – und da freue ich mich und möchte mich auch bedanken, denn da zeigt sich eine neue Kultur im Umweltausschuss –: Es wurde ein Antrag von mir über­nommen, leicht abgeändert und dann mit Regierungsmehrheit im Umweltaus­schuss verabschiedet. Da ging es um den Notfallplan gegen das Artensterben in unse­ren Flüssen und Seen. Wir freuen uns, dass man da konstruktiv zusammen­arbeitet und einen ganzen Maßnahmenplan verabschiedet.

Ich möchte aber nicht verheimlichen, dass es uns unglücklich macht, dass man die Maßnahmen für jene Bereiche deutlich abgeschwächt hat, die besonders kritisch sind, nämlich die Auswirkungen einer Landwirtschaft, die zu viele Pestizide und zu viele Nitrate verwendet, auf die Artenvielfalt in Flüssen und Seen. Liebe Grüne, ich glaube, da ist ein bisschen Luft nach oben.

Alles in allem habe ich das Gefühl, dass wir schon ein Stück weit in die richtige Rich­tung gehen, das Tempo ist aber viel zu langsam, um innerhalb der Dauer unserer Generation wieder Generationengerechtigkeit herzustellen, und daher erwarte ich da in Zukunft mehr Engagement. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Herr.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.27.06

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeord­nete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ohne Zweifel ist die Biodiversitätskrise neben der Klimakrise die zweite große umweltpolitische Herausforderung unserer Zeit.


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Astrid Rössler hat sehr schön beschrieben, was die Schwierigkeiten sind, aber auch, was der Wert der Biodiversität für uns alle ist. Ich möchte einen Punkt ergänzen: Sie hat auch viel mit Gesundheit zu tun. Gerade in Zeiten einer Covid-Pandemie ist es vielleicht wichtig, daran zu denken, dass fast zwei Drittel aller Infektionskrankheiten von Tieren auf Menschen übertragen wurden und auch die Verbreitung des Corona­virus sehr wahrscheinlich auf einem Wildtiermarkt in China ihren Ursprung hatte.

Im Regierungsprogramm hat der Biodiversitätsschutz einen großen Raum. Auch auf EU-Ebene gibt es für den Biodiversitätsschutz gerade einen starken Rückenwind. Die eben veröffentlichte EU-Biodiversitätsstrategie ist ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung des Green Deal. Sie setzt bei den Ursachen an, sie spart schwierige Themen nicht aus, sie setzt sehr konkrete Ziele.

Auch wir in Österreich wollen mit der neuen Biodiversitätsstrategie 2030 genau das er­reichen, nämlich beim Erhalt der Artenvielfalt – und Österreich ist eines der vielfältigs­ten Länder Mitteleuropas – weiterzukommen. Dafür wollen wir auch ausreichende Mittel als zentrale Voraussetzung zur Verfügung stellen.

Der Prozess zur Entwicklung der Strategie wurde bereits gestartet. In diesem Zusam­menhang können wir dann auch die Finanzierung konkreten Maßnahmen besser zuordnen. Wir werden versuchen, das bestmöglich in den nächsten Budget­verhand­lungen umzusetzen.

Klar ist: Ein Gesamtpaket zum Biodiversitätsschutz braucht viele Aspekte. Es braucht eine Absicherung des Biodiversitätsschutzes in der Agrarpolitik natürlich auch weiter­hin. Im neuen Programm für den ländlichen Raum wird das eine entscheidende Rolle spielen müssen. Ebenso spielen die Naturschutzbudgets der Bundesländer in diesem Bereich eine wichtige Rolle, aber wir versuchen natürlich, unseren Beitrag zu leisten, wo es geht.

Ich möchte Sie noch kurz über zwei sehr aktuelle Maßnahmen informieren, die wir im Ressort beziehungsweise in der Bundesregierung getroffen haben: Wir haben durch Budgetumschichtungen 1,5 Millionen Euro für die Nationalparks freimachen können, die auch von der Covid-19-Pandemie betroffen sind. Es entfallen Einnahmen durch nicht stattfindende Touren, durch ausgefallene Vermittlungsprogramme, es gibt also starke Einnahmenausfälle. Die können wir mit diesen Mitteln gut abfedern und darüber hinaus auch Vermittlungsprogramme und Naturschutzprojekte in den Nationalparks starten.

Wir konnten als Bundesregierung auch erstmals seit 2015 wieder 200 Millionen Euro für gewässerökologische Maßnahmen bereitstellen. Das sind Maßnahmen, die gerade jetzt nicht nur im Rahmen des Diversitätsschutzes und des Erhalts der Vielfalt, die ein Wert an sich ist, sinnvoll sind, sondern auch konjunkturpolitisch wirken.

Für all diese Maßnahmen und für all die vielfältigen Maßnahmen, die wir noch brauchen werden, um die natürliche Vielfalt in Österreich zu erhalten, müssen alle an einem Strang ziehen: der Bund, die Länder, die Gemeinden, die unterschiedlichen NaturnutzerInnen und -genießerInnen und auch das Hohe Haus. Deswegen freut es mich sehr, dass heute zahlreiche Anträge zustande kommen, die gemeinsam getragen werden, denn die Herausforderung ist groß und wir werden sie nur gemeinsam bewältigen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner ist der nächster Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 109

14.31.06

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Kollegin Rössler: Gäste kommen wegen der schönen Umwelt und wegen der schönen Landschaft. Dabei sollte man nicht vergessen, wer diese schöne Land­schaft pflegt und wer dafür sorgt, dass sie so aussieht, wie sie aussieht. (Abg. Leichtfried: Der Hörl!) – Der Hörl, ja, die Seilbahnwirtschaft! (Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

Die heimische Natur liegt uns allen am Herzen, und deswegen muss auch die Bio­diversität erhalten bleiben. Es wird nur gemeinsam gehen: Biotop, Lebensraum, Bio­zönose, die Lebensgemeinschaft von Pflanzen, Tieren und Menschen ist gleich Öko­system.

Als Landwirt lebt man mit der Natur und ist daran interessiert, diese zu schützen, um sie an die Nachkommen weiterzugeben. Die Landwirtschaft tut bereits sehr viel für den Erhalt der Biodiversität, aber ich bin durchaus dafür, dass man auch weitere Maß­nahmen setzt. Es kann aber nicht sein, dass unsere Bauern zu Weltmarktpreisen produzieren müssen und dann mit neuen Auflagen und Richtlinien weiter reglementiert werden. Das wäre ein enormer Wettbewerbsnachteil und würde die heimische Land­wirtschaft komplett zerstören. Daher: Anreize schaffen, statt etwas zu erzwingen! Wir müssen aber auch darüber nachdenken, wie Bund, Länder und Gemeinden, aber auch Gartenbesitzer Maßnahmen setzen können, um die Biodiversität zu fördern.

Trotzdem hat man bei Ihrem Antrag ein wenig das Gefühl, dass man nur bisherige Untätigkeit kaschieren will. In Österreich sind die Hälfte aller Amphibien, Reptilien und Fische und ein Drittel aller Vögel stark gefährdet, und es besteht Handlungsbedarf. Vielleicht sollten Sie einmal darüber nachdenken, wie weit Sie selber beziehungsweise manche der selbsternannten Tierschützer daran schuld sind. Eine Wiederansiedelung, aber auch der dauerhafte Schutz von zum Beispiel Fischreihern, Fischottern, Gänse­sägern, Kormoranen, Krähen und sonstigem Raubzeug sind Maßnahmen, die verhee­rende Schäden angerichtet haben. Vielleicht denkt man einmal darüber nach, da ein bisschen einzugreifen und Maßnahmen zu setzen, um eine gewisse Bestandsführung zu erreichen. (Abg. Obernosterer: Den Wolf hast du vergessen!) Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir auch zukünftig eine Fischereiwirtschaft, aber auch die Wasserkraftnutzung möglich machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb kann ich nur sagen: Ja zur Biodiversität, aber mit Hirn und Hausverstand! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Obernosterer: Den Wolf nicht vergessen!)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte schön.


14.34.35

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hirn und Hausverstand – danke für das Stichwort: Ich glaube, gerade bei der Biodiversität sehen wir das, wenn wir auf die Äcker in Österreich schauen. Wo wir viele Programme zur Biodiversität und zur Begrünung haben, brauchen wir auch Betriebsmittel wie zum Beispiel Glyphosat, damit wir dann entsprechend arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Herr hat in einem Redebeitrag zu einem vorangegangenen Tagesord­nungspunkt die Bäuerinnen und Bauern in Österreich bezichtigt, dass sie Profitgier über die Gesundheit stellen. Das werden wir uns im Protokoll genau anschauen! Wenn Sie die Bäuerinnen und Bauern gemeint haben, dann bitte ich Sie, sich zu entschul­digen. Wenn Sie – so wie Sie es dann noch einmal verbessert haben – die ÖVP-


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Bäuerinnen und -Bauern gemeint haben, dann darf ich Sie darauf hinweisen, das sind zumindest in meinem Bundesland laut der letzten Interessenvertretungswahl auch 85 Prozent der gesamten Gruppe. Wenn Sie das gesagt haben, dann bitte ich Sie, sich auch bei ihnen zu entschuldigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie die ÖVP im Allgemeinen oder spezifisch unseren Klub gemeint haben, dann muss ich Ihnen schon sagen, dass das eine Behauptung ist, die nicht jeder aufstellt. Ich glaube, gerade das Beispiel Corona zeigt uns sehr, sehr deutlich, wie hart es für alle hier herinnen angesichts der Maßnahmen war, die wir getroffen haben. Es ging darum, die Gesundheit über alles zu stellen, und wir haben in den letzten Tagen beim Budget auch hart verhandelt, wie wir Maßnahmen setzen, um wirtschaftliche Entglei­sun­gen und Verwerfungen letztendlich auch wieder zu beheben und zu lindern. (Zwi­schenruf der Abg. Herr.) Ich würde keinem Abgeordneten der anderen Fraktionen auch in einer noch so kontroversiellen Debatte jemals unterstellen, Profitgier über Gesund­heit zu stellen. Da haben Sie sich bei unserem Klub zu entschuldigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wissen Sie, was das ist? – Gemeinhin würde man sagen, es ist unkollegial. Bei den Genossinnen und Genossen gibt es ja den Kollegen nicht, also habe ich nachgedacht, wie das Wort bei Genossen heißt, aber „ungenossig“ geht nicht. – Da gibt es nur ungenießbar, aber das würde es natürlich auch nicht treffen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Es ist auch nicht richtig, dass es die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger war, denn es ist die über alle Parteigrenzen hinweg belobigte Übergangs­kanzlerin Bierlein gewesen, die gesagt hat, das ist ein Notifizierungspfusch, das funktioniert nicht. Genau für jene Partei, die die internationale Solidarität besingt, die bei internationalen europäischen Solidaritätsfonds nicht schnell genug sein kann, unser Geld in andere europäische Länder zu verschieben, sollten dann europäische Regeln nicht mehr gelten? Auch das haben Sie zu akzeptieren und zu respektieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum Thema Biodiversität und zum Biodiversitätsfonds: Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir auch verstehen, die Natur mit unseren Notwendigkeiten der Siedlungswirtschaft und der Landwirtschaft in Einklang zu bringen. Ich bin sehr, sehr froh, dass wir jetzt etwas schaffen können, womit wir im Rahmen der Bio­diversitäts­strategie noch einen Schritt weitergehen können. Es wird auch die Gemeinsame Agrar­politik der Europäischen Union mit dem Green Deal weiterentwickelt. Ich glaube, es ist ganz wesentlich, auch zu erkennen, wie notwendig es sein wird, kleinregionale Öko­systeme neu zu entwickeln, neu hervorzuheben. Ob es die Trockenheit ist, ob es auch die Frage der Biodiversität ist – hier sehen wir, dass gerade der Klimawandel eine enorme Herausforderung ist.

Auf der einen Seite sehen wir in der Pflanzen- und Tierwelt vielleicht sogar Arten, die wir noch nicht gehabt haben, das heißt letztendlich eine Bereicherung der Biodiversität. Diese stehen dann aber in Konkurrenz mit Arten, die schon hier sind, und verdrängen diese oft, wenn wir an die orangen Nacktschnecken aus dem asiatischen Bereich oder an Ragweed, dieses ziemlich aggressive Unkraut, denken. Daran sehen wir auch, dass wir da in einen Bereich kommen, in dem wir abwägen, aber auch die Kulturarten weiterentwickeln müssen. Gerade bei Biodiversität stellt sich dann sehr schnell heraus, dass Pflanzenschutz – das wollen wir ja mit Biodiversität erreichen! – auch kein Wider­spruch zum Erhalt der Pflanzenwelt ist.

Auch bei den Kulturarten haben wir ein riesiges Problem, beim Anbau der Zuckerrübe, beim Anbau von Erdäpfeln oder wenn letztendlich die Borkenkäferkalamitäten immer mehr um sich greifen. Auch das nimmt uns Biodiversität aus dem gesamten Öko­system, und auch da brauchen wir entsprechende Antworten.


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Geschätzte Damen und Herren! Wir haben aber viele Querschnittsmaterien, bei denen dieses Thema, wie ich glaube, gut weiterentwickelt werden kann. Es wird ja auch gerade das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verhandelt, und ich glaube, da muss die große Chance der Fotovoltaik genutzt werden, damit wir auch die Potenziale der erneuerbaren Energie in unserem Land, die Sonnenenergie, entsprechend nutzen kön­nen. Wir müssen aber sehr aufpassen, wenn wir damit auf die große Fläche gehen. Es dürfen keine Megasolarfelder entstehen, da müssen wir auch Biodiversität erhalten. (Beifall des Abg. Rauch.)

Es gibt mit Agrar-PV-Anlagen die Möglichkeit von Doppelnutzungen sozusagen, und ich bitte, dass wir die Rahmen so gestalten, dass wir erneuerbare Energie im Einklang mit der Natur entsprechend nutzbar machen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Also diese Rede war jetzt schlechter als das Budget vom Blümel!)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.40.12

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren hier im Nationalrat! Liebe Zuseher! Die Regierung hat sich als großes Ziel Umweltschutz, Klimaschutz und Artenvielfalt ge­setzt, und wir wissen, der Verlust der biologischen Vielfalt und der Klimawandel sind genauso global bedeutend. Daher müssen wir auch darauf unser Augenmerk lenken.

In der agrarischen Kulturlandschaft haben wir viele Wiesen, Felder, Weiden, Teich­landschaften und Ufergebiete, dafür gibt es eigentlich sehr gute Vorschriften und de­taillierte Regelungen hinsichtlich Nutzung und Schutz. Unsere Bauern – wenn ich nur alle unsere Bauern im Waldviertel hernehme – leben und pflegen die Biodiversität auf ihren Feldern und in ihren Betrieben. Sie sind jene, die auch nachhaltig für die nächste Generation denken und danach streben, die Grundlage des Bodens zu erhalten: für eine Zukunft in Vielfalt.

Daneben gibt es aber auch noch eine Fauna und Flora mit ganz wichtigen Lebewesen. Als Läuferin kann ich Ihnen nur sagen: Wenn man im Frühling durch die Gegend läuft und hört, wie die Bienen summen, sieht, wie die Käfer krabbeln, wie die Hummeln und die Schmetterlinge fliegen, und die Pracht und die Vielfalt der Blumen betrachtet, merkt man, dass das eine wirklich wunderbare Welt ist, die es zu erhalten und zu verbessern gilt. (Abg. Loacker: Gilt das für den Wolf auch?!) Gerade in den Randbereichen gibt es viele wertvolle Tiere und Blumen.

Die Anträge, die heute hier besprochen werden, zielen darauf ab, das zu erhalten, und das ist wichtig, denn oft werden durch zu viel Rasenmähen oder Mulchen die Pflanzen so zeitig gemäht, dass sie nicht aussamen können, und schon ist wieder eine Pflan­zenwelt verloren gegangen, und auch die Tiere erhalten nicht die nötige Nahrungs­grundlage. Daher ist es wichtig, zu sensibilisieren: für die richtige Pflege am richtigen Standort.

Der Biodiversitätsfonds soll eine Möglichkeit geben, solche Schutzmaßnahmen zu finanzieren – neben der Gemeinsamen Agrarpolitik. Ich denke, es ist gut, die Arten­vielfalt – und das mit wirtschaftlichem Augenmaß – zu erhalten, denn das bringt einen Nutzen für die gesamte Tier- und Pflanzenwelt und natürlich auch für die Menschen. In diesem Sinne: Auf zu mehr Biodiversität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.43



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 112

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz ist der nächste Red­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.43.11

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Meine Damen und Herren! Ich darf den Zugang zu diesem Thema als praktizie­ren­der Bauer wählen. Ich beschäftige mich schon mehr als 40 Jahre mit der Landwirt­schaft. Wenn man von Biodiversität redet, sollte man sich, glaube ich, durchaus anschauen, wie sich manche Dinge verändern.

Ich sage bewusst dazu: Ich habe in der kleinen Gemeinde St. Nikola an der Donau einen kleinen Betrieb mit 10 Hektar Wiesen und 8 Hektar Wald. Wir sind in einem Berggebiet, und es ist ein pflinziger, steiniger Boden.

Als das Umweltprogramm 1995 gekommen ist, bin ich sofort ausgestiegen, auch nur einen Deka Handelsdünger zu streuen. Im Wesentlichen haben wir um die 0,5 bis 0,7 GVE/ha – also Großvieheinheiten je Hektar –, das heißt extensive Viehhaltung.

Der Pflanzenbestand hat sich in den 25 Jahren wesentlich verändert, aber sehr zum Nachteil – sehr zum Nachteil! Wir beschäftigen uns daheim mit Schafhaltung. Wenn ich in den Neunzigerjahren die Schafe auf die Weide getrieben habe, haben sie wesentlich besser gefressen als jetzt, denn es hilft halt nichts: Wenn es trocken ist, kein Wasser da ist, kein Dünger im Boden ist und dann nur mehr solche Pflanzen wie Schafgarbe oder Ruchgras stehen und kein Wiesenschwingel, kein Glatthafer, kein Rotklee, kein Timotheegras und so weiter, dann wollen die Viecher in Wirklichkeit nicht fressen. Das heißt: Nur die Extensivierung hilft uns in der Biodiversität überhaupt nicht. Wir müssen den Boden in Wirklichkeit gut mit Dünger versorgen und die Pflanzen zum richtigen Zeitpunkt nützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte nichts davon, wenn wir sozusagen nur Raigras haben und damit Vollgas fahren. Wir müssen aber schon zur Kenntnis nehmen, nur Extensivierung ist noch keine Lösung – und da ist es wurscht, ob Biobauer oder konventionell wirtschaftend, das ist immer dasselbe.

Es spielt auch eine wesentliche Rolle, welche Wasserspeicherfähigkeit ein Boden hat. Gerade wenn ich an mein Mühlviertel oder an das Waldviertel denke: In den Jahren, in denen es trocken ist – und wir haben seit 2017 jedes Jahr ein trockenes Jahr mit wenig Regen –, müssen wir darauf schauen, dass der Boden gut gedüngt ist. Das trägt in Wirklichkeit auch zur Biodiversität bei. Ich verstehe nicht, dass es Vorschläge der Europäischen Union gibt, Flächen aus der Produktion zu nehmen – wo wir doch so viel Eiweiß importieren, egal ob in Richtung Verfütterung oder Lebensmittel! Erzeugen wir es doch in Europa! Oder denken wir an die Energie, Beimischung von Äthanol: Regionale Lebensmittel zu nutzen ist in Wirklichkeit der beste Beitrag zur Biodiversität, den der Konsument leisten kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Zahl, die man bitte weitersagen darf – wir reden ja gerne vom ökologischen Fuß­abdruck –: Ein Kilo Rindfleisch in Österreich erzeugt gute 10 Kilo CO2, das Rindfleisch aus Südamerika hingegen 84 Kilo CO2. (Ruf bei der FPÖ: Es lebe der Freihandel!)

Es gilt die Kulturlandschaft offen zu halten, genau deswegen kommen die Touristen nach Österreich. Kulturlandschaft erhalten wir durch bäuerliche Bewirtschaftung – nicht weil wir die Natur sich selbst überlassen, sondern weil wir sie bewirtschaften und pfle­gen. Deswegen kommen die Leute, und es ist auch ökologisch in Wirklichkeit das Beste. Denken wir an die CO2-Bindung beim Wald! Wenn wir ihn sich selbst überlas­sen, weist er gegenüber einem bewirtschafteten Wald nur ein Zehntel der CO2-Bindung aus. Wenn wir einen Boden mit einem richtigen Pflanzenbestand haben, ist die Aus­waschung in Richtung Nitrat wesentlich weniger. Daher: Praktiker statt Theoretiker,


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und letztlich: Hausverstand einsetzen, nachhaltig wirtschaften und ökosozial arbeiten! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.46.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn eine Politikerin oder ein Politiker ihre beziehungsweise seine Anliegen umsetzen will, ist es sehr hilfreich, wenn große Teile der Bevölkerung hinter dem Anliegen stehen. Da stehen Umweltpolitiker vor einer be­sonderen Herausforderung, denn Ökosysteme sind sehr komplex. Klimaschutzfragen, Naturschutzfragen sind nicht einfach darzustellen. Das macht es schwierig. Wie nimmt man die Menschen mit? Wie begeistert man die Menschen für seine Anliegen, sodass man sie dann auch umsetzen kann?

Gerade bei der Frage der Biodiversität wird das ganz klar, denn Biodiversität ist mehr als Artenvielfalt, Biodiversität ist viel komplexer. Es geht um die genetische Vielfalt und auch um die Anzahl der Ökosysteme, angefangen bei den Mooren bis hin zu anderen Lebensräumen, das heißt, es ist sehr umfassend. Die große Herausforderung, die man als Umweltpolitiker, Umweltpolitikerin in der heutigen Zeit der medialen Vereinfachung hat, ist, so zu simplifizieren, dass man seine Anliegen umsetzen kann. Dann geht dabei vieles verloren.

Ich sage das deswegen, weil die Biodiversitätsdebatten bisher so geführt wurden: Die Bauern – ich vereinfache hier – sind schuld, dass es weniger Insekten gibt. – Das ist falsch. Daher hat man in der Landwirtschaft den Reflex einer Kontrastellung, nämlich dass man dagegen Stellung bezieht, was voll verständlich ist.

Ich habe es daher bei der letzten Umweltausschusssitzung wirklich als sehr erfrischend empfunden, dass wir begonnen haben, das Thema Biodiversität und den Schutz der Artenvielfalt viel breiter zu diskutieren. Frau Kollegin Rössler, Sie haben den Anfang gemacht, Sie haben dieses Thema mit sehr viel Empathie und sehr breit, sehr idealis­tisch aufgezeigt – es tut gut, wenn man das in der Politik hat, und ich danke Ihnen dafür, denn nur dann können wir wirklich substanzielle Dinge sehen, anstatt zu disku­tieren: bio ist gut, konventionell ist böse; Gemüse essen ist gut, Fleisch essen ist böse.

Das Problem haben Biodiversitätswissenschafter im Übrigen auch. Sie sagen zum Beispiel: Mit Spinnen, die nützliche Insekten sind, können sie nicht viel Erfolg haben, weil die meisten Menschen Spinnen nicht als besonders nett empfinden, aber Delfine sind lieb, und Delfine wollen alle schützen.

Das heißt, wir müssen uns dazu durchringen – wie wir und auch andere Fraktionen heute hier diskutiert haben –, dass wir das Thema breit diskutieren, denn natürlich hat die Landwirtschaft darin eine Funktion, Tatsache ist aber, dass weltweit Lebensräume massiv zerstört werden: von der Abholzung der Wälder – nicht nur in Südamerika, auch anderswo –, von der Ausbreitung der Städte – vor 30 Jahren waren die Städte, die städtischen Siedlungsräume halb so groß wie heute; da hat sich Gewaltiges getan – bis hin zur CO2-Transmission und vielen anderen Dingen. Daher halte ich es für sehr positiv, dass wir beginnen, unsere Artenvielfalt Stück für Stück zu schützen.

Eines möchte ich in eigener Angelegenheit, in österreichischer Angelegenheit, schon sagen: Wir bemühen uns gerade aus Sicht der Landwirtschaft, das zu erhalten. Ich will da nichts schönreden, aber durch das Umweltprogramm versuchen wir zum Beispiel, alte Haustierrassen zu schützen – auch das ist ein Teil der Biodiversität –, zu ver­hindern, dass Nutztierrassen aussterben und nicht mehr gebraucht werden, oder auch


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Ökosysteme anzulegen. Das wollen wir in der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik weiterführen, aber auch im Zuge weiterer Biodiversitätsprogramme, wie sie viele Gemeinden durchführen. Kollege Kollross hat es erwähnt: Viele Bürgermeis­terin­nen und Bürgermeister, wie sie hier sitzen (in Richtung ÖVP weisend), bemühen sich in ihrem Wirkungsbereich, derartige Blühflächen zu schaffen, Schmetterlingswiesen und Ähnliches, um eben in diesem Mosaik einen Beitrag zu einem funktionierenden Ökosystem zu leisten. Gemeinsam werden wir das schaffen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, verlege ich die Abstimmung über diese Punkte an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Umweltausschusses.

14.50.58Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 6 bis 10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Umweltausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eintreten, frage ich: Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Biozidproduktegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 113 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend Strahlenschutzgesetz 2020 in 114 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordnete Herr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 11 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 115

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8, die dem Ausschuss­bericht 163 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie“.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (42/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenplan gegen das Bienen- und Insektensterben“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (43/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Umwelt­ausschusses, seinen Bericht 164 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10, die dem Aus­schussbericht 165 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Notfall­plan gegen Artensterben in österreichischen Flüssen, Seen und Feuchtgebieten“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (44/E)

14.54.0211. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 160/A(E) der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einlei­tung einer umfassenden „Bio-Wende“ in der österreichischen Landwirtschaft (188 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 451/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Bekenntnis der Bundesregierung und insbesondere der Bundes­minis­terin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 116

des Wassers sowie zur Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln 2017-2021 (189 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 450/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Maßnahmenpaket zur Stärkung der landwirtschaftlichen Krisenresilienz (190 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 500/A(E) der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekämpfung der Mäuseplage (191 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.55.11

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Dass die Förderung von biologischer Landwirtschaft für diese Regierung leider nur ein Lippenbekenntnis ist, wissen wir, seitdem das Regierungsprogramm vorliegt. Zahl­reiche Initiativen der SPÖ zum Ausbau der biologischen Landwirtschaft wurden ent­weder vertagt oder abgelehnt. Auch der vorliegende Antrag zur „Einleitung einer um­fassenden ,Bio-Wende‘“ wurde von ÖVP und Grünen im letzten Ausschuss abgelehnt. Dies ist mehr als traurig, denn Sie sagen somit Nein zum mittelfristigen Ziel, über 50 Prozent an biologischer Landwirtschaft in Österreich zu erreichen. Sie sagen Nein zur nachhaltigen Reduktion der Pestizidbelastung und der mineralischen Stickstoff­dün­gung. Sie sagen Ja zum Einsatz von gefährlichen Pestiziden, wohl wissend, dass sie den Menschen und auch vielen Insekten schaden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen somit die Bäuerinnen und Bauern auch nicht beim Umstieg von kon­ventionell auf bio unterstützen. Sie sagen Nein zum Klimaschutz und auch zum Umweltschutz in der Landwirtschaft. ÖVP und Grüne probierten zwar mit einem eigenen Antrag, diese ablehnende Haltung im Ausschuss zu vertuschen, doch wer sich den Antrag durchgelesen hat, weiß: Er beinhaltet leider keine konkreten Maßnahmen, keine konkreten Ziele. Er beinhaltet leere Floskeln, inhaltsleere Phrasen – ein Ablenkungsmanöver, würde ich meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass in Ihrem Antrag kein einziges Mal das Wort Pes­tizidreduktion vorkommt?

Ich appelliere zum Abschluss gerade an die Grünen: Warum stellen Sie sich gegen die Interessen Ihrer Wählerinnen und Wähler? Warum schließen Sie sich nicht uns, der Sozialdemokratie, an und stimmen unserem Antrag zu? Damit würden Sie mehr an biologischer Landwirtschaft, mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft und auch den Erhalt der Artenvielfalt erreichen.

Da der Erhalt der Artenvielfalt so eine zentrale Rolle in unserem Ökosystem spielt, stelle ich nun folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verstärkte Förderung von Blühstreifen für mehr Bienen- und Insektenschutz durch das Programm für die Ländliche Entwicklung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, im Rahmen des Programms für die Ländliche Entwicklung bereits während der Übergangsjahre bis zum Beginn der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU eine verstärkte Anreizförderung für landwirtschaftliche Betriebe insbesondere in intensiven Ackerbaugebieten zum Anlegen von Blühstreifen vorzusehen und damit für Schutzräume für Bienen und andere Insekten sowie insgesamt mehr Biodiversität zu sorgen. Dabei ist auch auf eine Nicht-Belastung der Blühstreifen durch Pestizide besonders Wert zu legen.“

*****

Einen Satz noch zum Kollegen Ofenauer von der ÖVP, der sich vom Rednerpult aus den schönen Sätzen widmet, wie wichtig es sei, Blühstreifen und die Artenvielfalt in Österreich zu erhalten: Stimmen Sie diesem Antrag zu?! – Es ist leicht, hier zu stehen und blumige Worte zu finden, und im Ausschuss alles abzulehnen und zu vertagen. Ich finde das wirklich sehr, sehr schade! (Beifall bei der SPÖ.)

14.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Klaus Köchl, Robert Laimer,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend verstärkte Förderung von Blühstreifen für mehr Bienen- und Insektenschutz durch das Programm für die Ländliche Entwicklung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 160 A(E) der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einleitung einer umfassenden „Bio-Wende“ in der österreichischen Landwirtschaft

Das Abnehmen der Bienenvölker steht für das dramatische Ausmaße erreichende Insekten- und Vögelsterben. Landwirtschaftliche Monokulturen, das Ausbringen von chemisch-synthetischen Pestiziden, aber auch landwirtschaftliche Kulturen, die keine besonderen Schutz- und Nahrungsräume für Insekten vorsehen, stehen wissen­schaft­lich erwiesen im Zusammenhang mit dem bedenklich hohen Abnehmen der Insekten­masse insgesamt und in Folge des Vögelsterbens.

Ein wesentlicher Hebel, um zu erreichen, dass noch mehr Betriebe Vorsorge treffen und sich der Biodiversität annehmen, von deren Existenz unser aller Lebensqualität und in Zukunft eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln abhängt, ist es, Agrarfördermittel als Anreiz einzusetzen.

Durch die öffentliche Hand aufgebrachte Mittel müssen einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen erfüllen. Jeder angelegte Blühstreifen ist ein Gewinn für die Umwelt.


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Zudem ist es im Eigeninteresse der Landwirtschaft selbst, dass sie eine für eine intakte Natur, wozu Artenvielfalt und eine entsprechende Insektenpopulation gehören, sorgt.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, im Rahmen des Programms für die Ländliche Entwicklung bereits während der Über­gangsjahre bis zum Beginn der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU eine verstärkte Anreizförderung für landwirtschaftliche Betriebe insbesondere in intensiven Ackerbaugebieten zum Anlegen von Blühstreifen vorzusehen und damit für Schutzräume für Bienen und andere Insekten sowie insgesamt mehr Biodiversität zu sorgen. Dabei ist auch auf eine Nicht-Belastung der Blühstreifen durch Pestizide besonders Wert zu legen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.59.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst danke schön für die interessanten Anträge – und auch Beiträge, Frau Kolle­gin. Ich kann einleitend aber gleich sagen: Anträge, die sozusagen laufende Projekte oder Meilensteine, die wir schon erreicht haben, beschreiben, halte ich für an und für sich – wie darf ich es beschreiben? – obsolet, und darum lehnen wir diese auch ab. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Im Gegenzug gibt uns das aber die Möglichkeit, diese laufenden Projekte und auch die Meilensteine, die bereits erreicht wurden, und die Ziele, die wir haben, gut zu beschreiben.

Biowende: Die Frage ist, wo man das hinwenden möchte. 25 Prozent der Fläche der Bäuerinnen und Bauern, was die Zahl der Betriebe betrifft, sind bereits biologisch bewirtschaftet (Zwischenruf bei der SPÖ), in Ihrem Heimatbundesland Salzburg, Frau Kollegin, sind es knapp 50 Prozent. – Diese Entwicklung ist also wirklich eine Erfolgs­geschichte, und ja, es gibt einen Biomarkt in Österreich, er ist aber begrenzt, und aus diesem Grund ist die biologische Produktion interessanterweise auch ein Export­schla­ger. Wenn man in die Märkte reinschaut, muss man eben aufpassen: Wie viel wird zu Hause konsumiert und wie viel im Ausland und wie viel vielleicht sogar auf einem anderen Kontinent dieser Welt?

Es ist also in Summe eine gute Entwicklung, die der Lebensmittelversorgung in Öster­reich guttut, die uns aber auch die Lebensqualität sichert. Letztendlich sind all diese Dinge gut und wichtig, aber es muss damit auch verbunden sein, dass die Bäuerinnen und Bauern in den bäuerlichen Familienbetrieben eine ökonomische Basis haben – und auch in diesem Zusammenhang gibt es in den meisten biologischen Branchen eine gute Entwicklung.

Bio und konventionell werden oft aber sehr emotional und auch kontrovers diskutiert, und ich nenne jetzt zwei Beispiele, wie man, glaube ich, wirklich über diese Thematik


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 119

diskutieren sollte. Das eine ist der wissenschaftliche Zugang. Jetzt in der Coronakrise gab es jede Menge Fakenews, wissenschaftliche Erkenntnisse, Aussagen von Ärzten wurden infrage gestellt – eine schlechte Entwicklung. Zum anderen fordern wir in der Klimapolitik ein, auf die Wissenschaft zu hören. Jetzt zum Pflanzenschutz, Frau Kolle­gin: Da ist unser Zugang, wissenschaftliche Erkenntnisse von unabhängigen Behörden bitte zur Kenntnis zu nehmen und diese auch wertzuschätzen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Kollegin Herr ist leider nicht mehr da (Abg. Leichtfried – auf die letzte Reihe zeigend –: Da ist sie eh!): Wenn man sich in Österreich vor diesen viel diskutierten Pflanzen­schutz­mitteln fürchtet, dann ist die beste Methode, österreichische Qualität zu kaufen, weil österreichische Lebensmittel 100 Prozent glyphosatfrei sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Ist sie jetzt da oder nicht?)

Die zweite Basis, auf der wir diskutieren sollten, sind Gesetze, und auch die sind in Österreich streng: Umwelt, Tierwohl, Lebensmittel, Rückstände – all das ist bei uns sehr gut organisiert, und auch im internationalen Vergleich haben wir die saubersten Lebensmittel der Welt.

Dieser wissenschaftliche und dieser gesetzliche Zugang sollten dann die Basis dafür sein, dass sich Bäuerinnen und Bauern – auf der einen Seite – frei für eine Wirt­schaftsweise entscheiden, aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen und auf­grund von Gesetzen. Der eine macht es konventionell, der andere macht es biologisch. Diese Basis sollte – auf der anderen Seite – auch bei den Konsumentinnen und Kon­sumenten eine freie Entscheidung dahin gehend induzieren, ob sie ein konventionelles Produkt oder ein biologisches Produkt konsumieren. Das sollte in einem offenen Dis­kurs, in einer freien Gesellschaft an und für sich möglich sein.

Ich glaube, dass dieses Miteinander von konventioneller und biologischer Landwirt­schaft in Österreich funktioniert, dass es möglich ist, und wir wollen diesen erfolg­reichen Weg auch in aller Konsequenz weitergehen. – Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

15.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Schmiedlechner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.03.46

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Zuseher! Wenn die Sonne mit uns lacht, hat’s die ÖVP gemacht (Heiterkeit, Beifall und Zwischenrufe bei der ÖVP), gibt es Regen, Sturm und Schnee, war’s bestimmt die FPÖ (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) – oder eine andere Oppositions­partei. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir in Österreich sind stolz auf unsere landwirtschaftlichen Betriebe, sie leisten hervorragende Arbeit; ob bio oder nicht: die österreichische Landwirtschaft hat sehr hohe Standards, und damit produzieren wir, auch die konventionellen Betriebe, auf hohem Tierwohl- und Umweltschutzniveau.

Es muss ein Nebeneinander, ein Miteinander der herkömmlichen und der biologischen Landwirtschaft geben. Jedem Landwirt muss es möglich sein, selbst zu entscheiden, wie er produzieren will. Gerade im Biobereich kommt es momentan zu sehr vielen Problemen. Nicht nur die Trockenheit, auch die neue Bioverordnung bringt sehr viele Bauern in Bedrängnis, viele steigen nicht nur aus Bio aus, nein, sie schließen ihre Betriebe ganz.

Bezüglich krisenresilienter Landwirtschaft: Natürlich ist das ein sehr wichtiges Thema, sehr geehrte Kollegen. Die Landwirtschaft hat gezeigt, was sie in der Krise leisten kann. Sie hat sich aber auch Anerkennung verdient, und wir sollten durchaus dafür


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sorgen, dass die Landwirtschaft ordentliche Preise erhält. Da sind wir gefordert. Wo sind die ÖVP-Bauernbund-Abgeordneten? (Rufe bei der ÖVP: Da!) Ich erinnere nur daran: Heute haben wir über drei Anträge zur Entlastung der Bauern abgestimmt, leider hat die ÖVP das verschlafen. Sie haben das angesichts des Budgetchaos wahr­scheinlich nicht mitbekommen und haben gegen die Bauernschaft und gegen die Ent­lastungen gestimmt.

Herr Strasser, Sie haben in Ihrer Rede zum Landwirtschaftsbudget gesagt, Sie brauchen Hilfe gegen den Lebensmittelhandel, Sie brauchen Hilfe, um für die Bauern etwas umzusetzen. – Wir sind gerne bereit, Ihnen zu helfen, es wundert mich nur, dass die Anträge der Opposition stets vertagt oder abgelehnt werden. Unsere Vorschläge würden den Bauern weiterhelfen. (Ruf bei der ÖVP: Bist du dir da sicher?) Immer vor den Wahlen müssen sie ausrücken, die Bauernbündler, müssen sie raus zu den Bauern, und dann wird geredet, was sie nicht alles gemacht haben, was sie nicht alles getan haben, und wird den Bauern Bürokratieabbau und was weiß ich noch alles versprochen. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.) Kaum sitzen Sie hier herinnen, können Sie sich nicht mehr erinnern, was Sie draußen versprochen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Betrieb, der mit Lebensmitteln arbeitet, hat strenge Auflagen im Zusammenhang mit der ausreichenden Bekämpfung gewisser Nager und Schadtiere. Im letzten Jahr gab es im östlichen Weinviertel eine massive Feldmausplage. Die Feldmäuse fressen verschiedene Kulturen – Getreide, Mais, Kürbis, Rüben, Sonnenblumen, und selbst Marillenbäume und Wein wurden zum Opfer dieser Schadtiere. Die Ernteverluste waren dramatisch, manchmal kam es sogar zum Totalausfall.

Im heurigen Jahr droht sich die Situation aufgrund des lauen Winters, der zuneh­menden Trockenheit, der erwarteten Hitzetage und der extremen Vermehrungsrate der Feldmäuse zu wiederholen. Wir wären verpflichtet, rechtzeitig zu handeln. Bedingt durch die zahlreichen Öpul-Vorschriften, die Begrünung von Ackerflächen in verschie­denen Varianten, zum Beispiel Mulchsaat, für die die Bauern eine Prämie bekommen, unterbleibt die Bodenbearbeitung weitgehend. Auf diese Förderung können aber viele Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichten, deshalb ist ein Ausstieg aus dem Förderprogramm keine Möglichkeit, keine Variante. Den Bauern muss die Mög­lichkeit gegeben werden, diese Plage zu bekämpfen, ohne sich vor einer Kontrolle der AMA fürchten zu müssen (Ruf bei der ÖVP: Das geht ja gesetzlich gar nicht! So ein Blödsinn!), und deswegen mein Antrag zur Unterstützung der Bauern, regional und zeitlich begrenzt. Diese Erleichterungen würden helfen, dort schnell eine Lösung herbeizuführen, und deswegen hoffe ich auf Ihre Unterstützung, geschätzte Kollegen.

Sagen Sie nicht, das wäre nicht möglich! Es wurde ohne Vorwarnung die Bioverord­nung, die Weideverordnung geändert, ohne Vorwarnung wurde unter der Periode das Öpul-Programm geändert, die Auflagen für die Bauern wurden geändert, also sagen Sie nicht, das wäre nicht möglich! Wenn Sie wollen, ist es möglich, mit uns ist es möglich. Unterstützen Sie unseren Antrag!

Liebe ÖVP, hören Sie auf mit Ihrer Inszenierungspolitik, fangen Sie an, zu handeln! Für die Bauern ist es nicht fünf vor zwölf, es ist fünf nach zwölf. Sehr viele Betriebe haben bereits zugesperrt, weitere Betriebe werden zusperren. Handeln wir endlich! (Beifall bei der FPÖ.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ist Abgeordneter Vogl da? – Zu einer tat­säch­lichen Berichtigung gelangt Abgeordneter Vogl zu Wort. – Sie kennen das Wesen einer tatsächlichen Berichtigung. (Ruf: Wer kennt sie?) – Bitte.



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15.10.21

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Abgeordneter Strasser hat in seiner Rede behauptet, die österreichischen Lebensmittel sind zu 100 Prozent glyphosat­frei. – Das ist unrichtig.

Der richtige Sachverhalt lautet: Glyphosat ist in Linsen, Mehl, Brot, Wasser und damit auch im Bier nachweisbar. (Beifall bei der SPÖ.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: ... das Wort erteilt! ...! Das war jetzt ...!)


15.10.51

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Gospod prezident! Herr Präsident! Spoštovani kolegi in kolegice! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Österreich ist ein Biomusterschüler, das kann man nicht oft genug betonen, und es freut mich, dass das alle Parteien tun. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Biowende findet statt, wir sind mittendrin, Kollegin Ecker. (Abg. Cornelia Ecker: Was sind Ihre Ziele?) Wir haben die Situation, dass wir täglich zwei neue Betriebe im Biobereich dazubekommen. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.)

Ich selber stamme von einem Betrieb, der 1970 noch konventionell war und erst 2000 den Schritt zur Biolandwirtschaft gemacht hat. Aus der Genese weiß ich, Bio wird dann mehr, wenn man sich den Schritt aus der konventionellen Landwirtschaft leisten kann, wenn man sich diesen Schritt auch zutraut und eben in die Biolandwirtschaft einsteigt. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Viele von uns hier herinnen, die wir mit der Land­wirtschaft zu tun haben, haben diese Erfahrung gemacht.

Gerade in dem Antrag, den wir mit dem Kollegen Strasser im Ausschuss eingebracht haben, haben wir den Grundstein dafür gelegt, dass dieser Einstieg in die Bioland­wirt­schaft immer gelingen kann, dass es nämlich keinen Deckel gibt, sondern dass es kontinuierlich möglich sein soll, immer auch in die biologische Wirtschaftsweise einzus­teigen. (Zwischenruf der Abg. Cornelia Ecker.) 26 Prozent der Fläche in Österreich werden biologisch bewirtschaftet. 24 000 Betriebe sorgen für diese Fläche, die ja ihren wesentlichen Beitrag zur Artenvielfalt leistet. Das ist eine gute Entwicklung für Öster­reich, und die braucht es auch, denn letztendlich haben wir mit der Biodiversitäts-Strategie und mit der Farm-to-Fork-Strategie jetzt auch einen guten strategischen Weg vor uns, in dem wir sicherlich einen weiteren Ausbau erzielen und auch eine Bestä­tigung des jetzigen Weges finden werden.

Wie war es früher? – Früher war es klar, dass Pioniere verspottet werden, dass man ihnen kopfschüttelnd begegnet, dass man sie nicht ernst nimmt; und heute sind sie die Visitenkarte für Österreich, heute sind sie die Werbeträger im Fernsehen und auch im Radio. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strasser.)

Werbeträger allein zu sein, das reicht allerdings nicht aus, um monatliche Rechnungen bezahlen zu können. Wir wissen zwar, dass es Biobetriebe sind, die sich wirtschaftlich leichter tun, obwohl sie lediglich 5 Prozent mehr öffentliche Gelder bekommen als kon­ven­tionelle Betriebe, auf den Ertrag gesehen, aber Biobetriebe stehen vor denselben Herausforderungen wie auch konventionelle Betriebe. Ich halte nichts davon, hier das Schicksal von einzelnen Betrieben immer auseinanderzudividieren und die einen als die Guten und die anderen als die Bösen darzustellen. Die Zukunft muss sein, einen guten Weg zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Gewässerschutz und letztendlich auch zum Tierwohl zu finden; und das wird dann gelingen, wenn man sich hinsetzt und gemeinsam gute Pläne macht. Das habe ich bisher vermisst. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich möchte mich aber herzlich bei Kollegin Doppelbauer bedanken, denn es ist uns gelungen, betreffend Pestizide im Ausschuss einen gemeinsamen Antrag zu verab­schie­den, der darauf abzielt, dass wir einen guten Plan dazu machen, wo Pestizide eingesetzt werden, wie wir das weiterentwickeln, welche Forschungsgelder wir da zukünftig einsetzen können. Und ja, Sie hatten recht im Ausschuss, der Antrag ist noch nicht genug mit Zahlen versehen, aber auch daran werden wir zukünftig arbeiten, denn wenn wir dieser Biodiversitäts-Strategie nachkommen wollen, wenn wir die Farm-to-Fork-Strategie ernst nehmen, dann werden wir auch Pläne brauchen, die klare Zahlen definieren. Da gebe ich Ihnen recht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Abge­ordneter Strasser zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.15.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Kollege Vogl hat behauptet, dass in Österreich - - (Abg. Vogl: ... Geschäftsordnung! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Einen Widerruf auf eine tatsächliche Berichtigung kann er machen, selbstverständlich. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Geht nicht, denn er hat sich nicht auf dich bezogen, Kollege Strasser. Es kann keinen Widerruf geben. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das ist richtig. Er hat es nicht direkt auf den Kollegen Strasser bezogen, er hat nur gesagt, in den Lebensmitteln ist es drin. Man darf eine tatsächliche Berichtigung nur dann berichtigen, wenn sie auf einen selber bezogen ist, das ist so. (Beifall bei den NEOS.)

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Doppelbauer zu Wort. – Bitte.


15.16.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Die Geschäftsordnung ist manchmal ein Hund, Kollege Strasser, gell?

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir wieder zum Thema zurück. Wir besprechen ein paar Anträge, die im Landwirtschaftsausschuss behandelt worden sind.

Zwei davon sind aus meiner Sicht besonders erfreulich, weil sie nämlich aus der Feder von uns NEOS stammen, aber dann in inhaltlicher Zusammenarbeit über Partei­gren­zen hinweg gemeinsam abgestimmt worden sind, beziehungsweise werden wir sie heute gemeinsam abstimmen und beschließen, und das freut uns natürlich.

Im ersten dieser beiden Anträge – und das ist ein sehr, sehr wichtiger Antrag – geht es um die Versorgungssicherheit. Warum haben wir das gemacht? – Es ist, glaube ich, positiv aufgefallen, dass es die österreichische Landwirtschaft und der Handel trotz der Krise geschafft haben, dass kein Zweifel an der heimischen Versorgungssicherheit aufkommt. Es hat zwar leere Regale gegeben, aber das waren eher Klopapierregale (Heiterkeit der Rednerin), ansonsten hat das wirklich sehr, sehr gut funktioniert, und dafür möchte ich natürlich den österreichischen Landwirten und Landwirtinnen meine Hochachtung aussprechen. (Beifall bei den NEOS.)

Trotzdem muss man sagen, dass ein kleiner Beigeschmack dabei ist, denn die Regierung hat es ihnen nicht so leicht gemacht. Natürlich hätte es Erntehelfer gebraucht, und die braucht es auch jetzt noch; ich habe gerade letzte Woche wieder mit einem Gemüsebauern aus der Gegend gesprochen. So toll es ist, wenn man jetzt


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die Menschen in Österreich auffordert, dass sie sich zur Verfügung stellen und die Landwirte unterstützen, so schwierig ist das dann auch. Da erlebt man nämlich Folgendes – und der Bauer hat es ganz gut beschrieben –: Er hat gesagt, er bekommt jetzt Anrufe von Menschen, die sagen, sie können hart arbeiten, sie gehen eh ins Fitnessstudio, und am Samstagnachmittag hätten sie ein paar Stunden Zeit zum Spargelstechen, und dann fragen sie, ob sie dann vielleicht auch etwas Spargel mit nach Hause nehmen dürfen.

Man schmunzelt natürlich, wenn man solche Geschichten hört, aber letztendlich zeigt das dann doch sehr klar, wie wenig das Bild der Landwirtschaft heutzutage noch in den Köpfen der Menschen ist. Diese Realitäten klaffen wirklich auseinander. Ein Bauernhof ist kein Ponyhof, das ist harte Arbeit, und es braucht Wissen und es braucht Skill Sets, um das gut zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

Was aber wiederum sehr positiv ist – und dafür möchte ich mich bei den Kollegen von den Grünen ausdrücklich bedanken –, ist, dass sie in diesen Antrag noch einen ganz wichtigen Aspekt aufgenommen haben, und da geht es um den Bodenverbrauch. Das ist etwas, das uns NEOS, wie mein Kollege Michael Bernhard vorhin schon gesagt hat, wirklich am Herzen liegt. Bodenverbrauch ist ein Riesendrama. Wir liegen nach wie vor an der Spitze in Europa – leider, muss man sagen –, denn wir verbauen jeden Tag 12 Hektar Grund. Seit den Sechzigerjahren – und das muss man wirklich überdenken, meine Damen und Herren – haben wir circa 270 000 Hektar Ackerland und über eine halbe Million Hektar an Grünland verloren. Das ist natürlich dramatisch. Es ist dra­matisch für die Produktion, aber es ist vor allem auch für die Biodiversität dramatisch. Wir wissen, dass es mittlerweile um 70 Prozent weniger Insekten gibt, und das hat gewaltige Auswirkungen auf die Biodiversität, und natürlich ist diese fehlende Grün­fläche ein Riesenthema.

Da passt es natürlich ganz gut, dass es einen weiteren Antrag von uns NEOS gibt, der ebenfalls heute hier gemeinsam beschlossen werden wird, der besonders wichtig ist. Es geht darin um die deutliche Reduktion des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Auch diesen Antrag werden wir heute gemeinsam beschließen, und das freut mich wirklich sehr.

Zum Schluss möchte ich aber noch einen anderen Gedanken ausführen, weil im Landwirtschaftsausschuss am Ende des Tages eine aus meiner Sicht doch etwas eigenartige Stimmung herrschte.

Es ist wirklich verdammt verlockend, in so einer Krise von der landwirtschaftlichen Autarkie zu träumen. – Krisenresilienz heißt viel, aber es heißt nicht Abschottung, und ganz im Ernst: Auch die landwirtschaftlichen Betriebe profitieren davon, dass wir hoch­qualitative Produkte in den Export geben. Da wird ja auch sehr viel Wertschöpfung für Österreich erbracht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Selbst unsere österreichische Esskultur ist ja nichts anderes als europäisch. Ich meine, wenn man sich anschaut, dass vom ungarischen Gulasch bis hin zu den böhmischen Mehlspeisen oder auch den Nockerln, die ja nicht zufällig wie Gnocchi klingen, alles europäisch ist, dann muss man schon auch ein bisschen europäisch denken. Und wenn wir uns wirklich gegen Krisen wappnen wollen, dann müssen wir mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten.

Österreich war und ist immer dann am stärksten, am resilientesten, am wohl­ha­bends­ten, wenn es über den Tellerrand hinausschaut und nicht chauvinistisch agiert. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.) Also Regionalität ja, aber nationale Klein­geisterei eben nicht! Ganz ehrlich, mir persönlich ist es vollkommen wurscht, ob die


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Biomilch von der Kuh in Schärding oder von der Kuh in Passau kommt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bundesministerin Köstinger. – Bitte.


15.21.21

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Dank des österreichischen Modells der Agrarpolitik ist es gelungen, eine sehr starke agrarische Produktion zu gewährleisten und zugleich aber vor allem auch die hohen Umweltleis­tungen der heimischen Landwirtschaft zu unterstützen. Mit der Neuausrichtung der Ge­mein­samen Agrarpolitik nach 2020 werden genau diese ökologischen Anliegen noch stärker in den Fokus geraten, und das vor allem eben auch unter den Vorzeichen des voranschreitenden Klimawandels. Wie im vorliegenden Antrag festgehalten kommt Österreich da wirklich eine Vorreiterrolle zu, und das ist uns vor allem auch durch das sehr gut ausgestaltete Agrar-Umweltprogramm mit einer Teilnahmerate von über 80 Prozent der bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich gelungen.

Auch in der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik wird die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft einen sehr wichtigen Platz in Österreich einnehmen. Die Ziele des Ent­schließungsantrages werden im Zuge der GAP-Strategieplanerstellung umfassend auch in Expertengruppen diskutiert und entsprechend weiterverfolgt.

Im Bereich der pflanzlichen Produktion hat sich Österreich der Strategie des inte­grierten Pflanzenschutzes und damit einer nachhaltigen und vor allem umweltschonen­den und optimierten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verschrieben. Das wird vor allem auch für die Zukunft der Schlüssel zum Erfolg sein. Der liegt in der Forschung und auch in den Innovationstätigkeiten, die besonders auch vonseiten des Bundes­ministeriums ausgehen und auch jetzt in dem neuen Budgetplan mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Derzeit laufen die Arbeiten zur Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans Pflanzen­schutz. Unser Ziel ist es, alle zur Verfügung stehenden Best-Practice-Beispiele in den neuen Aktionsplan einzuarbeiten. Wir haben uns auch intensiv damit auseinander­ge­setzt, einen neu ausgerichteten und optimierten Warndienst, um einen noch besseren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu ermöglichen, zu installieren und damit vor allem auch die Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel zu verringern. Klar ist für uns, dass die Zulassung und die Wiedergenehmigung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf europäischer Ebene erfolgen muss und weiterhin auf Basis wissenschaftlicher Stu­dien stattfinden muss. Österreich muss diese Prozesse vor allem auch aktiv mitge­stalten, wir müssen unsere Zielsetzung einbringen, wie das bisher auch schon ge­sche­hen ist.

Wir sehen auch, dass durch das vermehrte Auftreten von Trockenheit, von Dürre­perioden die Landwirtschaft durchaus massiv unter Druck steht. Wenn man sich bei­spielsweise den Ackerbau ansieht, weiß man: Die Rübenkulturen in Österreich sind massiv bedroht. Wir haben letztes Jahr durch den Rüsselkäfer die Rübenernte auf rund 10 000 Hektar verloren. Es ist daher sehr wichtig, auch gezielt Pflanzenschutzmittel einzusetzen, denn es ist nicht sinnvoll, Produktion in Österreich zu verlieren und diese Produkte dann – mit denselben Pflanzenschutzmitteln behandelt – wieder nach Öster­reich zu importieren. Auch das muss jedem klar sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Vor zwei Tagen haben wir hier im Hohen Haus gemeinsam, unisono auch betont, dass die österreichische Landwirtschaft in den vergangenen Wochen und Monaten ihre Kri-


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sen­festigkeit und vor allem auch Systemrelevanz eindrucksvoll bewiesen hat. Die Krise hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig eine flächendeckende Landwirtschaft für die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung in Österreich ist. Deswegen liegen der Schlüssel zum Erfolg und vor allem auch die Lehren aus der Krise in der Regionalität und eben auch darin, den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen und damit auch die Unabhängigkeit abzusichern.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Doppelbauer, das hat nichts mit blindem Nationalis­mus zu tun, aber es kann nicht funktionieren, wenn Billigbutter aus einem EU-Nach­bar­land mittlerweile die österreichischen Märkte überschwemmt. 99 Cent für 250 Gramm Butter, so eine aktuelle Aktion – das ist moralisch verwerflich! Und lassen Sie sich gesagt sein: Auch deutsche Milchbauern können zu solchen Preisen nicht produzieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Deswegen brauchen die hohe Qualität und vor allem auch die klein strukturierte Land­wirtschaft in Österreich Unterstützung. Dass wir die Konsumentinnen und Konsumen­ten bitten, das am Regal abzubilden, dass ihnen die Produkte etwas wert sind, dass sie sehen, wie viel harte Arbeit auch dahintersteckt, das, glaube ich, können auch Sie vonseiten der NEOS nicht als ganz abwegig werten.

Im überwiegenden Teil der vorliegenden Entschließungsanträge sind Maßnahmen angeführt und enthalten, die wir bereits im Regierungsprogramm verankert haben und die wir jetzt im Laufe dieser Legislaturperiode umsetzen werden. Wir werden sie mit Nachdruck erarbeiten und speziell auch Lehren aus dieser Krise ziehen. Die Schwerpunktsetzungen sind für uns klar: die bäuerlichen Familienbetriebe zu unterstützen, zu halten, ihnen aber vor allem auch eine Perspektive zu geben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Strasser. – Bitte.


15.26.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Ich darf Kollegen Vogl, mit dem man wirklich gut diskutieren kann und der sehr wissbegierig ist, infor­mieren: Wenn in Österreich ein Lebensmittel angeboten wird, das Glyphosatrück­stände enthält, dann können die Rohstoffe, die dieses Lebensmittel ausmachen, nicht aus Österreich sein, weil in Österreich – wir haben das strengste Glyphosatanwen­dungsregime in ganz Europa – auf reife Früchte kein Glyphosat angewendet wird. (Beifall bei der ÖVP.) Und darauf, Frau Kollegin Doppelbauer, können wir stolz sein! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte.


15.27.45

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir Sozial­demokratInnen setzen uns für jene landwirtschaftlichen Betriebe besonders ein, die es wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Lage in benachteiligten Gebieten besonders schwer haben. Ebenso ist die Direktvermarktung ein Faktor, der stärker unterstützt werden muss, damit eine Einnahmequelle möglich ist, die dem Betrieb zusätzliche Stabilität gibt und das dramatische Höfesterben verringert.

Die im Landwirtschaftsausschuss eingebrachten ÖVP-Anträge sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass sie eine gewisse Romantik vorgaukeln, ohne inhaltlich konkrete und bindende Aufforderungen zu beinhalten. Stichwort: 100 Prozent regional. – Wer


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definiert, was 100 Prozent regional überhaupt bedeutet? Ist mit regional ganz Öster­reich gemeint?

Bei der Herkunftsbezeichnung setzt die ÖVP – und deshalb jetzt auch die Grünen – auf das Etikett Herkunft Österreich. – Das alleine wird unseren Betrieben jedoch nicht helfen.

Dazu kommt noch, dass Regionalität nicht gleich Qualität bedeutet. Ich möchte dazu als Beispiel Schweinefleisch nennen. Ein Test der Arbeiterkammer Oberösterreich und von Vier Pfoten hat sich bei der Überprüfung von Tierwohl mit heimischen Gütesiegeln beschäftigt. Das AMA-Gütesiegel bedeutet nicht, dass die Tiere über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus gehalten werden. Es ist Fleisch von Tieren, die auf Voll­spaltböden gehalten wurden und die als Ferkel eine Kastration ohne Betäubung erleiden mussten. Regional bedeutet daher nicht automatisch Qualität, und darunter muss sehr wohl auch das Tierwohl verstanden werden. (Ruf bei den Grünen: Wo ist es besser?)

Kommen wir zu 100 Prozent saisonale Lebensmittel! – Das hört sich ja schön und gut an, aber in der Realität ist es leider nicht umsetzbar.

Bei Obst und Gemüse liegt der Selbstversorgungsgrad teilweise bei nicht einmal 50 Prozent. Mit welchen konkreten Schritten die 100 Prozent bei saisonalen Lebens­mitteln verwirklicht werden sollen, wird im Antrag der Regierungsfraktionen nicht er­wähnt.

Sinnvoll wäre, eine Verringerung der Exportabhängigkeit anzustreben. So sollten Investitionsförderungen für Produktionssparten mit einem Selbstversorgungsgrad deutlich unter 100 Prozent angehoben werden, während Produktionssparten mit über 100 Prozent weniger gefördert werden sollten. Das wäre eine echte und sinnvolle Lenkungsmaßnahme, eine sogenannte echte Krisenresilienz, worum es in Ihrem Antrag eigentlich gehen sollte. Aber leider trifft sich Ihre verbale Forderung, Frau Bun­desministerin, nicht mit der Realität.

Abschließend: Die soziale Krisenresilienz fehlt im Antrag vollkommen. Die öster­reichische Landwirtschaft ist mit manchen Produktionssparten extrem von auslän­di­schen Arbeitskräften abhängig. Die Arbeitsbedingungen und Einkommen sind für in Österreich lebende Menschen und besonders für Menschen mit Betreuungspflichten unattraktiv. Es muss daher alles getan werden, um die soziale Nachhaltigkeit im Bereich der Beschäftigten in der Landwirtschaft zu verbessern und diese Arbeitsplätze auch für regionale Arbeitskräfte attraktiv zu machen. Das würde die Bauern auch im Gesamten stärken, meine Damen und Herren.

Das ÖVP-Credo allerdings heißt: Billigarbeitskräfte ins Land holen, notfalls auch mit Chartermaschinen aus Osteuropa. Das zeigt jedoch, welchen Stellenwert die Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer bei Ihnen haben. Am liebsten hätten Sie wohl eine untertänige Dienstbotengesellschaft, der man bei der Sonntagspredigt dankt. Das Leben ist aber kein permanentes Erntedankfest, und schöne Landschaftsbilder reichen für das Wohl der Menschen sicher nicht aus. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Vogl hat sich zu einer tat­sächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.31.59

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Abgeordneter Strasser hat in seiner Rede behauptet, dass der Einsatz von Glyphosat auf reifen Früchten verboten ist (Ruf bei der ÖVP: Ist es auch!) und es damit in Österreich zu keinen Rohstoffen kommen kann, die Glyphosat enthalten. – Das ist unrichtig.


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Der richtige Sachverhalt ist: Das Sikkationsverbot, welches in diesem Haus be­schlos­sen wurde, wurde bisher in keiner Weise so umgesetzt, sodass nach wie vor der Ein­satz von Glyphosat möglich ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Das stimmt ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stammler. – Bitte.


15.32.52

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerin! Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Zuseher vor den Bildschirmen! Zu den Anträgen betref­fend Stärkung der Krisenresilienz in der Landwirtschaft und Ausbau des Biolandbaus, die ja laut Kollegin Ecker angeblich Nebelanträge sein sollen: Ich möchte daran erin­nern, dass in unserem Regierungsprogramm – und daran halten sich auch diese zwei Anträge – die Worte Landwirtschaft und im Besonderen Biolandwirtschaft vorkom­men, und zwar nicht einmal, sondern mehrmals. Ich kann mich an die Regierungspro­gram­me unter Ihren Beteiligungen erinnern, in denen diese Worte kaum bis gar nicht vorgekommen sind. (Beifall bei den Grünen.)

Eine immer wiederkehrende Forderung, die man in der letzten Zeit wahrnimmt, ist die Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel und für Lebensmittel im Außer-Haus-Verzehr, sprich auch in öffentlichen Kantinen. (Abg. Schmiedlechner: Den Antrag habt ihr vertagt!) Man muss dazu wissen, dass über 50 Prozent der konsu­mierten Speisen außer Haus zu sich genommen werden und nicht in den eigenen Küchen zu Hause, und selbst dort ist der Anteil der Fertigprodukte groß und größer werdend.

Also wenn wir schon wollen, dass KonsumentInnen die Verantwortung übernehmen und entscheiden können, dann muss man ihnen die Entscheidungsgrundlage auch zur Verfügung stellen und ihnen sagen, woher die Lebensmittel stammen. Es zeigt sich zum Beispiel ganz eindeutig: Wo verstecken sich die ukrainischen Käfigeier, wohin gehen die Fleischimporte wirklich? – Zu 80 Prozent in den Cash-and-carry-Märkten, in denen die Gastronomie, die Kantinenbetreiber einkaufen. 80 Prozent des Fleisches, das sind geschätzte Werte. Warum sind die geschätzt? – Es ist unter anderem ein Problem für die Statistik Austria, dass sie anhand des europäischen Barcodes nicht feststellen kann, woher das Fleisch ist, sondern lediglich feststellen kann, wo dieses Fleisch vakuumverpackt wurde. Da besteht garantiert Änderungsbedarf.

Die Steigerung des Bioanteils in der öffentlichen Verpflegung, wie es Burgenland unter Doskozil jetzt vorzeigen will, wird von einer Studie des Forschungsinstituts für Bio­landwirtschaft begleitet. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse, denn diese Ergeb­nisse werden uns harte Zahlen liefern und uns eine Argumentationslinie bringen, nämlich – etwas, was wir zwar schon wissen, aber noch nicht ganz in Zahlen gepackt haben – dass der Biolandbau garantiert in die CO2-Reduktion, in die Gesundheit des Bodens und in die Gesundheit der Menschen „einzahlt“, dass laut einer KeyQuest-Umfrage 80 Prozent der Menschen in Österreich regionale Lebensmittel befürworten und wollen und immerhin 70 Prozent biologische Lebensmittel.

Ich gebe euch da vollkommen recht, aber ich weiß nicht, was ihr wollt. Regional darf man nicht draufschreiben, importieren beziehungsweise exportieren sollte man auch nicht. Auch meines Erachtens macht es keinen Sinn – und das ist eine Lose-lose-lose-Situation –, aus abgeholzten brasilianischen Regenwäldern Soja nach Österreich oder Europa zu verschiffen, hier Schweine zu mästen und die Schweinshaxen nach China zu verschiffen. Das ist eine Lose-lose-lose-Situation, und das größte Lose dabei hat das Klima, das muss uns ganz klar sein. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Anträge zur Biowende und zur Stärkung der krisenresilienten Landwirtschaft zei­gen meines Erachtens in die richtige Richtung. Sie zahlen auf beide Konten ein: auf das Konto der Folgenbewältigung von Corona und auf das Klimakonto. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


15.37.32

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Kollege Strasser, die Frage ist nicht, biologische Landwirtschaft oder konventionelle Landwirt­schaft, die Frage, die sich stellt, ist: Schaffen wir es in Österreich überhaupt, die Landwirtschaft zu erhalten, die gegen massive internationale Konkurrenz kämpft? Das wird überhaupt die entscheidende Frage sein, denn es wird keine Kulturlandschaft, keinen Tourismus ohne Berglandwirtschaft und ohne Landwirtschaft geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Und das Wichtigste, ob jetzt Biolandwirtschaft oder konventionelle Landwirtschaft, ist der Absatzmarkt. Jetzt in Ihre Richtung, sehr geehrter Herr Minister Anschober, ge­sprochen: Absatzmarkt ankurbeln bedeutet Tourismus forcieren. Sie haben heute eine Pressekonferenz abgehalten und uns mitgeteilt, dass ab 15. Juni weitere Erleichterun­gen eintreten werden. Was wir vermisst haben, ist, dass Sie da wieder sehr inkon­sequent waren und die Mitarbeiter im Tourismus weiterhin Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, auch nach dem 15. Juni. Wie soll denn der Markt funktionieren, wenn die Mitarbeiter ihren Gästen, ihren Kunden mit einem Mund-Nasen-Schutz gegenübertre­ten müssen? – Das ist die eine Sache.

Die nächste Sache ist: Die Sperrstunde wird auf 1 Uhr verlängert. Wieso wird die Sperrstundenregelung nicht überhaupt aufgehoben? Wieso lässt man die Betriebe nicht arbeiten, damit sie überhaupt Umsatz und Absatz machen können? (Beifall bei der FPÖ.)

Eines generell zur Behandlung oppositioneller Anträge: Wir haben heute Vormittag über Anträge betreffend Mund-Nasen-Schutz abgestimmt, wir haben über Anträge betreffend Aufhebung der Sperrstunde abgestimmt. Was haben Sie gemacht? – Sie haben diese Anträge hier pauschal abgelehnt – und zwei, drei Stunden später halten Sie Pressekonferenzen ab und stellen sich nicht der Diskussion mit uns hier im Hohen Haus! Das ist kein Umgang mit der Opposition, mit uns allen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Laimer.)

Da darf ich den Kollegen Fuchs in seiner Aussage bestätigen: Sie reden mit uns, aber Sie hören uns nicht zu!, und das bedauern wir unglaublich. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Landwirtschaft: Ich bin ein Vertreter der Berglandwirtschaft, das wissen Sie, und wir unterstützen die Berglandwirtschaft. Kollege Josef Hechenberger, das weißt du auch, wir unterstützen die Berglandwirtschaft, aber die Zahlen an sich sind wirklich dramatisch.

Nur ein paar Zahlen aus Osttirol: In Osttirol sperrt alle 14 Tage – leider Gottes – ein Bauernhof zu. Bezogen auf die Rinderbetriebe: 1961 hatten wir noch 2 575 Rinder­betriebe, 2019 1 253, also halb so viele, bitte; Milchproduzenten: 1981 1 000 Milchpro­duzenten, jetzt nur noch 490 Milchproduzenten. Das geht so weiter. Da müssen wir einschreiten, das müssen wir stoppen!

Ich habe schon mehrmals hier im Hohen Haus eingefordert, dass wir die Ausgleichs­zahlungen speziell für die Berglandwirtschaft erhöhen müssen. Es gibt ja immer noch


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diesen eklatanten Einkommensunterschied zwischen dem durchschnittlichen Einkom­men in der Landwirtschaft, siehe Grüner Bericht, und dem Einkommen in der Bergland­wirtschaft. Wir müssen diese Lücke schließen, wir müssen verhindern, dass unsere Bauern abwandern. Das ist das Entscheidende, Frau Minister! Das ist der Ansatz, über den wir diskutieren müssen, und nicht unbedingt darüber, ob biologisch oder nicht biologisch. Wir brauchen sowieso beides, denn das ist ja auch eine Frage der Kunden.

Wenn ich jetzt noch schnell eine aktuelle Umfrage zitieren darf – das Lamperle leuchtet schon wieder auf –: Mehr als 90 Prozent aller Konsumenten wollen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wissen Sie – wir haben jetzt Arbeitslosigkeit, wir haben Kurz­arbeit –, es ist natürlich auch eine Frage des Geldes, ob man sich qualitativ höchst­wertige Produkte leisten kann. Also auch da werden wir ansetzen und darauf schauen müssen, dass wir unsere Lebensmittel am heimischen Markt unterbringen, und nicht darauf, dass wir günstige Lebensmittel aus dem Ausland importieren. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Köchl und Muchitsch.)

15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hechenberger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.41.54

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zu­seher! Vielleicht kann ich einen Lösungsansatz rund um die Diskussion über Glyphosat für Herrn Vogl bieten. Wir haben in der Landwirtschaftskammer viele Expertinnen und Experten, und ich lade Sie gerne ein, damit Sie umfassend darüber informiert werden, wie der Einsatz wirklich ist, wie es funktioniert. Ich denke, das ist notwendig und auch wichtig, damit man nicht weiterhin solche Unwahrheiten verbreitet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Zum Thema Bio, und da geht es mir um eines: Wir dividieren derzeit konventionelle Bauern und Biobauern auseinander. Hören wir damit auf! Ich verneige mich vor jedem einzelnen Bauern, davor, was er leistet, was er tut. Jede Bauernfamilie arbeitet wirklich sehr, sehr viel und sehr, sehr hart für ein sehr, sehr geringes Einkommen. Ich denke, es ist beides ein Erfolgsmodell.

Zu Bio ist zu sagen, derzeit bewirtschaften 25 Prozent der Betriebe ihre Höfe biolo­gisch, aber nur 9 Prozent der Lebensmittel werden über den Lebensmitteleinzelhandel als Bioprodukte gekauft und in der Gastronomie nur 6 Prozent. Das heißt, wir produzieren derzeit Bio für den Export. Unser Zugang muss daher sein, dass wir das steigern. Das heißt, Kollegin Ecker, die Biowende muss am Markt passieren und nicht bei den Bauern. Was ist der Hintergrund? – Wenn man noch mehr Bioprodukte pro­duziert, dann beschneidet man wieder das Einkommen der Bauernfamilien. (Zwischen­ruf der Abg. Cornelia Ecker.) Darüber müssen wir, denke ich, nachdenken. Ich glaube schon, dass wir da noch sehr viel Arbeit vor uns haben, damit wir nicht einseitig Bauernfamilien belasten.

Ich glaube auch, dass die letzten Jahre sehr gut gezeigt haben, dass die Gemeinsame Agrarpolitik und das Österreichische Umweltprogramm ein guter Ansatz waren. In unserem Bundesland Tirol bewirtschaften 90 Prozent der Familien ihre Höfe ohne chemischen Pflanzenschutz und ohne Handelsdünger.

Abschließend die positive Erkenntnis – ich sehe in meinem Gegenüber immer das Positive –: Das Positive für den heutigen Tag ist für mich, dass Kollege Schmiedbauer (Zwischenruf bei der FPÖ), Schmiedlechner, erkannt hat, dass die ehrliche und die richtige Agrarpolitik in den Reihen der ÖVP-Bauernbund-Abgeordneten passiert. –


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Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Vogl hat sich zu einer tat­sächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.44.45

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Abgeordneter Hechenberger hat in seiner Rede behauptet, ich habe keine Ahnung über den Einsatz von Glyphosat und solle deshalb einen Kurs in der Landwirtschaftskammer besuchen. – Das ist unrichtig.

Der richtige Sachverhalt ist: Man darf Glyphosat im Getreide bis kurz vor der Ernte einsetzen, wenn Unkraut droht, dieses zu überwuchern. Das heißt, der Einsatz von Glyphosat ist dort möglich, entgegen dem Beschluss, den wir in diesem Haus gefasst haben. Ich würde ihn ersuchen, bei seinem Kollegen Georg Strasser einen Kurs zu machen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

15.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


15.45.21

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Tagen habe ich bei den Budgetberatungen zur Landwirtschaft gesagt, dass Herr Finanz­minister Blümel nicht der geeignete Finanzminister ist, weil er das Budget nicht zustande bringt. Gestern hat sich das Ganze bestätigt. In Wien habe ich gestern den ersten und kürzesten Witz darüber gehört: Blümel. – Das war der kürzeste Witz. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Wurm. – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Das hat aber nicht so viel ausgemacht, denn Herr Bundeskanzler Kurz hat das mit seinen 60 Medienberatern eigentlich recht gut drübergebracht und hat mit Dauertele­fonaten das Chaos um das Budget in den Medien als nicht so schlecht darstellen können. Dadurch macht das nicht so viel aus, weil das in der Bevölkerung noch nicht so drinnen ist. (Abg. Schmuckenschlager: Das hat aber mit Landwirtschaft nichts zu tun!)

Jetzt komme ich zur Landwirtschaft: Bruno Kreisky war der Letzte von der SPÖ, der für die Landwirtschaft verantwortlich war, und damals hat er in die Wege geleitet, dass die Bäuerinnen und Bauern eine Pension bekommen. Die jetzige ÖVP, die seither dafür verantwortlich ist, leitet ein andauerndes und verlässliches Bauernsterben ein. Jeden Tag schließen in Kärnten und in ganz Österreich Höfe. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schmiedlechner.)

Wenn meine Kollegin aus Kärnten, die Olga (in Richtung Abg. Voglauer), sagt, dass am Tag zwei Biobetriebe dazukommen, dann muss ich sagen: Da sperren viel mehr zu! Das habe ich vom Kollegen von der Freiheitlichen Partei auch jetzt bei seiner Rede bestätigt bekommen. Und das, glaube ich, ist der eigentliche Skandal.

Liebe Frau Bundesministerin für Landwirtschaft: Bitte, bitte fördern Sie die Arbeitskraft am Bauernhof und nicht die Hektar! Die Agrarindustrie wird immer größer, und das darf es in Österreich nicht länger in dieser Art und Weise geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Hinsichtlich Agrarchemie hat der Europäische Rechnungshof einen Sonderbericht er­stellt und festgestellt, dass das viel zu wenig transparent ist. Die Konsumentinnen und Konsumenten möchten haben, dass diese Giftstoffe und dergleichen, die die Bauern


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aufstreuen müssen, angegeben sind. – Aber nein, unser Ministerium sagt, das ist Amtsverschwiegenheit, das ist Datenschutz. Die Wissenschaft kann das auch nicht haben. Na ganz klar, dass sie das nicht berechnen und machen können, wenn sie die Unterlagen nicht bekommen. Und ein Betrieb wird dem anderen auch nicht sagen, wie viel drin ist, denn umso mehr von diesem Gift drin ist, umso besser ist natürlich dann der Boden.

Machen Sie es transparent, es ist Zeit! Die Biobetriebe müssen leben können und nicht die Großkonzerne, von denen so viel Unkrautvertilger auf die Felder gespritzt wird, dass sonst nichts mehr wächst. Das kann es auf Dauer einfach nicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin schon am Schluss; das geht einfach so schnell. – Liebe ÖVP, ich kann euch versprechen, zum Thema Landwirtschaft werde ich mich noch sehr oft zu Wort melden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine tatsächliche Berichtigung? (Abg. Leichtfried: Nein, wir berichtigen uns nicht selber, Herr Präsident! – Ruf: Manchmal schon!) – Nein.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weber. – Bitte.


15.48.48

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseher und Zuseherinnen zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte meinen Debat­tenbeitrag ein bisschen unter das Motto stellen: Es kann in der ganzen Thematik den Pflanzenschutz betreffend ruhig etwas weniger sein. Eigentlich könnte man sagen: Ein bisschen weniger kann mehr sein.

Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsübereinkommen ja eindeutig ein Be­kennt­nis zum integrierten Pflanzenschutz und zu einer weiteren Reduktion hinsichtlich des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln abgegeben. Das ist ein Bekenntnis, das abgegeben worden ist.

Weiters wird der Nationale Aktionsplan hinsichtlich Pflanzenschutzmittel weiterent­wickelt. Da wird es eine Weiterentwicklung im Hinblick auf messbare Werte und Ziele der Pestizidreduktion geben. Zusätzlich werden Pflanzenschutzmaßnahmen durch Öpul-Maßnahmen unterstützt. Es wird auch eine Fortsetzung der Finanzierung bei Beratung und Alternativen geben.

Was auch sehr erfreulich ist: Es wird eine Erhöhung im Forschungsbudget in Zusam­menhang mit Pflanzenschutzmaßnahmen geben. Eine ganz entscheidende Rolle spielt die Ages: Sie ist jene Einrichtung bei uns, die sich in diesem Zusammenhang sehr intensiv und sehr fachkundig mit der Entwicklung und der Erforschung von alternativen Pflanzenschutzmitteln und Bodenwirkstoffen beschäftigt.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber noch etwas weiter gehen: Was auch wichtig ist, ist, dass Neuzulassungen oder Wiedergenehmigungen nur erlaubt und ge­nehmigt werden dürfen, wenn das alles mit entsprechend wissenschaftlich und fachlich fundierten Basisdaten begründbar ist. Das alles ist sehr wichtig, und es ist auch ein Thema für Europa – das muss man sagen –, weil alles andere letztendlich eine Wett­bewerbsverzerrung für die heimische Landwirtschaft wäre, und zwar zum Nachteil der heimischen Landwirtschaft. Wir sind Teil eines globalen Markts, dem wir uns stellen und mit dem wir uns messen müssen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 132

Wir wissen, wie wichtig die Landwirtschaft ist und welche Bedeutung sie hat. Das hat die Allgemeinheit in den letzten Wochen und Monaten wieder einmal durchaus schät­zen lernen können, denn die Landwirtschaft ist auch in Krisensituationen der Garant für die Sicherstellung einer unabhängigen und hochwertigen Lebensmittelversorgung für uns Österreicher. Das haben wir jetzt erleben dürfen.

Weiters möchte ich in dem Zusammenhang erwähnen, dass die ganze Tourismus­wirtschaft letztendlich von einer flächendeckenden funktionierenden Landwirtschaft profitiert. Die Urlaubsgäste, Erholungssuchenden kommen nicht nur wegen des war­men Wassers, der schönen angenehmen Temperaturen, der hohen Berge, des Schnees im Winter, der Kultur und so weiter – nein, sie kommen auch, das haben sie mir immer wieder bestätigt, wegen unserer Kulturlandschaft. Die Kulturlandwirtschaft, wie wir sie haben, ist das Ergebnis einer flächendeckenden funktionierenden kleinbäuerlichen Landwirtschaft.

Um das alles in der ganzen Diskussion zu berücksichtigen, brauchen wir sehr viel Fein­gefühl und Fingerspitzengefühl. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rauch. – Bitte.


15.52.26

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Man merkt, dass mein Vorredner ein Landwirtschaftslehrer war. (Abg. Leichtfried: Ist das gut oder schlecht?) Nichtsdestotrotz: Es waren gute Beiträge, die er geliefert hat – zumindest theoretisch; in der Praxis, in der Umsetzung hapert es da oder dort. Warum?

Frau Bundesminister, Sie haben betreffend die Lebensmittelproduktion angesprochen, wie wichtig die Regionalität ist, wie wichtig der Versorgungsbereich in diesem Spek­trum ist, aber gleichzeitig hat man in der Covid-19-Krise gesehen, dass die Lebens­mittelketten sehr von ihr profitiert und hohe Gewinne erzielt haben.

Da kommt der wesentliche Faktor ins Spiel: Das ist auf der einen Seite der Bauern­bund und auf der anderen Seite der Wirtschaftsbund. Warum? – Kollege Strasser beschwert sich über die Preise und Kollege Haubner freut sich, dass sie mehr Profit haben. In diesem Bereich gibt es also ein bisschen eine Divergenz in den eigenen Reihen. Ich glaube, irgendwann müsst ihr euch in euren eigenen Reihen einig werden: Was möchtet ihr in Zukunft noch haben? Bauern auf der einen Seite oder Groß­industrielle auf der anderen Seite? (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Cornelia Ecker. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Jakob Schwarz.)

Dieser Hilferuf des Kollegen Strasser ist nicht unbegründet, weil er natürlich weiß, dass es bei seinen Kolleginnen und Kollegen da oder dort Existenzängste gibt. Man hat in der letzten Zeit gesehen, dass es immer weniger Betriebe gibt – ich möchte jetzt nicht zwischen Biobetrieben und konventionellen Betrieben differenzieren, das ist nicht das Entscheidende. Mittlerweile ist das Entscheidende: Gibt es in Zukunft noch Land­wirtschaft? Oder: Möchten wir in Zukunft noch Landwirtschaft in Österreich haben? – Sie nicken, Frau Bundesminister. Genau das ist der Punkt, und da, glaube ich, braucht es einen Schulterschluss quer über die Parteigrenzen hinweg.

Da komme ich schon auf die letzten Tage zu sprechen, in denen wir hier Anträge eingebracht haben. Ein wesentlicher Antrag war – den möchte ich noch einmal an­sprechen – jener betreffend „sofortigen Importstopp von Billigholz“ aus dem Ausland. – Abgelehnt. Jetzt finden wir in einer Zeitung aus Niederösterreich folgende Forderung von Herrn Pernkopf, dem niederösterreichischen Landeshauptfraustellvertreter und


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Bauernbundobmann: sofortiger Importstopp von ausländischem Holz. (Ruf bei den NEOS: Aber nur nach Niederösterreich!)

Ich frage mich, Herr Kollege Strasser – du bist der Bundesobmann –, ob du weißt, was deine eigenen Bauernbündler tun, denn auf der einen Seite bringen wir Anträge ein und auf der anderen Seite lehnt ihr diese Anträge ab. Ihr müsst irgendwann einmal auch hier vor Ort dazu stehen, um das dann auch umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiteres Hilfsprojekt oder Hilfspaket, das wir in Form eines Antrages angeboten haben, ist: „Reduktion bzw. Erlass von Sozialversicherungsbeiträgen für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe“. – Abgelehnt. Auch das wäre ein Hilfspaket gewe­sen.

Ein weiterer Antrag, den wir eingebracht haben, war: „Aussetzen der Agrarmarketing­beiträge zur Entlastung der heimischen Landwirte“. – Abgelehnt von beiden Regie­rungs­parteien.

All das sind Dinge, die im Endeffekt der Landwirtschaft zugutekommen würden, aber Sie versuchen natürlich, auf diese Art und Weise mit allen Mitteln zu verhindern, dass Oppositionsanträge durchgehen. Gleichzeitig beschweren Sie sich aber, dass es der Landwirtschaft so schlecht geht. Irgendwann muss man sich darauf einigen, was man in diesem Land will. – Wir wollen eine Landwirtschaft, wir wollen eine funktionierende Landwirtschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, eines muss ich noch zum Thema Zivildiener anbringen, denn die Zivildiener sind mir sehr wichtig: Sie haben ja zwischen der Entlohnung derer, die regulär einrücken müssen, und der Entlohnung derjenigen, die einberufen werden – sie bekommen einen anderen Sold –, differenziert. Es gibt also eine Divergenz betreffend das Einkommen.

16 000 Zivildiener gibt es aktuell. 1 Prozent ist in der Landwirtschaft, das sind genau 160 – darüber gibt es einen Bericht. 160 Zivildiener sind in der Landwirtschaft, also relativ wenige. Deswegen frage ich mich, warum das in Ihrem Ressort, im Land­wirtschaftsressort, angesiedelt ist. Das ist ein bisschen skurril. Herr Anschober, der Sozial- und Gesundheitsminister, spielt jetzt ein bisschen am Handy, aber das wäre in seinem Ressort vielleicht nicht ganz verkehrt aufgehoben.

Gleichzeitig – sehr, sehr viele Zivildiener sind ja im Sozialbereich tätig: Rotes Kreuz und, und, und – geht das Rote Kreuz her und schickt seine regulären Mitarbeiter in Kurzarbeit. Bei aller Wertschätzung: Die Kurzarbeit sollte für diejenigen sein, die sie benötigen und nicht für Organisationen, die im privilegierten Bereich sind. (Beifall bei der FPÖ.)

15.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eßl. – Bitte.


15.57.31

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf den Antrag betreffend krisenresiliente Land­wirtschaft Bezug nehmen. Dabei geht es um eine ambitionierte Klima- und Energie­politik. Es geht aber auch um die Stärkung der regionalen Lebensmittelversorgung in der Direktvermarktung und mittels Vorbildwirkung in der öffentlichen Beschaffung.

Ich darf aber zuerst einmal grundsätzlich feststellen, dass die österreichische Land­wirtschaft auch in Krisenzeiten leistungsfähig ist. Die Menschen in Österreich können sich zu jeder Zeit darauf verlassen, dass Lebensmittel in höchster Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden. Zu keiner Zeit musste sich in der


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Krise jemand Sorgen machen, dass die Versorgungssicherheit in Österreich nicht gewährleistet wäre. Der Dank dafür gebührt den Bäuerinnen und Bauern des Landes! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben ein hohen Selbstversorgungsgrad, und das ist nicht gottgegeben; deshalb auch dieser Antrag. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Interessant sind nur die Äuße­rungen, die vonseiten der SPÖ kommen. Auf der einen Seite klagt Kollege Köchl, dass Bauern aufhören, auf der anderen Seite kommt Kollege Laimer mit dem Vorschlag, dass alle Produktsparten, die mehr als 100 Prozent Selbstversorgungsgrad haben – das betrifft die Rinderbauern, die Milchbauern –, in der Zukunft weniger bis gar keine Förderung erhalten sollen. Gehen Sie bitte einmal in sich und denken Sie nach, wie viele Rinder- und Milchbauern aufhören werden, wenn Ihr Vorschlag durchgeht!

Ernährungssouveränität muss ein nationales Ziel sein und ein nationales Ziel bleiben. Diese Ernährungssouveränität garantieren eben die Bäuerinnen und die Bauern des Landes. Als Grundlage dient eine vielfältige bäuerliche Landwirtschaft, die nach den Grundsätzen einer ökosozialen Marktwirtschaft arbeitet. Das soll auch in Zukunft so sein.

Wir haben in der Vergangenheit durch ein breit aufgestelltes Umweltprogramm, durch den Ausgleich der naturbedingten Nachteile und durch vieles mehr Maßnahmen ge­setzt. Das muss auch in der Zukunft fortgesetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stärkung der regionalen Lebensmittelversorgung, der Direktvermarktung. – Ja, aber nicht jeder hat die Möglichkeit und die Vorausset­zun­gen, das zu tun. Darum gibt es auch den Fokus auf den Außer-Haus-Verzehr, auf Kan­tinen, auf die öffentliche Beschaffung. Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminis­terin, dass sie sich bereit erklärt hat, die Devise auszugeben, bei der öffentlichen Be­schaffung zu 100 Prozent regionale und saisonale Lebensmittel einzusetzen. Es gilt auch, bei der Gastronomie und Hotellerie Überzeugungsarbeit zu leisten. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend noch ein Wort zum Lebensmittelhandel, der auch schon angesprochen worden ist: Handelsketten werben zwar ständig mit Regionalität, oft aber leider nur als Feigenblatt. Für den Konsumenten oft nicht klar unterscheidbar sind heimische Pro­dukte in den Regalen zu finden. Das ist ein eindringlicher Wunsch an den Lebens­mittelhandel – und Kollege Sieber argumentiert schon seit geraumer Zeit in diese Richtung –: Stellen Sie die nötigen Verkaufsflächen in ausreichender Menge zur Ver­fügung und geben Sie den regionalen Anbietern einen eigenen Sektor in Ihrem Regal, eine sogenannte Regionalitätsmeile mit einer klaren Abgrenzung zu Waren, die nicht in der Region erzeugt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Krise, meine geschätzten Damen und Herren, gibt die Chance für eine neue Part­nerschaft mit den Konsumenten. Die Krise gibt auch eine Chance für eine neue Partnerschaft mit dem Lebensmittelhandel. Ich hoffe, dass alle Beteiligten auch bereit sind, diese Chance zu nutzen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ecker. – Bitte.


16.01.53

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Eigentlich wollte ich mich nicht mehr zu Wort melden, aber bei diesem Themenbereich geht mir oftmals das Herz über. Ich würde gerne auf die Ausführungen zweier Redner der ÖVP replizieren, und zwar erstens auf jene von Herrn Hechenberger: Ich lade Sie herzlich von dieser Stelle aus ein – wenn Sie sie nicht haben, kann ich Ihnen die Machbarkeitsstudie zu Glyphosat gerne bor-


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gen –: Lesen Sie die Studie! Da kann man nachlesen, in wie vielen Rohstoffen Gly­pho­sat als Reststoff vorhanden ist.

In Richtung des Kollegen Strasser: Herr Strasser – und ich muss vorausschicken, dass wir uns immer auf Augenhöhe und sehr wertschätzend austauschen –, Sie lehnen un­seren Antrag mit der Begründung ab, dass Sie nicht zustimmen können, weil bereits vieles, das in unserem Antrag formuliert ist, in Bearbeitung ist, weil vieles in Planung ist, weil da gerade vieles passiert, weil es da Maßnahmen gibt, die bereits vereinbart wurden. Jetzt lese ich Ihnen einen Satz aus Ihrem Antrag vor: „Insbesondere mögen die folgenden, bereits vereinbarten Maßnahmen zeitgerecht entwickelt bzw. umgesetzt werden“. – Unserer Meinung nach dürften Sie also auch Ihrem eigenen Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kühberger. – Bitte.


16.03.28

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreiche­rinnen und Österreicher! Lieber Herr Schmiedlechner! Peter Schmiedlechner wird sich jetzt doppelt freuen, zum einen weil er gesagt hat, dass für ihn die Sonne aufgeht, wenn ein Bauernbund-Abgeordneter spricht, und zum anderen, weil ich jetzt auf seinen Antrag bezüglich Mäusefraß eingehen werde.

Ich habe mir diesen Antrag genau angeschaut. Bei einem Punkt unterstütze ich dich vollinhaltlich. Es ist ein großes Problem (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner), vor allem auf den Ackerflächen. Wenn man sich das anschaut, erkennt man, dass das in Niederösterreich ein Riesenproblem war, das damals bis zum Totalausfall der Ernte gegangen ist. Warum ist das so ein Thema? – Weil sich die Mäuse einfach durch die Klimaveränderung, die Trockenheit, weniger Regen und auch den Winter, der nicht mehr so wie früher ist, vermehren. Es ist aber auch so, dass sich die Population alle paar Jahre immer explosionsartig vermehrt, und das ist natürlich dann auch ein Riesenproblem. (Abg. Lausch: Die ganze Rede ist ein Problem!)

Jetzt aber zum Antrag: Es wird da ja die Teilnahme am Öpul angesprochen. Die Teil­nahme am Öpul ist eigentlich freiwillig. Ich kann mir da als Landwirt jede Maßnahme aussuchen, und wenn irgendein Problem auftaucht, zum Beispiel eine regionale Mäuseplage, dann kann man unter bestimmten Umständen natürlich sanktionsfrei aussteigen. Euer Antrag fordert ein sanktionsfreies Aussetzen der Ackerflächen­begrü­nung bei gleichzeitiger Fortzahlung der Öpul-Gelder.

Lieber Kollege, du hast vorhin gesagt, du willst uns unterstützen und uns helfen. Das ist auch gut so, aber die Hilfe nehmen wir lieber von Leuten an, die sich auch aus­kennen, denn da kennt ihr euch offenbar nicht aus, und deshalb möchte ich euch einen kleinen Überblick geben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Direktzahlungen sichern das Einkommen des Landwirtes ab, wenn er Leistungen erbringt, die der Markt nicht zahlt. Im Fall der Öpul-Maßnahmen ist es konkret so, dass das freiwillige Maßnahmen sind, die eigentlich der Umwelt dienen, und speziell bei der Ackerbegrünung ist es so, dass es um den Schutz vor Bodenerosion, Verminderung von Stickstoffeinträgen in Gewässer und die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit geht. (Abg. Schmiedlechner: Genau das ist ...!)

Ja, wir sind dafür, dass diese Gelder für die Landwirte im Rahmen des Öpul ausgezahlt werden, das sind auch wichtige Gelder, aber es muss schon gesetzeskonform sein,


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liebe Freiheitliche Partei Österreichs! Wir, die ÖVP, machen Anträge, die halten, aber, wie gesagt, ihr braucht Hilfe! (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Beifall bei der FPÖ.) – Diese Anträge halten nicht! Die Freiheitliche Partei klatscht sich jetzt selber aus. Danke! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Diese Anträge von euch halten nicht, weil sie nicht gesetzeskonform sind, weil sie nicht EU-konform sind.

Darum komme ich noch einmal zum Helfen: Der Einzige, der den Bauern in Österreich wirklich hilft – da gebe ich dir recht –, ist der Österreichische Bauernbund; und in diesem Sinne werden wir um jeden Euro kämpfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

16.06


16.06.51 Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

*****

Ich habe noch eine persönliche Anmerkung in Richtung Herrn KIubobmann Kickl zu machen: Ich habe mir Ihre Rede anlässlich der Vorstellung der neuen Staatssekretärin noch einmal durchgelesen. Durch Ihre mit Bedacht gewählten Worte vom „Herum­tran­sen“ und „Herumgendern“ haben Sie Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung und Identität herabgewürdigt und eine Grundhaltung unseres Hauses, auch in der Darstellung die respektvolle Gleichstellung von Frau und Mann an den Tag zu legen, verächtlich gemacht. Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Anhaltender Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

*****

16.07.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Berichte des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, die ich über jeden Tagesord­nungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich die Klubs, ob eine kurze Sit­zungsunterbrechung gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 11.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 188 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antrages 160/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 188 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Fortsetzung des österreichischen Wegs der regionalen, nachhaltigen und qualitätsorientierten Produktionsweisen mit dem Schwerpunkt der biologischen Landwirtschaft sowie der Ländlichen Entwicklung und den Maßnahmen des Agrarumweltprogramms“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (45/E)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verstärkte Förderung


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von Blühstreifen für mehr Bienen- und Insektenschutz durch das Programm für Länd­liche Entwicklung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 189 der Beilagen hinsichtlich des Ent­schließungs­antrages 451/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 189 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Förderung des integrierten Pflanzen­schut­zes inklusive einer Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Sinne einer ökosozialen Agrarpolitik“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (46/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 190 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antrages 450/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 190 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Krisenresiliente Landwirtschaft“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (47/E)

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 191 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.11.0115. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (4 d.B.): Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits (77 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (5 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für inter­nationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amts­sitz des Fonds (78 d.B.)


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17. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (6 d.B.): Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schrift­stücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (79 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (7 d.B.): Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011 (80 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (22 d.B.): Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (81 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (23 d.B.): Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlag­nahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (82 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (38 d.B.): Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stiftung (83 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 21 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte.


16.11.24

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse einmal kurz zusammen, was wir bei diesen Tagesordnungspunkten machen. Wir diskutieren nämlich unter einem sieben Staatsverträge. Das klingt natürlich jetzt sehr hochtrabend, aber aufgrund des Völkerrechts sind, wie Sie alle wissen, auch kleinere Änderungen, zum Beispiel an einem Zusatzprotokoll, als Staatsvertrag zu verabschieden und dann wieder von allen nationalen Parlamenten zu ratifizieren. Das Völkerrecht kennt das Souveränitäts­prin­zip, das Einstimmigkeitsprinzip, da muss man das so machen.

Vielleicht sage ich ein paar allgemeine Gedanken zu diesen sieben Vorlagen, denn sieben völkerrechtliche Staatsverträge, die wir hier besprechen, zeigen, wie vernetzt unser Leben im internationalen Bereich ist.

Wir haben hier zum Beispiel ein Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft mit Armenien, wir sprechen weiters über Harmonisierungen im internationalen Post- und Fernmeldebereich. Wir genehmigen auch ein Übereinkommen zur Errichtung einer EU-


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Lateinamerika-Stiftung, die ihren Sitz in Hamburg haben will und die die Zusam­men­arbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika vertiefen, aber auch das gegenseitige Verständnis fördern möchte.

Wir sehen anhand dieser sieben Tagesordnungspunkte noch etwas anderes, nämlich – am Beispiel der OPEC – wie zentral Wien für die internationalen Institutionen ist, und wir sehen auch, dass viele Herausforderungen, die uns auch im persönlichen Leben betreffen, international geworden sind. Ich nenne nur Beispiele: Wir werden heute unter anderem über ein Übereinkommen des Europarates über Geldwäsche abstim­men – zur Bekämpfung organisierter Kriminalität –, wir werden über die Überstellung verurteilter Personen abstimmen, und wir werden – als Beispiel aus dem Zivilrecht – über die Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken im Nicht-EU-Ausland abstimmen. Sie sehen daran also das hohe Ausmaß an internationaler Verflechtung, und ich möchte an dieser Stelle unserem Herrn Bundesminister danken: Das alles zusammenzuhalten, Österreich gut zu vertreten in diesen vielen Dingen und auf diesen vielen Ebenen, dafür möchte ich dir, Herr Bundesminister, ganz herzlich danken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Als Vorsitzende der parlamentarischen Freundschaftsgruppe mit dem Südkaukasus möchte ich zum ersten Tagesordnungspunkt, nämlich zum Abkommen mit Armenien, ein bisschen mehr sagen. – Zum Südkaukasus gehören Georgien, Aserbaidschan und Armenien.

Mit Armenien verbindet uns über viele Jahre, ja – das traue ich mich zu sagen – jahr­hundertelang eine gute und wichtige Beziehung. Viele kennen vielleicht Armenien nur von den Radio-Eriwan-Witzen – die immer mit Frage an Radio Eriwan beginnen, und dann sagt Radio Eriwan: „Im Prinzip ja“ oder „Im Prinzip nein“ –, aber das ist viel zu wenig, wenn wir an Armenien denken. Es gibt sehr viel über Armenien, das wir wissen sollten, und vieles davon sehen wir auch in diesem Übereinkommen. Es heißt Cepa, das steht für Comprehensive and Enhanced Partnership Agreement, und es ist ein gemischtes Übereinkommen, das heißt, dass sowohl die Europäische Union als auch alle Mitgliedstaaten dieses Übereinkommen ratifizieren.

Was die Ziele dieses Übereinkommens betrifft, so beginne ich mit einem, das mir selber sehr, sehr wichtig ist: die Stärkung der Demokratie. Sie haben sicher alle noch irgendwo im Hinterkopf, dass im Jahr 2018 in Armenien eine Revolution stattgefunden hat – man nennt das eine samtene Revolution –: Dort wollte der damalige amtierende Präsident seine Macht sichern, hat das mit einem Verfassungstrick gemacht, wonach es zu tagelangen Masseprotesten kam. Diese Proteste waren friedlich – das ist etwas, wozu man Armenien gratulieren muss; das ist nicht immer so gewesen.

Dann gab es freie Wahlen. Die OSZE hat diese Wahlen sehr gelobt, und der Premier­minister Nikol Paschinjan ist nach einem halben Jahr als Premierminister noch einmal zurückgetreten, um freie Wahlen zu ermöglichen, und das ist dann wirklich alles so vor sich gegangen, wie es die OSZE wollte.

Armenien macht große Fortschritte im Bereich Menschenrechte, Meinungsvielfalt, Kor­ruptionsbekämpfung, und die Unabhängigkeit der Gerichte wird auch weiter voran­getrieben. Österreich ist in diesem Reformprozess für Armenien ein wichtiger Reform­partner.

Ein zweites Cepa-Ziel ist die Weiterentwicklung des wirtschaftlichen Potenzials, sprich der Rahmenbedingungen für den Handel. Armenien hat hier eine Sonderstellung, es ist nämlich Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion und schließt nun zusätzlich dieses Abkommen mit der Europäischen Union ab. Das ist unter Umständen für österreichi­sche Unternehmen auch interessant, weil man dann über Armenien vielleicht auch diesen Wirtschaftsraum zumindest zum Teil gewinnen kann.


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Armenien hat es in seiner geografischen Position nicht leicht, es hat mit zwei seiner Nachbarländer große Schwierigkeiten. Insofern ist dieses Abkommen für Armenien sehr, sehr wichtig. Armenier wohnen übrigens auf der ganzen Welt – im Land drei Mil­lionen, aber auch in der Europäischen Union noch einmal drei Millionen, 5 000 davon in Österreich.

Wir haben seit vielen Jahren, wie ich schon gesagt habe, sehr gute Beziehungen mit Armenien, und ich möchte Ihnen dafür zwei Beispielen nennen: Es gibt hier ganz in der Nähe unseres provisorischen Parlaments, nämlich in der Neustiftgasse, seit 200 Jah­ren ein armenisches Kloster, das Mechitaristenkloster, in dem sich auch ein sehr inter­essantes Armenienmuseum befindet, das man besuchen kann – das zu tun ist eine Empfehlung meinerseits –, und der Bischofssitz der Armenisch Apostolischen Kirche für ganz Mitteleuropa befindet sich auch in Wien. In der Entwicklungszusammenarbeit ist Armenien für Österreich ein Schwerpunktland.

Ich möchte meine Gedanken zu Armenien und zu diesem Übereinkommen mit einigen Worten über eine andere Sache, die für uns in Österreich ganz wichtig ist, beenden, nämlich das einschneidende Ereignis des Völkermords gegen die Armenier in den Jahren 1915 und 1916. Damals, sagt man heute, sind circa eine Million Menschen Opfer des Völkermords geworden, und nicht alle Länder dieser Welt haben diesen Völkermord anerkannt. Wenn man das Denkmal in Eriwan besucht, sieht man dort die Fahnen der Länder, die den Völkermord anerkannt haben. Es sind jetzt 32, und dass Österreich mit dabei ist, erfüllt mich mit großem Stolz. Danken muss man für diese Initiative ganz besonders dem damaligen Klubobmann der Volkspartei Reinhold Lopatka, der sie mit allen anderen damaligen Klubobleuten gesetzt hat – er ist der Einzige, der jetzt noch im Parlament ist, aber alle Parteien haben gemeinsam eine Erklärung verfasst, dass Österreich diesen Völkermord anerkennt. Das ist für die Armenierinnen und Armenier ganz, ganz wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie kennen vielleicht das Werk von Franz Werfel „Die vierzig Tage des Musa Dagh“, und ich kann Ihnen persönlich Folgendes erzählen: Als ich im Krankenhaus mein erstes Kind bekommen habe, habe ich mir das Baby auf die Brust gelegt und habe dieses Buch gelesen. Der Primar ist hereingekommen, hat das gesehen und hat gesagt: Das ist die richtige Lektüre für eine Politikerin!, und ich glaube, dass das stimmt. Für die Armenier ist dieses Werk, und damit Österreich, zentral. Es ist das Erinnerungsdokument an den Völkermord, und wenn am 24. April jedes Jahr des Völkermords gedacht wird, dann treffen sich die Armenier in Österreich beim Franz-Werfel-Denkmal in Wien im Schillerpark.

Wir diskutieren hier jetzt, ich habe es schon gesagt, sieben Staatsverträge. Armenien ist ein kleines Land, aber auch Österreich ist ein kleines Land, und ich freue mich, dass wir heute diese sieben Staatsverträge einstimmig beschließen werden, sowohl Cepa, das Übereinkommen mit Armenien, als auch die anderen. Ich glaube, dass das in der Zeit, in der wir leben, ein wichtiges Zeichen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte.


16.20.02

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der immer ange­spann­teren weltweiten politischen Situation gilt es, unsere Anstrengungen vor allem in zwei Richtungen zu lenken: zum einen, den internationalen Dialog zu fördern und zum anderen, natürlich Demokratien weltweit zu stärken.


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Österreich ist da jetzt nicht wirklich neu, wenn es um diese zwei wichtigen Bereiche geht. Österreich hat eine lange historische Tradition, eine lange Geschichte als Stand­ort des internationalen, des politischen Dialogs. Darauf sollten wir stolz sein und darauf sollten wir eigentlich nicht vergessen. Zahlreiche Abkommen waren es, die in den letzten Jahrzehnten in dieser Stadt, in Wien, geschlossen wurden – Abkommen, die weltweit zu Frieden beigetragen haben.

Die politische Situation ist nicht besser geworden und Corona hat noch mehr An­spannung in diesen Bereich gebracht, daher muss es heute nach wie vor unser Ziel sein, dass sich Österreich im Sinne einer aktiven, einer wirklich proaktiven Außenpolitik nach wie vor als internationaler Vermittler bei internationalen Konflikten anbietet, sich aktiv dort einbringt, wo es vor allem darum geht, Demokratien zu schützen, zu fördern und zu stärken.

Andererseits geht es auch darum, dass wir unsere Bundeshauptstadt Wien nach wie vor als wichtigen Standort für die Ansiedlung internationaler Organisationen fördern. Das darf uns in Zeiten wie diesen nicht egal sein. Es geht um Wien, um Österreich als Stätte des internationalen Dialogs, und das sollte uns etwas wert sein, da sollten wir ganz viel außenpolitische Anstrengung hineinstecken. Ich weiß, dass Ihnen, Herr Bundesminister, das auch ein persönliches Anliegen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne unterstützen wir auch ausdrücklich das Amtssitzabkommen, das wir heute für den Opec-Fonds beschließen, das ja auch in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt.

Das Fördern von Demokratien, das Fördern von Menschenrechten ist nicht nur eine wichtige Aufgabe Österreichs, es ist eine wichtige Aufgabe der Europäischen Union. Mit dem europäischen Partnerschaftsabkommen – meine Vorrednerin ist schon darauf eingegangen – zwischen Österreich und Armenien bekennen wir uns, und das ist gut so, zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit Armenien und damit auch zu einer klaren Förderung der Demokratie in Armenien.

Vor zwei Jahren gab es eine samtene Revolution in Armenien, die ein guter Beginn war, ein leiser, ein langsamer Beginn, und der Weg, den Armenien da noch vor sich hat, ist ein sehr, sehr langer. Auf diesen Fortschritten aber, die da vor zwei Jahren und in den letzten Monaten erzielt wurden, gilt es aufzusetzen. Es gab Fortschritte im Bereich der Justiz, der Medienfreiheit, der Korruptionsbekämpfung, und darauf muss aufgebaut werden, da muss Armenien von uns, von Europa proaktiv weiter unterstützt werden.

Deshalb freut es auch mich umso mehr, dass wir betreffend dieses Abkommen einen einstimmigen Beschluss erzielen konnten. Das ist wichtig, um dieses starke Signal, dieses starke Symbol für mehr Demokratie und Menschenrechte zu setzen. Das sind wichtige außenpolitische Anliegen, Herr Bundesminister; ich weiß, dass sie auch für Sie wichtig sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


16.24.00

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Ich habe zwei konkrete Fragen zu zwei dieser sieben Staatsverträge, die das österreichische Parlament heute beschließt.

Die erste Frage bezieht sich auf den Staatsvertrag mit der Republik Armenien. Es ist ja so, dass nach Art. 50 Abs. 1 unserer Bundesverfassung Staatsverträge, die politischen Charakter haben, beziehungsweise Staatsverträge, die gesetzesergänzend und geset-


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zesändernd sind, jedenfalls vom Nationalrat zu behandeln sind, andernfalls das Ganze auch über die Verwaltung, sozusagen als Verwaltungsabkommen, also in Ihrem Fall über Ihr Ministerium, aber jedenfalls nicht über den Gesetzgeber, sondern die Exe­kutive abgehandelt wird.

In Zeiten wie diesen, in denen wir uns gerade befinden, bin ich und ist die Freiheitliche Partei besonders vorsichtig, wenn es darum geht, Kompetenzen sozusagen von der Legislative, vom Parlament, an die Exekutive, an die Regierung oder an die Verwal­tung, abzutreten. Dieses Abkommen bezeichnet sich selbst im Artikel 1 mehr oder weniger als politisches Abkommen, Artikel 2 sieht einen politischen Dialog vor. Es gibt auch eine politische Maßnahme, nämlich die von uns als sehr positiv anzusehende Abschaltung und sichere Stilllegung des Atomkraftwerks Mezamor – ich hoffe, ich habe das richtig ausgesprochen.

Meine konkrete Frage, die Sie hoffentlich beantworten können, ist: Warum kommen das BMEIA und die Bundesregierung dann zur Auffassung, dass es sich da um keinen politischen Staatsvertrag handelt? – Er ist zwar jetzt im Parlament, weil die Verwaltung festgestellt hat, dass er gesetzesändernd ist, die Frage zielt aber in die Richtung, dass wir Freiheitliche gerne eine weniger restriktive Bezeichnung der Staatsverträge als politische Staatsverträge sehen würden, sondern eine offensivere, was zur Folge hat, dass das Ganze hier im Parlament abgehandelt werden muss.

Die zweite Frage bezieht sich auf das Abkommen zwischen dem Opec-Fonds und der Republik Österreich, auf ein Amtssitzabkommen; das ist gut und richtig und wichtig. Wir haben natürlich ein zweites Zentrum hier in Wien, das Internationale König-Abdullah-bin-Abdulaziz-Zentrum. Da ist unsere Sorge, dass Besserstellungen und Privilegien, die in entsprechenden Amtssitzabkommen getätigt werden, auch auto­ma­tisch auf dieses König-Abdullah-bin-Abdulaziz-Zentrum sinngemäß angewendet wer­den. Es gibt da den Artikel 22 in den entsprechenden Bestimmungen. Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, ob das in diesem Fall auch so ist. Sie haben gesagt: Nein, das ist nicht der Fall, diese Privilegien werden explizit nicht auf das König-Abdullah-bin-Abdulaziz-Zentrum angewendet. – Das hat mich sehr beruhigt und zufriedengestellt.

Im Übrigen vielleicht: Wie ist denn der Stand der Dinge betreffend das Zentrum? – Meiner Wahrnehmung nach gibt es da einen aufrechten Parlamentsbeschluss, der eine Schließung vorsieht. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Ernst-Dziedzic ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.27.26

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Werte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nicht im Detail auf diese sieben Abkommen eingehen. Da Einstimmigkeit vorherrscht, kann ich wie schon in den letzten Reden nur festhalten, dass internationale Kooperation, europäische Zusammenarbeit und genau diese Abkommen gerade für Österreich von ganz besonderer Relevanz sind und wir hier in Österreich auch eben eine lange Tradition haben, was solche internationalen Kooperationen anbelangt.

Kollegin Kugler hat es schon erwähnt: Was das Abkommen zwischen der EU und Armenien anbelangt, halten wir dieses für ganz, ganz wichtig, denn man könnte meinen, diese Art von Abkommen ist eine Vorstufe für Abkommen, welche die EU mit anderen Ländern, wie beispielsweise Georgien, bereits abgeschlossen hat. Das ist ein wichtiger weiterer Schritt.


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Das Abkommen mit dem Opec-Fonds soll durch ein Änderungsprotokoll ergänzt wer­den, wobei es um die Sicherstellung der außenpolitischen Interessen Österreichs in Europa und in der Welt und auch um den Ausbau des Standortes Österreich als Amtssitz und Konferenzort sowie um die Beziehungen zu den internationalen Orga­nisationen geht.

Das Übereinkommen des Europarates über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlag­nahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung von Terrorismus wurde bereits 2005 in Österreich unterzeichnet. Es ist seit 2008 in Kraft und wird jetzt endlich ratifiziert, was mich besonders freut.

Das Übereinkommen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika hat Kolle­gin Kugler auch schon erwähnt. Dieses halte ich gerade in der aktuellen Situation für ganz, ganz wichtig, da wir wissen, dass Lateinamerika ganz besonders von der aktu­ellen Krise betroffen ist.

Es geht aber bei dem Ganzen nicht nur um Völkerrecht, sondern natürlich geht es auch um Menschenrechte. Der Europarat, das werden Sie wissen, ist die älteste Men­schenrechtsorganisation, die wir haben, auf die wir uns berufen können; im Zuge dessen möchte ich zum TOP 19 einen Entschließungsantrag einbringen.

Wie Sie wissen, gibt es auch auf europäischer Ebene eine sogenannte LGBTI Inter­group des Europäischen Parlaments, in der alle Parteien, Fraktionen vertreten sind, in der auch Menschen mit einer heterosexuellen Orientierung dabei sind – einfach als Unterstützung, aus Solidarität. Diese Intergroup hat nämlich auch die aktuellen Ent­wicklungen, was Menschenrechte, was LGBTI-Rechte anbelangt, erst kürzlich wieder verurteilt und dazu aufgerufen, dass wir solidarisch dagegen auftreten – deswegen unser Antrag.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, sich nach Möglichkeit auf EU- und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa einzusetzen und im Sinne des österreichischen Enga­gements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen relevanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

*****

Ich halte diesen Antrag für ganz, ganz wichtig; es war heute Thema. Ich danke auch der SPÖ für diese Anregung, das hier zu thematisieren. Das haben wir gerne aufge­griffen und auch gemeinsam mit der ÖVP diesen Antrag erarbeiten können. Ich denke, da geht es wirklich darum, dass wir in Österreich auch klarmachen, wo die Grenze ist, auch klarmachen, welche europäischen Wertigkeiten wir hochhalten müssen, und dazu gehört auf jeden Fall, nicht nur die Menschenrechte zu schützen, sondern eben auch Minderheiten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ofenauer.)

Da wir vorhin die Diskussion rund um eine doch, wie ich sagen würde, abwertende Formulierung des Klubobmanns der FPÖ hatten, habe ich mir erlaubt, Ihnen ein


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kleines Geschenk (einen Mund-Nasen-Schutz mit Regenbogenmusterung in die Höhe haltend und wieder zurück in ein grünes Kuvert steckend) mitzubringen. Diese Maske ist frisch und nun auch extra für Sie verpackt. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Die brauchst ja selber!)

Ich würde Ihnen empfehlen, um Sie vielleicht auch ein bissel zu sensibilisieren, diese Maske einfach ein paar Tage aufzusetzen, um zu schauen, wie die Menschen reagie­ren (Abg. Kickl: Ja, ja!), um zu schauen, ob Sie womöglich auch angepöbelt werden, um zu schauen, ob Sie vielleicht sogar in Österreich nur dafür, dass Sie eine Regen­bogenmaske tragen, tätlich angegriffen werden. (Abg. Kickl: Ja, ja!) Vielleicht werden auch Sie dann verstehen, wie wichtig es ist, solidarisch zu sein, Menschen­rechte hochzuhalten und in Zukunft wirklich keine diskriminierenden Ausdrücke hier im Hohen Haus zu verwenden. – Danke. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Die Rednerin übergibt das Kuvert an Abg. Kickl. – Abg. Kickl – das Kuvert demonstrativ auf den freien Platz zwischen ihm und Abg. Meinl-Reisinger legend –: Ein bissel eine Mei­nungsfreiheit werden Sie auch ...!)

16.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

Der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19 Bericht des Außenpolitischen Aus­schusses über die Regierungsvorlage (22d.B.): Protokoll zur Änderung des Zusatzpro­tokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (81 d.B.)

Für den Europarat, die führende Menschenrechtsorganisation Europas, stellt der Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen ein zentrales Anliegen dar. Viele intergeschlechtliche und Trans*-Personen sehen sich in ganz Europa besonders prekären, insbesondere psychisch krankmachenden Situationen ausgesetzt. Anfang Mai veröffentlichte die Grundrechteagentur der Europäischen Union (FRA) ihre zweite Erhebung zur Situation von LGBTIQ-Personen in ganz Europa. Darin wird nochmals deutlich, dass gerade trans- und intergeschlechtliche Personen nicht nur unter Diskriminierung und Ausgrenzung, sondern auch in besonderem Maße unter Gewalt zu leiden haben.

Die Erhebung ergab insbesondere, dass intergeschlechtliche und Trans*-Personen häufiger diskriminiert und belästigt werden als andere LGBTI-Gruppen, und gerade intergeschlechtliche Personen erleben doppelt so häufig körperliche oder sexuell motivierte Übergriffe und Gewalt. 40 % der Befragten berichteten, dass ihnen die Eintragung in Personenstandsregister verweigert wurde oder sie von den Beamtinnen und Beamten verspottet oder belästigt wurden. Mehr als die Hälfte der befragten Trans*-Personen wurde im vergangenen Jahr diskriminiert. Sie hegen auch Zweifel, dass die Regierungen genügend unternehmen, um die Sicherheit der LGBTI-Ge­meinschaft in ihren Ländern zu gewährleisten.

Auch die LGBTI Intergroup des Europäischen Parlaments, ein überparteiliches Bündnis von Abgeordneten aus verschiedensten politischen Richtungen, forderte anlässlich des am 17. Mai jährlich begangenen Internationalen Tages gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie erneut einen umfassenderen, europaweiten Schutz u.a.


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für trans- und intergeschlechtliche Personen; auch in den EU-Mitgliedstaaten selbst bestehe oftmals noch Nachbesserungsbedarf.

Das Recht auf individuelle Geschlechtsidentität umfasst auch, dass Menschen nur jene Geschlechtszuschreibungen durch staatliche Regelung akzeptieren müssen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Das wurde auch vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Juni 2018 bekräftigt. Für die betroffenen Personengruppen können solche restriktive Regelungen jedoch sehr weitgehende Folgen haben.

Angesichts besorgniserregender Entwicklungen in Europa und des traditionellen Einsatzes Österreichs für die Förderung und Achtung der Menschenrechte weltweit darf die Republik Österreich nicht untätig bleiben. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, sich nach Möglichkeit auf EU- und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa einzusetzen und im Sinne des österreichischen Engage­ments für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen relevanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.


16.33.09

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Liebe Frau Kollegin, da hätte man auch dem Antrag zustimmen können, auch die Bundesministerien mit diesen schönen Farben zu beflag­gen, das wäre sehr gut gewesen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Zwischenbemerkung des Bundesministers Anschober.) – Danke schön. Herr Bundesminister, bitte, also im Gesundheitsministerium wird das stattfinden, vielen Dank.

Herr Bundesminister Schallenberg, vielen Dank für die Verträge, dazu ist alles gesagt, dazu möchte ich nichts mehr sagen. Ich möchte auf ein anderes Thema eingehen, nämlich auf das Thema Israel im Zusammenhang mit unserer Außenpolitik.

Eigentlich hatten wir geplant, einen Antrag zur Sicherheit Israels einzubringen. Ich habe das dann mit Kollegen Martin Engelberg diskutiert. Wir waren uns zu 90 Prozent einig, aber in manchen Punkten auch nicht. Ich verstehe Parlamentarismus ja auch so, dass man nicht den anderen unbedingt niederstimmt oder einen Antrag einbringt, damit man niedergestimmt wird, sondern damit man miteinander spricht; vielleicht kommen wir auf eine gemeinsame Lösung.

Ich habe schon seinerzeit geschrieben und auch hier im Haus gesagt, dass ich es sehr begrüßt habe, als Bundeskanzler Kurz bei seinem Besuch in Israel 2018 sehr klar gesagt hat, dass das Existenzrecht Israels Teil unserer Staatsräson ist – zehn Jahre nach Deutschland, aber immerhin. Das halte ich für ganz wesentlich.


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Was ich allerdings nicht für richtig halte, ist, dass wir uns, wann auch immer ein Vor­schlag aus Amerika kommt und wenn wir wissen, dass es von Donald Trump innen­politisch gemeint ist, oder wenn etwas aus Ungarn kommt, dem sofort anschließen. Ich habe das bedauerlich gefunden, dass wir vor allem eine österreichisch-ungarische Außenpolitik haben. Das wäre mir ja im Habsburg’schen Sinn noch lieber als im momentanen Orbán’schen Sinn, denn die antisemitischen Kampagnen der Regierung Orbán sind derart schrecklich – geradezu karikaturhaft schrecklich; die Art und Weise, wie über Soros und andere gesprochen wird, ist derart abwertend –, dass ich wirklich dringend bitte, dass wir außenpolitisch und auch sonst so wenig wie möglich gemeinsam mit Ungarn machen. Wie gesagt, vielleicht finden wir auch, was das Thema Sicherheit Israels betrifft, eine Gemeinsamkeit; ich werde es versuchen.

Ich freue mich übrigens auch, dass nun auch andere KollegInnen schon Bücher zitieren (in Richtung Abg. Kugler) – Franz Werfel, wunderbar –, und früher hat es geheißen: Der macht schon wieder Werbung für ein Buch! Inzwischen ist die Frage: Hast du ein neues Buch mitgebracht? – Ja, ich habe ein neues Buch mitgebracht: „Schimon Peres“ (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller) – zuhören! (Der Redner hält das Buch in die Höhe.) Das ist ganz wichtig. Schimon Peres ist Friedens­nobelpreis­träger, gemeinsam mit Rabin und Jassir Arafat. Wir wissen, dass Jitzchak Rabin dafür ermordet wurde, dass er den Frieden gesucht hat.

Schimon Peres ist sehr alt geworden. Dieses wirklich spannende Buch ist erst nach seinem Tod erschienen. Er war natürlich jemand, der immer – auch das kommt in diesem Buch vor – für Frieden geworben hat. Ich bitte um Verständnis, wenn wir bei der Regierung Netanjahu skeptisch sind, ob es um Frieden geht.

Über die Frage, über die wir eben diskutiert haben, nämlich ob mit dem, was in dem neuen Regierungsabkommen steht, wirklich das Völkerrecht gebrochen wird, werden wir uns unterhalten; das haben wir ja ausgemacht.

Weil es so schön ist, möchte ich den 34. Psalm zitieren, der in „Schimon Peres“ zitiert wird. Ich habe nachher noch ein anderes Zitat von Peres, aber jetzt zuerst einmal der 34. Psalm: „Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden. Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!“ – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich der Bundesminister für Äußeres. – Sie haben das Wort.


16.36.57

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen, dass wir uns eigentlich noch inmitten der Krisenbewältigung zu Covid-19 befinden; ich begrüße es aber, dass wir gerade auch in dieser Krisenphase trotzdem so eine Behandlung hier im Nationalrat haben. Das ist wichtig, denn – das wurde immer wieder unterstrichen – die Außenpolitik bleibt nicht stehen.

Man muss auch darauf achten, dass man nicht vielleicht im Schatten sozusagen des Coronavirus Entwicklungen übersieht – Stichwort Hongkong oder anderswo – oder ihnen nicht genug Raum gibt, die dann Platz greifen, und man dann erst vielleicht im Nachhinein wieder feststellt, was eigentlich weltweit geschehen ist.

Ich kann Ihnen nur versichern, im Außenministerium sind wir auf jeden Fall – sozu­sagen als Augen und Ohren der Republik – andauernd sehr wachsam und beobachten die Entwicklungen weltweit. Ich danke auf jeden Fall dem Nationalrat für die heutige Behandlung der nicht unwesentlichen Abkommen.


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In Wirklichkeit – das wurde schon gesagt – sind es drei wesentliche Punkte, wenn man die Abkommen zusammenfassen wollte: Stärkung des Amtssitzes, die Modernisierung des Amtssitzabkommens zum Opec Fund; ich würde dann als zweite große Gruppe den außenpolitisch und auch europapolitisch für uns sehr wesentlichen Einsatz für die Rechtsstaatlichkeit, den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Kampf gegen den Terrorismus, das Geldwäscheübereinkommen, das Zustellungs­überein­kommen, das die grenzüberschreitenden Zustellungen beschleunigt, erleichtert und damit auch Gerichtsverfahren verkürzt, oder zum Beispiel das Überstellungs­überein­kommen des Europarats nennen, das dem sehr wichtigen Konzept Haft in der Heimat eigentlich entsprechend Umsetzung gibt; und der letzte Punkt – das ist für uns, glaube ich, als kleines 8,8-Millionen-Einwohner-Land im Herzen des europäischen Kontinen­tes, das von Export abhängig ist, sehr wesentlich – ist die stetige Intensivierung der Zusammenarbeit mit wesentlichen Partnern, das wurde ja schon erwähnt: Armenien, das Partnerschaftsabkommen, das Teil des Netzwerkes der östlichen Partnerschaft ist, und natürlich auch zum Beispiel die Einrichtung der EU-Lateinamerika-Stiftung.

Darf ich vielleicht diese Gelegenheit gleich nützen, hier einen kurzen Appell zu äußern, weil es auch Teil dieser Behandlungen ist, nämlich einen Appell für den Amtssitz, den wir hier in Österreich haben? – Wir haben 40 internationale Organisationen, die in Wien ansässig sind, und etwas, was oft vergessen wird – es wird immer wieder dem Außenministerium zugeschoben, was nicht ganz richtig ist –: Diese Organisationen bringen einen Mehrwert von 1,3 Milliarden Euro für die österreichische Volkswirtschaft und schaffen 10 000 Arbeitsplätze. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeord­neten von Grünen und SPÖ.)

Nicht nur das, die Wirkung geht natürlich noch weit darüber hinaus: Sie führen dazu, dass es internationale Schulen gibt, wie die Vienna International School, die Danube International School, das Lycée und so weiter, was wiederum Wien auch attraktiver für die Ansiedlung von internationalen Unternehmen macht.

Es gibt also eine ganze Reihe von Auswirkungen im weiteren Sinne, daher mein Appell: Das sind wirklich hochinteressante Organisationen, die tolle Arbeit leisten, die sich auch über entsprechende politische Wahrnehmung freuen, die sich über Besuche und Kontaktnahme freuen – wo immer Sie es können, hier ein parteiübergreifender Appell!

Vielleicht nur kurz zu den Fragen, die schon aufgekommen sind: Ich kann noch einmal bestätigen, was ich schon im Außenpolitischen Ausschuss gesagt habe: Der Inhalt der Aktualisierung des Amtssitzabkommens mit dem Opec Fund ist rein auf dieses Abkommen und diese Organisation beschränkt, wird also weder automatisch noch sonst in einer anderen Form auf andere Amtssitzabkommen angewandt werden.

Herr Abgeordneter, Sie haben das Kaiciid angesprochen. Das Regierungsprogramm sieht hier eine ganz klare Linie vor, sozusagen: Einsatz für die Modernisierung, und wir behalten uns vor, dass dieses Zentrum den Sitz auch verlegt. Die Arbeiten dazu, kann ich nur sagen, laufen auf Hochtouren. Wir machen das nicht publik, denn es gibt vier Vertragsstaaten – also eigentlich drei Vertragsstaaten und den Heiligen Stuhl als beobachtendes Gründungsmitglied –, mit denen wir in Kontakt sind, aber wir werden in den kommenden Monaten sicher weitere Schritte setzen können, da bin ich sehr zuversichtlich. Es geht mir aber auch darum, dass wir das so machen, dass der Ruf Österreichs als verlässlicher Amtssitz keinen Schaden nimmt. Also: Ja, der politische Auftrag ist da, ja, das Regierungsprogramm ist da, aber bitte so, dass wir als verläss­licher Amtssitz keinen Schaden an unserem Ruf nehmen.

Zuletzt noch: Zu Herrn Abgeordneten Brandstätter, der gerade nicht im Saal ist, kann ich nur sagen - - (Abg. Brandstätter: Ich bin eh da! Ich bin nur so klein! – Heiterkeit bei


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Abgeordneten von NEOS und Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ach so, Ver­zeihung! Also ich kann Sie beruhigen, wir nehmen weder Vorschläge noch Ideen aus den USA oder aus Israel entgegen. Die Ideen, die wir haben, und die Maßnahmen, die wir setzen, die überlegen wir uns schon selber, die entwickeln wir selber im Außen­ministerium oder in der Bundesregierung.

Ich glaube, Sie haben zuletzt die Frage einer gemeinsamen Erklärung anlässlich des Amtsantritts der neuen israelischen Regierung angesprochen. Ich glaube, das wurde medial – das würde ich gerne hier richtigstellen – etwas falsch dargestellt. Ich will nur ganz klarmachen: Es geht hier nicht um eine Frage des Standpunktes, sondern des Zeitpunktes. Die österreichische Haltung zur Frage von Annexionen ist vollkommen klar: Da gibt es UNO-Resolutionen unter Kapitel 7 des Sicherheitsrates, da gibt es Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, da gibt es Judikatur des Internationalen Gerichtshofes. Es ging uns aber um die Frage, ob das wirklich der opportune Zeitpunkt ist, nachdem es nach vielen Monaten endlich eine handlungsfähige israelische Regie­rung gibt – ob sich wirklich Europa als Erstes damit zu Wort melden muss und nicht eher, was ich damals gesagt habe, die Hand ausstrecken muss, den Außenminister einladen muss, versuchen, sich wieder in einen Dialog zu bringen, und sich nicht nur über das europäische Megafon sozusagen auszutauschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)  Danke sehr, danke.

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte.


16.42.57

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher! Zu­nächst: Herr Brandstätter, danke für Ihre Buchtipps. Ich finde das auch immer wirklich sehr angenehm. Ich möchte nicht desillusionieren, trotzdem: Es haben auch Abgeord­nete vor Ihnen bereits Bücher gelesen und aus diesen zitiert. (Abg. Brandstätter: Bravo! Schön!) Frau Kugler macht das auch häufig. (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

Zu unseren Punkten heute: Ich freue mich, denn in diesem Haus sind natürlich oft der Konflikt und die Uneinigkeit das Dominierende, auch der Diskurs, und im Bereich der Außenpolitik erlebe ich das ganz anders. Es gibt im Ausschuss eine sehr, sehr wertschätzende, respektvolle Basis im Umgang miteinander, eine Sachlichkeit und eine Unaufgeregtheit, und das empfinde ich als unglaublich angenehm. Notwendige Entscheidungen werden gemeinschaftlich diskutiert und dann pragmatisch getroffen. Ich möchte mich deshalb wirklich bei allen Fraktionen bedanken, dass hier im Bereich der Außenpolitik diese Verantwortung im Vordergrund steht und so der Gutteil der Entscheidungen bislang einstimmig war. Das finde ich ganz, ganz schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist ein gutes Zeichen für ein Land, dass diese Ebene nicht zum Spielball des politi­schen Matches wird. Wir diskutieren heute ein breites Spektrum, und ich möchte einen kleinen Bereich herausnehmen und beleuchten, weil er unglaublich wichtig für unsere wirtschaftliche Zukunft in Österreich ist: Das ist das Ansiedeln internationaler Organisa­tionen, wie die Opec eine ist. Diese Standortfrage mit 10 000 Arbeitsplätzen betrifft uns alle. Der Opec Fund for International Development möchte seinen Mitarbeitern bessere Rahmenbedingungen bieten, und ich glaube, es geht um die Rahmenbedingungen, die wir für Expats hier bieten können. Wenn wir künftig mehr Standorte dieser Institutionen wollen, dann liegt es an uns, Lebensqualität, Kunst, Kultur – internationale Schulen wurden angesprochen –, Forschungseinrichtungen, Forschungsprämien, aber auch at-


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trak­tivere Lohnnebenkosten zu bieten. Das sind wirtschaftliche Parameter, die notwen­dig sind, um diese Menschen auch anzuziehen.

Bedanken möchte ich mich bei Minister Schallenberg: ein großes Lob an dein Team! Die letzten Wochen haben wir alle, quer durch alle Fraktionen, unheimlich viel positives Feedback betreffend die Menschen, die nach Hause geholt worden sind, bekommen. Ich empfinde es als Privileg, in einem Land mit derartigen Spitzendiplomaten leben zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unsere Diplomatische Akademie genießt Weltruf und hat viele Generationen an Top­diplomaten hervorgebracht, die nun international als Markenbotschafter für Österreich im Ausland sind.

Die Covid-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir vernetzt und voneinander abhängig sind, daher brauchen wir Einigkeit gerade im Auftritt nach außen. Dieser Nebel der Pandemie soll uns nicht den Blick auf die Schönheit und das Wesentliche in unserem Land, nämlich die Großartigkeit der Menschen, verstellen. Wir müssen jetzt versuchen, die beste Version von uns selbst zu sein – Wien als Anziehungspunkt des inter­nationalen Dialoges, wie Frau Klubobfrau Rendi-Wagner in Ihrer Rede angeführt hat.

Heute Früh habe ich in dem kleinen Souvenirgeschäft unten in der Augustinerstraße, das im Moment dauerhaft geschlossen ist, ein kleines Schild an der Tür gesehen, auf dem stand: Come in, we’re awesome!, also: Kommt herein, wir sind großartig! – Ver­mitteln wir alle gemeinsam diese Botschaft im In- und Ausland, damit der Souvenir­laden seinen Kunden bald wieder die Türe öffnen kann. – Come in, we’re awesome! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber das Problem ist, das Geschäft war dauerhaft geschlossen ...!)

16.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte.


16.46.59

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundes­minister! Zuerst einmal zu den Staatsverträgen, um die es hier geht: Sehr zu begrüßen ist der Vertrag über intensivere und weitere Zusammenarbeit mit Armenien. Traditionell gibt es zu diesem Land sehr, sehr gute Verbindungen, ich finde, es ist ein spannendes Land. Da auch zur Stabilisierung in einer schwierigen Region beizutragen, ist, denke ich, ganz im Sinn einer aktiven und auch neutralen österreichischen Außenpolitik.

Spannend ist auch die Fortsetzung des Ausbaus des Geldwäscheübereinkommens von 1990. Da werden konkrete Schritte gesetzt, um den internationalen Terrorismus und terroristische Vereinigungen als organisierte Kriminalität zu verstehen und die internationale Zusammenarbeit gegen illegale Finanzierung dieser terroristischen Organisationen zu konkretisieren.

Was die Standortfragen betrifft, Opec-Standort Wien: Standortfragen sind ganz we­sentlich, die Ansiedlung internationaler Organisationen ist sehr zu begrüßen. Herr Bun­desminister, Sie wissen ja, dass ich immer wieder darauf hinweise: Eigentlich sollte man Ihr Budget hinsichtlich der Bereiche Requirierung, Unterstützung der Werbearbeit, Beziehungen, Darstellung Österreichs bei den internationalen Organisationen erhöhen.

Ich möchte jetzt noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 150

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­natio­nale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert umgehend im Europarat, in der EU und auch auf bilateraler Ebene die negativen Entwicklungen für intergeschlechtliche und Trans*-Personen in Ungarn aufs Schärfste zu verurteilen und sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung ent­sprechender Beschlüsse in Ungarn einzusetzen.“

*****

Ich glaube, das ist sehr, sehr konkret: Gerade in Menschenrechtsfragen geht es da­rum, Menschenrechtsverletzungen konkret zu benennen. In Reaktion auf unseren Entschließungsantrag hat sich Schwarz-Grün auch entschlossen, ein kleines, sanftes Gegenprogramm zu fahren, aber dem Entschließungsantrag der Kollegin Ernst-Dziedzic und des Kollegen Marchetti sind die Zähne gezogen worden. Die bösen Buben werden wieder einmal nicht beim Namen genannt, und ich denke mir, in Menschenrechtsfragen geht das nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe das der ÖVP-Außenpolitik schon in Bezug auf Saudi-Arabien vorgeworfen: Bezüglich Badawi darf man Solidarität formulieren, aber man darf Saudi-Arabien aus Sicht der ÖVP nicht beim Namen nennen.

Das Gleiche gilt für Ungarn: Man darf irgendwie salbungsvolle Worte im Sinne Europas formulieren, aber man darf Orbán und Ungarn für ihre Menschenrechtsverletzungen nicht kritisieren. Ich denke mir, das ist ein Verwässern, es ist feige, es ist unkonkret, und damit werden wir in Bezug auf Menschenrechte beziehungsweise eine konkrete Verbesserung nicht behilflich sein.

Die bösen Buben gehören beim Namen genannt, und das sind in diesem Fall ganz klar Orbán und Ungarn. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Kollege Troch, wir haben den Antrag nicht zur Gänze gehört. Sie haben bei „Ungarn einzusetzen“ aufgehört.

Sie haben bei „Ungarn einzusetzen“ aufgehört, Sie müssten aber den ganzen Antrag vorlesen – „Weiters werden ...“ –, sonst gilt er nicht als ordnungsgemäß eingebracht.


Abgeordneter Dr. Harald Troch (fortsetzend): „Weiters werden der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung aufgefordert, sich im Europarat, in der EU und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa einzusetzen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schatz, Dr. Troch,

Genossinnen und Genossen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 151

betreffend den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19 Bericht des Außenpolitischen Ausschus­ses über die Regierungsvorlage (22 d.B.): Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (81 d.B.)

Für den Europarat, die führende Menschenrechtsorganisation Europas, stellt der Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen ein zentrales Anliegen dar. Die öster­reichische Bundesregierung nennt in ihrem Regierungsübereinkommen als eines der Ziele, sich aktiv als internationaler Vorreiter beim Menschenrechtsschutz zu positio­nieren.

Nun gehen die Entwicklungen in unserem Nachbarland Ungarn bereits seit längerer Zeit in eine aus demokratiepolitischer, sowie menschenrechtlicher Sicht besorgniserre­gende Richtung. Nur einen Tag nachdem die umstrittenen Sondervollmachten der ungarischen Regierung beschlossen wurden – und damit genau am „International Day of Trans Visibility“ – brachte die Fidesz-Partei mit dem Omnibus-Gesetz T/9934 einen Antrag ins Parlament, der zahlreiche Gesetzesänderungen vorsah. Mit Artikel 33 dieses Antrags wurde dabei unter anderem eine Änderung vorgeschlagen, die im Personenstandsregister und in amtlichen Dokumenten das Wort „nem“ (das sowohl Geschlecht, als auch Geschlechtsidentität bedeutet) durch den Begriff „Geschlecht bei der Geburt“ ersetzt und dadurch Änderungen des Geschlechtseintrags in Ungarn un­möglich macht. Diese Gesetzesänderung wurde Mitte Mai, trotz des Protestes zahl­reicher internationaler, europäischer und ungarischer Institutionen, beschlossen. Damit ist der Zugang zu Änderungen des Geschlechtseintrages und damit die staatliche Anerkennung von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in unserem Nachbarland de facto beendet.

Die LGBTI Intergroup des Europäischen Parlaments, ein überparteiliches Bündnis von Abgeordneten aus den verschiedensten politischen Richtungen, forderte die ungarische Regierung schon im April 2020 auf, von Artikel 33 Abstand zu nehmen und begründete dies unter anderem wie folgt:

„Legal gender recognition procedures are the baseline for protection of transgender persons. They are equally important for intersex persons who are assigned a different sex at birth than the one with which they identify. These procedures secure recognition of transgender and intersex persons’ legal gender by national administrations and afford them protection against further discrimination. Blocking access to these pro­cedures is in clear contravention of European human rights standards and the case-law of the European Court of Human Rights following the Grand Chamber Judgement of Goodwin v. UK. Furthermore, the European Court of Human Rights confirmed in X v. the former Yugoslav Republic of Macedonia Member States’ positive obligation under Article 8 ECHR to provide clear regulatory frameworks for legal gender recognition.”

Neben dieser glasklaren rechtlichen Analyse ist es aber besonders die prekäre Situ­ation, der sich viele intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in ganz Europa ausge­setzt sehen, die ein Schweigen zu den aktuellen Entwicklungen in Ungarn nicht zulässt. Erst Anfang Mai veröffentliche die europäische Grundrechte-Agentur FRA ihre zweite Erhebung zur Situation von LGBTIQ-Personen in ganz Europa: Darin wird nochmals deutlich, dass gerade intergeschlechtliche und Trans*-Personen in ganz Europa, aber insbesondere in Ländern wie Ungarn, nicht nur unter Diskriminierung und Ausgrenzung, sondern auch in besonderem Maße unter Gewalt zu leiden haben.

Für diese Personengruppen bedeutet das ungarische Gesetz nicht nur ein Zwangs­outing bei jeder Ausweiskontrolle in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Behördengängen und in der Arbeitswelt, sondern kann auch weitergehende rechtliche Folgen haben:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 152

Laut der Begutachtung der ungarischen NGO Háttér Society könnte das neue Gesetz auch Auswirkungen auf alle Personen haben, welche bereits in den letzten Jahren erfolg­reich ihre Dokumente ändern ließen. In Folge könnten dann auch Eheschließun­gen dieser Personen wieder aufgelöst werden. All das macht klar, dass die Republik Österreich nicht zu den menschenrechtlichen Problemen in unserem Nachbarland schweigen darf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert umgehend im Europarat, in der EU und auch auf bilateraler Ebene die negativen Entwicklungen für intergeschlechtliche und Trans*-Personen in Ungarn aufs Schärfste zu verurteilen und sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung ent­sprechender Beschlüsse in Ungarn einzusetzen. Weiters werden der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung aufgefordert, sich im Europarat, in der EU und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Eu­ropa einzusetzen.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist der Antrag ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses und fahre, wie in der Präsidiale ausgemacht, in der Erledigung der Tagesordnung fort.

16.51.5322. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 393/A(E) der Ab­ge­ordneten Mag. Martin Engelberg, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine substantielle Aufstockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit (84 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 75/A(E) der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaß­nahmen für Syrien (85 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 122/A(E) der Abge­ordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstu­fung der gesamten Hisbollah als terroristische Organisation (86 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 153

25. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 394/A(E) der Abge­ordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend wirksames Vorgehen gegen die Hisbollah (87 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 bis 25 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.


16.53.06

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Minister! Die Hisbollah propagiert den bewaffneten Kampf mit terroristischen Mitteln, ruft zur gewalt­samen Beseitigung des Staates Israel auf und finanziert sich mit Waffen- und Dro­genhandel. – Mich irritiert ein bisschen (in Richtung Präsident Sobotka, auf die Lampe am Rednerpult weisend), dass die Lampe jetzt schon leuchtet (die Lampe erlischt) – danke! –, weil ich sonst keine Orientierung habe, was die Zeit betrifft.

Die Hisbollah finanziert sich mit Waffen- und Drogenhandel, und ich finde es sehr gut, dass wir diesen Schritt heute gehen und Maßnahmen erwägen. Ich persönlich wäre auch durchaus dafür, einen weiteren Schritt zu machen – etwa den, den Deutschland gerade vor zwei, drei Wochen gegangen ist – und zum Beispiel überhaupt Aktivitäten und Tätigkeiten der Hisbollah in Österreich zu verbieten und sich auch dafür zu enga­gieren, dass das in Europa generell der Fall ist. (Beifall des Abg. Engelberg.)

Zum Zweiten: Der Entschließungsantrag betreffend „substantielle Aufstockung der hu­manitären Hilfe und der Mittel der [...] Entwicklungszusammenarbeit“ stammt aus dem Februar, und die Forderung lautet, die Mittel „so bald wie möglich nachhaltig aufzu­stocken“.

Heute in der Früh haben wir das Budget beschlossen und – zugegeben – die Dotierung des Auslandskatastrophenfonds steigt um 5 Millionen Euro, würde ich nach Ihrer eigenen Argumentation sagen; es ist ja immer gesagt worden, es werden auf jeden Fall die Rücklagen aufgelöst und wir sind sowieso bei 20 Millionen Euro – aber soll sein, geschenkt! Sagen wir, wir erhöhen ihn um 10 Millionen Euro von 15 auf 25 Millionen Euro – seien wir nicht kleinlich! – und wir steigern das Budget der ADA um nicht ganz 12 Millionen Euro. Wenn man jetzt noch die 3 Millionen Euro abzieht, die wir für multilaterale Organisationen weniger haben, und sich dann ausrechnet, was diese Steigerung mit Blick darauf, die international zugesagten Ziele der Entwicklungs­zusam­men­arbeitsfinanzierung, nämlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens, zu erreichen, bedeutet, dann ist zu sagen: Wenn wir diese Steigerung von heuer fortrechnen, dann haben wir 0,7 Prozent im Jahr 2092 erreicht – geil!

Das wird kaum jemand von uns hier erleben, fürchte ich, und das ist jedenfalls ganz sicher nicht das Tempo, das ich mir erwarte, wenn die Entwicklungsfinanzierung so bald wie möglich nachhaltig sein sollte. Weder ist das Tempo angebracht, noch ist es nachhaltig, weil die strukturellen Probleme in der Entwicklungsfinanzierung bleiben. Wir haben nach wie vor keinen Pfad, der politisch ausverhandelt wäre, der rechtlich abgesichert wäre, bis wann wir denn die 0,7 Prozent erreichen – wir hatten schon einmal vereinbart, bis zum Jahr 2030; eh viel zu spät! Auch die Anrechnung der Entschuldungen ist nicht substanziell, abgesehen davon, dass nicht mit dem Pariser Club der OECD vereinbart, und es sind Einmaleffekte. Das erhöht unsere Entwick­lungsmittel nicht auf Dauer substanziell oder nachhaltig, und dazu kommt noch, dass


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es halt auch keine gesetzliche Absicherung der Mittel gibt, weil es einfach nach wie vor Ermessensausgaben sind.

Eine noch so ambitionierte Presseaussendungspolitik oder eine noch so kreative Spen­denverdoppelungsankündigungspolitik oder auch noch so dehnbare, zahlenbefreit formulierte Anträge helfen nicht dabei, die Entwicklungsfinanzierung wirklich substan­ziell zu steigern; deswegen sind wir ganz sicher nicht für diesen Antrag. Es liegen von uns andere auf, von denen wir glauben, dass wir damit wirklich eine substanzielle Steigerung der Mittel zustande bringen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Lopatka. – Bitte.


16.56.47

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat sich sehr ausführlich mit Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt und von Ankündigungspolitik gesprochen. – Das ist unrichtig. Die Mittel, die bis Ostern für Syrien gespendet wurden, sind ja tatsächlich verdoppelt worden, und auch das Budget ist deutlich erhöht worden. Das sollte man auch sehen und nicht alles schlechtreden, was von dieser Bundesregierung kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte mich jetzt aber mit einem anderen Antrag beschäftigen, der im Rahmen dieser Tagesordnungspunkte diskutiert wird. Dabei geht es um die Hisbollah, die Partei Gottes, wie sie sich nennt, entstanden 1982 als eine revolutionäre schiitische anti­westliche Organisation, auf deren Konto viele, viele Attentate gehen.

Die Hisbollah ist aber mehr als nur eine militärische Organisation, die Attentate verübt, das muss man auch sehen. Die Hisbollah ist auch eine politische Organisation mit einem großen sozialen Netzwerk, das auch andere terroristische Gruppen haben; das gibt ihnen dann oft den notwendigen Rückhalt – auch vonseiten einfacher Menschen, die in Wirklichkeit mit Terror nichts zu tun haben wollen. So gesehen kontrolliert die Hisbollah im Libanon, wo die politischen Verhältnisse sehr labil sind, zum Beispiel in weiten Bereichen im Süden von Beirut, in der Bekaaebene und auch im Süden des Landes, direkt an der Grenze zu Israel, das tagtägliche Geschehen.

Politisch läuft in diesem zerrissenen Land, das früher auch die Schweiz des Orients genannt wurde, nichts ohne die Hisbollah, das muss man sehen. Sie ist dort ein maßgeblicher Akteur. Dieser maßgebliche Akteur wird auch außerhalb des Libanon massiv vom Iran eingesetzt, wenn es darum geht, militärische Interessen durch­zu­setzen. Die Hisbollah ist sehr eng mit dem Iran und sieht sich auch dem obersten Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, verpflichtet.

Der Kern der Weltsicht der Hisbollah ist, dass sie den Staat Israel vernichten möchte. Bei Aufmärschen rühmt sich die Hisbollah, dass sie die Organisation des Widerstands in der Region sei, und natürlich hört und sieht man dort auch immer wieder auf Transparenten, dass man Israel den Tod wünsche.

Das hat dazu geführt, dass weltweit westliche Demokratien in ihren nationalen Parla­menten, aber auch internationale Organisationen beschlossen haben, gegen die His­bollah in der Form vorzugehen, dass man sie als terroristische Organisation einstuft. In Nordamerika die USA und Kanada, in Südamerika Argentinien, im Bereich von Ozeanien Australien, in Europa Großbritannien, die Niederlande und jüngst Deutsch­land sind zu dieser Beurteilung gekommen. Auch interessant ist, dass bereits 2016 die Arabische Liga die Hisbollah ohne Gegenstimme – in der Arabischen Liga ist auch der


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Libanon – im Gesamten als terroristische Organisation eingestuft hat. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir in Europa sind wie in anderen Bereichen auf halbem Weg stehen geblieben. Catherine Ashton war damals die Außenbeauftragte. Die Europäische Union hat sich nur dazu durchringen können, den militärischen Flügel der Hisbollah als terroristisch einzustufen, aber nicht die Gesamtorganisation. Damals hat Ashton diesen kleinsten gemeinsamen Nenner damit begründet, dass man den Libanon nicht destabilisieren möchte, und daher hat man eben nur den militärischen Flügel als terroristisch ein­gestuft.

Inzwischen sind die Terroranschläge weitergegangen, wir haben uns allerdings zuletzt weniger mit solchen Organisationen beschäftigt, Covid-19 hat alles zugedeckt. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns wieder mehr mit anderen grundsätzlichen und für die Entwicklung der Welt wichtigen Fragen befassen, ob das die SDGs sind, ob das der Klimawandel oder auch der Umgang mit Terrororganisationen ist.

Es ist höchst an der Zeit, dass die Europäische Union sich wieder mit dieser Frage beschäftigt, weil auch immer mehr nationalstaatliche Parlamente ihre Position dazu geklärt haben. Wir müssen – und das ist so wichtig bei solchen Organisationen – der Legendenbildung ein Ende setzen, nämlich der Legendenbildung, dass es für die Hisbollah, wenn sie Gewalt anwendet, wenn sie Bombenattentate verübt, wenn Ra­keten nach Israel geschossen werden, immer als gerechter Widerstand, als Selbstver­teidigung gilt. Die Legende besagt auch, dass Terror immer nur von den anderen aus­geübt wird. – Wir müssen dieser Legendenbildung ein Ende bereiten und sagen: Die Hisbollah ist keine Selbstverteidigungsorganisation, nein, sie ist eine Terrororgani­sa­tion!

Das sollte auf europäischer Ebene passieren, denn damit nimmt man dieser Organi­sation auch das, was sie so bitter notwendig hat, nämlich politische Legitimität. Das ist für mich das Entscheidende, wenn solche Verbote ausgesprochen werden: Damit trifft man klare Unterscheidungen, ob etwas legitim ist oder nicht.

Terror und Gewalt und Raketen können niemals legitim sein, daher ist es höchst an der Zeit, dass die Europäische Union diesbezüglich zu einer klaren Sprachregelung kommt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


17.03.32

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag betreffend substanzielle Erhöhung oder Aufstockung der Mittel für die Entwicklungs­zusammenarbeit.

Ich möchte den Herrn Bundesminister zitieren, der in einem anderen Zusammenhang, betreffend die Israelfrage, vor einer halben Stunde den Terminus „der opportune Zeitpunkt“ gewählt hat. Kollegin Bayr hat schon angemerkt, dass der Antrag im Februar 2020 eingebracht wurde, also vor der Coronakrise. Aus heutiger Sicht ist es, glaube ich, nicht sehr sinnvoll, über substanzielle Aufstockungen der Mittel für die Ent­wicklungszusammenarbeit zu reden, weil die Hilfe für die österreichischen Menschen, für die österreichischen Arbeitnehmer, für die österreichischen Arbeitgeber, für die österreichischen Unternehmen und die Familien für uns Freiheitliche Priorität hat.

Das heißt nicht, dass wir Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe grund­sätzlich für nicht wichtig erachten. Das ist vielleicht auch eine Klarstellung; heute hat ja


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die Kollegin von den Grünen klargestellt, dass die Grünen kein grundsätzliches Prob­lem mit der Blasmusik haben. Ich möchte auch einmal festhalten, dass wir überhaupt kein grundsätzliches Problem mit Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe haben, ganz im Gegenteil; die Frage ist nur, wie man das macht.

Wir haben ein Problem damit, wenn der Ansatz der ist, zu sagen: Wir müssen das, was sozusagen in den Trichter reingeht, substanziell erhöhen, wir nehmen mehr Geld in die Hand – wie es auch Ministerin Gewessler im Zusammenhang mit den Klimaschutz­maßnahmen gesagt hat. Da stellen wir die Frage: Wessen Geld ist das, das wir in die Hand nehmen? – Das ist natürlich das Steuerzahlergeld, und es ist keinesfalls das Ziel der Freiheitlichen Partei, sozusagen möglichst viel in diesen Trichter reinzuschütten – seien es jetzt 0,5, 0,7 oder wie viel Prozent des BIPs auch immer –, sondern das Ziel muss sein, dass möglichst viel bei den Bedarfsträgern ankommt, dass möglichst viel unten aus dem Trichter rauskommt. Um das bildlich zu formulieren: Wir wollen keinen Trichter, wir wollen im Idealfall ein Rohr, bei dem es möglichst wenig Streuverluste hinsichtlich der Differenz zwischen dem, was wir an Geld in die Hand nehmen, und dem, was bei den Bedarfsträgern ankommt, gibt. Dass es da erhebliches Verbes­serungspotenzial gibt, ist ja wohl klar. (Beifall bei der FPÖ.)

Daneben haben Sie im Regierungsprogramm wieder eine schöne, wohlfeile Formu­lierung verwendet: „das Prinzip der gezielten Hilfe“. Auch Kollegin Bayr hat das gesagt. Gezielte Hilfe auf Grundlage eines in sich schlüssigen, treffsicheren Konzeptes kann ich im Bereich der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit beim besten Willen nicht sehen.

Unser Vorschlag ist der, dass wir das Gezielte in zwei Dimensionen umsetzen, nämlich erstens regional: Konzentrieren wir uns auf bestimmte Länder, machen wir keinen Fleckerlteppich – dort ein bisschen und dort ein bisschen, in Afrika ein bisschen, da zwei Länder und so weiter und so fort!

Zweitens: Inhaltlich bestünde die Möglichkeit, gezielt vorzugehen, indem wir Öster­reich – im Bereich Kunst und Kultur gelingt uns das ja; wir haben Österreich als welt­weit anerkannte Marke hinsichtlich klassischer Musik implementiert – im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit etwa im Bereich der Bildung, insbesondere im Bereich der dualen Ausbildung, als entsprechende weltweite Marke implementieren und sagen: Wann auch immer größere Projekte stattfinden, in diesem fachlichen Teilbereich ist Österreich exzellent, den deckt Österreich gut ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Also: situationsangepasste, gezielte Hilfe, aber mehr als eine Sprechblase, output­orientiert und nicht den Trichter möglichst voll mit Steuergeld befüllen!

Ein weiterer Punkt: Es geht nicht bedingungslos. Da kann man durchaus etwa Rück­nahmeabkommen für Flüchtlinge diskutieren und zur Bedingung machen. Man kann – wie es die Deutschen auch tun, Sie wissen das – durchaus auch den Fortschritt im Kampf gegen Korruption zur Bedingung machen. Das ist ein Riesenthema, das stammt nicht von mir, sondern die Antikorruptions-NGO Transparency International und die NGO Human Rights Watch haben den Internationalen Währungsfonds massiv kritisiert, weil EZA-Gelder in Milliardenhöhe vergeben werden, und zwar – ich zitiere – ohne die minimalste Antikorruptionskontrolle. – Zitatende. Das kann nicht sein! Wir sind es auch jenen, deren Gelder wir in die Hand nehmen, schuldig, dass das nicht dazu verwendet wird, um dann Korruption auch noch zu fördern. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann mir noch eine Bedingung vorstellen: Ich sehe keinen Sinn darin, Entwick­lungshilfegelder in Länder zu transferieren, deren Militärausgaben das Doppelte, Dreifache, Vierfache von jenen in Österreich betragen. Da sollte man auch einmal hin­terfragen, wie sinnvoll das ist.


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Selbstverständlich sollten im Idealfall Entwicklungszusammenarbeitsmaßnahmen auch geeignet sein, um einen positiven Beitrag zu grundsätzlichen wirtschaftlichen Bezie­hungen zwischen dem jeweiligen Land und der Republik Österreich und der öster­reichischen Wirtschaft zu leisten. Wie gesagt, Entwicklungshilfe sollte keine Einbahn­straße sein, sondern die Mithilfe, der Beitrag der Länder, die diese Entwicklungshilfe beziehen, insbesondere zur Lösung der Riesenproblematiken Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption sollten in diesem Gesamtpaket eingefordert werden.

Unser Zugang ist also: Es ist keine gute, sinnvolle Entwicklungspolitik, möglichst viel Geld, nämlich Steuergeld, in den Trichter oben reinzuschütten, sondern gut wäre es, nach diesem Vier-, Fünfpunktekonzept, das ich gerade vorgeschlagen habe, vorzu­gehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.10


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic ist die nächste Red­nerin. – Bitte.


17.10.09

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich möchte in meiner Rede auf einen Antrag, nämlich jenen von Kollegin Krisper, ein­gehen. Da ging es nämlich um Soforthilfe für Syrien. Diesbezüglich haben wir von­seiten der Regierungsparteien die Dinge konkreter benannt und konkretere Zahlen angeführt, als das im NEOS-Antrag der Fall war. Da ging es nämlich darum, dass die Bundesregierung ersucht wird, unter anderem aus dem Auslandskatastrophenfonds ehebaldigst gezielt weitere Mittel für die Arbeit des UNHCR, für das Rote Kreuz, aber auch für andere Hilfsorganisationen bereitzustellen, die in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, in den Krisenregionen Idlib und Nordwestsyrien und im türkisch-griechischen Grenzgebiet tätig sind.

Zu dieser Unterstützung haben wir noch ausgeführt, dass wir Griechenland nicht nur medizinische und logistische, sondern auch psychologische Hilfe anbieten und dass wir uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die von der EU beschlossenen 700 Millionen Euro als Hilfe für Griechenland nicht ausschließlich für den Grenzschutz verwendet werden, sondern auch für den Flüchtlingsschutz.

Ganz wichtig war uns auch, festzustellen, dass sich Österreich auf internationaler Ebene aktiv für den Schutz der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern einsetzt. Wir wissen, die Situation ist dort tatsächlich verheerend.

Wir haben in unserem Antrag auch festgehalten, was wir schon im Regierungs­pro­gramm vereinbart und verankert haben, nämlich ehebaldigst eine gesamtstaatliche Migrationsstrategie zu erarbeiten und diese dann in Kooperation, in internationaler Absprache auch entsprechend umzusetzen.

Alles in allem: Da hat ein Antrag der Opposition dazu geführt, dass wir uns zusam­mengesetzt haben und diesen in diesem Fall, wie gesagt, sogar ausgeweitet und konkretisiert haben. Insofern hoffe ich auch auf Unterstützung dieses weitreichenderen Antrags der Grünen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

17.12


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter ist die nächste Red­nerin. – Bitte.


17.12.45

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben ja in dieser Woche eine


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Menge debattiert und gestritten, und dabei ist es ums Geld, ums Budget gegangen. Die Diskussion um die Außenpolitik ist, Gott sei Dank, etwas gesitteter, und ich möchte jetzt über Lebens- und Zukunftsperspektiven echter Menschen sprechen.

Der Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen betreffend eine substanzielle Auf­stockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwicklungs­zusammenarbeit spricht von Armutsbekämpfung, sozialer und politischer Stabilität und von Lebensperspektiven. – Das sind die richtigen Worte. Ich danke auch dafür. Auch die Schwerpunkte der ADA sind in Ordnung: Wasserversorgung, Hygiene, Klima­schutz, Landwirtschaft, Gleichstellung. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen.

Aber: Eine Toilette ist eine wichtige Angelegenheit, doch ein Klo allein ist halt noch keine Perspektive. Auch die Intensivierung der Landwirtschaft ist wichtig: Wenn Fa­milien mit weniger Arbeitskräften aber mehr Lebensmittel produzieren, was tun dann die jüngeren Geschwister? Bei all diesen Überlegungen fehlt mir etwas; unter anderem auch hinsichtlich der Freundschaftsgruppen: Ich freue mich darauf, Herr Kassegger, wenn dann – hoffentlich bald – auch die Freundschaftsgruppe für das südliche Afrika konstituiert wird. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

In der Covid-Krise ist ja auch ein Aspekt Afrikas einer breiten Öffentlichkeit bekannter geworden, nämlich dass es der Kontinent der jungen Menschen ist, wo 60 Prozent der Menschen unter 24 Jahre alt sind. Diese jungen Menschen wollen halt nicht nur im Dorf leben; sie wollen nicht, dass man ihnen eine Ziege vor die Hütte stellt und sagt: So, das ist jetzt Armutsbekämpfung!, sondern sie wollen eine Transformation in ihrem Leben, und deshalb steigen so viele von ihnen aus den Dörfern, die schon fließendes Wasser und Toiletten haben, in irgendwelche Schinakeln, riskieren ihr Leben und ver­suchen in Europa eine neue Perspektive zu finden. Das tun sie, weil sie um unsere Modernität wissen, und die finden sie halt nicht am Hof der Großeltern.

Junge Menschen verstehen Technologie, und es ist kein Zufall, dass so viele kreative Handyapplikationen in Afrika entstehen. Wenn es an Infrastruktur fehlt, nutzen die Menschen eben ihre Kreativität, um aus dem, was da ist, etwas zu machen, das sie brauchen. Diese Kreativität muss man fördern, damit eine neue Gründerzeit in Afrika entsteht, die jungen Menschen auch eine Perspektive bietet. Dann brauchen sie auch keine Schlepper mehr und finden Arbeitsplätze und Zukunft vor Ort.

Wir begrüßen die Erhöhung der Wirtschaftsentwicklungsgelder, regen aber auch an, dass diese Erhöhung nicht in ein Mehr von Gleichem mündet, sondern dass man auch in der ADA an neue Projekte denkt, und zwar nicht nur in Wien, sondern auch vor Ort. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stögmüller.)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Engelberg. – Bitte.


17.15.42

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Außenminister! Ein Satz nur noch zu den Ausführungen von Kollegen Brandstätter: Ich würde es so subsumieren: Das Thema Israel ist das denkbar ungeeignetste Thema, um allfällige Kritik an Trump, Netanjahu, Orbán, Bundeskanzler Kurz oder woran auch immer abzuhandeln. Daher steht auch meine Einladung, die ich wirklich sehr gerne in die Tat umsetzen möchte, dass wir darüber noch einmal in Ruhe reden.

Ein Dank gilt auch dem Außenminister für die Erklärung, wie es zustande gekommen ist – was ich ja für ein bisschen eine Denunzierung halte –, dass man es in der Öffent­lichkeit so dargestellt hat, als hätte Ungarn mit Österreich oder Österreich mit Ungarn


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gemeinsame Sache gemacht, was eben nicht der Fall war. – Vielen Dank dafür, und ich will dazu auch gar nicht mehr sagen.

Als Sprecher für Entwicklungszusammenarbeit wollte ich noch sagen – über die Erhöhung haben wir ja schon gesprochen –: Es geht auch noch um den Begriff Nachhaltigkeit; diese wurde auch überall noch einmal urgiert. Ich sehe Nachhaltigkeit nicht unbedingt nur dadurch ausgedrückt, wie sehr wir die Mittel erhöhen.

Ich muss sagen, in Gesprächen mit NGOs, aber auch mit vielen Leuten, die in afrika­nischen Ländern engagiert sind, wird schon immer wieder klar, dass es als Zeichen dafür, dass unser Engagement da ist und dass wir uns da auch etwas überlegen, eben nicht nur um die Erhöhung der Mittel geht. Ich nenne nur ein paar Dinge, die wir uns dabei überlegen.

Das eine ist, dass für uns ganz klar ist, dass die Hilfe vor Ort ganz stark im Zentrum unserer Aufmerksamkeit steht. Daher gibt es auch die starke Erhöhung des Auslands­katastrophenfonds.

Zweitens, die starke Fokussierung auf das Thema Migration: Wie können wir dazu beitragen, dass sich Menschen nicht auf den Weg machen müssen?

Drittens, ein ganz starker Fokus auf die wirtschaftliche Kooperation mit afrikanischen Ländern: Wie können wir helfen, dass sich österreichische Unternehmen in afrika­ni­schen Ländern niederlassen? Wie können wir helfen, dass sich Unternehmer in afri­kanischen Ländern auf die Beine stellen und tätig werden?

Wir haben auch einen ganz starken Fokus darauf, Benchmarks zu setzen, also gerade jene Länder besonders zu unterstützen, die im Bereich Demokratieentwicklung, Armutsbekämpfung, Verbot von Kinderarbeit, Einhaltung gewisser Standards und so weiter vorankommen.

Nicht zuletzt – und das ist, glaube ich, auch ein ganz besonders wichtiger Fokus –: Wie können wir afrikanische Länder dabei unterstützen, unser Know-how, was das Bil­dungswesen, die duale Ausbildung betrifft, zu nutzen, unter Umständen auch in Kombination mit neu gegründeten Fabrikationsstandorten oder Unternehmen? Das wäre ein Idealfall, wobei wir der Überzeugung sind, dass es das ist, was wir unter Nachhaltigkeit verstehen, abgesehen davon, dass wir auch die Mittel tatsächlich deutlich erhöht haben.

Ein letztes Wort noch: Es ist schon sehr viel über den Hisbollah-Antrag gesprochen worden. Erstens einmal finde ich es großartig, dass wir hier wieder einmal bei einem ganz wichtigen Thema zu einem einstimmigen Ergebnis kommen; das freut mich sehr und ehrt uns, glaube ich, als Parlament sehr.

Ich glaube, ein wichtiger Punkt ist auch noch diese Differenzierung zwischen politi­schem und militärischem Flügel, der wirklich eine interessante Denkvariante ist, die eigentlich die Europäische Union erfunden hat. Es ist nicht so, dass die Hisbollah von sich aus behauptet, es gäbe einen militärischen und einen politischen Flügel, nein, die EU hat es definiert, um sozusagen strafrechtlich vorgehen zu können. Wir haben sogar nächste Woche in Graz einen Prozess gegen einen Aktivisten der Hisbollah laufen. Das heißt, es ist ein aktuelles Problem. Der entscheidende Punkt ist, dass die His­bollah selber diese Unterscheidung ablehnt. Das heißt, wir sind hier in Europa tat­sächlich gefordert, diese eigentlich ausgedachte Spielerei aufzugeben und die His­bollah als Ganzes als das zu bezeichnen, was sie ist, nämlich eine terroristische Organisation. (Beifall bei der ÖVP.)


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In diesem Sinne sage ich nochmals, dass es mich sehr freut, dass wir hier zu einem einstimmigen Vorgehen kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

17.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


17.21.04

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Während wir hier seit einigen Tagen reden – Anzüge, schöne Kleider, alles sehr sauber, alles desinfiziert –, sitzen in Moria in Griechenland Kinder, Frauen, Männer und Jugendliche in einem Lager in Dreckszuständen, über die Leute, die dort waren, sagen, indische Slums seien dagegen ein Luxusgebiet. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.)

Das ist der Zustand, den es gibt. Das ist der Zustand, der in diesem Parlament nicht zu ändern ist, in dem wir eine Mehrheit aus zwei großen Parteien und der Hälfte einer großen Partei haben, die niemals dafür stimmen wird, dass es hier eine menschliche Politik gibt. Während wir das machen, ersaufen im Mittelmeer Menschen, werden nicht gerettet, und inzwischen fahren nicht einmal Schiffe hinaus. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Okay, das ist der Zustand in dieser Republik, der bei dieser Mehrheit von fast zwei Dritteln, die das nicht ändern wollen, nicht zu ändern ist.

Was wir ändern können, ist die Hilfe vor Ort. Was wir ändern können, ist hinter diesen Grenzen, und wir haben uns als Grüne entschieden, das zu tun, und fordern ein, dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Katastrophenhilfe deutlich erhöht werden. Wir setzen das durch und werden das durchsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Entwicklungszusammenarbeit ist in dieser Republik ein Stiefkind, vernachlässigt seit Jahrzehnten. Die Beträge, die gezahlt werden, sind erbärmlich. Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, wenn sich dann die SPÖ herstellt und sagt: Da wird nichts bezahlt, das ist so wenig! – Jetzt ist eine Erhöhung beantragt, und die SPÖ sagt: Die Erhöhung ist uns zu wenig, wir stimmen gegen die Erhöhung und bleiben bei den erbärmlichen Beträgen! – Die Logik dahinter verstehe ich auch nach 10 Minuten Nachdenken nicht.
Wir haben erbärmliche Beträge von euch übernommen, ihr stimmt gegen die Erhöhung und sagt, dass das so niedrig ist und dass euch die Erhöhung zu wenig ist. – Wie soll sich das im Kopf ausgehen?

Wir haben vereinbart, dass die Höhe der Beträge in den nächsten Jahren jedes Jahr nach oben geschraubt wird, auch während der Covid-Krise. Wir bestehen darauf, dass dieses Budget in einem türkisen Ministerium erhöht und ausgebaut wird, weil wir diese Menschen nicht im Stich lassen wollen. Das ist für uns in dieser Regierung eine absolute Grundbedingung. (Beifall bei den Grünen.)

17.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.


17.23.31

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin heute über den Grete-Rehor-Park hergekommen und habe ein Porträt von Franz Xaver Gabelsberger gesehen. Er ist der Erfinder der stenografischen Kunst. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen und möchte gleich noch dazusagen: Ich habe zuerst einen Fehler gemacht und bitte, das zu korrigieren. Ich war natürlich gegen die Zusammenarbeit mit Ungarn, nicht gegen


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die Zusammenarbeit mit Israel. Das war mein Lapsus, und ich bitte die Kollegen, das zu korrigieren. – Vielen Dank für Ihre Arbeit!

Ich habe heute schon gesagt, Parlamentarismus soll doch nicht heißen, gegen­einanderzustehen oder auch gegen etwas zu stimmen, bei dem man eh derselben Meinung ist, nur weil es von der anderen Partei kommt. Ich möchte Kollegen Lopatka – er ist leider nicht hier; ah, da ist er eh! – schon darauf aufmerksam machen, dass wir zunächst einen Entschließungsantrag zur Hisbollah eingebracht haben, in dem wir sehr deutlich gesagt haben, die Bundesregierung soll aufgefordert werden, in Österreich die gesamte Hisbollah als terroristische Organisation einzustufen und sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen. Ihr könnt noch immer zustimmen, weil der Antrag, der nachher von den Regierungsfraktionen gekommen ist, doch ein bisschen weniger enthält. Es ist eine neue Beurteilung der Frage des Umgangs.

Ich glaube, zur Hisbollah ist sehr viel gesagt worden. Es gibt die Aufteilung in die unterschiedlichen Arme nicht. Das ist eine terroristische Organisation, sie wird vom Iran finanziert, sie will die Vernichtung Israels. Das sind doch alles Dinge, zu denen wir ganz klar sagen müssen: Das wollen wir sicherlich nicht! (Beifall bei den NEOS.)

Kollege Lopatka hat ja noch dazu schon richtigerweise gesagt, dass sich auch schon sehr viele europäische Staaten in diesem Sinne ausgesprochen haben. Ich habe es ja auch schon öfter gesagt: Natürlich bin ich für die Kooperation innerhalb der EU. Ich glaube, dass es das Anliegen sein soll, dass sich unsere Regierung innerhalb der EU dafür einsetzt, dass die Hisbollah eben ganz klar als terroristische Organisation eingestuft wird.

Wenn ich schon bei der EU bin: Ich habe heute im „Trend“ einen interessanten Artikel gefunden: „Europa ist, wenn bei uns die Sonne scheint“, schreibt Kollege Andreas Lampl. Das ist schon ein bisschen das Problem. Er analysiert sehr gut, dass wir uns eben dann europäisch geben, wenn die Sonne scheint, wenn es kein Problem gibt, und dann, wenn wir gemeinsam aus einer Wirtschaftskrise herauskommen wollen, be­mühen wir Worte wie Schuldenunion und Ähnliches, was ja einfach falsch ist. Ich glaube, er zeigt hier sehr klar, dass Europa nur gemeinsam auftreten kann. Wenn wir im Übrigen die Herausforderung Chinas, die der „Trend“ auch anspricht, annehmen wollen – und wir müssen sie annehmen –, werden wir sie nicht als kleines Österreich annehmen können, sondern dann kann das auch nur die Europäische Union tun.

Obwohl die Zeit immer so schnell vergeht, habe ich jetzt trotzdem noch ein Zitat von Schimon Peres mitgenommen. Ich glaube, das kann uns alle miteinander durchaus auch ins verlängerte Wochenende führen, niemand soll sich ausnehmen. Schimon Peres hat einmal so schön gesagt: „Alle Mächtigen, die ich näher beobachtet habe, sind ungeduldig und intolerant geworden, haben eitel das Maß ihrer Möglichkeit über­schätzt und Prinzipien sowie Freunde selbstherrlich aufgegeben.“ – Ich wünsche euch allen, dass euch das nicht passiert. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.


17.27.07

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wir diskutieren heute unter Tagesordnungspunkt 24 den einstimmig angenommenen Entschließungsantrag für ein gemeinsames wirksames Vorgehen gegen die Hisbollah. Ich bin allen Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus sehr dankbar, dass wir hier eine so einheitliche Meinung gefunden haben, denn die Hisbollah vertritt radikales


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islamistisches Gedankengut. Sie konzentriert sich auf militärische Aktionen und Atten­tate, vor allem gegen den Staat Israel. Sie stellt auch das Existenzrecht Israels regel­mäßig und vehement infrage und propagiert Gewalt gegen Juden. Das ist auch gerade für mich als Obfrau der Freundschaftsgruppe Österreich-Israel hier im Parlament, der ich vorsitzen darf, völlig inakzeptabel, und ich spreche mich entschieden dagegen aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Leider gibt es diese Strömungen nicht nur im Nahen Osten, mittlerweile ist der Anti­semitismus hier in die Mitte unserer aufgeklärten Gesellschaft eingekehrt. Laut dem aktuellen Antisemitismusbericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und des Forums gegen Antisemitismus, der vor zwei Tagen veröffentlicht worden ist, ist die Zahl der Antisemitismusmeldungen in Österreich erneut angestiegen, und bitte nicht um irgendeine Zahl, sondern um 10 Prozent binnen zwei Jahren. Das ist erschütternd und für mich ein Warnzeichen, dass wir gemeinsam entschieden dagegen auftreten müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zurück zum Entschließungsantrag: Dieser Entschließungsantrag zielt darauf ab, dass wir wirksame Maßnahmen gegen die kriminellen und terroristischen Aktivitäten der Hisbollah finden, dass wir die Finanzierung der Hisbollah durch Geldwäscheaktivitäten nachhaltig unterbinden und vor allem – das haben auch meine Vorredner schon gesagt – innerhalb der EU zu einer neuen Beurteilung kommen. Dieses Teilen in den militärischen und in den politischen Arm ist, denke ich, nicht mehr richtig. Wir müssen alle unsere Kräfte daransetzen, dass auf EU-Ebene neue Lösungen und Denkansätze gefunden werden, um zu einer klaren, einheitlichen Linie der Verurteilung der Hisbollah als terroristische Organisation zu kommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


17.29.36

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich glaube, im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit brauchen wir nicht noch mehr Leute, die die richtigen Fragen stellen, sondern wir brauchen mehr Leute, die die richtigen Antworten geben. Ich glaube, das Bild von Entwicklungs­zusam­menarbeit ist immer so ein bisschen ein verklärtes. Viele glauben, da gibt man halt ein paar armen Kindern ein bisschen Geld oder man kauft Fair-Trade-Produkte, und das ist dann irgendwie Entwicklungszusammenarbeit. Das ist aber einfach ein vollkommen falsches Bild, sie ist viel, viel mehr.

Der Grund, warum auch da die Mittel nicht immer so schnell steigen, wie es sich auch Kollegin Bayr gewünscht hat, ist – das muss man ehrlich sagen –, dass man mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit keine Wahl gewinnt. Dafür wird man im Wahl­kreis, im Bierzelt nicht bejubelt, denn es ist halt auch ein etwas abstrakteres Thema, und ich glaube, das ist auch ein Teil des Problems.

Ich bin froh, dass wir trotzdem mit dem Budget, das wir heute beschlossen haben, das EZA-Budget um 12 Prozent erhöhen konnten. Ich glaube aber auch, es ist nicht nur das EZA-Budget an sich, worauf wir schauen müssen. Für mich gehört zum Beispiel der Topf für Entwicklungsforschung im Bildungsministerium, der mit 620 000 Euro im Jahr dotiert ist, dazu – auch das ist Entwicklungszusammenarbeit. Dieser Topf ist neu, und ich finde, das ist wirklich ein Superprojekt.

Ich glaube, bei dieser grundsätzlichen Frage, wie wir das sehen, ist es einfach so, dass Bildung ein ganz wesentlicher Teil von Entwicklungszusammenarbeit sein muss, denn wie auch Kollegin Brandstötter gesagt hat: Wenn man Perspektiven hat, wenn man


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Skills hat, dann hat man auch wirklich viel erreicht, kann dort bleiben, kann das Land weiterentwickeln, und das ist ganz, ganz wichtig. Deswegen werde ich unbedingt noch einmal mein Lieblingsprojekt, das Africa-Uninet, erwähnen. Ich glaube, das ist die Richtung, in die wir gehen müssen.

Herr Kassegger hat diese Trichtermetapher angeführt, so quasi: Da ist die Ader, da kommt Geld rein, aber irgendwie ist das nicht so zielgerichtet. – Teilweise gebe ich Ihnen recht. Ich glaube, dass es, wenn 2021 wieder ein neuer Dreijahresplan erstellt wird, auch wichtig ist, zu beraten, welche Länder Schwerpunktländer der Entwick­lungs­zusammenarbeit sind, und diesbezüglich ein bisschen gezielter vorzugehen. Wir müs­sen sagen, welche Regionen dieser Welt wir gezielt erreichen wollen, denn alle zu erreichen wird wahrscheinlich nicht möglich sein. Diese Diskussion, finde ich, sollten wir auf jeden Fall führen, und dazu ist ja bis 2021 noch genug Zeit.

Ich möchte noch auf die Rolle des Parlaments in puncto Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen kommen. Ich denke, in ganz vielen Ländern hat das Parlament nicht so eine Rolle, wie es sie zum Beispiel in Österreich hat: eine selbstbewusste, mit ver­schiedenen Parteien. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch mit den Parlamenten zusammenarbeiten, um die Demokratie in anderen Ländern zu stärken. Dabei kommen wir nicht nur mit den Regierungsfraktionen in Kontakt, sondern mit allen Fraktionen, die im Parlament vertreten sind. Ich halte dies für wichtig, um die Institution Parlament auch in anderen Ländern zu stärken. Ich glaube, wir können – ich habe es beim letzten Mal schon angesprochen – auch im Rahmen der bilateralen Freundschaftsgruppen hier im Parlament viel, viel mehr machen; auch das ist für mich Entwicklungs­zusam­menarbeit.

Wir sollten das Thema nicht so eindimensional sehen und nur auf diesen einen Budget­posten schauen, sondern vielleicht auch die Zusammenhänge sehen und uns aus diesen Zusammenhängen etwas zusammenspinnen, das uns in diesem Bereich wirklich nach vorne bringt. Ich möchte auch betonen: Nehmen wir unsere Rolle als Parlament in dieser Frage wahr und schauen wir nicht nur auf diesen Topf und nicht nur auf den Minister, sondern schauen wir auch, was wir in unserem Tun dazu bei­tragen können, Projekte voranzubringen!

In diesem Sinne: Es war eine sehr sachliche, spannende Diskussion, und ich hoffe, dass wir gemeinsam etwas weiterbringen. Es wäre wirklich höchst an der Zeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.31

17.33.37 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 bis 25


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter, eine der Berichterstatterinnen das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir nun zu den verlegten Abstimmungen kommen, frage ich die Klubs, ob sie eine Sitzungsunterbrechung wünschen, bevor wir in den Abstimmungsvorgang ein­gehen. – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zu den Abstimmungen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, dem  Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik


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Armenien andererseits, in 4 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfas­sungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig so angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Opec-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Opec-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds, in 5 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig so angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen über die Zustellung ge­richtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965, in 6 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfas­sungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig so angenommen.

Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kom­munikation Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011, in 7 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Auch das ist einstimmig so angenommen.

Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Übereinkom­men über die Überstellung verurteilter Personen, in 22 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Auch das ist einstimmig so angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (48/E)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Schatz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Außenpo­liti­schen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen des Euro­parats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträ­gen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus, in 23 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Das ist einstimmig so angenommen.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Errichtung der Inter­nationalen EU-LAK-Stiftung, in 38 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so genehmigt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22, die dem Ausschussbericht 84 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „eine substantielle Aufstockung der humanitären Hilfe und der Mittel der bi- und multilateralen Entwicklungszusam­men­arbeit“.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (49/E)

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 23: Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 85 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 75/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 85 der Beilagen ange­schlossene Entschließung betreffend „Maßnahmenpaket Syrien und Griechenland“.

Wer ist für diesen Bericht, wer gibt die Zustimmung? – Das ist die Mehrheit, ange­nommen. (50/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 86 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme dieses Berichtes? – Das ist mit Mehrheit so zur Kennt­nis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25, die dem Ausschussbericht 87 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „wirksames Vorgehen gegen die His­bollah“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen.

Das ist einstimmig so angenommen. (51/E)

17.40.3726. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 479/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus rücken (187 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße die Frau Bundesministerin.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Damit ist die erste Debattenrednerin Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


17.41.13

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Familie und Jugend: ein wichtiges Thema! Wir kommen jetzt zu einem Antrag, den ich seitens der SPÖ gestellt habe, der leider abgelehnt wird, der eigentlich wirklich ein konstruktiver Vorschlag ge-


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wesen wäre, um Maßnahmen für Kinder und Jugendliche während und nach der Coronakrise zu implementieren.

Es gab zig Pressekonferenzen zu diversen Themenbereichen – Sektsteuer, Wirt­schaftshilfen, die, by the way, anscheinend nicht ankommen –, keine dieser Presse­konferenzen hat sich aber mit dem Thema Kinder, Jugendliche und deren Bedürfnisse wirklich auseinandergesetzt.

Die Zahlen sind verheerend, ich habe sie am Dienstag schon erwähnt. Rat auf Draht hat neue Beratungszahlen veröffentlicht: 200 Prozent mehr Schlafprobleme, 146 Pro­zent mehr Anfragen zu Panikattacken und Depressionen, 54 Prozent mehr Anfragen zu Suizidgedanken und Autoaggression wie Ritzen, 88 Prozent mehr physische Gewalt in der Familie. All das führt uns eigentlich vor Augen, dass es Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche braucht (Beifall bei der SPÖ), Maßnahmen, die ihre Wirkung wirklich sofort entfalten, und nicht erst irgendwann und viel zu spät.

Ich möchte noch einmal kurz darauf eingehen, was wir vorgeschlagen haben: sofort 100 Psychologinnen und Psychologen mehr an Österreichs Schulen; ein Krisen­mana­gement, das wirklich auch Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus rückt; Kinder­schutz – wir haben es auch in anderen Anträgen schon gehört – muss weiter aus­gebaut werden; sozialarbeiterische Unterstützung der Exekutive; medizinische Versor­gung für Kinder und Jugendliche weiterhin sicherstellen; Planungssicherheit für Kinder- und Jugendarbeit.

Was aber passiert? – Dieser konkrete Vorschlag wird abgelehnt und es gibt einen Abänderungsantrag seitens der Regierungsparteien, der auf das Regierungsprogramm verweist. Das ist ein Problem! Diese Thematik wird dadurch auf die lange Bank ge­schoben, und ich finde das wirklich bedenklich, denn wir haben uns nicht nur zu den Kinderrechten bekannt, wir haben uns dazu verpflichtet, diese einzuhalten und umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein kurzer Schwenk noch zu zwei anderen Tagesordnungspunkten aus dem Familien- und Jugendausschuss, zu einem Antrag des Kollegen Bernhard und einem Antrag, den ich seitens der SPÖ zum Thema „Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe“ eingebracht habe: Dieses wirklich nationalistisch-populistische Überbleibsel von Türkis-Blau, wie ich sogar schon sagen würde, ist jetzt seitens der EU-Kommission an den EuGH geschickt worden, endlich – eigentlich eine Blamage!

Unsere Anträge – ich glaube, ich kann da jenen von den NEOS mit hinzunehmen – wären eine ausgestreckte Hand, um diese Maßnahme, diesen Zukunftsraub für Kinder und Jugendliche zurückzunehmen. Beide Anträge wurden aber vertagt. Frau Minis­terin, Sie haben uns ja auch in einer Anfrage schon bestätigt, dass es eine auto­matische Rückabwicklung gibt. Ich glaube, das ist gut so, denn von der EU-Verfas­sungswidrigkeit sind wir wirklich überzeugt, und politisch gab es leider keine Einigkeit, trotz wirklicher Eingeständnisse der Grünen in Form von Presseaussen­dungen. Wahr­scheinlich sind diese Presseaussendungen aber auch nur Nebelgrana­ten wie die Regenbogenmasken, denn ich finde es wirklich beschämend, was mit dem Antrag zur Beflaggung der Ministerien und auch mit dem Antrag der SPÖ zum Schutz von LGBTIQ-Personen passiert ist. Das ist wirklich sehr traurig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.)

Ich bin mir sicher, dass gerade bezüglich der Indexierung der Familienbeihilfe nun die Gerichte entscheiden werden, und zwar zum Wohle von Familien, Kindern und Ju­gendlichen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


17.45.23

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben am 19. Mai unsere erste Sitzung des Familien­ausschusses in dieser Periode hier in diesen Räumlichkeiten abgehalten, und ich möchte mich als Vorsitzender wirklich bei allen Sprechern und Mitgliedern der ver­schiedenen Klubs bedanken. Die Diskussion war sehr wertschätzend und konstruktiv, und ich glaube, dass wir, wenn wir auch weiterhin so zusammenarbeiten, in der Familienpolitik gemeinsam noch einiges werden bewegen können.

Der vorliegende Antrag zielt nun darauf ab, Maßnahmen zu setzen, um betroffene Kinder und Jugendliche in der Krise zu stärken und zu unterstützen. Die Familien sind natürlich durch die Fonds und Maßnahmen durchaus unterstützt worden, und in Summe waren wir ganz einfach nur froh, dass die Familien in Österreich in dieser Krise so viele Aufgaben übernommen haben. Ob es nun Homeschooling, Kinderbetreuung oder Pflegetätigkeiten in der Familie und vieles andere mehr war: Die Familien haben ihre Aufgaben großartig wahrgenommen und sind für mich dadurch eigentlich zu einer der tragenden, wenn nicht der tragenden Säule in der Krise geworden.

Um durch die Covid-Krise bedingten besonders negativen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche entgegenzutreten, sollen mit diesem Antrag Maßnahmen, die, wie die Vorrednerin richtig angemerkt hat, bereits im Regierungsübereinkommen vermerkt sind, beschleunigt und möglichst bald umgesetzt werden.

Die wichtigsten Punkte im Antrag betreffen eine Sensibilisierungskampagne, das Unterstützen von Schulen und Lehrenden bei Gewaltprävention, das Schaffen von Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche, das Bereitstellen von Supportpersonal in den Schulen und eine Facharztoffensive im Bereich der Kinderärzte. – Sie sehen, meine Damen und Herren, das ist eine Vielzahl von Punkten, auf die wir uns im Regierungsprogramm und auch jetzt im Ausschuss, eben mit diesem Antrag, der auch von den NEOS mitgetragen wurde, verständigt haben.

Der Fokus des Antrages liegt auf Familien, in denen es zu Gewalt gekommen ist, was zu einer Wegweisung aufgrund häuslicher Gewalt geführt hat. Schauen wir uns die Zahlen an: Es waren im Jänner dieses Jahres 936 Wegweisungen. Im April sind diese Zahlen auf einen Wert von 1 075 Wegweisungen angestiegen, und ich sage: Jeder einzelne Fall ist einer zu viel, und wahrscheinlich ist die Dunkelziffer der Fälle, in denen Gewalt in der Familie stattfindet, ohne dass sie zu einer Wegweisung führt, noch wesentlich höher.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns aber in Anbetracht dieser Zahlen vor Augen führen, dass es in Österreich 2,4 Millionen Familien gibt, dann glaube ich doch sagen zu können: Das Modell Familie hat sich gerade auch in dieser Krise absolut bewährt, und ich glaube, wir tun gut daran, einmal mehr den Familien für diesen großartigen Einsatz zu danken. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Neßler.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


17.48.56

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Bundesministerin, wir sprechen heute über Kinder und Jugendliche, und ich glaube, Sie wissen, was jetzt kommt, denn ich


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habe Sie in den letzten Tagen auf unterschiedlichen Kanälen öfter auf ein und das­selbe Thema angesprochen, und das Problem ist nach wie vor nicht gelöst: Ich spreche vom Familienhärtefonds.

Mein Vorredner, Kollege Sieber, Familiensprecher der ÖVP, hat gerade gesagt, es gehe um 2,4 Millionen Familien in unserem Land. Wir wissen aus Erhebungen, dass ungefähr die Hälfte dieser Familien massive Einkommenseinbußen hat, das heißt, wir sprechen von 1,2 Millionen Familien in unserem Land, die wirklich Probleme haben.

Die Regierung hat zu Recht einen eigenen Härtefonds, einen Familienhärtefonds eingerichtet, bei dem man seit 15. April seine Anträge einreichen kann. Die Menschen, die am 15. April und in den Folgetagen eingereicht haben, haben noch immer keine Antwort. Sie wissen das seit der letzten Familienausschusssitzung, und Sie haben sich – und ich habe sehr genau darauf geachtet – an keinem Punkt öffentlich geäußert, wie es jetzt weitergehen soll.

Das Problem an der Sache ist – das haben wir herausgearbeitet –, dass nur voll­ständige Anträge bearbeitet werden. Jemand, der einen unvollständigen Antrag ein­reicht, erhält aus Effizienzgründen, so hat es Ihre Generalsekretärin gesagt, keine Antwort. Sie haben mir gesagt, es sei eine fünfstellige Anzahl an Anträgen eingegan­gen, das sind zwischen 10 000 und 90 000 dieser 1,2 Millionen Familien, und 50 Pro­zent davon seien unvollständig. – Mindestens 5 000 Familien und maximal 50 000 Fa­milien warten und bekommen keine Antwort. (Beifall bei den NEOS.)

Das Schlimme an der Sache ist in diesem konkreten Fall, dass Sie das jetzt schon seit einigen Tagen wissen. Es gibt verschiedene Foren in den sozialen Medien, es gibt Be­troffene, die Ihnen zahlreiche E-Mails geschrieben haben – viele davon habe ich auch gekriegt –, und diese Betroffenen kriegen weiterhin keine Antwort. Es gibt jetzt eine automatisierte Empfangsbestätigung; das ist ein erster kleiner Schritt. Wenn man bei der Hotline anruft, wie ich zum Beispiel, und sich erkundigt, was denn nun das Problem sei, dann kriegt man bei der Hotline eine Antwort, die man von Ihnen und Ihrem Minis­terium offiziell nicht kriegt. Das Hauptproblem laut Auskunft der Hotline ist, dass die Menschen nur die Vorderseite und nicht auch die Rückseite ihrer Bankomatkarte foto­grafiert haben; deswegen – wenn man nur eine Seite der Bankomatkarte fotografiert – kommt weder eine Antwort noch Geld.

Ein anderes Problem bei dieser Sache ist – und das ist auch sehr häufig der Fall –, dass der Familienhärtefonds an die anderen Härtefonds gekoppelt ist. Das heißt, wenn ein EPU kein Geld aus einem normalen Wirtschaftshärtefonds bekommt, bekommt er auch kein Geld aus dem Familienhärtefonds – automatisch und ungeprüfterweise.

Ich habe Ihnen vor zwei Tagen, nein, gestern war es, gesagt, dass von einer Gruppe von mittlerweile 600 Betroffenen erst eine einzige Person Geld ausbezahlt bekommen hat; jetzt sind es von den 600 zwei. Es sind sicherlich nicht alle 1,2 Millionen Familien bei Ihnen vorstellig geworden, aber ich bin mir sicher, dass sehr viele auf eine Antwort und auf Geld warten. Was ich heute wirklich von Ihnen erwarte – es schauen auch wieder viele zu –, ist, dass Sie in Ihrer Antwort darauf eingehen, wie Sie den Familien­härtefonds so aufstellen, dass die Menschen eine Antwort bekommen, wissen, wie der Stand der Dinge ist, wenn etwas fehlt, ihnen tatsächlich ganz klar gesagt wird, was sie nachreichen müssen, und dass Sie eine Lösung präsentieren – hier, heute und jetzt. (Beifall bei den NEOS.)

Bei aller Wertschätzung: Wenn das nicht gelingt, dann werde ich den Betroffenen, zu denen ich weiter Kontakt halte, nächste Woche empfehlen – da haben wir keine Ple­narwoche, wir Abgeordnete haben etwas mehr Zeit –, dass es für betroffene Familien vielleicht mehr Sinn macht, vor Ihrem Ministerium zu demonstrieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn Sie im Hohen Haus nicht auf die


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Abgeordneten hören, wenn Sie nicht auf die Medien hören, dann werden Sie vielleicht auf die Menschen hören, wenn sie lautstark ihr Recht einfordern, das einfordern, was Sie ihnen bei großen Pressekonferenzen schon Mitte April versprochen haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Loacker.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber. – Bitte.


17.53.33

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­des­minister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Antrag von der SPÖ, von Frau Holzleitner betreffend „Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus rücken“ ist sehr umfangreich, umfasst sechs Punkte, ist sehr ausführlich. Obwohl einige Maßnahmen, die wir auch unterstützen könnten, sehr vernünftig klingen, ist da ein Punkt dabei, das ist der Punkt 3, „Sozialarbeiterische Unterstützung der Exekutive“ – das fordern Sie –, laut dem Sie statt auf Strafen vielmehr auf Angebote der sozialen Arbeit setzen wollen.

Zu diesem Punkt haben wir einen ganz anderen Zugang, Frau Holzleitner. Wir wollen und fordern, dass es überhaupt keine Strafen gibt, wir fordern eine Generalamnestie mit voller Rückerstattung bei Coronastrafen, denn es kann nicht sein, dass Jugend­liche, 14-Jährige, mit 360 Euro bestraft werden, weil sie sich – vor zwei Wochen ist das in meinem Bezirk vorgekommen, es wurden vier Jugendliche bestraft – in einer Gar­tenanlage, in einer Wohnanlage getroffen haben, um ihre Freizeit verbringen zu kön­nen, und weil sie den Abstand nicht eingehalten haben. Das kann nicht sein.

Auf der einen Seite bestraft man Jugendliche, weil sie den Abstand nicht einhalten, und auf der anderen Seite wird am gleichen Tag, zur gleichen Zeit im Kleinwalsertal die Covid-19-Verordnung überhaupt nicht ernst genommen. Da macht man sich sogar noch über den Sicherheitsabstand lustig.

Da brauchen wir nur eines: ein Ende des Coronawahnsinns, und zwar sofort. Das wäre die beste Maßnahme. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

17.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


17.55.34

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, die SPÖ fordert mit ihrem Antrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner einen konkreten Maßnahmenplan für Kinder und Jugendliche. Wir fordern ganz konkret den Ausbau des Kinderschutzes und wir fordern auch konkret die Unterstützung der Exekutive durch SozialarbeiterInnen; wir halten das für sehr sinnvoll. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen, dass die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen sicher­gestellt ist, wir brauchen Planungssicherheit in der Kinder- und Jugendarbeit, und ganz dringend brauchen wir eine Aufstockung bei den SchulpsychologInnen. Wir fordern das ganz konkret. Der Abänderungsantrag ist dagegen eine reine Absichtserklärung der Regierung ohne konkretes Ziel und ohne Zeitplan. Die Maßnahmen für die Kinder müssen aber ehest getroffen werden. Die Bedürfnisse der Kinder sind im Rahmen der Krisenbewältigung viel zu kurz gekommen, und jetzt braucht es konkrete Maßnahmen für unsere Kinder und Jugendlichen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)


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Jetzt ist nicht die Zeit für Absichtserklärungen mit dem Verweis auf das Regierungs­programm, jetzt ist es Zeit, zu handeln. Viele Vorhaben werden auf die lange Bank geschoben, das trifft zum Beispiel auch auf die Kinderkostenstudie zu, für die wieder kein Budget vorgesehen ist. Betreffend die Kosten, die Familien für ihre Kinder auf­wenden müssen, fehlen uns aktuelle empirische Grundlagen. Das Versäumnis wird vor allem bei den Regelbedarfssätzen deutlich. Der Bedarf für die Kinder wird je nach Altersstufe festgelegt, allerdings gehen die Werte auf das Jahr 1964 zurück. Die jährliche Anpassung erfolgt lediglich durch den Verbraucherpreisindex.

Dass die Kosten, die Bedürfnisse der Kinder im Jahr 1964 ganz anders waren als jetzt, das erklärt sich von selbst, aber die Veränderung der Lebensumstände zeigt sich jetzt in der Krise ganz besonders deutlich bei der technischen Ausstattung unserer Kinder. Für den Unterricht zu Hause war eine technische Ausstattung mit Notebooks und Inter­netzugang Grundvoraussetzung für jede Familie und für jeden Haushalt. Übrigens wissen wir dadurch jetzt auch, dass ein Fünftel der SchülerInnen nicht über diese technischen Voraussetzungen verfügt, weil sich diese Familien das schlichtweg nicht leisten können.

In den letzten 56 Jahren hat sich bei den Ausgaben von Haushalten mit Kindern selbst­redend einiges komplett verändert, und trotzdem beziehen sich das Familienrecht und familienpolitische Maßnahmen auf die veraltete Grundlage der Regelbedarfssätze, etwa beim Unterhaltsrecht oder bei der Familienförderung. Im Ausschuss wurde unser Antrag auf eine Kinderkostenstudie wiederholt vertagt und damit verschoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht jetzt eine Anpassung der Regelbedarfssätze, und es braucht jetzt Maß­nahmen für Kinder und Jugendliche.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kinder haben Rechte, diese sind in den letzten Wochen des Lockdowns kaum zur Sprache gekommen. Es ist höchste Zeit, sie stärker in den Fokus zu rücken; Absichtserklärungen helfen keinem einzigen Kind in Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Das war jetzt eine sehr wohl... Rede! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Wohlüberlegt! – Abg. Leichtfried: Wohlüberlegt!)

17.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


17.59.09

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Ge­schätzter Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zu­seher! Wie wir im Ausschuss und wie wir öffentlich bereits gesagt haben, begrüßen wir die Aufhebung der Indexierung durch den EuGH. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Warum? – Weil die Personen, die in Österreich leben und hier Steuern und Sozial­versicherungsbeiträge zahlen, bei den Sozialleistungen nicht benachteiligt werden sollten. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Für uns ist ganz klar jedes Kind gleich viel wert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Da wird die ÖVP jetzt schön schauen!)

Liebe Evi, das musst du bitte Richtung ÖVP adressieren, denn wenn man es real­politisch betrachtet und durchzählt, muss man feststellen, dass wir Grüne, SPÖ und NEOS hier keine Mehrheit haben. Ich könnte jetzt noch länger darüber sprechen, das Mazal-Gutachten widerlegen oder Widersprüche aufzeigen und so weiter (Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried), doch möchte ich noch die Gelegenheit nutzen, über das Thema zu sprechen: Was macht die Krise mit unseren Kindern? (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, was?)


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Ein Thema, über das wir viel zu wenig gesprochen haben, ist: Was bedeutet diese Krise für junge Menschen, die an einer psychischen Krankheit leiden? Meine Vorred­nerin hat es bereits angesprochen: Es liegt auf der Hand, dass sich psychische Krank­heiten durch die Isolation, durch die Unsicherheit, durch den Wegfall der Routine ver­schärfen.

Wir wissen, glaube ich, alle, wie es ist, wenn es einem eine Zeit lang nicht gut geht. Bei einer Depression beispielsweise ist es aber nicht nur so, dass es einem eine Zeit lang nicht gut geht, sondern das ist eine Krankheit – eine Krankheit nämlich, über die wir in unserer Leistungsgesellschaft leider immer noch viel zu wenig sprechen. Das ist nach wie vor ein Tabuthema, und nur wenige brechen das Schweigen, weil das leider immer noch viel zu oft mit Schwäche verwechselt wird.

Das Leben mit einer Krankheit oder das Überwinden so einer Krankheit bedarf sehr, sehr viel Stärke. Wir können gewisse Sachen sicher nicht verhindern, aber wir können die Konsequenzen abfedern und wir sind dafür verantwortlich, Kinder und Jugendliche vor den Auswirkungen dieser und anderer Krisen zu schützen. – Und nein, wir schi­eben das nicht auf die lange Bank, und der Antrag, den wir beschließen, beinhaltet konkrete Maßnahmen, wie mein Kollege schon angeführt hat, nämlich: Maßnahmen zum Gewaltschutz mit Fokus auf häusliche Gewalt, Maßnahmen zur psychischen Gesundheit und sozialarbeiterischen Unterstützung.

Jedes Kind, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat ein Recht auf Sicherheit, auf psychi­sche Gesundheit, egal, in welcher Krise wir uns befinden. Wenn wir nur die wirt­schaftlichen Aspekte der Pandemie und nicht die sozialen und psychischen Folgen betrachten, werden die Kinder, die jungen Menschen erheblichen Schaden erleiden, einen Kollateralschaden dieser Gesundheitskrise. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Julia Herr zu Wort. (Abg. Herr begibt sich aus den hinteren Bankreihen zum Rednerpult.) Frau Abgeord­nete Julia Herr ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Wir wollen Sie eh nicht mehr hören! – Abg. Leichtfried: Es hat niemand von der ÖVP ...!)


18.02.46

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Ministerin! Hohes Haus! Wir haben beziehungsweise Genossin Holzleitner hat einen Antrag eingebracht, dass Kinder und Jugendliche in dieser Coronazeit nicht länger vergessen werden, dass Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt gestellt werden, dass es ausreichend Schul­psychologen und -psychologinnen gibt, dass es Sozialarbeiter, Sozialarbeiterinnen gibt, dass die medizinische Versorgung für Kinder und Jugendliche in diesem Land ge­geben ist.

Das alles sind Punkte, bei denen ich mir gedacht habe: Wie kann man diesem Antrag nicht zustimmen und stattdessen eben einen anderen, weitaus schwammigeren, weni­ger konkreten Antrag einbringen? Es wird einem aber klar, wenn man ein Zitat des Bildungsministers noch einmal hernimmt, der nämlich – ich zitiere kurz –, von Schülern und Schülerinnen als Humankapital spricht, welches wir nicht in hohem Ausmaß ver­lieren sollen.

Okay, es ist also doch nicht mehr so verwunderlich, dass man da nicht mitstimmt, denn wer Schüler und Schülerinnen als Humankapital bezeichnet, welches wir eben nicht in hohem Ausmaß verlieren sollten – das ist auch so super, in kleinem Ausmaß können wir sie schon verlieren, man weiß es nicht –, wer jedenfalls von Kindern und Jugend­lichen als Kapital, als Nummern, als Zahlen im Dienste der Wirtschaft spricht (Zwi-


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schen­ruf der Abg. Brandstötter), kann ja gar keine Empathie mit den wirklichen Sorgen von Kindern und Jugendlichen im Land haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Was braucht es tatsächlich? Ich habe hier etwas mitgenommen, ich zeige das kurz. (Die Rednerin zeigt ein Plakat mit der Aufschrift: „#LOSTGENERATION Ohne Aus­bildung droht Arbeitslosigkeit OGJ“) Das ist von der Gewerkschaftsjugend, die hat uns ja heute in der Früh alle empfangen. Sie hat darauf hingewiesen, dass es Aus­bil­dungs­plätze braucht, nämlich jetzt schon. Von den Arbeitslosen, von denen wir sprechen, sind sehr viele jung, und gerade deren Zukunft dürfen wir jetzt nicht vergessen. (Abg. Loacker: ... vergessen!)

Und: Wenn wir wirklich über Kinder und Jugendliche reden, brauchen wir einen breiten Blick, und dann müssen wir auch über Jugendorganisationen sprechen. Diese bekom­men nämlich Jahr für Jahr weniger Geld, alle miteinander, egal ob es die Ver­band­lichen sind oder nicht, von den Pfadfindern und Pfadfinderinnen bis hin zur Blas­musikjugend – von der haben wir heute schon so viel gesprochen –, von der Katho­lischen Jungschar bis hin zur Muslimischen Jugend, von der Sozialistischen Jugend bis hin zur Grünen Jugend.

All diese Jugendorganisationen gemeinsam leisten Großartiges, aber Jahr für Jahr wird ihr Geld weniger. Vor circa 20 Jahren hat man da nämlich eine Zahl festgelegt, eine Fördersumme, und die nie wieder angegriffen. Das heißt, während Kosten, Mieten et cetera für alle unsere Jugendorganisationen jährlich steigen, wird die Hilfe immer kleiner. Das darf es nicht sein!

Genauso wie die Menschen, die im Pflegebereich oder im Supermarkt arbeiten, nicht nur mit einem verbalen: Danke!, auskommen, sondern wirklich eine Lohnerhöhung brauchen, genauso wie die Menschen, die gerade unverschuldet arbeitslos geworden sind, kein: Ihr macht das eh super!, hören wollen, sondern eine wirkliche Erhöhung des Arbeitslosengeldes brauchen, genauso brauchen Kinder und Jugendliche, liebe Frau Minister, nicht noch ein weiteres: Danke!, und wertschätzende Worte, sondern endlich eine ausreichende Finanzierung! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gudrun Kugler zu Wort. – Bitte.


18.06.00

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich habe mich jetzt spon­tan gemeldet, weil ich hier einige Dinge klarstellen wollte. Liebe Frau Kollegin Neßler, wenn ich vielleicht bei dir beginnen darf: Du hast gesagt, du freust dich, dass die Indexierung aufgehoben wurde.

Du weißt genau, dass die Indexierung dem EuGH vorgetragen wurde und dass der EuGH noch nicht einmal die Anklageschrift selber dazu verfasst hat. Wir warten jetzt sehr gespannt auf dieses europarechtliche Urteil, aber es gibt gute Argumente dafür, dass die Indexierung der Familienbeihilfe nicht aufgehoben wird. (Abg. Loacker: ... geheim, Ihre Argumente!) Wir werden akzeptieren, was der EuGH sagt, aber ich darf Ihnen sagen, welche Argumente dafür sprechen, dass es nicht passiert. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Loacker.)

Ich sage nur ganz kurz: Es heißt in der Verordnung der Europäischen Union, um die es hier geht, dass man die Familienleistungen so erteilen muss, also ob die Menschen im gleichen Mitgliedstaat leben würden, und dieses Als-ob beinhaltet selbstverständlich die Idee des Wertes der Kaufkraft.

Es darf bei arbeitsbezogenen Leistungen nicht unterschieden werden. Die Familien­bei­hilfe ist bitte schön keine arbeitsbezogene Leistung. Auch jemand, der in Österreich


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keiner Erwerbstätigkeit nachkommt, bekommt natürlich für seine Kinder die Familien­bei­hilfe. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Man darf nicht nach Staatsbürgerschaft unterscheiden. Das tun wir nicht. Wir unterscheiden nach Wohnort. Wenn die Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft in Bratislava leben, dann bekommen sie auch die indexierte Familienbeihilfe. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Matznetter. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf: Bitte lass es!)

Jetzt möchte ich aber nur noch ganz zum Schluss sagen: Sie wissen alle, dass es einen Unterschied in der Kaufkraft gibt, wenn man vergleicht, wie viel 100 Euro bei uns und beispielsweise in Belgien oder in Bulgarien wert sind. (Abg. Matznetter: Hören Sie doch auf ...! – Ruf bei der ÖVP: Seien Sʼ doch einmal still!) Deswegen darf ich Ihnen sagen, Herr Kollege, aber auch Ihnen allen (Abg. Matznetter: Nein, ...!): Aufgrund der Unterschiede in der Kaufkraft kann ich nur dann jedes Kind gleich behandeln, wenn ich indexiere. Nur dann gibt es eine Gleichbehandlung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: ..., Frau Kollegin!)

Und noch etwas: Wenn Sie für ein vereintes Europa sind, dann sollten Sie sich nicht so vehement gegen Maßnahmen stellen, die dem Gerechtigkeitssinn der Menschen ent­sprechen. – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger zu Wort. – Bitte. (Ruf: ... den Applaus ...!)


18.08.33

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zur Frau Kollegin Kugler: Ich bin ja auch sehr dafür, dass Regelungen dem Gerechtig­keitssinn der Menschen entsprechen. Noch wichtiger ist es mir in einem Rechtsstaat, dass sie dem Recht und dem Gesetz entsprechen (Beifall bei NEOS und SPÖ), und das werden wir erst einmal sehen, ob das nicht europarechtswidrig ist.

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich wirklich sehr aufgebracht bin. Es tut mir leid, Frau Kollegin Neßler, Sie haben mich ja beben gesehen. Ich komme ja auch aus der Familienpolitik. Ich finde es wunderbar, dass die Grünen erkannt haben, dass diese Krise massive Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche hat und insbesondere auch massive Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen.

Liebe Grüne! Als ich aber vor Wochen hier gestanden bin und Ihnen erzählt habe, was die Angstrhetorik Ihrer Bundesregierung, des Bundeskanzlers und leider auch des Gesundheitsministers – jeder würde jemanden kennen und es würde Leichenberge geben – für Auswirkungen hat (Zwischenruf des Abg. Loacker), auch auf Kinder und Jugendliche, haben Sie das weggewischt. Sich jetzt heute hinzustellen und zu sagen: Ma, die armen Kinder, da müssen wir etwas tun!, tut mir leid, das ist scheinheilig! (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

18.09

18.10.04


Präsidentin Doris Bures: Nun ist niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich frage die Klubs, ob sie eine Sitzungsunterbrechung wünschen. – Es wird keine Unterbrechung gewünscht, somit kommen wir gleich zum Abstimmungsvorgang.

Zunächst lasse ich über den Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 187 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 479/A(E) zur Kennt­nis zu nehmen, abstimmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme stimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 187 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Kinder und Jugendliche in der Krise stärken“.

Wer spricht sich dafür aus, für diese Entschließung? – Das ist mit Mehrheit so ange­nommen. (52/E)

18.11.1127. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 516/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Auflösung der Arbeiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds (169 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maß­nahme zur effizienten und treffsicheren Kurzarbeit (170 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 480/A der Abge­ordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommensteuer­ge­setz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert werden (171 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 200/A der Ab­geordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, BGBl Nr. 200/1967, geändert wird (172 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 27 bis 30 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


18.12.37

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen zu Hause vor den Bildschirmen! Wir sehen hier heute eine Folge des aus meiner be­zie­hungsweise unserer grünen Sicht eher unseligen Sozialversicherungs-Organi­sations­gesetzes; es geht um die Prüfung der Beiträge.


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Die bisherige Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben, die sogenannte GPLA, war ein Erfolgsmodell, weil sie Bürokratie reduziert und eine qualitätsvolle Kon­trolle ermöglicht hat. Die Dominanz des Finanzministeriums aufgrund dieses Sozial­versicherungs-Organisationsgesetzes wurde vom VfGH mit Wirkung 30. Juni als unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltung aufgehoben. Ohne Neuregelung wären wir in eine Situation zurückgefallen, in der Sozialversicherung, Finanzämter und Ge­meinden für sich alleine prüfen, ob Gesetze eingehalten werden, ob ArbeiterInnen die ihnen zustehenden Löhne und Gehälter erhalten, ob Lohn- oder Sozialdumping betrie­ben wird.

Die Beschlussfassung dieses Gesetzes heute, mit dem nicht einfach nur die Situation von vor 2020 wiederhergestellt, sondern auch ein besserer Rahmen für die Ko­operation der prüfenden Einrichtungen geschaffen wird, ist wichtig, denn dieses Gesetz sichert neben den Rechten der ArbeitnehmerInnen auch die Chancengleichheit und einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmern sowie die Institutionen des Sozialstaates. Gerade die Coronakrise hat uns gezeigt, wie wichtig ein funktionierender Sozialstaat ist, und diese Gesundheitskrise hat uns auch gezeigt, dass der Sozialstaat teilweise besser abgesichert werden muss und auch weitere entsprechende Maßnah­men dahin gehend gesetzt werden müssen.

Es war auf jeden Fall richtig und wichtig, dass wir diese Regelung gemeinsam mit den Sozialpartnern, mit der SPÖ und mit den verschiedenen Sozialversicherungsträgern ausverhandelt haben. So kann nun die seit 2003 bestehende Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben fortgesetzt werden, und ich gehe einmal davon aus, dass das nicht wirklich jemand schlecht finden kann. Es hat sich auf jeden Fall gezeigt, dass sich parteiübergreifende Zusammenarbeit durchaus auszahlt und diese auch Probleme lösen kann. Ich möchte mich bei allen bedanken, die an dieser Lösungsfindung beteiligt waren.

Zuletzt möchte ich noch einen gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeord­neten Hammer, Muchitsch, Koza, Kolleginnen und Kollegen, der den Klubs übermittelt worden ist, einbringen. Dieser Antrag enthält unter anderem die Bestimmung, dass Betriebe, in denen Versicherte der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisen­bahnen und Bergbau vertreten sind, auch in die GPLA einbezogen sind. Der Antrag nimmt Bezug auf die gesetzliche Regelung zur Auszahlung der ÄrztInnenhonorare für das Risikogruppenattest und auf die Übernahme der Kosten für die Kranken­ver­sicherungsträger durch den Covid-19-Krisenbewältigungsfonds und beinhaltet die Korrek­tur einiger Redaktionsfehler.

Zuletzt noch: Den Antrag, dass die Arbeiterkammer ihre Rücklagen auflösen soll, wer­den wir natürlich aus voller Überzeugung ablehnen. Auch die Arbeiterkammer ist hin­sichtlich ihrer Beiträge massiv von dieser Krise betroffen – durch die steigende Arbeitslosigkeit – und leistet im Augenblick ausgesprochen wertvolle Arbeit im Bereich Beratung und Unterstützung ihrer Mitglieder, der ArbeitnehmerInnen in diesem Land.

Wir sind noch nie zur Verfügung gestanden, wenn es um eine finanzielle Schwächung der Arbeiterkammer geht, weil das auch eine politische Schwächung ist, und wir werden auch künftighin nicht für eine Schwächung der Arbeiterkammer zur Verfügung stehen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten  Mag.Michael Hammer, Josef Muchitsch, Mag. Markus Koza


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und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 172 der Beilagen über den An­trag 200/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

»Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geän­dert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 31/2020, wird wie folgt geändert:

1. Im § 30a wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Für Versicherungsverhältnisse nach § 1 Abs. 1 Z 25 bis 28, 31 bis 33, 34 lit. a und b, 35 sowie 37 ist § 41a ASVG so anzuwenden, dass an die Stelle der Öster­reichischen Gesundheitskasse die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisen­bahnen und Bergbau tritt. Dies gilt auch für Versicherungsverhältnisse von Personen nach § 1 Abs. 1 Z 38 und Abs. 6, sofern diese als DienstnehmerInnen einem im ersten Satz genannten Pflichtversicherungstatbestand unterliegen würden.“

2. Im § 138 Abs. 2 Z 3 wird das Wort „Bundesseniorenbeirat“ durch den Ausdruck „Österreichischen Seniorenrat“ ersetzt.

3. § 258 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.“

4. § 258 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der die betroffene Person behandelnde Arzt hat nach Vorlage des Informations­schrei­bens auf der Grundlage der Definition der COVID-19-Risikogruppe nach Abs. 1 die individuelle Risikosituation der betroffenen Person zu beurteilen und ein Attest ohne Angabe von Diagnosen über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Risiko­gruppe auszustellen (COVID-19-Risiko-Attest).“

5. Im § 258 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Die Versicherungsanstalt hat jedem behandelnden Arzt für die Beurteilung der individuellen Risikosituation nach Abs. 2 ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € zu bezahlen, und zwar unabhängig davon, ob in der Folge ein COVID-19-Risiko-Attest ausgestellt wird. Zuzahlungen der betroffenen Person sind unzulässig. Hat die be­troffene Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Krankenver­siche­rungsträger berechtigt, den 50,00 € übersteigenden Betrag des ausbezahlten Honorars von der betroffenen Person zurückzufordern. Der Bund hat der Versicherungsanstalt die ausgewiesenen tatsächlichen Kosten für das Honorar aus dem COVID-19 Krisen­bewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezem­ber 2020 hinaus ist ausgeschlossen.“

6. Im § 258 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Die Versicherungsanstalt hat jedem behandelnden Arzt für die Ausstellung des COVID-19-Risiko-Attests nach Abs. 2 ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € zu bezahlen. Zuzahlungen der betroffenen Person sind unzulässig. Hat die betroffene


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Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Krankenversiche­rungs­träger berechtigt, den 50,00 € übersteigenden Betrag des ausbezahlten Honorars von der betroffenen Person zurückzufordern. Der Bund hat der Versicherungsanstalt die aus­gewiesenen tatsächlichen Kosten für das Honorar aus dem COVID-19 Krisenbe­wältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.“

7. Im § 258 Abs. 4 erster Satz wird der Ausdruck „Dienstnehmer bzw. Lehrling“ durch den Ausdruck „Dienstnehmer, die geringfügig beschäftigte Person bzw. den Lehrling“ ersetzt.

8. Nach § 259 wird folgender § 260 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2020

§ 260. (1) § 258 Abs. 2a in der Fassung der Z 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt rückwirkend mit 6. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Mai 2020 außer Kraft.  § 258 Abs. 2a in der Fassung der Z 5 ist auf Beurteilungen der individuellen Risikosituation bzw. COVID-19-Risiko-Atteste anzuwenden, die ab 6. Mai 2020 bis zum Ablauf des 31. Mai 2020 durchgeführt bzw. ausgestellt werden.

(2) § 258 Abs. 1 erster Satz und 4 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt rückwirkend mit 6. Mai 2020 in Kraft.

(3) § 258 Abs. 2 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt mit 1. Juni 2020 in Kraft.

(4) § 258 Abs. 2a in der Fassung der Z 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt mit 1. Juni 2020 in Kraft und ist auf COVID-19-Risiko-Atteste anzu­wenden, die ab diesem Zeitpunkt ausgestellt werden.“«

Begründung

Zu Z 1 (§ 30a Abs. 1a B-KUVG):

Für die Prüfung der Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen (Sozialversicherungsprüfung) in Bezug auf Versicherungsverhältnisse von Personen, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau versichert waren, soll (weiterhin) § 41a ASVG anwendbar sein.

Die nach dieser Bestimmung der Österreichischen Gesundheitskasse zukommenden Aufgaben sollen dabei für die betroffenen - nunmehr im B-KUVG geregelten – Ver­sicherungsverhältnisse der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zukommen.

Zu Z 2 (§ 138 Abs. 2 Z 3 B-KUVG):

Mit dieser Änderung wird ein redaktionelles Versehen berichtigt:

Es war beabsichtigt, dem Österreichischen Seniorenrat als Dachverband von Senio­ren­organisationen die Zuständigkeit für die Entsendung der Seniorenvertreter/innen in die Hauptversammlung zu übertragen.

Zu Z 3 und 7 (§ 258 Abs. 1 erster Satz sowie Abs. 4 erster Satz B-KUVG):

Mit der gegenständlichen Änderung wird ein Redaktionsversehen beseitigt, indem die Regelung des § 735 Abs. 1 erster Satz ASVG, in der geringfügig beschäftigte Per­sonen explizit angeführt sind, auch im B-KUVG nachvollzogen wird.

Zu Z 4 bis 6 und 8: (§§ 258 Abs. 2a und 260 B-KUVG):


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Für die Beurteilung der individuellen Risikosituation nach § 735 Abs. 2 ASVG soll dem/der behandelnden Arzt/Ärztin ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € durch die Versicherungsanstalt bezahlt werden. Das Honorar steht unabhängig davon zu, ob im konkreten Fall nach der Beurteilung tatsächlich ein COVID-19-Risiko-Attest aus­zustellen ist oder nicht. Des Weiteren ist die Honorarhöhe unabhängig davon, ob es sich beim/bei der behandelnden Arzt/Ärztin um einen/eine Vertragspartner/in der Ver­sicherungsanstalt handelt oder nicht.

Der Krankenversicherungsträger bezahlt das pauschale Honorar von 50,00 € an jeden behandelnden Arzt, somit unabhängig davon, ob die betroffene Person einen oder mehrere Ärzte aufgesucht hat. Hat die betroffene Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Krankenversicherungsträger berechtigt, den 50,00 € überstei­genden Betrag des ausbezahlten Honorars von der betroffenen Person zurückzu­fordern.

Voraussetzung für die Direktverrechnung zwischen der Versicherungsanstalt und dem Arzt/der Ärztin ist, dass die Durchführung der Beurteilung der individuellen Risiko­situation mit dem entsprechenden Dokumentationsbogen dokumentiert wird.

Die der Versicherungsanstalt daraus entstehenden tatsächlichen Honorarkosten sind durch den Bund aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Frau Klubvorsitzende, Sie sind zu Wort gemeldet.

Der gesamtändernde Abänderungsantrag ist verteilt beziehungsweise wird noch ver­teilt und gilt als eingebracht.

Bitte, Frau Klubvorsitzende.


18.17.18

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Ich möchte heute zu einem Thema sprechen, das ja auch die Medien dominiert hat. Sie wissen, wir sind in folgender Situation: 600 000 Menschen ohne Arbeit, 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Also die Hälfte aller unselbstständig Beschäftigten ist derzeit beschäftigungslos – und das kann niemanden kaltlassen! Ich bin davon überzeugt, dass das bedeutet, dass wir derzeit alles daransetzen müssen – wirklich alles daran­setzen müssen –, um jeden Arbeitsplatz in Österreich zu kämpfen.

Gleichzeitig müssen wir natürlich alles daransetzen, dass wir in Österreich kein Sozial- und Lohndumping haben. Deshalb gibt es eine Sozialpartnerschaft, deshalb gibt es Verhandlungen, und es ist ganz wesentlich, dass dort auch die Gewerkschaft die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt.

Wie Sie wissen, ist jetzt aber die Verhandlungsrunde zwischen Laudamotion und der Gewerkschaft Vida ohne Einigung geplatzt. Wenn es dabei bleibt, bedeutet das, dass 400 Menschen in Österreich ohne Job dastehen.

Was mir sauer aufstößt – und das möchte ich ganz klar sagen –, ist, wenn ich heute lese, dass im Verhandlungsteam der Vida Belegschaftsvertreter zweier Konkurrenten von Laudamotion gesessen sind, nämlich einerseits von der AUA und andererseits von der Level. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so wesentlich es ist, dass sich die Gewerkschaft mit aller Kraft für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzt, so inakzeptabel ist es, wenn der Anschein erweckt wird, dass die Gewerkschaft Wett­be-


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werbspolitik betreibt und im Sinne von Konkurrenten einen Konkurrenten vom Markt hält. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist die Aufgabe in der heutigen Zeit, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen, denn es ist nicht zu erwarten, dass ein Pilot, der jetzt 50 ist, in absehbarer Zeit bei einer neuen Fluglinie einen Job findet – so wie die Situation derzeit ist. Es ist jedenfalls nicht bes­ser, dass diese Menschen jetzt arbeitslos sind.

Daher ersuche ich die Bundesregierung ganz dringend, alles daranzusetzen, dass die sich noch einmal an einen Tisch setzen – und bitte ohne den Anschein der Befangen­heit, dass es hier eigentlich um Interessen der AUA geht – und wirklich alles daran­setzen, zu einer Einigung zu kommen. Daher möchte ich folgenden Entschließungs­antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Runder Tisch zur Sicherung der Arbeitsplätze“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, einen Runden Tisch mit Vertreter_innen der beteiligten Unternehmen und der Sozialpartner einzuberufen, mit dem Ziel die Arbeitsplätze der Lauda Motion GmbH zu sichern.“

*****

Ich bin davon überzeugt, dass wir es uns in der heutigen Situation nicht erlauben können, auf dem Rücken dieser 400 Menschen eine Wettbewerbspolitik zugunsten der AUA zu machen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

18.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Runder Tisch zur Sicherung der Arbeitsplätze

eingebracht im Zuge der Debatte in der 34. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 480/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abferti­gungs­kassengesetz und das Lohn- und SozialdumpingBekämpfungsgesetz geändert werden (171 d.B.) - TOP 29

In der Nacht von Donnerstag, den 28.05.2020 auf Freitag, den 29.05.2020 sind die Kollektivvertragsverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Vida und der Fluglinie Lauda Motion GmbH ein weiteres Mal gescheitert. Eine Schließung der Niederlassung hätte zur Folge, dass an die 400 weitere Personen in der aktuellen Krise ihren Arbeitsplatz verlieren.


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Wie aus der medialen Berichterstattung bekannt wurde, befanden sich im Ver­hand­lungsteam der Gewerkschaft Vida Betriebsräte der Austrian Airlines AG und der Fly LEVEL SL. Dies erweckt den Anschein, dass ein Grund für das Scheitern der Ver­handlungen auf das Eigeninteresse einzelner Gewerkschaftsfunktionär_innen zurück­zuführen sein könnte. Konkurrierende Unternehmen wirken sich nachteilig auf die eigene Situation aus. Diese aus dem Markt zu drängen wäre ein Wettbewerbsvorteil. In der aktuellen Krise mit fast 600.000 Arbeitslosen und weiteren 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit muss verstärkt auf Konsens gesetzt werden und nicht auf das Interesse einzelner Gewerkschaftsfunktionär_innen, um jeden Arbeitsplatz zu sichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, einen Runden Tisch mit Vertreter_innen der beteiligten Unternehmen und der Sozialpartner einzuberufen, mit dem Ziel die Arbeitsplätze der Lauda Motion GmbH zu sichern."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


18.20.22

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kollegin Meinl-Reisinger! Wenn man hier am Rednerpult etwas sagt, dann soll man alles sagen, was da zusammenspielt. Was ist denn wirklich bei diesen Verhandlungen passiert? (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Die Gewerkschaft will einen Branchenkollektivvertrag für alle, bei dem die Wirtschafts­kammer nicht mitgespielt hat. Was wollte das Unternehmen Ryanair, das hinter dieser Laudamotion steht? – Einen Kollektivvertrag für seine Beschäftigten, wonach dann viele einen Vertrag bekommen, mit dem sie unterhalb der Armutsgrenze in Österreich liegen, liebe Kollegin Meinl-Reisinger!

Bei so etwas kann die Gewerkschaft nicht zustimmen und da wird es auch nie eine Zustimmung der Gewerkschaft geben, liebe Kollegin Meinl-Reisinger! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Zu den Vertretern bei diesen Verhandlungen: Bei Verhandlungen über Branchen­kollek­tivverträge sind alle Gewerkschafter, die in dieser Branche beschäftigt sind, vertreten. Den Laudamotion-Betriebsrat hat es, als das gemacht worden ist, noch gar nicht gegeben, darum kann er bei den Verhandlungen nicht dabei sein.

Meine Damen und Herren, wir haben hier einen Antrag der Kollegin Dagmar Belakowitsch betreffend Auflösung der Arbeiterkammerrücklagen. Dazu kann man nur eines sagen – das ist von einem der Vorredner auch schon gesagt worden –: Das ist wirklich nur ein Antrag, um die Arbeiterkammern aufzulösen, eben über den Umweg der Auflösung der Rücklagen.

Zu den Rücklagen kann man nur sagen: Die Rücklagen werden benötigt, um not­wendige Infrastruktur zu erhalten, zu sanieren, zu modernisieren und zu bauen, um


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Investitionsrücklagen zu bilden. Man braucht die Rücklagen auch zur Sicherung teils laufender und teils zukünftiger Leistungen, zur Digitalisierungsoffensive der neun Arbeiterkammern, die von 2019 bis 2023 läuft; dafür wurden jetzt 150 Millionen Euro zur Unterstützung bereitgestellt. Und was ganz, ganz wichtig ist: Gerade in Zeiten der Coronakrise, in denen es viele Insolvenzen gibt und noch geben wird, werden wir diese Rücklagen brauchen, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die betroffen sind, zu unterstützen, damit sie zu ihren Rechten kommen.

Eines muss ich sagen: Wir feiern heuer 100 Jahre Arbeiterkammer. Würde es die Arbeiterkammer nicht geben, müssten wir sie wirklich erfinden, weil sie dringend gebraucht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, nur noch zum Schluss: Menschen kommen und Menschen gehen, aber die Arbeiterkammer, die bleibt bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.22.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Abgeordneter Keck hat gesagt, dass es bei der Laudamotion darum gegangen wäre, Gehälter zu zahlen, die unter der Armutsgrenze lägen.

Ich berichtige tatsächlich: Die Gehälter, die hier von Gewerkschaftsseite kolportiert werden, sind jene, die gezahlt werden, wenn der Mitarbeiter keine Minute im Monat fliegt, wenn er nur zu Hause ist, und sobald er fliegt, kriegt er natürlich deutlich mehr. Daher ist der Vorwurf nicht gerechtfertigt. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Wir sind bei der Bewertung, was eine tatsächliche Berichtigung nach der Geschäftsordnung ist, dort, wo wir heute am Vormittag schon waren. Ich würde vorschlagen – weil ich glaube, es ist eine grundsätzliche Frage –, dass wir das in der Präsidialkonferenz einmal auf die Tagesordnung nehmen.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


18.23.49

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ja, Frau Minister, vorweg einmal danke, dass Sie ohne Maske dasitzen, sehr brav! Ich sehe, Ihre Kollegen von der ÖVP machen das auch schon ganz gut nach.

Wir haben das Thema Kurzarbeit gestern ausführlich diskutiert. Die Krise im Sozial­bereich wurde durch die Coronamaßnahmen der Bundesregierung ausgelöst; vielleicht noch einmal ganz kurz: Es sind jetzt über 1,3 Millionen Personen in der Kurzarbeit, diese bekommen zwischen 80 und 90 Prozent des Nettolohns ersetzt, was teilweise schon massive Kürzungen ihres Gehalts nach sich zieht.

Das ist ein Riesenproblem. Sie haben versprochen, dass die Gelder schnell und unbürokratisch bei den Unternehmen ankommen – das ist natürlich nicht der Fall, und auch die Antragstellung ist sehr komplex und kompliziert. Das ist ein Riesenproblem und in Summe, würde ich sagen, eher ein Pfusch. In Europa gibt es wesentlich bes­sere Kurzarbeitszeitmodelle, als wir das hier in Österreich umgesetzt haben. Haupt­problem aber ist, Frau Minister, wir haben mittlerweile einen Kostenbereich von knapp 13 Milliarden Euro erreicht – 13 Milliarden Euro!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 182

Insgesamt kosten all die Coronamaßnahmen mittlerweile an die 50 Milliarden Euro. Wir haben ja gestern und heute gesehen, dass Nullen sehr wohl eine große Rolle spielen, also dass, wenn man Nullen vergisst, das dann doch massive Auswirkungen haben kann. Diese 50 Milliarden: Das ist eine Zahl mit zehn Nullen. Lassen Sie mich ganz kurz ein bissel philosophisch über Nullen diskutieren, nachdem man gesehen hat, das Thema Nullen ist nicht nur mathematisch, sondern auch in der Realpolitik ein Riesenthema geworden!

Ich habe das Taferl gestern bereits hergezeigt, ich zeige es noch einmal her (eine Tafel mit der Aufschrift „EU-Budget 2017–21: € 1.850.000.000.000“ in die Höhe haltend): Das ist das Budget der EU-Kommission in den nächsten Jahren. Schauen Sie sich ein­fach die Nullen an! Es sind sehr, sehr viele Nullen, und ich glaube, wir sollten irgend­wann einmal diskutieren, ob das überhaupt noch rational begreifbar ist, ob diese Nullen noch einen Wert haben, zumindest wenn eine Eins davorsteht, wie diese Nullen jemals bedient werden sollen und ob das ganze Geldsystem überhaupt noch greifbar ist.

Was sehr wohl greifbar ist, Frau Minister – da bin ich bei Ihnen –, ist, dass die Arbeiter und Angestellten, die Menschen draußen das auf ihrem Bankkonto sehr wohl ganz real spüren, aber diese Nullen hier oder auch die Nullen im Budget sind eigentlich schon bald irrational. Das wäre sicher ein Thema für die nächsten Wochen und Monate, dass wir das diskutieren, wie das überhaupt noch zusammenpassen kann.

Ja, es war überhaupt eine sehr spannende Plenarwoche, würde ich sagen, es waren sehr interessante Abstimmungsgeschichten dabei. Für mich ganz neu war heute: Die Grünen sind offensichtlich gegen den Schutz von Transpersonen und gegen die Sichtbarkeit von LGBT-Personen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Dazu haben Sie heute bei den Anträgen der Kollegen negativ abgestimmt, wenn Sie sich daran erinnern. Aber die Grünen waren heute interessanterweise für die Blasmusik. Das habe ich auch sehr interessant gefunden, also ich sehe da bei den Grünen schon einen Entwicklungsprozess im Gang. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich muss eines sagen: Wenn das bei den Grünen so weitergeht, dann können wir sie demnächst zu unseren Sonnwendfeiern einladen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ, SPÖ und Grünen.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte.


18.27.52

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ja, wir haben hier eine Reparatur vorzunehmen, bei der es um die Prüfung lohnabhängiger Abgaben geht. Das ist eine Geschichte, die grundsätzlich von der Zielsetzung her – das ist aus vorhergehenden Beiträgen schon hervorgegangen – weit zurückreicht, nämlich in das Jahr 2002. Die damaligen Regierungsfraktionen im Parlament haben zu jener Zeit bereits begonnen, im Zuge des 2. Abgabenände­rungs­gesetzes die Prüfung lohnabhängiger Abgaben zu vereinheitlichen. Es ist damals festgelegt worden, dass ein Prüforgan des Finanzamtes oder eines Krankenver­siche­rungsträgers diese Prüfungen macht und dass entsprechend effizienter vorgegangen wird.

Mit der Reform, die mit 1. Jänner 2020 in Kraft getreten ist, wollte man diese Service­orientierung und die Effizienz noch weiter steigern. Man hat einen Prüfdienst für lohn­abhängige Abgaben und Beiträge eingerichtet und dort die Kompetenzen gebündelt. Wie es schon angesprochen worden ist, wurde das vom Verfassungsgerichtshof auf­gehoben und ist daher zu ändern.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 183

Wie sieht die Änderung beziehungsweise Korrektur aus? – Man hat sich weiterhin zu einem Prüfdienst bekannt, dieser bleibt auch bestehen, und die Kompetenz für die Prü­fungen kommt eben dem zuständigen Prüfdienst oder auch der Gesundheitskasse zu. Es wird auch ein Weisungsrecht für die ursprünglich erhebungsberechtigte Institu­tion ein­­gerichtet, weil das auch ein Punkt war, den der Verfassungsgerichtshof ange­regt hat.

Ich darf dazu, nachdem Kollege Koza auch schon einen Abänderungsantrag einge­bracht hat, noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen einbringen und in seinen Grundzügen erläutern – er wird ja dann noch verteilt werden. Im Wesentlichen geht es bei der Abänderung betreffend das Bundesgesetz über die Prüfung lohnab­hängiger Abgaben und Beiträge darum, dass auch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau miteinbezogen wird.

Ein zweiter Punkt ist, dass der im Zuge des Gastronomiepakets im Einkommen­steuer­gesetz schon geregelte steuerfreie Betrag für Essensgutscheine für DienstnehmerIn­nen nun auch im ASVG hinsichtlich der Beitragsfreiheit nachvollzogen wird.

Ebenfalls werden im ASVG die Honorare für die Gutachten der Risikopatienten geregelt, damit diese auch entsprechend geregelt sind.

Abschließend, da wir bei diesem Tagesordnungspunkt auch einen Antrag der NEOS zur Kurzarbeit diskutieren – ich glaube, man kann das nicht oft genug sagen –: Die Coronakurzarbeit in Österreich ist ein absolutes Erfolgsmodell, rund 1,3 Millionen ArbeitnehmerInnen können damit in Beschäftigung gehalten werden. Sie wird jetzt auch bedarfsgerecht verlängert, damit wir auch die Ziele, die wir damit verfolgt haben, entsprechend erreichen können, und viele Menschen in Beschäftigung halten können. Das ist eine Erfolgsgeschichte und die sollte man nicht schlechtreden. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.Michael Hammer, Josef Muchitsch, Mag. Markus Koza

und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 171 der Beilagen über den Antrag 480/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetz und das Lohn- und Sozial­dum­ping-Bekämpfungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Im Gesetzestitel und in der Überschrift zu Art. 5 wird der Ausdruck „Abferti­gungs­kassengesetz“ jeweils durch den Ausdruck „Abfertigungsgesetz“ ersetzt.

2. Art. 1 (Änderung des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge) wird wie folgt geändert:

a) Im § 5 Abs. 1 Z 1 in der Fassung der Z 8 wird nach dem Wort „Gesundheitskasse“ der Ausdruck „bzw. der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB)“ eingefügt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 184

b) Im § 5 Abs. 2 in der Fassung der Z 8 wird nach dem Wort „Gesundheitskasse“ der Ausdruck „bzw. der BVAEB“ eingefügt.

c) Im § 6 Abs. 2 Z 4 in der Fassung der Z 9 lit. b) wird nach dem Wort „Ge­sundheitskasse“ der Ausdruck „und einem Vertreter der BVAEB für die in § 30a Abs. 1a B-KUVG genannten Versicherungsverhältnisse“ eingefügt.

d) Im § 7 Abs. 3 in der Fassung der Z 10 wird nach dem Wort „Gesundheitskasse“ der Ausdruck „und der BVAEB“ eingefügt.

e) Im § 8 Abs. 3 letzter Satz in der Fassung der Z 11 wird nach dem Wort „Gesund­heitskasse“ der Ausdruck „und des Vertreters der BVAEB“ eingefügt.

f) Im § 9 Abs. 3 in der Fassung der Z 12 lit. b) wird nach dem Wort „Gesundheitskasse“ der Ausdruck „ , die BVAEB“ eingefügt.

g) Im § 10 Abs. 1 in der Fassung der Z 14 wird nach dem Wort „Gesundheitskasse“ der Ausdruck „bzw. die BVAEB“ eingefügt.

3. Art. 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

Im § 89 Abs. 4 erster Satz in der Fassung der Z 2 lit. a) wird nach dem Wort „Ge­sundheitskasse“ der Ausdruck „ , der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau“ eingefügt.

4. Art. 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „23/2020“ durch den Ausdruck „31/2020“ ersetzt.

b) Im § 41a Abs. 1 letzter Satz entfällt der Ausdruck „ – BAO, BGBl. Nr. 194/1961“.

c) Im § 41a Abs. 3 erster Satz wird der Ausdruck „österreichischen Gesundheitskasse“ durch den Ausdruck „Österreichischen Gesundheitskasse“ ersetzt.

d) Nach der Z 1 werden folgende Z 1a bis 1e eingefügt:

»1a. Im § 49 Abs. 3 Z 12 wird die Zahl „4,40“ durch die Zahl „8“ und die Zahl „1,1“ durch die Zahl „2“ ersetzt.

1b. § 735 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der die betroffene Person behandelnde Arzt hat nach Vorlage des Informations­schrei­bens auf der Grundlage der Definition der COVID-19-Risikogruppe nach Abs. 1 die individuelle Risikosituation der betroffenen Person zu beurteilen und ein Attest ohne Angabe von Diagnosen über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Risiko­gruppe auszustellen (COVID-19-Risiko-Attest).“

1c. Im § 735 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

 „(2a) Der Krankenversicherungsträger hat jedem behandelnden Arzt für die Beurtei­lung der individuellen Risikosituation nach Abs. 2 ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € zu bezahlen, und zwar unabhängig davon, ob in der Folge ein COVID-19-Risiko-Attest ausgestellt wird. Zuzahlungen der betroffenen Person sind unzulässig. Hat die betroffene Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Kran­kenversicherungsträger berechtigt, den 50,00 € übersteigenden Betrag des ausbe­zahlten Honorars von der betroffenen Person zurückzufordern. Der Bund hat dem Kran­kenversicherungsträger die ausgewiesenen tatsächlichen Kosten für das Honorar aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentra­gung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.“

1d. Im § 735 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 185

„(2a) Der Krankenversicherungsträger hat jedem behandelnden Arzt für die Aus­stellung des COVID-19-Risiko-Attests nach Abs. 2 ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € zu bezahlen. Zuzahlungen der betroffenen Person sind unzulässig. Hat die betroffene Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Kranken­versicherungsträger berechtigt, den 50,00 € übersteigenden Betrag des ausbezahlten Honorars von der betroffenen Person zurückzufordern. Der Bund hat dem Kranken­versicherungsträger die ausgewiesenen tatsächlichen Kosten für das Honorar aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.“

1e. Im § 735 Abs. 4 erster Satz wird der Ausdruck „Dienstnehmer bzw. Lehrling“ durch den Ausdruck „Dienstnehmer, die geringfügig beschäftigte Person bzw. den Lehrling“ ersetzt.«

e) Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 736 wird folgender § 737 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020

§ 737. (1) § 41a Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2019 tritt nicht in Kraft.

(2) Die §§ 41a und 49 Abs. 3 Z 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit 1. Juli 2020 in Kraft.

(3) § 735 Abs. 2a in der Fassung der Z 1c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt rückwirkend mit 6. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Mai 2020 außer Kraft. § 735 Abs. 2a in der Fassung der Z 1c ist auf Beurteilungen der indi­viduellen Risikosituation bzw. COVID-19-Risiko-Atteste anzuwenden, die ab 6. Mai 2020 bis längstens 31. Mai 2020 durchgeführt bzw. ausgestellt werden.

(4) § 735 Abs. 4 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt rückwirkend mit 6. Mai 2020 in Kraft.

(5) § 735 Abs. 2 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt mit 1. Juni 2020 in Kraft.

(6) § 735 Abs. 2a in der Fassung der Z 1d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 tritt mit 1. Juni 2020 in Kraft und ist auf COVID-19-Risiko-Atteste anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt ausgestellt werden.“«

5. Art. 4 (Änderung des Kommunalsteuergesetzes) wird wie folgt geändert:

In der Z 1 erhält die lit. b die Bezeichnung „c)“ und die lit. b (neu) lautet:

»b) Abs. 2 erster Satz lautet:

„Die Gemeinden haben den Finanzämtern (§ 81 EStG 1988), der Österreichischen Gesundheitskasse und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau alle für die Erhebung der Kommunalsteuer bedeutsamen Daten zur Ver­fügung zu stellen.“«

Begründung

Zum Gesetzestitel und zur Überschrift zu Art. 5:

Mit diesen Änderungen wird der BUAG-Kurztitel korrigiert.

Zu Art. 1 (Änderung des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge):


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 186

Neben der Österreichischen Gesundheitskasse soll auch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) in die Prüfung von Lohn­abgaben und Beiträgen nach dem PLABG einbezogen werden, und zwar im Hinblick auf ihre Zuständigkeit für die Sozialversicherungsprüfung für jenen Personenkreis, der vor der Fusion mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter bei der Versiche­rungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau versichert war. Im Rahmen dieser Zustän­digkeit wird der BVAEB die fachliche Weisungsbefugnis bei der Sozialversicherungs­prüfung durch Organe des Prüfdienstes für Lohnabgaben und Beiträge zukommen.

Auch soll ein Vertreter der BVAEB dem Prüfungsbeirat angehören.

Zu den Art. 2 und 4 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 und des Kommu­nalsteuergesetzes):

In die Datenübermittlung von den Finanzämtern bzw. Gemeinden zum Zweck der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge soll auch die BVAEB entsprechend eingebunden werden.

Zu Art. 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

Zu a) bis c) (§ 41a Abs. 1 letzter Satz und Abs. 3 erster Satz ASVG):

Mit diesen Änderungen werden redaktionelle Berichtigungen vorgenommen (Aktu­alisie­rung des Einleitungssatzes sowie Beachtung der Zitierregeln und der Recht­schreibung).

Zu d) (§ 49 Abs. 3 Z 12 ASVG):

Die im Zuge des „Gastronomiepaktes“ erfolge Änderung im Einkommensteuergesetz 1988 hinsichtlich der Erhöhung des steuerfreien Betrages von Essensgutscheinen für Dienstnehmer/innen soll nunmehr im § 49 Abs. 3 Z 12 ASVG hinsichtlich der Beitragsfreiheit nachvollzogen werden.

Zu d) und e) (§§ 735 Abs. 2 erster Satz, Abs. 2a in der Fassung der Ziffern 1c und 1d, Abs. 4 erster Satz sowie 737 Abs. 3 bis 6 ASVG):

Dem/Der behandelnden Arzt/Ärztin soll beginnend mit 6. Mai 2020 bis zum Ablauf des 31. Mai 2020 für die Beurteilung der individuellen Risikosituation nach § 735 Abs. 2 ASVG ein pauschales Honorar in Höhe von 50,00 € durch den Krankenver­siche­rungsträger bezahlt werden. Das Honorar steht unabhängig davon zu, ob im konkreten Fall nach der Beurteilung tatsächlich ein COVID-19-Risiko-Attest auszustellen ist oder nicht. Des Weiteren ist die Honorarhöhe unabhängig davon, ob es sich beim/bei der behandelnden Arzt/Ärztin um einen/eine Vertragspartner/in des Krankenversicherungs­trägers handelt oder nicht. Zusätzliche Honorarforderungen gegenüber den Patient/inn/en werden gesetzlich verboten und sind daher nicht zulässig.

Der Krankenversicherungsträger bezahlt das pauschale Honorar von 50,00 € an jeden behandelnden Arzt, somit unabhängig davon, ob die betroffene Person einen oder mehrere Ärzte aufgesucht hat. Hat die betroffene Person allerdings mehr als einen Arzt aufgesucht, so ist der Krankenversicherungsträger berechtigt, den 50,00 € überstei­gen­den Betrag des ausbezahlten Honorars von der betroffenen Person zurück­zu­fordern.

Ab 1. Juni 2020 soll ein (negatives) COVID-19-Risiko-Attest auch dann ausgestellt wer­den, wenn die Risikoanalyse ergeben hat, dass die untersuchte Person nicht zur COVID-19-Risikogruppe gehört. Ab diesem Zeitpunkt gebührt das Honorar von 50 € folglich nicht für die Durchführung der Risikoanalyse, sondern für die Ausstellung des positiven oder negativen COVID-19-Risiko-Attests.

Voraussetzung für die Direktverrechnung zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Arzt/der Ärztin ist, dass die Durchführung der Beurteilung der individuellen Risikosituation mit dem entsprechenden Dokumentationsbogen dokumentiert wird.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 187

Die dem Krankenversicherungsträger daraus entstehenden tatsächlichen Honorar­kosten sind durch den Bund aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausge­schlos­sen.

Mit der Änderung in § 735 Abs. 4 ASVG wird ein Redaktionsversehen beseitigt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, wird zur Verteilung gebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


18.30.59

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Nun, der Weg ist das Ziel, und der Weg, wenn wir heute das Bundesgesetz betreffend die Sozialversicherungsprüfung beschließen, ist bei uns ein kürzerer als der von den Regierungsparteien. Wir haben nicht die Hilfe des Verfassungsgerichtshofes gebraucht, um zu erkennen, dass die Selbstverwaltung ein Prinzip ist, das in der Verfassung tief verankert ist. Wir haben auch nicht die Hilfe des Verfassungsgerichtshofes gebraucht, um zu erkennen, dass die eigenen Prüfer der Gebietskrankenkassen – nunmehr der Österreichischen Ge­sundheitskasse – spezialisierter sind und Profis sind.

In den letzten Tagen haben wir gesehen, wir brauchen Profis. Wir brauchen Profis, um Kontrolle über Zahlen und andere Dinge zu haben. Deshalb wird es wichtig sein, auch zukünftig die Ansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wiederum durch die Sozialversicherungsprüfer, die Beitragsprüfer bei der Österreichischen Gesundheits­kasse prüfen zu lassen (Beifall bei der SPÖ), das ist umso wichtiger, weil natürlich auch der Missbrauch im Raum steht, dass durch falsche Meldungen, durch falsche Höhen von Kollektivverträgen und so weiter auch die Beiträge weniger werden.

Gerade in der Zeit von Corona sehen wir, wie wichtig es ist, richtig angemeldet zu sein, um Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu erwerben, wie wichtig es ist, auch eine Pen­sionshöhe zu erlangen. Deshalb ist diese neuerliche Beitragsprüfung umso wichtiger, die zusätzlich jetzt wieder dort hinkommt, wo sie hingehört, nämlich zu den Sozial­versicherungsprüfern der Österreichischen Gesundheitskasse. Das bringt wieder Vertrauen und die Sicherheit, die unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ver­dienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da möchte ich gleich beim Kollegen Loacker anschließen: Ich kenne niemanden, der mit rund 850 Euro eine Familie ernähren kann. Ich glaube, dass es System ist, und wenn das in Österreich jemand durchbringen will, dann gehört ihm auch die Lande­erlaubnis entzogen! Richtig ist nämlich, dass es sich die Menschen verdienen, ein Entgelt zu haben, von dem sie leben können. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Letztendlich muss es uns allen, wenn es um eine korrekte, richtige Erhebung der Beiträge geht, darum gehen, dass wir das Lohn- und Sozialdumping verhindern. (Abg. Loacker: 70 Prozent des Bordpersonals ...!) Lohn- und Sozialdumping ist ein Themen­bereich, der auch zukünftig immer größer werden wird. Gerade wenn wir uns das Defizit anschauen: Wir haben momentan den Stand, dass wir monatlich – im April dieses Jahres waren das circa 19 Prozent – rund 16,5 Millionen Euro an Beiträgen verlieren, und wenn wir wissen, dass 1,7 Milliarden Euro durch die Fusion (Abg. Loacker:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 188

Das ist besser wie die Arbeitslosigkeit ...!) verlorengegangen sind, muss man sagen, wir brauchen diese Beiträge.

Wir brauchen wieder eine Sicherheit, und in diesem Sinne bitte ich auch um volle Unterstützung in diesen Bereichen. Ich glaube, mit Missbrauch ist niemandem gedient, vor allem nicht den Arbeitnehmerinnen und auch den Unternehmen nicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer. – Bitte.


18.34.06

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich habe mich recht gewundert und es hat mich jetzt sehr gefreut, dass einerseits die NEOS doch eine Partei sind, die sehen, dass es vielleicht doch nicht so schlecht ist, wenn man darüber redet.

Andererseits nun aber zum Antrag, den Kollege Loacker gestellt hat: Darin hat er eine Pauschalverurteilung von Unternehmern in den Raum gestellt, indem er im Ent­schließungsantrag sagt, dass man, wenn man Kurzarbeit anmeldet und es sich am Ende des Jahres doch herausstellt, dass man vielleicht doch nicht in den Konkurs gegangen ist, sondern doch einen Gewinn erwirtschaftet hat, dann höher besteuert werden soll. Im zweiten Absatz ist dann auch drinnen gestanden, dass man weiters darauf schauen soll, dass, wenn es höhere Förderungen für ein Unternehmen gegeben hat, dieses in weiterer Folge für spätere Gewinne eine höhere Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer bezahlen soll. – Also für mich klingt das nicht nach liberaler Wirt­schaftspartei (Zwischenruf des Abg. Scherak), sondern eher nach einem Bestra­fungssystem, mit welchem meines Erachtens im Grunde von den NEOS eine Steuer­erhöhung gefordert wird.

Wo ich bei Ihnen bin, das ist das mit der Gewerkschaft in Bezug auf die Laudamotion. Also wenn es schon einmal so weit ist, dass – und darüber sollten Sie (in Richtung SPÖ) vielleicht nachdenken, und zwar gut nachdenken – Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter auf die Straße gehen, um gegen die Gewerkschaft zu demonstrieren, dann, glaube ich, liegt etwas im Argen.

Das unterstellen Sie uns immer, dass wir nicht bei den Unternehmen sind und nicht mit den Unternehmern reden. Herr Kollege Stöger hat uns sehr bestimmt erklärt, wie denn das mit den Unternehmerinnen und Unternehmern funktionieren sollte. Er hat es sich ja zur Aufgabe gemacht, in Zukunft für die UnternehmerInnen, Klein- und Mittelbetriebler zuständig zu sein, und hat gesagt, er wäre für einen allgemeinen Kündigungsschutz, also dass man nicht mehr kündigen darf. – Da bin ich jetzt ganz bei Ihnen. Sie haben, glaube ich, die Beschwerden und die Ängste der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Krisenzeit absolut gut verstanden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Stöger, ich war wirklich schockiert, als Sie im Ausschuss zur Frau Bun­desminister und zu mir persönlich gesagt haben: Frau Bundesminister, was hätten Sie dazu gesagt, wenn das ein SPÖ-Minister macht? Frau Bundesminister, Sie sind schuld an 200 000 Arbeitslosen! – Ich finde, das ist eine bodenlose Frechheit, und ich sage es auch hier noch einmal. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Durch die Kurzarbeit haben wir 1,3 Millionen Menschen dazu verholfen, dass sie in Be­schäftigung bleiben können und nicht in die Arbeitslosigkeit rutschen. Dafür möchte ich recht herzlich Danke schön sagen, Frau Bundesminister. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Zum Schluss möchte ich gerne noch einmal etwas zur Gewerkschaft sagen: Die Gewerkschaft fordert in dieser Zeit nach wie vor eine 30-Stunden-Woche, eine 4-Tage-Woche, eine sechste Urlaubswoche. Ich glaube, es ist nicht die Zeit und nicht der Rahmen dazu. Man sollte nicht schauen, dass die Menschen in Nichtbeschäftigung sind und das Arbeitslosengeld erhöht wird, sondern schauen, dass sie in Beschäfti­gung kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales und fahre daher in der Tages­ordnung fort.

18.38.1231. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 528/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (194 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


18.38.42

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Die Kurzarbeit, die solch ein gigantisches Erfolgsmodell ist, wie wir vorher gehört haben, muss mit diesem Gesetz jetzt saniert werden, weil sich doch einige Schwachstellen gezeigt haben. Das muss man sich einmal vorstellen – wir haben es in diesen Tagen hier öfter gehört –: Von den 12 Milliarden Euro zugesagter Kurzarbeitsförderung sind erst 0,5 Milliarden Euro geflossen, unter anderem des­wegen, weil die Abrechnung der Kurzarbeit solch ein Dickicht an Regeln enthält, dass den Steuerberatern die Grausbirnen aufsteigen und die Lohnverrechner ins Burn-out gehen, weil das nicht umsetzbar ist.

So, und jetzt kommt die Reparatur: Mitten im Gefecht, mitten in der Kurzarbeit, nach über zwei Monaten kommt jetzt die Reparatur. Was hat man gemacht? – Es war nämlich nicht klar, ob sich diese Garantie – 80 Prozent vom Netto wirst du jedenfalls haben! – auf das Gesamtgehalt bezieht oder nur auf die ausgefallenen Stunden.

Es war auch ein bisschen problematisch, dass die Tabellenwerte, nach denen die Kurzarbeit beim AMS berechnet wurde, große Abweichungen von dem, was dann Unternehmen ersetzt wurde, im Verhältnis zu dem, was die tatsächlichen Kosten waren, zur Folge gehabt haben. Da war die Frage, wie man das jetzt löst. Jetzt können die Betriebe zwischen vier Varianten der Abrechnung wählen, die jetzt alle zulässig sind. Sie können jetzt den Ausfall vom Gesamtentgelt mit den Echtwerten oder den Ausfall vom Gesamtentgelt mit den Tabellenwerten des Ministeriums rechnen. Sie können aber den Ersatz auch nur in Bezug auf die Ausfallstunden und nicht in Bezug auf die Gesamtstunden nehmen, das jeweils mit Echtwerten oder mit den Tabellen­werten. Damit sind jetzt vier Abrechnungsvarianten zulässig. Also wenn sich da noch einer auskennt, ist er eh ein Genie.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 190

Die Softwarehäuser müssen jetzt aber die Lohnverrechnungsprogramme schreiben, diese vier Varianten alle programmieren, weil sich ja nicht jeder Kunde des Software­hauses für die gleiche der vier Varianten entscheidet. Ein Steuerberater muss auch alle vier Varianten können und seinen Kunden anbieten, weil ja nicht jeder Kunde des Steuerberaters dieselbe der vier Varianten in Anspruch nehmen will.

Das, was eh schon kompliziert und vermurkst war und in das sich die Lohnverrechner und Steuerberater in zweieinhalb Monaten mühsam hineingetigert haben, dass es jetzt halbwegs funktioniert, wird jetzt also noch einmal umgekrempelt, mitten im Manöver wird das Kommando gewechselt und jetzt sind vier Varianten zulässig.

Stellen Sie sich das für die Straßenverkehrsordnung vor: Sie wissen nicht, ob rechts oder links, dann fahren Sie einfach, wo Sie wollen, denn Sie können es sich aus­suchen. – Ungefähr so steht es jetzt im Gesetz, und das ist diese großartige Kurzarbeit. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.)

Es wird also noch länger dauern, bis die Unternehmen vernünftige Abrechnungen einreichen können, die dann irgendwann erstattet werden. Die Hilfe kommt nicht an, weil es zu kompliziert ist und weil Sie es nicht schaffen, die Kurzarbeitsbeihilfe einfach zu akontieren, den Betrieben einmal einen Teil zu schicken, damit die liquid sind, und die Detailabrechnung irgendwann später zu machen. Sie haben es einfach vergeigt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


18.42.20

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte MinisterInnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte ZuseherInnen! Ent­gegen manchen Unkenrufen ist die Kurzarbeit schlichtweg darum ein Erfolg, weil sie eben 1,3 bis 1,4 Millionen Menschen in Österreich mitten in der Krise Job und Einkom­men gesichert hat. Den Betrieben hat die Kurzarbeit Know-how und erfahrene Mitar­beiterInnen gesichert – und so insbesondere auch die Chance, möglichst rasch wieder hochfahren zu können, wenn die Wirtschaft wieder ins Laufen kommt. Sie ist eben kein Missprodukt, sie ist nicht schlecht, sie ist ein ausgesprochen gelungenes Produkt. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Die Kurzarbeit ist also so etwas wie ein Rettungsring für die österreichische Wirtschaft und ihre Beschäftigten. Auch wenn der schlimmste Teil der Gesundheitskrise hoffent­lich einmal hinter uns liegt, ist die Wirtschaftskrise bedauerlicherweise noch lange nicht aus, und deshalb werden heute auch die Voraussetzungen für die zweite Phase, also für die weiteren drei Monate der Kurzarbeit, geschaffen.

Die Sozialpartner, Gewerkschaften wie Wirtschaftskammer, haben sich auf ein Modell geeinigt, das überwiegend auf den positiven Erfahrungen der letzten Monate beruht und aufbaut, und gleichzeitig versucht, die Fehler der Vergangenheit zumindest einmal für die Zukunft zu reparieren. Ja, selbstverständlich gibt es auch Fehler, wenn Maß­nahmen gesetzt werden. Würden wir nichts machen, würden keine Fehler passieren, aber wir haben glücklicherweise etwas gemacht – und die Sozialpartner ebenso.

Vielleicht ganz kurz: Was ist insbesondere aus einer ArbeitnehmerInnensicht neu am Modell? – Haben KurzarbeiterInnen bislang, auch wenn sie voll gearbeitet haben, nur 80, 85 oder 90 Prozent ihres Einkommens erhalten, bekommen sie künftig, wenn mehr als die vereinbarte Arbeitszeit gearbeitet wird, auch entsprechend mehr gezahlt; das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt: Wenn ArbeitnehmerInnen länger arbeiten sollen, als sie angemeldet sind, soll ihnen das oder muss ihnen das zumindest drei Tage vorher mitgeteilt werden. Auch für Lehrlinge gibt es eine sehr begrüßenswerte neue Rege-


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lung, nämlich bekommen Lehrlinge, die ihre Lehre abschließen oder in eine höhere Ein­kommensgruppe aufrücken, auch während der Kurzarbeit entsprechende Erhöhun­gen.

Was wir heute beschließen, ist also den Erfahrungen mit der Kurzarbeit der letzten drei Monate geschuldet. Einerseits wollen wir verhindern, dass künftig keine Über- und Unterbezahlungen mehr stattfinden, indem die Pauschalsätze für Kurzarbeit von 50-Euro-Schritten auf 5-Euro-Schritte abgestuft werden. Andererseits wird gleichzeitig die Abrechnung vereinfacht, indem praktisch auf so etwas wie eine Bruttoabrechnung basierend auf den Nettogehältern umgestellt wird.

Mit der neu überarbeiteten Kurzarbeit – basierend auf der Expertise und den Erfah­rungen von Sozialpartnern, Betrieben und ArbeitnehmerInnen – wird ein Modell verlän­gert, um in einer ökonomischen Unsicherheitsphase Sicherheit zu bieten, was gerade jetzt besonders wichtig ist. Im Sozialausschuss hat dieser Antrag bereits eine breite Unterstützung erfahren, wir bitten auch jetzt darum. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

18.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)


18.46.13

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Arbeitslosigkeit 01. bis 05.“ und einem Liniendiagramm, das die Entwicklung der Arbeitslosigkeit für die Jahre 2019 und 2020 im genannten Vergleichszeitraum darstellt, auf das Rednerpult. – Abg. Hörl: Ein Schild hat er!) Die gute Nachricht: Viele Unternehmen werden aufgrund der Lockerungsmaßnahmen, aufgrund dessen, dass Geschäfte wieder geöffnet werden, dass die Wirtschaft langsam wieder hochgefahren wird, die Kurzarbeitsphase zwei nicht in Anspruch nehmen. Das ist die gute Nachricht. Es gibt aber auch – gestern über die APA vermeldet – eine Umfrage einer Wiener Be­ratungsfirma unter 188 Unternehmen, in der vor allem die großen Unternehmen sagen: Nach der Kurzarbeit wird es zu einem Personalabbau kommen. Deswegen ist es so wichtig, diese Kurzarbeit zu verlängern; deswegen ist es so wichtig, schnelle Konjunk­turpakete auf die Reise zu bringen, Maßnahmen zur Stärkung von Konsum sowie Kaufkraft und auch Maßnahmen für Weiter- und Ausbildung für jene Betroffenen, die jetzt arbeitslos werden, zu schaffen.

Die Kurzarbeit ist für mich eine symbolische Brücke, eine Brücke über ein Tal der Krise, die so groß, so breit und so lang sein muss wie nie zuvor in der Zweiten Republik, um wieder über dieses Tal in die Normalität rüberzukommen. Deswegen sage ich Danke an all jene, die da mitgearbeitet haben, nämlich einerseits an der sozialen Abfederung durch dieses Kurzarbeitsmodell zwei, 80 bis 90 Prozent Netto­ersatzrate. – Vielen Dank an alle Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, aber auch an alle Vertreter der Wirtschaft, die da mitgetan haben, dass diese Nettoersatzrate aufrecht bleibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Andererseits sage ich auch vielen Dank für die Veränderungen. Ja, der 13. März war für uns alle ein Tag der Krise, am 16. März haben die Sozialpartner das erste Modell präsentiert. Deswegen ist es auch wichtig, einzugestehen, es gibt jetzt Vereinfachun­gen, es gibt jetzt Erleichterungen, es gibt jetzt Verbesserungen in dem Bereich, sodass auch Lehrlinge ein höheres Kurzarbeitsgeld bekommen, wenn sie ins nächste Lehrjahr rutschen oder eine LAP erfolgreich abwickeln, und andere Punkte, die Kollege Koza bereits angesprochen hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Tatsache ist, die Kurzarbeit ist ein Mittel, um die Unternehmen mit ihren Beschäftigten bestmöglich zu unterstützen, um durch diese Krise zu kommen. Ich sage Ihnen heute schon, wir werden auch ein Kurzarbeitsmodell drei brauchen. Lernen wir aus Phase eins und Phase zwei, nehmen wir die Dinge mit, bei denen wir noch besser werden können und müssen, weil wir auch eine Phase drei unbedingt brauchen werden! Nutzen wir den Sommer, um schon an dieser Phase drei zu arbeiten! Denken wir darüber nach, da auch Branchenlösungen zu finden, weil diese Krise nicht mit Sep­tember zu Ende sein wird und weil wir da weitere Maßnahmen brauchen! Jede Form einer Kurzarbeit, ob sie jetzt kritisiert wird oder nicht, jede Form einer Kurzarbeit ist besser als arbeitslos zu werden – das ist die wichtigste Botschaft. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Es ist gut, es ist schön, dass wir alle miteinander – alle Unternehmer und alle Be­triebs­räte gemeinsam mit der Politik – 1,3 Millionen Menschen in diese Kurzarbeit gebracht haben, aber denken wir auch an jene, die es nicht geschafft haben, die Sie hier vor Ihnen auf der Tafel sehen, die 523 300 Arbeitslosen!

Zum Abschluss richte ich einen Appell an die ÖVP: Wir feiern jetzt Pfingsten. Pfingsten ist ein christliches Fest, das am 50. Tag nach Ostern begangen wird. Es geht letzt­endlich um die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die nach Jerusalem zurück­ge­kehrten Apostel, welche auf einmal in verschiedenen Sprachen das Wort Gottes in die ganze Welt tragen konnten. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Belakowitsch: ... Minist­rant ...! – Abg. Heinisch-Hosek: Der Heilige Geist! – Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Vielleicht nutzt es der ÖVP, über Pfingsten darüber nachzudenken, um soziale Ein­tracht zu gewährleisten, das Denken im Kopf die Richtung ändern zu lassen, sodass wir auf diese Menschen nicht vergessen und diese Menschen nicht zurücklassen, denn 55 Prozent Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld ist einfach zu wenig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Er möge auf dich herabkommen! – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.


18.51.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Puh, Kollege Muchitsch hat sogar die Frau Präsidentin zum Staunen gebracht!

Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen: Jetzt bin ich ein bisschen verwirrt. Ich kenne mich nicht mehr aus, Frau Bundesminister. Im Sozialausschuss am Mittwoch erklärt uns Kollege Fürlinger: Dieses Kurzarbeitsmodell ist ja eigentlich nur für die Firmen gedacht, da geht es doch nicht um die Arbeit­nehmer. – Im letzten Tagesordnungspunkt hat Frau Kollegin Kirchbaumer erklärt: Wir haben 1,3 Millionen Arbeitsplätze gerettet. – Also was jetzt? Geht es um den einzelnen Arbeitsplatz oder geht es nur um die Betriebe? Vielleicht könnten Sie es uns erklären, Frau Bundesminister?

Sie haben sich auch nicht zu Wort gemeldet, das finde ich auch etwas eigenartig: Sie kommen hierher und melden sich zu keinem Tagesordnungspunkt zu Wort, das ist eher ungewöhnlich. Vielleicht sind Sie aber so nett und erklären Sie jenen Kollegen, die nicht im Sozialausschuss sind, und den Damen und Herren vor den Bildschirmen, wie das jetzt genau ist! (Abg. Matznetter: Total nett heute ... Belakowitsch! Das ist nett!)

Warum ist das eigentlich so spannend und interessant? Das hat nämlich Kollege Loacker nicht mehr erzählt. Er hat einen Antrag eingebracht, den Sie beinhart abge-


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lehnt haben. Es geht nämlich darum, dass die Kurzarbeit auch auf jene Arbeitnehmer ausgedehnt werden soll, die in einem Betrieb angestellt sind, dessen Firmensitz nicht im österreichischen Bundesgebiet ist, die aber hier in Österreich leben und in Österreich ihre Sozialversicherungsbeiträge abführen. Für diese Leute ist das Modell der Kurzarbeit eben nicht möglich. Das wurde von den beiden Koalitionsparteien abge­lehnt. Kollege Fürlinger hat das begründet: Es geht ja nicht um den einzelnen Arbeits­platz. – Vielleicht sind Sie so nett und erklären das jetzt noch einmal: Worum geht es wirklich? (Beifall bei der FPÖ.)

Dem eigentlichen Antrag werden wir unsere Zustimmung geben, auch wenn es etwas kompliziert ist, aber selbstverständlich ist es wichtig, die Kurzarbeit ausdehnen zu können, denn wir sehen ja, dass die Wirtschaft nicht so schnell anspringt, wie wir das alle gerne hätten. Das heißt: Natürlich wird es viele geben, die froh sind, dass man die Kurzarbeit weiter verlängern kann; keine Frage.

Was Kollege Muchitsch angesprochen hat, bevor er offensichtlich etwas aus seinen alten Ministrantentätigkeiten ausgegraben hat, war die Erhöhung des Arbeitslosen­gel­des. Auch diese Erhöhung des Arbeitslosengeldes war etwas, das die beiden Regie­rungsparteien im Ausschuss nicht beschlossen haben. Sie haben es aber nicht abgelehnt, sondern sie haben es vertragt, und zwar mit der Begründung: Es wird daran gearbeitet, es wird nach einer Lösung gesucht. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Jetzt wissen wir, dass die ÖVP diese Lösung gar nicht möchte, weil der Klubobmann und Sozialsprecher der ÖVP zu Kollegen Muchitsch gesagt hat: Diese Leute sollen schlicht und einfach um Mindestsicherung ansuchen. – Im realen Leben funktioniert das in der Regel aber nicht, denn wenn ich vielleicht 800, 900 Euro Arbeitslosengeld bekomme, bin ich überhaupt nicht mehr berechtigt, auch noch Mindestsicherung zu beantragen. Das heißt, schon im Ausschuss ist eine Kaltschnäuzigkeit vonseiten der ÖVP zu sehen gewesen. Dennoch hatte ich im Laufe der Diskussion den Eindruck, dass Bewegung reingekommen ist; das haben Sie aber abgelehnt.

Eines ist mir ein besonderes Anliegen – ich möchte es noch einmal sagen, weil weder Sie im Ausschuss eine Stellungnahme abgegeben haben, noch der Herr Sozialminister im Zuge der Budgetdebatten, sondern Sie nehmen es zur Kenntnis –: Es geht um die Situation, wenn ein Arbeitnehmer mit einem Risikopatienten im gleichen Haushalt lebt. Wenn Sie einen Ehepartner haben, einen Partner haben, ein Kind im gemeinsamen Haushalt haben, der oder das zur Hochrisikogruppe gehört, gibt es keine Lösung. Keiner von diesen beiden Ministern, die heute auf der Regierungsbank sitzen, hat dafür eine Lösung gefunden oder gibt eine Stellungnahme dahin gehend ab, dass sie sich vielleicht weiter bemühen würden.

Der Sozialminister hat gesagt: Man muss schauen, dass man sich zu Hause räumlich trennt. – Wie das genau ist, weiß er selber nicht. Er ist auch Gesundheitsminister – er müsste wissen, dass natürlich alle Personen im gemeinsamen Haushalt denselben Keimen ausgesetzt sind. Das ist räumlich in einer Wohnung oder in einem Ein­familien­haus nicht machbar.

Sie, Frau Minister, haben dazu gar nichts gesagt. Das ist ein wesentlicher arbeits­rechtlicher Punkt – vor allem für Betroffene. Ich glaube nicht, dass es unendlich viele sind, aber ich glaube, diesen Leuten gehört geholfen. Sie brauchen einen Rechts­anspruch, damit sie entweder im Homeoffice arbeiten oder freigestellt werden können.

Stellen Sie sich noch einmal folgende Situation vor: Ein Ehepaar hat ein schwer­krankes Kind. Der eine hat schon kündigen müssen, um die Therapie mit dem Kind gemeinsam zu machen. Der andere, der jetzt vielleicht noch seinen Job hat, einziger Familienerhalter ist, kann jeden Tag entscheiden: Gehe ich arbeiten und gefährde am


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Abend mein Kind oder kündige ich, wodurch unsere Familie ins Uferlose fällt und von der Mindestsicherung leben muss?

Frau Bundesminister, das würde ich gerne von Ihnen interpretiert wissen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Vielleicht könnte die Frau Ministerin wirklich etwas sagen dazu! – Ruf bei der SPÖ: Jetzt fängst du auch schon damit an!)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


18.56.05

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir haben heute schon gehört, dass das Modell der Kurzarbeit eines der wichtigsten Instrumente ist, um Arbeitsplätze zu sichern. Herr Kollege Loacker, Ihre Befürchtung das Kurzarbeitsmodell betreffend, dass wir etwas reparieren müssen et cetera, darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass das Modell Kurzarbeit 1.0, wenn wir es so nennen dürfen, überwiegend bei der Wirtschafts- beziehungsweise Finanzkrise 2009 in Gebrauch war. Seitdem mussten wir dieses Modell nicht wirklich laufend erneuern oder evaluieren – zum Glück, sage ich dazu.

Jetzt sind wir in einer Krise, in der wir uns dieses Modell eben noch einmal anschauen müssen. Man muss der Ministerin auch zugestehen, dass sie, wenn sie ein Modell übernimmt, es auch step by step – je nachdem, welche Erfahrung wir in dieser Hinsicht gesammelt haben – reparieren darf. Darum geht es bei diesem Antrag.

Wir möchten aufgrund der Erfahrung den Unternehmern und Unternehmerinnen die bürokratischen Hürden erleichtern. Dabei ist der erste Punkt, dass wir diese Hürde einmal wegbekommen. Wir haben anfangs die Hürde der Antragstellung gemeinsam gemeistert, wir haben das vereinfacht, und jetzt vereinfachen wir eben die Lohnver­rechnung.

Zu den vier Modellen, die Sie angesprochen haben: Das ist eine Sozialpartner­verein­barung. (Abg. Loacker: Den muss ich ja nicht ins Gesetz nehmen!) Das wurde mit der Expertise von Steuerberatern und Lohnverrechnern abgewickelt. Ich darf Sie vielleicht erinnern: Wir haben super Steuerberater und super Lohnverrechner. Unterschätzen Sie diese Branche nicht! Diese vier Modelle können sie einfach anwenden und auch abwickeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines muss man auch sagen: Das Ganze geht eben nicht ohne Bürokratie, denn die Kurzarbeit ist eine steuerfinanzierte Förderung. Das AMS ist in der Verantwortung, die exakte Lohnverrechnung einzufordern, denn eines möchte ich auch als Unternehmerin sagen: Was wir sicher nicht akzeptieren können, ist ein Fördermissbrauch. Jenen, die meinen, dass sie sich an den Steuerzahlern bereichern können, kann ich nur eines sagen: Da gibt es null Toleranz von uns. Das sage ich auch als Unternehmerin, denn wir haben so viele anständige Unternehmerinnen und Unternehmer, die durch diverse Missbraucher nicht in ein schlechtes Licht gerückt werden sollen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich kann zusammenfassend sagen, dass die Kurzarbeit in den schwierigen Zeiten natürlich hilft, es soll aber kein Dauerbrenner werden. Wir möchten keine permanente Kurzarbeit haben, sondern wir wollen eine Vollbeschäftigung für die Wirtschaft. Was wir nicht akzeptieren, ist ein Missbrauch der Kurzarbeit. Wir wollen Österreich wieder an die Spitze bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

18.59



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Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Wurm: Klaus, erklär es uns!)


18.59.21

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich befinde mich in einem Zustand innerer Rührung: So lange keine Sonn­tags­messe und dann kommt Pater Beppo Muchitsch und liest uns die Pfingstbotschaft vor! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Aber er hat einen Vorteil gegenüber dem Sebastian Kurz: keine Selbstbeweihräucherung!)

Leider, Frau Kollegin Belakowitsch, haben Sie mich von meinem Zustand innerer Rührung umgehend in einen Zustand leichter Verwunderung versetzt, weil Sie in den letzten zwei bis drei Tagen mehrfach aus dem Sozialausschuss (Abg. Belakowitsch: Ich hab es eh erwähnt!), in dem ich auch gesessen bin – da haben wir uns getroffen –, zitiert haben, aber keines der Zitate, die Sie hier heraußen gebracht haben, ganz egal ob von mir oder von jemand anderem, war richtig oder vollständig, sodass ich schon ein bisschen den Eindruck habe, dass da vielleicht noch ein anderer Ausschuss war, in dem wir uns nicht getroffen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

In den endgültigen Status des Staunens bin ich nun abgeglitten, als der hoch­ge­schätzte Kollege Loacker uns gar nichts zu seinem Antrag im Arbeits- und Sozial­aus­schuss über die Zuerkennung der Kurzarbeit für Unternehmer, die keine Betriebsstätte und keine Steuernummer in Österreich, aber Arbeitnehmer in Österreich haben, gesagt hat, uns dies einfach unterschlagen hat. Für mich ein Novum: Er hat Sie mandatiert. Dass die FPÖ und die NEOS eine derartige enge Zusammenarbeit in Sozialrechts­fragen pflegen, ist für mich etwas, was mich leicht in Erstaunen versetzt hat. (Zwi­schenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich darf allerdings zu diesem Antrag Folgendes anmerken – und das ist der Punkt, den ich in der Sache selber bringen will –: Kollege Loacker hat beantragt, dass Unter­nehmen in das Kurzarbeitsmodell hineinkommen, die keine Betriebsstätte in Öster­reich, aber Arbeitnehmer hier haben, und daran hat sich die Debatte entsponnen, dass es eine Sozialpartnervereinbarung gibt, dass nur Unternehmen mit Betriebsstätten in Österreich mit einer Kurzarbeitsförderung für die Unternehmen und die Arbeitnehmer hier in Österreich gefördert werden – weil wir nicht kontrollieren können, Frau Kollegin Belakowitsch, ob nicht eine Doppelförderung vorliegt. Woher wissen wir, dass im anderen Land nicht gefördert worden ist? Es gibt zahlreiche Grenzen und Unter­nehmen, die wir haben.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, habe ich nichts dagegen, wenn jemand im legalen Weg steueroptimierend vorgeht, aber ein Teil dieses Modells, bei dem ich die Betriebsstätte im Ausland und die Arbeitnehmer im Inland habe, ist halt in der Regel auf das ausgelegt; und ich glaube nicht, dass wir dem österreichischen Steuerzahler dann noch zumuten sollten, dass er aus einem so guten Projekt, wie es diese Kurzarbeit ist – und da treffe ich mich wieder mit dir, lieber Herr Kollege Muchitsch –, auch noch Steuergelder bezahlen sollte.

In diesem Sinne herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.



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19.02.28

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Lieber Herr Abgeordneter Fürlinger, eines muss man schon sagen: Sie sind in einem meisterhaft, nämlich im Verdrehen der Tatsachen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Es ist tatsächlich so, dass mein Kollege Loacker den Antrag gestellt hat, dass Arbeitnehmer, die in Österreich arbeiten und in Österreich Abgaben und Steuern bezahlen, die aber einen deutschen Arbeitgeber haben, auch einen Anspruch auf Kurzarbeit in Österreich haben. (Beifall bei den NEOS.)

Das bedeutet eine entsprechende Absicherung für Arbeitnehmer in Österreich, und die haben Sie abgelehnt.

Ich möchte aber zu einem anderen Punkt kommen – denn ich habe mich nur noch ganz kurz zu Wort gemeldet –: Frau Ministerin Aschbacher, wir haben heute eine große Besonderheit. Wir hatten heute eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen hier im Haus, und sowohl die neue Staatssekretärin Mayer als auch Vizekanzler Kogler, Außenminister Schallenberg und alle anderen Minister, die heute anwesend waren, haben mit den Abgeordneten einen Dialog geführt. Die Abgeordneten haben eine Rede gehalten, die Minister haben nach bestem Wissen und Gewissen auch geantwortet.

Sie sind die einzige Ministerin, die heute hier sitzt, zuhört und nicht antwortet. Wir würden Sie sehr darum ersuchen, dass Sie auch auf unsere Punkte eingehen. Wir finden das Versagen eines Härtefallfonds, aber auch die Kurzarbeit, hinsichtlich der wir über verschiedene Punkte reden, durchaus einer Erwähnung auch vonseiten der Minis­terin wert. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.03

19.03.57 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 27 bis 31


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, und ich frage wie vereinbart die Klubs, ob wir die Abstimmung sogleich durchführen können oder ob sie eine Sitzungsunter­brechung wünschen. – Es ist keine Unterbrechung gewünscht, daher werde ich jetzt abstimmen lassen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 169 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 170 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommensteuergesetz, das Kommunalsteuergesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 171 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Hammer, Muchitsch, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hammer, Muchitsch, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend eine Titeländerung sowie Änderungen in den Artikeln 1 bis 5 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes und des Titels samt Eingang in der Fassung des Aus­schussberichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, auch um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in der dritten Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Runder Tisch zur Sicherung der Arbeitsplätze“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird, in 172 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Hammer, Muchitsch, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 172 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Abän­derungsantrages der Abgeordneten Hammer, Muchitsch, Koza, Kolleginnen und Kolle­gen aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so ange­nom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 194 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer gibt in dritter Lesung seine Zustimmung? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit so angenommen.


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19.08.2832. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 426/A(E) der Abge­ord­neten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Gesamt­strategie für COVID-19-Testungen (156 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 520/A(E) der Abgeord­neten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19-Blutplasmaspendeninitiative für Wissenschaft & Forschung und Akuttherapie (157 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 512/A(E) der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Immunität (158 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 473/A(E) der Abgeord­neten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersuchung von Umwelteinflüssen als Faktoren bei COVID-19 Erkrankungen (159 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 511/A(E) der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grippeschutz: rechtzeitige Beschaffung von Impfstoffen gegen Influenza (160 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 32 bis 36 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.10.03


Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Gesamtstrategie für Covid-19: Seit zweieinhalb Monaten leben wir alle in Österreich mit erheblichen Veränderungen im Alltag. Die Verunsicherung in der Bevölkerung ist nach wie vor groß – nicht allein durch die Angstmache der Regierung, aber bis heute gibt es keine Gesamtstrategie für diese Covid-19-Testungen. Nicht einmal in allen Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen wurde bisher das ganze Personal getestet, obwohl das angekündigt wurde, obwohl gerade dort fast alle BewohnerInnen zur Risikogruppe gehören.

Wir fordern schon seit Beginn dieser Gesundheitskrise, dass Menschen die Möglichkeit gegeben werden muss, sich testen zu lassen. Da wären kostenlose, öffentlich finanzierte, regionale Teststraßen von großem Vorteil. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt jetzt immer mehr verschiedene Antikörpertests, und da haben wir das Problem, dass die Qualität dieser Tests dermaßen unterschiedlich ist, dass eine Qualitäts­sicherung unbedingt notwendig wäre. Laut Homepage des Gesundheitsministeriums


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wären Testkapazitäten von bis zu 15 000 Testungen pro Tag möglich, bis heute wurden jedoch nur 434 302 Testungen durchgeführt. Das heißt, im Endeffekt ist nicht einmal die Kapazität von sechs Wochen ausgeschöpft worden.

Frau Köstinger sagt jetzt, sie möchte ab Juli im Tourismus 65 000 Testungen pro Woche einführen. Ja, macht jetzt jedes Ministerium seine eigene Teststrategie? – Herr Gesundheitsminister, Sie müssen uns eine Gesamtstrategie vorgeben (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Anschober), es kann nicht jedes Ministerium seine eigene machen! „Koste es, was es wolle“, haben wir immer wieder gehört, also kann es nicht am Geld scheitern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kucher.)

Zum elektronischen Impfpass noch ganz kurz: Wir wissen, dass die Digitalisierung im Gesundheitsbereich leider nur sehr langsam voranschreitet. Seit Juni 2018 wäre eigentlich schon geplant gewesen, den elektronischen Impfpass auf den Weg zu schicken und in Testregionen einzusetzen. Die gesetzliche Grundlage fehlt bis heute noch. Mit 2023 sollte der Vollbetrieb laufen, ob sich das ausgeht, weiß ich nicht. Was sich aber auf jeden Fall ausgehen könnte, ist, dass wir die Immunitäten auch in den elektronischen Impfpass aufnehmen können, vor allem jene, die aufgrund der Titerbestimmungen möglich sind. Bis dahin wird es vielleicht auch möglich sein, eine Immunität gegen Covid-19 feststellen zu können, und dann kann diese auch aufgenommen werden. Von unserer Seite wird das also befürwortet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Bernhard und Loacker.)

19.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


19.13.22

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Der letzte Gesundheitsausschuss war für mich eine durchaus spannende Erfahrung, denn man redet ja immer von Opposition gegen Regierung, die Regierungsfraktionen hören nicht auf die Opposition, und, und, und. Wir waren dann im letzten Gesundheitsausschuss doch durchaus konstruktiv unterwegs und haben in Summe drei Anträge der Kolleginnen und Kollegen von den NEOS gehabt, die wir gemeinsam entweder adaptiert und beschlossen haben oder als Grundlage für eine gemeinsame Entschließung nehmen haben können oder wirklich eins zu eins umsetzen konnten. Das freut mich schon, denn das beweist, dass es eben auch um konstruktive, gemeinsame Arbeit geht. Danke an dieser Stelle für diesen Input im letzten Gesundheitsausschuss, in erster Linie von Kollegen Loacker!

Zu diesen drei Anträgen möchte ich kurz Stellung nehmen: Der erste betrifft – es ist gerade angesprochen worden – den Eintrag der Covid-19-Immunität in den E-Impf­pass. Das wertet natürlich das Projekt dementsprechend auf. Der E-Impfpass hätte an sich schon jetzt im Juni starten sollen, es wurde aber eben aufgrund der Covid-19-Krise nochmals verschoben. Statt der anfänglich kolportierten drei Bundesländer, die dieses Projekt unterstützen, sollen es jetzt sechs werden, vielleicht sogar acht – habe ich irgendwo läuten gehört –, aber sechs war, glaube ich, die letzte fixe Zahl. Das ist eine gute Geschichte. Da sind wir dabei. Das macht durchaus Sinn und, wie schon gesagt, das wertet dieses ganze Projekt nochmals dementsprechend auf.

Der zweite Antrag betrifft die Frage der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Umweltfaktoren, wie beispielsweise Luftverschmutzung, und der Schwere der Covid-19-Erkrankung. Das heißt, da sollen das Bundesministerium, die GÖG beziehungs­weise die Ages Daten sammeln, zur Verfügung stellen und vor allem auch für einen internationalen Abgleich bereitstellen. Auch das ist eine gute Idee, ein guter Ansatz,


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der uns mit Sicherheit in dieser durchaus wichtigen Frage, die ja nicht nur gesund­heits­politisch, sondern auch umweltpolitisch von Wichtigkeit ist, weiterbringt.

Der dritter Antrag betrifft die Frage der Bevorratung mit Impfstoffen, in diesem Fall für die Influenzaimpfung. Da hat es in den letzten Tagen interessante Entwicklungen ge­geben: zum einen die gestrige Ankündigung, dass die Influenzaimpfung in das Gratis­impfprogramm für Kinder aufgenommen werden soll, zum anderen das Ansinnen der Landesgesundheitsreferentinnen und -referenten von heute, dass die Impfungen generell über die Kassen abgerechnet werden sollen, und zwar zur Gänze. – Das ist eine Sache, der wir uns am Ende des Tages vielleicht sogar annähern können. Da müssen wir aber natürlich zuerst einmal die Finanzierungsfrage klären, so wie ich es auch gestern gesagt habe. Es ist ja nicht einfach so, dass unendlich viel Geld zur Verfügung steht. Das müssen wir uns aber anschauen, und das sollten wir, wie ich gestern schon einmal gesagt habe, durchaus tabulos diskutieren.

Ich möchte die Frage des Impfens aber gleich nutzen: In den letzten Tagen war es leider Gottes ein bisschen schwierig für die Bevölkerung, weil jetzt eben viele geglaubt haben, dass die Impfpflicht kommt. Wir, die Gesundheitssprecherinnen und Gesund­heits­sprecher aller fünf Fraktionen, haben uns in diversen Interviews ganz klar dagegen positioniert. Leider Gottes haben manche Landespolitikerinnen und -politiker gemeint, sie müssten da ausweiten. Auch das wurde heute zum Glück klargelegt: Es wird keine Impfpflicht geben. Ich möchte das für die Grünen nochmals hier festhalten: Mit uns gibt es keine Impfpflicht. – Das ist für die Menschen draußen wichtig, denn diesbezüglich gab es in den letzten Wochen eine große Verunsicherung.

In diesem Sinn: Danke für die konstruktive Zusammenarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von den NEOS! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Gesundheitsausschüssen weiterhin so zusammenarbeiten können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Bernhard und Loacker.)

19.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


19.17.26

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Ereignisse des heutigen Tages haben mein Redekonzept für heute etwas über den Haufen geworfen, und ich muss ganz unkonventionell starten, indem ich mich beim Herrn Bundesminister für Gesundheit bedanke. Ich bedanke mich dafür, dass er nach über sieben Wochen, nachdem wir den ersten Antrag auf Beendigung der Maskenpflicht eingebracht haben – und alleine in dieser Woche haben wir vier Anträge eingebracht, die alle abge­lehnt wurden –, heute auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit drei anderen Regie­rungsmitgliedern das Ende der Maskenpflicht angekündigt hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

Besonders bedanken möchte ich mich bei Ihnen im Namen all jener Menschen, die mir teils wütend, teils verzweifelt geschrieben haben, wie sehr sie unter der Maskenpflicht gelitten haben, gesundheitlich, psychisch oder auch durch Diskriminierung in den ver­schiedenen Geschäften oder am Arbeitsplatz, weil für sie das Tragen einer Maske aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht zumutbar war. Obwohl das grundsätzlich in Ihrer Verordnung ja als Ausnahme geregelt war, wurde das nicht entsprechend kom­mu­niziert, und dadurch sind viele Missverständnisse entstanden.


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Ich möchte mich aber auch bei Ihnen bedanken, weil Sie mir Hoffnung gemacht haben, Hoffnung, dass unsere Anregungen, unsere konstruktive Kritik, die wir seit Beginn der Krise einzubringen versucht haben, in Zukunft vielleicht etwas öfter und auch zeitnäher berücksichtigt werden.

Einer dieser Punkte, den wir bereits seit sehr langer Zeit einmahnen und zu dem ich schon seit mittlerweile – ich habe nachgesehen – 13 Wochen versuche, konstruktiven Input einzubringen, ist das Thema der Teststrategie.

Begonnen hat das Ganze mit den ersten Maßnahmen am Flughafen Schwechat betreffend die Chinareisenden und die Maßnahmen, die damals von Ihrem Ministerium erlassen worden sind: Fieber messen bei Personen, die einen Direktflug aus China hatten. Schon damals habe ich gesagt: Wenn man es richtig angehen möchte, dann würde ich vorschlagen, die Personen zu isolieren und sofort einen PCR-Test durch­zuführen, und wenn dieser negativ ist, kann die Person aus der Isolierung ja wieder entlassen werden. Dabei hätte man bitte auch Reisende über Zwischenländer, über Moskau oder Dubai oder Ähnliches, mit zu berücksichtigen. Im Endeffekt ist das die Strategie, der Sie sich mittlerweile im Rahmen Ihrer Checkingpolitik und Containment­strategie zugewandt haben.

Das Ganze bräuchten wir jetzt nur auch noch bei den normalen Testungen, zu denen ich gesagt habe, dass die Zugangsschwellen, das unbedingte Vorliegen von Krank­heitssymptomen, einfach ein zu später Zeitpunkt sind, um den PCR-Test zu machen. Im Rahmen der Vermeidung von unnötigen Quarantänemaßnahmen und um den Men­schen die Angst vor den Tests zu nehmen, sollte man möglichst frühzeitig testen und bei den öffentlichen Testungen keine Beschränkungen machen.

Leider Gottes kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, zumindest in Oberöster­reich ist es nach wie vor so, dass nur Personen getestet werden, bei denen der Arzt bestätigt, dass bereits Verdachtssymptome da sind. Es reicht nicht aus, dass die Personen sagen, dass sie einen Kontakt gehabt haben, sie müssen Symptome haben, damit sie zu einem Gratistest kommen. Das ist grundfalsch. Warum ist es falsch? – Weil es den Zeitraum verlängert, bis wir diese Infektionen potenziell entdecken, und auch wenn das momentan kein Problem zu sein scheint, weil die Infektionszahlen niedrig sind, wäre das andere doch einfach von der Strategie her der richtige Ansatz.

Ein dritter Punkt im Bereich der Testungen, der auch in ein gemeinsames Testkonzept hineingehört, ist das Thema der Querschnittstestungen. Das ist etwas, bei dem ich vor acht Wochen bereits sehr erfreut gewesen bin, als Sie selber angekündigt haben: Ab sofort wird es jede Woche Querschnittstestungen geben!

Damals gab es dann auch die erste vom Sora-Institut durchgeführte Querschnitts­tes­tung. Die war ein bisschen klein, die war nicht ganz so, wie man sie sich von der Aussagekraft und von der Quantität her gewünscht hätte, und sie hat ja auch über­raschende Ergebnisse gebracht. Die weiteren Wochen aber haben diese Quer­schnittstest dann nicht mehr stattgefunden, und damit haben diese - - (Bundesminister Anschober: Doch!) – Diese Tests haben Sie aber zumindest nicht veröffentlicht. Es hat nur einen weiteren Querschnittstest gegeben, von dem Sie mir berichtet haben, auch im Rahmen unserer gemeinsamen Gespräche oder des Gesundheits­ausschus­ses oder des Parlaments. Ansonsten habe ich von keinen Querschnittstests über die österreichische Bevölkerung gehört. Dabei bräuchten wir die doch, um die epidemiolo­gische Situation, um die Dunkelziffer klarer zu erkennen. Wenn man das in einer ent­sprechenden Größenordnung macht, 5 000 bis 10 000 Tests zumindest, dann kann man auch in die Detailanalysen von diesen Tests hineingehen, dann kann man sich anschauen, wo denn tatsächlich die Risiken liegen, und dann können wir alle Maß­nahmen besser abstimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)


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Mir bleibt nur noch, ganz kurz zu sagen – ich halte mich kurz –: Ich möchte noch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass Sie neben dieser Teststrategie, die im Aus­schuss abgelehnt wurde, eine solche vielleicht finden oder sich doch noch dazu durchringen, dass man sich das genauer anschaut, was ich vorgeschlagen habe, vielleicht auch die wissenschaftliche Erhebung, das Datensammeln, zu dem wir heute ja auch einen Antrag auf der Tagesordnung stehen haben, dass Sie vielleicht doch noch über die Obduktionen nachdenken, dass Sie noch einmal über die Plasma­spen­den von Erkrankten nachdenken – da haben Sie teilweise eh schon Veränderungs­ansätze getroffen – und dass Sie vielleicht in Zukunft etwas offener gegenüber unseren Anregungen auftreten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

19.22


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


19.22.23

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Gleich zu Beginn: Dass es heute zur Ankündigung von weiteren Lockerungen ab 15. Juni, nämlich auch betreffend Mund-Nasen-Schutz, kommen konnte, ist nicht der Tatsache zu verdanken, dass es Anträge der FPÖ gab (Abg. Wurm: Ha, ha, ha! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer), sondern der Tatsache, dass die Österreicherinnen und Österreicher sich derartig diszipliniert verhalten haben, dass es nun eben zu diesen Lockerungen kommen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Deimek: Was ihr euch selber ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Zahlen sprechen eine sehr deutliche Sprache (Abg. Amesbauer: Das ist schon wieder ein Murks!): 434 000 Testungen. Das haben wir schon von Ihnen gehört, Frau Kollegin. Was mich sehr freut, ist die Anzahl von 15 347 Genesenen. Diese Genese­nen können zu Lebensrettern werden, indem sie Blutplasma spenden. Jeder Gene­sene bekommt auch eine Aufforderung, eine Bitte überreicht, dass er diese Möglichkeit hat, Blut zu spenden, denn das Blut hat Antikörper gebildet, und Menschen, die glimpflich durch die Infektion gekommen sind, können durch ihre Blutplasmaspende anderen, denen es weniger gut geht, helfen.

Dazu gibt es Aufforderungen, und ich glaube nicht, dass es zusätzlich noch irgend­welcher Informationen bedarf. (Zwischenruf des Abg. Kaniak.) Lieber Kollege Kaniak, du kennst genauso wie ich diese Zettel (einen Flyer, auf dem zwei SanitäterInnen abgebildet sind und die Aufschrift „Werden Sie jetzt Lebensretter“ zu lesen ist, in die Höhe haltend), die jedem Genesenen zugestellt werden. Ich glaube, diese Information, die draufsteht: „Werden Sie jetzt Lebensretter“, ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Erklärung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele dieser Bitte nachkommen würden. Wir hoffen nach wie vor natürlich auf die Forschung, was Impfung und hochwirksame Medi­kamente betrifft, aber das ist ein erster Weg, um wirklich zu helfen; „aus Liebe zum Menschen“. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


19.24.20

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Schallmeiner hat es schon erwähnt: Das war ein erfreulicher Ausschuss mit durchaus konstruktiven Diskussionen, den wir da erlebt haben.


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Ich möchte aber auch noch zwei Takte zu den Masken sagen. Ich finde es gut, dass die Schüler nach 14 Tagen keine Masken mehr in der Schule tragen müssen, aber wieso müssen sie sie jetzt noch einmal 14 Tage tragen? – Bitte hört damit auf, ich halte es für einen Unfug, Sieben- und Achtjährige mit Masken herumlaufen zu lassen! (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich fürchte, Sie bringen dann in zwei Monaten wieder eine Studie, die uns sagt, wie viele Infektionen es gegeben hätte, wenn in den 14 Tagen die Schüler keine Masken getragen hätten.

Gut, kommen wir zum Ausschuss selbst! Der elektronische Impfpass: Wir haben in dieser Coronakrise gesehen, dass die Möglichkeiten, die Datenverarbeitung bietet, im österreichischen Gesundheitssystem sehr schlecht genutzt werden, und es ist gut, dass nun der Ausschuss mehrheitlich zu dem Schluss gekommen ist, dass wir den elektronischen Impfpass auch so gestalten, dass allfällige Coronaimmunitäten darin festgehalten werden können.

Wir haben uns auch darüber unterhalten, dass, falls es zu einer zweiten Welle von Covid-19-Erkrankungen käme, das Wichtige ist, dass wir dann nicht die Spitalsbetten mit Influenzaerkrankten belegt haben und daher eine höhere Durchimpfungsrate bei der Grippe günstig wäre. Für den Winter 2020/21 wird sich das mit dem Bestellen von zusätzlichen Impfstoffen nicht mehr ausgehen, weil die Hersteller und die Händler so viel Vorlaufzeit haben, dass man schon ein paar Wochen früher hätte dran sein müs­sen, hätte man größere Kontingente für Österreich einkaufen wollen.

Ich nehme den positiven Beschluss des Ausschusses zumindest als Entscheidung dafür, im Winter 2021/22 dann eine größere Versorgung mit Influenzaimpfstoffen zur Verfügung zu haben. Ich fürchte nämlich, die Menschen sind jetzt sensibilisiert, die werden sich im Herbst Grippe impfen lassen wollen und dann wird nicht genug Impfstoff da sein. Das hat man ein bisschen verschlafen – bezüglich des Tempos sind Sie und ich manchmal einfach unterschiedlicher Ansicht. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Ich möchte noch auf den Antrag des Kollegen Kaniak zur Coronateststrategie ein­gehen. Ich bin da seiner Meinung. Das, was uns vom Ministerium bisher als Stra­tegie verkauft wird, ist halt eine Strategie, aber keine Strategie. Sie haben angekündigt, dass Sie in zwei Wochen eine Coronastrategie präsentieren werden. Wir haben jetzt noch keine, und was ganz entscheidend ist - - (Bundesminister Anschober: Doch!) – Ja, es gibt schon ein - - (Bundesminister Anschober: Lesen Sie mal die Homepage!) – Ja, aber schauen Sie, was Kollege Kaniak ausgeführt hat: Wenn heute jemandem eine Covid-19-Erkrankung diagnostiziert wird und der mit anderen Menschen im gemein­samen Haushalt lebt, dann werden diese nicht getestet, wenn sie keine Symptome zeigen. So können wir nie neue Herde und Superspreader schnell genug entdecken und das Ganze einkasteln, damit sich das nicht weiter ausbreitet, weil solche Dinge ja dauern.

Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt sechs Tage. Man geht nicht am ersten Tag zum Arzt, sondern schaut, wie es einem morgen geht, und dann ist man schon beim siebenten Tag, und so lange, wie das oft dauert, bis man sein Testergebnis erfährt, sind das drei, vier, fünf Tage, je nachdem, in welchem Bundesland man zu Hause ist, dann ist man schon bald bei zwei Wochen, bis man weiß, wie der PCR-Test nun ausgegangen ist. In dieser Zeit haben die Leute, die von einer Person angesteckt wurden, schon weitere angesteckt. Das geht alles viel zu langsam! Wir müssen viel schneller sein, und das bringen Sie mit der Vorgangsweise, die Sie jetzt haben – nur testen, wenn Symptome vorliegen –, nicht zu Wege.


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Man muss sich auch fragen, was denn die Strategie ist: Wie tun wir denn jetzt, wenn eine Erkrankung auftaucht, in einer Schule, in einem Hotel, auf einer Baustelle? Schließen Sie im Sommer das ganze Hotel und schicken alle Gäste nach Hause, weil ein Mitarbeiter erkrankt ist? – Wir wissen es nicht und Sie können nicht die Verantwortung an den Schuldirektor delegieren oder an den Eigentümer des Hotels oder an den Betreiber der Baustelle. Warum sage ich, dass Sie es nicht können? – Weil Sie gesagt haben, Sie sind gegen eine regionale Differenzierung, Sie wollen es bundeseinheitlich haben.

Wenn Sie das wollen, dann sind Sie auch bundeseinheitliche Antworten schuldig. Wie tun Sie? Sie können es den Eltern nicht zumuten, dass die jederzeit mit einer 14-tägigen Schulschließung rechnen müssen, nur weil ihr Kind in einer Schule mit 600 Schülern ist, in der es vielleicht einen Covid-19-Verdachtsfall gibt. Auch diese Situation gehört geklärt, und auch da muss es viel schneller gehen. Da müssen Antworten her, die eine Normalisierung des täglichen Lebens ermöglichen, damit sich alle – die Erwerbstätigen, die Unternehmer, die Eltern, die Schüler – darauf verlassen können, was passiert, wenn irgendwo ein Coronafall auftaucht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.29


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Rudolf Anschober zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


19.29.33

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das passt ja ganz gut, dass ich nach Kollegen Loacker drankomme. Wir haben da immer einen netten sportlichen Diskurs miteinander, das finde ich auch gut so, das ist konstruktiv, nicht beleidigend, jeder hat seine Positionen und oft lernen wir auch gegenseitig voneinander und überzeugen uns – so sollte Politik funktionieren. (Abg. Loacker nickt.)

Ich kann mich dem nur anschließen. Letzte Sitzung des Gesundheitsausschusses, das ist genau so, wie ich mir Politik vorstelle: Wir hören einander zu, Leute machen Vorschläge (Zwischenruf des Abg. Wurm), wir prüfen die und schauen, ob sie umsetzbar sind. (Abg. Wurm: Stimmt nicht!) – Herr Kollege Wurm, es stimmt, Ihre Vor­schläge sind in letzter Zeit nicht umsetzungsfähig gewesen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.) Das mag an mir liegen oder an Ihnen; es gibt zwei Möglichkeiten in diesem Zusammenhang. (Abg. Schallmeiner: ... im Raucherausschuss! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Kollege Wurm, kehren wir bitte zur Ernsthaftigkeit der Situation zurück! Wir leben nach wie vor mitten in Zeiten der größten Pandemie seit sage und schreibe 100 Jahren. (Abg. Wurm: Das sagen Sie!) – „Das sagen Sie“, sagt er. – Okay, wenn Sie nicht einmal das glauben, dann verstehe ich, dass Sie diese Buttons die ganze Zeit ange­steckt haben. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – „Coronawahnsinn“, ja, okay. Jeder hat seine Einstellung, ich will Ihnen Ihre nicht nehmen, es sei Ihnen unbenom­men.

Es ist die größte Pandemie seit 100 Jahren, und wir können alle miteinander, die Bürgerinnen und die Bürger und alle, die dazu beigetragen haben, wirklich stolz darauf sein, dass wir mittlerweile in einer Situation sind, in der wir diese Pandemie in Öster­reich weitgehend unter Kontrolle haben – weitgehend; sie ist absolut noch nicht gelöst, aber wir sind sehr, sehr gut unterwegs.

Die Bilanzzahlen von heute: Wir sind mit der Zahl der aktiv Erkrankten so weit unten wie (Zwischenruf des Abg. Wurm) seit vielen, vielen Wochen nicht, Herr Kollege


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Wurm. Wir sind bei 640 aktiv Erkrankten, das war in den letzten drei Wochen jede Woche ein Minus von 20 Prozent. Das ist der absolut schönste Erfolg, den man in diesem Zusammenhang haben kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir haben nur mehr knapp über 100 Hospitalisierungen, also Menschen, die in den Spitälern gepflegt werden müssen – auch das ist ein Minus von 20 Prozent. Wir sind bei den Menschen, die in den Intensivstationen gepflegt und behandelt werden müssen, bei sage und schreibe nur mehr 25 Personen. – Das sind großartige Zahlen. Da können Sie sagen, was Sie wollen: Seien wir doch miteinander stolz, dass wir jetzt gut unterwegs sind! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Weil von einigen, wie etwa von Kollegen Wurm – jetzt habe ich quasi meinen Sparring­partner in der Diskussion gefunden; ich muss nur ein bisschen an die anderen denken, das ist, glaube ich, besser –, immer wieder darüber diskutiert wurde, ob es notwendig gewesen ist, diesen Lockdown zu machen – abgesehen davon, dass die Freiheitliche Partei da am Beginn etwas Richtiges gefordert hat, nämlich ebendiesen Lockdown –: Der war richtig, der war notwendig. Wir alle hätten gerne darauf verzichtet, aber es war das richtige Instrument zum richtigen Zeitpunkt. (Abg. Martin Graf: Sagt der ...!)

Wissen Sie, das Max-Planck-Institut hat letzte Woche für Deutschland die Maßnahmen evaluiert und ist draufgekommen: Es waren zu 100 Prozent die richtigen Maßnahmen. Wir haben in etwa dasselbe realisiert. Das ist ja auch keine Neuerfindung, das ist bei einer Epidemie immer das gleiche Maßnahmenpaket, nämlich die räumliche Distan­zierung zu schaffen, zu schauen, dass Hygienemaßnahmen umgesetzt werden, und das so lange fortzusetzen, bis es ein direktes Medikament beziehungsweise eine Möglichkeit des Impfens gibt.

Dr. Popper – nicht nur der Name zeugt von Klugheit, er selbst ist auch sehr klug – macht mit seinem Team für uns in Österreich derzeit die Kapazitätsprognose­rech­nungen für die Spitäler. Das macht er ganz ausgezeichnet, er hat de facto die Entwick­lungen immer getroffen, sagt uns zehn Tage im Vorhinein, wie die Auslastungszahlen in Österreich sein werden – das ist ganz wichtig, damit die Spitäler planen können –, und jetzt hat er dahin gehend eine Modellierung durchgeführt (Zwischenruf des Abg. Wurm), ob es der richtige Zeitpunkt war, an dem wir diesen Lockdown realisiert haben. Er ist auf Folgendes draufgekommen: Hätten wir eine Woche später gehandelt (neuer­licher Zwischenruf des Abg. Wurm), nur eine Woche später gehandelt, dann hätten wir viermal mehr Erkrankungsfälle in Österreich gehabt und die Intensivstationen wären ausgelastet gewesen. Vielleicht haben wir auch Glück gehabt, aber Glück gehört zum Tüchtigen dazu, sage ich Ihnen, Herr Kollege Wurm! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt wird es darum gehen, die zweite Welle zu verhindern. Auch da werden wir wieder alle zusammenhalten und wieder alle brauchen, denn wir brauchen die BürgerInnen, die mitmachen, wir brauchen die richtigen Maßnahmen, wir brauchen die richtigen Öffnungsschritte und die Kontrollen bei diesen Öffnungsschritten.

Wenn wir heute bei diesem Pressegespräch sagen konnten – ja, wir sind keine Gegner von Pressekonferenzen, das gebe ich schon zu (Heiterkeit bei Abgeordneten von Grünen und NEOS) –, dass wir die nächsten Öffnungsschritte mit 15. Juni machen können, dann ist das nicht unser Verdienst, sondern dann ist das die Arbeit der Bür­gerinnen und Bürger, die konsequent das umgesetzt haben, was es in diesem Land braucht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir können diese zweite Welle verhindern, wenn wir drei Dinge tun, und ich bin opti­mistisch, dass wir das schaffen werden: erstens, indem wir alle in dieser Frage kon­sequent weiterarbeiten – auch Sie, Herr Kollege Wurm –; zweitens, indem wir hergehen und dann, wenn es einen Gegentrend gibt, sofort Gegenmaßnahmen set­zen – dann wird es halt doch möglicherweise wieder die eine oder andere Maßnahme


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geben müssen, vielleicht ist das auch regional notwendig, aber da müssen wir rasch gegensteuern. Das Dritte – da bin ich total auf einer Linie mit Kollegen Loacker, nämlich was die Analyse betrifft, nicht, was den Schluss daraus betrifft; die Analyse ist richtig –: Entscheidend ist, dass wir in solchen Situationen ganz schnell sind, erstens bei der Testung, zweitens beim Kontaktpersonenmanagement, deswegen unsere Regel: dreimal 24 Stunden maximal für die zuständigen Behörden vor Ort. Da müssen wir schnell sein.

Zu den Tests: Wo befinden wir uns derzeit? – Manche haben gesagt, es gibt wenige Tests in Österreich. Also: Eine große Universität, die Johns-Hopkins-Universität, hat gerade ein weltweites Ranking dazu gemacht, welche Länder wie viel getestet haben, umgerechnet auf 1 000 Einwohner. Na, was glaubt ihr, wo Österreich da steht? Auf Platz 120? Auf Platz 80? Auf Platz 70? Auf Platz 40? Auf Platz 30? Auf Platz 20? – Ja, auf Platz 10. Auf Platz 10, weltweit! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch da bin ich mit Kollegen Loacker jetzt wieder total einig: Wir müssen noch mehr in die Breite gehen; deswegen machen wir die Screeningprogramme. Wir müssen dort, wo wir Verdachtsmomente haben, in die Breite gehen, deswegen die Breitbandtestung des Gesundheitspersonals sowie in Pflege- und Altenheimen (Zwischenruf des Abg. Kucher), aber auch in Institutionen für Menschen mit Behinderungen. Drittens – das hat uns dieser Wien-Niederösterreich-Cluster gezeigt – haben wir offensichtlich ein großes Thema bei Menschen, die in sehr prekären Lebenssituationen und Arbeits­situ­ationen sind, auf beschränktem Wohnraum sehr eng zusammenleben müssen. Dort ist der Schutz extrem schwierig, und dass sich das Virus dort ausbreiten kann, hat eine absolute Logik. Wir kennen mittlerweile Studien, etwa aus den USA, betreffend die Fleischindustrie – Tausende Infizierte, weil dort die Arbeitsbedingungen dramatisch schlecht und schwierig sind. Deswegen müssen wir jetzt auch in Österreich mit Screeningtestprogrammen offensiv in diese Strukturen hineinschauen, und das machen wir. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kucher.) Das machen wir jetzt, weil wir nichts unter den Teppich kehren wollen, sondern dort hinschauen (Zwischenruf des Abg. Wurm), wo das Thema ist, wo das Problem ist, und dann mit Kontaktpersonen­mana­gement reagieren.

Herr Kollege Loacker, es ist ganz einfach, es gibt genau diese Strategie für das Kontaktpersonenmanagement. Gerne können wir uns zusammensetzen und das noch einmal miteinander durchgehen. Ich weiß, dass da nicht alle Daten im Detail öffentlich sind, aber es ist eine direkte, unmittelbare Handlungsanweisung für die Gesundheits­behörden, die das ja zu tun haben. Um die geht es prioritär, darum, dass die sofort wissen, was erstens, zweitens, drittens zu tun ist, wenn ein positives Testergebnis da ist. 24 Stunden haben diese Behörden Zeit, um das Kontaktpersonenmanagement K1 – das betrifft die engere Gruppe, den unmittelbaren Kontakt – abzuschließen, damit wir keine Zeit verlieren. Da zählt jede Stunde. Sie haben das richtig analysiert. Wir haben auch die Konsequenzen daraus gezogen. Tempo ist da alles, darum geht es. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Drei Punkte noch ganz kurz zu VorrednerInnen beziehungsweise zu den Tagesord­nungspunkten:

Erstens: Plasma für Personen zu nutzen, die erkrankt sind, funktioniert in ganz spezi­fischen Bereichen. Es gibt drei Gesundungen von Personen, die schwerst erkrankt waren, an der Medizinischen Universität Graz. Das hat dort bei Menschen, bei denen man gedacht hat, sie sind nicht mehr zu retten, hervorragend funktioniert; deswegen bekommt jeder Genesene in Österreich direkt nach seiner Genesung ein Informations­schreiben, in dem er gebeten wird, sich zur Verfügung zu stellen, damit wir diese Ressourcen nützen können. Das ist ein Punkt, der absolut notwendig und richtig ist, und da sitzen wir im selben Boot.


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Zweitens: der elektronische Impfpass. Auch da versuchen wir, Tempo zu machen. Ich freue mich darauf, wenn sich das Hohe Haus noch im Juni, hoffe ich, mit diesem Thema sehr intensiv auseinandersetzt und da die gesetzlichen Voraussetzungen schafft, denn ich glaube, inhaltlich sind wir uns ja einig. Das wollen wir rechtzeitig im Herbst aufbauen und schauen, dass es dann ab 1. Jänner 2021 in einer Erstvariante umsetzbar ist. Und wie Sie gesagt haben, das mit den Daten werden wir hinbringen. Was den Gesamtrollout betrifft, bin ich sehr zuversichtlich, weil jetzt auch viel mehr Bundesländer in den Testversuch einsteigen.

Das Letzte, das ist richtig gesagt worden – es war wieder Kollege Loacker –: Grippe­impfung, Influenzaimpfung ist ein Schlüsselthema, weil uns droht – und das wird uns nicht nur einmal drohen, fürchte ich –, dass sich zwei große epidemische Situationen überlappen. Ein bisschen haben wir es schon im vergangenen Winter erlebt; das könnte im kommenden Winter schärfer und schwieriger werden. Deswegen war jetzt unser erster Schritt, die Influenzaimpfung in das Kinderimpfprogramm aufzunehmen, als Gratisimpfangebot für alle Eltern, die dazu bereit sind. Ich glaube, das wäre ein großer Schritt hin in Richtung Durchimpfung einzelner Jahrgänge. Damit könnte man große Fortschritte machen, und das gratis zur Verfügung zu stellen ist, glaube ich, sowohl sozialpolitisch als auch gesundheitspolitisch ein richtiger Schritt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.41


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Josef Smolle zu Wort. – Bitte.


19.41.19

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Ruf bei der SPÖ: Kurz, bitte!) Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im letzten Gesundheitsausschuss haben wir uns in sehr konstruktiver Weise mit verschiedenen Aspekten der Covid-19-Erkrankung befasst, und das ist auch wichtig, weil die Epidemie, die Pandemie noch nicht überstanden ist. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, und das hat nichts mit Angst zu tun. Ich bin nicht angstgesteuert. Würde ich mich vor jeder Infektion ängstigen, dann wäre ich nicht ausgerechnet Hautarzt geworden. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeord­neten der Grünen sowie des Abg. Kucher.)

Es geht um einen realistischen Blick auf das Risiko, dem wir nach wie vor ausgesetzt sind. Es ist enorm, was wir in Österreich unter Zusammenwirken aller Kräfte und aller Menschen hier in diesem Land erreicht haben, und wenn jetzt jemand hergeht und sagt: Schert euch nix mehr, alles vorbei; wurscht, weiter wie früher!, so gefährdet er das Erreichte, sabotiert es und bringt den wirtschaftlichen Aufschwung, der jetzt zaghaft beginnt – ich sage das Stichwort: Sommertourismus – in Gefahr. Wir müssen weiter achtsam sein, vernünftig sein, aufeinander achten! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Stöger.)

Ich möchte speziell auf einen Antrag eingehen, der auf Anregung der Kolleginnen und Kollegen der NEOS zustande gekommen ist, wofür ich herzlich Danke sage, der sich auf den Zusammenhang zwischen Umwelteinflüssen und dem Krankheitsverlauf be­zieht. Es ist ja bemerkenswert, dass der Krankheitsverlauf oft sehr, sehr unterschied­lich ist und auch unabhängig von den klassischen, definierten Risikogruppen oft sehr dramatisch, oft aber auch überraschend positiv verläuft. Da ist es wichtig, dass man sich mit der Frage auseinandersetzt, was die Umwelt dazu beiträgt.

Man denkt da natürlich zuerst einmal an Luftverschmutzung, an die Qualität der Ge­wässer, man denkt an Bodenschadstoffe, und dabei muss man natürlich berücksich­tigen, dass all das keine unabhängigen Faktoren sind, sondern dass sie verwoben sind


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mit anderen Faktoren, die ganz sicher einen Einfluss haben, wie den sozialen Ver­hältnissen, den beruflichen Bedingungen oder auch der Altersstruktur in unterschied­lichen Gegenden. Das heißt, es ist eine komplexe Geschichte, und es ist wichtig, dass wir da gute Daten sammeln – einerseits so kleinräumig, dass sie aussagekräftig sind, andererseits aggregiert genug, dass der Datenschutz gewahrt ist.

Was auch ganz wichtig ist: In Österreich haben wir Gott sei Dank relativ wenige Fälle, und damit wir zu aussagekräftigen Ergebnissen kommen, wird da die internationale Zusammenarbeit ganz, ganz wichtig sein.

Zum Abschluss möchte ich auf etwas zurückkommen, was ein altes Anliegen der Öster­reichischen Volkspartei ist, nämlich die ökosoziale Marktwirtschaft. Wir betonen immer wieder, dass Ökonomie und Ökologie kein Widerspruch sind. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Ich möchte einen Schritt weiter gehen: Ökonomie, Ökologie und Ge­sundheit bedingen einander. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Demnächst haben die NEOS ... Sozialsprecher!)

19.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dietmar Keck zu Wort. – Bitte.


19.45.03

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, dass diese Mund-Nasen-Schutz-Pflicht mit 15. Juni aufgehoben wird, ist, finde ich, wirklich in Ordnung; ich bringe Ihnen, Herr Bundesminister, hier nur folgendes Beispiel von heute Morgen im Hotel:

Es gibt da klare Richtlinien, wann ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen ist und wann nicht. Heute zum Beispiel – das haben einige mitbekommen, weil ja mehrere Abge­ordnete in diesem Hotel übernachten – haben die Kräfte dort gesagt, der Mund-Nasen-Schutz ist beim Frühstück dauerhaft zu tragen. – Das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Das kann man nicht machen. Die Lockerungsverordnung sieht vor, den Mund-Nasen-Schutz beim Betreten des Hotels zu tragen, dann kann man ihn herunternehmen, und die Geschichte wäre erledigt gewesen. Andere haben gesagt, man muss den Mund-Nasen-Schutz auch tragen, wenn man auf die Toilette geht. – Da sind teilweise Maßnahmen gesetzt worden, die unwahrscheinlich sind.

Dasselbe hat auch auf die Schulen zugetroffen. Wenn man sich das angeschaut hat, hat man gesehen, dass auch da Maßnahmen gesetzt worden sind wie etwa jene, dass Schüler, Volksschüler den Mund-Nasen-Schutz auch in der Pause im Schulhof tragen müssen. Da sind wirklich verheerende Dinge passiert! Erklär einem siebenjährigen Volksschüler einmal, wieso er ihn in der Pause im Schulhof tragen muss, ein anderer, sein Freund, der in eine andere Schule geht, ihn nicht tragen muss! Ich glaube also, es ist wirklich gut, dass der Mund-Nasen-Schutz für eine kurze Zeit einheitlich wegkommt.

Jetzt aber zum Antrag des Kollegen Kaniak betreffend „COVID-19-Blutplasmaspenden­initiative“. Immer wenn ich Blutplasma höre, erinnert mich das an meine Lehrzeit und Bundesheerzeit. Da hat man sehr wenig verdient, mein erlernter Beruf ist ja Friseur, und ich habe zum Beispiel in der Lehrzeit in der Woche 50 Schilling verdient, was da­mals doch sehr wenig war, und man hat für eine Blutplasmaspende auch 50 Schilling erhalten. Das heißt, wir haben damit damals sehr wohl unser Lehrlingsgehalt aufge­bessert, und das hat sich auch beim Bundesheer so zugetragen, daher weiß ich, was es heißt, Blutplasma zu spenden und was damit gemacht wird. Viele haben es nicht gemacht.

Ich finde es ja gut, dass der Vorschlag des Kollegen Kaniak aufgenommen wurde, dass alle Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern (Zwischenruf der Abg. Gabriela


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Schwarz), wenn sie genesen sind, diesen Zettel erhalten, mit dem sie aufgefordert werden, sich freiwillig für eine Blutplasmaspende zur Verfügung zu stellen. Der Herr Sozialminister beziehungsweise Gesundheitsminister hat es ja schon gesagt: Drei schwer Erkrankte konnten in der Grazer Universitätsklinik mit einer Blutplasmaspende geheilt werden, wenn man es so bezeichnen will.

Es ist notwendig, dass das auch weiterhin passiert, denn sollte wirklich eine zweite Welle kommen, hat man zumindest so viele Blutplasmareserven, dass man Schwer­kranken sofort helfen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

19.47


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Alexandra Tanda zu Wort. – Bitte.


19.47.49

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich möchte an meine Vorrednerin Abgeordnete Schwarz anschließen, die bereits auf die Spendenaufrufe durch diverse Institutionen, insbesondere die Blutspendedienste des Roten Kreuzes gemeinsam mit dem Ministerium, und auch auf die Therapiemöglichkeiten mit Rekonvaleszentenblutplasma hingewiesen hat.

In meinem Heimatbundesland Tirol hat die Landesverwaltung ebenfalls bereits einen Aufruf gestartet, immer unter der höchsten Prämisse der Freiwilligkeit der Spende, und so verfügen die Blutbanken des Landes über ausreichend Rekonvaleszentenplasma. An den Tirol-Kliniken werden bereits seit Anfang April Covid-19-Patienten mit diesem Rekonvaleszentenplasma behandelt.

Eine kurze Umfrage bei den Blutspendediensten vor drei Tagen hat ergeben, dass in acht von neun Bundesländern – von Oberösterreich habe ich leider keine Daten – bis jetzt circa 25 Patienten mit Rekonvaleszentenplasma behandelt wurden. Im Schnitt bekommt ein Patient zwei Produkte transfundiert, das heißt also, 50 Plasmaspenden wurden bereits transfundiert. Auf Lager liegen in diesen acht Bundesländern zurzeit 254 Plasmaspenden. Aufgrund dieses Lagerstandes wurden auch bereits einige Dosen an die Pharmaindustrie abgegeben, welche daraus Antikörper gewinnt.

Es ist absolut richtig, dass Menschen in unserem Land zur Plasmaspende gehen sollen, und das nicht nur in Coronakrisenzeiten. Die Institutionen setzen meines Erachtens auf zwei wichtige Punkte: einerseits auf die Eigenverantwortung der Bevöl­kerung – und ich spüre auch unter den Menschen, dass dieses Verhalten im Sinne einer solidarischen Krisenbewältigung gegeben ist –, andererseits auf eine Bewusst­seinsschärfung durch die breite Informationskampagne und den Aufruf zur freiwilligen Spende. Die Kampagnen sind vor dem Hintergrund, dass ausreichend Plasma vorhan­den ist, offensichtlich zielführend und absolut ausreichend.

Grundsätzlich stellt sich die Lage momentan so dar, dass wir sehr viele SpenderInnen und auch noch Spendenwillige haben, aber auf der anderen Seite kaum Patienten, welche wir damit behandeln können. Aufgrund dieser Fakten ist ein individueller, also personalisierter Aufruf von Genesenen durch das Bundesministerium für Soziales und Gesundheit zur freiwilligen Blutplasmaspende weder erforderlich noch sinnvoll.

Auch wenn dieser individuelle Aufruf an ehemals Covid-19-Infizierten durch die Be­hörde unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen Grundsätze erfolgen sollte, ent­steht für mich ein etwas eigenwilliger Beigeschmack. Ich habe nämlich die Sorge, dass es zu einem Bashing kommen könnte, wenn ein Genesener nicht spenden möchte und das in seinem Umfeld bekannt wird, auch wenn das sicher nicht das Ziel des Antrages des Abgeordneten Kaniak gewesen ist.


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Das Spenden von Blut und Blutplasma ist ein gesellschaftspolitisches und niemals ein politisches Thema. Die Plasmaspende ist eine invasive Maßnahme und muss immer absolut freiwillig sein und bleiben, ohne Intervention durch den Staat oder eine Behörde. (Beifall bei der ÖVP.)

19.51


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Peter Wurm, Sie sind der Nächste. – Bitte.


19.51.33

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Minister Anschober, Sie sind sicher wesent­lich klüger als ich, eines traue ich mich aber zu 100 Prozent behaupten, nämlich dass alle Ihre Verordnungen in den letzten Wochen fehlerhaft waren. (Beifall bei der FPÖ.)

Da die Kollegen von der ÖVP und von den Grünen jetzt fast alle vollständig da sind, möchte ich Sie schon einmal etwas fragen: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wie tief wollen Sie eigentlich noch fallen? (Abg. Gabriela Schwarz: Tiefer als die FPÖ nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das war eine ernsthafte Frage (Zwi­schenruf der Abg. Maurer), ich kann das auch gerne noch einmal aufklären.

Die letzten Tage diskutieren wir genau zu diesem Thema Covid-Maßnahmen. (Abg. Maurer: ... das Budget!) Von der Opposition werden Anträge eingebracht, Sie lehnen diese Anträge ab und argumentieren auch noch negativ. Dann kommt heute um 14 Uhr die große Pressekonferenz. – Da müssten Sie sich ja verarscht fühlen! (In Richtung Präsidentin Bures:) Entschuldigung, das nehme ich zurück! (Heiterkeit bei Abgeord­neten der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: Aber gepflanzt!)

Meine Frage ist ernst gemeint! Sie führen dieses Parlament ja vollkommen ad absur­dum. Werden jetzt Gesetze bei Pressekonferenzen gemacht? Das ist eine ernste Frage. Da können wir dieses Parlament ja zusperren! (Beifall bei FPÖ und NEOS. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Diese Frage ist ernsthaft gemeint. Sie stellen sich her, argumentieren zu den ganzen Dingen negativ, lehnen alles ab und haben keinen Genierer. Um 14 Uhr ist die Presse­konferenz von diesen vier Herren und sie verkünden plötzlich: 15. Juni – alles retour! Masken sind nicht mehr wichtig. In den Abgeordnetenreihen hat plötzlich keiner mehr eine Maske auf, sogar bei den Grünen gibt es nur mehr ganz wenige mit Maske. (Abg. Kugler: ... Abstand!) Plötzlich können an einem Tisch im Lokal mehr als vier Personen sitzen, die Schüler müssen auch keine Masken mehr tragen und die Sperrstunde wird auf 1 Uhr verlegt, denn ab 1.30 Uhr ist es wieder gefährlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Also, Herr Anschober, Ihre Verordnungen sind grundsätzlich fehlerhaft und falsch. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Nicht geklärt ist für mich immer noch Folgendes – das haben mich einige gefragt –: Darf ich bei Hochzeiten jetzt eigentlich mit fremden Personen tanzen? (Ruf bei den Grünen: Ja!) Das sollten Sie noch einmal klären. Die Frage steht im Raum, Sie werden es vielleicht schaffen, das aufzuklären. (Abg. Schmuckenschlager: Die Frage ist, ob mit Ihnen wer tanzen will!)

Ich habe mir mittlerweile die gleiche Werbeagentur engagiert, die die Regierung hat. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der unter der Überschrift „Anzahl der Todesfälle in Österreich von 2009 bis 2019“ ein Säulendiagramm zu sehen ist. – Heiterkeit der Abg. Rendi-Wagner.) Ich lerne jetzt, man muss Dinge wiederholen, wiederholen, wiederholen. Ich wiederhole es noch einmal: Das sind die Sterbefälle der letzten zehn Jahre in Österreich: zwischen 76 000 und 84 000 Todesfälle, ein Delta von 8 000 Fällen, über die Jahre unterschiedlich verteilt. Keiner konnte mir bis jetzt – und der Minister sowieso nicht – erklären, wie das zustande kommt. Wie kommt das


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zustande? Wie kommt es zustande? Keiner kann es erklären. 8 000 Fälle in den letzten zehn Jahren, das scheint niemanden gestört zu haben, aber jetzt haben wir 650 – unter Anführungszeichen – „Coronatote“, und wir haben seit drei Monaten den Stillstand in Österreich. Das, Herr Minister, haben Sie zu verantworten, Sie und die Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

19.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Saxinger. – Bitte.


19.55.26

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ins Auditorium: Lieber Herr Kollege Wurm, eine komplexe Krise erfordert ein differenziertes, achtsames Vorgehen, und genau so handeln wir. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Nun zum Thema: Es gibt ein magisches Zauberwort, das viele Covid-Probleme inner­halb kurzer Zeit lösen könnte, auf das wir alle warten, das wir herbeisehnen, und dieses Wort heißt wenig überraschend Impfung. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass mit dem Vorhandensein einer wirksamen Covid-Impfung in ausreichender Menge und mit guter Verträglichkeit die Krise zumin­dest epidemiologisch beendet wäre. (Abg. Stefan: ... Plasma spenden darf man nicht!) Wir wissen nicht, wie lange es noch dauert, bis es so einen Impfstoff gibt (Abg. Loacker: Lange!), ob es sechs oder zwölf Monate sein werden, aber es wird weltweit intensiv daran gearbeitet.

Dann gibt es diese skurrile und unglaubliche Situation, dass wir gegen die jährlich auftretende Grippeepidemie eine wirksame Impfung haben, aber nur wenige davon Gebrauch machen. Zuletzt waren es nur 8 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Versteht man so etwas? Ich persönlich verstehe es nicht. (Abg. Belakowitsch: Ich schon!)

Wir können alle aus der Coronakrise lernen und uns besser schützen, falls es möglich ist. Im Gesundheitsausschuss wurde über diese Thematik auch ausführlich diskutiert.

Ein paar Fakten zur Grippeimpfung: Die Impfrate betrug voriges Jahr nur 8 Prozent. Es wurden 750 000 Impfstoffdosen appliziert. Bei den 60- bis 90-Jährigen findet sich eine höhere Impfquote von 20 Prozent. Mehr als die Hälfte der Geimpften lassen sich jährlich wieder impfen und jeder dritte Geimpfte hat ein Angebot seines Arbeitgebers genützt; das waren hauptsächlich Personen unter 50 Jahren. Die jährliche Grippe­epidemie belastet die Spitäler, und anscheinend haben wir das akzeptiert, obwohl es nicht nötig wäre.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser aller Ziel muss es sein, die Durchimpfungsrate bei Grippe zu erhöhen, auch im Hinblick darauf, dass wir bei einer eventuellen weiteren Coronawelle nicht so viele Intensivpatienten wegen Grippeerkrankungen auf unseren Intensivstationen haben. (Abg. Belakowitsch: ... weitere Coronawelle?!)

Ich glaube auch, dass bei uns allen eine gewisse Sensibilisierung erreicht wurde. Ich rechne auch damit, dass sich heuer mehr Personen gegen Grippe impfen lassen. (Abg. Loacker: ... den Impfstoff nicht gibt!) Eine rezente Befragung hat auch ergeben, dass sich 25 Prozent der Befragten über 16 Jahren auf jeden Fall oder eher gegen Grippe impfen lassen würden, bei der Altersgruppe 50 plus sind es sogar 38 Prozent.

Grippeimpfstoff ist pflanzlich gezüchtet, die Produktion dauert einige Monate und es bedarf einer langen Vorlaufzeit. Es ist jetzt schon eins vor zwölf, nicht eins nach zwölf,


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um Grippeimpfstoff zu erhalten, es ist also höchste Zeit. Es würde niemand verstehen, wenn wir zu wenig Grippeimpfstoff hätten, nur weil wir coronatraumatisiert nicht voraus­schauend gedacht haben. (Abg. Loacker: Wir werden zu wenig haben ...!) In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag, Grippeimpfstoff zu beschaffen, wie der Herr Minis­ter ausgeführt hat.

Zu Pfingsten habe ich abschließend auch einen frommen, positiven, konstruktiven Wunsch gegen die Impfmüdigkeit: Impfen statt schimpfen und verunglimpfen! – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.59


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Michael Bernhard, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


19.59.11

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Coronakrise und der leichte oder auch schwere Verlauf der Erkrankungen hat ein Thema zutage gebracht, das uns in Wirklichkeit in der Umweltpolitik schon sehr lange beschäftigt, und zwar im Konnex mit der Gesundheitspolitik, nämlich die Frage: Welche Bedeutung, welche Wirkung hat Luftverschmutzung bei einer Lungenerkrankung?

Es gibt – und da möchte ich jetzt auch zur Evidenz zurückkommen – bereits relativ große Klarheit. Für die erste Sars-Pandemie gibt es Studien, die auch peerreviewt sind, die klar aufgezeigt haben: Bei einem hohen Stickstoffdioxidgehalt in der Luft ist die Sterblichkeitsrate um 100 Prozent höher. Bei einer leicht erhöhten Luftverschmut­zung ist die Sterblichkeit noch immer um 84 Prozent höher.

Bei der Covid-19-Pandemie hat es ebenfalls bereits Studien gegeben, die aber noch nicht entsprechend begutachtet sind, sodass man nicht abschließend sagen kann, welches Gewicht sie haben, aber sie sind durchaus fundiert. Eine Studie der Harvard University hat 3 000 Bezirke in den Vereinigten Staaten analysiert und festgestellt, dass dort die Sterblichkeit am höchsten ist, wo auch die Luftverschmutzung am höchs­ten ist.

Eine ähnliche Studie gibt es auch aus Europa, und zwar von der Martin-Luther-Univer­sität Halle-Wittenberg, und auch diese Studie sagt, dass beispielsweise in Italien, Spa­nien und Deutschland in jenen fünf Regionen, die die höchste Luftverschmutzung hatten, 78 Prozent der Sterbefälle stattgefunden haben. Das ist alles noch keine hun­dertprozentige Gewissheit, und es gibt Tausende andere Parameter, die sich auch noch darauf auswirken, wie schwer eine Covid-Erkrankung verläuft, allerdings bin ich sehr froh, dass mein Antrag im Gesundheitsausschuss, nämlich dass man sich auf Ebene der österreichischen Regionen und Bezirke damit beschäftigt, welche Art von Luftverschmutzung welchen Beitrag zur Erkrankungsschwere bringt, angenommen worden ist beziehungsweise von den Regierungsparteien etwas überarbeitet und dann zur Abstimmung gebracht worden ist.

Ich bedanke mich an dieser Stelle auch für die konstruktive Zusammenarbeit im Ge­sundheitsausschuss und wünsche uns allen noch einen schönen Abend. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

20.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte. (Abg. Haubner: Ein kurzes Schlusswort! – Abg. Silvan – auf dem Weg zum Redner­pult –: Ich habe viel Redezeit!)



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20.01.52

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich ins Thema einsteige, lassen Sie mich einige Worte zur Diskussion rund um die Laudamotion verlieren! Mehrere verschiedenartige Kollektivverträge für ein und dieselbe Branche wirken mas­siv wettbewerbsverzerrend, und deswegen stimmen wir als Gewerkschaft diesem Kollektivvertrag nicht zu. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.) Sie schützen auch die Unternehmen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen alle, dass unser Gesundheitssystem in der Coronakrise gut funktioniert hat, und es wird auch in Zukunft gut funktionieren, wenn man, Herr Bundesminister, nicht auf die Rat­schläge von Frau Mei-Pochtler hört.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir nicht von einer Gesundheitskrise in die nächste Gesundheitskrise schlittern. Wovon rede ich? – Es ist so, dass jetzt die Patientinnen und Patienten, die ihre Rehas verschieben haben müssen, ihre Operationen ver­schie­ben haben müssen, ihre Behandlungen verschieben haben müssen, davor bewahrt werden müssen, dass sie Folgeschäden erleiden.

Wir werden sehr viel Geld brauchen, um das Gesundheitssystem wieder auf das alte Niveau hinaufzufahren. Wir haben schon mehrmals darüber informiert, dass die finan­zielle Situation der Österreichischen Gesundheitskasse nicht die beste ist. Ohne den Beitragsentfall durch die Coronakrise wurden allein durch die Fusionskosten 1,7 Milliar­den Euro bis 2024 prognostiziert.

Kollege Schellhorn hat es in dieser Woche treffend auf den Punkt gebracht: Die Stun­dungen für die Unternehmerinnen und Unternehmer können ein Rucksack sein, der sich so auswirken kann, dass es, wenn die gestundeten Forderungen schlagend werden, vermehrt Insolvenzen gibt. Da braucht die Bundesregierung einen guten Plan, um sowohl die ÖGK liquide zu halten als auch die Unternehmerinnen und Unternehmer vor Insolvenz zu schützen.

Die Beschäftigten im Gesundheitssystem haben starke Monate hinter sich, haben jetzt mit dem Hinauffahren des Gesundheitssystems starke Monate vor sich, und deswegen fordern wir einmal mehr – und wir beharren darauf – für alle Beschäftigten, die nicht zu Hause haben bleiben können, für alle Beschäftigten, die arbeiten mussten, weil sie gebraucht wurden, nach wie vor den Coronatausender. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist eine gute und sinnvolle Investition, denn dieser Tausender wird sicher nicht an der Börse verspekuliert, sondern der geht eins zu eins in die heimische Wirtschaft.

Die letzten Wochen haben uns vor Augen geführt, welche bedrohlichen Folgen die schleichende Abwanderung der Produktionsstätten der pharmazeutischen Industrie aus Europa mit sich bringt. Lieferengpässe stehen auf der Tagesordnung, und so war es teilweise auch schon vor der Coronakrise.

Es ist gut, dass jetzt Schutzmasken und Schutzausrüstungen wieder verstärkt in Öster­reich produziert werden. Es ist aber mehr als notwendig, dass man die Produktion von Medikamenten und Impfstoffen wieder von Asien in die Europäische Union bezie­hungsweise nach Österreich zurückbringt, denn dann wäre es auch leichter, wie meine Vorredner schon erwähnt haben, rechtzeitig Impfstoffe zu bekommen, zum Beispiel bei der jährlichen Grippewelle, und deswegen unterstützen wir auch den Antrag zur recht­zeitigen Beschaffung der Grippeimpfstoffe.

Wir begrüßen weiters die absolut sinnvolle Forderung, dass der Zusammenhang zwischen Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung, Feinstaub und vielem mehr und der Schwere von Covid-19-Erkrankungen untersucht werden soll. Der mögliche Einfluss


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 214

von Umweltfaktoren auf individuelle Krankheitsverläufe wird dabei eine wichtige Rolle spielen. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang wird es wesentlich sein, einerseits geeignete Daten zur Ver­fügung zu haben und andererseits den Datenschutz zu beachten. Es geht aus meiner Sicht um etwas wirklich Wesentliches, nämlich darum, aus dieser Krise für die Zukunft zu lernen, um für die Menschen, die in unserem Land wohnen, noch besser gewappnet zu sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mit meiner Rede als letzter Redner. Pater Beppo Muchitsch hat mir gesagt, ich soll Ihnen allen ein besinnliches – Fronleichnam hätte ich jetzt fast gesagt (allgemeine Heiterkeit) – ihr wisst, was ich meine, wün­schen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.06

20.06.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Unruhe im Saal.)

Ist seitens der Berichterstattung – falls die Berichterstattung mich überhaupt hören kann – ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir jetzt zu den Abstimmungen kommen, frage ich wieder die Klubs, ob eine Sitzungsunterbrechung gewünscht ist. – Ich glaube, nicht, wenn ich das richtig sehe.

Dann schreiten wir sofort zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 156 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 157 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Kenntnisnahme mehr­heit­lich angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34, die dem Ausschussbericht 158 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Immunität“.

Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (53/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 159 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 473A/(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 159 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Umweltfaktoren und COVID 19“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so an­genommen. (54/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36, die dem Ausschussbericht 160 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „Grippeschutz: rechtzeitige Beschaf­fung von Impfstoffen gegen Influenza“.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig so angenommen. (55/E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 215

20.09.3237. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 409/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungs­gesetz 1975) geändert wird (147 d.B.)

20.09.33


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 37. Punkt der Tagesordnung.

Da die Voraussetzungen des § 108 der Geschäftsordnung erfüllt sind, gelangen wir zur Abstimmung.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um eine Änderung des Geschäfts­ordnungsgesetzes handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Ge­schäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen, ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig ange­nom­men.

20.10.35Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesord­nungspunkte 2, 6, 7, 15 bis 21, 29 bis 31 sowie 37 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung auch als genehmigt gelten.

Ich verlese:

Tagesordnungspunkt 2:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 186 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 2/1 in zweiter Lesung in ge­trenn­ter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 6:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 161 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 7:

„Der Abänderungsantrag Beilage 7/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 162 der Beilagen in zweiter [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 15:

„Der Abschluss des Staatvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 77 der Bei­lagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 16:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 78 der Bei­lagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 29. Mai 2020 / Seite 216

Tagesordnungspunkt 17:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 79 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 18:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 80 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 19:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 81 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.

Der Entschließungsantrag Beilage 19/1 EA wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 20:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 82 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 21:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 83 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 29:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 171 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 29/2 in zweiter und dritter Le­sung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 30:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 172 der Beilagen in der Fas­sung des Abänderungsantrages Beilage 30/1 in zweiter und dritter Lesung [...] ange­nommen.“

Tagesordnungspunkt 31:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 194 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 37:

„Nachdem die 24-stündige Frist gemäß § 108 GOG abgelaufen ist, wird der vor­liegende Gesetzentwurf – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten – in dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“

*****

Ich frage Sie, ob es gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls Ihrerseits Einwendungen gibt? – Das ist nicht der Fall. Ich danke vielmals. Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.


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20.14.40Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 591/A(E) bis 632/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.15 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.15.06Schluss der Sitzung: 20.15 Uhr

 

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