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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

169. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Freitag, 8. Juli 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

169. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                                 Freitag, 8. Juli 2022

Dauer der Sitzung

Freitag, 8. Juli 2022: 9.06 – 21.02 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediens­tetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaft­liche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonenge­setz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz ge­ändert werden (Dienstrechts-Novelle 2022)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2575/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria („KommAustria“) (KommAustria-Gesetz – KOG) geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2678/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, sowie über den

Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den

Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den

Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Per­sonen (Einkommensteuergesetz 1988 – EstG 1988) geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2554/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ahndung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Ukrainekrieg

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2234/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend diskriminierungsfreie Blutspende endlich umsetzen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 2

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 und das Bildungs­investitionsgesetz geändert werden

7. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2022/23 bis 2026/27

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1889/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleit­ner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beste Bildung für alle Kinder – immer, überall und kostenlos! Der Elementaren Bildung endlich den Stellenwert geben, den sie verdient und braucht.

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2035/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit für die Kinder Österreichs

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2310/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik

11. Punkt: Bericht über den Antrag 553/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan für kleinere Gruppen in Kinder­gärten

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1315/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindergarten-Qualität erfassen, verglei­chen und verbessern

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2197/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindestpersonaleinsatz und Kinder­höchstzahl in der Elementarbildung

15. Punkt: Bericht über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbildung der Kindergarten-Assis­tenzkräfte verbessern und vereinheitlichen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2614/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion: Verpflichtendes Kindergar­tenjahr auch für Kinder mit Behinderung

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2622/A(E) der Abgeordneten Nico Marchetti, Mag. Sibylle Hamann, Petra Vorderwinkler, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative Demokratiebildung

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2524/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogi­schen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hoch­schulgesetz – 2. C-HG) geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2552/A der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2550/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Studierendenwohnheimför­derung“


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22. Punkt: Bericht über den Antrag 2643/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung der Universitätsfinanzierung zu einer „echten“ Studienplatzfinanzierung und Ausbau des kompetitiven Anteils

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2574/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsi­dentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsge­setz 1989, das Volksbegehrengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018, das Euro­pa-Wählerevidenzgesetz und das Vermessungsgesetz geändert werden (Wahlrechtsän­derungsgesetz 2022)

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2508/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wag­ner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird

25. Punkt: Bericht über den Antrag 2124/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird

26. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG, mit der insbesondere eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung sowie eine Erstversorgungspauschale festgelegt werden

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Sicherheitspolizeige­setz, das IPR-Gesetz, das Außerstreitgesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Unterbringungsgesetz- und IPR-Gesetz-Novelle 2022 – UbG-IPRG-Nov 2022)

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz und das Gerichtsgebühren­gesetz geändert werden (Übernahmegesetz-Novelle 2022 – ÜbG-Nov 2022)

29. Punkt: Bericht über den Bericht betreffend Tourismus in Österreich 2021

30. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 17, 21, 25, 27 bis 29, 49, 55, 58, 61 und 62, 65, 73, 75, 82 und 84 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 34 und 40

31. Punkt: Bericht über den Antrag 2683/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und das ÖIAG-Gesetz 2000 geändert wer­den (Bundesministeriengesetz-Novelle 2022)

32. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwalt­schaft

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      19

Ordnungsrufe ......................................................................  94, 123, 184, 202, 231

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen im Zusammenhang mit Antworten in der Fragestunde:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................      46


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 4

August Wöginger ....................................................................................................      46

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 1659 und 1658 d.B. gemäß § 44 (2) GOG .....................................      47

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ..............................................................................................................      48

Wortmeldung des Abgeordneten August Wöginger in Bezug auf eine tatsächli­che Berichtigung .......................................................................................................      65

Antrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1524 d.B.): Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria (1611 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 GOG an den Wissenschaftsausschuss rückzu­verweisen – Ablehnung .............................................................................  142, 159

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsident Mag. Wolfgang Sobotka ..........................................    242

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    243

Fragestunde (16.)

Bundeskanzleramt ..................................................................................................      19

Mag. Wolfgang Gerstl (199/M); Dr. Christoph Matznetter

Mag. Karin Greiner (203/M); Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner

Christian Hafenecker, MA (186/M); Kai Jan Krainer

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (208/M); Mag. Ernst Gödl, MMag. DDr. Hubert Fuchs

Dr. Helmut Brandstätter (206/M); Lukas Hammer

Norbert Sieber (200/M); Rosa Ecker, MBA, Eva Maria Holzleitner, BSc

Mag. Jörg Leichtfried (204/M); MMag. Katharina Werner, Bakk.

Dr. Reinhard Eugen Bösch (187/M); Mag. Friedrich Ofenauer

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (209/M)

Mag. Gerald Loacker (207/M); Johannes Schmuckenschlager

Tanja Graf (201/M)

Julia Elisabeth Herr (205/M)

Mag. Maria Smodics-Neumann (202/M); Dr. Johannes Margreiter

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................      19

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................      46


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 5

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abge­ordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2022) (1576 d.B.) .............................................................................      48

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................      48

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................      51

Christian Lausch .........................................................................................  62, 69

Mag. Michael Hammer ............................................................................................      63

Mag. Selma Yildirim (tatsächliche Berichtigung) ....................................................      64

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................      65

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ...........................................................................      66

Petra Tanzler ...........................................................................................................      67

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stillstand in der Weiterentwicklung des Dienstrechts, Stär­kung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes“ – Ablehnung .....................  50, 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Absicherung für 50+ Bedienstete im Sicherheitsbereich“ – Ablehnung .....................................................................................................  69, 78

Annahme des Gesetzentwurfes in 1576 d.B. ...........................................................      77

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2575/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria („KommAustria“) (KommAustria-Gesetz – KOG) geändert wird (1580 d.B.) .........................................................................................      70

RednerInnen:

Gabriela Schwarz ....................................................................................................      71

Sabine Schatz ..........................................................................................................      74

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................      75

Henrike Brandstötter ..............................................................................................      75

Annahme des Gesetzentwurfes in 1580 d.B. ...........................................................      78

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 2678/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, sowie über den

Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den

Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 6

Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 be­treffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsge­setz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EstG 1988) geändert werden (1633 d.B.) ....................................................................................      79

RednerInnen:

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................      79

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................      82

Erwin Angerer .........................................................................................................      83

Petra Wimmer ..........................................................................................................      86

Christian Ries ..........................................................................................................      88

Barbara Neßler ........................................................................................................      88

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................      92

Norbert Sieber .........................................................................................................      92

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................      95

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................      96

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................      97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Indexierung der Familienbeihilfe“ – Ablehnung ...  80, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt – Ablehnung .................................................  84, 98

Annahme des Gesetzentwurfes in 1633 d.B. ...........................................................      98

4. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2554/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Ahndung von sexueller und geschlechtsspe­zifischer Gewalt im Ukrainekrieg (1582 d.B.) ...........................................................      98

RednerInnen:

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................      98

Dr. Gudrun Kugler ..................................................................................................      99

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    100

Rosa Ecker, MBA (tatsächliche Berichtigung) ........................................................    102

Heike Grebien ..........................................................................................................    102

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    103

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    104

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1582 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „die Ahndung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Ukrainekrieg“ (263/E) ..............................................................................    110

5. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2234/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminie­rungsfreie Blutspende endlich umsetzen (1583 d.B.) ..............................................    105

RednerInnen:

Mario Lindner ..........................................................................................................    105

Nico Marchetti .........................................................................................................    106

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    106

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ...........................................................................................    107

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    108

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................    109


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 7

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1583 d.B. ................................................    110

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1493 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 und das Bildungsinves­titionsgesetz geändert werden (1644 d.B.) ..............................................................    110

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2022/23 bis 2026/27 (1645 d.B.)        110

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1889/A(E) der Ab­geordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bes­te Bildung für alle Kinder – immer, überall und kostenlos! Der Elementaren Bildung endlich den Stellenwert geben, den sie verdient und braucht. (1646 d.B.) .............    110

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2035/A(E) der Ab­geordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtig­keit für die Kinder Österreichs (1647 d.B.) ...............................................................    111

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2310/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik (1648 d.B.) .........................................    111

11. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 553/A(E) der Ab­geordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan für kleinere Gruppen in Kindergärten (1649 d.B.) ..................................    111

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1315/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindergarten-Qualität erfassen, vergleichen und verbessern (1650 d.B.) ..............    111

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung (1651 d.B.) ..............    111

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2197/A(E) der Ab­geordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Min­destpersonaleinsatz und Kinderhöchstzahl in der Elementarbildung (1652 d.B.)         111

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ausbildung der Kindergarten-Assistenzkräfte verbessern und vereinheitlichen (1653 d.B.) ................................................................................................................    111

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2614/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Inklusion: Verpflichtendes Kindergartenjahr auch für Kinder mit Behinderung (1654 d.B.) ................................................................................................................    111

RednerInnen:

Petra Tanzler ...........................................................................................................    112

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................    113

Hermann Brückl, MA ..............................................................................................    114

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................  115, 129

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................    116

Bundesminister Dr. Martin Polaschek .................................................................    118

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................    120


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 8

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    121

Barbara Neßler ........................................................................................................    122

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................    123

Norbert Sieber .........................................................................................................    124

Klaus Köchl .............................................................................................................    125

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................    126

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    127

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    128

Annahme des Gesetzentwurfes in 1644 d.B. ...........................................................    136

Genehmigung der Vereinbarung in 1645 d.B. ..........................................................    137

Kenntnisnahme der neun Ausschussberichte 1646, 1647, 1648, 1649, 1650, 1651, 1652, 1653 und 1654 d.B. ........................................................................................    137

17. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2622/A(E) der Ab­geordneten Nico Marchetti, Mag. Sibylle Hamann, Petra Vorderwinkler, Mag. Mar­tina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative Demokratiebil­dung (1655 d.B.) .......................................................................................................    129

RednerInnen:

Hermann Brückl, MA ..............................................................................................    130

Nico Marchetti .........................................................................................................    131

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    132

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................    133

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................    133

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    134

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................    135

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1655 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Initiative Demokratiebildung“ (264/E) ..................................    138

18. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2524/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hoch­schulrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz – 2. C-HG) geändert wird (1610 d.B.) .........................................................................    138

RednerInnen:

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    138

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................    139

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    140

Annahme des Gesetzentwurfes in 1610 d.B. ...........................................................    159

19. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1524 d.B.): Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria (1611 d.B.) ....................................................................................................    141

RednerInnen:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................    141

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................    142

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................    143

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek .....................................................................................    145

Bundesminister Dr. Martin Polaschek .................................................................    146

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    147

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    148


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 9

Mag. Bettina Rausch ..............................................................................................    149

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    150

Mag. Klaus Fürlinger ..............................................................................................    151

Annahme des Gesetzentwurfes in 1611 d.B. ...........................................................    159

20. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2552/A der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (1612 d.B.) ...................    152

RednerInnen:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................    153

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................    153

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    154

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1612 d.B. ................................................    159

21. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2550/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wie­dereinführung der Studierendenwohnheimförderung“ (1613 d.B.) ..........................    155

RednerInnen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    155

Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................    156

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1613 d.B. ................................................    159

22. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2643/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiter­entwicklung der Universitätsfinanzierung zu einer „echten“ Studienplatzfinanzie­rung und Ausbau des kompetitiven Anteils (1614 d.B.) ...........................................    157

RednerInnen:

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    157

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................    158

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1614 d.B. ................................................    159

23. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2574/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, die Natio­nalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volks­abstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegeh­rengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018, das Europa-Wählerevidenzge­setz und das Vermessungsgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungsge­setz 2022) (1577 d.B.) ..............................................................................................    159

RednerInnen:

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................    160

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    160

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    161

Annahme des Gesetzentwurfes in 1577 d.B. ...........................................................    173

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2508/A der Ab­geordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 10

ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (1578 d.B.) ............................................................................    162

25. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2124/A der Ab­geordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (1579 d.B.) .........................................................................................................    162

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried ..............................................................................  162, 172

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................    163

Michael Schnedlitz ..................................................................................................    165

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................    166

Sabine Schatz ..........................................................................................................    167

Sigrid Maurer, BA (tatsächliche Berichtigung) .......................................................    168

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................    169

August Wöginger ....................................................................................................    171

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1578 und 1579 d.B. ......................    173

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1584 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern ge­mäß Artikel 15a B-VG, mit der insbesondere eine Erhöhung ausgewählter Kosten­höchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung sowie eine Erstversor­gungspauschale festgelegt werden (1656 d.B.) .......................................................    174

RednerInnen:

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    174

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    175

Mag. Georg Bürstmayr ...........................................................................................    175

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................    176

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................    178

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................    179

Nurten Yılmaz ...........................................................................................  190, 180

Bundesminister Mag. Gerhard Karner .................................................................    181

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................    182

Genehmigung der Vereinbarung in 1656 d.B. ..........................................................    184

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1527 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das IPR-Gesetz, das Außerstreitgesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Unterbringungsgesetz- und IPR-Gesetz-Novelle 2022 – UbG-IPRG-Nov 2022) (1561 d.B.) ................................................................................................................    184

RednerInnen:

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    184

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................    185

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    186

Mag. Corinna Scharzenberger ..............................................................................    187

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    188

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    189

Heike Grebien ..........................................................................................................    190

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    191

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    19


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 11

2

Annahme des Gesetzentwurfes in 1561 d.B. ...........................................................    198

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1526 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz und das Gerichtsgebührengesetz ge­ändert werden (Übernahmegesetz-Novelle 2022 – ÜbG-Nov 2022) (1562 d.B.)          194

RednerInnen:

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    194

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    195

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    196

Mag. Klaus Fürlinger ..............................................................................................    196

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    197

Annahme des Gesetzentwurfes in 1562 d.B. ...........................................................    198

29. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesminis­ters für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Tourismus in Öster­reich 2021 (III­671/1575 d.B.) ...................................................................................    198

RednerInnen:

Franz Hörl ................................................................................................................    198

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    200

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    201

Barbara Neßler ........................................................................................................    205

Mag. Julia Seidl .......................................................................................................    206

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler ..................................................    208

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................    211

Maximilian Köllner, MA ..........................................................................................    212

Ing. Johann Weber ..................................................................................................    213

Melanie Erasim, MSc (tatsächliche Berichtigung) ..................................................    215

Mag. Gerald Hauser (tatsächliche Berichtigung) ....................................................    215

Michael Seemayer ...................................................................................................    216

Maria Großbauer .....................................................................................................    216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung für Tourismusbetriebe setzen – Investitionen ermöglichen – Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des heimischen Tourismus erhöhen“ – Ablehnung .........................................  203, 217

Kenntnisnahme des Berichtes III-671 d.B. ...............................................................    217

30. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 17, 21, 25, 27 bis 29, 49, 55, 58, 61 und 62, 65, 73, 75, 82 und 84 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 34 und 40 (1632 d.B.) .........................    218

RednerInnen:

Andreas Kollross ....................................................................................................    218

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    219

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    220

Alois Kainz ...............................................................................................................    221

Petra Wimmer ..........................................................................................................    222

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    223

Robert Laimer ..........................................................................................................    224

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................    225

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................    226

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    227

Ralph Schallmeiner ................................................................................................    231

Hans Stefan Hintner ...............................................................................................    232


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 12

Petra Wimmer (tatsächliche Berichtigung) ..............................................................    233

Andreas Kühberger ................................................................................................    233

Andreas Minnich .....................................................................................................    234

Bettina Zopf .............................................................................................................    235

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    236

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „der Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben“ – Ablehnung ..................................................................................  228, 237

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1632 d.B. hinsichtlich der Petitionen Nr. 17, 21, 25, 27 bis 29, 49, 55, 58, 61 und 62, 65, 73, 75, 82 und 84 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 34 und 40 .................................................................................    237

31. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2683/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministerienge­setz 1986 und das ÖIAG-Gesetz 2000 geändert werden (Bundesministerienge­setz-Novelle 2022) (1659 d.B.) .................................................................................    237

Annahme des Gesetzentwurfes in 1659 d.B. ...........................................................    238

32. Punkt: Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vor­schlages für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft (1658 d.B.) ............    238

RednerInnen:

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................    238

Martina Diesner-Wais .............................................................................................    239

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    240

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................    241

Annahme des Ausschussantrages in 1658 d.B. ......................................................    241

Eingebracht wurden

Petitionen .................................................................................................................      47

Petition betreffend „SPRITPREISBREMSE – DIESEL UND BENZIN MÜSSEN BE­ZAHLBAR BLEIBEN!“ (Ordnungsnummer 95) (überreicht von den Abgeordneten Christian Ries, Erwin Angerer und Mag. Christian Ragger)

Petition betreffend „Gerechtigkeit und Fairness für die Pendler*innen – Bevölke­rung im ländlichen Bereich!“ (Ordnungsnummer 96) (überreicht vom Abgeordne­ten Maximilian Lercher)

Petition betreffend „LKW-Mautflucht beenden – StVO reformieren!“ (Ordnungs­nummer 97) (überreicht von den Abgeordneten Maximilian Lercher und Mario Lindner)

Bericht ......................................................................................................................      47

III-695: Verkehrstelematikbericht 2022; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 13

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Pflegebe­diensteten des Straf- und Maßnahmenvollzuges im Entgelterhöhungs-Zweckschutzge­setz sowie Auszahlung des Corona-Bonus (2715/A)(E)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen betreffend evidenzbasierte Sprachförderung an Österreichs Schulen (2716/A)(E)

August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (2717/A)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2718/A)

Dr. Christian Stocker, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (2719/A)

Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (2720/A)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Sanitätergesetzes (2721/A)(E)

Johann Singer, Katharina Kucharowits, Ing. Norbert Hofer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Parlamentsmitar­beiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz – ParlMG) geändert wird (2722/A)

Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ (2723/A)(E)

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen (2724/A)(E)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb Gmbh Gesetz (GKB-Gesetz 2022) erlassen wird (2725/A)

Erwin Angerer, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen betreffend vollständige Abgeltung finanzieller Schäden für Betroffene von Unwetterkatastrophen (2726/A)(E)

Erwin Angerer, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen betreffend So­forthilfe für Kärnten – Unwetterkatastrophe im Gegendtal (2727/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Indexierung der Familien­beihilfe (2728/A)(E)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungsverbot statt Covid-19-Impfpflicht im öffentlichen Dienst (2729/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weltweite Nahrungsmit­telkrise und deren Auswirkungen auf Länder des globalen Südens“ (2730/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der finanziel­len Mittel für Nahrungsmittelhilfe im Rahmen der Food Assistance Convention“ (2731/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 14

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Stillstand: Es braucht einen attraktiven öffentlichen Dienst (2732/A)(E)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (2733/A)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bun­desgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert wird (2734/A)

Anfragen der Abgeordneten

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend kritische Rohstoffe und Monitoring von Materialflüs­sen (11692/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Monitoring der Kreis­laufwirtschaft (11693/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend BMF-Inserate in der Bauernzeitung (11694/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Umsetzungsstand Schulentwicklungs­programm 2020 (11695/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11696/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11697/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11698/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11699/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11700/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11701/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Di­gitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11702/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11703/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 15

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11704/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Familie, Integration und Medien betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11705/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11706/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11707/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11708/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11709/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Jus­tiz betreffend Wie hoch sind die Kosten für EDV- und IT-Systeme? (11710/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Klimabonus-Chaos (11711/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend das faschistische Ustaša-Treffen in Blei­burg/Pliberk 2022 (11712/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend rechtsextreme Aktivitäten in Bleiburg/Pliberk 2022 (11713/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11714/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11715/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11716/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11717/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungs­stellen (11718/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Situation der Frauen- und Mädchen­beratungsstellen (11719/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 16

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstel­len (11720/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungs­stellen (11721/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenbera­tungsstellen (11722/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Situa­tion der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11723/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11724/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfas­sung betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11725/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11726/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11727/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend die Situation der Frauen- und Mädchenberatungsstellen (11728/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detail-Arbeitsmarktdaten für Tou­rismus und Gastronomie (11729/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Detail-Arbeitsmarktdaten für Tourismus und Gastronomie (11730/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Diskriminie­rung von LGBTIQ-Personen (11731/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11732/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11733/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11734/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dis­kriminierung von LGBTIQ-Personen (11735/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11736/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11737/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 17

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11738/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11739/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11740/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Per­sonen (11741/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Diskriminierung von LGBTIQ-Personen (11742/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Fusion von SVA und SVB zu SVS – versprochene Leistungsharmonisie­rung und Patient:innenmilliarde zugunsten der Versicherten (11743/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fusion von SVA und SVB zu SVS – versprochene Leistungsharmonisierung und Patient:innenmilliarde zugunsten der Versicherten (11744/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung des Maßnahmenpaketes gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Män­nerarbeit (11745/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung des Maßnahmenpaketes gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (11746/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fami­lie, Integration und Medien betreffend Umsetzung des Maßnahmenpaketes gegen Ge­walt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (11747/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung des Maßnahmenpaketes gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (11748/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Inserate des Österreichischen Integrations­fonds (11749/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreichische Unterstützung für das Lager Lipa in Bosnien-Herzegowina (11750/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Verweigerung des temporären Aufenthaltsrechts für Ukrainer_innen (11751/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Aufzuklärende Geschäftsbeziehungen nach Russland (11752/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 18

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualdelikte in der polizeilichen Kriminalstatistik (11753/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kenntnis über die Beteiligung des Generalsekretärs (11754/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylchaos erfasst die Steiermark (11755/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Inserate des Österreichischen Integrations­fonds (11756/J)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Nordwest­bahn (11757/J)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Nordbahn (11758/J)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Laaer Ost­bahn (11759/J)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (10670/AB zu 10937/J)


 


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09.06.01Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Drit­ter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****


09.06.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie am dritten Tag unserer Sommerdebatte recht herzlich begrüßen und die 169. Sitzung für eröffnet erklären.

Ich darf die Damen und Herren auf der Galerie, die Journalisten und auch die Damen und Herren zu Hause recht herzlich willkommen heißen.

Das Amtliche Protokoll der 167. Sitzung vom 6. Juli 2022 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurde nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Peter Haubner, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Ruth Becher, Elisabeth Feichtinger, BEd, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Herbert Kickl, Peter Schmiedlechner, Peter Wurm, Mag. Meri Disoski, Mag. Nina Tomaselli und Michael Bernhard.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Ministerin Leonore Gewessler, BA wird durch Ministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. und Mi­nisterin Mag. Karoline Edtstadler durch Minister Mag. Gerhard Karner vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 bis 13 Uhr und ORF III bis 19.15 Uhr überträgt und anschließend kommentiert in der TVthek übertragen wird.

09.07.10Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Fragestunde und ich darf den Herrn Bundeskanzler recht herzlich begrüßen.

Die Parlamentarier wissen, die Frage darf nicht länger als 1 Minute dauern, die erste Antwort 2 Minuten, die weiteren pro Frage nur 1 Minute. Ich werde jeweils ein Zeichen geben, wenn die Fragezeit zu Ende ist.

Bundeskanzleramt


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die erste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


09.07.34

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Viele Leute in Österreich glauben, die Inflation wäre hausgemacht, dabei steht die Welt im Umbruch: Einerseits haben wir durch Corona noch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 20

immer Unterbrechungen der Lieferketten, andererseits hat die EZB mit ihrer Zinspolitik ziemlich sicher viel zu spät reagiert, drittens hat Putin das Gas als Waffe gegen Europa eingesetzt, viertens hat Putin den Getreideexport aus der Ukraine gestoppt und fünftens gibt es schlussendlich einen Krieg in der Ukraine.

199/M

„Was kann Österreich in dieser schwierigen Situation beitragen, dass die Menschen in unserem Land und in Europa die in allen Staaten steigende Inflation gut überstehen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Einen schönen guten Morgen auch von meiner Seite an alle hier Anwesenden! Danke für die Frage, Herr Abgeordneter. Es ist tatsäch­lich so, es gibt eine Vielzahl an Krisen – Sie haben sie aufgezählt –, die Auswirkungen nicht nur auf Österreich, sondern auf Europa und auf die gesamte Welt haben. Man muss aber sagen, dass wir es trotz Pandemie – und das ist die Leistung von allen, die daran mitgewirkt haben – geschafft haben, das Wirtschaftswachstum zu steigern. Wir sind auch weiter dabei, Schulden abzubauen, zumindest sagen das die Prognosen, und wir haben derzeit Rekordbeschäftigung. Das ist dem Fleiß, dem Einsatz der Menschen in Österreich zu verdanken.

Auf der anderen Seite ist es unsere Aufgabe, durch Begleitmaßnahmen die Folgen die­ser Teuerung, der hohen Inflation, aber auch der Problematik der Lieferkettenausfälle, wie Sie sie schon beschrieben haben, die wiederum zu Produktionsverzögerungen füh­ren, auszugleichen. Wie tun wir das? – Mit einem umfassenden Paket an Sofortmaßnah­men, das bedeutet 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen, das heißt, dass wir Familien mit einer zusätzlichen Familienbeihilfe in der Höhe von 180 Euro im August besonders entlasten, das bedeutet, dass wir im September den Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind erhöhen. Genauso gehen wir dann im Oktober vor und machen dann tatsächlich das Antiteuerungspaket plus den Klimabonus, das sind 500 Euro in Summe.

Das heißt, das ist ein weiterer Schritt, es ist der dritte Schritt in diesem Jahr, um die Menschen bei diesen steigenden Kosten zu entlasten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage?


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ja. – Das heißt, die ökonomischen He­rausforderungen, die Österreich hat, bewältigt es einerseits selbst sehr gut durch hohe Beschäftigung, durch hohen Konsum, auf der anderen Seite durch die entsprechende Kampagne und auch die Ausgleichsmaßnahmen, Antiteuerungsmaßnahmen, die die Bun­desregierung gesetzt hat.

Jetzt möchte ich noch zu einem anderen Kapitel kommen. Die Welt steht ja nicht nur ökonomisch in einem Umbruch, sondern vor allem auch sicherheitspolitisch: Nach dem Angriffskrieg von Putin beginnt sich sozusagen die sicherheitspolitische Ordnung in Europa zu verändern. Wie sehen Sie die Situation? Vor welchen Herausforderungen steht hier Österreich?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Der Begriff Sicherheit an sich hat sich deutlich erweitert. Wir reden nicht mehr nur von der inneren Sicherheit oder von der sozialen Sicherheit, wir reden momentan von der Energieversorgungssicherheit, von der Lebens­mittelversorgungssicherheit und von der wirtschaftlichen Sicherheit. Diesbezüglich muss man auch unterschiedlich vorgehen.

Bei der Energieversorgungssicherheit sind wir dabei, die Speicher in Österreich zu füllen, wir als Republik, indem wir 20 Terawattstunden strategische Reserve einspeichern, die


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Unternehmen, die jetzt die Zeit nutzen, um hier ebenfalls die Speicher zu füllen und für den Winter vorbereitet zu sein.

Bei der wirtschaftlichen Sicherheit geht es jetzt vor allem darum, dass man die Industrie, die Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten begleitet, das passiert durch die Strom­preiskompensation, durch die Entlastung bei Abgaben. Das heißt also auch, dass es jetzt darum geht, für die Herbstlohnrunde mit den Sozialpartnern Rahmenbedingungen zu schaffen, dass auf der einen Seite vernünftige Gehaltsabschlüsse möglich sind, aber auch Arbeitsplätze weiter gesichert werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Matznetter.


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Auch von meiner Seite einen schönen guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Deutschland hat im Mai beschlossen, ab Juni steu­erliche Maßnahmen gegen die Inflation zu setzen. Deutschland hat im Juni erstmals seit Langem eine sinkende Inflation von 0,1 Prozent; Österreich hat aber einen dramatischen Anstieg von über 1 Prozent auf 8,7 Prozent. Sie wollten vor ein paar Wochen die Überge­winnbesteuerung diskutieren und ÖVP-Klubobmann August Wöginger hat am 8. Juni in einer Fernsehsendung auf Puls 24 gesagt, er persönlich sei für Preisdeckel, das schei­tere aber am Koalitionspartner.

Ist es richtig, dass vernünftige Maßnahmen wie Preisdeckel - - (Abg. Wöginger: Das habe ich überhaupt nicht gesagt!) – Das ist dokumentiert; kein Problem, Herr Klubobmann! (Abg. Wöginger: Was du da dahererzählst!) Ist es wirklich der Koalitionspartner, der verhindert, sinnvolle Maßnahmen gegen die Teuerung (Abg. Michael Hammer: „Kon­trast“, oder wo?) – zum Beispiel durch Preisdeckel auf Sprit – zu machen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Es gibt tatsächlich einige Staaten in Europa und im Speziellen in der Europäischen Union, die versuchen, durch Preisdeckel in die Teue­rungswelle einzugreifen. Bisher hat sich das nicht als probates Mittel erwiesen. Man kann das in Ungarn – dramatisch – beobachten, man kann es auch in der Bundesre­publik Deutschland, die Sie eben erwähnt haben und die die Mineralölsteuer gesenkt hat, beobachten: Es hat dann eine kurzfristige tatsächliche Preissenkung an den Zapf­säulen gegeben, aber die ist innerhalb von zwei Wochen wieder aufgefressen worden.

Grundsätzlich heißt es, wenn man Preisdeckel einführt, auch, dass da ja die Differenz immer auch vom Steuerzahler, von der Steuerzahlerin zu begleichen ist, damit es zu keiner Angebotsverknappung kommt. Wir haben uns in der Regierung gemeinsam dazu entschlossen, einen anderen Weg zu gehen, nämlich den Menschen direkt zu helfen, um so die Folgen der Teuerung abzufedern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Grei­ner. – Bitte.


09.13.29

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Ihre Partei hat immer betont, wie sinnvoll es sei, die einzelnen Gebietskranken­kassen der Bundesländer in eine Kasse zu bringen, in die Österreichische Gebietskran­kenkasse. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Man hat die Patientenmilliarde sehr groß und laut propagiert, man hat gemeint, es werde einen schlanken Apparat und viele Vorteile für die Patienten geben.

Die SPÖ hat diese Patientenmilliarde immer sehr stark in Zweifel gezogen – mit Recht, wie sich jetzt herausstellt. Es liegt mittlerweile ein Rechnungshofbericht zur Zusammen­führung der Kassen vor. Fazit: Die Patientenmilliarde gibt es nicht, aber einen Mehr­aufwand von 214,95 Millionen Euro – Mehrkosten von fast 215 Millionen Euro! Herr Bun­deskanzler, welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

*****


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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 203/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Konsequenzen ziehen Sie als Bundeskanzler aus der Aussage des Rech­nungshofes, wonach die von der ÖVP forcierte Zusammenlegung der Krankenkassen an­stelle der versprochenen Einsparung von 1 Mrd. EUR einen Mehraufwand von 214,95 Mio. Euro brachte?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Zum einen, dass es bei 28 Krankenkassen und 9 Gebietskrankenkassen tatsächlich eine wichtige Maßnahme war, eine Effizienzreform durchzuführen. Und Sie haben recht, die Kosten, die Sie erwähnt haben, sind nicht zu bestreiten. Die Reform ist auch mitten in die Pandemie hineingefallen, und das, was wir auch immer gesagt haben – erinnern Sie sich! –, war, dass jede Reform, jede Strukturbe­reinigung zunächst einmal immer hoher Anschubfinanzierungen bedarf – das sehen Sie jetzt gerade an den Kosten, die Sie dargestellt haben –, aber dann im langfristigen Ver­lauf tatsächlich die Effizienzsteigerung und die Einsparungen mit sich bringt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Man hat auch gemeint, die Leistungen wür­den harmonisiert werden, dass ist aber nicht der Fall. (Abg. Wöginger: 95 Prozent sind harmonisiert!) Welche konkreten Maßnahmen haben Sie für die Harmonisierung der Leistungen gesetzt, und – ich wiederhole – welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Mehr­aufwand von 215 Millionen Euro?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: So, wie ich schon gesagt habe: Also der Mehr­aufwand ist dadurch begründet, dass die Anschubfinanzierung wichtig ist, um Struktur­reformen tatsächlich umsetzen zu können.

Man muss sich bei 28 Krankenkassen und 9 Gebietskrankenkassen schon vorstellen, wie umfassend dieses Projekt ist, und auch – das große Thema, erinnern Sie sich, das war damals eine große Diskussion, auch hier im Hohen Haus –, wie aufwendig es ist, an sich Leistungen von Krankenkassen, die zum Teil ganz unterschiedliche Entwicklungen hatten, zu harmonisieren. Man ist da bereits bei einem Stand von weit über 90 Prozent der Harmonisierung; der Weg wird dort, wo es möglich ist, fortgesetzt.

Die Österreichische Gesundheitskasse ist aus meiner Sicht ein Modell, das jetzt auch noch ein Stück weit unser Vertrauen braucht, dass die Systemveränderung, die Effi­zienzsteigerung – betreffend auch das, was Sie derzeit kritisieren, nämlich dass es jetzt noch mehr kostet, als es tatsächlich an Einsparung bringt – sichtbar wird und es dann tatsächlich harmonisiert ist.

Ich gehe davon aus, dass das in der langen Perspektive tatsächlich der Fall ist, denn wie gesagt: Diese Struktur von 28 Krankenkassen, 9 Gebietskrankenkassen, die unter­schiedlichen Leistungskataloge, der Anspruch der Versicherten, das alles wird jetzt in der ÖGK umgesetzt und aus meiner Sicht auch erfolgreich sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Saxin­ger. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Zur Kollegin Greiner: Die Krankenkasse wurde jetzt in Gesundheitskasse umbenannt – so viel zur richtigen Bezeichnung. (Zwischenruf bei der SPÖ.)


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In einem kleinen Land wie Österreich macht die Grundüberlegung einer zentralen bun­desweiten Gesundheitskasse Sinn. Die ÖGK wurde installiert – aus 21 mach 5 –, und bei der Umsetzung dieser Fusion ist meiner Meinung nach in dieser kurzen Zeit in man­chen Bereichen schon viel weitergegangen. Ich denke da an die Leistungsharmonisie­rung für die Versicherten für Heilbehelfe, für Hilfsmittel, Prothesen, Rollstühle, und es wurden auch einheitliche Rahmenbedingungen im Bereich der Physiotherapie, der Ergo- und der Logotherapie geschaffen. Gut Ding braucht bei so einem großen Projekt meiner Ansicht nach aber etwas Weile, und das Projekt wird mittelfristig auch gut funktionieren.

Die Pandemie hat auch die ÖGK vor große Herausforderungen gestellt, es wurde jedoch bundesweit rasch gehandelt. Über 50 Beschlüsse wurden gefasst.

Meine Frage: Welche Konsequenzen hätte die Nichtzusammenlegung der 28 Kranken­kassen für die Bekämpfung der Pandemie gehabt? (Abg. Leichtfried: Es wäre alles besser gewesen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Herr Abgeordneter, das Ziel war ja genau, dass man auch Abläufe harmonisiert, nicht nur Leistungen, dass man schneller zur Entschei­dungsfindung kommt, dass man den Patientinnen und Patienten rasch helfen kann.

Wir sind mittlerweile im dritten Jahr der Pandemiebekämpfung. Ich bin froh, dass es jetzt eine effiziente Struktur gibt, die rasche Entscheidungen ermöglicht, und das immer im Sinne der Patientinnen und Patienten. Und es wird sich dann im langfristigen Vergleich herausstellen, dass, wenn vorher natürlich eine komplexe Struktur da war, auch lange gelebt wurde, dadurch auch eine Gewohnheit von unterschiedlichen Einflusssphären entstanden ist, da am Anfang die Effizienz auch zu einer Erschütterung führt und dass es da auch eine Kulturveränderung gibt, nämlich durch die Leistungsharmonisierung, durch die Entscheidungsfindung innerhalb der Strukturen.

Deshalb überrascht es mich nicht, dass es – gerade von Oppositionsseite her – nach wie vor auch eine Emotion zu diesem Thema gibt, aber gleichzeitig ist es wichtig, dass wir im Sinne der Patientinnen und Patienten die Effizienzsteigerung der ÖGK weiter vo­rantreiben und ihr, so wie Sie es vorhin schon ausgeführt haben, auch tatsächlich die Zeit geben, neben der Krisenbewältigung in der Pandemie auch ihre Strukturreform und vor allem die Leistungsharmonisierung in Ruhe weiter fortzusetzen.

Das alles wäre aus meiner Sicht nicht so, hätten wir nicht diesen wichtigen Schritt ge­setzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.


Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Schönen guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Eh auch zu diesem Themenkomplex: Generaldirektor Wurzer hat ja im Interview in der „ZIB 2“ selber davon gesprochen, dass der Rechnungshof ein wichtiger Partner ist und sich in diesem Rohbericht des Rechnungshofes ja auch durchaus eben viele Vorschläge finden.

Daher meine Frage: Der Rechnungshof hat in seinem Bericht zur Fusion der Kranken­kassen eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen. Welche dieser insbesondere auch ressortübergreifenden Maßnahmen sehen Sie als Bundeskanzler als zentral an, um das öffentliche Gesundheitswesen nicht nur abzusichern, sondern vor allem auch auszu­bauen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Also zum einen kann ich da die Haltung und die Linie des Generaldirektors nur unterstützen. Der Rechnungshof ist ein wichtiger Verbün­deter, gerade bei einem solch enorm großen Unterfangen, das nämlich dann in der


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Detailarbeit enorm aufwendig und komplex ist. Man denke nur an die EDV-Systeme, die harmonisiert, zusammengeführt werden müssen, damit tatsächlich die Leistung beim Patienten, bei der Patientin ankommt. (Abg. Stöger: Die waren ja zusammengeführt, sorry!) Es sind gerade jetzt herausfordernde Zeiten, und der Rechnungshof ist bei all dem aus meiner Sicht ein wichtiger Begleiter, weil er aufzeigt, wo vielleicht aufgrund der Größe der Reform blinde Flecken entstehen könnten, um dann genau dort einwirken zu können, auch vonseiten der ÖGK, um diese blinden Flecken wegzubekommen und noch effizienter in der Reform zu werden.

Das ist jetzt einmal ein Rohbericht, der vorliegt, das heißt, es muss sich jetzt auch die ÖGK mit den Details auseinandersetzen. Ich habe auch volles Vertrauen in Gesund­heitsminister und Sozialminister Johannes Rauch, der auch immer wieder selbst betont, dass er ein sehr engagierter und leidenschaftlicher Sozialpolitiker ist. Das heißt, in An­betracht der gemeinsamen Verbindung der Vielzahl der Herausforderungen bin ich da­von überzeugt, dass die Umsetzung der vom Rechnungshof empfohlenen Punkte, aber gleichzeitig auch der Reformfortschritt gut vorangehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Hafen­ecker. – Bitte.


09.21.03

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Ich möchte die letzte Nationalratssitzung in Erinnerung rufen (Abg. Wöginger: Die war gestern!), in der wir Sie im Zuge einer Dringlichen Anfrage zu den ÖVP-Finanzskandalen befragen wollten. Sie haben Sich damals von Ihrer Staatssekretärin Plakolm vertreten lassen. Im Zuge der Sitzung ist herausgekommen, dass die Frau Staatssekretärin ei­gentlich gar keine Antworten gegeben hat, und es ist dann insofern eskaliert, als wir sogar eine Stehung hatten, bei der ein Gutachten angefertigt worden ist oder in Auftrag gegeben worden ist, demgemäß Sie, wie herausgekommen ist, dieses Interpellations­recht richtig mit Füßen getreten haben, Herr Bundeskanzler.

Meine Frage ist jetzt folgende:

Wie haben Sie vor, diese Dringliche Anfrage, die wir an Sie gerichtet haben, dann tat­sächlich ganz zu beantworten? Ist das der neue Stil, den wir da jetzt haben?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 186/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie beantworten Sie die von Ihrer Staatssekretärin Plakolm rechtswidrig nicht beant­worteten Fragen der dringlichen Anfrage 11286/J betreffend die aktuellen ÖVP-Finanz­skandale?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Ich stehe nicht an, Herr Abgeordneter, durchaus einzugestehen, dass es immer ein Auftrag und ein Anspruch an einen selbst ist – ich war selbst Abgeordneter hier in diesem Hohen Haus –, dass man in diesen Fragen besser werden kann. Sie haben recht, diese Anfragebeantwortung war nicht im Sinne dessen, wie Sie es als Abgeordnete verdienen, deswegen haben wir ja auch im Haus den Auftrag gegeben, diesbezüglich besser werden zu müssen.

Die Staatssekretärin möchte ich ausdrücklich in Schutz nehmen, sie hat mich vertreten, dafür bin ich ihr sehr dankbar, aber die Verantwortung dafür übernehme natürlich ich. Ich habe mein Haus beauftragt, Ihnen im Laufe des heutigen Tages die Antwort betref­fend Ihre Anfrage vollumfassend in schriftlicher Form zukommen zu lassen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hafenecker, haben Sie eine Zusatzfrage? – Nein.

Dann stellt Abgeordneter Krainer eine Zusatzfrage. – Bitte.


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Stichwort ÖVP-Skandale war ja die Hauptfrage: Ganz Österreich war erschüttert, als man im Oktober erfahren hat, dass das Finanzministerium parteipolitische Umfragen im Dienste der ÖVP gemacht hat. In der Zwischenzeit wissen wir durch die Arbeit des Untersu­chungsausschusses, dass das nicht nur im Finanzministerium der Fall war, sondern dass genauso im Landwirtschaftsministerium, im Wirtschaftsministerium, im Verteidi­gungsministerium parteipolitisch motivierte Umfragen im Dienste der ÖVP durch Steuer­zahler bezahlt worden sind, dass zum Beispiel Asylpolitikfragen vom Landwirtschaftsmi­nisterium abgefragt wurden.

Meine Frage an Sie: Sind Sie jetzt schon an den ÖVP-Chef herangetreten und haben gesagt: Wir wollen unser Geld zurück!, und fordern Sie jetzt von der ÖVP im Namen der SteuerzahlerInnen das Geld zurück, das für diese parteipolitischen Umfragen ausgege­ben wurde? (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich danke Ihnen sehr für Ihre wertschätzende Frage. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Es ist in aller Klarheit auch hier festzuhalten, dass das, was Sie jetzt in die Fragestellung hineinformuliert ha­ben, Pauschalverdächtigungen sind und dass darüber hinaus betreffend die von Ihnen angeführten Umfragen, ausgelöst und beauftragt von einem Mitarbeiter des Finanzmi­nisteriums, Ermittlungen laufen. Zu diesem Teil Ihrer Fragestellung: Ich kann in laufende Ermittlungen natürlich weder Einschau halten, noch sie kommentieren.

Alle anderen Punkte Ihrer Frage sind aufgrund der Pauschalverdächtigung und der un­richtigen Anschuldigungen (Abg. Krainer: Nein, die sind korrekt, das wissen Sie!), die keinerlei Tatsachensubstrat vorweisen, in diesem Fall so nicht zu beantworten. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


09.24.49

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Die Teuerung hat relativ große Löcher in die Budgets vieler Haushalte in Öster­reich gerissen. Die Regierung hat entsprechend ein großzügiges Entlastungspaket ge­schnürt, das insbesondere für Haushalte mit geringerem Einkommen eine Entlastung mit sich bringt, die größer ist als das, was an Zusatzbelastung durch die Teuerung auf sie zukommt, wie das Momentum-Institut zeigt. Trotzdem gibt es jetzt natürlich die Not­wendigkeit, budgetäre Mittel dafür in die Hand zu nehmen, das betrifft jetzt quasi den Staatshaushalt. Das ist auch gerechtfertigt, weil ja die Umsatzsteuer und auch andere Steuern zum Teil Mehreinnahmen in die Staatskasse spülen.

Aber wie schätzen Sie die Auswirkungen des Entlastungspakets auf das Staatsbudget ein?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 208/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie bewerten Sie die Auswirkung der Teuerungs-Pakete auf den österreichischen Staatshaushalt?“

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie haben schon umfassend beschrieben, dass tatsächlich mit der ökosozialen Steuerreform be­ginnend und dann mit den folgenden Antiteuerungspaketen viel Geld in die Hand ge­nommen worden ist, nachdem schon viel Geld in die Hand genommen worden war, um die Folgen der Pandemie zu lindern. Das Entscheidende ist, dass sich diese Investi­tionen – auch heute, aus der Rückschau betrachtet – gelohnt haben. Auf der einen Seite sind wir durch die Pandemie gekommen, indem das Wirtschaftswachstum gestiegen ist, Rekordbeschäftigung gegeben ist und die Schulden nach wie vor trotz des vielen Gel­des, das aufgenommen worden ist, weiter abgebaut werden.

Wie ist das möglich? – Weil Gott sei Dank das Konsumverhalten und auch das Produk­tionsverhalten in Österreich nicht geschrumpft, sondern eher noch gestiegen sind. Das heißt: Diesen Zustand müssen wir aufrechterhalten. Das ist auch ganz wichtig beim gro­ßen Entlastungspaket im Umfang von 26 Milliarden Euro, das jetzt beschlossen worden ist, einerseits mit den Sofortmaßnahmen, die ich vorhin erwähnt habe – erhöhte Kinder­beihilfe, Antiteuerungs- und Klimabonus im Wert von 500 Euro, die Familienbeihilfe mit 180 Euro zusätzlich, der Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro erhöht, 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen, 500 Euro Absetzbetrag für Pensionistinnen und Pensionisten; das alles sind kostenintensive Maßnahmen im Wert von 6 Milliarden Eu­ro –, um umfassend in der aktuellen Situation zu helfen, aber es ist dazu auch noch eine Strukturreform beschlossen worden, die Sie ansprechen, die eben auch kostenintensiv ist, und zwar die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung, der kalten Progres­sion, die dann in weiterer Folge grundsätzlich zu einer Verbesserung der Einkommens­situation der Menschen führen wird.

Es gibt also die ökosoziale Steuerreform, es gibt die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung, das heißt, da werden durch Maßnahmen strukturelle Veränderungen vorgenommen, damit die Menschen jeden Monat mehr Geld zum Leben haben, mit dem Ziel, dass der Konsum weiter anhält, dass durch die Mehrwertsteuereinnahmen und an­dere Steuereinnahmen tatsächlich auch die Gegenfinanzierung möglich ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte sehr.


Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Welche Maßnahmen haben aus Ihrer Sicht den größten Grad an Selbstfinanzierung?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Wenn es uns gelingt, dass wir das Konsum­verhalten der Menschen weiter aufrechthalten, dass es eben keine Angst vor der Aus­gabe gibt, sondern tatsächlich auch noch weiter konsumiert wird, dann sehe ich die große Entlastungsmaßnahme, die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung – die zwar dann erst in vielen kleinen Schritten bei den Menschen spürbar wird, aber in der Summe die größte Budgetbelastung ist –, am stärksten gegenfinanziert, wenn tat­sächlich die wirtschaftliche Situation dann auch so bleibt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Gödl. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, die Teuerung betrifft natür­lich alle Bereiche und alle Branchen unseres täglichen Lebens. Daher meine Frage ganz konkret: Welche Maßnahmen hat die Regierung zur Sicherung der Pflege gesetzt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Die Pflegediskussion läuft schon seit vielen, vielen Jahren. Wem sage ich das beziehungsweise wer weiß das besser als Sie, der sich seit Jahren dafür einsetzt, dass eine Verbesserung für die Menschen, die in der


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Pflege tätig sind, sei es beruflich, seien es aber auch die Angehörigen, tatsächlich erreicht wird? – Es ist das Pflegepaket im Wert von 1 Milliarde Euro beschlossen wor­den, entscheidend ist, dass dieses Geld jetzt bei all den Betroffenen auch tatsächlich ankommt.

Es ist aber nicht nur eine finanzielle Frage, wie wir durch intensive Diskussionen mit denen, die sich auch wirklich damit beschäftigen und selbst davon betroffen sind, he­rausgefunden haben, sondern es braucht eben auch eine Reform der Ausbildung, es braucht eine Erleichterung im Zugang zur Pflege und es braucht vor allem auch eine Entlastung der Pflegenden, die zu Hause und privat pflegen. Das alles ist in diesem Paket enthalten. Ich weiß, dass die Kritik darin besteht, dass es zu spät kommt und zu lange gedauert hat, aber das Entscheidende ist, dass es jetzt beschlossen worden ist, in die Umsetzung kommt und bei den Menschen dann Wirkung zeigt. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Obwohl Sie durch das dritte Maßnahmenpaket gegen die Teuerung Entlastungen von 28,8 Milliarden Euro angekündigt haben, wurden gestern mit der 2. Budget-Novelle lediglich Entlastungen von 3,66 Milliarden Euro beschlossen. Das heißt, Ihre Antwort an Kollegen Schwarz war falsch. Wir haben gestern nicht 28,8 Milliarden Euro Entlastung beschlossen, sondern 3,66 Milliarden Euro. Das heißt, Sie sind da offenbar nicht wirklich auf dem aktuellen Stand des parlamentarischen Vor­ganges.

Wir haben lediglich 12,7 Prozent des versprochenen Entlastungsvolumens beschlossen. Das heißt, entweder wurde dem Nationalrat hier wieder einmal ein Budget präsentiert, welches von vorne bis hinten nicht stimmt, oder, zweite Erklärung, die Bundesregierung betreibt wieder einmal eine reine Ankündigungspolitik und keine Entlastungspolitik.

Nun zu meiner Frage: Warum wurden im Budget durch die 2. Budget-Novelle gestern lediglich Entlastungsmaßnahmen von 3,66 Milliarden Euro beschlossen, obwohl sie 28,8 Mil­liarden ...


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind schon über der Zeit, bitte! (Zwischenruf des Abg. Zanger.)


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): ... und auch als Antwort gegeben haben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Sie waren ja selbst Staatssekretär im Finanzministerium, wissen daher, dass parlamentarische Be­schlüsse zur Gesetzwerdung immer erst dann Sinn machen, wenn alle Reformprojekte tatsächlich auch so weit gediehen sind, dass sie beschlussfähig sind.

3,6 Milliarden Euro, wie Sie es anführen, gestern beschlossen heißt 3,6 Milliarden zu­sätzlich zu den 4 Milliarden Euro, die schon beschlossen wurden. Das heißt, die Summe an sich ist nach wie vor eine beachtliche. Sie wissen es aus Ihrer Zeit als Staatssekretär: Es ist hier immer von Steuermitteln die Rede, das heißt, es sind die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die das leisten.

Es wird auch noch die Abschaffung der kalten Progression erfolgen. Das wird tatsächlich noch viel, viel mehr Geld kosten, das aus unserer Sicht aber richtig und gut investiert ist, aber nochmals: Wir haben angekündigt, was wir tun. Wir haben einen Pfad vorgegeben und sind jetzt in der Beschlussfassung genau auf diesem Pfad, mit dem Ziel, die Men­schen zu entlasten.


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Auch wenn wir uns an Milliardenbeträge schon gewöhnt haben: Wenn jetzt im ersten Schritt schon 3,6 Milliarden Euro dieses Jahr beschlossen worden sind, vor der Sommer­pause des Parlaments, so ist das aus meiner Sicht ermutigend für die Menschen, die das Geld brauchen – mit der zusätzlichen Familienbeihilfe im August mit 180 Euro, der Erhöhung des Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro, dem Antiteuerungsbonus und dem Klimabonus mit 500 Euro pro Person, für Kinder die Hälfte –, und ich bin davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Brand­stätter. – Bitte.


09.32.42

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, ich möchte mit einem persönlichen Wort beginnen. Ich fand es wirklich bemerkenswert, dass Sie sagen: Ja, wir haben bei der Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage einen Fehler gemacht, ja, wir wollen das verbessern. – Ich glaube, das soll man hier nicht ver­gessen. Das wäre dann nämlich wirklich neuer Stil, der ja versprochen war, und ich möchte das hervorheben.

Und wenn wir schon beim Persönlichen sind: Ich würde Ihnen zutrauen, eine Frage, die nicht vorformuliert ist, zu beantworten, aber das ist mehr ein Appell für eine Parlaments­reform (Präsident Sobotka weist mit einer Handbewegung auf die Reihen der Abgeord­neten), also komme ich zur vorformulierten Anfrage, die Sie kennen, aber vielleicht noch eine Vorbemerkung. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.– Ja, machen wir eine Reform! Machen wir eine Reform!

Im heutigen „Standard“ ist ein Interview mit dem Industriellen Stefan Pierer, in dem er sehr deutliche Kritik an der Regierung übt – er ist auch sehr enttäuscht von Ihrem Vorvor­vorgänger, aber das ist eine andere Geschichte –, und er sagt, es fehle „vorausschauen­des Denken“, das sei „besorgniserregend“.

Nun aber zu meiner konkreten Frage:

206/M

„Es wurde mehrfach die Möglichkeit eines gemeinsamen, europäischen Gaskaufs am internationalen Gasmarkt angedacht und wohl auch im Europäischen Rat besprochen. Was ist hier der Stand der Diskussionen auf EU Ebene?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Vielen Dank für die Frage, Herr Abgeordneter. Ich kann Ihre Kritik nachvollziehen. Als ich selbst Abgeordneter in diesem Hohen Haus war, habe ich das Prozedere auch für ein wenig antiquiert anmutend gehalten. Wenn es tatsächlich zu einem gemeinsamen Beschluss der Parteien hier im Hohen Haus kommt (Zwischenruf des auf Präsident Sobotka weisenden Abg. Leichtfried), um die Frage­stunde zu verändern, dann begrüße ich das (Abg. Brandstätter – auf Präsident Sobotka weisend –: Er ist auch dafür!), aber wie ich weiß, ist es für den Präsidenten eine stete Herausforderung, hier eine Einigkeit unter den im Parlament vertretenen Fraktionen zu erzielen, also ist das ein Appell an Sie selbst. (Abg. Brandstätter: Danke!) Ich freue mich darauf, wenn es reformiert und dann tatsächlich spontan ist.

Zu der Frage: Es gibt diese sogenannte Energieplattform, die seit circa zwei Wochen tatsächlich aktiv ist. Das Energieministerium hat einen Beauftragten in die Plattform ent­sandt. Wir haben das höchstmögliche Potenzial an Terawattstunden Gas eingemeldet. Das sind 50 Terawattstunden, die für Österreich da möglich waren. Die Plattform nimmt ihre Arbeit auf, operativ wird sie noch nicht spürbar, faktisch ist es aber so, dass wir bei der strategischen Reserve jetzt trotzdem handeln müssen und nicht darauf warten kön­nen, ob die Plattform uns dann tatsächlich unterstützt und uns hilft.


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Ich habe es auch – das muss ich auch offen dazusagen – ein wenig eigenartig gefunden, dass die Präsidentin der Kommission die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen hat, sich nicht gegenseitig zu konkurrenzieren. Das wäre dann nicht der Fall, würde die Plattform ar­beiten und uns schon selbst bei der Suche nach den notwendigen Gasvorkommen ent­lasten. Das heißt also, es wird einfach davon abhängen, wie schnell die Plattform ope­rativ tätig wird. Die volle Unterstützung von österreichischer Seite ist zugesichert.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Ich beziehe mich noch einmal auf das Interview von Stefan Pierer. Er sagt, die Lage ist besorgniserregend, weil noch mehr Preiserhöhungen kommen werden, und das, was er da vorschlägt, ist natürlich umstrit­ten, und ich möchte wissen, was Sie dazu sagen. Er sagt, in „Krisenzeiten“ muss man „den Strompreis deckeln“, das „ist nicht so kompliziert“. – Wie sehen Sie das?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Ja, da gehen die Expertinnen- und Experten­meinungen derzeit auseinander, weil Europa auch regional extrem unterschiedlich auf­gestellt ist.

Wir haben auf der Iberischen Halbinsel tatsächlich ein erfolgreiches Modell einer Preis­deckelung, das liegt aber daran, dass die Iberische Halbinsel vom internationalen Handel mit Strom deutlicher abgeschottet ist.

In Österreich ist die Herausforderung, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes komplett vernetzt sind, ja auch selbst immer wieder Stromimporte brauchen. Aufgrund dieses Handelsvolumens führt eine Deckelung des Strompreises, die ausschließlich in Öster­reich durchgeführt würde, dazu, dass dieser billige Strom in der Sekunde international gehandelt und dann nicht den eigenen Verbrauchern zugutekommen würde. Das heißt, das Ziel ist nachvollziehbar, aus meiner Sicht auch anstrebenswert – wir diskutieren das ja auch auf Kommissionsebene, zumindest auch bei dem Thema Gas an sich oder Merit­order –, es ist aber ein total komplexes Unterfangen.

Ich kann es Ihnen nur so ehrlich beantworten, wie es tatsächlich auch im EU-Rat der Regierungschefs diskutiert wird: In Ermangelung anderer bewährter Systeme gilt derzeit noch das Vorsichtsprinzip. Ich halte das für einen Fehler, weil tatsächlich außergewöhn­liche Zeiten außergewöhnliche Maßnahmen erfordern, aber was ich zusagen kann, ist, dass sich Österreich konstruktiv an diesen Reformbemühungen des Strommarkts betei­ligt und auch da guten Lösungen nicht im Wege steht. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Hammer. – Bitte.


Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Sie haben im Prinzip meine Frage in Ihrer Beantwortung schon vorweggenommen. Wir haben das auch in den letzten Tagen diskutiert, da haben Sie auch gesagt, man muss aufpassen, es sind sehr komplexe Probleme, gerade bei diesen Preisbildungen, vor denen wir ste­hen, und es ist natürlich sehr verlockend, da mit einfachen Antworten zu kommen, eben zum Beispiel mit einem Strompreisdeckel.

Es besteht dieses Meritordersystem der Preiszusammensetzung, bei dem sich der Strompreis immer nach dem teuersten Kraftwerk, das gerade ans Netz geht, richtet. Das ist problematisch, das sehen wir jetzt. Das hat sehr lange sehr gut funktioniert, in der aktuellen Situation ist es problematisch, weil es zu extrem hohen Preisen führt, auch wenn wir im Strommix sehr viele Erneuerbare haben.

Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Sie haben es angesprochen, hat angedeutet, dass es andere Lösungen bei der Preisbildung braucht. Es braucht gesamt­europäische Lösungen, Sie sind schon darauf eingegangen. Vielleicht können Sie noch


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näher auf Ihre Position eingehen, darauf, was Sie da auf europäischer Ebene tun wer­den.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Das Thema ist, dass die Kommission da tat­sächlich sehr engagiert ist, aber aus meiner Sicht gerade sehr viele Bälle in der Luft sind und es daher noch an konkreten Ergebnissen mangelt. Weil der Strommarkt in Öster­reich so besonders ist, wie ich es vorhin beschrieben habe, haben eben nationalstaat­liche Maßnahmen nur beschränkt Wirkung, selbst wenn man sie setzen würde, und ei­nen enorm hohen Kostenaufwand.

Das heißt, auch wenn wir die Meritorder hinterfragen und die Entkoppelung von Gas- und Strompreis erreichen, wird die Frage sein, wie das System an sich dann trotzdem, hierarchisch gesehen, mit den verschiedensten Produktionsmöglichkeiten funktionieren kann.

Die Meritorder, so wie Sie sagen, hat ja deshalb auch lange funktioniert, weil dieses System es ermöglicht hat, dass erneuerbare Energie im größeren Ausmaß indirekt geför­dert worden ist und damit auch der Ausbau stärker vorangetrieben worden ist. Das hat sich jetzt, wie Sie es auch richtig beschrieben haben, als ein nicht brauchbares Instru­ment in Zeiten der Krise gezeigt. Das heißt, es wird jetzt mit Wirtschaftsexperten, mit Energieexperten, auf europäischer Ebene darum gerungen, was ein Alternativmodell sein kann, es gibt nur derzeit keine konkreten Vorschläge.

Wir werden weiter danach trachten, auch alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die sich nationalstaatlich bieten, durch die Entlastung der Unternehmen durch die Strompreis­kompensation, durch die Entlastung der Unternehmen da, wo sie besonders energiein­tensiv sind, auch wenn es kleinere und mittlere Unternehmen sind.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Sieber. – Bitte sehr.


09.39.49

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Österreich, Europa, die Welt sind nicht von einer Krise, sondern vielmehr von multiplen Krisen be­troffen – ob das die Pandemie, die bei Weitem noch nicht überwunden ist, oder dieser fürchterliche Krieg in der Ukraine ist. Daraus resultiert dieses Schwächeln der Lieferket­ten, das dazu führt, dass wir eine massive Teuerung erleben. Die österreichische Bun­desregierung hat sich ja sehr früh und sehr schnell zu umfangreichen Hilfspaketen für die Menschen entschieden. Wenn man den Vergleich mit anderen Ländern, zum Beispiel Deutschland, hernimmt, dann sieht man, dass wir schnell und umfangreich geholfen haben. Es ist eben sehr wichtig gewesen, schnell zu helfen, denn wer schnell hilft, hilft doppelt. Auch die soziale Treffsicherheit war uns ein großes Anliegen.

Herr Bundeskanzler, meine Frage wäre:

200/M

„Wie werden sozial schwache Bevölkerungsgruppen wie z.B. Pensionisten, Familien und Alleinerzieher, die von der aktuellen Teuerung am stärksten betroffen sind, unterstützt und entlastet?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Herr Abgeordneter, ich weiß, dass Sie sich schon viele Jahre für die Interessen der Familien einsetzen, und da besonders für die der sozial schwachen. Danke für Ihren Einsatz, auch im Hinblick auf dieses Reformpa­ket. Damit ist es gelungen, Entlastungsschritte zu setzen, die breit aufgestellt sind.


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Auf der einen Seite unterstützen wir Menschen, die von geringen Einkommen betroffen sind, wie beispielsweise Arbeitslose, Mindestpensionistinnen und -pensionisten durch 300 Euro Sofortentlastung. Dann gibt es 500 Euro für jede und jeden in einem Haushalt aufgrund des Antiteuerungsbonus und des Klimabonus. Darüber hinaus bekommen Fa­milien, die natürlich auch von all diesen Folgen betroffen sind, eine zusätzliche Familien­beihilfe in Höhe von 180 Euro zur bestehenden dazu, also eine 13. Familienbeihilfe, die erhöht ausgezahlt wird. Das Zusammenwirken dieser Maßnahmen soll erreichen, dass damit der schwierige Schulstart abgefedert wird.

Darüber hinaus: Der Familienbonus – schon von mir erwähnt – ist tatsächlich eine der stärksten familienpolitischen Entlastungsmaßnahmen für alle, die Lohnsteuer zahlen und damit zum Gesamtwohl im Staat beitragen. Das sind statt 1 500 Euro nun 2 000 Euro pro Jahr und pro Kind. Das ist echtes Geld, das den Eltern helfen soll. Darüber hinaus ist eine Erhöhung des Kindermehrbetrages auf 550 Euro vorgesehen, sie wird auf 2022, also auf dieses Jahr, vorgezogen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Herr Bundeskanzler, Österreich hat sich dazu entschieden, schnell und rasch zu helfen, monetär zu helfen. Das Geld kommt bei den Familien an. Als Familiensprecher möchte ich mich dafür bedanken, dass gerade für die Familien ein derart umfassendes Paket geschnürt worden ist.

Warum, Herr Bundeskanzler, haben Sie sich, haben wir uns dazu entschieden, nicht mit Preisobergrenzen und Mehrwertsteuersenkungen zu arbeiten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Zum einen, Herr Abgeordneter, ist es total nach­vollziehbar, dass Preisdeckel, Preisobergrenzen verführerisch sind und als die beste Lösung erscheinen. Das wäre aber eine einfache Lösung für eine komplexe Frage, die nicht immer oder gar nicht funktioniert oder sogar zu einem Negativeffekt führt. Was meine ich damit? – Wenn wir zum Beispiel über Preisdeckel bei Lebensmitteln nachden­ken, so ist die Fragestellung in vielfacher Art und Weise komplex: Wie kann das so um­gesetzt werden, dass auf der einen Seite das Angebot nicht verknappt wird, dass die Bäckerei weiter wirtschaften kann und dass dann die Menschen tatsächlich etwas davon haben, eben die Ware beziehen können?

Warum ist das komplex? – Würde man zum Beispiel beim Brot einen Preisdeckel einfüh­ren und festlegen, dass 1 Kilo Brot so und so viel Euro kostet, und würden sich aber für den Bäcker die Produktionskosten – weil die Grundprodukte immer teurer werden – ver­ändern, käme es zu einer Angebotsverknappung, weil es irgendwann für den Bäcker nicht mehr wirtschaftlich ist, das Brot tatsächlich herzustellen.

Wenn das wiederum kommt, kommt es zu einem Umsatzrückgang. Durch den Umsatz­rückgang sind auch Arbeitsplätze in der Bäckerei gefährdet. Das ist das, was ich damit meine. Das Ziel muss immer sein, dass der Deckel den Konsumenten beim Kaufen der Ware entlastet, das Unternehmen aber gleichzeitig nicht in seinem Wirtschaften gefähr­det. Das ist der Grund, warum wir direkt helfen und derzeit nicht die Variante der Preis­deckel wählen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.


Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanz­ler! Wer sofort hilft, hilft wirklich: Seit Anfang Juni ist diese angekündigte Hilfe die Bot­schaft an Familien, Pensionisten und Alleinerzieher. Es sind Milliarden ausgeschüttet werden, aber abgesehen von der zusätzlichen Familienbeihilfe im August fließt das Geld erst im Oktober, bei manchen noch später. Bis dahin kämpfen noch mehr Menschen


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ums finanzielle Überleben. Für viele wird die Soforthilfe zu spät kommen und nicht aus­reichen, um das Konto auszugleichen. Das heißt, es wird im November nichts übrig blei­ben.

Was können sich Familien, Pensionisten, Alleinerziehende von der Regierung erwarten, um über den Winter zu kommen, um die Nachzahlungen der Energie- und Heizkosten am Jahresende stemmen zu können? Gibt es abgesehen von der Indexierung der So­zialleistungen, die ab 1.1.2023 angekündigt ist, aber auch nur wenige Euro pro Monat ausmacht, weitere Maßnahmen zur Unterstützung in der weiter anhaltenden Teuerungs­spirale?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Frau Abgeordnete, vielen Dank für Ihre Frage. Weil die Auswirkungen tatsächlich sehr ernst zu nehmen sind, haben wir uns auch in­tensiv mit den Wirtschaftsforschern auseinandergesetzt, um dahin gehend eine Progno­se zu erhalten: Was bedeutet die Teuerung für die Menschen einerseits und was bringen die Entlastungsmaßnahmen, die hier im Hohen Haus beschlossen worden sind, tat­sächlich?

Das Ergebnis zeigt, testiert von den Wirtschaftsforschern, das wir es tatsächlich schaf­fen, die Steigerung der Kosten größtmöglich abzufedern und zu lindern. Es beginnt da­mit, dass wir schon zu Beginn des Jahres das Antiteuerungspaket eins geschnürt haben. Dann kam das Antiteuerungspaket zwei, weil wir gesehen haben, dass die Teuerung anhält. Die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Abschaffung der Elektrizitäts- und der Gasabgabe: Das sind Maßnahmen, die jetzt spürbar sind. Sie werden dazu führen, dass dieser Schock aufgrund der Preissteigerungen, der da und nicht wegzureden ist, tat­sächlich abgemildert und abgefedert wird.

Wesentlich ist, dass wir sowohl durch die Steuerreform als auch durch die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung nächstes Jahr auch ein Paket für nächstes Jahr ge­schnürt haben. Die Frage wird sein: Wo braucht es weitere Unterstützung, um den Menschen in dieser Teuerungswelle zu helfen? Die Summe der Hilfen ist so berechnet, dass tatsächlich die größten Folgen abgemildert werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Holz­leitner. – Bitte.


Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! 370 000 Kinder in Österreich leben in Armut, ihnen hilft der Familienbonus nicht. Die valorisierten Familienleistungen, zu denen noch kein Vorschlag hier im Haus liegt, werden nicht ausreichen, Einmalzahlungen verpuffen für diese Familien und auch die Kinder, und jetzt hat die Bundesregierung auch den Schulbonus für Kinder, deren Eltern Mindestsicherung beziehen, gekürzt.

Was tun Sie, um diese Kinder nachhaltig aus der Armut zu holen, langfristig abzusichern und vor allem um das Ziel, das im Regierungsprogramm festgehalten wurde, dass die Armut in Österreich halbiert werden soll, zu erreichen? Was tun Sie, damit diese Kinder in Österreich nicht mehr in Armut leben müssen? (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Zum einen, Frau Abgeordnete, unterstütze ich Sie voll in der Forderung, dass die Bekämpfung von Kinderarmut das vorrangige Ziel sein muss, weil jedes Kind, das Armut in lebt, eines zu viel ist. Ich bin selbst Vater von zwei Kindern. Eltern, die in so einer schwierigen Situation sind, gehören bestmöglich unterstützt. Das passiert aber in vielerlei Hinsicht.

Sie haben Recht, wir differenzieren. Es gibt Entlastungsmaßnahmen für Familien, in de­nen die Eltern arbeiten, Lohnsteuer zahlen und Sozialversicherungsbeiträge leisten.


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Durch ihren verstärkten Konsum durch die Entlastungsmaßnahmen tragen sie dazu bei, dass Familien, in denen die Eltern nicht erwerbstätig sind und keine Abgaben für die Gesellschaft leisten – außer die Konsum- und Massensteuern –, mittels Sozialleistungen besonders entlastet werden.

Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen. Um sie aufzuzählen, reicht jetzt die Zeit gar nicht. Das Entscheidende ist aber, dass das nicht nur Bundesmaßnahmen sind. Sie wissen das, Sie kommen selbst aus einem Bundesland, das engagiert in der Frage der Armuts­bekämpfung vorgeht (Abg. Holzleitner: Wo kein Teuerungspaket bisher aufgelegt worden ist – in Oberösterreich! Ganz schlechtes Beispiel!) und das Familien, die sozial schwach sind, gezielt hilft. Das kann vom Mietkostenzuschuss bis zum Heizkostenzu­schuss bis ganz konkret zur Schulstarthilfe gehen, die zusätzlich zu allen Bundesleis­tungen hinzukommen.

Also ja, Sie haben recht: Es ist notwendig, gegen die Armut vorzugehen, aber ich kann dem, dass all das, was da ist und schon besteht, negiert wird, wenig abgewinnen. Ich glaube, da lohnt sich ein Blick auf die Details. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Holzleitner: Wow!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Leicht­fried. – Bitte.


09.48.52

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Guten Morgen! Herr Bundeskanzler, Sie haben, als die Probleme mit dem Gas offenkundig geworden sind, versucht, sozusagen wiederum in Fortsetzung der türkisen Showtradition zu reagieren: Sie haben mit einem sehr pompösen Ausflug in die Vereinigten Arabischen Emirate den Eindruck erzeugen wollen, es passiere gleich irgendetwas. Es waren mehrere MinisterInnen mit, es ist ein unglaublicher Aufwand gewesen, nur: Passiert ist nichts. Was hat dieser Ausflug ge­bracht?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 204/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie viel Gas aus alternativen Quellen ist aufgrund des pompösen Besuchs in den Ver­einigten Arabischen Emiraten in Österreich bisher angekommen?“

*****


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Da muss man differenzieren: Es war eine Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate und eine zweite nach Katar. Das ist deshalb auseinanderzuhalten, weil Sie Gas nicht in Abu Dhabi, in den Vereinigten Arabischen Emiraten kriegen, sondern in Katar.

Abu Dhabi war deshalb wichtig, weil Abu Dhabi auch ein wichtiger Anteilseigner der OMV ist, unseres größten Mineralölkonzerns, und es Aufgabe und Verpflichtung von Bundes­regierungen ist, da Türöffner zu sein und Bestrebungen des in Österreich mit Sicherheit für die Energiefrage wichtigsten kritischen Infrastrukturunternehmens im Bereich Öl und Gas bestmöglich zu unterstützen.

Ich war nicht nur mit Ministern dort, sondern ich war vor allem auch mit dem General­direktor der OMV dort. (Abg. Krainer: Mit Fotografen, oder was?) Das ist deshalb wich­tig, weil es darum ging, mit Adnoc – das ist ein Anteilseigner aus Abu Dhabi, dessen Entscheidungen unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen auf die OMV haben – Ge­spräche zu führen, die Lage zu sondieren und zu signalisieren, dass Österreich mit sei­nem über die Öbag verwalteten 31,5-Prozent-Anteil bereit ist, alles zu unternehmen, um


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die Glaubwürdigkeit des Unternehmens an sich, auch als Verhandlungspartner, zu stär­ken. Sie werden das noch aus der Zeit, als Sie Regierungsverantwortung getragen ha­ben, wissen, dass gerade der arabische Raum auf diese Form des Protokolls viel Wert legt.

Die Reise nach Katar war – auch von mir begleitet – tatsächlich eine operative für die OMV, denn dieses Gas kauft nicht die Republik Österreich, sondern die OMV. Da geht es um Flüssiggas, es geht um Möglichkeiten, dass die OMV ihre Kontingente aufstocken kann. Sie müssten diese Frage, wie viel mehr Gas tatsächlich als Folge der Ankündi­gungen in den Gesprächen möglich geworden ist, dann direkt an das Unternehmen stellen. Auch da war es wichtig, dass wir als Bundesregierung beim Emir von Katar, der da natürlich einen gewaltigen Einfluss hat, Türöffner für die Geschäftsführung der OMV waren.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Also kurz zusammengefasst: Es war für nichts.

Meine Zusatzfrage ist folgende: Wenn man die Gaslieferungen nach Österreich an­schaut und gleichzeitig die Ziele der Bundesregierung damit vergleicht, kommt man zu einer beängstigenden Beobachtung. Frau Bundesministerin Gewessler hat angekündigt, dass es gelingen wird, die Speicher bis zu 80 Prozent zu füllen, weil das notwendig ist. Wenn sie nicht gefüllt werden, werden wir im Winter riesige Probleme bekommen, ins­besondere im Bereich der Industrie, aber auch in anderen Bereichen. Jetzt ist es aber so, dass wir derzeit Lieferungen in der Höhe von circa 200 Gigawattstunden erhalten. Mit diesen 200 Gigawattstunden geht sich das mit den 80 Prozent nie und nimmer aus, man bräuchte ungefähr 350 Gigawattstunden.

Ich weiß, Sie beobachten das – das ist gut, wenn es beobachtet wird –, aber man müsste schon ein bisschen mehr tun als beobachten. Angeblich gibt es – wenn Sie mich darüber informieren, würde es mich freuen – in Norwegen Gas von der OMV, das aber nicht nach Österreich kommt, sondern woandershin exportiert wird. Wäre das eine Möglichkeit, oder was fällt Ihnen sonst noch dazu ein?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Auch bei dieser Frage, Herr Abgeordneter, danke ich Ihnen besonders für die Wertschätzung und die Formulierung, weil das zeigt, wie ernst Sie die dramatische Situation in der Energieversorgung nehmen. (Abg. Leicht­fried: So ist es!)

Der Handlungsspielraum der Bundesregierung gliedert sich mehrfach auf. Das eine ist, Türöffner und Brückenbauer für Unternehmen zu sein, die die Unterstützung der Politik brauchen, wie durch die eben beschriebenen Reisen. Das andere ist, dass wir tat­sächlich auch als Republik Österreich Gas einspeichern. Dabei handelt es sich um ein Volumen von 20 Terawattstunden Gas. Damit Sie einen Anhaltspunkt haben: 10 Tera­wattstunden werden in Österreich in einem energieintensiven Monat wie dem Jänner verbraucht, 4,6 Terawattstunden in einem energiearmen Monat. Das heißt, da wird von der Republik, von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, selbst Gas gekauft. Das ist das von Ihnen erwähnte Einspeichern in die Speicher. Darüber hinaus speichern die Unternehmen ein. Die OMV zum Beispiel, die ja viele Kunden in Österreich versorgt, hat einen Füllstand ihrer Speicher von bereits 72 Prozent erreicht, und der steigt weiter.

Die von Ihnen erwähnte Liefermenge ist derzeit durch die Reduktion der Gasdurchfluss­mengen von Ost nach West eine schwankende, sie bewegt sich mittlerweile zwischen 200, 250 und 280. Das heißt, es gibt hier weiterhin eine Füllung der Speicher plus den Aufbau der von Österreich angestrebten strategischen Reserve.


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Sie waren damals als Koalitionspartner von uns, der Volkspartei, in die Liberalisierung und Privatisierung des Energiemarktes voll involviert. Jetzt gerade bieten wir als Repu­blik beim Kauf von Gaskapazitäten – das kann das von Ihnen beschriebene norwegische Gas sein – genauso mit wie auch bei Pipelinekapazitäten, damit wir dieses Gas auch nach Österreich bekommen. Ich weiß, das ist ein komplexer Vorgang, aber es ist wichtig, zu beschreiben, wie viele Aktivitäten gesetzt werden. (Abg. Krainer: Zeit! Herr Präsident, Sie haben eine Glocke!)

Darüber hinaus haben wir auch hier im Hohen Haus das Use-it-or-lose-it-Prinzip be­schlossen. Das heißt, die Gazprom hat einen großen Speicher in Haidach, der derzeit nicht befüllt wird. Wir werden dafür sorgen, dass er befüllt wird, und das ist auch gerade in Umsetzung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordnete Werner. – Bitte.


Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Im Zusammenhang mit den Energieimporten wird immer wieder Nordafrika genannt, wo es aufgrund der konstant hohen Sonneneinstrahlung extrem große Potenziale für Sonnenenergie gibt. Welche Initiativen oder Ideen für Initiativen oder Partnerschaften wurden da auf Ebene des Eu­ropäisches Rates diskutiert und mit welchem Ergebnis?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Es hat einen sehr aufwendigen und intensiven Gipfel der EU-Regierungschefs mit der Afrikanischen Union gegeben. Afrika ist tatsäch­lich in der Frage der Energieproduktion ein Zukunftskontinent. Da geht es vor allem um den sogenannten grünen Wasserstoff, den Sie, glaube ich, auch ansprechen. Da gibt es jetzt auf technischer Ebene viele Gespräche, die von der Kommission mit Ländern geführt werden, die Potenziale haben, diese Produktion vorzunehmen, und natürlich auch eine umfassende Planung der Energieunternehmen, wie man den produzierten Wasserstoff dann nach Europa bringen kann.

Das ergänzt sich zum Teil auch mit afrikanischem Gas. Warum? – Alle Pipelineinves­titionen, die jetzt gemacht werden und zum Teil auch schon gemacht worden sind, wer­den in Zukunft dazu führen, dass wir Wasserstoff auch einspeichern und transportieren können. Das ist ein gemeinsames Projekt. Österreich unterstützt da die Kommission. Ich selbst als Bundeskanzler versuche immer wieder, mit afrikanischen Staaten, erst un­längst auch wieder mit Marokko, in der Frage, welche Möglichkeiten es auch in Nord­afrika gibt, in Kontakt zu treten, um Produktionsmöglichkeiten auszuloten. Dabei geht es um beides: herkömmliches Gas genauso wie die Möglichkeit zur Produktion von grünem Wasserstoff.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Bösch. – Bitte.


09.56.42

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist die österreichische Neutralität aus verschie­denen Richtungen in Kritik geraten. Wir Freiheitliche halten sie jedoch für ein taugliches Mittel, um in diesem Konflikt nicht nur die Interessen der Republik Österreichs, sondern auch die Interessen des Friedens in Europa voranzutreiben.

Ich stelle Ihnen die Frage in Bezug auf den Begriff Zeitenwende, den Sie im Rahmen eines Interviews verwendet haben:

187/M

„Wie interpretieren Sie den Begriff Zeitenwende in Bezug auf die Beziehung Österreichs zur NATO?“



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Danke für die Frage, Herr Abgeordneter.

Der Begriff stammt ja nicht von mir, sondern ich habe zitiert. Bundeskanzler Olaf Scholz hat ihn das erste Mal in die mediale Diskussion miteingebracht. Ich glaube, er trifft sehr gut, was gerade jetzt passiert, wenn man den Paradigmenwechsel – etwa bei der Bun­desrepublik Deutschland, die bereit ist, jetzt 100 Milliarden Euro in die Aufrüstung der Bundeswehr zu investieren – betrachtet.

Auf der einen Seite erleben wir, dass sich die Nato tatsächlich erweitert, durch Staaten, die freiwillig der Nato beitreten. Das sind Finnland und Schweden, und das ist tatsächlich außergewöhnlich. Beide Länder haben aber jetzt eine Grenze mit einem Krieg führenden Land und sehen ihre eigene Sicherheit im Nato-Bündnis gewährleistet.

Auf der anderen Seite bedeutet das für Österreich, dass es eine Veränderung auch in der Europäischen Union insgesamt darstellt, weil von den 27 EU-Mitgliedstaaten jetzt nur noch drei neutrale Staaten präsent sind – das ist Österreich, das ist Irland, das ist Malta –, und ein bündnisfreies Land, Zypern, das gerne der Nato beitreten würde, was aber durch den Konflikt mit der Türkei derzeit keine Denkoption darstellt.

Das heißt, unsere Aufgabe als Neutrale innerhalb der Europäischen Union muss jetzt sein, die Interessen, das Potenzial und die Möglichkeiten von neutralen Staaten sichtbar und klar zu machen.

Ich halte die österreichische Neutralität für eine gute Möglichkeit, um Friedensbemühun­gen konstruktiv zu unterstützen. Ich habe gerade erst Präsident Erdoğan getroffen, der ja mit dem Istanbuler Friedensprozess die größten Fortschritte gemacht hat und von sich aus auch die wichtige Rolle Österreichs als keinem Militärbündnis angehörig, aber Mit­glied der Europäischen Union betont und hervorgestrichen hat.

Auf der anderen Seite sind wir Teil der Europäischen Union und somit, wie Sie wissen, auch der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Das heißt, wir sind als vollwerti­ges Mitglied in der Europäischen Union vollumfassend solidarisch, haben über 800 Sol­daten in Friedensmissionen. Ich halte diesen Weg Österreichs für gut und richtig. Das ist das, was ich auch vorher und nachher und immer wieder sagen werde: Wir waren neutral, wir sind neutral und aus meiner Sicht bleiben wir das auch, weil es eine gute Möglichkeit ist, konstruktive Außenpolitik zu betreiben, Sicherheitspolitik zu betreiben und trotz Neutralität auch dann, wenn es darum geht, einen Aggressor zu benennen, der ein anderes Land überfällt, eine Meinung zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Bundeskanzler, welche Be­mühungen setzen Sie auf EU-Ebene, so wie wir es während unserer gemeinsamen Re­gierungszeit als FPÖ und ÖVP getan haben, nicht nur zur Implementierung eines effi­zienten EU-Außengrenzschutzes – Sie führen dieses Thema immer im Munde –, son­dern auch zum Aufbau einer eigenständigen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Zum einen ist aus meiner Sicht der Außen­grenzschutz derzeit tatsächlich eine der größten Wunden in der Sicherheitsarchitektur der Europäischen Union, weil er nicht funktioniert. Wir sind Zeugen einer immer stärker werdenden irregulären Migration. Dass wir als Binnenland – nicht Grenzland – davon betroffen sind, zeigt, dass dieser Außengrenzschutz offensichtlich nicht funktioniert.

Österreich hat konkrete Vorschläge eingebracht: schnelle Asylverfahren, schnelle Rück­führungen und eben ein guter, durch Frontex unterstützter Grenzschutz. All das ist aus


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meiner Sicht leider ein noch nicht umgesetztes Versprechen vonseiten der Kommis­sion – auch dafür zu sorgen, dass das möglich ist.

Auf der anderen Seite die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik: Das österreichi­sche Bundesheer leistet einen großen Beitrag, indem es hochqualifizierte Offiziere in die Stäbe der jeweiligen Einrichtungen schickt. Wir müssen darauf achten – die Verteidi­gungsministerin hat sich das auch vorgenommen, so wie ihr Vorgänger, der Verteidi­gungsminister unserer damaligen gemeinsamen Koalition –, dass die Interoperabilität weiter ausgebaut wird. Das heißt, dass, wenn Friedensmissionen stattfinden, es selbst­verständlich ist, dass die dort eingesetzten Truppenteile gut miteinander kommunizieren können, Befehlsgebungsabläufe und auch die Frage der Taktik und der operativen Um­setzung harmonisiert sind. (Abg. Bösch: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Ofen­auer. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Schönen guten Mor­gen, Herr Bundeskanzler! Dem österreichischen Bundesheer als der bewaffneten Macht Österreichs obliegt die Verteidigung der Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln und damit auch die Gewährleistung der Unabhängigkeit Österreichs und der Un­verletzlichkeit des Staatsgebietes. Wie wichtig das ist, haben wir am 24. Februar 2022 gesehen. Dieser Angriffskrieg Putins auf die Ukraine war eine Zeitenwende – wie es bereits angesprochen wurde.

Meine Frage: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die europäische und ins­besondere für die österreichische Sicherheitspolitik?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Herr Abgeordneter, Sie setzen sich ja schon seit vielen Jahren für die militärische Landesverteidigung und für die sicherheitspoliti­schen Interessen der Republik Österreich hier im Hohen Haus ein. Zum einen ein großes Danke an die Abgeordneten und Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates für den ein­stimmigen Beschluss, dass die Ausgaben für das österreichische Bundesheer erhöht werden müssen. Das ist notwendig und richtig.

Ich sage das durchaus selbstkritisch. Das österreichische Bundesheer hat über Jahr­zehnte viel zu viele Einsparungen erleiden müssen. Es sind aus meiner Sicht auch die falschen Maßnahmen gesetzt worden. Das heißt, wenn wir jetzt dem Bundesheer einen Investitionsschub geben, dann ist es tatsächlich ein Investitionsschub, der grundsätzlich einmal eine vernünftige Basis schafft, auf der dann aufgebaut werden kann, um rüs­tungstechnisch tatsächlich Fortschritte zu erreichen.

Es ist notwendiger denn je. Der Krieg ist in Wahrheit nicht einmal 500 Kilometer von uns entfernt, wenn man daran denkt, dass Lemberg angegriffen und bombardiert wird. Das heißt, wir haben auch als neutraler Staat, der an sich keinem Militärbündnis angehört, die Verpflichtung, für unsere Selbstverteidigungsfähigkeit zu sorgen. Wir sind dazu in intensiven Gesprächen mit unserem Koalitionspartner. Ich bin zuversichtlich, dass uns eine dementsprechende Vorlage gelingen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte sehr.


10.03.23

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Bundeskanzler, Sie haben es so­eben und vorhin schon angesprochen: Der Krieg in der Ukraine dauert nicht nur an, sondern die Situation spitzt sich weiterhin zu. Präsident Putin sagt neuerdings: Wir haben erst angefangen! – Da Luhansk jetzt weitgehend von russischen Kräften kontrol­liert wird, wird auch die Zivilbevölkerung in Donezk aufgerufen, zu flüchten. Das heißt,


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es ist alles andere als eine entspannte Situation, und auch Friedensverhandlungen zeich­nen sich leider noch immer nicht ab.

Meine Frage wäre, wie ihre gegenwärtige Einschätzung zur Lage, zum Verlauf des wei­teren Angriffskrieges Russlands und natürlich auch hinsichtlich der humanitären Situa­tion ist, die uns auch in Europa enorm tangiert.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 209/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie lautet aufgrund Ihrer internationalen Kontakte Ihre gegenwärtige Einschätzung über den weiteren Verlauf des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine insbesondere im Hinblick auf die gegenwärtige humanitäre Situation?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Ich fange mit dem von Ihnen zuletzt Angespro­chen an. Es ist zutiefst beeindruckend – und auch da eine großes Danke an die Öster­reicherinnen und Österreicher und die Menschen, die in Österreich leben, die dies er­möglichen –, dass über 80 000 Ukrainerinnen, Ukrainer, Kinder in Österreich versorgt und betreut werden können. Das ist eine humanitäre Leistung, die, finde ich, auch Wert ist, erwähnt zu werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Auf der anderen Seite: Ihre Prognose ist leider voll zutreffend. Ich habe damals, wenn Sie sich erinnern können, immer wieder, als der Krieg begonnen hat, auch von der Kriegslogik Putins gesprochen – er ist in seiner vollen Umsetzung angelangt. Während die Angriffsstrategie nicht funktioniert hat, die Regierung durch einen Einmarsch vom Norden in den Süden, von Weißrussland aus, schnell und mit verlustreichen Kämpfen für die Russische Föderation zu stürzen, beginnt die Ostoffensive, die die russische Ar­mee jetzt klassisch strategisch nach sowjetischem Muster führt, durchgeführt zu werden; das heißt: massiver Artilleriebeschuss, heißt: keine Rücksichtnahme auf Zivilisten, und das bedeutet auch jetzt im Kriegsverlauf momentan immer wieder eine Zunahme an Gebietsgewinnen.

Die ukrainische Armee leistet aus meiner Sicht all das, was an Gegenwehr möglich ist. Angesichts der Tatsache, dass es eine Übermacht an Artilleriebeschuss und Raketenbe­schuss gibt, ist das ein mehr als schwieriges Unterfangen. Das heißt, der Krieg wird aus meiner Sicht so lange weitergehen, bis der eine, sprich der Aggressor, der die Invasion führt, sein vorläufiges Kriegsziel erreicht hat.

Die Rhetorik des Krieges ist an sich katastrophal. Wir kommen mit dem Krieg jeden Tag, den er dauert, viel zu nahe an Nato-Grenzstaaten. Wir kommen viel zu nah an die Gefahr eines großen Dritten Weltkrieges, weil die Geschichte einfach zeigt, dass große Kriege meistens nicht geplant begonnen worden sind, sondern mit einem Hineinstolpern, was dann katastrophal geendet hat; siehe gerade auch Erster Weltkrieg. Da hat Österreich viel aus der Geschichte zu berichten.

Das heißt, es geht jetzt darum, dass man weiterhin danach trachtet, Gesprächsebenen offenzuhalten – den Istanbuler Friedensprozess habe ich erwähnt –, gleichzeitig auch europäische Initiativen setzt, den Ukrainern bestmöglich zu helfen, die Regierung zu unterstützen, die Sichtbarkeit der Unabhängigkeit und der Eigenstaatlichkeit der Ukraine bestmöglich zu begleiten.


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Ich tue das, indem ich in regelmäßigem Kontakt mit dem Premierminister der Ukraine bin, natürlich auch mit dem Präsidenten, indem operative Kooperationen mit dem Bot­schafter geschlossen werden. Ich bin auch, wenn es um klare humanitäre Hilfe geht, in direktem Austausch mit dem Bürgermeister von Kiew. Es braucht also diese vielen Maß­nahmen, um bestmöglich Solidarität mit der Ukraine zu zeigen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.


Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Eine Zusatzfrage, weil Sie von Nato und Reinstolpern sprechen und auf der anderen Seite mit der Türkei in Kontakt waren: Auch dort besteht eine gewisse Gefahr beziehungsweise gibt es Ankündigungen von erneuten Angriffen, Militäroffensiven. Das ist natürlich im Windschatten des Ukrainekrieges inso­fern gefährlich, als die Welt doppelt herausgefordert ist, wenn man so möchte.

Da würde mich natürlich interessieren, wie Sie diese von der Türkei angekündigte Si­cherheitszone bewerten beziehungsweise ob Sie nicht denken, dass wir in Europa nicht auch gegenüber der Türkei jedenfalls – bei allen notwendigen diplomatischen Beziehun­gen, die wir verfolgen sollten – eine rote Linie ziehen und sagen sollten: Das geht einfach nicht, dass es dort zu erneuten Angriffen kommt! – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Der Herr Präsident wird mich gleich wieder zur Kürze mahnen – es ist aber eine total komplexe Frage, denn Syrien an sich bezeichnet auch die Komplexität des Raumes. Wenn Sie daran denken: Der Krieg oder die Opera­tionen, die die Türkei gegen die Kurden führt, sind meistens gegen die PKK geführt, die auch als Terrororganisation eingestuft wird. Andere Kurdenverbände unterstützen dabei sogar die Türkei. Das heißt, das ist an sich ein komplexes Thema, verstärkt dadurch, dass auch die Russen in Syrien stehen, und auch die Iraner durch die Unterstützung der Hisbollah und der schiitischen Milizen.

Das heißt, es ist eine ganz giftige Gemengelage mit unterschiedlichsten Interessen, die dort vorherrscht. Warum aber aus meiner Sicht dennoch die Türkei als Verhandlungs­partner für die Ukraine und für die Russen eine wichtige Rolle spielen kann, ist einerseits, weil sie von beiden Seiten akzeptiert wird, und auf der anderen Seite, weil auch die Türkei eine kritische Position gegenüber Russland vertritt, was die Syrienpolitik betrifft – es kam sogar zu einem Abschuss eines russischen Kampfjets. Das heißt, in dieser Pola­rität muss man versuchen, Lösungen zu finden.

Es tut mir leid, dass die Zeit jetzt so kurz ist. Es würde sich lohnen, das zu vertiefen. Gerade in Syrien ist eine ganz, ganz schwierige sicherheitspolitische Situation gegeben, nicht nur für die vor Ort Agierenden, sondern in Wahrheit auch für uns. (Abg. Ernst-Dziedzic: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Loa­cker. – Bitte.


10.09.06

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Wir haben jetzt schon mehrere Fragen rund um Putin und rund um Gas von Ihnen beantwortet bekommen. Es besteht, glaube ich, Einigkeit darüber, dass man beim russischen Präsidenten mit allen möglichen Schritten rechnen muss. Das heißt, wir müssen auch einkalkulieren, dass es zu einem totalen Lieferstopp bei Gas kommt.

Meine Frage:

207/M

„Es braucht nach Expertenmeinung massive europäische Koordination im Fall eines Gaslieferstopps: Pipelineflüsse müssen neu ausgerichtet werden, Speicherplatz verteilt


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und koordiniert, LNG Importe in ganz Europa verteilt usw. Was ist diesbezüglich seit Kriegsbeginn auf europäischer und bilateraler Ebene konkret umgesetzt worden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sie haben total recht mit der Feststellung, dass es, wenn es tatsächlich zu einem vollständigen Gaslieferstopp der Russischen Födera­tion käme, um jeden Preis eine transnationale Koordination braucht. Unsere Erfahrun­gen haben aber gezeigt, es gibt das Bekenntnis – es gibt das Bekenntnis der Kommis­sion, es gibt das Bekenntnis der Regierungschefs im EU-Rat. Die große Herausforde­rung wird sein: Beweist es sich dann tatsächlich in der Zeit der Not? – Ich bin etwas vorsichtig mit dieser Einschätzung, weil die Energieplattform derzeit noch nicht sichtbar und spürbar ist, diese aber so wichtig wäre, damit wir Mitgliedstaaten uns nicht gegen­seitig konkurrenzieren, wenn wir derzeit am internationalen Gasmarkt für die jeweiligen Speichermöglichkeiten einkaufen.

Das, was tatsächlich passiert ist, ist: Es hat sich der Import von Flüssiggas gegenüber importiertem Pipelinegas deutlich erhöht. Das heißt, LNG, also Flüssiggas, ist jetzt in einem großen Maße im europäischen System verfügbar. Die weltweiten Exporte nach Europa sind um 75 Prozent gestiegen. Hauptprofiteur dieser Exporte sind natürlich der­zeit die Vereinigten Staaten von Amerika, die große Mengen Flüssiggas Richtung Euro­pa transportieren. Deutschland versucht gerade, ein Manko auszugleichen, auch durch die Umsetzung eines Beschlusses, Liquid-Gas-Terminals zu errichten und daraus dann Pipelinestrukturen aufzubauen, die dieses Gas auch weiter nach Europa ziehen können.

Die große Aufgabe, die Sie zu Recht auch ansprechen, ist, die Infrastruktur an sich jetzt besser auszubauen. Das passiert zum Teil privatwirtschaftlich, weil natürlich auch Ener­gieunternehmen jetzt Interesse daran haben, dass Strukturen verstärkt werden, um Lie­feranforderungen auch gerecht zu werden. Konkretes Beispiel: Das Ölembargo der Europäischen Union gegen die Russische Föderation ist eine große Herausforderung für Tschechien. Der tschechische Premierminister ist mit der Bitte an mich herangetre­ten, dass die TAL-Pipeline – das ist eine Pipeline, die durch Österreich führt und Öl und vor allem auch raffinierte Produkte transportieren kann – weiter ausgebaut wird, damit die Kapazitäten vergrößert werden und dann eben in weiterer Folge der Verlust der rus­sischen Produkte kompensiert werden kann. Das wird gerade von der OMV positiv be­wertet und auch umgesetzt.

Auf der anderen Seite braucht es staatliche Initiativen von unserer Seite aus, im Ener­gieministerium, zur Bewertung dessen, was an Infrastruktur vorhanden ist. Es ist alles privatwirtschaftlich vergeben, der Staat an sich ist nicht klassisch Eigentümer von Pipe­lineinfrastruktur. Notwendig ist aber, dass wir als Republik dort helfen, wo es erforderlich ist, um diese verschiedenen Strukturen jetzt zu erweitern. Was meine ich damit? – Triest ist ein wichtiger Hafen für Österreich, wenn es um LNG geht; der Hafen von Krk ist ein wichtiger Bereich, wenn es um LNG geht.

Da bin ich im Gespräch mit den Premierministern, und genauso die Energieministerin jetzt gerade mit ihren Expertinnen und Experten, bei der Möglichkeitsabwägung und Er­hebung, was tatsächlich an Ausbaukapazitäten sinnvoll und richtig sowie vor allem mög­lich ist, immer mit Blick darauf, dass es gute und wichtige Infrastrukturmaßnahmen im Hinblick auf Wasserstoff sind. Deswegen wird regelmäßig das Krisenkabinett aus Fi­nanzminister, Wirtschafts- und Arbeitsminister und Energieministerin tagen und auch re­gelmäßig und transparent über die fünf Punkte Gasbevorratung, Gasdiversifizierung – das heißt andere Anbieter als Russland –, Infrastrukturprojekte – das heißt Pipelinesta­tus, Pipelineausbau –, die europäische Beschaffung und die Frage der Energielenkung, wenn sie denn überhaupt notwendig wird, informieren.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.



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Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Bundeskanzler, Sie verweisen auf Ihre Gespräche mit den Premierministern benachbarter Länder und auf die Gespräche der Frau Energieministerin. Wirtschaftskammerpräsident Mahrer sagt, die österreichi­sche Regierung schläft in der Pendeluhr, er erkennt keinen integrierten Plan. Wir wissen, dass der Wirtschaftsminister noch kein Gespräch mit Industrievertretern geführt hat – das hat er mir in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage mitgeteilt.

Wie beurteilen Sie die Kommunikation der Bundesregierung hin zu den Unternehmen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Also wenn Sie es so beschreiben, wie Sie es mir gerade beschrieben haben, dann besteht Luft nach oben und die Notwendigkeit, diese zu füllen. Das, was ich bestätigen kann, ist, dass ich als Bundeskanzler mit der Industrie regelmäßig Kontakt halte, sei es mit dem Präsidenten der Industriellenver­einigung, aber auch mit Industriebetrieben selbst. Das ist wahrscheinlich der Grund da­für, dass der Wirtschaftsminister jetzt dann in weiterer Folge diesen Terminen auch nach­arbeitet.

Die Kommunikation muss transparent erfolgen, da haben Sie vollkommen recht. Ich leiste meinen Beitrag dazu von der Bundeskanzlerseite aus, die Energieministerin ihren als die in diesem Bereich fachverantwortliche Ministerin – und dort, wo es Themen gibt, die nicht gut genug aufgelöst werden, müssen wir in Zeiten der Krise rechtzeitig auf Feedback reagieren, um die Dinge zu verbessern. Das Bundeskanzleramt bietet sich hier in allen möglichen Bereichen immer auch als Informationsdrehscheibe an.

Und dass der Wirtschaftskammerpräsident da Kritik äußert, ist aus meiner Sicht eine vollkommene Erfüllung dessen, was auch seine Verpflichtung ist, nämlich die Interessen eines Standes zu vertreten – und da ist es üblich, Regierungen grundsätzlich nicht zu loben. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine weitere Zusatzfrage stellt Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Bundeskanzler, unser gro­ßes Problem ist die Abhängigkeit von russischem Gas. Wir sehen aber, dass wir ja auch in Österreich enormes Potenzial mit Biomasse, Biogas und Energieträgern, die wir selbst erzeugen können, haben. Wie geht nun die Bundesregierung vor, um diese Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Herr Abgeordneter, es wurde auch hier im Ho­hen Haus ein wichtiges Gesetz – das Gasdiversifizierungsgesetz – beschlossen, mit dem Hintergrund, Unternehmen, die sich von russischem Gas unabhängig machen, da­bei auch budgetär zu unterstützen und finanziell zu begleiten. Derzeit ist der Rahmen jetzt einmal 100 Millionen Euro im Jahr, aber mit Potenzial nach oben, wenn es tatsäch­lich angenommen und verwendet wird.

Das Thema grünes Gas ist aus meiner Sicht ein wichtiges Thema. Es ist eigentlich ein Paradoxon, dass grünes Gas – wir erinnern uns beide daran zurück – als nicht effizient angesehen und das Thema wieder beendet worden ist, und jetzt, wo die Gaskosten so hoch sind, sieht man, dass es wertvoll und richtig wäre, im größeren Ausmaß auf grünes Gas zurückgreifen zu können.

Darüber hinaus haben wir das Use-it-or-lose-it-Prinzip beschlossen. Das heißt – das ist aus dem Energieministerium gekommen –, dass die Energiespeicher, die in Österreich möglich sind, auch tatsächlich genutzt werden und nicht, wie derzeit von Gazprom, liegen gelassen werden. Das steht derzeit gerade an. Das ist der berühmt-berüchtigte


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Speicher in Haidach, der aber deshalb auch strategisch so wichtig für Österreich ist, weil er einerseits Tirol und Vorarlberg zur Not versorgen kann und auf der anderen Seite ein großes Volumen im Umfang von 21 Terawattstunden Speicherkapazität hat.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Graf. – Bitte.


10.16.41

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Auch von meiner Seite: Guten Morgen! Die Teuerung trifft jetzt nicht nur die Haushalte, sondern auch unsere heimischen Betriebe sehr, und vor allem die steigenden Energiekosten sind ein großer Faktor, der uns trifft. Manche Produktionsunternehmen überlegen auch schon, aufgrund der hohen Energiepreise Pro­duktionen zurückzufahren. Meine Frage an Sie, Herr Bundeskanzler:

201/M

„Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um österreichische Unternehmen – vor allem im Hinblick auf die steigenden Energiepreise – zu entlasten?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Frau Abgeordnete, Sie haben ja einen großen Einsatz gezeigt, wenn es darum geht, auf die Problematik der wirtschaftenden Betriebe, die energieintensiv sind, hinzuweisen. Daher haben wir als Bundesregierung aus dem Hohen Haus den Beschluss erhalten, dass wir in der Lage sind, die Elektrizitätsabgabe und die Erdgasabgabe umfassend zu senken. Es ist eine Senkung um 90 Prozent – das ist eine unmittelbare und direkte Entlastung und hat ein Gesamtvolumen von 900 Mil­lionen Euro.

Darüber hinaus erfolgt jetzt, im mittlerweile dritten Maßnahmenpaket, zusätzlich noch eine Entlastung in der Höhe von 1 Milliarde Euro. Da geht es eben vor allem um die Frage der Strompreiskompensation und auch darum, energieintensiven Unternehmen, die einfach nicht umsteigen können, sondern auf jetzt leider sehr teure Ressourcen an­gewiesen sind, direkt zu helfen.

Was aus meiner Sicht als Maßnahme für den Herbst auch wichtig ist, weil jetzt ja die Sozialpartner mit ihren Lohnverhandlungen beginnen, ist, dass wir als Bundesregierung diesen Prozess so gut wie möglich begleiten, damit einerseits Unternehmerinnen und Unternehmer weiter wirtschaften können und Arbeitsplätze bestehen bleiben und ande­rerseits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich auch von dem leben können, was sie verdienen. Wir haben jetzt eine steuer- und abgabenfreie Prämie in der Höhe von 3 000 Euro „den Unternehmern“ – unter Anführungszeichen – so zur Verfügung ge­stellt, dass sie in den Verhandlungen einsetzbar ist. Diese 3 000-Euro-Mitarbeiterprämie, die vom Unternehmen geleistet wird, ist auch für den Unternehmer abgabenbefreit.

Wir versuchen also eine Paketlösung. Sie sind dafür eine wesentliche Verhandlerin. Danke für Ihren Einsatz!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sie haben es angesprochen, im Herbst beginnen die Lohnverhandlungen. Ein wesentliches Thema sind natürlich auch die Lohnnebenkosten für die Betriebe.

Wie gestaltet sich die Senkung der Lohnnebenkosten in Ihrem Entlastungspaket im De­tail?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Das ist tatsächlich immer ein sensibles Thema, weil komplex in der Umsetzung – daran sind ja viele Folgethemen geknüpft. Um 0,3 Pro­zent sind die Lohnnebenkosten gesenkt worden. Das klingt am Anfang wenig, bedeutet


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aber 450 Millionen Euro im Jahr an Lohnnebenkostensenkung. Das wurde dadurch er­reicht, dass einerseits der Unfallversicherungsbeitrag um 0,1 Prozent gesenkt worden ist und andererseits der Beitrag zum Flaf, also zum Familienlastenausgleichsfonds, um 0,2 Prozent auf 3,7 Prozent.

Die Finanzierung der Institutionen ist weiter sichergestellt – das ist wichtig, das ist auch wichtig für die Unfallversicherung –, und das heißt – das ist das, was ich gemeint habe ‑, all diese Maßnahmen im Bereich der Lohnnebenkostensenkung klingen zwar leicht in der Forderung, sind aber dann höchst komplex in der Umsetzung, weil eben auch viele Folgeleistungen davon betroffen sein können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Herr. – Bitte.


10.19.58

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Auch meine Frage dreht sich um Umfragen. Durch die Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wissen wir ja, dass im ÖVP-geführten Finanzministe­rium das Beinschab-Tool zur Anwendung gekommen ist, dass also mit Steuergeld Um­fragen beauftragt wurden, die dann später von der ÖVP parteipolitisch genutzt wurden.

Im Rahmen des Untersuchungsausschusses sind wir jetzt auf viele andere Umfragen gestoßen, die ebenfalls diesen Anschein erwecken, auch in anderen ÖVP-geführten Mi­nisterien – Verteidigungsministerium, Wirtschaftsministerium, Landwirtschaftsministeri­um et cetera –, weil da Umfragen in Auftrag gegeben wurden, in denen Beliebtheitswerte abgefragt wurden, die Oppositionsarbeit abgefragt wurde, auch die Sonntagsfrage – al­so: wen würden Sie wählen? – gestellt wurde. Uns ist aufgefallen, dass das eben immer bei gewissen Unternehmen passiert ist. Deshalb meine Frage:

205/M

„Welche Umfrageergebnisse standen Ihnen und Ihrem Kabinett bzw. Ihren Amtsvorgän­gern und deren Kabinetten von Sabine Beinschab, Franz Sommer oder Paul Unterhuber bzw. deren Unternehmen zur Verfügung?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Vielen Dank für Ihre Frage, Frau Abgeordnete. Grundsätzlich stehen und standen uns dieselben Umfragen zur Verfügung, die auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dies wurde auch in der Beantwortung einer parla­mentarischen Anfrage behandelt, ich habe auch die Nummer dieser, nämlich 9875/AB, notiert: „In meinem Vollziehungsbereich gab es keine Aufträge“ oder Verträge mit der von Ihnen genannten Person.

Ich würde Sie nur ersuchen, mit Vorverurteilung, Wertung und Zusammenhangherstel­lung vorsichtig umzugehen. Es gibt jetzt mittlerweile Berichte darüber, dass auch gegen SPÖ-geführte Ministerien ermittelt wird. Das heißt, Sie können sehen, dass man sehr schnell von Anschuldigungen betroffen sein kann. Entscheidend ist, dass diese von den Behörden, die dafür zuständig sind, aufgeklärt werden. Und wir reden immer von einem Mitarbeiter des Finanzministeriums, der diese Maßnahmen gesetzt hat, nicht von der ÖVP. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Ich finde, es ist auch angemessen, als demokra­tische Teilnehmer an diesem Diskurs diese Differenzierung vorzunehmen und nicht eine Partei als Gesamtes in ein schiefes Licht zu rücken. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

Dasselbe, was ich vorhin erwähnt habe, trifft auch auf Franz Sommer und auch auf Paul Unterhuber sowie die ihnen zuordenbaren Unternehmen Meinungsforschung und Re­search GmbH beziehungsweise Demox Research zu.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? (Abg. Herr: Ja, gerne!) – Bitte.


Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das waren ja in diesem Sinn wirklich keine Unterstellungen von mir (Rufe bei der ÖVP: Ja, ja!), sondern all das ist ja in sämtlichen Berichten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nachzulesen (Beifall bei der SPÖ), um das an dieser Stelle anzumerken. Und die konkrete Frage, die wir klären wollen, ist ja, ob diese Umfragen, die mit Steuergeld beauftragt wurden, eben in die Hände der ÖVP gelangt sind.

Deshalb auch meine Nachfrage: Können Sie garantieren, dass Umfragen, die mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger in Auftrag gegeben wurden, nicht bei der ÖVP gelandet sind beziehungsweise dort verwendet wurden, und ganz konkret auch, ob die Umfragen, die Sie als Generalsekretär präsentiert haben – das waren zahlreiche, auch bei Regierungsklausuren –, mit Sicherheit nicht durch Steuermittel bezahlt wurden? (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Ich habe jetzt auch schon in die Richtung der SPÖ geschaut: Kai Jan Krainer hat mir diese Frage schon im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht gestellt. Ich beziehe mich auf die Aussagen, Sie können sie im Protokoll nachlesen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Aber da haben Sie ja gesagt, Sie können es nicht sagen, der Axel war es!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Smodics-Neumann. – Bitte. (Abg. Krainer – die Hand hebend und sich zum Mikrofon in den Sitz­reihen der SPÖ begebend –: Zur Geschäftsbehandlung!)


10.23.38

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident, gestatten Sie mir bitte, dass ich, bevor ich meine Frage stelle, einige Sekunden dazu nutze, mich zu be­danken. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihrem Regierungsteam dafür, dass Sie rund um die Uhr in den verschiedensten Krisen, die es in den letzten zwei Jahren gab, für die Österreicherinnen und Österreicher gearbeitet haben (Abg. Lausch: Wieso? Tritt der Kanzler zurück?), und ich möchte mich auch dafür bedanken (Beifall bei der ÖVP), dass Sie sich trotz – und davon konnten wir uns in den letzten zwei Tagen durchaus überzeugen – des manchmal an Höflichkeit und Respekt mangelnden Tons nicht abbringen lassen und trotzdem die wichtigen und richtigen Entscheidungen für die Menschen in Österreich treffen (Zwischenrufe bei der SPÖ) – eine davon ist die Abschaffung der kalten Progression.

Herr Bundeskanzler, warum sind Sie der Meinung, dass es gerade jetzt in der Krisenzeit so wichtig ist, die kalte Progression abzuschaffen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 202/M, hat folgenden Wortlaut:

„Warum ist die Abschaffung der kalten Progression per 1. Jänner 2023 gerade jetzt für die österreichische Bevölkerung so wichtig?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Wir haben ja bereits gesagt, dass wir uns in der Frage der Entlastung der Menschen auch mit den Wirtschaftsforschern intensiv mit der Frage auseinandergesetzt haben, was das neben der ökosozialen Steuerreform, der


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Senkung der Tarifstufen – das ist ja jetzt bereits umgesetzt, von 35 auf 30 Prozent bei der Lohnsteuer und spürbar für die Menschen – für die Zukunft bedeutet. Ein lang geheg­ter Vorwurf gerade in Österreich war, dass wir zwar viele Steuerreformen umgesetzt haben, die aber nichts anderes sind als das Zurückgeben des Geldes, das den Men­schen durch schleichende Steuererhöhung über die Jahre genommen worden ist. Wir haben uns daher dazu entschlossen, die schleichende Steuererhöhung abzuschaffen, und zwar zu 100 Prozent, diese Abschaffung aber so zu gestalten, dass es bei einem Drittel dessen, was auf jeden Fall den Menschen zurückgegeben werden muss, ein poli­tischer Entscheidungsprozess ist, das heißt, dass da noch einmal Nachschau gehalten werden muss und kann: Kann man das Geld gezielt einsetzen, um sozial schwachen Gruppen, Menschen mit geringem Einkommen et cetera auch tatsächlich zu helfen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Das hat sich erübrigt, Herr Prä­sident, der Herr Bundeskanzler hat die Frage wirklich ausreichend beantwortet. (Beifall bei der ÖVP. Rufe bei der SPÖ: Mah! Heiterkeit des Abg. Zanger.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Sie haben diese Frage, warum es so wichtig ist, die kalte Progression abzuschaffen, jetzt sehr eindrücklich beantwortet. Die Frage war ja: Warum gerade jetzt?

Warum wird dann diese legistische Maßnahme erst mit Wirkung ab 1.1.2023 und nicht schon für das laufende Fiskaljahr, ab 1.1.2022, umgesetzt, wenn die Maßnahme von Ihnen als so richtig und so wichtig erkannt wird, und warum bleibt doch ein Drittel zum Verteilen beim Fiskus? Da könnte man ja hergehen und sagen: Wir haben ja jetzt auch schon keine kalte Progression, jetzt sind es halt 100 Prozent, die der Fiskus praktisch verteilt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Das eine ist, dass wir uns ja eine Selbstbe­schränkung auferlegt haben, dass dieses Drittel, von dem Sie jetzt gesprochen haben, auf jeden Fall zurückgegeben werden muss. Deswegen kann man sagen, dass 100 Pro­zent tatsächlich abgeschafft worden sind. Wichtig ist aber schon, dass man – wer auch immer dann später regieren wird – die Möglichkeit hat, sozialpolitisch, ordnungspolitisch einzugreifen und zu reagieren. Das war der Hintergedanke.

Und zum anderen: Wir leben gerade jetzt auch in einem Krisenjahr. Wir haben diese große Reformmaßnahme, die aus meiner Sicht wirklich eine Strukturänderung bedeutet, deshalb für nächstes Jahr beschlossen, weil wir dieses Jahr schon – massiv budgetbe­lastend, aber eben auch verteilungspolitisch – Entlastungsmaßnahmen setzen. (Abg. Margreiter: Vielen Dank! – Ruf bei der SPÖ: Zur Geschäftsordnung, Herr Präsident! Abg. Krainer: ...! Ich habe mich schon vor Langem gemeldet! Sie müssen mich unver­züglich drannehmen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wo steht das? (Abg. Krainer: In der Geschäftsord­nung!) – Unverzüglich steht so nicht in der Geschäftsordnung.

Die Fragestunde ist beendet, da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind. Ich danke dem Herrn Bundeskanzler. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt gelangen Sie zur Geschäftsbehandlung zu Wort. – Bitte sehr.

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 46

10.27.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Der Herr Bundeskanzler hat soeben in der Fragestunde Fragen nicht beantwortet (Abg. Wö­ginger: Das ist eine Frechheit!), sondern auf frühere Fragestellungen und frühere Be­antwortungen verwiesen. Unter anderem hat er bei der Frage, ob er ausschließen könne, dass von Steuerzahlern bezahlte Umfragen bei der ÖVP gelandet sind, gesagt, er hätte das ohnehin im Untersuchungsausschuss beantwortet.

Erstens einmal für alle, die nicht dort waren: Er hat dort gesagt, er könne diese Frage nicht beantworten, weil er nicht dafür zuständig war, man solle den Axel fragen. – Als Präsident des Nationalrates (Zwischenrufe bei der ÖVP) und als Vorsitzführender im Plenum wäre es Ihre Aufgabe, den Bundeskanzler bitte darauf hinzuweisen, dass er hier Fragen zu beantworten hat, denn sonst ist eine Fragestunde eine Farce. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch. Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Wöginger, zur Geschäftsbehand­lung. – Bitte.


10.28.49

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, es ist dringend notwendig, dass wir in der nächsten Präsidialkonferenz (Ruf bei der SPÖ: Jeden Tag! Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ) über das Verhalten der SPÖ reden, weil ständig die Geschäftsordnung missbraucht wird – gestern zigmal mit tatsächlichen Berichtigungen, die keine waren, einfach um sich mit Wortmeldungen während der De­batte hineinzudrängen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Bundeskanzler hat hier jetzt eineinhalb Stunden lang geantwortet. Das ist eine der ausführlichsten Fragestunden, die wir jemals hatten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er hat professionell geantwortet (Beifall bei der ÖVP), er hat uns einen Überblick gegeben, was sich in der Republik tut – und die SPÖ missbraucht in Permanenz unsere Geschäftsord­nung. Das geht so nicht! Ich verlange eine Aussprache bei der nächsten Präsidialkonfe­renz! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

10.29

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbe­handlung? – Das ist nicht der Fall.

10.29.48Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 11692/J bis 11759/J

2. Anfragebeantwortung: 10670/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 47

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition betreffend "SPRITPREISBREMSE – DIESEL UND BENZIN MÜSSEN BEZAHL­BAR BLEIBEN!", überreicht von den Abgeordneten Christian Ries, Erwin Angerer und Mag. Christian Ragger (95/PET)

Petition betreffend "Gerechtigkeit und Fairness für die Pendler*innen – Bevölkerung im ländlichen Bereich!", überreicht vom Abgeordneten Maximilian Lercher (96/PET)

Petition betreffend "LKW-Mautflucht beenden – StVO reformieren!", überreicht von den Abgeordneten Maximilian Lercher und Mario Lindner (97/PET)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Familie und Jugend:

Antrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Güte­siegel für Kinder- und Jugendbetreuung (2712/A(E))

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geän­dert werden (1657 d.B.)

Antrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheits­einrichtungen (2714/A(E))

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag der Abgeordneten Peter Weidinger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der "Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe an ältere Menschen" (2713/A(E))

Verfassungsausschuss:

Antrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetzes 1991 geändert wird (2710/A)

Antrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend volle Funktionsfähigkeit für die Republik bedeutsamer ausgegliederter staatlicher Ein­richtungen (wie z.B. die AGES, die Statistik Austria oder die Bundesmuseen) erhalten (2711/A(E))

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuss:

Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-695 d.B.)

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um die Punkte 31 und 32 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.

Bei den Punkten 31 und 32 handelt es sich um den Bericht des Verfassungsausschus­ses über den Antrag 2683/A der Abgeordneten Gerstl, Prammer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Bundesministeriengesetz-Novelle 2022 in 1659 der Beilagen sowie um


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 48

den Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vorschlags für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft in 1658 der Beilagen.

Ich bitte die Damen und Herren, die der Abstandnahme von der 24-stündigen Auflie­gefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 6 bis 16 sowie 24 und 25 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwände? – Das ist nicht der Fall. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Na dann muss man sich irgendwie rühren. Hat Kollege Zarits einen Einwand? – Nein. (Allge­meine Heiterkeit.)

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tages­blockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, die wie gestern auf die einzelnen Frak­tionen wie folgt aufgeteilt wird: ÖVP 185 Minuten, SPÖ 128 Minuten, FPÖ 105 Minuten, Grüne 95 Minuten und NEOS 76 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 38 Minuten. Die Re­dezeit pro Debatte wird mit 5 Minuten beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.32.081. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2022) (1576 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Punkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yildirim. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.32.34

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Vizekanz­ler! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hätte eine sogenannte Frühjahrs-Dienstrechts­novelle sein sollen. Die Bundesregierung hatte genug Zeit und der Termin für den Ver­fassungsausschuss stand schon lange fest. Aber statt einer Dienstrechtsnovelle, die Sie einfach nicht geschafft haben, gibt es einen Selbständigen Antrag – so viel dazu, wie viel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 49

Wertschätzung Tausenden Menschen in diesem Land, die im öffentlichen Dienst arbeiten, beigemessen wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Dabei wäre eine Weiterentwicklung des Dienstrechts für Beamtinnen und Beamte und für Vertragsbedienstete sehr wichtig und dringend. Ich habe an dieser Stelle mehrmals betont, wie sehr es von Vorteil wäre, den öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten, denn nicht zuletzt durch die Coronapandemie haben wir gesehen, wie wichtig es ist, dass die Bevölkerung sich auf eine funktionierende Verwaltung verlassen kann.

Wir stehen einerseits im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft und andererseits befinden wir uns inmitten großer Pensionierungswellen im öffentlichen Dienst. Letzteres bedeutet großen Verlust von Expertise. Es wäre angebracht und notwendig, Herr Vizekanzler, sich zeitgerecht darauf vorzubereiten. Das passierte aber nicht, und alle Warnungen diesbezüglich wurden und werden von der Bundesregierung in den Wind geschlagen. Zugegeben, es ist in erster Linie Ihr Regierungspartner, der gesagt hat: Weniger Staat, mehr Privat!, und das 30 Jahre lang, sodass wir jetzt vor der Situation stehen, dass die Verwaltung und der Ablauf bei Gerichten, bei der Finanzverwaltung, beim AMS, bei der Polizei wirklich gefährdet sind. (Abg. Michael Hammer: Das ist ein Blödsinn!) – Das ist kein Blödsinn! (Abg. Michael Hammer: Na sicher ist das ein Blödsinn!) – Herr Kollege, das ist Realität, und Sie sollten das ernster nehmen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch. – Abg. Michael Hammer: Ja, in der SPÖ vielleicht, in Ihrer Partei!)

Es tritt zutage, dass vorausschauendes Denken und Handeln nicht zu den Eigenschaften der ÖVP (Abg. Michael Hammer: In Wien!) und auch nicht der Grünen zählen. (Abg. Michael Hammer: In Wien!) Der Antrag von ÖVP und Grünen, über den wir heute disku­tieren, war zunächst eine sogenannte Trägerrakete. Das bedeutet, es wurde einfach for­mal etwas eingebracht, aber mit keinem Inhalt, so gut wie keinem Inhalt! So ernst neh­men Sie den Parlamentarismus, so ernst nehmen Sie den öffentlichen Dienst! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Dann haben Sie im Verfassungsausschuss lediglich einige Bestimmungen zum Lehre­rInnendienstrecht vorgelegt. Und nicht genug, dass es nur den Bereich der LehrerInnen betraf, der für die Bildung in diesem Land so wichtig wäre, haben Sie das auch noch fehlerhaft gemacht. Meine Kollegin, Frau Abgeordnete Vorderwinkler, hat Sie gestern auf diesen Fehler aufmerksam machen müssen, damit Sie das berücksichtigen, dass es nicht schon wieder ein Pfusch wird. Heute, anstatt dass Sie sich wirklich bemühen, das gut vorzubereiten, haben Sie wieder einen gesamtändernden Abänderungsantrag einge­bracht.

Also es herrscht Stillstand im Hinblick auf die Weiterentwicklung des gesamten Dienst­rechts (Abg. Michael Hammer: Bei euch!), und das können wir im Sinne aller öffentlich Bediensteten einfach nicht hinnehmen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Herr Vizekanzler, Sie sind dringend gefordert, mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst in Verhandlungen zu treten, damit die Interessen und die Arbeitsbedingungen der öffent­lich Bediensteten gestärkt und gefördert werden.

Ich bringe daher – und das ist eine echte Chance – Forderungen des öffentlichen Diens­tes in Form eines Antrages ein, und Sie haben die Chance, diesen Antrag heute anzu­nehmen; es sind eins zu eins Forderungen der Gewerkschafterinnen und Gewerk­schafter im öffentlichen Dienst:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stillstand in der Weiterentwicklung des Dienstrechts, Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 50

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, umgehend mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst in Verhandlungen zu treten, um noch im September dieses Jahres eine weitere Novelle zum Dienstrecht vorzulegen, mit wel­cher die Interessen und die Arbeitsbedingungen der öffentlich Bediensteten gestärkt und gefördert werden. Dabei sollen jedenfalls folgende Themen verhandelt werden:

- Rechtsanspruch auf zwei Tage Telearbeit pro Woche bei Eignung des Arbeitsplatzes“ – Wir wissen, es geht nicht in jedem Fall.

„- Stärkung der Unabhängigkeit und der Attraktivität des öffentlichen Dienstes und Be­schränkung des politischen Einflusses auf den öffentlichen Dienst durch Wiedereinfüh­rung der Pragmatisierungen ohne besoldungsrechtliche Verluste

- Adaptierung der Reisegebühren-Vorschrift, wonach die Reisezeit als Dienstzeit defi­niert wird

- Einführung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst in Kombination mit der Schaffung der Möglichkeit, einen Arbeitsplatz für die Dauer der Ausbildung eines jungen Mitarbei­ters“ – einer jungen Mitarbeiterin – „doppelt zu besetzen (mit dieser Maßnahme könnte dem drohenden Wissensverlust aufgrund der vielen Pensionierungen, die in nächster Zeit anstehen, entgegengewirkt werden)

- Gleichstellung von Vertragsbediensteten mit Beamten“ und Beamtinnen „bei der Ver­jährung einer Belehrung bzw. Ermahnung“

*****

Ich fordere Sie inständig auf: Beenden Sie endlich den Stillstand und arbeiten Sie an einer Dienstrechtsnovelle, die Verbesserungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bringt! Wir brauchen sie mehr denn je, das hat sich gerade in den Jahren der Pandemie und der Krise gezeigt.

An dieser Stelle bedanke ich mich abschließend für das Engagement der Frauen und Männer im öffentlichen Dienst – danke dafür!

Hoffentlich werden Sie einsichtig und stimmen diesem Antrag und den Forderungen der GewerkschafterInnen zu. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

10.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

betreffend Stillstand in der Weiterentwicklung des Dienstrechts, Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrperso­nen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2022) (1576 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 51

Der zugrundeliegende Antrag der Abgeordneten Mag. Hammer und Mag. Blimlinger war zunächst lediglich eine Trägerrakete. Überraschend war, dass der gesamtändernde Ab­änderungsantrag, der von den Regierungsfraktionen im Verfassungsausschuss am 22. Juni eingebracht wurde, lediglich Bestimmungen über das Lehrer*innen-Dienstrecht beinhal­tet hat. Gewöhnlicher Weise dient die Frühjahrs-Dienstrechts-Novelle der Weiterentwick­lung des gesamten Dienstrechts. Doch – wie auch in vielen anderen Bereichen – dürfte nun auch im Bereich Dienstrecht Stillstand in dieser Bundesregierung eingetreten sein.

Dies kann jedoch im Interesse aller öffentlich Bediensteten nicht hingenommen werden. Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, umgehend mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst in Verhandlungen zu treten, um noch im September dieses Jahres eine weitere Novelle zum Dienstrecht vorzulegen, mit wel­cher die Interessen und die Arbeitsbedingungen der öffentlich Bediensteten gestärkt und gefördert werden. Dabei sollen jedenfalls folgende Themen verhandelt werden:

-       Rechtsanspruch auf zwei Tage Telearbeit pro Woche bei Eignung des Arbeits­platzes

-       Stärkung der Unabhängigkeit und der Attraktivität des öffentlichen Dienstes und Be­schränkung des politischen Einflusses auf den öffentlichen Dienst durch Wiederein­führung der Pragmatisierungen ohne besoldungsrechtliche Verluste

-       Adaptierung der Reisegebühren-Vorschrift, wonach die Reisezeit als Dienstzeit de­finiert wird

-       Einführung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst in Kombination mit der Schaffung der Möglichkeit, einen Arbeitsplatz für die Dauer der Ausbildung eines jungen Mitar­beiters doppelt zu besetzen (mit dieser Maßnahme könnte dem drohenden Wis­sensverlust aufgrund der vielen Pensionierungen, die in nächster Zeit anstehen, ent­gegengewirkt werden)

-       Gleichstellung von Vertragsbediensteten mit Beamten bei der Verjährung einer Be­lehrung bzw. Ermahnung

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ha­mann. – Bitte sehr.


10.38.34

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Schönen guten Tag! Lieber Herr Präsi­dent! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Ich denke, so eine Dienstrechtsnovelle ist eine schwere Geburt, vermutlich nicht nur diesmal, sondern normalerweise, da sind viele Akteure, viele Interessengruppen beteiligt. Wir bringen heute auf jeden Fall jenen Teil dieser Dienstrechtsnovelle ein, der für die Schulen und deren ordentlichen Betrieb besonders dringlich ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 52

Dienstrecht, das klingt nach einer abstrakten Sache, hat aber ganz konkrete, lebendige Auswirkungen im Alltag, und ich möchte das anhand von zwei der wichtigsten Punkte aus diesem Paket erklären.

Das erste Thema, das sich darin findet, ist die Sommerschule. Die findet ja jetzt schon zum dritten Mal statt, wird jedes Jahr professioneller, wird immer selbstverständlicher und bekommt mit diesem Antrag auch einen attraktiven dienstrechtlichen Rahmen. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kurz die Details dazu: Die Leitung wird je nach Größe des Standortes abgegolten. Ich bin sicher, da werden sich Menschen finden, die das besonders gerne und besonders gut machen, quasi die Organisation der Sommerschule als ihr Baby begreifen und das jeden Sommer routinemäßig übernehmen werden. Die PädagogInnen kriegen mit 50 Euro pro Stunde einen einheitlichen Stundensatz – das ist für junge KollegInnen besonders attraktiv –, alternativ gibt es auch die Möglichkeit, im kommenden Schuljahr eine Stunde weniger Lehrverpflichtung zu übernehmen, auch das ist eine interessante Alternative.

Die Studierenden – sie werden ja nicht nur durch eine begleitende Lehrveranstaltung auf die Sommerschule vorbereitet und begleitet – können dort eigenverantwortlich unterrich­ten. Sie kriegen zusätzlich auch noch 30 Euro pro Stunde, und das ist wirklich ein gutes Angebot, das das zu einem sinnstiftenden und attraktiven Sommerjob macht. Ich danke allen, die dieses Angebot annehmen und hoffentlich heuer im Sommer dabei viel Freude haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweiter Punkt: der Quereinstieg in die Schule. Dieser soll mit diesem Antrag wesentlich erleichtert werden, was nicht heißt – ich möchte das ausdrücklich sagen –, dass man professionelle Pädagogen und Pädagoginnen gering schätzt. Ich bin dennoch der festen Überzeugung, dass Vielfalt Schulen grundsätzlich guttut – eine Vielfalt von Ausbildun­gen, von beruflichen Erfahrungen, von Lebenswegen auch außerhalb der Schule. Das bringt neue Debatten ins Lehrerzimmer, das bringt neue Perspektiven in die Klassen, das erweitert den Horizont, und ich glaube, das tut dem Lernen insgesamt gut.

Bisher mussten quereinsteigende Personen im Schulbetrieb Sonderverträge und Ab­schläge hinnehmen. Das hat viele vermutlich davon abgehalten – das war schade. Jetzt werden sie PädagogInnen gleichgestellt und machen berufsbegleitend einen auf sie zu­geschnittenen Lehrgang. Hoffentlich ermuntert das noch viel mehr Menschen, diesen Weg einzuschlagen. Ihnen allen sage ich: Herzlich willkommen in der Schule im Herbst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bringe jetzt noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michael Ham­mer, Mag.a Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsaus­schusses über den Antrag 2658/A betreffend ein Bundesgesetz, das ich hier mit Dienst­rechts-Novelle 2022 abkürze – ich hoffe, ich darf das –, 1576 der Beilagen, ein.

Der Antrag liegt schriftlich vor und wird verteilt.

Dieser Abänderungsantrag enthält einige Präzisierungen zur Entlohnung von Lehrperso­nal, insbesondere was die Anrechnung von Studienzeiten betrifft, sowie einen weiteren Punkt, der mir persönlich ganz besonders wichtig ist: Bei der Bestellung von Schulleitun­gen gibt es künftig mehr Flexibilität, zum Beispiel kann eine Sonderpädagogin künftig auch eine Volks- oder eine Mittelschule leiten. – Ich möchte auf diesem Weg herzliche Grüße an alle richten, die auf diese Bestimmung schon sehnlichst warten. Ich versichere Ihnen, wir brauchen Sie dringend, mit all Ihrer Expertise und Ihrem Engagement.

*****

Damit wünsche ich schöne Ferien! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.43


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag.ª Eva Blimlinger

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertrags­lehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrperso­nengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2022) (1576 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 werden anstelle der bisherigen Z 1 folgende Z 1 bis 8 eingefügt:

„1. In § 12a Abs. 4 wird die Wortfolge „der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveranstal­tung oder wissenschaftlichen Arbeit des Studiums“ durch die Wortfolge „des Ablaufs der Regelstudiendauer gemäß Abs. 4a“ ersetzt und nach Abs. 4 folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Die Regelstudiendauer gemäß Abs. 4 beträgt bei Studien, denen nach den jeweils geltenden studienrechtlichen Vorschriften ECTS-Anrechnungspunkte zugeordnet sind, je sechs Monate (ein Semester) für 30 ECTS-Anrechnungspunkte an zu erbringender Studienleistung, mindestens jedoch

1.    vier Jahre (240 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Diplomstudien,

2.    drei Jahre (180 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Bachelor-Studien,

3.    eineinhalb Jahre (90 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Master-Studien für das Lehr­amt Sekundarstufe (Allgemeinbildung),

4.    ein Jahr (60 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Master-Studien für das Lehramt Primar­stufe und für das Lehramt Sekundarstufe (Berufsbildung) und

5.    zwei Jahre (120 ECTS-Anrechnungspunkte) bei sonstigen Master-Studien.

Bei sonstigen Studien bestimmt sich die Regelstudiendauer nach den jeweils geltenden studienrechtlichen Vorschriften. Wurde das Studium vor Ablauf der Regelstudiendauer durch positive Beurteilung der letzten zu erbringenden Studienleistung abgeschlossen und wurden dabei von der Hochschule keine vor Studienbeginn erbrachten Leistungen als Ersatz für Studienleistungen anerkannt, so ist statt dem Ablauf der Regelstudien­dauer der Tag der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveranstaltung oder wissenschaft­lichen Arbeit des Studiums maßgebend.“

2. In § 12e Abs. 4 werden nach dem Zitat „§ 59b“ ein Beistrich sowie das Zitat „§ 59c“ eingefügt.

3. § 13e Abs. 2 lautet:

„(2) Die Urlaubsersatzleistung gebührt für jene Teile des Erholungsurlaubes nicht, die die Beamtin oder der Beamte trotz rechtzeitigem, unmissverständlichem und nachweisli­chem Hinwirken entsprechend dem § 45 Abs. 1a BDG 1979 durch ihre oder seine Vor­gesetzte bzw. ihren oder seinen Vorgesetzten nicht verbraucht hat, es sei denn der Verbrauch war wegen einer Dienstverhinderung durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen unmöglich.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 54

4. In § 13e Abs. 10 Z 2 wird das Zitat „Abs. 2 Z 1 und 2“ durch das Zitat „Abs. 2 Z 1 bis 3 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2016, BGBl. I Nr. 119/2016,“ ersetzt.

5. In § 15a Abs. 2 werden folgende Sätze angefügt:

„Dies gilt nicht während einer Wiedereingliederungsteilzeit nach § 50f BDG 1979, die in Folge eines Dienstunfalles oder einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zu­sammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung ge­währt wurde. In diesen Fällen gebühren die sonstigen pauschalierten Nebengebühren in ungekürzter Höhe.“

6. In § 34 Abs. 1 entfällt nach der Wortfolge „nächsthöheren Verwendungsgruppe“ die Wortfolge „des Allgemeinen Verwaltungsdienstes“.

7. In § 59a Abs. 4 Z 4 wird die Wortfolge „die an Mittelschulen,,“ durch die Wortfolge „die an Mittelschulen,“ ersetzt.

8. Dem § 59b Abs. 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Für die an Polytechnischen Schulen für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich eingesetzten Lehrpersonen gilt Z 1 mit folgender Maßgabe: Die Zulage gemäß lit. a gebührt auch dann, wenn sie in den Pflichtgegenständen Deutsch, Mathematik bzw. Lebende Fremdsprache insgesamt mindestens drei Wochenstunden unterrichten; die Zulage gemäß lit. b gebührt auch dann, wenn sie in den genannten Gegenständen min­destens insgesamt sechs Wochenstunden unterrichten.““

2. In Art. 2 erhält die bisherige Z 1a die Bezeichnung „9“.

3. In Art. 2 wird nach Z 9 folgende Z 10 eingefügt:

„10. In § 92 Abs. 1 entfällt nach der Wortfolge „nächsthöheren Verwendungsgruppe“ die Wortfolge „des militärischen Dienstes“.“

4. In Art. 2 erhält die bisherige Z 1b die Bezeichnung „11“.

5. In Art. 2 werden nach Z 11 folgende Z 12 und 13 eingefügt:

„12. In § 169f wird nach Abs. 6a folgender Abs. 6b eingefügt:

„(6b) Gemeinsam mit der Feststellung nach Abs. 4 oder 5 ist auch das Datum bescheid­mäßig festzustellen, ab dem ein allfälliger Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen, der sich aus der rückwirkenden Anwendung von Abs. 6 ergibt, nicht verjährt ist.“

13. In § 175 Abs. 102 Z 5 wird die Wortfolge „deren Dienstverhältnis nach dem 31. De­zember 2020 begründet wird“ durch die Wortfolge „deren anrechenbare Vordienstzeiten erstmalig oder erneut festzustellen sind und die nicht nach § 169c Abs. 1 übergeleitet wurden“ ersetzt.“

6. In Art. 2 erhält die bisherige Z 2 die Bezeichnung „14“ und treten in der neuen Z 14 in § 175 Abs. 105 an die Stelle der Z 2 folgende Z 2 bis 6:

„2.   § 169f Abs. 6b mit 1. Jänner 2004;

3.    § 34 Abs. 1 und § 92 Abs. 1 mit 5. April 2022;

4.    § 12a Abs. 4 und 4a mit 1. Juli 2022; auf die Beamtin oder den Beamten, deren oder dessen Vorbildungsausgleich anlässlich einer bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 er­folgten Ernennung oder eines bis dahin erlangten Studienabschlusses zu bemessen ist, ist § 12a weiterhin in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden, sofern sie oder er nicht die Anwendung der geltenden Fassung beantragt; die beantragte Be­messung nach der geltenden Fassung wird mit dem Monatsersten der Antragstel­lung wirksam;

5.    § 12e Abs. 4 und § 59b Abs. 1 mit 1. September 2022;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 55

6.    § 13e Abs. 2 und 10 Z 2, § 15a Abs. 2, § 59a Abs. 4 Z 4 und § 63d samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag.“

7. In Art. 3 werden nach Z 1 folgende Z 1a bis 1d eingefügt:

„1a. In § 15 Abs. 4 wird die Wortfolge „der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveranstal­tung oder wissenschaftlichen Arbeit des Studiums“ durch die Wortfolge „des Ablaufs der Regelstudiendauer gemäß Abs. 4a“ ersetzt und nach Abs. 4 folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Die Regelstudiendauer gemäß Abs. 4 beträgt bei Studien, denen nach den jeweils geltenden studienrechtlichen Vorschriften ECTS-Anrechnungspunkte zugeordnet sind, je sechs Monate (ein Semester) für 30 ECTS-Anrechnungspunkte an zu erbringender Studienleistung, mindestens jedoch

1.    vier Jahre (240 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Diplomstudien,

2.    drei Jahre (180 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Bachelor-Studien,

3.    eineinhalb Jahre (90 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Master-Studien für das Lehr­amt Sekundarstufe (Allgemeinbildung),

4.    ein Jahr (60 ECTS-Anrechnungspunkte) bei Master-Studien für das Lehramt Primar­stufe und für das Lehramt Sekundarstufe (Berufsbildung) und

5.    zwei Jahre (120 ECTS-Anrechnungspunkte) bei sonstigen Master-Studien.

Bei sonstigen Studien bestimmt sich die Regelstudiendauer nach den jeweils geltenden studienrechtlichen Vorschriften. Wurde das Studium vor Ablauf der Regelstudiendauer durch positive Beurteilung der letzten zu erbringenden Studienleistung abgeschlossen und wurden dabei von der Hochschule keine vor Studienbeginn erbrachten Leistungen als Ersatz für Studienleistungen anerkannt, so ist statt dem Ablauf der Regelstudien­dauer der Tag der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveranstaltung oder wissenschaft­lichen Arbeit des Studiums maßgebend.“

1b. Nach § 28b Abs. 2 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Im Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses durch unberechtigten vorzeitigen Austritt sind die Abs. 1 und 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung der Ersatzleistung anstelle des für das Kalenderjahr gebührenden gesamten Erholungsur­laubs das Vierfache der Wochendienstzeit, die dem durchschnittlichen Beschäftigungs­ausmaß im betreffenden Kalenderjahr entspricht, zugrunde zu legen ist.“

1c. In § 28b Abs. 3 entfällt die Wortfolge „ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder“.

1d. In § 28b Abs. 7 wird das Zitat „Abs. 1, 2, 5 und 6“ durch das Zitat „Abs. 1, 2, 2a, 5 und 6“ ersetzt.“

8. In Art. 3 werden nach der Z 18 folgende Z 18a bis 18d eingefügt:

„18a. In § 90h Abs. 1 entfällt der zweite Satz.

18b. In § 90h Abs. 3 entfällt die Wortfolge „erster Satz“.

18c. § 90k samt Überschrift lautet:

„Gesamtverwendungsdauer im Entlohnungsschema II L für Lehrer in nicht gesicherter Verwendung

§ 90k. Die Zeiträume einer Verwendung als Vertragslehrperson des Entlohnungssche­mas II L an einer im § 90c Abs. 3 angeführten Einrichtung oder mehrerer solcher Ver­wendungen beim selben Dienstgeber dürfen für eine Vertragslehrperson insgesamt fünf Jahre nicht übersteigen. Vorangegangene Zeiträume einer Verwendung als Vertrags­lehrperson des Entlohnungsschemas I L oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstver­hältnis an einer im § 90c Abs. 3 angeführten Einrichtung oder mehrerer solcher Verwen­dungen sind für diesen Zeitraum anzurechnen.“


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18d. Dem § 90q Abs. 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Für die an Polytechnischen Schulen für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich eingesetzten Vertragslehrpersonen gilt Z 1 mit folgender Maßgabe: die Zulage gemäß lit. a gebührt auch dann, wenn sie in den Pflichtgegenständen Deutsch, Mathe­matik bzw. Lebende Fremdsprache insgesamt mindestens drei Wochenstunden unter­richten; die Zulage gemäß lit. b gebührt auch dann, wenn sie in den genannten Gegen­ständen mindestens insgesamt sechs Wochenstunden unterrichten.““

9. In Art. 3 wird nach der Z 19 folgende Z 19a eingefügt:

„19a. In § 100 Abs. 94 Z 8 wird die Wortfolge „deren Dienstverhältnis nach dem 31. De­zember 2020 begründet wird“ durch die Wortfolge „deren anrechenbare Vordienstzeiten erstmalig oder erneut festzustellen sind und die nicht nach § 94a Abs. 1 übergeleitet wurden“ ersetzt.“

10. In Art. 3 Z 20 treten in § 100 Abs. 100 an die Stelle der Z 2 und 3 folgende Z 2 bis 5:

„2.   § 15 Abs. 4 und 4a mit 1. Juli 2022; auf die Vertragsbedienstete oder den Vertrags­bediensteten, deren oder dessen Vorbildungsausgleich anlässlich einer bis zum Ab­lauf des 30. Juni 2022 erfolgten Einreihung oder eines bis dahin erlangten Studien­abschlusses zu bemessen ist, ist § 15 weiterhin in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden, sofern sie oder er nicht die Anwendung der geltenden Fassung bean­tragt; die beantragte Bemessung nach der geltenden Fassung wird mit dem Monats­ersten der Antragstellung wirksam;

3.    § 90h Abs. 3 und § 90k samt Überschrift sowie der Entfall des § 90h Abs. 1 zweiter Satz mit 1. August 2022;

4.    § 38 Abs. 2 bis 8 sowie 11 bis 15, § 38a Abs. 2 und 3, § 39, § 39a Abs. 1 bis 6, § 40 Abs. 1 und 2 sowie Abs. 4, § 46 Abs. 6 und 7, § 48 samt Überschrift, § 90q Abs. 1 und § 100 Abs. 99 mit 1. September 2022;

5.    die die §§ 47c und 47d betreffenden Einträge im Inhaltsverzeichnis, § 28b Abs. 2a, 3 und 7, § 36b Abs. 1 Z 1, § 40 Abs. 3, § 47c samt Überschrift und § 47d samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag.“

11. In Art. 4 erhält die bisherige Z 1 die Bezeichnung „1a“ und wird davor folgende Z 1 eingefügt:

„1. Dem § 26 Abs. 6 wird folgender Satz angefügt:

„Für den Bereich der allgemeinbildenden Pflichtschulen gelten die Ernennungserforder­nisse durch die Erfüllung der Erfordernisse für eine der Schularten der allgemeinbilden­den Pflichtschulen als erbracht.““

12. In Art. 4 Z 3 wird in § 123 Abs. 93 vor der Wortfolge „§ 51a samt Überschrift“ die Wortfolge „§ 26 Abs. 6,“ eingefügt.

13. In Art. 6 wird nach der Z 1l folgende neue Z 1m eingefügt; die bisherigen Z 1m und 1n erhalten die Bezeichnungen „1n“ sowie „1o“:

„1m. Dem § 15 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Für den Bereich der allgemeinbildenden Pflichtschulen gelten die Zuordnungserforder­nisse durch die Erfüllung der Erfordernisse für eine der Schularten der allgemein bilden­den Pflichtschulen als erbracht.““

14. In Art. 6 wird nach der neuen Z 1o folgende neue Z 1p eingefügt; die bisherigen Z 1o und 1p erhalten die Bezeichnungen „1q“ sowie „1r“:

„1p. In § 22 Abs. 1 Z 1 wird nach der Bezeichnung „Sekundarstufe 1“ ein Beistrich ein­gefügt, entfällt das Wort „oder“ und wird nach der Bezeichnung „Polytechnischen Schule“ die Wortfolge „oder in der 9. Schulstufe der Sonderschule“ eingefügt.“


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15. In Art. 6 werden in Z 2 in § 32 Abs. 34 Z 1 vor der Wortfolge „§ 25 samt Überschrift“ die Wortfolge „§ 22 Abs. 1 Z 1, “ sowie in Z 2 vor der Wortfolge „§ 24a samt Überschrift“ die Wortfolge „§ 15 Abs. 2, “ eingefügt.

Begründung

Zu § 12a Abs. 4 und 4a GehG sowie § 15 Abs. 4 und 4a VBG:

Mit den Änderungen werden die Bestimmungen über den individuellen Vorbildungsaus­gleich, welcher eine finanzielle Doppelabgeltung der seit Inkrafttreten der Bundesbesol­dungsreform 2015 pauschal in die Gehaltsansätze eingerechneten Studienzeiten ver­meiden soll, hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen näher an die zuvor geltenden Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag herangeführt: Derzeit ist die gesamte tat­sächliche Studiendauer für den individuellen Vorbildungsausgleich zu berücksichtigen. Im System des Vorrückungsstichtags waren Studienzeiten dagegen nur bis zum Ablauf der Regelstudiendauer anrechenbar und daher auch nur insoweit vom Doppelanrech­nungsverbot betroffen, wenn sie zeitlich mit anderen Vordienstzeiten zusammenfielen. Dementsprechend wird der für die Bemessung des individuellen Vorbildungsausgleichs zu betrachtende Zeitraum auf die Regelstudiendauer beschränkt. Den allgemeinen Stan­dards im Europäischen Hochschulraum entsprechend ist dabei für je 30 ECTS-Anrech­nungspunkte der laut Studienplan zu erbringenden Studienleistungen eine Regelstu­diendauer von einem Semester (sechs Monaten) anzusetzen. Bei älteren Studien, de­nen noch keine ECTS-Anrechnungspunkte zugeordnet waren – was in der Praxis regel­mäßig daran erkennbar ist, dass für die einzelnen Studienleistungen im Sammelzeugnis keine ECTS-Anrechnungspunkte angeführt werden – bestimmt sich die Regelstudien­dauer nach den Angaben in den jeweiligen Studienplänen. Für ältere Diplomstudien wird die Regelstudiendauer regelmäßig vier, viereinhalb, fünf, fünfeinhalb oder sechs Jahre betragen.

Im Hinblick auf die innerhalb des Europäischen Hochschulraums erheblich gewachsene Vielfalt an Studien wird eine Mindestdauer für die Regelstudienzeit vorgeschrieben, von der bei der Bemessung des individuellen Vorbildungsausgleichs auch dann auszugehen ist, sollten die Studienpläne im konkreten Einzelfall eine kürzere Studiendauer vorsehen.

Ein vorzeitiger Studienabschluss (Tag der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveran­staltung oder wissenschaftlichen Arbeit) vor Ablauf der Regelstudiendauer verkürzt den Betrachtungszeitraum für den individuellen Vorbildungsausgleich nur dann, wenn die akademische Studienleistung tatsächlich schneller erbracht wurde, also wenn der schnellere Studienverlauf nicht auf eine von der Hochschule vorgenommene Anrech­nung von Leistungen zurückzuführen ist, die vor Studienbeginn an einer anderen Ein­richtung erbracht wurden (wie z.B. bei Anerkennung der bisherigen Berufspraxis oder einer nicht hochschulischen Ausbildung). Dabei bleiben Leistungen außer Betracht, die erst nach Studienbeginn an einer anderen Einrichtung erbracht und von der Hochschule als Ersatz für Studienleistungen anerkannt wurden (z.B. Wahlfächer an anderen Hoch­schulen, Auslandssemester, Pflichtpraktika). Mit diesen ergänzenden Regelungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass von manchen Hochschulen bei einzelnen Studien die bisherige Berufspraxis zu einem erheblichen Teil auf die Studienleistung an­gerechnet wird. Wenn sich daher z.B. die tatsächlich an der Hochschule zu er­bringende Studienzeit für ein Bachelor-Studium, das zumeist 180 ECTS-Anrechnungspunkte bzw. drei Jahre umfasst, durch Anerkennung der Berufspraxis auf zwei Jahre verkürzt, so soll der frühere Abschluss keine Verkürzung des Betrachtungszeitraums für den individuel­len Vorbildungsausgleich bewirken (dieser beträgt dann trotz des früheren Abschlusses volle drei Jahre). Dasselbe gilt für ein Master-Studium, das zumeist 120 ECTS-Anrech­nungspunkte bzw. zwei Jahre umfasst, wenn sich die tatsächlich an der Hochschule zu erbringende Studiendauer durch großzügige Anrechnung der Berufspraxis auf ein Jahr


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verkürzt: der Betrachtungszeitraum für den individuellen Vorbildungsausgleich beträgt dann trotzdem volle zwei Jahre. Andernfalls käme es zu einer sachlich nicht rechtfertig­baren Begünstigung von Bediensteten, die weniger Studienleistungen an der Hochschu­le erbracht haben als Bedienstete, die ein vollumfängliches Hochschulstudium absolvie­ren. Die erforderlichen Informationen zur Beurteilung solcher Sonderfälle werden regel­mäßig den Sammelzeugnissen oder insbesondere bei standardmäßig auf Berufserfah­rung aufbauenden Studien den Studienplänen zu entnehmen sein. Im Falle einer An­rechnung einer hochschulischen Ausbildung ist hingegen auf Abs. 4 zu verweisen, der bei vergleichbaren Studien von einer einheitlichen Studienzeit ausgeht.

In der Praxis wird die Anwendung weiterhin dergestalt erfolgen können, dass anhand des Kalenders überprüft wird, welche (Vor-)Dienstzeiten sich mit dieser Regelstudienzeit „überschneiden“. Im Ergebnis umfasst der Betrachtungszeitraum dann – von einzelnen Fällen eines tatsächlich schnelleren Studienverlaufs abgesehen – ausgehend von einem 1. Jänner oder 1. Juli (Studienbeginn) drei, dreieinhalb, vier, viereinhalb, fünf, fünfeinhalb oder sechs Kalenderjahre. Beim Endergebnis ist weiterhin das in Abs. 4 festgelegte Höchstausmaß des individuellen Vorbildungsausgleichs zu beachten.

Auf Bedienstete, deren Ernennung oder Einreihung bzw. Überstellung bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 erfolgt oder die bis dahin ein Studium abschließen, sind die Bestim­mungen über den individuellen Vorbildungsausgleich weiterhin in der bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 geltenden Fassung anzuwenden, solange nicht ausdrücklich die Anwen­dung der geltenden Fassung beantragt wird. Der aufgrund eines solchen Antrags neu bemessene Vorbildungsausgleich wird für die Bezüge ab dem Monatsersten der Antrag­stellung wirksam.

Zu § 12e Abs. 4 GehG:

Da die Reduktion der Lehrverpflichtung einer Administratorin oder eines Administrators bzw. der Bereichsleitung in einem Schulcluster nicht den Umfang der Tätigkeit in der Administration bzw. der Bereichsleitung vermindert, sondern lediglich die Unterrichts­tätigkeit betrifft, behalten die genannten Personengruppen die auf ihre administrativen Tätigkeiten anknüpfende Dienstzulage gemäß § 59c GehG in voller Höhe.

Zu 13e Abs. 2 GehG:

Durch die Änderung wird der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Rech­nung getragen. Mit Urteil vom 25. November 2021 in der Rechtssache C-233/20 hat der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 des Urlaubs­gesetzes, BGBl. Nr. 390/1976, entschieden, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grund­rechte der Europäischen Union einer nationalen Vorschrift entgegenstehe, wonach eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeit­nehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet. Alleinige Voraussetzung für den Anspruch auf finanzielle Vergütung sei, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist und dass nicht der gesamte Jahresurlaub verbraucht wurde. Der Grund für die Beendigung sei hingegen nicht maßgeblich.

Der Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung nach § 13e Abs. 1 steht daher hinkünftig unabhängig vom Grund der Auflösung des Dienstverhältnisses zu. Siehe auch § 28b VBG.

Zu 13e Abs. 10 Z 2 GehG:

Es erfolgt eine Zitatanpassung.


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Zu § 15a Abs. 2 GehG:

Um die Wiedereingliederung nach einem Dienstunfall oder einer akuten psychischen Belastungsreaktion im Zusammenhang mit einem außergewöhnlichen Ereignis im Zuge der Dienstausübung attraktiver zu gestalten und Vergütungseinbußen zu reduzieren, sollen die sonstigen pauschalierten Nebengebühren in ungekürzter Höhe weiter gebüh­ren. Voraussetzung ist, dass die Beamtin oder der Beamte auf dem gleichen Arbeitsplatz wie vor dem Dienstunfall verwendet wird.

Zu § 34 Abs. 1 und § 92 Abs. 1 GehG:

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 3. März 2022, G 324/2021-10, aus­gesprochen, dass die Beschränkung der Verwendungszulage nach § 75 Abs. 1 GehG auf Verwendungen innerhalb des Exekutivdienstes – und damit der Ausschluss der Ver­wendungszulage für den Fall einer besoldungsgruppenübergreifenden Höherverwen­dung – verfassungswidrig sei und die entsprechende Wortfolge in § 75 Abs. 1 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018 aufgehoben.

Mit den Änderungen in § 34 Abs. 1 und § 92 Abs. 1 werden auch die Parallelbestim­mungen für den Allgemeinen Verwaltungsdienst und den militärischen Dienst verfas­sungskonform angepasst.

Mit dem Bezug der Verwendungszulage wird die oder der Bedienstete auf einem Ar­beitsplatz einer anderen Besoldungsgruppe höherwertig verwendet. Wird daher bei­spielsweise ein Exekutivbediensteter auf einem Arbeitsplatz der Allgemeinen Verwal­tung verwendet, gebühren keine Zulagen und Nebengebühren der Besoldungsgruppe Exekutivdienst mehr (d.h. Entfall der Wachdienstzulage gemäß § 81, Vergütung für be­sondere Gefährdung gemäß § 82, Vergütung für Beamte des Exekutivdienstes gemäß § 83).

Zu § 59b Abs. 1 GehG und § 90q Abs. 1 VBG:

Bis einschließlich dem Schuljahr 2012/12 wurde in § 59b Abs. 1 GehG der Unterricht in Leistungsgruppen für PTS und HS/NMS gemeinsam geregelt. Mit Wirksamkeit vom 1. September 2012 wurde mit der Überführung der Neuen Mittelschule in das Regel­schulwesen die bisher in Abs. 1 für Leistungsgruppen vorgesehene Abgeltung in Abs. 1a durch eine Zulagenregelung für die Erteilung des Unterrichts in Deutsch, Mathematik und lebende Fremdsprache ersetzt. Aufgrund der Gleichstellung der Polytechnischen Schulen und den Mittelschulen hinsichtlich der Differenzierungsmaßnahmen in § 31a Schulunterrichtsgesetz mit BGBl. I Nr. 86/2019 kann nunmehr wieder eine gemeinsame Abgeltung des Fachunterrichts in Deutsch, Mathematik und lebender Fremdsprache unter Einbeziehung des integrativen Unterrichts an den Polytechnischen Schulen er­folgen.

Zu § 169f Abs. 6b GehG:

Die Umsetzung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 ist ein Unterfangen von erheblichen administrativen Ausmaßen, weshalb zwischen der Zustellung der Parteiengehöre, der Zustellung der Bescheide und der tatsächlichen Anweisung von allfälligen Nachzahlun­gen im Einzelfall längere Zeiträume vergehen können. Um mögliche Sorgen der Beam­tinnen und Beamten betreffend eine mögliche Verjährung allfälliger Nachzahlungsan­sprüche auszuräumen und um das Vorliegen und die zeitliche Wirkung eines allfälligen älteren Antrags außer Streit zustellen, wurden deshalb in der Praxis in jedem einzelnen Fall Aussagen bzw. Feststellungen zum Verjährungszeitpunkt in die Parteiengehöre und Bescheide aufgenommen. Dies unabhängig davon, ob sich rechnerisch überhaupt ein Anspruch auf Nachzahlungen ergibt bzw. in welcher Höhe dieser besteht. Die weitest­gehend automatisierte Erstellung der Parteiengehöre und Bescheide knüpft ebenfalls an das von der Dienstbehörde ermittelte und im Schriftsatz angeführte Verjährungsdatum


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an, um zwischen den rechtlich relevanten Fallgruppen unterscheiden zu können (amts­wegige Neufestsetzung nach Abs. 1, Neufestsetzung auf neuen Antrag nach Abs. 2 oder Neufestsetzung im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens nach Abs. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch mit seiner jüngeren Rechtsprechung aufgezeigt, dass die Dienstbehörde eine solche bescheidmäßige Feststellung über die Verjährung eines Nachzahlungsanspruchs zwar grundsätzlich auch von Amts wegen treffen kann, dieser jedoch eine Feststellung über die Gebührlichkeit des Anspruchs sowohl dem Grun­de als auch der Höhe nach vorausgehen müsse (VwGH 10.06.2021, Ra 2021/12/0011). Da eine solch umfangreiche Feststellung im Rahmen der zahlreichen Neufestsetzungs­verfahren jedoch die Grenzen des administrativ handhabbaren überschreiten würde und zugleich den öffentlichen Interessen weiterhin entsprochen werden soll, die von den Dienst­behörden bisher verfolgt wurden, wird nunmehr mit Abs. 6b eine eigene gesetzliche Grundlage für die bescheidmäßige Feststellung des im Einzelfall maßgebenden Verjäh­rungsdatums geschaffen. Wie in den bereits ergangenen Bescheiden ist daher auch künftig ausschließlich das Datum festzustellen, ab dem der Bezugsanspruch (bzw. ein allfälliger Anspruch auf Nachzahlung), der sich aus der rückwirkenden Anwendung der neu festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung ergibt, nicht verjährt ist. Dies unab­hängig davon, ob die rückwirkend neu festgesetzte besoldungsrechtliche Stellung über­haupt zu einer Bezugsdifferenz für einzelne Monate führt oder in welcher Höhe solche Differenzen bestehen.

Zu § 175 Abs. 102 Z 5 GehG und § 100 Abs. 94 Z 8 VBG:

Die geltende Fassung dieser Übergangsbestimmungen sollte einen geordneten Über­gang von der bisher vorgesehenen Mitwirkung des BMKÖS bei der Vordienstzeitenan­rechnung sicherstellen. Nachdem diese „Altfälle“ zwischenzeitlich einer Erledigung zu­geführt wurden, kann diese Übergangsregelung entfallen und an ihre Stelle eine einheit­liche Rechtslage für alle Bediensteten treten, die dem mit der Bundesbesoldungsre­form 2015 geschaffenen System der Vordienstzeitenanrechnung unterliegen.

Zu § 28b Abs. 2a,3 und 7 VBG:

Durch die Änderung wird der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Rech­nung getragen. Mit Urteil vom 25. November 2021 in der Rechtssache C-233/20 hat der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf die vergleichbare Bestimmung des § 10 Abs. 2 des Urlaubsgesetzes, BGBl. Nr. 390/1976, entschieden, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtli­nie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung („Arbeitszeit-Richtlinie“) in Verbin­dung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer natio­nalen Vorschrift entgegenstehe, wonach eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet. Alleinige Vorausset­zung für den Anspruch auf finanzielle Vergütung sei, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist und dass nicht der gesamte Jahresurlaub verbraucht wurde. Der Grund für die Be­endigung sei hingegen nicht maßgeblich.

Der Oberste Gerichtshof stellte im fortgesetzten Verfahren mit Urteil vom 17. Februar 2022, GZ 9 ObA 150/21f, fest, dass der Entfall des Anspruchs auf Urlaubsersatzleistung unionsrechtswidrig ist, soweit es den nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie unions­rechtlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen betrifft. Eine finanzielle Abgeltung des über den vierwöchigen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsteils ist unionsrecht­lich nicht geboten.

Zur Herstellung eines europarechtskonformen Rechtszustandes und in Entsprechung der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird in einem neuen Abs. 2a ge­setzlich klargestellt, dass der Anspruch auf Ersatzleistung nach § 28b hinkünftig auch im


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Falle eines Austritts ohne wichtigen Grund zusteht. Abweichend von § 28b Abs. 1 und 2 ist dabei die Ersatzleistung für das laufende Kalenderjahr bezogen auf den nicht ver­brauchten aliquotierten vierwöchigen Mindesturlaub gemäß der Arbeitszeit-Richtlinie zu ermitteln.

Für nicht verbrauchten Erholungsurlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren gebührt auch im Fall eines unberechtigten Austritts eine Ersatzleistung gemäß Abs. 5 für den gesamten noch ausstehenden Erholungsurlaub, soweit er noch nicht verfallen ist.

Im Falle der Übernahme einer oder eines Vertragsbediensteten in ein öffentlich-recht­liches Dienstverhältnis zum Bund (Abs. 3) wird das Dienstverhältnis in Bezug auf den Erholungsurlaubsanspruch als ein einheitliches gesehen (siehe § 67 BDG 1979). Der Zweck und die Ansprüche gemäß Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG werden dadurch gewahrt.

Zu § 90h Abs. 1 und § 90k samt Überschrift VBG:

Die gegenständliche eine dauernde Einstufung in das Entlohnungsschema II L vorse­hende 10 Stunden-Grenze könnte eine Diskriminierung von in Teilbeschäftigung stehen­den Lehrpersonen und insbesondere von Frauen darstellen.

Zu § 90h Abs. 3 VBG:

Es erfolgt eine Zitatanpassung.

Zu § 26 Abs. 6 LDG 1984 und § 15 Abs. 2 LVG:

Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen werden an allgemeinbildenden Pflicht­schulen auch außerhalb der Sonderschule verwendet, um die an den Volksschulen, Mit­telschulen und Polytechnischen Schulen im gemeinsamen Unterricht integrativ beschul­ten Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Für eine Leitungsfunktion an der Volks- oder Mittelschule können sich die betreffenden Sonderschullehrpersonen aber nur be­werben, wenn sie zusätzlich auch das einschlägige Lehramt für die Schulart aufweisen, deren Leitung sie anstreben.

Die betreffenden Lehrpersonen weisen aber eine umfassende pädagogische Ausbildung auf und sie verfügen über die erforderliche persönliche, fachliche und pädagogische Eignung sowie die erforderlichen Führungs- und Managementkompetenzen um auch eine Schule zu leiten, für welche sie nicht über das einschlägige Lehramt verfügen. Auch für die Leitung eines Schulclusters genügt für die Leitung aller im Schulcluster zusam­mengefassten Schulen, wenn die Leiterin oder die Leiter nur für eine der mehreren ge­leiteten Schulen über ein einschlägiges Lehramt verfügt.

Da sich jede Bewerberin und jeder Bewerberin einem umfangreichen Auswahlverfahren im Rahmen dessen die Eignung für die Funktion Schulleitung festgestellt wird, stellen muss, erscheint es zeitgemäß, vom Erfordernis einer Lehrbefähigung für die betreffende Schulart abzugehen. Dementsprechend soll nunmehr auch Lehrpersonen die Chance für eine Bewerbung auf die Position der Schulleitung an einer Schulart, für die sie das Lehramtsstudium nicht abgeschlossen haben, ermöglicht werden.

Zu § 22 Abs. 1 Z 1 LVG:

Bisher erhielten Lehrpersonen an Sonderschulen eine Fächervergütung gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 lediglich von der 5. bis zur 8. Schulstufe (Sekundarstufe 1). Damit war das Berufsvorbereitungsjahr der Sonderschulen in der 9. Schulstufe (siehe § 24 SchOG) nicht von der Bestimmung umfasst. Nunmehr sollen auch Lehrpersonen im Berufsvorbe­reitungsjahr an Sonderschulen eine entsprechende Fächervergütung erhalten.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag, der schriftlich vorliegt, ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Ich darf der Ordnung halber auch noch sagen: Der Antrag der Abgeordneten Yildirim, Genossinnen und Genossen ist ebenfalls ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung. Damit ist das auch erfüllt und klargestellt.

Ich darf noch den Herrn Vizekanzler und die Frau Minister herzlich begrüßen – das habe ich vorhin vergessen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.


10.43.31

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bun­desminister! Hohes Haus! Ja, man kann eigentlich bei dieser Dienstrechtsnovelle naht­los an die Rede von Kollegin Yildirim anschließen: Alles richtig, was da gesagt wurde.

Das wurde im Ausschuss auch von Abgeordnetem Gerstl von der ÖVP so gesehen (Abg. Gerstl: Das ist ein Blödsinn!), und dann schreit Kollege Hammer, in der ersten Reihe sitzend, allen Ernstes herein: „Das ist ein Blödsinn!“ – Na, das ist kein Blödsinn, denn Kollege Gerstl hat im Ausschuss eigentlich dasselbe wie Kollegin Yildirim gesagt (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ): dass vieles mit der Gewerkschaft schon ausver­handelt wurde. (Abg. Michael Hammer: Das ist eh alles drinnen!) – Ja, du warst ja nicht im Ausschuss. (Abg. Michael Hammer: Ja sicher war ich im Ausschuss!) – Na dann hast du nicht aufgepasst, dann ist es ja noch peinlicher (Heiterkeit des Redners), wenn du im Ausschuss warst (Abg. Michael Hammer: ... ist peinlich!), aber egal jetzt. Es ist einfach so, dass diese Dienstrechtsnovelle natürlich den Namen nicht verdient. (Abg. Michael Hammer: Hast du ihn überhaupt gelesen? Das ist alles drinnen!) – Sei nicht so aufge­regt, Kollege Hammer, du hast nicht aufgepasst – setzen, Fünf!

Man muss aber jetzt gleich einmal sagen: Diese Dienstrechtsnovelle für den großen Be­reich des öffentlichen Dienstes ist natürlich absolut zu wenig! Da geht es um ein bissel etwas: Da gibt es Studien, da wird bei den Studenten herumgetan, wird bei der Som­merschule konkretisiert; bei Dienstunfällen wird die Kürzung der Nebengebühren außer Frage gestellt. – Das sind ja alles Peanuts! Das ist ja nichts! Nicht einmal ansatzweise löst das Probleme, die der öffentliche Dienst hat.

Das tut schon eher der Entschließungsantrag der Kollegin Yildirim, den wir unterstützen werden. Wir werden natürlich auch diesem Dienstrechtsreförmchen zustimmen – natür­lich werden wir zustimmen! (Abg. Michael Hammer: Du bist ja als Kontra gemeldet! Ihr müsst euch nur entscheiden!) –, aber wenn man weiß, es gibt vor dem Sommer eine Dienstrechtsreform, vor Weihnachten eine Dienstrechtsreform, zweimal im Jahr, dann ist das nichts! (Abg. Michael Hammer  erheitert –: Du bist als Kontra gemeldet!)  Be­ruhige dich doch, Kollege Hammer! (Abg. Michael Hammer: Kontra! Kontrarede! – Zwi­schenruf des Abg. Höfinger.) Setz die Maske auf, du hast ja Angst vor uns, beruhige dich! Es ist ja nicht so schlimm, du hattest halt einen schlechten Tag im Ausschuss und hast nicht aufgepasst. Ist ja egal. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Herr Vizekanzler, ich würde Sie schon ersuchen: Wir haben da einige Sachen, die wirk­lich unter den Nägeln brennen. Der öffentliche Dienst leistet hervorragende Arbeit, ist ein wichtiger Bestandteil – man hat es in der Pandemie gesehen, man sieht das tag­täglich –, ist für die Sicherheit da, ist für die funktionierende Verwaltung da, ist eine Serviceleistung an den Bürgern. Da würde ich Sie schon bitten, dass Sie mit der ÖVP reden, denn vielleicht ist die ÖVP auch ein bisschen blockierend  wir kennen ja das alles, es liegt ja nicht immer alles am Beamtenminister. Wir wissen das, wir waren ja auch schon mit der ÖVP in der Regierung, wir konnten da auch nicht alles klatschend durchbringen. Die ÖVP, die abgedankte Öffentlicher-Dienst-Partei, bremst da meistens,


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und jeder Cent für den öffentlichen Dienst ist der Österreichischen Volkspartei meistens zu viel. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Der Vizekanzler lächelt schon. Wir wissen ja eh, woran es krankt (Zwischenrufe der Ab­geordneten Höfinger, Ottenschläger und Gabriela Schwarz), da versteht man eure Aufregung und das Hereinbrüllen aus der ersten Reihe natürlich schon viel, viel besser. (Abg. Michael Hammer: Wir lachen!) Ihr kommt aber eh noch dran, ihr könnt eure Wahr­nehmungen noch einmal zum Besten geben.

Ich sage nur: Ich bedanke mich bei allen Bediensteten des öffentlichen Dienstes für die hervorragende Arbeit, für die Sicherheit, für die Serviceleistung an den Bürgerinnen und Bürgern auch jetzt, am Ende der Pandemie – großartig! –, und ich hoffe, dass wir dann im Herbst bei der zweiten Dienstrechtsreform dieses Jahres ein besseres, ein effektive­res Ergebnis haben werden, wie die öffentlich Bediensteten es sich verdienen, und ihnen die Wertschätzung zukommt, die sie absolut verdient haben. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Der Reinschreier!)


10.48.11

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ja, am Freitagvormittag beim ersten Tagesordnungspunkt braucht man schon gute Nerven, wenn man so viel Realitätsverweigerung und Destruktivität erleben muss (Abg. Lausch: Du hast nicht auf­gepasst! Oder du verstehst es nicht!), was das Dienstrecht und den öffentlichen Dienst betrifft, wie von der FPÖ und der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur FPÖ möchte ich gar nicht allzu viel sagen, weil erstens das, was Kollege Lausch von sich gegeben hat, sowie die Replik auf die Beratungen im Ausschuss – genau das, was Kollege Gerstl dort angesprochen hat – sich jetzt im Abänderungsantrag finden. Wir re­geln das also alles. – Sie sollten sich ein bisschen genauer mit den Materien auseinan­dersetzen, die Ihnen vorgelegt werden! Dann könnte man sich einiges ersparen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Yildirim: Was ist mit den Hausaufgaben? Monate haben Sie Zeit gehabt!)

Entsetzt bin ich aber schon wieder über das Verhalten der SPÖ und die Aussagen der Kollegin Yildirim. Es ist schon ein starkes Stück! Wir sind es ja von der SPÖ schon ge­wohnt, dass Sie alles unternehmen, das Land schlechtzureden (Abg. Yildirim: Die ÖVP ist nicht das Land!) – Sie matchen sich da mit der FPÖ – und alles destruktiv zu sehen. Dass aber jetzt der öffentliche Dienst von Ihnen diskreditiert wird und Sie ein Bild zeich­nen, als würde Österreich schlecht verwaltet und alles zusammenbrechen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim), also das ist wirklich ein starkes Stück, dafür können Sie sich schämen, das ist wirklich letztklassig! (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe KollegInnen – oder Genossen – der SPÖ! (Abg. Yildirim: Letztklassig ist, dass Sie die ÖVP mit dem Land gleichsetzen!) Wenn es darum geht, für MitarbeiterInnen wirklich Verbesserungen zu bringen, wie gestern für Zigtausende MitarbeiterInnen im Pflegebereich, wenn es um Verbesserungen im Dienstrecht geht wie gestern bei den Pflegepersonen, dann stimmen Sie nicht mit – das ist erbärmlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist aber unbestritten – und wir bilden das mit der Dienstrechtsnovelle auch ab –, dass Dienstrecht immer eine komplexe Materie und ein Prozess im Flow, im Fluss ist. Es wird natürlich weitere Novellen geben müssen, weil der öffentliche Dienst – diesen Befund können wir teilen – durch Ruhestandseintritte und demografische Entwicklungen natür­lich auch besondere Herausforderungen zu managen hat. Da die SPÖ den öffentlichen


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Dienst hier diskreditiert hat (Abg. Lausch: Wieder nicht aufgepasst!), darf ich wirklich allen im öffentlichen Dienst für ihren tagtäglichen Einsatz danken, weil dort wirklich erst­klassige Arbeit geleistet wird. Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Dienstrechtsnovelle – Kollegin Hamann hat das ja schon ausgeführt – beinhaltet wesentliche Regelungen im pädagogischen Bereich. Wir bilden die Sommerschule als Regelbetrieb im Dienstrecht ab. Bis jetzt war es in den Covid-Maßnahmengesetzen geregelt. Ich teile die Einschätzung, dass diese Sommerschule sich etabliert hat, dass sie eine gute Einrichtung ist, und daher bilden wir das jetzt auch entsprechend im Dienstrecht ab. Wir haben auch Änderungen im Bereich der Nachmittagsbetreuung und vor allem auch, was den Quereinstieg von Lehrerinnen und Lehrern, von Pädagoginnen und Pädagogen betrifft. Gerade dort gehen wir schon in die Richtung, dass wir wirklich Maßnahmen setzen, um den Nachwuchs an unseren Schulen entsprechend sicherzu­stellen.

Wir setzen mit der Novelle auch einige Änderungen um, wozu der Europäische Gerichts­hof beziehungsweise der Verfassungsgerichtshof uns aufgefordert hat. Wir haben natürlich auch in anderen Bereichen noch Notwendigkeit. Herr Vizekanzler, wir sind auch in Gesprächen, und ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass wir im Bereich Landes­verteidigung natürlich noch Wünsche im Dienstrecht haben, die auch für unsere Solda­tinnen und Soldaten wichtig sind, vor allem wo es um die Besoldung im Unteroffiziers­bereich geht; gerade dort brauchen wir auch den Nachwuchs. Gerade der Unteroffiziers­bereich ist die tragende Säule einer Armee, und dort brauchen wir entsprechende Abbil­dungen. (Beifall des Abg. Ofenauer.) Auch was den Bereich der Nachrichtendienstzula­ge und auch die Vereinheitlichung der Besoldung im Bereich der Offiziere betrifft, sind wir in Gesprächen, und ich glaube, da sollten wir im Herbst auch weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Laimer.)

Abschließend: Ich freue mich, dass wir diese Dienstrechtsnovelle heute auf den Weg bringen. Danke noch einmal an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst! Und an die Kollegen der SPÖ: Hören Sie auf, den öffentlichen Dienst schlecht­zureden, der ist in Österreich nämlich hervorragend! (Beifall bei der ÖVP.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordnete Yildirim. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Schon wieder!)


10.52.32

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Hammer von der ÖVP hat in seiner Rede (Ruf bei der ÖVP: Großartige Rede!) behauptet, dass die SPÖ – und dabei hat er meine Person angesprochen –, dass wir oder dass ich in meiner Rede den öffentlichen Dienst diskreditiert oder schlechtgeredet habe. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Selbstverständlich!) Das ist unrich­tig! (Abg. Michael Hammer: Das ist richtig! Dann müssen Sie es besser ausdrücken!)

Der richtige Sachverhalt ist: Die ÖVP steht in der Kritik, und die ÖVP ist nicht der öffent­liche Dienst! Die ÖVP steht in der Kritik, und die ÖVP ist nicht das Land! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Was ist das?! Was ist das Jenseitiges?! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

10.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Klubobmann Wöginger zur Ge­schäftsbehandlung. – Bitte.

*****



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10.53.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe das vorhin schon erörtert: Das geht so nicht! Sie scheinen zu glauben, weil Sie die SPÖ sind, können Sie hier tun, was Sie wollen! (Ruf bei der SPÖ: Das glaubt ihr!) Das funktioniert nicht. Das sind keine tatsächlichen Berichtigungen. Melden Sie sich in die Rednerliste ein, dann können Sie das sagen, aber missbrauchen Sie nicht ständig das Instrument der tatsächlichen Berichtigung! (Beifall bei der ÖVP.)

10.53

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Künsberg Sarre ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Redet von Haus aus keinen Blödsinn, dann braucht ihr nicht berichtigen!)


10.53.52

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Vizekanz­ler! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zu­schauerinnen auf der Galerie und zu Hause! Das Lehrerdienstrecht ist ein Sinnbild und Ausdruck unseres bürokratischen Schulsystems. Auch wenn einzelne Maßnahmen, die da jetzt drinnen sind, wie die Sommerschulregelung und auch dass die Lehrkräfte zwi­schen Bezahlung und Zeitausgleich wählen können, dass der Quereinstieg erleichtert werden soll, durchaus sinnvolle Einzelmaßnahmen sind, wird auch diese Reform und diese Novelle uns nicht weiterbringen.

Sie haben nach wie vor keinerlei Antworten auf den drohenden oder schon bestehenden Lehrermangel. Sie haben keinerlei Antworten darauf, wie der zukünftige Lehrerarbeits­platz ausschauen soll, ein moderner Arbeitsplatz; und Sie haben auch keine Vision, wie Sie diesen Lehrerberuf attraktivieren sollen, um nicht nur Quereinsteiger – wo der Minis­ter ja schon gesagt hat, das werden einige wenige sein –, sondern mehr und geeignete Personen in diesen Beruf zu bringen.

Die Antworten des Bildungsministers, Ihres Kollegen, sind ja immer sehr interessant, denn eigentlich sagt er immer nur, er schaut sich das an und er schaut es sich noch einmal an und dann überlegt er einmal wieder, aber im Endeffekt hat er, seit er da ist, nichts geliefert, und auch seit Sie in der Regierung sind, die Grünen in der Regierung sind, haben Sie in diesem Bereich überhaupt nichts zusammengebracht. (Beifall bei den NEOS.)

Sie sagen dann zwar immer: Na ja, das ist halt die ÖVP – aber Sie sitzen mittlerweile auch in der Regierung, und Sie sind Vizekanzler und auch für die Beamten und damit für die Lehrer zuständig! Sie können auch für Veränderung sorgen.

Die Novelle an sich, die jetzt vorliegt, war sowieso haarsträubend. Meine Kollegin Yildi­rim hat das ja schon gesagt: Eine Trägerrakete jagt die nächste, ein Abänderungsantrag den nächsten. Es wird überhaupt nichts mehr in Begutachtung geschickt, und wir kom­men gar nicht mehr dazu, dass wir überhaupt alles durchlesen, was Sie uns da kurzfristig vorlegen. Was es im Lehrerdienstrecht braucht, ist nicht die x-te weitere Novelle, son­dern es muss die Abschaffung dieses Lehrerdienstrechts kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir brauchen einen Rahmenvertrag. Wir brauchen autonome Schulen mit einem moder­nen Arbeitsvertrag, also mit einem Rahmen, der dann von autonomen Schulen befüllt wird. Sie – die ÖVP insbesondere, aber offensichtlich auch die Grünen – haben natürlich große Schwierigkeiten, den Schulen Autonomie zu geben, weil Sie offensichtlich den


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Lehrerinnen und Lehrern und den Direktorinnen und Direktoren nicht zutrauen, dass gute Entscheidungen am Schulstandort getroffen werden können. Wir NEOS sind die Einzi­gen, die das glauben. Wir glauben, dass es viele gute Pädagoginnen und Pädagogen gibt und dass diese auch gute Entscheidungen treffen können und nicht immer nur da­rauf warten müssen, was das Ministerium oder der Bund vorgibt. (Beifall bei den NEOS.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte sehr.


10.57.17

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Typischerweise wer­den die Dienstrechtsnovellen und die größeren Teile davon immer im Herbst gemacht; das wird auch diesmal so sein. Es wird aber einleuchtend erscheinen, wenn wir noch Reformen – vielfach geforderte Reformen – zur Besserstellung und Absicherung und Garantie der Sommerschulen machen, dass es vernünftig ist, wenn wir das vor dem Sommer machen. Das sollte einleuchten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich wird es im Herbst viele Themen geben, die hier angesprochen wurden. Ob und inwieweit das immer zum Konsens führt unter den vielen, vielen Wünschen, die es da gibt, ist eine andere Frage, aber so ist es ja immer organisiert und angegangen worden. Ich denke, Frau Kollegin Yildirim, das war auch früher nicht anders.

Jetzt zur Sommerschule: Ich finde schon, dass das deshalb eine gute Sache ist – und man sieht da ja auch das Wesen des öffentlichen Dienstes, so wie wir ihn begreifen –, weil es ja kein Selbstzweck ist, sondern ein Service für die Bürgerinnen und Bürger, in dem Fall für die ganz jungen Bürgerinnen und Bürger, für die Schülerinnen und Schüler, weil sich ja die Probleme gerade nach der Pandemie verschärft haben. Das ist ja allseits bekannt. Insofern ist es sehr, sehr sinnvoll, dass wir da gegensteuern. Das ist deshalb eine besonders schlaue Maßnahme, weil es ja in Wahrheit eine soziale Maßnahme ist. Es ist ja klar, dass den Kindern, deren Eltern weniger Geld und weniger Bildung haben, auf diese Weise etwas angeboten werden kann.

Ich finde es eine gute und richtige und stetige Entwicklung – so ist halt das Dienstrecht auch –, wenn das nachzieht und bestimmte Absicherungen und Garantien bietet, jetzt einmal auch für die Lehrenden; einerseits im bestehenden Lehrkörper, aber anderer­seits – und das war uns besonders wichtig – vor allem für die Lehramtsstudierenden, die da jetzt einmal gescheit abgesichert sind und – durchaus auch gerechterweise – eine Entlohnung erhalten. Das einmal dazu. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das andere: Ich halte ja auch das in diesem Sinne für eine stetig vernünftige Weiterent­wicklung, was den Quereinstieg in den Lehrerinnen- und Lehrerberuf betrifft. Es behaup­tet ja niemand, dass deshalb nicht mehr geschehen muss. Ich darf aber schon daran erinnern, dass es einigen Vorgängerregierungen gelungen ist, den Eindruck zu erwe­cken, dass es da vielleicht gar nicht so einen großen Bedarf gäbe, sondern dass Aktio­nen und Kampagnen gefahren wurden, damit man sich möglichst nicht um den Lehr­amtsberuf bemüht.

Jetzt ist es anders. Gott sei Dank ist es so, dass wir nicht nur die Möglichkeit haben, die typische Ausbildung allein heranzuziehen, sondern dass wir da Pädagoginnen und Pä­dagogen, die andere Fächer oder artverwandte Fächer studiert haben, aber vor allem auch Menschen in einem Berufsbild, das passen könnte, mit der entsprechenden Zu­satzqualifikation im pädagogischen und im didaktischen Bereich etwas anbieten können. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


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Ich glaube – das zeigen auch viele Studien und Erfahrungen, auch in Ländern wie Israel, das ja für seine Innovationen bekannt ist –, dass da auch sehr viel, wenn man so will, frischer Wind in die Schulen und Klassenzimmer kommt und dass diese Art von Interven­tion auch eine Innovation darstellen kann. Das sollte man an dieser Stelle nicht unter­schätzen. Auch das ist eine gute Entwicklung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Abschließend: Das steht ja im Zusammenhang damit – das hat Frau Kollegin Yildirim sicherlich zu Recht angesprochen –, dass sich auch der öffentliche Dienst auf dem Ar­beitsmarkt durchaus offensiv und attraktiv bewegen und entsprechende Angebote ma­chen sollte, weil ja in wenigen Jahren eine sehr große Zahl an Abgängen aufgrund der Demografie, aufgrund von Pensionierungen zu erwarten ist. Das gilt natürlich auch im Lehrerinnen- und Lehrerbereich.

Ich möchte aber schon auf eines hinweisen, nämlich darauf, dass diese Regierung das im Unterschied zu den Vorgängerregierungen insoweit erkannt hat, als wir das erste Mal seit Langem nicht diesen Automatismus festgeschrieben haben, dass nur jeder dritte Posten nachbesetzt wird, wenn es Abgänge gibt, sondern nun kann das einmal gleich bleiben. Das hat nämlich genau diesen Hintergrund. Das ist noch lange keine hinreichen­de Bedingung, ja, aber eine notwendige Bedingung dafür, dass dieser von Ihnen zu Recht apostrophierte Wissenstransfer stattfinden kann. Das ist einmal ein großer Wen­depunkt gewesen, dass das nicht wieder automatisch festgeschrieben wird.

Das wurde ja zum Teil auch befolgt; man braucht sich nur anzuschauen, wie die Posten­besetzungsentwicklung in all den Jahren war. Insofern – ich will das gar nicht groß kri­tisieren – kann man das ja damals anders eingeschätzt haben. Jetzt kommen andere Zeiten, auch in diesem Bereich, und deshalb gehen wir so vor, aber, ja, da sind sicherlich noch viele Instrumente voranzutreiben, dass dieser Wissenstransfer, dieser Übergang und überhaupt das Hereinholen von Menschen in den öffentlichen Dienst generell ge­lingen können. Da sollten wir uns aber treffen und nicht alles gleich zur Weltuntergangs­krise erklären. Das wäre schon auch nützlich.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen im öf­fentlichen Dienst bedanken. Da wird sehr viel geleistet und darauf sollten wir stolz sein. Ich glaube, darauf können wir auch aufbauen, und next steps gibt es im Herbst.

Als Allerletztes: Es wurde im Ausschuss angesprochen, und es ist mir wichtig, dass ich das auch hier noch einmal sage, sodass alle gewiss sein können: Es sind ja viele Punkte schon vorverhandelt, aber die Sommerschule und ein paar andere Punkte, die im Übri­gen sehr dienstnehmerInnenfreundlich sind, wurden halt vorgezogen. Also an dieser Stelle kann ich nicht allen Rednern folgen. Es ist sehr, sehr viel aus Dienstnehmersicht jetzt noch dazugekommen. Das dürfte auch der Grund sein, aus dem Sie zustimmen – immerhin Respekt dafür. Was es aber jedenfalls weiter braucht, ist, dass wir im Bereich der Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetze den nächsten Schritt machen – das ist an sich fertig vorbereitet – und ebenso, was die dienstrechtlichen Anforderungen im Landesverteidigungsbereich betrifft – ich will das gar nicht unerwähnt lassen –, dass wir da ebenfalls zielorientiert vorgehen. Damit geht es dann schon in die nächste Herbst­runde. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.04


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Petra Tanzler zu Wort. – Bitte.


11.04.45

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ja, endlich war die Dienstrechtsnovelle da. Vor­her gab es große Erwartung, nachher aber auch große Enttäuschung, denn es gab die


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Hoffnung, dass Bereiche entlastet und geregelt werden, die aufgrund zunehmenden Per­sonalmangels im Herbst erstmals prekär werden. Zumindest wurde eine Übergangslö­sung für den Freizeitbereich gefunden. Einzelne Maßnahmen im Abänderungsantrag sind auch unterstützenswert, aber in der Summe haben Sie sich ungenügend mit dem Problem beschäftigt, und dementsprechend sieht die Novelle samt Abänderungsantrag auch aus.

Womit Sie sich jedoch nicht beschäftigt haben, ist, dass der Dienstbetrieb im Herbst sichergestellt wird. Manche Fächer können in kleineren Schulen nicht besetzt werden. Mit drei einfachen Wörtern im Gesetzestext, mit „nach Möglichkeit“ und „vorrangig“, wäre dies übergangsweise auch zu regeln gewesen – das hätte echte Schulautonomie und die Flexibilität, die Schulen in dieser schwierigen Phase brauchen, bedeutet –, und das haben Sie leider nicht getan. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie schaut das jetzt in der Praxis aus? – In der Praxis wird es im Herbst so aussehen, dass entweder junge KollegInnen, die in der Induktionsphase sind, im Kreis herumge­schickt werden, weil sie – an mehreren Schulen dann wahrscheinlich – nur ihre eigenen Fächer unterrichten dürfen, oder sie reduzieren ihre Stunden, damit sie nur an einer Schule und nicht an vielen Schulen sind – das löst das Personalproblem auch nicht –, oder Lehrer, die schon jahre- und jahrzehntelang ihre eigenen Fächer unterrichten, müs­sen dann fachfremd unterrichten und für diese jungen Lehrerinnen und Lehrer Platz ma­chen. Alle drei Lösungsvorschläge sind sicher suboptimal.

Es wird wahrscheinlich Letzteres passieren, denn Kollegin Hamann hat mir gestern wort­wörtlich verraten: Es gibt ja eh auch andere Lehrer und Lehrerinnen an den Schulen, die müssen das eben machen! – Mit Verlaub: Das ist keine Wertschätzung. Es schafft Unmut und Gräben in den Schulen, und den schwarzen Peter haben Sie den Schulleitun­gen zugeschoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe mich gestern noch darum bemüht, dass die folgende Regelung getroffen wird, aber die Regierungsparteien wollen das nicht, vor allem nicht die ÖVP. Dennoch bringe ich den Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfas­sungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediens­tetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftli­che Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert wer­den (Dienstrechts-Novelle 2022) (1576 d.B.) TOP 1

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 6 Z 1h (§ 5 Abs. 11 Landesvertragslehrerpersonengesetz 1966) lautet:

„Landesvertragslehrpersonen in der Induktionsphase, die über eine Lehramtsausbildung verfügen, sind nach Möglichkeit im Rahmen ihrer Lehrbefähigung vorrangig zu verwen­den. Weiters sind sie nicht für die Wahrnehmung der Funktion einer Klassenvorständin oder eines Klassenvorstandes sowie zu dauernden Mehrdienstleistungen heranzuzie­hen, sofern sie das wünschen. Die Heranziehung zur Klassenlehrerin oder zum Klassen­lehrer an einer Volksschule ist jedoch zulässig.“


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Begründung

Die Änderungen gewähren Schulleitungen die notwendige Flexibilität, die vor allem an Pflichtschulen notwendig ist, um den Schulbetrieb im Herbst sicherzustellen.

*****

Reparieren Sie Ihre Novelle!

Zum Schluss: Danke an alle Kolleginnen und Kollegen in den Schulen für ihren unermüd­lichen Einsatz. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Christian Lausch, Sie sind als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.08.15

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Vizekanzler! Wir bedanken uns nicht nur beim öffentlichen Dienst, wir Freiheitliche geben dem öffentlichen Dienst nicht nur Wertschätzung, wir unterstützen nicht nur den öffent­lichen Dienst, sondern wir arbeiten auch für den öffentlichen Dienst und arbeiten auch dabei mit, den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen, Probleme zu lösen.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Absicherung für 50+ Bedienstete im Sicherheitsbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die langgedienten Bediensteten im Sicherheitsbereich den Rückzug aus dem Schicht- und Wechseldienst ohne Gehaltseinbruch durch den Wegfall von Zulagen ermöglicht.“

*****

Herr Vizekanzler, ich würde Sie wirklich bitten – weil Sie ja gesagt haben, die Dienst­rechtsreform im Herbst gibt dann mehr her –, diesen wichtigen Punkt einzuarbeiten. Das ist ein Problem im öffentlichen Dienst. Da gibt es keine Altersteilzeit wie in der Privat­wirtschaft. Die Bediensteten, die Schicht- und Wechseldienst, Wochenenddienst, Nacht­dienst leisten und dann in die Jahre 50 plus, nahe an die Pension kommen, haben da Probleme, und die haben es sich nicht verdient, sich von gewissen Dienststellenleitern piesacken zu lassen, weil sie gesundheitlich nicht mehr so gut mithalten können. Bitte nehmen Sie das auf, lassen Sie das einfließen! Die öffentlich Bediensteten 50 plus wer­den es Ihnen danken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Christian Ries

und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 70

betreffend Absicherung für 50+ Bedienstete im Sicherheitsbereich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2658/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Eva Blimlinger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrperso­nen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2022) (1576 d.B.) (TOP 1) in der 169. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 8. Juli 2022.

Der österreichische Staat ist derzeit mehr denn je gefordert gesetzliche Voraussetzun­gen zu schaffen, die im Kampf gegen die Kriminalität wirksames Handeln ermöglichen. Es geht darum auch in Zukunft den Österreicherinnen und Österreichern Schutz und Hilfe in allen Bedrohungsszenarien gewähren zu können.

In Zeiten extremer Migrationsbewegungen und globaler Gesundheitskrisen ist es dem Engagement und der Einsatzbereitschaft öffentlich-rechtlich Bediensteter im Sicher­heitsbereich, insbesondere bei Polizei, Justizwache und anderen ähnlichen Berufsgrup­pen des öffentlichen Dienstes, zu verdanken, dass die Sicherheitslage nicht weiter aus den Fugen gerät.

Es gilt daher gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die öffentlich-rechtlich Bediensteten im Sicherheitsbereich im Kampf gegen Kriminalität auch in Zukunft wirk­sam agieren können. Durch verbesserte dienstliche Rückzugsmöglichkeiten (exekutiver Innendienst, Verwaltungsdienst ect.) soll langgedienten Bediensteten im Sicherheitsbe­reich der Rückzug aus dem Schicht- und Wechseldienst ermöglich werden. Dabei soll der Verlust etwaiger Zulagen stufenweise abgefedert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nunmehr folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die langgedienten Bediensteten im Sicherheitsbereich den Rückzug aus dem Schicht- und Wechseldienst ohne Gehaltseinbruch durch den Wegfall von Zulagen ermöglicht.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Es ist nun niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesord­nungspunkte 1 und 2.

11.10.332. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2575/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein


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Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommu­nikationsbehörde Austria („KommAustria“) (KommAustria-Gesetz – KOG) geän­dert wird (1580 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


11.11.01

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste auf der Galerie und Zuseherinnen und Zu­seher zu Hause vor den Bildschirmen! Die österreichische Medienlandschaft ist ja bunt und vielfältig. Das reicht von den öffentlich-rechtlichen bis zu den privaten, nicht kom­merziellen und freien Radios. Das große Interesse, nicht nur von uns, sondern der ge­samten Gesellschaft, ist es, genau diese Medienvielfalt zu erhalten und noch zu stärken.

Es gibt einen unterschiedlichen Bedarf an Fördermaßnahmen. Im Moment läuft gerade ein breiter Diskussionsprozess mit allen Stakeholdern unter der Ägide der Frau Bun­desministerin, und wir werden heute schon eine dieser Fördermaßnahmen beschließen. Meine Kollegin Mag. Eva Blimlinger wird das dann noch näher erörtern.

Ich darf allerdings gleich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Selbständigen Antrag 2575/A be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (1580 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In der Novellierungsanordnung Z 3 wird im Text des § 44 Abs. 31 im ersten Satz die Datumsangabe „1. Juni“ durch die Datumsangabe „1. Jänner“ und im zweiten Satz die Datumsangabe „30. Juni“ durch die Datumsangabe „1. August“ ersetzt.“

*****

Wenn ich das richtig sehe, sind das mein letzter Antrag und meine letzte Rede als Abgeordnete in diesem Haus. Wenn ich es Revue passieren lasse, dann gab es in diesen vergangenen fünf Jahren auch in diesem Raum viele Menschen, die mir mehr zugetraut haben als ich mir selbst. Das ist ein bisschen etwas, das Frauen begleitet: Selbstzweifel. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den Frauen und den Mädchen auszurichten: Traut euch was, traut euch etwas zu! Seid stark, seid laut, dann bekommt ihr alles, was ihr wollt! (Abg. Brandstötter: Schön wärʼs! – Zwischenruf der Abg. Herr.)

Auch an meine Kolleginnen und Kollegen hier und natürlich auch an die Damen, die jetzt auf der Seite der Sozialdemokratie ein bisschen lauter werden, der Appell: Die Frauen in der Öffentlichkeit sind nicht nur in der Politik, sondern auch im Journalismus, in der Kunst, in der Kultur sehr oft verbaler, sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Ich möchte wirk­lich, dass wir alle gemeinsam laut sind, immer wieder darauf hindeuten, das öffentlich diskutieren. Ich kann euch versprechen, dass ich auch in meiner nächsten Funktion in der Volksanwaltschaft diese Frauenrechte, die Menschenrechte sind, hochhalten werde und diese immer verteidigen werde. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen, SPÖ und NEOS.)


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Dafür, dass ich als Quereinsteigerin ohne Parteivergangenheit wegen meiner ehrenamt­lichen Tätigkeit seinerzeit von Sebastian Kurz in die Politik geholt wurde, danke ich ihm ausdrücklich, genauso wie dem damaligen Landesparteiobmann. (Ruf bei der SPÖ: Danke, Basti!) Das war der Beginn einer Reise mit sehr viel Lernfähigkeit und Lernmög­lichkeit, auch hier im Hohen Haus, mit sehr vielen Herausforderungen.

Und glauben Sie mir: Gesundheitssprecherin in einer Pandemie zu sein ist tatsächlich etwas ganz Spezielles. Ich hätte diese Aufgabe ohne die großartige Unterstützung des Parlamentsklubs und die Expertise des Mannes an der Spitze unserer Gesundheits­gruppe, der alles zu diesem Thema weiß, Dr. Philipp Hartig, nicht bewältigen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich weiß die Gesundheit bei meinen Kollegen Werner Saxinger, Sepp Smolle und Karlheinz Kornhäusl auch weiter­hin in guten Händen.

Ich konnte mir immer sicher sein, dass mein direkter Sitznachbar – das ist Peter Haub­ner, der im Moment krank ist und dem ich baldige Besserung wünsche – mir immer mit Rat und Tat in der Arge WB zur Seite stand, und dafür bin ich ihm außerordentlich dank­bar.

Ich werde einige unter den Kolleginnen und Kollegen – das meine ich durchaus fraktions­übergreifend – in Zukunft sicher vermissen, aber ich bin ja nicht ganz weg, ich komme ja wieder, nur auf der anderen Seite.

Axel Melchior, dir danke ich gemeinsam mit dem Bundeskanzler für dein Verständnis, dass ihr das gut habt nehmen können, als ich im vergangenen Herbst, weil ich gesund­heitlich komplett am Ende war, die Funktion in der Bundespartei zurückgelegt habe, aber uns verbindet mehr. Uns verbindet Freundschaft, und das wird dementsprechend auch so bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Apropos zurückziehen: Ich werde mich in meiner nächsten Funktion aus allen parteipoli­tischen Funktionen zurückziehen. Ich werde allerdings den Kontakt mit dem burgenländi­schen Landesparteiobmann wegen eines ganz speziellen Erfahrungsaustausches hal­ten. Er ist Europaabgeordneter in Brüssel und ist dort stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses für Menschenrechte. Ich habe Erfahrungsaustausch immer hochge­halten, und das betrifft auch diesen Fall.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch wirklich außerordentlich bei einer ganz starken Frau bedanken, das ist die Klubobfrau der Grünen Sigi Maurer. Sigi, du bist mir immer auf Augenhöhe begegnet, und das habe ich dir extrem hoch angerechnet. Auch die Zusammenarbeit mit unserem Klub funktioniert wirklich tadellos. Chapeau! Danke viel­mals dafür! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Da bin ich jetzt schon bei jenem, mit dem es so gut funktioniert, nämlich bei unserem Klubobmann Gust Wöginger. Lieber Gust, du hast mir von Anfang an extrem viel zu­getraut und auch vertraut. Das hat nicht nur damit zu tun, dass wir gemeinsam aus dem Roten Kreuz kommen und dass die Liebe zum Menschen von uns beiden, glaube ich, nicht nur so gesagt, sondern auch tatsächlich gelebt wird. Du hast mich immer wieder überrascht, zuletzt auch mit dem Anliegen, ob ich die Volksanwaltschaft übernehmen möchte, und die Schnappatmung von mir hast du auch ganz gut nehmen können. Du hältst diese Gruppe extrem gut zusammen. Du bist ein Mann mit Anstand, der allen re­spektvoll gegenübertritt, der immer wieder motiviert, der Haltung hat. Gust, du bist wirk­lich einer von den ganz Guten! Vielen Dank für alles! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich durfte jetzt viereinhalb Jahre hier arbeiten, ich werde demnächst 60. Das erklärt auch, dass ich nicht versorgt sein muss, sondern ich könnte tadellos in Pension gehen. Das möchte ich aber nicht, denn ich möchte weiter für die Menschen in Österreich arbeiten, und das wird mir in der nächsten Funktion wirklich möglich sein.


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Ich bin in einem Elternhaus aufgewachsen, das uns zu Toleranz, zu Anstand und Re­spekt erzogen hat. Meine Schwester und ich waren von klein auf damit konfrontiert, dass in unserer Familie kein Unterschied nach Herkunft, nach Geschlecht, nach Sexualität, nach Hautfarbe, was auch immer gemacht wurde. Mein Vater ist als Präsident des Öster­reichischen Roten Kreuzes Burgenland verstorben, meine Mutter ist seit über 30 Jahren in der Sterbebegleitung tätig, und meine Schwester und ich arbeiten ehrenamtlich in der Krisenintervention. Das erklärt auch, wie gesagt, die Liebe zum Menschen.

Ich war 1989 an der Grenze, als die DDR-Bürger zu uns kamen, in Mörbisch, und ich war 2015 in Nickelsdorf nicht nur dabei, sondern mittendrin. Ich achte das Recht auf Leben, auf Freiheit, auf Sicherheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, um nur ei­niges zu nennen, was uns alle täglich begleiten sollte. Ihnen und euch allen wünsche ich, dass das auch unsere oberste Prämisse und Priorität bleibt. (In Richtung des Abg. Lindner:) Weil du mich gerade anschaust, Mario: Ich verlasse mich auf dich, du weißt schon in welcher Frage. (Abg. Lindner nickt.)

Ich wünsche euch allen einen klaren Kopf, einen geraden Rücken und ein offenes Herz, um für die Menschen in Österreich zu arbeiten. – Alles Gute! (Lang anhaltender, von der ÖVP stehend dargebrachter Beifall bei ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS. – Abg. Wöginger überreicht der Rednerin einen Blumenstrauß.)

11.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Mag.ª Eva Blimlinger

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den selbständigen Antrag 2575/A be­treffend ein Bundesgesetz, mit das KommAustria-Gesetz geändert wird (1580 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In der Novellierungsanordnung Z 3 wird im Text des § 44 Abs. 31 im ersten Satz die Datumsangabe „1. Juni“ durch die Datumsangabe „1. Jänner“ und im zweiten Satz die Datumsangabe „30. Juni“ durch die Datumsangabe „1. August“ ersetzt.

Begründung

Zur Sicherstellung einer einheitlichen und vollständigen Bereitstellung der für die Förder­vergabe bereitzustellenden Mittel in der Höhe von insgesamt 5 Mio Euro pro Jahr und zur Verwaltungsvereinfachung wird das Inkrafttretensdatum geändert und das Datum für die an die RTR-GmbH erfolgende Überweisung der Mittel für den nichtkommerziellen Rundfunkfonds mit dem für den Fonds zur Förderung der digitalen Transformation fixier­ten Termin abgestimmt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Schwarz, zuerst einmal: Ihr Abänderungs­antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Ich darf Sie auch persönlich zur Wahl zur Volksanwältin ganz herzlich beglückwünschen. Wir wünschen Ihnen alles Gute für diese neue Funktion. Die Tätigkeit in der Volksanwalt­schaft ist ja keineswegs ein Abschied aus dem Nationalrat und dem österreichischen Parlament, sondern nur in der Funktion als Abgeordnete.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 74

Sie übernehmen eine ganz wichtige Funktion an der Schnittstelle zwischen den Bür­gerInnen und der Verwaltung und natürlich auch dem Parlament. So gesehen wird die Zusammenarbeit zwar eine neue sein, hoffentlich auch eine noch breitere, und dafür wünsche ich Ihnen alles Gute. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Ga­briela Schwarz: Vielen Dank! Danke!)

Frau Abgeordnete Schatz, Sie gelangen jetzt in der Debatte zu Wort. – Bitte.


11.20.12

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Vorsitzende! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gaby Schwarz! Ich möchte die Gelegenheit schon auch nutzen, mich bei dir für den trotz der inhaltlichen Differenzen sehr wertschätzenden Austausch zu bedanken, den wir über die letzten Jahre hinweg hatten. Das ist nicht selbstverständlich, dafür möchte ich wirklich Danke sagen. Sie wissen, wir als Sozialde­mokratInnen sind immer an der Seite der Frauen, wenn es darum geht, gegen Sexismus und für Gleichberechtigung zu kämpfen. Dazu sind wir immer bereit, und wir greifen es natürlich gerne auf, dass wir da gemeinsam mit der Frau Ministerin aktiv werden und etwas tun. Es freut mich, dass wir uns demnächst im Volksanwaltschaftsausschuss wie­dersehen werden und dass wieder eine Frau in der Volksanwaltschaft tätig ist. Alles, alles Gute! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Gabriela Schwarz: Danke schön!)

Zum vorliegenden Gesetzesantrag: Wir diskutieren die Gesetzesänderung und eine Er­höhung der Mittel für den nicht kommerziellen Rundfunk. Wir alle wissen, dass der nicht kommerzielle Rundfunk gerade auf lokaler und regionaler Ebene einen wichtigen Beitrag leistet. Er füllt Nischen in der Medienvielfalt. Er trägt auch zur Medienkompetenz bei, weil es dort auch möglich ist, sich selbst zu beteiligen, vor der Kamera zu stehen, vor dem Mikro zu stehen, genauso wie dahinter. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt.

Als Oberösterreicherin möchte ich da exemplarisch das DorfTV erwähnen, Radio FRO oder das Freie Radio Salzkammergut oder auch das Freie Radio Freistadt, in denen beispielsweise Atomkraft bedingt durch die Nähe zum tschechischen Atomkraftwerk Te­melín immer wieder Thema ist.

Das zeigt auch, wie wichtig es ist, die Vereinstätigkeit, die lokale Kultur, eben regionale Themen entsprechend aufzugreifen. Wir haben immer erklärt, dass es wichtig ist, die finanziellen Mittel für diese nicht kommerziellen Rundfunksender entsprechend zu er­höhen. Wir haben das mit unterschiedlichen Anträgen gemacht, die wir über die Jahre eingebracht haben, vor allem bei der letzten Beschlussfassung, als die Mittel für die pri­vaten kommerziellen Rundfunksender entsprechend erhöht worden sind. Und jetzt liegt eben die Erhöhung der Mittel für die nicht kommerziellen Rundfunksender vor. Das ist ganz, ganz wichtig, wir stehen dazu und unterstützen diesen Antrag, der die Mittel jetzt auf 5 Millionen Euro im Jahr erhöhen wird. Das ist ganz, ganz wichtig. Ich möchte an dieser Stelle auch allen nicht kommerziellen Rundfunksendern für ihre oft schwierige Arbeit ganz herzlich danken.

Lassen Sie mich die Gelegenheit aber auch noch nutzen, auf einen Antrag der SPÖ im Ausschuss hinzuweisen, der – surprise! – leider vertagt wurde. Es geht darum, dass wir endlich eine Reform der Medienförderung brauchen. – Frau Bundesministerin! Sie ha­ben diese Reform ja auch schon längst angekündigt. Wir warten darauf, weil die aktuelle Medienförderung wirklich einfach antiquiert ist, überholt ist und es Zeit wird, dass wir entsprechend handeln. Sie kommt aus einem Analogzeitalter.

Was ganz, ganz wichtig ist: Wir müssen die aktuelle Schieflage der intransparenten In­seratenvergabe zur Medienförderung endlich beseitigen. (Abg. Ottenschläger: Vor al­lem in Wien!) Frau Ministerin! Wir warten auf Ihren Vorschlag. Wir stehen bereit, wenn es darum geht, in diesem Bereich zusammenzuarbeiten. Sie müssen nur auf uns zukom­men. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 75

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.23.42

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich freue mich sehr, dass wir heute die Erhöhung der Mittel für den nicht kommerziellen Rundfunk auf 5 Millionen Euro beschließen können. Das rettet einige. Da muss ich schon sagen, dass es mich freut, dass die NEOS und die SPÖ dem zustimmen werden.

Noch mehr würde mich freuen, wenn die beiden Parteien, die in Wien ja gemeinsam in einer Koalition sind, auch dafür sorgen würden, dass Okto weiterhin eine Förderung be­kommt. Diese wurde nämlich gestrichen. Das Bekenntnis zum Nichtkommerziellen sollte vielleicht auch in der Stadt Wien auf fruchtbaren Boden fallen. Zur Begründung dafür, dass man ein analoges Fernsehen wie Okto nicht weiter fördern will, kann ich nur sagen, dass die Koalition aus NEOS und SPÖ dann sofort die Förderung für W24 – ein bisschen ein Propagandasender, würde ich sagen (Abg. Ottenschläger: Sehr richtig!) – einstellen müsste, denn dieser ist analog. Es würde mich also freuen, wenn Sie das, was Sie hier für die Nichtkommerziellen machen, vielleicht auch noch einmal in der Wiener Landes­regierung deponieren könnten.

Kollegin Schatz hat es schon gesagt: Es handelt sich um die unterschiedlichsten, vor allem regionalen und lokalen Sender für den Medienstandort Österreich. Keine Sorge, wir arbeiten an einer Neukonzeption der Medienförderung. Wie Sie wissen, ist das nicht ganz einfach, denn es gilt, sie auf neue Füße zu stellen. Es ist ein sehr umfassender Bereich, der vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis hin zu den Straßenzeitungen und Zeitungen wie „Biber“, die gratis verteilt werden, reicht. Wir sind da in bestem Einverneh­men an der Arbeit und wir werden schauen, dass wir das hinbekommen.

Liebe Gaby Schwarz! Es war mir eine große Freude, mit dir als Medienexpertin du hast ja Jahrzehnte im ORF gearbeitet  zusammenzuarbeiten. Ich hoffe, dein Nachfolger, deine Nachfolgerin als Mediensprecher  du warst ja jetzt eigentlich schon die zweite  bringt ein ähnliches Engagement, Drängen und Kenntnis mit, damit die Zusammenarbeit so weitergeht. Ich hoffe allerdings, dass du auch als Volksanwältin weiterhin deine schützende Hand über das nicht kommerzielle Radio OP, den Verein Radio Gymnasium, im Burgenland halten wirst, denn das war dir auch immer ein Anliegen. Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit! Du wirst als Volksanwältin ähnlich kämpferisch sein, wie du es hier warst, davon bin ich überzeugt. Wir werden es dann im Ausschuss hören, was du alles gemacht hast. In diesem Sinne: Herzlichen Dank und alles Gute!

Im Übrigen bin ich natürlich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


11.27.03

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass nicht kommerzielle Radios und TV-Sender mehr Förderung erhalten. Das ist ein Beitrag zu mehr Diversität in der Medienlandschaft. Es gibt Menschen eine Stimme, die sonst nur wenig gehört werden, und es trägt natürlich auch zur Medienkompetenz bei.

Diese Aufstockung der Fördermittel darf aber nicht davon ablenken, dass wir im Bereich der Medienpolitik unfassbar viele Baustellen haben. Die Speisekarte ist sehr umfang­reich. Ich spreche einige Punkte an: Wo bleibt das neue ORF-Gesetz? Wie wollen wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 76

die Digitalisierung in Richtung Zuseher angehen? (Abg. Blimlinger: 74 Millionen Euro gibt es! Hallo!) Kommt eine Streamingplattform, und wenn ja, wann kommt sie? Wer sind dann eigentlich die Stakeholder, die da beteiligt sind? Fällt die Sieben-Tage-Regelung? Wann fällt die? Gibt es online first und online only? (Abg. Blimlinger: 74 Millionen Euro für die Digitalisierung!) Und was bedeutet das eigentlich im Kräfteparallelogramm mit den Privaten und mit den Zeitungsherausgebern, damit auch in diesem Bereich die Di­versität nicht völlig an die Wand gedrückt wird?

Gibt es Ideen zur Zukunft der „Wiener Zeitung“? Mit Jahresende ist das Geschäftsmodell der „Wiener Zeitung“, nämlich die Pflichtveröffentlichungen, Geschichte. Ich finde schon, dass sich die älteste Tageszeitung der Welt und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Debatte über ihre Zukunft auf einer wertschätzenden Ebene verdient haben. (Abg. Blimlinger: Es wird permanent mit ihnen geredet! Erkundigen, Frau Kollegin!)

Gibt es zum Thema Fakenews und Desinformationskampagnen irgendwelche Ideen? Jetzt haben wir gerade vor wenigen Tagen diverse Bürgermeister in ganz Europa ge­habt, die auf Shellfakes reingefallen sind. Ich meine, das ist ein Alarmzeichen, da ist Feuer am Dach (Abg. Blimlinger: Das hat nichts mit Medienförderung zu tun! Inkompe­tenz der Bürgermeister!), und da haben wir keine adäquate Antwort. – Frau Blimlinger, Sie können sich dann gerne hier ans Rednerpult stellen und auch eine Rede halten, aber jetzt halte ich eine Rede, mit wichtigen Anliegen, die uns auch Stakeholder aus der Medienbranche mitgegeben haben. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist in Österreich ungeheuer leicht, einen Fernsehsender zu gründen. Man muss nur unbescholten und EWR-Bürger sein, und schon kann man mit einem Bescheid der KommAustria anfangen, auf Youtube zu senden und sich dann in weiterer Folge auch in diverse Kabelnetze einkaufen. Damit ist man dann auch sehr schnell etwas, was Men­schen als echten Fernsehsender betrachten. Schauen wir allein nach Oberösterreich: Mit RTV haben wir einen Schwurbelsender wie aus dem Bilderbuch. Die KommAustria ist da dran, allerdings sind ihr die Hände gebunden. Da gibt es auch überhaupt keine Ideen, wie wir dem adäquat begegnen können.

Apropos KommAustria: Die wird ja auch im Herbst neu besetzt, und ich hoffe, dass die Besetzung der KommAustria transparenter und letztendlich weniger die Behörde be­schädigend funktionieren wird, als das bei der RTR der Fall war, die auch eine einzige Baustelle ist.

Was ist mit der Datenbank der RTR? Wann wird dieses Ding neu aufgesetzt, damit wir endlich Transparenz darüber haben, wie viel die öffentliche Hand eigentlich wirbt?

Apropos Transparenz: Bezüglich Informationsfreiheitsgesetz passiert auch überhaupt nichts. Die Begründung ist, das würde den Gemeinden zu viel Arbeit machen. Da habe ich einen Tipp: Wenn man transparente, ehrliche Politik macht, dann gibt es seitens der Medien, seitens der Menschen viel weniger Gründe, nachzufragen, was denn eigentlich in diesem Land passiert, und dann hätte man auch nicht so viel Arbeit.

Im Ranking der Pressefreiheit sind wir auf Platz 31 abgestürzt. Mittlerweile glaubt jeder vierte Österreicher, dass man sich Medien in diesem Land kaufen kann und dass Journa­listinnen und Journalisten dann schreiben, was immer man möchte, und das ist drama­tisch. Wenn Menschen das Vertrauen in die Medien verlieren, dann verlieren sie das Vertrauen in die Demokratie, dann ist das gesamte Ding in Gefahr. Sie machen in die­sem Zusammenhang leider nichts.

Letzter Punkt: Wo bleibt die Neuordnung der Presse- und Medienförderung? Wir haben nach wie vor einen Umgang mit Inseraten der öffentlichen Hand, der einfach lachhaft ist. „Was bringt die Erhöhung des Familienbonus Plus fürs Familienbudget?“ – Das ist ein Inserat des Finanzministeriums (eine Tafel mit dem erwähnten Inserat in die Höhe hal­tend ), das derzeit in diversen Medien geschalten wird und im öffentlichen Raum zu sehen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 77

ist. Dieses Inserat hat keinen einzigen Mehrwert für irgendeinen Bürger oder irgendeine Bürgerin in diesem Land. Der Familienbonus Plus wird automatisch aktiviert! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist eines von vielen, vielen Beispielen der öffentlichen Hand (Zwischenruf des Abg. Zarits), in diesem Fall des Finanzministeriums, das nach der Kampagne letzten Oktober, als die größte Steuerreform der Zweiten Republik angekündigt worden ist – zu einem Zeitpunkt übrigens, als diese vom Parlament noch gar nicht beschlossen war –, ja noch Besserung gelobt hat. Damals wurde vom neuen Finanzminister Besserung gelobt, aber das hat halt auch nur wenige Monate gehalten, und jetzt haben wir schon wieder Kam­pagnen, die keinen Mehrwert haben und ein Vermögen kosten. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Stattdessen sollten wir endlich die Presse- und Medienförderung auf neue Beine stellen, damit eben die Medien nicht über Inserate finanziert werden und vom Goodwill vor allem der ÖVP abhängig sind. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!)

Schlusssatz: Wenn Gaby Schwarz, der ich alles Gute für ihre Zukunft wünsche, und das meine ich sehr ernst, sagt, es gebe derzeit einen breiten Diskussionsbeitrag, was Me­dienpolitik betrifft, dann muss ich sagen, dass Medienbetreiber das ein bisschen anders sehen. Vor allem sind die Chefredakteure nicht eingeladen worden und haben deshalb auch einen öffentlichen Brief geschrieben. (Abg. Blimlinger: Okto Wien!) Das Wort breit scheint also irgendwie sehr unterschiedlich gesehen zu werden. (Abg. Blimlinger: Vielleicht machst du einmal etwas?! Okto Wien!) Ja, vielen Dank, Frau Kollegin, und Sie können sich jetzt gerne zu Wort melden und uns hier, vom Rednerpult aus, diverse Dinge ausrichten, aber nicht immer von draußen reinstänkern! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die De­batte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

11.32.54Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 und 2


Präsidentin Doris Bures: Ich würde jetzt zu den verlegten Abstimmungen kommen und frage die Fraktionen, ob wir gleich fortfahren können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2022 in 1576 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mi­chael Hammer, Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Hammer, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2, 3 und 4 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 6 Z 1h eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 78

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Hammer, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Einfügung von neuen Ziffern 1m und 1p in Artikel 6 und die daraus resultierende Umnummerierung der Folgeziffern sowie betreffend Art. 6 Z 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so an­genommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stillstand in der Weiterent­wicklung des Dienstrechts, Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Absicherung für 50+ Bedienstete im Si­cherheitsbereich“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunika­tionsbehörde Austria geändert wird, in 1580 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Schwarz, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Ziffer 3 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Dann kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Der Gesetzentwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


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11.37.113. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2678/A der Ab­geordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, sowie

über den Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe sowie

über den Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe so­wie

über den Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenaus­gleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988) geändert werden (1633 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 3. Punkt unserer heutigen Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber. – Bitte.


11.38.25

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Werte Damen und Herren! Ja, die Anpassung von Familienleistungen an die Kaufkraft jenes Landes, in welchem ein Kind wohnt, war ein wichtiger Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Fairness und ist damals unter der freiheitlichen Regierungs­beteiligung umgesetzt worden.

Der Europäische Gerichtshof hat am 16. Juni 2022 entschieden, dass die Indexierung der Familienbeihilfe und verschiedener Steuervergünstigungen wie Kinderabsetzbetrag, Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Fami­lienbonus Plus nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Das Urteil ist zur Kenntnis zu nehmen. Das muss aber auch zur Folge haben, dass Österreich zukünftig überhaupt keine Familienbeihilfe mehr an im Ausland wohnhafte Kinder bezahlt, denn die Natio­nalstaaten sollen selbst entscheiden. Wir in Österreich sollen selbst entscheiden, unter welchen Bedingungen zukünftig die Familienbeihilfe in das jeweilige Ausland für Kinder, die nicht in Österreich wohnen, bezahlt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Argument, das immer wieder von den NEOS und von der SPÖ kommt, nämlich dass Eltern, die in Österreich arbeiten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen und deswegen einen Anspruch auf unsere Familienleistungen haben, ist völlig verfehlt. Dieses Argument ist völlig daneben! Dazu kommt noch, dass einige Staaten, in denen diese Kinder leben, gar kein Kindergeld bezahlen müssen, während Österreich zur Kas­se gebeten wird – und das kann es auch nicht sein!

Worum geht es eigentlich bei dieser Angelegenheit? – Konkret geht es um die EU-Ver­ordnung 883/2004, in der grenzüberschreitende Sachverhalte zur Anwendung kommen und die Sozialversicherungsleistungen koordiniert, etwa wenn eine Person in einem Land wohnt, aber in einem anderen Land arbeitet. Das betrifft die Leistungen des Ar­beitslosengelds, also den ganzen Bereich der Arbeitslosigkeit, Leistungen bei Krankheit, das heißt Krankengeld, Rentenansprüche – alles, was so in den Sozialbereich gehört.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 80

Die Familienbeihilfe ist eine Familienleistung und keine Sozialleistung, und das wird ständig vermischt! Es werden da ständig immer Äpfel und Birnen vermischt – das sind zwei verschiedene Dinge! Immer wieder vermischt man es, und das ist nicht korrekt und es ist auch nicht richtig. Wenn man sich das genauer anschaut, sieht man nämlich, dass die Familienbeihilfe auch an Eltern bezahlt wird, die gar nicht erwerbstätig sind – das ist aber auch ausschlaggebend, ob Eltern Steuern oder eben Sozialversicherungsbeiträge zahlen –, und natürlich auch, wenn das Kind nicht in Österreich wohnhaft ist.

Der Grund für die Einführung der Indexierung von Familienleistungen war für uns damals unter anderem, dass die Familienbeihilfe an die tatsächlich anfallenden Lebenshaltungs­kosten angepasst wird, und die Höhe der Lebenshaltungskosten hängt wiederum von dem Land ab, in dem das Kind wohnhaft ist. Und auch wenn jetzt das Urteil des Euro­päischen Gerichtshofes anerkannt wird, wird die Indexierung der Familienleistungen wei­terhin für sinnvoll erachtet.

Dazu bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Indexie­rung der Familienbeihilfe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integra­tion und Medien, wird aufgefordert, sämtliche Möglichkeiten in Bezug auf die Anpassung der Höhe von Familienleistungen, Kinderabsetzbeträgen und anderen familiären Steuer­vorteilen für EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben, die mit dem Unionsrecht vereinbar ist, zu prüfen und alle erforderlichen Schritte zu un­ternehmen, damit es in Österreich ehebaldigst wieder zu einer Indexierung der Fami­lienleistungen kommt.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Indexierung der Familienbeihilfe

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3, Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2678/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Familienlastenausgleichs­gesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden sowie über den Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe, den Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auf­hebung der Indexierung der Familienbeihilfe und den Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das


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Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Bei­hilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuerge­setz 1988 – EStG 1988) geändert wird (1633 d.B.)

in der 169. Sitzung des Nationalrates am 8. Juli 2022

Für Kinder, die nicht in Österreich wohnhaft sind, müssen laut den Vorschriften der EU-Verordnungen 883/2004 und 987/2009 Familienleistungen bezahlt werden, wenn ein El­ternteil in Österreich erwerbstätig ist oder einen Rentenanspruch hat.

Am 1. Jänner 2019 führte Österreich einen nach dem allgemeinen Preisniveau im jeweils betreffenden Mitgliedstaat basierenden Anpassungsmechanismus für die Berechnung der Pauschalbeträge der Familienbeihilfe und verschiedener Steuervergünstigungen (Kinderabsetzbetrag, den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Al­leinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag) ein, die Erwerbstätigen ge­währt werden, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.

Grund für die Einführung der Indexierung von Familienleistungen war unter anderem, dass es die Grundsätzliche Intention der Familienbeihilfe ist, für die Eltern einen teil­weisen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung zu schaffen, die ihnen u.a. durch die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung und Erziehung von Kindern ent­steht. Insofern orientiert sich die Höhe der Entlastung durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag – dem Funktionsgleichheit in Bezug auf die Familienbeihilfe zu­kommt – an den tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten. Die Höhe der Lebens­haltungskosten wiederum hängt naturgemäß vom Wohnort der Kinder ab und kann da­her entsprechend differieren.1

Ein vom Bundesministerium für Finanzen im Jahr 2017 eingeholtes Rechtsgutachten hat u.a. Folgendes festgehalten:

„Die österreichische Familienbeihilfe ist nach der Intention des Gesetzgebers und der Judikatur des VfGH funktional eine teilweise Entlastung von der aus der Unterhaltspflicht erfließenden Belastung. Innerhalb des dualen Systems der Familienentlastung kommt der Familienbeihilfe eine spezifische Funktion zu, nämlich einen Teil der Ausgaben für die Sicherstellung des dem Regelbedarf zugrundeliegenden Warenkorbs zu refundieren. Sie soll die Person, in deren Haushalt das Kind lebt in die Lage versetzen, einen Teil jener Sachgüter und Dienstleistungen, die für die Erfüllung seine Unterhaltspflicht maß­geblich sind, nicht aus seinen eigenen Mitteln, sondern mit Unterstützung und aus Mitteln der Allgemeinheit zu erwerben.

Durch die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den in Geld zu zahlenden Unterhalt kommt es indirekt zu einer Entlastung des zur Zahlung von Geldunterhalt Verpflichteten.“

Und weiters:

„Erfolgt keine Indexierung der Familienbeihilfe nach der Kaufkraft beim Leistungsexport, treten in jeglicher Hinsicht primärrechtlich fragwürdige Effekte ein: Wird die Leistung in absolut unveränderter Höhe trotz unterschiedlicher Preisniveaus gewährt, kommt es ent­weder zu einer Überförderung oder Umverteilung, die von den Grundfreiheiten nicht ge­fordert ist (wenn das Wohnland des Kindes ein Land mit niedriger Kaufkraft ist), oder zur Unterförderung (wenn das Wohnland des Kindes ein Land mit höherer Kaufkraft ist), die der Ausübung der Freizügigkeit entgegensteht.

Am 16. Juni 2002 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Inde­xierung der Familienbeihilfe, des Kinderabsetzbetrages und weiterer steuerrechtlicher Begünstigungen (Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhalts­absetzbetrag, Familienbonus Plus und Kindermehrbetrag) für Kinder, die sich ständig in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 82

einem anderen Mitgliedstaat der EU oder im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufgehalten haben oder aufhalten nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Aus diesem Grund sind die Indexierungsbestimmungen nicht mehr anzuwenden.

Auch wenn das Urteil des EuGH anerkannt wird, wird die Indexierung der Familienleis­tungen weiterhin für sinnvoll erachtet. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher fol­genden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integra­tion und Medien, wird aufgefordert, sämtliche Möglichkeiten in Bezug auf die Anpassung der Höhe von Familienleistungen, Kinderabsetzbeträgen und anderen familiären Steuer­vorteilen für EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben, die mit dem Unionsrecht vereinbar ist, zu prüfen und alle erforderlichen Schritte zu un­ternehmen, damit es in Österreich ehebaldigst wieder zu einer Indexierung der Familien­leistungen kommt.“

1 Siehe 111 d. B:, XXVI. GP, Erläuterungen

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Alexandra Tanda, Sie gelangen als Nächste zu Wort. – Bitte.


11.43.33

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! „Neun richtig“, das ist der Titel eines Buches, das uns darauf aufmerksam machen möchte, dass wir als Gesellschaft dazu neigen, immer das zu sehen, was nicht gut ist, das, was fehlt. Gerade die Oppo­sition spielt ja hervorragend auf diesem Klavier, Klappern gehört schließlich zum Hand­werk. Übertriebenes und polemisches Klappern schadet aber uns als Gesellschaft, das tut uns nicht gut. Selbstverständlich werden wir europäisches Recht umsetzen, das steht ja außer Frage. Die Abwicklung der Nachzahlungen der Kinderbeihilfe erfolgt rasch und automationsunterstützt, sofern zumindest eine Kontonummer vorhanden ist.

Ich selbst habe am 29. Juni in einer anderen Angelegenheit beim Finanzamt angerufen und wurde mit einer freundlichen Ansage betreffend die Abwicklung der automatisierten Nachzahlung der Kinderbeihilfe begrüßt: dass diese sehr einfach ist, dass man, wenn Daten fehlen, keinen komplizierten Antrag stellen muss, sondern dass ein ganz informel­les Schreiben genügt und es auch keine Verjährung gibt. Demnach kann ein Antrag auch noch nach 5 Jahren gestellt und die Nachzahlung durchgeführt werden.

Ich möchte in meiner Rede jetzt aber lieber den Fokus auf das legen, was gelungen ist – eben ganz im Sinne von: „Neun richtig“.

Unsere Bundesregierung unterstützt die Familien mit einer Vielzahl an Maßnahmen und trägt so zur Entlastung bei: Erhöhung des Familienbonus Plus von 1 500 auf 2 000 Euro – ich wiederhole das einfach immer wieder, weil ich immer den Eindruck habe, dass man das einfach so vergisst (Zwischenruf des Abg. Loacker) –, Erhöhung des Kindermehr­betrages auf 550 Euro, Erhöhung des Familienbonus von 500 auf 650 Euro, wenn das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 83

Kind über 18 ist, Auszahlung der Sonderfamilienbeihilfe in Höhe von 180 Euro pro Kind, und dazu kommen natürlich noch die 300 Euro Teuerungsausgleich. – Ich kann mich nur im Namen der Familien bedanken und alle dazu einladen, das Gelungene zu sehen.

Familien sind das Rückgrat unserer Gesellschaft, das wissen wir alle, und ich persönlich und auch die ÖVP stehen für solch eine familienfreundliche Politik. Gemeinsam mit un­serer Familienministerin Raab haben wir sehr viele gute Aktionen umgesetzt, die Fami­lien entlasten und unterstützen.

Als alleinerziehende Mutter einer Tochter sehe ich es als meine Aufgabe an, auch wei­terhin verantwortungsvoll mit unseren Geldern und den Geldern für familienpolitische Maßnahmen umzugehen, damit Familien gezielt und gerecht unterstützt werden. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


11.46.43

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, die Rücknahme der Indexierung der Kinderbeihilfe ist aus unserer Sicht ein Schritt in die falsche Richtung. Aus unserer Sicht war es ge­rechtfertigt, dass man hier vor allem österreichische Familien bevorzugt und das Ein­kommen für die österreichischen Familien sichert. Dass die Lebenshaltungskosten in Ländern wie Rumänien und Bulgarien ganz andere sind als hier, ist, glaube ich, jedem bekannt, und das Geld, das damit aus Österreich abfließt, fehlt auch in unserer Volks­wirtschaft.

Aus unserer Sicht war diese Indexierung also vollkommen richtig, durch die die Österrei­cher und vor allem österreichische Familien bessergestellt werden. Mittlerweile sind wir aber in einer ganz anderen und viel schwierigeren Situation. Wir sind in einer Krise, und das Familieneinkommen in Österreich leidet natürlich unter den gestiegenen Preisen und der Inflation.

In den Familien sind aber auch viele bereit – vor allem ältere Menschen –, dazu beizutra­gen, dass dieses Familieneinkommen gestärkt wird, und sie wollen helfen. Jetzt sind aber sehr viele Betroffene in der Korridorpension oder in der vorzeitigen Alterspension, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für diese Personen extrem schwierig – es gibt sehr viele Auflagen und Hürden –, und vor allem ist er mit einem Verlust beziehungsweise mit einem Nachteil bei den Pensionen verbunden. Auf der anderen Seite braucht die Wirt­schaft dringend Leute, und da vor allem der Tourismus.

Unser Ansatz ist, dass man diesen Personen, die ja auch über ein großes Know-how und über langjährige Praxis verfügen und die auch bereit sind, da zu arbeiten, entspre­chend hilft und diese Regeln, diese Hürden ändert, damit sie keine Nachteile in der Pension haben. Also es wäre auf der einen Seite ein Riesenvorteil für die Wirtschaft, weil sie kurzfristig – und da vor allem die Gastbetriebe in der Saison – auf diese Personen zurückgreifen könnte, und auf der anderen Seite könnte damit eben das Familienein­kommen aufgebessert werden. Man kommt heute ja schon sehr schwer aus mit dem, was man zum Leben hat. Unserer Meinung nach muss das oder sollte das auf jeden Fall geändert werden.

Deshalb bringe ich einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 84

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Entlastung von Familien im umfassenden Sinne (Enkel, Eltern und Großeltern) eine Regierungsvorlage für ein Maß­nahmenpaket >Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt< zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

-       Eine EU-rechtskonforme Besserstellung österreichischer Familien und insbeson­dere Arbeitnehmern 60+

-       Eine zumindest vierteljährige Valorisierung der Geringfügigkeitsgrenze in der So­zialversicherung für Arbeitnehmer

-       Eine Reduktion bzw. einen Ausgleich der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn nach dem Pensionsantritt eine neuerliche Beschäftigung auf­genommen wird

-       Ein Förderpaket für alle jene Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifiziertes Per­sonal gesucht wird, um die die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Arbeitsmarkt zurück zu holen

        Die Beseitigung (d.h. Reduktion und Vereinfachung) aller bürokratischen und finan­ziellen Hürden und Vorschriften, um nach dem Pensionsantritt eine eingeschränkte berufliche Tätigkeit ausüben zu können, ohne finanzielle Nachteile zu erleiden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichi­schen Arbeitsmarkt

zu Top 3.) Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2678/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteu­ergesetz 1988 geändert werden sowie über den Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Indexie­rung der Familienbeihilfe sowie über den Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlas­tenausgleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteue­rung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988) geändert wird (1633 d.B.)in der 169.Sitzung am 8. Juli 2022

Obwohl wir uns seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 mit einer wachsenden Lieferkettenproblematik und der Ukraine-Krise eigentlich in einer dauerhaften Bedro­hung des österreichischen Wirtschaftsstandortes inklusive Arbeitsplatzverlust und Mas­senarbeitslosigkeit bzw. Kurzarbeit befinden, klagen viele Wirtschaftsbranchen aktuell über einen Arbeitskräftemangel.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 85

ÖVP-nahe Wirtschaftskreise haben dazu, wie seit vielen Jahren nur ein einziges Gegen­modell, die ungezügelte Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes nicht nur für alle EU-Bürger, sondern auch für Drittstaatsangehörige und Asylwerber bzw. illegale Zuwan­derer. Gleichzeitig vergisst man auf das wachsende Potential einer aktiven Generation 60 plus, die trotz Pensionsantritts noch einen gewissen Teil ihres Zeitbudgets für die Ausübung einer Beschäftigung einsetzen möchte.

Die Ausübung einer aktiven sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Pensionsantritt ist allerdings mit einer Fülle von bürokratischen und auch finanziellen Hürden verbunden, die es sowohl den Wirtschaftsbetrieben als auch den potentiell zu aktivierenden Pensionisten verleidet, für einen gewissen Zeitraum neuerlich aktiv ins Berufsleben einzusteigen und ihre Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft und Wirtschaft aktiv und gegen ein angemessenes Entgelt zur Verfügung zu stellen.

Folgende Modelle bestehen derzeit, die allerdings nicht zu einer weiteren Aktivierung dieses qualifizierten Arbeitspotentials beitragen:

Zuverdienst zur Alterspension

Neben einer Alterspension kann unbegrenzt dazuverdient werden. Der Zuverdienst ver­ringert die Pensionshöhe nicht.

Allerdings kann es zu einer Pensionserhöhung kommen: Wenn die Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat (Wert 2022) liegt und dadurch eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet wird, erhält die Pensio­nistin/der Pensionist seit 1. Jänner 2005 einen besonderen Höherversicherungsbetrag.

Dieser Betrag gebührt erstmals ab jenem Kalenderjahr, das dem Kalenderjahr der Auf­nahme der Erwerbstätigkeit folgt.

Zuverdienst zur vorzeitigen Alterspension

Bei einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer kommt es zum Pen­sionswegfall, wenn während des Pensionsbezuges

•       eine Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat ausgeübt wird (14 Mal pro Jahr), und diese

•       eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach sich zieht.

•       Wenn die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer wegen einer Er­werbstätigkeit wegfällt, führt dies zu einer Erhöhung der "normalen" Alterspension: Die Pensionshöhe wird grundsätzlich bei Erreichen des Regelpensionsalters neu berechnet. Dabei wird für jeden Monat, in dem die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbstätigkeit weggefallen ist, die Alterspension erhöht.

Zuverdienst zur Korridorpension

Wird während des Bezugs einer Korridorpension

•       eine Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat aufgenommen und

•       eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet,

kommt es zu einem Wegfall der Korridorpension.

Wenn die Korridorpension wegen einer Erwerbstätigkeit wegfällt, führt dies zu einer Er­höhung der "normalen" Alterspension: Bei Erreichen des Regelpensionsalters wird die Pensionsleistung für jeden Monat des Wegfalls um 0,55 Prozent erhöht.

Zuverdienst während der Pension (oesterreich.gv.at)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 86

Vor allem durch die seit 2021 explodierende Inflation und damit Geldentwertung sind die aktuellen Beträge bei der Geringfügigkeitsgrenze nicht mehr aktuell und gehören drin­gend nach oben, dh. um die aktuelle Inflation valorisiert und dies aus aktuellem Anlass auch unterjährig, dh. zumindest vierteljährig. Gleichzeitig sollte man auch eine Förde­rung von Wiedereinsteigern nach dem Pensionsantritte andenken, die insbesondere in einer Reduktion bzw. einem Ausgleich der Lohnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeit­nehmer bestehen soll, um vor allem in allen Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifi­ziertes Personal gesucht wird, die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Ar­beitsmarkt zurückgeholt werden kann.

Die grundsätzlich bedeutsame Entlastung von Familien in Zeiten einer galoppierenden Inflation – wie auch im Bericht 1633 d.B. betreffend des Einkommenssteuergesetzes zu­mindest intendiert – ist zu kurz gegriffen, wenn nicht auch Arbeitnehmer mit über 60 Jah­ren als Teil des Familienverbandes in ein umfassendes Paket integriert werden. Eine Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 ohne auch ältere Arbeitnehmer zu be­rücksichtigen, die durchaus auch von Familienbeihilfenbezieher sein können, ist zu we­nig. Ein Paket zur Entlastung von Familien ohne die Berücksichtigung aller Generationen bleibt unvollständig. Wenn die Arbeitnehmer 60+ nur indirekt von einer Erhöhung der Familienbeihilfe profitieren, ist in dem Zusammenhang zu wenig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Entlastung von Familien im umfassenden Sinne (Enkel, Eltern und Großeltern) eine Regierungsvorlage für ein Maß­nahmenpaket >Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt< zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

•       Eine EU-rechtskonforme Besserstellung österreichischer Familien und insbesonde­re Arbeitnehmern 60+

•       Eine zumindest vierteljährige Valorisierung der Geringfügigkeitsgrenze in der So­zialversicherung für Arbeitnehmer

•       Eine Reduktion bzw. einen Ausgleich der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Ar­beitnehmer, wenn nach dem Pensionsantritt eine neuerliche Beschäftigung aufge­nommen wird

•       Ein Förderpaket für alle jene Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifiziertes Perso­nal gesucht wird, um die die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Ar­beitsmarkt zurück zu holen

•       Die Beseitigung (d.h. Reduktion und Vereinfachung) aller bürokratischen und finan­ziellen Hürden und Vorschriften, um nach dem Pensionsantritt eine eingeschränkte berufliche Tätigkeit ausüben zu können, ohne finanzielle Nachteile zu erleiden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


11.50.21

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 87

Zuseher! Ja, heute ist ein guter Tag. Heute ist ein guter Tag für die Familien und ihre Kinder, denn wir beschließen die Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe – end­lich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Jänner 2019 hat die türkis-blaue Regierung beschlossen, dass die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die jeweiligen Lebenshaltungskosten des Landes an­gepasst wird, obwohl die Eltern in Österreich arbeiten, in das österreichische Sozial- und Steuersystem einzahlen, genauso wie jeder andere Arbeitnehmer sonst auch. Wir haben von Beginn an diese wirklich unfaire Indexierung, diese Maßnahme, die Familienbeihilfe zu indexieren, kritisiert. Es handelt sich um eine Ungleichbehandlung von Kindern in Europa, und wir sind froh, dass der Europäische Gerichtshof das nun erwartungsgemäß bestätigt hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieses Gesetz wurde von der damaligen türkis-blauen Regierung eingeführt und auch die türkis-grüne Regierung hat an diesem Gesetz festgehalten. Der EuGH hat nun unse­re wiederholte Kritik vollinhaltlich bestätigt und festgestellt, dass ArbeitnehmerInnen, die in anderen EU-Staaten wie in Österreich arbeiten und zum österreichischen Sozial- und Steuersystem beitragen, auch die gleichen Leistungen wie österreichische Arbeitskräfte erhalten müssen.

Ja, nun ist es so weit und die zu Unrecht einbehaltene Familienbeihilfe muss nun rasch, unbürokratisch und vor allem auch lückenlos an die Familien ausbezahlt werden. 125 000 Kinder warten seit dreieinhalb Jahren auf ihr Geld.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben im Ausschuss gesagt, dass es möglich sein wird, auf Knopfdruck die Rückzahlung über die Finanzämter in die Wege zu leiten, von 80 328 Familien seien die Daten vorhanden und eine Rückzahlung sei unverzüglich möglich. Lediglich in 281 Fällen sind keine Bankdaten vorhanden, und Sie sind bemüht, dass man diese so rasch wie möglich erhält.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir nehmen Sie diesbezüglich beim Wort. Es muss alles unternommen werden, damit wirklich alle – alle, also jedes einzelne Kind – die ih­nen zustehenden Nachzahlungen bekommen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir nehmen Sie auch beim Wort, dass die Daten tatsächlich bei den Finanzämtern vorhanden sind und die Rückzahlung unbürokratisch ohne Antrag erfolgen kann. Wir erwarten auch, dass Sie die MitarbeiterInnen in den Finanzämtern dabei unterstützen, denn es lastet jetzt schon ein großer Arbeitsdruck auf ihnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Familienbeihilfe ist für viele Familien ein ganz we­sentlicher Bestandteil des Haushaltseinkommens und für einige Familien ist sie tatsäch­lich überlebenswichtig. Zu dieser Gruppe gehören auch die vor dem Krieg geflüchteten Ukrainerinnen mit ihren Kindern. Immer wieder haben wir – und das seit Monaten – die Regierungsparteien aufgefordert, diesen Familien den Zugang zur Familienbeihilfe endlich zu ermöglichen. Sie arbeiten in Österreich, sie leben zurzeit in Österreich und sie zahlen genauso in unser Steuersystem ein, also sollte es auch selbstverständlich sein, dass sie diese Familienleistungen bekommen.

Letzte Nacht, kurz vor Mitternacht, haben wir nun endlich einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien erhalten, mit dem das möglich wird – im wahrsten Sinn des Wortes: spät, aber doch. (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, eine weitere Ungerechtigkeit wird also heute beseitigt. Das sind gute Nachrichten für viele Familien, für die Kinder, die diese Familien­leistungen wirklich dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 88

11.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


11.54.25

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kollegen! Werte Damen und Herren zu Hause! Ich kann die Jubelstim­mung der SPÖ nicht ganz teilen. (Ruf bei der SPÖ: Na geh! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Okay, die indexierte Familienbeihilfe wurde also gekippt, wir nehmen das als Demokraten zur Kenntnis. Ein Gerichtshof spricht aber wie gesagt Recht und nicht Ge­rechtigkeit, und ich werde Ihnen sagen, warum wir das so meinen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben damals die Höhe der Familienbeihilfe dem Lebensmittelpunkt der Kinder an­gepasst. Warum wir das gemacht haben, das können Sie heute noch auf der Service­seite der österreichischen Ministerien, oesterreich.gv.at, nachlesen. Ich zitiere wörtlich: „Um die finanzielle Mehrbelastung, die die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbrin­gung und Erziehung von Kindern verursacht, auszugleichen, wird Eltern – unabhängig von ihrer Beschäftigung oder ihrem Einkommen – Familienbeihilfe gewährt. Die Höhe der Familienbeihilfe hängt vom Alter und der Anzahl der Kinder ab.“ (Abg. Yildirim: Aber Sie müssen auch die EU-Verordnung dazu lesen!) – Diese Erklärung sagt eigentlich alles aus, Sie können das später dann zum Besten geben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Es ist also abhängig vom Alter und von der Anzahl der Kinder, weil sich damit natürlich auch die Aufwendungen erhöhen. Natürlich ist es auch abhängig davon, wo ich wohne. Für uns war es eben ein Kriterium, dass es nicht egal ist, was die Wohnung kostet, dass es nicht egal ist, was die Bekleidung, die Ausbildung, Sanitärartikel und so weiter kosten. Im Grunde genommen ist diese Erklärung auf oesterreich.gv.at selbsterklärend, daher wäre für uns die Indexierung das günstigere Modell gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte jetzt die Indexierung mit verrechenbaren Reisekosten für Arbeitnehmer, die auch nicht Gehaltsbestandteil sind – da bekommt man Kilometergeld –, vergleichen. Wofür gibt es das? – Ich zitiere wieder: „Das amtliche Kilometergeld ist eine Pauschalab­geltung für alle Kosten, die durch die Verwendung eines privaten Kraftfahrzeuges für Fahrten im Zuge einer Dienstreise anfallen“. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Setzen wir das ins Verhältnis: Wer mehr Aufwendungen hat, weil er mehr Kilometer ge­fahren ist, der bekommt eben mehr, um dadurch seine Mehrkosten auszugleichen. (Abg. Loacker: Wenn Ihr Kind mehr isst, bekommt es auch Familienbeihilfe!) Es wird also die Anzahl der Kilometer ins Verhältnis zum amtlichen Kilometergeld von 42 Cent gesetzt. Bei der Indexierung ist es dasselbe, auch da wird ins Verhältnis gesetzt, und zwar zu den Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land. Uns ist also damals und auch heute noch daran gelegen, dass wir das mit dem Warenkorb, also den Waren, die in dem Land um eine gewisse Summe Geld erhältlich sind, ins Verhältnis setzen. Und dazu stehen wir noch heute. (Beifall bei der FPÖ.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


11.57.23

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Wir haben oft die Indexie­rung der Familienbeihilfe diskutiert, und ich habe immer wieder klargestellt, dass wir die Indexierung der Familienbeihilfe für ethisch nicht vertretbar halten. Eine so offensichtli­che Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von Kindern lässt sich zumindest mit meiner Vorstellung von Gerechtigkeit nicht vereinbaren. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich verstehe nicht, was daran gerecht sein sollte, wenn eine Pflegerin aus Bulgarien beispielsweise knapp 53 Euro weniger Familienbeihilfe erhält als beispielsweise jemand aus der Schweiz, der vielleicht in einer besseren Position ist und das Dreifache be­kommt. (Abg. Ries: Sie haben wohl keine Kinder!) Personen, die hier in Österreich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 89

Steuern zahlen, die hier in Österreich Sozialversicherungsbeiträge zahlen, sollen auch hier in Österreich die Sozialleistung bekommen und nicht benachteiligt werden. Es ist auch aus ökonomischer Hinsicht alles andere als sinnvoll, denn wir wissen, dass wir einen Arbeitskräftemangel haben, gerade im Tourismus, gerade in der Pflege, und sol­che Maßnahmen machen Österreich als Arbeitsstandort nicht unbedingt attraktiver. (Beifall bei den Grünen.)

Auch die dahinterstehende Haltung, dass manche Kinder weniger wert sind als andere, widerspricht doch jeglichem Gerechtigkeitsanspruch eines demokratischen Staates. Ich habe es schon mehrfach hier im Hohen Haus gesagt: Ich freue mich darüber, dass der EuGH die Indexierung als Verletzung des EU-Rechts einstuft und die Maßnahme aufge­hoben wird. Somit ist für uns ganz klar – das war es schon immer –, dass jedes Kind, wirklich jedes Kind gleich viel wert ist. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Wir hätten uns die Rückzahlung sparen können, wenn wir auf die Expertinnen und Ex­perten gehört hätten. Ja, das ist mir unverständlich. Noch unverständlicher ist mir, dass die FPÖ immer noch daran festhält und schon wieder einen Antrag zur Indexierung ein­gebracht hat. (Abg. Ries: Weil Sie keine Kinder haben!)

Wenn wir aber bei unverständlich sind: Ich verstehe auch das Leuchtturmprojekt aus der Zeit der FPÖ nicht, bei dem es um die ominöse Patientenmilliarde geht, bei dem es im Endeffekt darum geht, dass 2 Millionen Euro quasi Defizit erzielt wurden. Also es ist schon interessant, dass die FPÖ sich immer wieder als Vertreter des kleinen Mannes aufspielt, gleichzeitig aber Steuergeld verbrennt, Gelder, die wir jetzt wirklich dringend bräuchten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, wir können eines festhalten: dass Populismus nie – nie! – ein guter Berater in der Politik ist. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Brückl: Ein mäßiger Applaus!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch zu etwas Erfreulichem: Wir konnten uns gestern Abend auf die Lösung zur Familienbeihilfe für UkrainerInnen einigen. Daher darf ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkom­mensteuergesetz 1988 geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes für Familie und Jugend einbringen.

Der Antrag ist bereits ausgeteilt worden, und in den Grundzügen geht es darum, dass wirklich alle Familien, alle UkrainerInnen Familienbeihilfe erhalten. Den Menschen, die aus der Ukraine, die vor Putins Angriffskrieg nach Österreich geflohen sind, haben wir Solidarität und Unterstützung zugesagt, und genau das machen wir mit der umfassenden Gewährung der Familienbeihilfe, von der wirklich alle Kinder von Ukrainern, Ukrainerin­nen profitieren werden, und zwar rückwirkend ab März.

*****

Darüber freue ich mich sehr und ich bedanke mich beim Koalitionspartner. (Abg. Michael Hammer: Beim Sieber vor allem!) Ich bedanke mich bei allen Verhandlern und Verhand­lerinnen, ich glaube, wir haben eine wirklich gute Lösung gefunden. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)

12.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 90

zum Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und Einkommensteuerge­setz 1988 geändert wird (2678/A) in der Fassung des Ausschussberichts für Familie und Jugend (1633 d.B.)

(TOP 3)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

1. Im Einleitungssatz des Artikel 1 wird die Wortfolge „durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2022“ durch die Wortfolge „durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 93/2022“ ersetzt.

2. Folgende Ziffer 1 in Artikel 1 wird eingefügt:

„1. Dem § 3 werden folgende Abs. 6 und 7 angefügt:

„(6) Personen, denen aufgrund der Verordnung der Bundesregierung über ein vorüber­gehendes Aufenthaltsrecht für aus der Ukraine Vertriebene (Vertriebenen-VO), BGBl. II Nr. 92/2022, gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt, haben Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, de­nen ein solches vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt.

(7) Personen, denen aufgrund der Vertriebenen-VO gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt, haben zumindest für die Zeit des be­waffneten Konflikts in der Ukraine den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nach § 2 Abs. 8 im Bundesgebiet.““

3. Die Ziffern 1 bis 5 erhalten die Bezeichnung Ziffer 2 bis 6.

4. Die nunmehrige Ziffer 6 lautet:

„6. Dem § 55 werden folgende Abs. 55 bis 57 angefügt:

„(55) Die Abschnitte II und IIb in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2022 treten mit dem der Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag außer Kraft.

(56) § 8a entfällt rückwirkend ab 1. Jänner 2019 mit folgenden Maßgaben:

1.    Die Nachzahlungen an Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig in Bulgarien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn oder Zypern aufgehalten haben oder aufhalten, erfolgen automationsunterstützt, so­weit auf Grund der im Familienbeihilfenverfahren vorhandenen Daten eine Auszah­lung durchführbar ist. Ist mangels Vorliegen von Daten keine Auszahlung durchführ­bar, ist ein Antrag zu stellen, wobei § 10 Abs. 3 keine Anwendung findet.

2.    Familienbeihilfenbeträge für Kinder, die sich ständig in Belgien, Dänemark, Finn­land, Frankreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz oder dem Vereinigten Königreich aufgehalten haben oder aufhalten, gelten bis zum 30. Juni 2022 in Bezug auf die Höhe als rechtmäßig zuerkannt.

(57) § 3 Abs. 6 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2022 treten rückwirkend mit 12. März 2022 in Kraft und mit dem Tag der Beendigung des Aufent­haltsrechtes nach § 4 Vertriebenen-VO, spätestens jedoch mit 4. März 2024, außer Kraft.““

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967):

Zu Z 1 und 6 (§ 3 Abs. 6 und 7 sowie § 55 Abs. 57):


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 91

Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wurde eine Massenfluchtbewe­gung in die Europäische Union und v.a. auch in das Bundesgebiet Österreichs ausgelöst. Die Europäische Union hat aufgrund der Singularität eines Krieges auf europäischem Boden in jüngster Vergangenheit erstmals die sog. „Massenzustrom-RL“ aktiviert (RL 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maß­nahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, ABl L 2001/212, 12.). Österreich zeigt sich in seiner humanitären Tradi­tion solidarisch und leistet umfangreiche Nachbarschaftshilfe. Auch viele andere Mit­gliedsstaaten der Europäischen Union sind sich der Einmaligkeit dieses Krieges und der historischen Verantwortung bewusst und setzen die „Massenzustrom-RL“ in nationales Recht um.

Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, wobei es sich bei diesen großteils um Frauen und Kinder handelt, gelten als „Vertriebene“ im Sinne des § 62 AsylG 2005 (BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2021/234) und des § 1 Vertriebenen-VO (Verordnung der Bundesregierung über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für aus der Ukraine Vertriebene (Vertriebe­nen-VO) BGBl II 2022/92). Gemäß § 62 Abs 1 und 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 4 Abs 1 Vertriebenen-VO haben Vertriebene ein ex lege wirksames, vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bis 3. März 2023, das heißt sie erwerben sofort und kollektiv vorübergehender Schutz, ohne dass eine individuelle Prüfung vorgenommen werden muss. Sie erwerben somit ein provisorisches Aufenthaltsrecht für einen kurzen Zeitraum, derzeit bis zum 3. März 2023 (§ 4 Abs 1 Vertriebenen-VO). Sie sind „Grund­versorgungs-Zielgruppe“ (Art 2 Abs 1 Z 3 Grundversorgungsvereinbarung) und haben sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Ihr begrenzter Aufenthalt in Österreich dient ledig­lich der Überbrückung der akuten Gefährdungssituation und ist auf eine möglichst baldi­ge Rückkehr in die Heimat Ukraine ausgerichtet. Vertriebene stellen daher eine beson­dere Gruppe von Fremden dar, deren außergewöhnliche Hilfsbedürftigkeit spezielle (kurz­fristige) finanzielle Unterstützung erfordert. Diese Kurzfristigkeit umfasst dabei nicht nur die Dauer des Aufenthalts in Österreich, sondern auch die Notwendigkeit, sich in kür­zester Zeit in Österreich zurechtfinden zu müssen. Diese fehlende Möglichkeit sich auf den Aufenthalt in Österreich systematisch und praktisch vorbereiten zu können, ist eine Folge des für viele überraschenden Angriffs Russlands. Verschärft wird diese Notlage durch den Umstand, dass es sich aktuell vorwiegend um Frauen und Kinder handelt, die in Österreich Schutz finden. Gerade die besondere Schutzwürdigkeit von Kindern und das Ziel, diesen möglichst schnell ein stabiles und sicheres Umfeld zu bieten, macht die Situation von ukrainischen Vertriebenen besonders herausfordernd.

Personen, die aufgrund der kriegerischen Handlungen in der Ukraine vertrieben worden sind und in Österreich vorübergehend Schutz finden, sollen für ihre Kinder österreichi­sche Familienleistungen erhalten, wenn sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen.

Die FLAG-Sonderbestimmung wird mit der Gültigkeit des vorübergehenden Aufenthalts­rechtes nach der Vertriebenen-VO (ein Jahr bis 3. März 2023 und im Falle einer Verlän­gerung um ein weiteres Jahr bis längstens 3. März 2024) beschränkt.

Vertriebene begründen keinen Lebensmittelpunkt in Österreich, weshalb für die Dauer des Aufenthaltes in Österreich eine Fiktion des Lebensmittelpunktes für die Erfüllung dieser Familienbeihilfe-Anspruchsvoraussetzung geschaffen werden muss.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, wird gerade verteilt und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Fiona Fiedler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 92

12.02.07

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrü­ßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Wir NEOS haben zur vorliegenden Gesetzesänderung aufgrund eines EuGH-Urteils eine Formulie­rung, die wir im Ausschuss verwendet haben und auch jetzt gerne wieder verwenden: Es ist ein guter Tag für die Kinder Europas.

Die indexierte Familienbeihilfe haben wir von Anfang an als eine massive Ungerechtig­keit der türkis-blauen Regierung kritisiert, und entgegen unserer Wünsche hat sie sich doch um einiges länger gehalten, als wir wollten. Wir haben aber auch persönlich da­gegen angekämpft. Mein Kollege Michael Bernhard selbst hat bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde dagegen eingelegt. In diesem Sinne freuen wir uns sehr über die jetzige Änderung, aber eines zeigt sich dennoch: Die ÖVP hat im Ausschuss nur widerwillig die Indexierung zurückgenommen, und die FPÖ stimmt erst gar nicht mit. Damit zeigt sich, wie diese beiden Parteien zur EU und zum Gleichheitsgrundsatz ge­genüber allen Bürgern der EU stehen.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich begrüßen, dass nach gut vier Monaten durch den Abänderungsantrag der Regierung auch ukrainische Vertriebene die Familienbeihil­fe bekommen. Hin und wieder könnte man ja sofort auf Oppositionsanträge eingehen und sie annehmen, denn manchmal sind die wirklich gut. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Sieber: Vielleicht im Detail halt nicht ganz durchdacht!)

Wir brauchen hier unbedingt einen politischen Wandel hin zu mehr Kooperation, mehr Bewusstsein für europäische Werte und vor allem auch mehr Bewusstsein für Kinder, Kinderrechte und Chancengleichheit von Kindern. Wir sehen das in den Diskussionen mit der Familienministerin zu den EU-Vorhaben, wir sehen das in der Politik, die nicht zielgerichtet ist. Was wir aber jetzt in der Krise auch sehen: Diese Art von Denken bringt uns nicht weiter.

Damit ruinieren wir uns in einem inexistenten Wettstreit. Mit der indexierten Familienbei­hilfe hatten wir einen Nachteil beim Werben um ausländische Arbeitskräfte. Ich weiß schon, Sie werden jetzt wieder denken: Ausländische Arbeitskräfte braucht keiner! – Aber wir brauchen sie. Wir brauchen auch, dass Kinder überall gefördert werden, und wir brauchen deshalb auch eine Aufenthaltspolitik, die Jugendliche in Ausbildung nicht abschiebt. Setzen Sie sich als Familienministerin bitte endlich dafür ein, dass auch die­sen Kindern und Jugendlichen die besten Chancen gegeben werden!

Fangen wir früh mit Förderungen und zielgerichteter Politik an und hören wir mit den Gießkannen bitte auf! Erlauben wir endlich jedem Kind, sein volles Potenzial zu entfalten, weil ganz ehrlich: Wir sind darauf angewiesen. Nehmen Sie den heutigen Beschluss als Einstiegspunkt für eine zukunftsorientierte und chancengerechte Politik. – Danke. (Bei­fall bei den NEOS.)

12.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


12.05.04

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich auch ein paar Worte zum Abänderungsantrag, den wir heute einbringen, sagen: Ja, es hat etwas gedauert, die Regelung für die ukrainischen Vertriebenen auf den Weg zu bringen, aber, Kollegin Fiedler, oft steckt der Teufel im Detail, und in diesem Fall war es eben notwen­dig, weil wir mit dem Vertriebenenstatus eine ganz neue Kategorie hatten und auch eine entsprechende Anpassung finden mussten. Das ist jetzt gelungen. Wir beschließen sie


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auch rückwirkend, damit die Frauen wirklich auch ab dem ersten Tag zu ihrem Geld kommen. Ich glaube, es ist eine gute Lösung, und gehe davon aus, dass sie auch durch die Bank Zustimmung finden wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, zur Indexierung der Familienbeihilfe, die wie gesagt vom Euro­päischen Gerichtshof als europarechtswidrig aufgehoben wird: Wir nehmen das selbst­verständlich zur Kenntnis, ohne den Gerichtshof dafür zu kritisieren. Wir nehmen dieses Urteil zur Kenntnis, ohne die Richter, die Personen, die dort arbeiten, zu kritisieren und zu hinterfragen oder gar infrage zu stellen. Wir nehmen es zur Kenntnis, weil in der De­mokratie so die gelebten Spielregeln sein müssen, und nicht nur bei dieser Entschei­dung, sondern bei allen Entscheidungen, die Gerichtshöfe, Höchstgerichte auf der gan­zen Welt fällen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Es hat viel Kritik im Ausschuss und auch heute bereits wieder, hier in dieser Debatte, an dieser Entscheidung gegeben, vor allem daran, wie wir zu unserer Entscheidung damals gekommen sind. Ich möchte ein paar dieser Kritikpunkte aufgreifen. (Abg. Yılmaz: Kurz, sag ich nur!) Ein Kritikpunkt war, dass nur ein Experte zu finden war, der diese Indexie­rung argumentiert hat.

Schauen wir uns die Historie an: Schon 2010 waren es die Europarechtler Marhold und Leidenmühler, die festgestellt haben, dass diese Indexierung durchaus machbar und auch sinnvoll wäre.

2011 war es dann der zuständige Spitzenbeamte im Sozialministerium (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), der von massiven Problemen aufgrund dieser EU-rechtlichen Regelung gesprochen und angeregt hat, dass eine entsprechende Weiterentwicklung und Verbes­serung stattfinden soll.

2016, 2017 war es dann der Rechnungshof, meine Damen und Herren – der Rechnungs­hof! –, der von massiven Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten – Ungerechtigkeiten! – hinsichtlich der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland gesprochen hat. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Er hat damals festgehalten, dass es in den Jahren 2002 bis 2016 eine Steigerung der Fälle der Überweisung der Familienbeihilfe ins Ausland von 2 000 Fällen 2002 auf 120 000 Fälle 2016 gab. Er hat – gerechtfertigt – durchaus hinterfragt, ob denn diese Zahlen, diese Meldungen alle korrekt waren.

Meine Damen und Herren, auch bei der EU-Kommission hat es ein großes Unbehagen und Diskussionen gegeben, ob denn diese Nichtindexierung wirklich gerecht ist. (Zwi­schenruf der Abg. Yılmaz.) Nicht zuletzt waren es die Briten und viele andere Länder, die das auch eingefordert haben, und dem wurde schlussendlich auch Rechnung ge­tragen.

Es wurde, meine Damen und Herren, eine Studie bei Prof. Mazal in Auftrag gegeben, der den argumentativen Weg, wie wir zur Indexierung kommen könnten, gezeigt hat. Es ist aber schon interessant: Wissen Sie, welche Regierung das in Auftrag gegeben hat? – Es war die Regierung Kern/Mitterlehner, die bei Mazal um diese Expertise gebeten hat. (Abg. Ries: Da schau her!)

Mazal hat dann Folgendes gesagt und darauf hingewiesen: Die Familienbeihilfe und der Unterhalt an Kinder im Ausland müssen zusammen gesehen werden. Unterhaltszahlun­gen ins Ausland werden an das jeweilige Lebenshaltungsniveau in dem Land, in dem das Kind lebt, angepasst und indexiert, und gleicherweise soll es eben auch mit der Familienbeihilfe geschehen. Das war der inhaltliche Zusammenhang, der von Mazal auf­gezeigt wurde.

Genau denselben Gedanken formulierte der Europarechtler Prof. Obwexer folgender­maßen – ich zitiere –: „Es ist davon auszugehen, dass diese neue (restriktive) Judikatur


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sich auch auf die Auslegung [...] der VO 883/2004 auswirken wird. In diesem Fall wäre die Formulierung [...] ‚als ob‘ [...] wohl dahingehend zu verstehen, dass die Höhe von Familienleistungen für in einem anderen EU-Mitgliedstaat wohnende Familienangehöri­ge nicht formal (= Betrag), sondern materiell (= Wert) jener von Familienleistungen für im Inland wohnende Familienangehörige entsprechen muss. Eine materielle Entsprechung würde eine Indexierung nicht nur erlauben, sondern sogar verlangen.“ – Das sagt Obwexer.

Zur Kritik der anderen Parteien: Im Ausschuss waren es die Kolleginnen Wimmer, Holz­leitner und Yildirim von der SPÖ, die zum wiederholten Mal und auch heute wieder gesagt haben: Jedes Kind ist gleich viel wert! (Abg. Heinisch-Hosek: Stimmt eh!) Nun, versuchen wir diesen Gedanken weiterzuspinnen: Wenn jedes Kind gleich viel wert ist, dann müssen auch – dieser Judikatur folgend – alle Leistungen wie Gratisschulbuch, Gratiskindergarten oder Schülerfreifahrt wertangepasst indexiert werden (Abg. Yildirim: Das haben Sie nicht verstanden!), nicht indexiert, sondern überwiesen werden. Das wäre Ihre Logik, meine Damen und Herren! Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Yildirim: Das haben Sie falsch verstanden!)

Schauen wir uns einmal die Geschichte an – es lohnt sich, da etwas auf die Historie zu blicken –: Was hat denn die SPÖ zu diesen Themen gesagt? – Kanzler Faymann, der ja schlussendlich beim Rat der Regierungschefs mit den Briten mitgestimmt hat, dass das gemacht werden soll, hat gesagt, er sei „offen dafür, über Anpassungen bei der heimi­schen Familienbeihilfe für EU-Ausländer zu sprechen“. – Das klingt etwas anders als das, was wir von Ihnen zu hören bekommen.

Kollege Stöger, damals Sozialminister, hat auf eine Anfrage hin klargestellt, es sei be­reits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit diesem Vorschlag befasst und Lösungen ausarbeitet. – Okay. Das hat sehr vielversprechend geklungen. Der Beste aber war na­türlich Kanzler Kern. Kanzler Kern hat gesagt: Ich bin dafür, die Familienbeihilfe nicht nur zu indexieren, sondern auf das Niveau der Familienbeihilfe des Herkunftslandes des Kindes herunterzusenken! (Ruf bei der FPÖ: Da schau her!) Ihr Kanzler Kern hätte die­sen Kindern wesentlich weniger geben wollen, als durch die Indexierung tatsächlich überwiesen worden ist. Ist das wirklich eine logische und stringente Argumentation? – Ich glaube nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es tut mir leid, dass Kollege Bernhard nicht da ist. Ich schätze Kollegen Bernhard sehr, wir tauschen uns aus, er ist ein ausgewiesener Fachmann. Er hat sich aber im Aus­schuss dazu verstiegen, die Politik in diesem Bereich als fetzendeppert zu bezeichnen. Er hat da Anleihen bei seiner Parteivorsitzenden genommen. Nun, meine Damen und Herren, Politik per se ist nicht klug, ist nicht dumm, ist nicht deppert. Die Menschen, die sie machen, müssen also, seiner Diktion folgend, fetzendeppert sein. Das heißt, die - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich verstehe schon, worauf Sie hinaus­wollen, aber ich würde Sie trotzdem bitten, das in Ihrer Ausdrucksweise so zu formulie­ren, dass wir nicht permanent mit einem Wort befasst sind, für dessen Verwendung ich Ihnen eigentlich einen Ordnungsruf erteilen müsste – auch wenn Sie es zitieren, wie Sie wissen.


Abgeordneter Norbert Sieber (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin, für den Hinweis. Ich würde niemals irgendjemanden in diesem Haus als fetzendeppert bezeichnen (Hei­terkeit bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und NEOS) und werde das auch - -

12.13.48*****


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile Ihnen für die Wiederholung des Ausdrucks „fetzen­deppert“ einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

*****


12.13.52


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 95

Abgeordneter Norbert Sieber (fortsetzend): Ich hoffe, dass Kollege Bernhard dieser Rede vor einem Bildschirm folgt und dass er das auch gehört hat, damit er das Wort im Ausschuss auch nicht mehr verwendet.

Dieser Umgang miteinander in genau dieser Tonalität, meine Damen und Herren, erin­nert mich etwas an die Cancel Culture. In einer unglaublichen Selbstüberhöhung heißt es doch: Mein Wille geschehe!, und das kann sich nicht ausgehen. Wenn ich schaue, was sich in den Universitäten abspielt, wo der Diskurs über verschiedene Meinungen eben nicht mehr mit Argumenten geführt wird, sondern nur mehr so: Mein Wille gesche­he, meine Meinung ist die einzig richtige!, dann macht mir das schon etwas Angst.

Meine Damen und Herren! Ich bin – und ich stehe dazu – nach wie vor der Überzeugung, dass die Indexierung fair und gerecht war und es auch heute noch wäre. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie sind Familiensprecher? Das ist ja unglaublich! – Ruf bei der SPÖ: Ein Wahn­sinn!) Wir werden uns auch in Zukunft auf Basis von Expertenwissen mit Ihnen ausein­andersetzen, weil das unseren Usancen und den Usancen einer Demokratie entspricht. Aber nach solchen Tönen – und ich wiederhole das Wort jetzt nicht noch einmal –, wie Sie sie im Ausschuss angeschlagen haben, bitte ich Sie schon sehr, wieder zu einem vernünftigen Ton zurückzukommen. Vergessen wir nicht, wo wir selber einst gestanden sind! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind, glaube ich, der Einzige, der hier so redet!)

12.15


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, Sie gelangen jetzt zu Wort. Bitte.


12.15.26

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Minis­terin! Herr Kollege Sieber, einen Satz zu Ihnen: Wenn Sie sagen, alle höchstgerichtlichen Entscheidungen müssen anerkannt werden, weiß ich genau, worauf Sie anspielen, nämlich auf die Entscheidung des Supreme Court in den USA. Aber das Thema Schwan­gerschaftsabbruch wird hier nicht diskutiert! (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!) Wir stehen für das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von Grünen und NEOS.)

Es ist unfassbar, dass Sie den Frauen dieses Recht abnehmen wollen und es infrage stellen wollen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Michael Hammer: Schon wieder hysterisch! – Abg. Sieber: ...! Dann wird dieses Höchstgericht von Ihnen nicht aner­kannt!? – Abg. Kugler: Demokratiepolitisch sehr bedenklich!) – Das ist unfassbar! (Abg. Sieber: Dann wird dieses Höchstgericht von Ihnen nicht anerkannt!?) – Dieses Höchst­gericht ist von Trump mit reaktionären, erzkonservativen Männern besetzt worden (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Abg. Sieber: Es wird also von Ihnen nicht anerkannt!) – mit erzkonservativen, reaktionären Männern!

Dass Sie mit denen paktieren, ist uns in diesem Haus schon lange klar. (Abg. Sieber: Es geht darum, ob Sie die Institution anerkennen!) Wir wissen, wie viele Millionen und Milliarden von diesen reaktionären Kräften aus den USA und aus Russland nach Europa fließen, um Frauen das Recht auf ihren Schwangerschaftsabbruch zu nehmen. (Abg. Kugler: Sehr bedenklich, demokratiepolitisch!) Es werden Frauen sterben. Es sterben schon Frauen – wie in Polen –, weil Menschen wie Sie ihr Recht auf Schwangerschafts­abbruch nicht anerkennen. Unfassbar! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Sie­ber: Das ist Ihre Vorstellung von ...!)

Das ist nur ein Punkt, bei dem die ÖVP komplett uneinsichtig ist. Auch beim Thema Indexierung der Familienbeihilfe: Sie haben das gerade klar dargelegt. Es gibt Gutachten von mehreren Europarechtsexpertinnen, -experten, der EU-Generalanwalt hat es festge­stellt, es gibt Stellungnahmen der EU-Institutionen und es gab eine Klage. All das haben Sie strapaziert, weil Sie die Indexierung der Familienbeihilfe nicht aufheben wollten.


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Nun stellen Sie sich hierher und sagen – genauso wie es Ihre Kolleginnen von der ÖVP twittern –: Wir gehen diesen Weg der Integration weiter! – Das ist keine Integration! Da geht es um Menschen, die hier arbeiten, PflegerInnen, Leute, die das Werkel in Öster­reich am Laufen halten, die wir während der Coronakrise mit Sonderzügen, mit Sonder­fliegern nach Österreich geholt haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Bravo!) Denen haben Sie die Familienbeihilfe weggenommen! Denen haben Sie sie weggenommen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

Es ist gut, dass diese europarechtswidrige, populistische und kleingeistige Maßnahme von Kurz und Strache aufgehoben wird. (Abg. Ries: Kern wollte das haben! – Abg. Sieber: Nicht vergessen: Kern ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Europa lässt sich nicht spalten und schon gar nicht von solchen Populisten, wie Sie einer sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Wir reden hier von Schlüsselarbeitskräften. Und es ist wirklich dramatisch, dass wir auf den Beschluss des EuGH haben warten müssen, bis diese Familien, diese Kinder zu ihrem Recht kommen, dass Sie das nicht viel früher eingesehen haben und diese In­dexierung aufgehoben haben. Das ist wirklich, wirklich beschämend! Jetzt ist es gut, diese Familien, diese Kinder kommen zu ihrem Recht und es steht ihnen zu. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Ruf bei der SPÖ: Beste Rede!)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


12.18.42

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir als Grüne haben dieses unmenschliche und diskriminierende Gesetz von Anfang an kritisiert. (Abg. Ries: Jetzt übertreiben wir aber ein bissel!) Natürlich sind wir froh, dass es vom EuGH auf­gehoben wurde. (Beifall bei den Grünen.)

24-Stunden-Betreuerinnen waren von dieser Diskriminierung sehr stark betroffen. Circa 66 000 Frauen, vor allem aus Rumänien, der Slowakei, aber auch aus Kroatien, arbeiten als 24-Stunden-Betreuerinnen hier in Österreich; meist in einem Zwei-Wochen-Takt, das heißt, ihre Kinder leben in ihren Heimatländern. Man kann nicht auf der einen Seite sagen: Liebe Frauen, bitte, bitte, kommt zu uns, pflegt die Menschen hier, weil es sonst keiner machen will, weil die Bezahlung ja nicht so ist, dass sich alle um den Job reißen!, und auf der anderen Seite: Aber eure Kinder behandeln wir anders, die behandeln wir schlechter!, obwohl diese Frauen, genau wie wir alle, die hier arbeiten, Steuern zahlen. (Beifall bei den Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines haben alle Kinder auf der Welt gemeinsam: Die Kinder brauchen Essen, die Kinder brauchen Kleidung, die Kinder brauchen Schuhe. (Abg. Ries: Genau um das geht es! – Abg. Mühlberghuber: Aber die Preise sind unter­schiedlich!) – Und Kinder, Kollege Ries, weil Sie mich gerade anschauen, mit Autos zu vergleichen, das zeigt, wie wenig Gespür Sie für das Thema haben. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Ries: Es geht um die Sachen, die sie brauchen! Es geht um den Aufwand, den sie brauchen! – Abg. Deimek: Schämen Sie sich dafür!)

Ich bin froh, dass es unabhängige Gerichte gibt, die da eine Entscheidung getroffen haben. Auch die Aussage, alle Kinder sind gleich, aber die österreichischen sind glei­cher, finde ich daneben. (Beifall bei den Grünen.)

Bitte merkt euch eines – und ich schaue wirklich in die Reihen der FPÖ (Abg. Ries: Schau nur!) –: Bei den Ärmsten der Gesellschaft, bei den Kindern und bei den Frauen, zu sparen und zu versuchen, damit Sympathiepunkte zu sammeln, das geht immer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 97

daneben. (Abg. Sieber: Das ist kein Gehaltsbestandteil! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ries.)

Jetzt ist nur zu hoffen, dass die Rückzahlungen gut über die Bühne laufen (Abg. Deimek: Mit der Gießkanne!), dass alles eben ohne großen bürokratischen Aufwand erledigt wird, und ich hoffe wirklich, dass wir hier im österreichischen Parlament nie wieder über so ein diskriminierendes Gesetz diskutieren müssen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: Die Gießkanne des Sozialismus hat im Osten noch bis 90 gegolten!)

12.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.21.25

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Minis­terin! Was mir bei dieser Debatte heute gefällt, ist, dass zumindest Herr Abgeordneter Sieberer sich nach der Ausschussdebatte, die sehr dürftig war (Abg. Zarits: Sieber!) – Verzeihung, Sieber –, wirklich eingehend mit der Historie beschäftigt hat. Das ist gut, dann kann man nämlich sachlich diskutieren.

Wissen Sie, worauf es mir bei dieser ganzen Diskussion ankommt? (Ruf bei der ÖVP: Wissen wir nicht!) – Dass Rechtspopulismus vor Rechtsstaatlichkeit gestellt wird. Sie haben recht, dass schon oft geschaut wurde, wie man das gerechter gestalten kann. Was Sie aber alle gewusst haben – und das ist ja das, was ich Ihnen vorwerfe – und Ihre damalige Familienministerin gewusst hat: Man kann, ohne die EU-Verordnung zu verän­dern, diese Indexierung nicht vornehmen. Und trotz dieses Wissens rechtspopulistisch nicht nur Kosten, Mehrkosten für dieses Land zu verursachen, sondern auch die Gesell­schaft durch Schüren von Vorurteilen, durch eine Neiddebatte zu spalten, das werfe ich Ihnen vor. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Ministerin – daran kann ich mich sehr gut erinnern – hat nämlich parallel mit Ländern wie Großbritannien und auch einigen anderen Ländern, die hohe Familienleistungen ha­ben, verhandelt. Sie haben gewusst, es gibt die Mehrheit nicht, und Sie haben gewusst, dass Österreich zum Beispiel gerade von der Osterweiterung sehr stark profitiert, fast am meisten profitiert. Dass eine ÖVP, die sich als EU-orientierte Wirtschaftspartei (Abg. Loacker: Das ist doch schon lang vorbei! – Abg. Zarits: Ihr seid eine Wirtschaftspar­tei? – Zwischenruf des Abg. Sieber), als eine EU-fördernde Partei darstellt, mit diesem Wissen dann so etwas schürt, das ist das, was ich Ihnen vorwerfe.

Sie haben das gewusst. Sie erwähnen Schulleistungen, Sie erwähnen den Unterhalts­vorschuss, Sie erwähnen die Schulbuchaktionen. Das steht alles in der betreffenden Verordnung nicht. Die Verordnung 883 aus dem Jahre 2004 regelt nur Familienleistun­gen (Abg. Sieber: Lesen Sie die Verordnung!), und all das, was Sie aufgezählt haben, inklusive Unterhaltsvorschuss (Abg. Sieber: Vom Unterhaltsvorschuss hat kein Mensch geredet!), sind keine Familienleistungen im Sinne der EU-Verordnung. Also vernebeln Sie nicht und sehen Sie einmal ein, wie Sie durch diesen Populismus einfach die Gesell­schaft gespalten haben! (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Sie wissen, dass viele österrei­chische Familien diese PersonenbetreuerInnen brauchen und dass die stark unterbe­zahlt sind. Da nehme ich uns alle nicht aus: Wir haben das so behandelt, dass die Familienbeihilfe Teil des Lohnbestandes ist – oder? ‑, weil die viel zu wenig bezahlt be­kommen.

Dann sind Sie hergegangen und haben ihnen das gestrichen. Das werfe ich Ihnen vor: diesen Populismus, den jetzt die Beamtinnen und Beamten in der Finanzverwaltung aus­baden müssen. Finanzrichterinnen und Finanzrichter müssen Hunderte von Fällen bear­beiten, weil Sie wissentlich dieses Gesetz geändert haben. (Abg. Ries: Das macht ein Rechenprogramm! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das ist es, was ich Ihnen vorwerfe! (Beifall bei der SPÖ.)

12.24


12.24.40


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 98

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1633 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Sieber, Neßler, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Sieber, Neßler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Auch das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühl­berghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Indexierung der Familienbeihilfe“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

12.26.334. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2554/A(E) der Ab­geordneten Mag. Meri DisoskiDipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ahndung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Ukrainekrieg (1582 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 4. Punkt der heutigen Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


12.27.13

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Die Frau Mi­nister ist im Moment nicht hier. – Wir verurteilen natürlich alle diese schrecklichen und leidvollen Verbrechen gegenüber den Menschen, die vom Ukrainekrieg betroffen sind: einerseits die sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, wie auch im Entschließungs­text angeführt, andererseits aber auch jede andere Form von Gewalt – denn es sind dort


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 99

auch Kinder, ältere Menschen betroffen, querbeet durch die Bevölkerung –, und zwar egal von wem und gegen wen und wo diese Verbrechen begangen werden, denn das passiert nicht nur in der Ukraine, wie wir wissen.

In Bezug auf Ahndung, Aufklärung und rechtliche Beurteilung gäbe es viele rechtliche Grundlagen zur Verfolgung dieser Verbrechen. Abgesehen von den international festge­schriebenen Menschenrechten gibt es die Genfer Konvention und insbesondere das vierte Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten. All diese Grund­lagen, und es gibt noch viele mehr, dienen zur Ahndung der Kriegsverbrechen, die gegen die Zivilbevölkerung, Frauen und Mädchen in all ihren furchtbaren Facetten verübt wer­den.

Diese rechtlichen Grundlagen schließen die Ausübung sexueller und geschlechtsspezifi­scher Gewalt als Kriegswaffe, während der Flucht oder auch in Flüchtlingsunterkünften mit ein. Laut Amnesty International herrschte in der Ukraine im Berichtszeitraum 1.1. bis 31.12.2021 – also schon vor dem Ukrainekrieg – „weitgehende Straflosigkeit bei Folter“, und „geschlechtsspezifische Gewalt blieb weitverbreitet“. Es gab zumindest ein neues Gesetz, um auch Militär- und Polizeiangehörige nicht mehr vor strafrechtlicher Verfol­gung bei häuslicher Gewalt zu bewahren. Aber: Das ukrainische Parlament hat laut Amnesty International auch im Berichtszeitraum 2021 die Strafprozessordnung der Uk­raine nicht an das internationale Strafrecht angeglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, dass wir Freiheitliche sämtliche Anträge, in denen andere Staaten zu einer bestimmten Politik aufgefordert werden, ablehnen. Wir würden damit eine Parallelstruktur schaffen, die den Menschen dort nicht hilft und keine einzige Gräueltat verhindert.

Es hat den Anschein, als ob die Regierung diese traurige Thematik dazu nutzt, sich wieder selbst in den Fokus zu rücken, denn, sehr geehrte Damen und Herren, lesen Sie den Entschließungstext! Die Regierungsparteien fordern sich im vorliegenden Entschlie­ßungsantrag auf, sich „weiterhin auf europäischer und internationaler Ebene für eine [...] Aufklärung und Ahndung der [...]verbrechen [...] einzusetzen“ und „weiterhin für [...] Auf­arbeitung und Ahndung [...] sowie für die Unterstützung von Opfern [...] einzusetzen“.

Weiterhin einsetzen heißt, sich für etwas weiterhin einsetzen, das man bereits macht. Brauchen Sie jetzt zum Weiterhin-Einsetzen einen eigenen Antrag an sich selbst? Das ist angesichts der Situation in der Ukraine mehr als doppelbödig. (Beifall bei der FPÖ.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gudrun Kugler zu Wort. – Bitte.


12.30.34

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich sagen: Im 21. Jahrhundert ein Krieg in Europa – wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. Wir sehen jeden Tag Opferzahlen zwi­schen 100 und 300 Personen; diese sterben in Wirklichkeit in unmittelbarer Nähe zu uns in Österreich. Ein Teil der Opfer leidet darunter, dass sexuelle Gewalt als Kriegswaffe und als Kriegstaktik eingesetzt wird. Wir wissen das über zahlreiche Berichte, wir wissen das von der ukrainischen Regierung, von internationalen Beobachtern und von Men­schen, die erzählen und deren Berichte zu uns gelangen.

Diese sexuelle Gewalt wird mit Folter, seelischer oder körperlicher Natur, verbunden. Das ist als Kriegswaffe verboten, das ist völkerrechtswidrig – das wissen wir –, das ist aber auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es gibt mittlerweile Experten, die sagen, es ist auch ein Element von Völkermord, Genozid, weil es bei diesem nämlich heißt: „Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitglie­dern der Gruppe“.


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Schwerer seelischer Schaden: Man kann zerbombte Häuser wieder aufbauen, aber man kann zerfetzte Seelen nicht so leicht wieder herrichten. Es geht da nicht nur direkt um die Betroffenen, sondern es geht auch um Generationen, denn diese Traumata werden über Generationen weitergegeben, und das ist die Verursachung von schwerem seeli­schen Schaden an einer ganzen Gruppe.

Warum geht uns das etwas an, Frau Ecker von der FPÖ? Warum geht uns das etwas an? – Weil wir in Europa eine Wertegemeinschaft sind, weil die Ukraine um Hilfe und Unterstützung gebeten hat und weil selbstverständlich internationale Beobachter und Aufklärer vor Ort Frauen und Mädchen helfen können und sie schützen können. Wenn man hinschaut, kommt es nicht mehr so oft vor. Diese Art von Kriegsverbrechen darf nicht straflos bleiben. Es reicht eben nicht, zu sagen: Ja, das sollen die Ukrainer im Kriegszustand selber machen!

Wir sind eine Wertegemeinschaft, der Internationale Strafgerichtshof hat seine Leute dort, und Österreich unterstützt das. Der Internationale Strafgerichtshof hat Aufklärer vor Ort, Österreich hat dafür Geld, aber auch Personen gegeben. Das ist wichtig und ein Schutz für die betroffenen Frauen und Mädchen, denn man kann dann nachher nicht sagen (Zwischenruf der Abg. Rosa Ecker): Ja, wir haben keine Beweise, es gibt keine Verurteilungen und die Verbrecher gehen straflos! – Das dürfen wir nicht zulassen!

So wie Sie, Frau Ecker von der FPÖ, jetzt gesprochen haben, haben Sie in Wirklichkeit das, was dort passiert, relativiert, und das wollen wir nicht zulassen. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Rosa Ecker.)

Es geht um den ICC, aber es geht auch um die Arbeit der UNO. Der UN-Menschen­rechtsrat hat eine eigene Kommission (Abg. Deimek: Kollegin Ecker hat Sie gerade kor­rigiert, aber das ist Ihnen egal, Sie haben ja die Wahrheit gepachtet!), und die hat ihren Sitz in Wien – auch so unterstützen wir diese Arbeit. Das eine, was wir tun können, ist, gegen Straflosigkeit vorzugehen und Rechenschaft zu verlangen, das andere ist aber – und so sagt es auch unser Antrag – die Unterstützung der Opfer.

Die Opfer kann man auf mehreren Ebenen unterstützen: bei denen, die nach Österreich kommen – wir haben es heute Morgen vom Bundeskanzler gehört, 80 000 –, viele davon Frauen und Mädchen, einmal schauen, ob psychologische Betreuung notwendig ist, und auch da in der Beweissicherung helfen; aber auch in unserer humanitären Hilfe vor Ort muss man die psychologischen Traumata, die entstehen, wenn sexuelle Gewalt als Kriegswaffe verwendet wird, aufgreifen und bei deren Aufarbeitung unterstützen. Da geht es um Helplines vor Ort, da geht es um Frauenhäuser, die dort mit unterstützt wer­den – auch das ist ein Zugang, ein humanitärer Zugang, und das muss mitgedacht wer­den.

Aber über all dem steht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir ganz drin­gend ein sofortiges Ende dieses völkerrechtswidrigen Angriffskriegs brauchen, der so viel Zerstörung und menschliches Leid verursacht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleit­ner. – Bitte.


12.35.25

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Minis­terin! Vielleicht nur kurz zum vorherigen Tagesordnungspunkt: Wir hätten uns wirklich gewünscht, Frau Ministerin – ich habe gesehen, Sie waren kurz in die RednerInnenliste eingemeldet –, dass Sie einfach auch ein, zwei Worte zur Aufhebung der Indexierung


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der Familienbeihilfe an uns und natürlich auch an die Zuseherinnen und Zuseher gerich­tet hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun aber zur sexuellen Gewalt als Kriegswaffe: Diese Gräueltaten sind so grauenhaft, dass man sich das kaum ausmalen mag, und das muss man immer auf das Schärfste verurteilen. Wir haben das überfraktionell rund um den Weltfrauentag auch schon in einem gemeinsamen Antrag gemacht. Das ist extrem wichtig, weil wir solidarisch an der Seite der Frauen stehen müssen, und deshalb stimmen wir auf jeden Fall heute hier diesem Regierungsantrag zu.

Für uns als SPÖ ist aber auch eines klar: Wir sind und waren immer eine Friedensbewe­gung. Ich möchte hier noch einmal Johanna Dohnal zitieren, die gesagt hat: „Der Friede ist zu wichtig, um ihn den Männern [...] zu überlassen.“ – Das betrifft natürlich auch das Thema der sexuellen Gewalt als Kriegswaffe. Wir stehen solidarisch mit den Frauen in der Ukraine, aber auch in Russland, mit jenen, die für den Frieden auf die Straße gehen, mit den Frauen in den USA oder in Afghanistan, egal wo. Die Solidarität der Frauen muss immer geboten sein. (Beifall bei SPÖ.)

Frauen und Mädchen auf der Flucht sind besonders vulnerabel. Wenn Frauen flüchten und Opfer von sexueller Gewalt als Kriegswaffe wurden, dann muss ihnen trotzdem das Recht auf Selbstbestimmung – da komme ich wieder zum Vorherigen zurück – zukom­men. Als Opfer von Vergewaltigung müssen sie das Recht auf und den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch haben (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS), ob in Polen oder woanders, egal, in welchem anderen Land sie aufschlagen.

Es ist wichtig, hier zu betonen, dass wir keinen Millimeter weichen, wenn in Vorarlberg von einer ÖVP-Politikerin die Fristenlösung infrage gestellt wird. (Abg. Sieber: Was für ein Unsinn!) Wir werden keinen Millimeter weichen, wenn Sie, Herr Kollege Sieber (Abg. Sieber: Hat sie nicht!) hier jetzt wieder vollkommen auszucken. Wir werden auch nicht weichen (Ruf bei der ÖVP: Hören Sie damit auf! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn sich der Papst in den Uterus von Frauen einmischt. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden nicht weichen, wenn wirklich Millionen zur Beschneidung von Frauenrechten in unsere Länder gespült werden, und wir sehen das auch leider immer wieder mit Peti­tionen hier im Haus.

Wir begrüßen deshalb wirklich ausdrücklich die Resolution, die gestern im Europaparla­ment verabschiedet worden ist, im Übrigen ohne die Stimmen der ÖVP – wieder ein­mal –, was zeigt, wo Ihre Gesinnung in diesem Punkt liegt. Wir unterstützen diese Reso­lution, die sich mit den Frauen in den USA solidarisiert und wir begrüßen wirklich die Bestrebung, dass das Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch auch in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufgenommen werden soll. Das wäre wichtig und gut, denn das Recht von Frauen und Mädchen auf reproduktive Selbstbe­stimmung muss gewahrt werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen da auch in Österreich künftig weitere Schritte gehen, nämlich durch die Le­galisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, durch die Kostenübernahme – Schwan­gerschaftsabbruch quasi auch mit Krankenschein möglich machen – und durch die Si­cherstellung und Zurverfügungstellung kostenloser Verhütungsmittel. Verhütung ist auch in Österreich viel, viel zu teuer. Jetzt ist es auch extrem wichtig, qualitätsvolle Sexualpä­dagogik wieder an die Schulen zu bringen, wie das beispielsweise durch First-Love-Am­bulanzen der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung getan wird.

Was passiert sonst? Serien wie „The Handmaid’s Tale“ zeichnen uns grauenvolle Bilder. Diese Bilder werden aber Wirklichkeit, wenn wir den Frauen den Schwangerschafts­abbruch illegalisieren, denn die Abbrüche passieren, sie passieren dann nur unter le­bensbedrohlichen und tödlichen Umständen für die Frauen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

12.39



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 102

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.


12.39.41

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Kollegin Kugler hat in ihrer Rede behauptet, ich hätte die Ereignisse in der Ukraine mit meinen Worten relativiert.

Ich berichtige tatsächlich: Sie werden in meiner Rede kein einziges Wort der Relativie­rung dieser Vorkommnisse feststellen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kugler: Es gab sie eh schon vorher ...! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Bei einer tatsächlichen Berichtigung muss es sozusagen eine Wiedergabe eines Sachverhaltes geben, der dann berichtigt wird, Frau Abgeordnete, und keine politische Meinung. Dafür gibt es die Debatte, und es ist auch gut so, dass wir das trennen.

Frau Abgeordnete Heike Grebien, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


12.40.26

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wertgeschätzte KollegInnen! Sehr geehrte ZuseherInnen hier auf der Galerie im Hohen Haus und auch zu Hause! (Die Rednerin stellt ein Foto, auf dem De­monstrantinnen mit ukrainischen Fahnen zu sehen sind, auf das Rednerpult.) Seit 135 Ta­gen herrscht Krieg in der Ukraine, ein Krieg, ausgelöst durch einen demagogischen Pa­triarchen, der zur Bestätigung seiner eigenen Macht und seiner toxischen Männlichkeit Menschenleben opfert. Wir kennen das von anderen toxischen Männern, die zu viel Macht haben. Darunter leiden alle: UkrainerInnen, RussInnen wie auch EU-BürgerInnen. Ein Teil dieses Leides zeichnet sich durch die Zahl der Todesopfer ab, die Zahl der schweren Verletzungen, die Zahl der geflüchteten Personen – mehr, als ganz Österreich BewohnerInnen hat, sind gerade auf der Flucht ‑, aber auch eine stetig ansteigende Zahl der Opfer sexualisierter Gewalt im Kriegsgebiet.

Lange wurden Vergewaltigungen in Kriegen von Forschung, Politik und Medien als Einzelfälle betrachtet oder gänzlich verschwiegen; oder es wurde gesagt, es ist der Trieb des Mannes, des Soldaten, gegen den man nicht eingreifen kann. Einen Wendepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung dazu gab es erst Anfang der 1990er-Jahre, nachdem Massenvergewaltigungen aus dem Bosnienkrieg und aus dem Völkermord in Ruanda bekannt wurden. „Mit eigens zum Zwecke der Vergewaltigung bzw. der sexuellen Folter eingerichteten Lagern in der Mitte Europas hat die Gewalt gegen Frauen eine neue Stufe erreicht. Nach Ermittlungen einer Untersuchungskommission der Europäischen Gemein­schaft müssen die Massenvergewaltigungen und sadistischen Folterungen von Frauen in Bosnien-Herzegowina als systematische und befohlene Aktion betrachtet werden“, schreibt die Militärsoziologin Ruth Seifert in ihrem Essay „Krieg und Vergewaltigung“.

Ich denke, wenn ich etwas von Ruth Seifert lese, immer wieder auch an einen Freund meines Vaters, dessen Mutter den Zweiten Weltkrieg überlebt hat und von mehreren russischen Soldaten auf brutalste Weise vergewaltigt wurde. Die Folgen dieser Gruppen­vergewaltigung waren nicht nur die Schwangerschaft, also das Entstehen des Lebens des Freundes meines Vaters, sondern auch eine lebenslange Verletzung, psychisch wie physisch. Viele Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden, aus der eine Schwan­gerschaft entstanden ist, haben versucht, sich umzubringen, haben versucht, Abtreibun­gen durchzuführen, sind daran gestorben; und wenn sie es überlebt haben, haben sie ihr Leben lang nicht mehr darüber gesprochen, denn, werte Damen und Herren, wenn man etwas so Schmerzhaftes, wie es diese Frauen erleben, etwas in unserer Gesell­schaft so Tabuisiertes erlebt, dann ist das Schwierigste, was man tun kann, darüber zu sprechen. Ich danke meinen Schwestern, meinen Müttern und meinen Großmüttern im


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Geiste, die den Mut finden, darüber zu sprechen – mit Journalisten und Journalistinnen, die das meistens aufzeigen, damit auch wir hier in Österreich, im österreichischen Par­lament entsprechend Handlungen setzen können. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Abgeordneten Fiedler und Krisper.)

Erst 2008 hat der UN-Sicherheitsrat Vergewaltigungen und andere Formen sexualisier­ter Gewalt im Krieg als Kriegsverbrechen anerkannt. Damit können Täter und Täterinnen vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nun verurteilt werden. Dass es bei Vergewaltigungen, sexuellen Missbräuchen und Völkermorden an Ahndung und Aufar­beitung mangelt, ist ebenso bekannt. Darauf hat auch meine Kollegin Bedrana Ribo in ihrer sehr emotionalen, berührenden Rede über die Mütter von Srebrenica, wozu bis heute keine vollständige Aufklärung stattgefunden hat, hingewiesen. Solche Tatenlosig­keit, solche Starre angesichts dieser Kriegsverbrechen darf sich nicht wiederholen. (Bei­fall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Besonders sexualisierte Gewalt zerstört nicht nur physisch Menschenleben, sie belastet emotional über Generationen ganze Familien und somit ganze Gesellschaften. Deshalb zählt sie laut dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes zu den Ver­brechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen und muss dementsprechend geahndet werden.

Bundesministerin Zadić steht seit einiger Zeit im Austausch mit diversen Fachgremien und ExpertInnen, unter anderem mit der in Wien ansässigen UN-Untersuchungskommis­sion, welche sich mit der Aufklärung von Kriegsverbrechen, insbesondere sexualisierter Kriegsgewalt, befasst. Wir haben es dazu auch schon geschafft, 100 000 Euro zur Unter­stützung der Opfer zur Verfügung zu stellen. Das ist ein wichtiger erster Schritt, aber wir wollen mehr, und deswegen haben wir im letzten Gleichbehandlungsausschuss stim­menmehrheitlich einen Antrag verabschiedet. Der Antrag wurde von allen Fraktionen mitgetragen, nur von der FPÖ nicht.

Allerdings stimmt es mich hoffnungsvoll, dass wir mehrheitlich hier in diesem Hohen Haus dafür sind, den Opfern der sexualisierten Kriegsverbrechen beizustehen und diese Gewalttaten aufzuarbeiten. Besonders im Bereich der Schwangerschaftsabbrüche für geflüchtete Frauen braucht es rasche, kostenlose und niederschwellige Hilfsmöglichkei­ten. Für diese werden wir Grüne, gemeinsam auch mit anderen Fraktionen in diesem Hohen Haus, uns weiterhin einsetzen. Daher appelliere ich vor allem an die ÖVP: Han­deln wir dort, wo wir handeln können! Und ich ersuche auch Sie, werte KollegInnen von der FPÖ, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

12.46


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


12.46.44

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Es freut mich sehr, dass wir heute die weitreichende Aufforderung an die Bundesregie­rung beschließen, sie möge Kriegsverbrechen und darunter besonders sexuelle und ge­schlechtsspezifische Gewalt in der Ukraine weiterhin verurteilen.

Weniger freut mich, dass beim letzten Plenum, während dem wir das schon hätten ma­chen können, ein fast gleichlautender Antrag von mir abgelehnt wurde. Es ist natürlich für die Regierung schöner, einen Antrag an sich selbst zu stellen und dann darüber ab­stimmen zu lassen, als anderen zuzuhören. Das sind wir mittlerweile gewöhnt, und des­halb möchte ich auch zum Inhalt kommen.

In diesem Antrag wird nämlich auch die Unterstützung für Opfer gefordert, und bei de­ren Ausgestaltung – also: was ist jetzt eigentlich Unterstützung? – gibt es offensichtlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 104

Differenzen innerhalb der Koalition, innerhalb des Hauses. So sehen wir NEOS bei­spielsweise Unterstützung für vergewaltigte Ukrainerinnen und somit den Zugang zu si­cheren Schwangerschaftsabbrüchen als relevant an. Jetzt wissen wir aus Ausschüssen zu diesem Thema, dass die ÖVP überzeugt ist, dass dieser Zugang in Österreich bereits sichergestellt ist.

Sehr geehrte Kollegen und vor allem Kolleginnen, das ist einfach nicht der Fall! In Vorarl­berg möchte der einzige Arzt, der Abbrüche anbietet, jetzt mit 70 dann langsam in Pension gehen und findet keinen Nachfolger oder keine Nachfolgerin, weil Ärztinnen und Ärzte Angst haben, dass sie mit einem wütenden Mob vor ihren Ordinationen und Praxen konfrontiert sind. In Tirol gibt es ebenfalls nur einen Arzt. Der ist aber zuständig für 200 000 Frauen im gebärfähigen Alter, das ist ganz schön viel. Im Burgenland gibt es überhaupt kein Angebot.

Wenn Sie also diesen Anspruch, diese Aufforderung an sich selbst ernst nehmen, dann müssen wir eben auch über Abtreibung sprechen. Da genügt es auch nicht, wenn die Grünen stillschweigend und auch wider ihr besseres Wissen Vertagungen zustimmen und Diskussionen darüber fernbleiben. Es ist unsere Aufgabe hier im Hohen Haus, uns mit diesen Anzeigen auseinanderzusetzen.

Wenn Sie sich jetzt, vor allem die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, zum Opferschutz bei Opfern von sexueller Gewalt auffordern, dann müssen Sie das auch umsetzen! Eine schöne Absichtserklärung wie jetzt hilft einfach nicht. Wir brauchen internationale Mitarbeit bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen, wir brauchen aktive Unterstützung aus der österreichischen Politik, wir brauchen echten Opferschutz. Deshalb müssen wir diesen Absichtserklärungen bitte endlich auch Taten folgen las­sen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Oberrauner. – Bitte.


12.49.29

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Anwesende im Hohen Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher von zu Hause! Wie unsere Vorsitzende Eva Maria Holzleitner schon gesagt hat, werden wir die­sem Antrag selbstverständlich zustimmen.

Die schrecklichen Berichte aus dem befreiten Norden der Ukraine und auch die Berichte aus den besetzten Gebieten im Süden und im Osten zeigen eines deutlich: Die russische Armee setzt im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine sexuelle Gewalt ein. Alleine in den ersten zwei Aprilwochen hat die Ombudsfrau für Menschenrechte 400 Fälle sexualisierter Gewalt gemeldet. Das ist eigentlich ein Wahnsinn, was da vor sich geht, und in der Vergangenheit wurden diese Dinge nicht einmal bestraft.

Seit März – und das stimmt mich zuversichtlich – gibt es bei der EU-Justizbehörde Euro­just ein spezielles Ermittlungsteam. Diesem gehören auch Litauen, Polen, die Ukraine, Estland, Lettland, die Slowakei und der Internationale Strafgerichtshof an, die Beweise sammeln und bündeln, damit es endlich zu Prozessen kommt. Ich glaube, das ist ein erster wichtiger Schritt, der da endlich passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Unklar ist bis zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahme von Frau Ministerin Raab zu einer gendersensiblen Aufarbeitung, Aufklärung und Ahndung geschlechtsspezifischer Gewalt, und wir würden auch gerne wissen, wie die Opfer und auch die Zeugen unter­stützt werden. Ich glaube, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, dass die Frau Ministerin dem Nationalrat gegenüber eine Erklärung zu diesen Vorkommnissen abgibt. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 105

Insgesamt haben wir uns generell immer wieder dafür ausgesprochen, dass der Gewalt­schutz in Österreich und außerhalb von Österreich erhöht werden muss. 228 Millionen Euro dafür wurden nicht genehmigt. Gewaltschutz gilt für alle und betrifft auch alle Res­sorts dieser Regierung. Hochsicherheitskonferenzen müssen endlich flächendeckend stattfinden und nicht nur anlassbezogen. Wir sehen es an den Zahlen in Österreich. Was wir in Österreich tun, ist genauso zu wenig wie das, was wir bis jetzt für die flüchtenden Frauen und Mädchen in der Ukraine tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmungen verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

12.52.225. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2234/A(E) der Abge­ordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminierungs­freie Blutspende endlich umsetzen (1583 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


12.52.49

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, plus für Transpersonen fällt, und das ist auch gut so. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.) An dieser Stelle ein großes Danke an die Commu­nity und an alle Aktivistinnen und Aktivisten! Das ist euer Erfolg! (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellen sich schon wieder neue Fra­gen: Die Bezeichnung diskriminierungsfreie Blutspende kommt mit keinem Wort in der neuen Verordnung vor, und bei der Drei-mal-drei-mal-drei-Regel hat Helmut Graupner, der Präsident des Rechtskomitees Lambda, festgestellt, dass auch die Bezeichnung un­geschützter Sex in der Verordnung nicht vorkommt. Das heißt, das individuelle Risiko­verhalten wird nicht abgefragt.

Und die dritte Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren: Warum erst am 31. Au­gust, wenn jetzt so dringend Blut gebraucht wird? Wir haben in Österreich leider einen eklatanten Blutmangel. Das Rote Kreuz und andere Blutspendeorganisationen fordern uns ja immer wieder auf, zum Blutspenden zu gehen.

Wir haben aber nicht nur einen Blutmangel, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben auch einen eklatanten Ärztemangel; einen Ärzteengpass bei HausärztInnen, bei FachärztInnen, bei VisitenärztInnen, und jetzt gehen uns auch noch die NotärztInnen aus. Im Juni waren in der Steiermark die Notarztstützpunkte in Rottenmann, Mariazell, Hartberg, Leoben und auch in vielen anderen Regionen Österreichs unbesetzt, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist inakzeptabel! Das darf es in einem Land wie Österreich nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.) Wir brauchen eine österreichweite Notarztversorgung. Sie muss 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag sichergestellt sein.

Weil wir gestern beim letzten Tagesordnungspunkt sehr euphorisch und völlig zu Recht 20 Millionen Euro an die freiwilligen Feuerwehren ausgeschüttet haben: Ich frage mich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 106

da schon, meine sehr geehrten Damen und Herren, was mit den ehrenamtlichen Sani­täterinnen und Sanitätern im Rettungsdienst ist. Wo ist der Coronabonus für unsere Sanis? (Beifall bei der SPÖ.) Was ist mit den Ehrenamtlichen bei der Bergrettung? Was ist mit den Ehrenamtlichen bei der Wasserrettung? Auch diese Kolleginnen und Kollegen haben sich eine Unterstützung verdient. Das Ehrenamt muss uns mehr wert sein. Und: Liebe Kollegin Gaby Schwarz (Abg. Gabriela Schwarz: Ja!), ich kenne mich aus. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Gabriela Schwarz: Gut!)

12.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


12.55.40

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Ich habe jetzt die letzte Meldung von Kollegen Lindner nicht ganz verstanden. Warum soll es einen Bonus für Ehrenamtliche geben? Ehrenamtliche sind ja per defini­tionem unbezahlt. Das habe ich jetzt irgendwie nicht ganz verstanden. Vielleicht können wir das noch klären.

Aber zum Thema selbst: Die Blutspende, wie schon angesprochen, ist jetzt auch deswe­gen im Fokus, weil wir auch durch Corona gerade so wenig Blutkonserven haben. Das ist aber eigentlich gar nicht der Anlass für diese Regelung. Wir diskutieren das ja schon etwas länger. Ich stehe auch nicht an, mich bei den Vertretern der Zivilgesellschaft zu bedanken, die dieses Thema in den letzten Jahren immer wieder hochgehalten haben. Ich finde es nämlich sehr sinnvoll, dass wir über dieses Thema reden, vor allem finde ich es sehr sinnvoll, wenn wir so über dieses Thema reden, und zwar rational und mit Argu­menten.

Es ist nämlich so, dass es bei vielen Problemen mehrere Ziele gibt, die man erreichen will. Bei diesem Problem des Blutspendeverbots für homosexuelle Männer war es ja nicht nur das Ziel, eine diskriminierungsfreie Regelung zu haben, sondern es geht na­türlich, und ich glaube, das ist genauso ein hehres Ziel, um die Blutsicherheit. Ich glaube, für diese beiden Themen, die beide wichtig sind, haben wir jetzt rational, auch mit Beihilfe medizinischer Experten, eine Regelung gefunden, die folgendermaßen ausschaut: dass, wenn man in den letzten drei Monaten mehr als drei Sexualpartner hatte, man drei Mo­nate nicht Blut spenden darf, und diese Regelung gilt für alle, unabhängig von der se­xuellen Orientierung.

Ich möchte mich auch bei Staatssekretärin Claudia Plakolm bedanken, die dieses The­ma vehement vertreten und zu einer Lösungsfindung beigetragen hat.

Wie gesagt geht es mir darum und ich finde das wichtig – hinsichtlich der Themen sind wir teilweise gar nicht so weit auseinander, wie wir da an diesem Rednerpult immer tun ‑, dass man, wenn man zu einer Lösung kommt, das dann auch seriös abarbeitet. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie das gelingen kann. Ich freue mich, dass das hinhaut und dass wir ab September diese Regelung haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


12.57.59

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geschätzte Frau Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Waren Sie schon einmal Blut spenden? (Rufe: Ja!) Viele werden sagen: noch nicht! Blut spenden dauert insgesamt etwa 1 Stunde, aber in nur 7 Minuten werden knapp 500 Milliliter Blut entnommen. Wenn Sie den Bedarf schät­zen müssten – ich kann es Ihnen aber auch sagen –: Wir brauchen in Österreich bis zu 1 000 Blutkonserven pro Tag, 30 Prozent davon werden für akute Notfälle eingesetzt.


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Jetzt denken wir immer an Unfälle, aber nur 12 Prozent der Blutspenden werden für Verkehrs-, Sport- oder Haushaltsunfälle verbraucht, der überwiegende Teil wird für Krank­heiten benötigt: Krebserkrankungen, Herz-, Magen-Darm-, Leber-, Nierenerkrankungen, Blutarmut; auch für Geburten und vieles mehr.

Beim Blutspenden ist es so, dass es nach manchen medizinischen Untersuchungen wie zum Beispiel einer Endoskopie oder auch nach Operationen vorgeschriebene zeitliche Abstände gibt, die einzuhalten sind, bevor man wieder Blut spenden darf. Solche War­tefristen gibt es auch bei Auslandsaufenthalten in einigen Ländern, aber auch, wenn man sich Piercings oder ein Tattoo stechen lässt.

Es gibt dezidierte Gründe, warum man nicht Blut spenden darf. Das ist die Einnahme bestimmter Medikamente, das ist bei Drogenmissbrauch, bei Epilepsie, bei einer HIV-Infektion, bei Krebs oder auch bei Malaria. Bisher waren auch Männer, die Sex mit Män­nern hatten, noch ausgeschlossen. Da galt eine Sperrfrist von zwölf Monaten. Anschober hat schon im Dezember 2020 das Ende der Diskriminierung versprochen, und es gab vor zwei Jahren auch ein Hearing im Gesundheitsausschuss zu dieser Thematik, in dem eindeutig herauskam, dass die Beurteilung, ob eine Blutspende gemacht werden darf, nur nach objektivierten Risiken und nicht nach dem Verhalten der Menschen erfolgen darf.

Die Empfehlung war, dass zwei Fragebögen entwickelt werden sollten, quasi ein Schnell­fragebogen, mit dem das Risiko sofort ausgeschlossen werden kann, und ein zweiter Fragebogen, mit dem detailliert und ohne diskriminierende Fragen die Risiken aufge­nommen und dann beurteilt werden. So ist es möglich, dass Menschen nicht von vornhe­rein von der Blutspende ausgeschlossen werden, sondern anderen Menschen mit ihrer Blutspende helfen können. Mittlerweile haben ja Minister Rauch und Staatssekretärin Plakolm diese Drei-mal-drei-Regel für das Blutspenden angekündigt, die ab Herbst gel­ten soll. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Zur Sicherheit für alle, die eine Blutspende brauchen, werden Blutspenden genau analy­siert, die Werte erfasst und zur Sicherheit sowie als Service für den Blutspender übermit­telt. Es wird auch auf HIV-Antikörper, auf Hepatitis und auf Syphilis getestet.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuseher, informieren Sie sich wirklich einmal über das Blutspenden! Schauen Sie sich die Homepage Ihrer Blutspendezentrale an, da finden Sie alles im Detail, und vielleicht geben Sie sich einen Ruck und gehen Blut spen­den! Wir haben es schon gehört, Blutspenden sind derzeit sehr gefragt – es sind nicht so viele lagernd, wie gebraucht werden.

Was viele nicht wissen: Blutspenden sind nur 42 Tage haltbar. Darum auch mein Aufruf an alle, die älter als 18 Jahre sind: Spenden Sie Blut! Sie wissen nicht, ob Sie nicht selbst einmal in die Situation kommen, dass Sie das Blut von einem anderen brauchen, der so Ihr Leben rettet. Seien Sie aktiv und retten Sie das Leben von anderen Menschen! (Bei­fall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper.)

13.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.01.35

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, ich klatsche sehr selten bei einer FPÖ-Rede, aber heute war das der Fall. Tatsächlich ist auch meine Freude enorm (Abg. Rauch: Sie sollten öfters bei unseren Reden zuhören!), heute zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen zu können.

Wieso? – Der Antrag ist zwei Jahre alt, die Debatte ist 20 Jahre alt, und es hat wirklich, wirklich viele unterschiedliche Runden, viel Überzeugungsarbeit, die auch notwendig


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war, gebraucht, um zu einer guten Lösung zu kommen, um klarzumachen, dass klarer­weise das individuelle Risikoverhalten abzufragen ist und dieses relevant ist – Sie ni­cken, danke! –, und nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, die sexuelle Identität, die sexuelle Orientierung oder die Frage, wer mit wem wann wie oft ins Bett geht. Und das haben wir endlich geschafft.

Es gibt nun eine Verordnung; sie ist vollständig, sie ist verbindlich, sie ist mittlerweile auch in der Umsetzung. Es stimmt, das dauert ein bisschen, aber ab 31. August gilt sie entsprechend und wie gesagt ohne Abstriche, ohne Kompromisse. Ja, wir haben das der Community zu verdanken, wir haben das engagierten Kollegen und Kolleginnen hier im Parlament zu verdanken, wir haben das dem Minister, der Staatssekretärin zu verdan­ken, auch Ihnen zu verdanken, uns allen zu verdanken, dass wir endlich diese Lösung haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Eine Sache ist mir wirklich sehr, sehr wichtig, zu erwähnen. Für die Zeit, bis mit Anfang September endlich diese Verordnung in Kraft tritt, habe ich einen Appell an Sie, an euch alle. Tatsächlich haben wir gerade einen Mangel an Blutkonserven in Österreich, und vielleicht können Sie, könnt ihr den Sommer auch dazu nutzen, euch einen Termin auszumachen und Blut spenden zu gehen. Blut spenden rettet bekanntlich Leben. Das ist nicht nur so dahergesagt, das ist faktisch so. Und deshalb ist es nicht erst ab Sep­tember für alle, sondern schon jetzt im Sommer für die Nationalratsabgeordneten eine gute Idee, dem Spendenaufruf des Roten Kreuzes zu folgen und Blut zu spenden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.06

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuse­her! Wir als NEOS haben im Juli 2020 eine parlamentarische Petition gestartet, die das Ende des diskriminierenden Blutspendeverbots gefordert hat. Ich hätte mir damals nicht gedacht, dass es drei grüne Gesundheitsminister braucht, dass mehr als zwei Jahre vergehen müssen, dass unzählige Versprechen gebrochen werden müssen, bis dieses Blutspendeverbot endlich abgeschafft wird. Ich freue mich sehr, dass wir heute hier stehen und sagen können, dieses diskriminierende Blutspendeverbot für homo- und bi­sexuelle Männer wird der Geschichte angehören.

Ich frage mich aber schon, warum es immer so mühsam sein muss, warum es immer so ein Kampf sein muss und warum wir als Parlament, als Gesetzgebung, wenn es um Gleichstellung geht, nicht selbst aktiv werden können.

Erst letzte Woche hat der Verfassungsgerichtshof wieder eine diskriminierende, rechts­widrige, verfassungswidrige Vorgehensweise der österreichischen Behörden im Zusam­menhang mit der Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare festgestellt. Es war im Übrigen auch der Verfassungsgerichtshof, der die Ehe für alle legalisiert hat. Es war der Verfassungsgerichtshof, der das Adoptionsverbot für verfassungswidrig erklärt hat. Es war der Verfassungsgerichtshof, der verfassungswidrige Strafrechtsbestimmungen auf­gehoben hat. Und es war, wie jetzt bei der Blutspende, die Opposition, die Zivilgesell­schaft, die Druck gemacht hat, auch bei den Konversionstherapien. Im Regierungspro­gramm findet sich nämlich kein einziges Wort, kein einziger Punkt zum Thema Gleich­stellung von LGBTIQ-Personen.

Liebe Grüne und liebe ÖVP, ich verstehe wirklich nicht, warum das immer so ein Kampf – fast schon ein Krampf – sein muss. Warum können wir das nicht einfacher machen? Wir


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verlangen ja nicht etwas, das uns nicht zusteht. Wir verlangen schlicht und einfach die gleichen Rechte. Wir verlangen das, was den LGBTIQ-Personen zusteht, nämlich dass ihre Menschenrechte geachtet werden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich freue mich ganz besonders darüber, dass dieses Verbot jetzt fallen wird, aber es ist noch genug zu tun. Die Rechte der Community stehen, würde ich sagen, so stark unter Beschuss wie schon seit Jahren, vielleicht sogar seit Jahrzehnten nicht mehr, nämlich von ganz unterschiedlichen Seiten: von christlichen Fundamentalisten – da sind ja auch einige hier im Hohen Haus –, von faschistischen Identitären, die dieses Jahr auf ver­schiedenen Ebenen – auch die Regenbogenparaden – teilweise gewalttätig gestört ha­ben, und vom islamistischen Bereich, dessen Gefahr wir nicht unterschätzen dürfen.

Homophobie zu bekämpfen heißt immer, sie umfassend zu bekämpfen, sie zu benennen und auch konsequente Maßnahmen einzuleiten. Ich fordere insbesondere auch von der Justizministerin – das wird das nächste große Thema werden –, dass wir diese steigen­de Zahl der Hassverbrechen adressieren und dass dazu etwas Konkretes vorgelegt und nicht nur geredet wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mag. Gerhard Kaniak ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.07.08

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Blut- und Plasmaspenden retten Leben, und wir haben, nicht nur durch das Coronakri­senmanagement und die Angst der Menschen, überhaupt hinauszugehen und auch Blut spenden zu gehen, aktuell definitiv zu wenig Blut- und Plasmaspender.

Umso erstaunlicher ist es, dass es von Dezember 2020, als wir im Gesundheitsaus­schuss ein Expertenhearing gehabt haben und einen alle Fraktionen einschließenden Kompromiss gefunden haben, der eine diskriminierungsfreie Blutspende ermöglicht, bis in den Herbst 2022 dauert, bis das tatsächlich in Österreich umgesetzt ist. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist keine Glanzleistung der österreichischen Regie­rung.

Es ist eine höchst notwendige Maßnahme gewesen, aber es ist nur ein kleiner Schritt in einer größeren Problematik, denn viele andere Probleme die Blutspende betreffend sind nach wie vor nicht gelöst. Nach wie vor werden oder müssen Blutspendetermine abge­sagt werden, weil zum Beispiel nicht ausreichend viele Ärzte verfügbar sind. Nach wie vor haben wir das Problem, dass es in Österreich einen Monopolbetrieb gibt, der die Blutspenden verwaltet, dass es in Österreich keine langfristige strategische Vorsorge gibt, zum Beispiel durch gefrorene Blutkonserven, dass es keine strategische Reserve gibt. Im österreichischen Bundesheer ist das intern bereits angedacht worden und in anderen Staaten ist es bereits verwirklicht worden, aber in Österreich hinken wir hinten­nach. Dabei haben wir nach wie vor das Problem, dass bis zu 10 Prozent der Blutkonser­ven verworfen werden müssen, weil ihre Haltbarkeit abgelaufen ist.

Sie sehen also, es gibt noch viel Handlungsbedarf, nicht nur im Bereich der Blutspende, sondern auch bei den Rahmenbedingungen und im Bereich der Blutplasmaspende. Da müssen neue Anreize gesetzt werden, denn es fehlen die vorsorgenden Schritte, um die Versorgungssicherheit der Österreicherinnen und Österreicher tatsächlich zu gewähr­leisten. (Beifall bei der FPÖ.) – Danke.

Erlauben Sie mir abschließend einen Kommentar, da wir gerade bei Themen des Gleich­behandlungsausschusses sind: Nicht nur aufgrund sexueller Orientierung hat es da bis


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heute eine Diskriminierung gegeben, sondern es findet auch, was den Impfstatus der Österreicherinnen und Österreicher anbelangt, nach wie vor eine Diskriminierung statt.

Kollege Lindner hat angeführt, dass wir einen Notärztemangel in Österreich haben: Ich möchte an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass Ärztinnen und Ärzte ihre Not­arztkurse nur dann absolvieren können, wenn sie sich einer Covid-Impfung unterzogen haben, ansonsten dürfen sie ihr Zertifikat nicht auffrischen und nicht mehr als Notarzt tätig sein. Sehr geehrte Frau Ministerin, auch da wäre dringender Handlungsbedarf, und deshalb unterstützen wir die Initiativen, die auch ein Diskriminierungsverbot für Unge­impfte in Österreich umsetzen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

13.10.10Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 und 5

Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Gleichbehand­lungsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Die Klubs wünschen keine Unterbrechung? – Dann setze ich fort.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: die dem Ausschussbericht 1582 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Ahndung von sexuel­ler und geschlechtsspezifischer Gewalt im Ukrainekrieg“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (263/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Gleichbe­handlungsausschusses, seinen Bericht 1583 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch da jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.10.586. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1493 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 und das Bildungsinvesti­tionsgesetz geändert werden (1644 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Ver­einbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2022/23 bis 2026/27 (1645 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1889/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beste Bildung für


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alle Kinder – immer, überall und kostenlos! Der Elementaren Bildung endlich den Stellenwert geben, den sie verdient und braucht. (1646 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2035/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit für die Kinder Österreichs (1647 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2310/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik (1648 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 553/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan für kleinere Gruppen in Kindergärten (1649 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1315/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindergarten-Qualität erfassen, vergleichen und verbessern (1650 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsan­spruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung (1651 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2197/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindestperso­naleinsatz und Kinderhöchstzahl in der Elementarbildung (1652 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2264/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbildung der Kindergarten-Assistenzkräfte verbessern und vereinheitlichen (1653 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2614/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion: Ver­pflichtendes Kindergartenjahr auch für Kinder mit Behinderung (1654 d.B.)



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 16 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Es sind dies Berichte des Unterrichtsausschusses. Hinsichtlich der einzelnen Aus­schussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf Frau Ministerin Dr.in Susanne Raab verabschieden und erteile Petra Tanzler das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.11.27

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Wertes Hohes Haus! Die 15a-Vereinbarung für Elementarpädagogik kann zusammen­fassend als verpasste Chance und Mogelpackung benannt werden (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre) – Mogelpackung deswegen, weil statt der benötigten Milliarde 200 Millionen Euro übrig geblieben sind, pro Jahr, für ganz Österreich. Im Endeffekt, wenn man es aufrechnet, sind es nur um 57 Millionen Euro mehr, als es jetzt schon gibt, und wenn man die Teuerung berücksichtigt, die auf uns zukommen wird, dann wird die Inflation diese 57 Millionen Euro auffressen und im Endeffekt nächstes Jahr weniger übrig bleiben, als es jetzt schon gibt.

Als großer Wurf wird es immer kommuniziert – mitnichten! Wieder wird bei den Kleinsten gespart. Es ist eine verpasste Chance, in diesen nächsten fünf Jahren endlich notwendi­ge Verbesserungen und Änderungen vorzunehmen. Es gibt keinen Cent mehr dafür, dass der Betreuungsschlüssel verbessert wird, dass die Gruppengrößen verkleinert wer­den können, keinen Cent für den Ausbau, damit dieser forciert werden kann, damit ein Rechtsanspruch etabliert werden kann. Es sind keine transparenten Kriterien für die Ver­gabe von Ressourcen und Fördermitteln festgeschrieben. Es gibt keine bundesweit einheitlichen Mindeststandards. Der Inklusionsschwerpunkt kommt überhaupt nicht vor, es gibt keinen Cent für eine Ausbildungsoffensive, um den Berufsstand attraktiver zu machen, und es gibt keine einheitliche Ausbildung der Assistenzkräfte. Nichts! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten unzählige Anträge gestellt, darauf auf­merksam gemacht, was dieser Bereich braucht. Die Antwort am Dienstag im Ausschuss war: Wir hätten uns ja einbringen können. – Gleichzeitig wurden alle unsere Anträge abgelehnt.

Sie wissen nicht, was in den Bildungseinrichtungen gebraucht wird, Sie wissen nicht, was die Beschäftigten brauchen, Sie wissen nicht, was Kinder und Eltern brauchen, das findet man nämlich in der neuen Vereinbarung nicht. So, nun stehen wir da, wir haben eine neue 15a-Vereinbarung, und im Endeffekt ist nicht mehr drinnen. Es ist dieselbe, wie sie vorher war, mit dem Unterschied, dass durch die Teuerung weniger Geld für die nächsten fünf Jahre übrig bleibt. Heiße Luft.

Der Anspruch eines Politikers an sich selbst sollte sein: Was kann ich für mein Land und die Menschen, die in diesem leben, tun? Das ist der Auftrag eines Politikers. (Abg. Za­rits: Oh!) Ich frage mich in diesem Haus seit drei Jahren, was Sie an Ihre Arbeit für einen Anspruch stellen, werte KollegInnen von der ÖVP und den Grünen, denn die Probleme, die auf der Hand liegen, und die Lösungen, die gebraucht werden, sind Ihnen nämlich egal! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie erzählen immer nur, dass Sie Großes tun. Was dann herauskommt, sind leider nur Peanuts.

Das, was gebraucht wird, kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, das ist mir klar. Es gibt aber nicht einmal einen Ansatz, es gibt keinen Stufenplan, es gibt kein Bewusstsein für die Wichtigkeit und die Bedürfnisse, es gibt keine Wertschätzung dem Personal gegenüber und auch kein Verantwortungsbewusstsein als Politiker hier herinnen,


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somit auch keine Berechtigung mehr, dieses Land zu führen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.  Abg. Ottenschläger: Also die Berechtigung geht schon von den Wählern aus!)

Geld gäbe es genug zu verteilen, nur nicht an jene, die es brauchen. (Abg. Ottenschlä­ger: Die Berechtigung geht schon von den Wählerinnen und Wählern aus, nicht von Ihnen!) – Sie können sich dann zu Wort melden. – Das ist Ihre Politik!

Ich frage Sie: Wann, wenn nicht jetzt, nach drei Jahren Pandemie, wenn so offen und klar alle Mängel und Missstände im Bildungsbereich wie offene Wunden daliegen, wird etwas getan? Der Bereich ist chronisch unterfinanziert und schlecht ausgestattet. Jetzt ist der Zeitpunkt für Reformen im großen Stil, für Änderungen, für Visionen, die sichtbar werden, für ein neues Bildungssystem und echte Chancen für alle! – Das ist unsere Politik, und wir werden nicht aufhören, Verbesserungen vorzuschlagen und sie auch ein­zufordern.

Da das meine letzte Rede vor der Sommerpause ist, bedanke ich mich wirklich bei allen PädagogInnen und LeiterInnen aller Bildungseinrichtungen für ihr großes Engagement in diesen schwierigen Zeiten. Wir stehen hinter euch, und ich wünsche eine erholsame Urlaubszeit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Martin Polaschek im Haus und erteile Frau MMMag. Dr. Gertraud Salzmann das Wort. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


13.15.37

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, aber auch liebe Zuseher daheim vor den Bildschirmen und im Internet, wo immer Sie dieser Debatte auch folgen! Ich hoffe, dass ihr sehr viele folgen, denn die Bildung ist für unser Land sehr wichtig, die Bildung ist für unsere Kinder sehr wichtig. Ja, meine Damen und Herren, wir setzen den kräftigen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze um! (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

Im vorliegenden Entwurf der 15a-Vereinbarung, meine Damen und Herren, geht es um sehr viel. Es geht um Familienpolitik, es geht um Frauenpolitik, es geht um wirtschafts­politische und auch um arbeitspolitische Maßnahmen. Es geht um die bessere Verein­barkeit von Familie und Beruf, und ganz besonders geht es um unsere Kinder und um die frühe Förderung, um die Bildung unserer Kinder; und das ist uns viel wert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit der Umsetzung der Kindergartenmilliarde bis 2027, wie man sie kurz bezeichnen kann, wird ein ganz wichtiger Schritt gesetzt, Herr Minister, in dem Entwurf, den Sie auch mitverhandelt und vorgelegt haben – ein wichtiger Schritt im elementaren Bildungsbe­reich und in der Elementarpädagogik, die wir mit dieser Milliarde ganz kräftig unterstüt­zen; somit geben wir den Familien auch eine wichtige Unterstützung zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in die Hand.

Wir als ÖVP stehen für Wahlfreiheit, denn es gibt unterschiedliche Lebensmodelle, mei­ne Damen und Herren! Das bedingt aber auch ausreichende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsplätze, und wir werden auch in die Qualitätsmindeststandards, was die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Elementarpädagogen und des Assistenzpersonals an­langt, hineingehen, denn das ist wichtig.

Ich bin viel unterwegs, daheim in meinem Wahlkreis und in meinem Bundesland, und das, was ich von den Bürgermeistern höre, ist: Uns fehlt das Personal, um die Kinderbe­treuungsplätze auch möglichst gut zu besetzen. Daher werden wir da auch Maßnahmen setzen. In puncto Elementarpädagogikausbildung haben wir schon verschiedene Maß­nahmen gesetzt, verschiedene Ausbildungsformen vorgesehen, die jetzt gut anlaufen.


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Es wird wahrscheinlich auch noch, oder ich bin mir sicher, für den Quereinstieg noch Anreize brauchen. Warum sollen wir nicht Mütter, die selber Kinder großgezogen haben, in einem zweiten Bildungsweg für den Umstieg gewinnen können?

Als ÖVP machen wir uns für Familien, für Frauen und für Kinder stark, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

1 Milliarde Euro bis 2027 wird in die Verlängerung und Flexibilisierung der Öffnungszei­ten investiert, mit einem speziellen Fokus auf die bis zu Dreijährigen – da gibt es noch Aufholbedarf –, und es wird ganz speziell auch in die Sprachförderung investiert, Herr Minister, das ist für uns im Bildungsbereich auch ein ganz wichtiger Fokus.

Darüber hinaus tun wir in der Regierung mit den Grünen – ÖVP und Grüne – ganz viel für die Familien: Wir erhöhen den Familienbonus Plus auf 2 000 Euro, wir erhöhen den Kindermehrbetrag auf 550 Euro, es gibt zusätzlich im August eine Einmalzahlung der Familienbeihilfe in der Höhe von 180 Euro.

Abschließend darf ich sagen, dass mich auch der zweite Entwurf, der vorliegt, freut, Herr Minister: plus 15 Millionen Euro für die administrative Unterstützung in den Schulen, plus 7 Millionen Euro für psychosoziale Unterstützung in den Schulen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Da heute Zeugnistag ist, darf ich unseren Dank hier von dieser Stelle aus allen Lehrerin­nen und Lehrern, allen Schulleiterinnen und Schulleitern und ganz besonders auch dem Schulverwaltungspersonal übermitteln. Durch euer Engagement war es möglich, auch dieses Schuljahr, mit diesen großen Herausforderungen, gut über die Bühne zu bringen. Ich wünsche allen Schülern, Eltern und Lehrern einen erholsamen Sommer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.20.07

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Grundlage für diese 15a-Vereinbarung besteht aus drei unterschiedlichen früheren 15a-Vereinbarungen.

Es geht erstens darum, die sprachliche Förderung entsprechend früh anzusetzen, zwei­tens geht es um einen Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes und drittens um die halb­tägige kostenlose und verpflichtende Frühförderung. Diese drei 15a-Vereinbarungen hat man jetzt zusammengefasst.

Es sind hier Vorstellungen beziehungsweise Ideen aus dem ÖVP/FPÖ-Regierungspro­gramm des Jahres 2017 eingeflossen. Das ist auch der Grund dafür, warum wir dem zustimmen werden: weil der Wertekatalog, den wir damals erstellt haben, nicht aufgelöst wurde. Es sind nach wie vor da unsere Ideen drinnen.

Wir kennen die größten Probleme, die es heute im Schulbereich gibt. Dazu gehören zum einen natürlich die Schäden, die die Coronakrise in den vergangenen zwei Jahren verur­sacht hat. Da nehme ich auch die Bundesregierung nicht aus der Pflicht, denn auch dafür ist diese Bundesregierung verantwortlich – für vieles, was unseren Kindern, unseren Ju­gendlichen und unseren Schülern angetan wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein zweites sehr großes Problem ist die Sprache. Es sind die mangelnden Sprachkennt­nisse, die in den Schulen mittlerweile Einzug gehalten haben. Wenn ich nur daran denke, dass im Bundesland Wien der Anteil der Schüler, die nicht Deutsch als Umgangssprache


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verwenden, mittlerweile bei 40 Prozent liegt, oder dass österreichweit der Durchschnitt jener Schüler, die nicht Deutsch als Umgangssprache pflegen, bei etwa 35 Prozent liegt: Hier muss man tatsächlich etwas tun, hier muss man eingreifen!

Dass man jetzt den Fokus auf die deutsche Sprache legt, ist aus unserer Sicht richtig. 200 Millionen Euro im Jahr den Ländern zur Verfügung zu stellen, damit man eben Maßnahmen wie die Intensivierung der sprachlichen Frühförderung machen kann, damit man den Ausbau der elementaren Bildungsangebote auch für unter Dreijährige erwei­tert, ist richtig. Hier passt man sich in Wirklichkeit nur Lebensrealitäten an, die es heute gibt. Auch dass das letzte Kindergartenjahr verpflichtend bleibt, aber nicht ausgeweitet wird, ist in unserem Sinne, im Sinne der Freiheitlichen Partei.

Da wir eben wie gesagt hier unsere Ideen mehr oder weniger haben einbringen können beziehungsweise in der Vergangenheit bereits konnten, werden wir diesem Antrag zu­stimmen, weil damit ein freiheitliches Projekt fortgesetzt und umgesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

13.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Sibylle Ha­mann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.23.06

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bundesmi­nister! Wir diskutieren hier heute zwei Regierungsvorlagen und auch mehrere Opposi­tionsanträge, die sich mit großen Baustellen in unserem Bildungssystem befassen: Das ist das schulische Unterstützungspersonal, das ist der Ganztagsbetrieb und das ist die Elementarpädagogik.

Was haben diese Bereiche, die ich jetzt genannt habe, gemeinsam? – Sie haben ge­meinsam, dass sie leider viel zu oft im Schatten stehen, nämlich im Schatten dessen, was meistens im Zentrum steht, und das ist der formelle Schulbetrieb, der Unterricht, all das, wo Lehrkräfte am Werk sind.

Das ist aber aus meiner Sicht eine viel zu enge Perspektive. Ich bin fest davon über­zeugt, dass Bildung und Lernen nicht nur im Schulunterricht stattfinden, nicht nur in einem formalisierten Setting im Klassenzimmer, sondern definitiv schon im Kindergarten und später in den Pausen, am Schulhof und am Nachmittag, beim Blödeln, beim Sich-Bewegen, beim Singen und vor allem auch beim Spielen. Ich würde sogar behaupten, dass diese Art soziales Lernen oft noch intensiver und noch wirksamer zur Persönlich­keitsbildung beiträgt als das, was im formellen Unterricht passiert.

Deswegen sind die ElementarpädagogInnen und die FreizeitpädagogInnen in diesem Land so wichtig, das sogenannte Supportpersonal, und alle diese Bereiche bekommen jetzt mehr Sichtbarkeit, mehr Stellenwert, mehr Ressourcen und auch deutlich mehr Geld. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich gehe die Punkte in diesen zwei Regierungsvorlagen kurz durch. Der eine ist die Schulsozialarbeit. Wie wichtig psychosoziale Unterstützung ist, das wissen wir inzwi­schen. Im internationalen Vergleich, das wissen wir auch, haben wir davon ziemlich we­nig, und die Kompetenzen sind zersplittert und unübersichtlich. Für diese wichtige Arbeit gibt es künftig verbindliche, bundesweit einheitliche Strukturen, eine Halbe-halbe-Finan­zierung durch Bund und Länder und gleich am Anfang schon eine Verdoppelung der Planstellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweiter Punkt, das administrative Unterstützungspersonal: Wir wissen das ja aus der Praxis: Die SchuldirektorInnen sind oft stundenlang mit Sekretariatsarbeit beschäftigt, mit dem Schreiben von Listen und Telefonieren. Die sollten sich viel besser auf ihre


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eigentlichen Aufgaben konzentrieren können, nämlich Schulentwicklung, Personalfüh­rung, Leitung. Administration, das können andere besser. Auch diese Stellen werden an Pflichtschulen künftig vom Bund mitfinanziert, zu zwei Dritteln (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP), und dazu gibt es auch gleich zum Start einmal 15 Mil­lionen Euro.

Dritter Punkt, ganztägige Schulformen: Da schließen wir zusätzlich zum langfristigen Ausbauprogramm jetzt auch eine kurzfristige Finanzierungslücke, weil Ganztagsschulen und die wichtigen Anregungen und Aktivitäten, die dort stattfinden, wichtig sind und im­mer wichtiger werden.

Der vierte Punkt, die bereits angesprochene Elementarpädagogik: Da liegt uns jetzt die neue 15a-Vereinbarung vor. Die ist – ich muss es immer wieder betonen – kein Diktat der Regierung, sondern das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Bund und Ländern.

Wir werden jetzt von der Opposition hören, was da alles nicht drinsteht. Ich sage in Klammern Spoiler: Das steht nicht drin, weil die Länder es nicht wollten, aber ich kann Ihnen sagen, was sehr wohl drinsteht, nämlich – Kollegin Salzmann hat es schon kurz angedeutet – 200 Millionen Euro pro Jahr mehr vom Bund über fünf Jahre hinweg. Und da muss ich sagen, es ist unrichtig, was Kollegin Tanzler sagt: Das ist nicht „keinen Cent mehr“, sondern das sind um 40 Prozent mehr. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das soll verwendet werden – Kollegin Salzmann hat es schon kurz angedeutet – für mehr Plätze speziell für unter Dreijährige, für längere, familienfreundlichere Öffnungszei­ten, für mehr Sprachförderung, für Investitionen, vor allem auch in die Barrierefreiheit, und, das ist mir der wichtigste Punkt, für die Verbesserung des Personalschlüssels. Das ist wichtig, denn kleinere Gruppen bedeuten weniger Stress für die Kinder und für die PädagogInnen, mehr Zeit und mehr pädagogische Qualität. (Beifall bei den Grünen so­wie des Abg. Sieber.)

Man kann am Ende sagen, die Elementarpädagogik bleibt in der Verantwortung der Länder, und aus dieser Verantwortung dürfen wir sie auch nicht entlassen. Das heißt, der Bund wird jährlich – und auch das ist neu – einen detaillierten Bericht erstellen, schauen, wie die Gelder von den verschiedenen Ländern abgeholt werden. Da werden Veränderungen und Fortschritte beobachtet, Vergleiche angestellt; daran wird man die Länder jedes Jahr messen können, und ich hoffe, dass wir das auch machen. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Martina Künsberg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.28.18

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie und zu Hause! Ei­gentlich hätte heute ein richtiger Jubeltag sein können – ein Jubeltag für die Elementar­bildung, für die Kinder, für die kleinen Kinder, aber auch für das Personal und auch für die Eltern (Abg. Sieber: 40 Prozent!); aber die 15a-Vereinbarung, die wir heute beschlie­ßen, löst keines der drängenden Probleme in diesem Bereich. Wir haben einen großen Fachkräftemangel, wir haben viel zu große Gruppen, wir haben zu wenig Personal und unattraktive Arbeitsbedingungen.

Die neue 15a-Vereinbarung bringt uns keinen Schritt weiter in die Richtung, in die wir eigentlich gehen sollten, nämlich dahin, dass der Kindergarten, die elementarpädagogi­schen Einrichtungen die erste Bildungseinrichtung werden – die sie ja sein sollten und in vielen Ländern schon längst sind, nur nicht in Österreich.

Sie haben diese 15a-Vereinbarung groß angekündigt. Vor allem die Grünen haben das immer wieder vor sich hergetragen, was da in diesem Bereich für ein großer Wurf kommen


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wird. (Abg. Taschner: Sind ja auch ein großer Wurf!) Ihr Vorgänger (in Richtung Bundes­minister Polaschek) hat vollmundig einen Elementarbildungsbeirat eingerichtet, damit die Leute aus den Bereichen, also die Stakeholder, da auch miteinbezogen werden. Dieser Beirat hat nur Enttäuschte zurückgelassen, und auch durch Sie wurde dieser Bei­rat nicht aufgewertet.

Die Regierung spricht immer von der Kindergartenmilliarde. Ja, die hätte es tatsächlich gebraucht, nämlich pro Jahr und nicht auf fünf Jahre verteilt! Die Regierung spricht immer davon, dass es jetzt 200 Millionen Euro mehr im Jahr geben wird. (Abg. Tasch­ner: ... nicht gesagt!) – Nein, es gab schon 143 Millionen Euro im Jahr, und jetzt kommen 57 Millionen dazu.

Die Stadt Wien beispielsweise gibt schon jetzt 1 Milliarde Euro pro Jahr aus. Das ist ein Bundesland, und Sie geben als Bund 200 Millionen Euro für neun Bundesländer aus! Dass die Enttäuschung in der Community riesig ist, kann man natürlich nachvollziehen, das können Sie wahrscheinlich auch nachvollziehen – ich schaue da in Richtung Grüne, von der ÖVP hat man ja nicht so viel erwartet; bei einer Regierung mit grüner Beteiligung waren die Erwartungen natürlich sehr, sehr hoch, und die wurden enttäuscht. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Taschner.)

Sie können das ganze Paket noch so oft schönreden – Sie bringen bildungspolitisch nichts zusammen! Das ist schade, weil auch wir NEOS gehofft haben, dass in dieser Regierung bildungspolitisch etwas weitergeht. (Abg. Zarits: Der Vizebürgermeister in Wien bringt alles zusammen, oder?!)

Die Nachredner werden jetzt gleich kommen und vermutlich sagen: Die Elementarpäda­gogik ist ja verfassungsgemäß primär Ländersache und der Bund ist ja nur für die Aus­bildung zuständig. – Ja, das stimmt schon, aber ich kann mir von einer Bundesregierung schon erwarten, dass sie den Blick auf Gesamtösterreich richtet: Wir müssen in diesem Bereich etwas weiterbringen und in Verhandlungen mit den Ländern und den Gemein­den gehen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Man kann sich nicht immer nur abputzen und sagen: Wir sind verfassungsgemäß nicht zuständig! – Das ist eine Frage der Wertigkeit. Dieser Bereich der Elementarbildung hat bei Ihnen offensichtlich keine hohe Priorität. (Abg. Taschner: Geh!) Die Frage ist immer wieder: Was wollen Sie in diesem Bereich eigentlich weiterbringen? (Abg. Loacker: Alles nur für die Pension und nix für die Kinder!) Was wollen Sie, wo soll Österreich 2035 stehen? Was ist da Ihr Ziel? Was ist Ihre Vision? Haben Sie überhaupt eine? – Nein, Sie haben natürlich keine, denn sonst würden Sie diesen Bereich nicht mit zusätzlichen 57 Millionen Euro pro Jahr abspeisen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Taschner: Das ist mutig, zu sagen: „abspeisen“, mit 57 Millionen!)

Im internationalen Vergleich sind wir ganz weit hinten, was die Ausgaben betrifft, was die Gruppengröße betrifft. Klar ist: Die beste Bildung kostet etwas. Es wird ordentlich viel kosten, wenn man in diesem Bereich etwas weiterbringen möchte. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Sie schütten das Geld millionen- und milliardenfach mit der Gieß­kanne aus, und nur in diesem Bereich, der so wesentlich ist, für alle in unserer Gesell­schaft – nicht nur für die Kinder und nicht nur für die MitarbeiterInnen, sondern für uns alle –, machen Sie so einen kleinen Schritt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Otten­schläger.)

Es ist schade, dass Sie diese große Chance verpasst haben, einen echten Pakt für die Elementarbildung zu schließen. Man kann für unsere Kinder nur hoffen, dass die ÖVP endlich zur Vernunft kommt und die gesellschaftspolitische Realität erkennt und akzep­tiert. Andererseits kann man von den Grünen einfach nur hoffen, dass sie nicht immer nur zu allem Ja und Amen sagen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.33



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 118

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesmi­nister Dr. Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


13.33.25

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Diese Woche werden im Ausschuss und auch heute im Nationalrat wichtige Themen behandelt, näm­lich tatsächliche Verbesserungen im Bereich Unterstützungspersonal im Finanzaus­gleichsgesetz und der Abschluss einer neuen Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a über die Elementarpädagogik. Entgegen den Vorstellungen und Vorwürfen der Opposition muss ich als zuständiger Bildungsminister sagen: Da geht jetzt wirklich etwas weiter. Da ist ein großer Wurf gelungen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

Es ist uns als Bundesregierung gelungen, diese wichtigen Themen als Gesamtpaket mit den Ländern zu verhandeln und so wesentliche Punkte des Regierungsprogramms um­zusetzen. In den Ländern wird dieser Ball nun aufgenommen und es wird eine aktive Fortentwicklung auf Basis dieses Finanzierungspakets vonseiten des Bundes erfolgen. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Stillstand!) Ich weiß, dass sich die zuständigen Landes­rätinnen und Landesräte schon jetzt intensiv mit dieser Materie auseinandersetzen, und ich weiß, dass auch in den Ländern jeweils aufgrund dieser Finanzierung wichtige neue Maßnahmen gesetzt werden. Es werden wichtige neue Maßnahmen beschleunigt.

Die Coronapandemie war natürlich eine Herausforderung, die die Erwerbssituation der Eltern stark beeinflusst und auch den regelmäßigen Betrieb in den Einrichtungen er­schwert hat. Die Elementarbildungseinrichtungen haben da Großartiges geleistet. Ich möchte auch an dieser Stelle nochmals allen Personen Danke sagen, die in den Elemen­tarbildungseinrichtungen tätig sind und sich Tag für Tag für unsere Kinder einsetzen und wirklich vorbildliche Arbeit leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Sehen wir uns an, was es mit dieser Milliarde Euro – und es ist 1 Milliarde Euro – auf sich hat: Der jährliche Zweckzuschuss erhöht sich um 40 Prozent. Ein Plus von 40 Pro­zent ist, das denke ich schon, eine ordentliche zusätzliche Investition. Die Länder werden durch die Kofinanzierung in Höhe von 52,5 Prozent des Zweckzuschusses ebenfalls finanzielle Mittel beitragen, abgesehen von dem, was sie als zuständige Institutionen ohnehin schon in die Elementarpädagogik investieren.

Wir haben uns große Ziele gesetzt, und die werden auch erreicht. Für all jene Familien, die ein flexibles, flächendeckendes und ganzjähriges Angebot nutzen möchten, soll dies bereitgestellt werden. Die Plätze werden also bedarfsgerecht und qualitativ hochwertig angeboten werden. Darunter fallen auch inklusive Angebote. Der Fokus liegt insbeson­dere auf der Schaffung von neuen Plätzen für unter Dreijährige und auch auf unterver­sorgten Regionen.

Die Öffnungszeiten sollen verlängert und flexibler angeboten werden, damit diese mit einer Vollbeschäftigung der Erziehungsberechtigten vereinbar sind. Zusätzlich sollen auch für die Randzeiten Angebote bereitstehen. Das bedeutet, der beitragsfreie Pflicht­kindergartenbesuch soll die Familien weiterhin finanziell entlasten. Alles in allem sind das zahlreiche Maßnahmen, die den Familien in unserem Land zugutekommen, vor allem denjenigen, die die dieses Angebot wahrnehmen möchten – es wird niemand dazu gezwungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht nur die Verbesserung der Qualität im Bereich des Ausbaus ist uns ein wesentliches Anliegen, sondern ebenso auch im Bereich des Personals. Hierbei haben sich die Län­der darauf verständigt, dass sie gemeinsam einen Vorschlag zu Qualitätsmindeststan­dards erarbeiten und die Qualitätsstandards im Bereich Personalentwicklung prüfen und entsprechend anpassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 119

Auch im Bereich Sprachförderung soll es zu Verbesserungen kommen. Dafür steigen die maximal abrufbaren Fördermittel von 25 Millionen Euro auf 59 Millionen Euro pro Kindergartenjahr österreichweit. Also die Länder, die beim Ausbau schon sehr weit sind, können damit noch stärker in die gezielte frühzeitige sprachliche Förderung der Bil­dungssprache Deutsch und damit in die Grundlage für eine erfolgreiche Bildungslauf­bahn investieren. Eine Neuerung ist, dass vor allem auch die Volksgruppensprachen mit einem Teil der Mittel gefördert werden können, womit ein wichtiger Beitrag zum kulturel­len Erhalt getätigt wird.

Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Sie sehen also, dass mit dieser neuen Vereinbarung gemäß Artikel 15a BV-G weitere wichtige Schritte für eine Verbes­serung im Bereich Elementarpädagogik gesetzt werden. Als Bildungsminister ist mir dies ein großes, wichtiges Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weiters war es uns wichtig, die Finanzierung des Unterstützungspersonals an Pflicht­schulen langfristig über den Finanzausgleich abzusichern und auszubauen sowie den bedarfsgerechten Ausbau und die Absicherung ganztägiger Schulplätze zu gewährleis­ten. An den allgemeinbildenden Pflichtschulen können ab dem Schuljahr 2023/24 nun zwei Drittel der Kosten der Bereitstellung von administrativem Unterstützungspersonal direkt aus dem Finanzausgleich abgedeckt werden. Dazu werden maximal 15 Millionen Euro für die Länder bereitgestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit wird an die bis Ende des Schuljahres 2023 laufende Maßnahme des Arbeitsmarkt­service angeknüpft, mit der bisher circa 400 Stellen vermittelt werden konnten. Es wird jetzt ein Ausbau von über 50 Prozent zum bisherigen Stand ermöglicht.

Außerdem stehen ab dem nächsten Schuljahr aus dem Finanzausgleich weitere 7 Mil­lionen Euro zur Kofinanzierung von psychosozialem Unterstützungspersonal bereit. Die Aufteilung der Mittel erfolgt dabei anhand der Zahl der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler, um zu gewährleisten, dass jene Länder mit dem höchsten Bedarf entspre­chend berücksichtigt werden. Damit kann nahtlos an die bis Ende des Schuljah­res 2021/2022 mögliche Finanzierung aus dem Bildungsinvestitionsgesetz angeschlos­sen werden.

Im Vergleich zum letzten Schuljahr wird damit eine Verdoppelung von 120 auf bis zu 240 Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter ermöglicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch im Bereich der schulischen Tagesbetreuungen sind die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sichtbar geworden. Seit 2019 wurden 16 500 neue Plätze an ganztägigen Schulen geschaffen. Das Erreichen der bestehenden Ausbauziele war allerdings auf­grund der Pandemie nicht wie geplant möglich. Das Ausbauziel von 230 000 Plätzen bleibt aber weiterhin bestehen und soll und – davon gehe ich aus – wird bis zum Schul­jahr 2024/2025 auch tatsächlich erreicht werden.

Daher wird der Bund 33 Millionen Euro zusätzlich für die nächsten zwei Jahre für Be­stand und Ausbau bereitstellen und eine befristete flexiblere Nutzung der Mittel ermögli­chen. Mit den nicht abgerufenen Mitteln stehen nun insgesamt rund 140 Millionen Euro bis 2024 zur Verfügung – ein weiterer wichtiger Impuls für Länder und Gemeinden, um in diesen Bereich zu investieren.

Ich darf sagen, mir als Bildungsminister ist es ein großes Anliegen, den Schulen jene professionelle und spezialisierte Unterstützung zur Verfügung zu stellen, die sie benöti­gen. Umso mehr freue ich mich, dass mit den vorliegenden Gesetzesänderungen in der Tat wesentliche Schritte zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung gesetzt wer­den können.

Ich möchte mich heute, auch als Bildungsminister, sehr bei den Lehrerinnen und Leh­rern, bei all den Personen im gesamten administrativen Bereich, im schulischen Umfeld


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 120

und natürlich auch bei den Schülerinnen und Schülern bedanken. Es war ein langes, herausforderndes Jahr. Alle haben großartige Leistungen erbracht, alle sind sorgsam miteinander umgegangen. Die Schulen haben sich in der Pandemie gut geschlagen – allen ein großes Dankeschön. Ich wünsche allen Schülerinnen und Schülern – wohlver­dient – schöne und gute Ferien. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Ing. Manfred Hofinger. – Bitte, Herr Ab­geordneter.


13.42.12

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter und ein schöner Tag für junge Fa­milien, für die Kinder, aber genauso ein guter und schöner Tag für die Bürgermeister und für alle Gemeinden in Österreich, denn wir schaffen mit dieser Kindergartenmilliarde, mit der wir 200 000 Millionen Euro pro Jahr bis 2027 auszahlen, einen Meilenstein für unse­re Kinderbetreuungseinrichtungen in den Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)

Als Bürgermeister und auch Gemeindesprecher möchte ich schon eines feststellen: Die Kinderbetreuung in den Gemeinden stellt insgesamt alle Bürgermeister und alle Funk­tionäre in den Gemeinden vor große Herausforderungen. Es gibt doch einen großen Boom in Richtung Kindergartenbetreuung. Es werden auch in den letzten Jahren sehr viele Einrichtungen für Kindergartengruppen gebaut. Das stellt natürlich alle Gemeinden vor große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, dass wir mit dieser Kindergarten­milliarde eine Unterstützung schaffen.

Es gibt in den 2 000 Gemeinden in Österreich insgesamt circa 5 500 Kindergartenein­richtungen. Das ist eine riesige Menge. Wir haben auch große Herausforderungen zu meistern. In der Praxis sind die größten Probleme die Finanzierung des Baus wie natür­lich auch die Organisierung des Personals für all die Kindergartengruppen. Ich möchte mich bei allen Bürgermeistern wirklich herzlich bedanken (Beifall des Abg. Höfinger), weil jeder Bürgermeister dafür sorgt, dass jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt. Für diese Anstrengungen bitte einen herzlichen Applaus für unsere Bürgermeister! (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Höfinger: Ach, jetzt erst! ...! Entschuldigung, Kollege Hofinger!)

Ja, die Gesellschaft befindet sich in einem großen Wandel. Wir müssen natürlich auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen, und daher ist diese Kindergartenmil­liarde genau in diesem Bereich etwas ganz Wichtiges. Wir seitens der Regierung versu­chen, Kindergartenbetreuung beziehungsweise Kinderbetreuung mit Hausverstand und vor allem bedarfsorientiert zu machen.

Glauben Sie mir, wir machen viele Bedarfserhebungen in den Gemeinden, und in vielen Gesprächen mit den Familien kommt heraus: Die Familien wollen sehr wohl selber ent­scheiden, ob sie eine Kinderbetreuungseinrichtung in Anspruch nehmen oder nicht. Das zu beachten ist uns ganz, ganz wesentlich, und daher möchte ich schon feststellen, dass ich von einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung aus Sicht der Gemeinden oder der Bürgermeister nicht recht viel halte, denn das würde die Gemeinden besonders in der momentanen Situation überlasten.

Abschließend nochmals herzlichen Dank an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, aber natürlich auch an das Kindergartenpersonal, das sich sehr stark für unsere Kinder einsetzt, genauso an andere Einrichtungen wie zum Beispiel die Tagesmütter, die auch eine sehr, sehr wertvolle Arbeit in der Kinderbetreuung leisten. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.  Abg. Höfinger: Ein großer Bürgermeister!)

13.45



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 121

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Ab­geordnete.


13.45.32

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Herr Kollege Hofinger, ich muss Sie leider korrigieren (Abg. Höfinger: Nein! Nicht schon wieder!): Dass jedes Kind einen Platz hat, ist mit dieser 15a-Vereinbarung leider nicht gegeben (Abg. Höfinger: Na geh!), weil ganz klar der Rechtsanspruch auf einen Bil­dungsplatz ab dem ersten Lebensjahr fehlt.

Das ist eine große, große verpasste Chance. (Abg. Höfinger: Na, Sie meckern aber auch dauernd, Frau Kollegin! Ihnen ist aber auch gar nichts recht! Das fällt mir jetzt schon auf!) Dieser Rechtsanspruch wäre so extrem zentral und vor allem auch in einer 15a-Ver­einbarung erklärbar und vermittelbar gewesen, genauso wie es damals das verpflichten­de Kindergartenjahr bei einer ehemaligen 15a-Vereinbarung war. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Milliarde Euro ist eine Mogelpackung. (Abg. Höfinger: Na geh! Nicht schon wie­der!) Man muss es immer wieder sagen: Es ist keine Milliarde Euro, sondern es sind 200 Millionen Euro; es ist 1 Milliarde Euro auf fünf Jahre, auf eine sehr lange Zeit, auf­geteilt (Abg. Taschner: Ist eine Milliarde! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und das, obwohl Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, viele, viele, viele – passen Sie kurz auf! – 1 Milliarde Euro im Jahr gefordert hätten – 1 Milliarde Euro im Jahr!

Es ist aber keine Milliarde Euro im Jahr, sondern es sind eben diese 200 Millionen Euro. Schade, dass die Forderungen von den Sozialpartnern, von der Wirtschaftskammer, von den Gewerkschaften, von der Industriellenvereinigung so an der Bundesregierung abge­prallt sind. Es war Ihnen einfach egal, genauso wie die vielen, vielen Anträge der Oppo­sition für den Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr und für bes­sere Arbeitsbedingungen für Pädagoginnen und Pädagogen. (Abg. Höfinger: Die SPÖ-Gemeindevertreter sind dagegen!) Es ist vollkommen klar: Wir wollen auch die Kommu­nen unterstützen. Deshalb wäre diese Milliarde Euro im Jahr so zentral gewesen.

Auch an dieser Stelle sei es erwähnt: Diese Milliarde Euro hätte es bereits 2016 unter Kern und Mitterlehner gegeben (Abg. Höfinger: Die SPÖ-Gemeindevertreter sind jetzt noch dagegen! Es gibt einen Beschluss des Gemeindebundes der SPÖ!), aber Kurz und seine Handlanger haben sie damals den Kindern einfach gestohlen, und diese Bundes­regierung gibt sie ihnen leider einfach nicht zurück. (Beifall bei der SPÖ.) Den Kindern wurde ein Recht gestohlen, und diese Bundesregierung gibt ihnen dieses Recht leider nicht zurück. (Abg. Taschner: Das ist Legendenbildung! – Abg. Steinacker: Was sind das für Worte? Man kann alles übertreiben!)

Kinderbildung ist in diesem Ausmaß nicht möglich. Ab dem ersten Lebensjahr wäre sie ganz zentral wichtig. All das, was gesagt worden ist – den Kindern sprachliche Förde­rung, jegliche Förderung zu ermöglichen und natürlich auch den Familien die Verein­barkeit von Familie und Beruf zu erleichtern –, reicht eben nicht. Da werden die 200 Mil­lionen Euro dezidiert einfach nicht ausreichen.

Jedes Kind ist gleich viel wert, ist ein Credo, das wir in diesem Haus auch schon oft gehört haben, das aber in dieser 15a-Vereinbarung einfach nicht vorkommt. Das heißt gerade für uns als SPÖ ganz klar: weiterhin fünf Jahre für den Rechtsanspruch auf Kin­derbildung ab dem ersten Lebensjahr laut sein, weiterhin fünf Jahre für die besten Ar­beitsbedingungen für die Pädagoginnen und Pädagoginnen, für die Menschen, die in der Elementarbildung arbeiten, laut sein und weiterhin für eine echte Vereinbarkeit von Fami­lie und Beruf laut sein, weil die aktuell einfach nicht möglich ist, vor allem nicht, wenn Gebühren für die Nachmittagsbetreuung, wie in Oberösterreich beispielsweise durch FPÖ und ÖVP eingeführt, der Fall sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

13.48



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 122

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Barbara Neßler. – Bitte, Frau Ab­geordnete.


13.48.49

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Ich hoffe nicht, dass wir hier herinnen noch darüber diskutieren müssen, wie wichtig der Ausbau von Kinder­betreuungsplätzen, von Kinderbetreuungszeiten ist. Ich glaube, dass wir noch lange nicht dort sind, wo wir eigentlich sein sollten.

2002 – das wissen wir – wurden die sogenannten EU-Barcelonaziele definiert. Dass wir auch 19 Jahre später mit 33 Prozent der unter Dreijährigen noch nicht dort sind, wo wir sein sollten, ist nicht akzeptabel. Das ist vollkommen klar.

Eines muss ich aber schon noch sagen, weil von der SPÖ in diesem Zusammenhang immer wieder von Wahlfreiheit gesprochen wird: Ohne Angebot hat man bekannterma­ßen keine Wahl. Also bitte ich schon darum, dass man aufhört, von Wahlfreiheit zu spre­chen, wenn man keine Wahl hat.

Eines noch: Ich glaube, gerade im Kontext des Arbeitskräftemangels können wir es uns nicht leisten, die Kinderbetreuung zu wenig oder nicht auszubauen. Wir können es uns nicht mehr leisten.

Da jetzt massive Kritik vonseiten der NEOS und SPÖ geäußert wurde: Die 15a-Verein­barung, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist kein Diktat des Bundes, das ist ein Vertrag zwischen Bund und Ländern. Da waren alle Parteien dabei, und alle Parteien hier he­rinnen sind in den Ländern in Regierungsverantwortung. Am Verhandlungstisch war der Bund und vonseiten der Länder war Niederösterreich dabei, war Vorarlberg dabei und war Wien dabei.

Ich frage mich schon: Wer sitzt denn in Wien in der Regierung? (Ruf bei der SPÖ: Die NEOS!) – Die NEOS und die SPÖ. (Abg. Hamann: Der Finanzstadtrat ist aber von der SPÖ!) – Finanzen ist SPÖ. Das heißt also, dieses Ergebnis der 15a-Vereinbarung, liebe NEOS und liebe SPÖ, habt ihr mitausverhandelt. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP. – Abg. Yılmaz: Nein, nein, nein!) Das ist ein Ergebnis, das ihr mitausverhandelt habt. Und wenn Sie nicht zufrieden sind, liebe Kollegen und Kollegin­nen, dann müssen Sie es halt Ihren Kollegen und Kolleginnen in den Bundesländern mitteilen und nicht hier heraußen.

Eines sage ich Ihnen schon auch noch: Wir Grüne hätten gerne einheitliche Mindeststan­dards gehabt, aber der Bund hat auch da keine Möglichkeit, einseitige Vorschriften zu machen. Und kein Bundesland, auch nicht vonseiten der SPÖ hat das in den Verhand­lungen angemeldet – nur damit es gesagt ist, wie die Fakten ausschauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Künsberg Sarre: Dann hätten Sie wirklich mehr Geld in die Hand nehmen müssen!)

Zum Rechtsanspruch: Ja, natürlich sind wir für einen Rechtsanspruch, aber das, was Sie auch immer fordern, liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ, können Sie genau dort umsetzen, wo Sie in Verantwortung sind. Da frage ich mich schon: Gibt es in Wien einen Rechtsanspruch? – Nein. (Abg. Yılmaz: Da braucht man Geld dazu, oder?! – Abg. Zarits: Habt ihr ja! Ihr habt eh so viel Geld!)

Ich halte es schon für sehr heuchlerisch, am Verhandlungstisch zu sitzen und in Verant­wortung zu sein und sich dann hier herauszustellen und alles zu kritisieren, wo man selber in Verantwortung war. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Da müssen Sie das nächs­te Mal einfach besser verhandeln, liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ und von den NEOS. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Einwallner. – Abg. Künsberg Sarre: Dann investieren Sie einmal in die Bildungs­einrichtungen!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 123

Ich sage Ihnen eines: Sie sind beispielsweise in Wien in Regierungsfunktion, Sie können den Rechtsanspruch einfordern, Sie können den Ausbau vorantreiben. Sie können na­türlich wie immer hier herauskommen und sagen, dass Sie das und das fordern, oder Sie nehmen Ihre Verantwortung wahr und kommen ins Tun. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Eine herrliche Rede!)

13.52

13.52.54*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich bitte, den Begriff „heuchlerisch“ möglichst nicht mehr zu verwenden. (Ruf bei den Grünen: Es ist ein sehr guter Begriff! Ein sehr guter Be­griff!) – Es ist kein guter Begriff. (Abg. Stögmüller: Welcher?) – Heuchlerisch. (Abg. Stögmüller: Er ist gut!) Dann erteile ich für „heuchlerisch“ einen Ordnungsruf. (Abg. Stögmüller: Heuchlerisch ist kein Ordnungsruf!) – Was ein Ordnungsruf ist, das ent­scheide ich, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stögmüller: Ich darf trotz­dem zwischenrufen!)

*****

Zu Wort gelangt Edith Mühlberghuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.53.08

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die 15a-Vereinbarung ist in Österreich eine vom Bund mit den Ländern untereinander beschlossene Vereinbarung. In diesem Fall gibt es Zusatzgeld vom Bund an die Länder. Wir Freiheitliche haben diese Verein­barung während unserer Regierungsbeteiligung in die Wege geleitet und freuen uns, dass dieses Projekt auch weitergeführt wird.

1 Milliarde Euro – das haben wir heute schon einige Male gehört – steht den Ländern durch die 15a-Vereinbarung in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung. So erhalten diese zum Beispiel Geld, wenn zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden, qualitativ hochwertige Angebote zur Verfügung stehen, Öffnungszeiten verlängert werden, der Be­treuungsschlüssel gesenkt wird oder die sprachliche Frühförderung angeboten wird.

Gerade die sprachliche Frühförderung ist auch dringend notwendig. Laut der Kinderta­gesheimstatistik 2020/2021 haben nämlich sage und schreibe 33,9 Prozent der unter Dreijährigen und 31,2 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen in elementaren Bildungsein­richtungen eine andere Erstsprache als Deutsch. Gerade dieser Punkt ist sehr wichtig, und da bin ich auch wirklich froh, dass dies auch in der 15a-Vereinbarung enthalten ist.

Ein Ausbau der Bildungsangebote heißt aber auch, mehr Personal – Fachkräfte und Pä­dagogen – anzustellen. Herr Bundesminister, wir haben schon einige Mal darüber ge­sprochen: Dieses Personal gibt es nicht. Da gibt es in den Ländern auch großen Hand­lungsbedarf, da muss sich auch etwas ändern.

In den letzten zwei Jahren ist ja das Problem nicht geringer geworden, sondern ist in der Pandemiezeit größer geworden. Bei dieser Coronapolitik ist vieles schiefgegangen, mit dem Testen, mit dem Impfen. Da komme ich jetzt gleich nach Niederösterreich, denn Niederösterreich hat dabei ja den Bock abgeschossen. Niederösterreich hat die Impf­pflicht für Landesbedienstete eingeführt, und da sind viele junge angehende Pädagogen zurückgestellt worden, die sich nicht impfen lassen wollten oder eine andere Meinung zur Impfung, zu Corona haben, auch zur täglichen Testerei in der Früh. Es war für viele also wirklich schrecklich. Sie haben da nicht mitgemacht und haben dann auch einen anderen Berufsweg eingeschlagen und sind nicht Kindergärtnerin geworden, was ei­gentlich ihr Wunsch gewesen wäre.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 124

Zusammengefasst: Wir werden diese Regierungsvorlage, diese 15a-Vereinbarung, unterstützen. Es ist vieles zu machen und es liegt jetzt bei den Ländern, was sie wirklich mit dieser 1 Milliarden Euro machen. Ich hoffe, sie machen vernünftige Sachen für un­sere Kinder und auch für unsere Pädagogen, damit das Geld auch ordentlich in Verwen­dung ist.

Wir werden diese Zustimmung geben, weil doch der Wertekatalog wieder drinnen ist, den wir damals auch mitbeschlossen haben. Wie gesagt, die sprachliche Frühförderung ist uns sehr wichtig. Das ist gut so. Wir werden zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Taschner.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Norbert Sieber. – Bitte, Herr Ab­geordneter.


13.57.29

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir disku­tieren also die 15a-Vereinbarung Elementarpädagogik, eine Bund-Länder-Vereinba­rung. Warum müssen wir das diskutieren? – Weil es eben einen Landeskompetenz ist.

Bei diesen Verhandlungen – es wurde bereits mehrfach angesprochen – sind alle Län­der am Tisch, sind alle Länder mit dabei, auch die verschiedenen Fraktionen – die NEOS sind maßgeblich in Salzburg und Wien dabei und drei Länder sind sowieso sozialdemo­kratisch geführt. (Abg. Yılmaz: Sie haben keine Ahnung!) Also alle sind am Tisch geses­sen und haben dem auch zugestimmt. Alle Landeshauptleute haben diese 15a-Verein­barung unterschrieben. (Abg. Yılmaz: Man ist erpressbar als Land! – Abg. Zarits: Hätten Sie gescheit verhandelt, Frau Kollegin!) Jetzt weiß ich nicht, wollen Sie die Unterschrift von Bürgermeister Ludwig wegdiskutieren? Er hat zugestimmt und hat es auch mitun­terschrieben, und, meine Damen und Herren, das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf der Abg. Yılmaz.)

Es ist deswegen gut, weil mit dieser Bund-Länder-Vereinbarung 1 Milliarde Euro über fünf Jahre für die Elementarpädagogik zur Verfügung steht. Das, meine Damen und Her­ren, ist eine Steigerung um 40 Prozent.

Herr Minister, ich möchte Ihnen gratulieren, Ihnen und Kollegin Raab (Abg. Yılmaz: Dan­ke!), die in den Verhandlungen mit den Ländern diese Steigerung erreichen konnten. In welchem Bereich, meine Damen und Herren, werden 40-prozentige Steigerungen so niederdiskutiert, wie das hier stattfindet? Natürlich, es kann immer ein bisschen mehr sein, aber das muss man unterstreichen: 40 Prozent für die Elementarpädagogik unter­streicht, dass dieser Regierung dieser wirklich nachhaltige und intensive Ausbau der Elementarpädagogik sehr wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Detail wurde vieles bereits erläutert, deswegen nur kurz über die drei großen Punkte: Es gibt zusätzliche Mittel für die Elementarpädagogik; es ist ja in Wirklichkeit auch mehr als 1 Milliarde Euro, denn durch die Kofinanzierung kommen wir auf über 1,3 Milliarden Euro, die für den Ausbau zur Verfügung stehen.

Damit sie auch abgeholt werden  das muss man auch einmal erwähnen, dass die Mittel, die 140 Millionen Euro pro Jahr, bis dato gar nicht abgerufen, nicht einmal ausgeschöpft wurden (Abg. Yılmaz: Wer hat es abgeholt?) –, haben wir da eine Flexibilisierung hinein­gebracht, dass in Zukunft die 200 Millionen Euro auch ausgeschöpft werden. Darauf werden wir auch entsprechend schauen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grü­nen.) Auch der Ausbau der Ganztagesplätze wird vorangetrieben. Das Ziel von 230 000 Plät­zen wird verfolgt und auch erreicht werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 125

Der dritte Bereich: Die Schulverwaltungsassistenz und die Schulsozialarbeiter bekom­men auch eine entsprechende Aufwertung. In Summe ist das also ein wirklich gutes Paket.

Abschließend nur noch einmal ein Wort zu diesem Rechtsanspruch: Ich kenne kein Bun­desland, dass irgendeinen Antrag auf einen Rechtsanspruch in der eigenen Verantwor­tung eingebracht hat. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Es gibt auch da eine Länderkom­petenz, und natürlich könnte man in Wien, im Burgenland, in Kärnten diese Anträge stellen. Der Ruf nach dem Geld ist in ihrer Verantwortung, sie können es finanzieren und machen, aber da hört man dann nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

14.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter (in Richtung Abg. Stögmüller), weil die Frage aufgetaucht ist, ob Heuchelei einen Ordnungsruf bedingt, darf ich vielleicht sagen: Es war 19 Mal der Fall. Ich würde vorschlagen, wenn ich ohnehin versuche, keinen Ordnungsruf zu geben, einfach das Momentum mitzunehmen, dann ersparen wir uns das.

Nächster Redner: Klaus Köchl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Köchl – auf dem Weg zum Rednerpult : Den wird sie wohl verdient haben, den Ordnungsruf!)


14.01.20

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Mi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Wenn die ÖVP heute hier herausgeht und sagt, das ist ein großer Wurf, und Sie (in Richtung Bundesminister Polaschek) das als Minister auch behaupten, dann finde ich das schon wirklich unglaublich, Herr Minister. (Abg. Zarits: ... der Kaiser unterschrieben, ein Landeshauptmann!)

Ich darf daran erinnern, dass es Chats gegeben hat, die eindeutig sagen, dass genau diese Nationalräte von der ÖVP, wie sie heute hier sitzen, das verhindert haben (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!), nämlich nur deshalb, weil es einen ehemaligen Kanzler Kurz gegeben hat, dem seine eigene Karriere und seine eigene Macht wichtiger waren. (Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Taschner: Herr Kollege Köchl, das ist Legende!)

Ich erinnere euch (Zwischenruf des Abg. Sieber) daran, was Herr Schmid gesagt hat: 1,2 Milliarden Euro für die Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch (Zwischenruf des Abg. Kucher) und dazu die Vereinbarung zwischen Bund und Gemeinden, das wollten Kern und Mitterlehner machen. – Kurz sagt darauf: „Gar nicht gut!!!“ Es geht noch weiter: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ Die eigene ÖVP hat ein Bundesland gesucht, um dagegen aufzuhetzen, dass schon 2016 für unsere Kinder 1 Milliarde Euro zur Verfü­gung gestellt wird.

Ihr seid da wirklich unverantwortlich, unmöglich und für mich überhaupt nicht mehr trag­bar (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), denn Schmid hat nämlich noch dazu gesagt: „Das Programm ist nämlich echt geil“, „das muss einer von uns machen!!!!“, also einer in der ÖVP, aber nicht Mitterlehner. Ihr habt dafür gesorgt, dass Herr Kurz an die Macht kommt (Abg. Zarits: Schlusswort!), es ist euch nie um etwas anderes gegangen, und deshalb ist die Bildungspolitik hier in Österreich um Jahre ins Hintertreffen geraten, weil ihr das ganz einfach nicht zusammengebracht habt, das ist es. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Euch ist das egal. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Euch sind sie egal – weil ihr an der Macht wart –, die Menschen, und damit meine ich jetzt die Kinder, die können sich nicht wehren (Abg. Zarits: Um was geht es in der
15a-Vereinbarung?),
die können nicht auf die Straße gehen, die können hier nicht am Rednerpult darüber reden und die können schon gar nicht mit einer Champagnerflasche in irgendeiner Loge sitzen und darauf anstoßen, dass ihr an die Macht gekommen seid – darum geht es bei euch, und um sonst gar nichts.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 126

Ich darf euch sagen, überall dort, wo Sozialdemokraten am Werk sind, wie in Kärnten, gibt es ein richtiges Programm, ein Zehnpunkteprogramm. Unser Landeshauptmann ist auch Bildungsreferent in Kärnten (Abg. Taschner: Habt ihr den Rechtsanspruch auch?), da gibt es ab September beitragsfreie Kinderbildung und Betreuung. (Abg. Zarits: Habt ihr den Rechtsanspruch?) Da brauchen wir keinen Rechtsspruch, mit der richtigen ÖVP kann man dort sehr gut arbeiten. Das könnt ihr Türkisen nicht, das ist ja euer Pro­blem. (Beifall des Abg. Kucher.) Da werden im Kindergarten eine Gruppensenkung von 25 auf 20 Kinder, eine Überziehungs- und Randzeitregelung für die Leute, Erhöhung der Vor- und Nachbereitungszeiten für die Leute, damit sie sich anständig vorbereiten kön­nen, ein Mindestlohn, ein Fördermodell, ein Bildungsbaufonds – damit werden Gemein­den noch zusätzlich mit bis zu 75 Prozent unterstützt – gemacht. Wir werden da etwas weiterbringen.

Ich glaube, dass das eine Sache ist, bei der in Kärnten 30 Millionen Euro zusätzlich in­vestiert werden. Schaut euch das ab, dann werdet ihr ganz sicher auch etwas zusam­menbringen, was die Bildung betrifft! Ihr habt das bis jetzt verschlafen! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Zarits: Was war das für eine Rede? Null Inhalt! – Abg. Kucher: ... sehr sachlich!)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Dr. Rudolf Taschner. – Bitte schön, Herr Doktor.


14.04.37

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber geschätzter Herr Kollege Köchl! Ich darf schon sagen, dass sich da sehr viele Legenden umrankt haben. Ich möchte mir keinen Ordnungsruf einhandeln, aber ich kann Ihnen dann privat sagen, was Schopenhauer über die Geschichtsmuse Klio alles behauptet hat. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf der Abg. Yılmaz.)

Ich erlaube mir auch noch, andere Anmerkungen zu machen. Vonseiten der SPÖ wurde gleich am Anfang von Frau Kollegin Tanzler gesagt, das seien „Peanuts“. Frau Kollegin, 57 Millionen Euro sind keine Peanuts! Das sind keine Peanuts! (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf bei der SPÖ.) 40 Prozent Erhöhung sind es auch nicht, das ist wirklich viel. Es wird durch die Vereinbarung mit allen Ländern, die darüber glücklich sind, auch be­stätigt, dass da ein guter Gesetzentwurf, eine gute Vereinbarung vorliegt.

Ich möchte vielleicht noch drei Punkte hereinbringen, die schon erwähnt wurden: Das eine ist die Regionalität. Kollege Hofinger hat von der Bedarfsorientiertheit gesprochen, die ganz wesentlich ist. Es kommt darauf an, dass das Kindergartenmanagement tat­sächlich den Ländern, den Gemeinden überlassen bleibt, weil die höchstwahrscheinlich am besten wissen, wie sich der Bedarf in den jeweiligen Regionen am besten sozusagen befriedigen lässt, wie man das am besten gestaltet. Das ist eine sehr vernünftige Ange­legenheit. Darum machen wir es ja auch mit einer Vereinbarung mit Ländern, damit diese Gelder möglichst effektiv und möglichst sinnvoll verwendet werden können. Also es ist wichtig, dass wir da die Regionalität betonen.

Der zweite Punkt – Kollege Brückl und Frau Kollegin Mühlberghuber haben das auch betont –: Die Sprachförderung ist wirklich einer der zentralen Punkte, die wir jetzt in diese 15a-Vereinbarung hineinbekommen. Sie ist ganz entscheidend für die Zukunft unserer Kinder, je früher wir damit beginnen, desto besser. Darüber sind wir uns ja hoffentlich alle – vielleicht auch von der Seite derer, die ihre Sprache etwas übertrieben verwen­den – einig.

Der dritte Punkt ist, auf den wir aufpassen müssen – Herr Bundesminister, da muss ich auch tatsächlich sagen, das ist eine Aufgabe, die noch in Zukunft auf Sie zukommen wird –, ist die Ausbildung der Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen: dass


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dieser Beruf attraktiv, schön und von vielen aufgenommen wird, dass wir mehrere Aus­bildungsschienen schaffen können, dass wir in der Kindergartenpädagogik voranschrei­ten können, um eine gute und für alle Eltern – für alle Mütter, für alle Väter – sichere Aus­bildung für unsere Kinder zu schaffen.

Ich glaube, wir sind auf gutem Weg. Jedenfalls ist diese 15a-Vereinbarung wirklich ein sehr guter Schritt. All diese bösen Bemerkungen von der anderen Seite kommen mir fast wie Neid vor. (Beifall bei der ÖVP.)

14.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.08.04

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir unterstützen selbstverständlich die 15a-Vereinbarung. Dass für das Schulwesen, für die Bildung mehr Geld zur Verfügung steht, das ist nützlich. Herr Minister, wissen Sie, was aber das Wichtigste für unsere Kinder, für die Schule über­haupt ist? – Dass wir die Schulen offenhalten. Das ist einmal das Entscheidendste über­haupt.

Im Jahr 2021 hatten wir in Österreich 152 Schulschließungstage, obwohl wir als Freiheit­liche Partei uns immer für das Offenhalten und gegen die Schließungen ausgesprochen haben und jetzt auch recht bekommen haben. Sie sagen ja selber, Schulschließungen darf es nicht mehr geben. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Nehmen wir bitte den Kindern die Angst vor der Schule. Wieso werden über Schreiben der oberösterreichischen Bildungsdirektion oder der Gesundheitsbehör­de von Tirol mit Unterstützung des Bundes Schulen aufgefordert, Kinder ab fünf Jahren zu impfen, auch zu boostern? – Das ist nicht notwendig.

Sie haben durch Ihre Coronapolitik, die ja in Wahrheit krachend gescheitert ist, bei den Kindern unglaublich viele Kollateralschäden verursacht, das wissen Sie. Wir müssen den Kindern wieder die Angst nehmen. Die Kinder müssen gerne, freiwillig und ohne Zwänge in die Schule gehen. Das ist die Grundvoraussetzung.

Ich habe Ihnen das schon im Ausschuss gesagt, ich verstehe einfach nicht, dass die Bildungsdirektion Oberösterreich feststellt – ich zitiere –: „Die Experten des Nationalen Impfgremiums sind sich einig, dass der Schlüssel für einen dauerhaft sicheren Schul­betrieb in der Impfung der Kinder und Jugendlichen liegt.“ Ich könnte weiter zitieren. – Das macht doch unglaublichen Druck.

Dasselbe gilt für das Land Tirol, das mit einem ähnlichen Schreiben an die Schulen he­rantritt und sagt: So, am 27. August starten wir die nächste Impfaktion ab fünf Jahren. – Herr Minister, das ist nicht notwendig! Herr Minister, Fakt ist, dass es bei Kindern bis zu fünf Jahren in diesen mehr als zwei Jahren (eine Tafel mit der Überschrift „Covid-19 Todesfälle nach Alter in Österreich“ über einer entsprechenden Balkendiagrammdarstel­lung vor sich auf das Rednerpult stellend) bisher Gott sei Dank nur drei Todesfälle gege­ben hat. Natürlich ist jeder Tote einer zu viel, aber: drei. (Abg. Hörl: Ihr überzeugt ja nicht einmal die FPÖler!) Zwischen fünf und 14 Jahren gab es bisher fünf Todesfälle. Kinder mit schwersten Vorerkrankungen sind mit oder an Corona verstorben. In Summe sind das bisher acht Kinder – Datenstand 4. Juli –, die im Alter bis 14 Jahre mit oder an Co­rona verstorben sind.

Wieso zwingen wir die Kinder indirekt wieder in die Impfung, in die Boosterei? – Gestern hat das Parlament die Impfpflicht abgeschafft, aber über die Hintertür wird die indirekte Impfpflicht ohne Not eingeführt. Schauen Sie sich diese Zahlen an!


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Ich bitte Sie wirklich: Unterlassen Sie diese Aufforderungen! Unterstützen Sie das nicht! Lassen Sie wenigstens die Eltern aus freien Stücken entscheiden, wie sie vorgehen wol­len, denn Kinderimpfungen sind nicht notwendig! Ich bitte Sie darum, denken Sie darüber nach! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Katharina Kucha­rowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.12.05

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kollegin Neßler und werter Kollege Sieber, die Sozialdemokratie war nicht am Verhand­lungstisch, weder in den Bundesländern noch hier im Haus, und es wird nicht richtiger, nur weil Sie es hundertmal wo auch immer behaupten. Wir waren nicht am Verhand­lungstisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Werte Damen und Herren! Nun legt die Bundesregierung uns allen eine weitere Mogel­packung vor. Neben der Mogelpackung, um die Teuerung zu bekämpfen – Sie wissen, es ist bisher noch kein Cent in den Geldbörsen angelangt, es gibt keine Preisreduk­tionen –, gibt es jetzt die 15a-Vereinbarung, und zum Drüberstreuen wurde angekündigt, dass Schulstartgeld von 100 Euro auf 80 Euro zu reduzieren. Bitte, wie gibt es das, dass man in Zeiten von Preisexplosionen, in denen man ohnehin schon nicht mehr weiß, wie man sich Mieten, Essen und Co leisten soll, auch noch das Schulstartgeld reduziert, werte Grüne? Wie gibt es das? (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt aber zur Mogelpackung der 15a-Vereinbarung: Warum ist das eine Mogelpa­ckung? – Weil alle Chancen vertan wurden: die Chancen von Kindern auf ein Recht auf Bildung – vertan; die Chancen von Frauen, sich nicht mehr entscheiden zu müssen, ob Kind oder Job – vertan; die Chancen darauf, dass PädagogInnen und BetreuerInnen endlich gerecht bezahlt werden – völlig vertan. All das wäre gerecht gewesen, aber das hat, werte Grüne und ÖVP, mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Sie haben all diese Chancen vertan.

Sie reden von 1 Milliarde Euro. Das ist eine glatte Show, denn diese 1 Milliarde Euro ist auf fünf Jahre aufgeteilt, das bedeutet 200 Millionen Euro pro Jahr. Allein in Niederös­terreich würden wir 200 Millionen Euro pro Jahr mehr benötigen. Es ist wirklich eine Farce, kein Geld für Kinder auszugeben (Abg. Taschner: Was ist kein Geld?), während superreiche Konzerne und SpenderInnen der ÖVP sogar mit Steuererleichterungen belohnt werden (Abg. Taschner: Was heißt kein Geld?), gibt es für Kinder – und ich wiederhole es, Herr Kollege Taschner – lediglich Peanuts, und das ist beschämend. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Apropos beschämend: Auch das Recht auf einen Ausbildungsplatz gewähren Sie mit der 15a-Vereinbarung in keinster Weise. Sie als ÖVP haben das verhindert. Jetzt heißt es für Kinder immer noch: Es ist ein Zufall oder ein Glück, ob man einen Platz bekommt oder nicht. Das Schaffen eines Rechtsanspruchs, werte Kolleginnen und Kollegen, auf einen Platz, nämlich ganzjährig, ganztägig und das gratis, wäre nicht nur gerecht, son­dern auch ein wichtiger Baustein, um Kinderarmut zu bekämpfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Denken wir bitte daran, wie viel so ein Kinderbildungsplatz für Alleinerziehende kostet! So viele Frauen gehen nur dafür arbeiten. Denken wir an die aktuellen Preisexplosionen! Alles ist ungemein teuer, und Sie waren leider nicht bereit, damit Kinderarmut zu be­kämpfen. Das ist sehr, sehr traurig.

Auch der einheitliche Qualitätsrahmen spielt in Ihrer 15a-Vereinbarung einfach keine Rolle mehr, und den Aufschrei der PädagogInnen ignorieren Sie. Deshalb gibt es von


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uns ein klares Nein zu dieser Mogelpackung. Her mit der echten Kinderbildungsmilliarde und her mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbildung! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Sibylle Ha­mann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.15.32

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ich muss mich jetzt leider doch noch ein­mal ganz kurz zu Wort melden, weil die SPÖ da doch recht konsequent Kindeswegle­gung betreibt. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Es wird immer wieder behauptet, die SPÖ wäre nicht am Verhandlungstisch gesessen. 15a-Vereinbarungen – ich weiß das auch erst seit zweieinhalb Jahren, aber einige von Ihnen wissen das wahrscheinlich schon länger – werden mit den Finanzlandesräten ver­handelt. Das sind in Wien, im Burgenland und in Kärnten der SPÖ Angehörende, soweit ich informiert bin. (Ruf bei der ÖVP: Da schau her!) Korrigieren Sie mich! (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen jetzt gerne noch aus der gemeinsamen Position aller neun Länder vorlesen, mit der die neun Länder in diese Verhandlungen mit dem Bund gegangen sind, weil immer wieder die Rede davon war, dass die SPÖ zum Beispiel so gerne einheitliche Mindeststandards hätte.

Ich lese Ihnen aus dem Papier der gemeinsamen Position der neun Bundesländer vor: Die derzeitigen Zielzustände, was Standards betrifft, sollen in der neuen Vereinbarung ohne eine Anpassung nach oben verlängert werden. – Gemeinsame Position der neun Bundesländer.

Noch ein sehr schönes Zitat zum Austausch über die Qualitätsstandards – ich zitiere –: Bundeseinheitliche Vorgaben im Bereich Gruppengröße, Betreuungsschlüssel, Fortbil­dung, Qualifikation des Assistenzpersonals, Qualifikation des Personals für Kleinkind­gruppen oder ein einheitliches Gehaltsystem sind aufgrund der unterschiedlichen länder­spezifischen Bedarfe nicht zweckdienlich. – Das ist die gemeinsame Position von neun Bundesländern, sechsmal ÖVP-geführt, dreimal SPÖ-geführt quasi mit dem Beiwagerl NEOS in Salzburg und in Wien. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nunmehr niemand mehr gemeldet, und die Debatte ist daher geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.17.4017. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2622/A(E) der Abgeordneten Nico Marchetti, Mag. Sibylle Hamann, Petra Vorderwinkler, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative Demokratiebildung (1655 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Hermann Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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14.18.04

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Politische Bildung ist wichtig. Politische Bildung in den Schulen ist notwendig, und seit in etwa eineinhalb Jahren führen wir Gespräche über alle Partei­grenzen hinweg, gibt es Verhandlungen. Unser Bemühen und Interesse als Freiheitliche war es, dass wir da dabei sind. Jetzt sind wir es nicht, und das ganz einfach deshalb, weil zwei zentrale Punkte, unsere zwei zentralen Punkte in diesen Antrag, der jetzt zur Abstimmung vorliegt, nicht aufgenommen wurden.

Wir Freiheitliche wollten zum Ersten die vertiefende Aufnahme der geistigen Landesver­teidigung in den Rahmen des Unterrichtsfaches politische Bildung, und zwar genau aus dem Grund heraus, weil die seit zwei Jahren andauernde Krise das einfach auch not­wendig macht. Es ist notwendig, dass wir in den Schulen bei unseren Kindern und den Schülern ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Sicherheitspolitik, für die Notwen­digkeit einer Sicherheitsvorsorge schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Hohes Haus! Politische Bildung ist mehr, als nur mit Containern in die Bundesländer rauszufahren und Folder zu verteilen, sondern politische Bildung bedeutet auch die Ver­mittlung einer demokratischen Wertehaltung. Politische Bildung heißt, man schafft bei unseren Kindern Verständnis für die geistige, für die umfassende Landesverteidigung im Dienste, im Sinne der Erhaltung unserer demokratischen Freiheiten und auch im Sinne der österreichischen Neutralität. Darum ist es uns gegangen, darum wäre es uns gegan­gen. Man hat uns da nicht oder nur teilweise mitgenommen.

Seit 2018 gibt es, Herr Bundesminister, ein Projekt, einen Projektauftrag zwischen dem Bundesministerium für Bildung und dem Landesverteidigungsministerium, laut dem man da die Zusammenarbeit sucht oder suchen sollte, tatsächlich passiert in diesem Rahmen so gut wie nichts, von ganz wenig bis hin zu gar nichts.

Und genau das ist der Grund, warum wir diesen Punkt drinnen haben wollten. Ich möchte die ÖVP im Übrigen darauf hinweisen, dass der Niederösterreichische Landtag einen genauso gearteten Antrag mehrheitlich, nämlich mit den Stimmen der Volkspartei und der Freiheitlichen Partei, beschlossen hat. Zugestanden hat man uns – deswegen auch die Begrifflichkeit des teilweisen Zugestehens –, dass man geschrieben hat: Wir prüfen das. Jetzt braucht man nicht länger als zwei Wochen in diesem Haus zu sein, um zu wissen, dass das nie passiert, wenn irgendwo steht: Wir prüfen das. – Das ist einfach ein politisches Faktum.

Der zweite Punkt, der uns sehr wichtig war, ist die Frage der Kosten. Es geht um die Fragen: Setzen wir einen Kostenrahmen? Gibt es klare Budgets für die Punkte, die da aufgeführt sind? – Auch das ist nicht der Fall. Es gibt also keine klaren Budgets, es sind keine finanziellen Grenzen nach oben gesetzt. Wir werden uns daher in der Zukunft ganz genau anschauen, wie man da mit dem Geld umgeht, wie viel Geld man da ausgibt, ob das verhältnismäßig ist, ob das auch vertretbar ist.

Das wollten wir in Zeiten der Krise ganz einfach haben, weil es notwendig ist, dass wir unseren Kindern, unseren Schülern auch vermitteln, wie wichtig Sicherheitsvorsorge ist, wie wichtig die Frage der Sicherheit auch in Zeiten einer Coronakrise ist.

Zum Abschluss, Hohes Haus, darf ich, da die westlichen Bundesländer heute auch in die Ferien gegangen sind, allen Schülern, allen Lehrern und Lehrerinnen, allen Eltern einen schönen Sommer und alles Gute für die Ferien wünschen.

Wir hätten uns auch gewünscht, Herr Bundesminister, dass Sie diesen Schülern, dass Sie unseren Kindern, dass Sie den Eltern, dass Sie den Lehrern mehr Planbarkeit und mehr Sicherheit für den Herbst mitgegeben hätten. Es wäre ein Leichtes gewesen, die freiheitlichen Vorschläge umzusetzen, den Schulplan der FPÖ für den Herbst umzuset­zen. Anstatt auf die Bewerbung der Impfung zu setzen, anstatt viele andere Maßnahmen


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zu setzen, Hunderte Millionen für Tests auszugeben, wäre es sinnvoll gewesen, Gerät­schaften wie Luftreiniger, wie Trennwände, die im Zusammenspiel auch funktionieren, anzuschaffen, sodass man weder Lockdowns noch, wie gesagt, Maske oder Tests in den Schulen braucht.

Das ist leider nicht der Fall, deswegen trübt das mit Sicherheit die Ferien der Kinder und der Eltern ein wenig, weil nicht absehbar ist, wie es im Herbst weitergehen wird.

Ich würde mir wünschen, Herr Bundesminister, dass Sie den Eltern da mehr Planbarkeit und mehr Sicherheit gegeben hätten. Sonst wünsche ich den Kindern, den Lehrern, den Eltern noch einmal alles Gute für die Ferien. (Beifall bei der FPÖ.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Nico Marchetti. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.23.19

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bildungsminister! Die Initiative Demokratiebildung ist aus mehreren Gründen jetzt ganz besonders wichtig. Wir merken die Abnützungserscheinungen von Demokratien – und, wie soll ich sagen?, dass die Menschen der demokratischen Prozesse müde werden – ja nicht nur in Österreich, sondern – wirklich weit verbreitet – auch in Europa und darüber hinaus. Das ist natürlich eine sehr bedenkliche Entwicklung, und ich bin der Meinung – und Gott sei Dank nicht allein, wie wir jetzt noch sehen werden –, dass wir da insgesamt etwas tun müssen.

Mit diesem Antrag haben wir uns jetzt eineinhalb Jahre lang überparteilich – dafür möch­te ich mich ausdrücklich bei Kollegin Tanzler von der SPÖ, bei Kollegin Künsberg Sarre von den NEOS und natürlich auch bei Kollegin Hamann von den Grünen bedanken – den Kopf zerbrochen, mit welchen Tools, mit welchen Mitteln wir für Kinder und Jugendli­che einen besseren Eindruck erzeugen und einen besseren Einblick in die demokrati­schen Prozesse gewähren können. Einige Dinge davon möchte ich beispielhaft erwähnen.

Das eine, und das ist mit Sicherheit die Grundlage, ist der Lehrplan. Wir haben gemein­sam mit dem Bildungsministerium diskutiert und werden das auch weiter tun, bis der Lehr­plan verabschiedet ist: Worauf kommt es an, was muss man in der Schule vermitteln? – Ein Punkt ist da ganz wesentlich: Fakenews. Wie kann man eine Quelle als seriös einstu­fen? Es gibt keine politische Bildung ohne dieses Thema, das hängt zusammen, und das soll in der Schule auch Platz finden, darauf haben wir uns verständigt.

Das andere ist: Wir als Parlament haben die Demokratiewerkstatt, ein gutes Tool, viele von uns waren dort schon und haben mit Kindern und Jugendlichen diskutiert. Dieses Tool funktioniert und wir wollen es ausbauen: einerseits online und andererseits dezen­tral. Das heißt, es müssen nicht alle Schülerinnen und Schüler nach Wien tingeln, son­dern wir kommen in die Bundesländer hinaus und dort können die Schülerinnen und Schüler dann viel niederschwelliger in den Genuss dieser Angebote kommen.

Das sind nur zwei Beispiele. Das andere, und das steht nicht in dem Antrag und das können wir auch nicht beschließen, ist, welches Bild wir abgeben, denn es ist auch ganz wesentlich, ob die Leute die Demokratie wertschätzen, ob sie sie in irgendeiner Form erstrebenswert finden oder nicht.

Jetzt sitzen wir alle als Spitzenvertreter der Politik in diesem Raum, wir haben die höchs­ten Ämter in dieser Republik inne, und deswegen können wir uns da auch nicht ganz freisprechen – meistens regnet es halt von oben. Auch wir müssen uns überlegen, was wir machen können, um hier einen besseren Eindruck zu hinterlassen.

Da geht es zum Beispiel auch darum, wir haben es heute in der Früh diskutiert, dass Regierungsmitglieder die Fragen von Abgeordneten ordentlich beantworten. Der Herr


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Bundeskanzler hat sich hier auch entschuldigt, also offensichtlich gibt es da auch von unserer Seite ein Bemühen, da einen besseren Eindruck zu hinterlassen.

Es geht aber auch darum, im Untersuchungsausschuss respektvoll mit Auskunftsperso­nen umzugehen. Es geht darum: Welche Grenzen ist man bereit für Aufmerksamkeit zu überschreiten? (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.) Das sind Sachen, die stehen nicht in diesem Antrag, aber diese Fragen sollte jeder für sich beantworten und auch überlegen, was er unabhängig von der Zustimmung zu diesem Antrag auch selbst tun kann, damit wir hier ein besseres Bild als Demokratie abgeben und mehr Leute dazu begeistern, an diesen Prozessen teilzuhaben. – Vielen, vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte, Herr Magister.


14.27.03

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zur geistigen Landesverteidigung: In eineinhalb Jahren Verhandlung ist es den Regierungsparteien nicht gelungen, die geistige Landesverteidigung in die politi­sche Bildung aufzunehmen. Das ist vollkommen unverständlich. Ich verstehe es – in Richtung ÖVP – überhaupt nicht, dass man einen Eckpfeiler unserer Verfassung nicht in die politische Bildung aufnimmt und in der Schule darüber diskutiert.

Im Neutralitätsgesetz haben wir festgehalten, dass Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität verteidigt, und – Absatz 2 –: „Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errich­tung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.“

Es ist, glaube ich, gerade in Anbetracht der derzeitigen Situation wichtig, das Neutrali­tätsgesetz zu kennen, und es wäre notwendig und wichtig, dass das auch mit Schülern in den Schulen diskutiert wird.

Nun zur Bundesverfassung: In der österreichischen Bundesverfassung ist klipp und klar festgehalten (eine Tafel mit dem Text „Bundes-Verfassungsgesetz Art. 9a (2)“, „Zur um­fassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung.“ auf das Rednerpult stellend) – noch einmal: ich bin total erstaunt, dass man das nicht in das Fach politische Bildung aufnimmt –, Artikel 9a besagt das, wir bekennen uns „zur umfassenden Landesverteidigung“.

Absatz 2 sagt: „Zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geis­tige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung.“ – Eben auch die geistige Lan­desverteidigung. (Abg. Loacker: ... geistigen Landesverteidigung ist bei der FPÖ einiges schiefgelaufen!) Wir haben es aber nicht geschafft, das in das Fach politische Bildung mitaufzunehmen. Das verstehe ich, verstehen wir überhaupt nicht, denn das sind die Eckpfeiler unseres Zusammenlebens und unseres Zusammenseins. Da sollte also pri­mär, glaube ich, die ÖVP in sich gehen und klären, wieso die Aufnahme dieser Eckpfeiler in das Unterrichtsfach politische Bildung nicht möglich war. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch ich wünsche allen Schülerinnen und Schülern, Pädagogen, Kolleginnen und Kolle­gen alles Gute, einen schönen erholsamen Sommer, und ich hoffe, dass wir im Herbst in eine freie Schule ohne Zwänge starten können, vor allem ohne Impfzwang, ohne Be­lehrungen, in eine freie Schule, damit sich unsere Kinder und auch die Kolleginnen und Kollegen entsprechend gut entwickeln können. (Beifall bei der FPÖ.)


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14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.29.43

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Republik ist auf Demokratie aufgebaut, aber wir sehen immer wieder, dass demokratische Systeme nicht in Stein gemeißelt sind. Demokratie muss gehegt und gepflegt werden. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, dass wir heute mit einem Vierparteienantrag das Projekt der Demokratiewerk­statt ausbauen können und somit den Weg dafür freimachen, dass der Zugang zur De­mokratiewerkstatt noch niederschwelliger wird. Dafür werden beispielsweise das Online­angebot und das Angebot in den Bundesländern ausgebaut. Unser Ziel ist ganz klar: Alle Schülerinnen und Schüler sollen zumindest einmal in ihrer Schullaufbahn die Mög­lichkeit haben, gesetzgebende Organe zu besuchen.

Die Demokratiewerkstatt ist ein wichtiges Element der Demokratiebildung in Österreich, aber sicher nicht das einzige, deshalb umfasst der vorliegende Antrag auch weitere Maß­nahmen direkt in den Schulen und in den Lehrplänen. (Beifall bei der SPÖ.)

So sollen in den neuen Lehrplänen fächerübergreifend Schwerpunkte zur politischen Bildung und Medienbildung geschaffen und Materialien zum Thema Demokratie für die Schulen und für die außerschulische Jugendarbeit zur Verfügung gestellt werden. Das alles sind wichtige und richtige Maßnahmen.

Österreich hat es im Demokratieindex 2021 gerade noch geschafft, nicht als mangelhaf­te Demokratie bezeichnet zu werden. Ist das ein Erfolg? – Nein, ganz sicher nicht. Ich bin auch der Meinung, dass wir uns genauer anschauen sollten, warum es so weit ge­kommen ist. Inwieweit hat die Korruption, die in unserer Republik immer augenscheinli­cher wird, damit zu tun? Inwieweit haben Angriffe auf die unabhängige Justiz damit zu tun? Das sollten wir uns anschauen, damit wir unsere Demokratie noch besser schützen können.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Demokratie lebt von Beteiligung und Teilhabe. Was bleibt aber von der Demokratie, wenn sich immer weniger Menschen daran beteiligen können, weil sie kein Wahlrecht haben? – Das Wahlrecht ist in Österreich an die Staats­bürgerschaft gebunden. Diese kann sich aber ein Großteil der arbeitenden Menschen nicht leisten, weil sie schlicht und einfach zu wenig verdienen. Die Zahl der Personen ohne Möglichkeit zu politischer Mitbestimmung wird leider nicht kleiner, sondern immer größer. Tagtäglich werden in österreichischen Krankenhäusern Kinder geboren, deren Heimat zu einem Großteil Österreich bleiben wird, die sich als ÖsterreicherInnen fühlen werden und hier Steuern zahlen werden, mitbestimmen wird aber ein großer Teil dieser Kinder nicht oder nur sehr schwer.

Wenn immer weniger Menschen die Möglichkeit haben, sich an der Demokratie zu betei­ligen, dann bleibt von der Demokratie wenig übrig, und das ist brandgefährlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Das war eine sehr, sehr gute Rede!)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Sibylle Hamann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.33.40

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesen manchmal doch recht hitzigen drei Tagen freue ich mich aufrichtig, dass wir ab und zu auch etwas Gemeinsames zustande bringen. Diesmal haben zumindest alle Par­teien außer der FPÖ das bei diesem gemeinsamen Antrag zur Demokratiebildung ge­schafft. Herzlichen Dank, Nico, für das beharrliche Dranbleiben, herzlichen Dank, Marti­na, herzlichen Dank, Petra!

Zum Inhaltlichen wurden ja schon ein paar Punkte erwähnt: Wir wollen die Angebote der Demokratiewerkstatt, die ja viele von uns mit wirklich großer Leidenschaft auch selber


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besuchen, in die Regionen bringen. Wir wollen uns mittelfristig auch neue Angebote aus­denken, die in der Jugendarbeit, in Volkshochschulen, eventuell sogar in den Wirtshäu­sern Platz haben. Wir wollen mehr politische Bildung und speziell auch mehr Medien­kompetenz in die Schulen und in die Kindergärten reinbringen und wollen gleichzeitig die Schulen und die Kindergärten ermutigen, rauszugehen und die vielen mobilen und stationären Angebote zu nutzen, die es gibt, um Demokratie zu stärken. Ich denke da zum Beispiel an die Museen, wo es ja schon etablierte Programme gibt, auch an die Gedenkstätten – die Kollegin hat es eben erwähnt –, wo es sicher notwendig sein wird, dass wir zum Beispiel bei den Fahrtkosten und bei den Begleitprogrammen auch finan­ziell noch stärker als bisher unterstützen, und an Workshops verschiedenster Institu­tionen. Neu geschaffen werden soll so eine Art Demokratiebox, durch die man noch mehr über die Institutionen der parlamentarischen Demokratie erfährt.

Das wird aber nicht reichen, denn es geht immer auch darum, sich konkret dort, wo man ist, einzumischen; das gilt auch für die Kinder und Jugendlichen: sich zum Beispiel in der Straße vor ihrer Schule bei der Gestaltung eines Parks, bei der Gestaltung ihres Schul­vorplatzes konkret einzumischen. Das ist gelebte Demokratie, die man nicht einfach abstrakt lernen kann, sondern die man immer ganz konkret ausprobieren, üben und im Alltag leben muss.

Ich hoffe sehr, dass wir mit diesem gemeinsamen Antrag wieder ein Stückchen weiter in diese Richtung gehen und im Herbst noch viel mehr davon zustande bringen. – Ich dan­ke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.36.09

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mehr Demokratiebildung ist gerade in dieser polarisierten Zeit wichtiger denn je. Dialogfähigkeit, kritisches Denken und auch Ambiguitätstoleranz, also die Fähigkeit, Widerspruch auszuhalten, zu lernen, ist, glaube ich, auch etwas, was sehr vermisst wird, und das Ganze vor dem Hintergrund, dass das Vertrauen in die Politik gerade bei jungen Menschen rapide sinkt. Eine Studie von Sora und von Ö3 hat ergeben, dass sich nur mehr 6 Prozent der Jugendlichen von der Politik vertreten fühlen, also 94 Prozent das Gegenteil sagen würden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand und wurden durch die Studie auch bestätigt: Korruption, Skandale, Gier der handelnden Personen. Ich hoffe, dass sich die Angesprochenen da auch angespro­chen fühlen.

Wir stellen heute einen gemeinsamen Antrag von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS, also einen fast komplett gemeinsamen Antrag, der ein erster und guter Schritt in die richtige Richtung ist; es ist aber ein kleiner Schritt. Wir fordern darin den Ausbau der Demokra­tiewerkstatt, wir fordern Fortbildung bei Pädagoginnen und Pädagogen und auch das Vermitteln von Kenntnissen gegen Fakenews, und das ist natürlich sehr wichtig. Es ist aber ein unverbindlicher Entschließungsantrag, das sollten wir auch nicht vergessen. Wir beschließen hier heute keine gesetzlichen Änderungen.

Bevor ich auf meine inhaltliche Kritik eingehe, möchte ich – weil das hier oft zu kurz kommt – auch im Namen meiner Kollegin Künsberg Sarre noch einmal ausdrücklich sagen: Mein ausdrücklicher Dank geht an Abgeordneten Nico Marchetti für das Zugehen auf alle anderen Fraktionen. Wir als Opposition kritisieren hier, glaube ich, sehr oft zu Recht den Umgang der Regierungsfraktionen mit der Opposition, deswegen muss man auch erwähnen, wenn es einmal anders läuft und wenn es einmal ein Best-Practice-Beispiel gibt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Also vielen Dank dir, Nico, und ich weiß auch, dass dir das schon lange ein Anliegen ist. Dennoch wird das, was wir heute in diesem unverbindlichen Entschließungsantrag be­schließen, nicht ausreichen. Und weil ich dich gerade angesprochen habe, Nico: Bei der Vorbereitung auf diese Rede ist mir eingefallen – ich weiß nicht, ob du dich daran erin­nern kannst, es ist schon recht lange her –, dass wir im Jahr 2015 bei einer Schuldis­kussion im Zuge der Wiener Gemeinderatswahlen gemeinsam diskutiert haben. Da wa­ren natürlich alle Parteienvertreter eingeladen und wir wurden gefragt: Wer ist denn ei­gentlich für politische Bildung als Pflichtfach? Und da haben alle von Blau bis Grün ihre Hand gehoben, alle waren dafür. Und dann hat ein Schüler die sehr berechtigte, ehrliche Nachfrage gestellt: Wenn alle dafür sind, warum macht man es dann nicht einfach? Ich glaube, das fragen sich sehr viele bei sehr vielen Themen. Insofern ist es schon er­nüchternd, dass wir heute – im Jahr 2022, also sieben Jahre später – immer noch nicht dort sind, wo wir eigentlich damals schon alle sein wollten, nämlich bei einer echten gesetzlichen Verankerung von politischer Bildung, die auch unterrichtet wird und nicht nur so im Lehrplan steht.

Nico, ich weiß, es liegt nicht an dir oder an anderen Abgeordneten, die beim Thema politische Bildung schon sehr lange dahinter sind. Es sind immer dieselben Kräfte im Bildungsministerium oder an anderen Ecken, die blockieren und die verhindern, dass wir im Schulunterricht echte politische Bildung vermittelt bekommen. Es liegt nicht zuletzt auch an Ihnen, Herr Bildungsminister, denn Sie sind als Minister dafür verantwortlich. Wie in vielen anderen Fragen fehlt uns auch da im Bildungsbereich eine Vision. Wir werden Sie aber auch daran messen, wie diese Punkte des Entschließungsantrages tatsächlich mit Leben erfüllt werden. Wir werden uns das ganz genau anschauen und wir werden sehr genau darauf schauen, ob diese gut klingenden Worte, diese gut klin­genden Forderungen im Entschließungsantrag auch tatsächlich rasch umgesetzt wer­den. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMag.a Dr.in Agnes Totter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.40.04

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Galerie! Kollegin Kucharowits hat gemeint, dass das Schulstartgeld von 100 auf 80 Euro reduziert wird. Das möchte ich bitte anfangs schon richtigstellen: Das stimmt so ganz einfach nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Laut Demokratieindex leben nur noch 6,4 Prozent der Weltbevölkerung in vollständigen Demokratien und 45,7 Prozent zumindest in irgendeiner Form der Demokratie, und die Tendenz ist leider sinkend. Es ist daher wichtiger denn je, demokratische Strukturen zu stärken, den Wert der Demokratie an sich abseits jeglicher Parteipolitik hochzuhalten und die Demokratiebildung für unsere Kinder und Jugendlichen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung weiterzuentwickeln.

Werte wie Demokratie können unseren Kindern aber nur vermittelt werden, indem wir diese alle miteinander auch leben und sie ihnen auch vorleben. Wenn ich aber daran denke, dass Katharina Werner von den NEOS in der Sitzung vom 15. Juni den Abgeord­neten der Grünen den Rat gegeben hat – ich zitiere –, „halten Sie“ der ÖVP „die Pistole an die Brust“, dann halte ich das ob der Wortwahl wirklich für bedenklich (Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!), denn ich finde, dass solche Äußerungen absolut nicht geeignet sind, jungen Menschen ein ansprechendes Bild von Demokratie zu vermitteln. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Nun aber zum vorliegenden Antrag: Das Schulorganisationsgesetz nennt als eine Aufga­be der österreichischen Schulen, dass junge Menschen „zu selbständigem Urteil“ und


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„sozialem Verständnis [...] geführt“ werden sowie „dem politischen und weltanschauli­chen Denken anderer aufgeschlossen sein“ sollen. Ziel ist es, dass Schülerinnen und Schüler befähigt werden, sich ein eigenes Urteil zu bilden, Fakt von Fake zu unterscheiden.

Meine Damen und Herren! Demokratie muss gelernt sein. Um diesen Wert bestmöglich zu vermitteln, sollen jetzt einige weitere Projekte ermöglicht werden. Die Angebote der Demokratiewerkstatt im Onlinebereich sollen ausgebaut, mobile und dezentrale Angebo­te geschaffen werden, sodass auch Schulen im ländlichen Raum davon profitieren kön­nen. Um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken, sollen im Rahmen der neuen Lehr­pläne fächerübergreifende Schwerpunkte zu politischer Bildung und Medienbildung ge­schaffen werden, insbesondere sollen aber die Themen Desinformation und Fakenews behandelt werden. Darüber hinaus soll eine Demokratiebox zur Verfügung gestellt wer­den, in der Materialien für Schulen aufbereitet sind.

In den letzten Jahren hat sich viel Beliebigkeit auch in unsere Gesellschaft eingenistet. Die eigene Befindlichkeit wurde vielfach das Maß aller Dinge, doch Demokratie heißt, Menschen mit eigenen Ideen und Konzepten zu überzeugen, und wenn einem das nicht gelingt, so muss die Meinung der Mehrheit anerkannt werden.

Apropos Anerkennung: Heute ist der letzte Schultag für Schülerinnen und Schüler und Pädagoginnen und Pädagogen auch in meinem Bundesland, und aus diesem Grund bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die großartigen Leistungen, die sie tagtäglich an unseren Schulen erbracht haben, und wünsche allen natürlich erhol­same Ferien.

Bevor die Ferien beginnen, bekommen Schülerinnen und Schüler bekanntermaßen ihre Zeugnisse überreicht. Müsste ich nun den Abgeordneten der Opposition Zeugnisse aus­stellen, würde da jedenfalls stehen: zum Aufsteigen nicht berechtigt, und die Verhaltens­note wäre: Nicht zufriedenstellend. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Loacker: Ich glaube, Sie schwingen sich gerade ein bisschen zu weit auf!)

Aber analog zu den Fördermöglichkeiten in der Sommerschule: Nutzen auch Sie die Chancen und die Zeit, erweitern Sie Ihre Kompetenzen in puncto Teamfähigkeit und konstruktives Arbeiten! So können auch Sie einen wertvollen Beitrag leisten und aufhören, die gute Arbeit der Regierung und der Koalition zu behindern. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses.

14.44.47Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 6 bis 17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Unterrichtsausschusses (Unruhe im Saal) – Ruhe in der Klasse, bitte! (allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall) –, die ich über jeden Tagesordnungs­punkt getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs eine Unterbrechung? (Abg. Wöginger: Pause!) – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden, in 1493 der Beilagen.


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Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Petra Tanzler vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 2 in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Ein­stimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Unterrichts­ausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a Bundes-Verfassungsge­setz zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kinder­gartenjahre 2022/23 bis 2026/27 in 1494 der Beilagen zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1646 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1647 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1648 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1649 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1650 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1651 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1652 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1653 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1654 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: die dem Ausschuss­bericht 1655 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Initiative Demo­kratiebildung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (264/E)

14.49.0418. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2524/A der Abgeordne­ten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fach­hochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz – 2. C-HG) geändert wird (1610 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.49.35

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir kommen nunmehr zu den Wissenschaftsdebatten beziehungsweise zum Block Wis­senschaft.

Gleich als erstes Gesetz haben wir wiederum die Verlängerung oder Fortsetzung oder Neuinitiative der Sondergesetzgebung zum Thema Corona an den Universitäten bezie­hungsweise im tertiären Bildungsbereich, und es wird dieses unsägliche Gesetz – ich bezeichne es als unsägliches Gesetz –, das Autonomierechte vorspiegelt, verlängert. Ich sage zu diesem Punkt gleich: Ich bezeichne das als ein Bossing- und Mobbinggesetz für Studierende, die aufgrund unterschiedlichster Regelungen an verschiedenen Univer­sitäten zum Teil vom Studium abgehalten werden.

Wir haben in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. Ich erinnere nur an die Bestimmungen an der WU, die man durchzusetzen versucht hat, dass Ungeimpfte


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überhaupt nicht mehr hätten studieren dürfen. Da wurde dann zurückgerudert und vieles andere mehr. Ich erinnere mich aber zum Beispiel auch an den Punkt, dass bis zum heutigen Tag an der Medizinischen Universität nach wie vor de facto eine 1G-Regel ver­lautbart ist – also bar jeder wissenschaftlichen Expertise in Wirklichkeit –, aber jeder ein­zelne Student darüber informiert wurde, dass er zu jeder Lehrveranstaltung gehen kann, weil dort diese 1G-Regel nicht exekutiert wird – also in diesem Punkt muss man sich fragen: Geht’s noch? –, mit dem Ergebnis, wie wir dann von verschiedensten Studieren­den aus diesen Reihen gehört haben, dass der eine kontrolliert hat und der andere nicht kontrolliert hat. Man wusste nicht: Kann man hingehen, kann man nicht hingehen?

Da halte ich es an sich mit Johannes Rauch, der noch im Jänner, als er noch nicht Mi­nister war, aber kurz bevor er Minister wurde, als zuständiger Regierungsverhandler und nunmehriger Gesundheitsminister in der „Presse“ ein bemerkenswertes Interview gege­ben hat, in dem er schon damals, im Jänner, Anfang Februar 2022 ein Ende aller Coro­nasondergesetzgebungen gefordert hat. Rauch begründet das mit vielen Punkten, aber auch mit einem Satz, der bemerkenswert ist. Er sagt – ich zitiere das jetzt, weil es sonst noch heißt, dass ich da etwas erfinde –: „Und dann sind da noch die demokratiepoliti­schen Dinge: Die Corona-Sondergesetze haben es ermöglicht, im Erlassen von Verord­nungen, im Fassen von Beschlüssen Abkürzungen zu nehmen. Ich mag nicht, dass wir uns daran gewöhnen.“ – Kaum ist er Minister, hat er sich offensichtlich daran gewöhnt, weil er sich auch nicht mehr daran stößt. Er hat aber vollkommen recht gehabt.

Und das ist kein Thema der Autonomie, denn bleibt man in der Regierungslogik, versetzt man sich in Ihre Logik, dann sind Gesundheitsangelegenheiten bestimmt kein Thema für Autonomie. Dann können Sie nicht wie bei den Universitäten daherkommen und sa­gen: Na ja, es gibt große Universitäten und kleine Universitäten, es gibt große Hörsäle, kleine Hörsäle, Labors und Ähnliches, und da muss man individuell reagieren. Diese Logik, wenn Sie sie jetzt anwenden, müsste dann überall gelten: Es gibt große Wirtshäu­ser und kleine Wirtshäuser, es gibt Wirtshäuser mit Schanigärten und es gibt welche ohne Schanigärten. Dann müssten diese am Ende ja auch alle eine Autonomie bekom­men, das wäre dann nur recht und billig.

Das, was hier geschaffen wird, ist die Verlängerung der Möglichkeit, weder faktenbasiert noch sonst etwas auf Halde, ohne Veranlassung, zum heutigen Zeitpunkt, an dem sich ganz Europa, die ganze Welt von den Coronamaßnahmen und Umsetzungsmaßnahmen dazu verabschiedet, weiterhin an der falschen Politik der letzten zwei Jahre in Bezug auf Maßnahmen an den Universitäten und Hochschulen und Fachhochschulen festzuhalten.

Ich glaube, es wäre an der Zeit, gerade im Wissenschaftsbereich oder im tertiären Bil­dungsbereich – ich habe so viel von einer demokratiepolitischen Bildung gehört – ein bissel faktenbasierter zu arbeiten. Das möchte ich schon auch in Erinnerung rufen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wenn Sie es mir schon nicht glauben, dass diese Sondergesetze auch demokratiepoli­tisch mehr als bedenklich sind, dann glauben Sie es wenigstens dem jetzigen Gesund­heitsminister – das wäre doch immerhin etwas. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Josef Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.54.44

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich geht es heute bei diesem Antrag darum, das 2. Covid-19-Hoch­schulgesetz, das Ende des Sommersemesters auslaufen würde, nochmals zu verlängern. Dieses Gesetz ermöglicht es den einzelnen autonomen Universitäten und Hochschulen,


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ihre entsprechenden Schutzmaßnahmen für Studierende und Lehrende einzurichten, wenn es notwendig ist.

Tatsächlich ist ja die österreichische Universitätenlandschaft sehr heterogen. Ich sage, die Kunstuniversitäten, speziell Musikuniversitäten, haben andere Rahmenbedingungen als die Allgemeinuniversitäten – ja, diese haben große Hörsäle mit sehr vielen Menschen in einem Raum –, und wieder anders ist es bei den Medizinuniversitäten, wo ja noch der Kontakt zu Patientinnen und Patienten, das heißt zu besonders vulnerablen Gruppen, dazukommt. Deshalb ist es vernünftig, dass individuell gehandelt werden kann, dem Standort entsprechend und dem Typ der Universität entsprechend. Jetzt geht es schlichtweg darum, dass diese Möglichkeit, solche Regelungen einzuführen, noch auf das Wintersemester ausgedehnt wird.

Wir wissen, dass derzeit die Infektion deutlich harmloser geworden ist, als sie in den vergangenen zwei Jahren war – das ist gut und da habe ich einen vorsichtig optimisti­schen Ausblick. Gleichzeitig sind sich alle seriösen Forscherinnen und Forscher darin einig, dass man nicht exakt in die Zukunft schauen kann und keine Garantie hat, dass es so bleibt. Deshalb wäre es leichtfertig, wenn man die Möglichkeit, auf eine Verschär­fung der Lage zu reagieren, jetzt beenden und nicht verlängern würde.

Ich habe dazu aber einen Wunsch, und mit diesem Wunsch bin ich nicht allein, sondern das ist auch eine Forderung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft, und zwar ist es der Wunsch, dass gleichartige Universitätstypen auch weitgehend synchrone, ver­gleichbare Regelungen einführen.

Da sagt man dann natürlich: Okay, da ist der Ball beim Ministerium. – Ja, und das Ministerium hat diesen Ball auch aufgegriffen, denn es gibt nämlich wöchentliche Jours fixes, an denen alle Stakeholder der Universitäten, Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen mit Beratung zusammentreffen, sich gemeinsam akkordieren und wenn notwendig die nächsten Schritte besprechen.

Ich bin optimistisch, dass es nie mehr so kommen wird, wie es zu Beginn der Pandemie war, wir haben aber keine hundertprozentige Garantie dafür. Wir müssen gemeinsam verantwortungsvoll und vorsichtig handeln. Dieses Covid-19-Hochschulgesetz bietet dazu einen idealen Rahmen. Ich bin sicher, dass es mit Verantwortung und auch unter aktiver Begleitung des Ministeriums sehr gut gehandhabt werden wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.58.12

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Damen und Herren auf der Galerie und vor den TV-Schirmen! Bevor ich zu diesem Tagesordnungspunkt kom­me, erlauben Sie mir noch einen Satz zum vorherigen Tagesordnungspunkt, zu Kollegen Shetty, was die politische Bildung betrifft.

Er hat gemeint, das war vor sieben Jahren und das braucht man noch immer. Das Unterrichtsprinzip Politische Bildung ist 1978 eingeführt worden, das war zwei Jahre vor meiner Matura. Wir feiern also nächstes Jahr 45 Jahre Unterrichtsprinzip Politische Bildung und wir brauchen immer noch einen solchen Antrag. Die Mühlen mahlen also äußerst langsam, wenn sie denn überhaupt mahlen. Gerade im Bereich der politischen Bildung, die in Zukunft nicht nur ein Unterrichtsprinzip, sondern auch ein Fach wird, hoffe ich, dass das dann beim 45-Jahre-Jubiläum als substanzieller Wendepunkt zu sehen ist.


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Nun aber zu der Covid-Geschichte: Kollege Smolle hat das meiste schon gesagt. Ja, es liegt in der Autonomie und natürlich ist es ein Punkt der Autonomie, auch wenn Kollege Graf das in Zweifel zieht. Vielleicht kann man zu diesem Stakeholdertreffen auch die Österreichische Hochschüler_innenschaft dazunehmen, die nämlich gestern, glaube ich, oder heute schon gefordert hat, dass an einzelnen Universitäten wieder Maskenpflicht eingeführt wird, speziell dort, wo große Vorlesungen oder auch Prüfungen stattfinden, an denen viele Studierende teilnehmen.

Ich bin da ähnlich optimistisch wie Smolle: Es wird nicht mehr so sein wie vorher, zu Beginn der Pandemie, und der Hochschulsektor – also die Universitäten, Fachhoch­schulen, pädagogischen Hochschulen – hat sich sehr eingehend mit den unterschied­lichen Erfordernissen beschäftigt und wird diese auch im Wintersemester durchführen. Das ist der Rahmen.

Im Übrigen bin ich selbstverständlich immer noch der Meinung, dass die Windisch-Ka­serne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

15.00.4419. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1524 d.B.): Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria (1611 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.01.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war im Sommer 2020, die ÖVP hat sich gerade für den Landtagswahlkampf in Oberösterreich aufgewärmt, und man hat sich zusammengesetzt und darüber nachgedacht, ob man nicht irgendein Projekt erfinden könnte, das man im Wahlkampf gut verkaufen kann. Und so hat der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz seinem ÖVP-Spitzenkandidaten Stelzer versprochen, es solle in Oberösterreich das Projekt geben, das in den Medien unter dem Namen TU Linz diskutiert wird. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Es gab viele Fragezeichen, was für ein Projekt das sein soll, und ab diesem Zeitpunkt hat man versucht, dieses hohle Wahlkampfzuckerl, muss man sagen, mit irgendeiner Form von Idee und Konzept zu füllen. Es ist auf viel Skepsis gestoßen, und sehr geehrte Damen und Herren, es ist bis heute ein Projekt der vielen Fragezeichen geblieben.

Es ist ein Projekt, das heute beschlossen werden soll, ohne dass es eine Bedarfsanalyse gegeben hat. Es gibt nach wie vor viele große Fragezeichen zur fachlichen Ausrichtung. Es stellt sich die Frage, auf welchen Fachdisziplinen diese Universität, jetzt Institut,


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eigentlich aufbauen soll. Es gibt kein Standortkonzept. Vielleicht eine Detailfrage, aber eine, die für uns sehr wichtig ist, eine wesentliche Frage im gesamten Bildungsbereich, ist die Frage der sozialen Durchlässigkeit – das spielt gar keine Rolle; es sollen Stipen­dien in der Höhe von 500 Euro pro Monat an ein Sechstel der Studierenden vergeben werden, aber offensichtlich nicht nach sozialen Kriterien. Es stellt sich die Frage der Rechtssicherheit für die Studierenden; sie werden nicht dem Studienrecht unterliegen.

Es gibt also viele Fragezeichen, aber eines, das besonders wichtig ist, das betrifft nämlich die Frage der Finanzierung. Für so ein Projekt, das Land und Bund gemeinsam auf den Weg bringen, braucht es eine 15a-Vereinbarung, also eine Vereinbarung zwi­schen Land und Bund, die das Parlament beschließen muss. Diese Vereinbarung, sehr geehrte Damen und Herren, liegt bis heute nicht vor. Das heißt, das Parlament weiß eigentlich heute nicht, was es beschließt, welche finanziellen, budgetären Auswirkungen und Konsequenzen das haben wird.

Aus unserer Sicht gibt es zu viele offene Fragen, um heute hier einen Beschluss zu fassen. Daher stelle ich für dieses Bundesgesetz einen Rückverweisungsantrag für eine Rückverweisung an den Ausschuss. Damit haben Sie die Gelegenheit, die 15a-Vereinbarung in Ruhe auszuarbeiten und diese mit dem Gründungsgesetz vorzulegen. (Ruf bei der ÖVP: Und dann stimmen Sie dagegen!) Wir können ein Expertenhearing veranstalten. Es gibt ja auch viele Zweifel und viele offene Fragen in der wissenschaftli­chen Community. Daher, sehr geehrte Damen und Herren, zurück in den Ausschuss mit diesem Gesetz und zurück zum Start! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

15.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Tasch­ner. – Bitte sehr.


15.05.01

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wie Frau Kollegin Kuntzl richtig bemerkte, war im Sommer 2020 in Oberösterreich Wahlkampf, und man hat gehört, es werde eine technische Universität in Linz geben – ganz neu. Sie haben recht, auch bei mir war Skepsis da: Ist es in Österreich wirklich notwendig, dass man neben der Johannes-Kepler-Universität, am gleichen Ort, eine zweite Universität gründet, zumal die Johannes-Kepler-Universität sehr gut und sehr erfolgreich arbeitet?

Die Skepsis über diese technische Universität habe ich dann leise verloren und sie hat sich in Zustimmung gewandelt, denn: Im 19. Jahrhundert war Technik Mechanik sowie Thermodynamik und was sich daraus entwickelt hatte; im 20. Jahrhundert war Technik Elektrodynamik und die von der Quantentheorie geprägte Chemie; und im 21. Jahrhun­dert ist Technik das, was uns Digitalisierung und Informationstechnologie liefern. Und es ist doch sehr klug und eigentlich zukunftsweisend, dass man eine Universität gründet, bei der man sagt, man möchte alle Aspekte, die die Digitalisierung und die Informa­tionstechnologie in der Welt und in der Wissenschaft bieten, durchleuchten und wissen­schaftlich erforschen.

Das soll also in Linz gelehrt und geforscht werden. Wenn es gelehrt und geforscht wird, würde ich auch sagen, dass der Name Universität der richtige Name ist. Ich betrachte also den jetzigen Namen mehr als Arbeitstitel. Ich würde es auf jeden Fall Universität oder University nennen. Im Sinne dessen, dass wir daneben die Johannes-Kepler-Uni­versität haben, würde ich auch sehr dafür plädieren, dass man diese Universität mit einem Namen verbindet, mit einem sprechenden Namen. Aus meiner Sicht würde sich der Name von Olga Taussky dazu besonders eignen.


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Olga Taussky ist eine eminente Mathematikerin, eine Pionierin der numerischen Mathe­matik, der alle digitalen Techniken zugrunde liegen. Olga Taussky hat in Linz das Gym­nasium besucht und hat sogar schon als Schülerin einen Satz über Polynomentwick­lungen bewiesen.

Eine Olga-Taussky-Universität: Was soll sie bieten? – Wenn ich ein Bild entwerfen darf: Ich stelle mir vor, es gibt eine beschränkte Anzahl von Professorenstellen, sagen wir sieben, und diese Professorenstellen werden mit Koryphäen besetzt, weltweit anerkann­ten, hervorragenden, ausgezeichneten Koryphäen, die auf Zeit nach Linz kommen – das wäre so meine Idee –, die ein Jahr, zwei Jahre, höchstens drei, in Linz lehren und for­schen und danach wieder zurück- oder weitergehen, an ihre Arbeitsplätze nach Stanford, nach Cambridge, an die ETH, ans Steklow-Institut – you name it.

Und warum kommen diese nach Linz und lehren dort in Vorlesungen, die dann elektro­nisch natürlich weltweit übertragen werden, in Seminaren und Privatissima für die rund 100 Studenten, brillante Leute, aus denen sie sammeln und versuchen, jene zu finden, mit denen sie zusammen Forschungsarbeit betreiben und Dissertationen schreiben kön­nen? Warum kommen sie nach Linz? Einfach einmal deshalb, weil das geistige Klima dieser Olga-Taussky-Universität inspirierend sein soll.

Zweitens, weil sie außerordentlich viel Kooperationsmöglichkeiten haben: mit der Johan­nes-Kepler-Universität, mit der Ars Electronica, mit den drei technischen Universitäten in Österreich (Zwischenruf des Abg. Scherak), mit allen anderen akademischen Institu­tionen. Weil ihre Arbeiten, die sie zusammen mit ihren Studentinnen und Studenten entwerfen und herausbringen, die Wirtschaft beleben und die Industrie weiter beleben. Weil in Linz, von Linz aus, in Linz selbst die kulturellen Möglichkeiten, aber bis nach Salzburg, bis nach Wien, bis ins Salzkammergut hinein, für Österreich einzigartig und unfassbar attraktiv sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und weil es an dieser Olga-Taussky-Universität einfach ein attraktives Leben in akademischer Freiheit in einem aka­demischen Paradies ist.  Das wäre so meine Idee.

Was hat die Gesellschaft, was hat die Wirtschaft, was hat die Industrie davon? – Nun, eine derartige kleine Universität mit dieser Exzellenz ist ein unglaublicher Magnet, der dann den Wohlstand nicht nur in Oberösterreich, sondern auch in ganz Österreich beför­dert. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Also das wäre mein Vorschlag: eine Olga-Taussky-Universität, klein und koryphäen­reich, Olga-Taussky-University, small and smart. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisin­ger.) Das ist natürlich nur ein Vorschlag; es könnte natürlich auch viel bessere Vor­schläge geben. Herr Kollege Graf lächelt – vielleicht hat er eine bessere Idee. Ich bin dem gegenüber überhaupt nicht abgeneigt. Das Bessere ist immer der Feind des Guten.

Es könnte natürlich auch schiefgehen. Es gibt skeptische Reaktionen, so zum Beispiel von Rektorin Seidler oder von Prof. Sepp Hochreiter. Diese sind ernst zu nehmen, und der Herr Bundesminister ist gut beraten, auf all diese skeptischen Stimmen zu hören.

Wir übergeben mit diesem Rahmengesetz, das all diese Bilder ermöglicht, dem Herrn Bundesminister die Verantwortung und auch die Verpflichtung, das Beste aus dieser neuen Universität in Linz, die ich Olga-Taussky-Universität nennen würde, zu machen. In dieser neuen Universität soll das Hervorragende, so stelle ich es mir vor, das Selbst­verständliche sein – der Durchschnitt gilt als ungenügend. (Beifall bei der ÖVP.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Künsberg Sar­re. – Bitte.


15.10.38

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie und zu Hause! Wir


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stimmen heute nicht mit den Regierungsfraktionen mit und ich möchte Ihnen gerne er­klären, warum. Wir NEOS sind immer offen für Innovation und Fortschritt. Das ist uns ganz, ganz wichtig, und wir begrüßen es sehr, wenn es Überlegungen oder Beiträge gibt, die zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs beitragen. Die Vorgehenswei­se aber, wie dieses Vorhaben zur Welt gekommen ist und jetzt auch behandelt wird, schmerzt uns sehr, und deswegen stimmen wir ihm heute nicht zu.

Gehen wir noch einmal zurück ins Jahr 2020: Kurz und Stelzer haben sich das ohne vorherige Bedarfserhebung, ohne vorher zu schauen: Was gibt es denn schon?, Was haben wir denn noch nicht?, Was braucht es denn? (Abg. Taschner: Das wäre das typisch Österreichische, gell?), ausgedacht. Diese zwei ausgewiesenen Wissenschafts­politiker (Heiterkeit bei den NEOS) haben festgestellt, es brauche unbedingt eine neue Einrichtung für Digitalisierung in Oberösterreich, weil dort so viele Fachkräfte gebraucht werden. Das haben die beiden damals festgestellt.

Dann haben sie einen Prozess gestartet und innerhalb kürzester Zeit haben sie sämtli­che Stakeholder vor den Kopf gestoßen. Anstatt einen Prozess aufzusetzen, in den sie möglichst viele Menschen einbinden, damit die Leute sagen: Genau, wir brauchen so eine Einrichtung, das ist ganz wichtig!, haben sie ganz, ganz viel Gegenwind produziert. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.)

Der Begutachtungsprozess zu diesem Rahmengesetz war verkürzt, und auch die Aussa­ge von Kollegin Blimlinger, der Wissenschaftssprecherin der Grünen, im Ausschuss war bezeichnend: Sie hat gesagt, dass sie nicht glücklich ist und dass sie immer schon gesagt hat, dass es so eine Einrichtung eigentlich gar nicht brauche. Die Grünen haben aber natürlich mitgestimmt, so nach dem Motto: Machen wir halt das Beste draus, jetzt kann man eh nichts mehr machen!

Das, was Sie heute vorlegen, ist ein Rahmen. Sie verlangen vom Parlament heute, dass wir diesem Rahmen zustimmen, ohne zu wissen, wie und womit er befüllt werden wird. (Abg. Taschner: Wir verdienen das Vertrauen, Frau Kollegin! – Abg. Meinl-Reisinger: Wer verdient das Vertrauen? Die ÖVP?! – Abg. Taschner: Ja! – Abg. Meinl-Reisinger: Das sehen die Wähler derzeit anders!) Das ist natürlich wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, wie Sie mit dem Parlament und mit den Parlamentariern umgehen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie strapazieren immer wieder das IST Austria in Klosterneuburg: Auch damals, als die Idee aufgekommen ist, so ein Institut zu gründen, gab es viel Gegenwind und viel Skep­sis. Der Prozess damals ist aber anders aufgesetzt worden. Es wurde eine Dreiergruppe unter der Leitung des international anerkannten Wissenschaftlers Haim Harari beauf­tragt, ohne politischen Einfluss und ohne Zeitdruck ein Strategiepapier zu verfassen, das im Übrigen heute noch als Fahrplan für das IST Austria gilt. Dieses Strategiepapier hatte das Ziel, die Ausrichtung und die Struktur festzulegen, es sollte einfach ein Konzeptpa­pier sein. Es wurde damals in Begutachtung geschickt und gemeinsam mit einer 15a-Vereinbarung mit Niederösterreich hier im Parlament beschlossen.

Was machen wir heute? – Das ist der große und wesentliche Unterschied zum IST Aus­tria; ich erwähne das, weil Sie das immer gleichsetzen: Wir beschließen ein Rahmenge­setz, erst dann kommt ein Gründungskonvent, und wir wissen nicht, wer da drinnen sein wird. Die 15a-Vereinbarung mit Oberösterreich liegt auch nicht zur Beschlussfassung vor. Es heißt, die Hälfte der Baukosten wird von Oberösterreich finanziert; das ist auch wieder ein großer Unterschied zu Niederösterreich. Ich will jetzt nicht alles, was in Nie­derösterreich passiert ist (Abg. Baumgartner: ... ist super!), groß verherrlichen, aber der Prozess dort ist anders abgelaufen. Vom Land Niederösterreich wurden die gesamten Baukosten übernommen und es werden noch immer die baulichen Maßnahmen, die Be­triebskosten und auch die Instandhaltung gezahlt. Oberösterreich zahlt jetzt einmal die Hälfte der Baukosten und dann ist das für Oberösterreich offensichtlich erledigt.


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Das Konzept kann vielleicht noch etwas werden, wenn Sie den Gründungskonvent gut und politisch unabhängig besetzen. Da schaue ich auch in Richtung Grüne, weil Minis­terin Gewessler ja drei Mitglieder zu beschicken hat. Es wird spannend werden, wen Sie nominieren und wie ernst Sie es mit der unabhängigen Wissenschaft nehmen.

Ganz am Schluss, weil nach mir einige oberösterreichische Abgeordnete reden: Bitte hören Sie endlich auf, zu glauben, dass wenn Sie eine Einrichtung in Oberösterreich gründen, alle, die dort studieren, auch in Oberösterreich bleiben, nur weil dort Fachkräfte gebraucht werden! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir haben gerade von der 15a-Vereinbarung gesprochen: Gut ausgebildete Menschen gehen dorthin, wo sie einen guten Arbeitsplatz bekommen und wo sie gute Bedingungen für ihre Familien vorfinden, wo es gute Schulen und ausreichend und gut finanzierte Kin­derbildungsplätze gibt. Da hat Oberösterreich ja wohl noch ganz, ganz viel zu tun! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte.


15.16.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria in Oberösterreich wirbelt etwas Staub auf. Das haben wir zuletzt gehört, das hören wir schon länger. Heute sollen wir die rechtliche Basis dafür beschließen und in der Folge wird dann der finanzielle Grund­stein gelegt.

Frau Kollegin Künsberg, die Nähe von Universitäten zur Wirtschaft ist schon wichtig. Das ist einer der elementaren und wirklich wichtigen Punkte, und zwar auch wegen der Absol­venten. Da bin ich nicht naiv und glaube, dass die alle direkt von der Universität zu den Wirtschaftsstandorten gehen. Ganz im Gegenteil: Mir ist bewusst, dass die besten Kräfte sich wie im freien Markt verhalten. Es wird zu dem gegangen, der die besten Konditionen bietet. Aber: Die Konditionen, die Oberösterreich im Vergleich zu anderen Bundeslän­dern bietet, sind ja grundsätzlich nicht schlecht.

Was auch wichtig ist, ist die Nähe der Wirtschaft zur Forschung und zu den gemeinsa­men F&E-Projekten. Das wiederum garantiert nämlich die Drittmittel, die die Universitä­ten brauchen. Da ist die bereits bestehende Universität, die JKU, ein gutes Beispiel: Die Lehrenden dort kommen aus der Wirtschaft und gehen wieder zurück in die Wirtschaft; es besteht ein kontinuierlicher Austausch.

Natürlich hat dieses Institut, diese Universität Anfangsschwierigkeiten, von denen ich hoffe, dass die Regierungsparteien und der Minister sie möglichst rasch beseitigen wer­den. Für uns war es ursprünglich ein Rätsel, warum diese Universität außerhalb des Universitätsgesetzes platziert wird. Die Wirtschaft hat gesagt, dass sie dadurch mit ihr effizienter zusammenarbeiten kann und es so weniger lange Entscheidungsprozesse gibt. Das wäre für mich ein Punkt, zu überlegen, ob wir nicht das Universitätsgesetz ändern sollten, wenn es damit nicht möglich ist, effiziente und rasche Entscheidungen zu treffen.

Betreffend Finanzierung gab es, glaube ich, ein großes Kommunikationsproblem. Wie kann es sein, dass die Universitäten glauben, dass, wenn der Minister ein Budget er­stellt – da nehme ich die neue TU gar nicht aus; im Gegenteil, ich nehme sie ganz be­sonders in die Ziehung –, die Mittel komplett ihnen gehören? Wenn es einen Topf gibt, über den der Minister verfügen kann, sind das nicht automatisch Mittel, über die die Uni­versitäten verfügen können.


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Betreffend die 15a-Vereinbarung, Herr Minister: Wenn sich Bundesländer – berechtigt oder nicht – Universitäten wünschen, werden sie auch einen entsprechenden Beitrag, auch nach Auslaufen der betreffenden 15a-Vereinbarung, übernehmen müssen. Man kann nicht nur Wünsche äußern, für die der Bund dann zahlen soll – das ist kein Wunsch­konzert, da gibt es ein bisschen einen größeren Rahmen .

In Summe, muss ich sagen, ist das eine gute Grundsatzentscheidung, was auch immer die politischen Hintergründe dafür waren. Ich hoffe auf eine möglichst rasche, gute Lö­sung der noch immer vorhandenen Probleme und dass das sowohl für den Bund als auch für Oberösterreich ein gutes Ende findet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Pola­schek. – Bitte sehr.


15.20.14

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Sehr geehrte Gäste! Mit dem Gründungsgesetz zu diesem Institute of Digital Sciences Austria wird die Basis für eine wirklich besondere Weiterentwicklung in der österreichischen Hochschullandschaft gelegt, nämlich die Errichtung einer neuen Uni­versität. Das markiert einen zusätzlichen Innovationsschub im Wissenschafts- und For­schungssystem mit der klaren Zielsetzung auf Digitalisierung.

Natürlich gibt es bei derartigen Großprojekten auch unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen, die sowohl inhaltlicher wie auch persönlicher Natur sind. Wir haben es uns daher nicht leicht gemacht und alle Stellungnahmen intensiv bewertet und bestmög­lich berücksichtigt. Das Ergebnis wurde im Wissenschaftsausschuss eingehend sowie kritisch-konstruktiv diskutiert und mit den Stimmen der Koalition und der Freiheitlichen beschlossen, wofür ich mich an dieser Stelle bedanken möchte.

Der inhaltliche, strukturelle und organisatorische Kern dieser neuen Universität wurde nach einem umfangreichen Konzept nationaler und internationaler Expertinnen und Ex­perten ausgearbeitet und soll in unterschiedlichen Bereichen nun auch als eine Art Vor­bild für bestehende Hochschuleinrichtungen dienen. Selbstverständlich werden dabei auch die bestehenden Rechte und Pflichten für Universitätsangehörige und natürlich auch für Studierende Gültigkeit haben.

Wie Sie sich vorstellen können, hängt der erfolgreiche Aufbau der neuen Einrichtung aber natürlich auch eng mit der langfristigen Finanzierung zusammen, die nicht zulasten der bestehenden Universitäten gehen darf und wird. Mit dem Bundesfinanzrahmen und dem klaren Bekenntnis der Regierungsspitze ist sichergestellt, dass die Finanzierung kontinuierlich und ansteigend bis zum geplanten Vollausbau 2036 erfolgen wird. Gleich­zeitig wird aber auch das Land Oberösterreich im Infrastrukturbereich einen Beitrag leisten, die entsprechenden Inhalte werden gerade in einer Artikel-15a-Vereinbarung endverhandelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Errichtung einer neuen Universität ist ein gemein­samer und natürlich nicht alltäglicher Kraftakt, dem viele einzelne Schritte vorausgegan­gen sind und dem natürlich jetzt noch einige folgen werden, wie beispielsweise die Konstituierung des Gründungskonvents. Unser Ziel ist es jedenfalls, den operativen Start des Institute of Digital Sciences Austria im Wintersemester 2023 mit dem Angebot von PhD-Studien umzusetzen.

Ich bin daher überzeugt, dass dieses Projekt einen wesentlichen Beitrag zur innovativen Weiterentwicklung der österreichischen Wissenschafts- und Forschungslandschaft darstellt.


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Gerade in herausfordernden Zeiten sind zukunftsweisende Investitionen in Bildung, Wis­senschaft und Forschung entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unse­res Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

15.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.


15.23.25

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Ein Kollege von der ÖVP hat vor zwei Tagen hier gesagt, Prof. Hochreiter werde wei­terhin einen fixen Platz in der österreichischen Forschungslandschaft haben. Es ist aber schade, dass genau diese Stimmen nicht gehört wurden (Abg. Taschner: O ja! Haben wir auch gehört! – Abg. Rausch: Auch!), bevor wir heute diesen Beschluss fällen. Das ist für uns der springende Punkt. Natürlich: Ohne Wissenschaft keine Zukunft, ohne Weiterentwicklung keine Perspektive. Es ist ganz klar: Was in der Forschung in Ober­österreich, generell in Österreich geleistet wird, ist großartig und wichtig, und darauf müssen wir auf jeden Fall schauen.

Es sind aber eben noch sehr, sehr viele Fragen offen, und meine Kollegin Kuntzl hat es schon angesprochen. Beim Institute of Digital Sciences Austria, wie es mittlerweile heißt, ist die Finanzierungsfrage teilweise gelöst, die 15a-Vereinbarung ist fast fertiggezurrt, aber alleine der Name ist eben schon die große Diskussion. Kollege Taschner hat nicht nur heute hier am Pult darüber gesprochen, sondern auch einen Kommentar darüber geschrieben: Sollen wir sie jetzt wieder University nennen (Abg. Taschner: Unbedingt!), sagen wir Institute of Digital Sciences Austria oder ist es eben die Technische Uni Ober­österreich? All das ist ja quasi schon der Beginn einer sehr offenen Frage. Kollege Dei­mek spricht von einem Fachkräftemangel, dem man damit entgegenwirken möchte. Kol­lege Taschner sagt: Nach drei, vier Jahren gehen sie dann weiter an die ETH Zürich, Stanford und, und, und! (Abg. Taschner: Es kommen ja andere nach und noch viel mehr!) Sie haben natürlich noch viel mehr Universitäten genannt (Abg. Taschner: Nein, nein, Leute, Fachleute! – Abg. Leichtfried: Wir haben halt nicht so viel Zeit!), aber es ist auf jeden Fall trotzdem eine große, große Frage: Wird das am Standort Oberösterreich funktionieren?

Wir hätten wirklich gerne noch eine Enquete dazu gemacht. Auch im Oberösterreichi­schen Landtag hat es die Forderung nach einer Landtagsenquete gegeben. Der Bürger­meister von Linz hat einen runden Tisch gefordert. Diesen Forderungen ist man leider nicht nachgekommen. Dabei wäre es gerade darum gegangen, diesen Dialog zu führen, damit dieses Projekt nicht nur auf Luftschlösser gebaut wird, sondern auch wirklich einen Inhalt, eine Substanz bekommt. Wir wissen nicht, wie der Kollektivvertrag ausschaut, und auch die Stipendienfrage, die da zu stellen ist, ist eben eine große. Wir haben auf der einen Seite die JKU und die Fachhochschule Oberösterreich, auf beiden gibt es ganz regulär den Anspruch auf Stipendien. Bei diesem neuen Institute gibt es die Möglichkeit, dass man 500 Euro on top pro Monat bekommt, aber vermutlich nicht nach sozialen Kriterien gestaffelt, sondern nach Gutdünken des Ministeriums. All diese Fragen, die offen sind, lassen uns sehr, sehr skeptisch zurück, ob das auch wirklich so funktionieren wird.

Nicht nur unsere Skepsis ist groß, sondern auch die der wissenschaftlichen Community. Gerade diese Skepsis ist eine, die wir wirklich hören müssen und eigentlich vor dem Beschluss hätten hören müssen, weil diese Skepsis unsere Alarmglocken auf jeden Fall schrillen lassen muss. Wenn die Wissenschaft sagt, dass etwas nicht stimmt, ist das meistens auch die richtige Meinung. Deshalb haben wir auch den Rückverweisungsan­trag eingebracht, weil wir die Zeit für diese Diskussion gerne noch gehabt hätten und


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wirklich auch gebraucht hätten, und deshalb können wir heute hier nicht zustimmen. Beim Rückverweisungsantrag würden wir aber wirklich um eine breite Zustimmung bit­ten, um dieses Projekt auch gut auf die Beine zu bringen, weil aktuell noch zu viele Fragen offen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlin­ger. – Bitte.


15.27.00

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch auf der Galerie und vor den TV-Schirmen! Im Gegensatz zu Kollegen Taschner bleibt meine Skepsis. Sie wissen auch alle, ich werde hier jetzt keine Lobrede darauf halten, das gelingt mir beim besten Willen nicht. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Was ich aber konstatiere, ist, dass es schon eine Namensdebatte gibt, und Namensde­batten gibt es immer dann, wenn man eigentlich sozusagen völlig unsicher ist, wie das Ganze ist. Auch da muss ich dem Kollegen Taschner widersprechen: Nach einem Ma­thematiker werden wir es sicher nicht nennen. Das muss ein Künstler, eine Künstlerin sein. (Heiterkeit des Abg. Taschner.) Es ist die Ars Electronica dort (Zwischenruf des Abg. Deimek), die digitale Kunst in der Stadt Linz hat wirklich weltweite Ausstrahlung. (Abg. Taschner: Taussky hat Gedichte geschrieben!) So ist es auch drinnen. Das ist das Bedeutende in diesem Zusammenhang. Also wie gesagt, meine Skepsis bleibt. (Abg. Deimek: Der Herr Minister ist vom Dinghofer schon ganz begeistert! – Abg. Leicht­fried: Nach einem Fußballer! Arnautovic-Universität!)

Ich will auch nicht sagen, wie das ausschauen könnte. Das ist, glaube ich, genau die Aufgabe des Gründungskonvents, und da bin ich guter Dinge. In diesen werden wir Per­sonen entsenden, die sowohl von Universität als auch von Kunst etwas verstehen, die von Digitalisierung etwas verstehen und die auch die Perspektive haben, wie so eine Universität, so ein Institute, wie immer wir es dann nennen, sein kann. Da geht es um diese Situation mit der JKU, mit den beiden Kunstuniversitäten – an der Bruckner Privat­universität gibt es ja auch das Digitale in Form der Musik, ganz zu schweigen von der Kunstuniversität in Linz –, es gibt die Ars Electronica. Wir haben da also einen Verbund.

Ein Punkt, den ich schon gerne ansprechen will: Ja, der Ausgangspunkt war Fachkräf­temangel. Kollegin Künsberg Sarre hat das ja eh gesagt: Nur weil man in Oberösterreich studiert, bleibt man nicht dort. Die Debatte hatten wir ja schon bei der Medizinfakultät, die damals auch noch als eigene Uni geplant war. Vor jeder Landtagswahl in Oberös­terreich gibt es eine neue Uni. Jetzt sind wir dann bald am Ende, also viele Möglichkeiten gibt es nicht mehr. (Heiterkeit des Abg. Scherak.) Bei der nächsten kann man vielleicht eher eine im Burgenland oder in Vorarlberg machen, die haben noch keine. Das wäre dort also irgendwie passender als diese Kumulation in Oberösterreich. Sei’s drum. Der Punkt ist aber, dass man sich das wirklich aus der Perspektive anschaut: Was kann es dort für Absolventinnen und Absolventen geben? – Die IV Oberösterreich hat ja schon in ganzseitigen Inseraten gejubelt, dass nun durch diese Universität der Fachkräfteman­gel behoben werden wird oder sein soll.

Ich kann Ihnen nur ausrichten: Das wird sicher nicht der Fall sein. Dort werden keine Fachkräfte im klassischen Sinn ausgebildet, dazu gibt es Fachhochschulen. Übrigens haben die Studierenden an den Fachhochschulen den gleichen Status wie jene am Institute of Digital Sciences Austria, also privat  ja , aber sie sind in der ÖH. Fachkräfte, wie sich das die IV Oberösterreich vorstellt, werden dort aber nicht ausgebildet.

Wenn man ein Doktorratsstipendium hat  und das ist einer der wenigen Punkte, bei denen ich Kollegen Taschner zustimme, dass man dort nur ein PhD-Studium haben


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soll : Das sind nicht die Personen, die bei Ihnen in der Industrie arbeiten werden. Genau dazu ist das Instrument der Fachhochschule erfunden worden, und die machen das – insbesondere in Hagenberg, das sollte man da vielleicht dazunehmen – äußerst qualifi­ziert und gut. (Zwischenruf des Abg. Scherak. – Abg. Meinl-Reisinger: Sehr, sehr gut!)

Sie hören also meine Kritik. Dennoch werden wir natürlich zustimmen. Das ist auch dem Koalitionsfrieden geschuldet, denn wir werden sicher nicht wegen einer Universität die Koalition in Frage stellen. Ich bleibe aber bei meiner Skepsis und hoffe, dass wir trotz­dem das Beste daraus machen.

Übrigens, zur 15a-Vereinbarung, Frau Kollegin Holzleitner: Wenn Sie Ihre Landesaus­sendungen aus Oberösterreich lesen würden, würden Sie wissen, dass sie bereits be­schlossen wurde – es ist noch nicht im Gesetz. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stöger und Kuntzl.)

Meine Skepsis bleibt, aber vielleicht werde ich – das hoffe ich sehr – eines Besseren belehrt, und wir werden ein Institute of Digital Sciences Austria haben (Zwischenruf des Abg. Stöger), das weltweite Anerkennung findet (Zwischenruf des Abg. Leichtfriedund nach einer Künstlerin benannt ist. (Heiterkeit des Abg. Taschner.)

Im Übrigen bin ich selbstverständlich immer noch dafür, dass die Windisch-Kaserne nach Richard Wadani benannt wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber, Namensdiskussion ...! – Ruf bei der FPÖ: Ich habe gar nicht gewusst, dass die Grünen so militant sind!)

15.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rausch. – Bitte.


15.32.03

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Zuseherin­nen und Zuseher! Wer in der Welt von morgen dabei sein will, der muss Digitalisierung verstehen, und wer in der Welt von morgen tatsächlich auch mitspielen will, der setzt auf Digitalisierung. Und wer auf Digitalisierung setzt, muss auf Bildung setzen, weil es darum geht, die Phänomene zu verstehen, die Chancen zu verstehen, sie zu nutzen, ja, auch neue Lösungen zu entwickeln, innovative Firmen zu gründen, geeignete Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter zu finden, die alle miteinander dazu beitragen. Letztlich geht es in weiterer Konsequenz auch darum, Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern, zu erhalten, auch für die Welt von morgen und für die Menschen von morgen.

Ich bin in diesem Zusammenhang echt überrascht, wie vehement man gegen die Grün­dung einer neuen wissenschaftlichen Einrichtung wie dieser sein kann, vor allem wenn es um Wissenschaft zu einem Thema geht, das für unser aller Zukunft persönlich wie für die Gesellschaft so entscheidend sein wird. Ich denke, Themen wissenschaftlich zu be­arbeiten, zu analysieren, zu reflektieren, war ja schon immer Fortschrittsmotor für Ge­sellschaften, für die ganze Welt. Seit sich die wissenschaftliche Methode im 17. Jahrhun­dert durchgesetzt hat, hat die Menschheit ja eine ganz rasante Entwicklung erlebt, in Technik, Mobilität, Medizin – eigentlich in allen Lebensbereichen. Diese Entwicklung hat uns ein besseres, ein längeres, ein gesünderes und ein lebenswerteres Leben gebracht, und die neuen Chancen für so ein Leben in Zukunft liegen eben in der Digitalisierung.

Wie gesagt, den Widerstand verstehe ich nicht. Ich möchte darauf auch noch eingehen: Wenn vonseiten der SPÖ, von den Kolleginnen Kuntzl und Holzleitner, kommt, dass es an einer Bedarfsanalyse fehlen würde, dann kann ich nur sagen: Wer in Zeiten wie die­sen eine Bedarfsanalyse braucht, um zu erkennen, dass das das Zukunftsthema unserer Zeit ist, dass wir da Chancen haben, als Österreich auch weiter in der Welt zu bestehen, der vergeudet damit sehr, sehr viel Zeit (Abg. Taschner: ... hat einen anderen Bedarf!),


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die wir eigentlich nicht haben und die wir nutzen können, um tatsächlich in die Gänge zu kommen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Frage nach dem Geld aus der Ministerreserve kommt auch immer wieder. Ich denke, es würde Parlamentarierinnen und Parlamentariern gut anstehen, da bei der Wahrheit zu bleiben und nicht weiter zu verunsichern. Es ist tatsächlich so – ich habe mich noch einmal vergewissert, obwohl ich es nicht müsste –, dass für die Gründungs­phase dieses Institutes zusätzliche Budgetmittel in die Ministerreserve gebucht worden sind, um eben diese eineinhalb, zwei Jahre zu überbrücken und sie auch aus dieser Ministerreserve verwenden zu dürfen. Auch wenn Sie es immer und immer wieder sa­gen: Es wird nicht richtiger. Das ist Ihr Spin, den Sie der Geschichte geben wollen – leider geht er da und dort rein und verunsichert und schadet dem Projekt.

An die NEOS gerichtet: Ich verstehe schon, man kann das Wie vor das Was stellen, das ist natürlich up to you, möchte ich sagen. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber das Was beant­worten Sie ja gar nicht!) Ich finde es auch schade, dass Sie sich da nicht konstruktiver an der Sache beteiligen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn Sie das Was beantworten wür­den, ...!) Es ist da viel Parteipolitik im Spiel. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja eben! Von euch!)

Uns wird vorgeworfen, dass wir parteipolitische Motive hätten, aber ich spüre hier gerade vonseiten der SPÖ tatsächlich auch viel Parteipolitik, aber das haben wir gestern ja auch schon bei dem Nein zu den Entlastungen für die Menschen gesehen (Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Meinl-Reisinger), wo Sie auch nicht eines Sinnes mit dem sind, was Sie draußen auf der Straße sagen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Skepsis ist gut. Kollegin Blimlinger hat gesagt, es gebe Skepsis. Ich verstehe ja auch die Skepsis, die da und dort von den NEOS kommt, weil Fragen offen sind. Skepsis ist ja auch ein Grundprinzip der Wissenschaft, um damit auch zu sagen, dass es offene Fra­gen gibt, die wir beantworten wollen.

Diesen Weg werden wir gehen, indem wir heute diesem Antrag zustimmen, indem es einen Gründungskonvent gibt, den wir gut besetzen werden, den wir begleiten wollen, bei dem vielfältige Experten dabei sind. All das machen wir vielleicht mit gesunder Skep­sis, aber mit viel Zuversicht und Zutrauen, dass sich die Fragen lösen werden, und ohne Zeit für so ein wichtiges Thema zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP.)

15.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Graf. – Bitte.


15.36.01

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Na ja, ich könnte jetzt auf alle möglichen Reden ein­gehen. Ich verstehe es aber schon, dass die ÖVP eine Skepsis hat, ministerielle Studien oder Bedarfsanalysen in Auftrag zu geben. Da haben Sie in der letzten Zeit keine guten Erfahrungen gemacht, aber das kann nicht der Grund sein, dass man da jetzt vollkom­men ohne auskommt.

Vielleicht sagen wir es einmal so: Selbst wenn man bei diesem gesamten Thema der Gutwilligste ist, muss man sagen, die Regierungsparteien und auch das Wissenschafts­ministerium haben einem das wirklich schwer gemacht, zuzustimmen. Der Prozess war nicht optimal aufgesetzt. Ich glaube auch, dass man mit einer besseren Prozessgestal­tung viel Gegenwind hätte entkräften können. Man hat auch das Parlament nicht wirklich einbezogen. Wenn wir nicht permanent in den letzten Jahren im Wissenschaftsaus­schuss in der allgemeinen Aussprache – man darf ja nicht vergessen, wir haben ja auch einen Ministerwechsel und Ähnliches mehr gehabt – das Thema überhaupt ins Parla­ment gebracht hätten, dann wäre es nicht da gewesen.


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Es ist erstmalig, dass eine so große Institution – und ich gehe einmal davon aus, dass es eine große oder großartige werden soll – ohne eine parlamentarische Enquete im Wissenschaftsbereich hier im Hohen Haus letztlich abgewunken wird. (Abg. Taschner: Das ist gut!) Sie haben es uns also wirklich schwer gemacht.

Man kann aber auch das eine oder andere Mal Vorschusslorbeeren verteilen, damit die ÖVP vielleicht – der eine oder andere – sagt, wir sind jetzt besonders teamfähig gewor­den und Ähnliches mehr. Schwer haben Sie es uns gemacht, aber wir vertrauen letztlich auf die handelnden Personen, auch aus Oberösterreich, dass man da etwas weiterma­chen kann.

Ich meine, der Trend, mehr Universitäten zu kreieren, ist ja bei Frau Kollegin Blimlinger gestartet worden, die dem ja immer das Wort redet – am liebsten zwei Kunstuniversi­täten an jedem Hochschulstandort, die in etwa das Gleiche machen; das haben wir in Wien. Da könnte man einiges tun. Demzufolge ist es nur richtig, dass man jetzt auch eine technische Universität neu macht. So hat man zumindest begonnen (Ruf bei der ÖVP: Na, geh bitte!), man wollte eine TU  jetzt hat man eine Universität mit einem un­aussprechlichen Namen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum wir nicht einmal mehr ei­nen deutschen Namen dafür haben oder zumindest doppelt oder irgendwie, warum wir das alles in dieser Art und Weise machen müssen. (Ruf bei der ÖVP: Russisch! – Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried.)

Alle Experten sind hinter vorgehaltener Hand letztlich nicht wirklich amused oder positiv gestimmt. Ich glaube, man hätte den Prozess wesentlich besser aufstellen können. Wie gesagt, wir vertrauen aber am Ende diesem Thema, dass es gut ist, Institutionen zu schaffen. Ich hoffe, dass jetzt auch die Inhalte kommen. Ob das unbedingt die Digita­lisierung sein muss – alleine, ausschließlich – oder in welcher Form, weiß ich auch nicht. Es wird natürlich auch für die Wirtschaft das eine oder andere abfallen, zumindest Studienabbrecher wird es ja geben und Ähnliches mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort jeder bis zur Universität kommt. (Abg. Leichtfried: Die Redezeit wäre aus!) – Wir haben genug Redezeit, Herr Kollege, das ist eine freiwillige Beschränkung und die kann man auch überziehen, aber das wissen Sie, oder? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Am Ende sagen wir Ja, aber wir werden das parlamentarisch hier wirklich genau beglei­ten und immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Wir hoffen, dass es ein entspre­chendes Berichtswesen gibt.

Am Ende sage ich: Ich bin positiver gestimmt, weil das ab nun die einzige tertiäre Bil­dungseinrichtung ist, an der die Covid-Maßnahmenverordnungen nicht gelten. (Heiter­keit des Abg. Taschner.) Also ich kann in Zukunft ruhigen Gewissens zu allen sagen: Wenn ihr studieren wollt, es aber Covid-Regelungen gibt, die verhindern, dass ihr auf eine Universität geht, dann geht halt auf die technische Universität oder Digitaluniversität nach Linz, denn dort gibt es diese Bestimmungen nicht. – Wahrscheinlich hat man sie vergessen; ich hoffe, man holt das nicht nach. – Das ist zumindest ein Freiraum, der geschaffen wird, und jetzt könnte ich natürlich sagen: Das ist einer der Hauptgründe, warum wir zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fürlinger. – Bitte.


15.40.49

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Höchste Zeit, dass in diese Debatte ein bisschen lokale Expertise einfließt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Zu guter Letzt darf ich Ihnen doch als Linzer noch erklären, warum heute ein guter Tag ist, warum ein guter Tag für die Wissenschaft, ein guter Tag für Moder­nisierung und Digitalisierung und natürlich auch ein guter Tag für meine Heimatstadt ist:


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weil wir eine Universität gründen, weil wir eine Bildungsinstitution gründen, die ein biss­chen, wie man auf Neuhochdeutsch sagt, out of the box gedacht ist, die ein bisschen abseits der universitären Mainstreams abläuft und die ein ganz überzeugendes Grün­dungspapier hat. Wenn man dieses nämlich liest, weiß man, dass wir uns nicht auf reine IT-Spezialisten beziehen, wir sprechen auch Menschen an, die noch nicht Technik stu­diert haben. Wir wollen die führenden Ingenieure, wir wollen die Digital Creators haben, Gruppen, die nicht von vornherein Technik studiert haben, aber das Digitale dann dafür verwenden können, um Unternehmen nach vorne zu bringen, Unternehmen zu führen.

Natürlich, meine Damen und Herren, ist Technik drinnen, es ist auch KI drinnen, aber das Gründungspapier hat die Dinge hervorgehoben, die neu sind, die besonders sind. Wir brauchen nicht nur Grundlagenforschung, sondern wir brauchen auch anwendbare Forschung. Wir müssen Forschung und Lehre in die Praxis transformieren, und da, mei­ne Damen und Herren, ist natürlich Oberösterreich ein Vorzeigebundesland, wie schon mancher Vorredner gesagt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen versuchen, über diese Institution tatsächlich die Besten für Forschung und Lehre zu holen, und die Besten sollen angelockt werden, damit wir nicht als Europa, als Österreich permanent nur darüber jammern, dass andere bei Digitalem und Daten bes­ser sind, dass riesige Datenmengen jenseits des Atlantiks gesammelt werden und nicht bei uns. Vielmehr müssen wir dort die Kontrapunkte setzen und versuchen, als Öster­reich und als Europa rasch aufzuholen, wenn wir wollen, dass wir im globalen Wettbe­werb irgendein Wörtchen mitreden können. Es wird nicht genügen, meine Damen und Herren, Behörden in Österreich in irgendwelchen Pandemien oder sonst digitales Versa­gen vorzuwerfen und gleichzeitig hier heraußen zu stehen und zu sagen: Wir brauchen keine digitale Forschungsstätte! – Ich glaube, dass das falsch ist, und all jenen, die Kritik daran üben und Skepsis anmelden, will ich den Kleingeist ein bisschen ausreden.

Frau Kollegin Künsberg Sarre, Ihre diesbezügliche Kritik an Oberösterreich geht ja an­gesichts dessen, was die oberösterreichische Industrie, die oberösterreichische Politik, die Wirtschaft in Sachen digitaler Vorreiter, in Sachen Klimavorreiter leisten, einigerma­ßen ins Leere. Da sind dieses Bundesland und seine Industrieunternehmen eins a unter­wegs, und insofern perlt Ihre Kritik ganz leicht an mir ab, oder, um einen Tiroler zu zi­tieren: „Ach, wie schießt ihr schlecht!“ (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, von Sokrates soll der Spruch stammen: „Wer die Welt bewe­gen will, sollte erst sich selbst bewegen.“ (Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Ich glaube, das müssen wir alle gemeinsam tun, und dann können wir auch gemeinsam diesen Beschluss heute feiern, denn es ist ein guter Tag und ein guter Beschluss für die Moder­nisierung und Digitalisierung unseres Landes. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Sche­rak.) Es ist ein guter Tag für die Wissenschaft und die Digitalisierung der Wissenschaft, und es ist auch ein guter Tag für meine Heimatstadt Linz und für das wunderschöne Bundesland Oberösterreich. (Beifall bei der ÖVP.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Sie ist nicht da, daher ist das auch nicht der Fall.

Ich darf die Abstimmung wie vereinbart an das Ende der Verhandlungen über die Vorla­gen des Wissenschaftsausschusses legen.

15.45.0320. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2552/A der Abgeordne­ten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,


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mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Stu­dien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (1612 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 20.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuntzl. – Bitte, bei Ihnen steht das Wort.


15.45.23

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem SPÖ-Antrag ginge es nun darum, einen kleinen Schritt zu setzen, der aber berufstätigen Studierenden sehr helfen würde. Ich sage, es ginge eigentlich darum, weil leider die Regierungsparteien aus mir völlig unverständli­chen Gründen diesen Antrag ablehnen werden. (Abg. Leichtfried: Unglaublich!)

Es geht darum, dass wir die Möglichkeit haben, im Universitätsgesetz für bestimmte Per­sonengruppen, die aufgrund ihrer Lebenssituation einfach logischerweise länger für das Studium brauchen, Ausnahmebestimmungen zu machen, was die Studiengebühren betrifft. Das sind zum Beispiel Studierende mit Kindern, das sind Studierende, die eine Krankheit hinter sich haben, und das sind eigentlich Studierende, die berufstätig sind. Es ist völlig plausibel, dass jemand, der neben dem Studium arbeiten muss, länger für sein Studium brauchen wird, dass er aber jemand ist, der sich wirklich bemüht, der viel Arbeit auf sich nimmt, der viel Einsatz leistet. Deswegen könnten wir dieser Personen­gruppe wirklich unter die Arme greifen, und sie würde es auch dringend brauchen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Diese Möglichkeit hat es bis vor wenigen Jahren gegeben. Der Verfassungsgerichtshof hat aus formalen Gründen eine Reparatur verlangt. Unser Antrag würde diese Reparatur bewerkstelligen. Wir könnten das ganz leicht reparieren, um den berufstätigen Studie­renden, die natürlich auch von der Teuerung sehr stark betroffen sind, wieder zu helfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen, dass ein überwiegender Anteil der Studie­renden heutzutage arbeiten muss, um sich das Studium finanzieren zu können. Also ehrlich gestanden, ich verstehe diese Kaltherzigkeit überhaupt nicht. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

15.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Steinacker. – Bitte.


15.47.44

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Kollegin Kuntzl hat ja soeben gesagt, warum die SPÖ diesen Antrag wiederum eingebracht hat. Der Verfassungsgerichtshof hat eben den Gleich­heitsgrundsatz verletzt gesehen und die Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben.

Nun, man kann immer reparieren. Wir von den Regierungsparteien haben uns allerdings ganz bewusst gegen eine Reparatur dieses Gesetzes ausgesprochen, und ich erkläre Ihnen auch gerne, warum. Erstens einmal: Jeder, der sich bewusst entscheidet, neben dem Beruf auch noch weiterzustudieren, zahlt ja sowieso während der Mindeststudien­zeit und des Toleranzsemesters auch keine Studiengebühren. Darüber hinaus: Wenn es dann wirklich länger dauert, ist natürlich einerseits ein entsprechendes Einkommen vor­handen; auf der anderen Seite aber, und das erachte ich als ganz zielführend – wenn man die Begründung des Antrags liest, sieht man, wie kompliziert dann die Ermittlung ist, ob einer etwas verdient und wie viel er verdient –, kommt es letztendlich dann doch darauf an, dass man sehr zielgerichtet gute Lösungen für den einzelnen betroffenen


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Studierenden schafft, für den Fall, dass er es sich wirklich nicht leisten kann. Dazu haben ja die einzelnen Universitäten unter Einbindung der Universitätenkonferenz Lösungen direkt vor Ort geschaffen, um zum Beispiel mit Studienabschlussstipendien den erwerbs­tätigen Studierenden auch entsprechend zu helfen, und das insbesondere auch – entge­gen dem Antrag und den Notwendigkeiten, die man in der Vergangenheit gehabt hat – in Bezug auf die Antragslegitimierung, aber auch alle Nachweise, die zu erbringen sind, wie: Wie viel Geld verdient man denn gerade? Überschreitet man gerade ein Grenze, ja oder nein?

Minimale Bürokratie und zielgerechte Unterstützung, das ist unser Ziel. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir haben bereits etwas umgesetzt – von wegen wir schauen nicht genau hin, wo Notwendigkeiten bestehen –: Ab 2023 werden mit der Novelle, die wir bereits beschlossen haben, die ab dem Wintersemester in Kraft ist, zusätzlich weitere 60 Millionen Euro für StudienbeihilfenempfängerInnen ausgegeben und zur Verfügung gestellt. Und um die aktuelle Teuerung, die Sie, Frau Kollegin, auch angesprochen ha­ben, abzufedern, werden wir zielgerichtet jetzt im Sommer 300 Euro für diese Gruppe der StudienbeihilfenbezieherInnen überweisen, und zwar direkt auf das Konto, um die Teuerungen abzufedern. Was wir noch gemacht haben, ist: Als nachhaltige Maßnahme wird zukünftig die Studienbeihilfe automatisch valorisiert.

Ich glaube, das sind Maßnahmen der Art, wie wir gegen die Teuerung kämpfen sollten: zielgerichtet an die Studierenden, und so, wie sie es brauchen.

Wir sagen aber trotzdem: Einen kleinen Beitrag kann jemand, der Geld verdient, auch leisten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlin­ger. – Bitte.


15.50.48

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin hat das schon sehr gut zusammengefasst. Worauf wir, glaube ich, besonders stolz sein können, ist die Valorisierung ab 1. Jänner 2023. Das ist eine langjährige Forderung der Österrei­chischen Hochschüler_innenschaft, die jetzt umgesetzt wird. Wir wissen, dass das natür­lich mit der Teuerung zusammenhängt, aber es ist wunderbar, dass wir das machen wer­den, und das kommt den Studierenden, denke ich, auch zugute.

Vielleicht noch ein Wort ganz grundsätzlich zum Antrag: Der Punkt ist ja, wie überhaupt in Österreich Studieren finanziert wird. Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf geeinigt, dass wir das System so beibehalten, das heißt, ab einer bestimmten Studien­dauer, wenn diese überzogen ist, Studienbeiträge einzuheben. Das können die Universi­täten einnehmen, sie können diesen Betrag aber natürlich, Stichwort Autonomie, auch wieder an die Studierenden zurückzahlen; also es liegt auch ein bisschen an den Univer­sitäten, wie sie damit umgehen.

Dazu muss ich auch sagen, dass die Universitäten großteils AbsolventInnenprogramme und Stipendien geschaffen haben, eben auch speziell für den Studienabschluss. Wir kennen die Verlaufskurven bei den Drop-out-Raten: Da ist die eine Höhe sozusagen am Beginn, nach zwei, drei Semestern, und die andere am Ende, das heißt, dass man das Studium nicht abschließt; und an den meisten österreichischen Universitäten – ich kann das jetzt nur für die Universitäten sagen – gibt es Studienabschlussstipendien, die sich wirklich sehr bewährt haben. Da ist es egal, ob Bachelor oder Master, das gibt es an einigen Universitäten sogar für das PhD- oder Doktoratsstudium. Und genau darum geht


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es: dass man möglichst schaut, dass Studierende ihr Studium auch abschließen, und nicht, dass sie es nicht mehr schaffen, ihre Bachelor- oder Masterarbeiten oder gar ihre Dissertation zu schreiben, weil sie berufstätig sein müssen.

Die Vorrednerin hat es schon gesagt: 300 Euro für die BeihilfenbezieherInnen jetzt, und es werden insgesamt, über die nächsten Jahre verteilt, 80 Millionen Euro an Stipendien ausbezahlt; und an jene, die dann in Linz am Digital Institute studieren, damit sie über­haupt nach Linz kommen, 500 Euro – das ist dann keine soziale Frage.

In diesem Sinne bin ich natürlich selbstverständlich dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich darf die Abstimmung wieder an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses legen.

15.53.5821. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2550/A(E) der Abgeord­neten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiederein­führung der Studierendenwohnheimförderung“ (1613 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 21.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits, bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.


15.54.23

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Kosten für Lebensmittel, für Strom, für das Heizen und die Miete explodieren, und das, dass die Mietkosten und vieles andere explodieren, betrifft natürlich auch Studierende, die sowieso schon nicht wissen, wie sie monatlich über die Runden kommen sollen.

Sie, werte ÖVP und werte Grüne, sind klar gegen Preisdeckel. Sie sind auch gegen Preisregulierungen, und bei den Mieterhöhungen, die es im Frühling gab, haben Sie auch keinen Deckel eingezogen. Jetzt aber kommt es, offen gesprochen: Sie tun nichts gegen die stetigen Preisexplosionen, Sie tun aber auch nichts, um bezahlbare Studieren­denwohnheime auf die Beine zu stellen und zu fördern. Und beides geht sich, werte Kollegen und Kolleginnen, für Studierende ganz einfach nicht mehr aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Argumentation, dass der Wohnbau Ländersache sei, ist richtig, aber es gibt neben dem sozialen Aspekt und dem Aspekt der Gerechtigkeit drei Gründe, die die Wiederein­führung der Studierendenwohnheimförderung ganz klar rechtfertigen würden.

Erstens: Wir haben ein Bundesgesetz, nämlich das Studentenheimgesetz, das in etli­chen Paragrafen auf die Investitionsförderung des Bundes verweist. Wie genau, werte Kollegen und Kolleginnen der Grünen und der ÖVP, würden Sie denn diese Passagen interpretieren? Als GesetzgeberInnen sind wir damals genau davon ausgegangen, dass die Heimförderung wieder eingeführt wird.

Zweitens: Der Bund kann trotz der Wohnbauförderungskompetenz der Länder ganz klar eingreifen – wenn er nur wollte. Es gibt Beispiele, nämlich analog zum aktuell laufenden


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Sanierungsscheck, der im Klimaministerium angesiedelt ist. Das wäre auch für Studie­rendenwohnheime machbar, wenn man wollte. Es scheitert aber anscheinend nicht an der Machbarkeit.

Drittens: Im Bundes-Verfassungsgesetz Art. 10 Abs. 1 Z 12a ist Folgendes zu lesen: „Bundessache ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten: Universitäts- und Hochschulwesen sowie das Erziehungswesen betreffend Studenten­heime“. – Wie, geschätzte Kollegen und Kolleginnen der Grünen und der ÖVP, interpre­tieren Sie das? Ich frage mich wirklich! (Beifall bei der SPÖ.)

Also welche Argumente brauchen wir noch, um wieder Studierendenwohnheime auf die Beine zu stellen? Sagen Sie es ganz einfach geradeheraus: Sie wollen nicht, dass es bezahlbare Studierendenwohnheime gibt, Sie wollen, dass der freie Markt das alles regelt und dass sich Studierende weiterhin abstrudeln! Aber bitte: Sagen Sie es einfach geradeheraus! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir als Sozialdemokratie werden nicht lockerlassen und auch weiterhin ganz klar für bezahlbare Studierendenwohnheime eintreten und vor allem für die Wiedereinführung der Studierendenwohnheimförderung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.


15.57.26

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Frau Kollegin Kucharowits, ich kann das Anliegen allzu gut ver­stehen, dass Sie sich so stark für die Studierendenwohnheime einsetzen. Sie haben wahrscheinlich, wie auch ich, während Ihrer Studienzeit eine hervorragende Zeit in ei­nem hervorragenden Studentenwohnheim in Österreich verbracht. (Abg. Kucharowits: Nein ...!)

Ich kann auch sagen: Ich kenne Gott sei Dank einige Studierendenwohnheime in Öster­reich, weil viele meiner Freundinnen und Freunde dort arbeiten (Zwischenruf der Abg. Kucharowits), auch weil ich in meiner Studierendenzeit viel unterwegs war. Ich glaube, da können wir froh sein, dass wir unseren Studierenden auch im Bereich des Wohnens an den Studienstandorten ein gutes Angebot machen können.

Wir haben vor zehn Jahren – da waren Sie noch nicht hier im Haus, ich auch noch nicht – gemeinsam als ÖVP und SPÖ die Finanzierung von Bundesseite her aufgelöst. Wa­rum? – Weil wir damals gesagt haben, dass das ganz klar Länderkompetenz ist. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Und mit der Wohnbauförderung funktioniert es in den Bundesländern auch sehr, sehr gut, den Studierenden wirklich einen niedrigprei­sigen Wohnplatz am Studienstandort zur Verfügung zu stellen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als Steirerin kann ich sagen, das funktioniert sehr, sehr gut, denn unser Landesrat Hans Seitinger hat da gemeinsam mit den unterschiedlichsten Studierendenwohnheimträgern viele dieser Plätze angeboten. Da ist in den letzten Jahren verdammt viel gelungen, so­dass man leistbaren Wohnraum für Studierende zur Verfügung stellen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Und den Vorwurf, Frau Kollegin, dass wir nichts tun, den kann ich so nicht stehenlassen, denn wir haben vor nicht allzu langer Zeit hier herinnen gemeinsam die Erhöhung der Studienförderung für die, die es wirklich brauchen und die diese Unterstützung in An­spruch nehmen müssen, beschlossen – soweit ich mich erinnern kann, hat die SPÖ da


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung, 8. Juli 2022 / Seite 157

auch mitgestimmt –, und da ist natürlich auch das Wohnen mit abgedeckt. Also tun wir nicht so, als gäbe es in diesem Bereich nichts. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

Man kann natürlich sagen, es wäre eine andere Finanzierung oder noch mehr sinnvoll, Faktum ist aber, dass wir uns damals, vor zehn Jahren, auf den Weg gemacht und gesagt haben, wir als Bund wollen die Studierenden als Personen unterstützen und nicht die Wohnbauträger. Ich glaube, das ist durchaus legitim, dass man diesen Weg geht oder gegangen ist. Das heißt aber nicht, sollten wir aus irgendeinem Grund explizit wie­der zum Beispiel mehr Plätze brauchen et cetera, dass man dort nicht wieder hinschauen muss. Zum jetzigen Zeitpunkt aber, Frau Kollegin, ist dieser Weg, den wir damals ge­meinsam, ÖVP und SPÖ, eingeschlagen haben, der richtige.

Da heute auch in meinem Heimatbundesland Schulschluss ist  für die Studierenden ja teilweise schon ein bisschen länger , möchte ich allen, die im Bildungsbereich aktiv sind, die ein intensives Jahr hinter sich haben, schöne Ferien und im Herbst einen guten Start – für den einen oder anderen vielleicht auch im neuen Studentenwohnheim am neuen Studienstandort – wünschen. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

16.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlege ich die Abstimmung wieder an das Ende der Verhandlungen über die Vor­lagen des Wissenschaftsausschusses.

16.01.0322. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2643/A(E) der Abgeord­neten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwick­lung der Universitätsfinanzierung zu einer „echten“ Studienplatzfinanzierung und Ausbau des kompetitiven Anteils (1614 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 22.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Graf. – Bitte.


16.01.33

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es tut mir leid, ich muss zur Kenntnis nehmen, dass man nicht einmal das, was man schon einmal vereinbart und im Gesetz letztlich auch festgeschrieben hat, in diesem Bereich weiterzuentwickeln ver­sucht.

Es ist tatsächlich so: Obwohl vonseiten der ÖVP immer gesagt wird, man solle keine Parteipolitik im Bereich Wissenschaft machen, machen Sie sehr viel Parteipolitik, spe­ziell wenn Sie das mit den Grünen gemeinsam machen.

Was beinhaltet dieser Antrag von uns? – Eigentlich eine Weiterentwicklung, so wie es vorgesehen war, nach der Operationalisierung der Studienplatzfinanzierung, wobei wir alle wussten – alle hier im Hohen Haus und im Ministerium –, dass das der erste Schritt zur Einführung dieser einen Finanzierungssäule ist und man dann in weiteren Phasen, nach Eingewöhnung, Evaluierung et cetera, im Rahmen von zwei weiteren Leistungsver­einbarungen bis zur dritten Leistungsvereinbarung, die jetzt demnächst endverhandelt werden soll, zu einer echten Studienplatzfinanzierung kommen sollte. Dazu bedarf es


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natürlich einer gesetzlichen Grundlage, die man schaffen muss. Damit muss man irgend­wann einmal beginnen, und da ist nichts in Sicht. Das wird auf die lange Bank ge­schoben.

Man ist offensichtlich zufrieden mit dem Status quo, dass man sagt, es wird so viel oben hineingeschüttet, dass wir gar nicht mehr daran denken, dass es vielleicht auch qualitativ einmal mehr in der Finanzierung geben muss. Das heißt, man wird bequem. Das kann einen ganz schnell wieder einholen, das weiß man, speziell auch in diesen Bereichen, weil das Vorlaufzeiten hat. Wir glauben schon, dass wir die Studienplatzfinanzierung zu einer echten Studienplatzfinanzierung weiterentwickeln sollten, und haben daher diesbe­züglich diese Initiative ergriffen und darauf hingewiesen, dass man da dringend wieder tätig werden muss.

Der zweite Teil, auch betreffend Finanzierung der Universitäten, ist, zu einer Verbesse­rung im kompetitiven Bereich, also im Bereich der Fördervergaben, im Wettbewerbsbe­reich und was das Einwerben von Mitteln betrifft, zu einem besseren System zu kom­men, da aber nicht etwas vorzugeben, sondern am Ende Anreize zu schaffen. Auch das wurde schon x-mal besprochen, aber die Anreize dazu fehlen.

Wir denken, dass sehr, sehr viel Geld im tertiären System ausgegeben wird, wir aber – das zeigen auch sehr viele Untersuchungen – da und dort gar nicht auf Qualität, Leis­tung, Exzellenz schauen oder, wenn sie wo vorhanden ist, es auch relativ schwierig ma­chen, zu zusätzlichen Mitteln zu kommen. Um das zu ändern, braucht es zusätzliches Geld, das kompetitiv vergeben werden soll, und das sollte mit diesem Antrag verwirklicht werden.

Dass diese beiden notwendigen Dinge im tertiären Bildungsbereich oder im Universitäts­bereich von den Regierungsparteien abgelehnt werden, ist enttäuschend. Wir werden aber nicht lockerlassen, dieses Thema weiterzuverfolgen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Taschner. – Bitte.


16.05.10